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Full text of "Historische Zeitschrift"

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*  * 

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AlfeV 


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tjiftorildic  r.ritrdirift. 


(^ßcgrflnbct  von  Acinrid)  & ,  S|jBet) 


Unter  aRttttrilfung  öon 

|ul  fiilei,  fnii  fo|trtt,  itti  |iife  iöi  Jtruike,  Jta  frii, 

3if|*nk  $it\ltt,  Pirf}  JUtter,  |nnl  Itnettaw,  fUnrl  ?ti«rr 

fcrauftgegeben  öon 

Srieftrid)  Xetnedie. 


Der  Jansen  Xetlje  94.  Banö. 
«Reue  golge  58.  Öanb. 


|ttuttd)m  unb  JJerlm  1905« 
£>rucf  unb  SBertafl  bon  9t.  Olbenbourg. 


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3  n  t)  a  i  t 


«•HM*.  ** 

S)ie  Ddtpnifcfte  unb  bie  bai)rif<5e  Äur  im   13.  3a$r$unbett    Bon 

Äarl  genmer 209 

I9ar  Bonifai  VIR  dn  ftefter?    Bon  ftarl  SBend 1 

SHe  3>oM>ele$€  fianbgraf  $ty(tM>«  üon  Reffen,    Bon  ©:  Softer  .  895 

€tetn  unb  bet  fcreu&ifdjc  Staat    Bon  Otto  $tnfce 412 

ttdtumgen  in  Antreffen  übet  ba*  beutfäe  Äaifertum  in  ben  Satyren 

1848  unb  1849.    Bon  d.  Barrentrat>)> 67 

Sie  {»TeufeifdKitalienifdje  tUHan*  oon  1866.    Von  ©ttfchn  Sang    .  851 

•tii|eflei. 

ftagtrag  au  bein  ttrttfel:  „fcte  Stattet  be*  greiljertn  bom  Stein 

unb  fiaoater.   9Za$  tyrem  Bdefmedtfel."  Bon  «Ifreb  Stern    447 

fron  ttalienifdjen  Sfelbftufie  Don  1859.    Eon  Generalleutnant  §.  3). 

t>.  (Jaemraeret 107 

fiiterttirieti*t. 


6dfe 

bammelte  Bufffffee  ....  116 

feiftodfo*  9Ret$obe    ....  449 

Äultnr     .    . 119 

mite  Gefaxte: 

gtaiifdK  fianbeffunbe      .    .  453 

Untergang  ber  ttntife      .    .  287 

Svlian 457 

fceurfebe  Bltertumdfunbe     .     458  ff. 
Mittelalter: 
»e<$t,  Berfaffung,  Bertoal' 

tung 120.  477 

fatfttitm 297  ff.  474 

tempferorben 472 

fteformationftfteit: 

fBirtfcfeaftfgetoWe     .     121.  478 

fturfe 478 

ftjtiipp  fron  Reffen     ...  385 
17.  unb  18.  3a$r$unbert: 
Qdfftedgefcftic&te  ....     122  ff. 

Jktfrtum  ttnb  Zfirfentrtege .  304 


feite 

19.  3afr(unbert: 

«apoleonif*e  Seit ....  128 

8rd$dt*friege 182 

$reufttföeft  Unterri*t*toefen  129 

ßubmig  L  oon  Bapern  .    .  482 

«reit6if4*italienif4e  «Hian*  251 

dintdtftrrtege 484 

$eutfdje  ßanbfd>aften : 

©fafc 186 

»oben 137 

ftfteimfc&e  ßanbe    ...     306  ff. 
»ieberfadjfen  unb  $anfeftftbte 

138  ff.  485 

Wedlenburg 486 

Sommern  ....      145.  487  ff. 

Sreufeen 492 

Oftfeeprooinjen 493 

©adjfen«Xljfldngen ....  146 

ßftctrd*: 

fciplomati!    ......  147 


138822 


IV 


3n$att. 


6ette 
Stecht,  ©erfaffung,  ©ertoal* 

tung 150ff.  494 

©ätoet* : 

3uben 495 

©eifte*gefäl$te 496 

©fanbtnaoien : 

UnfonSpolttif 500 

9*ec^t,  ©erfaffung,  fßtttoaU 

tung 153 

»riefmedtfel  Ojenftiema*     .    154 
8franfreidj : 
©eifte«fran!$eft  bcr  SSaloi»  .    309 
$otitif  unb  Kriege  bed  16. 3$.  504  ff. 


Seite 
flettaltcr  ßubmig*  XIV. .  510  ff. 
[ReDolutfonSjeit  ....  511  ff. 
fterrlj 616 

Stauen: 
fftom  unter  bem  ^apfttum  .    156 

SRatffaöefli 158 

$artfcno}>.  föejmbli!  ...    521 
$reu&ffcfcitalientfäe  «Diana    251 

Äolontalgefdjidjte: 

Allgemeines 320 

«frifa 322 

©ritifäe  Kolonien  ....    326 
bereinigte  Staaten     ...    334 


Jtf?Metifi$e*  &et}etyitis  bn  0ef>toi$eiteii  griffen.1) 


€ette 


Ubier,  3ur  föec$t«gefdji($te  bed 

abiigen  ©runbbeftfce*  in  Öfter* 

reid} 

SlgatS,  $er  Ijanf.  ©aten&anbef 
Wnnalen  unb  bitten  ber  ©rüber 

be«  gemeinfamen  ßebenä  im 

üücf)ten^ofe    ju  $ilbeS$ctm. 

©earb.  to.  $oebner      .    .    . 
A  b  h  1  e  y,  Sarvey  s  hißtoric  and 

economic 

©attetger,  SDer  $ieti«inuS  in 

©aüreutjj 

©eg&enberger  f.  o.©ranbt. 
©ittner  f.  ©Monolog,  ©er- 

jeid)ni3. 
©od,  3afob  SBegelin  at*  ©e* 

fAi(Gt«t$eorettfer     .... 
Bonet-Maury,  Histoire  de 

la  Liberte*   de  Conscience 

en  France  depuis  lädit  de 

Nantes  jusqu'ä  Juillet  1870 
Borgeaud,  Histoire  de  l'Uni- 

versitz  de  Geneve    .    .    . 
Brach  et,  Pathologie  mentale 

des  Rois  de  France  Louis  XI 

et  ses  ascendants      .     .    . 
&orrejponbena  be3  preufjifdjen 

ffiatcS  Sl&aSbcru«  ö. ©raubt. 

fceft  1.  ©earb.  D.  ©eajenbcrger 
»riefe   bcr  «rinjefftn  2Bü>tm 

öon  $reugen,  IjerauÄgeg.  t>. 

$>roefdjer       


152 
379 


140 
116 
122 

123 

558 
496 

309 

186 

374 


6ette 

Bruneau,  Les  D£buts  de  la 
Resolution  dans  les  däparte- 
ments  da  Cher  et  de  l'Indre 
(1789—1791) 513 

©runter,  SRarie  «ntotnette, 
ftönigin  Don  granfreidj  unb 
SRaparra 191 

t>.  ©runn  gen.  o.  ftauffun« 
gen,  3)a3  $ömfa|>itel  t>on 
2Retfjen  im  Mittelalter    .    .    564 

©.  ©runner, ÄejjeT  unb  3nqui* 
fttion  in  ber  Warf  ©ranben* 
bürg  im  fpäteren  Mittelalter    179 

©ütfter,  (Sntfte^ung  ber  ©oif«* 
»irtfaaft.    4.fcufl.     ...    167 

Diarium  ©  u  1 1  i  n  g  e  r  3,  $erau8g. 
t>.  <£gli 185 

o.  ©ulmerincq,  Qroei  Ääm* 
mereiregifter  ber  ©tabt  ffitga    493 

Chiala,  Ancora  an  po  pia 
di  luce  sugli  eventi  politici 
e  militari  dell'  anno  1866 .    251 

Chinnock,  A  few  notes  on 
Julian  and  a  translation  of 
his  public  letters  ....    457 

<£$ronologifd)e*  ©eractdjnt«  ber 
öftcrreidjif  djcn  StaatSoertrSge. 
I.   ©earb  b.  ©ittner    ...    153 

©laufe,  Saft  ftefrotog  ber  8\* 
fterjienfer^btei  $äri*    .    .     200 


')  (EnttyUt  aucfr  bie  in  ben  Vuff&ten  fomir  in  ben  ttotütn  unb  Kadici^ten  beforoäeaeii 
felMMnbiaen  6*tifttit. 


3nfcalt 


6ettt 

(5.  (Sternen,  Die  religtonSge* 
fcfjitfftt.  SRetöobe  in  ber  t$eo* 
(ogie 166 

Colaneri,  Bibliografia  aral- 
dica  e  genealogica    .    .    .    340 

Croce,  Relazioni  dei  Patriot! 
Napoletani  col  direttorio  e 
col  consolato  e  l'idea  dell' 
unita  italiana  (1799—1801)    521 

De  Crue,  Relation*  diplo- 
matique* de  Geneve  avec 
la  France.  Henri  IV  et  les 
depate*  de  Geneve  Cheva- 
lier et  Chapeaurouge    .    .    506 

Dettmering,  Beitrage  jur 
filteren  gunftgeWid^te  ber 
©tabt  ©tra&burg    ....    560 

Diecfmann,Die  lot§ringifa>en 
«^nen  öottfrteb«  ö.  ©ouillon    358 

3)o ebner  f.  Vnnalen. 

Droeftfcer  f.  »riefe. 

fcbeling  f.  ©tralfunb.  ©tabt* 
bud). 

Eg ertön,  The  Origin  and 
Growth  of  the  English 
Colonies  and  of  their 
System  of  Government     .    325 

ügli  f.  »utlinger. 

fclfen$an«,  Die  Aufgabe  ber 
¥ffad)ologie  ber  Deutung  al8 
Vorarbeit  für  bie  Oeifteft' 
»iffenfdmften 162 

(Erben r  Daä  tyrtoileg  grieb* 
ri<M  I.  für  ba*  fceraogtum 
Cfterrei* 147 

Erslev,  Danmarks  Historie 
ander  Dronning  Margrethe 
og  Erik  af  Pommern.  An- 
den Del    500 

galf,  Die  pfarramtli*en  ttuf* 
Widmungen  bcÄ  glorenttu« 
Diel  *u  6.  &&rifiop&  in 
*Rain$  1491—1518     ...    541 

8  e  ft  e  r ,  TOadjiaoelli  ....    158 

Sinfe,  Äu*  ben  Xagen  ©oni- 
fay  VUI 289 

Firth,  A  plea  for  the  histo- 
rical  teaching  of  history  .    525 

F  i  s  c  h  e  r  ,The  Scots  inEastern 
and  Western  Prassia    .     .    379 

FOrarbetena  tili  8  voriges 
Rikes  Lag  1686-1736.  Ut- 
gifea  of  Sjögren    ....    158 


€ette 

Forarbejderne  til  Kong 
Kristian  Vs  Danske  Lov. 
Udgivne  ved  Secher  og 
Stochel 158 

Fortunato,  La  Badia  di 
Monticchio        355 

ftournter,  Napoleon  1. 1.9b. 
3tveite  Sluflaae       ....    372 

grafnöi,  $apft  3nnocenj  XI. 
unb  Ungarn«  Befreiung  oon 
ber  Xür!en$errfdjaft    ...    804 

8fren3borff,  ©.  Ä.  d.  SWÜnaV 
Raufen«  ©eridite  über  feine 
SKiffton  nad)  Berlin  im  Sunt 
1740 651 

Funck-Brentanof.  Senac. 

@abe,  $iftorifaVgeograp$ifoV 
ftattftlfdje  ©efdjreibung  ber 
©raffäaften  $otta  unb  Diep» 
r)old  mit  ben  Vnftd)ten  ber 
fämtüd/en  ftir$en  unb  Äa= 
pellen  beiber  ©raffAaften. 
2  »be 485 

Gaskoin,  Alkuiu    ....    173 

©löcfner,  3nnriefern  finb  bie 
aegen  ©regor  VH.  im  SBorau 
fer  ©tfa)ofSfd|reiben  Dorn 
24.  Januar  1076  au*gefpro* 
dienen  ©orwürfe  berechtigt?    174 

©o  Ibmann,  Die  (Sinfübrung 
ber  beutf  djen  ^er^ogÄaef  d)lea> 
terftfirntenft  in  benfloweni* 
fdjen  ©tammeSoerbanb    .    .    494 

Gosse i,  Le  departement  du 
Nord  sous  la  deuxieme 
Republique  1848—1852      .    556 

Govone,  II  Generale  Giu- 
seppe Govone 251 

ö.  ©rolmann,  ©ruft  (Sbuarb 
d.  Äraufe 484 

Guillon,  Jean  Clopinel  dit 
de  Meung         357 

fcaller,  $apfttum  unb  Ätr* 
djenreform.   1.  ©b.      ...    297 

Hart,  The  Foundations  of 
American  Foreign  Policy  .    881 

Hassall,  Maaarin.    ...    818 

Hattori,  The  foreign  Com- 
merce of  Japan  since  the 
Restoration  1869—1900     .    558 

band,  Der  ©ebonfe  ber  päpffc 
lt*en  *9eltl>errf6aft  bis  auf 
»onifaa  VIII 536 


VI 


3n$a(t. 


Seite 

fceinemann  f.  $ominerfd)e* 
Urfunbenbudj. 

Hermann,  The  Louisiana 
Purchase  and  our  title 
West  of  the  Rocky  Moun- 
tains with  a  review  of 
annexations  by  the  United 
States 334 

$eufer,  $ie  Skoteftation  von 
Speiet 186 

$i$igtat$,  $te  Äompagnie 
ber  Merchant  Adventurers 
unb    bie   englifdje   Äirdjen* 

Semeinbe  in  Hamburg  1611 
ig  1835  .......    379 

$ö$lbaum  f.  Snoentare. 

§oogett>egf.  Urfunbcnbud). 

fcttffer  f.  Duellen. 

28.  X).  #umbolDtä  gefammelte 
Stiften,  ©anb  X.  2.  ttb* 
teilung :  ^olttifdje  fcenffajrif* 
ten  I.    1.  ©anb 129 

Snbentare  fjanfifdjer  Ätdjioe  beä 
16.  Sa^unbertd.  ©anb  2: 
Äölner  ^ntoentar  ©b.  2.  ©e* 
arb.  t>.  $ö$lbaum   ....    142 

Johnston,  A  History  of 
the  Colonization  of  Africa 
by  alien  races.  —  $)a$felbe 
©erf,  überfefct  oon  9R.  d. 
fcolfern 322 

ÄantS  gefammelte  6d)riften. 
2.  «bt,  ©anb  13.  —  1.  «bt, 
©anb  1  unb  4 127 

t>.  Äauffungen  f.  o.  ©runn. 

Kellet,  $ie  Anfänge  bet  SRe« 
naiffance  unb  btc  tfultgefeH« 
fdjaften  bed  SrnmaniSmud  im 
13.  unb  14.  3af>r$unbert      .    176 

to.  ÄetrjtinSfi,  $er  SDeutfcfje 
Orben  unb  ftonrab  Don  9Ra- 
fooien  1225—1236      ...    492 

Ä  n  i  p  p  i  n  g ,  9Meberrl)einif  dje 
9rd)tDalien  in  bet  National* 
bibliotjje!  unb  im  National' 
ardjib  au  $art8      ....    563 

üöfjne,  2)a§  3?cd)t  bet  SRüljlen 
Bi*  *um  (Snbe  bet  Jtarolin* 
gefeit 178 

Äot$e.  $ie  firajl.  Suftänbe 
©trafcburg*  im  14.  3a$r» 
fcmbert 136 


Seite 


Ä 1 1  e  g  e  r ,  %opo$tapf)\\  d)e£ 
SBörterbud)  bed  @ro6§etjog- 
tum«  ©aben.    2.  *uf[.     .    . 

Sacfmann,  $a*  Äaifertum  in 
ben  ©erfaffungen  be*  3)eut* 
fdjen  Keines  bom  28.  SRfin 
1849  unb  bom  16. 3tytil  1871 

ban  Saat,  Älofter  Stamp  .    . 

Lettres  de  Madame  Roland. 
Publ.  p.  Perroud.   Tome  II 

S  i  n  b  n  e  t ,  SWgemeingef djidjt* 
lidje  (Sntmicflung    .... 

ßof  d),  3mei  Äaffeler  Moniten 
be§  18.  3a$t$unbettS     .    . 

Lot,  Melanges 361 

Lucas,  A  Historical  Geo- 
graphie of  the  British  Colo- 
nies,  vol.  I— V 

Luchaire,  Innocent  III. 
Rome  et  Italie      .... 

Lumbroso,  Stendhal  e  Na- 
poleone 

SRecflenbutgifdjeSUrfunbenbud). 
21.  ©b 

VI  e  1 1 1  e ,  SRef  otmationSgef  djidjt» 
lidje  Streitfragen    .... 

db.  9ßetoer,  SurX&eotle  unb 
3Hetfabi!  ber  @cfd)id)te   .    . 

$.  ©.  SRebct,  $of*  unb  3en* 
tralberroaltung  bet  SBettiner 
in  bet  Seit  einheitlicher  $etr* 
( djaf  t  übet  b.  mei&nif  dVt$ürin» 
giften  ßanbe  1248-1379   . 

Mono  d  ,L'61ection  episcopale 
de  Beauvais  1100—1104    . 

3Hüllen$off,  Seutfäe  Älter* 
tum$funbe.  (Srfter  ©anb, 
neuer  berm.  fcbbrud,  beforgt 
burdj  SRoebiger.  dritter  unb 
vierter  ©anb 458 

Nanninga  Uitterdijk,Een 
Kamper  Handelshuis  te 
Lissabon  1572—1594     .    . 

Kiffen,  3tali[tt)e  SanbeSlunbe. 
n 

b.Ottentftat,  $a«  Ä.  Ä.3n* 
ftitut  für  öfrerreid).  ©ef  *id)t8* 
forfäung,   1854—1904    .    . 

Oxenstierna,  skrifter  och 
brefvexling.  Senare  afdel- 
ningen.    Tionde  bandet    . 

$anteniu&,  $er  falfdje  3)e* 
metriuS 645 


137 


196 
536 

511 

523 

378 


326 
474 
194 
486 
542 
449 


146 
353 


121 
453 


343 


154 


Stielt. 


vn 


teilt 

ö.  9anft,8eitrftge*ur  QeftWe 
ber3nnerberger$aujrtgen>erf- 
fäaft .    880 

Perron d  f.  Lettres. 

$f  lüger,  8friebri*  t>.  «enft 
al«  ©iberfa*er  Napoleon«  I.    665 

to.$flugN$arttung,  Borge* 
fätdjte  ber  6d)tad)t  bei  ©eile« 
«fltance.    ©eütngton.    .    .    182 

9ommerfd)e«  Urfunbenbud). 
Ob.  4,  2.  ttbt  bearbeitet  t>. 
©inter.  ©b.  6, 1.  «bt.  beorb. 
o.  fceinemann 490 

Duellen  dur  Qefftic&te  bt«  ßett* 
alter«  ber  frandöf .  Stetootutiott. 
(trfter  Seil,  2.  ©anb.  Quellen 
dur  ©efdjlcbte  be»  Ärtege» 
von  1800    $r»g.  d  fcüffer .    871 

Rambaad,  Jules  Ferry  .    .    516 

Riebard,  La  Papaute  et  la 
Ligue  francaise.  Pierre 
d'Epinac,  archeveque  de 
Lyon  (1578—1599)     ...    507 

ftid)ter,0efd).bc*fflWngaue*    806 

Robert,  Philibert  de  Cbalon,  j 

prinoe    d'Orange,    vice-roi  | 

de  Naples 504 

ftocfmelt,  Die  Doppelehe  be» 
Sonbgrafen  W^PP  t>.  Reffen    885 

Rodocanachi,  Lee  Infor-  I 

tonea      d'une     petite-fllle 
d*  Henri    IV,     Margaerite 

d'Orleans 510 1 

-,  Les  institotione  com-  ' 

mnnalea  de  Rome  sons  la 
papaute 156, 

Rosedale,  Queen  Elisabeth 
and  the  Levant  Company     864  < 

»otM*Ub,$ie3u&engetnein= 
ben  ju  2Rainfr  ©beger  unb  i 

fBorm«  1849-1488    ... 

»üijlmann,  Die  öffentliche 
Weinung  in  Sacbfen  wä^renb 
ber  Sa^re  1806-1812    .    . 

D.  €  *  Ä  f  e  r ,  ftolonialgef  eftieftte 

6d>nürer,  "Die  urfprünglidje 
Steinnierregel 

o.  6d)rober,  Die  Verlegung 
ber  ©fldKnneffe  Don  ftranfi 
fürt  a.  3».  nad)  ßeinjlg  .    . 

6d>ü*c,  6tabtluft  matyt  frei 

Spulte,  Die  ftugger  in  8tom. 
1495-1628.    2  «be.  .    .    . 


561 


128 
820 

472 


568 
120 

478 


fette 

tt.  @$ulft,  Dad  tyln*!.  ßeben 
ber  Jhilturnölfer  nom  SRittel« 
alter  bi«  jur  gmeiten  fcälfte 
be«  18.  3a$rbunbert»  ...    119 

Sech  er  f.  Forarbejderne. 

<5eed,  Q»efd)id)te  be«  Unter« 
gang«  ber  antifen  ©ett.  2.9b. 
unb  tCn^ang  *um  2.  Ob.     .    287 

Sänac  de  Meilhan,  L'Emi- 
gre\  Ed.  8tryenaki  et  Fnnck* 
Brentano 870 

<&tpp  ,£ubtoig  «uguftu«.  ftönig 
non  ©opern,  unb  ba*  &tiU 
alter  ber  ©iebergeburt  ber 
fünfte 482 

@inger,  Der  fcumanift  3afob 
Werfletter 862 

8 j ögren  f.  Förarbetena. 

8t  6menb,  Die  preufiifdje  »er* 
faffung«urhmbe  im  ©ergletd) 
mit  ber  belgiföen  ....    196 

Soederhjelm,  Le  regime  de 
la  presse  pendant  la  Revo- 
lution francaise.   Tome  II    615 

Sommertab,  fBirtf*aft«ge« 
fdrfdjtl.  Unterfudjungen  II: 
Die  fieben»befdjr.  Seoerin« 
al«  fulturgefdji($tl.  Queue   .    861 

®opp,  Die  <£nt»tcftung  ber 
Sanbe«$errltd)feit  im  Surften« 
tum  OSnabrfltf  bi«  jum  flu«* 
gang  be«  18.  3aör$unbert* .    188 

t>.  ©rbif,  Die  Bedungen  non 
Staat  unb  JHrdje  »ftftrenb  be« 
Mittelalter« 150 

©teinberg,  ©tubien  jur  9e* 
fd)id)te  ber  Suben  in  ber 
©Ameta  »Äfcrenb  be«  SRittel» 
alter« 496 

©tettiner,  Der  Suaenbbunb    874 

8töchel  f.  Forarbejderne. 

Da«*n>eite  ©tralfunbif$e©tabt« 
bu«  (1310-1342).  ttearb. 
n.  (Ebelinj 146 

Stryenski  f.  86nac. 

Thatcher,  Studie«  concer- 
ning  Adrian  IV 866 

X^imme,  Die  bannonerfdje 
^eereSleitung  im  fteibftuge 
1866 197 

Ueblng,  ßubwlg  ber  ©aber 
unb  bie  nieberrbeinifdjen 
©tabte 562 


vin 


3n$alt. 


Seite 
Urfunbenbucf)  beö  $o«ftift* 
$tlbe«$eim  u.  (einer  ©if*öfc 
2.  Seil  ©earb.  b.  $oogeu>eg  139 
Urfanblidje  Beiträge  unb  8for» 
fdjungen  jur  ©efdjidjte  beö 
$reu6if#en  fceere*.  6.  fceft    373 

©on  ©erfaiHe*  na*  $ama8fuS    192 

«of feimann,  Sie  reitWftäbti- 
faje  $olttif  Äönig  Hupred)t« 
bon  ber  $falj 562 

»oullfeme,  $er  ©uo^brucf 
Äöln*  bis  jum  <£nbe  be*  fünf* 
lehnten  3a$r$unbert«      .    .    306 

fBeljrmann,  ®efd)td)te  Don 
Sommern.    1.  8b.      ...    487 

SBttyelm,  ^ringet  f.  ©riefe. 

SBtlle,  Sfriebri*  bei  Siegreiche, 
Jhtrfttrft  Don  ber  $fal*    .    .    539 


Seite 

SBilmannS,  3>er  ßfibecfer 
griebe  1629 546 

©Ufer,  Die  Germanen,  ©ei? 
tröge  jur  ©ölferfunbe     .    .    470 

SB  int  er  f.  $ommerfdjed  Ur« 
funbenoudj. 

©o^ltoill,  3)ie  $amburgifdjen 
©ürgermeifter  Äirdjenpauer, 
$eterfen,  ©erdmann    ...    148 

©olff,  ©runbrife  ber  J>reufiifa> 
beutfdjen  fo$iaH>olitifd)en  unb 
©ol!«»irtfdjaft8gefd&id>te  oon 
1640-1900.    2.  «ufl.     .     .    167 

$er$og  ftarl  Sugen  oonSBilrt« 
temberg  unb  feine  Seit, 
ßief.  1-4 562 

3  e  u  m  e  r ,  OueHenfammlung 
&ur  ®efd)id)te  ber  beutfdjen 
9teid)«berfaffung  im  Mittel* 
alter  unb  9?eu&eit  ....    477 


^otijen  unb  &aQxiQteu. 


Seite 

161.  338.  523 

168.  345.  528 


ttKgenKtned  .  .  . 
«Ite  ©efd>i*te .  .  . 
fflfaiifdj  *  germanifdje 

Seit    unb    früfcS 

Mittelalter       .    .    172.  350.  532 
(Späteres  Mittelalter    176.  357.  537 


Seite 


Reformation  u.Glegen* 

reformation .  .  .  182.  362.  542 
1648—1789  ...  190.  367.  549 
teuere  ©efd)ia)tef.l789  192.  369.  563 
5>eutf$e  SanbfcQaften  200.  378.  560 
©ermifäte«     ...    204.  383.  566 

—  "  Seite 

Eafltrag  jur  $.  3-  94,  6.  180/81 384 

©eridjtigung  .    .  568 


SBur  8otufa}  VIII.  ein  4fe«er? 
£att  pendL 


©ie  3raflc'  °&  SJonifaj  VIII.  ein  Steuer  getoefen  fei,  mag 
Staunen  erregen.  3ft  bod)  bis  öor  furjem  bie  Äuffaffung  faft 
unangefochten  getoefeu,  ber  Urheber  ber  93uDe  Unam  sanetam 
»erbe,  mie  man  audj  Aber  tt)n  benten  möge,  t>on  ben  83efd)ul* 
bigungen,  bie  gefugige  SBerfjeuge  5ßt)i(ipp3  beS  ©d)önen  Don 
granfreid)  gegen  feine  9ted)tglaubigfett  vorbrachten,  im  Ernfte 
nid)t  berührt. 

98er  fo  backte,  brauste  feineömeg«  ben  ©tuf)l  Sßetri  a(S 
nriber  jebe  fefcerifd)e  Slntoanbtung  gefett  anjufetjen.  ES  ift  audj 
vetteren  Streifen  befannt,  bafe  bie  Erinnerung  an  einzelne  §&upter 
ber  Äirdje,  bie  mit  SRedjt  ober  Unredjt  ber  Steueret  befdjulbtgt 
morben  toaren,  fogar  einmal  eine  gefriffe  3Me  gefpielt  tjat.  SlU 
jur  Qtxt  ber  großen  Äirdjenfpaltung  um  bie  SBenbe  be«  14.  unb 
15.  3al)rt)unbertö  ba«  Serlangen  immer  lebhafter  mürbe,  unter 
Sefritigung  ber  ftreitenben  Sßäpfie  bie  Einheit  ber  ftirdje  toieber* 
f>erjufteüen ,  ba  ift  in  ben  gelehrten  Erörterungen  aber  bie  jur 
Erreichung  biefed  $iele$  möglichen  SBege  bie  Erinnerung  an  jene 
fritiföen  Momente  vielfältig  tjeraufbefdjtooren  toorben.  3nbeffen 
biefe  bunfeln  Slätter  ber  *ßapftgefd)id)te  gehörten  toeit  jurflef« 
liegenben  3at)rf)unberten  an,  unb  bie  bejfiglidje  bfirftige  Äunbe 
mar  im  Saufe  ber  3eit  fo  geftaltet  toorben,  bafe  fie  trofc  aOem 
jur  ©tüfre  ber  2et)re  Don  ber  geiftfidjen  ÄQgetoalt  bienen  fonnte. 
35er  Sßapft,  ber  ftd)  felbft  jur  Slbfefeung,  ja  jum  geuertob  ver- 
urteilte1)/ toiberforadj  it>r  nidjt. 

*)  F.  Pollock,  the  pope,  who  sentenced  himself.  English  bistor. 
review  X,  536.  «uefc:  SUtf.  Sdjolj,  3)ie  ^ubiijtftit  jur  3eit  i^tfippa  be* 
Sdjönen  (1903)  6.  64,  ttnm.  77. 

W*Pttf*e  Scitftrift  (8b.  94)  92.  Ö-  »o.  LVUI.  1 


2  tfarl  SBencf, 

JlQerbingS  Ratten  bie  33ätcr  unb  ©rofjbäter  bcr  3*itgenoffen 
beä  @d)i$ma3  aud)  ba8  Äufcerorbentlidje  erlebt,  bafe  ein  Sßapft 
if)rer  3*ü  öon  Äejjerei  beflecft  erfd)ien.  S)ie  ©egner  ber  2e^re 
öon  ber  papftlicfcen  ÄUgemalt  jur  $eit  SubmigS  be$  öa^ern, 
namentlich  SBilljelm  öon  Occam,  fyaben  bebeutfame  Anregung 
burdj  bie  ©rfa^rung  empfangen,  bafj  Sßapft  Sodann  XXII.  in  JJefcerei 
herfallen  ift,  bie  man  Ü>n  auf  bem  Totenbette  abfdjtoören  liefe, 
bagegen  ift  in  tyren  (Srörterungen,  mie  ber  Ätrd^e  in  foldjem  fJaOc 
ju  Reifen  fei ,  ber  9?amc  Sonifaa'  VIII.  als  eine«  ÄefcerS  nidjt 
genannt  toorben. 

Unb  bod)  mufcte  bie  Erinnerung  an  bie  21nf(age  auf  Sfefcerei, 
bie  Sßljilipp  IV.  toon  granfreid)  einft  gegen  ben  lebenben  Sßapft 
gefdjleubert  tjatte,  an  iljre  tjartnäcfigc  Verfolgung  burd)  manches 
3at)r  nadj  feinem  £obe,  enblid)  an  bie  Sßer^anblung  be3  SßrojeffeS 
in  Sfoignon  ben  Sßiberfadjern  Sodann«  XXII.  red)t  nafje  liegen. 
9Karfifiu3  toon  Sßabua  fpridjt  freilidj  im  „griebenSöerteibiger" 
(SBud>  2,  Aap.  20) ,  inbem  er  bie  SöefugniS  be$  $apfte«  ju  au* 
gemeingültigen  fiefjrentf  Reibungen  beftreitet,  faft  in  einem  Atem 
toon  ber  Äefecrei  beS  Siberiuä,  Don  ber  @ntfd)eibung  SofyannSXXII. 
in  ber  Sttrmutäfrage  unb  Don  ber  93uüe  Unam  sanctam,  bie 
er  ald  offenbare  Suge  djarafterifiert,  aber  nidjtä  beutet  barauf 
l)in,  bag  er  unter  bem  (Sinflufe  jenes  SlnflageoerfafjrenS  Sonifaj 
in  anberen  SMngen  für  einen  ftefcer  gehalten  t>abe.  Unb  menn 
e$  jemanb  gleich  SJfarfiüuS  gesagt  tjätfe,  feine  ©timme  freimütig 
ju  ergeben,  vorauf  follte  er  fein  Urteil  begrünben,  ba  bie  Slftcn 
be3  ^ßroäefjeä  in  ben  3lrd)ioen  lagen?  91ber  e3  fehlte  aud)  ber 
Slnreij,  über  ©djulb  ober  Unfdjulb  beä  Zapfte«  ju  forfc^en.  Q\i 
ftarf  lütrb  für  bie  Unbefangenen  Der  nädjftcn  ©eneration  ber 
©nbruef  getoefen  fein,  bag  ber  franjöfifdje  ftönig  ben  §ierard)en, 
ben  er  benutzten,  beffen  ?lnbenfen  er  im  Sobe  befdjimpfen  tooHte, 
ju  üerfefcern  begehrt  tjatte,  als  ba&  fie  ernfttyaft  bie  grage 
ertoogen  Ratten,  ob  bie  3lnflagc  nidjt  Dieüeid^t  bodj  begrünbet 
getoefen  fei. 

©iefelbe  Slnfdjauung  ift  im  allgemeinen  bis  auf  bie  jüngfte 
3eit  !jerrfd)enb  geroefen.  @£  lag  auf  ber  §anb,  ba&  ber  ©treit 
jtoifdjen  ftönig  unb  $apft  um  irbtfdje  2Kad)tfragen  geführt  toorben 
toar.  35ann  aber  fonnte  eä  ber  t)iftorifd)en  ®ered)tigfeit  ent* 
fpredjenb  erföchten,  toenn  man  über  bie  gef)äffigen  ©rfinbnngcn 
bcr  JHäger  föneU  t)inmegging,  ofyne  ba3  maffenf)afte  aber  unge* 


SBar  Eonifctj  VIII.  ein  ffe&er?  3 

fid)tete  ^roje&materiat,  baö  SiupM)  1655  Veröffentlicht  f)atte, 
einer  näheren  Sßrüfung  ju  nmrbigen. 

Äbtoeidjenb  Don  btefer  bequemen  Stellungnahme  fjat  in 
früherer  3C^  öfle*n  $*!*'*  ein  Urteil  ausgebrochen,  ba$  gteidj* 
toeit  tum  unbebingtem  ©lauben  an  bie  SluSfagen  ber  Sßrojefejeugen 
toie  Don  blinber  Sßcrtoerfung  berfelben  mar.  ©r  fönnc  ed  nidjt 
toagen,  afle  ©efdjulbigungen  gegen  Sonifaj  in  baä  SReid)  ber 
Söge  unb  gäbet  ju  Dertoeifen,  man  muffe  bie  21uöfagen  nad)  ber 
$erfönlid)feit  ber  $eugen  roagen,  ba3  95cr£)5r  Derfdjiebener  Aar* 
binäle  unb  anberer  namhafter  ^ßerfonen,  ba8  Softer  veröffentlicht 
Ijat,  t>abe  auf  größere  ©laubmürbigfeit  2lnfprud).  gür  bie  83e» 
urteitung  ber  äbrigen  Äuäfagen  gab  er  Anregungen,  bie  ju  einer 
tieferen  ffiürbigung  nad)  gorm  unb  Snfyalt  anleiten  fonnten, 
aber  bod)  reidjlid)  Don  fubjeftiDen  ©rtoägungen  eingegeben  ttmren. 
SaS  §efete  geäußert  Ijatte,  tourbe  Don  Änöpffer  in  ber  neuen 
Auflage  ber  Äonjitiengefd(id)te  (VI,  461  f.)  unDerfinbert  über* 
nommen. 

Dljne  Äenntniä  #efele$  unb  ber  £>öf(erfd)en  Sßublifation  f)at 
<£.  SRenan  in  feiner  Sbfjanblung  über  SBilfyelm  Don  9? o garet  (aus 
ber  Histoire  littäraire  de  la  France  t.  27,  abgebrudt  inSRenanS 
jfitudes  sur  la  politique  religieuse  du  rfegne  de  Philippe  le 
Bei  1899,  bef.  ©.  178  ff.)  bie  anflogen  gegen  ©onifaj'  Seljre 
unb  SBanbet  mit  ©rünben,  bie  83ead)tung  Derbienenf  abgelehnt. 

©anj  neucrbingS  bagegen  fyat  §cinrid)  ginfe  nodj  toeit  meljr 
cli  §efele  ber  anflöge  in  gettriffen  ©renjen  ©(auben  fdjenfen 
tooOen.  ©ein  f)od)ttHUfommcueä,  ber  $erfönlid)feit  bed  Sßapficä 
SJonijaj  VIII.  genribmeteä  SBudj  (8uö  ben  Sagen  Sonifai'  VIIL, 
gunbe  unb  gorjdjungcn.  SKünfter  1902)  bietet  neben  bem  Sejt1) 
überaus  fdjäjjbarer  Mitteilungen  mol)funtertid)tcter  3eit9enoffcn 
über  ben  Sßapft,  bie  und  erft  einen  SWafeftab  für  bie  ^Beurteilung 
ber  SßrojefeauSfagen  gemäßen,  eine  überfidjtlid)e  ©ruppicrung 
ber  Sßroiefeaftcn  unb  eine  einbringenbe  Sßürbigung  ber  SBertjörc* 
protofoüe  nad)  gorm  unb  3nl)alt.  2Bcnn  bie  Unterjudjungen 
ginfe«  ntc^t  ju  einem  Döllig  runben  Grgebnid,  gu  einfacher  ÜÖc* 
jaljung  ober  Verneinung  ber  gegen  be$  Sßapfted  Religion  unb 

l)  ginfe  $at  bie  Seiten  beÄ  JQueflcnan&angS  mit  tönufdjen  3a^cn 
fcejcidjnct.  34  jict)e  ed  für  bie  Wnjütjrung  toor,  feinen  33anb  in  I  unb 
II  mit  folgenben  beutfäen  3o^c«  hu  Äcr^Öen- 

!• 


4  Start  SBentf, 

SWoral  erhobenen  SBefdjulbigungen  geführt  t)at,  fo  wirb  bied  nie» 
manb  toerwunbern  gegenüber  ber  unberfennbaren  8bftd)t  be$ 
ÄönigS,  mit  biefem  Sßrojefe  feinen  toerljafeten  ©egner  bejiefjungS* 
ttietfc  beffen  Slnbenfen  bernidjtenb  ju  treffen,  bem  Äönigtum  einen 
3xiump§  ju  bereiten,  jum  minbeften  biefen  Sßrojefe  nur  faQen 
ju  laffen,  wenn  i^m  für  fein  3urücfroetc^en  ber  SRatfjfolger  bc£ 
Slngeflagten  Wichtige  potttifcfye  Vorteile  jugeftanb.  9luS  ben  Elften 
eined  öor  Satjrljunberten  üerbanbeltcn  SenbenjprojeffeS  bie  SBafjr* 
fyeit  ju  entnehmen,  als  ob  fie  nur  fo  3Hünje  toöre,  ift  faft  ebenfo 
fd)wer,  als  einen  tropfen  reinen  QuelltoafferS  auS  einem  ©trome 
ju  fdjöpfen,  ber  auf  einem  langen  SBege  vielfältigen  ©etoerfen 
gebient  Ijat.  Unb  wenn  id)  nun  in  ben  engen  ©djranten  einc£ 
2luffafceS  bie  gorfdjung  toieber  aufnehme,  weil  id)  bie  3*ugenber{)öre 
anberS  würbigen  mufj,  weil  tdj  glaube,  eine  wefenttid&e  Sücfe  in 
ber  Untersuchung  ginfeS  ausfüllen  ju  fönnen  unb  Don  bem  neu« 
gewonnenen  ©tanbpunft  anbere  Srgebniffe  jieljen  ju  bürfen,  fo  barf 
tdj  jwar  hoffen,  bafe  mein  SSerbift  über  ben  Sßapft  nirfjt  als  teid)t* 
l)in  gefprodjen  furjerfyanb  beifeite  gefdjoben  Werbe,  aber  id) 
barf  bodj  faum  barauf  rennen,  fofort  allgemeine  3u^imm«nft 
ju  finben.  3dj  werbe  mid)  begnügen  muffen,  bie  grage  ber  ©e* 
redjtigung  ber  Auflage  in  tt)rem  widjtigften  fünfte,  bafj  nämlidj 
biefer  Sßapft  nidjt  me^r  befugt  war,  ben  Kamen  eines  ßfjriftcu 
ju  tragen,  in  ein  für  ben  Slngef  tagten  wefentlidj  ungünftigercS 
Sidjt  gerücft,  bie  ©eftalt  Sonifaj'  VIII.  fäärfer  als  mein  93or* 
ganger,  auf  beffen  ©djultern  id?  fiefye,  umriffen  ju  Ijaben. 

3unäc^ft  ein  SBort  jur  Slujftärung  über  baS  SSer^altniS  be£ 
Sonifajianifdjen  ^ßrojeffeS  ju  bem  Xemplerprojefc ,  ben  Äönig 
Sßljtlipp  gleic^jeitig  betrieb.  2)te  neuere  gorfdjung  fjat  IjerauS* 
geftellt,  bafe  angefid)ts  ber  trügerifd)en  ©rgebniffe  beS  inquifito* 
rifdjen  SBerfaljrenS  bie  belaftenben  geugniffe  im  Xemplerprojefc 
an  fid)  als  hinfällig,  ityr  Sntyalt  überbieS  als  öollfommen  un» 
roaljrfdjeinlidj  ju  betrauten  fei.  35em  Drben  gegenüber  fjanbelte 
eS  fidj  um  bie  ungeheuerliche  SSorftellung ,  bafe  ber  Unglaube, 
bie  SBlaSp^emie  jur  DrbenSfadje  gemalt  korben  fei.  2)aS  ©djulb* 
befenntniS  biefeS  Sn^alteS  aber  war,  wo  eS  gegeben  würbe,  noto* 
rifdj  unter  Slnwenbung  ber  fdjärfften  SWittel  ber  Snquifition 
erprefet  worben.  3m  Söonifajianifdjen  ^ßrojefe  bagegen  lag  alles 
anberS.  S)a  war  ber  33eftf)ulbigte  ein  einjelner,  ber  feine  erlja* 
bene  Stellung  als  einen  Freibrief  ju  jeglidjer  SluSfc^rettung  in 


SSar  ©oi:ifa$  VIH.  ein  äefcer?  5 

©ebanfen  ober  SBerfen  angefetyen  fyaben  tonnte,  unb  bog  inquift* 
torifdje  ©erfahren  fpielte  in  biefem  ^Jrojeffe  fcincrlci  Stoße,  fdjon 
weil  ber  SIngeflagte  jur  3e^  &er  Sfcrljanblung  ntd^t  mefyr  am 
Hzbzn  mar. 

Sine  breifadfje  Aufgabe  tyaben  Wir  für  eine  9tetiifion  be3 
^ßrojeffe*  t>ier  ju  ertebigen.  SBir  t)aben  eine  fummariföe  Äritif 
ber  Äudfagen  auf  bie  JBemeggrünbe  unb  auf  bie  Information  ber 
beugen  ju  geben ;  mir  traben  jweiten«  bie  grage  ju  beantworten, 
toie  tonnte  JBonifaj  ju  ben  Slnfdjauungen  tommen,  welche  it>m 
bie  Stellage  mit  Stecht  ober  Unrecht  fdjulb  gibt?  (Snb(id)  Ijaben  wir 
£u  fragen,  ob  bie  auä  bem  fonfiigen,  Don  ben  ?ßro$egatten  unab- 
hängigen, Quellen  material  ju  gewinnenbe  ÄenntniS  ber  ?ßer|5n» 
üdjteit  be«  <ßapfted  und  ni$t  genägenben  Anwalt  bietet,  ©$ulb 
ober  Unfdjulb  für  waljrfdjeinlid)  ju  galten. 

1.  SBürbigung  ber  3cu9enau3fagen. 

Sie  ^ßrojefeaften  liegen  in  ber  groften  Sßublifation  $ul>ut)8 
Hiötoire  du  diff^rend  d'entre  le  pape  Boniface  VIII  et 
Philippes  le  Bei  feit  1655  gebrueft  toor.  ©nen  wichtigen 
Siadjtrag  t)at,  wie  erwähnt,  §öfler  1843  in  ben  Sbfjanblungen 
ber  SRündjener  «tabemie  (fft.  III,  9b.  3,  8bt.  3)  gegeben.  Um 
bie  ©idjtung  biefe*  aWaterial«  f>at  fidj  gtnfe  (I,  227  f.)  feljr 
«rf>ebtid)e  SBerbienfte  erworben;  bie  SRadjlefe,  bie  er  auf  ©runb 
feiner  I)anbfd)riftlitf)en  gorfdjungen  in  Sßarid  unb  8tom  geben 
tonnte,  ift  t>crl)öltni8mäJ3ig  gering.  Dtjne  f>ier  SieueS  bieten  ju 
tonnen,  erwähne  id)  turj,  ba&  im  Sommer  1303  bei  fiebjeiten 
be3  $apfted  au«  ber  gebet  2Bi(t}elm  Sßlaftan*.  «RogaretS  ®e* 
finnung«genoffen,  bie  grofee  9tnC(agefc^rtft  (Dupul)  ©.  102—6) 
i>ert>orget)t,  bie  itt  29  fünften  fleben,  SBirfen  unb  Renten 
be*  SßapfteS  auf  moralifdjem,  bogmatifdjem  unb  tirfynpoti* 
tifdpm  ©oben  angreift.  Siefer  Äntlageformulierung  ift,  moljl 
1310,  eine  fefp  intereffante  t>iftorifdf)e  ©egrfinbung  für  jeben  ein« 
Seinen  $untt  tjiujugefügt  worben  pfcuput)  ©.  327—46).  91.  §oty 
mann  (SBilljetm  öon  SRogaret  1898,  ©.  191)  bejei<$net  fte  unb 
jmei  ©djriftftficte  äljnlidjen  6t)arafterS  (T)upu^  ©.  347—9, 
350—62),  bie  er  (alle  brei)  in  ben  SKonaten  8uguft  bis  Dftober  1310 
tntftanben  unb  toiefletdjt  Don  Siogaret  t»erfafet  glaubt,  al£  „gegen 
JBonifaj  gerichtete  glugfäriften" ,  wäljrenb  ginfe  (I,  228  Änm.) 


6  Savl  SSencf, 

ben  StuSbrucf  9tnt(agcfd)rift  ober  Änttageform  gebraucht.  Un$ 
erfdjemt  bic  3tnnal)me  £ol$mannS  öorjuaieljen,  richtig  aber  bie 
©eobadjtung  ginfeS  (I,  253),  bafj  für  bic  ©ammfung  be«  in  ber 
„SBegrünbung"  niebergetegten  2J?ateriai3  bieSolonnaS  reidjtidj  beU 
gefteuert  Ijabcn.  SBir  bürfen  über  biefeS  SRaterial,  ot>ne  eS  ganj 
aus  ben  Jlugen  ju  Vertieren,  im  allgemeinen  t)intoeggel)en ,  nidjt 
blofe  an  biefer  ©teile,  too  eS  [idj  um  bie  Äritif  ber  3*"9«tDerl)öre 
fyanbelt,  fonbern  überhaupt,  ha  cS  für  bie  unS  befifjäftigenbc 
grage  nadj  ber  Srreligiofität  beS  'ißapfteS  nichts  SReueS  ausgibt,, 
toir  unä  metmet)r  ein  S3ilb  ber  bem  Sßapfte  fdjulbgegebenen  2ln* 
fdjauungen  aus  ben  3cuftenauöfa9en  5U  fleftaltcn  tjaben.  SBir 
befifcen  bie  SBerljbrSprotofolIe  oon  brei  3^flc»gtuppen ,  bie  im 
päpftlidjen  Sßalaft  im  Sßriorat  ©rofeau  bei  äWalaucene  (2>uput> 
©.  543-75),  in  Slmgnon  ($öf(er  ©.  47—83),  bejieljungStoeife 
in  SRom  (3)uputy  ©.  526—43)  öernommen  toorben  finb.  JUS  baö- 
tt)id)tigfte  ift  ^>cfelc  unb  ginfe  baS  in  Sfifoignon  aufgenommene 
SBertjor  erfd)ienen,  ju  bem  eine  größere  Qaf)l  öon  öonifaj  ernannter 
Starbinale  unb  mehrere  93eamte  Stonig  Sßl)i(ippS  geloben  toaren. 

3n  ben  9lnffagefdjriften  tritt  unöerfennbar  bie  SßluSmadjerer 
Ijeröor,  ber  SSunfd),  möglidjft  öiele  Slntlagepunfte  aufstellen, 
baljer  aud)  bie  Berufung  auf  baS  ©erebe  ber  2eute.  £inftd)tlid> 
ber  3cu8enaudfa9cn  betonen  §efete  unb  gtnfe  mit  ©runb  bie 
eiblidje  Abgabe  ber  3eugniffe.  S)tc  3^W9^n,  bie  an  SibeS  ©tatt 
baS  Slnbenfen  bcS  sJ?apfieS  auf  baS  fdjroerfte  betaften,  fönnen 
ntd^t  famt  unb  fonberS  Sctrüger  fein.  SlfleS  fommt  barauf  an, 
was  f)at  fie  bemogen,  iljre  Sluäfage  abjugeben? 

3n  bem  3Serl)ör  oom  Stuguft  unb  September  1310  ju 
©rofeau  am  päpfilidjen  £>ofc  (Duput)  543  f.),  beffen  ausführlich 
<ßrotofoH  unS  loertöoKe  Sinblidc  in  baS  JBerfaljren  gehmfjrt, 
erflären  mit  einer  belanglofen  8luSnaf)me  (3*uge  1)  famttidje 
öierjetyn  3eu9cn*  &urc*)  feinertei  Seftedjung,  ©unft  ober  gurdjit 
jur  StuSfage  betoogen  ju  fein ;  neun  berfelben  fagen  aus,  bog  fie 
üon  einem  SRitter  ßönig  SßljilippS,  Sertranb  t)on  SRoccanegata, 
ber  öon  ityrer  Slntoefenljeit  an  ber  Äurie  5Rad)rid)t  erhalten  Ijatte,» 
aufgeforbert  feien,  ju  befuubcn,  nmS  fie  hm&ten;  jioei  anbere 
erhielten  bie  gteidje  Anregung  öon  9Sit£>e(m  Don  SHogaret,  einer 
oon  einem  Unbefannten  unb  einer  öon  einem  Stämmerer  be£ 
$tapftc&  S)abei  ift  nichts  SrftaunlidjeS  unb  2lrgtoot)nerregenbes. 
SBcnn  aud)  öffentlich  befannt  gemalt  toorben  toar,  ba&  jeber  jur 


2Bor  Sonifaj  VIII.  ein  Äefcer?  7 

3eugni3abgabe  jugefoffen  fei,  fo  mochte  cd  bodj  nod)  bei  SSerbung 
beburfen.  5)ie  Sage  fear  fo  au&erorbentlidj :  ot)ne  ©djeu,  ofyne 
©orge  um  bie  golgen  foQte  man  ba3  Oberhaupt  ber  Stirdje 
blo&ftellen  bfirfen.  Unb  toenn  toir  gelegentlich  erfahren,  bafc  bie 
3eugenmerber  tyre  fieute  gut  fennen,  fo  toirb  und  bomit  nur 
ba*  ©elbftDerftänbtidje  beftätigt,  bag  fte  natürlich  nur  foldje 
3eugen#  bie  naef)  ifyrer  ©efinnung  nritlfommen  maren,  jum  kommen 
berebet  tjaben.  Dagegen  toürbe  bie  ©laubtofirbigfeit  biefer  3cuflen 
in  ein  feljr  fibleS  2id)t  gefteQt  toerben,  toenn  bie  ^Beobachtungen 
ginfeS  (I,  239  f.)  richtig  mären!  ©r  tagt,  bafe  bie  Dierjef)n 
3eugen  na$  tyrer  befdjmorenen  SuSfage  fämtlid)  au«  anbercr 
SSeranlaffung  „©efdjäfte  falber"  nad)  Äoignon  gefommen  unb 
bort  für  bie  Äuäfage  gewonnen  fein  froßen,  toätyrenb  bieä  bod) 
ganj  unglaublich  fei,  fte  Dielmetjr  in  ber  §eimat  angemorben 
feien  unb  alfo  in  biefem  fünfte  bie  Unroalpfjeit  gejagt  fyätten, 
banad)  aud)  anbertoeit  gelogen  Ijaben  tonnten.  S)te3  gelte  ju* 
nädjft  Don  fünf  Unteritalienern,  bie  über  baSfelbe  SreigntS  bed 
3.  Mooember  1294  etwa«  toü&ten,  unb  jmar  faft  allein.  Snbeffen 
Ijat  ginfe  bie  Prüfung  ju  fummarifd)  angefteQt.  ©eine  Angaben 
bebfirfen  fe^r  ber  ^Berichtigung. 

3un&d)ft  fagen  in  SBat)rf)eit  nur  Dier  Unteritaliener  Aber 
jene  Ausladungen  beä  Äarbinald  SBenebift  ©aetani,  beS  fpäteren 
$apfte£,  Dom  3.  SioDcmber  1294  aud1),  Don  biefen  Dier  jjat  ein 
einjiger  (9fr.  6)  ben  ©runb  feiner  Snmefenljeit  angegeben,  eine 
©treitigfeit  mit  feinem  Äbte.  2)iefe  Angabe  ift  burdjauö  gläubig. 
Die  Hnroefenijeit  ber  bret  anberen  in  ©übfranfreid)  lann  Der* 
fdjieben  crflart  toerben,  fie  tann  jufäüig  fein,  benn  feineätoegfc 
tonnten,  toie  ginfe  meint,  biefe  Dier  „faft  allein  aber  ba3  (Sreigniä 
be*  3.  SRooember  1294  etwa«  miffen".  3)ie  3a^  **r  D^rcn» 
jeagen  mar  Diel  gröfeer.  SBir  finb  über  bie  feltfamen  irreügiöfen 
Aeben,  bie  ber  Äarbinal  an  jenem  SioDembertage  geführt  Ijat, 
aud)  burd)  ba«  ttalienifdje  SSer^ör  Don  1311  unterrichtet,   ginfe 

l)  8euße  1,  2,  5  unb  6,  S)uput)  @.  543—56.  SJinfe  I,  240  meint 
no$  ben  Sengen  8  (Suput)  560  f.),  tote  er  I,  234  ft.  3  auftbrücfltd)  fagt, 
ober  trofr  mannet  Ätjnlicfjfeit  (anbelte  et  fid)  ba  um  ein  anbete*  Cor* 
fommnift.  2Äan  ücrgleidje  bie  QtUQtn,  ben  Kaum,  bie  3^it,  bie  gormultc- 
rung  ber  &rage.  Unter  ben  beugen  Dom  3.  ffloüember  1294  pnben  fid)  Dier 
unteritatientfdje  Eifaöfe.  Soweit  bie  giften  tum  ©am«  unb  ©übel  93er» 
gleidjung  ermöglichen,  ftimmen  bie  tarnen  bamit,  bod)  laffen  fid)  biefe 
fiiften  au*  unfeven  SSertjiketi  ergänzen. 


8  flarl  SBencf, 

Ijat  ba8  SScrbtenft  (I,  234),  auf  btc  Sbentität  jaf)(reidjer  Qtü$m 
in  beiben  SJerljören  fyingewiefen  ju  fjaben.  ©ort  treten  bie  mer 
3eugen  be8  SßrioratS  Orofeau  ü6er  unfern  SSorfaH  wieber  auf1), 
neben  it>nen  brei  anbere.  SluS  ben  inSgefamt  etf  3eugenau3fagen 
lernen  wir  aber  neben  ben  fieben  3cu9cn  &"*$  ©ummierung 
nodj  23  anbere  Sßerfonen  al8  am  3.  SRoüember  1294  anwefenb 
fennen.  3)er  eine  nennt  biefe,  ber  anbere  jene,  mandjen  waren 
Diele,  anberen  Wenige  in  ©rinnerung.  SSiele  öon  ifynen  waren 
natürlich  1310  längft  geftorben.  Slbcr  audj  wenn  wir  bie  3a(tf 
ber  30 2)  D^renjeugert  nidjt  überfd)ä&en,  t)at  ba«  Auftreten  jener 
üier  ju  ©rofeau  burd)  unfere  Umfdjau  bodj  wof)l  aße«  SBunber* 
bare  Verloren,  unb  wenn  wir  bennod)  nidjt  annehmen  wollen, 
ba&  fie  jufäHig  an  ben  pfipftlidjen  §of  gefontmen  Waren,  fo  ift 
e$  m.  (5.  für  itjrc  ®laubwürbigfeit  audj  nidjt  nachteilig,  öorauö* 
jufefcen,  bafe  brei  öon  iljnen  jur  3eu9cnkWun9  ö°n  e'nem 
Agenten  nadj  ©übfranfreid)  gefdjafft  worben  waren.  Sßie  anberS 
fann  man  ^}roje§jeugen  jur  ÄuSfagc  im  fernen  Sanbc  bewegen? 
2)a3  ift  nod)  t)eute  fo !  2>afc  fie  bann  Don  öertranb  be  Stocca* 
negata  nod)  jur  3euSen^e^un9  gdaben  würben,  verträgt  ftcf) 
burdjauä  bamit. 

&f)nlidj  fteljt  e$  mit  ben  tricr  fiucdjefen,  bie  ju  Orofeau  be* 
nuteten  (3euge  3,  12,  13  unb  14,  S)upul)  ©.  550,  568  bis 
575)  über  Säuberungen,  weldje  ber  $apft  im  Sftooember  ober 
©cjember  be3  Safjreö  1300  oor  einer  (Sefanbtfdjaft  aus  glorenj, 
SJologna  unb  Öucca  getan  Ijat 3)  ?(ud)  bei  biefer  2lubienj  im 
©djlafjimmer  be$  ^ßapfteä,  welker  ber  feierliche  ©mpfang  ber 
©efanbtfc^aft  im   öffentlichen  fionfiftorium  vorangegangen  war, 


')  8^9*  8»  11,  10  unb  7  —  fo  entfpredjen  bie  Wummern  benen  ber 
üorigen  Wnmerfung,  baju  fomnten  bie  neuen:  9,  12  unb  13,  $upui) 
©.  531-35. 

*)  93gl.  baju  bie  SluSlaffung  WogaretÄ  im  ftonfiftorium  am  20.  Wooember 
1310,  bafj  Söonifaj  (eine  flefcereien  manchmal  cor  2,  3,  5,  10,  bisweilen 
audj  cor  15,  30  unb  50  geugen  auäframte.  SJupul)  ©.  505.  §olfemann, 
SBftyelm  ton  Wogaret  <3.  195. 

»)  2lm  17.  Oftober  1300  famen  ©efanbte  bon  3rloren$  nad)  ©ologna 
mit  ber  ©Ute  an  bie  3Jo(ognefer,  in  ©emeinfdjaft  mit  ben  ©efanbtcn  oon 
glorenj  unb  anberen  ©tobten  £o«fana&,  ©ejanbte  an  ben  römifdjen  $of 
ju  fenben,  um  com  Sßapft  bie  Annullierung  be«  ^ro^effeÄ  gegen  bafi  SSolf 
t)on  Slorenj  ju  erbitten.  3)a«  (ftefutf)  ber  Florentiner  würbe  bewilligt, 
unb   (ofort   würben  Don   ben  Arianen  brei  ©efanbte  gewählt,  nämltc^ 


33or  Sonifaj  VIII.  ein  Äetjct?  9 

toar  bie  Qafyl  ber  Äntoefenben  fcfjr  grofj.  Slufeer  ben  t>ier  3*uß™ 
jäf>le  id)  allein  au3  Succa  bie  tarnen  Don  fed)$  ©efanbten  unb 
fedjä  anbercn  Änroefenben.  SBenn  üon  biefen  16  lucdjefifdjen 
Teilnehmern  jtoei  (3euge  5  unb  14)  au$  befonbercm  perfönüdjen  Sin* 
tafe  an  bie  JJurie  gefommen  toaren,  ein  anberer  (3eu9^  12)  ba 
ift,  ot)ne  bü&  toir  ben  ©runb  erfahren,  ein  Dierter  (Qtu%t  13) 
jur  3^ugntöteiftung  burd)  eine  ÜRitteteperfon  oufgeforbert  er« 
jdjeint,  ein  SWann,  ber  und  feinen  ftapitalbefifc  nennt  unb  Der- 
fiebert,  auf  eigene  Soften  Don  ÄDignon,  wo  er  eben  mar,  nad) 
bem  Sßriorat  ©rofeau  gefommen  ju  fein,  fo  ift  auef)  in  biefem 
gafle  fein  Änlafc  jum  ftrgtuotjn  geboten. 

SBenn  bann  Don  ben  fed)3  fijilianifdjen  ^Begleitern  beS  Ab» 
mirald  SRoger  be  Soria,  ber  1297  nad)  langjährigem  Äampf  für 
bie  greifjeit  ber  ©ijilianer  ju  3afob  Don  ?Iragonten  unb  ftarl  II. 
Don  Neapel  überging  (Aman,  la  guerra  del  vespro  Siciliano  II9 
(1886]  ©.  320  ff.),  jn>ei  als  Beugen  feiner  im  Sunt  1297  ftatt« 
gefundenen  t)5d)ft  mertmürbigen  Slubienj  bei  ©onifaj  im  3al>re 
1310  burd)  glaubhafte  93eran(affung  nad)  ÄDignon  geführt 
erfreuten,  ber  eine  (3*uge  H  2)upmj  ©.  567)  alö  Segletter 
ftönig  SRobertS  Don  Neapel,  ber  Dom  ©ommer  1309  bis  3uni 
1310  in  Hoignon  bjto.  in  ber  ^ßroDence  toeilte  (SBend,  SlemenS  V. 
unb  §cinric§  VII.  [1882]  ©.  141,  «nm.  5  unb  ©.  147,  Hnm.  1), 


Gtyerarbo  be  Sabbabini,  Alberto  be  Galamatoni  unb  ©iacopino  ©paüalbi 
6o  berichtet  dt),  ©ftrarbacci,  Historia  dt  Bologna  1597,  ©.  420  f.,  banad) 
SM  ßungo,  $ino  Gompagni  II,  100  sJl.  43.  $>ie  oben  beipro^ene  Hubienj 
ber  S^A^^faS™  —  im  SRoöember  ober  $eaember  1300,  nad)  einer 
unseren  Angabe  ($uputi  ©.  569)  um  SRartini  1300,  la&t  fid)  dnronologifd) 
ba mit  bereinigen.  9?un  aber  nennen  aQe  uter  3fU9en  &on  $otognefern 
nur  Antonio  ©aflucci  bei  tarnen,  ber  bei  Wfjirarbacd  an  biefer  ©teile 
nid)t  genannt  mirb;  er  roirb  neben  bem  Sßapft  unb  einem  ilaplan  als  ber 
einzige  ffiebenbe  eingeführt,  aber  tiefe  (Sdjwierigfeit  löft  fidj  üteUeicrjt. 
Antonio  ©aflucci  war  ju  ©ofogna  in  jener  Qt\t  ein  I) od) angef ebener 
Wann  (ugl.  GWrarbacct  6.  325,  352,  376,  451;  an  (epter  ©teile  wirb 
tum  einer  großen  Gärung  be*  im  3abte  1303  ©eftorbenen  berietet).  Sin 
3euge  (3>uput)  6. 569)  fagt,  bafj  neben  ttntoniolo :  duo  alii  videlicet  quidam 
iniles  et  quidam  notariuH  auS  ^Bologna,  beren  tarnen  ifjm  entfallen, 
ba  roaren.  bie  anberen  beugen  fpredjcn  nur  Don  „anberen",  beren  tarnen 
fic  nietjt  behalten  tyabcn.  6*  liegt  bod)  luoljl  natje,  anzustemmen,  baft 
Antonio  Gtaducci  für  einen  ber  brei  gemähten  ©efanbten  eintrat.  —  83teü"eid)t 
laffen  f«ft  bie  Tanten  ber  lucdjefifdjen  ©efanbten  FontrolHeren,  id)  t)abe 
nid)tfi  ftnben  fönneu. 


10  ftart  23encf, 

ber  anbere  (3*uge  10,  ©uputy  ©.  565)  al$  fflittfteller  bei  bem* 
fclben  König,  fo  fann  idj  aud)  bor  in  burdjauS  nichts  SSerbädjltgeö- 
erbliden.1)  ginfe  l)at,  inbem  er  anberS  urteilte,  ftdj  nid)t  SRedjen» 
fdjaft  gegeben,  toie  grofc  bie  3a^  &c*  ßtyrenjeugen  toax. 

3m  SBergleicf)  ju  bem  befprodjenen  SSerljör  bon  1310  fint> 
t»tel  fürjer  unb  inhaltsleerer  bie  ÄuSfagen  ber  in  8t  om  im  2lpril 
unb  SWai  131 1  bernommenen  3CU8™  (®uput)  ©.  526  f.,  ginfe 
©.  234  f.).  Ü6er  ba8  SWotib  i^rcr  ÄuSfagc  berlicren  fie  fein 
SBort,  über  biefel6en  Vorfälle  toirb  in  fefyr  öerttmnbtcr  gornt 
berichtet,  ^erborgeljoben  ju  werben  berbient,  bog,  roaljrenb  tum 
ben  bter  8tu$t\\,  bie  1310  über  bie  irreligiösen  SluSlaffungen 
be3  SßapfteS  bom  3.  SRobember  1294  bcridjtcn,  nur  jtoei  (3«uge  2 
unb  5,  2>uputy  ©.  548  unb  556)  ben  *ßapft  auSfpredjen  laffen, 
baö  fei  nun  bie  Weinung  ber  einstigen  ©elefyrten  toie  er,  ba* 
gegen  1311  bie  fämtlidjen  bicr3*ugen  bon  1310  biefc  Sßenbung 
gebrauchen,  berfcfyärft  burd)  ben  ©egenfafc  jum  SBolf  (er  fdjtoebte 
fdjon  1310  bem  #eugen  2  [©.  548]  bor),  ba$  anberö  benfe, 
bem  man  (fo  3euftc  ?  unb  8,  ©.  531  f )  cö  audj  anberö  fagen 
muffe,  roäfyrenb  man  beuten  unb  glauben  bürfc  tote  er.  (£8  finb 
naMiegenbe®ebanfen,biebaöUnge^euerlic^eberftänbltc^ercric^einen 
laffen  unb  aud)  redjt  rooljl  tatfad)lid)  bon  SBonifaj  au8gefprod)en 

x)  5)en  brei  Seugengruppen  Dom  3.  Wooembcr  1294,  bom  3uni  1297 
unb  bom  Eobembcr  ober  2)e$embet  1300  ftcUc  idj  &ur  Seite  eine  bierte 
über  bie  Uuterrebung  be«  SßapfteS  mit  bem  Variier  Slrjt  im  Sommer  1293: 
3euge  3,  4,  6  bcS.ital.  S3er^örSf  $upul)  ©.  528—30  unb  g.  9  beS  93erf)ör&  ju 
©rofeau  ©.  562  (er  ift  ibentif*  mit  3-  4  be8  ital.  SerljörS)  unb  weiter 
brei  Heinere  3eugengruppen  Don  je  jwei  ßeugen:  3-  1  unb  2  be«  ital. 
8er$5rft,  3)upub  @.  526  f.,  ferner  3-  4  bon  ©rofeau  ©.  552  f.  ibentiftfr 
mit  3. 14  be«  ital.  SBer$ör8  6. 535,  enbli*  3.  7  Don  ©rofeau  ©.  559  ibentifd» 
mit  3.  17  beS  ital.  »erfjör«  ©.  539,  ogl.  State  I,  5,  9lnm.  3.  Saft  alle 
btefe  Übereinftimmungen  würben  fdjon  bon  State  I,  234,  5lnm.  3  feft* 
gefteflt.  Sfolicrt  bleibt  bon  ben  14  3cugen  beä  3*erljör3  ju  ©rofeau 
nur  3.  8,  $uj)uü  ©.  560,  aflerbtng«  nur  feiner  SIuÄfage  naefi,  ba  er  per* 
fönlitft  Im  italienifcfien  Ser^ör  (9?r.  5)  toieber  auftritt  —  mit  ganj  anberett 
©efc^ta^ten  ügl.  oben  ©.  7,  «Inrn.  1.  3Kan  barf  barauf  ^inroeifen,  baft  er 
in  ©rofeau  franf  war.  S)ie  14  3eugniffe  öon  örofeau  unb  bie  ent* 
fprec^enben  be8  ttalienif*cn  83erl)ör$  oerteilen  fict)  auf  fieben  Vorfälle,  bie 
mit  einer  «luSna^me  (8.  7,  S)upui)  ©.  559  oor  40  3o^ren)  in  bie  Safjre 
1288  ober  1289  (3-  4  oon  ©ro|cau)  bi«  1303  oerlegt  werben.  Sou  ben 
23  8eugnif[en  be«  italienifcften  Ser^örS  bleiben  nur  neun  ganj  o^ne 
©citenftäd:  3-  5,  15,  16,  18—23.  —  Unter  i>tn  8eugen  beiber  »erhöre 
jäfile  ia^  je  fedj*  ßaien. 


9Sar  SBonifa*  VIU.  ein  tfe&cr?  11 

fein  fönnen.  $a&  bei  bctn  fpäteren  SBerfjör  aud)  Don  ben  beiben 
anberen  3eu9™  (3eu9c  7  un&  8»  ©.  531  unb  532),  bei  benen 
biefe  SBenbungen  im  früheren  S3erf)ör  fehlen,  tynen  Äuöbrucf,  unb 
jtoar  gefteigerter  8lu$brucf  gegeben  toirb,  roirb  nid)t  a(3  jufällig 
crfdjeinen,  trenn  mir  beobachten,  bafe  bei  ben  brei  3eu9en  &e* 
gleiten  SBorfaflä,  bie  1311  jum  erften  3M  3eu9n&  oblegen 
(3euge  9,  12,  13)1),  biefe  ©emerfungen  fehlen.  3m  ©efprad), 
uielleidjt  auf  ber  SKücfreiie,  t)aben  fie  Erinnerungen  unb  SluSfagen 
au$getaufd)t  unb  nadjmal*  baDon  Sftufccn  gebogen. 

Sei  jenem  83erf)ör  im  Sßriorat  ©rofeau  ift  bie  ^Befragung 
eine  fetp  umftanblidfje,  barauf  gerietet  feftjuftetlen,  ob  bem  QcuQtn 
aud)  bie  SRebenumftänbe  erinnerlich  finb,  unb  cd  toirb  faum  etwas 
uerfäumt,  um  mitbernbe  Umfiänbe  für  bie  ungeheuerlichen  %u3» 
laffungen  bc$  ^ßapfteS  ju  erfahren,  id)  benfe  j.  ©.  an  bie  §?age, 
ob  bie  Äufeerungen  im  ©djerj,  ob  fic  im  @inne  fyerauäforbernber 
S5i$putation  Dom  Sßapftc  getan  feien.2)  9Wan  toirb  eintoenben 
burfen,  bie  3euÖen  ftien  auf  foldje  gragcu  gebriQt  getoefen,  j.  ©. 
von  ©ertranb  Don  Stoccanegata  —  ba$  ift  möglich,  aber  nidjt 
*u  erroeifen.  ffiä  ift  tooljl  nidjt  ju  Diel  behauptet,  toenn  id)  fage, 
baß  ber  fiefer  Don  ljeute,  locldjer  Don  ber  fubjettioen  9ßal)rt)aftig* 
feit  ber  StuSfagen  überzeugt  tourbe,  junftdjft  benfelben  ©nbruef 
()aben  wirb,  ben  alle  3cu9cn  <n«*fpred)en#  bog  eS  bem  Sßapfte 
DoOfommener  Smft  mit  feinen  SSorten  getoefen  fei. 

3>a3  ©etoidjt  ber  auf  unmittelbarer  (Erfahrung  beruljenben 
SluSfagen  aber  bie  Don  ©onifaj  betunbeten  ©efhmungen  bjtu.  über 
anftöfjigc  $anblungen  be$  ^ßapfteS  mürbe  nod)  bebeutenber  fein, 
wenn  bie  3cu9en  ni*t  baneben  redjt  Diel  oon  §örenfagen  be* 
richteten,  ba  fie  nun  einmal  auf  alle  einzelnen  fünfte  ber  Sin» 
Ilagefdjriften  befragt  tourben  (fo  wenigften*  1310),  fetneSroegS 
aber  tjaben  nun  bie  3eu9en  iu  a^en  Ärtifcln  etttm*  gefagt,  bie 
meiften  grtjen  nur  auf  jroei  ober  brei  ber  26  (eiber  nid)t  er« 
tjaltenen  Slrtifel  ein,  tpätjrenb  fie  fonft  nid)td  ju  triff  en  angeben. 

')  34  fonn  aflerbtng«  bie  3RögliaVeit  nttft  üöHig  abmeifen,  bafc  auä> 
fic  fd)on  im  $dorot  ©rofeau  ßeugnt*  abgelegt  fjaben,  ba  ba*  ^rototoö 
üon  1310  nadj  bei  btersefyiten  »uäfage  oljne  @d|fofj  abbricht  ($upu9 
6.  575). 

*)  $ergleid)*roetfe  beachte  man  bie  Sorfäriften  über  bie  Aufgaben 
guter  3nquifttion*notare  im  Äefrcrprojefc  bei  <L  Renner,  Beitrage  jur 
Crganifation  unb  Äompetenj  ber  päpftlidjen  Äe  feergertaVe  (1890)  8.  125  f. 


12  tfarl  SBencf, 

2)er  ©efamteinbrucf  be3  tetber  unDolIftänbig  erhaltenen  5Ber* 
f)5r3  Don  1310  ift  auf  mid)  ein  red)t  günfiiger  gemefen1),  unb 
id)  finbe,  baf$  ginteS  ^Beurteilung  bem  Satbeftanb  nid)t  geredet 
wirb,  inbem  er  fidj  ju  fet>r  über  bie  in  üble«  Sidjt  geftettte,  bod) 
tatfädjlidj  unDermeiblid)e  Anwerbung  Don  3eu9en  verbreitet  unb 
eine  fo  ftarfe  gegenseitige  Seeinfluff ung  ber  italienifdjen  im  Sßriorat 
©rofeau  befragten  3cuflcn  &urd)  gemeinfame  ga^rt  unb  langen 
Stufenttjalt  in  8foignon  annimmt,  bafc  „ade  bte  gleiten  ÄuSfagen 
Derfd)iebener  3c«flcn  quellenfritifd)  nur  ben  t)iftorifd)en  SBert  eines 
Ijtftorifdjen  ©njeljeugntffeS  ljaben".  3d)  finbe  titelt  flar  au8= 
gefprodjen,  ob  fidj  biefe  SBirfung  bereite  in  bem  33erl)5r  Don 
1310  ober  erft  in  bemjenigen  Don  1311  jeigen  foll,  ginfe  fdjeint 
an  beibe  ju  benfen,  id)  t)abe  eine  auögleidjenbe,  Deräljnlidjenbe 
SBirfung  auf  ba$  fpätere  SSerfyör  anetfannt;  in  bem  früheren 
finbe  id)  j.  ©.  jwifdjcn  ben  mer  8erid)ten  über  ba£  (Sefpräd) 
Dom  3.  SRoDember  1294  burd)au3  bie  Unterfd)iebe  in  (Sinjet 
umftänben  —  in  ber  §erDorl)ebung  Don  biefem  unb  jenem,  bem 
Suelaffen  Don  anberem  — ,  bie  man  bei  gebilbeten  SBeridjt* 
erftattern  in  Söctrcff  eines  ©efpräd)S,  baS  fie  begreiflidjerweife 
t)ödjtid)  befremben  unb  bafjer  fid)  tynen  einprägen  mu&tc,  er« 
warten  barf. 

3d)  fürchte  nid)t  bie  günflige  SWeinung  über  baS  SBer^ör 
Don  1310,  bie  idj  Dertrete,  abjufdjwädjen,  wenn  id)  jum  ©djlufc 
bemerfe,  ba&  bie  brei  Äarbinäle,  unter  bereu  S3orfifc  baSfelbe  er* 
folgte,  Sßeter  Don  ^ßaläftrina,  ©erengar  Don  graScati  unb  ber 
ÄarbinalpreS&tyter  SRifolauS,  fämtlid)  ftonig  $l)ilipp  feljr  nalje* 
ftanben.  Äarbinale,  welche  baS  Sßontififat  Sonifaj'  VIII.  als 
foldje,  als  geheime  ®egner  ober  als  Anhänger,  erlebt  Ratten,  mit 
bem  SBer^ör  ju  beauftragen,  mürbe  wotyl  anftögtg  erfreuen  fein. 
3ene  brei  bagegen  waren  fämtlid)  im  Dejember  1305  ju  £t)on, 
in  ber  erften  greunbfdjaft  jwifdjen  5ßf)tlipp  unb  Sternen«  V.,  ju 
Jfarbinälen   erhoben   worben,   alle  brei   Jranjofen,   Sßeter  unb 


2)  3*  bemerte,  bajj  id)  öon  ber  neuen  3cttfärift  „Beiträge  jur 
$fnd)oiogie  ber  HuSfage"  1.  Solge,  Seidig,  SBartfj  1903/4  erft  na$  lieber* 
fdjrift  biefe«  erften  Seile«  meiner  Stbljanblung  Kenntnis  erhalten  Ijabe, 
inäbefonbere  öon  ben  2luffäfren  SB.  ©teru«  „SluSfageftubium"  unb  @.  ©ern* 
$cimS  „$aS  $Berf)äitniS  ber  biftor.  SRetljobif  jur  3eugenau3fage"  ®.  46  f. 
unb  <S.  HO  ff.  ®o  lebhaft  fie  mieb  intereffiert  Ijaben,  fo  finbe  id)  bod)  nun 
gu  befonberer  ©ejugna^me  feine  SSeranlaffung. 


SHar  ©onifaj  VIIL  ein  fte&cr?  13 

Serengar  früher  Wiener  beä  ÄönigS,  SRifolauä  Dorbem  fein  Seicht* 
Dater.  2>ic  gortbauer  ifyreS  intimen  SBei^ältniffed  jum  Äönig, 
beffen  poütifdjeä  Sntereffe  [ie  Vertraten,  märe  mannigfach  ju  be> 
legen.  Äarbinat  9iifolau3  tpar  im  grü^jatjr  1303  Don  einem 
ftarfen  flrgioofyn  beä  SßapfteS  SBonifaj,  ber  it)n  jur  93erantroor« 
lung  Dorlub,  betroffen  toorben  (Suput)  ©.  99). 

Äönig  Sßf)Uipp  unb  Sßapft  ©lernen*  fjaben  ftdj  ber  grofcen 
®efügigfeit  biefe«  SRanueä,  ber  gemife  längft  nicf)t  fo  fyarmloS 
mar,  als  er  fief)  bei  ber  3™gni$leiftung  com  14.  SIpril  1311 
barftcHte,  nur  ju  erfreuen  gehabt.1) 

Aber  bie  beiben  anberen  Jtarbinäle,  ?ßeter  unb  Serengar, 
Derbanften  botf)  ©onifaj  bie  Anfange  il)rer  2aufba!)n,  unb  ©e* 
rengar,  einer  ber  trefflidjen  Suriften,  bie  im  Auftrage  ©onifaj'  VIII. 
ben  Liber  Sextus  rebigierten,  fjat  fid),  al$  aud)  er  1311  *ur 
3eugni8leiftung  berufen  mürbe,  bamit  in  einer  Steife  abgefunben, 
bie  feine  ©fjrlid)fcit  in  ba3  günftigfte  2id)t  fteQt  (§öfler  ©.  74 
bi«  77). 

2)amit  tyabe  id)  fdjon  auf  bad  83erf)ör  fibergegriffen,  baS 
Dom  14.  bi«  24.  «piil  1311  Dor  bem  Sßapfte  ju  SlDignon  ftatt* 
fanb.  ginfe  fyit  unterlagen,  fid)  unb  bem  Sefer  ju  Dergegen* 
»Artigen,  meiere  Stellung  e3  innerhalb  ber  SBerfjanblungen  jtmfdjen 
<ßapft  unb  Äönig  einnimmt.  3)a3  räd)t  fidj  fetjr.  ©ein  Urteil 
(I,  236  unb  243  f.)  ift  Diel  ju  günftig;  er  fdjeint  an  eine  ftrenge 
$etoei$aufnal)me  ju  glauben,  toätjrenb  im  ©runbe  nur  ein  (kaufet* 
fpiet  vorliegt,  auf  bad  man  fid)  berufen  ju  fönnen  tt>ünfd)te,  ba8 
fdjledjterbingä  nur  einen  Seil  ber  9Bat)rt)eit  bieten  tonnte,  ©o 
ift  toeber  ber  2lu3gang$punft  für  bie  SluStpat)!  ber  3eu8en>  nod) 
ber  objeftiDc  ©ritnb  für  bie  Dorftd)tige  Raffung  ber  HuSfagen 
Don  ginle  HargefteQt  morben. 

3)a$  ÄDignonefer  93erl>ör  Don  1311  untertreibet  fid}  fel>r 
toefentlid)  Don  ben  anbem  33erl)5ren,  inbem  eä  nidjt  jur  SBe» 
laftung  be3  Sßapfteä  ©onifaj,  fonbern  jur  ©nttaftung  be$  ftönig«, 
feiner  Reifer  unb  SScrfjeuge  beftimmt  toar. 


!)  3)a*  Öcugni*  bei  ©öfter  6.  47—50;  bgl.  fcolfrtnann,  ttilftefm 
Don  SRogaret,  6.  220,  $a(u&e,  Vitae  pap.  \venioniensum  1, 636,  diaconiu«, 
Vitae  pontifleum  II,  375,  Regestum  Clementis  V  t.  III,  nr.  3228.  Jtnfe  I, 
142  unb  243  urteilt  offenbar  Diel  $u  günftig  über  jene*  3cugni$,  beffen 
üorp^tige  £urücf()altung  iljm  Vertrauen  einflögt. 


14  ftarl  ©encf, 

Sßf)tlipp  fyutte  cnbtidj,  ju  änfang  be3  3af)re3  1311,  auf 
im*  ©rangen  beä  Sßapfteä  feine  (Stellung  in  bem  Kampfe  gegen 
baS  Änbenfen  be$  SJonifaj  geänbert,  inbem  er  fid)  bereit  erflört 
fjatte,  bem  Sßapfte  bie  wettere  Verfolgung  ber  ganzen  bonifajia* 
nifdjen  Angelegenheit  ju  überlaffen.1)  Steuer 'fjatte  er  fie  buref) 
gorberung  eines  ÄonjttS  unb  einer  fonjiliaren  (Sntfdjeibung  über 
t>it  behauptete  Ackeret  be$  SßapfteS  betrieben.  SSie  er  bie£  jeßt 
fallen  lie^  fo  follten  aud)  biejenigen,  wetdje  Sonifaj  befdjulöigt 
Ratten  unb  gegen  if)n  aufgetreten  mären,  jurücfftefjen  unb  alles 
bem  Sßapfte  allein  überlaffen.  Seil  aber  ba3  fanont|d)e  9ted)t 
ba£  Auftreten  oon  Sobfeinbcn  gegen  angebliche  fteger  oerpönte2), 
unb  Don  ben  SBerteibigern  be3  33onifaj  eben  Sobfeinbfdjaft  beä 
Äönigä  wiber  it)n  als  ©runb  feine«  ganjen  9Sorget)en3  unb  in3* 
befonbere  beö  Attentats  Don  Anagni  immer  tuteber  bejeidjnet 
würbe,  fo  wären  feine  £etfcr,  bie  feinem  §affe  blinb  gebient 
Ratten,  burd)  bie  Aufgabe  beä  Sßrojeffeä  mellctdjt  in  perjönlidje 
©efaljr  geraten3),  jebenfaQS  mochte  bie  bisher  immer  wieberfjolte 
©etyauptung  be3  Königs  unb  feiner  Vertreter,  fie  Ratten  nur  au$ 
toatjrem  (SlaubenSeifer  geljanbelt,  bei  einem  ptöglidjen  gallenlaffen 
beö  Dörfer  fo  eifrig  betriebenen  SScrfeS  in  ba8  übelfte  Sid)t  ge* 
raten,  wenn  nid>t  in  aller  gorm  ber  gute  unb  reine  Sifer  bei* 
ÄönigS  unb  feiner  5)iener  auerfannt  würbe.4)  ©agegen  tyatte 
^J^ilipp  einen  aujjerorbentlidjen  Srfolg  erjielt,  wenu  biefe  An* 
erfennung  aud  bem  SWunbe  ber  ©egenpartei  erflungen  wäre,  unb 
tatfadjltd)  (jaben  ungeljeuerlidjerweife  bie$  Äußerfte  bie  Vertreter 
be£  JtönigS,    wenn   aud)  nominell  nur  atd  <ßrit>att>erfonen,   in 

l)  SBefanntlid)  war  fdjon  bei  bin  Ser^anbtungen  äwifdjcn  ^ßöilipp 
unb  (SlemenS  V.  ju  $oitierS  im  3früi)jaljr  1307  biefeS  gict  öon  ber  Äurte 
«rftrebt,  in  biefem  Sinne  bie  33ulle  Laetamur  in  te  entworfen  worben. 
SJgl.  bie  5Öemerfungen  2)enifle8  Specimina  palaeogr.  (Romae  1883)  proleg. 
p.  13;  §efele  VI»,  411;  fcolfcmtmn,  ftogaret  6.  139. 

J)  §infd)iu3,  flircftenred)t  V,  483. 

s)  Sgl.  bie  bezüglichen  Erwägungen  ber  auS  bem  3Stnter  1310/11 
ftammenben  3)enffd>rift,  welche  fcolfcmann  ©.  272  f.  mitgeteilt  Ijat. 

4)  $iefe  geftftettung  forberte  "ftogaret,  wenn  ber  ajonifctiianifdje  ?rojcu 
fallen  gelaffen  werben  folle,  fdjon  1305,  in  ben  Anfängen  öon  SlemcnÄ' 
ißontififat.  3d)  &«&e  bie  mertwürbigen  ©orte  auS  ber  Don  fcolfemann  in 
SBetlage  II  veröffentlichten  $entfdjrift  IjerauS,  ©.  2f)5,  §  10 :  in  continenti 
(92ogaret  uor  bem  $apft)  magnam  partem  veritatis  negotii  ostendet  et 
probabit,  que  ad  minus  exonerabit  et  apud  homines  ezeusabit  regiam 
«xcellenciam  et  bonum  zelum  regiom  et  ipsius  Guillelmi  innocentiam  et 
-ad  minus  saltim  semiplenam  heresim  Bonifacii.    SBgl.  §ol$mann  3. 131. 


$>ar  Söonifa*  VIII.  cht  $tc&cr?  15 

^foignon  ju  gnbc  bc3  SafyreS  1310  empfohlen.1)  2>ie  6ontfajta» 
nifäen  Äarbinälc  unb  biejenigen,  weldje  ftdj  jur  SBerteibigung  boS 
ißapfted  erboten  Ratten,  jetyn  Statiencr,  foUten  tyre  Sügen  toiber* 
rufen,  ben  geredeten  unb  guten  ©ifet  be$  Äönigd  aiterfenncu 
unb  ftdj  bem  ©utbünfen  beä  ÄönigS  unterwerfen. 

Wad)  langwierigen  SSerfyanbtungen  f)at  ftdj  ein  minbet  bru* 
toter  ?lu$gleidj  gefunben,  ba  baä  potttifdje  3ntereffe  beä  ÄöntgS 
if>m  einen  ©djritt  jurütfjuroettf)en  befahl.  Sr  mußte  in  einer 
flanj  anberen  Angelegenheit,  in  einer  für  granfretd)  mistigen 
iRadjtfrage  (gegen  bie  Abtretung  beö  SReidjSlanbeS  Ärelat  an 
baä  .§au8  Slnjou  unb  gegen  ein  tugemburgi|c§'angiolrimfd)ed 
©ünbnt*)  bie  tüotjlrooüenbe  ffiinmifdjung  be$  Sßapfteö  ju  ertmrfcn 
judjen  unb  t)at  fie  burd)  SRadjgicbtgfett  im  Sonifajtantjcfccn  ^ßrojeft 
trfauft  (ffienef,  ÄlemenS  V.  ®.  159  f.). 

3m  ge6mar  1311  fjaben  ftd)  Sßapft  unb  Äöntg  aber  bie 
Üfteberfdjlagung  be$  SßrojeffeS  unb  über  bie  ©jrenerftärung  für 
bie  Iräger  ber  «nttagc  toerftänbigt.  S)er  offijieüe  äbfd)lu&  aber 
erfolgte  toon  feiten  beS  Äöntgä  erft  burd)  ein  ©djreiben  Dorn 
April  1311,  in  bem  eine  unfreunbüdje  Äritif  ber  pftpftttdjen 
^ßrojefcfüfirung,  meiere  ber  Sntmurf  Dom  gebruar  enthielt,  au«* 
gelaffen  ift.2)  3n  ber  Sroifdjenjcit  war,  um  ben  SRücftrttt  be$ 
Königs  Dom  Sßrojefe  ju  ermöglichen,  ba3  $Berf)ör,  beffen  SBfirbt* 
gung  und  obliegt,  toeranftaltet  morben.  SlemenS  V.  fjat  e$  bann 
in  ber  $uQe  Kex  gloriae  Dom  27.  April  fo  bargeftellt  (Dupul) 
©.  596),  als  ob  er  jur  SBkljrung  ber  fanonifdjen  SBorfdjriften 
gegen  ^utaffung  falfc^er,  gefyäfftger  ©enunjianten  bie  geftfteüung 
ber  Semeggrunbe  be$  ftönig«  unb  ber  Äntlflger  burd)  ba*  83er» 

0  $gl.  iljren  ©efanbtfd)aft$beridjt  an  ben  tfönig  t>om  24.  $e&ember 
1310  bei  SBend,  SlemenS  V.  unb  fceinridj  VII.  6.  183,  §  26,  im  £ert 
6.  160  f. 

f)  $>aS  üon  $>upui)  ©.  296  ff.  au8  bem  Sßarifer  S(r<$ib  toieber* 
gegebene  ©dpeiben  König  $^ilippd  an  ben  $apft,  au&gefteQt  JJontainebfeau 
1310  (b.  f).  1311)  mense  Februarii,  ift  immer  alä  baft  enbgültige  S)ofu= 
ment  für  Wlipp«  JR ü (f tritt  tum  ber  anflöge  angelegen  tuorben.  $a*  ift 
nid)t  richtig  öafan,  II  proeeeso  di  Bonifazio  VIII,  Roma  1881,  p.  74  ss. 
tat  eine  Ausfertigung  be*  föniglidjen  ©abreibend  au«  ben  Instrumenta, 
miscell.  bc*  Dattranifdjen  Wrdjibö  datam  Parisiis  a.  1311  mense  Aprilis 
mitgeteilt,  toeldje  ©.  78  unten  eine  roefentlicbe  ttbfdnoädnmg  gegenüber 
bem  Sejte  2>uputo*  (S.  298  unten)  bietet,  c*  fehlen  namentiid)  bie  $*orte : 
burd)  bie  ©trettigfeiten  ber  91  nf läger  unb  $erteibiger  negotium  dilationem 


16  fiarl  Send, 

f)5r  Dom  14.  bi£  24.  April)  ^abe  ttorneipnen  muffen,  nadj  Sc* 
buratmadpmg  beä  für  fic  günftigen  @rgebniffc$  aber  juerft  bie 
Sertetbiger  be£  Sonifaj  jurücfgetreten  feien,  mriter  aud)  ber  ftönig 
nnb  bte  Sfafläger  ben  $rojeB  Ratten  [aOen  laffen  nnb  fidj  mit 
jeber  funftigen  &ttid)eibuug  be*  $apfted  einüerftanben  erft&rten. 
3n  SBafjrljeit  ift  bie  Hufeinanberfolge  ber  Singe  eine  ganj  anbere. 
SBtr  troffen  mit  nrfunblidpr  6idjerbeit,  baß  melmeljr  ber  8er* 
jid)t  be*  fiöntg*  an?  bie  gortje§nng  beS  $rojcf)eS  fdjon  im 
gtbruar  jeftftanb,  unb  Heüen  feft,  bag  ba*  3*erl)ör,  beffen  ©r* 
gebni&  beidjtofTrae  @ad)e  mar,  nur  eine  ber  bem  ißapfte  auf- 
erlegten  #rieben3bebingungen  barfteüte. 

Sbenjo  im  Sntereffe  eineä  Verfahrend,  ba*  ben  Sdjfin  beS 
Stentes  toabrte,  atö  aud)  be£  ftönig*  lag  cS,  ju  3^9^  für 
bie  genriinfd)te  gtftfteüung  be£  guten  ©ferS  be$  ftönigä  foldje 
Scanner  &u  berufen,  bie  träfjrenb  ber  Regierung  be3  Sonija* 
(Gelegenheit  Ratten,  fienntntö  ju  nehmen  oon  ber  Srfpbung  ber 
©ejdjulbtgungen  unb  $erbad)tigungen  miber  biefen  ^apft  bei 
ftönig  $f)ilipp,  SRanner  ber  fturie  unb  SRänner  aud  ber  nädjften 
Umgebung  beS  fiönigä.  €o  treffen  mir  ade  üorbonija$tamjd)tn 
ftarbiuäte  'bie  bontfajianifdpn  üeriagten  ftdj  natürlich)  mit  ein* 
jiger  ftuänafpne  SöilfjdmS  üon  Sergamo,  ber  bod)  1305  im 
ftonffa&e  ju  Perugia  jur  franjöfüfyn  ^aitei  gehalten  hatte,  mir 
treffen  antserbem  bie  brei  Starbinäle  oon  6(emen£'  V.  @naben, 
bie  in  tyrer  früheren  Stellung  bem  Könige  natjegeftonben  Ratten, 
ben  8eid)tt>ater  3?f}üipp£,  9hfolaue,  feinen  SSijefanjler  Stephan 
unb  ein  anbered  SNügtieb  bed  franjöftfd)en  Staatsrate*  ju 
jener  3rit,   hcn   &orf)in   ermahnten  Serengar,   enblidj   werben 


reeepisse  dicitur,  quad  citiorem  et  feliciorem  finem,  si  eolicite  per 
vestrnm  officium  ageretur,  ad  qaod  principaüter  pertinet,  posse  con- 
sequi  plerisqne  videtur.  Sr.c~c:±:  vi  fca#  in  3icm  Dorbanbcne  3ibrut- 
imd,  bü§  man  rocbl  erit  ce ztn  fcie  ^?u"e  Rex  eloriae  Dom  27.  "April  auä^ 
geliefert  baben  wix\  atr:±:'A<b  nur  mit  SCionoiscnotabc  Derben.  3>ajj  bo* 
9bbnmnen  imvAtn  %zzh  ur.b  fijr.:^  im  i^etniar  »tbrn  feni^  Dcreinbart 
»ar,  bejeuat  &ie  bcnecclte  Urfur.be  tfi  rcrl-cr  cl#  filäger  tätigen  (trafen 
Subirig  Don  (JüTenr  uni  ^uiro  t>cn  3t  i::ul  ücn  Jvjntametleau  14.  Jyebruar 
.1311  bei  Xurutj  3-  3<Ji :  ...  placait  sanetitati  vestrae  et . .  .  Philippo 
regj  . . .  vinm  per  qaaru  Quere^a  s4-»p:ri  vaieat  . .  .  eligere  pleniorem, 
videlicet  ut  rex  ipse  et  nos  caeteri<«ue  >n  praemis^is  nobis  adhaerentes 
in  plenapositi  secaritate  T«ersec*j:ionem  haiae  negotii  totaliter 
in  Teetrae  sanetitatis  potestatem  et  ofncicni  transferaiiiiis. 


Etat  Bonifa*  VIII.  ein  ftefrer?  17 

Dier  namhafte  aftiüe  Staatsmänner  $i)tlipp£,  Sßeter  Don  Sßarroi 
(?ßerebo),  SSityehn  Don  SBatjeuj,  (Snguerranb  Don  SKarignt)  unb 
©eoffroi  be  $ß(cfft3,  Derart,  ©ettrifc  mar  Dorauäjufefcen,  bog 
alle  biefe  Männer  nidjt*  ÜbleÄ  über  Äönig  Sßf)ilipp  auSfageu 
mürben,  man  tonnte  nicf)t  Diel  Staat  marfjen  mit  tynen,  aber 
man  mu&tc  fid)  mit  ityrem  3eugniö  begnügen,  ba  baä  ber  ©egen* 
partei  borf)  nidjt  ju  t>aben  mar.  3)cr  Xatbeftanb  mirb  Der« 
fdjoben,  menn  man  gefagt  t)at  (§otymann  ©.  222),  bafc  Sic* 
menä  V.  bei  ber  Slu$mal)l  ber  ju  Dernet>menben  3e"gen  parteiifd) 
mar.  ©$  l>anbclt  fid)  um  ein  2Bof)foerf)aUung3jeugni$,  baä  unter 
gnäbigem  Säbeln  beä  ?ßapfte$  bie  gartet  fid}  fclbft  auöfteÜtc, 
baß  aber  Don  ifym  ju  offizieller  ©eltung  erhoben  mürbe. 

Snbeffen  feineämegS  nur  bie  bem  ftönig  ergebene  ®efinnung 
prägt  fid)  in  ben  äuSfagen  ber  3eu8cn  aus.  ®ic  tragen  nodj  ein 
anbereS  ®efid)t,  als  rechte  Srjeugniffe  be*  fid)  eben  DoQjie^enbett 
8u3g(eidj$.  8Bäl>renb  [ie  be3  Äönigä  guten  Sifer  bezeugen 
mufjten,  burften  fte  ba£  Änbenfen  be$  tßapfted  SBonifaj  nidjt 
ju  ferner  belaften,  um  nid^t  bie  9iieberfd)lagung  be£  9$rojeffcS 
unmöglich  ju  machen.  5)iefc  ©djranfe  t)at  mau  bisher  ganj 
überfein,  obmot)l  man  fid)  nid)t  barfiber  getauft  fjat,  ba& 
mit  bem  27.  Slprit  1311  bie  SBonifajianifdje  grage  begraben  mar. 
Offiziell  mar  ja  bie  3Durd)füf)rung  ber  Unterfudjung  burd)  ben 
?ßapft  in  9udficf)t  gefteür,  er  moOte  für  unb  roiber  ©onifaj 
3eugeu  Dor  ftc§  (äffen,  aber  er  behielt  fid)  gleidjjeitig  Dor,  SBort* 
fairer  ber  ftnflage  aud  allerlei  ©rünben  jurfiefmeifen  ju  bürfen, 
unb  moQte  SBerteibtger,  meldje  ben  guten  Sifer  be«  ÄönigS  nad> 
bem  jejjt  erfolgten  feierlichen  3eu9niö  beS  ^JapfteS  nod)  mieber 
bemängeln  mürben,  feineämegä  bei  ber  SBer^anblung  ju  SBoit 
fommen  (äffen.1) 

SRit  biefen  ÄuSlaffungen,  meiere  bie  päpft(id)e  Äanjlei  am 
gleiten  Jage  mie  bie  SBuQe  Rex  gloriae  audgefyen  liefe,  mar 
am  Snbe  Ijinreidjenb  beutlid)  auägefproeften,  ba|  bie  ftlage  mie 
bie  SBerteibigung  fünftig  Don  bem  Sßapfte  nic^td  ju  ermarten 
t>abe.  Ca  maren  fd)öne  JBorte,  menn  oon  einer  fflnftigeu  ®nt* 
Reibung  auf  bem  Äonji(  ober  anberSmo  bie  Siebe  mar,  unb 
nur  }um  (Schein  beftimmt  mar  aud)  ba«  päpftlid)e  gbift,  ba«  in 


»)  Licet  carissimas  bei  3)uput)  6. 302  unb  Regest.  Clem.  V  Annus  6 
nr.  7505.    Sane  licet  ex  certis  3>upui)  6.  002,  beibe  Dom  27.  ftpril  1311. 
fttftorifAc  3ettf4rift  (»l>.  94)  9t  fr  ©b.  LVIII.  2 


18  flarl  SScurf, 

Sttrignon  ucröffentlidjt  unb  fpätcr  am  6.  2Wai  1312  auf  bem 
Äotijtt  ju  SBienne  erneuert  tourbe1),  toonad)  öor  einer  Äommiffton 
t>on  mehreren  Äarbinäten,  bie  bem  Sßapfte  Seridjt  erftatten  fpüte, 
erfdjeinen  möge,  toer  ettoaS  fär  ober  gegen  ben  Sßapft  auSjufagen 
l)abe.  ©er  ^5apft  tonnte  fidler  fein,  ba|  niemonb  metjr  fommen 
mürbe  unb  umging  auf  biefe  SSeife  bte  Sntfdjeibung  in  ber 
©djulbfrage. 

3dj  fetjre  ju  unferem  SBerfjör  jurücf.  @3  tooUjog  fidj  in 
eigener  SBeife,  um  ju  öerfyinbern,  ba§  bie  3*ugen  mef>r  Un* 
gunftigeS  tmber  ©ontfaj  auSfagten,  al$  fd)led)terbing$  jur  SBe* 
grunbung  ber  Styrenerflarung  für  Äönig  $t)tttpp  unb  feine  Seute 
unerläßlich  toar.  2)ie  Slntoefenljeit  be3  Sßapfted  bei  bem  SSerljör 
torirfte  unfehlbar  in  biefem  ©inne.  Seiter  aber  ttmrben  mit  ganj 
toenigen  Ausnahmen  bie  3eu9en  nic^t  toi*  fonft  &Mid)  münblid) 
befragt  unb  toernommen,  fonbern  fie  Ratten  tyre  8luSfagen  in 
tootjlfibertegter  S33cifc  fdjrifttidjabjugeben.  ©o  t)aben  t)ou 
jtoötf  3eu8en  neun  getan2),  unb  Don  ben  brei  anberen  Ratten 
jioei  nur  auf  eine  engbegrenjte  gragc  eine  furje  Äntoort  ju 

0  (Sine  5tbfc^rift  MefeS  bisher  in  feinem  Wortlaut  unbetannten 
Edictam  citationis  facte  in  Concilio  super  facto  domini  ßonifatii  nad) 
bem  Original  im  üatifantfdjcn  9lrd)tb  Instr.  niisc.  1312  Mai  6  bcpnbet 
fidj  in  meinen  §änben.  Sie  beftätigt  unb  ergänzt  bie  bejüglidje  furje 
9fcad)rid)t  be«  tfarbinal«  3afob  ©tepfaneSdji,  roeldje  ßljrle  im  ftrgtb  für 
Siter.  unb  Äirdjengefd}.  be8  3Rittelalter$  V,  581  mitgeteilt  $at,  ögl.  baju 
feine  ©emerfungen  in  berfetben  8*fär-  IV,  444  f.  Gljrle«  Vermutung,  bafe 
ba$  üon  äarbinal  Safob  ermähnte  Siöignonefer  Gbift,  ba8  in  $ienne  er= 
neue«  würbe,  ibentifa)  fei  mit  Reg.  Clem.  V  nr.  7505  öom  27.  Sipril  1311 
(t>gl.  bie  lefcte  Slnmertung),  tft  föon  beSfjalb  nidjt  richtig,  weil  in  jenem 
bie  ÄarbinalSFommiffton,  weldjer  u.  a.  ber  am  10.  iejember  1311  geftorbene 
JiarbinatyreBböter  Stefan  angehörte  (er  wirb  im  ©btft  Dom  6.  Wlai  1312 
bone  memorie  genannt),  ermähnt  unb  angeführt  getuefen  fein  mufc.  SBa3 
in  neueren  Starftcttungen  (t>gl.  fcefefcÄnityfler,  £on3iliengefdjid)te  VI,  531) 
über  bie  SBcfjanblung  ber  ©ac&e  auf  bem  Sicnner  ßon&il  erjagt  wirb, 
gc§t  namentlich  auf  ®  SftHani  9,  23  juruef,  ift  aber  gegenüber  bem  urtunb? 
liefen  Material,  b.  t>.  bem  angeführten  ©bift,  nia^t  glaubhaft.  2)a&  ßönig 
$$iliW>  bie  Verbrennung  ber  Gkbeine  Sonifaj'  auf  bem  itonjil  f  arbeite, 
erjäWt  neben  anberem  2Bunberbaren  Slbam  SRurimutf),  Continuatio  chro- 
nicar.  regum  Angliae   (Rer.  Brit  med.  aevi  scriptores  nr.  93),  p.  17. 

■)  9Ran  tjat  bieä  bisher  überfein.  SRur  eine  längere  HuSfage,  bte 
be*  ßarbinal  Soljanne«  3Jconad)u3  (6.  52  f.),  ber,  weil  6.  46  neben  h^n 
toter  anberen  Äarbinäien  ui*t  genannt,  roofjl  erft  nadjträglid)  juge^ogen 
würbe,  ift  münbltdj  abgegeben  morben,  augerbem  bie  beiben  ganj  turnen 


2Sar  öouifaj  VIII.  ein  ßefccr?  19 

geben.  (Sä  liegt  naf)e,  an  eine  DorauSgetjenbe  3enl"ur  Ju  benfen, 
{ebenfalls  mufe  man,  toaö  bisher  unterlaffen  mürbe,  jur  Seurtei* 
!ung  bed  83erl)ör8  tote  jtoeifad)e  Verpflichtung  ber  3eu9en  ftct« 
im  Äuge  behalten.  3)ie  öorftdjtigc,  nad&  beiben  ©eiten  geregt 
fein  tooflenbe  gaffung  ber  Äuöfagen,  bie  man  bieder  ben  3euÖeu 
J*rföntid)  jum  JBerbienft  geregnet  t)at,  bie  fie  für  ben  unauf* 
geflärten  iefer  um  fo  einbrudSöoHer  machte,  ferner  bie  ©rfjaltung 
ber  tnbioibueQen  ÄuSfpradje  ber  3eu9en  ban{  ber  eigenen  äufjeid)* 
nung  unb  trog  be8  3)rucfeä,  ber  auf  ben  3eu9cn  tag,  aDe£  ba$ 
finb  Srgebniffe  ber  befonberen  Sage,  in  melier  ba£  S3ert)ör  auf* 
genommen  tomrbe.  Der  ©lanj  biefer  3eu9ntffc  crroeift  fid)  qU 
glittergolb.  Sener  erfte  93orjug  f>at  für  und  ganj  aufgehört, 
ein  foldjer  ju  fein,  im  ©egenteil  toerben  toir  jcfct  geneigt  fein, 
ntc^t  nur  in  bem,  ioaS  aber  bie  ©efinnung  unb  3lbfid)ten  ftönig 
$f)ifif>p4  unb  feiner  fleute,  fonbern  aud)  in  bem,  nm*  aber 
Glauben,  2)enfen  unb  §anbeln  beö  Sßapfieö  JBonifaj  auägefagt 
tuirb,  nur  eben  bie  t)albe  3Bat>rf>eit  ju  fetjen,  mir  Kerben  über« 
jeugt  fein,  bafc  und  minbeftenS  ein  Seil  ber  3eugen  aus  tt>rer 
Überzeugung  f>erau8  über  bie  ©djulb  be3  $apfted  ganj  anbere 
greifbare,  ferner  bclaftenbe  Mitteilungen  tjätte  machen  tonnen, 
toenn  tynen  nidjt  ber  SRunb  gefd)loffcn  geroefen  märe. 

Sine  rafdje  Überfielt  über  ben  3nt>att  ber  3cu9n'ffe  totrb 
tiefen  ©nbrud  Derftärfen,  jugteid)  aber  jcigen,  bafe  ba£  83ert)ör 
trog  aQebem  fad)lid)e  Mitteilungen  öon  großem  SBert  enthalt. 
Wx  Reiben  bie  jmölf  3cu9en  in  jK>«  Klaffen,  eine  rbmifdje 
unb  eine  franjöftfdje.  3ene,  bie  fünf  öorbonifajianifdjen  Äarbinälc, 
flliebern  fidj  mieber  in  brei  ©ruppen.  gür  fid)  allein  fteljt 
fianbulf,  ber  in  bem  ß^toürfnid  jttrifdjen  ?ßapft  unb  Ä5nig  feine 
Wolle  gefpieft  Ijat,  fein  3eugni3  ift  entfpredjenb  inhaltlos.  2)ie 
eine  ber  beiben  anberen  ©nippen  toirb  t)on  ?ßeter  unb  Safob 
€olonna,  bie  anbere  t>on  Napoleon  Orfini  unb  SotjanneS  SRonadjuS 

am  6djlufe  ©.  83.  3n  ber  färiftlitfen  Hu*fage  3afob  Solonna*  ftnbet 
riet)  (6.  82)  bie  HuSIaffung,  ba&  er  über  ©onifa*'  «crfe&r  mit  Dämonen 
fcem  $apfte  praesentialiter  viva  voce  bertdjten  roerbe.  (Sgl.  unten  6.  43.) 
3u  baft  $rotofoH  ift  toon  biefem  Script  nid)tä  gefommen.  9Rerfroürbig 
i)\,  baft  baft  8er$ör,  obwohl  bie  Notare  fidj  an  bie  überreizten  fdjriftlidjcn 
Vorlagen  (cedula  de  papiro  continens  depositiones  seu  responaiones 
saper  zelo  predicto)  galten  tonnten  unb  gehalten  Ijaben,  ad)t  ©ertjanb* 
lungfttage  in  ftnfprud)  naljm. 

2* 


20  ftavl  SSencf, 

gebilbet  S)ic  erfteren  finb  gcfdjroorene  geinbe  be$  SBomfag. 
lÜBenn  fie  frei  Don  bcc  Scber  toeg  reben  bürften,  mürben  fte  einen 
ftudbrud)  roilben  $affcS  gegen  ben  unerbittlichen  Verfolger  Der* 
ncbmcu  (äffen  ober  itjre  Veradjtung  feiner  $erfönlid>feit  au$* 
fprtdpn,  ftatt  beffen  feben  mir  fte  fid)  auf  tljre  einfügen  «Streit- 
fünften  loiber  ben  $apft  berufen  —  in  biefem  Verhör  mit 
iüedjt,  benn  jene  l)obcn  ja  auf  Äönig  5ßf)ilipp,  bem  fte  gefd)tcft 
umrben,  gcrouft;  bie  Starbinäte  tragen  aber  aud)  beibe  (S.  55 
itnb  H)  Sorge,  ba§  man  nid)t  in  jenen  bem  $apft  eine  befon« 
bete  Art  Scfecrci  (heresis  in  specie)  fdjulb  gegeben  glaube. 
$eter  (Solonna  berietet  eiugetpnb  über  bie  Verfyinbluugen  ber 
Solonnaä  mit  Äönig  $biiipp  unb  gibt  Dabei  bebeutfame  Äadi* 
richten  aber  bie  barte  Verfolgung  bis  in  Äerfcr  unb  Stob,  meiere 
benjenigen  uriberfubr,  bie  jroifcben  ben  Colonnaö  unb  bem  fron* 
ä5ftfct»en  Sönigc  Votenbienfte  taten.  @r  erjablt  aud  eigener 
förfatyrung  mebrfad)  micfitigc^  üon  ber  Steigung  be*  $apftc*  ju 
jügelloicm  ®ebraud)  feiner  3un3c*  W*  öor  Vlafcpbemieu  unb 
£Et$eräen  nwftt  juriWi<t)rtdte,  aber  er  unterlaß  utd)t  3**ifcl  au«* 
juipredKn,  ob  folche  SSorte  au«  bem  §rr}en  famen,  uub  fugt  am 
£<blu|  bie  <£infct>r&nhmg  $nju,  baft  bie  §ärte  ber  Verfolgung 
unb  bie  Sänge  ber  tnjtmicbcn  uerfiofienen  3clt  fo  Sabrbamgfcit 
feiner  Sutiage  im  einzelnen  Eintrag  getan  baben  fönne.  Voutfa} 
bat  in  einer  Sebe  Mm  10.  SKai  12?T  $eter  fiolouna  aU  „Ur* 
büb  bc$  £ctf»mut*"  bejeieimet,  „benen  Vater  babe  ibm  aiebrr« 
fcolt  gc*c$t,  baf;  freter  Scan  bunb  feinen  ^oebmut  fein  ®e« 
Vtlc&t  in  Sturj  unb  Vererben  bringen  incrbe*  (Mon.  Genn. 
Hist.  Sor.y-t  -4,  47^  —  ccbrbanig,  bie  Anlage  be*  fiarbinal* 
t»o»  IX  *pni  1S11,  *w  ielKt  *on  $M1ct  v2.  SS)  mc$cn  bar 
3flrcb£cüurg  uub  fWibcibcr.beit  **c*  Vcri±:cittamr*  $rriib:nt 
iroifc»  li^t  uubtf  wn  bu*ra  £>o*tir,Bt  erfesnrn,  ber  Sarbmal  tut 
ib«  iw:>c  bcjirur^crw  um  r.:£x  t:c  Srcnc  bc*  $arr:c*,  to  ituu 
*cine  ^Siirbe  jtmü&iHtrbrR  tone.  ;u  i:ömi.  —  firbr  Jr-ictricc* 
finnten  an*  bie  SLut'acen  l>er  Sirt:ri;c  Äarrlr^n  Cv;m  unb 
^ftb&rnc*  9fona:tiit  bieten,  to  nr  br>e  ir;:  fi^r.-a  ^;l:xc  i» 
gebennen  Öcv^-"?"1  ^^^  ^rn  ,2?-*r*  c^^:^T:^^^  ^hrn.  Stuu 
aber  toben  «r.r.T  brm  ?;**:i  K^;  §>;rtf:.:r  ^f  :in  ?;^M:i  ccf 
Jwe  dheber^apunf;  ^r^  il>rri.-,r\\<  !v.>c  ;:X:J  ^r.  Sru;rc^t, 
itatn  Slnicil  cn  ^^^  VcrAuci-urc  ;H\  ^rr,  fio:rc  utit  fi^vlnriim 


$tar  ©onifa*  VIH.  ein  Äcfrer?  21 

fiidjt  ju  geraten.  SBeil  Kapoteon  „unier  folgern  Rieten,  beffen 
ffierfe  nid)t  bie  eine«  fatljolifdjen  SRanneS  ttmren,  triele  uub 
fcfctoere  ©efaljrcn  für  bie  Stirere  befürchtete/'  „angefidjts  beS 
fötimmen  3uftQni)e$  ber  Äirdje"  Ijat  er  bem  Äönigc  getrieben 
unb  mit  beffen  ©ruber  Start  t)on  SSalotö  über  ein  Eingreifen  be« 
Ädnig«  öertyanbelt.1)  SRoc^  jurflefijattenber  fpridjt  ftd)  Soljanne* 
SWonadjuS  aud,  ber,  feiner  fieser,  baS  münbltdje  $ert)5r  beS  ?ßapfte* 
ouf  ftd)  natjm.2)  Sr  „glaubt",  bem  Könige  ausgesprochen 
iu  t>aben,  bafc  ©onifaj  ein  Steuer  fei,  nur  bafj  er  Seuten  be* 
flönigä  bog  gleite  gefagt  f>at,  „toeife"  er,  bem  Äönig  e3  getrieben 
£it  traben,  erinnert  er  fid)  nidjt.  SBarum  fagte  er  nic^t  au«, 
»a*  ftarbinat  Öerengar  au£  bem  TOunbe  beS  König«  ober  eine« 
fetner  9tAte  gehört  tyatte,  bafc  ber  ft5nig  öor  feinem  entfdjeibenben 
JBorgefyen  gegen  ben  $apft  im  ©ommer  1303  fid)  erft  eiblid) 
t>on  bem  in  granfreid)  meitenben  Starbinal  3of)anne3  SÄonadju« 
aerfidjern  tiefe,  bafj  ©onifaj  ein  Äefcer  fei  —  nad)  feiner  feften 
Überzeugung  (Softer  ©.  76)?  Dafe  er  tyn  baffir  !)alte,  l)at  er 
im  5Bcrt)ör  aQerbing«  felbft  gefagt,  aber  ofyne  jebe  nähere 
Angabe. 

33on  ben  3eußen*  toddje  ju  Sebjeiten  beä  Sßapfte*  Äönig 
$&ilipp  bienten,  gibt  Äarbinal  KifolauS,  ber  33eid)tt>ater  be* 
SWnig«  (^öfter  ©.  48),  ®ingeJ)enbe3  Aber  ©riefe  unb  @erfid)te, 
bie  feit  bem  ©ommer  1297  Don  9tom  an  ben  franjöfifdjen  §of 
famen.  ©ie  gaben  in  allgemeinen  Sudtaffungen  bem  $apfte, 
toie  ginfe  (I,  244)  mit  9fted)t  fagt,  fämtlidje  ma&gebenben  oer* 
bärtigen  Äußerungen  unb  Änfid)ten  fcf)ulb,  bie  nadföer  in  ben 
anberen  Vernehmungen  bie  Hauptrolle  fpieten,  Verwerfung  beä 
jenfeitigen  Sebenä,  Sbolatrie,  Umgang  mit  einem  Dämonen,  93c* 
tjauptung  ber  ©ünbtofigteit  finnlidjen  93erfef)rS  mit  grauen  unb 
Spinnern,  Unefjrerbietigfeit  gegen  ben  fieib  Stjrifti.  einige  biefer 
Auflagen,  betreffenb  iBerroerfung  ber  ©eburt  unb  Äuferftetjung 
€[)riftt  unb  Sbolatrie,  Ijatte  fdjon  Äarbinal  Simon  Don  ©eautieu, 
a(*  er  1295  batb  nad)  be«  ^ßapfted  ^Regierungsantritt  nad) 
<$ranfreid)  tarn,  Dor  bem  Äönig  unb  SWitgliebern  feines  WqM 
auSgefprodjen,  fo  berichtete  ber  *Hbt  $eter  &on  Sßarroi  als  Dtpen« 


>)  fcöflcr  ©.  51  unb  52.    fl.  $up*ten*,  Äarbinal  Napoleon  Orfini. 
«ün^cnet  SMff.  1902,  6.  49  f. 

■)  &tnfe,  ©.  143,  fpridjt  üon  „imfompatWcfier  3urfl<tf>altung". 


&!  Äarl  SBencf, 

jeuge  (S.  69),  unb  aud)  bie  ftarbinäle  Napoleon  (©.  50)  unb 
Sotyannct  9Konad)uS  (©.  53)  tyaben  gehört,  nrie  fic  fagen,  bafe 
jener  Äarbinal  bamatS  bem  Könige  Don  bc3  SßapfteS  ßefcerer  er* 
jfibtte.  SDie  $atfäd)lid)teit  biefer  frühen  Denunziationen  nrirb 
man  bejahen  muffen  unb  fie  burdjauS  begreiflich  finben,  na$bem 
wir  beifpielöweifc  erfuhren,  ba&  am  3.  SRooember  1294  Don 
breifeig  3€U8(n  fate  erftaunlitfjen  irretigtöfen  Äußerungen  aud  bem 
3Nunbe  bed  fpfiteren  ^ßapfteä  Vernommen  roorben  maren.  Äfleiit 
auf  ber  ?lu«fage  ^JeterS  Don  $arroi  (S.  70)  beruht  eä,  bafe  fdjoit 
im  ^c^ember  1295  fünf  Ätarbinatc,  bie  GolonnaS  unb  brei  an« 
bere  tiarbtnäle  aud  früheren  ^ontiftfaten,  nrie  oor^ec  Äarbinat 
£imon  in  feinem  unb  Dieter  ftarbinäle  tarnen  münbtid),  fo  jefct 
burtb  fcbt  Ißeter.  be3  JtönigS  ©ejanbtrn,  ^fcilipp  aufforberten, 
angefid)td  ber  Skfcerticn  be*  Sonifaj  ber  Sirtbc  fdjneQe  unb 
geeignete  $ilfc  ju  bringen,  ginfe  (I,  116)  tritt  für  biefe* 
3cngui^  ein  mit  ber  $egrünbung,  bafe  bie  beiben  GclonnaS  ja 
jeben  Sugcnblicf  ben  Äbt  (ritten  beSaDonteren  tonnen:  td)  Ijalte 
bieie  Snrägung  für  unrichtig,  meil  bie  6o(onnoä  jtdj  u>ol)(  ge- 
hütet baben  roürben,  in  biciem  $ro\eB  Dor  ben  Cbren  be*  $apitc$ 
ber  $ebautuung  eine*  3™9fli.  addier  ben  guten  CKrer  bei  SHmig* 
erbitten  ioUrc,  eMgegtn\utrrten  unb  bam:t  »e:ne  £>ljub:?uri>igfett 
ubcrtattpt  ju  untergraben,  aber  üb  balte  eud&  »o  ba*  $eri&tete 
für  ÄobriicH;!:*.  Jyur  ben  uuttaaanbai  $e5cmro  fkrfebr 
jtr;v&en  oouutwi  Äar^:r.ilea  unb  i>e=i  frair;crr'ien  firrig  ürfr 
r^n  $si«e"e  ^c  Äu^en:niea  .3.  SS  c^scttjeJv*  ws  3K*r.£CB» 
e;::c*  ^  er:«  i\\r.:w  i^:I:rr*.  bz>  Se«^:*  be  $!ruftr 
*«rc*  i?rc:^r^:^r#/-  errenta  b^:  tat  51^^;^  ^1*  er  :^a  «au 
«s  £src:>ra  esc*  fi^;^*  !^:ns:;i  a-*  rauKri  scn». 
*c*  c-^  v  >rr:  Ivret  ::rr*r:.izM:i  K:tf\  cr\:;:i,  „\?  £arfcl 
\trxS«  ::it  r.r:if  8iT?:r,Le  rsrxt.  r«n=  ne  ::r  izä  &r» 
$c:ra  b».>ct  >re  ü>«:r:  ;rr^:rr  r\rl:c2  iz  :::e  iv^sn  p 
wrhcTira  x-}  *tc  ^rc:r  ^r  *":::  xr>  ^t  ^-»s  js  ^rmrc^aI*. 
^ct^ä  ci«  v;:  *^-.  ^?  *r  irrjjrat  ffctrK^rr  ii  **#  fiirr^ 

^>öx^  Mic  f^rt  zr$?T. 


$tor  ©onifaj  VIII.  ein  Äefcer?  23 

2)a&  ber  SRuf  be3  ^ßapfted  in  einem  ÄJrcifc  einflu&reidjer 
SKänner  an  ber  Äurie  lote  am  franjöfifd)cn  §ofe  frfllj,  feit  1295, 
nod)  meljr  feit  1297,  mit  einem  ferneren  SMafel,  mit  bem  93er* 
bad)t  fe&erifd)er  ©efinnung  behaftet  toar,  unterliegt  Ijiernad) 
feinem  3©eifcl,  unb  biefe  geftficflung  barf  al*  ein  mertoolle* 
ffirgebnt«  bed  «otgnoncfer  33erI)örprotofoüö  für  bie  gorfdjung 
betrautet  »erben.  ffi$  ift  aber  fetneatoegS  baS  einzige,  ba£  fiel) 
baraug  gewinnen  läfet,  menn  aud)  gtnfe  ju  meit  gegangen  fein 
bürfte,  als  er  ifjm  eine  entfdjeibenbe  SRoHe  in  ber  grage  nad)  ber 
©djulb  be3  ^ßapfted  jufdjreiben  moflte.  3n  bem  ©ntrourf  einer 
Don  9logaret  aufgefegten  SBuHe,  ber  (fottmurf  geblieben  ift,  aber 
in  ben  totd)tigften  fünften  burd)  bie  SBuQe  Hex  gloriae  öom 
27.  ttpril,  bie  Gtyrenerflftrung  für  König  Sß&ilipp  brei  Zage  nadj 
©d)lu§  bed  $ert)5r£,  ©rlebtgung  gefunben  \)at,  mar  ausgesprochen, 
bafe  trofc  bed  geregten  ©ifer«  ber  Slnlläger  bie  ftefcerei  be3 
SBonifaj  bodj  md)t  ooQ  ertoiefen  fei  (de  heresi  eius  plene  non 
liquit  2)upirt}  ®.  589,  ögl.  ftolfcmann  ©.  203).  3>er  $apft 
tyrt  fid)  in  ber  genannten  93uDe,  nad)bem  er  ber  SBeranftaltung 
unfered  $erf)or*  gebaut  fyat,  nod)  jurüd&altenber  auägefprodjen, 
inbem  er  fagt1),  bafj,  obtoof)!  oiefleidjt  nid|t  bie  SBa^röeit  ber 
(Befdjulbigungen,  über  meiere  er  nid)t  fidjer  fei,  bie  Änfläger 
jur  (Erhebung  il>rer  Anflöge,  ben  Äönig  ju  feiner  gorberung 
(be*  Äonjite)  getrieben  f)abe,  fo  mären  fie  bodj  nidjt  au£  oor* 
bebauter  Soweit,  fonbern  aus  gutem  reinen  unb  gerechten  Gifer 
vorgegangen. 

ffiorauf  beruht  nun  gtnfe'ft  ©djäfcung  be$  ®erf)örd?  Gr 
fagt  (I,  243):  „$ie  %va$t,  »ieoiel  latfädjlidje«  biefen  ?lu8* 
fagen  (ber  anberen  ©ertjöre)  jugrunbe  liegt,  ob  ffe  nid)t  gar 
ganj  erfunben  finb  unb  mir  ein  $eer  beftodjener  3eugen  oor 
und  l>aben,  mürbe  fid)  burd)  bie  beiben  3eugem>ernel)mungen 
allein  ferner  entf$eiben  (äffen ;  ba  fegt  nun  ba*  britte  Sßrotofoll 
über  baS  Äarbtnal*oert)5r  ein.  3>ie  gro&e  ©ebeutung  beäfelben 
liegt  in  bem  Qertrauen,  ba$  man  fron  t>omt>erein  in  feine  oer* 
oert)&(tni*mäfsige  3ut,€rlÄffiÖ*eit  fe6en  barf."   3m  folgenben  mad)t 


')  $u|mt)  @.  f>% :  comperimus  quod  etei  etiam  asRertoree,  den  an- 
tiatorea  et  objeetoree  praedictoe  ad  aasertionea  .  . .  ac  dictum  regem 
ad  reqaiaitionem  praedietam  —  faciendas  objeetorum  veritaa,  dt»  quibim 
certi  non  aumua,  forsitnn  non  moviseet,  .  .  . 


24  tfarl  SBend, 

gtnfe  einsehe  ÜHitteilungen  aus  bcm  SBerljör.1)  SItö  baS  ffir* 
gebniS  feiner  Unterfudjung  bejeidjnet  er  bann  (I,  245),  bafe  „äf)n* 
lidje  ©erüd^tc,  lote  fie  fpejiaüfiert  in  ben  ÄuSfagen  ber  erften 
mib  jtoeiten  geugengruppen  erfdjienen,  aud)  fdjon  in  aügemeinfter 
gorm  in  ben  erften  $ßontififat$jaf)ren  in  SfarbinalSfretfen  oer* 
breitet  maren,  in  benen  fie  nidjt  erfunben,  fonbern  in  bie  fie  öon 
außen  hereingetragen  maren".  3d)  Ijalte  biefe  Formulierung  für 
red)t  unglütflidj.  2)a&  bie  SfaSfagen  ber  beiben  ,3eu9en9ruPP^n 
als  „fpejialifierte  ©erüdjte-'  anjufefjen  feien,  ift  ein  partes,  audj 
in  ginfeS,  toie  toir  fallen,  üiel  ju  ungünftigem  Urteil  über  bie* 
felben  feineStocgä  begrünbete«  93erbift.  Sag  in  ÄarbinalSfreifen 
,,©erüd)te  in  allgemein ft er  gorm"  umliefen,  ju  behaupten, 
ift  ebenfo  geioagt  unb  beruht  otyne  gmrifel  Q^n  barauf,  ba& 
bei  bem  grofeen  2loignonefer  93erf)ör  nur  in  allgemeinen  SBen* 
bungen  oon  ber  Äefcerei  be$  SßapfteS  bie  SRebe  mar2),  nrie  baS 
felbftocrftänblid)  mar,  menn  man  nur  JßbilippS  Vorgehen  als 
mot)lmeinenb  ermeifen  in  oute,  oljne  ben  SßafyrljeitebemeiS  anju* 
treten.  ©idjerlidj  fyaben  bie  vernommenen  Sfarbinäle  unb  anberen 
©emäljrSmfinner  fo  manche  beftimmte  ÄuSlaffung  be«  Sßapfteö, 
„bie  nadj  Äefcerei  fdjmedtte"  (§öfler  ©.  60),  gefannt,  aud)  als 
Dfjrenjeugen,  baS  unterliegt  gar  feinem  $meifel  (Dflf-  f^infe  II 
3i  f.),  aber  fie  burften  if)re  bejüglidje  Vernehmung  bloß  bann 
erjnjingen,  menn  fie  fidjer  maren,  Element  V.  bis  jur  SSerurtei* 
lung  feinet  Vorgängers  treiben  ju  fönnen.  S)a  burdj  eine  foldie 
äugleid)  feine  2Baf)l  jum  $apft,  bie  unter  SWitmirfung  oon 
bonifajianifdjen  ftarbinäten  erfolgt  mar,  minbeftenS  in  3meifel 
gefaßt  mürbe,  fo  founte  Oon  einer  offenen  SluSfpradje  ber  oor* 
bonifajianifc^en  Äarbinäle  nidjt  bie  Stebe  fein.  "Die  jurüctyalten* 
ben  Uu&fagen  Napoleon  OrfiniS  unb  beä  3ot)anneS  2Bonad)uS, 


l)  9JMt  Unrecht  lobt  ginte  ba  bie  flarblnäle  ftifolau*  unb  Serengar, 
»eil  fte,  bie  im  §erbft  öorljer  bie  gtaliener  üernommen  gärten,  iefct  gar 
{eine  ©eeinfluffung  burd)  jene  dorren  ben  SluSfagen  befunbeten.  ginfe  (at 
fidj  eben  nidjt  flar  gemalt,  wo&u  ba«  Slbtgnoncfer  Serljöc  biente.  3)ic 
SBertyörten  foQten  angeben,  burd)  rocldjc  Mitteilungen  Itönig  $$i(ip)>S  (Sifer 
angeregt  würbe  unb  auf  ber  anberen  «Seite  be£  $apfte$  Slnbenfen  nieftt 
unnötig  blofefteQen.  58ie  Ratten  fte  au3  ben  Elften  jener  SBerfjöre  plaubern 
fallen? 

■)  93enn  Sßetcr  ©olonna,  ©.  64,  einige  befonbere  Äußerungen  bon 
SBomfaj  vorträgt,  fo  fügt  er  bodj  fogfeid)  ben  3u>eifel  $tn&u,  ob  fte  t>on 
fterjen  gefommen  feien. 


33or  Sonifaj  VIII.  ein  ßcfcer?  25 

bie  mit  SBortiebe  nur  bad  ®erebc  bcjeugen,  merben  erft  redjt 
toerftfinbtidj,  menn  mir  und  bie  eigentümliche  3mangdtage  bicfer 
Äarbinile  im  April  1311  üergegenmärtigen.  ©ie  f)aben  in  @tiO« 
fdjmrigen  unterbrach,  mad  in  ben  testen  ßriten  bed  SBonifaj  iljr 
$anbe(n  beftimmt  f)atte,  toctl  ed  nidjt  jeitgemä&  mar,  baoon  ein« 
$et>enb  ju  rcben.  Xrofc  ber  ftatttidjen  SWaffe  bed  überlieferten 
$rojef$materiate  {(äfft  t>ier  eine  fdjmere  Surfe.  2Han  (jat  immer 
nur  an  eine  ©eeinfluffung  ber  Sßrojefjjeugen  jugunften  ber  3ln* 
flage  gebaut  unb  babei  ganj  überfein,  bafc  bie  gemidjtigften 
£eugen  für  bie  Anflöge  jur  Schonung  ber  $terard)ie  nid)t  ju 
Borte  fommen  burften.1)  tiefer  ©eftdjtdpunft  ftel)t  für  und 
ald  (Ergebnis  unferer  Prüfung  bed  ftarbinaldoerWrd  f)öf>cr  atd 
bad  anbere  ber  frfit>jeitigen  Diffamation  bed  SßopfteS  in  ben 
Streifen  ber  römifdjen  JSarbinSle  unb  in  ber  Umgebung  ftönig 
$!)ifippd,  ba  mir  ald  felbftüerftänbttcf)  ooraudfefcen  muffen,  bafe 
Serielle  über  bie  ärgerniderregenben  Äudlaffungen,  bie  S?arbinal 
Oenebift  ©aetani  unb  $apft  ©onifaj  bor  jatyfreidjen  QtUQtn 
getan  fyatte,  ityren  SBeg  ju  bem  einen  unb  anbereu  Äarbtnal  ge* 
funben  l>aben  werben,  greilidj  fteUt  biefed  neue  ©rgebntd  am 
<£nbe  nur  ein  grofted  gragejeidjen.  SBad  galten  bie  mofjlunter« 
richteten  unb  bod)  fo  jurücfl)altenben  3eugen  biefed  5Berf)örd  ju 
»erförneigen?  2Bir  empfinben  ben  ©tadjel,  auf  anberem  SSege 
ju  forfefien,  ob  mir  ber  „SFefcerei4'  bed  Sßapfted  nid)t  ndljer* 
fommen  tonnen. 

2.  Der  Unglaube  bed  $ap|teä  im  Sichte  ber  3euöen* 

auäjageu    unb    ber   Äuerroidmud.     35i o g rap t) i f c^cö. 

Alte  unb  neue  SBerteibiger. 

Unfere  Prüfung  ber  beiben  anberen  33erl>öre  l>attc  ergeben, 
bog  mir  feinedmegd  berechtigt  finb,  aud  ben  Äften  felbft,  aud  ber 
Art,  mie  bie  3eu9en  för  to*  *B*tt>ör  gemonnen  merben,  bie 
üftd>tigfeit  ber  SBemeidaufnaljme  fefijufteUen.  SBenn  mir  jeßt 
unterfu$en  motten,  mie  benn  ©onifaj  ju  ben  ?lnfd)auungen  ge» 
fommen  fein  fönne,  meiere  tym  bie  Anflüge  ftfjulb  gibt  fo  muffen 
mir  bor  allem  eine  SJorftellung  baoon  geroinnen,  meldjed  nad) 
ben  Hudfagen  ber  Beugen  bie  religiös  fittlidjen  ?lnfd)auungen 
bed  $apfted  maren?    2öir  galten  und  babei  in  erfter  fiinie  an 

')  Wan  benfe  t>erg(eid)&toeife  an  ben  $JaB  Äorfantij  in  unfern  lagen. 


26  ffari  SSencf, 

btö  ausführlichere  33erf)ör  öon  ©rofeau  Dom  9faguft*©eptember 
1310  (3)uputj  ©.  543  f.),  otjne  auf  Srgänjung  auä  bcm  itattent* 
fdjen  SBcrt)ör  ganj  ju  Derjidjten. 

3m  äßittelpunfte  aller  SKeinungSäufjerungen  beä  ÄarbinalS 
unb  *ßapfieä  fte&t  burefjauS  bie  SBerneinung  bcr  perfönlidjen  litt* 
fterblidtfett  be3  2Benfd)en.  ©3  gibt  fein  anbereö  Seben  alä  ba£ 
gegenwärtige  (j.JB.:  3-1— 6>  3>upulj  S.  544  f.),  btc  ©eck  ftirbt  mit 
bem  Äörper  (3.  2—5,  ©.  548  f.),  an  eine  Sluferftefjung  ber  Soten 
ift  ntdjt  ju  benfen,  bie  ^eiligen  »erben  ebenfowenig  auferfteljen, 
als  ba$  geftern  geftorbene  «ßferb  be3  ^ßapfted  (3.  23  ital.  SerljörS 
©.  543).  2Bie  baä  Seben  be$  ^)unbeö  mit  feinem  lobe  enbet, 
fo  ba3  Seben  be3  äßenfdjen,  otyte  jebe  SBieberfe^r  (3-  4  ital. 
SBerfjörS,  ©.529).  SBer  t)at  je  erlebt,  bafe  ein  äRenfdj  wieber 
auferftanben  fei?  SßarabieS  unb  §öQe  gibt  e3  nur  in  biefer 
SBelt,  »er  gefunb  unb  reirf)  unb  glüd lief) a)  ift,  tjat  ba3  Sßarabie* 
auf  biefer  SÖJclt  (3.  12—14,  ©.568  f.),  ftranfe  unb  «rate  fjaben 
bie  §öHe  (3.  3,  ©.  568  f.)  2>ie  folc^e*  Don  ©onifas  Ijören, 
jieljen  barauS  ben  ©djlufc,  bafe  man  nid)t3  anbereä  ju  tun  f>abe, 
al*  bie  greuben  biefer  SBelt  ju  genießen  (ß.  12—14,  ©.  568  f.). 
SBonifaj  wünfd)t  ftdj,  bafc  ©Ott  e$  gut  mit  if)m  madje  auf  biefer 
SBelt,  um  eine  anbere  fümmere  er  fid)  nidjt  bie  öofyne  (3-  8, 
©.  561,  3.  5  unb  9  ital.  SBer^örö,  ©.  529  f.) 

©innlidjer  SBcrfefyr  mit  grauen  unb  Scannern,  bie  ©o 
friebigung  ber  Naturtriebe  ift  fo  wenig  ein  SSerge^en  wie  SReiben 
ober  SBafäen  ber  §änbe  (3.  3,  9,  12,  14,  ©.  551  f.)  33om 
St)riftentum  bleibt  nichts  übrig  als  bie  Slnerfennung  eine* 
©otte*  (3.  5f  6,  ©.  555  f )  Sl)riftu8  mar  ein  2Renfd)  tote  Wir 
unb  fein  ©Ott,  ein  Weifer  972enf^  unb  groger  SBaljrfager 
(magnus  hypokrita,  magnus  protonotarius),  ein  berebter  ?ßre* 
biger,  bem  bie  ÜMenge  nachfolgte,  ber  ftd)  aber  felbft  nid)t  geifert 
fonnte,  wie  fönnte  ber  einem  anberen  Reifen  (3-  3,  10,  11, 
©.  550,  564  f.)?  @r,  ber  Sßapft,  ift  Diel  mächtiger  ate  GljriftuS, 
er  fann  fiebrige  unb  ?lrmc  reidj  machen  unb  ert)öt)en,  er  fann 
ftönigreid)e  Vergeben  unb  SReidje  arm  machen  (3- 10, 11,  ©.  564  f.). 
S)a$  Sljriftentum  ift  wie  bie  Religionen  ber  Suöcn  unb  ber  Araber 

')  8-  ^»  ö-  "51:  Q11*  habebant  voluntates  suas,  togt.  3-  14* 
©.  574  bie  (SrflärunQ :  quod  volebat  dicere  vBonifatius\  quod  ille  qui 
complet  desiderium  sumn  et  volle  in  hoc  mundo  est  bene  fortunatus, 
et  hoc  est  paradisus. 


3Bar  öonifaj  VIII.  ein  tfe&er?  27 

eine  menfdjlidje  Srfinbung  jur  Spaltung  frieblidjen  (SinVer* 
nehmend  unter  ben  2Henfdjen  in  gurdjt  vor  ©träfe  (3-  2,  5,  6, 
S.  548  f.).  äße  brei  Sieligionen  unb  befonberS  baS  Styriftentum 
enthalten  neben  vielem  SBaljren  viel  galfd)e3.  Site  djriftlidje 
Safjrfjeit  verfünbet  er  bod)  eben  nur,  bafj  ein  ©Ott  fei,  bagegen 
ift  bie  Weifte  bed  Unmaftren  lang,  fie  fcftlie&t  bie  ©rcicinigfeit, 
bie  jungfräuliche  Oeburt,  bie  2Renfd)roerbung  Sfyrifii,  bie  S3er* 
manblung  von  SBrot  unb  SBein  in  ben  Seib  Sftrifti,  bie  "Huf* 
erfteftung  ber  loten  ein  (3.  1,  2,  5  unb  6,  6.  545  f.)! 

Geringeren  Sinbrucf  tjat  eä  auf  bie  §örer  begreiflidjerroeife 
gemalt,  ift  aber  bod)  hinlänglich  bezeugt  (3.  1,  3,  12,  13, 
Duput)  ©.  545 f.,  ital.  8erf>5r  3.  16,  21,  ©.  538 f.),  bafe 
$onifaj  bie  SBeltfdjbpfung  unb  ben  SBeltuntergang  leugnete: 
35ie  SBelt  Ijabe  meber  Anfang  nodj  (Snbe,  fie  fei  immer  gemefen 
unb  merbe  immer  fein. 

2)ie  erfte  ©mpfinbung,  menn  mir  tiefe«  ftaunenSroerte  ©e» 
fenntnid  überblicfen,  burdj  ba3  ein  fdjneibenber  3ufl  öbefterÄuf* 
ftfirung  unb  faft  niftiliftifdjer  2Beltanfd}auung  mefjt,  ift  gemi&, 
Dag  ed  ftdj  fyier  um  ein  ©anjeS  ftanbelt,  beffen  einzelne  Seile 
ftd)  burdjau*  entfpredjen.  3n  jmeiter  fiinie  brängt  fidj  moftl 
unmiberfteftlid)  bie  SorfteQung  auf,  ba&  mir  biefed  ©anjc  nid)t 
auffaffen  bfirfen  als  unvermittelte  Hu£fd)reitungen  ber  jügellofen 
©petulationen  eine«  ©emaltigen,  ed  alfo  feineöfadd  allein  auf 
feine  {Rechnung  fefcen  bürfen,  bejieftungSmeife  wenn  bod)  alleö 
erlogen,  baft  mir  nid)t  an  eine  Häufung  milltfirlidjer  SBerneinungen 
bed  2)ogma3  junt  Qxotd  ber  SIndage  glauben  bürfen.  ffiie  aber 
ertl&ren  mir  baä  Auftauten  biefe*  SBcfenntniffeä  am  ffinbe  be* 
großen  13.  SaljrljunbertS,  ba$  nad)  fo  vielen  (Bedienungen  ben 
$öl>epunft  bed  mittelalterlichen  Ctjriftcntum*  barftedt?  3ft  e« 
ber  HuSbrucf  einer  SfnfdjauungSmelt,  bie  in  ber  $t\t  be*  ©onifaj 
einen  mcftr  ober  minber  großen  ÄreiS  Don  Ringfingern  t)atte? 

Sto*  ift  eine  grage,  an  ber  ginfe  fd)nell  Vorübergegangen 
ift.  Cr  Ijat  bie  ^Berechtigung  bejietjungämeife  bie  Verlogenheit 
ber  gegen  ©onifaj'  SBeltanfdjauung  gerichteten  Änfdjulbigungen 
feft&ufteQen  gefugt,  aber  ntc^td  bejeugt,  ba&  er  biefe  mirflidje 
ober  vermeintliche  SBeUanfdjauung  be«  SßapfteS  in  IBejteftung 
gefegt  ftabe  ju  ben  großen  pt)ilofopf)ifdjen  ©egcnfäfcen,  bie  im 
legten  drittel  be$  13.  SafyrftunDertS  fo  fteftig  aufeinanber  ge« 
ftofcen  ftnb.    ginfe  fpridjt  einmal  (I,  242)  von  ben  epituräiftijd)» 


28  Äarl  SBencf, 

eubätnoniftifdjen  Sljeorien  be£  ^ßapfied  r  ein  anbermat  bon  ber 
SBerbreitung  gettnffer  rationaliftifdjer  Xljeorien,  baS  ift  afleö! 
Hudj  btefen  flüchtigen  Snbeutungen  aber  liegt  natürlich  ber  ©e* 
bonfe  gugrunbe,  bag  für  bie  erfte  Aufteilung  ber  bem  ^apfte 
fdjulbgegebenen  ?lnfd)auunßen  tueber  er  nod)  feine  3fofiSßer  Der* 
antmortlidj  ju  machen  feien.  3ft  bod)  audj  baä  ©egenteil  ganj 
unbenfbar!  ©o  ftarf  man  fid)  immer  ben  leibenfdjaftlidjen 
Smputö  biefe*  großen  Sgoiften  auf  ©t.  $eter£  ©tuljl  öorfieHen 
mag,  unmöglich  mufe  e$  erf feinen,  bafe  biefer  SMann,  ber  ber 
f)ierofratifd)en  Cefyre  Don  ber  «Bgetoalt  ber  ftird)e  .tyre  monumen* 
täte  Ausprägung  gegeben  f>at,  bfimomfd)  l)inau8toadjfenb  über 
aOe  SRafte,  bie  it)m  gcorbnet  fd)ienen,  Don  fidj  aus  Snfc^auungen 
gcbilbct  unb  audj  als  Sßapft  feftge^alten  fyabt,  bie  feinen  nädjften 
jügellofen  unb  felbftifdjen  trieben  entforedjen  motten,  aber  baS 
Sunbament  feiner  ®ottfif)nlid)feit  auf  baS  fdjtoerfte  gefä^rbeten. 
Unb  ebenfo  unmöglich  erfd)eint  e3,  -bafe  bie  SBerfjeuge  SßljüippS 
be$  ©djönen  Don  fid)  au£  eine  foldje  ©ebanfentoelt  gefäaffen 
unb  ben  3eugen  in  ben  9Äunb  gelegt  Witten.  Wein,  biete  «n» 
fdjauungen  muffen  jur  $cit  b&  öomfaj  in  mannen  toiffem 
fdjaftlidjen  Areifen  unb  DieQeiti)t  barüber  l)inau$  SBeftanb  gehabt 
l^abcu,  und  aber  liegt  ed  ob,  für  unfere  grage  bie  gorfdjungen 
nu&bar  ju  machen,  burd)  toeldje  gcrabc  im  legten  fiuftrum  bie 
Milofopl)ifd)en  Stampfe  be3  13.  SatjrljunbertS  fa  cjn  fo  Diel 
gellere«  Üid)t  ati  früher  gefaßt  morben  finb. 

3n  erfter  Sinie  Derbanfen  loir  e$  bem  gelehrten,  jdjarffinnigen 
unb  rut)ig  benfenben  3)omimfaner  SHanbonnet1),  toenn  mir  Ijeute 

*)  $.  SDtanbonnet,  Siger  de  Brabant  et  l'Averroisme  latin  au 
13™*  siecle,  gtude  critique  et  documents  inödits  (Collectanea  Fribur- 
gensia  fasc.  VIII.  Frib.  1899).  daneben  bcad)tc  man  ben  frönen  Äuffaf 
Don  (£1).  $.  Sanglot«,  Siger  de  Brabant  in  htm  ©ammelbanbe  ßangloiS 
Questions  d'histoire  et  d'enseignement  Paris  1902  p.  51—102  (Dörfer  in  bei 
Revue  de  Paris  gebrueft),  ferner  Jy.  ^teaoet,  L'Averroisme  et  les  Averroistes 
du  13Be  siecle  in  Revue  de  l'histoire  des  religions  t.  45  (Paris  1902 
p.  56—59,  bie  öerfprodjene  ggrtfefcung  feljlt  nodj),  cnbfidj:  &.  £occo,  Le 
eorrenti  del  pensiero  filosofico  nel  secolo  13.  in  Conferenze  Dantesche 
tenute  nel  1900  a  cura  del  comitato  Milanese  ecc.  Arte  scienza  e 
fede  ai  giorni  di  Dante  (Milano  1901)  p.  179 — 215.  Unerreichbar  audj 
burd>  ben  33udjfjanbel  blieb  mir  nod):  &.  $  Suquet,  Aristote  et  l'uni- 
verstte"  de  Paris  pendant  le  XIII.  siecle.  (Bibliotheque  de  l'£c.  des 
hautes  eludes.  Sciences  religieuses  16.  vol.  fasc.  2)  Paris  1904  V, 
41  p.  8°. 


©ot  ©onifoa  VIII.  ein  ffcfrer?  29 

über  ben  2et)rint>att  beS  $artfer  äoerroidmu«,  ber  Dor  unb  nad) 
1270  bic  ©eiftcr  <m  ber  grofcen  ftodjfdjule  fo  mad)tig  erregt 
t)at,  etngefyenbe  Äunbe  befifcen  au$  ben  ©Triften  feinet  §aupt* 
Demeter*,  ©iger  Don  ©rabant,  n>ät>renb  mir  Dörfer  im  toefent* 
liefen  auf  bie  abgeriffenen  Sebrfä^e  angemiefen  roaren,  meiere 
bic  ©egner  in  fetnbfeliger  Sbfidjt  unb  Dieüeidjt  mit  mancher 
Übertreibung  jufammengefteflt  l)atten  (Chartularium  Universit. 
Paris.  I,  no  432  Don  1270  unb  no  473  Don  1277).  3d) 
mtberfte()e  ungern  ber  SJerfudjung,  auöfftt)rticf)cn  ©cridjt  über 
2»anbonnet3  fdjöne  gorfdjungen  ju  geben.  SBer  ber  (Sntroicftung 
ber  mittelalterlichen  äBettanfcfyauung  nid)t  gleichgültig  gegenüber* 
fteljt,  toirb  fd)on  um  ber  grofeen  ®egner  toiflen,  bie  ©iger  in 
Wbert  bem  ©rofeen  unb  £ljoma$  Don  STquino  erftanben  fiub, 
Don  SWanbonnetS  gorfd)ungen  eingef)enbe  Äunbe  nehmen  muffen. 
§ier  fei  nur  ba«  Sßötigfte  gefagt. 

Äriftotele*  Ijatte  fttf  «ber  gcwtffc  fünfte  feiner  3Wetapl)t>fif, 
Aber  ©Ott  unb  über  bie  ©ee(e  nid)t  f)inreiri)enb  auägefprodKn, 
er  fjatte  manc&ca  otellcidjt  abfic^tltcti  nur  ffijjiert  unb  formelle 
SBiberfprud)e  befielen  (äffen.  9tun  fjaben  ÄDerroeä,  ber  arabiföe 
^Ijilofopl),  ber  1198  geftorben  ift,  unb  ©iger  Don  SBrabant, 
fein  9?ad)fo(ger  in  ber  lateinifdjen  SBclt,  ber  jroifdjen  1206  unb 
etroa  1282  Dor  unfern  Stugen  febt,  treu  unb  folgerichtig  biefe 
fielen  be$  Hriftoteteä  toettcr  enttoicfelt,  ofjne  einen  anberen  SJor» 
tourf  als  ben  ber  Äonfequenjmadjerei  ju  Derbicnen.  ©ie  fatjen 
bie  $()ifofopf)ie  in  SlriftoteleS  infarniert1)  unb  föreeften  nidjt 
baDor  jurflef,  bie  legten  Folgerungen  ftu  jietjen,  mäfyrenb  tfjnen 
gegenüber  ZtjomaS  Don  ?Iquino  genriffe  Irrtümer  bcö  Striftotele«, 
bem  er  im  allgemeinen  folgt,  betont,  baneben  aber  ÄriftoteleS 
gegen  angebliche  2Ri&Derftänbniffe  ber  ÄDerroiften  in  ©d)u&  nimmt. 

3)te  ^tyilofopljie  ©igerS  lägt  fic^  auf  Dier  §auptfäfre  jurfief* 
führen:  Verneinung  ber  göttlichen  SBorfcljung,  ©roigfeit  berSßelt 
unb   ber  Slrten,   Sjiftenj  eine*  bem  SWenfcfcengefdjledjt  gemein* 

>)  3R.  be  ©ulf  füt)rt  au*  bcö  Hberrotften  3^ann  toon  3anbun  (mu 
arbeiterft  von  9Rarfi(iu3  Don  $abua  am  Defensor  pacis)  Kommentaren 
jur  Wetap^ftf  bad  ©ort  an:  Soyons  les  singes  d'Averroiis,  comme 
Avenues  fut  le  singe  d'Aristote,  unb  bemerft,  man  fonne  bafi  SBort  mit 
nid)t  weniger  ffiedjt  al$  ben  $8af)l[prud)  Nigers  bcaeidjncn,  &g(.  bie  ©in* 
leitnng  SBulfft  ju  de  unitate  fonnae  Gilles  de  I^eKKines.  Les  philo 
sophes  du  moyen  age,  texte9  et  Etüden,  1  aer.  1. 1,  Louvain  1902,  p.  46. 


30  £orl  SSenrf, 

[amen  unioerf  eilen  SBcrftanbeS,  Verneinung  be$  freien  SBiUenS 
unb  ber  fittlid)en  SBerantmorttidjfeit.    3d)  erläutere  furj: 

Da  „bie  erfte  Urfadje"  beä  Ärtftotcleö,  reine  Sntcfligenj, 
nur  bad  Unioerfelle  unb  SmmaterieDe  fennt,  fo  fennt  aud)  ber 
<3ott  beö  9toerroeS  unb  ©iger  nichts  aufeer  fid).  Die  niebere, 
bem  SBerben  unb  33ergel)en  unterworfene  SBelt  unterftetjt  nid)t 
fetner  unmittelbaren  fieitung,  m.  a.  SB.  bie  allen  offenbarten 
Religionen  unentbc&rlidje  S3orau8fefcung  einer  prooibentieHen 
fienfung  inäbefonbere  ber  menfdjlidjen  Dinge  burdj  einen  perfön* 
lidjen  unb  lebenbigen  @ott  ift  befeitigt. 

3utn  jtoeiten:  SBie  HriftotelcS  bte  SBett  als  etoig  bejeid)net 
tyatte,  fo  fagten  bie  äoerroiften ,  eS  ift  unmöglich,  einen  erften 
Srjeuger,  einen  erften  SRenfdjen  anjunetpnen,  ed  gibt  alfo  {einen 
Anfang  ber  Arten  unb  entfpredjenb  fein  (Snbc,  feiue  SBelt* 
fdjßpfung  unb  feinen  SBeltuntergang. 

3um  britten:  3n  oereinfadjenbem  Änfd)lu&  an  SlriftoteleS 
nimmt  ©iger  einen  unioerfeHen  SSerftanb  an,  ber  in  ben  9Renfd)en 
benft.  immateriell  unb  eroig  get)t  er  mit  ben  Snbioibuen  nur 
«ine  lofe  SBerbinbung  ein  für  bie  Dauer  be$  SebenS,  mit  bem 
Xobe  beS  2eibeS  löft  fidj  biefe  SBerbinbung,  ber  geroöljnlidje 
©pradjgebraud)  fagt,  mit  bem  Xobe  ftirbt  bie  ©eele.  ©o  ergibt 
ftd)  bie  l)öd}ft  bebeutenbe  Folgerung:  Seugnung  ber  persönlichen 
Unftcrblidjfeit,  bie  bod)  ein  ©runb*  unb  (Sdftcin  ber  d)riftlid)en 
Se^re  mar.  SBiStjer  tjatte  man  angenommen,  ba&  bie  ©eele  iljrc 
eigenen,  oon  ben  förperltdjen  getrennten  gunftionen  Ijabe,  eine 
öom  Körper  oerfd)iebenc  ©ubftanj  auSmadje  unb  ftd)  leicht  oon 
i^m  trennen  laffe.  Die  Vertreter  ber  firdjlidjen  2lnftd)t  er« 
fannten  toorjl,  meiere  ungeheure  folgen  ftd)  an  bie  Sefyre  oon 
ber  ©nljeit  be3  3nteHcftS,  an  ben  SSegfaU  ber  persönlichen  Un* 
fterblidjfcit ,  ber  Äuferftefyung  unb  jenfeitigen  ©trafen  unb 
Züchtigungen  für  Religion  unb  ©ittltd)feit  fnüpfen  mufeten. 

3um  oierten:  3n  entfdjloffener  Äuägeftaltung  ber  oon  %ri« 
ftoteleä  unbeftimmt  geladenen  grage  erflären  bie  Hoerroiften, 
bafe  bte  menfd)lid)en  $anb(ungen  immer  oon  ber  SRottoenbigfeit 
geleitet  ftnb,  b.  I).  fie  leugnen  bte  gretyeit  be*  ©tuen«,  fte 
fdjrfinfen  bte  3Röglid)feit  ber  JBeftrafung  bbfer  §anblungen 
mtnbeftenS  fetjr  ein. 

DaS  finb  bie  §aupt(el)ren  ©iger*.  ©efdjränfen  toir  und  ju» 
«ftdjft  barauf,  fie  mit  bem  SBefenntniS  be*  ©onifaj  ju  oerglcidjcn. 


93ar  ©onifoj  VIII.  ein  fcfeet?  31 

8SieQcid)t  toöre  jemanb  geneigt  auSjujpredjen,  bog  Sonifaj 
ja  gleich  bejügüd)  be3  erften  fünftes,  ber  göttlichen  SBorfefyung 
unb  SBettregicrung  anberS  benfe,  inbem  er  auSfpredje,  ©ott 
möge  e3  gut  mit  it>m  in  btefer  SBctt  machen,  tocil  ec  ftd)  um 
bie  anbere  nidjt  fümmere  (3-  8,  ©.  561),  aber  lote  er  &icr 
ftnjuffigt,  bafe  er  nidjt  an  bie  Sluferfte&ung  ber  £oten  glaube, 
fo  folgt  in  ber  2tu3fage  eines  anberen  3cuÖcn  (9fr-  9  *>**  ita(. 
9tof)ör3,  ©.  533)  auf  bie  Verneinung  be3  jenfeitigen  Sebenö 
bie  SBenbung :  „©ott  möge  eö  iljm  f  o  jdjledjt  er  fönnc  in  jenem 
Sebcn  madjen,  ba8  fümmere  tyn  nic^tM.  Wart  nrirb  mir  ju geben, 
ba&  biefe  oereinjelte  ©nfütyrung  @otte$,  bie  in  bem  einen  galle 
minbeftenS  nid)t  ernft  gemeint  ift1),  gegenüber  bem  fonftigen 
©d)toeigen  aber  ©Ott,  bem  aufcer  ber  ©inljeit  alles  abgesprochen 
toirb,  nur  bie  Söebcutung  eine*  SRfidfaQd  in  ben  getoötjnlidjen 
©pradjgebraud)  fyat. 

83on  größtem  ©etoidjt  ift  nun  aber  bie  Übereinstimmung 
ber  ©onifaj  fdjulbgegebenen  Änfdjauungen  mit  ber  aoerroiftifdjen 
ifctjre  bejüglid)  ber  ©roigfeit  ber  SBclt,  aljo  in  Seugnung  einer 
SBeftfdjöpfung  unb  eines  SBettenbed  unb  nod)  mefjr  in  Verneinung 
ber  perfönlidjcn  llnfterblidjteit.  9lidjt8  fonnte  größeren  (Sinbrucf 
machen  auf  (eine  §örer  als  fein  SBiberfprudj  gegen  ben  ©tauben 
an  ein  jenfeitige*  Seben,  auf  bem  ba«  Gtyriftentum  ruf)t.  @r  l>at 
i^n  als  ftarbtnat  unb  $apft  immer  roieber  auSgefprotf)en,  fo  Der- 
fiebern  bie  3eugen,  bie  mit  erftaunten  gragen  fein  oerblüffenbeS 
Skfemttntö  beantworteten. 

SBenn  ftd)  ©onifaj  nad)  ben  3engenauöfagen  begreiflicher* 
toeife  nid)t  let)rf)aft  über  greityett  unb  SRottoenbigtett  äufeerte,  fo 
liegen  bodj  feine  Äußerungen,  bog  e3  feine  ©ünbe  fei,  ben  natür* 
liefen  trieben  folgenb  Unjudjt  aud)  peroerfer  SRatur  }u  treiben, 
in  ber  9lid)tung3(inie  ber  ©ebanfen  ©igerä.  Sßanbonnet  (1, 195) 2) 
toeift  barauf  tyin,  bafc  ©iger  als  eine  fd)led)te  §anbfung  allein 
biejenige  erflfire,  meiere  bem  Sntereffe  ber  menfdjtidjen  ©efeflföaft 
juroiber  fei,  unb  erttärt  als  eine  Ableitung  barau«  ben  ©a$,  ber 

*)  SRan  öerglcicftc  audj  bie  Formulierung  bed  3.  8  im  italtenifdjen 
3ta$ör  ©.  532:  faciat  mihi  Deus  peius  quod  poterit  in  alia  vita,  de 
qo«  null  ob  rediit  nisi  seeundum  aliquoe  pkantaBÜcos. 

")  3$  be$eid}ne,  um  ben  langatmigen  römlfdjen  ga^lcn  Don  SRan- 
bonnet*  320  Seiten  langer  ftb^anblung  ju  entgegen,  biefelbe  mit  öoraufi* 
gefefcter  I  unb  arabifdjen  $atjlen,  beägletdjen  bie  Xejte  mit  II  ufro. 


32  £ari  SSentf, 

ftd)  unter  SRr.  183  in  ber  Sifte  ber  219  im  Saljre  1277  Der* 
urteilten  2ef)rfäfce  finbet:  „©nfadjc  fmrerei  eines  Unüerljeirateten 
mit  einer  Unverheirateten  ift  feine  ©finbe." *)  Unfere  Überlieferung 
enthalt  nidjtS  bem  fittlid)en  fieben  ©igerö  SßadjteiligeS.  gür  un£ 
ift  e$  Don  geringerem  Sntereffe,  06  geioiffe  Verurteilte  ©äfce  Don 
il)m,  beffen  ©djriften  toir  audj  jefct  niety  alle  fennen,  l)errfif)ren, 
toenn  nur  bie  grofee  SRaffe  als  fein  edjteä  ©ut  ertniefen  ift,  ober 
ob  fie  bem  münblidjen  Vortrage  einzelner  2Bagifter  ober  nod> 
toa&rfdjeinlidjer  ben  Aufteilungen  gettriffer©tubierenber  ber  Prüften* 
fafultät  entnommen  finb. 

S^oma«  Don  Sfquino  fjatte  in  feiner  ©treitfdjrift  gegen  ©iger 
mit  9ied>t  gerügt,  bafj  biefer  mit  oerroegencr  ftü^n^eit  über  fragen 
beS  blo&cn  ©laubenä,  bie  nidjt  jur  Sßl)ilofopt)ie  gehören,  ju 
ftreiten  unternehme:  ©iger  fjatte  toerneint,  bafe  bie  ©eete  Don 
bem  l)öHi|d)en  geuer  leibe  —  mit  gleichem  Siebte  fönne  ©iger, 
meint  XfjomaS,  über  bie  ©reieinigfett,  bie  SRenfötoerbung  Stjriftt 
unb  über  anbered  ftreiten  (SWanbonnet  1, 170  SR.  1).  S)ie  natür* 
lid)e  ©ntroitflung  ju  Verneinungen  biefer  2lrt  f)at  ber  3toerroi3* 
muä  fdjnell  Donogen.2)  Unter  jenen  219  ©ä&en,  bie  im  Sa^re 
1277  Derbammt  ttmrben,  finbet  fidj  (SRr.  174)  ber  SluSfprudj, 
baß  gabeln  unb  Untoa&rfjeiten  in  ber  djriftlidjen  ^Religion  finb 
tüte  in  anbereu,  unb  (Sit.  152)  ber  äf)nlidje,  bafe  bie  Geologie 
auf  gabeln  begrünbet  fei.  Qu  bemfelben  ©rgebnis  tarn  SBonifa^ 
in  ber  Debatte,  toeldje  ber  brei  ober  ber  jtoei  Sieligionen  ben 
SJorjug  toerbiene:  alle  brei  feien  menfd)licf)e  Srfinbungen,  unb  fo 
enthalte  aud)  ba3  ©t)riftentum  Diel  galföeS.  Wenige  Safjrc  nad) 
bem  lobe  beä  83onifaj  fjören  nrir,  bafe  bie  Sßarifer  Äoerroiften 
erffärten,  bie  jungfräuliche  ©eburt  unb  bie  ©d)öpfung  au$  nidjt£ 
nid)t  begreifen  ju  fönnen.3) 

*)  $gl.  aud)  9?r.  166:  qaod  peccatum  contra  naturam  utpote 
abusua  in  coitu  licet  Bit  contra  naturam  speciei  non  tarnen  est 
contra  naturam  individui.     Chartularium  universit.  Paris.  I,  553. 

*)  MücrroeS  Ijatte  geringfdjafig  oon  ben  Vertretern  ber  brei  pofittoen 
Religionen  gef proben  a(ö  loquentes,  garrulatores,  toon  existimaciones 
vulgares.    SWanbonnet  I,  168. 

3)  Se  autem  excusant,  quod  non  possunt  intelligere,  quod  virgo 
posset  parere  filium  nee  quod  de  nihilo  fiat  aliquid.  Raymundus 
Lullus,  duodeeim  prineipia  philosopbiae,  quae  et  lamentatio  .  .  .  philo- 
sophiae  contra  Averroistas  .  .  .  dici  possunt.  Raymundi  Luili  opera, 
Argentinae  1598,  p.  117.  $.  Reuter,  Öefdj.  ber  religtöfen  Slufflärung  im 
Mittelalter  II,  176. 


2Bar  93onifaj  VIII.  ein  äe&er?  33 

3Ba3  im  Dorftefjenben  bejüglid)  ber  Dter  Jpauptleljren  unb 
toeiter^in  nod)  jur  8Sergleid)ung  beä  bonifajianifdjen  SBefennt« 
niffed  mit  ben  Snfdjauungen  be£  SfoerroiSmud  geboten  mürbe,  toirb 
ooDftänbift  Ijinreidjcn,  tyre  grofce  Übereinfttmmung  ju  geigen. 


Unfere  nädjfte  Stufgabe  ift,  ju  unterfudjen,  burd)  men  ber 
HDerroidmuS  Oonifaj  nahegebracht  fein  fann,  meldje  güf)lun<j 
fein  Scben««  unb  SBilbungSgang  mit  ben  Vertretern  biefer  SRid)* 
tung  ergeben  fcaben  bürfte. 

grünere  gorfcfjer  Ijaben  angenommen,  bafe  JBonifaj  an  ber 
$arifer  §odjfd)ule  ftubiert  Ijabe.  3nbeffen  ber  ©inn  ber  Slrenga 
eine«  päpftlidjen  Schreiben«  Dom  18.  ©ejember  1296  (Chartular. 
Univ.  Paris.  II,  no.  600,  p.  74)  forbert  mit  ffleftimmtJjeit  nur, 
bafe  ©onifaj  früher  ein  ftanonifat  ber  Sßarifer  Äirdje  innehatte 
(fo  ginfe  I,  8),  unb  er  tjatte,  ate  er  1281  ftarbinal  mürbe, 
folcfter  ftanonifate  in  granfretdj  allein  Dter,  otyte  natürlich  feinen 
$fiid)ten  genfigen  ju  fönnen.  Slber  menn  Äarbinal  Senebift 
®aetani  aud)  nidjt  in  Sßari«  ftubiert  ^at,  fo  f)at  er  bod)  jmeifel* 
lo*  bort  ftd)  in  jungen  Sauren  aufgehalten,  unb  jtoar  *u  einer 
3eü,  in  ber  und  baä  erfte  §erDortreten  ©igert  Don  Srabant 
bejeugt  tft. 

3m  SRüdblid  auf  ba$  fieben  feinet  SBorgängerS  fflonifaj  fagt 
(Elemen*  V.  in  einer  Sülle  Dom  13.  September  1309  (töaqnatbd 
«nnalen  1309,  §  4),  bog  er  bei  ÜRartin  IV.,  al«  biefer  in  granf* 
reid),  unb  bei  jpabrian  V.,  alä  biefer  in  ©nglanb  fiegat  mar, 
nadjetnanber  faft  f ortgefefct  ba«  Amt  be3  ©efretär*  übte.  SRartin  IV. 
fjat  al*  ftarbinal  Simon  be  ©rie  Dom  grül)jat>r  1264  ab  unb 
Dom  Huguft  1274  ab  je  auf  eine  SReifye  Don  Sauren  baS  Amt 
be«  Segaten  in  granlreidj  Dertoaltet  (ogl.  inSbef.  Chartul.  Univ. 
Paris.  I),  ftarbinal  Ottobono,  ber  fpätere  §abrtan  V.,  fam  im 
Oftober  1265  nad)  (Snglanb  unb  Derliefe  es  nad)  erfolgreicher 
SKiffton  im  3uli  1268.  ginfe  (I,  3)  t)at  fd)on  gefagt,  ba&  ge- 
möfe  ber  Reihenfolge  ber  tarnen  in  bem  päpftlidjcn  (Schreiben 
Don  1309  an  bie  erfte  Segation  ©imonS  be  SBric  ju  benten  fei. 
©ie  begann  im  April  1264  (SWaubad),  3)ie  ftarbinäte  unb  tyre 
^olitif  um  bie  SNitte  be*  13.  Sa^rt).,  1902,  ©.  109)  unb  enbete 
im  Sanuar  1269  (9t.  ©temfclb,  fiubmig  bc3  ^eiligen  ftrcujjug 
nad)  ZuniS,  1896,  ©.  120).  ©o  beefen  fid)  jeitlid)  bie  beiben 
Negationen  jum  Zeil,  mir  muffen  bafyer  annehmen,  ba&  Jöenebift 


34  flcirt  Söencf, 

©aetant  öon  ©imon  bc  ©rie  gu  Ottobono  überging.  ©in  feftec 
^ßunft  ift  neuerbingä  baburdj  gegeben,  bafe  SJonifaj  VIII.  im 
«uguft  1300  fid)  banfbar  erinnert  (English  hist.  rev.  17,  1902, 
p.  522),  toie  einft  Sßrinj  ©warb,  jefct  König  (Sbuarb  I.,  ben 
Segaten  Ottobono  unb  ityt  au3  ber  §anb  ber  englifdjen  9le6eHen, 
bie  ben  Xoroer  umlagerten,  befreite  —  biefe  %at  erfolgte  am 
27.  fflprii  1267.1)  Sfarbinal  Ottobono  ftatte  im  3»ai  1265  feine 
aSoümacftten  oon  ©lernen«  IV.  erhalten,  fear  aber  erft  im  Äuguft 
aufgebrochen  unb  nadj  eigener  Angabe  am  30.  Äuguft  bei  flönig 
Subtoig  fcon  granfreidj  eingetroffen.  9?ad)  mannen  SBerfjanb* 
lungen  in  SßariS  begab  fid)  Ottobono  erft  Gnbe  Dftober  nadj 
©uglanb.2)  2Bäl)renb  bc8  toodjenlangen  Aufenthalts  in  Sßarte 
fönnte  Ottobono  ©enebift  ©aetani,  ber  6iS  ba^in  ©efretär  be3 
ÄarbinalS  ©tmon  getoefen,  für  feine  3)ienfte  gewonnen  tjaben; 
toaf)rfd)eintid)er  aber  fjat,  ba  ber  Äarbinal  Stalten  bod)  nid)t 
ofyne  ©efretär  Derlaffen  ftaben  toirb,  erft  bie  Srmorbung  breier 
Älerifer  Ottobono«  bei  Djrforb  am  23.  3)ejember  1266  (Annal. 
London.,  ed.  Stubbs  p.  76)  unb  bie  bamit  eingetretene  Surfe  in 
feinem  Sßerfonal  bie  SSeranlaffung  ju  bem  Übergang  ©enebtfts 
in  Ottobono«  Stenfte  gegeben. 

3n  biefem  galle  erlebte  öenebtft  bie  Unruhen  be«  3af)red 
1266  in  ber  Sßarifer  Slrtiftenfafultät,  in  benen  ©iger  oon  ©ra* 
bant  eine  f)ert>orragenbe  SRoüe  fpielte,  unb  bie  ^Beilegung  be« 
©treiteS  burdj  Äarbinal  ©imon  im  Sluguft  1266  (Chartul.  Univ. 
Paris.  I,  449  ss.,  bef.  450  s.  unb  456,  bgt.  äRanbonnet  I,  94  ff.) 
perföntid)  mit.  S3  ^anbelle  fid)  babei  um  Reibungen  jiDtfd|en 
ber  franjöfifdjen  Station  auf  ber  einen  ©eite,  ben  normannifdjen, 
pifarbifdjen  (ju  ber  ©iger  gehörte)  unb  englifd)en  Stationen  auf 


x)  Annales  Londonienees.  Chronicles  of  the  reigns  of  Edw.  I 
and  Edw.  IL  ed.  Stubbs,  London  1882.  I,  78.  Annales  monasterii  de 
Oseneia  tu  Annales  Monastici  ed.  Laard.  London  1869.  IV,  200—202. 
«gl  9t  $autt,  ©eftfi^te  toon  (Snglanb  III  (1853)  812  unb  ff.  fcampe, 
cu«  einem  gegiftet  be*  ffarbinal«  Dttobonu«,  WeueS  fcrdiiü  f.  ttt.  btfd). 
©efd)täit«fbe.  22,  341. 

*)  fcampe  a  a.  0.  ©.  350  u.  370.  5)ie  Sanbung  be«  Segaten  in  3)ot>er 
toirb  von  ben  Annal.  London,  auf  circa  festum  Omnium  Sanctorum, 
toon  3o(aun  bon  Xatjfter  auf  4.  Kai.  Noverabr.  angegeben,  Mon.  Gerra. 
8S.  28,  550  unb  591.  3<f)  gelje  barauf  um  fo  meljr  ein,  weil  bie  engtifdje 
§erau3geberin  ber  Briefe  Ottobono«  (Engl.  hist.  rev.  15,  89)  ben  tfarbinat 
irrtümlich  fdjon  $u  Anfang  September  in  (Snglanb  angefommen  glaubt. 


*$ar  öonifaj  VIII.  ein  STcfcr?  35 

ber  anbern  ©eite,  a6er  biefe  Unruhen  toaren  SJortfiufcr  ber  Ärife, 
n>rfd>e  burd)  ben  fdjarfen  ©cgenfafc  ber  pf)itofopl)ifdjen  SWeinungen 
feit  1269,  feit  ber  SRüdfeljr  be3  grofjen  $>ominifanerS  Styoma« 
*on  Sfquino  nadj  ?ßari8  jum  ?lu«brudj  fam.  ©iger  fagt  felbft 
in  ber  iuidjtigften  feiner  ©Triften  Dom  3at>re  1270,  baf$  er  feit 
langer  Q?\t  Aber  bte  ©djttnerigfeiten  beS  Hauptproblem«  fict)  mit 
«ebenfen  trage  (SRanbonnet  II,  112  unb  I,  96,  5ß.  3),  feine  fpc 
fulattoe  Zätigfeit  reichte  alfo  manche«  Satyr  jurürf. 

ffi«  ift  ein  rei^ootler  ©ebanfe,  fid)  Senebift  ©ae'tani  in  leb* 
fjaftem  3Reinung«au«taufd)  mit  bem  füfynen  ?ßarifer  SWagifter 
bereit«  in  ber  3Ritte  ber  fedjjiger  3af)re  öorjuftellen.  Die  ©e» 
legenfyeit  baju  fear  unjtoeifeltyaft  üortyanben,  ba  ber  Auftrag 
©imon«  be  Srie,  bie  SBertyanblung  über  bte  fijilifdje  grage  unb 
bann  über  ben  Jtreujjug,  ifyn  unb  alfo  audj  feinen  ©etretSr  öor» 
roiegenb  in  ?ßari«  gefeffelt  tyat. 

SWöglid)  ift  bann  aud),  bog  ©iger  mit  ©enebift  ©aetani 
<A$  Äarbinal  in  93erüf)rung  fam,  al«  ©iger  infolge  ber  1277 
erfolgten  Verurteilung  feiner  Sefyrfäfce  fiel)  an  bie  päpftfidje  Äurie 
fogab.  3dj  nriü  l)ier  auf  bie  Diel  erörterten  gragen,  bie  fid)  an 
ba«  CebenSenbe  ©iger«  fnüpfen,  ntdjt  eingeben,  fidjergefteflt 
fdjeint  mir  burd)  STOanbonnet«  gorfdjungen  unb  burd)  bie  9tad)« 
tid>t  ber  SJrabanter  gortfe&ung  be«  3Rartinu«  Sßolonu«  (Man. 
Oerm.  SS.  24,  263).  bafe  ©iger  jtoif^en  1277  unb  1284  ju 
Ortrieto  an  ber  rSmifdjen  fturie  oon  feinem  Schreiber  (quasi 
dementi)  erftodjen  mürbe,  üielleid)t  t)at  SBäumfer  red)t,  wenn 
«r  ba*3af)r  1282  annimmt.1)  3m  grü^ja^r  1281  n>ar8enebift 
©aetani  burd)  ©unft  be«  eben  jum  Üßapft  gemähten  ©imon  be 
©rie,  $apft  9Rartin«  IV.,  in  ba«  ÄarbinaKoQegium  aufgeftiegen. 

SBenn  er  ben  a&erroiftifdjen  Slnfdjauungen  ber  $arifer  @e* 
lehrten  juneigte,  fo  fanb  er  gelegentlich  feine«  langen  Aufenthalts 
in  granfreid)  im  3af)re  1290,  in«befonbere  tuätjrenb  be«  <ßarifer 
ifiationalfonjil«  ju  Snbe  SRoöember  biefe«  3al)re«,  ©elegenljeit, 
neue  gut)lung  mit  ben  Prägern  biefer  ©ebanfenmelt  ju  ge* 
ro  innen,  fo  oiel  il)m  aud)  fein  ?lmt  9tücfftd)ten  auferlegen  mochte. 

Dtyne  3roeifeJ  tT)ar  c'n  ©efinnungägenoffe  ber  $arifer  ?luf- 
fldrer  jener  ^arifer  Strjtr   ber  im  ©ommer  1293  bei  Sf  arbmal 

l)  «Nif*.  ?ürt«,  La  mort  de  Siger  de  Brabant,  Romania  29  (1900\ 
p.  110.  ©aumter,  8«  S!ebenSß<f4id)te  be*  S.  t>.  Er.  9lrd)to  f.  (Wejdj. 
*et  «WofoW,  13.  ©b.  (1899),  6.  80. 

3* 


36  fiorl  ©enrf, 

Senebift  auf  einer  Surg  in  ber  5ßäf)e  Don  $obt  ersten.  ©er 
®efud)er  ereile  Dor  Dielen  £eugen  au*  ber  ©tobt  £obi,  Don 
benen  und  fe$3  in  ben  Sßroje&aften  mit  Körnen  genannt  tu  erben, 
mie  man  in  5ßari$  über  bie  Unfterbtidjfeit  bcr  ©eele  Dertjanble, 
lote  fie  Don  fo  mannen  beftritten  merbe,  unb  ber  Starbinal  beeilte 
fid),  im  8tnfd)lu&  baran  mit  ftarfen  Sßorten  feine  Seugnung  ber 
Unfterblidjfeit  gu  befunben.1) 

6$  ift  fidjerlidj  nidjt  ju  berrounbern,  bafe  biefer  Sßarifer 
Strjt  ber  einjtge  ÄDerroift  ift,  toeldjer  Don  ben  Sßroje&jeugen 
rebenb  eingeführt  mirb,  audj  er  eigentlich  nur  atä  ©crtdjterftatter 
über  bie  ju  Sßariä  betriebenen  (Erörterungen,  benn  geroife  mar  e£ 
nidjt  offne  ©efaf)r,  in  fo  Detfänglidjen  ©efprädjeu  mit  bem  übet 
beleumunbeten  Äarbinal  getroffen  ju  merben.  2)er  ©efatjr  eine* 
Äefcerprojeffeä  aber  gingen  bie  ÄDerroiften  gern  aus  bem  2Bege. 
SBir  tyaben  in  biefer  SBegie^ung  eine  Sude  unferer  SBcrid)terftattung 
über  ben  Sfoerroidmud  auäjufüQen.  3n  eigentümlicher  Qtoit* 
fpfiltigfeit  erklärten  bie  Sloerroiften  Dor  unb  nad)  ©iger,  bog  fte 
bemüht  feien,  barjutegen,  mie  man  pf)ilofopt>ifd}  bie  Singe  an« 
fetjen  muffe,  ba&  fte  ausführen  moDten,  toaS  ber  Sßl)ilofopl> 
(SlriftoteleS  unb  StoerroeS)  barüber  bauten,  bag  fie  aber  redjt 
too&l  müßten,  nad)  ber  „2Bat)rt)eit\  bem  „©tauben"  bereite 
e*  fid)  ganj  anber$,  unb  im  3rDeife'  muffe  man  bem  ®laubcn 
folgen,  ber  SBal)rt>eit,  bie  nidjt  geleugnet  toerben  fönne,  trenn 
aud)  bie  Folgerungen  beä  Sßt)ilofopl)en  als  bie  ber  natürlichen 
SBernunft  erfdjienen.2) 

3)ie  ©egner  Ijaben  baä  SBiberfprudjSDolIe  biefer  (Srflfirungen 
fdjarf  erfannt.  $l)oma3  Don  Vqutno  f)at  mit  ©runb  gefagt, 
roenn  man  mit  SRottoenbigfeit  ©d)tu&folgerungen  jietje,  tote  bie 
Don  ber  (Einheit  be£  SntelleftS,  ba$  ©egenteil  aber  im  (Stauben 
feftfjalte,  fo  fege  man  DorauS,  bafe  ber  ©taube  ettoaä  einfölie&e, 
beffen  ©egentetl  mit  SRotwenbigfett  bemiefen  toerben  tonne,  in 
toeiterer  ^oIqq,  bog  ber  ®laube  ba8  Salfdje  unb  Unmögliche  le^re 
(SRanbonnet  I,  170,  Dgl.  126). 

Sßenn  Storno*  Don  ?lquino  baS  grofee  SBerf  DoÜjogen  f)at, 
bie  ariftotclijdjc  $t)ilofop^ie  unb  ba$  S)ogma  in  Harmonie  ju 

')  $ie  3cu9n<fie  bafür  fteUte  id)  oben  ju  Anfang  t>on  Änm.  1  auf 
6.  10  £ufammen. 

^  Stfll.  ftufjeninu.cn  ci^er*  bei  SNanbonnet  II,  %,  17;  99,  18; 
107,  24;  112,  28.    $aju  TOanbomiet*  ftuSfübrunaen  I,  164  f. 


©ar  ©ontfaa  VIII.  ein  ßefrer?  37 

fefcen,  fo  Hoffte  bei  ben  Äoerroiften  £ogma  unb  ^ßfjilofopljie  au$< 
finanber.  SBtr  traben  t)ier  nid)t  barjuftellen,  tute  fdjtedjt  bie 
iRed)tgläubigfeit  fidj  gegenüber  ber  natürlichen  SSernunft  in  einigen 
italienifd)en  ftreifen  im  Saufe  beS  fpäteren  Mittelalter«  unter 
einer  getroffen  ©errfdjaft  be*  Ät»erroi8mu8  behauptet  f)at,  toeld&e 
ffiolle  berfelbe  bis  in«  16.  3at)rf)unbert  namentlich  an  ber  Uni* 
üerfttfit  ?ßabua  fpiette1),  mir  tooflen  audj  nur  flüdjtig  barauf 
binmeifen,  tote  ljunbert  Sabre  nad)  SBonifaj  VIII.  Sßapft  3o* 
fytnn  XXIII.  bie  Unfterblidjfeit  ber  ©eele  mit  §obn  unb  ©pott 
verneint  t)at ;  ber  @rjbifd>of  Don  SWailanb,  ber  foldje  SBorte  aud 
feinem  SRunbe  üernatjm,  t>at  e8  im  Stonftanjer  Sßrojefe  bezeugt, 
ber  ftoQege  au«  günffirdjen  fügte  J)in  ju,  ba&  tote  ber  ?ßapft  fein 
Neapolitaner,  fo  fage  man,  an  bie  Sluferftetyung  ber  $oten  glaube 
{91.  SSaloiS,  La  France  et  le  grand  schisme  d'oeeident 
IV,  310  nt.  2  au§  ben  Sßrojie&aften).  Niemals  aber  finbet  man 
in  all  biefer  Qdt  bei  ben  ©efennern  bed  StoerroiämuS  eine  9lct» 
<jung  jum  SRartprium.  3>ic  bequeme  äuöfludjt,  bafe  man  jmar 
pt)i(ofopt)iere,  aber  bem  Äirdjengtauben  anhänge,  erbte  fid)  fort2), 
unb  bie  ftirdje  toar  geneigt,  burd)  bie  Ringer  ju  feljen.  ©ie 
<)ätte  fonft  in  ben  eigenen  Sfreifen  ju  Diele  Opfer  in  bie  ©djranfen 
forbern  muffen.  Stabei  füllten  fid)  bie  ?lnf)5nger  beä  ?foerroi8* 
tnn£  über  bie  SRenge  ber  ©linbglfiubigen  ergaben.  S3  fear  ot)ne 
3ro*ifel  aud  ifjrem  ©inne  gefprodjen,  toenn  unter  ben  219  3rr« 
tüment,  bie  im  Sabre  1277  üerurteitt  ttmrben,  fidj  bie  ©äfee 
fanben,  ba&  „bie  SBetjen  ber  SBelt  nur  bie  ?ßt>itofopt>en  feien" 
unb  ba&  man  nidjtS  miffe  megeit  ber  $errf$aft  ber  Ideologie 
(quod  nihil  scitur  propter  scire  theologiam).  ®er  SBiffen*» 
trieb  eine«  ©iger  toar  t>on  einer  frönen  fortrei&enben  Straft. . 
flm  ©djluffe  feined  §aupttoerfed  richtet  er  gegenüber  einem  m5g* 
liefen  Sinmanbe  an  ben  fiefer  bie  SWaljnung  su  toadjen  unb  toeiter* 
juforfdjen,  unb  fdjliefet  mit  ben  SBorten  Senefa«  («riefe  82,  2), 
ba§  „SRufje  obne  JBiffenfdjaft  ber  Xob  unb  eine«  lebenben  9ftanne$ 
©egräbni*  fei-.8) 

')  SJgt.  im  allgemeinen  ba*  betannte  Sud)  Don  9?enan,  Averroee  et 
TAveiToisme.   3  &lit.  Paris  1866.    3>er  gforfdjung  bleibt  Diel  ju  tun  übrig. 

*)  SRapmalb,  $ie  fie^re  Don  bei  aroetfadjen  SBafjrljeit.  (Sin  Qerfudj 
ber  Trennung  Don  £b«logie  unb  Wlofopfjte  im  Mittelalter.    ©erlin  1871. 

■)  Wanbomtet  II,  115.  $ei  Herausgeber  tjat  1,  158,  SR.  3  «n[djlu& 
<m  Senefa  Dermutet  unb  ben  Wortlaut  aud  bem  @ebäd)tni*  berichtigt.  9Sie 
tedjt  er  batte,  geigte  mir  ein  ©lief  in  ben  itolienifctjen  SBüdmtann  ftuma- 
$aKi,  Chi  l'ha  detto  p.  353. 


38  fiarl  SSencf, 

Sötr  feieren  ju  JSonifaj  jurütf.  Sie  3eu8enau*)a9*n  &** 
rieten  nichts  toon  einem  SJorbetyalt,  mie  tyn  ©iger  für  bert 
©tauben,  für  bie  9ßat)rf)eit  immer  lieber  mad)t.  aber  e$  ift 
bod)  ettoaS  fitynlidjeS,  roenn  toir  ifpt  meljrfadj  au$fpred>en  t)örenr 
)  o  mie  er  jage,  backten  bie  einfidjtigen  ©eletyrten ;  bie  einfältigen 
Ceute  unb  Ungeteilten  gelten  e§  ja  anberS,  fte  aber  mären 
^antaften1).  bie  ©elefjrten  müßten  öffentlich  alterbingS  fagen, 
luie  ba§  SBolf  e3  fage,  aber  fie  mußten  benfen  unb  meinen,  toie 
er  unb  h>ie  bie  wenigen  (t>g(.  bie  ÄnfüJjrung  ber  betreffenben 
Stellen  in  ben  3eugenauefagen  oben  ©.  10).  So  t>atte  Stoerroe^ 
gerincifdj5$ig  t)on  „vulgären  Meinungen-  unb  üon  „©djmäfcern* 
gefprocfyen.  Xerfelbe  ariftofratifdje  SInfprud),  loie  mir  iljn  Don 
SBonifaj  formuliert  finben,  tag  in  SBat>rl)eit  aud)  @iger£  üorfidj* 
tigeren  SluSlaffungen  jugrunbe. 

S)ie  rechtgläubigen  $^itofop^en,  toeldje  ben  SfoerrotemuS- 
am  ©nbe  be£  13.  unb  Anfang  beS  14.  3at)rt)unbert3  befämpften, 
tjaben  bie  ©efat)r,  metdje  bem  Gftriftentum  t)on  tiefer  Seite 
breite,  tootjH  erfannt  Sieben  Segibiuö  Don  SRom2)  ift  mit  geuer> 
eifer  Dor  aQen  ber  munberlidje  Katalane  SRatymunbuS  2uQu& 
Dorgegangen.  SBie  t)ätte  i$n,  ber  jebe§  beliebige  Sogma  logifefy 
ju  bemeifen  unternahm,  bie  abtebnenbe  Gattung  ber  Stüerroiften, 
bie  im  beften  gafle  fid)  mit  ibrem  SRangel  an  SSerftänbniä  gegenüber 
ben  §eit0tatfadjen  entföutbigten,  nid)t  im  Snnerften  oertefcen  foüen 
(Dgt.  bie  (Sinteitung  be3  oben  S.  32  3nm.  3  angejahrten  SraftateS)- 
l£s  ift  bod)  faum  juräHig,  baß  fluDuS  gerabe  in  ber  3cü*  in 


:  v£ie*  erinnert  bar an,  baß  eiger  einmal  bie  poetae.  theologi  et 
aliqai   naturales   bein  ?lrifiotele*  $ea.enüberiteüt;    i^ionbonnet  II,  80,  20- 

*^  Äenan  3.  251  g.  £ajarb  in  Hist.  litter.  de  1a  France  t.  30, 
47l>— S4.  4S>5  n.,  516.,  i^anbonnet  I.  175  i? ,  II.  5  if.  SXanbonnet  I,  175r 
9t.  1  tat  ein  Skbenfen  a.fc;en  bie  2lutor»\ta?t  be*  SIesibiuS  r»on  9iom  am 
Jraftat  de  enoribus  pl.i'.oscphorimi,  oer  bie  v^intett  ber  gönnen  be- 
förnpit,  buren  bie  Ubenueiiung  be*  bie  einbeit  ber  gönnen  oertretenbeir 
XTaftatd  de  gradibus  formanim  an  lM;!ie$  be  S?e;nne*  $u  beseitigen 
gebadit.  Aber  bieje$  ^ebenfen  erbebt  neb  von  neuem,  fo  bemertt  SX.  bc 
*Suli  vles  philosophes  du  tnoyen  i\*e  I,  1  p.  l*->2.  nt.  1\  ba  b«  oft 
herausgegebene  Ircftat  de  gradibus  formaraui  nicitS  mit  bem  Xraftat 
ton  ©illeS  be  2c*fineSt  de  nniiate  formte,  ben  $*ul;  |ent  bcrau$gabr 
gemein  bot  unb  bie  Äut?r\1v.»t  ^e^  ^?lej;^iu*  von  Äom  »ür  de  gradibas- 
formarnm  üd)  ent  ou^^e^eicMiete  vai^\-»oir"t:n  niifct.  ^>.;l  übrigen*  oud)- 
9J.  3d»ol$,  ^ubliji'iif  >ur   ;>c:t   i::i.i;^^   be«   «cbor.en,   3.  l>4,^::m.  9. 


2Bar  Söonifoi  VUI.  ein  tfefeer?  39 

tye(d)tr  ber  ?ßroje&  gegen  SBonifaj  VIII.  in  ÄDtgnon  toirflidj  in 
©jene  gefegt  tt>ar,  eine  fieberhafte  lätigfeit  in  ber  (Srjeugung  Don 
©djriften  gegen  bie  Sloerroiften  entnncfelte,  id)  jäf)le  allein  in  ber 
3«t  Dom  3uli  1310  bid  ?lpril  1311  nic^t  meniger  als  neun 
folget  ©Triften1),  unb  gemife  ift  e3  aud)  nidjt  jufällig,  ba& 
minbeftenä  brei  biefer  ©djrtjten  Äönig  Sß^tttpp,  „bem  SBorfämpfer 
ber  SUvdje,  bem  Sßerteibiger  be$  d)riftlid)en  ©laubcnd"  gemibmet 
finb.  SRatymunbuS  Sufluä  t)at  ot)nc  allen  ßmeifel  ÄenntniS  ba« 
oon  gehabt,  bog  eä  aDerroiftifdje  ?lnfdjauungen  toaren,  bie  bem 
Zapfte  Sonijaj  fdjulb  gegeben  fturben,  er  l)at,  inbem  er  Sßbil'PP 
als  ben  $ort  beS  ©lauben*  gegenüber  ber  junebmenben  Sle^erci 
prteä,  foütel  an  tym  lag,  ben  SluSgang  beS  SßrojeffeS  beeinflußt, 
er  i)at  im  einjelnen  galle  ?ßt)ilipp  gebeten,  feine  ©djrift  in  5ßari£ 
oerDielfältigen  ju  laffen,  ba  auä  tyr  bie  Irrtümer  gegen  bie 
^eilige  fattjolifdje  Äirdje  erfannt  toerben  fonnten  (Hist.  littär.  29, 
304),  er  bat  allen  (Srnfteö  barauf  angetragen,  baß  ba$  SBienner 
Äonjil  bie  Se^re  jeber  ber  djriftlidjen  Ideologie  juroiberlaufenben 
$t)ilofopl)ie  unterfage  (ebenba  ©.  340,  t»gl.  240).  £aju  ift  e$ 
nid)t  gefommen  unb  Dergeblid)  aud)  t^at  üuüuä  eine  Verfolgung 
ber  $arifer  Sloerroiften  Don  ßönig  ?ßt)iltpp  geforbert.  Sie  ©tabt 
^Jari*  fei  Don  bem  @ifte  be$  ÄoerroiemuS  angeftedt,  ber  (Slaube 
ber  Später  gefätjrDet  burd)  eine  ÜMenge  Don  ftlerifcrn,  bie  fid) 
uoit  ben  Sod ungen  bieier  täuföenben  v4tyüofopt)ie  berütfen  ließen. 
Xer  ftönig  unb  bie  Doftoren  ber  llnioerfttät  foQten  Reifen,  jo 
bittet  er  inft&nbig,  eine  jo  gefät)ilirf)e  ©ette  ju  Dentisten  (ebeuba 
©.  306).  Äud)  toenn  bie  ©Triften  be«  ßuDuS,  bie  Dieljad)  nur 
banbjdjriftlid)  ober  in  ferner  erregbaren  ausgaben  Dorliegen, 
jugfinglidjer  fein  roerben,  ttrirb  man  jurüdljaUenb  fein  muffen 
gegenüber  ber  grage,  ob  ber  heißblütige  Katalane  in  ber  Xat 
Durd)  eine  ftarfe  Verbreitung  bes  ÄoerroiSmuS  Sßeranlaffung  ju 
folgern  9lotfd)rei  tjattc.  3mm er t) in  brängt  fid)  und  gegenüber 
birfem  ©ifer  be$  SulluS  bie  grage  auf,  ob  benn  fid)  {einerlei 
©pur  erhalten  Gabe,  ba&  bie  irreligiöfen  Meinungen  Öenebift 
(SaetaniS  bie  Slufmerffamfcit  ber  Snquifition  erregt  Ijaben. 


!)  92ad)  bem  6d)riftenb erleid) nie,  i»eld)e8  bie  eingefjenbe  9lbf)anblung 
über  Ranmunbuft  üufluS  in  ber  Hist.  litter.  de  lti  France  t.  29  bietet. 
G*  ift  nidjt  djronologiid).  9ftan  finb  et  bie  in  Hebe  fielen  ben  Iraftate 
jroifdjen  ©.  237  unb  306  bejprocfccn. 


40  flort  SBcntf, 

3n  ber  Zat  berieten  brei  3eu8cn»  i)a&  t3on  &en  Snquifitoren 
ju  ©poleto  —  e8  maren  granjtefaner  —  gegen  il)n  eine  Unter* 
fudjung  aufÄefcerei  geführt  unb  itjm  auferlegt  ttorben  fei,  einen 
SKonat  lang  ein  Äreuj  ju  tragen.1)  3)er  SSorfaö  fiel  in  bie 
3ugenbjeit  SenebtftS,  et)e  er  nod)  irgenb  eine  firdjlidje  ^ßfrfinbe 
l)atte.  Hud)  ein  2ef)rer  feiner  Sugenb  in  ©poleto  verfiel  ber 
Snquifition2)  (§öfler  ©.62,  t>gi.  ginfe  Ir  8)  unb  ebenfo  ein 
Setjrer  feine«  geliebten  SRepoten  SJenebift.  ©er  lefctere,  Hngelo 
Don  Perugia,  fall  bie  Äuferftcbung  ber  Xoten  geleugnet  fyaben, 
über  feine  ®efangennet>mung  fei  SBonifaj  in  heftigen  3orn  8** 
raten  (§oefler  ©.  61).  Db  tyn  felbft  nod),  infcbcjonbere  in  ber 
l)ödjftcn  SBürbe  afe  Sßapft,  Don  feiten  ber  3nquifition  irgenb  eine 
©efafjr  bebrofjte,  menn  ftd)  tt)r  nidjt  ein  ftarfer  toettlidjer  Arm 
$ur  Verfügung  fteflte,  barüber  ift  fpäter  nod)  ein  SBort  ju 
fagen.  

3unäd)ft  liegt  e8  und  ob,  nadjbem  mir  ber  Slnffage  ba& 
SBort  gegeben  tjaben,  aud)  bie  SBerteibigung  ju  üernetynen,  ju 
l)ören,  maS  ju  3eiten  be3  SßrojeffeS  jugunften  be$  ?ßapfteS  gefagt 
ober  gefdjrieben  mürbe,  unb  in  jtoeiter  State,  tuaS  bie  fritifdje 
gorfdjung  nad)folgenber  Safjrfjunberte  ju  iljrem  fretfpredjenben 
Urteile  belogen  tjat.  ©djliefeen  fid)  biefe  Srörtcrungcn  nod) 
bem  an,  ma$  mir  bieder  im  gtoeiten  §auptteile  biefer  äbljanbtung 
gegeben  fjaben,  fo  toerDen  fie  jugleid)  überleiten  ju  bem  britten 
Seile,  in  beut  und  ein  unabhängig  t>on  ben  ^ßroje&aften  entroor* 
fene«  öilb  beä  SßapfteS  in  ben  ©tanb  fegen  foll,  ben  Snijalt  ber 
Äntlage  auf  it)re  pfqd)ologifd)e  2Baf>rfd)einlid)feit  ju  prüfen. 

£ie  Serteibigung  bed  angeflagten  SßapfteS  im  ^rojefc  (ag 
in  ben  §anben  fleiner  Seute  (SRäljereS  bei  ginfe  I,  248),  mäljrenb 
bie  bonifajianifdjen  tfarbinäte  nidjt  mit  Ünredjt  bie  ©ad)e  al$ 
SWadjtfrage  be&anbclten,  jeitmeilig  eine  Trennung  üon  Sternen*  V. 
in*  Äuge  fafeten  (9t.  ©djolj,  ^ublijiftit  ©.  180)  unb  bann  burd) 
politifetoe  3Kad)enfd)üften,  bejonberä  bie  görberung  eine«  angio* 
öinifd)*luj;emburgifct)en  $ünbniffeä  bie  Befreiung  ber  fiurie  öon 
bem  $rojc|  erftrebteu,    Sie  ©erteibiger  geljen  oor  allem  gegen 

')  3  1$,  13,  14,  Tuput)  e.  570,  572,  575.  Äteine  Serfäiebenfciten 
ber  brei  ttirtfaftcn  überlebt  icb. 

*)  Über  ba«  $Mrkn  btr  Snquifition  w  $th  ^apft  Wfolatt*'  HL  (at 
aOerlei  aufammenaeftrOt  $tm*ri,  i^apft  Äitolaw*  III.  (1903)   8.  309—13. 


$tor  »onifaj  VIU.  ein  Äefrer?  41 

toa$  SSetfatjrcn  als  fofd^ed  bor,  bann  gegen  bie  fmuptanffäger, 
bie  als  ^obfeinbe  ©onifaj'  au8jufd)lie&en  feien.  SBtr  brauchen 
biefen  Ausführungen  nid)t  im  einzelnen  ju  folgen.  Huf  eine  (Sr* 
örterung  oud)  nur  ber  toidjtigften  Slnflagepunfte  laffen  fid)  bie 
%erteibiger  nid)t  ein,  bagegen  erfreuten  fie  äufeerft  befliffen;  ju< 
fammenjutragen,  toa$  öonifaj  an  äufeerlid)  firdjtid)en  §anblungen, 
*.  8.  jur  Stu«ftattung  ber  $eterSfird)e,  jur  3Rel>rung  be3  ftirdien* 
föafce«,  getan  f)at;  audj  ber  Srlafe  ber  Sufle  Unam  sanctam 
unb  bie  ©eroäfjrung  be$  Slblaffe*  im  3ubeljaf)t  1300  toirb  if)m 
jum  SBerbienft  gerechnet,  gum  (Srtoeiä  feiner  SReligiofität  fuhren 
fie  nur  jtoeierfei  an:  ©onifaj  t>abe  beim  QtUbmxtn  ber  SMeffe 
tränen  borg  offen,  unb  er  tyabe  als  ©terbenber  in  ©egentoart  bon 
adjt  Äarbinftlen  fid)  jum  ©lauben  ber  Stirdp  befannt  unb  ba« 
©aframent  empfangen  (fcupul)  ©.  402  u.  493),  roä^renb  jroet 
beugen  ber  Anfluge  betunben,  ba&  fie  mit  angehört  baben,  wie 
Uonifaj  auf  bie  SWaljnung  feines  vertrauten  Dieners  Safob  oon 
$ifa,  feine  Seele  ber  Jungfrau  ju  empfehlen,  ttjm  in«  ®e« 
fid)t  fdjlug,  f^nooDe  SBorte  Äußerte,  ben  fieib  Styrifti  jurflcf« 
lote«  unb  otjne  SefenntniS  ftarb.1)  Die  3Bat)r^ett  ift  t)ier  Diel* 
leid)t  bie,  bafe  ber  ©djroerfranfe,  Don  ©teinleiben  ©eplagte  in  ber 
Oeroufetlofigteit  fid)  fo  Derzeit,  ba&  mit  geringer  Ausgestaltung 
ba*  eine  unb  ba3  anbere  auSgefagt  toerben  fonnte.  3n  Saatzeit 
tragen  bie  Äudfü&rungen  ber  SBerteibiger  fo  gut  wie  nichts  jur 
Entlüftung  be«  «ngeflagten  bei,  unb  baSfelbe  gilt  oon  ben  93er« 
teibigimg«fd)riften  eine«  ©uibo  be  öatjfio  unb  ttgofttno  Srionfo 
<t>gl.  Jinfe  I,  249  bi*  252),  bie  auSbrücflidj  ober  amifdjen  ben 
feilen  fo  mandje  gro&e  ©djnrädie  be$  Zapfte«  jugeftetjen,  manche 
flnflagepuntte  nur  burd)  l)öd)ft  foptyftifdje  Darlegungen  au*  ber 
SBelt  ju  Raffen  fudjen  unb  baneben  fid)  in  allgemeinen  fuper* 
latimfdjen  Sobprcifungen  be«  SßapfteS  ergeben,  bie  nur  im  3U* 
famment)ang  richtig,  b.  t).  als  93erl)errlid)ungen  be3  päpftlid)en 
ttutotraten  gemürbigt  werben  fönnen.2) 

')  8-  18  unb  19  be*  itatienif«en  8er$ör«,  $uput)  6.  540  unb  541. 
#.  16  beÄfelben  93erb,ör&  (Sniput)  6.  539  oben)  fagt  nidjt*  öon  betn 
ttatfenfd)Iag  unb  lägt  ben  $apft  nadfter  nodj  adjt  fcagc  leben. 

*)  &infe  fagt  am  ©djlufe  feine«  ©u$e*  (I,  295),  bafs  wbte  Annagen" 
(roonad)  „er  bei  religiösen  Äußerungen  ebenfalls  ntc&t  ben  aueb  fonft  bei 
ibm  üermifcten  Saft  gezeigt  Ijaf)  „fi4  nid)t  ju  ernft^aft  ju  ne^menben 
«nfcftulbigungen  »erbi^teten."  w@onft,*  fä^rt  er  fort,  „fönnten  wir  boeft 
fo  e^rli4  gemeinte  Vnf^auungen,  ba&  e«  in  200  Sauren  (einen  folgen 


42  Staxl  Send, 

SBenben  toir  uns  ju  ben  SetoeiSgrünben,  toeldje  neuere 
gorfdjer  gegen  bie  2Bat}rt)eit  ber  l)äretifd)en  Slnfdjutbigungen  be& 
<JSapfte3  toorgebrad)t  l)aben,  fo  f)a6cn  tuir  ju  fdjeiben  jmifäen 
Sftenan,  ber  mit  einigen  beadjtenätoerten  ©ntoänben  gegen  bte- 
©lanbtoürbigfeit  ber  9tu$fagen  fie  famt  unb  fonberä  auf  Sin» 
gebung  feitenS  SiognretS  unb  feiner  ©enoffen  jurücffütjren  mödjte- 
(Guillaume  de  Nogaret  in  ^tudes  sur  la  polit.  religieuse 
du  rfcgne  de  Philippe  le  Bei  p.  180  u.  181),  unb  §.  ginfe, 
ber  ebenfotoenig  als  §efefe  alled  für  exogen  anfefjen  toiH,  a6er 
bod)  burdj  fritifdje  ©rroägungen  ju  einer  (Sinfdjränfung  gelangt, 
bei  ber  tatfädjtid)  nid)t  toiel  übrigbleibt.  @3  begreift  fid),  ba£ 
Stenan  unb  ginfe  mandjeä  gemein  f)a6en.  3d)  gelje  junac^ft  ein 
auf  baS,  toeß  jenem  eigentümlich  ift.  6r  fagt,  „bafc  bie  angeb* 
lidjen  Anrufungen  be$  "Eeufete  unb  ber  anfrerc  Slbergtaube,  ben 

ißapft  gegeben,  baf3  er  el)er  als  (Bleftln  V.  bie  Atanonifation  Derbtene, 
ntdjt  für  möglich  galten".  &infe  meint  vÜufjerungen  MgoftinoS  in  ber  tooit 
iljm  Ijerauägegebencn  33erteibigung§fdmft  (II,  85  unb  88).  ©eljen  mir  ju, 
in  meldjem  3ufanimenf)ang  fic  gefallen  fiub,  fo  ergeben  fidj  an  elfterer 
©teile  als  bie  SKufjmcötitel  be§  93onifaj  feine  burdjgrcifenbe  pontififale 
SSaltung  obne  Slujeljen  ber  ^erfoit  unb  feine  Serbienfte  um  ba§  $irdjens 
red)t,  am  (£nbe  fein  Sflartljrtum  für  bie  greiljett  ber  fttrdje,  unb  äl)nlia> 
ift  e§  an  ber  anbeten  ©teile,  iuo  $3ouifa&  trofc  (Öelbgier  unb  SRepotiSmu« 
nidjt  nur  Ijod)  über  (£lemcn$  V.,  ber  itjn  barin  übertreffe,  geftetlt  roirb,  — 
in  aliis  autem  totus  populus  Christian us  contitetnr,  eciam  emuli 
eiusmet,  non  fuisse  talem  pastorem  in  ecclesia  iarn  sunt  ducenti 
anni  —  unmittelbar  Dörfer  rotrb  beflagt,  baß  Giemen«  V.  uidjt  bie  ©e* 
fangennet)mung  beä  Sonifaj  rädje  — -  alfo  ift  audj  r)ier  ber  flluljme&titcf 
be3  SBontfaj  fein.  autofratifdjeS  SSalteu.  2lud)  au«  anberen  ©Triften 
VlgoftiuoS  erfennen  mir  ja  alä  fein  Qbeal  bie  päpfilidje  Slutofratie.  galten 
mir  biejen  SEafjftab  feft,  fo  erfennen  mir  Ieid)t,  mie  menig  für  bie  jjrage 
ber  §ärefie  be§  $apfteS  jene  „eljrlid)  gemeinten  Slnfdjauungen",  bie  natürlich 
feineSmeg«  toon  ber  ganzen  (£(jriftenf)eit,  gefcömcige  beim  öon  ben  ©egnern 
93onifa^  Dertreten  mürben,  in«  ökmidjt  fallen.  I,  251  bettte  Sinfe  auö 
bcnfelben  9lu3lafjungen  nur  gefolgert,  ba$  Slgoftino  fclbft  nidjt  „an  bie  all» 
gemeinen  l)äreti)rf)eu  unb  moralijdjen  Slnfdjulbigungen  geglaubt  tjabe,  auf 
bie  er  —  eS  bleibe  unffar,  warum  —  mit  reinem  SBorte  eingebe".  3ft 
audj  nur  biefe  Folgerung  nötig?  SSar  Slgofttno  nid)t  am  <£\\bt  geneigt, 
bem  ^a^fte,  ber  al3  ^utofrat  feine  pafften  v2lnfprüd)e  befriebtgte,  mie  feine 
(Sclbgier  unb  feinen  9?epoti3mudr  aua^  einige  l)avetifd)e  s2lnmanblungen 
naebgufe^en?  „S)ie  6§riftent)eit  fofle  feinen  ^apft  üerbammen  ober  über 
ifyn  aburteilen  megen  einiger  ©djmädjen,  menn  nur  bie  ^or^üge  btefr 
überragten",  fagt  er  (JJinfe  I,  88)  in  unmittelbarem  2lufd)lu&  an  bie  aule&t 
angeführte  ©teüe.  —  Über  ben  3n6alt  üon  Wgoftino«  5ßerteibigung8f(^rift 
im  allgemeinen  ögl.  jefct  auf  dl.  ©iolj,  ^ubli^ifttf  ©.  178—80. 


©ar  Jöomfaa  VIII.  ein  Alefcer?  4* 

man  Somfaj  fdjulb  gebe,  in  SBiberfprud)  feien  mit  bem  Unglauben, 

ben  man  iöm  fonft  nadjfage.    Sie  ÄDerroiften  glaubten  ebenfo* 

maiig  an  ©ämonen  tüte  an  ®ngelM.   SBaS,  fo  fragen  mir  barauf, 

mirb  und  Dom  33erfet)r  beS  SßapfteS  mit  bem  Teufel  berietet?1) 

Sie  Slntmort  ift,   ba&  über  $öejiel)ungen  beS  ißapfteS  mit  bem 

leufel  unb  über  3au^c*  baö  83ert>ör  Don  ©rofeau  lein  SBort 

enthält,  bafe  im  italienifdjen  SSerljör  ac^t  3*ugen  baräber  berichten, 

aber  fieben  Don  iljnen  nad)  £örenfagen  (fama  publica  erat),  nur 

einer  (3-  16,  ®uput)  ©.  537)  fäilbert  aus  eigener  ©rinnerung 

Senebift  ©aeiani  aU  3aubercr  unb  ©ämonenbefdjmörer.    Siefe 

Erinnerung  betrifft  jmei  Srlebniffe.   Sie  gefjt  in  bem  einen  galle 

um  met)r  als  30  3afyre  jurücf,  in  bem  anberen  erfdjeint  fie  ginfe 

(I,  258)  atö  burd)  einen  ©djerj  beö  päpftlidjen.Äämmerer«  t>er» 

oorgerufen.    ffiaö  fonft  über  ben  9Serfet)r  beä  ^apfte«  mit  3)ä* 

monen  neuerbingä  jur  ©pradje  gekommen  ift,  beruht  auäfdjlie&lidj 

auf  ber   „l)iftortfd)en  Öegrünbung"    ber  ÄnMagcfdjrift   (?lrt.  9 

2)upui),  ©.  331—333,  ginfe  I,  257).     ©ie  mürbe   in  biefem 

gafle  unjmeifelljaft  bind)  bie  Sluöfagen  $eter  unb  Safob  Solonna* 

beleuchtet  »erben  tonnen,  menn  biefe  im  ftarbinateoerljör  Dom 

Spril  1311   mit   ber  ©prad)e   heraufgegangen   mären.     Sßeter 

Golonna  ftfifct  feine  Äenntni*  Don  ben  uigromantifdjen  Neigungen 

bed  $apfte$  auf  brei  genannte  SWänner,  bie  fid)  ibm  a(3  ©efret&re 

be*   Sßapfte*   für  bie    ©djmarjfunft   nannten    (Roller   ©.  63). 

3mci  berfelben  fommen  in  ber  fyftorifdjen  ©egrünbung  (3)uput) 

©.  331)  Dor.   3afob  Solonna  miü  SlemenS  V.,  fo  erflärt  er  in 

fdjrtftlidber  SluSfage,  münblid)  beridjten,  ma3  er  jur  ©elaftung 

bed   Derftorbenen  5ßapfte3   über  Anrufung   Don  Dämonen   unb 

fein  Xeufeldpn  im  SRing  fa^  unb  työrte  (§oef(er  ©.  82).    Stein 

3roeifel,  bie  „SBegrünbung"   ift  in  biefem  ©tücfe  ftarf  Don  ben 

GolonnaS  beeinflußt,  bie  jur  3?it  tyrer  Slbfaffung  Diefleidjt  nod) 

auf  eine  uneingefdjränfte  Siernebmung  hofften.   Dann  mürbe  auf 

fie  ba$  toieberfjoltc   Item  probabitur  ber  SBegrünbung  ge^en. 

6*  ift  nun  burdjauö  nidjt  Don  Dorntyerein  unmat)rfd)einlidj,  ba& 

©onifaj    fid)    in    ber    ©djmarjfunft   Derfudjt    tyat.     Unter  ben 

3Mäd)tigen  Dergangener  3al>rt)unberte  ift  baä  ©erlangen,  baä  Un* 

erfortd)Ud)e  mit  §ilfe  Don  ©eiftern  ober  au$  ben  ©ternen  ju 

»)  Bei  Renan  laufen  Berufungen  auf  ftnnagefdjriften,  d)ronifafifd)e 
Beriete,  Qeugenauöfagen  bunt  burdjeinanber. 


44  Itarl  Senrf,     • 

erfunben,  ftarf  verbreitet  ßetoefen,  aber  nod)  metyr  Ijerrfdjenb  toar 
ber,  toenn  audj  nod)  fo  unbegrfinbete,  ©laube  ber  öffentlichen 
SWeinung  an  übernatürliche  fträfte  ber  SKädjtigen  unb  an  83er« 
tet)r  berfelben  mit  bem  ©Öfen,  ginfe  If  258  f)at  fdjon  im  An* 
fdjlufj  an  bie  moberne  XeufelSfiteratur  barauf  tjingeroiefen,  bog 
„ber  ©laube  an  baä  öünbniS  eines  ?ßapfte$  mit  bem  Xeufel  in 
jenen  lagen  ftarf  Derbreitet  fear".1)  ©onadj  ift  bie  Semerfung 
SienanS  aber  bie  Untoereinbarfeit  beä  £eufef8ßlauben$  mit  ben 
fonftigen,  bem  ?ßapfte  fdjulbgegebenen  Slnfdjauungen  oljne  ©etoidjt, 
einmal,  toeit  biefer  ?ßunft  ber  Stnflage  nadj  ben  obigen  8lu3füt>* 
rungen  über  bie  ßeugniffe  auf  fätoadjen  gnfeen  rufyt,  aufjerbem 
aber,  lueil  öonifaj  fein  ^rofeffor  aöerroiftifdjer  ?ßf)ilofopf)te  nrnr 
unb  alfo  ftdj  in  feinen  SBorftetlungen  nic^t  ftrcnger  golgeridjtig» 
feit  ju  bejlei&igen  fjatte.  ©r  fonnte  red)t  too&f  lote  fo  mandjer 
anbere  in  ficfj  Unglaube  unb  Aberglaube  Bereinigen. 

SRenan,  ber  ©efdjidjtfdjreiber  be8  SloerroiSmuS,  l>at  natürlidj 
bie  Übereinftimmung  ber  Stnföauungen  be3  arabifdjen  $ßf)ilo* 
foppen  mit  ben  bem  $apft  fdjulbgegebenen  erfannt.  Safe  Sonifaj 
biefe  Änjdjauungen  toirflid)  ftd)  ju  eigen  gemalt  t>abe,  lag  it)m 
fdjon  beS&alb  ferner,  »eil  er  über  beu  bebeutenbften  Äopf  beö 
lateinifd)en  9foerrotemu$  unb  feine  ©djriftftefleret  nodj  völlig  im 
3>unfeln  tappte.  SRadj  feiner  Annahme  (8rt.  SRogaret  a.  a.  O.  ©.  1 81, 
tgl.  fein  ©udj  über  ben  aoerroiämuS  3.  Ä.,  ©.  297)  toären 
SSonifaj  a&erroiftifdje  Sbeen  von  ben  gebungenen  3eu9cn  unter* 
gehoben  toorben,  ebenfo  tvie  man  ffiaifer  griebridj  II.  etnft 
bergleidjen  fdjulb  gegeben  fyabe.  3n  ber  Xat  t>at  audj  Äaifer 
griebrid)  ftd^  mit  ben  Problemen  befdjüftigt,  bie  in  ben  «uSfagen 
ber  3e«gen  gegen  Sonifaj  eine-  fo  gro&e  Stolle  fpielen,  wie  toir 
nuS  feinem  Srieftoedjfel  mit  bem  arabifdjen  *ßf)ilofop§en  3bn 


')  3°f-  hänfen,  gaubertoa^n,  Snquifition  unb  $ejenproaefi  im  SRittet* 
«Iter,  1900,  ©.  251,  flmn.  2  meift  barauf  $in,  ba&  man  im  14.  3a$r$unbert 
in  Stalten  SoSbüdjer  na*  ©onifa*  Vin.  nannte.  Statf&djli*  $at  mit  bem 
Hvro  de  sorti  de  papa  Bonifacio,  ba$  Tormann  im  Slrdjib  für  ©tubium 
ber  neueren  ©prac&en  unb  fiiteraturen  93b.  100  (1898),  @.  77  f.  $erau*= 
gegeben  f)at,  „ein  $apft  ©ontfaj  nid)t  ba$  @eringfte  ju  fdjaffen".  SU* 
^Beitrag  $ur  populären  Meinung  fpäterer  3eit  über  ©onifaa  VIII.  ber* 
*eidjne  id>,  tote  ber  SWirnberger  WfolauS  Muffel  1452  in  feiner  „©efdjrei« 
bung  ber  ©tabt  Hom"  (fcrauSg.  ö.  SB.  Sogt  1876,  ©.  9)  ©omfaa  VIU. 
fagen  lägt:  Westen  die  leut  die  grossen  gnad  und  abläse,  der  zu 
«ant  Johanns  latron  ist,  sy  sunteten  noch  vilmer  .  .  . 


SBar  Bonifaj  VIII.  ein  Äe&er?  45 

©abin  toiffen.  Sc  f)at  fidj  tum  ifcm  Seleljrung  erbeten  u.  a. 
über  bie  3Jrage  Don  ber  ßroigfett  ber  SBelt,  Don  ber  Unfterblidj» 
feit  ber  ©eele.  ®a&  feine  ßweifel  an  ber  überlieferten  ftird)en« 
leljre  bann  nrirflidj  jo  toeit  gegangen  feien,  als  bie  leibenfdjaft* 
liefen  ©djriftftücfc  ber  römifdjen  ffurte  behaupteten,  ift  bei  ber 
perfönlidjen  ßurficffyaltung  be3  ÄaiferS  fjeute  tueber  befttmmt  ju 
Derneineu,  nod>  ju  bejahen,  obroot>l  bie  pftjdjologifdje  3Bat)r* 
fdjeinlidjfeit  nieftt  bagegen  fpridjt. !)  «6er  aud)  toenn  man  ©djulb 
ober  Unfdjulb  in  griebridjd  galle  augenfdjeinlid)  ertoeifen  fönnte, 
märe  toenig  für  bie  Sntfctyeibung  unferer  grage  gewonnen.  2luf 
ben  Dert>ältni3mäf$ig  geringen  2Bert  ber  USergleidjung  unfereS 
^ßrojeffcS  mit  anbeten  Äefcerprojeffen  Dom  Anfang  be8  14. 3at)r« 
l>unbert$  unb  späterer  Qdt  t)at  fjinfe  I,  237  „gegenüber  fo  be* 
ftimmten,  fo  inbiDibueüen  Sluäfagen,  bie  Don  oerfd)iebeneu  Sßer* 
fönen  unter  ßeitangabe  gemalt  toerben",  ben  ginger  gelegt. 
©er  bie  eben  Don  ginle  djarafterifierten  HuSfagen,  namentlich 
bc*  Ser^örd  Don  ©rofeau,  unbefangen  gelefen  Ijat,  j.  8.  über 
bie  «udlaffungen  fflenebift  ©a?tani$  Dom  3.  SRooember  1294, 
©irb  nid)t  glauben  mögen,  bafc  e$  fidj  ba  um  eingelernte,  Don 
Stogaret  unb  ©enoffen  zubereitete  ©äfce  aDerroifttfdjer  ^>ilo« 
fop^ie  Ijanbelte.  ®anj  unjtt>eifelf)aft  mürbe  ftd)  bie  fflnftlidje 
SRadje  in  2Biberfprfid)en  unb  ÄuSgleitungen  ber  3eu9en  offen» 
baren,  tofifpenb  unfere  3ufamm^nftenu"6  ber  toefentlidtften  ©äfce 
unb  tyre  SBergleittyung  mit  ber  aDerroiftifdjen  £ef)re  bie  ®e* 
fd)toffcnl>ett  ber  toiebergegebenen  Änfdjauung  gezeigt  Ijat.  Dafe 
fie  fid)  un*  fo  barftellen  fonnte,  toar  nur  möglich  burd)  ben 
grofeen  Derblüffenben  ©nbruef,  ben  fie  auf  bie  $örer  ^erDor* 
gebracht  $atte.  ©tariere  Abweichungen  ber  einjelnen  ÄuSfagen 
untereinanber  toürben  Don  einer  apologetischen  Äritif  gettufe 
jugunften  be«  fflefäulbigten  gebeutet  »erben. 

ginfe  (I,  245)  t)ält  es  nidjt  für  uffloaljrfdjeinlidj ,  ba& 
©onifaj  als  Starbinal  unb  Sßapft,  befonberS  aud)  im  ftffeft  jum 
disputieren  unb  Hnreijen,  religiös  auffällige  SBemetfungen  ge* 
ma$t  l>at,  bie  feine  Umgebung  ärgerten,  aber  er  möchte  jugleid) 
erhärten,  bog  tyr  SBortlaut  nidjt  feftjuftellen  fei,  ba  bie  gleiten 
Öefunbungen    jatjlreidjer   3eu0cn    meni8    ^ert    ^5tten-    Sinte 


»)  »euter,  ©efö.   ber  reiig.   «ufflärung  II,  297.     $ampc,   itaif« 
Sriebrid)  II.  in  &.  £.  83,  23  unb  39. 


46  tfarl  28encf, 

meint  (I,  243),  bafe  bie  toörttidje  Übereinfiimmung  ber  3eu9*n 
mit  ober  of)nc  Ginluirfung  SftogaretS  unb  ber  ©einigen  erhielt 
fei.  Slber  er  ft>rid)t  bod)  (I,  237),  toie  toir  faljen,  aud)  öon  „fo 
beftimmten,  fo  inbioibuellen  Mutagen,  bie  t>on  Derfdjiebenen 
Sßerfonen  unter  ßeitangabe  gemalt  werben",  unb  er  fragt 
{I,  243),  ob  bie  toörtlidje  Übereinfttmmung  t>iefleid)t  baburd)  ju 
erttären  fei,  bafe  Sonifaj  eine  Sammlung  Don  religiö&fjetero* 
bojen  ©d)tagtoorten  ftetö  im  STOunbe  geführt  t>abe.  S)amit  aber 
tft  er  ber  ©cflärung  für  ben  ©leidjflang  verriebener  ?lu$fagen, 
bie  und  burd)  bie  ©rfenntnte  feiner  Änfdjauung  ate  aöerroifttfdjer 
Se^rmeinung  nahegelegt  mirb,  fefjr  na^e  gefommen.  (Sntfpredjen 
jene  „religiös  auffälligen  SBemerfungen"  pl)ftofopf)ifdjen  2et>r* 
fäfcen,  bie,  in  beftimmte  Formeln  gepre&t,  at8  gangbare  TOunje 
t)on  §anb  ju  §anb  gingen,  fo  barf  ein  ©leidjflang  ber  ?lu& 
fagen,  aud)  toenn  er  Diel  grS&er  toäre,  als  er  bei  forgfältigfter 
Prüfung  ftdj  mir  barfteflt1),  nid)t  at$  ein  §inberm8  gelten,  an 
finc  jutoerläffige  SBiebergabe  ju  glauben,  ganj  abgefetjen  baoon, 

l)  ftinfe  I,  243,  %nm.  1  t>ertoeift  betfpteWmcife  auf  bie  3eugen  16 
unb  21  beö  italienijcben  SkrljörS  (3)upun  538,  ni*t  558,  unb  542).  2)en 
Don  5mfe  mtebergegebenen  äu&erungcn  biefer  Saugen,  betreffenb  bie 
<Swigfeit  ber  Seit,  fteOe  tdj  gegenüber  bie  ganj  anberen  Formulierungen 
bedfelben  SafceÄ,  meiere  bie  3<ugen  1  unb  3  (biefer  bat  zweierlei),  12  unb 
13  ($)upuü  6.  545.  550,  568  unb  571)  bieten.  $a$  Unwetter  ber  Don  ftinfe 
^erauftgebobenen  Beugen,  angeficbtS  beffen  mit  nodj  ^eute  üblicher  SSenbung 
bem  $apfte  gegenüber  baS  S3ort  Dom  brobenben  Weltuntergang  fällt,  ift 
bcibemal,  wie  <Jinfe  im  2ejt  ja  aud)  bemerft,  ein  ganj  oerfdjiebeneS. 
3euge  16  (S.  538)  berichtet  oon  ber  Stufjerung  eine«  päpjtlidjen  fiämmcrer« 
gelegentlich  beö  betonnten  $iftorifd)en  (5t b beben«  ju  Sfrieti  am  30.  92ot>ember 
12U8  unb  folgenben  Sagen  (beionbere  oon  ibm  erjagte  Umftänbe,  bag  ber 
$apft  aum  ^ominifanevfonuent  flüdnete  unb  ba$  er  fidj  in  einem  £elt 
auffielt,  werben  Don  unmittelbar  glei^eitigen,  äuoerläfftgcn  Duetten  be- 
ftatigt,  f.  Archivio  Veneto  33  (18S7),  p.  431  unb  ^ottbaft.  Reg.  pontiff. 
24752,  3cu9*  -*•  crjfiblt  öon  einem  gewöhn  liefen  Donnerwetter  unb 
Stegen,  wegen  beffen  er  im  Tejembcr  1292  *u  Perugia  mit  ben  Sorten 
„$ie  5^e!t  gebt  unter"  einen  pfipftlid)cn  Huf  trag  auojuuibren  abfdjlug. 
33arum  foll  niebt  ber  Äarbinal  bjw.  $apft,  ber  feiner  Statur  nad)  immer 
$um  $Mberfprud)  geneigt  war,  jenem  Äämmerer  unb  Meiern  gletfaVr  mit 
llberlegenbeit  öerfiebert  b^ben,  bog  bie  Seit  überbauet  nidit  untergehe, 
warum  feilen  fid)  niebt  biefe  übenafaen  ben  fcuStafiungen  beö  fiarbinalft 
b\w.  Zapfte*,  ber  auf  weitere*  erftaunte«  fragen  aud)  bie  fcuferfteljung 
ber  loten  oerneintc,  tief  im  (fcbäMmu*  ber  3cuftc"  eingeprägt  baben, 
•«benfo  wie  jene  anberweitig  beglaubigten  ^icbenumftänbe  ouö  ben  Sagen 
be*  (Jrbbeben«  öon  Äicti? 


»ar  S3ü«ifaj  VIII.  ein  itefeer?  47 

bag  bann  ber  SBorttaut  Derf)51tni8mä&ig  gleichgültig  ifi,  toetl  über 
bat  ©inn  fein  3weifel  befielen  fann. 

S)amit  bflrfte  bic  eine  auä  ber  ©teidjförmigfeit  ber  3eu9«iffe 
gefolgerte  Abfd)toäd)ung,  meiere  ginfe  on  feinen  ^ugeftanbniffen 
mad)t,  erlebigt  fein,  bie  anbere  ift  Don  oornf)erein  nicf)t  frei  t>on 
ber  ©djioüdje,  meiere  ber  Argumentation  ex  silentio  ftctö  an» 
haftet,  „©o  tirie  bie  St\\$tn  erjagten/  fagt  gtnfe  I,  245, 
tjätten  jene  religiö$*auffaHigen  ©emerfungen  JBonifaj'  „befonber« 
*u£  ben  Zagen  fetneä  ^ßapfttum«,  angeblich  getan  gegenüber 
feierlichen  ©efanbtfäaftcn,  unjtoetfet^aft  nid)t  geflungen,  ba$  toflre 
audj  unter  einem  öonifaj  ben  geinben  efjer  ju  Dt)ren  gefommen 
unb  Don  it)nen  auSgenufct  toorben."  SRan  toirb  ftaunen!  ©inb 
benn  nid)t  fdjon  fefjr  früf),  1295,  nodj  met>r  feit  1297,  auä  ber 
Umgebung  be$  ^JapftcS  bis  an  ben  franjöfifdjcn  $of  Don  ben 
geinben  bcS  ^apftc«  aüe  bie  Don  und  befprodjenen  Srreltgioft* 
täten  oerfünbet  toorben?  ginfe  tyat  e*  anerfannt,  mir  Gaben  cd 
oben  auf  ©runb  beä  oon  Jpbfler  herausgegebenen  ®ert)ör$  be- 
tätigt! Siegt  e3  fo  fern,  einen  3ulammen^Qn9  itoifc^en  biefen 
Anfcf)ulbigungen  bei  Äönig  ^ßt)iüpp  unb  bem  öffentlichen  §inauS* 
rufen  oon  Srreligiofitäten  bei  Änläffen  Derfdjiebcnfier  Art  anju« 
nehmen?  9iur  feinen  Vertrauten  gegenüber  getane  Äu&crungen 
mürben  faum  oon  3roifdjenträgem  nad)  $arid  gemelbet  toorben  fein. 

2)a$  SBunberbare  märe  bann  nur,  bafc  ber  ®cgenfd)lag 
öriber  ba$  Derroegene  treiben  be3  $apfte£,  bie  93erbidjtung  be$ 
vielfältig  empfunbenen  UmoitlenS  jur  Anfinge  auf  Äefccrei,  erft 
fo  fpät  hervorgetreten  ift.  Aber  an  bem  SSillen,  bie  Anflöge  ju 
ergeben,  tyat  cd,  wenn  mir  mehreren  Aufjagen  bc«  ftarbinalS« 
oerfjörö  glauben  bürfen,  bei  fo  manchen  fdjon  früher  nid)t  gc» 
fe^lt.  Sßeter  Solonna  namentlich  crjafjlt  Don  SJemüljungen 
Äöntg  Äarl*  II.  Don  Neapel  bei  Göteftin  V.  im  #crbft  1294, 
toonad)  ©enebift  ©aetani  oor  ein  Sfcfcergeridjt  geftellt  unb  beö 
ftarbinalSfyutcä  beraubt  toerben  foflte,  biefe  (Bemühungen  feien 
•gefdpitert,  weil  bie  Eolonnaä  f old>e$  \Borgef>en  mtberraten  Ratten, 
ba  bie  Ste^erei  fflenebift  ©aiftante  biellcidjt  nid)t  ooOfommen  er* 
uriefen  fei.  3U  ®f)wn  bcr  ftfrdK  unt>  &e*  flatbinalä  folle  man 
babon  abfteben  (fcöfler  ©.  60  unb  70,  »gl.  ginfe  I,  50). 
ferner  erjagt  berfelbe  Äarbinal  oon  §örenfagen  ($öflcr  ©.  61), 
baß  ein  Snquifitor  ber  Ütomagna,  fieonarb  oon  $iooli,  bereite 
allerlei  Auflagen   oon  ffcjjern  gegen  ©enebift  ©aetani,  infolge 


48  ftatf  SBencf, 

beten  er  ber  fieberet  t>erbäd)tig  eiferten,  gebammelt  t>abe,  aber 
bann  fei  bie  Untersuchung  auf  Sefef)!  bed  Äarbinatä  ÜWatteo 
Drftnt  unb  SRatteo  bi  Hquafparta  niebergefd)lagen  Sorben,  jener 
Snquifitor1)  aber  fei  nadjtyer  Don  Sßapft  ©onifaj  gefangen  gefegt 
toorben,  fo  fage  man,  unb  bis  an  ben  $ob  be$  SßapfteS  gefangen 
gehalten  toorben  (§öffer  ©.  62). 

©eit  öenebtft  ©aetani  Sßapft  getoorben,  ober  bod)  fefjr  balb 
nadfter  ergingen  ©efudje  fo  mancher  ffiarbtnäle  an  Äöuig 
Sßf)ilipp,  jum  beften  ber  Äirdje  roiber  it)n  einjufdjreiten.  2)atoon 
ttmrbe  im  erften  £eil  biefer  ?Ibtjanblung  auf  ©runb  be$  ÄarbinalS* 
fcerl)örS  berietet  68  toaren  aber  bie  jenigen,  roeldje  mit  bent 
franjöftfdjen  Äönige  in  geheimes  Sinoerftänbnte  toiber  ben  Sßapft 
traten,  burdj)  bad  Ijarte  ©djidfal  ©ölefttnS  V.,  ber  Solonnaö  unb 
berer,  meiere  in  intern  ©ienfte  pfipftlid)en  §fifd)ern  in  bie  $&nbe 
fielen  unb  mit  ©efängnte  unb  Zo\>  bü&en  mußten  (§öf ler  ©.  56  f., 
58  f.),  getoarnt,  fid&  nid)t  ju  tneit  oor  jutoagen.  211$  im  grü^jo^r 
1303  enblidj  Sßt)ilipp  ber  Schöne  gegen  ben  ^Sapft  oorging, 
unternahm  e3  SBilljelm  oon  Sttogaret,  unjtt>eifelf>aft  nad)  ?ßf)iftpp& 
SBunfdj  unb  SBiffen,  ftdj  üor  allem  ber  Sßerfon  be8  SßapfteS  ju 
bemächtigen,  bamit  ber  ©etoaltige  nid)t  bie  (Einleitung  be£  ?ßto* 
jeffeS  unb  bie  ©erufung  be$  unter  ben  2lufpijien  be$  franjöfifdjert 
ÄönigS  abjuljaltenben  Äonjitö  tjinbere  (§ol&mann,ffiili^ü.!Rogaret 
©.  47  unb  53). 

3m  Stüdblicf  auf  biefe  $atfadjen  totrb  man  gemifc  ntdjt 
fagen  bürfen,  bag  Sonifaj  früher  ben  £of>n  feiner  SRudjlofigfeit 
erfahren  §aben  würbe,  toenn  fie  nidjt  nur  auf  ber  böswilligen 
(Srfinbung  feiner  getnbe  im  Sfe&erprojefj  beruht  l)ätte.  Stjn 
idjüfcte  feine  ©eroalt  Ijerrfdjaft,  bie  jebe  Auflehnung  unter  bie 
güfee  trat,  i^n  fdjüfcte  bie  ©leidjgültigfeit  unb  ntd)t  am  toenigfien 
bie  (Siferfudjt  ber  toeltlidjen  SWädjte.  gur  einen  Sßapft  oon  ber 
2lrt  biefe«  ©aetani  toar  e3  ein  roaljre«  SBort,  ba$  in  ber 
„tjifiorifdjen  Segrünbung"  ber  3Inffagefdjrift  bem  Sßapfte  nad)» 
gefagt  toirb:  SBenn  jttufdjen  ben  Königen  unb  gürften  ber  SBclt 
nidjt  3ro^etrac^t  *f*#  ^ann  ^ann  ber  tömifdjc  ?ßapft  nidjt  Sßapft 
fein.    Stber  toenn  jioifdjen  tynen  3^^trac^t  iftf  bann  ift  er  Sßapft, 


*)  SBonifQj  gebenft  feiner  als  etne§  früheren  QnquifitorS  in  ber 
SRomagna  unter  bem  3.  Sflat  1298  (Regietres  no.  2740),  otyne  baß  für  bie 
Angaben  Sßeter  (Sotonnag  barauS  irgenb  welche  ©djlüfje  ju  fliegen  ftnb. 


SBar  ©onifai  VIII.  ein  Äe&ev?  49 

uitb  ein  jeber  fürchtet  if>n  aus  gurdjt  t)or  bem  anbeten,  unb  er 
felbft  betjerrfdjt  fie  unb  madjt,   toaS  er  miß  (Duput)  ©.  335). 2) 

Aber  aud)  menn  JBonifaj  burrf)  bie  fdjrofffte  Auägeftaltung 
be$  päpftlidjen  AbfolutiömuS  toör  einer  Anfechtung  feiner  9ied)t» 
glfiubigteit  bie  meifte  3ett  fltf$ü$t  mx>  ^t  ba3  öffentliche 
$inau£rufen  Don  Srreligiofitätcn,  ba8  iljm  bie  3eu9en  nactjfagen, 
nod)  Auffällige*  genug,  unb  mir  muffen  und  bamit  abfinben. 
Da  möchte  id)  nun  Don  bem  neuen  ©tanbpunft  aus,  ben  irfj 
burdj  bie  ffiergleidjung  ber  atoerroiftifdjen  Setjre  unb  ?ßrajiä  mit 
bem  Snljalt  ber  3eugenau$fagen  gewonnen  tjabe,  geltenb  machen: 
Die  faft  marftfd)reierifd)e  Art  ber  SJerfünbigung  aufflärerifd)er 
©äfce  ift  ein  ben  Aufflärern  be8  14.  SafjrtjunbertS ,  tote  beucit 
anberer  3eiten,  gemeinfamer  3U9>  ®a*  ^^  un*  flut  &or  Augen 
geführt  burd)  ^Mitteilungen  SßctrarfaS  in  einem  um  1366  an 
SBocaecio  gerichteten  ©rief  (Epistolae  seniles  V,  3.  Lettere 
aenili  volgar.  da  G.  Fracassetti  I,  280  ss.):  nadjbem  Sßetrarfa 
in  ftarfen  Auälaffungen  jene  neuen  Geologen  gefdjitbert  f)at, 
toelctye  bie  ftircftentoäter  ÄmbrofiuS,  Auguftin,  £ieronl>mu3  a(3 
©d)U>&fcer  binjufteQen  belieben,  berietet  er  braftifdj  bem  Sreunbe 
t>on  einem  SBefucfje,  ben  er  jüngft  in  feiner  ©ibliot&ef  ju  Sßenebig 
empfing.  Der  aufbringlic^e  ÜWenfd),  ber  iljn  beläftigte,  begehrte 
nid>t*  (geringeres,  als  in  ber  ©d)äfcung  Sßctrarfaä  Äoerrocä  an 
bie  Stelle  ber  „©djtoäfcer"  ?ßaulu3  unb  Auguftin  ju  fe&en,  unb 
biefe  SßorfteQungen  machte  er  ganj  unbefümmert  um  ba3  fefte 
©cfenntntä  ju  Sljrifto,  ba«  Sßetrarfa  tym  oon  Anfang  an  ent* 
gegengefteDt  ()atte.  Sßetrarfa  nennt  itjn  einen  jener  mobernen 
^t)ilo(op^en,  bie  nid)t  mit  fid)  jufrieben  finb,  toenn  fie  nid)t 
irgenb  einen  ©d)impf  gegen  (S^rtftuö  unb  feine  t)immlifd)e  Setjre 
aulgefto&en  t)aben.  Sr  t)at  gegen  ben  tyartnädigen  SHenföen  fein 
§au*red)t  gebraust. 

3d)  benfe  nidjt  baran,  bafc  Sonifaj  VIII.  in  äf)ntid>er 
SBetfe  Sßropaganba  für  aoerroiftifcf)e  ©ebanfen  gemacht  t)abe. 
Aber  toenn  er  burd)  Anfprad)en,  burdj  ben  (Sang  einer  ©r* 
drterung  gemiffermafjen  gelungen  festen,  eine  SJeftatigung  c^rtft* 


l)  34  fteUe  jum  Sergleid),  roa*  ein  cragonifdjer  93erid)terftattcr  im 

Unfdjluf}  au   ^Mitteilung   Don  Jriebcnöbeftrebungen   &nnfdjcn   ben  (Mrofc« 

mäd)ten  im  5rü$jaf)r  1302  Don  9t  om  nad)  §auje  fdjretbt:   Fama  e»t  ia 

curia,  quod  laici  volunt  pacem  et  clerici  repellunt  eandem.   JJinfe  II,  56. 

WoTtMc  3citf«rift  (»b.  94)  H.  &.  LVU1.  4 


50  Äarl  SSentf, 

tiefer  ©lauben3feat)rl)eiten  auSjuf prerfjen ,  fo  fdjeute  er,  motten 
aud)  nod)  fo  melc  ärgernd  an  itjm  nehmen,  nidjt  batoor  jurfief, 
bie  innerfte  Überzeugung  ju  befunben,  bie  fid)  if)m  au£  fdjeinbar 
unanfechtbaren  ©d)lüffcn  unb  ©djlufjfolgcrungen  at£  (ogifd) 
richtig  unb  untoiberleglidj  ergeben  t)atte.  2Han  felje  nur  in  ben 
3eugni3auSfagen,  meiere  Änläffe  ju  ben  §lu$fprüd)en  bcS  Sßapfte* 
und  erjagt  toerben.1)  {Regetmä&ig  gelten  JBefunbungen  frommen 
©laubenä  tooran,  efyrlid)  gemeint  ober  aud)  afe  Verfügungen,  — 
itjnen  fteDt  ber  ^ßapfi  feine  negierenbe  Änfd)auung  entgegen. 
3)ie  pfodjologifäe  3Baf)rfd)einlid)feit  be3  SSorgangS  unterliegt  für 
benjenigen,  ber  Sfjarafter  unb  Temperament  biefeS  SßapfteS  aud 
unbefangenen  Duetten  fennt,  feinem  3fecifel.  ®anj  toortrefftid) 
djarafterifiert  it)n  eine  englifdje  Sßapfic^ronif  v  feol)l  baS  SBerf 
eine*  gran jiäfanerS :  „@r  mar  t)öd)ft  berebt  unb  feljr  gelehrt 
im  römifd)en  unb  lanonifdjen  3ied)t,  fein  ©tot}  aber  fear  e£,  fo 
fagt  man,  bie  2Renfd)en  burd)  feine  SBorte  au&er  gaffung  ju 
bringen"  (Mon.  Germ.  SS.  30a,  715).  §.  SReuter  (®efd).  ber 
religiöf.  Hufftörung  II,  287)  fyat  einmal  mit  ©ejug  auf  Äaifer 
gricbrtd)  II.  gefagt,  „bie  Äufgeöärten  befinben  fid)  nidjt  immer 
in  ber  Sage,  aud)  als  ?Infflärer  mirfen  ju  fönnen,  felbft  feenn 
fie  ba£  SBebürfni*  fügten".  griebrid)  II.  mufcte  fid)  oor  bem 
$apfie  ()fiten,  ©onifaj  VIII.  aber  fear  felbft  $apft,  fear  „gfetd)fam 
©Ott"2),  er  fear  „ber  geiftlidje  SRenfd).  ber  afleS  richtet  unb 
oon  niemanbem  gerietet  feirb." 3)  ©er  feottte  if>n  jur  SRedjenfd)aft 
jietjen  ? 

l)  3*  oerroeife  befonber«  auf  Me  Don  ©rupfen  Don  geugen  erjagten 
«orfälle,  bgl.  oben  ®.  7  f.  SBenn  »onifaj  bem  ©ertöte  be8  $arifer  »rjtc» 
gegenüber  feine  guftiinmung  gu  ben  Sßarifer  Meinungen  betunbet,  fo  ift 
fein  3Biberfprud)Ageift  in  biefem  gafle  tnefleidjt  burd)  ba£  Staunen  ber 
gu^öret  beftiebigt  toorben. 

*)  Aegidius  Romanus,  de  renuntiatione  papae  (1297  oerfafjt)  c.  3 
(Roccaberti,  bibliotheca  pontificia  II,  4) :  papa  qaodammodo  Dens  est 
id  est  Dei  vicarius.  Sgl.  3.  Range,  3)a*  toatifanifdje  $ognta  in,  105. 
s)  6o  (abreibt,  mo$l  1301,  berfelbe  Hcgibiu«  Don  ffiom  in  ber  ©ä)rift 
de  ecclesiastica  potestate  c.  2  nad)  1.  £orintlj.  2,  15,  unb  fo  befretierte 
1Bonifa&  in  ber  eigenfyftnbig  oon  ifjm  verfaßten  $uQe  Unam  sanetam  oon 
1302.  »gl.  Hi$.  84ola,  ^ubUjiftif  6.  47  unb  6.  126.  «nm.  211.  ©e^r 
toerftfinbig  opponiert  gegen  biefe  Auslegung  ber  Stelle  be*  Jforint$erbrief8 
IPüM  (Snbe  1302  Sodann  Don  $ari*  in  ber  Sd)rift  de  potestate  regia 
et  papali  c.  18,  Argumentation  22  bei  ©olbaft,  Monarch ia  II,  132.  (Sgl. 
audj  JJinfe  I,  186  f.) 


SBar  Bonifaj  Vm.  ein  ße&er?  61 

Xrofe  allem,  toa*  toax  baS  für  ein  ÜRenfdj,  ber  im  ©rnft 
tiefe  Stellung  für  fid)  in  Slnfprud)  nafyn?  darauf  tyben  nur 
im  legten  Xeile  biefer  Äbtjanblunfl  bie  »nttoort  ju  geben. 

3.  <ßie  ?ßerf5ntidjfcit  be*  ?ßapfte«  Sonifaj  VIII. 

SBenn  jemanb  gefragt  (jättc,  ben  ftoljen  ©aetani  ü6er  fein 
1Berf)&Itnid  jur  ftirdje  ju  befragen,  fo  §fitte  feine  Antwort  feiner 
Sluffaffung  met)r  entsprochen  a($  ba$  oermeffene  Sßort:  „5)ie 
SHxdft  bin  i$." 

©a8  subesse  Romano  pontifici  ftanb  if)m  im  SBorber* 
flrunbe  allen  Eljriftentutn«.  ©a«  toax  nur  möglid),  menn  ber 
$apft  einmal  eine  burd)au3  juriftifcf)  benfenbe  Statur  mar,  unb 
jum  anbern,  menn  er  ein  Sgoift  im  oertoegenften  Sinne  be8 
Sorte*  fear.    Unb  beibe«  mar  er  in  ber  Xat. 

gür  bie  t)0^en  ©genfefjaften,  bie  ©onifaj  als  3urift  ent« 
faltete,  ffiljre  tdj  ba3  ent^uftaftifdje  3cu8ni*  cine^  flleidjjeitißen 
gadjmann«  an,  ba$  um  fo  fernerer  in«  ©emidjt  fällt,  als  e«  an 
bie  Äbreffe  SßljilippS  beä  Schönen  gerietet  ift.  So  nimmt  einen 
(»retten  $!at>  ein  in  ber  SBibmung  eine«  $anbbud)8  ber  9tyetorif 
<in  biefen  Slönig.1)    SaurenttuS  oon  Äqutleja,  ein  und  no$  toenig 

»)  iRooati,  Linflusso  del  penmero  Italiano  sopra  la  civilta  italiana 
<lel  medio  evo  Milano  1897  (2.  i>ertne$rte  Hufi.  1898)  teilte  6.  175  bie 
33ibmung  DoOftönbig  mit.  S.  2>elidle  gab  fte  auf$  neue  toteber  im  Journal 
des  Savaiita  1898  p.  745-6.  $e(i*le  bemertte  richtig,  ba&  bie  SBibraung 
na*  ber  «eröffenttidjung  be*  Liber  sextus  oora  3.  Hlärg  1298,  auf  welchen 
ft4  bat  oben  angeführte  ßob  be$ie$t,  oerfafet  fein  muffe.  fBeiter  Kitt  He 
$eli6le  oor  (Erlafj  ber  Sülle  Ausculta  fili,  bie  er  ©erfe^entlid)  Dom 
5.  Dezember  1802  ftatt  DOm  5.  3)ejember  1301  batiert,  fejen,  ba  bei  ber 
»eiteren  $erfd)ftrfung  be*  gimefpatteS  jroifdjen  $apft  unb  Äönig  bie  fiobeS» 
errungen  be*  $apfte*  unmöglid)  fo  Ijfitten  an  bie  Äbreffe  be«  &9ntgt  ge* 
rietet  »erben  tonnen.  Kucf)  aroifdjen  1298  unb  1301  finb  fte  auffällig, 
•aber  et  ift  bo$  ganj  au&gefd)(offen,  an  bie  geit  nad)  ber  Qefangennefynung 
be*  Bontfoj  (cujus  perite  manus  negotia .  . .  ecclesie  ...  ad  statu m 
laudabilem  perduzerunt)  unb  an  Äöntg  $$ilipp  V.  flu  benfen  (Siegen 
<htbe  ift  ber  Xcjt  beiben  Herausgebern  gegenüber  ju  beffern.  (£3  toirb 
im  ttnfdjhtft  an  bie  jule^t  angeführten  Starte  Reiften  muffen:  ita  quod 
fnictus  suorum  operum  de  generatione  in  generationem  super  sec  ula 
«xtonduntur  (fo  fuperlatioifd)  urteilt  Saurentiud!)  ftatt  super  lilia. 
Sfooati  berfprod}  toeiteieS  über  ben  $crfafjer,  beffen  SBerfe  in  bieten  ftanb» 
fa)riften  überliefert  finb,  &u  geben.  Sgl.  über  i(n  auef)  JRocftngfr,  Über 
9orme(bfia>er  vom  13.  bi£  16.  ^a^r^unbert  (1855)  ©.  59  f.  unb  181  unb 
dtteflen  jur  bai)er.  unb  beutfet)  (^efetj  9  (1864),  951—5. 


52  Sari  Säend, 

bekannter,  a6er  cinft  biet  flelefener  Autor,  f>at  biefc«  ©utf)  in 
SßariS  jur  3«t  ©onifaj'  VIII.  öerfafet  unb  unter  bcm  SBcifaH  bcr 
9){agtftcr  unb  ©djolaren  vorgetragen.  Gr  fagt,  „tote  ©olt  Don 
bem  Ürftoff  bie  ©lemente  trennte  unb  jum  fiidjte  führte,  fo  Harte 
tiefet  Sßapft  bie  oenoirrten  SBeftanbteite  ber  ÄanoneS  jur  ®r* 
leudjtung  ber  Sernenben  unb  jum  SRut)m  be$  fanonifd)en  unt> 
bürgerlichen  9ied)te8\ 

SBenn  und  jur  Sßürbigung  bicfeS  Urteile  bie  fienntnte  ber 
*ßerfönlid)feit  beä  Urteilenben  abgebt,  fo  finb  toir  günfttger  ge* 
fteOt  bei  ben  tocrtooQen  ^Beiträgen  jur  Sf)arafteriftif  beS  Sßapfteä, 
bie  einer  ber  eigenartigen  fiöpfe  feiner  Umgebung,  ber  tljeologi* 
fierenbe  Ärjt  Ärnalb  öon  SBiflanooa,  uns  gegeben  t)at.  ®r  feiert 
feine  3Serftanb8fd)ärfe  in  lebhaften  SBorten.  „3ebermann  oer* 
lunbigte  eä,  ba&  fein  SScrftanb  ben  ©djarfblicf  beS  ÄblerS  befifce, 
ba&  feine  ftenntniS  ber  SBiffenfdjaftcn  t)eröorragenb  fei.-1) 

©raud)e  idj  auSjufüfyren,  bog  bcm  auSgcjeidjneten  Äanonifien 
auf  ?ßetri  ©tuljle  baä  ganje  Äirdjenredjt  ftd)  jufpi^te  jur  geft- 
fefcung  ber  päpftlic^en  3RadjtDotIfommenl)eit ,  bafe  er  t)öd)fter 
Stifter  in  geiftlid&en  unb  toeltlidjen  fingen  ju  fein  beanfprudjte 
—  er  brauchte  nur  aufzunehmen,  toaä  bie  Ifyeoretifer  immer 
fdjranfenlofer  entroicfelt  Ratten,  id)  toiH  t)ier  nur  baran  erinnern, 
tote  biejenigen,  meiere  feine  ©unft  begehrten,  it)m  gern  feine  gott* 
ähnliche  Stellung  oortyelten:  am  merfroürbigften  ift  bie  $)ent* 
förift  beS  flanbrtfdjen  ©cfanbten  oom  29.  ©ejember  1299,  bie  feine 
f)öd)fte  unb  ooOftc  9Had)t  in  längeren  Ausführungen  an  ben 
$apft  begrünbete  unb  in  einer  $rcbigt  beä  bem  ©rafen  Don 
glanbern  burdj  3at)rrente  öerbunbenen  Äarbinatö  äRatteo  b'3lqua* 
fparta  toom  6.  Sanuav  1300  oor  Sßapft  unb  ftarbinälen  iljren 
lauten  SBibertjaü  fanb.2)    Hrnalb  oon  S$tlIanot>a,  bem  ber  $apft 

l)  $icfe  Äufjerung,  in  einem  Schreiben  Dom  2.  Sunt  1304  an  $apft 
Jöenebift  XI.  Oinfe  11,  178)  nrirb  Don  &infc  I,  291  n>o$(  mit  »eety  auf 
bie  erften  ^outififatSjaljre  SBonifaft'  belogen. 

*)  ttcrüün  be  Üetten^oöe,  Etudes  sar  l'histoire  da  13"*  eiecle 
M^moires  de  l'Acad^mie  royale  de  Belgique  t.  28  (1859  p.  75  88.  u.  79, 
f.  aud)  Suncf -^Brentano,  Philippe  le  Bei  eu  Flandre  v Paris  1897)  p.  328.  SRan 
öerglcidjc  bamit  bie  ätmlidjen  ÄuSlaffungen  ber  Sityne  be«  trafen  ©uibo 
Dom  Sunt  1298  bei  Äertnjn  be  fiettenfcobe  3.  43,  Juncf «Brentano  6.  288 
unb  bie  ebenfo  geftimmte  JNebe  bcSiclben  Äarbinals  im  Äonfiftorium  am 
24.  3uni  1302  bei  $ujwt)  6.  73  ff.  vba*  ratum  nadj  Scnifle,  Chart.  Univ. 
Paris.  11,  no.  627).    $n  biefer  9fcbe  fiubet  fid)  aueb  eine  intereffante  flute 


SBar  23onifaj  VIII.  ein  fiefcer?  53 

<mfang3  biefetbe  §ärte  gezeigt  fjatte  (ginfe  II,  161),  fi&er  bic  fo 
aiete  Nagten,  ttmfete  aud)  auf  btefer  ©atte  &u  fpielen,  inbem  erJBonifaj 
„G&riftu«  auf  erben"  unb  gleidtfam  „®ott  ber  ©dtter"  betitelte 
<3tnfe  II,  157). 

Der  äRann,  ber  foldje  abgöttifdje  §ulbigungen  ju  öftren 
liebte,  fdjfiftte  bie  STOenfdjen  in  unt>ert)ot)lcnfter  SBcife  banad)  ein, 
tote  fic  fid)  ifyn  nü$üdj  eraiefen  Ratten.  Ärnalb  Don  SBiHanooa, 
ber  i^m  mit  feiner  ärjtlicfjen  Jhinft  SRitbcrung  feine*  ©teinfetben* 
fc^affte,  l>at  bie$  reid)lid>  erfahren.  SBonifaj  pries  tyn  jefet  t>or 
Äarbinälen  a(d  ben  größten  ©eletyrten  ber  SBelt,  Dor  König  ffarl 
oon  Neapel  af£  ben  einzigen  Äatafanen,  ber  ettoaä  ©uteä  doH« 
bringe  (ginfe  II,  30  unb  36,  togt.  53).  «u8  berfelben  ©efln. 
ttung  ging  eS  fjerttor,  toenn  ber  Sßapft  im  Äuguft  1300  nidjt 
mübe  tourbe,  ben  engtifdjen  ©efanbten  tyren  Äftnig,  ber  if)n  als 
Uiotar,  aU  Äarbinal,  als  Sßapft  t)od)  geehrt  l)abc,  in  immer  neuen 
SBenbungen  als  ben  beften  gürften  ber  SBelt  ju  preifen.  S)rci* 
Jinbbrei&ig  Safjre  früher  ju  Sonbon  tjatte  Sßrinj  ©buarb  audj 
tf)n  aud  ber  §anb  cnglijdjer  SR  e  bellen,  bie  ben  fiegaten  unb  fein 
befolge  umlagerten,  befreit  (Engl,  hist  rev.  t.  17,  1902,  p.  522 
unb  oben  ©.  34). 

5)ie  Äe&rfeite  biefer  toieQeidjt  fogar  liebenSioürbig  erfdjeinenben 
Danfbarteit  war  ein  grimmiger  §a|  gegen  bie  SBiberfad)er.  ©r 
urirb  und  um  fo  öerftänblidjer  Kerben,  frenn  toir  juuor  bie  rein 
4*rf5n(id)en  QitU  feines  SBirfenS  betrauten. 

SBieber  bflrfen  mir  Srnalb  oon  S3iflanot>a  anrufen,  ber  eine 
innere  {Reform  ber  Stirere  t)eifc  erfefcnte,  ber  bei  SBonifaj  bie 
gfifjigfett,  aber  nidjt  ben  SBiOen  fanb,  fie  ju  unternehmen,  Diel« 
meQr  mit  ber  ©idjer&eit  beä  toaljrfjaft  Hugen  unb  tocitfidjtigen 
Wanne«  bie  natjenbe  Äataftropfje  biefeS  SßontififatS  oorauSfat) 
<Jmfe  I,  215,  224,   II,  32  f.,  56,   162).      «rnatb   Ijat   bem 


laffung  über  bat  ©erfjfiltnt«  Don  ?apft  unb  Äarbinfilen.  $er  ffiebner 
tetont  fefearf,  bog  ftroifdjen  bem  $apft  qai  est  caput  noBtrum  unb  ben 
JtorbinÄlcn  nulla  est  dissensio,  nulla  diversitaa,  nnlla  divisio,  eed  est 
inter  nos  omnis  concordia,  omnis  pax,  omnifi  nniformitas,  qaia 
«juicqaid  vnlt  dominus  noeter  nos  volumus,  et  quiequid  nos  volamus 
•ui  gratia  vnlt  et  ipse  (Dapay  p.  74  s.).  SBie  eS  mit  biefer  (Eintragt 
in  SBafjrtyeit  fianb,  weife  jeber  funbiße,  befonber«  nad)  ginfe*  ©eröffent» 
Übungen.  Über  Äarbinal  SWatteo  b'Äquafparta«  bebenfiidje  $erfönlid)feit 
tgL  Dante,  $arab.  12,  124  unb  3.  X.  ßrau«,  Dante  ©.  47,  frinfe  I,  % 
«nb  87. 


54  Aar!  38encf, 

frommen  Stadjf  olger  be$  Sonifaj  gellagt,  ba&  biefer  „gemannt, 
ben  glecfen  Don  bem  Äntlifc  ber  Sraut  S^rifti  ju  ftreifen  ftdj 
bcr  Sorge  entfdjlug,  it)r  jerfleifd)te$  @efid)t  ju  feilen,  öielme^r 
bie  granfen  be3  ©etoanbeS  ju  näljen  begehrte,  obtoot)l  er  bod> 
ttm&te,  bafe  Gljrifti  ©adje  bor  allem  fei  ba3  $eil  ber  ©eelen  unb 
bie  Heiligung  feinet  SBolfeS,  nid)t  a6er  bie  3Badjt  unb  ber  SRutpn 
biefer  ffielt"  (ginfe  II,  190,  togl.  ginfeS  ©djlu&mort  I,  296). 
©id)  auf  feine  Sßeife  ein  ruljmoolleS  »nbenfen  ju  fdjaffen,  fei 
fein  ©egefjren  geroefen.  Sin  Dlirenjeuge  t)at  e8  Swalb  tmeber* 
berietet,  toie  ber  Sßapft  einft  faßte:  „2Bir  tyaben  ben  SRuljm  ber 
römifdjen  Sftrdje  burd)  fo  Diel  ®olb  unb  fo  biet  ©über  Dermetpt 
unb  burd)  bieS  unb  bog,  unb  beäfjalb  toirb  unfer  Snbenfen  glor* 
reid)  fein  für  alle  QAttn."  „(Sott  aber  machte  fein  Änbenfen 
ruhmlos,  er  lieg  eä  beflecfen  burdj  feine  geinbe,  burdj  bie 
er  einen  ©trom  oon  ©djanbe  toie  eine  ©ünbflut  fid)  über 
tyn  ergießen  lieft"  (ginfe  II,  183).  Sie  8tut)mfud)t  nafjm  bei 
©onifaj,  ber  in  fo  Dielen  $ügen  an  bie  rflmifdjen  (Säfaren  er- 
innert, eine  bamalä  unerhörte  gorm  an.  ©r  lieg  ©tatuen1)  t>on 
fid}  im  SSatifan  unb  in  Hnagni  errieten ;  er  betoog  bie  ©emetnben 
oon  Oroieto  unb  Bologna  ba3  gleite  ju  tun.  @3  tofire  un*- 
billig,  ju  öcrfdjtoeigen,  bafe  bie  bilbenben  Äünfte  unb  bie  38iffen> 
fdjaft  i^m  audj  ba  oiet  ju  toerbanfen  Ratten,  too  ber  ÄultuS  ber 
eigenen  Sßcrfönlidjfeit  nidjt  unmittelbar  jutage  tritt,  id)  erinnere 
an  feine  SSerbienfte  um  bie  päpftlidje  93i6liott)ef  unb  an  bie  @rün* 


*)  3)ie  fteljcnbe  §albfigur  unb  bie  Iiegenbe  ©eftalt  auf  bem  ©arto* 
p$ag,  beibe  im  SSatifan,  gibt  toieber  3)iont)fiu8,  Sacrar.  Vatic.  baeilicae 
cryptar.  monumenta  aereis  tabulis  incisa,  Romae  1773,  Xafel  15  unb  49, 
audj  Xofti,  Storia  di  Bonifacio  VIII,  vol.  1  unb  2,  bie  ©tatue  am  3)om 
üon  9tnagni  nadj  ungenügenber  Slufnaljme  gintc  im  „ftodjlanb",  9Ronat$* 
färift,  I.  3af)rg.,  1.  fceft  öom  1.  ßftober  1903,  ©.  16.  SBetreffS  ber  (Sr* 
ridjtung  jmeier  ©tatuen  be8  $apfte8  über  jmei  £oren  ber  ©tabt  Dtöieto 
im  Sä^re  1297  bietet  UrfunbtidjeS  8.  gfumi,  Codice  diplomatico  di  Orvieto 
p.  397.  Eerfelbe  gorfdjer  bemerfte  gelegentlich  (Archivio  stör.  Ital.  ser.  3„ 
t.  22  (1875)  p.  57  nt)  bafe  bie  eine  ber  betben  ©tatuen  nod>  ju  fe$en  fei 
aull' antemurale  di  porta  Maggiore.  Über  bie  ^lbfict)ten  ber  Söolognefer 
unb  bie  Sluffteflung  ber  ©tatue  bon  Dergolbetem  Jhtpfer,  meiere  bcr  ©olb* 
f^mteb  Sttanni  gefertigt,  im  3a$re  1301  bietet  urfunblldje  @in$el$eiten : 
©(irarbacci,  Della  historia  di  Bologna,  parte  1  (Bologna  1596)  p.  41& 
unb  424.  9?ad)  einer  mir  burc^  gütige  SSermittelung  bed  Äunft^iftorifdjen 
SnftitutS  in  &lorenj  pgetommenen  ^ß^otograp^ie  ^tlinartd  bepnbet  ftd> 
btcje   fe^r  merfroürbige  ©tatue   jefct   im  Museo  Civico  in  ^Bologna.    ®ic 


SBar  ©onifa$  VIII.  ein  Äefcer?  55 

bitng  einer  $od)f$ute  in  Slom  —  ober  baS  finb  güge,  bie  fid> 
trefflich  fdjicfen  ju  bem  93itDe  eine«  föenatffancetljrannen,  tote  e8 
„nur  atyu  fif)nlid)  bem  eines  tombarbifdjcn  ©ignoren  feiner  3eitM  l) 
ber  ^umanift  gerreto  Don  SBtcenja  Don  SBonifaj  gejetdjnct  tjat. 
Äedjt  t>erf)fingm3ttolI  tourbe  ber  ungeheure  (ggoiämuft  beS 
$apfte£  erft  burd)  bie  öuttanifdje  fleibenfdjaftlidjfeit,  bie  \%n  er* 
fflOte.  Sin  ffonbrtfäer  $robft  Ijatte  iljm  im  ©ommer  1298  bie 
Sitte  um  (Erlag  eine«  Äirdjenjetyiten,  burd)  beffen  3at)(ung  man 
jur  ©t&rfung  be3  franjöfifdjen  Sanbedfeinbed  beitragen  fürchtete, 
vorgetragen  unb  berichtete  batb  nadjfjer  in  bie  $eimat,  toie  ber 
$apft  bie  Sitte  aufgenommen:  „O,  toenn  bu  toie  idj  ben  3orn 
be3  $apfte£  gegen  bie,  toeldje  fid)  feinen  ©ntfdjeibungen  entgegen« 
[teilen,  gefefpn  t>fitteft.  SBelje  bem,  ber  tym  ntdjt  geljord>t,  benn 
ber  pap\t  ift  ein  ^einblütiger  SWenfä,  er  ift  geffitjrttd)  unb  \&ty 
jorntg  unb  (einer  greunbf^aft  fätjig."2)  38ie  er  mit  brutalen 
3u£brfid)en  feiner  ©alle  biejenigen  beebrte,  kotiere  fein  SMiftfallen 
erregten,  bafür  ließen  fid>  au«  ben  JBeridjten  ber  aragomföen 
(Skfanbten,  bie  und  ginfe  mitgeteilt  f>at,  faft  ©eite  für  Seite 
SorffiOe  nriebergeben,  bie  fein  toürbelofed  ©ebafyren  gegen  fjod) 


Florentiner  Statue,  bon  ber  Safari,  <E.  SRünfc  (Mllanges  d'archeol.  et 
d'hirt.  I,  120)  u.  a.  fpredjen,  ftammt  au«  bem  3a$re  1323  unb  fteQt  Diel* 
mtffx  Sodann  XXII.  bat,  ögl.  ©.  SroarjenÄft  in  ber  Qeitfdjr.  f.  bilbenbe 
fiunft  1904,  6.  IUI.  Ob  e*  im  fiateran  eine  ©onifatfiatue  gegeben  $at, 
erfd)rint  fragltd).  3$  fenne  feine  SRadjridjten  ober  auberläfftge  HbbUbungen. 
Si<$er&eit  über  bie  ©efid)t*aüfle  beft  $apiie*  lägt  fidj  aud>  au«  guten  $f)oto« 
grollen  ber  Bonifa&ftatuen,  toie  id)  fic  befi  Je,  nidjt  erlangen.  ©regoroüiu«, 
Qkfä.  ber  6tabt  ffiom  V»  616,  urteilte  mit  9ted>t,  loa«  ftdj  öon  Statuen 
bei  Bontfag  er  falten  ^abe,  jeige  nod)  feine  freiere  (fritmictfung  be«  bilb» 
nerifdpn  $ortrAt*,  befonberft  föarf  urteilte  er  mit  gutem  ®runb  über  bie 
Statue  fcon  Änagni:  „auffaüenb  rof>  unb  plump  wie  ein  ttityenbilb",  ogl. 
<&rcgoroDiuft'  ©anberjafre  II»,  109.  Se$r  mifltürlid)  finb  bie  «bbilbungen 
oon  fteben  SKonumenten,  bei  Giaconiuft,  Vitae  pontiff.  II,  215.  8g(. 
au$  3infe  Ir  266  unb  unten  S.  58. 

')  Sorte  oon  <&.  8eöi  im  Archivio  storico  Romano  V  (1882), 
p.  426.  Daneben  ögl.  über  fterretoft  Beurteilung  be*  $aj>fte«,  befonber* 
aud)  über  bie  geringwertige  SBebeutung  be*  BeitoorteS  magnanimos: 
ftüippi,  Politica  e  religiositä  di  Ferreto,  Archivio  Veneto  t  32  (1886), 
p.  44s. 

*)  Et  caveat  unusqnisque  in  non  obediendo  Pape,  qui  homo 
doloroana  est,  pernixioBus  et  iraeundus  nee  habet  amicitiam  in  ae. 
Simbisrg'Stirum,  Codex  diplomaticus  Flandriae  1296—1325  t  I  (1879), 
p.  233.   Sgl.  3uncf*9rentano,  Phil,  lc  Bei  en  Flandro  p.  279,  ftinfe  I,  291. 


56  ffarl  SBend, 

imb  niebrig  jurSdjau  [teilen  (ogt.  bie3ufammenfieDung93ergerS 
im  Journal  des  Savants  1903,  p.  565).  ©djimpftoorte  er* 
guffen  ftd)  oljne  23at)l  au§  feinem  äRunbe,  aud)  gegen  fürftlidje 
§äupter,  3(USn<ffe  feiner  tiefen  SRenfdjenöeradjtung.  ©n^ßfrfinben» 
jäger,  ber  tym  trofc  feinet  SBerboteS  im  öffentlichen  ftonfiftorium 
anging,  tourbe  tüchtig  ton  tym  geprügelt  (fuit  egregie  ver- 
beratus,  ginfe  II,  38).  SBar  e3  nad)  aflem  ein  SBunber,  toenn 
ftd)  eine  Unfumme  Don  £afe  gegen  iljn  anfammclte,  ba&  man  bie 
toerfrüt)te  9to$rid)t  feine«  lobe«  mit  Subel  begrüßte  föinfe  I,  45), 
bag  man  an  ber  Jturie  bem  Slrjte  grollte,  ber  fein  Seben  öer* 
langem  (ginfe  II,  31),  bafc  bort  aüe  feinen  Xob  ^erbeife^nten 
(ebenba  ©.  34)  unD  fi$  nur  mit  ber  Hoffnung  tröfteten,  ba&  ein 
SRenfd)  nidjt  emig  leben  fönne  (gun*83rentano  a.  a.  D.  ©.  297, 
baju  ginfe  I,  291  «nm.  I).1) 

JBonifaj  bagegen  füllte  fid)  nod)  1302  jugenblid)  unb  träftig 
unb  hoffte  ju  leben,  bis  aüe  feine  geinbe  frepiert  (subfocati) 
feien  (ginfe  II,  47).  ®r  liefe  im  gleidjen  3at)re  mitten  in  ber 
9la$t,  als  tym  ©riefe  über  bie  SRieberlage  Äönig  ^tyilipps  be£ 
©d)önen  bei  Sourtrai  jugefommen  toaren,  ben  Vertreter  beö 
©rafen  oon  gfanbern  ju  fid)  rufen,  um  fid)  mit  iljm  ju  freuen.2) 

2tngefid)t*  ber  3cu8niffe  f"r  bie  ungeheure  2eibenfd)aftlid)* 
feit  be«  SßapfteS  möchte  man  t>ieflcid)t  geneigt  fein,  aud)  über 
einen  bunften  $untt  ber  Anflöge,  ber  l)ier  nod>  nid)t  jur  ®r« 
örterung  gefommen  ift,  eine  anbere  Antwort  ju  geben,  als  bisher 
gefd)et)en.  SSir  erfuhren  oben  (3.  26  u.  31)  au«  ben  $ert)ör$geug* 
niffen,  bog  SBonifaj  a(3  Sfarbinal  roie  als  $apfi  ftnnltcfyen  SSer* 
fetyr  mit  grauen  unb  Scannern  ald  fänbloä  erllärt  l)abe,  toie  ba£ 

*)  SBie  man  in  ben  Greifen  ber  &ran&i*faner  ftrengfter  Cbferüanj 
über  ibn  badjte,  melden  furchtbaren  ttbfdjeu  ein  Ubertino  be  Gafale  nad) 
feinem  Xobe,  Jafopone  ba  Xobi  gegen  ben  Sebenben  ausflutteten,  mag 
bier  eben  nur  geftveift  werben,  obroobl  fid»  ibre  Gattung  bod)  feinetoegt 
nur  au*  bem  &anati$muÄ  für  bie  9tegel  be«  ^eiligen  &ran*  ertffirt,  Dgl. 
&  tfnotft,  Ubertino  bon  CTafale  190;),  <S.  37  f.  unb  50,  Hl.  b'3ncona, 
Jacopone  da  Todi  ecc.  in  Nuova  Antojria  61  (1880),  p.  193  ae.,  438  88., 
bef.  454  88.,  baju  Softi,  Storia  di  Bonifacio  vol.  I,  doc.  R,  9fr.  ©djo!*, 
$ub(iaiftif  3.  6  unten,  ftra  X olein o$  Meinungen  über  Bonifaj  gibt 
ipieber  ft.  $occo,  Uli  apoptoloci  e  Fra  Dolcino,  Archivio  stör.  IUI.  5, 
«er.  19  (1897\  p.  353. 

*)  (Ibronif  l»ou  OMtlfd  li  ^uifi*  bei  be  Smct,  Recaeil  dee  chroniqnes 
de  Flandre  II,  \\K\  Jvuncf' Brentano  a.  o.  C.  411. 


SBar  Bontfa*  VIII.  ein  Äefcer?  57 

mit  bcr  atoerroiftifd>en  8njd)auung  in  ©nflang  ftanb.  Slber 
natürlich  ift  eS  eine  anbere  grage,  ob  ber  Sßapft,  tuenn  et  biefe 
«uffaffung  Ijatte,  fte  audj  felbft  betätigte,  ©ein  fco^eS  Älter 
freilief)  ift,  tote  fdjon  ginfe  (I,  246)  bemerft  t>at,  fein  ®runb, 
bie  bezüglichen  Änfdjulbigungcn  ber  Sßroje&geugen  furjer  §anb 
*u  fcenoerfen.  Qnx  ©fcyfiä  mag  und  bagegen  bie  ^Beobachtung 
ftimmen,  bog  in  alten  Qtittn  unb  audj  tyeute  nod)  ben  Prägern 
te(erifd)er  ÜHeinungcn  otjne  meitereS  in  ber  Siegel  aud)  fittlidje 
3flfleUoftflteit  nachgejagt  toirb.1)  5)aju  fommt,  bog  ein  §aupt* 
jeiige,  SRottud  toon  Sßifa,  in  feiner  fittfidjen  SSertoorfenljeit  feine 
Srau  unb  feine  £od)ter  al8  toom  <ßapfte  mit  feiner  3uftimmung 
mifebraudjt  angibt  (Duputy  ©.  539)  —  einer  folgen  JBeftic  ift 
man  nid)t  geneigt,  ®lauben  ju  (Renten,  er  fönnte  für  baS  ®elb, 
bad  ifpt  betoogen  Ijaben  fann,  feine  eigene  ©djanbe  ju  befunben 
<ginfe  I,  247,  Slnm.  1),  aud)  frei  erfunben  Ijaben,  aber  bann 
Hingt  bod),  namentlich  in  ber  ÄuSfage  eine*  anberen  perfftnlid) 
unbeteiligten  3cuflcn  l3^-  19'  Staput)  ©.540  f.;  fte  bejtcjjt  fid) 
junädtft  auf  baS  3al)r  1297),  tmeber  mandjeS,  tüaS  und  jum 
Xeil  in  2Bed)felreben  oorgefütjrt  tnirb,  aud>  nad)  ginfeä  SReinung 
(l,  247)  „fo  tebeu£roaf)rM,  bog  man  Sebenfen  trägt,  c3  fd)led)tt)in 
ju  öermerfen.  Xrofcbem  f)at  ginfe  (I,  295)  perfönlid)  feinen  Un» 
glauben  an  biefe  ljä&tid)en  Anfertigungen  befunbet,  menn  er 
<i  aud)  eine«  SßapfteS  burd>au8  untofirbig  erflfirt,  fid)  mit  einer 
fo  toerrotteten  ©efeUfdjaft  ju  umgeben,  ginfe  tjat  babei  jtoei 
3eugen3)  übergangen,  bie  mit  eigenen  klugen  einen  Umgang  oon 
©enebift  ©aetani  mit  Änaben  beobachteten,  oon  bem  bie  öffent* 

')  „fBo  Unglaube,  bo  Unfittlidjfeü"  tonnte  man  nod)  im  &rül)ja&r 
1904  in  ber  batyertfdjen  Äbgeorbnetenfammer  in  einet  SRebe  gegen  bie 
«tyeiftifdien  Uniöerfität*j>rofef|orcn  $ören.  ©egen  bie  Öültigfeit  ber  ©fei* 
dmng  Ijat  ftd)  oon  ber  anberen  Seite  für^Hd)  $•  Gtj-  £ea  bei  Beurteilung 
Ä8nig  ^ilipp*  II.  oon  Spanten,  beffen  aufrichtige  GHäubigfeit  er  nidjt 
wegen  feiner  fiülidjen  Sarjeit  in  groeifel  jie&en  möchte,  entfdjteben  au*« 
gefprodjen:  tbe  di&sociation  of  religion  and  morals  is  to  common  an 
anomaly  to  excite  special  incredulity.  American  Historical  Review 
vol.  IX,  242. 

•)  Seuge  2  im  italienif*en  93er$ör  $uput),  6.  627,  belaftet  ben  <5ol)n 
be*  Safob  uon  $ifa,  beffen  SRifjbraudning  aud)  bei  oben  erwähnte  3euflf  *9 
ergöbtt,  toä&renb  3euge  18,  SRottuÄ  oon  $ifa,  ba«  gleite  oon  3afob* 
Xodjter  auÄfagt.  $enge  3,  3)upun  6.  528,  berietet  auö  ber  3ugenbjeit 
Jknebifte. 


58  Äarl  SSentf, 

lid)e  SWeinung  ÜMeS  mclbete,  unb  ebenfo  baS  3eugni3  *ww* 
anbern1),  ber  —  jtoar  nur  nad)  §örenfagen,  aber  unter  nament* 
lieber  JBejeidjnung  mehrerer  junger  SKänner  —  Don  unerlaubtem 
Serfefp  be*  ÄarbinalS  Sencbift  au*  bem  Saljre  1293  berichtete. 

SSirb  baburd)  unfere  Stellung  ju  btefen  ?lnfd)ulbtgungen 
in  ettoa«  Oerfdjobcn,  fo  möchte  idj  bod),  ba  ber  Unterfdjieb  nid)t 
fet)r  fdjtoer  inä  ©erntest  fällt,  mid)  ju  ber  Formulierung  be* 
fennen,  mit  melier  ginfe  (I,  246)  feine  Erörterungen  einleitet, 
ba&  nämlid)  ber  Oforfdjer  mit  bem  fcorfyanbenen  Material  ben 
Änfdjulbigungen  über  Unfittlid>feit,  Sßäberaftie  unb  ©obomitcret 
oöüig  ratlos  gegenüberstehe.  ©3  liegt  ja  in  ber  SRatur  ber  ©adje, 
ba&  fixere  erfatjrungSmäfjigc  SenntniS  oon  prioatcr  Unfittlid)feit 
be$  SßapfteS  nur  loenige  gehabt  tjaben  formen,  in  bie  fdjriftlidje 
Überlieferung  ift  auger  ben  Sßrojefeauäfagcn  nidjts  gebrungen. 
yiixxt  fönnte  e3  oielletdjt  reijooß  erfdjeincn,  banf  be$  befonberett 
©lücfSfaüä,  bafj  und  eine  ?lnjat)t  gleidjjeitigcr  ©tatuen  be# 
$apfte«  erhalten  ftnb,  biefe  SBerfe  oon  3eitgenoffen  eine«  ©iotto2) 
unb  ©iooanni  ?ßifano  jum  ®egenftanbe  pttöftognomifdjer  ©tubien 
ju  machen  —  bie  ©tatuc  be3  SßapfteS  ju  Änagni  möchte  ein  bem 
Zapfte  fef)r  ungünftige*  SBorurteil  ermeden  — ,  aber  eine  unbe* 
fangene  Prüfung  biefe«  SRateriald3)  fann  nur  ju  bem  Ergebnis 
fuhren,  bafe  bie  Äunft,  DieHeidjt  aud)  ber  SBiDe  biefer  83ilbt>aucr 
nidjt  ausreichte,  und  eine  autt)entifd)e  SJorfteUung  oon  ben  ©efid)t3* 
jagen  be«  Sßapfte*  ju  geben. 

SBcnn  mir  nad)  allem  aber  bie  ftttlidp  $rajiS  be3  fßapfted 
fein  bünbige*  Urteil  ju  fällen  oermögen4),  fo  ftnb  mir  nun  aber 

!)  £euge  6  bc«itoUcntfcfteii«fr!)ör«#3)upup  6.530unten.  $en  Beugen 
20,  $upuq  6.  642,  eiuft  ^Aufteilungen  ju  Perugia,  ber  ungefähr  aua> 
1293  Don  bem  Äarbinal  umworben  mürbe,  ermähnt  JJinfe  I,  246. 

*)  GKotto  felbft  W  befanntlid)  ben  $apft  auf  einem  SBanbgemölbe 
in  ber  fioggia  bei  itoteranttrebe  bargefteQt,  aber  wbie  gänjücbe  fibennalung. 
be*  $Ube*  bat  nur  wenig  Urfprflngltcbe*  übrig  gelafien*.  SR.  ©g.  3immer» 
mann,  ©iotto  unb  bie  »unft  Italien«  im  Mittelalter  I  (1*99),  8.  404 
unb  380. 

9)  «gl  oben  6.  54,  Kmn.  1. 

*)  Qn  (einer  Skfprecbung  Don  eyinfed  $ucb  ^iuor.  Sierteljato'djT. 
VII  L1904'.  3.414)  bat  9t.  £>ol£mcmn  mit  wenigen  Mafien  ju  ben  gegen 
©ontfaj  erb  ebenen  ttnNageu  Stellung  $u  nebmen  gejuebt.  (rr  meint  bafc 
man  niebt  um  fubjefttlie  ^iQfürliäiftiteu  berumfomme,  wenn  man  sanften 
Stabrftett  unb  $erleumbung  febeiben  »olle.  $a*  »irb  ifcm  beuteten  burd> 
ftinre*  «erbalten  gegenüber   ben  &nj<bult'igungen(  bte  fict  auf  ben  un* 


©ar  öontfaj  VIII.  ein  Äefer?  59 

toeit  günftiger  geftrUt  gegenüber  ben  religiö&fittltdjen  Änfdjauungen 
unb  Äuälaffungcn  beS  Sßapfted,  nid)t  blo&  toeil  bie  bezüglichen 
Serfyörtjeugniffe  t>infid)tüd)  ber  befunbenben  ^ßerfonen  biet  toeniger 
anfechtbar  finb  unb  int)altlid>  größere  ffialjrfdjeinlidjfeit  tjaben, 
fonbern  toic  bflrfen  aud)  mit  gutem  gug  behaupten,  ba&  bie  83e* 
fdjulbigung  auf  Srreligiofltät  ^Beglaubigung  erhalt  burd)  ÄuS» 
jagen,  n>eld)e  ein  gut  unterrichteter  93cobad)ter  jmei  Salpe  bor 
bem  Attentat  Don  Änagni,  alfo  ofjne  jeben  3ufammenl)ang  mit 
ber  Anfluge  auf  flefceiei,  niedergelegt  Ijat  3n  bem  ©djreiben 
eine*  aragoniföen  ©efanbten  an  feinen  Slönig  Safob  II.  Dom 
14.  September  1301  lefen  mir:  „31Ue  erfeljnen  feinen  (beS^apfted) 
Xob  unb  trauern  um  bie  Teufeleien,  bie  er  tut  unb  fagt,  unb 
erföreefen ;  fte  ©ud)  ju  treiben,  t>ermöd)te  id)  nid)t,  nod)  mürbe 
id)  e*  magen"  (ginte  II,  34  f.).  ©etüife  ift  ber  Srieffteüer  ®.  be 
fllbalatod  t)on  ber  ingrimmigen  Stimmung,  bie  an  ber  fturie 
gegen  ben  $apft  ffcrrfdjte,  angeftedt,  aber  bafj  „bie  $aupt}fige 
in  feiner  £eid)nung  SBonifaj'  VIII.  unjtoeifetyaft  richtig"  (fo  ginfe 

moraltfcfcn  £eben«manbel  be«  tßapfte«  bejic^cn.  3)abei  fc^etnt  mir  fcolfe» 
mann  bie  SB  orte  ginte«  (I,  247  nad)  SBiebergabe  fdjnöber  <5in*etyeiten  ber 
Äulfage),  et  offenbare  ftd)  Wer  ein  foldjer  Sumpf  Don  IRo&eit  unb  Ge- 
meinheit, bafj  fein  emfter  ©iftorifer  magen  werbe,  au«  biefen  Angaben  fo 
oerfommener  SRenfdjen  ©djlüffe  &u  ftieben,  gu  fe$r  }Uftufpi(en,  roenn  er  jie 
M  entfdjiebene  Verneinung  be«  Snljatt*  ber  ftnfdjulbigungen  auffaßt 
(f.  aud)  ba«  folgenbe  unb  bie  Slnmerfang  &infeö!).  ginfe  fagt  bod)  nurr 
bafj  jene  Angaben  für  ein  „fdjulbig"  nic^t  au«reidjen,  unftdjer  finb  (im 
ftlegenfafr  ju  bem  „pofttto  ©teeren",  ber  JBerrottett)eit  ber  Umgebung  be« 
Zapfte«"),  »ie  mir  oben  ebenfaü«  ausführten.  Leiter  ge$t  Sinfe  I,  295 
mit  ©efunbung  feine«  perfönüdjen  Unglauben«.  —  .fcotymann  loiU  bie  bem 
Zapfte  öorgeroorfenen  Unftudjtoerbredjen  fd)Ied)tl)in  für  $erleumbung  an* 
fe^en,  „auf  Qrunb  folget  Erfahrungen  tyUt  er  aber  eben  von  biefem 
ganzen  SRateriale  überbaupt  nid)t«".  3d)  ftimme  mit  ll)m  bann  überein, 
bafc  ©ejalning  ober  Verneinung  ber  9lnfd)ulbigungen  in  feinem  fünfte 
baüon  abhängen  barf,  ob  fte  ben  einzelnen  {Jorfdjer  »abrfdjeinlid)  ober 
un»a§rfd)einlid)  bunten.  3)aoon  ^ält  fid)  tjinfe  nidjt  frei  genug.  3<fr 
babc  objeftiöe  tfriterien  gefugt,  naebbem  ftd)  mir  ba«  ^rojeimaterial  in 
crr)ebHd)  anberem  Sichte  barfteflte  al«  meinen  Vorgängern,  unb  babe  fte 
für  bie  reügid&ftttlicben  ttnfdjauungen  be«  Zapfte«  gefunben  burd)  ifcre 
$ergtetd)ung  mit  bem  ttoerroitmu«  unb  in  ben  Scripten  gutinformierter 
Öefanbter  am  pOpftlidjen  $ofc.  Solche  Kriterien  fehlen  mir  be*ügU4  ber 
futiidjen  Sutfdnoeifungen,  bie  bem  $a£fte  fdjulbgegeben  werben,  id)  be« 
fcbrftnfe  mi4  baber  ifjnen  gegenüber  auf  ein  non  liqaet  unb  möchte  nur 
warnen,  ben  fittlidjen  6 tan bp unft  be«  92orblänber*  in  biefer  &rage  afl^u 
fe^r  ^crau«jufteQen.    <£tn  Neapolitaner  wirb  üieüei^t  gauj  anber«  urteilen. 


60  Äarl  SBend, 

II,  11)  ftnb  unb  btefc  Stimmung  bie  aQerberedjttgfte  mar,  letjrt 
ein  ©lief  in  ben  tagebuä)artigen  ©eridjt  eines  anbeten  Slragonefen, 
be3  Pfarrers  ßaurentiuä  SWartini  für  ben  Sifdjof  t)on  Valencia 
au$  ben  erften  STOonaten  be«  SaljreS  1302  fötale  II,  ©.  38  f.). 

2Ba3  toir  unter  ben  auSgefprodjenen  „  Teufeleien  "  ju  Der« 
fielen  fyaben,  !ann  und  eine  Sludlaffung  <ßeter  SolonnaS  aus 
bem  2Jerljör  Dom  April  1311  jum  Überfluß  lehren.  ®r  erjfiljtt 
ba  mit  ber  3urücff>altung,  bie  er  in  biefem  SSerfyör  ü&te,  au$ 
eigener  ffenntniä,  alfo  auS  ben  erften  3al)ren  beä  ?ßontififat$, 
bog  ber  Sßapft  „häufig  judjtlofe  SBorte  fjinauömarf,  bt^roetten  im 
Äonftftorium,  biätoeilen  außerhalb  beSfelben,  oor  allen  ober  toor 
einigen  ftarbinälen,  bidtuetlen  unter  feinen  familiären,  manchmal 
and)  oor  gremben,  SBorte,  bie  nidjtS  Don  ©tauben  unb  fatfjo» 
lifdjer  2Ba^rt>ett  an  ficf)  Ratten,  fonbern  totetmeljr  nad)  Unglauben 
unb  3rrlel;re  Hangen"  (Softer  ©.  60).  —  Scne  SluSlaffung  über 
bie  „Teufeleien"  be3  Sßapftcö  ift  aber  nidjt  bie  einjige1),  in  bem 
©djreiben  Don  ©.  be  SlblatoS,  Die  ben  3eugenau3fagen  jur  ©tüge 
bienen  tarnt.  SBir  fallen  (S.  26),  mehrere  3cu9cn  fagten  au«, 
loer  gefunb  unb  reid)  fei  unb  bie  ©rfuflung  feiner  2Bünfd)e  er* 
(e&c,  ber  tyabe  ba§  ^ßarabied  auf  bicfer  SBelt  unb  braudje  fid)  um 
anbereS  nidjt  ju  fummern.  SRun,  biefer  felben  materialiftifdjen 
©efinnung  bejidjttgt  aud)  ber  aragonifdje  ©efanbte  ben  Sßapft. 
93orau8gel)t,  lote  fefjr  man  beu  Seibarjt  beä  <ßapfte8  ocrroünfct)e, 
roctl  ofjne  if)tt  SJonifaj  fdjon  begraben  tofire.  @S  folgen  bie 
SBorte:  „2)er  $apft  nämlid)  fümmert  fidj  nur  um  breierlei,  unb 
barauf  ift  fein  ganjeS  Slbfe^cn  gerietet,  baß  er  lange  lebe  unb 
(Selb  getoinne,  jutn  brüten,  bafe  er  bie  ©einigen  bereichere,  fic 
groß  unb  tjerrlid)  madje.  Um  geiftiidje  ©üter  aber  fümmert  er 
fid)  ntd)t"  fötnfe  H,  31). 

SBie  aber  mürbe  ftd)  ber  Sßapft  mit  benen  abgefunben  t)aben, 
toeldje  bie  SBadjt  Ratten,  it)n  toegen  feine«  Unglauben«  im  Stallen 
unb  Sieben  gur  Verantwortung  ju  jietjen?  (S«  entfpridjt  feiner 
fdjroffen  unb  tro&igen  SRatur  burdjauä  nidjt,  fid)  auf  bie  au«* 


l)  3um  SSctgletcf»  liege  fid)  audj  fteUenr  wenn  ber  Pfarrer  £aurentiu& 
Martini  erjäfjlt  (Sink  II,  46),  wie  Söonifaj  ben  Honig  ffarl  IL  anfahrt: 
Nonne  seif«,  quod  tibi  poesem  aufferre  regnum?  unb  bie  3eugen  &cr 
Slubienj  Rogers  be  fiovia  im  Jgafjre  1297  Sonifaj  fagen  lafjcn,  er  fei  Diel 
mächtiger  al$  (S^rifiu«  —  poterat  etiam  dare  regna  et  reges,  divites  et 
potentes  poterat  humiliare  et  depauperare.  3)uput)  ©.  564,  ögl.  566. 


9Bar  ©onifaj  VIII.  ein  Äefrcr?  61 

toeidjenbe  Ausflucht  bcc  ^Jarifcr  Sloerroiften  jurücfjujieljen,  bafe 
man  jtoar  bie  SWeinung  bed  „Sßljilofopljen''  erörtert  tyabc,  im 
3weifel  aber  fid)  <m  ben  ©tauben  ber  Äirdje  galten  moHe. 
Siiemanb  mar  berufen,  tt)n  jur  SRec^cnfc^aft  ju  jieljeu,  man  t)atte 
it)tn  ju  geljordjen,  fein  ©laube  ging  niemanbem  etma*  an.  3)ad 
mar  bod)  im  ©runbe  ber  ©um  ber  patt^etifc^cn  Sorte,  mit 
benen  er  bie  erfte  Slnflagc  beantwortete :  „9Ber  tjat  je  gehört,  ba§ 
mir  Don  Äefcerei  beflecft  feien,  mer  aus  unferer  SBertoanbtfdjaft, 
ja  au*  ganj  Äampanien  ift  je  mit  bem  ftefcernamen  bejeidjnct 
morben?"  (ÖuHe  Dom  15.  «uguft  1303,  3)upug  ©.  166).  ©ir 
fallen,  im  allgemeinen  motlte  er  ja  —  na$  ben  ÄuSfagen  ber 
3eugen  —  bem  SBolfe  ben  alten  ©tauben  gelehrt  toiffen,  aber 
im  einjetnen  gaUe  t)at  er  audj  bem  Unglauben  eines  Äbteä 
©traflofigfeit  gefiebert  troft  ber  ©efdjmerben,  meiere  feine  SKöndje 
gegen  ben  oon  ber  Snquifition  belangten  Seugner  ber  Unfterb* 
lic^fett  beim  Sßapfte  vortrugen.1)  Dafe  bie  bejfiglidje  Äuefage 
be*  fünfzehnten  3cu0*n  m  italienischen  3Jerf)öre  (fcuput)  ©.  536) 
ben  latfadjen  entfptity,  t)at  ginfe  (I,  235,  «nm.  1)  feftgeftelit, 
«bt  ©aubert  Don  ©an  Sßaofo  in  9tom  ift  im  Safjre  1300  als 
Slbt  geftorben.  Sbenfo  aber  ging  eS  nad)  ber  SfuSjage  jtoeier 
anberen  3eu8™  (Dupu^  526—27),  bie  mir  iunädjft  nod)  nid)t 
nadj  Urfunben  nachprüfen  fönnen,  im  Saljre  1303  einem  anberen 
rdmtfd)en  Äbte,  oon  ©.  ©regorio,  ber  bie  Suferftcljung  unb  bie 
IranSfubftantiation  leugnete  unb  bie  gleifd)eSfünben  für  erlaubt 
erflfirte.  Sin  britter  3eu9e  (S>uput)  ©.  528  unten)  melbet  Oon 
melfad)em  SBcrfcfjr  beS  SßapfteS  mit  biefem  Äbte,  ben  er  gu  be> 
ftrafen  fid)  meigerte,  ja  ben  er  oietmetyr  begünftigte.  3n  beiben 
g&den  mied  ber  $apft  bie  St  läger  mit  groben  ©orten  an,  tyrem 
Slbte,  ber  beffer  fage  unb  glaube  als  fie,  ju  getjordjen,  mit  an* 
beren  ©orten,  er  fteflte  bie  Autorität  an  ©teile  beS  EfjriftentumS 
unb  toerftärfte  jene  auf  Soften  biefcS,  mie  er  baS  gleite  in  feiner 
eigenen  tßerfon  tat.  ängefidjts  foldjer  SBorfommniffe  mar  bie 
Stimmung,  Oon  freierer  unb  in  meldjer  jene  Sendete  aragone* 
fifdjer  ©efanbtcr  3eu8n^  ablegen,  mol)l  berechtigt,  mar  eS  aud) 
begreiflich,  toenn  Äarbinal  Stopoleone  Orfini  ergriffen  mar  oon 
bem   fd)limmen  3uftau&   &cr  Kirche  unb   oon   ber  ©efaf)r,   in 

l)  Sine  befonbere  Unterfudjung  über  bie  Stefluiißitaljme  bed  $apftc* 
jut  Snquifition  märe  jetyr  enuünjt^t. 


62  Sari  Send, 

toetdjer  bcr  ©faube  unb  ba3  djriftlidje  SSolf  unter  fotdjem  $irten 
fei  (§öfter  @.  51),  toenn  er  in  biefer  SeforgniS  mit  Äarl  üon 
SBalote  über  9Ibf)ilfe  burd)  ben  franjöftfdjen  König  oerljanbelte. 
SBieDeidjt  toäre  ba3  Urteil  über  baS  SBorgetjen  be3  franjöft* 
fdjen  SfönigS  toiber  ben  Sßapft  fdjon  früher  ein  bem  ?ßapfte  un* 
flünftigereS  getoefen,  toemt  nidjt  burdj  bie  SSerbinbung  ber  Der» 
fdjiebenftcn  (Segner  be8  SßapfteS  unb  inSbefonbere  burd)  bie 
fdjonungSlofe  §anblung8roeife  ber  ©djergen  be$  franjöfifdjen 
ÄSnigS  an  bem  Statthalter  (Sljrifti  in  ben  Zagen  Don  Änagni 
eine  fo  unnmrbige  ©etoalttat  Derübt  toorben  märe,  bafc  bie 
@t)mpatt)ien  ber  @efd)id)tfdjreiber  für  ben  TOärttjrer  t>odj* 
ftrebenber  geiftttdjer  §crrfd)aft$gebanfen  untmQfürlidj  auögelöft 
toerben  mußten.  83on  fo  eblen  Gmpfinbungen  ift  baö  Urteil 
3)ante$  über  ba3  SreigniS  Don  5Inagni  audfc^fiegltc^  bcl)errfcf)t, 
fo  fetjr  er  im  Snnerften  bem  „Oberhaupt  ber  neuen  Sßfyarifäer" 
(Inferno  27,  85)  gram  ttmr.  @r  faf)  „ju  «nagni  (SfjrifiuS  ge* 
fangen  in  bem  ©teüoertreter",  er  fal)  in  $^ilipp  Don  granfreid} 
„ben  neuen  SßilatuS".1)  Sei  bem  ungeheuren  ©eroidjte  Don 
3)anteS  Sluffaffung  tyat  man  bisher  ßidjt  unb  ©Ratten  jnrifdjen 
Äönig  unb  Sßapft  ju  fc^r  im  ©inne  biefer  ÄuSfaffunjj.en  verteilt 
<£$  ift  nun  nidjt  gleichgültig,  bafe  idj  eben  biefe  Säuberungen 
Nantes  jurüclffitjren  fann  unb  mufe  auf  eine  Sßrebigt,  toetti)e  ber 
fromme  Sßapft  SBenebift  XL  um  bie  SKitte  be$  3at|reS  1304, 
furj  Dor  feinem  lobe,  ju  Perugia  gehalten  f)at.  SBenebitt,  in 
ben  Sagen  Don  Änagni  einer  ber  beiben  Äarbinäfe,  bie  mit 
Sonifaj  bie  ®efangenfd)aft  teilten,  beffagte  nad)  ber  (Srjäljlung 
«ine«  unmittelbar  gleichzeitigen  englifdjen  Sfyroniften 2)  Don  ber 
Äanjel  ba3   DerabfdjeuungSroürbige  83ergef)en,   ba3   gegen   ben 


x)  Veggio  ia  Alagna  entrar  lo  fiordaliso 

£  nel  Vicario  suo  Christo  esser  catto. 

Veggiolo  un'altra  volta  esser  deriso; 

Veggio  rinnovellar  l'aceto  e  il  feie 

E  tra  vi  vi  ladroni  esser  anciso. 

Veggio  il  nuovo  Pilato  sl  crudele  .  .  .  Pargat.  20,  86—91. 
*)  (SineS  SottfeJeTS  ber  Flores  Historiarum  ^u  SBefimtnfter ,  ber 
feine  Storfieüimg  bi$  1307  führte,  ed.  Luard  IU  (1890)  p.  314,  audj  Mon. 
Germ.  hist.  SS.  28,  501 :  Anno  1304  .  .  .  papa  Benedictus  dam  apud 
Perusium  verbum  Dei  popalo  praedicaret,  inter  caetera  deploravit 
abhominabile  exitium  in  vicarinm  Jesu  Christi  et  Petri  com- 
missum.      Nee   tarnen   casum   personae  deflevit   quinimmo   ipsum 


SBor  ©ontfaj  VHI.  ein  ßefcer?  63 

Statthalter  ©Jjrifii  unb  $etri  toerübt  fei,  aber  er  6etocinte  nidjt 
fo  fe$r  ba«  perfdnlidje  Unglücf  beS  SJomfaj,  als  bag  SljriftuS 
felbft  üon  ben  ©ölbfinflcn  be£  SßilatuS  jum  jmeitenmal  beraubt 
unb  bret  Sage  lang  mie  ein  ^Begrabener  bctoadjt  Korben  fei. 
SBir  toiffen,  ba&  ©ante  einmal  in  Perugia  getoefen  ift.1)  SBaS 
toir  Don  feinem  Seben  in  ben  Sauren  nadj  1303  fennen,  f$tie§t 
in  feiner  SBetfe  aus2),  ba&  er  eben  jur  3cft  ber  Sßrebigt  bc3 
^apfteö  (3uni  1304)  in  Perugia  »eilte.  ©r  Ijat  ljod)fu"«ß  bie 
einfeitige  Äuffaffung  be3  eb(en  unb  frommen  ißapfted  Senebift 
geteilt  unb  bie  embrucfetootten  Äanjeltoorte  nad)  Sauren  feinem 
Oebidjte  eingefroben.  ^Billiger  abmfigenb  unb  meQeidjt  in  ab* 
ftcfylidjem  ©egenfafc  ju  Dante  t)at  jtoct  aRenfdjenalter  fpäter 
Cetraria  geurteilt.  3n  einem  freimutigen  ©djreiben  an  $apft 
UrbanV.,  ben  er  jutn  SBeggang  Don  Ämgnon,  jur  SRücffeljr 
itad)  Korn  ju  belegen  fudjte,  Ijat  er  ancrfannt,  ba§  ein  t)in* 
reic^enber  ©runb  ju  einem  Angriff  auf  ben  Statthalter  Ootteä 
#oar  für  feinen  SRenföen  gegeben  fei,  aber  er  f)at  fofort  tynju* 

Christum  a  militibua  Pilati  iterum  spoliari  aaserens  cap- 
tum  dampnandum  et  tanquam  remortaam  planxit  in  carcere  velut 
in  sepulcro  triduo  a  militibus  caatoditum  . . .  S)ie  Sn^tltfangabe  ber 
fJrebigt  ift  nodj  breimal  fo  lang.  3«  etroa«  Hingt  bie  $rebigt  be* 
$apfte*  aud)  wiber  in  feiner  ©ufle  Flagitioeam  scelun  Dom  7.  3uni  1304: 
Bamm am  pontificium  debonestatam  est  et  suo  capto  eponao  eccleaia 
<jaodammodo  captivata.  Xfyeiner,  Cod.  dipl.  dominii  temporal,  b.  aedia 
1,  402.  $er  englifdje  <Jl)ronift  (agt,  bog  ber  ?apft  quindecim  dies  nad) 
ber  9rebigt  flarb.    Sein  Sobedtag  ift  ber  7.  3uli  1304. 

')  tu«  $arab.  11,  46  ift  e*  mit  Sid)er&eit  ju  folgern.  Strauß 
$ante  6.  85.    «.  SBafiermann,  $ante*  Spuren  in  Stauen  1897,  S.  110. 

■)  Com  $rütya(r  1304,  »o  Sante  Verona  berltefs,  bid  jum  Sommer 
1306,  roo  er  in  $abua  weifte,  festen  Eacbria^ten  Aber  $anted  Verbleiben. 
<ün  fur^er  Aufenthalt  in  Bologna,  Dort  bem  ©ocaccio  fpridjt,  toirb  in  biefe 
3eit  Kriegt.  £*  ift  reiaDofl,  $ante  in  Perugia  ju  beuten  *u  einer  3**t, 
ba  ber  $apft  ftwölf  fcäupter  ber  Eeri  üon  {Jlorenj  auf  $eran(affung  be* 
gbibeainijd)  gefilmten  ÄarbinalÄ  Wtfolau*  Don  $rato  ebenba$in  Dorlub 
(21.  3uni  1304),  unb  ftd>  in  «bmcfcnfcit  biefer  &ti>0(f  ber  bann  fetf* 
gefa)(agene  $utfd)  ber  <&$ibeflinen  auf  Slorenj  Dom  20.  3uli  vorbereitete. 
tfcel  Sungo,  Dino  Compagni  II,  292  ab.  tirauft,  fcante  S.  57  f.  ftreilid) 
Sdjlufifolgerungen  auf  $ante*  Haltung  in  jener  Qeit  (äffen  ftd)  au#  feiner 
UnuMfen^eit  in  Perugia  nid^t  jif^en.  2)ie  neue  Sdjrift  Don  ü.  ©alofft, 
Dante  e  Bonifacio  VIII,  saggio  critico-storico.  Roma  1903  gebort  einer 
.populären  apologetifdjen  Sammlung  an  2)er  Cerfaffer  nimmt  ben  ?apft 
{legen  Xante  in  Sd)uA.  Seinen  DoOen  ©eifaü  (at  bagegen  bie  oben  be- 
fpro^ene  9lu«laffung  $urgat.  20,  86  f. 


64  tfatl  SBencf, 

gefügt,  man  muffe  einräumen,  bafe  Sonifaj  in  SBaljrijeit  eine 
jügelfofere  3un8e  un&  einen  hochmütigeren  ©inn  gehabt,  afö 
bem  Statthalter  be$  §errn  gezieme.  SRidjt  o^ne  ®runb  tyabe 
er,  roaä  er  fcemütigenbeS  ju  leiben  fptte,  toon  feinen  geinbea 
gelitten. *) 

Auf  bem  Äonjil  ju  Stjon  1245  l>at  ber  SBertreter  Äaifer 
griebrid)*  II.  gegenüber  ber  Slnflage  auf  Äefcerei,  bie  fid)  nidjt 
auf  gtaubtoürbige  3eu9*n  berufen  fonnte,  erflärt,  bafe  auf  biefe 
grage  nur  fein  iperr  felbft  antworten  fönne.  2Ran  müfete  ifjn 
bemegen,  auäjufpredjen ,  toaä  im  ©greine  feine«  iperjenS  toer* 
borgen  fei.2) 

©egenü6er  Sontfaj  VIII.  ift  bie  Änflage  gfinftiger  gefteflL 
9Bir  fanben,  bafj  fie  geftüfct  roirb  burd)  £eugen,  meiere  in  Der* 
traueneroeefenber  SBeife  ferner  belaftenbe  SluStaffungen  be& 
?ßapfte$  befunben,  toaljrenb  bie  SRieberfdjlagung  be$  $rojeffe& 
auf  potitifäen  Abmachungen  beruht.  SDStr  fteüten  objeftio  feft, 
ba|  bie  ©ebanfentoelt,  meiere  bem  ^ßapft  nachgejagt  toirb,  in  ber 
pl)tlofopijifd)en  ©pefulation  feiner  3eit  —  *m  SfoerroiSmu*  — 
iljre  Vertretung  finbet,  unb  für  eine  8lnnaf)me  berfelben  burd> 
Senebift  ©aetani  bie  9!RöglidjIeit  reidjtid)  gegeben  erfdjeint.  SBir 
fdjöpftcn  enbtid)  auä  einer  Betrachtung  ber  $erfön(id)fett  be& 
$apfted  bie  Überzeugung,  bafj  bie  93efdjulbigung  innerlich  ttafp» 
fcfyetnlidj  f«,  lote  aud)  burd}  3eu9en/  M*  mit  ber  Anfluge 
fd)tcd)terbing$  nid)t3  ju  tun  fjatten,  Renten  unb  SBoüen  befr 
?ßapfte$  gerabeju  im  ©inne  ber  Slnflage  beleuchtet  wirb. 

SBenn  unfer  JBerfudj  bie  Änfdjulbigungen,  meiere  gegen  bie 
religibfen  unb  fttttidjen  änfdjauungen  unb  HuSlaffungen  be* 
SßapfteS  erhoben  tourben,  als  im  roefcntlic^en  begrünbet  ju  jetgen, 
Billigung  finbet,  fo  mag  man  immerhin  bie  Slnflage  mit  manchen 
unlauteren  eingaben  öerfe^t  glauben  —  über  ©injelljeiten  toirk 
©tdjerljeit  titelt  gu  erlangen  fein  — ,  im  grofeen  unb  ganjen  mirb 
man  über  baS  Urteil  Cetraria*  entfd)ieben  nod)  IjinauSgefyen 
muffen.    Sann  ift  granfreidj,  bem  franjöftfdjen  Stönig,  tatfäd)lid> 


l)  Epist.  senil.  1.  7,  1  öom  29.  Sunt  [1366]  ed.  ßasil.  1581  p.  820„ 
Lettere  senili  volg.  da  G.  Fracassetü  I,  410.  3>te  naljen  SBejittjungcn. 
$etrarta$  ju  ben  (SoIonnaS  nehmen  bem  Urteil  wenig  Don  feinem  ©cioidjt. 

*)  Matheue  Paris.  Cron.  major.  Mon.  Germ.  SS.  28, 259.  §.  SReuter, 
©efd).  ber  reliß.  Bufftörung  II,  2S0. 


$&ar  öonifaj  VIII.  ein  Äefret?  65 

bie  Hufgabe  angefallen,  at*  SBddjter  ber  8tedf)tgläubigfeit  einju* 
fd)  reiten,  toäfpenb  gleichzeitig  leibec  ber  beutjdje  Äönig  um 
politischer  Sntereffen  toiQen  fid)  in  unerhörter  2Beife  toor  ber 
fturie,  toor  biefem  Zapfte  bemütigte. 

2)a&  ber  ©ieg  im  Stampf  groiföen  granfreid)  unb  bem 
$apfttum  bem  franjöfifdjen  Äönige  jufaHen  mufete,  ber  für  bie 
©elbftbeftimmung  feine«  SBolfe*  eintrat,  ber  getragen  fear  t>on 
ber  großen  9Re(p()eit  ber  Station,  ber  unterftfifct  iourbe  t>on  f)od)» 
begabten  9Rännern,  meiere  bie  ftttlidje  Aufgabe  be*  ©taate«  toer* 
fönten  (idj  benfe  an  Sodann  t)on  $ari«),  bafe  in  biefem  ftampfe 
ba«  ^apfttum  unterliegen  muftte,  ba  ed  feinen  ©runb  in  3efu 
Sipifto  oerloren  Ijatte,  ba«  ift  bann  oon  felbft  gegeben. 

9lur  mit  einem  2Borte  nod)  fei  berührt,  tote  ba«  $apfttum 
burd)  ben  l)eibnifd)en  SReifter  Äriftotele«  auf  biefe  ®aljn  ge> 
fommen  mar.  SRit  ben  ftfinften  feiner  Sogif  Ijatte  nadj  bem 
«orbilb  «bälarb*  ©ratian  (urj  oor  ber  SRitte  be*  jtoölften 
Saljrjjunbert«,  fo  fefp  aud)  ©regor  VII.  vorarbeitete,  ba«  neue 
ftird)enred)t  geftaltet1),  ba«  ein  unb  ein  Ijalb  Sa^unbert  fpäter 
in  ber  SBuQe  Unam  sanetam  gipfelte.  Äu*  ber  SRetap^tjfif 
be*  Äriftotele*  Ratten  im  12  unb  13.  3af)rf)unbert  arabifdje 
unb  lateinifdje  Äoerroiften  mit  fd)einbar  unabtoei*lidjen  golge* 
rungen  ©d)lüffe  gebogen,  toeldje  ba«  S^nftentum  oöflig 
jerfefcten.  Stynen  mar  bie  grofce  mittelalterliche  Äunft  be* 
concordare  discordantia,  bie  ©ratian,  Sßetru*  Sombarbu*, 
Xtjoma*  oon  flqumo  übten,  ganj  unb  gar  abtyanben  gefommen. 
Da«  bem  juriftifefcen  ®eifte  o5Qig  ausgelieferte  ?ßapfttuui  mu&te 
am  Snbe  audj  bem  töeije  tiefer  unbejroinglidjen  aberroiftifdjen 
fiogif  erliegen.  3n  ©ontfaj  OoHjog  fid)  bie  unheimliche  83er« 
binbunq.  Der  fdjrille  ftlageton,  ber  oon  Änagni  au«get)t,  mar 
ba«  grgebni«.  «uf  Snagni  folgt  ba«  ©d)i«ma  oon  1378,  im 
toefentltdjen  herbeigeführt  burd)  biefelben  Strafte,  granlreidj  unb 
bie  otigard)ifd)en  Xenbenjen  ber  SSarbinäle,  meiere  ju  Slnfang  be« 
3af>rljunbertd  bie  innere  ©djroädje  be«  abfoluten  ^ßapfttum« 
au«nu$ten.  91«  man  bie  ©paltung  ju  beteiligen  fud)te,  t)at 
man  nod)  einmal  auf  Ärtftotele«  jurücfgegriffen.    ©eine  Sßolttif, 

*)  2>entfle,  Äbälarb*  Sentenzen  ufto.  im  ÄrtftiD  f.  2itt  u.  Äirtften* 
gefd).  I,  61»  f.  gr.  Iraner,  HbÄlatb  unb  ba«  tanon.  Stecht,  ©ra*  1900, 
etnftftrftnfenb  %.  gournier  in  einer  ttnjeige  Don  X&aner*  6d)rift  in 
ßibliotheque  de  l'ecole  des  cbartes  63,  376. 

Qifloxi\<&  flettfArift  (8b.  94)  ft.  9-  Ob.  LVin  6 


66  &ar!  SBencf,  «Bar  8onifa$  VIII.  ein  Äefcer? 

bte  aniifc  Sefpe  t>on  ber  SSoIföfouüeränität,  foüte  bic  $anb» 
fyabt  bieten,  um  bte  Äirdje,  beten  3tbfotuti3mu$  gef djettert 
toar,  auf  eine  breitere  fonftitutioneße  ©runblage  ju  fteüen.  Äud) 
bieSmal  tarn  U)r  bod)  fein  ©egen  tum  bem  f)eibntfd)en  SWeifter, 
ba  man  bte  göttliche  ©nfefcung  beS  SßapfttumS  unangefochten  lieg. 
§unbert  3aljre  fpfiter  taufte  bte  ©rfenntniä  auf,  ba& 
%\)oma$  Don  Hquino  bte  ganje  2et>re  (Styrifti  berborben  fjabe 
burd)  itjre  SJermengung  mit  ber  $f)itofopf)ie  beä  ÄriftoteleS1), 
unb  inbem  man  nun  aber  ÄriftoteleS  unb  bte  2)efretalen  ju  ben 
ursprünglichen  Duellen  be8  ©f>riftentum3  jurficßefjrte,  nmrbe  eine 
neue  Qeit  f)eraufgefül)rt. 

l)  60  äußerte  {14  1499  ber  <£ngl&nber  So! et  gegen  (SraSmu*,  oft  bietet 
—  nod)  unfertig  —  Don  ber  fd)olafrifd)en  Geologie  toenigftenS  X$oma3  Don 
fcquino  retten  wollte.  $.  SBernle,  3)ie  ÜRenaiflance  bc«  <£(jriftentuin£  im 
16.  Sa^r^unbert,  1904,   6.  10  f.  na$  Eraemi  opera  (Le  Clerc)  m,  458. 


SWcuntngen  in  Attrijejfett  über  U8  bcntfae  Äoifcrtim 
in  bett  3^ren  1848  trab  1849. 

Sin  Sorttag,  gehalten  in  Harburg 
öon 

£.  Ißatxtnttapp. 

3m  ©ngang  fetner  Sonnet  SReftoratärebe  über  bad  9tyein* 
lanb  in  römifdjer  3e^  &°&  §einrid)  SRiffcn  nadjbrücfltd)  ben 
gfinftigen  Sinflufe  tjert>ot,  ben  bie  ©egrfinbung  bed  beutfdjen 
nationalen  ©taated  auf  bie  Pflege  beutfdjer  $erritorialgefdjid)te 
übte.  3U  ^r  fügten  nunmehr  aud)  bie  SSertreter  ber  l)iftorifd)en 
SBiffenfdjaft  an  ben  Untoerfitäten  fid)  getrieben,  bie  bisher  bor* 
roicgcnb  ber  allgemeinen  beutfcften  ©efd)id)te  iijre  ftraft  geroibmet 
Rotten.  SBar  toon  tynen  in  ben  Zagen  ber  gerfplitterung  3)eutfdj* 
lanb*  baburd)  ber  Politiken  ©inigung  bed  JBaterlanbed  üorge* 
arbeitet  toorben,  fo  finb  mir  jefct,  toic  ©odtoin  t>on  ber  Stopp 
bei  ber  ©egrünbung  ber  Ififtorifdjen  Äommiffion  fär  Reffen  betonte, 
„im  ©efife  ber  ftaatlidjen  ©nf)eit  beftrebt,  bie  ®efd)id)te  ber  Zeile 
mit  ber  bed  ©anjen  ju  berbinben" ;  babei  finb  „nrir  und  nid)t 
minber  beffen  benrnfet,  bafe  mir  mit  ber  Pflege  ber  2anbedgefdjid)te 
erft  redjt  ber  gefamtbeutfdjen  btenen  tooflen". 

Um  in  biefem  Sinne  beibe  jugteidj  ju  förbern,  bütfte  ed 
toot)l  ertofinfd)t  fein,  genauer  ald  ed  bidljer  gefdjaf),  aud)  bie 
£uftänbe  unb  Stimmungen  in  ben  einzelnen  beutfd)en  Canb* 
jc^ajten  jur  ßeit  ber  erften  bebeutfamen  fiämpfe  um  bie  ©e* 
grfinbung  bed  nationalen  ©taated  in  bad  Äuge  ju  faffen  unb 
namentlich  ju  betrachten,  toie  man  fid)  in  itjnen  ju  ber  Srage 
ber  beutfdjen  ©erfaffung  geftellt  f)at.  SBertoolIe  äufftärungen 
nad)  biefer  Stiftung  t)aben  und  einzelne  neue  ^ublifationen 
über  ©erl)ä(tniffe  unb  ^ßerfonen   in  §annooer  gebracht;  einige 

6* 


68  <&.  SarrentroW, 

Settröge  jur  ©eanttoortung  ber  grage,  tote  man  bamalä  m  Äur* 
Reffen  Aber  ba$  beutle  Äaifertum  gebaut  Ijat,  toerfucfjte  idj  in 
einem  Vortrag  ju  liefern,  ben  id)  in  ber  SRarburger  Abteilung 
bed  §effifd)en  ®cfd)id)t$t>erein$  tyielt.  5Me  in  il>m  jufammen* 
gefteflten  ffijjerpte  aud)  ben  Sefern  biefer  ßeitfe^rift  toorplegen, 
füllte  id)  midj  baburdj  ermutigt  bag  e$  mir  burd)  bie  greunb* 
lidjfeit  ber  JBorftänbe  unb  Beamten  be*  SKarburger  unb  be3 
©e^etmen  ©taatSard>io$  in  ©erlitt  ermöglicht  tourbe,  jum  erftett- 
mal  bie  auf  unfer  £f>ema  bezüglichen  flften  beiber  3rd)iüe  ju 
benu$en,  unb  bog  id)  aud)  einigen  gtugfdjrnten  unb  3e^un8en# 
bie  au|erf>alb  Reffend  nidjt  leidjt  ju  finben  fein  bürften,  manche 
SRitteitungen  entnehmen  tonnte,  bie  mir  für  bie  SBürbigung  ber 
Oeftrebungen  ber  3af>re  1848  unb  1849  bead)ten£mert  ju  fein 
fdjienen.  greilid)  trat  mir  gerabe  bei  biefen  Stubien  aud)  beuttid) 
entgegen,  toie  übel  e8  um  bie  Aufbewahrung  ber  letztgenannten 
Quellen  befteQt  ift1);  lebhaft  mürbe  baburd)  ber  SBunjd)  in  mir 
beftärft,  e$  möchten  bod)  oiel  häufiger,  als  e£  biSljer  gefdpü), 
Korporationen  unb  prioate  93ejlfcer  roertooDer  t)iftorifd)er  §anb« 
fünften  unb  SDrucffadjen  biefe  in  öffentlichen  Sammlungen  bepo* 
nieren;  baburd)  merben  biefe  Quellen  nidjt  nur  miffenfd>aftlidjer 
gorfdjung  gugänglidpr  gemalt:  fel>r  oiel  beffer  mtrb  fo  aud) 
für  t^rt  (Spaltung  unb  Orbnung  geforgt  Sei  ben  gegemoto* 
tigen  3uftänben  totrben  meine  Mitteilungen  ju  Dielen  Srgan* 
jungen  ÜRaum  (äffen;  cd  mürbe  midj  freuen,  menn  foldje  retdjlid) 
geliefert  unb  baburd)  toehere  Slufflärungen  über  bie  ®ei$td)te 
biefer  für  Reffen  unb  5)eutjd)lanb  bcbeutungäooQen  3fit  ^ 
anlaßt  mürben. 


1    ihn«   irte   $trin.;e   3  credit   auf  unfertn  9iblio:befai   bet   Änf» 
betpetrune;  ron  vv:i:,JR^en  ua^  »Jliu^rrten  au*   frer  ^erMutionfjrit  qe* 

fRarimrser  $r^e  vr*  iv:::r:^  s  3:^:1  ubsr  ^::  ^frv.»"^n; Entwarf  ber 
Sieben«  ^t:  r:Ä  r.:£:  -u;  ^r  *ait::it;::t  Un:r:r"::::*?:?::o:t;:  £benfo 
bc»l$t  »eter  fc«»e  noi  ^:e  r::ir2'.:u*  cirr.a'.uRj  ^r-efter  £,r*":aca  asf 
btw.  Äa^ur^er  *r£:?  r^s  ^.?  «ir.><*::r: vre!  :r.    tu^i  ?ca  >er  bnnflj 

i^reapldr:  e:n  ;^..tr^  ;a:0  :r  rr:  r.^r^^r.  :i  ?4  c::  2^  ^:^  ^;zianttm 
Cittn.    n::e   :r.   t^erl  r.   u::>   v» .::•-:.-:     r^rc.r:^>    ;:rur:   !:»::*.    in   ^r 


Vteinungen  in  ÄurWfen  über  ba*  beutfdje  Äaifertum  tc  69 

Äud)  für  bie  und  6efdf)äftigenbe  grogc  ift  e*  uid^ttg,  boran 
ju  erinnern,  tote  manche  gäben  fdjon  toor  1866  ba*  f>efflfd)e 
Sanb  mit  bem  preufeifd&en  Staat  toerfnüpften  unb  ttrie  metjr  a(* 
eine  gamitientoetbinbung  )tmfd)en  bem  alten  l>efftfd)en  gürften* 
Ijaufe  unb  ben  §ot)enjoQern  gefdf)loffen  toar.  Reine  preufeifd&e 
$rin&effin  aber  tourbe  *>on  bem  tyeffiföen  Statt  fo  fe^r  gefeiert, 
al*  bie  ©djtoefter  griebridj  aBtttjelm«  III. ,  bie  „Statur  unb 
Stunftliebenbe  gürftin",  ju  beren  Staren  SRarburger  Sürger 
ba*  Denhnat  auf  ber  na$  it>r  benannten  0uguftenruf)e  er» 
richteten. 

„3>ir  leuchtet  *lar$eit  frtfd)  Mm  Angefügt, 
Som  Äuge  ©utfceit,  öleblidtfeit  öom  aRunbe": 

in  biefen  SSerfen  f)at  fie  befanntlid)  ©oetlje1)  befangen;  aber 
tyat  fie  baburdj  bie  §erjen  Dieter  Reffen  gewonnen,  fo  f)at  fie 
ben  if>r  9läd)ften  nid)t  ju  fcffeln  bertnodjt,  unb  ttrie  iljr  eigenes 
ift  arg  ba*  fieben  if>re*  ©olpte*  burd)  bie  groiftigfeiten  jmifd>en 
Ujr  unb  tyrem  ©ema^t  getrübt  toorben.  SBer  ben  legten  ftur« 
ffirften  geregt  beurteilen  min,  ttrirb  nie  Dergeffen  bfirfen,  ttrie 
fdjtoer  feine  3ugenb  getoefen  ift;  barin  ftimme  id)  ganj  ben  pretät* 
unb  gefjaltboHen  Ausführungen  ju,  bie  fein  lefcter  Äabinet*rat 
am  100.  ©eburt*tag  be*  Äurfürften  vorgetragen  l>at2),  unb  gt> 
ttri§  aerben  mir  alle  ©d)imtnelpfeng  befonber*  banfbar  für  bie 
genaueren  Äufftirungen  feinr  bie  er  über  bie  nafjen  Sejiefjungen 
be*  fturprinjen  ju  Verriebenen  SRitgtiebern  be*  §ot)enjoQernfdjen 
$aufe*  und  gebraut  \)at. 


')  $a*  im  Quli  1809  an  eine  „fjo^e  ffieifenbe",  bie  bamalige  Stuu 
|>rinjeffin  Äugufte,  Don  ®oet$e  gerichtete  ©cbidjt  ift  in  ber  «Beimarer  Äu*« 
gabc  2,  152  f.  abgebrudt.  Sgl.  über  fie  ©tengel,  ©etfeijungen  ber  ©rüber 
«Timm  ju  fcefien  1,  26.  411  ff.;  2r  237  ff.  £reit[d)ter  Seutföe  <Bef4t4te 
3,  630  ff.;  4,  127  ff. 

')  $er  Vortrag  Don  ©djimmelpfeng  ift  im  3a1)rgang  1902  ber 
$effifd)en  Blätter  abgebrudt.  Sine  entgegengefefete  $iftortfd)e  unb  polU 
tifa>e  «uffaffung  »ertreten  @Dbel  in  feiner  juerft  im  71.  ©anb  biefer 
£eitfd)rift  unb  bann  in  feinen  Vorträgen  unb  %b$anblungen  <5.  216  ff.  Der* 
öffentlichen  d^arafteriftif  $affen»>flug*  unb  Otto  Hartwig  in  ftr.  1  be* 
18.  3a^rgang«  ber  „ftation".  Unter  ben  im  16.  Sa^rgang  be*  „$ef)enlanb" 
jufammengefteQteu  äu&erungen  über  ben  fturfürften,  ju  benen  fein  100.  <8>e« 
burtfttag  ben  Bnlafi  gab,  ift  befonber*  beadjtendroert  bie  $lnft>rad)e,  bie 
ttbmarb  €d)röber  im  ftuguft  1902  in  ber  QeneralDerfammtung  be*  $effifd)en 
4kf4icfy*Derein*  bielt  unb  in  beffen  3eitf*rift  9*.  &•  27,  273  ff.  Der* 
dff  entließe. 


70  (L  Sarrentrapp, 

(Sine  Störung  biefeä  93erf)5ltniffe$  aber  trat  ein,  atä  bic 
SBerbinbung  beS  Äurprinjen  mit  ©ertrub  Seemann  ©ifferenjen 
aud)  jtirifdjen  itjm  unb  feiner  Butter  herbeiführte,  unb  gesteigert 
timrbe  bic  SWrfefttmmung  befonberS  jtmfdjen  it)m  unb  flönig 
gfriebridj  SBifyetm  IV.  in  bem  für  beibe  fo  bebeutunflätootten 
3al>r  1847.  Ser  preu&ifdje  ©efanbte  in  Staffel  berichtete  1848, 
namentlich  feit  ben  ©bitten  com  3.  gebruar  1847  f>ätte  bie 
Ijeffifdje  Regierung  „in  bejug  auf  SßreufeenS  (Stellung  an  unfjatt» 
baren  Vorurteilen  laboriert".  ?lnbrerfeit£  erflärte  fidj  ber  Röntg 
@nbe  1847  beftimmt  gegen  ben  ?ßlan  eine«  ©taatSftreidjä,  mit 
bem  ftd)  ber  nun  burd)  'feinet  SBaterS  %o\>  Äurfürft  geworbene 
f)effifdje  Regent  trug.  3Bie  fieopotb  b.  ®ertad)  in  feinen  3)enf* 
mürbigfeiten  berietet1),  fagte  ber  Äönig  $u  Üjm,  ber  Äurffirft  fei 
ein  böfer  SRann,  mit  bem  man,  ftenn  er  fo  ettoaS  täte,  nid)t3  ju 
f Raffen  Ijaben  fönnte,  jebod)  mürbe  er  feinenfalte  ©fanbale 
toie  1830  leiben,  fonbern  etnrfiden  aus  bemfelben  Siebte,  mie  man 
baS  3)ad)  eine«  brerfnenben  9iad)barf)aufe*  abriffe.    §ier  aber 

l)  StatrtDÜtbigfeiten  öon  fieopolb  ö.  ©eriac$  lf  125  f.  ßeopolb*  ©ruber 
Subtotg  fcftrtcb  in  feinen  Hufjeidmungen  über  ben  „MuSbrudj  be8  böfen 
©efdjmür«  in  Äur^effen"  im  3afce  1850  äfafufc:  w$a«  formelle  ffiedjt  mar 
mefcntlidj  auf  feiten  be«  Jhirfürfren,  benn  ber  ^effifdje  ÄonfritutionaliSmu« 
burfte  fid)  nur  in  ben  ©tftranfen  bemegen,  roeldje  für  bie  einzelnen  beutfdjen 
Staaten  burdj  bie  Stanbeägefcfce  Don  1820  feftgcfteüt  waren.  51  ber  ber 
arge  S&arafter  bc8  fturfürften  unb  bie  geroaltfame  rücfftdjtS*  unb  taftlofe 
$oütit  unfereS  greunbeS  ftaffenpflug  öerfdjafften  ben  Hjnen  feinblidj  gegen- 
überftel)enben  JRebolutionärS  nidjt  blofe  ben  ©djein  be3  SRedjt«,  fonbern 
audj  nnrflidje  SRedjtSgrünbc  —  foioeit  öon  SRedit  nod)  bie  föebc  fein  fann, 
wenn  ejtrcme  »übe  SRcöolutionärd  e8  fcanbljaben."  3afob  ö.  ©erladj,  (Srnft 
ßubmig  0.  ©erlacfc  2,  109.  S)a3  SRifetrauen  beS  Äurfürften  gegen  bie  1847 
öon  feinem  föniglidjen  fetter  beobachtete  ^olttif  rourbe  roo$l  babura> 
gefieigert,  bafc  er  glaubte,  fte  fei  burdj  Staboroifc  beeinflufct,  ber  früher  für 
ben  Jhirprinjen  wie  für  beffen  SRutter  eingetreten  unb  beSljatb  in  #ur= 
Reffen  »erfolgt,  bann  aber  aud)  in  ©egenfafc  $u  bem  ffurprin&en  getommen 
mar.  SSgL  über  ftaboroty  auger  ber  öon  Siliencron  in  ber  9lUg.  $eutfd)en 
©iograö^ie  27,  152  angeführten  Literatur  bie  Wufaeidjnungen  öon  Seopolb 
unb  Subtrng  ö.  ©erlacf)  unb  Snbeld  Segrünbung  be3  3)eutfdjen  Steid)«  an 
ben  in  ben  Dtegiftern  bief er  Sucher  öeraetdjneten  ©teilen ;  Xreitfdtfe,  3)eutfdje 
©efd)id)te  3,  532;  5,  20  ff.,  92  ff.,  699  ff.;  Slrnet^  «u*  meinem  Seben 
1,  407  f. ;  ftactfafjl,  $eutf*tanb,  ftriebri*  2M§elm  IV.  unb  bie  3Rärj* 
reöolution  ©.  18  ff. ;  SReinecfe  $.  3-  89,  31  ff. ;  Jftimme,  gorfa^g.  &.  branb. 
u.  preufe.  ©ef*.  16,  548  ff.;  Slugufte  @4roebe8r  E&eobor  @d»roebe*  6.  7» 
unb  bie  Hufjäfce  im  1.  u.  4.  93b.  be£  Sa^rgangS  1850  ber  ©rcnjboten  unb 
im  2.  «latt  ber  Äöinifc^en  Seitung  üom  5.  3u(i  1885. 


Meinungen  in  Jhu$e|fen  übet  baft  beutfd)e  Jtaifertum  ic.  71 

ftänbe  ba$  brennenbe  §au$  mitten  auf  bem  eigenen  §of. 
©crlad)  felbft  fällte  bann,  als  er  perfbntidj  in  Äaffcl  ftdj  um« 
gefeiten  tjatte,  folgenbeä  Urteil:  „$ier  im  Sanbe  regiert  ein  ftürft, 
ber,  tote  e£  fdjemt,  ein  bdfe«  §erj,  abfoluttftifdje  ©eftnnung, 
$abfud)t  unb  SRanget  an  Siebe  ju  feinem  Sanbe  fjat.  Sieber 
I>eut  als  morgen  toürbe  er  ftdj  ber  JBerfaffung  entlebigen,  loa* 
einige  (Entfd)ulbigung  barin  finbet,  bafe  biefe(be  burd)  Aufruhr 
unb  bbfe  Dinge  entftanben  ift.  Die  Regierungen  feiner  betben  $or* 
ganger  Ratten  aber  ju  biefem  Sufruip  gereijt  burdj  ©eig,  9Raitreffen* 
ttrirtfdjaft  u.  bgl.  Der  jefetge  $err  ift  nid)t  beffer,  beljanbett 
feine  Diener  mit  Saune  unb  $&rte,  jo  bafe  alle*  üor  ifcm  jittert, 
fein  SBort  ju  fagen  toagt  unb  beS  Ärgften  getoärtig  ift.  Deffen* 
mtgead)tet  bat  ber  Äurfürft  Diener,  bie  feine  9ted)te  beffer  ju 
loatyren  toiffen  gegen  ben  Änbrang  be$  3eitgeifte3  burd)  bie 
©tänbe  als  bie  unfere*  ÄönigS.  Xrofcbem  fetylt  f>ier  bie  $afi* 
meljr  al«  bei  un*.M 

ftbntid)  gefinnt  fear  audj  ber  bamalige  preu&ifdjc  ©efanbte 
fat  Äaffel,  ber  au*  bem  fatboltfdjen  «bei  ffieftfalen*  entfproffene 
©raf  ©alen.1)  ©r  bezeichnete  nidjt  nur  baS  Sßrinjip  ber  Solfö* 
foutoeränität  ald  baä  „ biabolifd>e  ^ßrinjip  unferer  Sage" ;  er  ur- 
teilte ungfinftig  audj  aber  gem&gigte  Vertreter  liberaler  9n« 
fdpuungen.  SGodj  nadj  bem  ©turj  ber  alten  furljeffifdjen  9fegie> 
rung  im  SRärj  1848  äußerte  er,  fie  fyätte  «auf  tbeoretifdjem 
gelb  Hd)tung  toerbtent";  aber  er  fefcte  tynju:  „fie  fear  bem 
gürften  gegenüber  ju  fd>umdj  unb  bem  Sanbe  gegenüber  ju  fdjroff, 
um  gute  praftifdje  Sfefultate  ju  erjeugen.  *  SBie  in  feinen  burd) 
Zreitfdjfe  benufcten  Depefdjen  au*  bem  Vorangegangenen  Satjr, 
mied  er  aud)  in  feinem  erften  Seridjt  auä  bem  3al)re  1848 
barauf  l)in,  bag  SRaferegeln  ber  Regierung,  „anftatt  befd)mid)tigenb 
auf  bie  ©timmiftig  be$  Sanbe*  einjutoirfen,  gerabe  ba£  ©egenteil, 
unb  tote  mir  fdjeint,  tobllig  unnötigertoeife  hervorrufen  mugtenM. 
©o  toirfte  bie  Unterfudjung,  bie  gegen  SBippermann 2)  Verlangt 

l)  Sgl.  Xreitfafe«  Urteil  über  ben  „ffreng  flerifal  geftnnten  ®raf 
•alen,  ber  wegen  bet  tölntfdpn  Bifdjofftreit*  aut  bem  biplomatifdjen  Dtenft 
autgefd)ieben,  unter  bem  neuen  Äöntg  jebod)  nrieber  eingetreten  mar",  .in 
feinet  $eutf$en  Qeföitye  6,  663. 

')  Über  fBUtefm  ©Hermann  f.  ben  Ärtifel  feine«  So&ne*  in  ber 
Hag.  $eutfd>en  ©tograj>$ie  43,  515  ff.,  bie  f)ier  <8.  517  üerjei^nete  Literatur 
unb  «riefme^fel  jroij^en  Stü&e  unb  2)etmolb  32,  97,  162,  232,  270. 


72  <£.  SJarrentraW, 

mürbe,  um  tfjn  toon  ber  ©tänbetoerfammtung  auSjufcfttiefeen,  in 
bie  er  gemäijtt  mar;  fic  fdjabete,  urteilt  ©alen,  ber  Steuerung 
„meljr,  a(3  bic  Slntoefent>eit  biefeä  atterbing*  liberal,  aber  ntdjt 
rabifal  gefinnten  unb  äufcerft  fähigen  SRanneS  e3  t>ätte  tun  tonnen", 
gerner  mürbe  eine  „ beben fltdje  Aufregung"  burdj  ba*  Vorgeben 
gegen  brei  Dffijiere  be$  ©arberegimentä,  Hauptmann  @ngell)arbt, 
ßeutnant  33e&  unb  fleutnant  toon  Gelaufen,  erjeugt.  ©ie 
Ratten  i&rem  ftommanbeur  tyre  Qmtfd  geäußert,  06  mit  bem 
früher  toon  ben  Offijieren  geleifteten  6ib  auf  bie  SBerfaffung  e$ 
fidf)  vertrage,  bafc  ber  neue  Äurfürft  jefct  einen  neuen  ©b  forbere, 
in  bem  ber  JBerfaffung  nidjt  gebaut  mürbe,  unb  biefe  tyre  unb 
bie  Haltung  ber  ©rofemädjte  Ratten  jufammen  ben  Jhirfürften 
beftimmt,  feinen  Sßlan  eines  ©taat$ftreid)3  aufzugeben;  nun  aber 
mürben  bie  genannten  Offiziere  jur  ©träfe  berfefct.  „@ie  ge* 
hörten",  berietet  ©alen,  „ju  ben  beliebteften  unb  angefe&enften 
Offizieren  beä  ^Regiments,  unb  allenthalben  fprtcf)t  fid)  unter 
Änerfennung  ber  $üd)tigfeit  ifjrer  ©efinnung,  bie  nidjt  im  ge* 
ringften  jum  2)emagogentum  hingeneigt  f)aben  foH,  bie  Über* 
jeugung  aus,  ba§  fie  nur  roafjre  ©emiffenäjmeifel  iljrem  Äom* 
manbeur  vorgetragen  Ratten."1) 

35iefe  unb  anbere  öon  ©alen  berichteten  SBorgänge  fteigerten 
bie  „allgemeine  Unjufrieben^eit.  3)ie  ©ef)nfud)t  nad)  SBer&nbe» 
rangen,  fdjrieb  er  am  28.  gebruar  nad)  ber  erften  Äunbe  üon 
ber  Devolution  in  ?ßari$,  burefoietjt  fo  mächtig  alle  klaffen,  bafe 
felbft  ba$  fonft  fo  lebhafte  f)effi)d)e  Siationalgefütyl,  ba£  burd)  bie 
fdjarf  ausgeprägte  Snbiüibualitat   biefeS  beutfdjen  SBolteftammS 


l)  $>aran,  ba&  nur  „matjre  ©etoificn^tocifcl"  bte  brei  genannten 
$effifd)en  Offiziere  bei  tyrem  Sorgeljen  beftimmten,  mirb  niemanb  jmeifelu, 
ber  ba8  ©lud  gehabt  Ijat,  einem  Don  iljnen  perfönltd)  näherzutreten:  ben 
urfunblid>en  Semeid  bafür  liefert  ein  2agebu$  Don  Söilljelm  löefe,  ba*  ein' 
ftufe(en  mir  (eine  Äinber  erlaubten.  (Singetjenb  (Gilbert  bie  Haltung  ber 
hntfeffifaen  Offiziere  1847  Ctto  ©erlanb,  3ioei  3Renfdjenalter  for$effifd)er 
©efcfcidjte  (ßaffel  1892)  ®.  23  ff. ;  feiner  ©emerfung  auf  ©.  29  gegenüber, 
8ej$  fei  ben  golgen  ber  ©traföerfefcung  „baburd)  au&genridjen,  ba&  er  in 
ben  ÄtiegSbienft  ber  ©tabt  Hamburg  trat",  ift  baran  ju  erinnern,  bafj, 
ba,  mie  ©erlanb  felbft  Ijeröor^ebt,  bie  3Rär£reoo(ution  ben  Jhtrfürften  jmang, 
bie  ©traf öer fefcungen  jurücfjune^men,  aud)  33t&  balb  nad>  Gaffel  juräd* 
teerte  unb  bann  erft  1850  mit  ber  Ttt^x^l  feiner  Äamcraben  ben  ttbfdjieb 
forberte  unb  nad)  Hamburg  ging,  tuo  er  bann  fpäter  ftommanbeur  ber 
bortigen  Xruppen  mürbe,  bie  er  nod)  in  bem  ftriege  Don  1866  geführt  fjat. 


Meinungen  in  ftur^effeit  über  baS  beutfdje  ftaifertum  2c.  73 

tiner  bebeutenben  (Sntuncftung  fäljig  getoefen  nräre,  bem  (Srtöfc^en 
natje  tft."  Daburd)  tourbc  „ba$  gelb  gum  frtfd&en  Smporteimen 
brt  überall  je^toudgeftreutenSteüolutiondfQat  bereitet";  aud)@aten 
fjielt  ber  toad>fenben  (Störung  gegenüber  3ugeft&nbniffe  ber  Sie« 
giernng  an  bie  populäre  Semegung  unb  SBeränberungen  be* 
SRtntfteriumS  für  geboten.  Qu  tynen  entfd)lofe  ftd)  ber  Jturffirft 
freilief),  toie  er  bem  preu&ifdjen  ©efanbten  mitteilen  lie&,  „nur 
mit  größtem  SBibernnllen"  nnb  nur  in  ber  Überzeugung,  bag 
„eine  (fingere  Steigerung  in  §anau  enttoeber  ju  bem  Änfdjlufi 
an  S)armftabt  ober  jur  $rof(amierung  ber  fflepubtif  ober  ju 
einem  5retfd>arenjug  nad)  Stoffel  geführt"  l)ätte.  $u  cnergifdjem 
Äampf  gegen  bie  Hanauer  tyatte  aud)  (Sälen  nic^t  raten  mögen, 
fo  fdjarf  er  bie  von  iljnen  an  ben  fturfurften  gerichtete  Äbreffe 
Verurteilte.  (Er  nennt  fie  in  einem  JBeridjt  vom  12.  SKärj  „bie 
fredrfte  eingäbe,  meiere  beutfd&e  Untertanen  je  an  ifpen  gürften 
gerietet  ^abenM1),  aber  er  fanb  e$  mdjt  nur  fdjon  bamal«  erflfir* 
lid),  bafj  aud)  ber  Dberbürgermeifter  von  §anau  in  ber  groangälagc, 
in  bie  er  gebraut  xvax,  fie  untertrieben  Ijatte;  wenige  läge 
barauf  billigte  er  audbrüdüd),  bog  (Sberfjarb  unb  anbere  äRänner 
„von  gemä&igt  liberaler  ©efinnung"  in  ba$  SRtnifterium  berufen 
toaren.  „HUeä  toirb,  fdjrieb  er  am  16.  SWärj,  jefct  barauf  an« 
fommen,  ob  biefe  genug  Unab^fingigfeit  unb  geftigfeit  entmideln, 
um  auf  ber  einen  Seite  bem  Surften,  auf  ber  anbem  ber  SRevo* 
lution  ju  imponieren;  benn  leiber  ift  fjierjulanbe  baÄ  eine 
ebenfo  nottvenbig  tote  baS  anbere. M  SBie  mannigfache  gro&e 
€d)toierigfeiten  oon  beiben  ©eiten  ben  neuen  2Hiniftern  bereitet 
tourben,  bad  tritt  und  aud)  in  ©alenä  ©eridjten  anfd)aulid)  ent* 
gegen:   um  fo   metyr  toünfdjtcn  fie   eine  ©tage  in  $reufeen  ju 

')  (Sin  Srafftmiie  biefer  Hanauer  Äbreffe  vom  9.  SWttrj  f.  bei  $an* 
»lum,  2>ie  beutft&e  Devolution  1848—49  S.  184.  ftriebri*  fetter  erjagt 
in  {einen  £eben$erinnerungen  1,  298,  bafy  nad)  (SberQarbt  Umerfa)rift  biefer 
Äbreffe  mt%  faft  allgemein  in  Äaffel  tjtefc:  nun  fann  ©bewarb  bem  Sftir* 
ffirften  ntdjt  me$r  jugemutet  »erben.  3d>  meinte  im  (Gegenteil,  ba&  (Eber= 
barb  nun  erfi  redjt  Winifter  bc$  3nnern  werben  muffe,  bafj  er  jefct  boppett 
ber  Wann  fei,  ber  über  olle  Sdjtmertgfeiten  tymoe  greifen  unb  namentlich 
bie  Stabt  fcanau  oor  Unheil  bemalten  fönne.  Weine  Qrünbe  fanben 
Inttang.  $>er  ffurfürft  lieg  flc^  fd)lie&lid)  überzeugen  unb  bemegen.  (Sber* 
barb  mürbe  in  ber  2at  SRintfter."  ©gl.  über  ©bewarb  au&erbem  Ctfer* 
Sebenterinnerungen  2,  219  ff.  unb  bie  von  Äarl  ©typermann  in  ber 
fcflg.  £>eutfa>en  ©iograpljie  6,  566  f.  Derjeidjnete  Literatur. 


74  (S.  SarrentroW, 

ftnben,  unb  aud)  ber  Äurffirft  jetgte  fidj,  tirie  ©alen  am  16.  9Kärj 
melbete,  „entfdjloffen,  in  ber  ©efaljr  be$  Hugenblute  unbebingt 
unb  ol>ne  Rücfyalt  fid)  Sßreufcen  in  bie  Arme  ju  toerfen  unb  bent 
Don  bort  auägetyenben  Smpulfe  in  jeber  SBejiefjung  ju  folgend 
3n  ben  erften  SRärjtoodjen  l>atte  er,  ben  iljm  brotyenben  ©efafjren 
gegenüber,  fid)  eoentueD  einer  Unterftü^ungburc^preugifc^eXruppen 
ju  toerftdjern  gefugt1);  jefct  erflärte  er  fid)  einoerftanben  mit  bem 
ättrifdjen  Sßreufeen  unb  Dfterretdj  vereinbarten  Äongrefc  ber  beut« 
fd)en  Regierungen,  auf  bem  Reformen  ber  beutfd)en  SBerfaffung 
beraten  Kerben  foOten;  ja  er  wollte  fid)  baju  felbft  nadj  SßotS* 
bam  toerfflgen.  81m  20.  SRärj  aber  tourbe  ber  l|efftWe  ®efanbte 
in  Berlin  beauftragt,  fdjleunig  Radjridjt  ju  geben,  ob  nodj  bie 
Eröffnung  be$  ftongreffeg  am  25.  beabfidjtigt  toerbe  nad>  bem, 
„toa$  fid)  in  ben  legten  Sagen  begeben  f>at,  ber  Steigerung  füb* 
beutfdjer  Regierungen,  an  bem  ftongref*  teiljune^men,  bem 
$atent  toom  18.  unb  ben  in  fo  beflagenSmertem  Umfang  in 
Berlin  aufgebrochenen  Unruhen".  SDurd)  fte  tourbe,  tute  ®alen 
betont,  aud)  ba«  3utrauen  ber  ^effifc^en  Regierung  ju  $reufeen 
erfdjüttert;  fie  übten  einen  toerljangnisooflen  ©nflufe  aud)  auf 
bie  Drbnung  ber  beutfd)en  SJerfaffung. 


')  3n  feinen  «engten  Dom  7.  unb  13  3Rär$  madjte  ber  $eftffd)e 
©c (an bte  in  Berlin  bem  jhirfürften  Mitteilungen  über  bie  Haltung  ber 
preufufäen  Regierung  gegenüber  ber  $itte  um  Unterftü&ung  burm  preufjifäe 
Gruppen,  bie  ber  Äurfürft  in  einem  peribnlitben  ©abreiben  feinem  fönig* 
lidjen  fetter  Vorgetragen  batte.  Unter  ben  9?ad>rid)ten  be*  ^efjifd)en  ©e» 
fanbten  aud  bem  iVärj  1848  über  Dreufeüdje  $erbä(tnijje  jefteint  mit 
befonbcrsJ  beachtenswert  ju  fein,  ma*  CcbS  om  14.  SRärj  über  eine  Äubienj 
mitteilt,  bie  ibm  au  biefem  Sage  ber  i*rin$  Don  ^reu&en  gewährte.  Stonad) 
jagte  bie' er,  „ba6  bie  jept  bringenb  nötige  wabre  unb  wirf(id)e  Sin^eit 
$eutjd)laub<>  nur  baburd)  erhielt  werben  tann,  bafc  ein  großer  Staat  fta> 
an  bie  «pifce  fteüe  unb  bie  Leitung  übernebme.  Cfterreid)  fei  ba$u  au& 
befannten  tövünben  gegenwärtig  nid>t  imftanbe:  biefe  »olle  falle  ba^er 
$reuf$en  ^u.  Stad)  $eiettigung  ber  jelU  brobenben  l»efabren  mürbe  Öfter* 
rtid)  wteber  n>ie  biSber  feinen  iSinflufc  auf  bie  Leitung  ber  beutidjen  An» 
gelegenbeiten  übernebmen  unb  alle  f ruberen  $erbaltmite  mürben  »ieber 
eintreten,  f8enn  aber  $reu6en  auf  biefe  Vtvt  genötigt  wäre,  für  ganj 
$cutfd)lanb  ju  banbeln,  fo  war*  ibm  aueb  bie  Suüimmung  unb  bat  Set« 
trauen  be*  beutfd)en  Stalte*  evtovbeilid)  flu*  biefem  Ohunbe  unb  um  baS 
Vertrauen  be*  preufciiftVn  Stalte*  v*u  ftablen  unb  fein  €elbügefübl  $u 
beben,  werbe  bie  l>reui»f«V  Wegicumg  füto  wabvicbnuUcb  Deranlafct  ftnben, 
ben  früber  beabfictotigten  iujtematmtKii  l^aug  in  ber  vsmwicflung  ber  Der^ 
faffungSmäBigen  formen  iU  befvbleuiugeii.    £*er  $unt  Don  $reu$en  fügte 


SRetnungen  in  Äurljeffen  über  ba*  beutfdje  Jtaifertum  jc  75 

SRodj  rjor  bem  18.  SRärj  fjatte  ben  (Sntttmrf  einer  neuen 
beutfefcen  SBerfaffung  einer  ber  SWitbegrfinber  unfere«  S3erein«, 
ftarl  JBernljarbi,  ju  fdjreiben  begonnen;  am  23.  nmrbe  er  rjon 
tl>m  tooHenbet.  (SBer  in  Sem^arbt^  ©elbftbiograp^ie1)  getefen  f)at, 
tote  er  fd)on  als  jeljnjäljriger  Änabe  fidj  mit  bem  ®ebanfen  be* 
fd)&ftigte,  „bie  ftriegäfunft  rjon  ben  granjofen  ju  lernen,  um  jte 
bemnädtft  gegen  fie  fetbft  in  ?Inmenbung  ju  bringen",  tote  er 
bann  in  [einer  ©tubentenjeit  arn  erften  Öurfd)entag  in  Sena  teil« 
naljm  unb  I|ier  mit  „eine  Siebe  als  ©tjmbol  unfereS  Streben« 
pflanzte",  unb  feine  beutfd)*nationale  ©efinnung  aud)  in  feiner 
amtlichen  Zätigfett  in  ben  SRieberlanben  unb  in  Staffel,  tooijui 
er  als  Safob  ©rimrnS  9iad)folger  berufen  mar,  ftetö  befunbetc: 
ber  bürfte  eS  nic^t  für  unroal>rfd)einlid)  galten,  bag  biefer  eifrige 
Patriot  aud)  f$on  im  2Rärj  1848  für  ein  beutfd)e*  Äaifertum 
eingetreten  fei.    Sin  fotefter  ©ebanfe  aber  (ag  SBernfjarbi  bamate 


tynju,  bafe  e*  hinlänglich  t>on  iljm  befannt  fei,  rote  tpenig  er  geneigt  fei, 
ba*  ©eil  be*  Staate«  in  ben  (ogenannten  t*erfaffung*mä&igen  Garantien 
}U  fudjen,  ba*  patent  Dom  3.  JJfebruar  mit  einer  aflmäl)li(ben  öorfld)tigen 
(Sntnntflung  ljabe  tbm  bisher  genügt;  allein  unDorl?ergefef)ene  Umftänbe 
erforberten  früher  nidjt  beabfidjtigte  9Raf$regcIn.  flu*  biefer  «bftdjt  ber 
preufeifd>en  $oIitif,  bie  Seitung  ber  beutfdjen  Angelegenheiten  ma^renb  ber 
jeftt  broljenben  (Stefafjren  ju  übernehmen  unb  mit  ber  ge^offten  3uftimmung 
aller  magren  $eutf$en  allgemeine  SRa&regetn  ju  treffen,  meiere  fuber  auf 
bem  ftongref)  *u  Bresben  in  3?orfd)lag  fommen,  erWärt  fict)  $reufien* 
ttbgeneigt^eit,  burd)  einzelne*  (Sinfdjreiten  r*or  ber  Qtit  SRi&trauen  unb 
WiBftimmung  ju  ermerfen".  Über  ba*  ftongreftfnrojett  t*gl.  fRac^fa^I  im 
3.  unb  4.  $eft  be*  3aljrgang*  1903  unb  im  1.  §eft  be*  3abrgang«  1904 
ber  £>iftor.  $iertetjaljrfd>rift,  über  bie  Haltung  ber  fübbeutfdjen  Regierungen 
fceinrid)  o.  Öagern*  ©iograpfte  feine*  ©ruber*  ftriebrid)  2,  698  ff.  unb 
bie  Senfroürbigrciten  be*  fcerflog*  ©rnft  Don  Coburg  1,  270  ff. 

l)  $embarbi*  Selbftbiograpljie  f.  in  ber  Don  <$er(anb  herausgegebenen 
3fortfefeung  ber  ©trieberfdjen  ^efftfe^en  &ele(rtengei$id)te  1,  *  ff  33ßl-  aua> 
«Itmflller  in  ber  910g.  $eutf<ben  ^öiograp^ic  2,  460  f.  unb  SBidjmann,  $enf- 
»ürbigfeiten  au*  ber  ¥aul*firdje  6.  470.  ©ie  SBernfarbi  Don  Äbgeorbneten 
be*  Jranf furter  Parlaments  gef  d)äfct  rourbe,  jetgt  fein  Stammbud),  au* 
bem  3R.  ©.  Sdmtibt  im  Sejrtcmberbeft  be*  3a$rgang*  1902  ber  Seutfdjen 
Retme  unb  in  9?r.  24  be*  gafyrgang*  1902  be*  „^effenlanb"  niele  inter= 
efiante  ©intriige  mitteilte.  1854  fprad)  Safob  ©rtmm  ©ern^arbi  au*f  in  ibnen 
beiben  breche  „niemal*  bie  Siebe  ju  3)eutfd)lanb  unb  ^u  Reffen  ab.  H^ag 
aueb  ber  Summer  unb  ba*  2eib,  bie  mir  um  beibe  tragen,  folange  unfer 
Seben  mä^rt,  fdjroerlicf)  meinen,  glürflidjere  ^aa^fommen  in  befferer  Qtit 
»erben  un*  ba*  3^ugni*  nia^t  oerfagen,  bag  roir  reblia^  nad)  unferem 
Vermögen  jur  (Sr^ebung  be*  $aterlanbe*  mitgeftrebt  unb  mitgemirft  Ijaben." 


76  (£.  gforrentraW, 

offenbar  nod)  fern.  SBol)I  tofinfcfye  er,  toie  feine  3)enffd)rift  ent* 
toidelt,  au8  nationalen  {Rfidfidjten  in  ber  SKtütärDernmltung  ju 
Sanb  unb  SBaffer,  in  ^anbete*  unb  8oüan%tU$trit)tittn,  in  ber 
©efefcgebung  aber  bte  allen  ©eutfdjen  jugefidjerten  SRec^te,  in 
ben  Sejieljungen  jum  SüuSlanb  unb  enblid)  aud)  für  bte  2tuf= 
bringung  Don  (Seibern  fär  allgemeine  ftmde  bie  ©etbftänbigfeit 
ber  Sinjelftaaten  befd)rän?t  ju  fetjen;  nidjt  minber  aber  toar  er 
barauf  bebaut,  biefe  fotoeit  irgenb  möglid)  ju  magren.  „SBeit, 
toie  er  fdjreibt,  fonft  bie  SRebiatifierung  ber  Surften  unDermeib* 
lid)  fein  ttürbe",  erflärte  er  fid)  bagegen,  ein  Sunbe^aupt  auf 
Sebenöjett  ju  ernennen;  Dietmeljr  fd)lug  er  Dor,  „bie  öunbeä* 
Ijauptmannfdjaft  unter  ben  fedjä  Königen  ioedjfeln  ju  laffen". 

©o  enttüicfelte  er  ätjnlidje  (Sebanfen  tote  balb  barauf  Llfylanb, 
ber  bei  ben  ^Beratungen  ber  17  Don  ben  einzelnen  beulten  Sie» 
gierungen  bem  beutfdjen  ©unbeätag  bamate  beigeorbneten  93er* 
trauenömänner  oorfdjlug,  bafe  „ba8  9teid)dobertjaupt  auä  bem 
ÄreiS  ber  regierenben  Häupter  3)eutfd)fanb$  auf  je  fünf  Satire  ge* 
to&fylt"  toerbe.  greifid)  ttmrbe  biefer  Antrag  Don  ben  ©ieb* 
je^nem  abgelehnt;  aber  aud)  unter  if(nen  erflärte  fid)  nur  eine 
geringe  SRetyrtjeit  für  ba£  Don  S)al)lmann  vertretene  beutfdje  @rb* 
fatfertum.  SBeld)em  gürftenl)au3  biefe  SBürbe  ju  übertragen  fei, 
bad  f(atte  Stahmann  befanntlid)  ber  (Sntfdjeibung  be8  beutfdjen 
gürftenratß  vorbehalten  moüen ;  fdjon  na<$  anberen  ©eftimmungen 
fetneö  SSerfaffungSentnmrfS  aber  lonnte  lein  ßroeifel  barüber  fein, 
toaö  er  bann  aud;  fofort  fdjou  bantatö  in  bebeutfamen  ©d)reiben 
auöfprad),  bafe  er  ben  preu&ifdjen  Äönig  jum  beutfdjen  ©rbfaifer 
ergeben  rooHte.  ©ben  beäfyalb  aber  tourbe  fein  fßlan  nidjt  nur 
Don  anberen  beutjdjen  Regierungen,  fonbern  aud)  Don  weiten 
Areifen  be$  beutfdjen  93olfe$  beworfen.  2Bte  3)at)lmann3  el>e* 
maltger  ©djüler,  ber  neue  Äönig  3Moe  Don  Satjem,  befätnpfte 
biefen  feinen  Oebanfen  aud)  fein  früherer  MrbettS*  unb  Rampf* 
genoffe  in  Hannover,  ber  bort  je&t  eben  in  ba$  SRinifterium  be» 
rufene  ©tüDe.    SBie  fteQte  man  fid)  ju  ü)m  in  Äur^effen? 

')  3)ajj  bei  ber  Sibftimmung  ber  ©iebaeljner  über  bte  Jrage  be« 
iRetdjgober^aupteS  nur  ad)t  Stimmen  für  3)at)lmaun8  Antrag  abgegeben 
ttmrben,  geigt  bad  in  meiner  SluSgabe  öon  3)afjlmann8  Kleinen  ©Triften 
6.  383  benufete  SßrotofoH.  Über  SBatjernS  unb  ftannoöer«  ©rflärungen  in 
ber  SSerf äff ungSf rage  f.  bie  öon  $aul  SRotl)  unb  §einrtdj  SRercf  in  tljrcr 
Cueüenfammlung  &um  beutfdjen  öffentlichen  SRecftt  feit  1848  SBb.  1,  ©.  385  ff. 
herausgegebenen  Slltenftücfe ;  ©uftaö  ©tüöe,  3olj.  $arl  ©ertram  ©tüöe 
2,  31  ff.  unb  SBrieftoetffel  gmifeften  ©tüöe  unb  $etmclb  ©.  29  ff. 


SReinungen  in  Äurljejfen  über  baS  beutfdje  ßaifertum  je.  7? 

©et  ben  (Beratungen  ber  ©iebgefcner  über  biefe  mid)tigftc 
grage  mar  bie  furbefftfcfje  ^Regierung  nidjt  vertreten  gemefen. 
€>ic  l>atte  jum  SWitgtieb  biefe*  ÄoHegS  guerft  ©tyfoefter  Sorben 
unb  bann,  ba  biefer  batb  gum  8unbe$tag$gefanbten  ernannt  toat, 
©ippermann  beftimmt,  aber  audj  iljn  fdjon  nad)  menigen  lagen 
t>on  biefer  ©tedung  enthoben,  ba  gegmeifelt  mürbe,  06  nidjt  fein 
©nflufe  auf  ben  Dom  Vorparlament  eingefefcten  günfgigerauSfdjufe, 
gu  beffen  SWitgtieb  er  ebenfalte  gemäht  mar,  leiben  tonnte,  toenn 
er  gugleidj  aW  Vertrauensmann  einer  Regierung  in  granffurt 
tätig  märe.  ©0  trat  nun  erft,  nadjbem  bie  ©iebgefjner  bie  Ober« 
fpmptdfrage  bereits  beraten  Ratten,  in  iljren  Ärei«  ber  jefct  oon 
ber  tjcffifcfjen  ^Regierung  ernannte  neue  Vertrauensmann :  e£  mar 
IfcoDor  SJergf,  bamals  <ßrofeffor  ber  Sßljitologie  an  unterer 
Unioerfität,  ber  furg  guoor  i^r  Vertreter  im  Sanbtag  nadj  9ief}m3 
Zob  geworben  mar.1)  (Er  üerbe^lte  ber  Regierung  nidjt,  bafe  er 
unb  anbere  9Ritglteber  be*  StuSfdjuffeä  nidjt  o^ne  Siebenten  ge» 
rabe  gegen  £>auptpunfte  be$  SntmurfS  mären;  bod)  Ratten  fte 
barauf  oergidjtet,  tyre  „abroeidjenDen  Änfidjten  in  einem  ©eparat« 
üotum  Ijinguguffigen,  ba  ber  ©ntmurf  bod)  nur  at«  ein  borläufiger 
gu  betrauten "  fei.  3U  «nem  ©utadjten  Aber  ifjn  forberte 
nun  bie  Regierung  tyren  ©efanbten  am  ©unbeStag,  ©tjtoefter 
3orban,  auf. 

©etjr  meit  au$etnanbergef>enbe  Urteile  finb  betannttid) 
fiber  ben  Sater  ber  ^effifc^en  Serfaffung  oon  1831  gefallt 
morben ;  einmütig  aber  tjaben  fef)r  üerfdjiebene  Veurteiter  Ijerüor» 
gehoben,  mte  frei  Don  öitterfeit  ber  fo  lange  ungerecht  Verfolgte 
je(t  „ebenfo  entfdjieben  für  bie  Orbnung  eintrat  als  früher  für 
bie  ftrei&eit,  mie  biefe  iljm  bebroljt  festen-1.2)  SRöglidjfte  9tüdfid)t 
auf  bie  beftet>enbe  Orbnung   moflte  nun  3orban  auef)   bei   ber 


')  $>ie  im  folgenben  benufeten  «Schreiben  Don  öergf,  bie  im  ^ieftgen 
8rd)it>  aufbewahrt  »erben,  ftnb  audj  $eppmüfler  unbetannt  geblieben,  ber 
in  feiner  biograpljifd)en  (Einleitung  gum  2.  SJanb  oon  BcrgtÄ  Kleinen  pfcilo» 
logifdjen  Schriften  @.  XV  ff.  au  et)  $ergt3  polttifd&e  Sättgfett  befpridjt. 

■)  So  äu&ert  ftd)  über  Sorban  Robert  t>.  SWoM  in  feinen  geben** 
erinnerungen  2,  116  unb  äljnUd)  urteilen  über  Sorban«  bamalige  Haftung 
Oiebermann,  (Erinnerungen  au«  ber  $aul$tircbe  @.  311  ff.;  ©enfälag,  $u* 
meinem  fieben  1,  284  f.;  fiaube,  3)a«  erfte  beutf*e  Parlament  3,  14.  229; 
©tdjmann,  2>enf roürbtgteiten  au*  ber  ^aulÄfirdje  S.  160  ff.  3n  Huffteirfmungen 
über  bie  Vertreter  beutfdjer  Regierungen,  bie  Sampfyxufen  im  Sommer  184S 


78  <£.  SarrenttaW), 

SReugeftaltung  ber  beutfdjen  SBerfaffung  genommen  fefjen ;  btätyalb 
erfl&rte  er  fid)  gegen  3Dal)lmann$  ©nttourf,  toeil  er  „ber  ge* 
fd)idjtlid)en  (Sntttncflung  3)eutfd)tanbä  nicljt  entfpredje,  baä  fid) 
m  eine  SBtefyeit  felbftänbiger  Staaten  umgeftaltet"  Ijabe.  (8r 
Ijielt  nur  einen  „©taatenbunb  fär  praftifd)  möglich";  bicfcr  aber 
bürfe  „fein  Mofeer  gürftenbunb  mie  btgfjer  bleiben ";  beStjalb 
muffe  „neben  bem  au$  ben  SRepräfentanten  ber  gürften  befielen* 
ben  3tat  ober  ©enat  erft  ein  au8  ben  frei  getollten  Skrtretern 
ber  einjelnen  SSölfer  jufammengefefcteSSBunbeSparlament  !onftituiert 
merben,  metdjeä  im  SSercin  unb  in  ©leidjberedjtigung  mit  bem 
©enat  bie  Sunbeäangelegenljeiten  gefefctid)  regelt,  mftbrenb  ber 
©unbeäprfifibent,  ober  mie  man  baä  SBunbeSljaupt  fonft  nennen 
mag,  bie  ©efdjlüffe  beä  vereinten  SBunbeätagS  unter  SWiturirfung 
toerantmortlidjer  SWinifter  boQjieljt  unb  überhaupt  bie  SRegierungS* 
gematt  beß  SBunbeS  ausübt  unb  Ijanbtjabt.  S)er  SBunbeSbirigent 
mürbe  t>ielletd)t  ^mecfmägig  ein  SBunbeäffirft  fein,  melier  auf  eine 
beftimmte  SReitje  üon  Sauren  nadj  einer  feftjufefcenben  Keinen» 
folge  eintreten  fönnte,  aud)  anftatt  feiner  einen  ©tetfoertreter  ju 
ernennen  befugt  märe.  Sie  Reihenfolge  toürbe  jebod)  nur  foldje 
SunbeSfürften  treffen,  melden  menigftenS  fömgüdje  (ätyren  ge* 
totyren." 

SBci  bem  geborenen  Siroler  Sorban  bat  man  metyrfad)  eine 
Sßreufeen  abgeneigte  (Stimmung  angenommen:  meöetd)t  fönnte 
jemanb  barau$  aud)  bie  Ausführungen  gegen  ben  Sßlan  eine« 
beutfdjen  ÄaifertumS  be£  preufcifdjen  ÄönigS  erflären  moQen. 
Dem  aber  mirb  laum  juftimmen,  mer  fidj  anbere  Äu&erungen 
SorbanS  aus  bem  3al)re  1848  unb  bie  bamaligen  (Srflärungen 
anberer  SBortfütyrer  fturf>effend  bergegenmärtigt.  ©erabe  Ijier 
mürbe  bie  Überzeugung,  bafe  ber  alte,  beutfd)e  JBerfaffungSjuftanb 
unhaltbar  unb  eine  tiefgreifenbe  Umgeftattung  ju  forbern  fei, 
bielfad)  öerfünbet;  aber  fe^r  roeit  gingen  aud)  l)ier  bie  Änfidjten 
über  £iet  unb  Mittel  ber  gemünzten  Reform  auSeinanber.  SEBie 
S3ernt)arbi  t)at  auä)  ein  anberer  ber ©egrünber  beä  tieffifcfjen  ®ef d)id)tS* 

übergeben  mürben  unb  bie  aud  feinen  papieren  Anna  (Saäparty  in  ifjrer 
©iograpljie  (£amj)tjaufen8  6.  245  mitteilt,  mar  über  Sorban  bemerft:  „homo 
integer  scelerisque  purus,  oljne  jeben  SBegriff  eines  ©efdjäftS*  ober  (StaatÄ* 
manne«  .  .  öofl  ©Mfetrauen  gegen  Sßrcufjen".  93gl.  über  gorban  aujjerbetn 
bie  öon  SBtypermann  in  ber  Äfla..  $eutfd)en  ©iograp^te  14,  626  angeführte 
ßtteratur  unb  fcefjenlanb  12  (1898),  42  ff. 


Meinungen  in  Äurtyeffen  übet  ba$  beutfd)e  äaifertum  k.  79 

terem*,  f)at  audj  Stammet  eingetyenb  imSrityjafyr  1848  feine  Anfielt 
ber  beutfdjen  SSerfaffungSfrage  bargelegt1),  tyat  aud)  er  gegen  (Srfr 
Hdjfeit  be3  9teid)«obert>aupte$  fid|  auägefprodjen.  @r  gab  freiließ 
ju,  bafe  im  alten  SReic^  „bie  fjeilfamen  SBtrfungen  ber  9Ba^ 
fretyeit  unter  ber  39efted)lid|feit  beoorjugter  SBat>lf ürften ,  unter 
ber  anmafeenben  unb  ftreitluftigen  ©inmifd|ung  ber  rbmifd)en 
Dberpriefter  oerloren  gingen41,  jefct  aber,  meinte  er,  Witten  bie 
Umftftnbe  ficf|  geänbert.  „5Die  Qtttm  pfipfttidjer  ©egenfaifer  unb 
$faffenfdnige  finb  oorüber.  Sine  üierl)unbcrtjät>rige  @rfat>rung 
f^at  und  geneigt.  S)te  SBfirbe  unb  ba«  Knfe^en  eine3-beutfd|en 
Äaifer«,  nid)t  melp  auf  gamilienintereff en ,  fonbern  auf  bem 
©nflang  unb  ber  ©tarfe  ber  Station  berufjenb  unb  burd)  eine 
neue  2Baf)Konftitution  unb  üeranttoortlidje  SRinifter  begrenjt, 
immer  nod)  ein  erhabenes  Qxtl  patriotifc^er  ©eftrebungen,  urirb 
unter  bem  fyeitfamen  Sinflufe  ber  öffentlichen  Meinung  aufhören, 
cht  Iwnmetylafc  oerräterifd|er  SBafytumtriebe  ju  fein."  Hud) 
{Kommet  fdjmebt  allerbingS  „eine  bunfle  ©efafyr  üon  feiten  ber 
beiben  beutfdjen  ©rofemftdjte  oor\  „Die  gftnjlid|e  Äu8f Reibung 
berfelben  frürbe  ba«  übrige  3)eutfd)lanb  in  einen  neuen,  t>on 
granfreidj  abhängigen  9fi()ein6unb  brftngen,  bie  SRidjtberütffidjti- 
gung  berfelben  bei  ben  ftaiferroafjten  fönnte  und  leidjt  it>re* 
mftd)tigen  Ärm$  berauben.  Stoiber  wofjt  ^t  man  ben  $lan 
eine*  jugteidj  bie  beiben  ©rofemädjte  unb  baS  britte  Clement 
ber  übrigen  SunbeSfürften  repr&fentterenben  SBunbeä*  ober  SReid)** 
bireftoriumd  aufgefaßt.  ©er  Umfang  beäfetben  ju  3,  5,  7  ober 
9  färfttidjen  SRitgtiebern  ober  beren  Stellvertretern  mürbe  oon 
ber  ftnmenbung  be$  ^ßrinjips  ber  Jltternattoe  unb  Ghrgftnjung 
ober  oon  ber  t>oQftfinbigen  Knerfennung  be3  britten  (Element* 
ber  alt*  unb  neufürftlidjen  ip&ufer  abhängen." 

')  Bommel«  Don  ber  Äriegerfdjen  ©udjbanblung  in  Äaffet  Deröffent* 
lichte  ©eftrift  über  $eut{d)lanb  unb  bie  beutfdje  ftationalDerfammlung  ift 
Dom  12.  April  1848  botieit.  Auf  biefe  6d)rift  Hommel«  beruft  fid)  ein 
anonumeft  &utad)ten,  ba«  fid)  in  ben  tlften  be*  beffifdjen  Vlinifterium* 
pnbet.  liefern  unb  3orbanS  9tat  entfpredjenb  bot  bie  ^efftfd^e  {Regierung 
|td)  nt(bt  für  ben  Gntiourf  ber  Siebjebner  erfltirt;  rote  Ratend  Vertreter 
Öraf  ^lemming  am  18.  SDlai  beridjtete,  mar  man  in  ibren  ßreifen  „nur 
barüber  einig,  bafe  man  bie  ^flidjt  tyabe,  möglidift  fonferDatiD  aufzutreten, 
ber  Regierung  bei  bem  ftufbau  beä  neuen  beutfdjen  JBerfaffungÄroerfÄ  bie 
tbr  gtbübrtnbe  SRitrotrfung  ju  fidjern  unb  Don  ber  bidbertgen  öelbffänbig» 
feit  nur  jo  Diel  ju  opfern,  al£  für  ba«  allgemeine  beutfdje  3ntereffe  unum» 
gänglid)  notroenbig  erfdjeinen  werbe". 


80  <g.  SBarrentrapp, 

SBenn  man  foldje  Ausführungen  eines  angefet>enen  unb 
Derb teilten  beutfdjen  $iftorifer3  au$  bem  April  1848  lieft,  emp« 
finbet  man  lebhaft,  mie  biefetben  Umftftnbe,  in  benen  bie 
beutfdjen  Patrioten  mit  SRec^t  ben  ©runb  üon  I)eutfd)lanb* 
©djmädje  fallen,  au$  jebe  Reform  erfdjroerten  unb  mie  bebeutfam 
bie  Älartjeit  mar,  mit  ber  3)at)Imann  im  gleichen  Sßonat  ate 
einsig  ^eiboQe  Cöfung  baä  beutfdje  (Srblaifertum  beä  preufjifdjen 
ÄönigS  empfahl;  aber  man  t»erftet)t  beffer  au$  ben  SBiber* 
ftanb,  bem  feine  ©ebanfen  aud)  in  Reffen  begegneten.  ffioijl 
fanb  fein  Sntrourf  t)ier  einige  bebeutfame  Stimmungen ;  nament» 
tid)  beachtenswert  ift,  mie  emfd)ieben  fidj  für  if)n  93ilmar3  „3Bo(f3* 
freunb"  erfl&rte.  ©benfo  fprad)  ftdj  für  itjn  ein  Äuffafc  in 
griebrid)  DtferS  Steuer  #efftid)er  ßeitung  auf.  aber  neben 
biefem  einen  ftrtifet  für  ben  (Sntmurf  brachte  Ctfer  brei  gegen 
il>n,  unb  fd)arfe  Äritt!  übte  an  it)tn  aud)  ber  §iftorifer,  ber  fpäter 
für  Stahmann*  ©ebanfen  bie  mirffamfte  ^ßropaganba  gemalt 
fyat,  ber  2x/2  3at>re  juüor  f)ierf)er  nadj  Harburg  at«  Sßrofeffor 
berufene,  bamate  30 jährige  fteinrid)  ü.  ©tjbel1).  3n  einer 
eigenen  ©djrift  über  „ba3  SReidjägrunbgefefc  ber  17  JBertrauenS» 


l)  Über  ©tjbel«  politifdje  $nfid)ten  unb  SBefrrebungen  im  Srrüfjjaljr  1848 
t)gl.  bie  biograpftifdje  (Einleitung  ju  feinen  Vorträgen  unb  ^ibbanblungen 
6.  51  ff.  3n  Rr.  32  be«  Don  Hbam  ?faff  rebigierten  Reuen  »erfaffung«* 
freunb  befprad?  am  22.  TOai  Süfreb  ßlaufjolb  ©übel«  Schrift  über  ba« 
Reid)«grunbgefefr  unb  einen  Siuffafr  oon  g.  $.  (ftriebrid)  Pfeiffer?)  in 
Rr.  18  ber  Reuen  ^effildjen  3eltung  unb  ftimmte  babei  au«brüdlid>  betber 
©ebenfen  gegen  ben  ®erfaffung«entnmrf  ju.  dagegen  erflttrte  ftdj  für 
biefen  ein  aud)  fonft  in  politifd)en  fragen  me&rfad)  bon  ©nbel  obtoeitftenber 
jüngerer  College  üon  tt)m,  ber  bamalige  jurifiifd)e  Sßrioatbojent  §einridj  JJid. 
@r  oeröffentlid)te  „einige  SBemertungeu  jur  Rechtfertigung  be«  ©iebje&ner 
©ntnmrf«";  burd)  biefen  fallen  itjm  „ber  ©runbftein  gelegt  ju  fein  ju 
einer  großen  beutfdjen  JJöberatiörepublif,  bon  ber  norbamerifanifdjen  unter* 
fdjieben  1.  burd)  bie  (eine  gröbere  Reife  ber  SRaffc  be«  SSolfeS  borau«* 
fefcenbe)  breitere  bemofratifdje  ©runblage  unb  2.  buref)  bie  (£rblid)feit  be« 
Sßräfibenten  unb  ber  gr öfteren  3<*&l  ber  Statthalter  ber  einzelnen  Staaten, 
nottuenbig,  um  ben  2Beg  ber  Resolution  ju  umgeben  unb  unfd)äblidj  burd> 
bie  93erantroortlid)feit  ber  SJcinifter  unb  bie  grunbgefeelid)e  Unfäljigfett, 
oljne  biefe  aud)  nur  bie  geringfte  polittfdje  Xat  ju  bollbringen".  3>urdjau« 
biüigte  gid,  „ba&  man  ben  mädjtigften  unter  ben  beutfeften  fjürften  ^um 
beutfa^en  Äatfer  ober,  roenn  man  mit  omerifanif4en  SBorien  reben  roifl, 
jum  erblichen  $räfibenten  ber  auf  ben  breiteten  <3runblagen  einjuri^tenben 
beutfa^en  Republit  er^ö^t,  ben  einjigen  Nebenbuhler  biefe«  mäa^tigften 
beutfdjen  öerrfa^er«  aber  mit  feinen  o^ne^in  jum  großen  Jeil  unbeutfien 


^Meinungen  in  Jhirfjcffen  über  ba«  beutfdje  ftatfertum  jc.  81 

männer*  erflfirte  er,  man  lefe  i&ren  (gnttourf  „mit  lebhaftem  ©e> 
bauern.  ©o  triel  Xalent,  fo  toiel  (Efjrenljaftigfeit  unb  SBaterlanbd* 
liebe  —  unb  baneben  bic  SuffM**  hcrcn  Serr if f en ^«t  unb 
©ffa^ren  überall  mit  ben  f)ier  audgefprofynen  SBünfdjen 
in  $erbem  SBiberfprudj  fteljen."  ©tybel  festen  eS  „nidjt 
ftaatSmftnntfdje  unb  praftifd>e  SBeiS&eit"  ju  fein,  bei  folgen  3Us 
ft&nben  ein  ftaifertum  begrünben  ju  tooüen,  baS,  mit  $reufeen 
toerbmtben,  Ofterreid)*  unb  ©übbeutfd)lanb3  Opposition  tyerüor* 
rufen  tufirbe  unb  bem  5ßreu&en  fic^  ntd^t  fügen  fönnte,  falte  ber 
öftcrreicötfc^f  §errfd)er  Äaifer  mürbe.  <gr  fal)  öorau«,  bag  bie 
üon  £af)tmann  geplante  SBerfaffung  ba*  Äudfdjeiben  Dfterreid)* 
auS  Deutfdjlanb  nad)  ftd)  jöge  unb  er,  ber  fleinbeutfdje  ®efd)id|tfr 
baumeifter,  tote  tyn  feine  grofebeutfdjen  ©egner  nannten,  ber  fo 
oft  be$  §affe*  gegen  fefterreid)  angeftagt  tourbe,  tjtelt  e*  bamatö 
für  ein  fernere*  Unglücf,  toenn  man  mit  ben  fcfterreidjern  „bem 
beutfdjen  SRetc^  cht  Viertel  feiner  beften  ©tfimme  raubte".  9tur 
falte  „Öfterreid)  fid)  auflöfte  ober  fid)  audj  bann  nod)  feine 
ooOe  ©ouoeränitfit  vorbehalten  loollte,  toenn  nidjt  ein  preufeijdjer 
Äaifer,  fonbem  ein  gemeinfamer  ÄeidjStag  bie  9teid)$gett>a(t  übte41, 


Staaten  bi«  auf  ©eitere«  au«  bem  beutfdjen  6taat«Derbanb  au«fd»etben 
lägt,  bie  übrigen  aber  naef)  Waggabe  be«  bisherigen  ©eftfrftanbe«  itjrer 
6out>er&nitfit  burd)  erbitte  $rärogatiDe  bei  Bilbung  be»  obne^tn  not» 
»enbigen  Senat«  ber  fflepublit  abftnbet".  dagegen  erfaßten  e«  jjid  bebent* 
(icfg,  bag  bie  €>ieb&e$ner  feine  Hnbeutung  über  bie  Hebung  ber  nieberen 
8olf«flafien  gaben.  &ür  biefe  foflte,  meinte  er,  burdj  ©inridjtung  eine« 
„fBobfftanbdminifterium«'1  geforgt  werben;  bie«  fottte  „burd)  öerjroeigte 
9ureaueinrid)tung,  burd)  Annahme  aller  ©efdjmcrben  über  ju  geringen 
Sagelobn  unb  ©eridjtforbern  Don  aüen  ©aa)funbigen  über  Arbeit«« 
bebürfni«  ftdj  genaue  fienntni«  über  bie  Ungleidfteit  be«  Angebot«  unb 
ber  ftaa)frage  nad)  Arbeit  Der f Raffen"  unb  bann  i(jm  „alle  gortf^affung«* 
anftalten  &ur  augenblitf[ia)en  Verpflanzung  ber  %rbeit«träfte  an  ben  Ort 
ber  9faa)frage  unentgeltlich  ju  (Gebote  fteljen".  ftür  Steigerung  ber  9iaa> 
frage  nad)  Arbeit  empfahl  Sid  ein  „paffenbe«  Sdju^oüjQftem"  unb  „Äoloni* 
fation  tum  ffleld)«megen".  3n  einem  Anfang  }u  feiner  ©djrift  Deröffent« 
Udjte  er  auger  bem  (Sntnmrf  ber  @ieb$el)ner  bie  35  2Renfd)enred)te  ber 
©erfaffung  Dom  24.  3uni  1793  unb  eine  Webe  9tobe«pierre«,  „um  *u 
jetgen,  ju  melden  ftonfequen^en  e«  füfjrt,  wenn  ber  9ttenfd)  realifiereu 
toiar  nm«  ben  ftaturgefeften  toiberftreitet,  unb  um  $u  geigen,  toie  ber  Ent- 
wurf ber  Siebjefmer  fcftr  moljl  oerftanben  bot,  au«  jenen  9Henf#enred)ten 
bie  erträumten  Don  ben  in  ber  ftatur  roirtiid)  begrünbeten  au«^ufonbern4'. 
Bgl.  über  Älaubotb  unb  &icf  ©erlanb«  Jortfe^ung  Don  Strieber«  ©effifc^er 
Me(itengef(4i4te  1,  93  f. ;  2,  50  ff. 

Wurifte  S«ttf4ttft  (*b- M)  *•  9-  »ö-  LVin.  6 


82  (5.  «arrentrapj), 

faf)  er  einen  „feften  Anfer  ber  {Rettung"  in  ber  ©rljebung  beä 
prcufetfcfjen  ftönigä  jur  beutfdjen  #errfdjaft.  S)enn  „bann  gäbe 
e§  in  3Deutfd)tanb  niemanben  mefjr,  ber  ein  Stecht  ober  eine 
Äraft  Ijätte,  gegen  bie  preu&ifdjen  Anfprüdje  in  bie  ©djranfen 
ju  treten.  Unb  beffer  märe  e$  jebenfaflS,  30  3Wiflionen  5)eutfd)e 
unter  einem  fräftigen  ffaifertum  äufammenjufaffett,  als  nad)  bem 
legten  Programm  beä  SBtener  SRinifteriuntS  40  SWillionen  mit 
bem  ©djein  einer  logenannten  SBunbeäoerfaffung  ju  täuben.44 
3n  biefem  gaü  aber  festen  e3  ©tjbel  nidjt  auf  bte  forgfältige 
Aufarbeitung  einer  SSerfaffung,  fonbern  barauf  anjufommen, 
fogleid)  ben  Wann  au  2)eutfd)lanb$  ©pifce  ju  ftellen,  „toeldjer 
bie  gröfete  SKaty  unb  ben  fräftigften  äBiüen  fär  bie  beutle 
(Sintjeit  jeigen  tpirb.  Senn  nidjt  eine  Serfaffung,  fonbern  ein 
gelb^err  ift  eS,  beffen  2)eutfd)lanb  in  biefem  gall  bebarf,  ünb 
beffen  £Befef)ten,  toenn  fie  feft  unb  füfyn  baä  ©ort  ber  ©in^eit 
auäfpredjen,  bieöegeifterung  beä  SSatertanbeS  entgegenjubeln  toirb." 

(Sinen  bebeutfamen  ^intoete  für  bie  ßufunft  fe^en  nur  fo 
oon  ©tjbel  gegeben;  junädjft  aber  tooUte  aud)  er  bie  @nt* 
Reibung  ber  beutldjen  Angelegenheiten  jtoei  ftammern,  oon  benen 
bie  eine  aus  Vertretern  beä  33olfe8,  bie  anbere  oon  ben  SRc« 
gierungen  gebilbet  werben  follte,  unb  einem  gemähten  SunbeS* 
t>aupt  anvertraut  roiffen.  (Segen  2)at)lmann$  ©ebanfen,  ben 
preufcifdjen  Jtönig  jum  beutfdjen  Srbfaifer  ju  ergeben,  machte 
man  aud)  im  ftrefe  feiner  (SefinnungSgenoffen  in  Reffen  geltenb, 
bafe  ber  fjier  ju  löfenben  Aufgabe  griebrid^  äBilljelm  IV,  nid)t 
geroac^fen  fei.  griebridj  Dtfer1)  toarf  bie  grage  auf,  ob  nidjt 
„bie  ©tunbe  ber  ©efaljr  in  bem  im  Styff Käufer  fd)lafenben 
griebridj  Sarbaroffa  ben  gewaltigen  gelben  »abrufen "  fdnnte. 
„Allein,  antwortete  er,  griebrid)  SBilljelm  IV.  ift  fein  §elb." 

©eljr  toerfd)ieben  bon  Dtfer«  Anfdjauungen  loaren  bie  be& 
bamalS  nod)  in  feiner  f)effifd)en  fteimat  an  unferer  Untoerfität 
toirfenben  tyerüorragenben  SRedjtSleljrerä  ®eorg  SBilfyelm  SBefceQ. 
Anfang  April  mar  er  in  SBilmarö  SSolfefreunb  für  bte  Hegemonie 


l)  £tferä  Slrtifcl  über  ba*  beutfdjc  9ceid)3grunbgefefr  f.  in  9fc.  19  ber 
Eeuen  ©effifc^cn  geitung,  Söe&eü«  Sluffafc  über  bie  Hegemonie  in  SJeutfd)- 
lanb  in  <Rr.  5  unb  6  beä  ©efftfdjen  SBotfSfreunb  Dom  5.  unb  8.  Hpril  1848. 
Über  SBefrefl  togt.  $.  Ötier  im  15.  $b.  bei  3eitf«rift  für  beutfdjen  giöil* 
t>ro^eg  unb  <5o§m3  9Bibmung«roorte  t»or  feiner  6djrift  über  ba8  beutfdjc 
©täbtewefen. 


Meinungen  in  Äur&effen  über  ba«  beutfdje  Äaifertum  jc.  88 

$reu&en*  in  Seutfd)(anb  eingetreten ;  fdjon  bamal«  Ijatte  er  ntc^t 
nur  fein  tiefe*  fBerftfinbnte  für  bie  Jöebeutung  *ßreufcen*  unb 
ber  $ot>enjoQern,  fonbern  aud)  feine  toarme  ©^mpat^ie  für 
griebrid)  SBityetm  IV.  befunbet  An  neuere  Serteibigungen  be* 
ftönigfi  erinnert  e3  und,  loenn  toir  tefen,  toie  f)ier  fdjon  SBefcefl 
betont,  bei  ber  (Beurteilung  oon  grtebrid)  ©ityelmS  SBiberftanb 
gegen  ba*  fonftitutioneQe  ©Aftern  bflrfe  man  „bte  ®efd)id)te  beS 
preufttfdjen  ÄönigSf>aufe3  nid)t  überfein,  ba«  6id  batyin  immer 
ber  toatftfte  SRepräfentant  feine*  SSotte*  geioefen  fei,  fomie  bie 
eigentümliche  Stellung  $reufeen£  unter  ben  großen  9Wäd)ten,  bie 
ben  ftSnig  aQerbingS  beftimmen  ionnte,  ftd)  freiere  §anb  ju 
befragen.  8ieQeid>t  f)at  er  biefen  SBiberfprutfc  für  einen  Äöntg 
ettoafi  ju  offen  nnb  rfictyattlo«  au«gefprod)en ;  benn  in  ber  ©taat** 
fünft  gilt  oor  allem  ba«  SBort:  Rien  n'affermit  plus  quo  la 
garole  retenue.  ?tber  bod)  ift  er  aud)  hierin  toie  in  bem 
Übergetönt  ber  Überlegung  über  bie  $anblung  ein  toalper 
©piegel  feiner  Qtxt;  er  tpt  juoiel  ©eift,  um  bie  inftinfttoe  Äraft 
be*  ffintfdjluffeS  ju  beftyen;  tote  bem  5ßrinjen  $amlet  bricht 
Überlegung  tym  ber  ffintfd)liefjung  ©ptye  ab ,  bomit  \f)mm  banadj 
bie  §anblung  totber  feinen  SBiüen  entfdjlfipft."  Unb  in  Überein* 
fthnmung  mit  biefen  legten  SBorten  erfennt  aud)  SBefcett  au«» 
brüdlid)  an:  „(Er  ift  (ein  grtebrtd)." 

Seinen  Unterfd)ieb  oon  feinem  grbfcten  SBorgftnger  empfanben 
am  lebhafteren  feine  SRinifter.  ©ein  bamaliger  SRinifter  beS 
ttuftioirtigen,  §einrid)  o.  Arnim,  auf  beffen  Wat  er  am 
21.  SWärj  ben  Umritt  burd)  bie  ©tragen  Serlind  unb  ben  Ärieg 
gegen  ft&nemarf  unternommen  tyatte,  förieb  am  5.  3Rai  in  einem 
oertrauten  ©rief1)  über  ben  3Konard)en:  „(£r  toiü  gettrife  ba* 
©efte  be*  ©efamtoaterlanbe* ,   aber  ber  ©ebanfe  get^t  tym  nod) 

')  «mim«  ^reiben  Dom  5.  SRat  1848  f.  in  ©toefmarä  fcenfmürbig« 
triten  ®.  501.  SBgl.  über  «mim  SBippermann  in  ber  «flg.  3)eutfd)en  Wo* 
gtapljte  1,  571  ff.,  bie  bon  Sang  in  Ob.  55  unb  56  ber  $eutfd>en  JRunb* 
fdjau  mitgeteilten  ©riefe,  bie  fBemerfungen  über  „bie  brei  Arnim*"  in  ber 
Beilage  $u  9fr.  95  ber  3)eutfäen  Leitung  Dom  5.  ttpril  1849  unb  ben 
«uffaj  in  bem  1.  8b.  be*  2.  ©emefter«  be*  3a$rgang*  1850  ber  ©renj* 
boten  ©.  497  ff.,  ber  fe&r  beachtenswerte  Urteile  über  ben  Umritt  Dom 
21.  SRörj  1848  unb  über  «mim«  «erhalten  in  ber  fctyeSrotg^oIfteinifdjen 
Angelegenheit  enthält;  auSbrfidlid)  roirb  Wer  betont,  «rnim*S3oifcenburg 
unb  ©i*mard,  bie  be«  Winifter*  ?olltif  in  biefer  Srage  tabeiten,  müftten 
„infofern  anertannt  »erben,  M  fie  ben  drnft  ber  Sadje  auffa&ten".   Über 


84  (S.  «arrentrapp, 

ferner  ein,  bafe  rr  fid)  ben  bringenben  Umfiänben  ba^tn  unter* 
orbnen  nwfc,  bafc  er  ftd)  obenan  [teilt.  Ambition  ja  jfigeln 
mag  ferner  fein,  aber  e$  gibt  nod)  ettoa*  ©djnrierigereS:  junt 
Unterlagen,  jum  ©idjentyalten  fann  man  jemanb  tt>of)(  beftimmen, 
tüte  aber  gum  §anbeln  unb  jum  ©ntfdjfafe?1' 

SBotft  war  bie$  Urteil  Arnims  nidjt  unbegrünbet;  aber 
mürben  nidjt  audj  burcf)  i(jn  felbft  bie  ©djmierigfeiten  für  ba£ 
SBerf  ber  Einigung  gefteigert,  ba*  ju  förbern  er  (o  eifrig  beftrebt 
toar?  Am  16.  SWai  berichtete  ber  Ijefftfdje  ©efanbte  in  ©ertin 
über  eine  Unterrebung,  bie  er  an  biefem  Xag  mit  9lrnim  gehabt 
Ijatte.  ®ie  befpradjen,  toeld)e$  ©erhalten  bie  Regierungen  gegen* 
über  ber  granffurter  SSerfammlung  einnehmen  foQten;  Arnim 
erfl&rte,  üor  tuer  SBodjen  tyätte  fidj  barüber  eine  Stufen  bringenbe 


be*  $önig$  ftaltung  gegenüber  feinen  SRiniftern  t»gl.  audj  Anna  (Saftparti, 
Subolf  (£ampb,au|enÄ  geben  ©.  161  ff.;  bei  ber  fa>n  im  92.  8b.  biefer 
geitfdjrift  gerügten  %rt  biefer  ©iograptye  erfdjetnt  e«  nidjt  auffaflenb,  bafi 
leiber  ®.  171  nicftt  angegeben  ift,  wer  am  14.  9Rär$  1848  au8  Berlin  bie 
bemerfenSwerten  ©orte  fd)rieb:  „3)er  .fönig  Don  $reugen  mödjte,  wenn 
er  wollte,  ftaifer  Don  S)eutfdjlanb  werben  Tonnen;  ob  tfym  unb  un«  bamit 
gebient  wäre,  ift  freilief)  eine  anbere  SJrage;  ein  SJriebrid)  ber  ©rofee  mürbe 
moljl  ben  Serfud)  machen;  einem  griebridj  3Bill)e(m  IV.  ift  fein  ©ewiffen 
nur  gar  ju  $mberlid>."  Hm  beften  finb  wir  über  beS  Äönig*  Servitute 
gu  SBunfen  unterrichtet;  fefjr  be$eid)nenb  erfdjeint  mir,  ba&  biefer  in  einem 
©riefe  an  Stahmann  «nfang  9Rai  1848  alft  „fcrrliaV  einen  «rtitet  in 
Kr.  107  ber  fceutfäen  8eituug  rühmte,  ber  für  bie  preu&ifcfc  ©pifce  mit 
ber  ©egrünbung  eintrat,  man  muffe  bei  bem  ©ebanfen  an  baS  9Üeid)&s 
Oberhaupt  oon  ber  ^ßerfönlidjfeit  gan&  abfegen  unb  nur  «fragen,  welker 
Staat  und  am  meiften  93 or teil  bietet,  wenn  wir  feinen  öerrfdjer  an  bie 
6pi$e  fteflen".  3)e$f)alb  befunbe  einen  gänjlidjen  Mangel  an  jeber  Politiken 
©efinnung  bie  plöfelidje  Vorliebe  für  eine  öftcrrtidjifdje  Äanbibarur;  ent* 
f  Rieben  er  Härte  fid)  ber  wotjl  oon  ©erütnuä  üerfa&te  Äuffafc  namentlich 
aud)  flogen  ben  (Srjfjerjog  3ofjann;  er  bezeichnete  fdjliefiüdj,  „wenn  Oon 
ben  reajerenben  Häuptern  abgegangen  werben  foü",  als  „unteren  £anbi= 
baten  ben  Sßrinjen  griebrid)  oon  $reufjen.  @r  wirb  am  5tage  ber  SJöIfer- 
fdjladjt  oon  üeipaia,  münbtg.  s2luf  feine  (Sraietjung  ift  gut  gewirft  worben, 
unb  e$  tonnte  auf  ibn  nod>  beffer  gewirtt  werben.  $i$  $u  feiner  SRünbig* 
feit  mü&te  ein  $rooiforium  eintreten,  $u  bem  man  ftd)  oinebjn  bei  bem 
orange  ber  3t'\t  unb  ber  ©djmierigfeit  ber  Sadje  oorerft  entfd)liefeen  wirb. 
(Sin  jugenblidjcc  bübjamer  &ürft,  lernte  er  fid)  mit  ben  neuen  3«i*ibeen  $u 
öerfötynen  unb  *u  oerftänbigen ;  bie  in  ber  «Sage  üerljeifjene  ©ieberfunft 
eine«  oerjünflten  3)eutfd)lanb  erftünbe  mit  bem  wieberfeb.renben  grriebrid)  L" 
liefen  «uffa0  gab  ©unfen  bem  ^rinjen  oon  ^Sreufeen  mit  ben  ©orten, 
e«  fei  ba  ba$  groge  ©ort  gefprodjen. 


Meinungen  in  ftur$effen  über  baft  beutfdp  ftaiftrtum  jc.  85 

Öbereinfunft  treffen  (äffen;  jefct  fei  es  bafflr  ju  fpftt.  ®o  Ijabe 
Don  ber  preu&ifdjcn  Regierung  iljr  ©efanbter  in  granffurt, 
„$x.  ü.  Ufebom,  einer  tyrer  gefdjicfteften  Diplomaten,  nur  ganj 
allgemeine  Änmeifungen  erhalten;  man  t^abe  ben  ftuäfprud) 
griebridj  be*  ©rofeen  befolgt:  ©d)i<ft  einen  tüchtigen  SÖtann  unb 
gebt  i^tn  (eine  Snftrultionen.  Äudj  fyabe  $reu§en  burdjau*  nid)t 
im  ©hin,  ben  anbeten  Regierungen  Ratfdjläge  ju  erteilen,  bie 
ifpn  üieflctdjt  fpflter  TOifetrauen  unb  üble  Deutungen  jujietyen 
fönnten."  „Auf  meine  SBemerfung,  bafj  bemnad)  bie  beulten 
Regierungen  oljne  alle  ^Bereinigung  meljrloS  ber  fonftituierenben 
Serfammlung  gegenüberftelpn  mürben,  fagte  §err  t>.  «mim, 
bafe  für  gemiffe  gäUe  jperr  o.  Ufebom  mol)(  einen  Sßroteft  im 
Rutffptt  ^aben  werbet  Der  Ijejfifdje  ©ejanbte  mürbe  burd)  bie 
äu&erungen  beä  SWinifierS  in  ber  SWeinung  beftarft,  bafe  ^reufeen 
ftd)  nid)t  burd)  SSerabrebungen  mit  anberen  Regierungen  binben 
mofle;  er  natjm  an,  bafe  <ßreu§en  SWifebeutungen  feiner  <&> 
flärungen  befürchte,  unb  beforgte  feinerfeüä,  bafe  Slrnim  mit 
Stahmanns  unb  (Magernd  ©ebanfen  einoerftanben  fei  unb  eine 
Hegemonie  $reuftend  erftrebe. 

Ratfirlid)  mürbe,  mie  er  Ijerborfyob,  burd)  foldje  Gattung 
ber  Regierungen  tyrc  2Wadjt  gegenüber  ber  fonftitutioneßen  83er» 
fammlung  gefd)mäd)t,  unb  aud)  bei  aufrichtigen  Anhängern  ber 
monard)tfd)en  Orbnung  bie  ber  3(<tftrömung  entfpredpnbe  ©ttm- 
mung  geftftrft,  bie  ade  Hoffnungen  aQein  auf  ba«  Parlament 
fefcte.  SBie  ftar!  unb  tierbreitet  biefe  ©timmung  mar,  bad  jeigte 
nodj  Dor  feinem  3uiammcntritt  *m  SDtai  1848  M*  Aufnahme, 
welche  ein  fßromemoria  be$  barmftäbtifäen  ©efanbten  am  Sun- 
beätag,  be*  §errn  o.  Sepel,  unb  ein  barauf  bezüglicher  öefölufe 
be«  SunbeStageä  fanben.  SSon  ben  oerfdjiebenften  ©eiten  mar 
bie  Rotmenbigfeit  anerfannt  morben,  balb  eine  83unbedejrefuttu> 
be^brbe  für  bie  gemeinsamen  Angelegenheiten  ju  föaffen;  aber 
eine  Einigung  mürbe  hierüber  ebenfomenig  als  über  ben  bem 
Parlamente  oorjulegenben  JBerfaffungSeutmurf  erjielt;  öielmetyr 
mürben  im  günfjigeraudfdjufe  gerabe  nad)  ben  hierüber  geführten 
%erf)anblungen  bie  ftärfften  Bormürfe  gegen  ben  Qunbeetag  laut; 
üor  allem  mürbe  er  getabelt,  meil  er  Ausführungen  bed  barm« 
ftäbtifdjen  ©efanbten,  be$  ^errn  t>.  fiepel,  gebilligt  l>abe,  in 
benen  erörtert  mar,  mie  bie  Regierungen  auf  bie  Ser^anblungen 
be*  Parlaments  einmirfen  fömtten.    Äud)  SRänner  toie  3orban 


86  <£.  SJarrentropp, 

unb  Stall  äBeldfer  Ratten  bem  Antrag  jugeftimmt,  bted  $romemoria 
ben  Regierungen  einjufenben  „jur  guifinbenben  ÄenntniÄnaljme, 
ba  e$  teilroeife  toenigftenä  Semerfungen  enthalte,  beten  ©erücf* 
ftc^tigung  fid}  empfehlen  bürfte",  unb  aud)  SBippermann  erflärte, 
ba|  baburdj  SSotförec^te  nidjt  oerlefct  (eien.  Stabifale  äRitgüeber 
be*  3fünfjigerau$fd)uffeS  aber  fatjen  in  bem  ^romemoria  unb 
in  bem  ©efd|Iu&  beä  SBunbeStageS  reaftionfire  ©dritte;  offenbar 
foHte,  behaupteten  fte,  bie  SRationafoerfammlung  tyrer  ©genfdjaft 
als  fonftituierenbe  beraubt  unb  burd)  Ijeimlidje  unb  erfanfte 
StegierungSbertreter  gelenft  Kerben,  unb  ftfjntid)  tute  fie  aufwerten 
fid)  ©efinnungägenoffen  t>on  i&nen  in  berfcfjiebenen  beutfdjen 
Sanben.  3n  einer  ÜHainjer  Solföüerfammlung  fagte  Subroig 
SBamberger1),  toäre  er  im  günfjiger*?lu3fd)u&  geroefen,  fo  ^fitte 
er  beantragt,  folgenbcn  8efd)lu&  ju  faffen:  ,r3n  ffirroägung,  ba& 
jebc«  Sßort  be«  ^ßromemoria  baS  ©epräge  beS  ©etrugS  am 
beutfdjen  SSolfe  trägt,  erflärt  ber  «uSfdjufe  baSfelbe  fär  ein 
elcnbe*  Öubenftüct  unb  bie,  meiere  baran  teilgenommen,  für  eine 
©anbe  öon  Verrätern  an  ber  gretyeit  ber  Kation ",  unb  auf 
feinen  Antrag  befdjlofe  bann  bie  SBerfammlung  eine  Äbreffe  an 
ba«  Parlament,  bie  verlangte,  „jene«  2Rad)roerf  unb  bie,  meiere 
baran  teilgenommen,  ber  SBeradjtung  ber  Wlit-  unb  Stammelt  ju 
überantworten".  (Sine  Slbreffe  ä&nlidjen  3nl)a(t8  richteten  nun 
aud)  an  baö  furljejfijdje  SWinifterium  am  20.  SÄai  ber  Sßrofeffor 
ber  $l)i(ofopf)ie  an  unterer  Unioerfität,  ber  Hegelianer  Satyr* 
Koffer  unb  122  SBarburger  ®efinnung$genoffen  tum  i()m.  ©ie 
erflärten:  „3)er  Ijodjoerräterifdje  93erfud),  burd)  Sntriguen  bie 
fou&eräne  fonftituterenbe  Sßationafoerfammlung  in  ifjrer  auf  bie 
©ouoeränität  beä  SBolfeS  [id)  ftüfcenben  unbebingten  ÜHadjtoolI* 
fommenfyeit  ju  befdjränfen  unb  fie  }U  einer  nur  beratenben  t)erab* 
guroürbigen,  bie  mit  ben  aurjett  nodj  beftefjenben  Regierungen 
bloße  Verträge  abjuidjlie&cn  berechtigt  feir  l)at  einen  allgemeinen 


l)  SBambcrger  l)at  über  fein  Sorgeljen  gegen  ba&  ßepetfdje  ^rotnemoria 
felbft  fpäter  in  feinen  Erinnerungen  6.  81  f.  berietet;  ebb.  6. 110  äußert 
er  über  ©atjrljoffer,  ben  er  im  Quni  1848  bei  einem  bemofratifdjen  Äon« 
gre&  in  granffurt  fennen  lernte:  „(Sine  fdjarfe  $§t)fiognomie  unb  {Junge, 
aber  meljr  biffig  al3  einfdjneibenb  unb  ben  SluSbrucf  beS  ©elefjrten  mit 
bem  be8  SRabifalen  in  jRebe  unb  dienen  oerbinbenb,  ein  magrer  Steoo* 
IutionSpebant."  Über  ©atjr^offer  togl.  aud)  ÖtferS  ßebenSerinnerungen 
1,  132. 


Meinungen  in  Äur^effen  über  boÄ  beutfdje  ftaifertum  jc.  87 

©djrci  ber  ©ntrüftung  unb  geregten  (Smpbrung  im  ganjen 
beutfeften  SBolfe  tjeroorgerufen."  ©ie  forberten  beö^alb  nidjt  nur 
bie  fof ortige  Abberufung  Sorban«,  ber  fidj  ate  „SWitfdjulbiger 
Qn  btefem  freoetyaften  Attentat  erroiefen"  t)abe,  Jonbern  „bie  fo* 
fortige  «ujtöfung  ber  für  ba8  Stoß  überbieä  burd)  tyre  Äoft» 
fpieltgfeit  in  biefer  bebröngten  Qtit  fo  überaus  brücfenben  ©ef)örbe 
be«  ©unbeätag«  at*  eine«  bie  ©ouoerftnitftt  beä  SBolfeS  beein» 
trftdjtigenben  3nftttut«a. 

©djon  mehrere  Sage  jubor  war  in  ber  gleiten  ungelegen* 
!>ett  eine  Äbreffe,  bie  nad)  Sntyatt  unb  gorm  fid)  mefentlidj  üon 
©atjrtyofferä  Ausführungen  unterfd)ieb,  üon  Harburg  nad)  Staffel 
gefanbt  morben.  3m  ©egenfafc  ju  ©atyrljoffer  Ijatte  ©qbel,  ber 
im  SHärj  jufammen  mit  üjm  in  einen  „Stalfdrat"  in  SRarburg 
eingetreten  mar  unb  Anfang  Sprit  im  Vorparlament,  freiließ  au« 
fet>r  anberen  ©rünben  a(S  bie  SRabifalen,  mit  ifjnen  für  bie  Sßer* 
manenj  biefer  ©erfammlung  geftimmt  tjatte,  in  einem  glugblatt 
bargelegt,  warum  „jeber  roaipe  greunb  ber  ©ntradjt  unb  greifet 
üor  einer  SJerbtnbuug  mit  §e<fer  unb  ©truüe  jurüdfdjretfen"  muffe, 
bie  „bad  babifdje  unb  beutfdje  SBoIE  in  aller  ©efdjminbigfeit  mit 
©emalt  jur  Siepubltf  jtuingen  wollten"  unb  ju  btefem  Qxotd  felbft 
granjofen  nad)  3)eutfd)tanb  führten,  ©leidjjeitig  begrünbete  er, 
um  eine  „gefefclidje  SBerbefferung  unferer  3^ftanbe  unb  Serbin* 
berung  jebeS  gewalttätigen  Singriff«  auf  biefelben"  ju  unterf tagen, 
einen  „SBaterlanbSberein",  in  beffen  StuSfdjufj  unter  anberen 
©tjbel«  greunb  ©tlbemeifter  unb  ber  bamalige  Sßrtoatbojent  ÄnieS, 
{Robert  öunfen  unb  Start  fiubroig  gewählt  mürben.1)  Km 
13.  SRai  einigte  fid)  nun  aud)  biefer  2tu3fd)u&  über  eine  «breffe 

n  Über  ©ijbel*  bündige  polltiföe  Stötigfeit  Rebe  bie  MograpWdje 
(Einleitung  ju  feinen  Vortragen  unb  Slbbaublungen  @.  51  ff.,  über  ÄnieS 
•erlanb*  ftortfefeung  Don  Strieber*  ^efftfefter  ©ele&rtengefdndjte  2,  67  ff., 
über  Äarl  Subroig  ben  SRadjruf  Don  Äbolf  3fict  in  ben  ©togropbifdjtn 
»Mttern  1,  270.  fiubmig  übernahm  im  grttQjafc  1848  eine  3eit  lang 
aud)  bie  fflebaftion  be*  Heuen  ®erfafjung*freunb$,  ben  bann  ttbam  $faff 
leitete;  fhmfen  mar  jufammen  mit  Snbel  fdjon  1847  gegen  bie  Verfügung 
bet  ^efftfdjen  Vttnifterium*  aufgetreten,  bie  Sruno  fcilbebranb  „in  Äüct* 
ftdjt  auf  bie  gegen  ibn  wegen  Verbreitung  einer  verbotenen  3eitfd)rift  unb 
9Rajeftättbeleibigung  belangte  Unterfudjung",  elje  irgenb  eine  geridjtlidje 
fcntfdjetbung  gefällt  mar.  Don  feinem  Amte  fuäpenbierte.  Wad)  einem  Don 
6nbel,  ©unfen  unb  Sergt  gefteQten  Eintrag  t)attc  bamatö  ber  afabemifcfc 
Senat  bem  IRinifterium  eingefjenb  bargelegt,  „roeld)  nachteilige  moralifdje 


88  <S.  8arrentraM>, 

in  ©adjen  be$  fiepelfdjen  $romemoria.  ©8  ttmrbe  in  if)r  an« 
erfannt,  bafe  ein  befthnmter  unb  entfdjeibenber  Antrag  üom 
©unbeätag  nic^t  gefteUt  fei;  bod|  matten,  tote  bie  Hbreffe  betont 
feine  Äu&erungen  ben  (Sinbrucf,  „ate  ob  e«  nod)  jtDetfet^aft  tofire, 
ob  bie  ©efdjlfiffe  ber  fonftituierenben  beulten  SRationafoerfamm« 
lung  in  Sßafyrfyeit  fonftituierenbe  fein  würben.  SWemanb  im 
beutfdjen  SSolfe  toirb  fid)  betn  SBunfdje  öerfdjtie&en,  ba&  ba£ 
SBerf  ber  SBerfammfang,  bie  fünftige  SBerfaffung  be$  SBaterlanbeS 
in  fefter  ©intradjt  gttrifdjeu  ben  dürften  unb  SSötfern  3)eutfdj* 
lanbS  juftanbefomme.  gragt  man  aber,  bei  mem  jefct  bie  lefcte 
cntfdjeibenbe  Äraft  ftetjc,  fo  ift,  nadjbem  bie  SBerfammlung  als  eine 
fonftituierenbe  unb  allein  baju  berechtigte  angeffinbigt,  nadjbem 
hierauf  oon  ben  Regierungen  fet6ft  bie  SBatjlen  in  ben  einjdnen 
Sanbern  angeorbnet  toorben,  feine  anbere  Stnttoort  möglidj,  als 
bafe  bie  fonftituierenbe  SBerfammtung  baö  Stecht  ber  ©ntfdjeibung 
t>at."  2>ie  Unterjeidjner  ber  Äbreffe  gelten  e$  bemnadj  für 
„Sßflidjt  jebeS  £eutfd)en,  ju  erHaren,  bafe  er  entfdjloffen  tft,  ben 

SBirfungen  jebe  foldje  ©uSpenfion  auf  ßeljrer  wie  auf  ßernenbe,  im  Innern 
wie  nad)  äugen  ^eroor bringen"  muffe.  S)er  bamalS  mit  ber  IBermaltung  be8 
2Äimftcrtum3  be$  Innern  betraute  (Staatsrat  ©Keffer  aber  ermtberte  bem  (Senat, 
er  muffe  beffen  SBorfteüung  „mit  S3ebauern  unb  Sföi&bifligung  betrauten*. 
„$)em  «Senat  muffte  fofort  einleudjtenb  fein,  bafj  alle  fRadjteile,  weldje  ber 
Untoerfität  au«  einer  ©uSpenfion  oon  Sßrofefforen  erwadjfen,  nid«  auf* 
galten  tonnen,  einen  Sßrofefjor  wegen  begrünbeter  Urfadjen,  inSbefonbere 
wegen  angezeigter  $erbred)en,  *ur  Unterfudjung  §u  jie^en  unb  alSbalb 
beffen  ©uSpenfton  ju  verfügen,  ba&  namentlich  ^Befürchtungen  wegen  Ser= 
minberung  ber  jjabl  oet  ©tubierenben,  wegen  etwaigen  Abgang«  Don  $ro* 
fefforen,  wegen  angeblicher  2lu3fd)Iagung  oon  ^Berufungen  jur  Untoerftta't 
betfagenSwerte  Übelftänbe  finb,  aber  nid)t  t)on  entfd)eibenbem  ®emtdjt  fein 
bürfen  gegenüber  ber  $fUd)t,  berufe  unb  gefefcmä&ige*  geben  unb  Saiten 
burd)  bie  für  bie  Sfe&lfäfle  oorgeaeidjneten  SBege  unb  Mittel  aufredet- 
juerljalten  unb  ju  förbern.  SBenn  ein  Sebauern  über  bie  Vorgänge  au&> 
gebrütft  werben  wollte,  fo  Ijätte  biefeä  nur  bat) in  gerietet  werben  fönnen, 
baf$  unter  ber  gabl  ber  Sßrofejforen  fid)  Männer  befinben,  gegen  weldje, 
toie  gefdjeljen,  Ijätte  öerfaljren  werben  muffen,  unb  bafe  unter  bem  $er* 
galten  i^rer  Sßrofefforen  bie  Unioerfttät  £u  leiben  Ijabe  unb  allgemeine 
Eadjteile  empfmbe."  Sie  biefe  Sorte  ift  für  ©«effer  ba8  «erhalten  be* 
jeidjnenb,  ba8  er  beobachtete,  nad)  bem  baS  Cbergeridjt  feine  (£ntfd)eibung 
getroffen  unb  weber  SlmtSentfcfcung  nod)  ©uSpenpon  gegen  §ilbebranb 
oer&ängt  ^atte.  ©Keffer  ^ob  weber  bie  ©uS^enfion  auf,  nod)  machte  er 
aud)  nur  ^ilbebranb  ober  bem  ©enat  irgenb  eine  weitere  Mitteilung,  ©o 
würbe  erft  bura^  ben  ^luSbruc^  ber  Devolution  im  Sftärft  1848  ^ilbebranb 
rehabilitiert. 


Meinungen  in  Äur^effen  tt6er  ba*  bcutfdjc  flaifertum  ic.  89 

fBefdjlüffen  bcr  fonftituierenben  Serfammtung,  feien  fte  in  Über- 
e mftimmung  mit  bet  eigenen  perfdnlicfcn  Anficht  ober  gegen  biefelbe, 
ju  ge^orc^en.M  @£  erfdjien  ttjnen  als  bebenflid),  menn  aud>  nur 
ber  geringfte  ftxxxtftl  auftauchte,  ob  mit  ben  33efd>lüffen  btefer 
Serfammlung  ein  Äbfälufj  erreicht  fei;  fte  betrachteten  eS  beä* 
fplb  ald  l)öd)ft  erfreulich,  bafe  ber  SWinifterpräfibent  üon  Reffen* 
2)arntftabt,  ba&  Jpeinrid)  D.  (Sägern  ben  barmftäbtifdjen  SBunbeS» 
tag«gefanbten  au«brfictlid)  beäaoouiert,  „ftd)  als  obQig  unbeteiligt 
üon  bem  SBunbeäbefdjlufe  loSgefagt"  tyabe;  ju  einer  gleidjcn  @r* 
H&rung  forberten  fte  ba*  furljeffifdje  SRinifterium  auf. 

3ur  Unterftüfcung  tyreS  SBunfdjeS  nriefen  fie  namentlich  auf 
bie  Xatfadje  l)in,  ba§  bie  bieder  „befannt  geworbenen  SBatylen 
jum  Parlament  eine  gro&e,  aller  Anarchie  unb  ©ewaltfamfeit 
abgeneigte  9Ref)rt)eit  in  ber  SSerfammlung  er  märten"  tieften. 
3n  ber  %at  Ratten  gerabe  in  fturfyeffen  bie  Slabifaten  bei  ben 
SBaljlen1)  eine  entfdjiebene  SRieberlage  erlitten.  Hm  18.  8tpril 
toar  nur  in  ipanau  it)r  flanbtbat,  SJürgermeifter  SRfi&l,  gewählt 
toorben;  in  Gaffel  erhielt  bagegen  ber  ju  ifynen  fid)  fyaltenbe 
$rofeffor  SBinfelbled)  nur  57,  bagegen  ber  oon  iljnen  nur  ju 
ben    „§albfreiftnnigenM    gerechnete    Dbergeric&tdanroalt   Subtoig 


!)  Über  bie  SBabten  in  Äurfjeffen  fte&e  ben  Äuffafr  im  6.  8b.  ber 
tikgenwart,  ben  SBippermann  in  {einem  ttrtifet  über  ihirtjefffn  in  ber 
3.  Auflage  be*  dtottecf'Sdelderföen  8taatalerrton&al«  bie  befte  fcarfteflung 
ber  Vorgänge  in  Äurfaffen  1848  rü^mt.  9la<b  freunblidjer  Mitteilung  ber 
9rodI)au3id)en  ©ud$anbhmg  tourbe  er  Don  2>ireftor  ©raefe  Derfafct;  fte$e 
aber  btefen  ßot&ol$,  Mg.  3>eutfd)e  Biographie  9,  556  f.  Über  «ü&l  »gl. 
aufeerbem  Ärnolb  SRuge  in  (einem  Don  Werr(id)  herausgegebenen  ©rieftoedjfel 
2,28;  über  ©tnfelblecb,  bie  Don  ßippert  in  ber  2.  Auflage  be3  $anbioörter 
bud)§  ber  StaatÄmifienfdjaften  7,  108  angeführten  ©Triften  unb  3Refjring, 
<Befd)id)te  ber  beutfrtjen  So^iatbemofratie  1,  334  ff.;  über  §ilbebranb  aud  ber 
Donfiippert  im  fcanbtoörterbud)  ber  ©taattrolffenfdjaften  41,  1201  unb 
D.  3nama:@ternegg  in  ber  9tüg.  $eutfd)en  ©iograpbie  12,  402  Dcrjeidmeten 
Stteratur,  namentlich  ben  Sluffafc  Don  Gonrab  im  30.  $anbe  ber  3abrbfld)er 
für  9iationalofonomie.  3U  feiner  Säuberung  Don  fcilbebranb*  SRarburger 
3ett  lieferte  einige  Ergänzungen  SuliuS  Gaefar  im  Warburger  Sageblatt 
Dom  10.  «pril  1878  9*r.  93.  $ur  fcilbebranb«  »leben  in  ber  $aul«fir*e 
über  bat  ©ablredjt  roie*  neuerbingd  ©eorg  SRetyer  in  bem  aud  feinem 
9Jad)lafe  Don  3ellinef  ^craudge^ebenen  ©udj  über  ba$  ^arlamentarifdje  SBaljl* 
re^t  6.  185  unb  187  $in.  anlief)  rote  §ilbebranb  mar  3acobi  Dor  1848 
Don  feinem  Amt  fuSpenbtert;  Dgl.  §afner,  ©mnnafium  ju  Jperäfelb  1817 
5i4  1876  ©.18  f. 


90  (£.  Sarrentrapp, 

©djtoarjenberg  über  7800  Stimmen.  SBte  biefer  mürben  aud) 
in  ben  metften  anbeten  Sejirfen  bie  Äanbibaten  burd)gefe$t,  bie 
ein  in  Äaffel  aus  gemfifcigten  Siberalen  jufammengefefcteä  Äomrtec 
in  8Sorfd)lag  gebracht  Ijatte:  fo  ©djmarjenbergS  ©ot>n  ?ßf)ilipp, 
Dberjuftijrat  ©mjrim,  ©tjmnaftallefyrer  Sacobi,  Dbergerid>t3rat 
SBertljmüfler  —  unb  ©ernf)arbi  unb  SBippermann  fogar  in  je 
jmei  Sejtrfen.  gfir  SRarburg  Ijatte  baS  ftaffeter  Komitee  bie 
SSa^l  Dem  Ztftobox  fflergf  empfohlen;  feine  einflu&reidjften  StoU 
legen  aber  gelten  für  biefen  Soften  mefyr  als  ben  Biologen 
ben  Siationalölonomen  93runo  §ilbebranb  geeignet,  beffen  $opu* 
larität  bie  fleftürjte  Regierung  burd)  il>r  SSorgetyen  gegen  itjn  ge* 
fteigert  f)atte.  Sei  ben  SReumaljlen,  bie  burdj  93ernl)arbiS  unb 
SBippermannS  ©oppelmafyl  erforberlid)  mürben,  ftegte  bann  freiließ 
in  §ünfelb  ber  ©ürgermeifter  görfter,  ber  in  allen  entfdjetbenben 
gragen  mit  Wüt>l  jufammenging,  in  grifclar  aber  einer  ber 
eifrigsten  Sorfämpfer  ber  fonftitutionellen  Sßartei,  nämlid)  S&tnM, 
unb  als  btefer  balö  fein  SRanbat  mieber  aufgab,  tuet!  er  bamafö 
glaubte,  in  Staffel  mef)r  nü&en  ju  Idnnen  als  in  granffurt, 
©tjfoefter  Sorban.  Salb  nad)  beffen  Eintritt  in  baS  Parlament 
fdjieb  aus  biefem  fiubrotg  ©djmarjenberg;  fein  9tad)fo(ger  in  ber 
^ßaulslirdje  mürbe  ber  Sßräftbent  ber  &effifd)en  ©tftnbetjerfamm* 
lung,  §err  ü.  öaumbad),  unb  als  aud)  er  fdjon  im  gebruar 
1849  auf  fein  ÜJtonbat  öerjid)tete,  mürbe  an  feiner  ©teile  mieber 
ipenfel  in  baS  Parlament  gefanbt. 

3)ie  *ßartetftellung  au  et)  ber  t)effifd)en  Slbgeorbneten  fam  in 
ber  SRationatoerfammlung  juerft  ju  beutlidjem  ÄuSbrud  bei  ben 
5Berf>anblungcn  über  bie  Äonftituierung  einer  proöiforifdjen  3entral* 
gemalt.  9Hit  ber  2J?e^rt)ett  beS  Parlaments  crtlärten  fid)  aud) 
bie  meiften  93er treter  fturfyeffenä  gegen  bie  Don  ber  fiinfen  be* 
antragte  ©nfefcung  eines  SBoUjieljungSauSfdjuffeS.  Am  29.  3uni 
fanben  fid)  fieben  öon  iljnen  (SBerntjarbi,  ßntjrim,  Sacobi,  beibe 
©djmarjenbergS ,  SBertfymüflcr  unb  SEBippermann)  unter  ben 
436  SBätylern  beS  (SrjtjerjogS  Sodann  jum  9ieid)SDermefer ;  §ilbe* 
branb  fttmmte  mit  51  anberen  9lbgeorbneten  für  §einridj  Don 
©agern;  9tut)l  unb  görfter  erflärien:  3*  mätjle  nid)t  ÄuS 
melden  Orünben  bie  SKeljrjaljl  aud)  ber  preufjifdjen  Äbgeorb* 
neten,  bie  fd)on  bei  Srridjtung  ber  protoiforifdjen  3cntralgemalt 
bie  republifanifdjen  $enbenjen  abmeifen  unb  tyrer  monard)ifd)en 
©efinnung  «uSbrud  geben  moüten,  für  bie  SEBa^l  beS  öfterreidji* 


SReinungen  in  ftur(effen  über  baS  beutfdje  Äaifertum  ic.  91 

fd>en  (JrjljerjogS  ftdj  entfe^teben,  barüber  t>aben  neuere  $ub(i' 
fationen  und  manche  tntereffante  Hufflftrung  geboten;  am  toidj* 
tigften  ift  bie  rjon  ©tybel  aus  ben  berliner  Hften  feftgefteflte 
Xatjadje,  bafe  baju  in  bebeutfamer  SBeife  ber  preufeifdje  ©efanbte 
in  granffurt,  ber  burtf)  §einridj  D.  Hrnitn  fo  gerühmte  Ufebom, 
mitarirfte,  inbem  er  ben  t>on  feiner  {Regierung  it>m  aufgetragenen 
$roteft  in  ber  Zaf$e  behielt.1) 

<£rfd>eint  banad)  bie  (Erhebung  be3  öfterreid)ifdjen  ^ringen 
jum  SReidßDeroefer  üerfiftnblidjer  unb  mürbe  biefer  bann  balb 
aud)  Don  ber  preufjifdpn  {Regierung  anerfannt,  fo  ftnb  bod)  ba* 
burd>  unb  burd)  bie  Organifation  unb  bad  Huftreten  ber  neuen 
3cntTatßen>a(t  bie  ©djnrierigfeiten  unb  Stetbungen  jtmfdjen  ©erlin 
unb  granffurt  gefteigert  roorben.  Sebljaft  f$i(bert  ber  grei^err 
$Wipp  t>.  Döruberg2),  ber  im  3uni  1848  bie  ©cfaftfte  be* 
ljeffiid)en  ©efanbten  in  ©ertin  übernahm,  wie  bie  äRagregetn  ber 
3entra(gema(t  ba*  preufeifdje  ©elbftgefuf)!  berlefcten ;  er  fnupfte 
baran  bie  Hoffnung,  bafe  öaburd)  bie  bem  eifrigen  $effen  be* 
f  onber*  »erfaßten  Unitarier  ber  Sßautefird)c  gefdjäbigt  mürben ; 


•)  $gl.  über  Ufebom  ferner  in  ber  Hflg.  3>eutfd)en  Biographie 
39,  375  ff.  unb  bie  in  ben  ffiegiftern  flu  ©nbel*  ©egrünbung  be*  $eutfd>en 
fteidtf,  flu  Qitmardd  (Bebauten  unb  Erinnerungen  unb  flu  ibrem  Anfang, 
*u  Jteubede  Surft  unb  Sürftin  ©iÄinard  unb  flu  SR.  x>.  SRoblS  ßeben** 
erinnern  ngrn  angeführten  ©teilen.  Über  bie  Sftottoe  preugifc^er  Slbge* 
orbneler  bei  ber  ©a&l  bed  (Srflberflog*  Sodann  flum  JReidjSoerwefer  t>gt. 
Woj  Wunder«  Schrift  flur  <ltefcbid)te  ber  beutfdfen  ffleia^ftüerfamnriung  unb 
feine  JBiograpbie  Don  $almi  ©.88  unb  114;  Sergengrün,  $anfemann 
©.  663  ff.  unb  93.  o.  ©imfon,  Sbuarb  b.  ©imfon  S.  104  ff. 

*)  (Singebenb  fdjilbert  2)örnberg  namentlid)  am  20.  3uli  1848,  wie 
bie  Wadpicbten  auÄ  Jrantfurt  große  SJerftimmung  bei  bem  berliner  Kabinett 
erregten  unb  wie  „feit  ben  in  ben  lefeten  Sagen  üielfad»  im  Sanbe  beroor* 
getretenen  itunbgebungen  preufeifeben  (Beifte*"  namentlid)  §anfemaun  er« 
tannt  fabe,  „bafi  e*  für  feine  ftaatSmännifdje  gutunft  beffer  fei,  fi$  auf  biefe£ 
preufjifcbe  ©elbftfinbigteitSgefüljl  flu  flü&en  unb  biefe  öatm,  in  bie  er  ein« 
gelenft,  fübrt  i$n  bon  felbft  jefct  auf  ©tärtung  ber  monard)ifa)en  (fteroalt 
feine*  Äönig«.  deiner  unter  ben  biefigen  3Riniftern  fpridjt  fidj  je&t  fp 
energifd)  gegen  bie  üinte  ber  fuefigen  ttationaloerfammlung  unb  gegen 
bie  JJranffurter  Übergriffe  au»  a(d  gerabe  er.  ©eine  juianflieden  $läne 
baben  (Erfolg  nnb  feit  bem  Sefanntroerben  feined  QeiefcenttourfS  wegen  ber 
3»angSanleil)e  fliegen  bie  ©eiträge  ju  bem  frei roiü igen  Unteren  in  reiaV 
ütbem  Wafte.  ^r.  ^aniemann  ift  ein  guter  finanzieller  unb  polirifdjer 
©pefulant,  unb  wenn  er  treu  bleibt  ber  8a^n,  bie  er  jefet  eingefdjlagen, 
fo  tann  er,  »ie  bie  3)inge  einmal  liegen,  ber  guten  ©ad)e  roafyre  3>ienfte 


92  <£.  »artentrapp, 

umgefef)rt  füllten  ftdj  biefe  burdj  bie  ftdj  meljrenben  Sufeerungen 
fpejtfifdjen  Sßreu&entumS  gefrftnft  unb  gereijt  Unb  befanntlid) 
(am  biefe  gegenseitige  2Ri6ftimmung  jum  ftarfften  Sudbrucf  in 
ber  fdjle8mig*ljolfteimfd}en  grage.  3Rit  Jöegeifterung  maren  aud) 
in  §effen  ba«  auftreten  SßreufeenS  für  bie  Herzogtümer  unb  bie 
©iege  fetner  Gruppen  aber  bie  Dänen  begrübt  morben;  um  fo 
lebhaftere  ©ntrüftung  erregten  ganj  befonberS  aud)  in  Reffen  bie 
9iad)rid)ten,  bie  Anfang  September  über  ben  Don  ber  preufeifdfjenSte* 
gierung  mit  ben  Stänen  vereinbarten  S93aff enf tillf tanb  t)ev6rettet  mürben. 
©iefe  ©timmung  mürbe  burdj  bie  Siebe  bejeugt  unb  geftärft,  in 
ber  fein  anberer  als  5Dat>lmann  ba£  Parlament  aufforberte,  bie 
©iftierung  aller  jur  »uSfüljrung  be3  SBaffenftiUftanbS  nötigen 
SRa&regeln  ju  befd;Iiefeen.  SÄit  it>m  ftimmten  mie  bie  fiinfe  unb 
ba*  linfe  3entrum  aud)  mehrere  ftbgeorbnete  bed  rechten,  fo 
oud)  $effen£  grö&ter  ©ol)n,  Safob  ©rimm,  unb  bie  f&mttidjen 
fed)«  in  fturbeffen  gemähten  Hbgeorbneten,  bie  am  5.  ©eptember 
in  ber  SßauSftrdje  anmefenb  maren :  nidjt  nur  Jörfter  unb  3ftüf^l, 
fonbem  aud)  (SnQrim,  §ilbebranb,  fiubmig  ©djmarjenberg  unb 
SBertymüfler.  ©ef>r  balb  aber  trat  Ijeroor,  eine  mie  fdjmierige 
Sage  burd)  bie  Annahme  tiefet  Antrag«  herbeigeführt  mar,  unb 
al*  am  16.  September  befinitio  bie  Haltung  beä  Parlaments 
gegenüber  bem  t)on  $reuften  abgefdjloffenen  Sertrag  entfdjieben 
mürbe,  Dotierten  jmar  mie  bie  genannten  fedjd  turljefftfdjen  2lb* 
georbneten,  bie  an  ihrer  negativen  Haltung  feftyielten,  aud)  üon 
ben  übrigen  fünf,  bie  oor  elf  £agen  gefehlt  tjatten,  uun  aber 
nad)  ^rantfurt  gefommen  maren,  jmei  (^üipp  ©djmarjenberg 
unb  Stppennann)  gegen  eine  SiQigung  bc$  Vertrag*;  bagegen 
crllärten  fieb  für  eine  ^erftünbigung  be$  Parlaments  mit  ber 
pmiBtidKn  Regierung  bie  bret  anberen:  Öernbarbt,  Sacobi  unb 
^orban.  ^ie  Qlrünbe,  bie  fte  baju  bestimmten,  legte  am  15.  ©ep* 
tember  in   bebeutiamen  %u$jübrungen   ©oloefter  3orbau   bar. 

Iditen*  $n  §wi$iouci  bat  man  eit*  trfannt.  ba*  anfand  mtr  $u  be* 
ßrüneett  $Xtfen%uien  o,ea;en  ibn  in  o«e\t>  wurden,  un>  fr  nrirb  bort  jeftt 
febv  $evn  $efeben.  Suirt)  allen  ^t^Nuttuntitn.  Me  ü  x?on  meinem  6tanb* 
puntte  «u*  her  mo&en  tonnte»  t:n  i<b  t^er  $nr:»~enbahrn  Überzeugung, 
bofc  aOe  beuttoen  £v»e  v,*o  ^ev  ruu«n\*en  'S.v.::!  ;e$:  au»  b«*  t*rtrauenfc= 
ivü'ic  «n*\t«Kfru  tonnen.  \a  cv.fc  bie*e*  ftn»£:-.cw»  »i;r  riele  berielben  $u 
einer  nuttien  VeNu^i.uc  nviben  tonn  JA  f.:r.n  eurer  SUl  $obett  oer- 
itebem.  Nx.j;  ^^e  ^e^o.n^en  wn  ^.nnotvr.  tV:ve:a  a:0  reiben  in  gleichem 
srume  an  ^^u  $v»e  ^e^vt^'t  ^a^cn  * 


Weinungen  in  Äur&effen  übet  bat  beutfdje  Äaifertum  k.  93 

8egretffi$ettDeife  Ijaben  fie  toeniger  ©nbrudf  auf  bie  Serfamm* 
hing  gemocht  a(£  bie  Siebe  feine«  9ftamen$t>etter8  SBtltjelm  Sorban, 
burd)  bie  biefer  an  bemfelben  %a%,  toxt  im  toorauÄgegangenen 
JRottat  in  ber  $otenbebatte,  jugleid)  feine  rebnertfdje  Straft  unb 
fein  gefunbe*  ©taatögefüf)!  befunbete;  au*  me&r  als  einem  ©runbe 
erfreuten  fe$r  bea$ten£roert  aber  audj  bie  Starte,  in  benen  f)ier 
ber  Bater  ber  f)efftfd)en  gkrfaffung  t>on  1831  bie  Untrennbarfeit 
ton  Soll  unb  Regierung  unb  ben  engen  3ufammenf)ang  jwiidjen 
$reu§en  unb  3)eutfd)(anb  betonte.  Snbem  er  bie  Berfammlung  jur 
3Rä§igung  unb  JBefonnenlpit  mahnte,  führte  er  namentlich  treffenb 
aud,  toxt  ba*  Parlament  burd>  eine  (Erflftrung  gegen  ben  üon 
ber  preufetfdjen  Regierung  abgefdjloffenen  SBertrag  ttridjtige  3nter- 
effen  be*  preufeifdjen  unb  beulten  SBolfS,  fein  9nfet)en  im  ÄuÄ» 
lanb  unb  feine  Hauptaufgabe,  btö  Serfaffung$»erf,  föfibigen 
tofirbe.1) 

3e  meljr  man  ftdj  in  ben  folgenben  SRonaten  mit  biefer 
Hauptaufgabe  befd>ftftigtef  um  fo  meljr  tpirften  bie  ©rfaljrung  üon 
ber  geringen  SRadjt  be3  Parlament«   unb   bie  Kräftigung   be£ 


l)  Qorband  dicht  ftelje  in  bent  üon  SBigarb  herausgegebenen  Steno* 
Qrapftifdjen  Oeridjt  über  bie  $er$anblungen  ber  ftationatoerfammtung 
3.  2063—66.  SRe&rfadj  ift  barauf  $ingewiefen  roorben,  bafc  fia)  bie  Xen* 
ben*  beft  $erauftgeber*  bei  ben  Mitteilungen  biefe«  $erid)tft  über  bie  Auf* 
nabme,  roeld)e  bie  Heben  in  ber  93erfammtung  fanben,  über  3roifd)enrufe 
unb  Unterbrechungen  in  bebenflid)er  ©eife  bemerfbar  mad)t;  eine  genauere 
Prüfung  biefe*  befonber£  bebeutfamen  %6fd)nitt*  $eigt,  bog  audj  bie  biet 
gebotenen  3aWcnangaben  bei  ben  ftbfttmmungen  ntdjt  immer  juDerläfftg 
Ttnb.  Wad>  S.  2149  erflfirten  fict>  am  16.  September  237  ttbgeorbnete 
für  ben  Don  ber  TOe^r^eit  beS  ÄuSfdjuffe*  gefteaten  Antrag,  258  gegen 
ibn;  barauf  nrarbe  mit  gleicher  TOefjrljeit  ber  Don  ben  Dier  fcr>Ie*toigifcfjen 
Vbgeorbneten  &rancfe,  Eronfen,  2Rid)elfen  unb  iReergarb  etngebradjte  *(n« 
trag  angenommen :  für  i&n  würben  nadj  S.  2154  267,  gegen  ifjn  236  Stirn« 
nen  gej&blt.  2)iefe  Angaben  mürben  in  allen  mir  befannten  barfteüenben 
Berten  roieber^olt,  o6mofjl  me^rfad)  IjerDorgeboben  mürbe,  ba&  $inde  gegen 
beibe  Anträge  ftimmte.  3Me*  mürbe  baburd)  auftgegltdjen,  bog  für  beibe 
ftd)  ©ebefinb  ertlärte;  ebenfo  fehlten  bei  ber  &roeiten  Hbftimmuna,  Dier 
Vbgeorbnete,  bie  für,  aber  aud)  oier,  bie  gegen  ifjn  Dotiert  bitten ;  aujjerbem 
enthielt  ftd)  ber  jmeiten  ttbftimmung  Weben,  mä^renb  ShuDier,  ber  bei 
erften  ftd)  entfalten  fcatte,  gegen  ben  Antrag  ftrande  ftimmte.  So  fanb 
ftd)  für  biefen  Antrag  ebenfo  eine  Vcetjrfjeit  Don  21  Stimmen  aufammen, 
»ie  eine  foldje  ben  Uu$fd)ubantrag  Dermorfen  t)atte ;  bei  ber  jroeiten  Vlb* 
ftimmung  aber  jä^te  bie  fiegenbe  Sßartei  nur  254,  bie  unterliegenbe 
233  Stimmen. 


94  <£.  «orrenttapp, 

pteu&ifdjen  Königtums  burdj  bie  „rettenbe  $at"  beS  fflKnifterium« 
©ranbenburg  jufammen,  um  innerhalb  unb  au&erf)alb  ber  $aut£< 
firdje  immer  toeitere  ftreife  &on  ber  Wottoenbtgfeit  einer  JBerftän* 
Mgung  jttrifdjen  ben  gfiljrern  ber  nationalen  ©emegung  unb  ber 
preu&ifdjen  {Regierung,  bon  ber  Stidjtigfeit  ber  3)af)lmannfc§en 
gorberung  eine*  beutfdjen  öunbeSftaateS  unter  SßreufcenS  gütjrung 
ju  überzeugen.  Am  meiften  trug  baju  aber  bie  Haltung  be£ 
eifrigften  unb  mftdjtigften  ©egnera  biefeS  ©ebanfenS,  be$  neuen 
SeiterS  Öfterreidjä,  bei.  SWit  ganj  anberer  (Energie  atd  bie 
fdjtoadjen  öfterretc^ifc^en  Regierungen  im  grütyatyr  1848  trat 
gürft  gelij  ©djtoarjenberg  ben  beutfdjen  Patrioten  entgegen. 
3n  auägefprodjenem  fdjroffem  ®egenfafc  ju  ifcnen  organifierte  er 
ben  öfterreid)ifd)en  SinfyeitSftaat  unb  beanfprud>te  für  ifpt  ben 
entfdjeibenben  Sinflufe  in  Deutfdjlanb.  9tod)  feinem  Programm 
foflte  bieS  in  fed)3  ftreife  eingeteilt  unb  an  beren  ©pifce  je  ein 
ftönig  gefteHt,  bie  SReid)$getoalt  einem  Dtreftorium  oon  7  3Wit* 
gliebem  übeituiefen  roerben  unb  biefem  leinJBoI&fjauS,  fonbern 
nur  ein  ©taatenl>au8  jur  Seite  fielen,  in  ba$  Öfterreid)  38  unb  ba3 
flanje  übrige  S)eutfd)lanb  nur  32  Vertreter  fdjitfte.  2)aburdj  toäre 
aOerbing*  jebem  ber  öfterreidjifdpn  fßolitif  unbequemen  (Sinflufe 
ber  beutfdjen  Station,  $reu&en£  unb  aller  beutfdpn  gürften,  bie 
nid)t  ben  ftönig£tite(  trugen,  oorgebeugt  loorben;  eben  beätjalb 
tonnten  auf  foldje  Corfdjläge  meber  eine  bcutjdje  Sotfäoertretung, 
nod)  ber  ftönig  Don  $reu|enf  nodj  ber  fturfurft  tum  Reffen1) 
fid)  cinlaffen.  $>urd)au$  entfprad)  eS  ber  am  ©djluft  feiner 
©rofdjüre  fäon  im  grü^ja^r  Don  ©pbet  enttoitfetten  Anficht, 
bafe  fold)cr  öftcrreic^iftbe«  $olüit  gegenüber  nun  er  unb  feine 
<$cftnnung$gcnoffen  entfdjieben  für  balbige  ftonftituierung  eine« 
ttunbrtftaatef  be$  au&eröftemidbifdjen  £eutfd)(anb$  unter  $reu* 
fern*  gübruug  eintraten.  Huf  einen  Antrag  tt>re3  bamatigen 
Sütjepräfibcnten  9?cbeltbau  gab  am  5.  3anuar  1849  bie  für« 
Ijeffifctje  ©tänbcucrjammluug   mit   32  gegen  6  Stimmen    „itpe 

M  ftm  6.  {vfbruar  färirb  eDbcl  au*  Sattel  an  §ilbcbranb,  bei  Aar« 
füru  fei  „jefct  in  Stettin,  icb  »eifc  niibt  $u  roel&cm  t»ofttit>en  3»e<f,  dot 
aUra  aber  &u  beut  nesütiren,  um  $veufcen  btaunelbcd)  ju  bitten,  jtd)  ntdjt 
auf  ba*  Mrcmnttutf  $rf:cft  ber  ^cdttfcr.u^beiricöaü  ein&ntaften,  nad) 
iwKbcm  Starbt» rn  cm  £:ud  bc*  bannewreben  ärr.ie*  rarben  foUe.  S)odj 
mwfc  er  rocbl  m\t  «nbere  SSüntoe  ober  ecr$cn  bc^n,  bo  yitufecu  f(j^on 
l&ncift  bit  ÄMcbnnr^  bic^c*  ^lan*  au^r proeben  ba:.* 


Meinungen  in  Äurfjeffcn  Aber  ba*  beutfdje  Äatfertum  jc.  95 

fcnftd)t  baljtn  funb,  ba&  bic  erforberlidje  SBürbe  unb  TOadjt  ber 
tRetdjdgetoalt  unb  bie  innere  SBofjtfatpt  3)eutfd)tanb3  nid)t  anber* 
getoatyrt  toerben  Wnne,  als  inbem  afcbalb  ber  ÄÖnig  bon  $reugen 
ald  9leid)*oberl)aupt  an  3>eutfd)lanb*  ©pi&e  tritt44,  liefen  «n* 
trog  empfahl  in  mehreren  Sieben  audj  ©tjbel,  ber  jefct  bie  Uni* 
tterfttät  im  Sanbtag  bertrat;  ©ebenfen  be$  bemofratifdjen  Äbge* 
orbneten  3$eobaIb  gegenüber  äufeerte  er:  „SBer  ift  in  biefer  8er» 
fammlung,  ber  nidjt  einmal  bittere  Antipathien  gegenüber  fßreuften* 
$errfd)er  empfunben  f>Ätte?  ©tefjen  mir  ober  fo,  bafe  tuir  je« 
monben  jum  beutfdjen  Staifer  ober  fßrfiftbenten  um  feiner  frönen 
ttugen  toiflen  enuäfjlen,  bafe  ed  auf  ein  perfbnlidjeä  SBol)lgefalIen 
ober  bergleid)en  meljr  antfime?  ©tel>t  bie  ©adje  nidjt  melmet)r 
fo,  bafe  toir  nid>t  mefjr  in  ben  3eitcn  beg  SRärjeS  finb,  »o 
bie  ©onberung  ber  einzelnen  Staaten  üoflfommen  in  grage  ge« 
fteOt,  mo  aüe  feit  200  Sauren  friftaUifierten  Elemente  in  glu& 
geraten  loaren,  wo  bie  9Röglid)feit  ftcf)  jeigte,  t>on  granffurt  ^er 
mit  foutoer&ner  §anb  biefen  flüffigen  ©toff  umjubilben  unb  ju 
befttmmen,  meiere  jtriftaOifation  er  f>aben  foQte.  Die  einjelnen 
©tauten  3>eutfd)lanb$  finb  toieber  in  SBirffamfeit  getreten,  unb 
barau*  ergibt  ftdj  feine  anbere  äJtöglidjfeit  jur  ©nljeit  ju  lommen, 
als  bem  mfidjtigften  ©taat  ba«  ©d)toert  in  bie  $aub  ju  geben, 
ba*  ©d>toert  für  ben  gaU  ber  Slot,  ba$  ©jepter  fär  ben  blei- 
ben ben  unb  ben  1)  öffentlich  gefunben  3uf^nb.  2)a§  bamit  unfere 
engere  ©elbft&nbigfeit  irgenbtoie  gefäljrbet  toerbe,  tann  idj  nidjt 
augeben,  ©djon  im  9luguft  f)at  man  in  (Berlin  gefagt,  bie 
granffurter  foüen  und  mit  ben  §ulbigung*paraben  ungefähren 
laffen,  bie  fßreufeen  toerben  fdjon  eine  ganj  gehörig  bemofratifdje 
Berfaffung  befommen  unb  brausen  bann  fein  9teidj£partament 
me^r  für  ifjre  greift.  3dj  benfe,  bie  bemofratifdje  berfaffung 
ift  ba  unb  fd>eint  mir  für  bie  prea&ifdjen  3uftönt)e  nridjtiger  jn 
fein  al*  bie  oerfdjiebenen  lenbenjprojeffe,  bie  als  unerquidlidje 
9tad)tSufer  eine*  unerquicflidjen  StriegäjuftanbS  nodj  tjier  unb  ba 
tortommen.  gragen  ©ie  in  ben  berfdjiebenen  preufeifdjen  $ro< 
mnjen,  ob  man  unter  bem  ©d)u$  biefer  SBerfaffung  bort  fidj  weniger 
jelbft&nbig  ju  fein  büntt  als  ber  SBatyer  ober  ein  anberer  beutfdjer 
ftalfeftamm!  gragen  ©ie  bie  einjelnen  Sßromnjen,  ob  fie  ©erlin 
gegenüber  ein  foldje«  @efüf)l  ber  ftnedjtfdjaft  Ijaben,  alä  e3  und 
ber  ffinfttgen  8leid|$getoalt  gegenüber  in  «uÄfidjt  gefteüt  toirb? 
tUfo  fein  ftbtoarten,  tein  blinbed  unb  ftumpfe*  ©idjgefallenlaffen 


98  e.  aJarrentraW, 

ju  3)eutfd)lanb  nod)  nid>t  Kar  entf Rieben  mar;  nadjbem  aber  bie 
öfterreic^ifc^e  Stegterung  burd)  iljre  (Srflärungen  felbft  bte  2ren* 
nung  jmifdjen  betben  Donogen  unb  {eine  Stimme  im  öfterretdji* 
fdjen  SBolfe  il>r  miberfprodjen  Ijatte,  beantragte  am  23.  SKärj 
aud)  ©tjbel,  bie  ©tftnbeoerfammtung  foDe  erftfiren,  fie  fönne  bte 
öfterreid)ifd)en  9Ibgeorbneten  ntc^t  meljr  atö  ftimmberedjtigte  SRit» 
glieber  ber  beulten  SRattonafoerfammlung  betrachten,  fte  muffe 
„fidj  unb  ba8  Ijeffifdje  Sanb  gegen  bte  golgen  fotdjer  SBefd^tfiffe 
Dermalen,  meldte  traft  ber  SHitmirfung  jener  unberechtigten  8b* 
georbneten  in  granffurt  juftanbe  fommen  unb  ben  Sntereffen  beä 
beutfdjen  Skterlanbeä  jugunften  ber  öfterreidjifdjen  Sßolitü  ®efat>r 
broljen,  unb  bie  Regierung  aufforbern,  biefer  33ermaf)rung  mit 
allen  geeigneten  SRitteln  äöirffamleit  ju  t>erfd)affen".  ©aljrljoffer, 
£l>eobalb  unb  Sßinfelbled)  moflten  biefen  Antrag  a  limine  ab* 
getoiefen  fef)en ;  ©t^bet  aber  entgegnete  auf  tljre  Älagcn,  er  bringe 
baburd)  „einen  »eiteren  SRife  in  bie  Teilung"  jmifdjen  Öftmeid) 
unb  3)eutf erlaub ,  mit  ber  Semerfung,  fein  Antrag  enthalte 
nidjtS,  „als  ben  WuSfprudj  ber  traurigen  SBafprfjeit,  bafc  eine 
Teilung  ejifiiere,  als  einen  Sßroteft  gegen  bie  §eud)elei,  momit 
man  fid)  in  granffurt  barüber  3Dufionen  ju  machen  fudjt",  unb 
barauf  mürbe  fein  Antrag,  für  ben  aud)  griebridj  Dtfer  eintrat, 
bem  SßerfaffungSauSfdjuf  ju  meiterer  ©rmftgung  überrotefen. 
SJtcfe  aber  mürbe  überflüfftg,  ba  fdjon  am  27.  SRärj  in  ber 
Sßautöftrdje  tro|}  ber  9lnroefenf)eit  ber  Öfterreidjer  ba3  ©rbfaifertum 
befdtfoffen  mürbe,  greittd)  erflärte  ft<§  bafär  nur  eine  ÜÄeljrljeit 
Don  toier  Stimmen,  bie  nod)  baju  üon  Dfierreidjern  abgegeben 
mürben;  jaulte  man  aber  auf  beiben  Seiten  bie  öfierreidjifdjen 
Stimmen  ab,  fo  ergab  fid)  bie  ftattlidje  9Wet)rl)eit  &on  91  Stimmen 
für  ba£  ©rbfaifertum.  (Seljoben  burd)  biefen  Srfotg  festen  feine 
Anhänger  gleich  auf  ben  folgenben  Sag  bie  Äaifermal)!  an,  unb 
bei  ttjr  mähten  290  Slbgeorbnete,  unb  unter  Ü>nen  9  bon  ben 
11  Vertretern  ÄurljeffenS,  ben  Äönig  üon  ^ßreufeen;  nur  9tfil)l 
unb  görfter  er  Hörten:  3d)  mäf)le  nid>t. 

üKit  gröfeter  greube  mürbe  bie  Stodjridjt  in  Äaffel  begrübt. 
Ate  ber  ^rfifibent  ber  ©tftnbeöerfammlung  fie  if)r  mitteilte,  forad) 
er  au$,  mie  biefeS  ©reignte  geeignet  erfdjeine,  „bie  beutfdje  Station 
mieber  ju  bem  9tang  ju  ergeben,  ber  it>r  nad)  tyrer  SRadjt  unb 
ifper  anteiligen)  unter  ben  SSöIfern  ©uropaS  gebührt14,  unb 
fnüpfte  baran  bie  „  juDerfidjtltdje  ©rmartung,  bafe  ber  mächtige 


Meinungen  in  Äuvljejfen  über  ba«  beutfdje  Äatfertum  2c.  97 

feinem  Jreunbe  $einrid)  ©imon  geführten  $erf)anb(ungen  am 
27.  SRfirj  ffir  ben  (Srbfaifer. 

SBie  bie  Haltung  be«  öfterreidjifdjen  9Wimfter8  toirfte  für  biefe 
SBenbung  aud)  bte  ber  öfterreidjifdjen  abgeordneten.  Unter  i^nen 
Ratten  ftd)  befonber«  eifrig  3Bfirtt>,  Schmerlings  Unterftaatö» 
fefretär,  unb  ber  fdjon  bamate  t)od)angefef>ene  unb  beliebte  JUfreb 
o.  0rnetf)Ntn  ber  Sßautefirdje  für  bte  Spaltung  ber  93erbinbung 
jroifdjen  Ofterreid)  unb  3)eutfd)lanb  bemüht;  bot  aber  burd)  bie 
neue  Sfterretc^tfc^e  SBerfaffung  aud)  nadj  iljrer  Überjeugung  eine 
(Einfügung  Österreichs  in  ben  beutfdjen  ÖunbeSftaat  unmöglich 
gemarfjt  mar,  gelten  fie  fid)  für  verpflichtet,  tyren  ©ig  im 
Parlament  aufzugeben.1)  3)od)  bei  tyren  Kollegen  fanben  fie 
feine  ÜRadjfotge;  vielmehr  oerftärften  biefe  tyre  Steigen  in  ber  83er* 
fammlung,  um  bie  Serfaffung  be$  beutfdjen  ©unbe*ftaafcB,  in 
ben  fie  nid)t  eintreten  tonnten,  fo  ju  geftalten,  ba&  eine  83er« 
ftänbigung  jnrifdjen  bem  Parlament  unb  bem  preufcifdjen  ftönig 
m5g(id)ft  erfdjfoert  mürbe. 

ftrtifel  ber  SReuen  ^ejftfdjen  Leitung  fptegeln  toi*  SRümelinS 
unb  jftatjmS  SBeridjte  bie  ©ntrfiftung  miöer,  bie  bie«  SBerljatten 
ber  Cfterreid)er  bei  ben  Anhängern  ber  preu§ifdjen  ©pifce  tjer» 
oorrief;  Jpat)m  erjftftft,  mie  baburd)  einige  yon  it)nen  ju  bem 
®ebanfen  geführt  mürben,  man  muffe  bie  Öfterreidjer  au«  ber 
SRationafoerfammlung  entfernen,  fo  „ftenfet  au*  ftaffel,  ber  bafür 
idjon  in  ber  fjeffiföen  Kammer  gcroirft  t>atte" ;  au*  ben  (Berichten 
über  beren  JBerfjanblungen  lägt  fid)  genauer  erfeljen,  tote  fjier 
biefe  grage  erörtert  mürbe,  ©djon  am  30.  Januar  öatte  §enfel 
ben  Antrag  eingebracht,  „bte  ©tänbeoerfammlung  tooQe  fid)  laut 
unb  offen  baljin  au$fpred)en,  mie  fie  e£  für  bie  sßflid)t  ber 
9teid)*t>erfamm(ung  tjalte,  bie  öfterreic^ifc^en  Deputierten  jum 
Austritt  auf  juf  orbern,  roo  nid)t,  beten  ©tonnten  bei  ben  ?lb* 
ftimmungen  nidjt  mef)r  mitjujäl)len\  $)amafö  tjatte  ©tjbel  biefen 
Antrag  nid)t  ffir  jeitgemäfc  gehalten,  ba  Öfterreid)3  SSer^ältntö 

l)  Da*  aud)  Don  Bxjbti  in  ber  ljcjfifdjen  Stfinbeöerfammlung  ge- 
rühmte  Serfa^ren  öon  Ärnetl)  unb  SBürti)  erfdpint  um  fo  bebeutfamer, 
ba  beibe,  nrie  namentlid)  ber  ©djlufeabfdjnitt  be«  erften  Seile*  Don  Hrnettyä 
itufaddpiungen  ouS  feinem  fieben  jeigt,  in  entfdjiebenem  ©egenfafc  ju  ben 
erbfaiferticfaeit  $rofefjoren  fianben,  ttrnetl)  biefe  aud)  in  ber  treffe  be* 
ffimpfte.  Über  feine  Beliebtheit  in  ber  ¥au!ftftrd)e  t>gl.  ßaube,  $a*  erfte 
beittfcfte  Parlament  3,  19.  64  f. 

ftffiorff«*  8«itf*rift  (Ob.  94)  tt.  &.  ©b.  LV1II  7 


98  e.  aJarrentraW, 

ju  S)eutfd)lanb  nodj  ntc^t  Kar  entfdjieben  mar;  nadjbem  aber  bie 
öfterreic^ifc^e  ^Regierung  burdj  iljre  (Srtlärungen  felbft  bie  Xren« 
nung  jtoifc^en  beiben  oofljogen  unb  feine  Stimme  im  öfterreid>i* 
fdjen  SBolte  iljr  miberfprodjen  §atte,  beantragte  am  23.  SJtörj 
aud)  ©tybel,  bie  ©tftnbeoerfammtung  foDe  erttfiren,  fie  tonne  bie 
öfterreidjifdjen  9lbgeorbneten  nidjt  meljr  atö  ftimmberedjtigte  SJfit* 
glieber  ber  beulten  SRationafoerfammlung  betrauten,  fie  muffe 
„fid)  unb  baS  l)effifd)e  Sanb  gegen  bie  folgen  folget  SBefd^lfiffe 
Dermalen,  metdje  traft  ber  SHitmtrtung  jener  unberechtigten  8b* 
georbneten  in  grantfurt  juftanbe  fommen  unb  ben  Sntereffen  be3 
beutfdjen  SSaterlanbeS  jugunften  ber  öfterreidjifdjen  Sßolitif  ®efaf>r 
broljen,  unb  bie  ^Regierung  aufforbern,  biefer  33ertoaf)rung  mit 
allen  geeigneten  äWitteln  äöirtfamleit  ju  oerfdjaffen".  Satjrf)offer, 
Xfyeobalb  unb  SBtnfelbled)  trollten  biefen  Antrag  a  limine  ab* 
getmefcn  fe^en;  ©tybel  aber  entgegnete  auf  iljreÄlagen,  erbringe 
baburdj  „einen  weiteren  SRife  in  bie  Teilung u  jtmfdjen  Öfterreicft 
unb  ©eutfdjtanb ,  mit  ber  ©emertung,  fein  Antrag  enthalte 
nidjtä,  „als  ben  ÄuSfprud)  ber  traurigen  $Baf)rf)eit,  bafj  eine 
Leitung  ejiftiere,  als  einen  Sßroteft  gegen  bie  §eudjetei,  toomit 
man  fid)  in  granffurt  barfiber  Stlufionen  ju  machen  fudjt",  unb 
barauf  mürbe  fein  Antrag,  für  ben  audj  griebrid)  Ötfer  eintrat, 
bem  JBerfaffungSauSfdjufi  ju  weiterer  ©rmfigung  überrotefen. 
fctefe  aber  mürbe  flberfläffig,  ba  fdjon  am  27.  3Rärj  in  ber 
Sßautetirdje  tro|}  ber  Slnmefenfjeit  ber  Öfterretdjer  ba3  ©rbtaifertum 
befdtfoffen  mürbe,  greiltdj  erftftrte  ftd)  bafür  nur  eine  9Weljrl)eit 
Don  Dier  Stimmen,  bie  nod)  baju  bon  Öfterreidjern  abgegeben 
mürben;  jäljtte  man  aber  auf  beiben  Seiten  bie  öfterreidjifdjen 
(Stimmen  ab,  fo  ergab  fid)  bie  ftattlidje  ÜJfef)rf)eit  oon  91  (Stimmen 
für  ba3  ©rbtaifertum.  ©efjoben  burd)  biefen  Srfolg  festen  feine 
Anhänger  gleich  auf  ben  folgenben  Xag  bie  Äaiferfoaljl  an,  unb 
bei  it)r  mahlten  290  Slbgeorbnete,  unb  unter  if)nen  9  t>on  ben 
11  Vertretern  ÄurtjeffenS,  ben  Äönig  Don  ^ßreufcen;  nur  SRüfjl 
unb  görfter  er  Hörten:  3dj  toäljte  nidjt. 

9Kit  größter  greube  mürbe  bie  SRadjridjt  in  Staffel  begrübt. 
Ate  ber  ^r&fibent  ber  ©tfinbefcerfammlung  fie  if)r  mitteilte,  fprad) 
er  au3,  mie  biefeS  (SreigniS  geeignet  erfdjeine,  „bie  beutfdje  Station 
mieber  ju  bem  Slang  ju  ergeben,  ber  if)r  nad)  i^rer  SRadjt  unb 
ifper  SnteDigenj  unter  ben  SSötfern  ©uropaS  gebührt ",  unb 
fnüpfte  baran  bie  „  juoerfidjtlidje  ©rfoartung,  bafe  ber  mächtige 


Meinungen  in  Äurljcffen  über  ba«  beutfdje  Jtaifertum  k.  99 

$firft,  toeldjen  bie  Lotion  an  bie  ©pifre  $eutfd)lanb8  ftettt, 
biefem  Kufe  folgen  werbe".  81«  er  bann  bie  SJerfammlung  auf* 
forberte,  fid)  ju  ergeben  jum  Qtityen,  bafc  fie  feine  ®efinnung 
unb  feine  Hoffnung  teilten,  erhoben  ftd)  fiintlidje  SWitgüeber  mit 
9u*nai)me  oon  adjt.  $ermann  oon  X&ile1),  ber  fpfiterc  Staat«* 
fefretAr  be*  Auswärtigen  HmteS  in  öiämardte  lagen,  ber  feit 
bem  Anfang  be8  3aljre3  1849  als  preufeifdjer  ®efdjäft*trftger 
in  Stoffel  nrirfte,  Ijatte  fcfton  in  früheren  Scripten  gemelbet,  tote 
bie  ©t)mpatf)ien  für  ein  einige«  3)eutfdjlanb  unter  fßreuften* 
©d}u$  unb  Sorantritt  immer  eqrtfdjiebener  in  fturfpffen  f>eroor* 
getreten  unb  tote  freubig  bie  (Erflärungen  ber  preufetfdjen  Äegie* 
rung  in  ber  SRote  Dom  23.  3anuar  aufgenommen  feien,  ba  fte 
eine  Huftfldjt  auf  §erfteüung  eine«  beutfdjen  SBunbtfftaate*  er« 
öffneten.  ?lm  29.  TOärj  fdjilberte  er  bann  bie  ftunbgebungen, 
bie  burdj  bie  9tod)rid)t  oon  ber  Äaiferwaljl  oerantagt  würben, 
unb  betonte  namentlich  mit  tote  lebhafter  greube  biefe  ifjm  ber 
SMinifter  be3  Äu&ern,  SS.  t>.  ©djenf,  mitgeteilt  ^abe.  ©ngef)enb 
entmicfelte  er  bann  in  einem  weiteren  93erid)t  oom  4.  April,  toie 
in  faft  allen  ©djidjten  ber  ©eoöfferung  Steffen«,  mit  «u** 
nafpne  ber  nid)t  jafjlreid)en  republifanifdjen  Partei,  in  ber  ©upre» 
matie  ^reufeen«  bie  einjige  SRöglidjfeit  einer  Rettung  3)eutfdj* 
lanbft  unb  namentlich  fturljeffenä  oor  äufceren  unb  inneren  ®e* 
fahren  erbltcft  unb  be£f>alb  ber  8efd)lufe  ber  granffurter  88er* 
fammlung  afö  ein  erfreulicher  begrfifct  werbe.  &ux  Srllärung 
Gilberte  Xfjile  bie  ©djwierigfeiten,  bie  gerabe  ben  monard>ifdj 
©efinnten  baS  »erhalten  be*  Äurfflrften,  befonber«  aud)  in  ber 
grage  ber  ßhriUifte  bereite;  unter  biefen  Umftinben  bticften  „bie 
greunbe  ber  Orbnung  unb  ©efefcmäfeigfeit  in  ftur^effen  meljr  atd 
oielleidjt  irgenbwo  in  3)eutfd)lanb  mit  ängftlidjer  ©pannung  auf 
Sertin,  erwarteten  fle  nur  *on  bort  ein  ®egengewid)t  gegen  bie 
(Elemente  ber  ^Bewegung  im  eigenen  Sanbe".  SJringenb  Ratten 
btfyalb  bie  ^efftfdjen  äRinifter,  toie  ©cfjenf  am  7.  April  Style 
gegenüber  äußerte,  gewfinfdjt,  bafc  bei  StÖnig  bie  ifpn  oon  ber 
ttationatoerfammtung  angebotene  Äaiferfrone  jtoar  unter  ber  8e» 

l)  Über  Seemann  t>.  Xfcile  ögl.  $eter*borff&  Einleitung  au  ben 
toon  tym  berauftgegebenen  ©tiefen  ton  ©regorotoiuB  an  Xfcile  unb  bie  in 
ben  ftegiftern  ju  ben  Erinnerungen  ton  Xljifeft  <Sd}mager  GhtftaD  D.  5)ieft 
unb  }u  Äeubefl*  ©ud)  übet  ftürft  unb  güiftin  ttiftmaref  öerjeidjneten 
€teflen. 


100  <£.  Waxxtnttapp, 

bingung  ber  (SintoiQigung  ber  beutfd)en  Regierungen,  aber  befimtm 
annehmen  »erbe;  „Sturljeffen  mürbe  btefer  Annahme  fofort  unb 
unbebingt  beigestimmt  Ijaben".  Sebfjaft  bebauerte  ber  äWinifter, 
ba§  burdj  Sßreufjen*  Haltung  „ba3  ganje  SferfaffungStoerf  tüieber 
in  grage  gefteflt  fei,  »oburdj  einerfeit«  bie  Stellung  ber  Siegte« 
rungen  jur  beulten  RationalDerfammtung  eine  äufcerft  fdjttrierige 
tuerben,  anbrerfeit«  ber  burd)  bie  Creigniffe  surüdfgebrfingte 
SßartifularUmu«  mancher  beutfeljer  Regierungen  unb  ©cnölfc* 
rungen  neue  Rafyrung  gewinnen  bürfte".  S^ile  tjitlt  e«  nidjt 
für  angemeffen,  bem  SKiniftcr  .in  bie  genaue  Erörterung  aller 
feiner  ÜSemerfungen  ju  folgen.  „3d)  märe,"  fdjrieb  er,  „baburdj 
in  bie  eigentümliche  Sage  gekommen,  meine  ÄQer&ödrfte  Regierung 
gettriffermaffen  wegen  %ed  Don  bem  Repräsentanten  einer  beutfdjen 
Regierung  it>r  jur  Saft  gelegten  Übermaße*  Don  Sotjalitfit  gegen 
bie  beutfdjen  Regierungen  }u  uert eibigen,* 

So  fdjmerjlid)  ba«  f)efftf$e  SJftnifterium  bie  Haltung  be« 
preu&ifdjen  ftönig«  gegenüber  ber  ftaifertoa^I  empfanb,  fo  fonnte 
fie  bog  gerabe  nad)  ben  Sendeten,  bie  ber  f)effifd)e  ©efdtfffö» 
tröger  in  ©erlin  nadj  $aufe  gefdpeft  fyitte,  nid)t  auffaQenb 
erfdjeinen.  Nürnberg  ijatte  ftet«  ben  ©egenfafc  jnrifdjen 
ben  SBeftrebungen  ber  güljrer  ber  $aul«fird)e  unb  ben  ?ln* 
«nfigten  ftriebrid)  »ityelm«  IV.  betont;  mit  greube  Ijatte  er 
ba«  giaSfo  geföilbert,  ba«  bie  nad)  Statin  gefanbten  Retd)«* 
tommiffare  $ergenf)al)n  unb  2>imfon  unb  §eiitrid)  D.  (Sägern 
erlebten,  al«  fie  in  ben  legten  Socken  be«  3al>re«  1848  ben 
Äöntg  ju  ibrer  ftuffaffung  beeren  moUten;  er  Ijatte  eine  86* 
fdjrift  be«  «riefe«  gelefen,  in  bem  griebrid)  SSit^elm  IV.  «rnbt« 
bringenbe  Sftabnungen  ju  einer  nationalen  $otitif  hn  ©innc  ber 
erbtaiferlidpn  $artei  )urü<fn>ie£.  greilid)  oerWjlte  aud>  ber 
befftfdp  (Sefanbte  ntdjt,  xok  aud)  fold>e  $reu$en,  bie  feme«toeg« 
ben  unitarifd)en  Qebanfen  ber  $aul«tirc$e  jufttmmten,  bind}  Sa« 
«erbalten  unb  bie  «orfdjläge  be«  öfkrreid)tfdK*  SRutiftccd  ft$ 
*erle$t  füllten;  einer  oon  ibnen  äufeerte  jn  Sftrnberg,  biefer 
antipttufeifdien  unb  gegen  bie  iVefyrbeit  ber  8unbe«genoffen 
iOothtlen  ^olitif  gegenüber  muffe  ber  Äönig  tro|  aller  $teität 
gegen  bat  $au*  ^aMburg  bie  oon  £ftentid)  pcri}orrc«jierte 
Sbee  bc*  engeren  $unbe£ftaatrt  Verfölgen.  Aber  am  SdtfuB 
feiner  Stpcfdie  Dom  27.  Sföq,  in  ber  Bamberg  biefe  Äußerung 
beridbttte,  bewerft*  er,  noch  mebr  al*  bie  (Suriprocbe  Cfteneh^« 


Meinungen  in  Shtr^effen  über  ba3  beutfdje  Äaijertum  2c.         101 

ft&nben  bcm  Aufbau  be£  engeren  ©unbeSftaate*  bie  tfnfidjten  be* 
Stbnig*  entgegen,  bem  „ber  ©ebanfe  eine«  ernftftdjen  ftttmürf* 
ntffed  mit  Dfterreidj  als  DoHfornmen  ebenfo  unerträglich  erfdjiene, 
tote  e*  ber  ®ebanfc  beä  ÄriegS  mit  Stu&tanb  fein  mürbe".  2>a& 
er  nie  ben  fettigen  Siechten  ber  durften  ju  natye  treten  maßte, 
barüber  fei,  fo  fdjrieb  2>örnberg  unmittelbar  nadj  ber  ttntoort 
griebrid)  SBittjelm«  IV.  an  bie  granffurter  Deputation  no$  am 
3.  Hpxil,  in  ber  ©eele  be«  König«  nie  ber  Ietfefte  groeifcl  auf« 
getaugt;  beätpilb  fcfttten  audj  bie  einbringtidpn  9Ra^nungen  jur 
Annahme  ber  ftaiferfrone,  bie  namentlid)  fein  glügelabjutant 
Sobbien  an  tyn  richtete,  tyn  nidjt  in  ber  Überzeugung  erfdjflttert, 
bafs  „ba*  beutfdje  SBerfaffungStoerf  enbgfiltig  nur  au£  ber  Be- 
ratung unb  freien  duftimmung  ber  Regierungen  $eutfd)tanb* 
{>erüorgef)en  fönne". 

fccutlid)  laffen  5D6rnberg8  JBeridjte1)  bie  ©runbe  erfennen, 
aud  benen  eine  Erfüllung  ber  Hoffnungen  ber  erbfaiferfidjen 
Patrioten  bürg  griebrid)  SBilfjetm  IV.  nidjt  ju  erwarten  mar, 
beutlid)  aucf)  ben  ©egenfafc,  in  bem  fie  ju  ben  Vertretern  beä 
fpejififdjen  SßreufcentumS  ftanben.  (Er  trat  bei  ber  ftatferoafjl 
befonberä  ftarf  tjeröor.  Um  itjren  Sefern  einen  Segriff  Don  ben 
„9nftd)ten  ber  fd)toarj»toeifeen  Partei  ju  geben/  teilte  fie  „  einen 
galligen  ffirgufe"  ber  ftreujjeitung  Dorn  30.  äWärj  mit.  ®r  fdjlofe 
mit  ben  SBorten:  „$er  (Enfel  feiner  gro&en  3Säter  barf  nidjt  ein 
Heiner  mSrjerrungener  Äaifcr  fein  unb  griebridjö  ©jepter  ift  ein 
befferer  Stab  a(3  jene  Heine  Söünfdjelrute,  mit  toeldjer  $einrid) 


l)  S>ie  $eri*te  fcörnberg*  liefern  wettere  Belege  für  bie  Stidjtigteit 
ber  Don  Stjbel  wie  Don  Äanfe  vertretenen  Anficht,  bafe  fjriebridj  SBUfclm  IV. 
nidjt  erft  in  lefcter  ©tunbe  ju  feinem  ungünftigen  Sefdjrib  gegenüber  ber 
&ranffurter  Deputation  beftimmt  würbe,  greiiid)  Derbient  bie  Mitteilung 
Scopol b  0.  ®er(ad)6  beamtet  $u  werben,  auf  bie  neuerbingft  namentlid) 
itori  tttebermamt  unb  ©emfjarb  d.  ©imfon  jur  Überlegung  Don  Subeld 
$arfteuung  fnnwiefen;  banadj  W  9llDen*leben  bewirft,  bajj  ein  $afju* 
über  bie  IReDifion  ber  3franf  furter  $erfaffung,  wie  er  iljn  bei  ber  (Srflfiiung 
be*  SMnifteriumft  an  bie  Äammer  Dermifst  Satte,  nod)  in  bie  tönigUd)e 
Antwort  fam.  $aburd)  ftnb  bie  @d)Wierigfeiten  für  wettere  $er$anblungen 
iwi|d)en  bem  Stoma,  unb  ber  $aul8tird)e  gefteigert  worben;  tro^bem  würben 
f  oldje  ja  aud)  im  Styrll  wieber  angetnüpf  t ;  aber  aud)  bamalö  wie  früher  fdpiterte 
bie  Verftflnbigung  unb  tnu&te  fte  (Reitern  bei  ben  (Brunbanfdjauungen  unb 
ber  Watur  be*  ftdnigt,  ber  gerabe  bamal*  gegenüber  öecferatb  felbft  feinen 
ttnterfdjieb  Don  Srriebri^  bem  ©rofeen  betonte. 


102  <£.  »arrentraW, 

©agern  feine  Zreuen  bmgiert."  2>iefe  unb  anbere  Sßenbungen 
legen  ben  ©ebanfen  nalje,  baft  fein  anberei  als  ©iSmard  bieten 
Strittet  fdjrieb,  unb  boffir  fprtdjt  fid}  auäbrücftid)  aud)  Sern* 
tjarbt  ©tubt  in  feiner  t>or  turpem  erfdjtenenen  SMffertation 
über  SBiftnarrf  als  ^Mitarbeiter  ber  ftreugjeitung  aus.  9lid)t 
minber  beadjtenSmcrt  erfdjeinen  bie  fjier  toon  ©tubt  ebenfalls 
Siämard  jugefdjriebenen  ©fifce,  bie  jmei  Sage  jubor  in  ber 
Äreujjeitung  Veröffentlicht  maren:  „ffiir  meinen  eS  fel>r  crnftltdj, 
menn  mir  behaupten,  bog  2)eutfdjlanbS  fft&igfie  SWänner  ht 
granffurt  tagen,  aber  je  ernftlidjer  mir  bie*  meinen,  je  mef>r 
befrembet  e$  und,  bafc  3>eutf erlaub  nodj  immer  fein  §eil  unb 
feine  {Rettung  au£  ber  Anarchie  üon  ben  parfamentarifdjen  SBer* 
Ijanbtungen  feiner  Vertreter  ermattet.  ÄuS  ber  Anarchie  Ijtlft 
nur  ber  ©ieg  . . .  unb  ift  ber  ©ieg  errungen,  ift  bie  Devolution 
6eftegt,  bann  ift  bie  fönfjeit  2)eutfd)lanb8  fein  fo  fdjmierige* 
©erf." 

%ud)  mer  biefe  legten  Sßorte  mit  ÜBebenten  lieft,  toirb  Ijeute 
faum  beftreiten,  ba§  in  ber  %at  nidjt  burd)  parlamentarifdje 
$erl)anb(ungen  bie  Anarchie  ju  befiegen  unb  bie  beutfdje  SRad)t? 
frage  ju  löfen  mar.  Stur  Don  ftörferen  $&nben  unb  mit  anbeten 
Mitteln  als  benen  ber  tbealiftifdjen  Patrioten  Don  1848  tonnte 
ber  Don  ifjnen  erfeljnte  nationale  Staat  aufgerichtet  ©erben; 
aber  eine  mistige  SSorauSfefcung  für  feine  fpätere  ©egrünbung. 
mürbe  burd)  ben  großen  bialeftifdjen  s$roje&  gef Raffen,  in  bem 
fie  für  ben  ©ebanfen  beS  beutfdjen  JBunbeSftaat»  unter  $reufeen& 
Sprung  mirffame  Sßropaganba  gemadjt  unb  il)m  guerft  bie 
Derfaffungämfifcige  gorm  gegeben  l)aben.  9tor  bieg  Serbienft 
^aben  für  fid)  felbft  bie  Veteranen  ber  (Sirbfaiferpartei  ber  $aut£* 
ftre^e  in  Änfprud)  genommen,  als  fie  bei  SBiämarcfc  70.  ©eburtd* 
tag,  eben  meil  fie  „fd)merjlidj  erfahren,  meldte  Äluft  Streben 
unb  (Erreichen,  ©ebanfen  unb  Vollbringen  trennt",  marm  bem 
SKanne  banften,  ber  „i^ren  ©tauben  jur  %at  gemalt".  83er* 
Rieben  maren  oon  ben  ifpen,  mte  fd)on  ©tjbel  unb  nod)  nadj* 
brficflidjer  bann  Seng  unb  äRarcf*  betonten,  ntrfjt  nur  bie  &räftef 
über  bie  83i3mardf  gebot,  fonbem  aud)  bie  ®efid)t8punfte,  bie 
fein  $anbeln  bestimmten,  unb  bie  ©ege,  bie  er  einfdjlug.  Xreu 
htm  Programm,  ba£  er  im  ©egenfajj  ju  itjnen  1849  oertünbete, 
tyat  er  „baä  fpejififdje  $reugentum  al*  ben  beften  Pfeiler  beutfdjer 
Sofort"  behauptet,  bann  aber  aud;  für  unb  burd)  feine  ©taat** 


Meinungen  in  5hir$effen  übet  baS  beutfaV  &aijertum  ?c.        108 

tunft  bie  öon  tynen  vertretenen  potitifdjen  Sbeen  bewertet,  bie 
Otto  fBaumgarten  treffenb  als  „fterjenigebanfen"  unferer  Nation 
bqeidjnet  Ijat.1)  Deutlich  Ijaben,  $offe  idj,  bie  Don  mir  mit* 
geteilten  CtueDenfteDen  gezeigt  r  tote  man  fidj  um  iljre  Störung, 
Staägeftaltung  unD  3)urd)ffil)rung  aucf>  in  fturfpffen  mit  eniftem 
(Eifer  unb  mit  toadjjenbem  SBerftftnbniS  für  bie  95ebeutung 
$reuf)enö  bemühte,  tote  bringen!)  bei  ben  fyteflgen  fdjtoierigen 
$erf)filtniffen  bie  nationale  Reform  gemfinfdjt  unb  tote  fdjmerjlid) 
e*  empfunben  Kerben  mufete,  bafe  fte  bamatö  mißlang.  $er 
<£nttftufd)ung,  bie  baö  grü^jatjr  1849  ben  beütfdjen  unb  ^efftjc^en 
Patrioten  gebracht   Ijatte,    folgte   im   n&dtften  3a^r  eine  nidjt 

0  Otto  Saumgarten*  %u*fü$rungen  über  bie  „$er}en8gebanten",  bie 
1H48  6$le«toig«$oIfiein  unb  3>eutfd)lattb  erfüllten,  fte$e  In  ber  Siebe,  bie 
et  1898  in  fttet  tyelt  unb  1903  in  feinen  $rebigten  auft  ber  ©egennmrt 
6. 87  ff.  öeröffentllctjte.  TOit  tfyien  fümmen  in  bem  ^auptpunfte  bie  $at« 
fteüungen  uon  ©Jjbel,  SRartfft  unb  ßenj  überehu  Hufter  iljren  bekannten 
gröberen  SBerfen  erfdjeinen  mir  für  bie  Ijier  bezauberten  fragen  befonber* 
le$rrei$  @übel*  Webe  Dorn  23. WÄr*  1867  in  ben  Stenographen  Berieten 
über  bie  $ertymblungen  be*  tonftituierenben  Heidjfttag*  be*  norbbeutfdpn 
tttnbeft  6. 325  ff.,  ber  Ärtifcl  von  Senj  über  1848  im  91.  ©ante  ber 
$reufeiföen  3a$rbüd)er,  feine  dicht  in  Hr.  119  be*  Safcrgang*  1898  ber 
Beilage  $ur  allgemeinen  gtitung  unb  bie  Äuffäfce  bon  SRard*  im  SRärj*  unb 
Uprityeft  beft  3a$rgang«  1898  Don  Seligen  &  JHaftng*  Monatsheften. 
Wt  8frea)t  ftnb  mefcrfad)  tiefgeljenbe  3)ifferen$en  aioifdjen  ber  burdj  fienj 
unb  Ward*  vertretenen  Äuffaffung  eine«  jüngeren  <Befd)led)t*  unb  ber 
6pbdfi  bert>orge$oben  toorben;  nur  flehten  mir  babei  1.  bie  Unterfdjiebe, 
bie  |Urif4en  ber  me$r  realiftifaen  J8etra4tung*»eife  Sljbel*  unb  ber  me$r 
ibealifttfa^en  ber  Jü^rer  ber  $aul*!ird)e  unb  &toifdjen  früheren  unb  fpäteren 
Änftdjten  @tybe(d,  2)roDfen8  unb  2>unc!er8  *u  bemerten  ftnb,  unb  2.  bie 
flbereinfHmmung  oon  tynen  allen  gerabe  in  befonbtrft  mistigen  fragen 
nidjt  genügenb  gemürbigt  ju  fein,  fiefetere  geigt  ftd)  un*  uamentlid),  wenn 
wir  genauer  ben  0egenfa(  Don  allen  eben  (Benannten  &u  ben  $araboften 
ber  $öftfä>en  •efdjidjtfdjreibung  ton  Ottotar  öorenj  »te  &u  ber  3)arfteüung 
in«  Äuge  faffen,  bie  3miebinect^6üben^orft  im  legten  Kapitel  be*  ^weiten 
Banbe*  feiner  Seutfgen  ®efd>id>te  Don  1806—1871  t>eröffentli<bte.  <5e$r 
banfenftnierte  Mitteilungen  $at  Swiebined  au*  bem  Urd)it>  be*  (Srj&eraog* 
Sofymn  publiziert;  fte  liefern,  wie  mir  fctjcint,  neue  Belege  für  bie  9tid)tig« 
feit  ber  iebanfen  Stahmann*  unb  Magern*;  um  fo  meniger  tann  i4  ben 
abftrre^nben  Urteilen  ftuftimmen,  bie  3miebinccf  über  beibe  fällt.  Unter  ben 
Äußerungen  üon  Suriften  über  bie  &ranffurtet  (Srbtaiferpartei  ftnb  be* 
fonberft  bie  in  iljrcr  Äuffaffung  weit  ooneinanber  abmeia^enben  Sieben  ju 
beadjten,  bie  Binbing  1894  in  Seip^ig  über  ben  $erfu$  ber  «cid^griin. 
bung  burd)  bie  ^autötira^e  unb  l'abanb  1896  in  Strasburg  über  bad 
bfutföe  iraifertum  ^ielt. 


- 


104  (f.  SBorrentrapp, 

minber  gro&e,  ate  and)  bie  Sßläne  einer  beutfdjen  UnionäDer« 
faffung  Vetterten,  meiere  bie  preu&ifdje  Regierung  nad)  ber  Ab* 
le^nung  ber  Äaiferfrone  unternommen  fyatte;  ferner  f>at  barmttcr 
befonberS  &urf)effen  gelitten. 

Stufiger  unb  unbefangener,  afö  e$  früher  möglich  toar, 
tonnen  toir  bte  bamaligen  Serlj&ttniffe  unb  <ßerfonen  frfirbtgen, 
nad)  ber  großen  SBenbung  ber  beutfdpn  ©efdpcte,  bieStömartf  Iprbet* 
führte.  Rotten  gerabe  bei  ber  93ef)anblung  ber  befftföcn  S>inge 
bie  ©djtoftdjen  griebrid)  SBül>elm$  IV.  ftdj  Der^angntdooO  geltenb 
gemacht,  fo  errang  ©tömarcf,  toenige  SBodjen  nadjbetn  er  mit 
ber  Seitung  beS  preufetfd)en  9Rinifterium3  betraut  mar,  einen 
erften  Srfotg  eben  in  ber  (jejfijdpn  Sfrage,  unb  bei  ber  Unter« 
rebung,  bie  er  am  15.  Cftober  1862  über  fte  mit  gricbrtd)  Ötfer 
führte,  erfannte  btefer  juerft  unter  allen  feinen  ®efumung3* 
genoffen  bie  ganj  au&ergetDötjnlicfje  grogartige  Äruft  unb  bie 
beifooQen  9bftd)ten  beä  neuen  preuäifdKn  SMmfterpräftbentcn. *) 
greilid)  fanb  er,  als  er  baoou  aud)  feine  politischen  grennbe  ju 
überzeugen  jud)te,  bamalä  bei  if)nen  fein  @el)ör:  toof)l  aber 
baben  bann  nacb  ber  grogen  $tri)i$  üon  1866  tote  Ctfer  and) 
anberr,  fdjon  1848  tätige  befftfdje  Siberale  Stemartf  geholfen, 
„$futfd)tanb  in  ben  Sattel  ju  fefcen".  3n  btefem  ©inne  matten 
idjon  im  fonftituierenben  9leid)ätag  bed  norbbeutfdjen  9unbe€ 
neben  Ctfer  äBillptm  v.  ©djenf,  ber  fnrQefjtMe  SJftnifter  be* 
auswärtigen  in  ben  3abren  1848  unb  1849,  unb  6buatb  Steganb, 
ber  einfiufcretcbfte  38at  be*  StfnriftrrS  Sfarbarb,  jufammen  mit 
bem  mjuuicben  nacb  ^reufien  behngete^rten  §fmrid)  t>.  ©tybel, 
unb  ebenfo  im  SReidjStag  Don  1867—70  Ctfer,  dernbarbi  unb 
«ebeltbau.  Unb  al*  1870  fiönig  Silbelm  am  SWtttag  be*  15.  Salt 
auf   ioner  Steife  oon   ©md  nacb  Berlin  bitn&  flatid  tarn,   ba 


:  S*$l.  C;to*  ^:^ex;:b:u  runden  3.  -vvl  *.  Crffi*  t:«r  öerüor* 
trttaite  ^»--nfcfmts  $:*:::arJ*  au*  »etne  Ärerknr.-n*  Den  denen  fje= 
itatbKxt^tc  er  *c:s«i  *-.;=  v  i*  Eurasier.  x«m  in  an  *:£  certgeigeiUMni^t. 
s?k  <t«^  £&£  :s  >er.  vc^r.«i:nKeno:j«  %"*:s  $nnr:*'~*  hfr  drtclnuic; 
=^:£*  ^rjser  ^;:;::r::;f;::  kar:;r^n*  r:£  ^el^rr.>  steett.  ^a  }te«>» 
*>ai  1.  1^  f  nr.><:  r:  ~  csi  ir.i  w:t  5«s>e  ^:zzzrunKil  c:s  5fcLir> 
^te^in^     I^r  ^  3£c-!  r*::  r--::::*^:.:    r^l    fr«  ^r!t?:-;   ix  bei 

5f«^fa  eine*  <*l;ii~r<r.  r   A»   \  _r>  J«  *r.«-\.-rcf:  ur;r--  araw  «^ 


^Reutlingen  in  Äutfjefjen  über  bat  beutfdje  ftatfertum  ?c.         105 

überreichte  tym  Sftebeltyau  eine  Äbreffe  be3  ©tabtrat«  unb  bcS 
©firgeraudfdjuffeä,  bie  bem  ftönig  auäfpradj,  „mie  il)m  aDe 
folgten  mit  öoüem,  unbebingtem  ©ertrauen".  Diefe  «breffe  ber 
fpfftfdjen  §auptftabt  t>on  1870  fc^tog  mit  bem  preu&if$en  Ruf 
tum  1813:  „SRit  ©Ott  für  ftSnig  unb  ©aterlanb."  $er  ftönig 
«rnriberte,  lote  bie  §effifdje  Sttorgenjeitung  berichtete,  etwa :  „@ie 
fe^en  mid)  foeben  auf  ber  Mücfreife  begriffen,  um  ju  beraten  unb 
#i  befdjlie&en,  ma*  bann,  menn  be*  ©aterlaube«  (Sfjre  ange* 
griffen  »erben  mirb,  ju  tun  ift.  Aber  bafe  ©ie  mir  einen  folgen 
fBiflfommen  bereiten  nnb  mir  l>ier  in  ber  §auptftabt  einer  neuen 
^rorjtnj  eine  fo  patriotiföe  ©eftnnung  entgegenbringen,  tut 
meinem  §erjen  roorjl  unb  jeigt  mir,  mie  id)  auf  ©ie  unb 
—  l>ier  manbte  ftdj  ber  ftönig  ju  ben  öerfammelten  ©enerfilen 
be*  11.  Ärmeeforp«  —  auf  ©ie,  meine  sperren,  mid)  ucrlaffen 
tarnt."  ©ie  aud)  biefe  Sßorte  bemeifen,  mar  ber  ftönig  bamate 
noc$  im  3toeife(  barfiber,  ob  ber  ftrieg  unoermeiblid)  fei;  aber 
bie  patriotifd)e  ©efinnung,  ber  er  l)ier  unb  auf  feiner  ©eiteren 
t$afpt  begegnete,  ftärfte  in  if)m  bie  Stimmung  ju  bem  ®ntfcf>lu&, 
ben  er  bann  nad)  ferneren  Mitteilungen  ©idmarcfö  nod)  am 
ftbenb  btffelben  iageä  fa&te,  bie  Mobilmachung  ber  ganjen 
Armee  ja  befehlen.  Unb  fdjon  menige  SBodjen  fpäter  rächten  bann 
l)effifd)e  Gruppen  mit  ffibbeutfdjen  unb  altpreu&ijd>en  {Regimentern 
vereint  bie  SRieberlage,  bie  $reufeen  unb  Reffen  77  Saljre 
jutoor  an  benfelben  Orten  be«  ©tfafe  burd)  bie  granjofen  erlitten 
Rotten. 

w feine  ftaiferfrone  tann  nur  auf  bem  ©d)lad>tfelb  getoonnen 
»erben* :  fo  Ijatte  griebridj  SBiltjelm  IV.  gefagt.  ©einem  ©ruber 
trugen  nun  nad)  ben  glfinjenben  ©iegen,  bie  er  erfochten  chatte, 
S)«itfd)(anb*  dürften  unb  ©olteoertreter,  rüie  e«  einft  2>al)lmann 
erfetjnt  Ijatte,  einträdjtig  bie  ftaiferfrone  an.  3n  einem  Seit' 
artifel  erinnerte  am  16.  Dejember  1870  bie  $effif$e  2Horgen* 
jeitung  an  ben  Untertrieb  ber  3*tt  öon  1849,  ba  jum  erften 
SRale  ©imfon  an  ber  ©pifce  einer  Deputation  eine«  beutföen 
Parlament«  einem  preufeifd)en  »önig  bie  ftaiferfrone  bot,  oon 
ber  ©egenmart  „SBir  Sebenben,  fc^lofe  biefer  Äuffafc,  preifen  und 
glücflid),  bie  neue  Qtxt  8"  flauen;  gtütftid)  preifen  mir  aud) 
bie  ©rüber,  beren  bre$enbed  Äuge  auf  bem  ©c^lacr^t»  unb  ©ieged» 
fetb  nod)  bie  Morgenröte  be*  neuen  $age$  flauen  tonnte; 
mit  Stetpnut  aber  gebenfen  mir  aller  ber  @D(en,  bie  ifjr  Öebeit 


106  <£.  $arrentraw. 

lang  gerungen,  um  3)eutfcf>fonb3  SBiebergeburt  tjerbeijuffilpen, 
bie  bon  l)ter  abgerufen  finb  unb  mit  ber  ftngftlidjen  gfrage 
auf  ben  Sippen  ftarben,  ob  if)re  ©öipte  ba£  Qitl  erreichen 
toürben,  für  ba*  ftc  getömpft  unb  gelitten  ff&tten.  Sit  tooQen 
fjeute  ntd)t  öergeffen,  bafc  toir  md)t  ben  jefct  Sebenben  allein, 
ba&  toir  aud)  if)nen  ben  San!  für  bie  gtudjt  fdpitben,  toelcfce 
un«  !>eute  reif  in  ben  ©djofe  fällt." 


g|tti*feUen* 


3tttft  itatteniföen  gfelfeguge  *ost  1859* 

8on 
Generalleutnant  *.  5).  9.  $«e«nuerfr. 

Dafe  unfer  ®eneratftab  bie  öor  meljr  al*  40  Sauren  unter 
SRoltfe*  Seitung  unb  entfdpibenber  SRitroirfung  cntftonbcnc  Storftel» 
bmg  beS  „itatienifcben  gelbjuge*  be$  3a^re9  1859"  neu  ^erou^ 
gegeben  Ijat,  (SRoltfe*  SKilitäriföe  ffierfe.  HL  ftriegftgeföidjtlidp 
Arbeiten,  britter  Seil),  fann  man  rootyl  mit  grcube  begrüben.  Denn 
triefet  ntft&ig  ftarfe  SJanb  ift  ein  SReiftermert  ber  ftriegfgefd)id)te 
unb  für  bie  ffenntniS  ber  geiftigen  $erfönlid)teit  SRottfe*  eine  gan& 
unentbehrliche  Duelle.  3n  biefer  Sejie^ung  bringt  ber  Steuabbrud  aud* 
eise  t)öd#  mertoofle  (Ergänzung,  20  $anb}eidpiungen  SRoltfeS,  mit 
^enen  er  ftd)  im  Serlauf  feiner  Arbeit  bie  med>felnben  ftrategifdpn 
unb  taftiföen  Sagen  flarjumadjen  gefudjt  l)at.  @ie  {eigen  in  tyrer 
(Einfachheit  unb  Äunftlofigfeit,  nrie  man  auf  biefem  ®ebtet  ju  arbeiten 
bat,  unb  treten  bamit  mirffam  ber  (eiber  gar  meit  verbreiteten  Ober« 
ftödjlidjfeit  entgegen,  bie  fdjon  ju  arbeiten  meint,  wenn  fte  ben  Bor* 
trügen  anberer  laufet. 

Aber  bie  9tail)erau6gabe  biefe*  SBerfeft  $at  audj  tyre  befonbereti 
@d)ioierigfeiten  gehabt  2)ie  #od)ad>tung  öor  SRoltfe  führte  baju, 
feinen  fcejt  ganj  unoeränbert  ju  laffen;  bat  ftftljetifdje  (Befühl  aber 
ftrönbt  fid)  gegen  ba6  übermäßige  Anmadjfen  ber  ttemertungen  unter 
betn  ©tritt).  Aud)  ber  gebulbigfte  flefer  muß  ja  aHmä^Udj  unruhig 
©erben,  roenn  unten  bie  Abänberungen  unb  (Ergänzungen  gar  fein 
(Enbe  nehmen.  3d)  öerftelje  e«  ba^er  üollfommcn,  roenn  bie  Krieg** 
gefd)h$tlid)e  Abteilung  I  iljre  Semerfungen  f o  fefyr  roie  irgenb  möglich 
ja  befdp&nfen  gefugt  $at  34  tonn  ty*  at)cr  bod)  ben  Qorrourf 
nidjt  erfroren,  baß  fie  barin  )u  toeit  gegangen  ift.    Sie  fpt  jroft 


108  u.  Saemmerer, 

tp ic^ttge  Xatfadjen  ganj  unberüdfjtdjtigt  gelaffen,  bie  burd)  mein 
Dor  brei  Sauren  erfdfieneneö  Sud)  „SRagenta,  bergetbjug 
Don  1859  btd  jur  erften  ©ntfdjeibung"1)  feftgeftettt  toorben 
finb  unb  bie  nadj  meiner  Überjeuguna  ba3  ©efomtbilb  ber  SRolth* 
fdjen  3)arftellung  burdjauS  Deränbern. 

3d)  ©ieberljote  ben  Kudbmct  „latfadjen"  unb  fc^altc  bamit  Don 
Dornljerein  eine  $t)potl)efe  auS,  bie  idj  in  meinem  SJudje  vertrete 
unb  roeldje  bie  Sntftefjung  be$  -franjöfifdjen  gelbjugSplane*  betrifft 
3d)  ermähne  fie  $ier  nur  beiläufig,  toeil  ftc  einen  mefentßdjen 
3nl)alt  meinet  SJudjeS  au8mad)t. 

Napoleon  HI.  ift  belanntlidj  in  ben  legten  SWaitagen  Don  1859 
on  ben  auf  bem  regten  Zicinoufer,  in  ber  fog.  SomeOina  fielen» 
ben  öfterreidiern  Doflftänbig  borbeimarf ediert,  oljne  fie  anzugreifen, 
unb  $at  bann  feitroärt$*rü(froärt3  berfelben  mit  einem  ftarfen  drittel 
feine*  $eere£  ben  Xicino  überf djritten,  el>e  er  roufete,  ob  bie 
Cfterreidjer  iljrerfeitS  über  ben  glufj  jurücfgingen  ober 
nidjt.  (Er  Ijat  fid)  bamit  in  einer  bon  jeljer  al£  fdjroer  Derjtäntolidj 
erachteten  Seife  ber  @efal}r  auSgefefrt,  roä^renb  ber  Übergang** 
Operation  auf  bem  regten  Sfcinoufer  mit  bebeutenber  Überlegenheit 
angegriffen  }u  werben.  S)a  er  in  folgern  gafle  mit  ber  gront  nadj 
Süben,  mit  bem  iRücftn  gegen  bie  Sdpoei}  fdrfagen  mufste,  fo  fonnte 
er  bei  etwaiger  Kieberlage  ber  DöQigen  8ernid)tung  faum  entgegen. 
6o  Derftänbig  unb  berechtigt  ber  grofee  Sinteabmarfdj  *>**  Serbünbeten 
geutefen  märe,  fofern  man  nur  bie  ftarfe  $ofront  beS  geinbeS  ju 
umgeben,  bann  aber  fofort  bie  Sdjladjt  ju  fudjen  gebadjte,  ebenfo 
unDerftönbig  unb  unberechtigt  wirb  er  burdj  feine  gortfefeung  big 
über  ben  Sicino  binau*.  Sine  gefunbe  Strategie  mn&te  nad) 
bem  erften  operativen  Erfolge,  noeb  bem  überrafdjenben  Hufmarfd) 
ber  $erbünbeten  auf  bem  Unten  ^oufer  unb  in  ber  glanfe  beö 
geinbe*  altfbalb  über  biefen  berfallen.  $a*  Unterlagen  ber  burd) 
bie  Uuiftitnbc  ge  Huberten  3d)lacbt  bei  Äortara,  auf  bem  redeten 
Zicmoufer  unb  in  ber  itfitte  ber  VomeUina,  ift  alfo  ber  eigentliche  Sin« 
u>anb,  ben  man  Don  jeber  gegen  bie  Strategie  *apoleon3  DI.  er- 
hoben bat  unb  ben  aud)  bie  ffrie^tgefcbufetlicbe  Abteilung  I  in  einem 
anberen.  tuvjlut)  erfebientnrn  &*a!e  noeb  gecieu  ne  erbebt  (DgL  „Der 
Scblafbterfolg"  .  .  .  £.  148^ 

*N  Ta*  vKuamiK  *«vt»  im  tm  W  ^ai^  *ei  £.  ^.  >unb  ben  Derftor« 
bemn  Qkneval  D   VctU»u*->Hoirbe%t  bttpuvfteii  motten 


3um  italiemfcben  gfe(b$uge  üon  1859.  109 

3$  $abe  nun  in  meinem  obengenannten  SBudje  auf  ©runb  jaljl* 
reifer  Anjeid)en  bie  Vermutung  aufgeteilt,  baß  bem  franjöftfdjen  ttaifer 
eine  befttmmte  öfterreid)ifd)e  ArmeebiSpofition  (t>om  19.  2Rai)  in  bie 
$änbe  gefallen  war,  meiere  iljn  ju  bem  Ijier  beanftanbeten  SBeitermarfd) 
Aber  ben  Zicino  in  geroiffer  93ejiel)ung  herleiten  tonnte,  weil  fte 
beutltdj  jeigte,  baß  ben  Cfterreidjern  bie  redete  (£ntfd)lu§fraft  gum 
entfe^etbenben  ©egenftoß  gegen  ba£  ftrategifdje  SWanöber  be$  Um» 
gebungSmarfdjeS  festen  werbe.  3<Jj  ^atte  an  biefer  Überzeugung 
aud)  feft,  nadjbem  bet  fran^öftfd^e  ©djriftftetter  ©ermain  ©apft  bie 
Siberfegung  metner  $l)potl)efe  mit  #ülfe  amtlichen  SWateriatS  ernftli$ 
oerfudjt  Ijat  (Biographie  bc$  äRarfdjatt  ©anrobert),  unb  id)  Ijabe  an 
anberer  Stelle,  im  TOilitürrood)enblatt,  meinen  ©egenbewei$  mit,  wie 
id)  fjoffe,  einleudjtenben  ©rünben  geführt.  Aber  idj  toxü  e$  felbft* 
writänblidj  in  feiner  SBeifc  beanftanben,  wenn  unfere  ftrieg3gefd}i$t* 
(i$e  Abteilung  bei  ifjrem  berechtigten  ©treben  nad)  Jtürje  meine 
Vermutung  nid)t  aufgenommen  &at. 

Ob  ftd)  ber  ©djlußfafc  ber  Anmerfung  auf  S.  71  freiließ  mit 
Der  ernannten  Äußerung  im  „Sdjladjterfofg"  berträgt,  ba8  muß  i$ 
ba^ingefteüt  fein  laffen.  gm  @d)lad>terfolg  wirb  ba£  Unterlaffen  ber 
Bd)lad)t  bei  SRortara  ganj  in  meinem  ©inne  al$  „eine  öerberblidje 
#albljeit  be*  $anbeln«"  bezeichnet;  in  bem  neueften  SBerfc  wirb  gc* 
tagt,  baß  ber  (Entfdjluß  jum  SinfSabmarfd)  «etwas  gang  SRatürlidjeS 
mar  unb  einer  gefunben  ftrategifdjen  Auffaffung  entfprod)".  $a  mau 
beute  gang  genau  weiß,  baß  Napoleon  III.  biefen  2inKabmarfd}  ganj 
au*fd)tießlid)  al§  ein  ftrategtföeä  SRanöber  aufgefaßt  fjat,  ba*  bi* 
über  ben  Zicino  hinüberführen  foQte,  fo  fyätte  ber  (entere  Safe  jeben« 
!*afl$  nidjt  oljne  Sinfdjränfung  bleiben  bürfen. 

9hm  )u  ben  beiben  Zatfadjen! 

1.  SRoltfe  bat  nad)  bem  bamafö  üorliegenben  SRateriat  mit  gug 
unb  Siecht  angenommen,  baß  bem  erften  SSormarfd)  ber  Öfterrei$er 
*u  Snbe  April  unb  Anfang  9Rai  1859  bie  Abftdjt  eines  entfäeiben* 
ben  ©d>lage$  gegen  bie  nod)  bereinjelten  ©arbinier  jugrunbe  ge- 
legen fyabt.  SRur  fo  mar  ja  ba£  öfterreic^ifdje  Ultimatum  einiger« 
maßen  $u  üerfteben.  greitid)  ^cgte  aud)  SRoltte  fdjon  Broeifel,  ob 
ber  Oberfommanbierenbe  ©raf  ©tyulai  wirflid)  ganj  Don  ber 
jmecfm&ßigfeit  unb  2Röglid)feit  eines  folgen  #anbeln$  überzeugt 
mar,  aber  er  na$m  bod)  an,  baß  wenigftenS  ber  ®eneralftab*d)ef 
Saron  ftufyt  ein  energiföer  unb  jielbewußter  Vertreter  beS  Dffcnftb* 
gebantent  gemefen  fei.    2)iefe  Auffaffung  mirb  burc^  bie  SBemertungen 


110  ü.  Gaemmerer, 

jur  neuen  Auflage  be£  äRoltfefäen  8Berfe$  (@.  24  unb  31)  au3« 
brücflic^  bestätigt  unb  jumal  Äu^n  erfdjeint  auf*  neue  ate  ber  tat« 
fräftige  äRann,  ber  eS  nur  fdjliejjlid)  t>od)  nidjt  fertig  bringt,  feinem 
gelbljerrn  bie  eigene  SBittenSftärle  mitzuteilen. 

S)iefe  Stuffaffung  lägt  ftdj  aber  nidjt  me&r  aufrechterhalten. 
SReinc  gorfdjung  Ijat  Den  unjmeifetyaften  StadjmeiÄ  geliefert,  bafj 
Äu^n  ein  burdjauS  unflarer  Kopf  unb  ein  unruhig  Don  einer  9Reinung 
jur  anberen  l)in  unb  Ijer  fpringenber  (Eljarafter  mar,  eine  $erfönltd)* 
feit,  bie  unmöglich  in  einem  &u  ftiegerifdjer  lätigteit  berufenen 
Hauptquartier  Vertrauen  ermecfen  fonnte. 

Die  erfte  Sßrobe  feiner  Unflarljeit  Ijatte  ßuljn  fdjon  bor  bem 
^Beginn  ber  Operationen  geliefert,  at£  e$  fid)  um  bie  Überlegung 
Ijanbelte,  ma$  eigentlich  gu  tun  fei.  3$  gefye  barauf  an  biefer  ©tette 
uidjt  näljer  ein.  Qu  einem  gallc  feljr  plöjjlidjen  SBedjfeK  in  ftu$n3 
«nfcfcauungen  foßte  e$  gleich  nadj  bem  erften  ©inmarfd)  in  baö 
feinblidje  ©ebiet  fommen,  unb  &ier  muß  id)  bie  ©abläge  frieren. 

S)a3  3entrum  ber  piemontefifd)en  «ufftellung  lag  roeftlid)  ber 
mit  bem  Stcino  ungefähr  parallel  (aufenben  Streife  be$  Sßo,  meiere 
burdj  bie  SRünbungen  ber  Sefia  unb  beS  Xanaro  begrenzt  mirb. 
€S  mar  in  ben  glanfen  burd)  bie  geftungen  ©afale  unb  Sleffanbria 
flefdjüfct.  Ungefähr  in  ber  aRitte  biefer  grontlinie  führte  bei  ber 
@tabt  SSalenja  eine  fteineme  (Sifenbafjnbrücfe  über  ben  $o,  unb  biefe 
SBrücfe  Ratten  bie  Sßtemontefen  nidjt  jerftört,  meil  fte  beim  fpätereu 
IBormarfd)  au*  ber  Sa^nlinie  Stufen  ju  jieljen  gebauten.  §ätte  bie 
äfterreidjifdje  Heeresleitung  nun  bei  iljrem  (£inrüden  in  bie  SomeUina 
iptrfltc^  bie  Sbfidjt  gehabt,  bie  ftarfe  gront  beS  getnbeS  gemaltfam 
#i  burdjbredjen,  fo  mugte  e$  für  fte  Don  aUerl) ödjftem  3ntereffe  fein, 
fidj  ber  feften  Srücfe  atöbalb  ju  bemächtigen,  um  fie  jum  Über« 
gang  ju  bermerten.  SBenn  man  alSbann  in  einiger  (Entfernung 
babon  nod)  eine  ober  jmei  Sßontonbrüdfen  fdjlug,  moju  ba&  äRaterial 
fcorljanben  mar,  fo  lag  bie  ffirjmingung  beS  Überganges  burdjauS  im 
«ereile  ber  2Rögüd)feit. 

3n  biefem  Sinne  l)at  aud)  SWoltfe  im  3af>re  1862  bie  8e= 
Regungen  ber  Dfterreidjcr  aufgefaßt  unb  bargefteQt.  3)ann  Ijat  aber 
ba&  öfterreidjifdje  OeneralftabSmerf  je&n  3al)re  fpäter  einen  SJefeljl 
<ögulai8  gebraut,  ber  am  1.  2Rai  1859  auf  bie  9tad)rid)t  bom 
3urücfgef>en  ber  legten  feinblidjen  Leiter  über  bie  fragliche  iBrücfe 
«rlaffen  mar.  (£r  enthält  mit  Haren  SBorten  ben  Auftrag  an  ba$ 
junädjftfteljenbe  3.  ÄorpS,   ade  Vorbereitungen  ju   treffen  nic^t  fo« 


dum  italienifdjen  gelbjuge  Don  1859.  111 

ido^I  sunt  Übergang  über  bie  (SHfenbaljttbrücle  als  Pielmetyr  $u 
ifaer  befimtiPen  8e^ftörung.  3a,  bte  Störung  foütc  fogar 
auf  eine  Äetye  Don  benachbarten  ©tragen  bed  linfen,  t>on  ben  Öfter* 
Teilern  befehlen  glufsufert  ausgebest  »erben,  «um  bem  geinbe  baS 
fpfitere  Sorbringen  t)on  Salenja  au$  ju  erfdjmeren".  OB  gebt  bar- 
auS  in  p9Hig  Rarer  Seife  IjerPor,  bafs  ber  Dberfelbljerr  beim  Über« 
fdjrriten  beft  Zicino  unb  beim  herantreten  an  bie  gront  ber  piemon* 
iefifdjen  Stellung  ganj  unbebingt  nidjt  bie  öffenftbabfidjten  gebabt 
§at,  bie  SNoltfe  iljm  jutraute.  @$  ge^t  aber  aud)  barau«  berbor, 
bafc  ftuljn  &u  bem  3*itpunft,  als  er  bem  ®rafen  ©gulai  jenen  SBefetyl 
jur  Unterförift  vorlegte,  gleichfalls  nod)  nic^t  an  einen  gemaltfainen 
6tromübergang  badjte.  $enn  wenn  er  beimaß  fdjon  baran  gebaut 
unb  bie  Hoffnung  gehegt  $ätte,  feinen  Selbljerrn  ju  biefem  ©ebanfen 
f>infiber)U}iel)en,  fo  fjätte  er  ben  »efebl  jur  Sefefcung  ber  ©rücfc 
feljr  feiert  ganj  anberS  faffen  tonnen,  berart  bafs  bie  (Entfdjeibung 
nod)  offen  blieb  unb  baS  bebentlidje  SBort  „8evfi5rinig  ber  39rüde" 
ftmnieben  mürbe.  Srft  nadjbem  eS  gefdjrieben  unb  in  ben  $änben 
be*  (Empfängers  mar,  ja  erft  mäfjrenb  ber  einleitenben  Stritte  jur 
^uSfü^rung  (am  2.  ober  3.  2Rai)  ift  fhrijn  anbeten  ©tnneS  gemorben, 
%at  bie  3)urd)füljrung  auf  eigene  33erantmortung  einftmeilcn  einfallen 
faffen  unb  ben  ©rafen  ©tjulai  umjuftimmen  gefugt.  S)iefer  ift  aber 
nid)t  barauf  eingegangen. 

WS  bat  öfterreidjifdje  ©eneralflabStoerf  oerfafst  mürbe,  mar 
©tyulat  tot,  ftufcn  aber  ÄeidjSfriegSminifter,  unb  eS  mar  natürlich, 
ba§  bie  Cerfaffer  ber  3«lbjug$gef(f)id)te  auf  ifyn  9tücfjtd)t  ju  nehmen 
batten.  SRan  mu&  baber  jmiföen  ben  Qtiltn  lefen,  menn  eS  in  ber 
amtlichen  5)arfteUung  mit  SBejug  auf  bie  Xruppenbetoegungen  am 
3.  SRai  ^ci§t:  „$er  Qtvtd  aller  biefer  »norbnungen,  meldje  Selb« 
jeugmeifter  ©raf  ©tyulai  unter  bem  ©efamtauSbrucf  einer  Slarmierung 
beÄ  gfeinbeS  jufammenfaßte,  gefjt  auS  ben  Wten  nidfjt  beutlid)  Ijerpor. 
9lad)  hierüber  erhaltenen  autljenttfdjen  9tad>rid)ten  foulen  fie  jebod) 
als  Semonfhationen  einer  roirtlid)  beabfidjtigten  Operation  über  ben 
$o  bienen.  —  SS  beftanb  im  Hauptquartier  bie  Äbftdjt,  bie  ©rürfe 
von  Salenja  ju  ftörmen  unb  injmifdjjen  eine  Orfide  bei  9af jtgnana 
(an  ber  lanaromünbung)  fragen  ju  taffen;  auf  biefer  foQte  bann 
baS  2.  ffaneetorpS  über  ben  $o  ge^en  unb  tym  baS  8.  folgen.  Dem 
3.  fottteu  über  bie  »rüde  pon  SJalenja  baS  5.  unb  7.  folgen.  Elle  biefe 
STorp*  foDten  hierauf  bte  #ölje  pon  ©an  ©atoatore  (meftlid)  33alenja) 
nehmen  unb  nad^  3urüchüerfung  ber  piemonteftfe^en  Vrmee  ftd;  gegen  bie 


112  ö.  (Saemmerer, 

franjöfifdben  SorpS  roenben."  SRan  fie^t  flar  unb  beutltdj,  baß  bie§  bie 
ftuljnfdje  fBerfion  ift  für  beren  SRidfjtigfeit  ber  öfterretdjtfdp  ©eneraU 
ftab  felbfl  aber  bie  SSerantroortung  nidfjt  übernimmt,  roeit  fie  fid* 
burclj  bie  Hften  in  feiner  Seife  begrünben  lögt.  Sie 
berechtigt  biefe  SSorfidjt  aber  fear,  fyat  bann  bie  wettere  ©ntroicHung 
ber  Singe  gejeigt.  Sin  SBerefjrer  ftuljnS,  ber  einige  3a§re  fpäter 
„SRücfbticfe  auf  ben  Stieg  in  Stauen  1859"  üeröff  entließe,  Ijat  e£ 
nümlid)  für  nüfclid)  gegolten,  au§  jenem  Dörfer  ermahnten  SBefeljl 
©ljulaiS  alle  auf  bie  gerftörung  ber  SBrücfe  unb  Strafen  bejüg* 
liefen  ©teilen  roegjulaffen  unb  ben  Sinn  be$  öefeljte  baburef)  mit 
großem  ©efdjicf  in  fein  ©egenteil  umjuroanbeln.  $uljn  Ijat  bann 
enbtidj  Diel  fpäter  unb  furj  oor  feinem  Jobe  biefe  bequemere  ßeäart 
beS  SSefefjlS  aud)  angenommen  unb  fie  in  einem  nadjgelaffenem  Sluf* 
fafce  alö  fdfjtagenben  SBemeiS  jur  SBiberlegung  eine$  einftigen  SRit* 
fämpfcrS  benufct,  ber  an  bem  ©rnft  ber  fhifjnfdjen  £>ffenftt>abftd)ten 
in  ben  Jagen  bon  SSalenja  gejroeifelt  Ijatte. 

3)ie£  SlfleS  tjabe  idjj  in  meinem  Söudfje  9Ka genta  beutlidjj  au8* 
cinanbergefefct.  3tf)  begreife  baljer  in  ber  lat  nirfjt  retfjt,  roie  bie 
ffrieg8gefdjtrf)ilid)e  Abteilung  I  in  iljren  93emerfungen  auf  ©.  24  unb 
31  nodjj  baran  feftyalteu  Faun,  baß  ©t)ulai  in  jenen  SRaitagen  „bei 
S3alenja=©affignana  burd&bredjen,  bie  ^iemontefen  jurüdProcrfen  unb 
fiel)  kbann  gegen  bie  granjofen  roenben  roottte".  SS  ift  ganj  im 
©egenteil  eine  ermiefene  Jatfadje,  baß  ©Qulai  ba£  nidjt 
gemoUt  unb  baß  felbft  $ufjn  fotöje  ©ebanfen  nidjt  planmäßig,  fietig 
unb  mit  oollem  SRadjbrudf  vertreten  fjat.  Shi^n  fjat  gelegentlich  bamit 
gefpielt  unb  allenfalls  am  3.  2Rai  rcirflid)  ernftlidj  in  biefem  @inne 
Vortrag  gehalten,  aber  ber  eigentliche  SPern  feiner  Stbfic^ten  beim 
Sinmarfct)  in  bie  Somelltna  roar  nirfjt  bon  fo  fü^ner  8rt. 
2Ran  fütjlte  fidj  —  trofc  feljr  bebeutenber  numerifdjer  Überlegenheit 
über  bie  Sßiemontefen  —  $u  roirflidj  fräftigem  $anbeln  ntrfjt  ftarf 
genug  unb  mußte  bod)  etroaS  tun,  rocil  eS  Don  SBien  Ijer  verlangt 
mar.  Sarum  übertritt  man  bie  ©renje,  ging  mit  frfjnedenartiger 
Sangfamfett  an  ben  geinb  (jeran  unb  traf  bann  einige  9Waßregcln, 
„bie  gelbjeugmeifier  @raf  ©uulai  unter  bem  ©efamt* 
auSbrudf  einer  älarmierung  bed  gfeinbed  jufammen* 
faßte".    Unb  bamit  Ijat  er  fie  jroeifettoä  richtig  bejeidjnet. 

2.  $er  anbere  gaU  betrifft  bie  ©djjladjt  bei  äRagenta  am 
4.  2funi  1859. 


dum  itolienifdjcn  ftclbauge  Don  1859.  113 

Napoleons  III.  glantenmarfd)  $atte  mirflidj  bie  erhoffte  SBirtung 
gelobt,  bie  ßfterreidjer  roagten  e3  nidjt,  bem  SSeifptele  9tabefcft)$  bon 
1849  )u  folgen  unb  bem  umge^enben  (Segnet  in  {Richtung  auf  9tobara 
in  bie  gtanfc  jn  flogen;  fte  roidjen  öielmefyr  bem  ©nbrucf  bed 
SRaudber*  unb  gingen  auf  ba8  linfe  Uicinoufer  jurüd.  Aber  aud) 
jefrt  nrieber  gefdja^  alle*  langfam,  jögernb  unb  fdjroerfättig.  3n  bem 
fcugenblitf,  roo  bei  öfterreid)ifcf)e  Sftücfjug  über  ben  unteren  Sauf  bed 
glufleä  begann,  Ratten  bie  SSerbünbeten  bereit*  mehrere  SRetten  ober» 
falb  bei  Zurbigo  eine  ©rüde  bollenbet,  unb  toäljretib  bie  2Re$rja$t 
ber  öfterreidjtfdjen  fforpg  nodj  auf  bem  redeten  Ufer  ftanb,  fpifcte 
ftdj  bie  Sage  baburdj  nod)  metter  ju,  baß  bie  Sprengung  ber  großen 
fteiuernen  <Eifenbai)n*  unb  ©traßenbrüde  roeftlid)  Don  SRagenta  (in 
ber  gcraben  Siuie  9tobara«3Kaüanb)  mißglüdte.  Sd  maren  jefct  — 
am  3.  3uni  —  j»ei  Übergänge  für  bie  granfo*@arbinier  berfügbar, 
unb  bie  Öfterreidjer  mußten  bon  Äed^tSroegen  mit  einer  gleichmäßigen 
unb  ununterbrochenen  ©emegung  tyrer  geinbe  über  beibe  ©rüden 
rennen.  Do  ein  beträchtlicher  Zeil  Ujrer  eigenen  Streitfrage  am 
Vbenb  biefeS  läge*  nod)  brei  bi$  bier  SReilen  füblid)  ber  ©rüde  oon 
SRagenta  ftanb,  bon  ber  ©rüde  bei  Xurbigo  fomit  über  fünf  SWeilen 
entfernt  mar,  fo  mußte  bie  ©erf)inberung  be$  feinblidjen  Sflußüber* 
gangd  bon  Anfang  an  Ijödtft  fraglich  erfahrnen.  (San)  unjroeifelljaft 
roäre  e£  baljer  am  beften  gemefen,  bergeblidje  ©erfudje  nad)  bicfer 
ttidjtung  gar  nid)t  }u  machen,  fonbem  bie  eigenen  Zruppen  erft 
fub(id)  SRagenta  }u  einheitlichem  $anbeln  }u  oerfammeln  unb  bann 
ben  Seiub  anzugreifen,  e$e  ber  Übergang  aller  fetner  Strafte  boS* 
enbet  mar.  3Ran  fyattt  bann  ben  ©orteil  einer  l}öd)ft  entföeibenben 
9ngriff8ri$tung,  bie  ben  geinb  bon  feinen  ©rüden  abbrängte  unb 
i^m  ieglidjen  SRüdjug  naljm. 

SRoltfe  Ijatte  alfo  mit  gutem  Orunbe  angenommen,  baß  bie 
dfterreid)ifd)e  Heeresleitung  urfprünglid)  beabfidjtigt  (jabe,  eine  fog. 
JJlonfenftellung  jur  Straße  9lobara>äRagenta»äRai(anb  ju  be&ie$en, 
unb  tatfädjlid)  (}at  ba*  Oberfommanbo  in  einer  am  2.  Sunt  abenb* 
erftatteten  SRelbung  bie§  aud)  al£  feine  Sbftdjt  bejeidjnet,  oljne 
freiließ  mit  aller  gfolgeridjttgfeit  nadj  biefem  @efid)t$punfte  }u  Ijanbetn. 
Sie  bei  biefem  Oberfommanbo  faft  jebe  Änorbnung  ein  boppelteS 
®eRd)t  trug,  fo  tonnte  man  ftdj  jefct  aud)  nidjt  )u  einer  ganjen  SRaß* 
regel  entfdjließen.  3)ie  Sperrung  ber  Übergänge  unb  bie  ©erteibigung 
be*  unteren  Zicinolaufe*  mürben  gleichzeitig  mit  berüdftdjtigt  unb  in 
ben  entfäeibenben  flugenbliden  Ijat  man  ben  urfprfinglidjen  ©ebanfen 

tfttttffte  ßfitjdnift  («b.  94)  K.  ft.  Ol.  LVni.  B 


114  .  ü.  Gaemracter, 

toöHig  öergeffen.  (Statt  mie  SBlüdjer  an  bet  ftafcbad)  einen  angemef* 
jenen  3Tctl  be$  geinbeS  $erüber$ulaffen,  um  iljn  bann  mit  ©idjerljeit 
ju  öerberben,  Ijat  ©gulnt  feine  firäfte  in  ungtüdflidjen  8Serfud>en  er« 
fdjöpft,  bem  ©egner  jeglichen  Übergang  überhaupt  ju  ftermelpeiL 

äRoltte  fefct  in  feiner  S)arfteflung  unb  »eurteilung  atö  felbft* 
toerftänbtid)  t>orau$,  bafe  bad  öfterreidjifdjc  Dberfommanbo  am  4.  3uni 
bon  alten  mistigen  Vorfällen  beS  toorljergeljenben  Zage*  unterrichtet 
mar,  bog  e£  alfo  aud)  üoße  ÄeuntniS  tum  einem  unglüctlidjen  ©efed>t 
bei  Zurbigo  am  SRadjmittag  beS  3.  Sunt  Gatte.  Sin  $etad)ement 
oller  SBaffen  unter  gelbmarfdjalleutnant  ©aron  (Sorben  mar  Don 
SKagenta  au3  gegen  ben  Übergang  bei  Zurbigo  borgegangen  unb 
unter  empfinblidjem  SSerlufi  nadj  äRagenta  jurüigemorfen  roorben. 
2Bie  auS  bem  öfterreidjifdjen  ©eneralftab$mert  Ijertoorgcljt,  ift  nun  bie 
erfte  ßunbe  fcon  biefem  ©efedjt  um  10  V2  Hlpr  morgend  beS  4.  3uni 
in  bie  $ftnbe  be$  Dberfommanbo*  gelangt,  unb  jroar  in  fo  untlarer 
unb  unooflftünbiger  gfaffung,  bafc  e8  begreiflief)  ift,  tt>enn  fie  mifc 
öerftanben  mürbe.  S)a8  3urücfgel)en  Eorbon*  bon  Zurbigo  nad> 
SKagenta  mirb  in  ber  SRelbung  gar  nidjt  ermähnt,  unb  ber  geinb, 
ber  tatfädjticb  in  jenem  ®efed)t  fec^d  ^Bataillone  gezeigt  Ijatte,  mirb 
auSbrücflid)  als  fd)mad),  ba8  ©efec^t  als  unbebeutenb  bejetdpiet. 
9ladj  biefer  SRelbung  mufjte  ba$  Dberfommanbo  )u  ber  SKeinung 
tommen,  bafs  Eorbon  immer  nodj  beobadjtenb  bei  Zurbigo,  IV2  SRetlen 
nörblidj  öon  Sföagenta  ftelje,  unb  ba  man  auf  ©runb  einer  früheren 
9iad>rid)t  feine  Starte  auf  etma  7000  SRann  fdjftfrte,  fo  tonnte  man 
rooijl  glauben,  bafs  biefeS  Setadjement  ftarf  genug  fei,  bem  geinbe 
ba£  SSorgeljen  über  Zurbigo  für  einige  Qtit  ju  öermeljren.  SBar  ba* 
aber  ber  gall,  bann  Ijatte  man  aud  biefer  Stiftung  augenblictlid) 
nod)  nichts  ju  befürchten  unb  tonnte  rooljl  )u  bem  meiteren  ©tauben 
tommen,  baß  ber  4.  Sunt  nod)  ofjne  Sfampf  vorübergehen 
werbe. 

SBeSfjalb  bat  öfterrci^ifdje  ®eneralftab*merf  biefe  3)inge  nic^t 
felbft  gait)  beutlid)  auSgefprodjen  tjat,  ba£  bermag  i$  nidjt  ju  er« 
flären.  Senn  eigentlich  lag  biefe  Aufteilung  ja  im  Sntereffe  Shi!)n*, 
ber  burd>  bie  mangelhafte  äRelbung  ber  Unterinftanj  getäufdjt  morben 
ift.  Suljn  mirb  aber  fdjon  irgenb  meldte  ©rünbe  gehabt  Ijaben,  au* 
benen  er  ber  allju  offenherzigen  (Erörterung  ber  Angelegenheit  miber* 
ftrebte.  3dj  Ijabe  bann  in  meinem  ©udje  aud  bem  amtlichen  SBerte 
ben  SRadjmei*  geliefert,  bafs  ba$  öfterreidjifäc  Dberfommanbo  am 
4.  Sunt   1859  felbft  um  3Va  H$r  nachmittag*  ben   gelbmarfdjaa» 


3um  italiemfdpn  Selbjuge  öon  1859.  116 

lentnant  Sorben  nod)  immer  bei  Xurbigo  ftctjenb  annahm,  alfo  }u 
«mem  3*itpuntt,  mo  SRac  SRafyon  mit  t)ier  franto«farbinifd)en  $ibi* 
{tonen  feinen  Vufmarfd)  in  nftdfler  9tCtye  bon  SRagenta  föon  nat>eju 
ooOenbet  trotte  unb  mo  er  ftd)  eben  anföidte,  ben  Qntfdpibungftftofs 
im  bie  ööflig  offene  glanfe  ber  Öfterreidjer  fjineinjttfüljren. 

JBon  bem  Wien  tonnte  äRoltte  nichts  roiffen  nnb  ba§er  beurteilt 
er  dtyutai  fo,  att  roenn  tym  ber  ganje  Umfang  ber  bon  Korben 
brofcnben  ©efa^t  früljjeitig  befannt  gemefen  märe.  SBenn  äRoltted 
Cijfl^tung  ber  Sreigniffe  jefrt  neu  herausgegeben  mtrb,  fo  burfte  nad) 
meiner  Überzeugung  nidjt  übergangen  roerben,  bog  er  fid)  nad)  biefer 
Sichtung  $m  im  Irrtum  befunben  f)al  5)ie  öfterreid)if$e  Heeres- 
leitung bleibt  aud)  fo  nod)  anfed)tbar  genug,  aber  ifjrc  äRifegrtffe 
werben  bod)  immerhin  etroaS  berftänblidjer,  menn  man  ben  magren 
3nfammenbang  ber  2)inge  knnt.  — 

3$  tonnte  nod)  einige  meitere  fünfte  anführen,  mo  bie  Srgttn* 
jung  unb  Berichtigung  ber  SRolttefdjen  8felbjug*gefd)id)te  Süden  auf« 
metft  Sd  fpnbelt  ftd)  babei  aber  um  Dinge  bon  geringerer  9ebeutung 
<M  in  ben  beiben  borftefcnben  großen.  3n  biefeu  tommen  bie  über« 
au*  mertmürbigen  Vorgänge  im  SRenfdpn^irn  in  Betraft,  bon  beren 
ffeiterentmidlung  gelegentlid)  ba*  ®d)irffal  ber  SJölter  abfängt,  unb 
«erabe  folc^e  Oegenftftnbe  ftnb  na$  meiner  Überzeugung  bie  aller«» 
nrityigßen  für  bie  0cfdjid)te. 


Stteratttrberttyt. 


W.  J.  Askley,  Surveys  historic  and  economic.  London,  New 
York  and  Bombay,  Longmans,  Green  and  Co.  1900.  XXVII  unb 
476  6. 

Sftlei)  ijt  in  S)eutfd)lanb  befonbet*  butdj  feine  bon  911.  Oppen* 
beim  in*  fceutfäe  übetfefcte  „(Snglifdje  «tttfaaftSgeföidite"  (ßeipjig 
1896,  2  Bbe.)  betamtt.  #iet  bietet  et  eine  Sammlung  Dem  Huf* 
füften  unb  einge^enbeten  ftepnftonen,  bon  benen  roettauJ  bie  metfhn 
fd)on  in  fcetfdjiebenen  3*itfcijtiften  etfcfcienen  waren,  beten  Seteini« 
gung  in  einem  Qanbe  aber  roUHommen  ju  Ijeifjen  ift  Die  Prelimi- 
nariee  bringen  Stöttetungen  übet  bo*  Stubunn  bet  fBittfdpftf* 
gef(fti$tt  (loobei  aud)  ein  ttytur&  übet  the  Lamprecht  controverey 
md>t  feblfi  unb  über  $of$et*  $togtomm  Dom  Softe  1843.  2>ie 
umfangreiche  Sammlung  Mediaeval  Agrarian  befctyiftigt  fidj  mit 
ben  in  ben  legten  ^abrjtbnten  f o  oiel  bttfnttetten  gragen  be*  (Semein» 
eigentumt  in  bet  Utyit  unb  bet  etften  fbmebhng,  ge$t  über  oud) 
btt  £U  ben  unteren  pte u|ifd>en  Xittetgüteni  fttnb.  Sie  fitbetten 
um  Setbobm,  iVaitlanb,  $taben»$omell,  ^ttbebumb,  0.  %.  Stnopp 
ufto»  finb  ef,  beitrn  *»  biet  feine  ttnctguuge*  »otaebmluty  tetbanft. 
iVci^en  wm*  nc*  erteblub  übeti<W&t.  im*  ei  &  115  \pifa  ba& 
ev  feit  bau  $c»be  {tanken*  baf  anertannte  $aupt  bet  fhp&t$ibtifet 
ut  «Inresa  >ei,  ^nMt  iit  e*  9*14  ti&tiju  «**  iL  e.  116  banerft: 
1U4  XL  $ir*«  \*  tv^ihüxs  but  th*  TÜlage  maps.  he  would 
h*v*  dottt  w*  a  $t*M  «trrk*  *H*ct  biet  lie$«  etai  im  mefent* 
iiAnt  a»*  *te  $v*nj«i  w«  4Vc;f*n*  M^imrhter  g*ri4*»g.  Übet 
tat  mprihtc*  b**ja$cr>:r,mfiif  Mimtet  iNr  **  w>  IL  eiwtfrten 
U**N*mt  t^L  »<m  ^raetftriicjt*  ;n  eerf^rr*  S^*1  **&*•  6. 61  ff- 
f*r  tfcnrt&t  xr;v.*$TO4*  dcKttlxng  Jf*äa*ral  Uifeaii  hevfcöftigt 
*t*  mx  W*  nttmt  Hvfcritr*  ii*t  **  fc:m  taxrie  ms*  esgfif$e, 
tt:liww  ***  *m$*vv*e  <rr**WTV*rn$.     5V>f  ffrhnrn»««  IL* 


Allgemeine*.  117 

fhtb  $eute  hi  mehreren  fünften  Derattet,  namentlich  rocil  er  nod) 
nidjt  bie  gforfdptngen  9Ketfd)el*  bertoertet  ÄuÄ  bet  ©nippe  Don 
fcuffäfcen,  bte  unter  bem  litel  Economic  Opinion  jufatnmengefa&t 
finb,  fei  bie  eingeljenbe  ÄMjanblung  The  Tory  origin  of  free  trade 
policy  ^ettorgelpben,  roeldp  nadjroeift,  baft  bie  Zt)eoretifer  ber 
Zorie*  om  Snbe  be$  17.  unb  im  »eginn  be«  18.  3al)rl>unbertS  für 
ben  grritjanbel  eintraten.  Sie  näc^fte  ©nippe  England  and  America 
1660—1760  föilbert  bie  $anbettgefefegebung  unb  ben  ameritamfdjen 
Schmuggel  in  biefer  3^it.  Unter  bem  Xitel  Industrial  Organisation 
fpTic^t  %  oon  praftifdjen  »irtfdjaftlidjen  unb  fokalen  gragen  be£ 
heutigen  Snglanb  unb  thnerifa.  S3  folgen  Heine  biograp^ifdje 
Itrtilel  (barunter  über  greeman  unb  ßorb  $tctou)  unb  enblidj  Huf* 
ftye  übft  UniDertftätMeben  unb  UniDerfitättDerfaffung.  Sie  SRefr* 
ja(t  ber  in  bem  Dortiegenben  ©anbe  Dereinigten  Stüde  fefct  fid>  au* 
Äejcnfionen  tym.  Ärtifeln,  bie  au£  ffalag  neu  erfdjienener  Sucher 
Derfafct  ftnb,  jufammen.  S)arau3  erllärt  e8  ftdj,  t>a%  Ä.  (eine  um« 
faffenbe  (Erörterung  ber  Don  iljm  beljanbelten  Probleme  gibt  Aber 
überall  jeigt  er  ©adjfenntniS  unb  roeife  bem  (Begenftanb  @efidjt$* 
punfte  ab&ugeminnen.  Dabei  beförünft  er  fid)  nid^t  auf  bie  X)i8* 
htffion  ber  roif[enfd)aftlid)en  große,  fonbern  fudjt  audj  ben  8utor  al* 
Itterarifdje  $erfönlid)teit  ju  mürbigen.  2)aburd)  behalten  feine  Äu$* 
fü^rungen  aud)  ba,  roo  fie  rein  fad)lid)  burd)  nenere  Unterfudputgen 
überholt  ftnb,  einen  gemtffen  Start,  greiüdj  finb  feine  SRa&fWbe 
metjrfad)  (f.  j.  8.  ©.  224  unb  baju  3al>rbttd)er  f.  »ationalöL  74, 
©.  421)  burd)  eine  Überfdjfifcung  SdjmofletS  (bem  er  aud)  fein  ©ud) 
gemibmet  Ijat)  ungünftig  beeinflußt  9Ran  mag  beffen  Serbienfte 
fe&r  fyod)  Hellen ;  man  wirb  aber  nie  Don  tym  ein  Dottftänbige*  Si(b 
gewinnen,  toenn  man  nid)t  berfidftd)tigt,  baß  er  ju  einem  beträft- 
liefen  Zeile  Dilettant  ift  3d)  Ijabe  biefe  meine  Äuffaffung  Don 
feinen  Arbeiten  fdjon  in  ben  Sauren  1887—1903  bargelegt  unb 
neuerbing*  in  einge^enberer  gorm  (in  ber  geitfe^r.  für  ©oftialnriffenc 
fd)üft  3a^rgang  1904)  begrünbet,  ba  id)  baju  burd)  bie  Vorbereitung 
meiner  <&efd)id)te  Der  beutfdpn  ftulturgefdjidjtföreibung  genötigt  mar.1) 

»)  3n  »b.  93,  6.  517  rietet  (Starbt  neue  heftige  Angriffe  gegen 
mid).  1.  (Er  tabelt  fdjarf  meine  SBieberga&e  feiner  ©orte,  fpejiefl  meine 
ffetyraptung :  „Sdhnoller  ift  tym  (&)  einfad)  ber  „fo  angefefjene  Geteerte", 
gegen  ben  nidjtft  SBefentltyei  eingetoanbt  »erben  fann."  34  ge6e  ju,  bajj 
er  eine  SBenbung,  bie  ettoaft  anberft  Hang,  gebraucht  unb  au*  Don 
„6d>m&4enM  Sdjmoüer*  gefprod)en  bat.    Aber  ba  er  nur  baDon  fprad), 


118  Siteratutberigt. 

Übrigens  frijeint  %(.  öon  ©djmoöer  befonberS  fein  (Eintreten  für 
fjiftoriföe  9faffaffung  ber  öfonomifdjen  Singe  ja  fdjäfcen.  (Bemrf* 
ift  bieS  ein  Qerbienft  öon  il>m.  Aber  e£  ift  nic^t  richtig,  tyn  (toie 
e$  burd)  beutfdje  Autoren  oft  gefdjieljt)  als  ben  einzigen  gfülper  ber 
ganjen  Bewegung  l)tn}ufteßen.    3fn  3)eutfd)lanb  ift  bie  gleidje  gor« 

ba&  (3.  „natürlich  audj  feine  64»&c^en  $at*  —  toäfcrenb  eS  bodj  barauf 
anfommt,  feftjuftcHen,  ob  er  me&r  als  „natürliche"  ©cftmftdjen  $at  — ,  ba 
er  $n  in  ber  betr.  ®qie$ung  neben  ffliebu^r  unb  Stante  ftellte,  ba  er 
ni$tS,  »ad  idj  tonftatiert  ju  Ijaben  glaubte,  auSbrücflid)  zugab,  fo  $ielt 
idj  uiid)  ju  jener  $e$auptung  für  berechtigt.  (Sine  9eftfttigung  berfelbeit 
jdjeint  mir  fein  neuefter  Angriff  (6.  517)  ju  enthalten,  ber  ben  beutlidpit 
(Stnbrucf  $eröorruft,  bafj  er  ben  ganjen  3n$alt  meiner  ttufftye  öon  A 
bis  Z  als  „6plitterridjterei"  anfielt  2.  &aS  nun  ben  Vorwurf  ber 
„©plttterridjterei"  betrifft,  fo  ermähnt  <£.  gar  niefct,  ba&  meine  Äuffäfce  eine 
Vorbereitung  für  meine  „©efdjidjte  ber  beutfdjen  itulturgefdjidjtfdpeibung  mit 
befonberer  Stücffidjt  auf  bie  mirtfdjaftftgefgidjtlidje  fiiteratur*  barfieüen. 
«Sie  $aben  in  erfter  Sinie  ben  &totd,  ben  Don  öerf$iebenen  Seiten  auf« 
gepellten  Sab  ju  prüfen,  bajj  bie  gefamte  ober  faft  bie  gefamte  toirtfdjaftS« 
gefdjldjtlidjc  Siteratur  Don  ©djmoller,  bjto.  öon  9Hfcfdj  unb  ©djmollcr 
ausgebe.  (£S  liegt  auf  ber  §anb,  bafe  id),  toenn  idj  bie  <£nttoic£lung  ber 
mirtfdjaftSgefdjidjtlidjen  Siteratur  fdjilbern  will,  midi  mit  biefem  ©afc  aufS 
grünblidjfte  auSeinanberfe(en  mufj.  GS  wirb  femer  öon  unbefangener 
Seite  nidjt  beftritten  werben,  bafs  idj  (obwohl  meine  Ausführungen  nodj 
nidjt  ganz  jum  Kbfdjlufs  gelangt  ftnb)  bodj  bereits  ben  $en>eiS  für  feint 
UnridjttgWt  erbracht  $abe.  3*  frage:  3ft  baS  blo&e  „©plitterridjterei* ? 
3ft  ferner  meine  Jcritif  ber  HuSlaffungen  ©djmollerS  über  baS  9httterred)t 
„©plitterridjterei"  ?  3ft  mein  9to4»eiS,  bafe  öicle  öon  ben  ©ebanfen,  bit 
fpäter  Sdjmoller  ausgeführt  Ijat,  fidj  fdjon  bei  §ilbebranb  ftnben,  „Splitter« 
rtdjterei"?  SBaS  $at  benn  ber  Siterar^iftorifer  ju  tun,  toenn  er  nidjt  auf 
foldjc  Dinge  adjtet?  34  weife  natfirlidj,  ba&  in  Kebenbingen  bie  Änfidjten 
auSeinanberge^en  (önnen;  aber  in  ber  $auptfa$e  mein  ftefultat  zu  be* 
ftreiten,  baS  märe  benn  bodj  ein  ftarleS  ©tücf.  34  fönnte  öon  jcbem 
einzelnen  metner  ttuffäfce  barlegen,  bafj  eS  ft4  um  roefentlidje  gragen  unb 
tiefe  Differenzen  $anbe(t.  DaS  ©efagte  wirb  aber  genügen,  um  <£.S  JHage 
inS  rechte  8t4t  ju  fteüen.  &  gibt  ju  öerfte^en,  bafe  jemanb  öon  mir 
baSfelbe  na4»eifen  fönnte,  toaS  i^  öon  @4moQer  nadjgemiefen  ^abe,  unb 
beutet  an,  ba&  mir  ob  biefer  VuSficbt  „etoaS  b&nglic^  umS  ^er^  ©erben" 
mü&te.  34  betraute  mi4  burc^auS  nid)t  als  fehlerlos  unb  bin  iebem,  ber 
mir  Srrtümer  na4 weift,  aufrichtig  banfbar.  Dag  i4  in  prinzipiellen 
fragen  fo  unüar  fei  rote  SdpnoIIer  ober  eine  fo  geringe  Steigung,  bie 
Darfteüung  unbefangen  auS  ben  GneHen  herauszuarbeiten,  befife  tote  er, 
baS  glaube  i$  nirfjt.    w®ängIi4M  ift  mir  na4  feiner  SHc^tung  ^in. 


Jhiltur.  119 

berung  Don  fe$r  Derfdjiebenen  unb  feljr  Dielen  fünften  quo  erhoben 
roorben.  Anber«  Derljält  e«  fic$  in  (Snglanb  unb  Amerita :  Ijier  tnug 
bei  Sieg  ber  Ijiftorifdjen  Auffaffung  ber  öfonomifdjen  Dinge  erft 
nodj  erfochten  werben.  A.«  gefdjidjtlidje  Stellung  aber  tohrb  man 
einmal  baljtn  $arafterifieren,  bog  er  einer  ber  erften,  energifdjften 
unb  erfolgreichen  ffämpfer  für  jene  Auffaffung  gemefen  fei. 

Tübingen.  G.  v.  Below. 

Da«  tylu«li4e  geben  ber  europäifdjen  ftulturDölter  Dom  TOttelalter 
bi«  i«t  §weiten  fcftlfte  be*  18. 3a$r$unbert».  Son  Dr.  Altera  ©djuifc. 
Winsen  u.  Berlin,  81.  Oibenbourg.  1903.  ör.  8°.  VIII,  482  6.  TOit 
lablreicfci  Abbtlbungeu.    9  *R.t  geb.  10,60  3R. 

Die  öierte,  ben  #ilf«tDiffenfdbaften  unb  Altertümern  geuubmete 
Abteilung  be«  neuen  $anbbucbe«  ber  mittelalterlichen  unb  neueren 
0efd)id)te,  mit  beffen  Verausgabe  ©eloto  unb  SJteinecfe  einem  Diel* 
fa$  gefüllten  Bebfirfniffe  entgegenlommen,  wirb  burdj  81min  ©djulfc 
in  trietberfpredpnber  Seife  eröffnet.  Die  DarfteKung  be«  f)&u*(i$en 
SebeuS  ber  europäifdjen  ftulturbölfer  Dom  Mittelalter  bi«  jur  jroeiten 
$Mfte  bed  18.  gafpfjunbert«  tonnte  roobl  in  feine  berufenere  #anb 
alfi  in  jene  be«  ehemaligen  $rager  ffunftyiftorifer«  gelegt  merben, 
ber  nrie  fein  jmeiter  Sorfdjer  ber  Oegentoart  ben  fo  meit  unb  mannig« 
fod)  jerftreuten  unb  nur  ferner  überblicfbaren  Stoff  fouoerftn  be« 
tenfdjt  unb  in  ungemein  überftdftlidjer  (Einteilung  gu  bearbeiten 
»eiß,  meiere  anfertigen  ®eifatte«  genrifj  fein  tann.  SRag  aud)  bie 
6tttengefd)id)te  ber  einzelnen  Sftnber  nodj  beträchtlicher  Vorarbeiten 
bebürfen,  el>e  eine  ftreng  iDif[enfd}aftlid>e  ©el)anblung  ber  Sitten* 
gef$i$te  beftimmter  Sölfer  unb  ber  gangen  europäifdjen  Shilturroett 
mtrb  in  Angriff  genommen  werben  Knnen,  fo  gemährt  ün«  bod) 
föon  ba«  Don  Scfc.  ©ebotene  bie  erfreuliche  (Seroi&ljeit,  baft  immerhin 
bereit«  ein  fefjr  achtbare«  Stücf  biefer  Arbeit  erlebigt  ift.  Seine 
borjüglid)  geföulte  unb  erfahrene  #anb  toeifj  ba«  Dorfcanbene  Material 
in  umfi^tigfter  $eranjief)ung  ju  einem  fiberau«  anjielfenben  ®efamt- 
btlbe  jufammenjufaffen  unb  bermittelt  bie  mannigfachen  Auffdjlüffe 
über  bie  fBo(nung«oer^filtniffe  im  gürftenföloffe,  in  Stäbten  unb 
Dörfern,  über  ba«  gefamte  gamilieuleben,  über  JHeibung,  Sffen  unb 
Xrinfen,  über  IBefdjäftigungen  unb  Unterhaltungen  bi«  ju  Job  unb 
©egräbni«.  Den  größten  9lufeen  jie^t  Don  ber  DarfteDung,  beren 
ftberjeugung«traft  bur$  ebenfo  fad)gemü&  gemähte  al«  gut  au«* 
geführte  Abbilbungen  mirffamft  gehoben  mirb,  natürlich  bie  beutfdje 


120  fiiteraturberidjt. 

@ittengefd)id)te,  objtoar  man  faum  etroad  $erVorragenbe£  au$  jener 
ber  anberen  SBölfer  (Europas  Vermiffen  bürfte.  Sie  fnappe  gaffung 
bleibt  mit  bem  Sage  ecktet  SBiffenfdjaftlidfjfeit  überall  in  engffcr 
Sfiljlung,  roaS  ben  aBert  be8  ganzen  SBerfeS  roefentltdj  ftetgert  unb 
bie  Bebauung  eineS  biSljer  nur  feiten  betretenen  Soben*  boppelt 
ertragreich  geftattet. 

SBien.  Joseph  Neuwirth. 

©tabtluft  ma$t  frei,  8on  $aul  <5$ft£e.  ©erlta,  fc  «bering. 
1903.   8°.    VIH  unb  116  <5. 

S)er  S3f.  Ijat  e3  unternommen,  bie  (Sntfteljung  be§  9ted>t*fafre$: 
„©tabtluft  madjt  frei"  ju  unterfudjen.  3«nt  «uSgang  mftljlt  er  bie 
vielbefprodjenen  ^Privilegien  #einrid(j$  V.  für  ©petjer  unb  SBormS 
(Seutgen,  Urfunben  jur  fläbtifdjen  Serfaffung&gefdjidjte  SRr.  21—24), 
meldte  ft<$  nadj  fetner  Hnftrfjt  auf  eingemanberte  Unfreie  bejieljen 
fallen,  unb  im  Snfd&lufj  baran  fudjt  er  bie  einzelnen  SBorred)te,  au$ 
benen  ftd)  bie  greiljeit  ber  in  bie  ©tobte  eingeroanberten  SJeVölferung 
jufammenfefct,  in  iljrem  attmäljlicf)en  Sluflommen  unb  iljrer  83er* 
breitung  ju  erforfdjjen,  eine  Aufgabe,  bie  ftd)  menigflenö  eineÄteiÖ 
mit  ben  Unterfudjungen  JhtiefeS  (Sie  ffiinmanberung  in  ben  toeftf. 
©labten,  fünfter  1893)  unb  2R.  ®.  ©djmibt*  (Sie  Pfahlbürger, 
3eitför.  für  Sulturgefä.  1902,  241  f.)  berft.  »ieten  bie  einjelnen 
Sbfdjnitte  ganj  banfenSroerte  3ufammenfteUungen  ber  eintägigen 
ÜRadfjridjten,  fo  tonnte  man  bod)  nid)t  fagen,  bafc  bie  eigentliche  Huf« 
gäbe  gelöft,  auf  biefem  SBege  befonberd  IjetteS  ßidjjt  über  bie  ffint* 
ftefjung  jened  mistigen  ®runbred)te$  ftäbtifdjer  greiljeit  verbreitet 
roorben  fei.  Dljne  grage  l)ätte  bie  Unterfudjung  viel  früher  ein« 
fefcen,  auf  Diel  breiterer  ©runblage  unb  mit  frrengerer  Sbroägung  be£ 
SBerteS  ber  einjelnen  Urfunbenftetten  burdjgcfüljrt  »erben  muffen. 
3n  ber  SuSlegung  ber  Privilegien  für  Speyer  unb  SBormS  wirb 
man  bem  S3f.  nidjt  an  allen  ©teilen  folgen  fönnen.  SKan  tommt 
nid)t  barüber  (jintoeg,  bafs  bie  Bürger  (Speyer:  Heinric.  inhabita- 
tores  =  Frideric.  cives;  SBormS:  Heinric.  conti  veq  =  urbani, 
Frideric.  cives)  abgaben  unb  ffiinfctjränfungen  unterworfen  finb, 
mit  melden  regelmäßig  nur  Unfreie  belaftet  erfdjeinen.  9tm  elften 
bürfte  man  fid)  ben  Vorgang  fo  erflären,  bafs  bie  S3ürgerfd)aft  von 
jmei  ©eiten  bebrängt  mürbe,  bie  neu  eiugemanberten  von  tyren 
früheren  Ferren,  bie  ©efamtbeit  Von  bem  ©ifdjof  als  ©tabt^erm. 
3fn  ben  öfterreidjifdfjen  ©tabtredjten  (@.  103)  mirb  nic$t  ber  ©rtverb 


Mittelalter.    16.  3a$r$uubcrt.  121 

be*  8ürgerred)t*  unmittelbar,  fonbem  nur  bie  Qntfdjetbung  über  ba« 
tte$t*berfyiltni*  be*  Singemanberten  ju  feinem  Jpemt  bem  ßanbe«» 
furften  vorbehalten;  ju  bem  9Biener»9leuftäbter  ©tabtredjte  märe  bie 
Unterfudjung  ©uftab  Sinter«  («w$to  f.  dfterr.  ®efd).  LX,  71  ff.) 
ju  Dergleichen  geroefen.  —  Die  9lbi>anblung  ©<$.«  f)at  Oppermami 
Vn(a|  gegeben,  «nftdjten  über  bie  Sfottftefjung  ftäbtifdjen  SBefen«,  ja 
«ber  materiellen  ttultur  be*  SRittetalterft*  überhaupt  &u  äußern 
(Deutfdje  Siteratuqettung  1904,  ©p.  233  ff.),  roel$e  menigften*  öor- 
läufig  feine  anbere  Unterlage  $aben  al*  bie  falfdp  Auflegung  {tneter 
UrtmtbenfteUen,  eine  falföe  SBortbeutung  unb  mehrere  unbetoiefene 
Behauptungen.  Da*  tft  aud)  fofort  toon  Seutgen  (ebenba  ®p.  564) 
unb  t>.  »eloto  (Sit.  3entralblatt  1904,  @p.  223)  ^emorge^oben 
morbfit,  roorauf  Oppermann  feine  Irrtümer  l)inftd)tlid)  ber  Duellen« 
belege  etngeftanben,  im  übrigen  aber  feine  Annahmen  aufrechterhalten 
bat.  SebenfalU  (>at  er  jener  gorberung,  bie  er  felbft  al«  unbebtngte 
Sorauftfefeintg  jebe*  roeiteren  gortförittS  unferer  Srtenntni*  bejeidjnet, 
„ber  forgfamen  Unterfudjung  be*  Suftönblidjen  in  jebem  (Einzelfalle" 
<©p.  240),  in  teiner  Steife  ©enfige  geleiftet;  erft  wenn  ba*  gefefcben 
ift,  rohrb  e*  mdglid)  unb  an  ber  &t\t  fein,  fid>  mit  ben  Änfdjauungen 
Oppermann*,  fall*  er  fie  bann  nod)  aufredjtyalten  foOte,  au«* 
einanberjufefcen. 

®raj.  Karl  Uhlin. 

Vtx.  J.  Nannin*a  UltterdJJk.  Een  Kamper  Handelshuis  te 
LiMabon  1672 — 1594.  Handelscorrespondentie,  Rekeningen  en  Be- 
scheiden.   Zwolle,  J.  J.  Thijl  1904.    CXIV,  584  6. 

Unter  biefem  Xitel  gibt  ber  rührige  unb  tenntniSreidje  8er« 
©alter  be*  ©tabtardjib*  öon  ftampen,  9Rr.  3.  SRanninga  Uitterbitf, 
«ine  9bi}0^1  biefem  tfrdjib  ungehöriger  ©riefe  unb  %ftenftüde  Iperau*, 
bie  einen  roertooDen  Beitrag  gur  norbeurop&ifdpn  $anbel*gefd)i$te 
be*  16.  3afy$unbertö  barfteOen.  SDer  gemaltige  $(uffd)n>ung,  ben 
bamat*  ber  Serte^r  jtoifdjen  ben  beutfd)*ba(tif$en  SHifien,  ben  lieber» 
lanben  unb  ©panien*$ortugal  nabm,  einer  ber  fyertiorftcdjenbften 
3üge  ber  ^anbeldentroicflung  be*  16.  3al}rl>unbert*  überhaupt,  er* 
b&lt  bur$  biefe  $ublitation  mancherlei  neue«  £id)t.  Die  $anbel*« 
gefeOfdpft  be«  <Ba*pir  ttunertorf  t)on  ftampen,  be«  Jpan*  €ne(  bon 
Dementer  unb  iljre*  gaftox«  San  3an*fen  Don  Sampen,  bie  1572  in 
fiiffabon  für  SBarenau*taufd)  mit  ben  9tieber(anben  (Antwerpen)  unb 
mit  Oftfee^ftfen  jufammentrat  unb  bi*  1594  in  Zätigteit  blieb,  bilbet 


192  Siteraturberigt. 

ben  ©egenftonb,  um  bcn  ftd)  bad  mitgeteilte  Material  gruppiert. 
$er  $erau*geber  gibt  auf  ben  114  «Seiten  ber  (Einleitung  Huffölüffe 
Aber  bie  Stellung  unb  SBejieljungen  ber  SKitglieber,  bie  (foitmidflung 
ber  ©efeHfdjaft,  über  bie  einfd>tägigen  getteretgitiffe,  bie  $anbel*« 
artifel,  ®ef$äftafül)rung,  SRafc,  SRünje,  ©eroid>t  u.  a.  Sud)  in 
biefem  SRaterial  tritt  mieber  beutlid)  bie  2atfad>e  jutage,  ba|  ber 
Serteljr  jmifdjeit  bem  SReidje  $$i(ipp£  n.  unb  ben  SKeberlanben  burd> 
$atpct  Don  bem  fhifftanbe  laum  berührt  mürbe,  ja  ftd)  jeitmeife  ja 
befonberer  ©lüte  entfaltete  unb  ber  ©djmerpuntt  fid>  befonberS  feit 
ber  Stieberroerfung  Antwerpens  meljr  unb  me$r  nadj  bem  Korben 
oerlegte.  «m  26.  «pril  1578  berietet  ein  «gent  ber  ©efcllfdjaft, 
man  berfe^re  in  Spanien  fo  frei  mie  nur  je;  bort  Ijabe  man  grieben, 
in  ben  Xieberlanben  ttrieg.  &  entging  ber  fpanifdpn  Segieruug 
nid)t#  ba|  biefer  $anbel  „bte  $er)aber  mar,  bind)  bie  ber  Shifftanb 
genährt  mürbe",  aber  fie  tonnte  fi$  megen  ber  Sdjmierigfett,  bie  ju* 
geführten,  befonbert  baltifdjen  Samt  auf  anberem  SBege  in  ge* 
nügenber  SRenge  }u  erbalten,  lange  ntd)t  entfdjltegen,  tym  ein  CEnbe 
)u  motten.  Sie  (at  Serfudje  gemalt,  bie  £anfeu  an  bte  ©teile  ber 
SKeberläuber  )U  fefcen-  «ber  tiefe  füllten  fty  ben  Aufgaben  eine* 
$inbniffe*.  ba*  ibnen  yoeifello*  bmr$  bie  mcberlänbif^e  gembfdjaft 
meljr  Scfeaben  al*  bur$  bie  jpanif$e  greunbidjaft  9fa&en  gebracht 
bdttt»  nid)t  gemäßen  unb  begnügten  ftd)  bamit,  and  ber  gmnftigen 
Situation  nad)  Srüfttn  Sorteil  *u  Rieten.  S>ie  9titteilngea  über 
bie  gefembelte*  Samt  laffen  beutfid)  erfennen,  eine  nrie  grofee  »oEe 
einerjeit*  bie  toilriid)*bentjd>en,  anberfrit*  bie  inbifc^blMntüitf^en 
Staren  fpielen.  unb  mie  belanglos  ber  $anbd  mit  ameriburifdpn 
Ifrobntttn  mar.  tarnen*  unb  £ä<bregmer  cxmöglicften  leu^tetnferif^e 
SVnuftun^  Unkte  Sttnntnt*  ber  Vtnbetigeftufetr  nerbrnrit  bem 
j(*TOtt#$ebeY  etutuli&e  <t*r*entn$, 

*Vtlm.  Dietrich  Schlier. 


£**>**   Krt*t*t;utt  **»  $>  $Nmtck$     $*n  Äv    ^rüa   190S.    163  6- 

^k*  Rat  uh>  *n'\tc*!ut  $t\*ne*c*e.   ex*  fcimi.    Wies.. 

*to«  $tuvfaii  un>  b*n>*\tun;ut  ei^ww*  ^r*eCxx^e«  §ef<$dpfte 

^%w*^  6tf  nm^&t  im  *?****;«;£**  >*t  :K*£-trai$t}ri:  be#  Auf* 
*****  «<**>*  $twtw|  Ä*il  l^V  -K$\  1V\:  ferci  m  $ufe 
*«t  *«<vfei4  $rt**te*  nw  *?<•«*  \*\*  *«^r*taH>K  §i«r4es  |iebt 


18.  3ü^unbert.  123 

SüdjmüQer,  ein  Dom  fjaOifdjen  $ieti8mu$  jum  fatnityutifdjen  über* 
gegangener  SReininger  Z^eolog,  ald  feie  $auptftfi$e  be«  ?ßieti$mu* 
ein.  Dmd)  bie  9Rartgrflftn*äRutter  werben  bon  bem  pietiftifd>en  $of 
be*  ftopen^agener  ftronpringen  au*  bie  gäben  mit  ßinjenborf  an» 
gefponnen.  Sil^mütter  fopiert  bog  Ijalltfdje  Sorbtlb,  fttftet  ein 
8aifenl>au£,  Ijebt  bie  ©<$ule,  $ä(t  (ErbauungSftunben,  rebigiert 
<&efangbfi$er  unb  ÄatedjiSmuS,  friert  möglidjf}  biet  pietifttfd&en  Siad)« 
um$£  fjeran,  Ijott  Don  aufcen  bie  bon  ginjenborf  empfohlenen  Pfarrer 
unb  6d)utreftoren,  l&ßt  ftd)  im  Konfiftorium  möglidjji  biel  pietiftifdje 
SToOegen  geben  unb  arbeitet  an  ber  $ebung  ber  ftirdjen*  unb  Sitten« 
*a$t  bmrd)  toufiftoriale  unb  marfgräflidje  SRanbate.  Aud)  §ier  fe&U 
e*  ni$t  an  Reattionen  unb  Sßa$quillen  bon  feiten  ber  Ortljoboyie, 
roeldje  $ftrefie,  $eud)elei  unb  Umftarj  ber  StaatMirdjenorbnung  burd> 
Stonbentifelmefen  unb  Sßaftorenl>errfd)aft  tym  jum  Sornmrf  machen. 
Die  (Erfolge  SüdjmütterS  fmb  mit  benen  $atte8  ni$t  ju  Dergleichen; 
nitf)t  blo|  finb  bie  »erljültniffe  be*  berfdjulbeten  ßanbe«  $u  Hein 
unb  gebrfidt,  fonbem  bie  fülpenben  $erf  önlicfcteiten,  @itd)müHer  unb 
ber  SRartgraf,  ftnb  $u  unbebeutenb.  8$om  rabtfaleren,  feparatifttfdpn 
$ieti*mu*  finben  fid)  taum  Spuren.  Sie  $errf<fcaftdtage  be$  $ieti$* 
mud,  ber  fidj  aud)  ljier  als  Angelegenheit  Heiner  $öfe  unb  ber 
Ideologen  ermeift  unb  mit  einer  religiöfen  Solttbemegung  nid>t$  ju 
tuu  $ai,  ftnb  gejault  mit  bem  Regierungsantritt  griebrid)*,  be$  @emal)l& 
ber  berühmten  SBilljelmine.  Aufflärung  unb  Ort&obojie  bereinigen 
fid)  jum  Sturj  be$  $ieti*mu£,  ber  burd)  ©rünbung  crft  einer 
Oaqreutyer,  bann  (Erlanger  Afabemie  mit  einer  ftreng  ort^obojen 
$eo(ogifd)en  gfatultflt  befiegelt  mirb.  Der  $ietidmu*  bleibt  nur  in 
gauft  Reinen  ftreifen.  Den  Übergang  jur  Aufflärung  jeigt  bann  bie 
»eitere  <Befd)id)te  ber  (Erlanger  Uniberfttät. 

$eibelberg.  Troeltech. 

3a!ob  ©egelin  alö  ©cfdjidjtötljeoretifcr.  8on  4)erntann  fBod.  ßeipjtg, 
Xeubner.  1902.  VI,  116  6.  (Seipjiger  «Stubien  au«  bem  Gebiet  ber  ®e« 
ttUfc  IX,  4),  3,60  3R. 

(Eft  ift  ein  Serbienft  ber  „Seipjtger  ©tubien  au*  bem  Oebiet  ber 
®efd)id)te",  baft  fte  Arbeiten  über  bie  (Entfteljung  ber  mobernen 
$iflorie  anregen.  Der  &rot&  fold)er  Arbeiten  lann  freiließ  nic^t  fein, 
ben  Setrieb  ber  $iftorie  felbft  burd)  bie  Sieberertoedung  älterer 
Sbeen  ju  befruchten.  Aber  fie  tonnen  einerfeit*  als  problemgefdjidjt* 
Hdje  gorfdjungen  bie   in  tljrer  @elbftoerjWnbli($feit   oft  berfteeften 


124  &teraturberid)t. 

SorauSfefrungen  beS  mobernen  fciftorifdjen  SenfenS  beleuchten  unb 
bie  in  tljnen  liegenben  Probleme  f örbent ;  fie  f önnen  anbrcrfettö  ba* 
SerftänbniS  ber  erroadjfenben  mobernen  gbeentoelt,  beit  Stammen- 
Ijang  beS  ^tftorifc^en  SeutfenS  mit  bem  übrigen  Senfen  ber  %uf* 
flärung  unb  bor  allem  bie  nodj  fo  bunfle  ©eneftS  beS  mobernen  fog. 
Ijiftoriföen  ©inneS  erretten.  Sie  borliegenbe  ©tubie  ift  einem  ber 
lehrreichen,  roeil  bie  berfdjiebenften  ©inflüffe  in  ftd)  fammebiben 
©efäidjtStyeoretifer,  bem  »erliner  Hfabemifer  fflegelin  (1721— 1791), 
genribmet.  ®ie  fjat  freiließ  bie  Qitlt  fidj  nid)t  gang  flar  gemalt, 
bie  eine  foldje  ©tubie  ftd)  fejjen  muß,  unb  mi&t  SBegelin  an  mobernen 
3bealen  ber  Oefdjidjtfdjretbung,  wobei  er  bann  nur  immer  als 
«ationalift,  «ufflärer,  SKoraüft,  Snbtoibuaipfodjologe  unb  baljer  als 
für  ben  heutigen  #iftorifer  unbrauchbar  bejeid)net  toirb.  Sud)  feljtt 
«S  bem  S3f.  fomoljl  an  einem  beutttdjen  Segriff  ber  heutigen  $ifforie 
unb  tyrer  Aufgaben  aö  an  einer  intimeren  Kenntnis  be8  ©ctftc* 
beS  18. 3>af)rl)unbert3.  Unter  biefen  UnHarljeiten  leibet  audj  bte 
Suffaffung  ber  offenbar  mit  großem  Sieige  ftubierten  SSegelinfdpn 
fielen.  Sie  SBiebergabe  ift  nid)t  feljr  glücflid)  biSponiert,  unb  e8 
brftngen  ftd)  unflare  mobeme  Terminologien  unb  Suffaffungen  in  fte 
ein,  fo  baß  man  ntdjt  einmal  ein  überftdjtlid)e8  ©üb  oon  SBcgelind 
fielen  erhält,  ©oldje  S^emata  ftnb  eben  bodj  ju  ferner  unb  gu  be* 
beutenb,  um  in  Softorbiffertationen  verarbeitet  ju  werben,  bte 
Arbeit  mag  ald  Siffertation  nod)  fo  achtbar  fein. 

Sflac^  ben  nötigen  biograpfjifäen  unb  bibliograpl)ifd)en  Angaben  unb 
nadj  einem  längeren,  mit  toenig  Urteil  tompilierten  8bfd)nitt  über 
ben  ©tanb  bed  Ijiftorifäen  SenfenS  um  1760  gibt  ©od  bie  Sar* 
fteüung  ber  SBegelinfdjen  fielen.  (Er  faßt  fie  at£  Sufammenarbettung 
ber  im  Seibntjifdjen  Senten  liegenben  Ijiftorifdjen  3mpulfe  mit  benen 
bed  englifdj*fran}öftfdjen  ?ßfodjologt$mu$  unb  ber  in  beiben  Säubern 
bereite  auSgebilbeten  untoerfalljiftorifdjen  Jhilturpljilofopfjie  auf.  Sie 
Seibnijifdje  Sefjre  tommt  babei  in  ber  feit  1765  enthüllten  ©eftalt 
ber  Nouveaux  essais  in  ©etradjt,  meiere  neben  bem  bemugten 
Senfen  bie  äRädjte  bed  Ijalb*  unb  unbenm&ten  SenfenS  unb  batuit 
bie  SorauSfejjungen  ber  SRaffenpfodjologie  in  if)rer  Sebeutung  tennen 
leljrt.  SerSSolffifd&e  Nationalismus  bleibt  als  abftrafteS  ©rfenntniS* 
ibeal  in  Kraft,  oermag  aber  in  bie  l)ifiorifdje  SBegriffSbilbung  felbft 
nur  mit  ber  gorberung  ftrenger  Kaufalität  einzubringen,  m&ljrenb 
i$m  gerabe  Ijter  ber  Äeidjtum  unb  bie  Snbioibualität  alleS  SJirttidjen 
einen  benwfcten  ©egenfajj  entgegenftettt.    3a,  auS  ben  2etbnijif($en 


18.  3a$rf>unbert.  125 

©runblagen  beS  SBolffianiSmu*  mirb  bie  bon  if)m  ausgetilgte  monabo* 
logifdje  3nbibibualttät$leljre  unb  baS  Sßrinjtp  ber  unmerflidjen  ©er* 
fdpebenlpiten  als  $auptbegriff  ber  #iftorie  roieberljergeftellt.  Schließ* 
lid)  ift  ber  engtifdje  SßfodjologiSmuÄ  in  ber  beutfdjen  etteftifdjen 
§ortbilbung  burd)  SRenbelfofjn  unb  ©uljer  benufet.  Der  Sufammen« 
fang  bon  SBegelinS  Sßroblemftellung  mit  bem  feit  ca.  1760  ber  ffuttur* 
unb  ®efd)id)t8pljilofopl>ie  ftdj  juroenbenben  Sntereffe  ber  ^Berliner 
Vtabemie  unb  griebridjS  be8  ©roßen  roirb  §erborgeljoben.  Die 
geiftige  Situation  SBegelinS  ift  bamit  roofjl  richtig  bejeidjnet  & 
feljlt  nur  ber  $imoei$  barauf,  nriebiel  ber  aud)  at8  ©efd}id}tfd)reiber 
arbeitenbe  ffiegelin  ben  (Hnflüffen  ber  bereite  befteljenben  unb  bon 
il>m  für  feine  SBerfe  benufrten  ©efdjidjtföreibung  felbft  berbanft. 
Der  8f.  benufet  $ier  nur  einige  $inroeife  auf  9Ma$fob,  ber  ifjm  burd> 
bie  Arbeit  bon  ©örlty  nalje  gelegt  ift. 

SBegelinS  Jljeorien  flegeln  ben  bereits  erreichten  ©tanb  ber 
®efdjid)tfrf)reibimg  unb  Shilturpfjitofopljie  unb  fudjen  biefer  SBtffen* 
föaft  ein  p$itofopl)ifd)e8  gunbament  foroie  einen  felbftänbtgen  ©e* 
griff  ju  berfdjaffen.  SBefen  unb  Aufgabe  ber  ©efd&idjtS* 
n>iffenfdjaft  ift  im  Unterf Cetebe  bon  ber  bebujierenben  SRetap^fit 
unb  bon  ber  allgemeine  ©efefee  beS  ©leidjartigen  erftrebenben  Statur« 
nriffenfdjaft  bie  ©rforfdjung  beS  einmaligen  ©efamtaufammenljangS 
ber  menfölidjen  ©eifteSentwicflung,  bie  iljrerfeitS  auS  unermeßlichen 
tnbibibueHen  ©njelerf Meinungen  befielt  unb  biefe  ©in  jelerfdjeinungen 
ber  ßfinge  unb  ©rette  na$  berfnüpft  ju  einer  jufammenljängenben 
©nturicflung.  SBaljre  ©efdjidjte  ift  nur  bie  uniberfale  ßulturgefdjidjte 
in  iljrem  ©efamtjufammenfymg,  unb  au$  jebe  ©injelbarftettung  muß 
oon  bem  ©ebanfen  an  biefen  3ufamment}ang  begleitet  fein.  8uS 
biefer  Kufgabe  ergibt  ftdj  il)m  bie  logifc^e  Wet^obe.  Sie  muß  bie 
inbibibueDen  ©injeltatfadjen  urfunbtid)  feftfteHen,  wobei  bie  3Köglid)feit 
Qiftoriföen  SBiffenS,  bie  Urfunben*  unb  ÜberlieferungSfritif,  bie  9e* 
beutung  ber  Analogie  erörtert  roerben,  unb  fte  muß  biefe  Zatfadjen 
»erfnüpfen,  roobet  fte  bie  ©nblofigfeit  ber  inbibibueDen  Details  na$ 
ben  großen  ttulturintereffen  beS  Staate»  unb  ÄedjteS,  ber  ©efettfdjaft, 
Biffenfd&aft,  Shinfi  unb  {Religion  $u  ©nippen  gliebert  unb  in  biefen 
©nippen  infolge  bon  ©eroofjnljeit,  Wadjabmung  unb  ©Übung  bon 
©emeingetft  bauembe  Totalitäten  erfennen  barf.  3nbem  biefe  Tota- 
litäten ftd)  manbeln  unb  neuen  ©efamtbilbungen  Sßlajj  machen,  er* 
geben  ftd)  bie  SWöglid&feiten  ber  $eriobifterung.  DaS  ©in)elgef$el)en 
innerhalb  biefer  ©ruppen  unb  ein  Übergang  bon  einer  Totalität  jur 


126  ßitctaturberidjt. 

anbern  ift  unbefdjabet  ber  gfret&eit  möglidjft  nad)  ftrengen  pftd)0* 
Cogifcfcfaufalen  ©runbfäfeen  ju  erflären.  Qitl  unb  Sinn  bei 
©efdjidjte  innerhalb  bei  SBeltanfdjauung  ift  ©ntipicftung  unbgort= 
fdjritt  ju  bem  $iel  einer  engen  SSerbinbung  oon  ©ittlidjfeit  unb  ©lücf, 
tote  e*  bie  eubämoniftifd)«pfodjologif(be  (Stljif  ber  9uft(ärung  auf« 
fügt.  S)er  gortfdpitt  mitb  bewirft  burdj  baS  immer  neu  einfefeenbe 
4&egenu>irten  originaler  ©enien  unb  aftto*reformierenber  Sernunft 
flegen  bat  Mofce  ©erootyiljcit&roefen  ber  SRaffe,  n>a§  SBegelüt  in  bie 
&eibni}ifd)e  gönnet  bcS  UnterfäiebS  ber  .toten  unb  lebenbigen  Srftfte" 
einpre&t,  um  ber  (Befdjidjtc  aud)  in  ber  Zeleologie  eine  Sinologie  mit 
ber  9taturroiffenfd)aft  ju  geben,  roie  ftc  in  ber  pfttöologifdjen  ftaufal« 
erftörung  mit  9tücttid)t  auf  bie  Staufatität  bereit*  eine  fotd)e  Ijat 
<Sin  Harer  Unterfdpeb  gegen  bie  Staturtmffenfdjaften  ift  eben  nidjt 
erreicht  bie  3nbiuibuaütät  be*  @efdjid)tüdjen  erfdpint  meljr  nrie  ein 
»enigffen*  relatto  ju  ubenoinbenber  SRangel  be$  Stoffe*.  $1ftftf 
unb  ®efd)id)te  fefcen  baljer  für  iljre  laufale  nrie  für  i&re  teleologifdjp 
3)etradjtung  bie  Wctapljtjfif,  b.  $.  eine  göttliche  SBeltorbnung, 
oorau*,  meiere  bie  Oeiftar  $um  £iel  be*  in  ber  @ittlid)tett  oernrirfc 
liebten  ©fücfe*  füljrt  Sie  biftorifdje  SarfteUung  fc$Uef}lid) 
unterfaßt  SBegetin  in  tyrer  9ertt>anbtfd)aft  unb  tyrent  tlnterfdjieb 
$egen  bie  ttunfr  mobei  er  ibren  obje&iten  Srfauitsi£$aratter  betont. 
S>er  <Sef$i<tyiforfcber  mu&  ein  $enfer  fein,  ber  aüeS  Qefdpbe*  im 
^ufammenbong  unb  in  ©qiefcung  auf  ba£  3^1  ber  SRenf d)beit  fte^t 
oben  bc*b<>lb  bebarf  e*  aud)  einer  bebeuienbeu  etyijdjen  $erf  önlid)teit. 
$n  feiner  eigenen  $efd)icbtfcbretbusg  b*t  er  biefer  gurberung  bur$ 
ftarfei  SRcraUjteten  unb  burtb  Äufiflei*  ber  göttlichen  Seltorbnung 
in  aOein  $Vfd>eben,  foroeit  fca*  ineglub  ift,  *u  genügen  gefudjt 

IVan  fiebt  bieraut»  bafc  ba*  Ibema  eise  SarjfeBuuj  in  bobem 
<5&robc  terbieut  unb  baft  ber  $f.  fi<b  refelid*  SRübe  gegeben  fyii,  ben 
oft  febr  bembafttfeben  unb  gezierten  ScbrinÄeüer  ua  Serfttsbnid 
jiu  bringen,  ^ngleicb  ergeben  fieb  *cn  bier  au#  vettere  »iufdyeufc 
tuerte  Sbtmahv  **eibttijett*  birtoriKte*  ^enfat  tvXm  nodj  fe^r  einer 
ebenen  äV*n*jwwbte.  tfbeufo  bie  £ttüun$  N*  SclniauitaBi  jur 
jj>ift*rie.  ber  *>br  iMri  aubetl  ju  ber  ^rcctf  webt  all  9ettei|  nub 
befic*  unbiÄoniiter  ^eiÄ  ebenio  N*n$  al*  usn^ng  für  beu  ber 
*u^^xnn#  ttbtvbauN  ^enommeu  ju  nxrt^n  r^eejt 


18.  3a$r$unbett.  .127 

Jfantft  gefammelte  Sdjrtften.  herausgegeben  Don  ber  &g(.  $reußtfdjen 
«abernte  ber  ©iffcntöiaften.  »b.  18  (2.  »6t.:  »rieftoeetfel  8b.  8).  8b.  1 
nnb  4  (1.  *6t :  SBcrfe  8b.  1  unb  4).  »erlin,  ©.  Reimer.  1902  unb  1908. 
XVIII  u.  466,  XXI  u.  686,  VUI  u.  652  6. 

S3on  ber  großen  Äant«HuSga6e  ber  berliner  Wabemie  ift  bie  96» 
ieihmg  ber  ©riefe  burdj  ben  3.  8anb  bem  Wbfdjluß  näljer  gebraut; 
tt  feljlt  jefct  nur  nod)  ber  fritifdje  Apparat.  2)er  3.  ©anb  umfaßt 
bie  »riefe  1795—1803,  ferner  Sladjträge,  unbatierte  «riefe,  öffent- 
liche Grtt&rungen,  JeftamentSDerfügungen  unb  eine  WuSwaljl  and  bem 
«mutzen  ©djriftüerfeljr  Santo;  baju  einige  ®ebid)te  ftantS,  b.  t). 
3>entoerfe  auf  berftorbene  ßollegen,  unb  bte  an  ffant  gerichteten 
$ulbigungSgebid)te  ber  @tubierenben.  3n  biefem  ©anbe  finb  bte 
«riefe  ftant&  nod)  feltener  geworben  unb  überwiegen  bie  fetner  ftor* 
tefponbenten  bebeutenb.  3)ie  eigenen  ©riefe  geigen  fcljr  ftarf  baS  ju* 
netymenbe  Wter  mit  feinen  ©efdjtoerben,  ben  fdjmerjlidjen  SJerjidjt 
auf  bie  Verfolgung  beS  ftritijiSmuS  in  bie  ©njetprobleme  unb  an* 
fle»anbt*pl)ilofopljifd)en  SBiffenfdjaften.  Um  fo  ftörfer  leuchtet  fein 
<m&erorbentlid)er  toiffenfdjaftKdjer  unb  menfdjlid)*perfönlidjer  (Einflufi 
<au3  ben  ©riefen  ber  ftorrefponbenten;  fte  fpiegeln  bie  ftantifdje  Schule 
ber  3a$ptytlofopt)en,  ber  Geologen  unb  Suriften  unb  üor  allem  ben 
moraliföen  SntijufiaSmuS,  ben  Kant  enoetfte. 

gaft  gleidfoeitig  ift  bie  Abteilung  ber  Don  »ant  felbft  publizierten 
fBerte  mit  jmei  ©änben  eröffnet  roorben.  S)er  1.  SJanb  bringt 
*aS  offizielle  Sortport  auS  ber  geber  $iltl>eö$,  beS  Sorfiftenben  ber 
Sfant*ftommiffion :  fnapp,  monumental  unb  gebantenreidj,  be*  großen 
Berte*  mfirbig;  eS  lägt  babei  bie  «uffaffung  fciltbenS  bon  &ant* 
Jßefjre  burd)blicfen,  bie  iljm  als  ©Aftern  mit  ben  $rutffd)riften  ffant* 
nidjt  entfernt  erlebigt  ift,  fonbern  in  bem  gangen  Umfang  iljreS  Statur 
nnb  ©efd)id)!e  umfaffenben  SBiffenS  nnb  in  i^rer  biefe  (Bebanten* 
maffen  burdjbringenben  fritifdjen  ©gftemattt  erft  auS  ber  ©eröffent* 
lidjung  ber  übrigen  Stefte  berftanben  werben  fann.  tiefem  Qmtd 
oor  allem  fott  bie  große  Sudgabe  bienen.  darauf  folgt  baS  8er* 
pidptiS  ber  Abteilungsleiter  unb  ber  Mitarbeiter.  8m  @d)tuß  be* 
1.  ©anbeS  fteljt  bann  bie  befonbere  (Einleitung  in  bie  Abteilung  ber 
'Starte,  bie  über  bie  lejtgeftaltung,  bie  Hnorbnung  unb  Beigaben 
ber  $erauSgeber  «uSfunft  gibt.  25er  lejt  fdjließt  ftdj  möglidjft  an 
bie  Originalausgaben  an,  ift  bon  fadjfunbigen  gadjmännem  rebibiert 
nnb  fteljt  unter  germaniftifdj«pljilotogifdjer  Dbljut,  meiere  baS  3Raß 
ber  unentbehrlichen  SRobernifierungen  fo  einfdjränft,  baß  nadj  SRög* 


128.  Sttcraturberidjt. 

lidjteit  ein  edjte*  Süb  ber  Äantifdjen  Spraye  übrigbleibt.  S)ie  8ta* 
orbnung  ift  in  ber  §auptfadje  djronologifd),  bod)  fo,  bajj  ht  ber 
fritifc^en  $eriobe  bie  Hauptfdjriften,  bie  Keinen  %bl)anblungen  nnb 
bie  im  Huftrage  Santo  erfolgten  Seröffentlidjungen  ftufammengeßeUt 
roerben.  Die  Seigaben  ftnb  Einleitungen  über  <£ntfte$ungtgefd)id)te 
ufm.  beS  jeweiligen  SBerfet,  fad)lid)e  (Erläuterungen  bortommenber 
9tamen  unb  Stnfpielungen  unb  fprad)gefdjidjttid)e  Semertungat.  S)er 
bid  jefot  erfdjienene  1.  Sanb  enthält  bie  bortritifdjen  Slbljonblungen 
MS  1756,  berfeljen  mit  ben  djaratterifterten  beigaben  ber  Herausgeber 
Safsnrife  unb  SRaljtS  fomie  beS  ©ermaniften  gret).  2)er  $ugleid)  auS* 
gegebene  4.  Sanb  enthält  ben  Seil  ber  erften  Auflage  ber  „flritif  ber 
reinen  Sernunft",  bon  meinem  neben  ber  jmeiten  ttuftage  ein  felb* 
jtänbiger  Sbbrucf  txriinfdjenSmert  ift,  mäljrenb  ber  eigentliche  ftobrutf 
ber  „ttritif"  im  3.  Sanb  nadj  ber  $meiten  Auflage  erfolgt;  aufserbem 
bie  „$rolegontenaM,  bie  „(Srunblegung  jur  SRetaplftfit  ber  Sitten* 
unb  „bie  metapiwfifd)en  9nfang*grünbe  ber  üRatumriffenföaft*.  2>te 
Seigaben  flammen  bon  ben  Herausgebern  S.  Obmann,  SRenjer  unb 
$ößer.  Sie  (alten  ftd)  bei  jeber  ©djrift  gemiffen^aft  an  bie  äu&eren 
3>oiumente  ber  Verbreitung  unb  Sntfteljung  unb  bergidjten  barauf, 
ifere  3$eorten  über  ben  inneren  GntouflungSgang  einbüffelten.  8e* 
fonber*  banfenSroert  iß,  bafc  bei  ben  naturnriff enfdpftlidjen  Schriften 
Hon  ben  .(Erläuterungen"  fomoty  baS  Verhältnis  }*  bem  oon  flaut 
borgefunbenen  att  ba*  ju  bem  heutigen  @tanb  ber  Äatunotffenfdjaften 
fqiert  ift  «n  mtnutiöfer  Detailarbeit  unb  ©emiffcnljaftigfett  iß  (ier 
mit  fd)öner  €elbftberleugnung  bai  Äufjerfte  geteiftet  unb  bem  $§ilo* 
foppen  mie  bem  $ij)ori(er  eine  Sülle  bon  $ilt£mittel*  }ur  Serfügung 
gefteUt. 

$eibelberg.  TroeltBch. 

$ie  öfftntUdbe  Meinung  in  €*cb;en  nrfbitnb  ber  3ab«  1808—1812. 
Swi  V«  Stiblmra.  flki*i*tii<b«  Unteriaftsngen  beravlgegebat  öo* 
Ä.  eampit^t  1,  $tit.    ifcotK  &t.  t  ftmbt«.  190i  121  £. 

SRan  tonn  iUftifrl*.  ob  eine  boUftänbige,  bunfc  bem  £asf  ber 
Reiten  geführte  Qkfcfeiibte  ber  öffentliche*  iVcinung  in  Saufen 
■MmföenftDert  ober  überhaupt  antfübrbaT  ift.  Sicmemttfd)  a  Älterer 
3eit  murmelt  bit  politiiebe  <?timmun$  be#  £anbc*  gevii  m  ben  aQ* 
gemeint«  in  Sorbbeututlanb  bemWnben  iVetnunge*.  üb  eine 
fpejifif*  fätfefM&e  «ujuftunt  Huu\t  nur  fteQentneiie  bunt.  ftaft  ift 
ber  9ege«ihi«b  nicht  jtvofc  ui^  KmfKu  #e*iqu    Über  aerobe  bie  in 


19.  SoWunbert.  129 

frage  fte^enbe  tritiföe  3cit  bct  SRapoleonifdjen  Änedjtföaft  mit 
ber  territorialen  Oefdpänfung  auf  Sadjfen  barjuftetten,  f)at  feinen 
guten  Sinn.  3ft  bod)  in  biefem  öftlidjften  (Sebiete  bed  StyeinbunbeS 
ber  fdjroffe  (Begenfafe  ber  offijiöfen  3franjofenfreunblid}leit  unb  ber 
beutf$*preu|ifd)en  SJolttftimmung  befonber*  in  bie  Vugen  fattenb, 
unb  e*  ift  tntereffant,  wie  bie  ed)te  SotfSftimmung  troft  aßen  (Segen* 
brudt  ftd)  erhält  unb  unaufoaltfam  anwädjft.  —  glut  unb  (Sbbe 
biefer  Stimmungen  metljobifdj  unb  mit  feinem  Serftänbni*  für  bie 
Duetten  ber  geiftigen  Strömungen  entmidelnb  bargeftettt  &u  ^aben, 
ift  baS  Qerbienft  beS  fnappen  aber  gebanfenreidjen  SudjeS.  3Rit 
Kedjt  Ijebt  ber  8f.  Iprttor,  ba&  bie  Ijerrfdjenbe  Stimmung  ber  Sadjfen 
uor  3ena  burcfywS  preugenfreunbüd;  mar.  $reugen  befafj  bor  1806 
audj  nad)  meiner  Überzeugung  ein  Kapital  in  ber  beutfdpn  SolfS* 
ftiramung  im  Starben  unb  im  ©üben,  bat  nur  &u  menig  au&genufct 
roorben  ift.  3)iefe  Stimmung  Ijat  audj  nadj  3ena  fortgebauert,  unb 
ber  «uf  be*  »reSbner  8ol»,  ber  1812  8friebrid>  ffiityelm  III  be- 
grüßte:  m&  lebe  ba*  alte$reu£en!"  ift  fjödjft  bejeidjnenb.  Sic  ber 
Sf.  am  Sdjluffe  feines  Buffa&e*  anbeutet,  ift  erft  burdj  bie  Zeitung 
Saufend  1815  jener  berbiffene  preufjenfeinblidje  $artitularifatu3 
gejeitigt  morben,  ber  bis  1866  gebauert  unb  fo  biet  Stäben  geftiftet 
t)aL  —  SRag  man  an  ber  Sdjrift  im  einzelnen  mandje  Keine  ItuS« 
jteOung  machen  fönnen,  mag  man  $.  8.  bebauem,  bafj  ein  fo  inter* 
effanter  politifdjer  Cljaratter  rote  ber  rabilale  Xtpannenfeinb  Seume 
nidjt  tnbibibueD  pfydjologifdj  entnricfelt  unb  nadj  feinen  Sdjriften  ein« 
getyenber  gefdjtlbert  ift,  im  ganzen  mirb  man  ber  Sdjrift  warme  Vn« 
ertennung  jotten  bürfen  unb  nur  Wunden  fönnen,  jte  möchte  auf 
iljrtm  feiten  betretenen  (Sebiete  jaljlreidje  9fad)folger  finben. 

Sranbenburg.  Otto  Tßchirch. 


ntl^ebH  b.  $umbolbt£  Qefammelte  Sdpiften.  $erau*gegeben 
»on  ber  StgL  Sreufcifdjen  «tobemie  bec  ©ifienfäaften.  öanb  X.  2.  Ab- 
teilung: $olitifdje  fcentfdjriften  I.  8Bil$elm  t>.  fcumbolbt*  ¥olltife$e  Den!» 
(Triften,  fcerauSgegeben  Don  »mm»  »eb^trbt.  1.  Eonb.  1802—1810. 
Berltn,  »eftr.   1908.   VI,  302  @. 

Sefonbere  Überrafdjungen  tonn  biefe  $ubltfation  taum  meljr 
bringen;  fte  enthält  ja  nur  ba£  SRaterial,  auf  roetye*  ber  $erauS« 
geber  felbft  früher  in  erfter  Sinte  feine  Siograpljie  beS  Staatsmannes 
$umbolbt  begrünbet  (jatte.     (Einige  wenige  Stücfe  beS  porliegenben 

ttMtot  8«fcf*rTO  (•*.  94)  *.  fr  «t.  LVm.  9 


130  Ötteraturberidjt. 

©anbeS  finb  bereite  in  ben  gefammetten  Kerfen  gebrudft,  baS  »tcfc 
tige  gragment  übet  bie  Organisation  ber  leeren  miffenfd^aftlic^en 
«nftalten  in  Berlin  (9?r.  L.)  $at  ©ebljarbt  fetbft  großenteils  in 
feinem  83ud)e  mitgeteilt,  gm  ganjen  bilbet,  \)on  einigen  furjen  9lu$* 
jügen  auS  ben  römifdjen  ®eridjten  abgeben,  bloß  bie  Sermaltung 
be*  UnterridjtStoefenS  burdj  ©umbolbt  ba£  Iljema  biefeS  QanbeS. 
Aber  ©enn  und  audj  ber  gnbalt  ber  Ijier  bereinigten  Äftenfiücfe  be* 
tannt  ift,  etroaft  anbereä  bleibt  cS  bodj,  ben  Sdjarfftnn,  bie  SMarljeit 
unb  ben  eblen  Stimmig  £umbotbtfdjer  Darlegungen  unmittelbar  auf 
fidj  roirfen  $u  laffen.  Unb  mie  reijboD,  ben  großen  Snbimbualiften 
jefct  in  jeber  Situation  feiner  amtlichen  Dätigteit  beobachten  §u 
fönnen!  (SS  mar  bodj  eine  eigenartige  Sügung,  bie  ben  einfKgen 
Serädjter  beS  Staats  nun  gcrabe  jum  Setter  Don  beffen  jartefter 
D&tigteit  beftimmte:  bie  grage,  mie  ftefyt  ber  ®$ef  ber  ttnterridjtS* 
feftion  mit  bem  Sdjriftfletter  toon  1792?  mirb  barum,  aud)  nad) 
allem,  mal  $aqm  unb  ©.  felber  bereits  barüber  gefagt  Ijaben,  ben 
Sefer  bon  neuem  bor  allem  feffebi.  SieQeidjt  burfen  ein  paar  bafur 
befonberS  mistige  Stellen  gletd)  Ijier  auS  bem  überreifen  SRaterial 
berauSgeboben  »erben. 

•Der  Staat  ift  beS  Wenden  wegen,  ntdjt  ber  SRenfd)  beS 
Staate*  roegen"  —  fo  formuliert  §at)m  bie  Suff  äff ung  §umbolbtS  in 
feiner  3ugenbfd)rift.  3n  bem  ©utadjten  über  bie  OberrgaminatioitS* 
tcmmifüon  bieg  eS  urjprünglidj  (S.  87,  ».  1),  eS  fei  .nriberjinmg", 
•ben  Staat»  ber  nur  SRittel  $ur  ttuSbilbung  ber  SRenfdfteit  ift  gum 
Setbjtyped  )u  macben."  Die  Kontinuität  ift  fcfclagenb.  tlber  fenn* 
leicfcnenb  ift  aueb,  baß  $umbolbt  im  3*b**  1809  feinen  Safc  nidjt 
mebr  in  biefer  Scfcärfe  fteben  liefe,  fonber*  tbn  in  feiner  Dentfdjrift 
burtfc  bie  SEenbung  tvfcptt:  ber  .ctocef  ber  iReufcb^ett.  »eld^er  ben 
3wed  be*  Staate  $mar  niebt  gerabe^u  bejttaunt,  aber  bodj  mobift« 
jiert*  ^ollu\  unoetfnbert  ift  bie  alte  fttfebaung  oon  ber  9ta$» 
U»fi$Irit  ja  S&ablublrtt  ber  erjiebcriMen  Datigfeit  beS  Staate«  im 
Sinnt  be*  anfgtflarten  $biolutk*attt*  Der  Staat  bat  fo  lefen  mir 
vc*  HV^  „nur  bubin  )u  ftreben.  bU*fe  uecutit  js  urirfrn  nnb  baS 
^oiltiM  ^guhrn  ber  htitn  $cuigfot  ber  Nation  pi  uberlaifeu",  er  ift 
•lein  $rjiebuit£t«.  loubern  ein  9tafettinihtut"  Die  mtiidje  $erfdn« 
Ucbteit  bleibt  buut)au*  tihnubwle  be*  tffftntUcfee»  £ebe**  Snf  t$re 
***bUbu«$  trottet  jub  Kaum  ber  $a«je  lUterrite.  Die  Stellen 
tiefceu  n*  b<*u>ttt  an  benvn  ^utnbcltt  $J;*en  nn>  Sbarafter  ein* 
anber  jfjenttb^iUclU  nn>  ^le  bobew  ^eNrutua>j  des  le$fcm  yi« 


19.  3a^rfeunbert.  131 

fprtyt  ©leid)  in  Dem  crficn  Schreiben,  übet  bie  Berufung  KolfS, 
wirb  „bie  blo&e  Waffe  angefammelter  unb  bietteidjt  tot  baliegenber 
fiemttniffe"  bem  ©eift  nadjgefefct,  melier  ein  ©tubium  „für  Kopf  unb 
(Hjarafter  fruchtbar"  ju  machen  »erfreut.  3n  intern  Sftec^enfc^aft§= 
beriet  an  ben  ftönig  (201)  ritymt  fic^  bie  ©eftiou,  „bafc  fte  nirgenb 
«infettig  ©elelpfamfeit  ober  Verfeinerung,  fonbem  bie  Serbefferung 
be*  (E^aratterS  unb  ber  Oeftnnungen  bor  Äugen"  Ijabe.  3fr  Sbeal 
ift  eine  fo($e  (Einrichtung  ber  Spulen,  „baß  jeber  Untertan  barin 

$nm  fittlidjen  SDtenfdjen  unb  guten  ©ärger  gebilbet  roerben  tonne 

aflein  feiner  ben  Unterricht,  bem  er  ftd)  mibmet,  auf  eine  Seife 
empfange,  bie  tym  für  fein  übriges  Seben  unfruchtbar  unb  unnötig 
»erbe ;  welche«  baburd)  ju  erreichen  fteljt,  bafj  man  bei  ber  Stetljobe 
be*  Unterrichts  nidjt  fomofjt  barauf  fe^e,  bafc  biefeS  ober  jene«  ge* 
lernt,  fonbem  in  bem  Semen  baS  ©ebädjrniS  geübt,  ber  Öerftanb 
gefäärft,  baS  Urteil  berichtigt,  baS  fittlidje  ©efüljt  verfeinert  werbe." 
Xer  befonberen  Seruftbilbung  muffen  beftimmte  allgemeine  Rennt« 
niffe  unb  nodj  meljr  eine  gewiffe  Silbung  ber  Oeftnnungen  unb  be* 
Gerattert  jugrunbe  liegen.  8uS  biefer  Überzeugung  entfpringt 
$umbolbt*  grofceS  3ntereffe  an  SßeftalojjtS  SRetljobe  unb  iljrer  Stacfc 
alpnung  burd)  ben  preufcifdjen  SRegierungSrat  geller  (©.209  ff.). 
Da*  3iel  beS  ganjen  Unterricht*  ift  bie  ftttKdj'politifdje  ©ilbung 
ber  Kation  burdj  tlare  unb  beftimmte  '-Begriffe  über  iijre  5(5flid)ten; 
baS  fidjerfte  Qinbemtttet  aber,  um  bie  (perauS  entfpringenbe  Sin« 
ftdjt  attbann  im  $anbeln  unb  Cljaratter  nrirffam  roerben  ju  laffen, 
ftnb  religiöfe  ©efü^le.  S)ie  große,  freie  9Irt,  in  melier  $umbolbt 
ftd)  in  biefem  ßufammenfyang  über  Äeligiofttüt  überhaupt  äußert 
(©.  200.  202),  gehört  *u  ben  fünften  ©teilen  be*  99anbe*.  J)a* 
ftalje  Sertrauen  be*  3bealiften  auf  bie  3Rad)t  einer  folgen  Auf* 
faffung  ftaatlidjer  Xätigteit  erfährt  manche  neue  SHuftration:  gleid) 
anfangt  nennt  er  fte  gegen  3)oI)na  „ba*  fidjerfte  SRittel,  bie  Kation 
aufS  neue  ju  ftärten  unb  ju  Ijeben  unb  fräftig  unb  wohltätig  auf 
iljren  ©eift  unb  (Hjaratter  einjuroirten.1*  $er  bereits  auS  ben  2)ent* 
fünften  über  bie  Berliner  Uniberfität  betannte  Xon  Hingt  eben 
überall  burd). 

3$  berjidjte  barauf,  bie  jatyreidjen,  oft  feljr  intereffanten 
{Einzelheiten  anjubeuten;  bie  ©erufung*anträge,  bie  in  VuSübung 
ber  3enfur  entftanbenen  ©djriftftücfe,  alle*  ift  Ijödjft  feffelnb  unb 
iefjrteid).  über  ftetS  fonjentriert  fidj  baS  3ntereffe  eben  bod) 
toieber  auf  baS  rounberbare  ©djaufpiel  ber  Serbinbung  biefer  reichen 

9* 


184  fiiteraturbcridn. 

am  15.  gunt  früb  nod)  baran  benfen  tonnte,  bafe  fein  (Segner  ftdp 
auf  eine  SSerteibigung  an  ber  HiSne  befdjrünfen  mürbe,  fo  fonnte  er 
biefen  nidjt  l)inreidjenb. 

Qm  äRorgen  be8  15.  griff  Stapoleon  bie  preu&ifdjen  öortruppeit 
an.  8$on  mehreren  Seiten  traf  bie  9tad)rid)t  f>iett>on  Don  3  Ufjr  nadj* 
mittag?  ab  in  IBrüffel  ein.  Irofcbem  mürbe  ber  erfte  Sefe^l  ju  einer 
näheren  SSerfammlung  erft  um  7  ttyr  30  SRtn.  abenbS,  b.  $.,  toit 
ber  93f.  felbft  bemerft,  bier  ©tunben  ju  fpfit  gegeben.  Sin 
9ladjtrag8befel)l  orbnete  fpäter  nod)  eine  meitere  SinfSfdjiebttng  an, 
fo  baß  bie  9rmee,  abgefeljen  bon  ben  in  SJrüffel  befinblidjen  9tefert>enr 
ftd)  im  Saume  (Engten— »raine— 9?it>eHe8  bereitftetten  fottte.  S)iefe 
9lu$beljnung,  bie  nod)  immer  burd)  bie  SRü<ffid)t  auf  bie  $e<fung 
oon  @ent  unb  Srüffel  beftimmt  ift,  entfprad)  nidjt  ber  Sage. 

Sie  (Einzelheiten  ber  tBefeljle  maren  feineSmegS  einmanbfrei.  Die 
Ausführung  litt  baburdj,  baß  jaljlreidfje  Dfft  giere,  barunter  SBeDington 
felbft  unb  fämtlidje  fforp«füljrer,  in  ber  Stacht  Dom  15./16.  auf  bem  »att 
ber  #erjogin  bon  JRidjmonb  roaren.  Huf  bem  9aQ  erhielt  Wellington 
audj  bie  9tad^rii^t9  ba&  ber  ®egner  audj  in  Stiftung  auf  £luatre»8ra& 
öorgebrungen  fei.  (ES  mar  bie$  Ret),  mäljrenb  Napoleon  mit  ben 
$auptträften  ben  Sßreufcen  nadjbrängte.  „Napoleon  ljat  midj  genafc* 
fityrt,  er  l)at  24  ©tunben  SRarfdfj  mir  abgemonnen",  rief  Wellington 
au&  unb  gab  bamit  felbft  ju,  baß  er  ftdfj  Ijatte  überrafdfjen  (äffen* 
Die  golge  babon  mar  bie,  baß  er  nunmehr  am  16.  Suni  gar  nidjt 
meljr  in  ber  Sage  mar,  bie  Sßreußen  bei  Signi)  mirffam  gu  unter» 
fluten. 

81m  äRorgen  beS  16.  Sunt  begab  ftdj  SBettington  gunädjft  na$ 
Ouatre*93raS,  mo  er  nur  6500  SRann  feiner  ffanee  borfanb.  (Er 
fc^rieb  bon  Ijier  um  10  Uljr  30  SRin.  bormittag*  ben  befannten  Brief 
an  ©lüdjer,  morin  er  iljm  mitteilte,  baß  ein  Äorp$  bei  Duatre*83rafr 
unb  SRibeHeS  unb  ein8  in  Sraine  ftänben,  mäljrenb  bie  SReferben  toon 
SBrüffel  auS  mittags  ©enappe  erreichen  mürben.  SMefe  SRadjjridjt  mar 
gum  Xeil  unrichtig  unb  {teilte  bie  3?erfammlung  in  gu  günftigem 
Sichte  bar,  mie  aud)  ber  SBf.  beftätigt.  SRittagS  begab  fidj  ber  gelb« 
berr  bann  felbft  nadj  örlje  gu  ©lüdjer,  mo  er  ftdj  bon  bem  bebor« 
fteljenben  Angriffe  5Rapoleon$  übergeugte  unb,  fomeit  au£  ben  Der« 
fdjiebenen  Mitteilungen  ber  Vugenjeugen  gu  entnehmen  ift,  mit 
©neifenau  über  bie  Hrt  bcrljanbelte,  mie  er  bie  $reußen  am  beften 
unterftüfcen  tonne.  .Um  2  Uljr  Ijabe  idj  fobiel  Gruppen  berfammelt, 
baß  id)  gur  Offenfibe  übergeben  tonn",   fall  er  beim  Hbföieb  gu 


19.  3a6r$unbert.  135 

©neifenau  gefagt  Gaben.  99alb  nad)  3  ttljr  nachmittag*  mar  er 
roteber  in  Quatre*Sra8  unb  ttrorbe  betannttid)  felbft  bon  5Reb  an* 
gegriffen,  fo  bog  e8  ju  einet  ttnterftüfeung  ber  $reugen  nidjt  tarn, 
bie  bei  Sign))  gefdjlagen  rourbeu. 

latfädtfid)  1)atte  SBeHington  bi*  4  Ul)r  nachmittag*  crft  18000 
bit  20000  SRonn  jur  Serfügung,  nadjbem  eine  Zeitlang  7000  Wann 
einet  boppelten  Übermalt  gegenüber  geftanben  Ratten.  (Erft  jum 
6$tug  erlangte  SBeQington  eine  Überlegenheit.  Bber  bte  JBerftär* 
hingen  tarnen  tropfenroeife  unb  atemlos  auf  bem  ©efecötöfelbe  an. 

Der  8f.  ift  ber  Snfidjt,  bag  Wellington  bie  Angaben  in  feinem 
©riefe  an  ©lücfyer  um  10  XUjt  30  SWin.  morgend  in  gutem  ©lauben 
gemalt  unb  eine  beftimmte  äufage  bux  #Hfe  &e*  Sifln9  «tyt  ö** 
geben  $abe,  auf  ©runb  beren  bie  $reugen  bie  @d}la$t  Rotten  an« 
nehmen  tonnen,  ©r  $abe  fid)  alt  juberläffiger  Qerbänbeter  erroiefen, 
ber  bie  emfte  Äbfidjt  fyitte,  ben  $reugen  ju  nüfeen,  aber  burd)  9tei> 
baran  ber^inbert  toorben  fei.  Sie  beftimmte  dufage  jur  gegen« 
fettigen  Unterftüfcung  mar  aber  bon  beiben  gelbl)erren  gegeben, 
barauf  berufte  ber  gange  SerteibigungSplan.  Auf  ba£  SBort  Sign)) 
barf  man  fid)  nidjt  berfteifen.  Senn  SBeQington  eine  SRitteitung 
machte,  au*  ber  bie$reugen  entnehmen  tonnten,  bag  er  fte  in  ber 
beborfteljenben  3d)la$t  unterftüfeen  roerbe,  fo  mugten  bie  $reugen 
bie«  att  eine  Sufage  im  @inne  ber  alten  Sereinbarung  auffaffen. 

Über  aüe  biefe  gragen  mag  fidj  jeber  feine  Änftdjt  bilben.  Da& 
borliegenbe  SJudj  enthält  baS  gefamte  SRaterial  baju.  9tod)mat£  fei 
betont,  bag  bem  S3f.  groger  Dant  unb  Snertennung  für  bie  fdjarfftnnige, 
fotgfättige  unb  fefcr  mutante  gorfdjung  gebührt.  (Ed  ift  fel)r  wert* 
bofle*  neue*  SRaterial  beigebracht  unb  afleS  bereit*  betannte  mit  um« 
faffenber  SoDftänbigteit  unb  unter  fdjarfer  Shrittf  jufammengeftellt. 

<E8  fei  nodj  baran  erinnert,  bag  bie  Sage  ber  öerbünbeten  im 
Sunt  1815  eine  groge  ftfptlidjteit  mit  berjenigen  ber  fßiemontefen 
nnb  £)fterrei$er  im  Bpril  1796  $atte.  Die  Serbinbungen  ber  erfteren 
liefen  nadj  Surin,  bte  ber  lefeteren  nad)  äKailanb.  Sludj  bamalft 
nmrbe  borgefdjlagen,  bag  bie  Öfterreidjer  fidj  bei  Sequi,  bie  $iemon« 
tefen  bei  Seba  berfammeln  foHten,  um  bann,  je  nadjbem  rooljin  ber 
(Begner  fid)  roenbete,  iljm  mit  ber  einen  Armee  entgegenzutreten,  mit 
ber  anbeten  in  plante  unb  Rüden  ju  ge&en.  Solche  Operationen 
finb  immer  fe^r  fdjroierig.  Der  Angreifer  roirb  bie  #auptträfte  gegen 
einen  ber  ©egner  benoenben,  ben  anbem  aber  burdj  fdjtoädjere  Shröfte 
tyuyiftalten  fudjen.    Dem  Serteibiger  roirb  e*  ferner,  rechtzeitig  gu 


132  &teraturberi$t. 

^ßerfönlidjfcit,  bie  fo  gern)  au$  ©runbfafc  ftd)  felbft  gelebt  ijatte,  mit 
beit  allgemeinen  lenbenjen  ber  preufcifdjen  Weformjeit.1) 

Strasburg.  Th.  Ludwig. 

»orgefdjidjte  ber  ©djladjt  bei  SelMUIiance.  »efltngton.  «on  3.  fe. 
#flitg!*#«rttmig.    Berlin,  Hidjatb  ©gröber.   1903.  378  6. 

S)er  Öf.  befdjränft  fid)  auf  bie  SerWltniffe  unb  ©rcigniffe  beim 
#eere  SSeüingtonS  Dom  9prü  bis  Witte  3uni  1815.  ®3  Rubelt  fldj 
bor  allem  um  bie  legten  läge  oor  bem  ®efed)t  üon  Ouatre*8ra& 
unb  um  bie  Schiebungen  SBeüingtonS  )u  feinem  preufcifdjen  Ber* 
bünbeten.  Saum  ein  deitabfönitt  ift  fo  reidj  an  ©ntfteüungen  unb 
Serbuntelungen,  f 0  ba&  e$  ein  in  jjeber  Sejieljttng  berbienftoofleä  Unter» 
nefjmen  be8  S3f.8  ift,  burdj  eine  grünblidje  metljobifdje  Prüfung  unb 
Sferroertung  ber  Quellen  bie  SBaljrljeit  feftjufteßen.  9iad)  ber  8or= 
rebe  fdjeint  ber  Sf.  bie  metljobifdje  gorfdjung  bc$  $tftorifer*  t>on 
gad}  in  einen  geroiffen  ©egenfafc  ju  ben  üon  militärifdjer  Seite  auä* 
geljenben  friegSgefdjidjtlidjen  arbeiten  ju  fefcen,  roenn  er  aud)  bie 
tüchtigen  Seiftungen  ber  (enteren  at$  ein  „natürliches"  ©rgebntö 
burdjauS  anerlennt.  ffir  fdjeint  aber  bei  biefen  biejenige  SluSbilbung 
ju  bermiffen,  bie  auf  ben  Untoerfitäten  burd)  bie  Übungen  ber 
Seminare  in  metljobifdjer  gorföung  erreicht  roirb.  „3)ie  ©efdjidjte", 
fagt  er,  „ift  eine  SBiffenfdjaft  mit  auSgebilbeter  Xedjnif,  meldte  ge* 
leljrt  uub  gelernt  roerben  fann.M  S)a$  ift  getoifc  richtig.  Vber  e£ 
mufs  bod)  barauf  jjingetoiefen  werben,  ba&  bie  fadjgemäfje  Beurteilung 
operativer  unb  taftifrfjer  Angelegenheiten  aud)  einen  f)oljen  ©rab 
fadjmännifdj  militärifdjer  Slugbilbung  üerlangt,  ber  nur  burdj  prafc 
ttf  d)e  Hnf djauung  unb  Übung,  öerbunben  mit  toiffenf c^aftlid^etn  ©tubium 
unb  mit  genauer  ftenntniä  ber  Sedjnif  ber  Iruppenfüljrung,  erworben 
werben  fann.  Sowohl  ber  #iftorifer  wie  ber  SWüttar  »erben  bei 
friegägefdjidjtlidjen  gorfdjungen  üoneinanber  lernen  fönnen  unb  ftd> 
gegenfeitig  ergänzen  muffen. 

S)en  Äernpunft  ber  angepeilten  Unterfudjungen  bilbet  bie  grage, 
ob  Wellington  bie  $reußen  am  Zage  öon  SignQ  im  Stidj  ge* 
laffen  bat. 


>)  Die  fonft  fe^r  öorne^m  auSgeftattetc  Slu&gabe  mirb  burd)  mehrere 
fatale  $rudfe$ler  bemustert;  ©.  141,  3.  10  t>.  0.  ift  ftatt  „niajt  wiffen» 
fdiaftiidjen  ©Übung"  bod)  offenbar  nad)  6. 150  „edjt"  ?c.  ju  lefen. 


19.  Saföunbert.  183 

Kadjbem  bte  berbünbeten  9Rttd)te  ftd)  einmal  entfd)loffen  Ratten, 
ben  gelbjug  nid)t  eljer  ju  beginnen,  bebor  bte  Öjterretdjcr  unb  Stoffen 
operationftbereit  maren,  lag  bie  (Eröffnung  be$  SelbjugS  in  ber  $anb 
Napoleon«,  unb  Slüdjer  unb  SBeflington,  bie  in  ben  Kieberlanben 
berettftanben ,  mären  junädjft  auf  bie  Serteibigung  angenriefen. 
fBeQington*  Hauptquartier  mar  Srüffel;  iljm  mar  bie  Serteibigung 
Srüffett  unb  (BentS  jur  $fltd)t  gemacht,  feine  Serbinbungen  gingen 
nad)  Korben.  J)a$  Hauptquartier  be$  $reufsifd)en  $eere8  befanb  ftd) 
in  Kontur;  bie  Serbinbungen  Studier*  miefen  nadj  Often,  nadj  betn 
Kljetn.  Vudbrücflid)  mürbe  ffinbe  SRai  in  Sräffel  jmifdjen  ben  beiben 
gelb&emt  bie  gegenfettige  Unterftüfcuug  in  folgenber  SBeife  Vereinbart. 
Senn  Kapoleon  auf  Srüffel  borginge,  foüte  Sellington  ftd)  iljm 
frontal  borlegen  unb  Slüdjer  ftd)  bei  ©ontbreffe  in  ber  gflante 
fcerfammeln.  bringe  aber  Kapoleon  auf  S^arleroi  gegen  Slfidpr 
bor,  fo  moHte  ftd)  ffieOington  bei  Duatre«Sra&  bereinigen.  SRit 
anberen  Sorten :  bie  ni$t  angegriffene  Armee  geljt  gegen  bie  gflante 
be«  ©egncrS  bor.  Kodj  am  13.  3uni  gab  ©eQmgton  bem  Oberft 
*on  «ßfuel  bom  preufstfdjen  (Stateralftab  bie  beftimmte  3ufid)€nmg, 
bafc  er  22  Stunben  nad)  betn  erften  ftanonenfdjufc  feine  Armee  bei 
Quatre*Sra*  ober  KibeOe*  bereinigt  $aben  mürbe. 

Obmo$l  man  lange  genug  &t\t  &u  allen  Sorbereitungen  gehabt 
%attt,  mürbe  man  nun  bod)  burd)  ton  franjöftfdjen  Angriff  Aber« 
rafd)t.  fcm  14.  Suni  erfuhr  SBellingtou,  ba6  Kapoleon  bei  feiner 
Armee  eingetroffen  fei,  unb  bafj  biefe  ftdj  in  ber  ®egenb  bon  SRau* 
beuge  berfammte.  S)afi  bte*  jum  Angriff  gefdjel>e,  mar  flar;  et 
fragte  ftd)  nur,  ob  fidj  ber  Angriff  über  KibeUed  auf  Srüffel  ober  Aber 
€$ar(eroi  gegen  Slüdjer  richte.  Obmoljl  bie  Armee  ffiettington*  mit 
9iüdfid)t  auf  bie  Serpßegung  meit  aufteinanber  gejogen  mar,  Ijiclt 
biefer  eine  nähere  Serfammlung  nod)  nid)t  für  nötig.  Der  Sf.  ber« 
fennt  bie  ttnterlaffimgftfünbe  jmar  nid)t,  entfdjutbigt  fte  aber  mit  ber 
«ro|en  Unftdjer^eit  unb  mit  bem  „unjmeifetyaft  richtigen"  ©runbfafc 
SeBhtgtond,  lieber  feine,  al*  eine  falfd)e  Semegung  ju  madjen. 
hiergegen  rnuft  bon  militörifdjer  Seite  eingemenbet  merben,  baft  bie 
Sage  im  Kriege  faft  immer  uuftdjer  ift,  unb  bafj  bte  Jhtnft  im  mefent* 
liefen  barin  befielt,  rrofcbem  ju  Jjanbcln.  Ber  lieber  leine  Semegung 
madjt  als  eine  falfdje,  mirb  in  Zatenlofigteit  berfaflen.  ©er  an* 
«efüftrte  ©runbfafc  mufc  militärifd)  al*  „unjmeifelljaft  falfdj"  erflftrt 
merben.  Someit  mar  Ijier  bie  Sage  $u  überfein,  ba§  eine  engere 
Sereinigung  fdjon  jefct  geboten  erfdphtt.    Senn  aQerbingft  ©eüington 


184  Stteranirberid)t. 

am  15.  Suni  frtib  nod)  baran  benfen  tonnte,  bafc  fein  ©egner  ftcfy 
ouf  eine  SJerteibigung  an  bei  HiSne  befdpftnten  mürbe,  fo  tannte  er 
biefen  nidjt  ljinreidjenb. 

9m  borgen  be£  15.  griff  Stapoleon  bie  preufsiföen  Sortruppen 
an.  SSon  mehreren  Seiten  traf  bie  Stadjridjt  fjierDon  Don  3  Ufjr  nadj* 
mittag^  ab  in  Sriiffel  ein.  Irofcbem  mürbe  bei  erfte  99efel)l  ju  einer 
näheren  SBerfammlung  erft  um  7  Uljr  30  SRin.  abenb8,  b.  $.,  mit 
ber  8$f.  felbft  bemerft,  Dter  ©tunben  ju  fpät  gegeben.  Sin 
SladjtragSbefeljl  orbnete  fpäter  nod)  eine  meitere  Sinf$fd)iebung  anr 
fo  ba$  bie  ?trmee,  abgefefjen  Don  ben  in  SJrüffel  beftnbtidjen  SReferDenr 
fid)  im  Saume  (Engten— »raine— 9liDeHe8  berettftetten  foDte.  $)iefe 
9lu*beljnung,  bie  nod)  immer  burdj  bie  Sftücfftdjt  auf  bie  3>e<fung 
Don  ©ent  unb  Srüffel  bcftimmt  iftf  entfprad)  nid)t  ber  Sage. 

Sie  Cinjelljeiten  ber  Sefeljle  maren  feineSmegS  einmanbfrei.  Die 
9lu8füljrung  litt  baburd),  baß  jaljlreidje  Dffijtere,  barunter  Wellington 
felbft  unb  fämtlidje  fforp&füljrer,  in  ber  Kac§t  Dom  15./16.  auf  bem  »all 
ber  $er$ogin  Don  JRid)monb  maren.  Huf  bem  Sali  erhielt  SBeUington 
audj  bie  Sladjridjt,  bafc  ber  ©egner  aud)  in  Stiftung  auf  £luatre»8ra& 
oorgebrungen  fei.  ©S  mar  bieS  Witt),  roäljrenb  Napoleon  mit  ben 
Hauptfragen  ben  $reufsen  nadjbrängte.  „Napoleon  $at  mid)  genaft« 
füljrt,  er  Ijat  24  ©tunben  SKarfd)  mir  abgewonnen",  rief  SBeUington 
au$  unb  gab  bamit  felbft  ju,  bafj  er  ftd)  Ijatte  überragen  laffen. 
Die  golge  baDon  mar  bie,  bog  er  nunmehr  am  16.  Sunt  gar  nidjt 
mel)r  in  ber  Sage  mar,  bie  $ßreu£en  bei  Stgni)  mirlfam  ju  unter* 
ftüfeen. 

0m  borgen  beS  16.  3uni  begab  fidj  SBeQington  junädjft  na$ 
Ouatre*93raS,  mo  er  nur  6500  SWann  feiner  «rmee  Dorfanb.  (Er 
fdjrieb  Don  $icr  um  10  U!jr  30  SRin.  Dormittag*  ben  befannten  ©rief 
an  Stüdjer,  moxin  er  iljm  mitteilte,  ba|  ein  ÄorpS  bei  Duatre4Bra£ 
unb  9tit>eQed  unb  ein8  in  ©raine  ftänben,  mä^renb  bie  ffleferDen  ton 
Srüffel  auS  mittags  ©enappe  erreichen  mürben.  Siefe  9tad)rtd}t  mar 
jum  Zeil  unrichtig  unb  fteüte  bie  $3erfammlung  in  ju  günfttgem 
Sidjte  bar,  mie  aud)  ber  S3f.  betätigt.  äRittagS  begab  fidj  ber  gelb* 
berr  bann  felbft  nad)  8rt)e  ju  ©lüdjer,  mo  er  fidj  Don  bem  beDor« 
fte^enben  Angriffe  SttapoleonS  überzeugte  unb,  fomeit  au3  ben  Der« 
fdjiebenen  SRttteilungen  ber  Augenzeugen  ju  entnehmen  tft,  mit 
©neifenau  aber  bie  9rt  Derljanbelte,  mie  er  bie  $reu£en  am  beften 
unterftüfcen  tonne.  »Um  2  Uljr  Ijabe  idj  foDiel  Xruppen  Derfammelt, 
ba§  idj  jur  OffenfiDe  übergeben  tann",   fofl  er  beim  Slbfdjieb  gu 


19.  Safabunbert.  135 

©neifenau  gefagt  Gaben.  Salb  nadj  3  ttljr  nachmittag*  mar  er 
roteber  in  Duatre*8ra*  unb  rourbe  befanntlid)  felbft  t>on  Steg  an« 
gegriffen,  fo  bog  eS  ju  einer  ttnterftfifeung  bet  $reugen  nidjt  tarn, 
bie  bei  Signt)  geflogen  rourben. 

latfädjlicfc  trotte  ffieHington  biß  4  Utjr  nachmittag*  erft  18000 
bt*  30000  Wann  gut  Serfugung,  nadjbem  eine  Zeitlang  7000  SMann 
einet  boppelten  Übermalt  gegenüber  geftanben  Ratten.  ffirft  jum 
Sdjlug  erlangte  ffieQington  eine  Überlegenheit.  Bber  bie  Oerftär* 
hingen  famen  tropfenroeife  unb  atemlo*  auf  bem  ©efedjt*felbe  an. 

©er  8f.  iß  ber  Hnfidjt,  bafj  Seilington  bie  Angaben  in  feinem 
»riefe  an  Bludjer  um  10  ttfjr  30  9Rin.  morgend  in  gutem  ©tauben 
gemacht  unb  eine  beftimmte  3ufage  jur  #ilfe  bei  Signg  nid)t  ge* 
geben  l>abe,  auf  ©runb  beren  bie  $reugen  bie  ©djladjt  Ratten  an« 
nehmen  tdnnen.  (Er  £abe  fid)  a(*  juperl&ffiger  Serbfinbeter  erroiefen, 
ber  bie  ernfie  Äbfidjt  $atte,  ben  $reufsen  ju  nüfcen,  aber  burd)  SRet) 
baran  Per^inbert  roorben  fei.  Sie  beftimmte  dufage  jur  gegen« 
fettigen  ttnterftityung  mar  aber  Don  beiben  gelb^erren  gegeben, 
baranf  beruhte  ber  ganje  8erteibigung*plan.  Huf  ba*  Kort  Sign)) 
barf  man  ftd)  nid)t  perfteifen.  Staut  SBettington  eine  SRitteilung 
machte,  au*  ber  bie$reu&en  entnehmen  tonnten,  bog  er  fie  in  ber 
bePorfleljenben  @d>lad)t  unterftüfeen  werbe,  fo  mußten  bie  $reu$en 
bie*  al*  eine  Sufage  im  @inne  ber  alten  Vereinbarung  auffaffen. 

Über  aüe  biefe  gragen  mag  fid)  jeber  feine  Bnftdjt  bilben.  2)a* 
Porliegenbe  Sud)  enthält  ba*  gefamte  SRaterial  baju.  9to$mat*  fei 
betont,  bafj  bem  8f.  gro&er  3>ant  unb  Snertennung  für  bie  fdjarffinntge, 
forgfältige  nnb  fe&r  müljfame  gorföung  gebührt.  <E*  ift  feljr  wert* 
pofle*  neue*  SRateriat  beigebracht  unb  äße*  bereit*  befannte  mit  um« 
faffenber  SoDRänbigleit  unb  unter  fdjarfer  ftritif  ftufammengeftettt. 

(£*  fei  nodj  baran  erinnert,  bafj  bie  Sage  ber  Serbfinbeten  im 
3uni  1815  eine  grofce  Ä&nlidjfeit  mit  berjenigen  ber  $iemontefen 
unb  £)ftemidjer  im  Vpril  1796  Ijatte.  Die  Serbinbungen  ber  erfiteren 
liefen  nadj  Zurin,  bie  ber  Unteren  na$  SMailanb.  Äudj  bamal* 
mürbe  »orgefdjtagen,  bog  bie  Ofterreidjer  fic^  bei  Hcqui,  bie  $iemon* 
tefen  bei  <Eet>a  oerfammeln  foQten,  um  bann,  je  nadjbem  rooljin  ber 
©egner  ftdj  menbete,  iljm  mit  ber  einen  ttrmee  entgegenzutreten,  mit 
ber  anberen  in  plante  unb  Rüden  ju  geljen.  Solche  Operationen 
finb  immer  felp  fdjnrierig.  Der  Angreifer  roirb  bie  $auptfräfte  gegen 
einen  ber  ©egner  penoenben,  ben  anbem  aber  burd)  fdjroftdpre  Äräfte 
ftinyityilten  fudpn.    Dem  Serteibiger  roirb  e*  ferner,  rechtzeitig  ju 


136  ßiteratutberidjt. 

erfennen,  roaÄ  itjm  gegenüberftetjt  SBenn  bann  nod)  bie  Sntereffen 
ber  Serbünbeten  in  bei  SBeife  wie  1796  unb  1815  aufteinanberge^en, 
ift  eine  gemeinfame,  einheitliche  Operation  fetjr  gefäljrbet  3n  feinem 
erften  Selbjug  gelang  befanntlid)  Napoleon  ber  Stardjbrud),  unb  m 
feinem  legten  Ijätte  er  beinahe  benfelben  (Erfolg  gehabt.  K. 

3>ie  ttr$Udjen  3uftttnbe  ©trafeburg*  im  14.  3a&r&undert.  $ou 
ÄOUljelm  Jtatye.    greiburg,  gerbet.   1908.   VHI  u.  126  Seiten. 

3)iefe  feljr  grünblidje  unb  te^rreidje  ©djrift  beruht  (jauptfödjttd) 
auf  bem  ©tra&burger  Urfunbenbudj  unb  ben  #auDiHerfd)en  Analecta 
Argentinensia.  Sin  erfter  Äbfdjnitt  ftettt  bie  (Slieberung  ber  er* 
ftaunlid)  jatjtreidjen  ©trafeburger  ®eiftlid)fcit  nad)  ©tanb  unb  $eimat 
bar  unb  roeift  nad),  bafs  ba$  5)omfapitel  feit  SRitte  be8  13.  3af)r* 
tjunbertS  nur  greiljerren  aufnahm,  bie  beiben  ffottegiatftifte  @t  Zfjoma* 
unb  3ung  St.  5ßeter  atö  Domäne  ber  ©trafcburger  Sßatrijierfamilien 
anjufet}en  ftnb,  benen  aud)  ein  groger  Xei(  ber  3)ominitaner*  unb 
granjiSfanermöndje  entflammte,  wäljrenb  bie  ©tra&burger  3ünftler  unb 
firmere  Hufcroärtige  bei  ben  SBiflielmitern,  ftarmelttern  unb  grauen* 
brübem  ober  im  SBeltfleruS  Unterhmft  fanben.  9Son  ben  geifHidjen 
Änftalten  für  grauen  entfpridjt  ©t.  Stephan  an  Sorneljmljeit  unb 
mangetnbem  Krdjlidjem  Sntereffe  etwa  bem  S)omftift,  bie  jeljn  unter 
ber  ©bljut  ber  öettetmöndje  ftetjenben  grauenhafter  ben  beiben  patri* 
iifdjen  Kapiteln;  ben  nieberen  8olt8fdndjten  ftanben  allein  bie  im 
14.  3al)rljunbert  in«  ungejäljtte  bermeljrten  öegljinenljäufer  offen, 
bie  fidj  burdj  §anbarbeit  meift  nur  notbürftig  erhielten.  3m  SBiber* 
ftanb  gegen  ben  ©ifdjof  waren  bie  brei  ffapitel  Dom  SRünfter,  oon 
@t.  ItjomaS  unb  Don  ©t.  Sßeter  einig;  wollte  e0  aber  bie  ffonftethtion, 
ba&  ber  Sifdjof  unb  ba$  ®omfapitel  einmal  jufammen  gegen  bie 
©tabt  ftanben,  fo  f&mpften  bie  SRitglieber  ber  beiben  anbem  ftapitel 
natürlich  an  ber  Seite  ifjrer  JBfiter  unb  ©rüber.  SefonberS  d)arafte* 
riftifd)  für  ba§  14.  3a§r!>unbert  ift  bie  plöfelidje  grofce  ßuna^me 
ber  päpftlidjen  SßroDifionen,  bie  fojiale  (Smiebrigung  beS  ftäbtifdjen 
SBeltfleruö  unb  bie  SBerwaljrlofung  unb  ber  JRfidfgang  ber  orbent* 
liefen  ©eelforge,  bie  faft  nirgenbS  meljr  Don  Pfarrern,  fonbern  in 
ber  Stege!  Don  vicarii  temporales  ober  perpetui  unb  ferner  in 
großem  SRaßftabe  Don  ben  Settelmöndjen  ausgeübt  mürbe,  benen  ber 
2BeltHeru8  nidjt  oljne  heftigen  ftampf  roidj.  3m  ^weiten  tlbfdjnitt 
wirb  juerft  ba8  SSertjältni«  be8  ffiat*  $ur  ©eiftlidjfeit  gefdjübert  unb 
gezeigt,  wie  er  mit  Srfolg  bemüht  ift,  feine  @erid>t&barfeit  ber  geift* 


$eut)4e  ßonbfaaften.  137 

ticken  gegenüber  auftjubefpien  unb  politifc^  an  3Rad)t  ju  gewinnen, 
Mr  allem  bei  bet  Sa$l  be*  ©ifdjof*  mitjujpredjen.  $en  SHünficr* 
tau,  ber  tym  unb  ber  ©ürgerfd)aft  eine  $er}en*fad)e  wirb,  nimmt 
er  gan*  in  feine  ©ermaltung,  über  ben  ©tabtfleruS  t)&(t  er  feine 
ftarfe  $anb,  einerfeitft  um  bie  bajugeljörigen  geborenen  @tra|burger 
l*  fd)üfeen,  anberfeit*  um  Übergriffe  ju  »ersten,  j.  ©.  (Erbfdjleidjerei 
|u  fter^inbern,  unb  bereitet  ftdj  fo  ju  ber  Wolle  üor,  bie  er  in  ber 
fteformationftjeit  }u  fpielen  berufen  ift.  $a£  ©erljältnid  ber  ©ürger» 
fdpft  jur  Oeiftlidjteit  ergibt  ftd)  beutlidj  au*  ber  Waffe  ber  ©djen* 
hingen,  beren  Verteilung  auf  bie  einzelnen  Vnftatten  all  SRafiftab 
für  beren  ftttfidje  SBfirbigteit  betrautet  werben  lann.  3$r  eigent* 
lieber  Qa>td  ift  immer  bat  Seelenamt  für  ben  ©djenfer  ober  beffen 
Vnge^fcige,  baS  als  ©ebingung  mit  ber  @d)enhmg  berfnüpft  ift. 
9otip  ablieft  mit  5Red)t  einen  großen  SRigftanb  in  ber  maffenftaften 
Stiftung  bon  f$led)t  botierten  Seelenmefspfrünben,  bie  iljren  Wann 
sidjt  ernityren  tonnten;  bie  golge  baoon  mar  entWeber  ©eraadjläffi* 
gung  ber  geiftlid>en  Sßflid^ten  ober  Häufung  foldjer  $frünben.  $er 
fßl  finbet  trofebem  ba*  bon  iljtn  entworfene  ©üb  erfreutid)  unb 
fdjliefet  mit  einem  fiobe  ber  mittelalterlichen  gfrömmigteit.  SRag  man 
ilpn  barin  beiftimmen  ober  nidjt:  {ebenfalls  Ijat  er  burd)  feine  fac$- 
lidp  äufammenftellung  bie  (ErfenntniS  ber  firdjlidpn  ßuftftnbe  be* 
SRittelalterft  fefcr  er^cblid)  geförbert.  «ufyufefren  ift,  bog  ber  nidjt 
f  an)  gefdpdte  $lan  feine«  ©udj*  tyn  gelegentlich  ju  Bieberftolungen 
oeranlaftt,  unb  baft  er  mit  einer  lungern  Ausführung  über  ben  im 
*nfdjlug  an  Statifle  aQju  ungünftig  beurteilten  ttulmann  SRerfmtn 
auS  bem  Kalmen  feiner  S)arfteUung  heraustritt. 

Strasburg.  E.  v.  Borries. 

XopograptyjdK*  9Börterbud>  be*  ©rofe^crjogtumö  ©aben.  jperau** 
gegeben  Don  ber  Sab.  ©ift.  Äommiffton,  bearbeitet  öon  V.  Arieger* 
2.  «nfl.  1.  8b.  (1.  u.  2.  fcalbbb.)  fceibelberg,  tt.  ©inter.  1908  u.  1904. 
1290  6p.    20  TO. 

3n  ber  erften  Auflage  biefe*  umfangreichen  9tad)fci)lagemerte* 
<©d)lufcliefcrung  1898)  Ijatte  fidj,  burd)  äußere  8er$ättniffe  bebingt, 
unter  ben  berföiebenen  Zeiten  be*  ©udje*  eine  fo  große  ttngleid)* 
m&f  igteit  l}erau*gebilbet,  baft  bie  ©ab.  $iftor.  ftommif  jion  balb  nadj 
feiner  gertigftellung  eine  Neuauflage  befdjloft  unb  mit  tyr  benfelben 
gearbeitet,  V.  Stieger,  beauftragte.  JBon  biefer  neuen  Auflage  liegt 
fdjon  ber  erfte  ©anb  (bi*  K  einfd)tie§lidj)  bor.     Der  Umfang   ift 


138  Stteraturberidjt. 

gegenüber  früher  um  faft  bie  $&lfte  angetoadjfen,  bei  einzelnen  Ort** 
namen  (j.  SB.  greiburg)  um  ein  bielfadjeS.  3)enn  ber  Sf.  befdjränftr 
ftc^  nid)t  meljr  barauf,  nur  bis  1300  ober  1350  etoa  ungebrudte* 
Material  &u  benufcen,  fonbem  jefct  foldje«  bi«  in*  16.  Sa^rljunbert 
hinein.  S)ie  3lu8}üge  au8  Urfunben  ic.  ftnb  ausführlicher,  Dicüeic^t 
fogar  ju  ausführlich  für  ben  3n>ed  beS  SBerfeS.  SSiel  neues  SRoterial 
tarn  baju,  befonberS  an  ?ßerfonennamen  unb  jur  SKrd)engefd)id)te. 
Siteraturangaben  finb  boSftänbiger.  Sine  »efentlidje  Serbefferung 
tft  aud)  bie  jumeift  ftreng  burdjgefüljrte  djronologifäe  Hufeinanber* 
folge  ber  9lamen3formen,  ja$lreid)ere  SBerroeife,  erljöfjte  Überfielt* 
lid>feit  burd)  beffere  Änorbnung  be8  ©toffeS  unb  burd)  ©perrbrud» 
—  @o  berfpridjt  bie  jroeite  Huflage,  bie§  bebeutfame  SBerf  auf  langt 
Seit  Ijin  jum  äbfdjlufj  ju  bringen. 

Sreiburg  i.  39.  A.  Winkelmann. 

$ie  ©nttoitflung  ber  ßanbe*$errll$teit  im  gttrftentum  Dftnabrücf  bi* 
pm  Ausgang  be«  13.  3a$r$unbcrt*.  Son  ftavl  ©opp.  Siff.  Sbftein. 
1902.   69  6. 

Sine  enbgültige,  allgemeiner  anertannte  ßöfung  Ijat  ba£  Problem, 
mel^ed  ftd)  ©opp  gefteßt,  bisher  ttic^t  gefunben.  JBefonberS  bie 
SBirtfdjafttljiftorifer,  audj  toon  3nama*©ternegg,  galten  nodj  immer 
an  ber  grunbl>errlid}en  Z^eorte  SampredjtS  feft;  unb  eft  ift  fraglich 
ob  man  für  bie  Srftärung  eines  fo  fomplijierten  Herganges,  nrie  e* 
bie  ©Übung  ber  ßanbeSljerrtidjfeit  ift,  überhaupt  eine  einfache  gormet 
ftnben  fann.  Um  fo  notroenbiger  märe  e$,  bem  Problem  öorurteitö* 
frei  gegenüberjutreten. 

Sie  2ampred)tfd)e  Itjeorie,  erflärt  ©.  furjroeg  im  ©ingang,  fei 
f)inreid)enb  »iberlegt.  $af*  nadj  <£.  ©.  @tübe  (®efd)idjte  be*  #ocfc 
ftiftS  OSnabrüd  I  42)  „bie  neue  ©eftaltung  ber  Kirche  jur  Sanbeft* 
l>errfd)aft",  „nur  au£  bem  ©runbeigentum"  ermadjfen,  mirb  bon  tynt 
nidjt  ermähnt;  unb  offne  bie  grunbJjerrlidjen  Steckte  unb  SJeftfrungen  be& 
2anbe3f)errn  einer  näheren  Unterfudjung  )u  unterbieten,  tote  e* 
9L  2ennarj  beifpielSmeife  für  ben  „lerritorialftaat  be*  Srjbifdjof*  Don 
Zrier  um  1220"  (Bonn  1900)  unb  ©.  SRifcfdj  für  „$ie  rabenSbcr* 
gifd>e  lerritorialberfaffung"  (£mUe  1902)  getan,  begnügt  ftd)  ©. 
bamit,  „ben  Seroete"  ju  liefern,  bafs  bie  Sanbe&fjerrlidtfeit  ber  oftna» 
brüefer  SBifc^öfe  auS  ber  öffentlichen  @erid)t$gen>alt  entftanben  fei. 

Irofc  ber  befangenen  Stellung  jum  Sernpunft  ber  grage  ftnfc 
feine  Ausführungen  über  ffintftefjung  ber  8anbeSf)errtid)feit  au$  ber 


Deutfdje  fionbfdjaftfn.  139 

®o«  unb  8ogteigerid)t?bar!eit  (Äbfctynitt  1),  über  bie  {Regatten  unb 
öffent!idi*redjtlid)en  Einnahmequellen  be?  »iföof?  («bfdptitt  2  unb  3), 
rote  mir  fdptnt,  im  allgemeinen  jutreffenb.  SRur  bie  3uri?biftion 
be?  oberfiten  tanbe?fcrrlid)en  @eridjt?l)ofe?,  be?  „gefd&roorenen  State?", 
über  befjfen  Zätigfeit  und  bereit?  Urtunben  ber  JJaljre  1299  unb 
1303  berieten  (Dgl.  o?nabr.  Urfb.  IV  ©.  367  unb  o?nabr.  SRitteil. 
»b.  25,  115),  f>at  @.  nidjt  gebü^renb  beamtet.  Die  Seantroortung 
ber  Sfrage,  mir  e?  gefommen,  bafs  fd)on  im  13.  ga^rljunbert  bte 
oberjfc  ©erid)t?barfeit  be?  fianbe?  auf  ben  9tat  be?  ©trofft  über» 
gegangen,  Ijätte  feiner  Hjefe  eine  roertbolle  ©tüfre  geliefert. 

8re?lau.  H.  Spangenberg. 

Duellen  unb  StarfteUungen  jur  <&e|d)id)te  «Rieberfadrf enft ,  8b.  VI. 
Urfunbenbug  be«  fcodjfttft?  $ilbe?$etm  unb  feiner  ©ifdjöfe,  bearbeitet  Don 
Dr.  $.  $oogeta>eg.  2.  Seil  1221—1260.  fcannoDer  unb  Seidig,  $a$n* 
f4e  ©udjfanblung  1901.   694  6.  u.  10  ©tegdtafeln. 

$oogen>eg  ift  Sirtuo?  in  ber  ^Bearbeitung  Don  Urtunben  unb 
gang  befonber?  in  ber  Anfertigung  bon  Regeften.  ©er  (Gelegenheit 
gehabt  bat,  in  ben  @taat?ard)iDen,  an  roeldjen  ber  Bearbeiter  be? 
*orfte(enben  Urfunbenbudje?  tätig  geroefen  ift,  eine?  ber  ja^lrei^en 
bon  feiner  jierlid)en  unb  fauberen  #anb  getriebenen  ttepertorien 
t>on  Urfunbenardjiben,  benen  au$  ftet?  ein  umfaffenbe?  Stegifter  bei« 
gefugt  ift,  ju  benufeen,  roirb  bantbar  ber  fleißigen  Arbeit  gebenten, 
bttrdj  meiere  iljm  feine  gefd)id)tUd)en  ©tubien  erleichtert  roorben  finb. 
Unb  in  gletd)  rühriger  SBeife  Ijat  $.  ber  »eiteren  6ffentlidjteit  burd> 
bie  $erau?gabe  bon  Urtunbenbüdjern  gebient.  AI?  erfte?  eigne? 
8er!  biefer  ©attung  erfd)ien  1898  ber  bon  ibm  bearbeitete  6.  öanb 
be?  fBeflfälifdjen  Urfunbenbudje?.  Sdjon  im  3al>re  1896  jeboct)  Ijatte 
§.  ben  Drudf  be?  Don  Saniere  im  9Ranuffrtpt  fjittterlaffenen  1.  Zeile? 
be?  Urfunbenbud)?  be?  $o$ftift?  #ilbe?f)eim  unb  feiner  8tfd)dfe 
($ublifationen  au?  ben  »gl.  ?ßreufcifd)en  ©taat?ard)iDen  9b.  65)  be* 
forgt.  9lunme$r  liegt  ber  2.  Zeil  be?felben  Urfunbenbudje?  Don  $. 
allein  bearbeitet  üor.  Die  tDtffenfdjaftlidje  gorfdjung  fjat  ade  SBer» 
aiilaffung,  bem  Herausgeber  für  bte  entfagung?ooQe  Z&tigteir,  bie  in 
biefem  SJanb  Don  na^eju  700  Seiten  fteeft,  bantbar  &u  fein. 

Sntereffant  ift  e?  ju  beobachten,  mit  melier  ütebe  unb  Sorgfalt 
in  ben  ttrfunbenbä$ern  allgemein  bie  nid)t  batierten  ©tüde  be« 
fymbeit  werben.  Dafür  liefert  bie  9?r.  164  be?  Dorliegenben  Ur« 
fwtbenbudje?  einen   bemerten?roerten  Beleg.    <£?  ift  ein  Oerjetd)tti?> 


140  ßiteraturbertcftt. 

t)on  Übeltätern,  meiere  fidj  gegenüber  bem  Stomfapitel  bon  $ilbeSs 
§eim  Vergangen  Ijaben,  unb  bie  für  iljre  gfrebeltaten,  fei  eS  Dom 
9$apfi,  fei  eS  Dom  ©ifdjof,  mit  bem  Sänne  belegt  finb.  (Eine  foldje 
Sifte  üon  armen  ©ünbern  muß  natürlich  mit  irgenb  einem  bodj* 
Politiken  (Ereignis  in  SSerbinbung  gebraut  werben.  2)er  $erauS« 
geber  ber  Origines  Guelficae  fteljt  in  tynen  bie  Opfer  ber  Streitig« 
leiten,  meiere  bei  ber  SBaljl  ©ifdjof  ÄonrabS  ftattgefunben  Rotten. 
#.  bagegen  möchte  fte  als  bie  geinbe  beS  33ifd()ofS  ftonrab  ertennen, 
meiere  roüljrenb  beffen  Sreujprebigt  fred^  ifjr  $aupt  gegen  biefen  er* 
Ijoben,  troftbem  jugeftanben  n>erben  mu&,  bafj  bie  als  gebannt  be- 
zeichneten 5ßerfönlid)feiten  meift  fpäter  erft  in  anberen  Urfunben  er« 
fd&einen.  Sllfo  wirb  bie  llrbmbe  boeb  audj)  in  eine  jüngere  £eit 
jjerabjurücfen  fein.  Unb  eS  $anbelt  fidj  in  tyr  gar  ntc^t  um  bie 
©egner  beS  SMfdjofS,  fonbem  um  bie  SJebrünger  beS  SomtapitelS. 
3)eren  ©ergeben  werben  in  bem  ©djriftfffidf  mefjrfad)  beftimmt  ge* 
nannt;  fte  finb  in  bie  ©üter  beS  S)omfopitelS  eingefallen  ober  Ijaben 
fid)  irgenbeineS  ©efi^ftücfe§  beSfelben,  tote  man  meint,  toiberredjtlid) 
bemächtigt.  Sarin  berftanben  bie  geiftlidjen  §errn  feinen  ©pa&; 
toer  tynen  ben  regelrechten  Sejug  ifjrer  ?ßfrünbe  üerfümmerte,  bem 
rougten  fie  bie  #eilSmittel  ber  Kirche  gu  fperren. 

Dfiffelborf.  Ugen. 

Hnnalen  unb  ftften  ber  ©ruber  be£  gemeinfamen  SebenS  im  Sücftten; 
Ijofc  £u  §tfbe$$etm.  3RU  einer  Einleitung  herausgegeben  bon  iRidjarb 
$)oebner.  (Duellen  unb  $arfiellungen  §ur  ©efdjidjte  SJWeberfadjfen*.  ob.  IX.) 
$annotoer  unb  Seipaig,  &a!jnf($e  8ud)$anblung  1908.  XL  VI,  496  ©.  10  3R. 

$en  ©auptteit  ber  mistigen  Veröffentlichung  3)oebnerS  bilben 
bie  Ännaten  ?ßeter  ®ieppurd)S,  bie  bie  ®efd&idjte  beS  #ilbeSljeimer 
SraterljaufeS  toon  ben  Anfängen  bis  ins  3faljr  1493  enthalten,  gfaft 
50  jityrig,  1467,  griff  ®.  jur  geber,  1494  ftarb  er.  50  3aljre  lang 
fjat  er  bem  $aufe  angehört,  17  Saljre  lang,  Don  1476,  tl>m  als 
Steftor  borgeftanben.  (£r  berietet  faft  nur  ©elbfterlebteS;  roo  er 
auS  ©eridjten  anberer  fdjöpft,  tut  er'S  mit  getoiffen^after  Borfidjt; 
er  berbient  boüe  ®faubroürbigfeit  auä)  bei  SRadjridjten,  bie  mir  bei 
ifjm  allein  finben.  Sin  83ergleid)  mit  ben  ©efdpd)tSn>erten  Solj. 
fflnfdj'S  liegt  nalje.  (Er  fällt  jugunften  S)ieppurdjS  auS.  Dbgteidj 
audE)  biefer  einen  jiemtid)  f  djjroerf  äDigen ,  breitspurigen  unb  nidf)t 
immer  überftdjtlidjen  unb  leicht  berftönbüd&en  ©til  fdfjreibt,  fo  l)ätt 
er  ftd)  bod)  bon  ©ufdj'S  ermübenber  SBeitfdjroeifigfeit  fem;  fein 
©pradtfdjat}  ift  reidjer,  ber  «uSbrudf  fürjer,  beroeglidjer,  treffenber. 


Dentid*  fianbfdmiten.  141 

Che  befoubere  3***be  bitten  bie  eingefügten  Biographien  fjeimge* 
gongener  ©rüber.  Sie  (efen  jtd)  ntc^t  rote  mittelalterliche  ^eiligen* 
ftegenben,  ftnb  leine  fonbentioneQen  $anegt)rici,  foubern  toa^rfteit*» 
träte,  lebenftoBe  SIparatterifHten.  Sie  vitae  fratrum  bei  Zljoma* 
Mit  fiempen  unb  im  Scriptum  Rudolphi  Dier  de  Maden  Hinge« 
eintdnig  snb  matt  bagegen.  Dieppurdj  erflärt  felbft  (6. 152  f.),  er 
bebe  fid)  ntd)t  ba§  3iel  geftaft,  bie  üerflorbenen  ©rüber  ju  ^eiligen 
pi  ftempe  In,  er  fdpreibe  nid>t  für  ein  »eiteret  $ublifum,  fonbern  nur 
für  bie  iefct  nnb  fp&ter  tebenbtn  (Benoffen,  bamit  fie  um  fo  inniger 
{n  (Sott  beten  möchten ,  baft  er  jenen  oerjeifc  >si  quid,  ut  est 
humane  fragflitatü ,  in  tanüs  advereitatibas,  laboribus  et  ßollici- 
tadinibus  ...  de  oracionibus  exercieiisque  Bpiritualibas  et  aliia 
peroolverint  aut  peregerint  negligencias  .  .  .  Nichil  igitur  de 
•anetitate  hie  agimus,  eet  de  infirmitatibos  et  geetis  quibusdam 
annalibus  nostris  et  nostrorum.«  5Rod)  roertboOer  att  biefe  ©io* 
grapsten  jtnb  bie  rner  ($gfurfe,  bie  ber  Herausgeber,  nm  bie  Auf« 
■erffamfett  ber  Sefer  auf  fie  ju  lenfen,  and  bem  3nfonunai^ond 
geldft  unb  an  ben  @d)(nf|  ber  Vnnalcn  geßeOt  Ijat  —  moljl  unnötiger* 
ipeife,  ber  nad)bru<f$t>oIIe  $inroeid  in  ber  (Einleitung  3.  XXXVIII 
b&tte  genigt  Da«  erfte  biefer  Stüde  gemährt  und  einen  Cinblicf  in 
bat  innere  Sefen  ber  in  ben  Streifen  ber  ©ruber  bom  gemeinen 
geben  fchnifdpn  moderna  devotio.  Sir  finben  §ier  btefelbe  alle* 
befugen  yolemifteren*  fid)  ent&altenbe,  ftille,  aber  ftielbeum&te  ©er« 
tiefung  nnb  ©erumerlidjung  be*  religidfen  Sebend,  nrie  fie  aud  ber 
Imhatio  Christi  in  tollen  SRorben  und  entgegentönt  „Sd  ift  }n>eifellod, 
baft  ©nfcfcr  bei  fid)  felbft  Prüfung  feiner  felbft  bad  ©eroufctfein, 
bafc  man  felbft  ein  Zempel  (Botted  ift  ba*  Suchen  nid)t  fo  fe$r  ber 
Sahamente  atd  ber  ree  sacramenti,  geiftiged  Sffen  unb  Xrinfai 
nnb  Zrilnefjmen  am  Setbcn  fffcrifti  extra  eedesias  Ijeilfamer  nnb 
frndjtbaTer  ift  ald  ä  eacramentalibas  tantum  muteriis  oocapaietor 
quw  oorporaliter  in  ecclesia  constitatua.  Oft  fommt  ed  bor, 
bafc  ba  bie  $eqen  bünrr  unb  ober  jinb,  »o  ed  ^eilige  Statten, 
»eliquien,  Steffen  in  ftberßufc  gibt*  (S.  144.)  3n  bem  ^weiten 
(Eyfurd,  in  bem  X>ieppurd>  fe$r  toerftänbig  über  bie  SRemorienftiftungen 
fpridjt,  fommt  bie  fritif$e  Stellung,  bie  er  ju  bem  beräu&ertid)ten 
Sin^entnm  feiner  3«*  einnimmt  nod)  energifdpr  ftum  Sudbrud l) 

0  8»  biefen  fcjfurien  ogL  aud)  nod)  %  Sfdjadett,  ßettfdjr.  bei 
tfitor.  8eretnd  für  «ieberfaetfen  1903f  £.  547  f.  dine  befonbere  «bbanb* 
lang  fteflt  berfelbe  im   »ffabio  für  fteformationdgefdnAte"  in  fcu«ftdjt. 


142  8tteraturberid>t. 

Äu$  ben  barauf  nodj  abgebrucften  jatjlreidjen  toertüotten  Statu* 
mentcn  fjebe  i$  nur  no$  Verbot  ben  unter  5Rr.  2  gebrauten  bott 
ftänbigen  Seit  ber  ©tatutenfammlung  ber  gratetfjäufer  $u  SRünfter, 
Äötn  unb  SBefel,  meiere  9.  SRiraeuS  in  feinen  Regulae  et  Con- 
stitutionee  Clericorum  in  Congregatione  viventium  1638  in  Äu3* 
jügen  veröffentlicht  Ijatte,  ben  geftfatenber  be$  £üd)tent)ofe*  unb  bie 
Vnorbnungen  für  ben  OotteSbienft  —  für  fiiturgiter  eine  gfunbgrube. 
«uSfüljrlidje  ^erfonen*1),  Ort**,  ©a$«  unb  SBortregifter2)  er$ö$en 
ben  SBert  be*  frönen  ®u$e£;  bie  ©tidjmörter  im  ©adjregifter 
fdpinen  mir  freilief)  nidjt  immer  ganj  gtücflid)  getoäljlt;  fe&r  bantenfr< 
wert  aber  iß  ).  33.  bie  3ufammenfteIIung:  $anbfd)riften  unb  Sucher. 
Schabe,  ba|  K.  0.  Meinsma,  ber  in  feinem  trefflichen  tüqlidj  er« 
fd)ienenen  SBerfe:  Middeleeuwscbe  bibliotheken  Zutphen  1903) 
befonberd  auäfüipKd)  über  bad  Sud)*  unb  ©djriftoefen  bei  ben 
Srübern  be*  gemeinfamen  Sebenft  fjanbett  (Kap.  IV),  biefe  ©teilen 
nodj  nid)t  benufeen  tonnte. 

3»icfau.  O.  Clemen. 

3n&entare  banftfdjer  ttrdpbe  beS  16.  3abr$unbert3,  berauftg.  nom 
«min  für  banftf *e  »efaieftte.  Ob.  2 :  Ädlner  Sntoentar  »b.  2  (1572—1591), 
bearbeitet  Don  ftonfttuiiu  $<i$Ife*intt.  TOt  einem  «ftenanbong.  ßetyjtg, 
Wunder  &  $umblot.    1903.   X  Vn,  1014.    36,80  SR. 

S)iefer  jtoeite  Qonb  be$  Sötner  Inventars  reit)t  ftd)  bem  erfiten 
würbig  an;  mit  DoQem  Siecht  bemerft  ber  tnjtmfdjen  und  bind)  ben 
$ob  entriffene  Bearbeiter,  bog  biefe  neue  Seröifentltdjung  beä 
^anfifefaen  ®efd)id>t**8ercin&  fid)  in  tyrer  Art  beroätyrt  babe.    Sa* 

M  S.  398:  Ätcbt  „SNcolau«  Don  Guia-,  fonbent  „Don  Äue**!  3)er 
papjtlicbe  Segat  3ttcolaut.  Sarbmalpriefter  tituii  s.  Petri  ad  vincuU 
v«.  407^  IR  berfelbe  iVonn. 

^  «•  434  unter  Verbrennung*:  «i*t  bie  $eft»*r  beft  beutfd>en 
3*u<be4  D*  Yit*  ChriHtian«  foUen  terbrannt  »erben,  fonbent  nur  bie 
Lüfter.  So  bat  am*  bei  $ejen)ent  be*  Literat,  SentraiMatt*  1904,  6p.  627 
Me  €ttUe  rtebtifl  »erftanben.  $to*  für  ein  *ucb  bier  gemeint  \fi,  bat  audj 
V!«  Scbulje.  >XOeoUni  Literatur  Matt  UHVI,  £j>,  414  triebt  feffiteOen  Braten. 
Übet  Me  $ef\\in)>K\na,  oer  Ubri  IVittoutcata  In  ben  SHeberfanben  ngl. 
ntuefient  C.  v*  N  it*  Vooy  »,  Th*ol.  TvjvWhr.  37,  bis.  138  vlg.  unb 
1\  H.  K  b  b  i  n  k  *  •  W  u  b  b  *  n ,  l^v^r  nuvi\t^la«Kleri*ndsohe  Tertalingen 
vau  h»t  \nult»  it^tM\u0ul  VV  v^ravvnbaiE«  IAV*\  bU.  1^7  vlg.  —  S.  443 
flogen  uiebt  *aw^\Uw.  u»u*e\n  «iwb  *  7^  vtetmebr  =  birwta. 


$eutfd)e  Sanbfdjaften.  143 

ben  3n^alt  be«  in  biefem  8anbe  ©eboteuen  betrifft,  fo  ift  c«  natürlich 
itidjt  möglidj,  im  Stammen  einer  rurjen  Stnjeige  einen  nur  annäljernben 
Segriff  Dom  fteidjtum  be«  beröffentlid)ten  bjw.  regiftrierten  Staterial« 
)tt  geben.  $er  #anfetag  bon  üübeef,  3uni*Huguft  1572,  bietet  bie 
erfüe  größere  Ijier  veröffentlichte  tßtenreitje  unb  jetgt  beuttid)  bie 
6djwierigteiten ,  mit  benen  bie  $anfe  nad>  innen  unb  aufcen  ju 
Iftmpfen  l>atte.  S«  folgen  bie  lübifdjen  #anfetage  bon  1576,  1579, 
1584;  in  bem  bon  1579  futb  bon  Ijofjem  Sntereffe  ber  (Entwurf  ju 
einer  neuen  Ijanftfdjen  ffonföberation  unb  bie  ©afeung  über  redjtltdje 
«n«trftge  jwifd)en  ben  ©tobten  (3fr.  113,  114).  3m  ©egenfafe  ju 
ber  Sorrffitte  ber  Beteuerungen  ber  ©tobte,  an  ber  $anfe  feft&alten 
&u  modert,  fteljt  bie  £atfad>e  ber  Äuflöfung,  ber  bie  $anfe  entgegen« 
fteuerte.  8$on  befonberer  Sebeutung  ift  biefer  8anb  für  bie  ©efdpdjte 
eine«  SRoment«,  ba«  mit  bem  inneren  SerfaQ  ber  $anfe  in  enger 
Serbinbung  fteljt,  n&mtid)  ber  engftfdjen  9tiebertaffungen  auf  alt» 
Ipnftfdpm  (gebiete  in  3)eutfd)tanb,  fo  in  $amburg  (namentlich  bie 
«r.  12  f.,  72  ff.,  87  ff.,  97  ff.,  143  f.,  164.  220.  237  ff.),  in  ffimben 
<«r.  146,  147),  in  (Elbing  (176.  178.  187.  189.  270),  in  Stabe 
<243  f.,  248  ff.)  £ie  «orfäläge  be«  Sonboner  ftontor«  ju  SKafr: 
nahmen  gegen  bie  englifdjen  ftaufleute  in  ben  $anfeftäbten  bon  1579 
<9hr.  111)  bieten  ebenfo  wie  bie  engtifdjen  $erteibigung«fd)riften  ber 
Merchant  Adventarers  (9fr.  166.  168.  197  ff.)  weiteren  reiben  ©toff 
in  biefer  bebeutfamen  Angelegenheit.  Sie  8efd)werbef<$rift  be« 
fionboner  Shmtor«  bon  1572  (9h.  5)  wirft  auf  bie  &amburgifd)«eng* 
lifdje  ©onberberbinbung  ein  fdjarfe«  Sidjt.  J)urd)  biefe  gfüDe  bon 
Wttn  wirb  bie  3)arfteBung,  bie  S^renberg,  Hamburg  unb  (Eng» 
lanb  im  ßeitalter  ber  ftönigin  ffilifabety,  über  biefe  93erl)ältniffe  gibt, 
nafcju  antiquiert.  E.  Baascb. 

SMe  £amburgifd)en  ©ürgennrifter  äirc&enpauer,  $eterfen,  Ser«inattn. 
Bettrage  )ur  beutfäen  ©efäidjte  im  19.  3a$r$unbert.  8on  «bolf  fB*$I' 
»UL    ©amburg,  Otto  Weiftet«  »erlag.   1903.   196  Seiten.  8*. 

S«  ift  ein  eigenartige«  SBerf,  ba«  ber  au«gejeid)nete  gorfdjer 
«uf  bem  ©ebiete  ber  #anfifd}en  ©efd)id)te  un«  t>ier  borlegt.  Sie 
bebeutung«boOe  (Epoche  ber  inneren  unb  äußeren  (Sntwicftung  ber 
alten  $anfeftabt  Hamburg  feit  ber  SRitte  be«  19.  Sa^rljunbert«  ift 
in  einer  biograpl>ifdjeti  5)arfteüung  breier  iljrer  fyeroorragenbften 
Jtepr&fentanten  bargefteQt,  unb  {War  at«  ein  einheitliche«  (Stande«, 
wobei   bod)  bie  $erfönlid)teiten  ber  brei  Staatsmänner  mit  tyren 


144  giteraturberid)t. 

djarotterijttfdjen  Snbiöibualitäten  plaftifc^  jjerbortreten,  oergleid>bar 
einem  jener  monumentalen  $entmäter,  toeldp  bie  (Einigung  unfereft 
Saterlanbe*  ober  bie  ©lütejeit  unfeter  tfafftföen  ftunft  burdj  bie 
©eftallen  ifjrer  fityrenben  ©elfter  jum  0u£brucf  bringen.  9htr  bie 
reife  S)arfteflung$funft  eines  SKeifterd  fonnte  fidj  an  eine  fo  fdjnrie* 
rige  Aufgabe  toagen  unb  fte  in  fo  gelungener  Seife  ausfuhren.  Sin 
ungemein  an$ieljenbe£  unb  lehrreiches  ©djaufpiel  roirb  un$  baburd> 
geboten.  3)ie  grogen  ©egenföfce  be$  $artilulari3mu$  unb  Wationa* 
litfmui,  bc*  abfolutiflifdjen  unb  repräfentatiben  SerfaffuugftoefenS, 
meiere  unfere  neuere  ®cfd)id)te  bewegen  unb  in  ber  ^roeiten  $älfte 
be*  19.  äabrbunbert*  &u  toefentUdpm  tlu&gleid)  gelangen,  geigen 
fidj  und  bier  in  bem  SntwicHungdgange  be*  i)amburgifd)en  SHetn* 
ftaatft  unb  jugleid)  in  bem  perfönlidjen  ©ntmicflungögange  feiner 
eefhn  Vertreter  mie  burd)  ein  d)aratterifHfd)e*  Setfpiel  iOnftriert  unb 
pfq<bologifct)  oeranid)aulid)t  Diefer  (Sefi^töpnnft  be$errfd)t  ba* 
ttadj  unb  wirb  oon  bem  8f.  fonfequent  innegehalten;  SotymiK  lägt 
fi*  toeber  oon  feinem  mannen  £ofalpatrioti*mii§  mo$  oon  feiner 
auf  eingebenbften  §tubien  berubenbem  ^etatlfamtnid  Herleiten,  meiter 
in  bat  tfiiqelite  einzugeben,  ali  e*  jenem  ®eiid)i£pum&  entfpridjt. 
TNftber  bleibt  bie  StarfteOmng  überall  tefielnb  and)  für  bem,  rocldjer 
bem  gefötlberteu  ttarb&Untjfen  mmb  $erfomem  mfy  ein  fpegieOe* 
£otaÜmtttrffe  entgegenbringt,  nnb  ber  ¥f.  bat  bamtir  im  ber  tat,  mit 
er  im  litt!  tagt,  beitrüge  >nr  9eid)i<6te  be*  19.  gabrijumbertS  ge* 
lieft«,  ^omrntUcb  gilt  bo#  für  be«  Hbfdraitt.  in  tan  bte  Stampfe 
um  $vambuig*  ^rtikmnfttttmia  nnb  ber  3*Q***M>i  am  bei  Seid» 
fcugdcgt  nnb  Jicic  tenriärltt  fbe^elegembeit  m  im  ifaer  ganzen 
tVbtnntng  für  bte  Nation  unc  tmr  bie  et:bt  mit  rnnjlnfeftex  Dmrtb* 
»ufcttgtat  enttruffl:  unb  m;:na;  bem  £t'er  ^erabe^m  mnt  tamuMtifd)er 
ewmmung  im  ^r/rn,t  bmr**  bie  crj^xl:^f  Stübnmmjju  mir  bte 
e*tgo$**$t*ftn<  $mxmffm  bmnt  bie  KttcrMmKm  tBrifcmSdUeüem, 
n>tjie&  <^rfc**n*  n*b  tfetaunt  *rmttra  jivt*«.  irie  bte  6ttm« 
*;**£*«  *n>  CNt^t^e  ^>rn  nx>  >:%.>**  wC-rix.  wie  bie  emsfnfte 
$tf**a  fe*  Äv**Ä*  erv:;:  t£  bt:  wvti:-;*  *ae  ic&$fc  9e* 
st*%**e  H*  £;\\t<  im  <r«rcm  ^nr*.r  ^rtr^^c  mhrr  er  majammtt 
x*fc*.  *******  *v£  **r  <9*J**r?t  *cr  tSfT»c,ro;i   rz>  Ämimx  |m  be« 

^^.^r>.Tirn'  K>m  *r.;^  K*r^t  o^f  *t>  tU  Jrm  )>iiwimgim>< 
*{ymsbm  Kt7^r^^rr>  it  #vrt  w»^t  tr  ebertäre  Joe  mm*  im  em^ 
^NK^nttti.     Hwf«^r>  Wu  hrir  ^rr*-  -.1vn:  ^tvc  >r*  1 


Seutfdp  ßanbfaaften.  145 

bolb  in  bic  mannigfaltigfiten  SBera>altung*gefd}äfte  hineingezogen  unb 
mit  bem  ganzen  tönfafe  iljrer  Strafte  bem  2)ienfte  ber  Saterftabt  Ijin* 
gegeben,  bema^rtn  fie  fid}  bod>  ben  weiten,  freien  %u*blict  in  ba* 
allgemeine,  ba*  Serft&nbni*  für  bie  Sntereffen  be*  Oefamtbatertanbe* 
unb  für  bie  ibeeDen  ©fiter.  ®ie  ftnb  baljer  imftanbe,  frei  oon  Hein» 
ftaatlidjer  Sertnödjerung  bem  großen  Umfd)n>ung  ber  beutfdjen  ®e* 
fctydjte  gu  folgen  unb  bie  tritt  unbermeiblid)en,  teil*  erttmnfdjten 
StitAoirtungen  auf  bie  Ser^ältniffe  Hamburg«  }u  neuen  Lebensformen 
gehalten  )u  Reifen.  Hamburg  ift  unter  itjrer  Seitung  au*  einem 
ftarf  ifotierten  Huftenpoften  }u  einem  engberbunbenen  ©liebe  be* 
2)eutfd)en  fteidje*  geroorben,  unb  rote  ba*  SBeroufjtfein  biefer  gtüdflid) 
oerfinberten  Stellung  in  bem  ©tabtftaate  felbft  tiefe  SBurjefn  ge* 
fdjlagen  $at,  fo  $at  ba*  SBirfen  jener  SRänner  titelt  roenig  ba)u 
beigetragen,  «baß  f>anfeatifd)e£  SBefen  in  S)eutfd)(anb  auf*  neue  jur 
fcnerfennung  gelangte  unb  ber  befte  Seil  ber  Ijanfeatifdjen  Xrabi* 
tioneu  ©emeingut  be*  gefamten  beutfdjen  Solle*  geroorben  ift."  3m 
Sinne  biefer  Sorte,  mit  benen  SB.  fein  8udj  befdjlie&t,  toirb  avut) 
bie  Seitüre  be*  SJuctye*  mirfen  unb  ben  greunben  ber  beutfdjen  roie 
ber  $amburgifd)en  ©efdjidjte  gleich  roißfommen  fein.  E.  B. 

Da*  jtDcite  ©trai|unbifd)e  Stabtbud)  (1310—1842).  3m  ttnfölufe  an 
ben  oon  fcfcrifiian  acuter,  $aul  fitefr  unb  Otto  SBefyier  oeröffentliAten 
erften  Seil  bearbeitet  Don  Stöbert  ffbelnig,  6tabtard)tDar  ju  6tralfunb. 
©tTalfunb,  »erlag  ber  Ägl.  Megieiung*&u<5brucferei.  1903.  ®r.  8°.  VHI, 
391  6. 

Son  bem  reiben  ©eftanbe  be*  ©tralfunber  Krtybe*  an  mittel- 
elterlichen  ©tabtbüdjern  (ogt.  »alt.  ©tubien  XLVI,  ©.  81— 99)  roaren 
bi*$er  jroet,  ba*  ftltefte  ©tralfunbifdje  ©tobtbud)  (1270—1310)  bon 
g.  Sabriciu*  (»erlin  1872)  unb  ba*  Serfefhutg*bud)  oon  g.  gten** 
borff  ($aUe  1875),  in  mufiergültiger  SBeife  $erau*gegeben.  Da* 
jmeite  ©tabtbudj  (1310—1342)  beftetjt  au*  brei  Seilen,  bie  bon  bem 
©tabtfdjreiber  3o$ann  ftuffelin  bejeidjnet  ftnb  al*:  über  de  here- 
ditatum  obligacione,  über  de  hereditatum  resignacione,  liber 
de  arbitrio  consulum  et  eorum  apecialibus  negoeiiß.  Der  elfte 
Zeil  mar  1896  bon  Gfjriftian  Deuter,  $aul  Siefe  unb  Otto  Seiner 
berftffentli$L  3efrt  Ijat  ber  ©tralfunber  ©tabtardjibar  9t  Sbeling 
mit  biefem  erften  Zeile  jufammen  aud)  bie  beiben  anberen  fjerau** 
gegeben.  Die  Beröffentlidjung  ift  ermöglicht  burd)  Unterftüfeung  be* 
SügifdHßommerfdien  ©efd)id)t*berein*  }u   ®reif*roalb.    SBa*  bie* 

*Hfettf*e  8fttf*rift  («b.  M)  9t.  fr  Ob.  LVHI.  10 


146  8iteraturberi$t 

©tabtbud)  enthält,  bad  ift  fdjon  auö  ben  alten  Sqeidjnungen  erftdjt* 
lid).  ®8  umfafct  Serpfänbungen  unb  Aufladungen  be$  ftäbtifdjen 
@runb«  unb  #au$beftfteS  fomie  WatSroiHtttren,  atfo  borneljmlid)  Wftc 
ber  fog.  freiwilligen  ©ertc^tSbarfeit.  Aber  jroifdjen  ben  SJerpf&n* 
bungen  unb  Huflaffungen  beftnben  ftd)  bod)  aud)  allerlei  anbere  ©in* 
tragungen  über  Saufe  unb  ©erlaufe,  erbfdjaftlidje  tfaöeinanberfefeungen, 
JBergleidje  u.  a.  m.  S)ie  britlc  «btetlung  ift  öffentlicfcredjtlidjen  3n* 
tjalfö  unb  jum  Seil  fetyon  bei  SJranbenburg  (©efdjidjte  be$  SRagiflratÄ 
ber  ©tabt  ©tratfunb),  gabriciuS  (Urfunben  jur  ®efdjid)te  be*  Surften« 
tum$  {Rügen)  ober  goef  (Kügenfc^Jommerfdje  @efd)id)ten)    gebrudt. 

S)er  3nljalt  be$  ©tabtbudje*  wirb  feine  redete  SBürbigung  über 
ba3  tofale  Sntereffe  Ijinau*  erft  burd)  SSergleidj)  mit  äfjnltdjen  Supern 
norbbeutfdjer  ©täbte  finben.  (Erleichtert  ift  eine  foldje  VuSnufeung 
burd^  bie  ausführlichen  unb,  rote  e$  fd^eint,  fe$r  forgföltig  gearbeiteten 
9f  egifter.  9lur  bei  ber  ©eftimmung  ber  Ortdangaben  ift  ntc^t  immer 
baft  nichtige  getroffen.  Hud)  fonft  mad)t  bie  Bearbeitung  ben  Sin« 
bruef  großer  (Sorgfalt  unb  mutanten  gleite«.  SRöge  btefe  SRü$e 
beft  SBearbeiterS  burd)  reidjlidfce  ©enufeung  feiner  Arbeit  belohnt 
roerben. 

©tettin.  M.  Wehrmann. 


§of«  unb  ^entratoerwaltung  ber  äBettiner  in  ber  «ßeit  eintjettlidjer 
fcerrfäaft  über  bie  meifjntfcM&üringtfdjen  ßanbe  1248—1379.  öon  $. 
».  Steuer.  (Seidiger  ©tubien  au3  bem  Gebiet  ber  Geföicftte.  9.  ob. 
3.  fceft.)    ßeipaig,  Seubner.  1902.    6.  151. 

Aber  bie  SReuorganifation  be$  8el>örbenroefen&  im  16.  3aljr* 
fjunbert  liegt  eine  Steige  guter  arbeiten  bor.  J)ie  mittelalterliche 
3entralberroaltung  bagegen  ift  bisher  faft  ganj  bernadjtäffigt  roorben, 
obrootjl  bie  betreffenben  furjgefa&ten  Äbfdjnitte  in  Sampredjtö  @e* 
fdjictye  be8  beutfd&en  SBirtfc^aft8leben«  unb  ffiofentljatt  „®efdjid>te  be* 
®erid)t3tt>efen3  unb  ber  SJerroaltungSorganifation  Säuernd"  Anregung 
ju  etngeljenberen  ©tubien  Ratten  bieten  tonnen.  $.  93.  Steuer  fann 
bad  öerbienft  in  «nfprud)  nehmen,  juerft  eine  grünblidje  SRono* 
grapljie  über  bie  gentralberroaltung  eines  mittelalterlichen  Icrri* 
toriumd  geliefert  ju  $aben.  ©eine  mit  einbringenbem  83erftänbni3  ge* 
fd)riebene  Arbeit  be^anbelt  1.  bie  Drganifation  ber  ßentralbermat* 
tung,  ben  SRat,  bie  ffanjlei,  bie  #au$ämter  unb  i&re  Umbilbung, 
2.  bie  ©erid)t&berfaffung,  3.  bie  ginanjtoerroaltung  ber  SBettiner. 


Seutfac  ßanbfcfriften.    Öfterrehft.  147 

9Ran  roirb  Don  ber  (Einleitung,  bie  ftd>  im  roefentlidjen  batauf 
foför&ntt,  bie  „(Erftarfung"  ber  lanbe$$errtid)en  ®e»alt  burd)  «uf« 
fangen  epmierter  geiftlidjer  unb  melttidjer  Sefifeungen  »innerhalb  be* 
eigenen  Sanbe*"  ju  fdjilbern,  eingebende  tlu&einanberfefeung  mit  ber 
bekannten  ftontroberfe  über  Cntftetjimg  ber  £anbe8fjerrtid)feit  nidjt 
crmarten  bürfen;  bod)  befrembet  t%,  bafe  in  biefem  gufammenfjange 
bie  befonber*  in  ben  Warfen  frityjeitig  unb  frttftig  entmicfelte  @e* 
Ti$tf$o$eit  be*  SonbeSfarrn  unberü<fftd)tigt  geblieben  ift.  $.  95.  SU 
Stoppt,  ba*  oberfke  ©eridjt  be*  SKarfgrafen  Ijabe  ftd)  au*  ber  $of* 
b$to.  Sefjngeridjtftbarteii  entmicfelt  (@.  42.  43),  meidjt  oon  ber  &eute 
jiem(i$  allgemein  angenommenen  unb,  roie  mir  fdjeint,  tooljlbegrün* 
beten  Sljeorie  ®eorg  SReQer*  ab  (bgl.  Se$rb.  be*  beutfdjen  Staate 
xed)t*  @.  306,  4.  Auflage),  na$  melier  ba*  mit  ffiftten  befefete 
bödrfte  ©triebt  be*  2anbe*ljerrn  oielmeljr  ein  «an  ben  $of  gezogene* 
$aubgerid)t"  gemefen.  Semerteitfroert  ift,  bafj  ber  $ofrid)ter  im  Sanbe 
ber  Settiner  eine  &tit  lang  biefelben  gfunhionen  berfal),  bie  in  anbeten 
Territorien  metft  bem  $ofmeifter  al*  9iegierimg*beamten  unb  (Eljef 
be*  #ofe*  oblagen.  SBie  man  l)ierau*  fie^t  ift  aud)  bem  mittelalter* 
li$en  Saufen  Trennung  Don  SufKj  unb  S&erroattung  fremb  ge* 
aefen. 

Vud)  umfangreiche*  ungebruefte*  Waterial,  bef  onber*  ber  in  ben 
ttegiftarbänben  be*  5)re*bener@taat*ardjto*  enthaltene  Urfunbentoorrat, 
ift  in  ber  Arbeit  bermertet  roorben.  Am  @djlufi  ftnb  Begattungen, 
fleberfe,  9ied)nungen  öeröffentlic^t  unb  ©eamtenliften,  ein  forgfam 
angefertigte*  ^tinerar  ber  TOarfgrafen  beigefügt  Sin  Kamen«  unb 
6ad)regifter  märe  trofc  ber  3nf)alt3überfid)t  unb  Haren  Sityofttion 
be*  ©anjen  nidjt  uberflüffig  getoefen. 

8re*tau.  H.  Spangenberg. 

$a*  $riütleg  grrtebriiW  I.  für  ba*  fcetflogtum  öfterreid).  Sou 
IB.  tobe«,    ttien,  Ä.  Äonegen.   1902.   VI  u.  144  ©. 

3n  forgfttltiger  Unterfudpmg  toirb  l)ier  ber  ttadjroei*  geführt, 
ba{j  ba*  bon  ffoifcr  griebrid)  I.  bei  ber  (Erhebung  ber  Dftmarf  jum 
$er)ogtum  am  17.  September  1156  ausgepeilte  $ribileg  (Winu*) 
öon  einem  3)iftator  berfafct  ift,  ber  in  ben  %af)Ttn  1156—1158  unb 
urieber  1163  ber  taiferltdpn  ftanglei  angehört  l>at  (®.  35).  gür  biefe 
geflfteOung,  burd>  meldte  bie  Annahme  foäterer  Anfertigung  be« 
ißribileg*  nodj  bestimmter  at*  bi*$er  an*gefd)loffen  toirb,  ebenfo  roie 
für  ben  9la$toei*,  baft  in  ber  ffanjlei  griebrid)*  I.  ber  Codex  Udalrici 

10  • 


148  Stferatuvbeiicftt. 

ober  eine  mit  biefem  öertponbte  Sammlung  atö  gormelbucf)  benufrt 

mürbe  (@.  14),  femer  für  feine  Ausführungen  über  bie  Sudfertigung 

jmeier  (Ejemplare  (@.  116)  unb  über  bie  Überlieferung  (©.103)  borf 

(Erben  auf  Dolle  3uftimmung  rennen.    $lnber£  fteljt  e$  mit  ber  Sin* 

naljme,  beren  ©egrünbung  er  ben  größten  Xei(  fetner  ttnterfudjung 

geroibmet  l)at,  ba&  nämtid)  jmei  ber  roidjtigften  Stellen  be§  $rit>i(eg£, 

benen  eä  eigentlich  feine  ©ebeutung  für  bie  Derfaffung8gefd)id)tüd)e 

5orfcf)ung  Derbanft,  bie  eine,  burd)  meiere  bie  Verpflichtungen  be& 

öfterretc^ifd^en  $erjog8  jum  Sefud)  ber  $oftage  unb  jum  ffleidß* 

Ijeerbienfte  eingefdjränft  »erben,  unb  bie  anbere,  in  ber  bem  $erjog 

Reinritt)  unb  feiner  ©emafjlin  ba*  Stecht  Derlieljen  iftr  für  ben  ffctt 

finbertofen  Ablebens  über  bie  SRadjfolge  in  bem  #erjogtum  frei  $u 

Verfügen  (ius  affeetandi),   erft   in  ben  Seiten  $erjog  §riebrid)6  IL 

eingefdjaltet  morben  feien.1)    3n  formeller  $inficf)t   ftüfct  ®.  feine 

Annahme  barauf,  ba&  bie  erfte  Sergünfttgung  objeftio  gefaxt  ift,  ba* 

burd)  quo  ber  bem  ©Ijarafter  ber  ftönigftirtunbe  entfprectyenben  fub* 

jeftiDen  Raffung  be§  *ßriüileg8  IjerauSfättt.    <E.  felbft  aber  füljrt  ben 

9tad)tt>et£,  bafc  biefer  SBa^rne^mung  eine  entfdpibenbe  9eroei6traft 

nid)t  jufomme  (®.  66,  68),  ba  ein  (Einbringen  ber  objeftioen  gaffung 

in  Diplome  ju  Jener  3*ü  ntd^t  au8gefd)loffen  ift,  unb  man  tann  bem 

Ijinjufügeu,   bafs   bie  #ineinarbeitung  eine*  unter  au&erorbenttidjen 

Umftänben  bewilligten  SorredjteS  in  ben  $egt  be*  ?ßriDileg«  leidjt  ju 

foldjer  Slbroeidning  Don  bem  gemöljnKdjen  gormular  führen  tonnte. 

SBenben  mir  un*  ju  ben  inhaltlichen  Orünben,  fo  Ijat  fdjon  Sreftlau 

(9?.  «r$ib  XXIV,  552)  nadjgeroiefen,  ba&  bie  Befreiung  Don  ber 

Verpflichtung  )um  Sefud)  ber  $oftage  Dor  bem  böljmifdjen  $ritoi(eg 

Dom  3at)re  1262  feineSmegS  fo  Dereinjelt  geroefen  ift,  aU  <E.  an* 

nefjmen  möchte.    3)er  Sluffaffung  aber,  ba£  biefe  ^Befreiung  nicf)t  im 

Sntereffe  be$  $erjog$  gelegen  mar,  ba  fte  ifjn  beS  (EinffoffeS  auf  bie 

Staatsangelegenheiten  berauben  tonnte,  Dermag  id)  nid)t  beijupfltd)ten, 

ba  ja  mit  jeber  (Exemtion  tljeoretifd)  menigftenS   eine  berartige  Sin« 

bu&e   Derbunben   mar.     SBir  Ijaben   bod)   ben   SBiberftanb,   melden 

$einrici>  ben  SJorlabungen  ber  3al>re  1152—1154  entgegenfejte,  fein 

Verhalten  im  (EntfdjeibungSiaijre  1156  $u  beachten,  unb  roerben  e$ 

bann  gang  begreiflich  finben,  bafc  er  auf  eine  berartige  Befreiung 
v 

v)  ^Begeu  beä  Dou  «oltelini  (SKütfc.  beS  3nft  f.  öfterr.  ©efd)to}t*f.  25, 

354)  beanftanbeten  ducatum    affeetandi   cuicumque  voluerint  üertoeife 

idj  auf  baS  franaöftfdje  affecter  qc.  k  q.,  toeld)e3  einen  gleichartigen  ©** 

braud)  Don  affeetare  DorauSfe|en  läfet. 


Öfterrei*.  149 

Äert  legte.  Seinem  freimütigen  (Erfdjeinen  auf  ben  #oftagen  ftanb 
ja,  mie  d.  felbft  jugibt  (@.  78),  aud)  na$  bem  $ribi(eg  nid)t3  im 
SBege.  $htfid)t(idj  ber  Befreiung  Dom  Reid)$ljeerbienfte  fjat  ffi.  aller* 
bingS  ben  fRadjroetö  erbracht,  baß  ben  Warfen  eine  foldje  Don  a(ter$(jer 
grunbfäfetid)  nid)t  julam,  baß  alfo  Don  ber  Übertragung  biefe*  alten 
Sorredjte*  ber  War!  auf  ba£  neue  $ergogtum  nidjt  bie  Rebe  fein 
famt;  aber  roa*  er  bafür  anführt,  baß  gerabe  ßaifer  griebridj  I.  eine 
foldje  Befreiung  ntc^t  jugeftanben  fjaben  tann  (®.  92 — 95),  Dermag 
nidjt  )u  überzeugen.  Äud)  barauS,  baß  Otto  Dongfreifing  in  feinem 
Senate  (Geeta  Frid.  n,  c.  55)  biefe  3ugeft&nbmffe  nidjt  ermäfjnt, 
lftßt  ftdj  lein  ^mingenber  ©d)luß  }iel)en;  benn  ber  (Efronift,  in 
folgen  gfragen  oljnefjin  roenig  juDerldfftg,  Ijat,  al£  er  feinen 
Stricht  nieberfd)rieb,  ba*  $riDileg  ntc^t  jur  #anb  gehabt  unb  be* 
fdjrftntt  ftdj  auf  bie  Säuberung  ber  äußeren  Vorgänge.  Daß  unter 
ber  {Regierung  $ergog  griebrid)*  II.  bie  Sebingungen,  meiere  gu 
«hier  Berfälfdjung  be*  SRimt*  Derleiten  tonnten,  Dorf>anben  roaren, 
ift  ridjtig  unb  ijat  ja  feinerjeit  jur  Snnaljme  geffiljrt,  baß  c*  über« 
$aupt  erft  unter  iljm  entftanben  ift.  96er  ebenfogut  tann  man  fagen, 
fraß  ju  feiner  Seit  jum  erftenmaf  bie  perfönlidjen  unb  politifdjen 
3ta$&ltniffe  jufammentrafen,  meiere  bie  prattifefte  Sertoertung  ber  im 
Saipe  1166  gugeftanbenen  $orred)te  Derantaffen  tonnten.  Unb  ba£ 
bürfte  rooljl  ba*  Widrigere  fein.  Denn  <E.  ift,  um  feine  9mtal)me 
*u  begrünben,  ju  ungemein  tünfißdpr  ©etoeiSfu^rmig  genötigt. 
Daraus,  baß  ber  ttaifer  ben  $ergog  im  3afjre  1231  nad)  ftaDenna, 
bann  }u  anbeten  außerhalb  öatjernS  abgehaltenen  #oftagen  oorlub 
(6.  124),  fann  man  bod)  nur  folgern,  baß  er  bad  $riDileg  Don  1156 
nid)t  tannte  ober  nid)t  beamtete,  feine$»eg&  aber,  baß  e£  bamatö  bie 
folgen  Sorlabungen  entgegenfte^enbe  Seftimmung  nod)  nid)t  enthielt. 
So  Dermag  man  aud)  ber  SSermutung,  baß  $erjog  gfriebridj,  ba  er 
Dom  Sunt  1243  bt£  gegen  Snbe  be$  nädjften  3afjret  in  guten  8e« 
jie^nngen  gu  ben  9Kttel3bad)ern  ftanb  unb  um  eine  $rin}effm  biefe« 
<$aufe*  freite,  auf  ben  SBunfdj  DerfaDen  fei,  nur  in  Sägern  Dor  bem 
ftaifer  erfdjetnen  gu  bürfen,  fomie  ber  anbeten,  baß  jur  felben  Qtxt 
bie  SRongotengefafjr  nod)  in  fo  lebhafter  (Erinnerung  mar,  um  feine 
gorberung,  Don  ber  jReidjftfjeerfalpt  befreit  )u  roerben,  gerechtfertigt 
erfdjeinen  ju  laffen  (6.  127),  menig  SeifaH  )u  fpenben.  Daß  enb- 
Kd)  ba«  JBerfa^ren,  roeldp*  ber  $ergog  ober  ber  Don  ifjm  beauftragte 
Jfanftletbeamte  jur  (Einhaltung  be3  ius  affeetandi  nadj  (E.  einge* 
f dalagen  $aben  müßte,  bem  angeftrebten  groede  menig  entfprä^e,  bot 


150  Sttetoturberi^t. 

lurba  (Oefdjidjte  be*  Jtpronfolgeredjte*  S.  413)  richtig  erfannt. 
SBenn  b.  Sufäin  (äRittij.  b.  3nft.  f.  öfterr.  @efd)id)t$f.  XXIV,  112—115) 
jur  Unterftüfcung  6.S  auf  bie  Sufäfee  ju  bet  ©eorgenberger  ftanbfeftc 
öom  17.2tuguft  1186  (Sd)minb*3)opfct),  ÄuSgem.  Uttunben  20, 9h.  13) 
f)ingetoiefen  ljat,  bon  benen  menigften*  einer  in  bie  3"t  $trjog 
griebrid)*  II.  faßt,  fo  iß  bem  entgegenhalten,  bafe  biefe  dufäfee 
in  bem  Original  ber  $anbfefte  (ogl.  ba*  gafftmile  bei  SRudjar,  @ef$» 
beS  #erjogtum$  Steiermarf  IV,  in  bem  aber  ber  Unterfdjieb  bon 
Schrift  unb  State  nidjt  ttriebergegeben  ift)  al*  foldje  fdjon  butd)  bie 
auSbrüdtidje  3eitangabe  bei  bem  erften,  bie  Senoeifung^etc^en  für 
ben  jmeiten  unb  britten  beutlidj  ju  erlennen  finb,  eine  Interpolation 
im  eigentlichen  Sinne  alfo  nidjt  ftattgefunben  $at  (bgl.  gicfer,  SJeitr* 
5ur  Urfunbentetjre  II,  57).  2Ran  tonnte  bemnad),  menn  man  bie 
oon  ®.  beanftanbeten  ©teilen  be*  SRinu*  aß  fpätere  gutat  betrauten 
null,  nidjt  ba*  Original  ber  ©eorgenberger  $anbfefte,  fonbem  tyty 
ften*  ein  Iran*fumt,  in  meinem  bie  ßufäfee  an  ber  il)nen  angemief enetr 
Stelle  eingefügt  roorben  mären,  jur  Sergteicgung  ^eranjie^en.  Olaube 
id)  alfo,  ba|  $erjog  griebrid)  II.  ber  8erfälfd>ung  be*  äRinu*  nid)t 
befdjutbigt  ju  »erben  brauet,  fo  entfällt  für  mtdj  ber  anlag,  auf 
bie  Ausführungen  C*  über  bie  fttttidje  Beurteilung  fold)er  gälfdjungen 
tjter  näljer  einjugel)en;  idj  Ijoffe,  mid>  über  biefe  grage  an  anberer 
Stelle  au*füljrfidjer  äufcern  }u  fönnen. 

©ra*.  K.  ühlirz. 

2)ie  ©eaie&ungen  öon  Staat  unb  Äirdje  trttyrenb  be*  Mittelalter«. 
$on  $etttridj  81.  b.  Srbtf.  SnnSbrud,  »agner.  1904.  8°.  XV  unb 
229  ©. 

$er  SBf.  unterfud)t  eingeljenb  bie  Anfänge  unb  ©runblagen  jener 
eigenartigen  Stellung,  meldje  bie  SKrdje  in  ben  öfterreid)ifd>en  Sänbent 
einnimmt.  SBenn  aud)  bie  §auptpunfte  ber  ©ntroirflung  fdjon  in  ben 
#anb*  unb  Se&rbüd&ern  ber  öfterreid)ifd)en  8teid)*gefd)id)te,  namentlich 
in  bem  b.  Sufdjin*,  richtig  erfannt  unb  bargeftellt  roorben  roaren, 
in  biefen  Sudlern  fidj  audj  ba*  Sd)ema  für  bie  (Einteilung  be* 
Stoffe*  fanb,  fo  ift  ber  (Ertrag  ber  neuen  Bearbeitung  bodj  nidjt  gering 
anaufdjlagen.  2>ie  umftdjtige,  mit  reifer  Duellen»  unb  Literatur* 
fenntni*  burdjgefüfyrte  Unterfudjung  lügt  bie  Vorgänge  in  biel 
fdfärferem  Sichte  erf feinen,  mit  aDer  S)eutlidjfeit  bie  8u*bilbung 
einer  bi*  in  bie  ©egenmart  feftgeljaltenen  9tegierung*ü&erfieferung 
erfennen,  meiere  an  mannen  fünften  fdjon  unter  ben  legten  8aben* 


f 


öfterreid).  151 

bergern  einfefct,  mit  befonberer  Straft  unb  golgerichtigteit  aber  Don 
Ottotat  unb  ben  #ab*burgern,  unter  biefen  namentlich  Don  SRubolf  IV., 
Albredjt  V.  unb  griebridj  V.,  geförbert  unb  geljanbfjabt  toorben  ift. 
Die  SRaßregeln  fflubolf*  IV.  erfdjeinen  in  biefem  3ufammenf)ange 
nidjt  att  etwa*  ganj  unvorbereitetes  unb  unerhörtes,  fonbern  als 
©lieber  ber  gefdjttberten  (Enttoictlung.  ®er  JBf.  $at  bie  roirtfdjaft« 
fielen  Berljältniffe,  bann  bie  be£  Unterricht«  betfeite  gelaffen,  tfdj 
tu  ber  $auptfad)e  auf  bie  fünf  nieberöfterreidjifdjen  Sanbe  befdjräntt, 
alfo  eigentlich  nur  ben  öfterreidjifdjen  Anteil  beS  @al)burger  ffirj« 
fprengelS  6ef>anbelt,  ben  be*  Matriarchats  Aquiteja  nid>t  näfcer  berüd* 
f^Hgt  3n  biefer  ©efd>räntung  aber  bietet  er  eine  forgfältige  Dar« 
fteüung  beS  Bertjältniffe*  i»ifd)en  ber  lanbe3l)errlid)en  unb  ber  tirc$* 
liefen  ©eroalt,  toeldje  einen  ©erlauf  aufroeifl,  bem  man  taum  in 
einem  anberen  beutfdpn  Territorium  eine  gleichartige  ©ntttictlung 
Don  foldjer  Reinheit  unb  golgeridjtigteit  in  ä(jntid)em  SRaßftabc  an 
bie  Seite  [teilen  tonnte.  SBir  Dermögen  bis  in*  einzelne  ju  Der* 
folgen,  wie  bie  öfterreidjifd>e  Äird>enpolitit,  roenn  aud)  nid)t  gan$ 
unbeeinflußt  Don  ben  allgemeinen  {Richtungen  ber  £eit,  fo  bod) 
borroiegenb  Don  rein  politiftyen  unb  toirtfdiaftUdjen  ©rroäguugen 
unb  ftotroenbigteiten  geleitet,  bie  S3erl)ältniffe,  roeldje  ftd)  au£ 
ber  Zrennung  beS  n>ettlid)en  SBerbanbeS  Don  bem  tird)lid)en  er* 
geben  mußten,  jugunften  ber  lanbe$l>errlid)en  ©eroalt  regelt  ®ie 
bringt  babei  ©runbfäfee  jur  ©eltung,  melden  bann  ber  $roteftan* 
tiftmu*  neuen  3nl>alt  unb  tl)eoretifdje  öegrünbung  beriefen  follte, 
unb  bie  in  biefer  erneuten  gorm  auf  bie  tatljolifd)  gebliebenen  Sänber 
turfiefgeroirtt  Ijaben.  2>ie  (EnttoicHung  fübrt  Don  bem  urfprünglidjen 
übergreifen  ber  flirre  in  ©ebiete,  meiere  ber  neu  fid^  bilbenbe 
Staat  mit  ber  fortfdjreitenben  SBertiefung  unb  (Erweiterung  feiner 
Aufgaben  für  fidj  in  Änfprud)  nehmen  mußte,  jur  #erfteüung  (anbeS* 
Iprrlidjer  Übermacht  unb  jur  Sinflußna^me  audj  auf  rein  firdjlidje 
Angelegenheiten.  —  3n  ben  Seilagen  finb  mehrere  bitter  ni$t  Der« 
öffentliche  Urfunben  abgebrudt,  al$  roidjtigfte  baS  ben  SBiener  ©ür* 
gern  am  20.  3uni  1359  Dom  Zapfte  3nnocen$  VI.  auf  fünf  %af)xt 
Derlieljene  Privilegium  de  non  evocando.  SBon  Sinjelfjeiten  merte 
id)  an,  baß  bie  Xätigteit  be*  $affauer  Offijiolat*  in  SBien  a(* 
Urtunbftbe^örbe  mie  überhaupt  bie  ©eurfunbung  Don  9ied)t$gefd)&fteu 
über  liegenbeft  Out  in  Sien  bor  bem  ©efefre  KubolfS  IV.  (@.  183) 
nod)  genauer  ju  unterfudjen  märe.  Über  bie  Anlage  unb  ben  3roed 
ber  fog.  SBiener  ©efd)öft3büd)er  Derroeife  id)  auf  meine  SRitteilungen 


152  Siteraturberi^t. 

in  bei  bon  bem  2lltertum3bereine  herausgegebenen  ®efd}id)te  SBienS 
(II,  96).  ®en  9iad(jla&  be$  päpftlidfcen  Segaten  «iejanber,  »ifdjof* 
bon  gorli,  Ijat  ftaifer  griebrid}  III.  ntdjt  auf  ®runb  bc$  ©polten? 
redete*,  fonbetn  mit  Berufung  auf  eine  münbltdje  (Erflärung  be$ 
(SrblafferS  beanfprud&t  (bgl.  33erjeid)nig  ber  Drigmalurfunben  be$ 
SBiener  ©tabtardfjib*  III,  9h.  4981,  4993).  Stuf  bie  mit  feinet  Sirbett 
fidj  menigften3  teilroeife  berüljrenbe  Untcrfudjung  KrabboS  (Ärdjib 
f.  öfterr.  ®efd).  93.  Sb )  unb  bie  roertbotle  Veröffentlichung  SengS 
(Acta  Salzburgo-Aquilejensia  I,  1. äbt.)  fonnte  @.  nur  in  ben 
9tad)trägen  5Hürfftc^t  nehmen.  —  ©törenb  empfinbet  man  e$,  bog  ber 
8f.  auf  bie  ftiliftifdje  Durcharbeitung  feiner  ja  an  ftd)  fd)ttrierigen 
Unterfudjung  nur  geringe  SRülje  berroenbet,  namentlich  ben  aüju  reidfc 
lieben  ®ebraud)  entbehrlicher  grembroörter  nietyt  bermieben  Ijat. 
®raj.  Karl  Uhlirz. 

3ur  ffiecfttggefdjitite  bei  abligen  ©runbbeftfre*  in  Öfterreicf).  $on 
@.  «Mer.    fieip^igr  Wunder  &  fcumblot.  1902.   167  6. 

3)iefeS  ®ud)  enthalt  jmei  fclbftänbige  Äbljanblungen,  bie  fdjon 
beS^alb  bie  Stufmerffamfeit  ber  gorfd&er  beanfprudjen,  weil  fie  großen* 
teils  ardjibalifdjeS  Material  berroerten  unb  fragen  erörtern,  bie  biÄ* 
l)er  erft  in  einem  Seil  ber  Siteratur  mit  genägenbem  Eifer  bi&futiert 
werben.  1.  3n  ber  Sbljanblung  „3)ie  red)tlid)en  Kategorien  be* 
abligen  ©runbbeftjjeS"  werben  SSerljältniffe  gefd)ilbert,  bie  in  ber 
$auptfad)e  eine  ©igentümltd&feit  ber  öfterreidjifd&en  ßanbfdjaften  mit 
iljrer  SKanntgfaltigfett  abiiger  Klaffen  ftnb.  Hber  e$  fällt  genug  audj 
für  bie  allgemeine  beutfdfje  3ted&tSgefcIjid)te  ab.  #erborgeljoben  feien 
bie  Ausführungen  über  ben  SBurgcnbejtfc  unb  bie  binglicfye  ©runb* 
läge  ber  Sanbftanbfdjaft.  Stbler  nimmt  fjter  ju  metner  @d)ilberung 
Territorium  unb  ©tabt"  @.  200  ff.  Stellung.  3um  Problem  ber 
©ntfteljung  ber  Katafter  ift  neuerbing*  #.  Sftitter  b.  @rbit,  3>ie  8e- 
jieljungen  bon  «Staat  unb  Kirche  in  Dfterreid)  roäljrcnb  be*  SRittel* 
altera  fönnSbrurf  1904),  @.  150  Ijinjujuneljmen.  $>er  Sladjroci«, 
bafc  SKimfierialen  ftd)  im  ©eftfce  bon  „SreMSigen"  befinben,  ift  «. 
boUfommen  gelungen.  2.  Die  jroeite  9tbl>anblung  *3)er  ,©urgfriebe' 
ober  bie  ,9Sogtciil#  begießt  fid)  auf  bie  bunten  SSerfjältniffe  ber  Stellung 
bcö  abligen  ®runbbefifee3  in  ber  ®erid)tSbarfeit.  3n  ben  einleitenben 
Partien  ftreift  91.  aud)  gragen  ber  ©ntfteljung  ber  beutfd^en  ©tobt* 
berfaffung.  SJetreffä  be3  ©teuerroefenS  l)at  er  (@.  139)  fid^  ju  feljr 
ber  bon  mir  in  biefer  3ettfd(jrift  90,  ©.  322  ff.  (bgl.  audj  3)opfdj,  ®ött. 
®el.  9lnj.  1903,  @.  74)  befprodjenen  Hnfdjauung  KoglerS  angefdjloffcn. 

Tübingen.  G.  v.  Below. 


Öfterreid).    Sfanbinaüien.  153 

Serdffentlidntngen  bcr  Äommiffton  für  neuere  ttejcbicftte  Öfterreid)*. 
CtrimologifcQeft  Serjeicftni*  bei  öfterrettbiföen  6taattoertrfige.  L  Die  öfter* 
TeUtyfcfci  ©taatt&ertrÄge  Don  1526—1763.  8on  ftthtoig  Stttner. 
SBien,  «oltfaufen.   1903.   XXI  u.  228  ©. 

3>ie  fett  einigen  3aljren  beftetjenbe  ftommiffton  für  neuere  (De* 
fdjidjte  ÖfterreidjS  Ijat  enblid)  ein  Sebenftgeidjen  toon  fidj  geben  fönnen. 
VI*  notoenbige  unb  roertooüe  Sßubltfation  mürbe  toon  Anfang  bie 
Verausgabe  ber  öjfcrreidjifdjen  ®taat*berträge  in*  Buge  gefaßt.  @ie 
f ofl  nad)  Sänbern  erfolgen ;  als  $anbbud)  barfiber  unb  gugteid)  ju  erfter 
Orientierung  ift  nun  ber  erfite  9anb  eine*  allgemeinen  Serjeidjmffe* 
erföienen,  bi$  }um  $ubert£burger  ^rieben  reidjenb,  1120  Kümmern 
uatfaffenb.  3n  ber  (Einleitung  befpridjt  Dr.  ©irrner  bie  maßgebenben 
©runbfäfrc:  fo  finb  „alle  Vereinbarungen,  meiere  jttriföen  einem 
SRitgliebe  ber  beutfd)en  ßinie  ber  $abdburger  a(£  Staatsoberhaupt 
atter  ober  eine«  Zeile*  ber  jur  Seit  be$  SSertrag*fd»luffe$  im  ©eftfc* 
biefer  Sinie  befinblidjen  Territorien  unb  einer  fremben,  t>ölterred)tli$ 
*ur  $ertragfd}lief}ung  fähigen  3Rad)t  über  ftaatlidje  #obeit$redjte 
juftanbe  gefommen  roaren",  als  öfterreidjifdje  ©taatSöerträge  angefe^en 
worben.  S*  folgen  bann  bie  einzelnen  ©ertrage,  burdj  ganj  fnappe, 
genügenb  tennjeidptenbe  9tegeften  djaratterifiert,  jugletd)  mit  Angabe 
ber  Ouefle;  bie  Statt fifationen,  ©njelrejeffe  ic.  merben  babet  be* 
raertt.  Am  ©bluffe  ftnbct  ftdt)  ein  alpljabetifd)e*  83erjetd)ni8  ber 
*ertragfd)liej}enben  Staaten. 

9Ran  wirb  biefc*  nfifclicbe  $anbbud)  gern  als  9bfd)lag*}a$lung 
ber  Jtommtffion"  annehmen  unb  barf  fcoffen,  bafc  iljre  SRittel  iljr  batb 
ein  raföeret  Zempo  ber  fßublifationen  erlauben  werben.  Sie  ftö)t  feit 
furjem  unter  bem  Qorfifee  be*  felbft  als  Ijettorragenben  ©efc^ic^tö* 
f örberer  belannten  $rinjen  Sran^  2tcd)tenftein ;  baburd)  mirb  Ijoffent» 
(idj  bie  Qerbinbung  jmifdjen  bem  arbeitenben  ©elefjrtenftanbe  unb 
ber  gelbfpettbenben  StaatSüerroaltung  tttoai  erleichtert  werben. 

0.  W. 

Forarbejderne  til  Kong  Kristian  V's  Danake  Lov.  Udgivne  ved 
V.  A.  Seeher  og  Chr.  SUSehel.  2  ©be.  Stopenfcgen,  ©.  <g.  <E.  «ab. 
1891—1394. 

Fönurbetena  tili  Sveriges  Rikes  Lag  1686—1736.  Utgifna  of 
Wilhelm  SJUgre*.    5  8be.    Upfala,  Älmqtrtft  &  ffittfell,  1900-1903. 

Säfyrenb  ber  ©ebanfe  einer  gemeinfamen  bürgerlichen  Oefefe« 
gebung  ffir  ba*  Staltfdp  9letd)  erft  oor  furjem  feine  tooflfommene 
SertoirtHdptng  gefunben  t)at,  ift  bei  ben  norbgermanifd)en  Qölfern 


154  &teraturberid)t. 

eine  Äobififation  ber  jum  allgemeinen  bürgerlichen  8ied)t  gel)örenbeit 
9ted)tSgrunbfäfce  berljättniSmäfiig  frül)  erfolgt.  3)aS  „Sttniföe  ©efefr 
Sönig  <£$riftianS  V",  bog  „giorroegifdije  ©efefr  ttöuig  (SljriftiatiS  V." 
unb  baS  „®efefe  beS  SReidjeS  ©djmeben",  meiere  1683,  1688  bjtt. 
1736  in  ftraft  traten,  bilben  nod)  fautc  bie  roef  entließe  ©runblage 
für  baß  in  ben  brei  genannten  Staaten  gültige  Stecht.  Selbftoer* 
ftänblidj  ftnb  aud)  biefe  ©efefcbfidjjer,  äljntidj  unferm  3)eutfd)en  öürger* 
liefen  ©efcjjbudj),  baS  ffirgcbniS  iatyrjeljntelanger  ftommtffionSberatungeit 
gcroefen.  Über  bie  intereffanten  Vorarbeiten  jum  „Storroegiföen  ©e*= 
fefr"  beftfeen  mir  feit  1887  eine  treffliche  $ubtitation  bon  9t.  $rebenfen 
unb  $.  ©mitl).  Qn  i§r  gefeOen  ftcf)  jefct  bie  beiben  oben  ermähnten 
Urfunbenberöffentlicljungen.  SBenn  biefelben  in  ben  Greifen  ber 
beutfd&en  3ted)t$bifiorifer  borau$jid)tlid)  ein  nod)  grö&ereS  gntereffe 
erregen  »erben,  fo  (jängt  bieS  bamit  jufammen,  bog  SfjriftianS  V. 
„SänifdjeS  ©efef  r  mie  g.  $o(fee  im  30.  $eft  ber  „@$riften  be* 
«crefoS  für  bie  ®efd»id)te-  SertinS"  (1893)  bargelegt  f)at,  als  8or* 
bilb  für  bie  preufeifdje  3uftijreform  bon  1713  biente,  unb  ba&  bei  ben 
Vorarbeiten  jum  w©efefc  beS  SReidjeS  ©d&weben*  aud)  baS  S)orpater 
#ofgerid)t  feineSroegS  unroefentlid)  beteiligt  mar.  —  Die  bänifd)? 
Urfunbenpublifation ,  meldte  eine  grofje  3aljl  ^on  Äftenftüden  r 
SPommif  ftonSprotofoHen,  ©utadjten  ufro.  aud  t>tn  3at)ren  1661—1682 
enthält,  ift  als  muftergültig  ju  bejeidfjnen.  2Rit  längeren  (Einleitungen 
jum  befferen  SerftänbniS  ber  einzelnen  Sofumente  foroie  mit  jal)l* 
reiben  ©inroeifungen  auf  bie  einfd&lägige  Siteratur  oerfc&en,  $eugt  fit 
auf  jeber  Seite  oon  bem  Steige  unb  bon  ber  ©ele^rfamfeit  ber  beiben 
Herausgeber.  —  SBon  ber  fdjtoebifdjen  Urfunbenpublifation  liegen 
bisher  fünf  Sänbe  bor,  in  benen  bie  aud)  fulturgefd&idjtlidj  §öd}ft 
mertboOen  ^rotofotle  ber  1686—1735  tagenben  „©efcfrfommtffton* 
fomie  bie  1686—1718  aufgearbeiteten  ©efefcenttoürfe  jum  Hbbrutf 
gelangt  ftnb.  9luS  melden  ©rünben  ber  Herausgeber  Sßrof.  Sjögren, 
einer  ber  tütfjttgften  fdjroebifdjen  SRecljtSljiftorifcr,  auf  einen  ttuffen* 
fd&aftlidjen  Apparat,  abgefe^en  bon  pjjilologifd&en  gragen.  faft  bott* 
ftänbig  berjidjtet  Ijat,  oermag  idj)  mir  nid)t  ju  erflftren.  S)ie  SBaljl  ber 
bänifdjen  SbitionSmetljobe  Ijätte  m.  S.  entfetyieben  ben  Sorjug  berbient. 
SBerün.  F.  Arnheim. 

Rikskansleren  Axel  Oxenstiernas  ßkrifter  och  brefvexling.  8enare- 
afdelningen.   Tionde  bandet    ©tod§olm,  $.  91.  S^orftebt  &  ©öner.   1900. 

3>er  bon  $er  ©  o  n  b  e  n  herausgegebene  10.  8onb  ber  2. 8b* 
teilung,  in  meinem  bie  ©djreiben  beS  Ketd^SabmiralS  gfrei^emt  Sari 


®fanbinat>ien.  155 

«tybarfjielm.  be*  Stadtrat*  Soljann  ©f^tte  unb  be*  $fatjgrafen 
3o$ann  ftafimir  an  ben  fdjroebiföen  9teid)*fan}ter  gum  Sbbrucf 
gelangt  ftnbr  bitbet  für  ade  btejentgenr  bie  fid)  mit  bet  SBirtföaft** 
unb  Stalturgefd)id)te  ©djroeben*  ober  mit  ben  inneren  3ufiänben 
btefe*  Sanbe*  jur  Seit  (Buftab  «bolf*  unb  ber  Bormunbfäaft** 
ttgieruug  eingelpnber  befdjäftigen,  $roeife(lo*  eine  red)t  ergiebige 
nriffenfctytfttidp  gunbgrube.  SBenn  man  bagegen  bie  brei  ©rief* 
fammbmgen  toom  ©tanbpunfte  be*  au*länbifd)en,  fpejieQ  be*  beutfdjen 
tikfdp^töforfdpr*  au*  betrautet,  ttrirb  bg*  Urteil  ba&in  ju  lauten 
ipben,  bog  t$r  fyftorifäer  Bert  ein  feljr  berföiebenartiger  ift  unb 
fid>  gleidjfam  in  einer  attmä&lid)  auffteigenben  Surfe  bemegt. 

Bon  ben  95  (lateinifdjen,  föroebiföen  unb  beutföen)  Schreiben 
Oglbenfcielm*,  eine*  $albbruber*  bon  ®uftat>  Äbolf,  be§anbett  ber 
größte  Zeil  $ribatangelegenl)eiten,  fotoie  bie  in  ben  Dftfeeproöh^en 
ft$  abfpielenben  Kämpfe  @4meben*  gegen  ftu&lanb  unb  $oten.  3* 
ermahnen  märe  }unftd)ft  eine  ©riefftettc  au*  bem  3aljre  1625  (@.  84), 
«ddp  bie  befannte  $atfad)e,  bafs  Ouftab  «bolf  im  @d}lad}tengetümmel 
mit  Borliebe  bie  gefäfjrltdtften  ©teilen  auffud)te.  bon  neuem  erhärtet. 
Sin  allgemeinere*  Sntereffe  bieten  femer  bie  Schreiben  öom  Sep* 
tember  1626  bi*  jum  3uni  1628  (@.  91—122),  ba  f)ier  Borgänge 
auf  bem  meftpreußifdjen  ttriegdfdjauplafee  erörtert  »erben.  Beamten*« 
wert  erfcfteinen  fd)Ke&lid)  bie  Beriete  au*  bem  3a&re  1639  über 
bie  Ber^anblungen  ber  Bormünber  (Eljriftinen*  mit  ber  Königin* 
Sitae  SRaria  Sleonora  (©.  137—143).  SWan  (ann  au*  ben  fdjlidjten 
Briefen  inbireft  entnehmen,  tote  ferneren  Demütigungen  jene  $of)en* 
joUernprinjefftn  bamal*  nid)t  nur  al*  SRutter,  fonbern  aud)  al* 
gürfttn  au*gefefet  mar  unb  au^  melden  Beroeggrünben  fte  einige 
SRonate  fpäter  ju  tljrer  romantifdjen  gluckt  au*  ©djroebcn  getrieben 
mürbe. 

Unter  ben  109  (jumeift  fdjroebifdpn)  Briefen  Sfytte*  berbienen 
btejenigen  Ijerborge^oben  ju  werben,  bie  fid)  auf  feine  @enbung  nad> 
SMnemart,  ^oOanb  unb  Qnglanb  im  3a^re  1617  bqieljen  (©.  184—255). 
IRamentlid)  feine  in  ben  Snmertungen  abgebrueften  gleichzeitigen  SRe* 
larionen  an  ben  ttönig  gemäßen  mannen  intereffanten  Sinblicf  in 
bie  bamalige  au*märtige  $olitt!  ®d)ioeben*  unb  bringen  manche 
d)aratteriftif4e  ttinjel&cit  über  bie  $erjönlicf>feit  3afob*  I.  hon  <£ng* 
lanb  unb  über  bie  religiö*'poHtifd)en  SSirren  in  jpoQanb.  Werl» 
trärbigenoeife  äußert  aud)  Sfqtte  einmal  (6.  291)  im  3at)re  1627 
feine  Beforgniffe  megen  ber  perfönlidjcn  7oDfü§n$eit  ©uftoo  Bbot?* 


156  Sitetaturberidjt. 

bei  aßen  militärifdjcn  »occasionibusc  Auf  ba8  Schreiben  Dom 
12./22.  SRai  1632  (@.  334  ff.),  wo  Don  bett  «bjtd)ten  be*  fc^iDebift^en 
iPönig*  auf  bie  polnifdje  JSönigSfrone  bie  Sftebe  ift,  fei  roentgfteitS 
furj  ljingeroiefen. 

H18  ber  mertboflfte  Jeil  be3  Dorliegenben  ©anbeS  finb  bie 
239  ©riefe  bc§  $faljgrafen  Sodann  ftafimir  (fämtlicf)  in  beutfdjer 
Sprache)  ju  bejeidjnen.  SBer  in  iljnen  überrafdjenbe  21uffd)lüffe  über 
mititfirifdje  unb  politifdje  Vorgänge  mftfrenb  be8  $>reifitgiäl>rigen 
ßriege*  ju  ftnben  Ijofft,  mirb  fidj  allerbing*  DieDeid)t  enttäufd)t  füllen 
unb  e*  aufs  lebljaftefte  bebauern,  baj$  bie  anfdjeinenb  in  f  oldjer  $ftt* 
fid)t  meit  nichtigeren  gleidjjeitigen  Schreiben  be8  fßfaljgrafen  an  feinen 
©d&mager  OuftaD  Sbolf  nidjt  gleichfalls  mitgeteilt  werben.  SDein 
<wd)  ber  3nl)alt  ber  erftgenannten  ©riefe  erfdpint  in  meljrfadjer  8Je* 
jicfymg  bebeutfam.  ßernen  mir  $ier  bodj  nid)t  nur  einen  Surften 
lernten,  ben  ber  burdj  ben  3)reifcigjäl)rigen  Krieg  hervorgerufene 
„Demrirrtc  3uftanb  be$  lieben  SaterlanbS  leutfd&er  Station"  mit 
«!jrtid)er  Sorge  unb  Betrübnis  erfüllte,  fonbem  aud)  einen  ©rief* 
f Treiber,  ber  —  anfangs  Don  ©übmeftbeutfölanb,  fpftter  Don  @d)n>eben 
<iu3  —  bie  Derfdjiebcnen  Sßljafen  be8  Krieges  mit  regem  Sntereffe 
»erfolgte  unb  bie  ftauptereigniffe  mit  furjcn,  treffenben  fRanbbemer* 
fungen  JU  begleiten  pflegte.  34  ermähne  j.  ©.  feine  Filterungen 
über  ben  Sob  SJatlenftein«  £®.  616),  über  ben  «bfölufe  be«  Präger 
grieben*  (©.  635  f.)  unb  über  ben  £l)arafter  «rnim*  (©.  667  u.  761). 
$ie  legten  ©riefe  beS  Jßfaljgrafen  liefern  mannen  mertDotten  Seitrag 
£ur  gugenbgefdjidjte  feine«  ©oljneS  Karl  (SuftaD,  be3  fpäteren  fd)toe* 
bifäen  SJönigS.  äudj  erfahren  mir  manches  SReue  über  bie  Art  unb 
Seife,  in  meldjer  gtirftenföfjne  bamalS  erjogen  mürben. 

8m  ©bluffe  be3  ®anbe$  finbet  ftd)  ein  juberiäfftgeS  ©ad)«,  Drt** 
unb  Sßerfonenregifter.  Änmcrfungen  jur  (Erläuterung  beS  lejteS,  fomie 
<§inroeifungen  auf  bie  gebrucfte  Siteratur  ftnb,  mie  in  ben  früheren 
SBänben,  nur  fpärlid)  Dertreten.  3)af$  eine  ben  mobemen  8n* 
forberungen  metjr  entfpredjenbe  (EbitionSmetljobe  tünftig  münfd)en** 
mert  märe,  ift  Don  SR.  Sftitter  in  ben  „Oöttingifd&en  gelehrten  9ht* 
geigen"  (1901)  betont  morben. 

©erlin.  Fritz  Arnheim. 

Les  institutione  communales  de  Rome  eous  la  papaute"  par 
£.  Rodocanachi.    Paris,  Alphonse  Picard  et  Als.   1901.  VII  u.  424  6. 

£er  aHju  fritye  Job  ffi.  ®adfur8  Ijat  leiber  aud)  feinen  um« 
faffenben  Vorarbeiten   für   eine  5)arfteHung  ber   inneren  ©efcfydjte 


Italien.  167 

Stoma  im  beginnenben  Mittelalter  ein  jälje*  ffinbe  bereitet,  unb  fein 

an  ardjitraliföem  SRaterial  reifer  9tad)la§  §arrt  auf  ber  Strafsburger 

Sibliotyet  nodj  ber  orbnenben  $urd)ficfjt  bon  funbiger  #anb.    (Ruft* 

meilen  tft  man,  Don  ©njelunterfudjungen  abgefeijen,  für  ben  großen 

©ang  ber  Sntmicflung  neben  ben  befannten  SBerten  bon  SReumont 

unb  QregoroDiuS  auf  ben  turnen,  aber  burd)  bie  Hnbeutung  ber  aß* 

gemeinen  Probleme  üortrefflic^  orientierenben  Sffai  SßaSquale  Qidari* 

angetmefen,  ber  juerft  1886  in  ber  Encyclopaedia  Britannica  Der* 

öffentlich,  1890  in  feinen  gefammelten  Huffäfcen  »ieber  abgebrueft 

morben  tft.    Diefe  ©runblinien  ber  (Entmidlung  Doqufüfjren,  ba$  tft 

bem  Sortoorte  nad)  au$  bie  «bfidjt  be*  neuen  ©ucfjeS  Don  (£.  SRobo* 

canaefy,  ber  fidj  bereit«  burd)  feine  <$orfd)ungen  über  Sola  bt  ftienjo 

unb  aber  bie  gewerblichen  Serbänbe  ftom*  mit  ber  8erfaffungtgefd)id)te 

ber  ©tobt  unter  bem  Sßapfttum  Dertraut  gemalt  $at.   Snbeffen  finb  bie 

früheren  3a$rl)unberte,  bie  roegen  ber  aömäljlidjen  Umbilbung  ber 

fpätrömifd)en  in  bie  frühmittelalterlichen  3uftänbe  unb  um  ber  eigen* 

tümßdpn  ftänbifdjen  Serljältniffc  mitten   befonbere  SBead)tung   Der* 

bienen,  nur  gait)  fummarifdj  beljanbelt  mit  jiemlidj  wiüfürlic^er  Sud« 

rooty  be£  tatfädjlid)cn  Detail*,  unb  bie  fd)on  an  fid)  fragmcntarifdje 

5!ij}e  toirb  baburd)  nod)  unjulänglidjer,  bafj  ber  S3f.  ben  entfdjei* 

benben  Safammenljang,  ber  inneren  mit  ber  äußeren  <9efd)id)te  faft 

DoDflänbig  ignoriert,    gubem  fällt  bie  ungenügenbe  Kenntnis  ber 

neueren  Siteratur,   j.  B.  über  ben    $atri)iat  ober  über  bie  boni 

hominee   unliebfam    auf.    0ud)  baß  im  11.  3a^unbert  nur  eine 

•enoffenfdjaft,  bie  ber  ©ärtner,  in  {Rom  nadjmeiSbar  fei,  Ijätte  nad> 

ben   Bemerfungen  $.  ftttyci  ju  8.  SR.  $artmann£  »Urtunbe  einer 

römifdpn  <0artnergenoffenfd)aft#   nidjt  mebr  behauptet  werben  fotlen 

(DgL  ferner  $artmann  in  ber  geitfdpift  für  Social*  unb  SBirtfd)aft$» 

gefd)id)te  1895,  8b.  3,  109  ff.),  wie  benn  anbrerfeitd  aud)  eine  wenn 

aud)  nod)  fo  furje  Hufleinanberfebung  mit  fßaolucci*  nic^t  eben  über* 

jeugenben  Darlegungen  über  bie  S3iebereinrid)tung  be*  6enatd  im 

3at^re  1143  erforberlidj  gemefen  märe.    Die  fclbftänbige  Arbeit  be* 

8f.  beginnt  Dielmeljr  im  roefentlidjen  erft  mit  ber  ^weiten  $älfte 

De*  14.  Sa^unbertd,  b.  tj.  mit  ber  Seit,  roo  bad  mieber  erftarfenbe 

$apftatm  bie  römifdje  @tabtbermaltung  me$r  unb  meljr  feinem  ®nt* 

bunten  unterwirft,  unb  biefe  namentlich  im  15.  unb  16.  Sa^r^unbert 

fic$  DoQftiefjenbe  Ummanblung  bilbet  ben  eigentlichen  Oegenjtanb  ber 

DarfteUung.    Der  8$f.  oerfä^rt  audj  l)ier  nid)t  foftcmatifd),  inbem  er 

et»a  bie  einzelnen  droeige  ber  Qerroaltung  burdjgeljt.    SBaS  er  bietet. 


158  Siteraturberidjt. 

ift  in  ber  $auptfadje  eine  S|$arap(jrafe  ber  berfdjiebenen  ftobifitationen 
ber  ftäbtifäen  Statuten  unb  eine  Hufgäfjlung  fjier  einfdjtagenber 
päpftlidjer  SSerorbnungen.  0ßein  er  ftüjjt  ftdj  babci  }um  guten  Zeil 
auf  ard)ibaUfdje8  SRaterial  unb  bie  allgemeine  lenbenj  ber  (SnttDid» 
lung  roenigftenS  roirb  aud)  fo  Ijinreidjenb  beutlidj. 

Sine  miUIommene  Zugabe  ift  eine  fteifje  bon  Beilagen,  bon 
benen  bie  erfte  ein  9$erjeid)ni8  ber  midjtigften  auf  bie  römifäe  Stabt* 
berfaffung  bezüglichen  päpftlidjen  »ullen  bon  1188  bi*  1595,  bie 
zweite  eine  ftjnoptifdje  XabeOe  ber  in  ben  bcrfd)iebenen  Statuten* 
fammlungen  einanber  entfpredjenben  Srtifel  enthält,  roityrenb  ber  ge* 
fd)idt  angelegte  3nbej  einen  Übcrblid  über  SBefen  unb  Sdjidfale  ber 
in  bem  8ud)e  ermähnten  SBeamtungen  geködert. 

Strasburg  i.  ®.  Walter  Lenel. 

SJtatfiabeUi.  JBon  8t.  Softer.  Stuttgart,  $r.  grommann.  1900. 
204  <S. 

gefter*  SRadjiabefli  ift  ber  1.  SJanb  ber  bon  Sdjmotter  unb  $infce 
herausgegebenen  Sammlung  „Sßolitifer  unb  9iationa(ötonomenM.  An 
«in  grö&ere*  Sßublifum  gebilbeter  flefer  gerietet,  erforbert  jeber  Xeil 
biefer  Sammlung  ben  SSerjidjt  auf  gelehrte  (Erörterungen;  bie  Star* 
fteüung  in  iljrem  Bufammentjang  unb  glattem  glufc  ift  ttridjtiger  att 
bie  öegrünbung  ber  Stellungnahme  be$  SutorS.  S)a$  ergibt  bafcr 
$erabc  bei  3Rad)iabetti  bie  allerfd&toierigfte  Aufgabe.  3n  feiner  Um* 
ftrittenfjeit  erforbert  ba8  Problem  an  jeber  Stelle,  xoo  man  eS  neu 
ergreifen  tt>ifl,  umfaffenbe  ©egrünbung!  2)urd)  eine  Ijödtfl  gefdjidte 
3)i3pofttion  bed  Stoffe«  fjat  gefter  biefe  Sd)U>ierigfeit  ju  überurinben 
Derfud)t.  ©S  ift  nid)t  bie  übliche  Schablone,  roenn  er  juerft  Stauen, 
bann  §toren&,  bann  9Wad)iabetIig  Seben  unb  fdjliejjlid)  feine  Schriften 
Gilbert,  fonbem  eä  ift  ein  foldjer  3ufammenl)ang  ber  ^Betrachtung 
in  biefe  einzelnen  Zeile  gelegt,  bog  einer  ben  anbem  roirflid)  bebtngt 
unb  ber  Sefer  mit  fanftem  Snxmge,  aber  müljetoä  oom  SBeiteren  in* 
<£nge  unb  bamit  immer  tiefer  in  bie  Seele  SRacfyiabetttS  hineingeführt 
toirb.  3)cm  Stoffe  überlegen  unb  mit  einer  überlegenen  gefd)idjt* 
liefen  Änfdjauung  überhaupt  auSgerüftct,  ift  g.  an  ben  Ocgenftanb 
herangetreten,  unb  eS  ift  ein  fonjentrierteS  SBiffen,  ba$  auf  engem 
fltaum  geboten  nrirb. 

3Ba£  für  eine  Stellung  nimmt  ba&  8Judj  in  ber  SWadjiabelli» 
gorfdjung  ein?  3fn  3)eutfd)lanb  tjat  ber  SBeg  bon  Staute*  9ted)t* 
fertigung  be8  Principe  ju  SBaumgartenS  SBiberlegung  ber  patriotifdjen 


Italien.  169 

SRa^iatoeQUBegenbe  geführt;  eine  im  ganjen  günftige  Huffaffung  Ijat 
bod)  boneben  aud)  juineift  bie  SRängel  ber  Staatslehre  9Rad)iat>elltS 
feffyufleQen  gefugt.  SJom  Principe  ge§t  in  lefrtcr  Sinie  immer  mieber 
iebeS  Urteil  and;  an  feiner  SBcrtung  fdpiben  ftdj  bie  Oeifter,  nnb 
man  t)at  gegenüber  ber  untoerföljnlid)  bleibenben  ©erfdjicbenljeit  ber 
SRebiimgen  »on  ber  UnlöSbarfeit  beS  3Rad)tat>elIi*$r0blemS  gefpro$en. 
<ES  ift  fdjou  mertooll  nnb  ein  deichen  toon  einbringenber  ftiffaffung, 
toettn  jemanb  baS  Problem  in  feiner  gangen  Sdjroierigfeit  ertannt 
fyxt  (ES  gibt  Seutc,  bie  bem  Unmeßbaren  in  (Sefdjidjte  unb  SRenfdjen« 
freien  ficf)  überlegen  fügten,  inbem  fie  eS  mit  tyrer  ffiüe  meffen. 
§.S  Haltung  iß  eine  f 0  jurü<fyaltenb  oorftd)tige,  bafj  er  fdjon  baburd) 
flärenb  roirft.  Cr  madjt  and  feiner  St>mpatl)ie  für  äRad)iaoelli  fein 
$e$l,  aber  er  fdpeibt  roeber  eine  «pologie,  nodj  eine  Snttagefdjrift. 
•Cr  fterfudjt  eine  iebe  ber  Sdiriften  3Rad)iabeHiS  aus  ftd)  &erauS  ju 
«rtlären,  unb  bann,  nad)bem  er  biefe  leibcnfd)aft$lofe  (id)  mürbe 
«objettioe"  fagen,  menn  5.  nidjt  glüdlidjermeife  bicfeS  SBort  für 
«benfo  berbäd)ttg  hielte  mie  id))  Aufgabe  erfüllt,  unternimmt  er  eine 
Bnfammenfaffung  —  ben  fubjettitoen  C&arafter  folgen  33erfud>eS  auS* 
brüdlid)  ljerborlpbenb.  SBenn  man  an  g.S  Oefamturteil  tabeln  midr 
mufc  man  tym  menigftenS  zubilligen,  baß  eS  mit  einer  Selbjttefdjrän* 
fung  gegeben  ift,  bie  meit  me&r  bie  S)iShtffton  als  bieftritif  Ijerbor» 
yirufen  beftimmt  ift.  ©tarier  als  feine  Vorgänger  baut  g.  fein  Urteil 
*uf  allen  ©Triften  9Rad)iat>eOiS  unb  nid)t  nur  auf  bem  Principe 
*uf.  Cr  fteljt  in  ber  fdjarfen  Trennung  t>on  Staatsmann  unb  $rtoat* 
mann  baS  entfd)eibenbe  SRoment  in  ber  8el)re  SWadjiabetliS :  road 
biefer  *om  Staatsmann  forbert  (audj  an  Smmoralität),  fott  im 
3ntereffe  beS  Staates,  alfo  in  einem  ftttlidjen  Sntereffe,  gefaßten, 
mäfyrenb  ber  $rtoatmann  fidj  mit  (einen  leeren  9tüctftd)ten  ju  ent* 
fdjulbigen  berinag,  menn  er  baS  natürliche  Sittengefefe  überfdjreitet. 
So  wirb  für  g.  ber  ®runbgebante  beS  Politiken  Strftemd  9Rad)ia« 
oetliS  ein  burdjauS  gefunber;  inroieroeit  er  fonft  feinem  3citalter  unb 
ben  Dor  iljm  liegenben  (Erfahrungen  feinen  Xribut  gejault  fjat,  bleibt 
md)t  unbeachtet,  tritt  aber  dor  ber  $auptfad)e  jurürf.  Sdjlieftlid)  ift 
tn  biefer  Sqnt^efe  bodj  ber  Qerfud)  gemalt,  ■,  eine  möglidtft  boll* 
tommene  (Einheit  in  ben  ©cbanfengängen  3Rad)iaüe(IiS  Ijerjuftellen. 
stimmt  man  baS  politiföe  Softem  3Rad)iaoelIiS,  mie  eS  Saumgarten 
unb  $erber  aufgefaßt  Ijaben  (benen  beiben  3.  bodj  nalje  fteljt),  fo 
mürbigt  man  SRad)iat>elIi  oiefleidjt  nod)  etroaS  }eitlidj  unb  inenfdjlidj 
fcebingter,  nod)  etmaS  ljiftorifd)er  als  eS  in  biefer  Sqntyefe  gefc^ie^t. 


160  Siteiaturbericftt. 

bte  üb«  ben  abm&genben  ©cift  be£  ganjen&n$e$  ein  roeitig  i)inan3* 
gelt  flnb  bie  Shritif  an  bem,  mag  bei  äRactyabeOi*  fcnfdjamrag  toora 
Staate  gan}  fe§lt  (bie  Bettung  jittlidpt  fit&fte),  barf  tooty  no$ 
einen  Stritt  toeitet  ge$en,  o^ne  bafc  SRadjiabeBi  babutd)  an  ge* 
fcbictyli$et  JBebentung  betliett  (Eben  babutdj  urirb  ba£  Softem  jum 
•SRactyabellitinu*'',  bafe  ber  Staat  Don  9ta$ia*eOi  nifftt  in  allen 
leinen  Stfiften  nnb  Otnnblagen  etfanni  ift  £er  .SRacbiabefliftmitS" 
ül  belftalb  bo$  me§t  att  ein  .IjäfelidjeS  «caben*",  tote  g.  (agt;  er 
gtfct  an*  bet  Öefamtanf^annng  folgerichtig  $et*ot.  IBie  an  iebem 
Sucfe,  fo  fönnte  and)  4iet  betjenige  an  nieten  einzelnen  Stellen  mit 
&  tecfyen,  bet  |eigen  urifl,  bafc  er  Don  bem  nnb  jenem  eine  anbete 
SReinnng  bat.  3nbem  icb  betattige*  liebet  einem  prioaten  9n£tonf  $ 
potbe^alte  nnb  inbem  icb  »eitetbin  nnt  anbente,  bat  %.  eine  SeUje 
nenet  mtfeoOcr  QinjelnacbnKife  nbet  SRacbiaoefli*  Snfc^annngen  ge* 
brubt  bat.  tonn  icb  boeb  an  etoa*  anbeiem  n«bt  notibeigtften.  g. 
Wt  bie  bitefte  Sttbmg  feine*  «nefe*  babnn*  fcrf  beeinträchtigt. 
ba|  bet  jnfammcnbiingnng  bei  Stoffe*  ein  StÜ  catfjnricty,  ber  bie 
9tb*n!m  uc  äbnltcfci;  abet  nkbt  immer  beteiligtet  Seife  fompti« 
mim.  *n£  mean  man  niebt  mie  bet  8knet  3nriit  SRenjel  {ja 
eritnbnt*  ^eirärirt  9b.  :»  nnb  &)'  n*  **  bie  «isnerftinbnifie 
brourc£:»  bie  bei  bietem  Srile  m^Iidb  vettern,  rüb  nun  jid> 
KmA  V  nn>  »V  t?tt  ant  bie  geltet  §rccx=x  man  m$t  eine  not* 
w*>t£t  4kfcn!t*c«nrKftnz£  trabeai  nnt  ein  fri'Uubtf  Sfei$s  |n 
kn^nmeem  X*S><nkn  i*«r  »raten  eaat  newniijt  9m$  ba* 
4ki%it?£*  >**♦  nnt  srx  t»  XiKawOUSec  «ml  bem  0ehnnfien« 
$£3*  *r*  <$*t*$tn  ba^ctTc^-^n  xx>  **r  tei^Snje  gUtbeit  bet 
*t*e  «»*>  mx  m*n  >*r  i:c^e«  li^ninwi  Ärfit,  *<jb  mit 
r*rot  $<**:*  j*  *etV.t>e«  *nnt,^e«~  J^*  {^^■■l  bem  biefe* 
t^ö*  $;;  mrt  :n  *ec^t  ^xni:  n^4  eu^üC^ei  «cm  *B  ein 
tftje*^;  }*t  ***  fct  fcr£ttt*rt  Shrr^n  ta*  messen!  bem 
$*$n&tx}  x*  $**$**  nt>  tm  rx;^>rt  ni>e  %rtc 


9btt$en  mit  9fadjridjteit. 


Die  Ferren  Perfaffer  erfudpn  mir,  Sonberabsüge  irjrer  in 
^eitfcrjriften  erfdfienenen  Buffäfee,  meiere  ftd?  3ur  Berücfftd^tigung 
an  fciefer  Stelle  eignen,  uns  freunbfidijt  einsufenöen. 

Sie  HefcaftiDn. 

Jtf|emehies. 

9hir  furg  fei  Ijier  barauf  (ingetoief eu ,  bafj  fomoljl  bic  ftrtttfdien 
3a$re*beri*te  aber  bie  gortf dritte  ber  romanifdjen  ^ilologic  (ed.  80 II» 
möller)  in  ©b.  6, 1  ald'aud)  bie  3abre*berid)te  für  neuere  beutfdje  Siteratur* 
gefaxte  (9b.  11  u.  12)  flftorifd)  bebeutfame  Hbfönitte  enthalten. 

(Sine  ttn*aty  franäöfifc$er  unb  belgiföer  S5olf*nrirte  unb  JJnbufrrieüer 
baben  eine  Revue  £conomique  internationale  (Bruxelle*, 
J.  Gomaere),  unter  bem  roiffenfdjaftlidjcn  $atronat  oon  fieoaffeur,  Sdpnoüer 
unb  $$tliJ>|>obld),  begrünbet,  bie  fi$  aftueüen  öolttrolrtfd&aftltdien  $ro* 
bleuten,  inftbefonbere  ben  »trtfdjaftlidjen  tte&iebungen  ber  $oIt&rotrtfd)aft** 
ftaaten  mibmen  miD.  3)a$  1.  fceft  ift  im  3Rärj  1904  erfä)ienen  unb  ent« 
bält  an  ftufftyen  einen  Coup  d'oeil  nur  Involution  des  doctrines  et 
des  intäitte  eoonomiques  en  France  Don  Seoaffeur  fotnie  ©eiträge 
jur  Srfenntnt«  ber  <£$amberlainfdjen  $läne,  unter  benen  ©^ moller« 
fiberblid*  über  bie  typifäen  $bafeu  ber  «BirtfdfaftSrdfen  unb  itjre  $efd)id|te 
(befonbert  bon  1880—1903)  für  unfere  Sefer  Seroorgeljoben  fei.  Die 
3eirfarift  erfedeint  monatli*  unb  foftet  für  bau  3a$r  45  TO.  Aufteilungen 
bei  ber  ©ud^anblung  fyittfammer  &  3Rfif)ifned)t,  Berlin,  Unter  ben 
Sinben  64. 

3m  »erlag  ber  SBiener  ©olfftbuoHanblung  S  ©ranb  ift  ber  erfte 
ftarfe  ©anb  einer  neuen  $ublifation  erf^ienen  unter  bem  Xitel:  IRar;? 
Stnbien,  ©(älter  für  £§eorie  unb  $olitit  be«  n>ifjenf$aftlic$en  @0$ia? 
liftmuft,  herausgegeben  bon  SÄ.  SUler  unb  SR.  $ilf  erbing  (SBien  1904, 
433  6.)  ©ic  foflen  n>iffenfd)aftUd)e  Sonographien,  bie  im  allgemeinen 
auf  bem  ©oben  ber  ©o&ialtljeorie  Don  SWarj  unb  (Ingel*  fte^en,  aber  wegen 
fttfotfte  fifttttttft  («b.  M)  9t. Ä.  8b.  LVni.  1 1 


162  9coti&en  unb  9cad)ri(bteit. 

ibre*  Umfange«  in  ben  fonftigen  fo^ialiftifc^en  3eitfdjriften  feine  Aufnahme 
ftnben  tonnen,  in  jmanglo«  aufeinanber  folgenben  ©Änben  bringen,  3>er 
Dorliegenbe  ©anb  entölt  nadj  einem  furzen  Sortoort,  in  bem  ftc^  bie 
Herausgeber  jum  ortboboren  SRarxtömu*  befennen,  brei  gröbere  Hbbanb* 
langen:  ©öbm«©amerte  SRarpicriri!  uon  9c.  fcilferbing  (fudjt  biefe 
Ärtttf  alft  unftutreffenb  ju  ertoetfen);  bie  fo&iale  <Junftion  ber  SRedjtdinfHtute 
(fpejiea  Aber  ben  gunftiontoanbel  be*  (Eigentum»)  oon  3.  ftarner,  unb 
enblid),  mebr  al*  bie  Hälfte  be*  Danbe*  füüenb,  eine  fcbbanblung  uon 
SR.  «bltr:  Jtaufalitfit  unb  Ideologie  im  Streite  um  bie  »ijfenfäoft  (in 
ber  &iffenf$aft  ift  nur  Raum  für  ftaufafttftt  unb  nic$t  für  Seleotogie: 
ledere  bat  aber  tyr  grobe«  gelb  in  ber  prafriföen  $oMT). 

3n  e^moOer*  3a^rbu*  für  Gfefetgebung  k.  28,  3  uerdffentftcbt 
Ä.  Srenfig  einen  Äuffab:  dinjigrett  unb  tBteberboluug  gefdjkbtlüber 
Satfacfcen  (Querfönirtoieberbolnngen  unb  Sfagdfcbnitturieberbolirngen ; 
eine  Sortfübrung  be*  §.  S  ^  13S  ermahnten  «uffa^ef);  ebeabort  folgt 
ein  ÄrriW  uon  3c.  fBitbranbt:  fiant  nnb  bergmf  bei  Staate*  (biefer 
ijt  uacb  Shtnt  rehte*»eg*  nur  Red)t*fd)ut,  fonbern  an<b  SobQabrt  nnb 
*ulrirr> 

3n  ben  $iftori)d)  ^olitifcbcn  QUittern  134.  4  f.  tfl  ein  Opas  poet- 
humum  uon  C.  Stlopp  ueröffentlid)t :  SKe  fkbeutung  be*  rdmtfdjea 
Saiiertam*  für  ben  flkmeingeift  ber  (Ebrifrenbeh  (regten  Oemeingetß  nnb 
Stttoftenliebe  baben  nur  bie  §t\ttn  oon  fapfrran  anb  ftatfertani  ent« 
ipicfrü) 

S;b.  dlienban*  bat  einen  auf  oem  fiengrefe  für  ej^errmenteüe 
$'><bol<Nii€  }U  diesen  im  April  gebotenen  Sortrag  über:  $ie  Aufgabe  einer 
l^lKbaiogte  ber  Deutung  al*  Vorarbeit  für  bie  9eint*nnneBfd>aftat,  al*  be= 
icnbm  fteine  8*riü  berau^egebtn  v9iefeen.  »ider,  1901, 86  S.\  fc  barmt 
Nibn  au<b  au*  bie  geiuige  *äti$?rit  fre*  ^tirohret«  nmb  bebt  bie  fBi$tig« 
feit  **r  ^btntüfte  unb  eine*  fcröcriKben  „9cavtngetütl*~  (aa*  ifl  ber 
^ermina*  »b-.nortMber  Sinn*  barür  getauft  cf  für  bie  ^eataag  ber  Sei* 
$an£en^it  »etten*  be*  ©eufeteramber*  ber*«r.  Sem  $morirer  jtab  ja 
>;eie  SV$ri*t  ^tl&ung  £?nu£.  «u>  ber  t*enc*er  batte  »aber  g«t  getan, 
n<b  aueb  ut  *«  ^(fctSt^tbtortt^Sca  £tterarnx  er»**  nmiavbem.  Ml  er 
lei>er  $&a0.i4  teraumt  jn  baben  Mfeetnt  «tae*  fix  ftc&i&ttttevrie  ift 
an*  »euier  £$rv:  mebt  jn  en:Rfb*r.ea 

Jm  ^Ab^u^b  »ut  A\tn^£.^?oara*.:e  *a>  cs&r&i!  83  v95T%  1  aer« 
^*tatiutt  tV  (>^«>e4  etr.e  ^»r,!e»^av;tt  Ä>NläXxäj:  $a>:rtbaal|maiia» 
^^wU*na^:r  un>  »,\v^et^i\t^  ^rvKe»  v^ä*  cjj^^täj^  an|  fto) 
Ita^am  me^<  ait>  m;^  ^^twu?<r  N-m  $a>;r:>ai^r^j^  »ai^jc^en, 
meaa  ^«^  *a$  i»«a  i,-,«r  r^eKt.  beiv^t.^st  £cMrt  leifi:^:  ia  ber« 
iHbta  $t«\tift  f^t  t»  nÄ>t^n  $<•:  VS^  iv  r.x  ilrr>:  r,-a  *.  ^la§Hfo): 
^ar  i>^v  be»  <h*:\;?.::t$  K>*  m««>c\nta  tSt^ri.^ri.4    etat 


Bilgemeine*.  168 

3n  ber  3eitfo>rift  für  bat  $rtDat»  unb  öffentliche  9terf|t  ber  ©egen* 
»ort  31,  3  4  gibt  @t.  Äocs^nffi  in  einem  Brtifel:  ©rief  unb  Siegel, 
«inen  Beitrag  $ur  Urhtnbenletyre,  ber  aüerbing*  unfern  Diplomaritern 
Jitcfct*  9{eueft  bieten  bflrfte;  ebenbort  folgt  ein  «rtifei  Don  Vi.  Watf  omf  fi: 
Sur  «rfemitni*  ber  3bec  ber  <&ere($tigfeit. 

*u&  beut  reiben  3n$alt  ber  Beitf^rift  für  Dergietcfcenbe  9ted)t«wiffen* 
föaftl7,l/2  ermahnen  toir  auger  beut  ©djlufe  ber  Arbeit  Don  <S.  ftulif$er: 
Unterfudntngen  über  ba*  prtmitiDe  Straftest  (Dgl.  $.  3-  92»  &18)  "°4 
flrtitel  Don  P.  Pablec:  Über  bie  «rbeit»genoffenfdjaften  im  flauifcfcn 
Siecht;  Don  3.  (Jaftiliejo  &  Quarte  unb  <E.  SRuben:  Die  $au*» 
(jemeinfdjaft  im  heutigen  fpanifdjen  Qemo^n^eitSredjte  (befonbert  in  Hrago? 
itten);  Don  «.  ©eil »ig:  Die  poetifdje  Literatur  a(9  öuclle  ber  ftecfttft* 
«rfenntnift  (Sterfaffer  gibt  nad)  einer  allgemeinen  (Einleitung  junädjft  eine 
Sufammcnfteüung  für«  Poreanifd)e  ffiedjt;  meitere  ttrtitel  über  arabifdje«, 
japanifdp*  unb  tnbifdje*  SRedjt  foüen  folgen);  enblidj  Don  3.  Pöblet: 
Aber  bie  Urgefcftiflte  ber  @$e. 

Die  $olitifo>9lnt$ropologifd)e  SReDue  8,  5  bringt  eine  »eitere  „Dor* 
läufige  Ceröffentliajung"  (Dgl.  $.  3.  93,  139)  über:  3eitli$e  unb  räum« 
iid>e  <&efefrmä&igfetten  in  ber  ©efajitfte  ber  SRenf*t>eit  (berührt  fid)  mit 
bem  oben  au«  bem  ©djmoUerfdjcn  ^abrbuet  notierten  fcuffafc  Don  ©retofig). 
<£inen  großen  9tamn  nehmen  in  biefem  unb  ebenfo  im  7.  $eft  ftiemtid) 
unerquicflidje  $olemifen  über  bie  Senenfer  ¥rei*fd)riften  betr.  Deftftenbenp 
t^eorie  unb  ftaatlidp  Gnt»i<flung  ein  mit  febr  fdjarfen  Angriffen  auf  bie 
$rettrid>ter  (in  Wr  5  «rtifel  Don  <B.  be  fiapouge  unb  ©oitmann; 
in  9tr.  7  Don  ß.  Pu$lenbed,  $.  <E.  Stegler  unb  ©oitmann);  wir 
«mahnen  nod)  au*  $eft  6  Don  fi.  fBoltmann:  fflaffenpfncbologte  unb 
*ulturgefd)id)tef  Don  5.  3-  ©ieber:  &u*  Äthiopien«  Vergangenheit  unb 
4fegen»art,  unb  Don  3.  D.  SReupauer:  Der  lht(tur»ert  ber  SRtfdpaffen 
unb  reinen  Waffen;  au«  $eft  7  einen  Uuft&ug  auö  GH),  $earfonft  öudj 
National  life  and  character:  Die  unDeränber(id)en  ©renken  ber  leeren 
«äffen  (sc.  geograp^ifä);  Don  2.  @.  Oe&ring:  Die  mei&e  Waffe  in 
^ÄgDpten  (»aren  norbtfäe  Girier)  unb  Don  SR.  SR.  ®a  elfter:  £$eorten 
unb  gorfdningen  über  bie  (Srblicbfeit  ber  Talente. 

3n  Vorbereitung  ju  einer  eDentueüen  9?eu$erau6gabe  feine«  fieitfaben« 
*ur  ©efdfidjte  ber  Portographie  De.röffentlid)t  SB.  tBolfen§auer  in  ben 
Deutfaen  geograptyfoVn  ©lättern  27,  2  einen  ftrtifel:  «u»  ber  ©ef*id)te 
ber  Portographie,  Don  ber  9Bieberer»ecfung  be«  $tolemäu«  bt«  ju  IRerfator 
<3eittafe(  Don  1475—1554).  —  3n  ber  ©eograpl)if(ften  3eitfd)rift  10,  8 
flibt  2.  <J$aliftopoulo«:  (BeograpWdie  Beiträge  jur  «ntfte^ung  be« 
Wenfdjen  unb  feiner  Pultur  ((Entftetjung  in  ben  Stropen  unb  aümitylidK 
fhitbreitung  unb  PuttiDierung  in  ben  fubtropifdjen  fi&nbernX 

fBir  notieren  au*  ©iobu*  86,  6  einen  flrtitel  Don  g.  Seiner:  3ur 
9o!Ktunbe  ber  €erben  (trarfjt,  ^audbau  k.);  au«  ben  9Bürttembergif<ften 

!!• 


1«4  9?otiaen  unb  9tod)rid)ten. 

3«brbü<i)ern  für  Statt  jHf  unb  SanbeSfunbe  1904,  lbon$o$nenberger: 
ftitttihtngen  über  t>ol»funblid)€  Überlieferungen  in  Württemberg  (Glauben 
unb  Sage :  unfeiner ;  *u*  ber  3eitfdjr.  für  uergleidjenbe  6prad)f0rf<ftung  39, 3 
eine  übbanbfung  öon  9*.  Soetoe:  ?Utgennanifd)e  Elemente  ber  ©allen* 
ipra(Jben;  an*  fceutfdwanb  23  (2,  11)  einen  flufiaft  von  3*.  Vd)eIU: 
fjege  unb  3**1*  ber  $5lfertfiHbologie;  an«  ber  neuen  Seitfdirift  fcrdnü  für 
Shfien*  unb  eeieuidraföbiologie  $eft  2  oon(L  Combat:  Der  (änjltt* 
ber  Saften  auf  bie  5tatt*bilbung :  §eft  3  oon  Xb-  Scftelii:  dt^tf  unb 
$?intbenitfceohe:  §eft  4  Den  ».  5buru»a(b:  6tabt  unb  £anb  int 
&be*tyrp}efc  ^eT  Sinne.  I«  unb  oon  SB.  SdiaUnaner:  3un  <ünfmtd> 
Vct  Sfatunmeui&art  in  ba«  Gebiet  ber  9eiftc#u>!«ieni<bafteK. 

^ai  Bulletin  *er  Societe  Royale  Beige  de  Geographie  28,  3  ent- 
^afc  bot  SeVuf  ber  Arbeit  ton  Gut.  (Faanaert*  über:  J.  G.  Kohl 
es  1*  gtN^raphie  des  cv>ninianieation§.  —  3n  ber  Riräta  geogrmfica 
U*h*n*  11.  7  \  btfeanbt*.:  Ä.  $Maiuttt:  I  momenti  «orlei  deila  coloni- 
**xu>n*   ^t^evetne  SV>in$u*gen  uä^  $run^i$f  >er  ftrtaiitaxien^ 

$«t  ViloVe  43  fet$:nn:  <L  $tttar>  mit  brr  SeräTOtlufeutg  einer 
**&  b;.;i*j[v$  üiint^«R»K  ■«•«ifcjmdfceu:  Eü»nok*pe  de  U  peninsule 
d«»  fU^r&j*  1  $fU  Austinen,  £$****?•  ^artxrtn .  —  ^k  Annale«  de 
geo$r*fta*  71  *«:>*:»  :>tf  *u*n£9rii£e  hfeauurSe  Bib-li  ^enphie  geo- 
graivu^a»  «&£«*:>  ^r  ***  $*|*  IÄX3L 

$»  >«  K*v:s*  vi*  Ba^*»p&}r».;Qe  «  sie  ssoraiie  12,  4  in  ein 
tfcm:*ti$  ****  £.  ^is:^i  Kt^^^stri-::  L  histocz*  ha«mire  et  Im  socio- 
xv^  viH?  *«  Jt?.U.  atv£e  v>:  „*;.„*»;:*  3*  <fc*ir&ftnBt£bf  leiai  Sfriiui  ber 
^WHfcattgenncfet  ;**.***  —  I^t  Retne  pti.oaoc£L>;w  ».  ^  extb&lt 
ti***t  $*>H*a  *oä  S.  *£*;*>:.  M?c*>  ec  bicOtp*  >«  9ulagk  tun 
>'<    #«*:  fe^rt    >et    HCtfvik    rt  4t    ercj.-?!tx;    3xie!aiEt*erf«$UDg    um 

^  V^u  *  VX*c£vv.Hr*  i«*  ^äsm*  dhRt^uct  "a  ftr.  ITT  trerarraxtlidtf 
X>^mo4  :»<♦:*%  v.*v5r^*  -wo  :**  iw  v>4Se«  i3cnta.t£  —  4.e#  ber  Bibüo- 
-,  »^  i*  ^  '  ^v.viif  .{<»  Obdir«:^*  •>&  -^C*V.  IS  Ttsnez^t  mx  mer  bie 
$:"*>  ^«  ^t^^a.T^tn  \  *  sc*  *v;r*  j»  *ä  jt'Mi;dwi;i»  oa«B»*ale  et 
j'»*Y*r*tet;»*   i^  lsi-*^fc    uti>  5«m  11t   ^ :  ^*;ir     X*k»^  «r  L&  rie  et 

^^i  ^  t^'  *     ^    *.a  *»fv*fv»*.x*i»  i*K  '»•ia it«cr*<^  *  m»j»v*.«»  >i»    'iirf  dir 

^<^vr.vt«Kit    ;i*i    ^*-Ui$    ^i»u    ^.  Ä  ^  t ,  j  —     ^**r«^frt  >iwiojr  «  Im  pbük>- 

S'.v  vi^m  i*A..itt>  v  h*^  .*  jicMit  :Mie  f*»»je  iiaaiUinuBf  w« 
^  ^  4    >«'.»'>    *-a  ^j«w^.   v  \»*t»»  *»o  ^   v  c»*  •jr»tmn«»af  <£c?tttTCQflL  je^efl= 


Ungemeine*.  165 

5.  SRarguet:  Sur  l'idee  de  patrie  (fie  ift  Derfdjieben  bei  bett  einzelnen 
Woltern,  aber  Don  Aftern  praftifd)en  ffiert  für  jebe«,  unb  fte$t  mit  grie-- 
bentltebe  unb  allgemeiner  Humanität  nidjt  notroenbig  in  ©iberfprud) ; 
flelegcntlid)e  unbillige  Urteile  über  Deutjdjlanb).  —  $fe  Revue  de  l'histoire 
des  religions  1904,  2  enthält  bie  gortfefcimg  ber  Arbeit  Don  W.  See  Don 
über  bie  Religion  ber  Sapaner:  Le  Shinntoieme  (Dgl.  $.  3.  93,  619). 

Bon  ben  Archivee  d'Anthropologie  ift  $eft  127/128  bem  ttnbenfen 
Gabriel  Sarbe«  gemibmet.  dS  beginnt  mit  einem  biograpWdjen  Auf* 
fafr  über  Xorbe  Don  91.  Sacaffagne  (nebft  bibliograpbifdjer  ÜbeTftd)t). 
Dann  folgen  nadjgelafjene  Arbeiten  Don  Xarbe  felbft:  L'interpsychologie 
(Sötterpfocbologie)  unb  Fragments  d'histoire  future  (eine  Art  Utopie). 
<£nblid)  fdjlte&en  fid}  in  bem  umfangreichen  $efte  nod)  an  ein  ftrtifel  Don 
Ä.  Sertranb:  Un  eesai  de  cosmologie  sociale.  Les  theses  mona- 
<lologiques  de  Gabriel  Tarde  (1.  Les  idees  de  G.  Tarde  sur  la  philo- 
sophie  generale;  2.  Lob  theses  monadologiques  de  G.  Tarde)  unb 
«ine  Unterfud)ung  Don  %.  $afd)ibe:  La  psychologie  de  M.  Tarde 
(nebft  einigen  fleinen  ärotiften  über  £arbe  Don  gacaffagne  &u  Sd)lufe\ 

Gin  (Sffai  Don  £).  (Elton  in  Quartaly  Review  399:  The  meaning  of 
literary  history,  pläbiert  für  SBeltiiteratur  im  ttoetbefdpn  Sinne ;  ebenbort 
folgen  ein  ttuffaft  Don  3-  8*.  3Ro  tieft:  European  thought  in  the 
nineteenth  Century  (über  baö  $u>eibänbtge  fBerf  Don  2$-  Wera)  unb 
bfograpbifäc  Brtifei  über  ©afton  $arift  unb  $erbert  Spencer.  —  Hüft 
ber  Edinbourgh  Review  409  notieren  mir  bie  Ärtifel :  Life  in  the  universe 
<fkfprea)ung  beft  9udjeft  Don  ©aflace:  Man's  place  in  the  universe) 
unb  The  history  of  magic  during  the  chrißtian  era. 

(Ein  Äuffafr  Don  8.  Stein  in  ber  3>eutja>en  SRunbfdjau  30,  11  f.: 
tRea>anija>e  unb  organiiaje  Staatftauffafjung,  gelangt  0u  bem  probfona« 
tifä)en  ftefultat,  bafe  bie  med)anifd)e  Staatftauffaffung  für  bie  primitioen 
Staaten,  bie  organifdje  bagegen  für  ben  DoOentnridelten  jhilturftaat  Qbtl* 
rung  ^abc.  —  3n  ber  Umföau  8,  40  ift  ein  Don  <&.  SRafcenljofcr  in 
8t.  fiouift  gehaltener  Vortrag  abgebrudt:  $te  Probleme  ber  Soziologie. 
—  fBtr  notieren  nod)  auft  ber  Nation  21,  45  Don  $.  Bärge:  Die  ge* 
fdjicbtlidjt  ©ebtngtbeft  bet  polftiftben  $erfaffung*formen ;  auft  ttorb  unb 
Süb,  September  1904,  Don  tt.  So ffe:  ®efd)i(bt*Derfd)ulbungen ;  au«  ber 
fBocbe  1904,  9?r.  38  Don  3.  9c e blieb:  ®nglif(be  ÄommunalDermaitung 
(beutige);  auft  ber  beutf*en  SRonatftfebrift  3,  12  Don  JJr.  SRebicu«:  3ur 
$büofoptye  ber  ®efd)i<bte;  au*  ben  ttnnalen  ber  9catitTpbtlofopbie  3,  4 
uon  St.  fiampredit:  9iopfttd)ologifd)e  Probleme  (tlufteinanberfe$ung  mit 
«iner  Stelle  in  3d)moHere  ttrunbrift). 

Äuft  ber  Beilage  ber  SRündjener  allgemeinen  Leitung  notieren  mir 
biet  bie  «rtifel  Don  %  » agier:  IRoberne»  im  Altertum  (28.  u.  29.  3uli 
u.  1.  ttuguft);  24.  fluguft:  $ie  Crtftgefcbicbte  Sorfdjlag,  fie  in  «erbinbung 


166  ftotiften  unb  91a<brid)tcn. 

mit  ber  3)enhnalpflege  $u  fefeen);  31.  ftuguft  Don  £.  3Kun§tnger:  bie 
Ämcrifaner  (Befpredjung  beft  SBerfeft  Don  SRfinfterberg) ;  10.  @ept.  Don  . 
4).  Soeben  internationaler  Äongrefe  für  allgemeine  9celigtonftgefa>idjte 
(Referat);  13.  Sept.  Don  %  fcerrmann:  S)ie  menfälidje  ©eftalt  in  ber 
(Befaßte  ber  Äunft  (Befprea^ung  beft  Bud)e«  öon  3uliu«  fiangc) ;  15.  unb 
16.  September  Don  3.  ©.  SB  ei  fr:  Herbert  Spencer  im  Siebte  feinet  «uto* 
biograpljie;  4.  Ottober:  ©(offen  ^ur  grage  ber  <£|>od)en*  unb  Nationen* 
trotte  (in  Äunftgcfd)id)te  unb  Äirdjengef 4ic^te ;  Spannung  &mifdjen  beiben 
X^eorien  unb  relatiDe  Berechtigung). 

$te  Sbeotogifcbc  9htnbfd)au  7,  8  unb  9  bringt  bie  grortfe&ung  ber 
fcb^anblung  Don  Bouf  fet:  3)ie  töeligionftgcfcbtcbtc  unb  baft  neue  Xefta* 
mertt  (Dgl.  $.  £.  93,  519).  Aufgabe  beft  neuteftamentlicben  Geologen  ift 
na*  bem  Bcrfaffer  $um  3roecf  beft  Berftänbntffeft  ber  ©ntftebung  beft 
(Ebriftenturnft  bie  ©rforfd&ung  beft  gefamten  rellgionftgefd)td)tlicben  SJHlieuft 
Don  ber  (Spocbe  Älcranberft  beft  ©rofeen  bi«  $ur  Äonfoli bietung  ber  djrifl* 
Iictjen  #ird)e  na*  Überminbung  ber  ©noftft.  —  (Sin  ftrtifel  Don  8t.  Sterf 
in  ben  Sßroteftantifc&en  IRonatftbeften  8,  8:  5)ie  <£ntfte§ung  beft  Gtpiftentumft, 
ift  eine  Srritif  ber  Äaltbofffdjen  rabifalen  £$cfen. 

3n  ben  Mitteilungen  unb  Wadjricbten  für  bie  eDaugclifdje  ßttdje  in 
ffiu&lanb,  fcuguft  1904,  ergebt  *.  d.  Oettingen:  3ur  grage  über 
mobemeft  (E&riftentum  unb  mobeme  Geologie,  Bebenten  gegen  bie  „Wo* 
bernen".  —  3m  $rotefiantenblatt  37,  30—32  be^anbelt  ©.  gueb»  baft 
2$ema:  <E$rtftentum  unb  Shtltur  (finb  teineftroegft  ©cgenfäfec). 

3n  feiner  befonberft  publizierten  Bonner  ÄntrtttftDorfefung  befjanbelt 
<£.  Giemen:  3>ie  reiigionftgef$id)tlidje  SWet^obe  in  ber  Geologie  (©ie&en, 
Kiefer,  1904,  39  S.).  (Er  untertreibet  junädjft  bie  Derfcbiebenen  gor* 
berungen,  bie  namenft  ber  reltgtonftgefdncbtlicben  SRetbobe  an  bie  Xtjeologit 
geftettt  »erben  (ilmmanblung  ber  cbriftIi*«tbeo(ogifcben  gfafultät  in  eine 
allgemeine  re(igionftgefd)idjtIid)e;  befonbere  Sebrftüble  für  aOgemeine  SRelt* 
gionftgefd)id)te;  Dergfeidjenbe  9teligionftgefcbid)te),  unb  unterfudjt  bann  be 
fonberft,  inmietoeit  bie  Berfudje,  neuteftamcntlicbe  ftnfcbauungen,  fo  nament« 
H*  bejügli*  ber  Saufe,  ber  9luferfte$ung,  beft  fcbenbmableft,  auft  anberen 
Religionen  abzuleiten,  alft  gelungen  gelten  tonnen ;  er  Derljält  fi$  bagegeit 
im  allgemeinen  ffeptlfdj  unb  betont  Dielme^r  bie  Originalität  beft  ttbrifientumft. 

3n  ben  ©renjboten  63  9h.  32  unb  34  Deröffemiicbt  $.  gorftr 
Erinnerungen  auft  ber  preufeifdjen  StrcbtDDermaltung  (namentltd)  unter 
Wunder  unb  ©übel,  mit  eingeftreuten  frittfd>en  Bemertangen,  mobei  $erfo* 
nalten  &u  fc$r  b**Dortreten ;  bie  ju  ©cbiufi  nrieber  einmal  befürmortete 
Trennung  ber  SfrdjiDe  in  ttriffenfcbaftlidje  unb  BerwaltungftarcbiDe  müfete 
bodj  gerabe  ein  9Cre^it>or  alft  Detfeblt  unb  unburebfübrbar  ertannt  baben). 
(Sbenbort  in  ©renkten  9*r.  31  unb  33  bebanbelt  ß.  Äemmer:  Die 
Sage  Dom  Stranbfegen  unb  baft  @tranbred)t  an  ber  beutfdjen  Äüfte  (DgU 


Ungemeine*.  167 

aud)  Heimat  14,  9 f.  Don  Jlun&e:  3)aÄ  ehemalige  @tranbred)t  am  beutfdjen 
TOeere). 

3n  ben  fceutfrten  OefaMcfttdbiattera  6,  11/12  macftt  ber  3nn«bruder 
UnftiDbireftor  SR.  Waijr  btmerfen*»erte  Mitteilungen:  8um  öfterreio}ifo}en 
Vrctymoefen  ((£rgän8ungen  gu  bem  Ärttfel  Don  QHannoni  unb  Reform* 
toorWdge;  Dgl.  $.  3.  98,  142  unb  341). 

Sie  Rivista  italiana  per  le  science  giaridiche  37,  3/4  (111/112) 
bringt  ben  6d)lufj  ber  Arbeit  Don  (£.  ©ebaftiani:  Genesi,  concetto  e 
natura  giuridica  degli  archivi  di  stato  in  Italia  (DgL  $.  ß.  98,  341). 
—  3n  ber  Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique  2,  3 
informiert  ein  ftuffafr  Don  3.  (EuDelier  Aber:  La  reorganisation  des 
archives  en  France ;  Dgl.  baau  einen  ftrtUel  in  ber  iScole  des  Chartes  65 : 
Projet  de  ^Organisation  des  archives  en  France. 

Sin  fleiner  «rtifel  Don  <£.  ©tufrer  in  ber  SRonatÄfärtft  für  ^öftere 
64ulen  3,  9/10:  Sie  ©e&anblung  ber  Äriegegefo}lo}tc  auf  ber  Dberftufe, 
ergebt  ttebenlen  gegen  S&efen  Don  3-  Wü  11  er.  —  Sie Seitförift  für  baft 
•mnnaftafroefen  68,  8/9  enthalt  einen  ttuffafe  Don  $.  ßoren|:  IBelt* 
anfdjauungen  im  Gtymnaftalunterridjt  (bie  @d)fller  fbüen  in  bie  ©elt* 
anftftauungen  ber  Vergangenheit,  Altertum,  Mittelalter,  ffienaiffance,  ein* 
geführt  werben,  aber  aud)  in  bie  moberne,  Dor  allem  bie  ttoet^efdje). 

Ginen  audge^ei^neten  Überblid  Aber  „(Bntmidiung  unb  ©ebeutung 
ber  ttnttropogeograptye"  $at  Ä.  Sierranbt  in  bem  ©ammelroerfe  „3U 
griebrid)  ttafcelfl  OebtttyniS"  (Seidig,  Dr.  ©eele  &  So.)  gegeben.  (Sft  tritt 
Dor  altem  erfreulich  fcerDor,  ba&  bie  $erbinbung  mit  ben  gefdjicQtltaVgefeU: 
fcftaftltcften  ©iffenfeftaften,  bie  Haftel  felbft  fo  energifdj  angehebt  ijat,  au$ 
Don  feinen  5d)ü(ern  feftge^alten  nrirb,  bafe  infolgebeffen  bie  ©ebeutung  ber 
fculturetnflüffe  gegenüber  ben  rein  natur(aften  in  fteigenbem  SRafce  ge« 
tofirbtgt  unb  bie  Probleme  be£  gufammenftangd  8u>ifd)en  9fatur  unb  äultur 
immer  feiner  unb  be^utfamer  angefaßt  »erben. 

Sie  Dierte  Auflage  Don  Ä.  ©flauer«  (Sntftebung  ber  ©olfÄtoirtfcfcaft 
(Tübingen,  Sau)))),  X  u.  456  6.,  6  9R.)  bietet  gegenüber  ber  britten 
(DgL  $.  3-  90,  101)  fei™  größeren  Umgeftattungen,  fonbem  nur  Änbe* 
rangen  im  einzelnen,  unb  lä&t  ben  Anfang  ber  britten  Auflage,  in  bem 
ber  ©erfaffer  ftd)  mit  feinen  (Regnern  auScinanberfefcte,  fort. 

3n  feinem  „(Brunbrife  ber  )>reubifä>beutfd)en  foatalpolitifdjen  unb 
©ott*mtrrfd|aft«gef($i($te  Don  1640—1900"  (2.  Buft.,  ©erlin,  »eibmann, 
1904)  »itt  ber  ©nmiiafialbtrehor  (Emil  ©olf  f  burd)  $arftellung  ber  gefgidjt* 
liefen  (Snttuitflung  unferer  fo&ialen  ©erljältnifjc  biefe  Derftfinb(id)  macben 
unb  fo  bie  Derfdjiebencn  ©oltttrcife  einanber  naljer  bringen.  JHe  Aufgabe 
Meint,  f omeit  baS  (eute  möglich  ift,  mit  Steift,  bebeutenber  SiteraturfenntnU 
unb  bem  Streben,  jebem  ftaftor  geregt  ju  roerben,  gel  oft  )u  fein,  wenn 


168  «Kotigen  unb  9tad)ri(*Jten. 

aud)  im  einzelnen  ber  Spe^ialift  mandjeS  etnge&enber,  mand>ed  für$er  gefafct, 
manches  fdjärfer  betont  $aben  mürbe  (bgl.  bie  ©efpredning  bec  l.  Auf* 
läge,  fc.  3.  84,  378).  v.  S. 

iteue  SÄtt^et :  ß  i  n  b  n  e  x ,  tUIgemcingef d)t$tHa)e  Gntnritfiung.  (@tutt* 
gartf  (£otta.  0,50  SR.)  —  Del  V e c c h i o ,  Diritto  e  personalita  uraana 
nella  storia  del  pensiero.  (Bologna,  Zamorani  &  Albertazzi.)  — 
$i ermann,  Staat  unb  SBirtfdjaft.  1.  S3b. :  $ie  Slnfdjauungen  be3  öfono* 
mtfä>en  SnbtoibuaüSmu*.  (Berlin,  $uttfammer  &  9J*ü$lbredjt.  3,60  3)2.)  — 
Ä  u  §  I  e  n  b  e  cf ,  9?atürli$e  ©runblagen  be«  fficdjt*  unb  bei  $olitit.  (©ifenaaj, 
Xfcüring.  SSeriagäanftalt.  5  SR.)  —  Altainira,  Cuestiones  modernas 
de  Hißtoria.  [Bibl.  cientifico-filosofica.]  (Madrid,  Jorro.)  —  Bourguin, 
Lee  systemes  socialistes  et  l'öyolution  economique.  (Paris,  Colin. 
10  fr.)  —  ©ai,  S)er  SluSfdjluj»  ber  Wfeenbenten  Don  ber  (Srbenfolge  unb 
ba8  gfallredjt.  @in  Seitrag  $ur  ©efdftdjtc  be3  (SrbredjtS  auf  ©runb  beutfdjer 
unb  üermanbter  SRedjtSquellen.  [Unterf Übungen  jur  beutfdjen  Staats«  unb 
?Re4t*gefd)id)te,  72.  ©cft.]  (©re*lau,  SR.  &  $.  Marcus.  6«R.)-  ©öfr, 
fciftorifaje  ©eogranljie.    [$ie  (Srbfunbe  XIX.]   (SBten,  SJeutirfe.   10,60  SR.) 

—  Hoedemaker,  De  kerk  en  het  moderne  Staatsrecht.  1.  (Amsterdam- 
Kaapstadt,   Hollandsch-Afrikaansche  Uitgeversmaatscbappij.    2,75  fl.) 

—  Colaneri,  Bibliografla  araldica  e  genealogica  d'Italia.  (Roma, 
Loescher  &  Co.  6  fr.) —  Melanges  Paul  Fredericq,  Hommage' de 
la  Sociäte*  pour  le  progres  des  etudes  pbilologiques  et  historiques. 
(Bruxelles,  Lamertin.)  —  SRenne,  3>ie  ©ntroitflung  ber  9?ieberiänber 
jur  Nation,  [2lngen>anbte  ©eograpljte  I,  6]  ($atte,  ©ebauer*@dj»etfdjk. 
2,40  SR.)  —  Andrews,  A  history  of  England.  (Boston,  Allyn  & 
Bacon.) —  Beard,  The  office  of  justice  of  tbe  peace  in  England  in 
its  origin  and  development.  [Studies  in  history,  economica  and 
public  law  20,  1.]    (New  York,  The  Columbia  university  press.   3  $.) 

—  Sturdza,  La  terre  et  la  race  roumaines,  depuis  les  origines 
jusqu'ä  nos  jours.  (Paris,  Laveur.)  —  Kurotchkin,  Razskazy  iz 
istoril  russkol  tserkvi.  (Tomsk,  Makuchin.  5  fr.)  —  Seiet,  ©efam» 
melte  Slbfanblungen  $ur  amerifanifäjen  ®J>rad>  unb  SHtertumÄhmbe.  2.  53b. 
Sur  ©efdjiajte  unb  »oltöfunbe  SRejilog.  (©erlin,  «fter  &  (£0.  24  SR.)  — 
Sandys,  A  history  of  classical  scholarship,  from  the  sixth  Century 
B    C.  to  the  end  of  the  uiiddle  ages.    (New  York,  Macmillan.) 

jttte  «eW*«* 

Sntereffant  unb  le&rretdj  ift  §.  3)elbrürf8  SluÄeinanberfeJung  mit 
feinen  ©egnern,  roeldje  unter  bem  Xitel:  Xljeoiogifdje  $$ifologie  in  ben 
$reufeif$eii  3a^rbüa)ern  116,  2  erjdjienen  ift  unb  roeldje  an  Atomarer« 
5öud) :  &ntife  Sdjladjtfelber  in  ©riedjenlanb ,  an  beffen  günftige  SRejenfion 
Don  SBitamonrift  unb  beffen  ungünftige  Beurteilung  üon  Zoloft  unb  2am* 


ttlte  ©efetydjte.  169 

inert  anfnüpft,  um  bie  öon  3>elbrüd  in  feiner  0ef$id)te  ber  ÄriegÄfunf* 
<m  ttafftfäen  Autoren  geübte  ftrittf  auf«  neue  $u  beitreten.  3n  berfelben 
3ritf4rift  fpric^t  G.  ©o}ud)$arbt  Aber  »öbeltunn  unb  Srminfui,  ber 
buret»  Sergteidjung  beiber  baft  SBefen  beiber  trefftta}  erläutert. 

2>ie  5>?euen  gaftbudjer  für  baS  Hafftf$c  Altertum,  (Skfdudjte  unb 
beutfdje  Stteratur  1904,  8  enthalten  «uffäfre  oon  «.  8rrt|fd|e:  3>er  «n= 
fang  be*  $ettenentum8,  ber  bie  grabe  auf  tiefem  (Siebiet  gematteten  gfort= 
fdpitte  gut  jufammenfajjt  unb  Dielen  al«  fdrberti*  ftcb  ermetfen  wirb,  unb 
€•  3  i  e  b  a  r  1 6 :  (Ein  attif d>e3  ©tammbud),  ber  an  ÄirdjnerS  Prosopographia 
attica  anfnüpft. 

Unrnüpfenb  an  ben  Don  und  befprodjenen  «uffaf  d.  3iebart$*  be 
banbelt  3.  Äo^ter:  S)aS  ftecftt  ber  Stiftung  bei  ben  Orieften   in  ber 
3titf4rift  für  öerglei*enbe  ffie$t«rotf?enfdjaft  17,  1/2  (1904). 

Vuft  ben  Atti  della  r.  Accademia  delle  sciense  di  Torino  1903/04, 
9/10  notieren  mir  $.  <&  b  i  o  n  e :  Note  sul  regno  di  Lisimaso  unb  ®.  B. 
fieüi:   T>e  battaglie  di  Cos  e  di  Andro. 

3n  ben  Mitteilungen  beft  faiferltcb,  beutfdjcn  «rd)äologif$en  Snftitut«, 
3lömifct>e  Abteilung,  69,  1/2  untergie^t  8.  Santarelli:  Un  prefetto  di 
Egitto  tio  di  Seneca,  bie  ägüptifflen  $röfeften  jur  ttegterungSjelt  be* 
Ziberiu*  einer  forgfältigen  SRufterung,  um  ju  ermeifen,  bafj  ®.  ©aleriufc 
(16—31  n.  (&$r.;  ber  $rftfcft  ift,  btn  ©eneca  in  ber  befannten  ©teile  feiner 
Dialoge  meint;  (E$r.  $uelfen  befpridft  bie  jüngft  gefunbenen  Fragmente 
ber  Äapitolinifd)en  ßonfular=  unb  Xriump(alfaften  unb  veröffentlicht  meiter 
neue  3nfd)riften,  worunter  ba*  intereffantefte  ©tfld  eine  Spieltafel  ift  mit 
Partfai  occisi  Britto  victus  ludite  Romani,  meldje  über&eugenb  inft  3at;r 
296  n.  £(jr.  gefegt  mirb;  g.  Äoepp  teilt  Semerfungen  $um  Monumentam 
Ancyranuin  mit,  bie  roor)!  beadjtenSroert  ftnb,  aumai  ba  gerabe  in  legtet 
3ett  bie  ilompojition  biefeÄ  Monumente«  tnelfadj  erörtert  mürbe. 

Au«  bem  9lra>äologif  d)en  feiger  1904,  3  notieren  mir  9t.  C etile r: 
Die  ftäfen  oon  Äartljago  unb  X  o  c  i  l  e  8  c  u :  ftunbe  in  {Rumänien,  bie  nidjt 
feljr  bebeutenb  fmb»  aber  bod)  etwa«  $ur  Älärung  ber  in  ben  legten  Sauren 
mit  fo  großem  (£ifer  Dertjanbelten  ftrage  nad)  ber  <£ntfte^}iingd$eit  be« 
$bam  JMifft*$>cnfmalö  beitragen.  3n  biefem  3ufammen(ang  fei  aud)  au** 
na^mftroeife  auf  bie  Wejenfion  SfurtmftnglerS  oon  StubmqfaS  Tropaeum 
Trajani  (ingemiefen. 

3n  ber  Revue  des  etudee  anciennes  6,  2/3  fefet  G.  3  u  11  i  a  n  feine 
NoteB  gallo-romaines  fort,  unb  groar  mit  XXII:  Remarques  sar  la  plus 
ancienne  religion  gauloise  unb  ©.  ©eure:  Lee  derniers  souverains 
Thraces :  Rhoemetalcea  et  Pythodoris,  gibt  einen  beadjtenftroerten  Seitrag 
*ur  Qef$id)te  ber  ©altanfalbinfel. 

Äu*  ber  Revue  archeologique  1904,  3uli*%uguft  notieren  mir 
3R.  $iroutet:  £tade  bot  les  fibules  preromaines  des  tumulus  dee 


170  9?oti*en  unb  Stodfricöten. 

environe  de  Saline;  $.  ©aöaniol:  Une  habitation  Gallo-romaine. 
La  »vieille  cito«  (Haute-Marne) ;  $.  graurl:  Note  sur  la  longueur 
du  pied  grec  unb  ©.  ftetnad):  Les  fouilles  de  Gordion  en  Phrygie, 
ber  an  bie  fdjönen  Unterfutfcungen  bei  ©ebrüber  Äörte  onfnüpft. 

ffl.  $er$og,  bem  mir  bie  glüctlidje  SBieberauffinbung  bet  rtStfepiol* 
Heiligtums  auf  £o*  üerbanfen,  oeröff entließt  eine  ebenbort  gefunbene  3«* 
fdjrift,  meiere  ein  3)anf»  unb  ©lüdumnfdjbefr  et  ber  ftoer  für  ben  6ieg  über 
bie  (Ballier  enthält,  tooran  ©.  Kein  ad):  L'attaque  de  Delphes  par  les 
Gaulois  anfnüpft,  um  ben  wichtigen  fjunb  $ergogft  ju  üermerten  unb 
mtflenfdjaftlid)  auszubeuten  (Comptes  -  rendus  de  l'Academie  des  In- 
scriptum»  et  Belles-Lettres  1904,  mf§«V|)tU).  ©benbort  teilt  (II  er» 
mont«©anneau  griedjifdje  djrift(id)e  3n(djriften  au«  ©erfaba  in  $aUU 
ftina  mit  unb  3-  ©audier:  Municipium  Felix  Thabbora  mad)t  unfr 
mit  einem  neuen  Crt  ftfrifad  betannt,  beffen  gijierung  t$m  gelang  unb 
beffen  Snf^riften  beadjtenÄmert  finb.  20.  4>elb ig  gibt  eine  Contribution 
a  l'histoire  de  requitatus  Romain. 

$on  bem  Bulletin  de  Correspondance  hellenique  ftnb  gleichzeitig 
$b.  27  unb  28,  I— IV  crfdjienen.  $on  bem  reiben  Snfalte,  namentlich 
auf  eplgraj>$tfd)em  ©eblete.  notieren  mir  @.  ttourguet:  Inscriptions  de 
Delphes ;  %t).  §  o  m  o  11  e :  Inscriptions  de  Dolos ;  ©.  (£  o  l  i  n :  Inscrip- 
tion  de  Delphes.  Actes  amphietyoniques  relatifs  ä  la  fortnne  du 
temple  d'Apollon  et  aux  limites  du  territoire  sacrä;  $.  Souguet 
unb  ©.  £efebt>re:  Papyrus  de  Magdola.  2©  sene;  $.  3)emoulin: 
Les  Rhodiens  ä  Tenos  ;  SB.  $  o  l  ( g  r  a  f  f :  Inscriptions  d'Argos ;  8.  S  %  a  * 
pot:  Resapha-Sergiopolis ;  ©.  SRenbel:  Inscriptions  de  Bitbynie  et 
de  Paphlagonie;  ©.  Sefebbre:  Inscriptions  grecques  de  Tehneh 
(£gypte);  %  ©rainbor:  Decret  d'Jos;  %f).  Steinadj:  Inscription 
d'Orchomene  d'Arcadie;  @.  (Eoufin:  Inscriptions  du  sanetuaire  de- 
Zeus Panamaros;  ©b^em  ©eu:  Fouilles  de  Tralles  (mit  Dielen,  autt> 
ttidjtigen  3tf djriften) ;  5-  SHlrrbadj:  Fouilles  de  Delos.  Inscriptions; 
Gr.  Ä  r  m  a  n  e  t :  Inscriptions  de  Dorylee ;  2.  93  i  j  a  r  b :  Une  inscription 
du  sanetuaire  d'Apollon  Ptotos  trouvee  ä  Loryma. 

3n  ben  Melanges  d'archöologie  et  d'bistoire  24,  2/3  berichtet  ju» 
nfidtft  3-  StilUx  über  bie  legten  Ausgrabungen  in  ©alona,  bann  gibt 
©.  Älbertini:  La  clientele  des  Claudii  einen  guten  ©eitrag  pc 
rdmifä^en  ©cfd)i<$te,  unb  fd)liefilid)  beröffentlidjt  ©$.  3)uboi«  3 nf Reiften 
au*  SRinturnae,  oon  beneu  menigftenS  eine  fjiftorifdjeft  Sntereffe  beftft. 

«u$  ben  SBiener  ©tubien  26,  1  notieren  mir  ©t.  ©rafelof f :  Sei« 
tröge  jur  Erläuterung  ber  lex  Acilia  repetundarum  unb  3-  8fu<5*. 
§annibal  in  SKittelitalien,  eine  forgfältige  Unterfudjung. 

$ie  @i&ungÄberi$te  ber  berliner  »Fabemie  1904,  39/40  berdffent* 
liefen  ba*  TOanuffript  einer  ttbfanblung  SRommfenÄ:  $>a«  ©er&älrnt* 


Alte  ®efcbid)te.  171 

be«  Xacitu«  su  ben  Aften  be«  Senate*,  bie  fdjon  im  3a$re  1884  gelefen, 
aber  nidjt  veröffentlicht  nmrbe. 

Aber  bie  je|t  im  Sorbergrun b  be«  Qntereffe«  fte(enben  Ausgrabungen 
unb  &unbe  auf  bem  Forum  Roroanum  orientiert  (Hj.  8uU  in  ber  Revue 
de  rUniversite  de  Bruxellos  9,  10. 

Au«  ber  ©efibeutfeben  geitfdjrift  für  (Befriste  unb  Äunft  23,  2 
notieren  mir  0.  fctrfcbfelb:  $er  $ebtfation«tag  be«  Auguftu««Aitar* 
bei  ßugubunum. 

Wtt«  ber  Nouvelle  Revue  bistorique  de  droit  francais  et  etranger 
1904,  4  notieren  mir  $.  ©utraub:  L'impot  eur  le  capital  soua  la 
republique  romaine  unb  bie  fjolge  ber  fdjon  angezeigten  Ab^anbtung  bon 
3*  $  e  c  l  a  r  e  u  i  l :  Quelques problemes  d'histoire  des  institationa muni- 
cipales  au  temps  de  l'Empire  romain. 

3u  ber  «ujantinifäen  3eitfa)rift  13,  8/4  publiziert  Ä.  fcorna  ba« 
eben  aufgefunbene  fcobotyorifon  be«  ßonftantin  Vtanajfe«,  ba«  aud)  fctfto* 
rifern  intereffant  iftr  unb  $.  ftretfdjmatyr  eine  Beitreibung  ber  öenejia- 
nifeben  unfein  bei  Itonftantin  $or)>(9rogenneto«. 

Bon  bem  fd)on  oft  Don  und  rüfnnenb  befprodjenen  Anzeiger  für  djrtft» 
lid)e  Archäologie  öon  3-  %  $t  i  r  f  d)  ift  9fr.  12  erfdjienen  (Hömifcbe  Quartal* 
fd)rlft  für  d)riftlt<fte  Altertum«funbe  unb  für  Äird)engefaVc$te  1904,  2). 

Au«  ber  geitfebrift  für  JHrcbengefdjtdjte  25,  3  notieren  mir  fc.  «r be«: 
$a«  ffitifd)e  SJcartyrologlum  unb  ber  ©ei$nadjt«feftfrei«  I,  ein  förbernber 
«uffa*. 

Xie  Üjeologifdje  öuartalfd)rift  86,  3  bringt  eine  Abtymblung  von 
$.  Setter:  2>a«  Sud)  £obia«  unb  bie  Ärcbifar«6age  mit  einer  Über» 
fefcung  be»  armenifd)en  $ejte«  ber  Ad)lfar*Sage  unb  bann  uon  ft.  Äocb: 
Äacbflange  zur  areojmuttifcben  frrage,  ber  gegen  öerfdjiebene  Otogner  getotfr 
mit  Hedjt  feinen  ©tanbpunft,  bag  bie  <Sd)riften  btefe»  $feubo*S>ion!)jiu« 
in«  5.  3a$r$unbert  geboren,  berteibigt.  Sadjlid)  unb  bead)ten«roert  finb 
einige  ©emerfungen,  meiere  J.  3t\  Sunt  zum  Opus  iniperfectum  in  Mat- 
thaeum  tnadjt,  worüber  jüngjt  $.  $Öbmer«fflomuubt  au«fübrlidj  banbelte. 

3n  ber  3eitfd)rift  für  imfjenfcbaftlicbe  Xbeologie  47,  3  feftt  junädjft 
A .  $tlgenfelb:  $er  (Soangelift  Wartu«  unb  3uliu«  ©ettbaufen  feine 
Auletnanberfefrung  mit  ©ellbaufen  fort.  S)ann  gibt  &.  @örre«:  Weue 
Beiträge  ^ur  (Befdjidjte  be«  40  jährigen  ©affenfttnftanbe«  z»»W«n  bem 
^riftentum  unb  bem  antifen  Staat  feit  260.  1.  Staifer  ©aMenu*  unb 
bat  (Etriftentum  (bie  djriftenfreunblid)en  Atten  be«  Äaifer«  betoeifen  nid)t 
bie  Anerfennung  ber  ffirdje  al«  religio  licita  et  adscita).  2.  $ie  angeb« 
Heb«  (E(dftent>erfolgung  be«  ftaifer«  Glaubiu«  IL  ®otbicu«  (268—270) 
uod)  einmal.  3.  $ie  Aureltan«$rage  unb  bie  neuefte  Literatur,  ©euer 
ftnbet  fidj  barin  noeb  ein  Auffafr  uon  A.  fcilgenfelb:  $er  unltarifcfje 
f  feubo«3gnatiu«,  ber  ftcb  gegen  ©.  Äocb  über  bie  pfeubo»ignatianifd)en 


166  Hotten  unb  9todjrid)ten. 

mit  ber  J>enhnalpflege  ju  jefen);  31.  ftuguft  Don  &  Sföuu&inger:  bie 
Ämerifaner  (JBefpredjung  be3  SBerte«  Don  TOinfierberg) ;  10.  ©ejrt.  Don  - 
$.  2Beber:  internationaler  Äongrefc  für  allgemeine  9teligiontgefd)id)te 
(Referat);  13.  ©ept.  Don  $.  fcerrmann:  3)ie  menfcftU^e  (öeftalt  in  ber 
©efdjidjte  ber  Äunft  (©efpredjung  beÄ  ©uo}e«  Don  SuliuÄ  Sänge) ;  15.  unb 
16.  September  Don  3.  ©.  SB  ei  &:  Herbert  Spencer  im  ßidjte  feiner  «uto* 
biograpljte;  4.  Oftober:  (Stoffen  ftttr  grrage  ber  (Epodjen«  unb  Stationen* 
tljeorie  (in  Jhtnfigefd)id)te  unb  Äird)engefdjidjte;  Spannung  &roifd)en  beiben 
£$eorien  unb  relatiDe  8ered)tigung). 

SHe  fcfjeologifdje  SRunbfdjau  7,  8  unb  9  bringt  bie  $ortfe&ung  ber 
ftbfymblung  Don  ©ouf  fet:  $ie  SReligtonSgefdjtdjte  unb  bad  neue  Xefta» 
mertt  (Dgl.  $.  g.  93,  519).  Aufgabe  be£  ncuteftamentlidjen  Zoologen  ift 
nad>  bem  »erfaffer  junt  gtotd  be«  tterftänbntffeS  ber  (5ntfte$ung  be* 
fcbrtftentum«  bie  (Erforfdjung  be«  gefamten  reItgton&gefd)id)ttidpn  SRilieu* 
Don  ber  (gpocfje  tfleranberd  beS  (Brofjen  bift  jur  äonfotibierung  ber  djrift- 
liefen  ßircfc  na*  Überwinbung  ber  ©nofi*.  —  (Sin  Hrtifel  Don  9t.  8t ed 
in  ben  ^roteftanttfäen  IRonatÄljeften  8,  8:  3)ie  (Entftefymg  be«  <£$riftentumeP 
ift  eine  Äritif  ber  Äaltyofffdjen  rabifalen  3$efen. 

3n  ben  Mitteilungen  unb  ftadjridjten  für  bie  eDangeüfdje  Äirdje  in 
8tu&ianb,  Siuguft  1904,  ergebt  Ä.  D.  Oettingen:  £ur  ffrrage  über 
moberne«  d^riftentum  unb  mobeme  Geologie,  iBebenten  gegen  bie  „9Ro* 
benten".  —  3«  ?roteftantenblatt  37,  30—82  bebanbelt  (&.  3fud)*  ba* 
2$ema:  (Qriftentum  unb  Jhsltur  (finb  felneSmeg«  Gtegenfäfce). 

3n  feiner  befonber*  publizierten  Oonner  ÄntrittöDorlefung  be^anbelt 
(L  «lernen:  2He  reiigion*gefd)idjtlio$e  9Ret$obe  in  ber  Geologie  (©iefjen, 
Kiefer,  1904,  39  ©.).  (Er  unterfdjeibet  $unäo$ft  bie  Derfälebenen  gor* 
berungen,  bie  namenft  ber  reltgionSgefdjuljtlidjen  SDtet^obe  an  bie  Geologie 
gefteQt  »erben  (llmmanblung  ber  djriftli<$*tbcologifdjen  gafult&t  in  eine 
allgemeine  religionSgefdjtdjtltdje;  befonbere  ßeljrftü&le  für  allgemeine  Reli* 
gion3gefd)td)te ;  Dergleidjenbe  SReligion3gefd)td)te),  unb  unterfudjt  bann  be* 
ionber«,  inroieroeit  bie  $erfu$e,  neuteftamentltdje  Slnfcftauungen,  fo  nament* 
Itdj  beftüglidj  ber  Saufe,  ber  Buferfte^ung,  be«  Bbenbmaljle«,  au«  anberen 
Sieligionen  abzuleiten,  al«  gelungen  gelten  tonnen ;  er  Derbält  fid)  bagegen 
im  allgemeinen  ffeptifd)  unb  betont  Dielmeljr  bie  Originalität  be«  <£ljriflentum«. 

3n  ben  ©renjboten  63  9fr.  32  unb  34  Deröffentlldjt  $.  ftorft: 
(Erinnerungen  au«  ber  preufjtfdjen  SlrdjiDDerroaltung  (namentlid)  unter 
3)un<fer  unb  Stybel,  mit  eingefrreuten  fritifdjen  SBemerfungen,  wobei  $erfo* 
nalten  gu  feljr  berDortreten ;  bie  ju  Sdjlufe  mieber  einmal  befürtoortete 
Trennung  ber  BrdjiDe  in  miffenfdjaftliibe  unb  $ertualtung«ardjiDe  müfett 
bod)  gerabe  ein  9lr4iDar  als  Derfe^lt  unb  unburc^fü^rbar  erfannt  $aben)~ 
(Ebenbort  in  ©renjboten  9lt.  31  unb  33  be^anbelt  ß.  ftemmer:  S)ie 
Sage  Dom  Stranbfegen  unb  ba§  Sttanbret^t  an  ber  beutf^en  Äüfte  (DgU 


Ungemeine*.  167 

audj  $eimat  14,  9 f.  t>on  Äunje:  SaÄ  ehemalige  ©tranbredjt  am  beutfdjen 
SReere). 

3n  bat  Seutfrten  ©efaMdjtÄbtättern  6,  11/12  ma$t  bei  3nn*brucfer 
*f djtDbireltor  VI.  SR  a  n  r  bemerfenSmerte  Mitteilungen :  8um  öfterretd)ifd)en 
Vrdpttoefen  ((£rgd*n8ungen  8u  bem  Ärttfel  Don  ©iannoni  unb  Äeform* 
*orf4lage;  »gl.  $.  3.  93,  142  unb  341). 

Sie  Rivista  itaüana  per  le  science  giuridiche  37,  3/4  (111/112) 
bringt  ben  6d)lufj  ber  Arbeit  Don  &  Sebaftiani:  Genesi,  concetto  e 
natura  giuridica  degli  archivi  di  stato  in  Italia  (Dgl.  $.  ß-  98*  341). 
—  3n  ber  Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique  2,  8 
informiert  ein  ttuffafr  Don  3-  Sud  euer  Aber:  La  reorganisation  des 
archives  en  France ;  Dgl.  baju  einen  ftrtifef  in  ber  iScole  des  Charte«  65  : 
Projet  de  reorganisation  des  archives  en  France. 

(Ein  fleiner  «rtifel  Don  <S.  ©tu&er  in  ber  SRonatdjdjrift  für  tjöbere 
64ulen  3,  9/10:  Sie  Seftanblung  ber  ßriegftgefctygte  auf  ber  Oberftufe, 
ergebt  ©ebenfen  gegen  £$efen  Don  3-  SR ü Her.  —  Sie  3eitfdnift  für  baft 
•nrnnaftaltoefen  68,  8/9  enthält  einen  Äuffa|  Don  %  ßorenfr:  fBclt^ 
aitfdjauungen  im  G>ümnafialunierri*t  (bie  ©djüter  foüen  in  bie  ©elt* 
anfdjauungen  ber  Vergangenheit,  Altertum,  3Rittetalter,  ffienaiffance,  ein* 
geführt  merben,  aber  audj  in  bie  moberne,  bot  ädern  bie  <Boet$efdje). 

«inen  auftgejetcQneten  Überbtid  über  „(Enttotdlung  unb  ©ebeutung 
ber  Äntfjropogeoßraptye"  $at  Ä.  Sierfanbt  in  bem  ©ammeltoerfe  „3u 
ftriebrid)  Stapel«  <»ebä$tni»"  (Seidig,  Dr.  ©eele  &  So.)  gegeben.  (Sft  tritt 
Dor  altem  erfreulich  Qeroor,  ba&  bie  Serbinbung  mit  ben  gefdjidjt(tdj*gefeU= 
fdpftlt^en  ©iffenfdjaften,  bie  ffiafrel  felbft  fo  energtfd)  angeftrebt  $at,  audj 
Don  feinen  $djüfern  feftge^alten  toirb,  bafj  infolgebeffen  bie  ©ebeutung  ber 
ftutrureinflüffe  gegenüber  ben  rein  natur^aften  in  fteigenbem  SRafce  ge« 
»firbtgt  unb  bie  Probleme  be«  jJufammenbangÄ  gtoifdjen  Äatur  unb  Äultur 
immer  feiner  unb  be^utfamer  angefaßt  merben. 

Sie  Dierte  «uffage  Don  Ä.  ©flauer«  dntfte^ung  ber  «olf*»irtf$aft 
(Tübingen ,  Saupp ,  X  u.  456  S.,  6  SR.)  bietet  gegenüber  ber  britten 
(ögL  $.  3-  W,  101)  (eine  grb&eren  Umgeftaltungen,  fonbem  nur  Änbe» 
ntngen  im  einzelnen,  unb  lägt  ben  Anfang  ber  britten  Auflage,  in  bem 
ber  Serfaffer  fidj  mit  feinen  Gegnern  auftcinanberfefte,  fort. 

3n  feinem  „(Brunbrifi  ber  preubif$«beutf4en  fo&ialpoütifdjen  unb 
8ol»mirtf4aft0gefd>id|tc  Don  1640—1900"  (2.  Hüft.,  ©erlin,  Seibmann, 
1904)  »tu  ber  «ümnafialbtreftor  <£mi(  ©olf  f  burd)  Sarfteflung  ber  gefdjia> 
lidpn  (Enttoirflung  unjerer  fokalen  ©erf)ältnifje  btefe  oerft&nbudj  mannen 
unb  fo  bie  Derfdjiebencn  ©oUSfreifc  einanber  näljer  bringen,  Sie  Hufgabe 
Meint,  fowcit  baft  $euie  möglich  ift,  mit  &lri&,  bebeutenber  Siteraturfenntni* 
nnb  bem  Streben,  jebem  &attor  geregt  ju  werben,  gelöft  ju  fein,  wenn 


168  Zotigen  unb  ftadjridjten. 

auä)  im  einzelnen  ber  ©J>e$iaüft  mandjeÄ  etnge&enber,  uandjeS  fürjer  gefaxt, 
mandjeä  fdjffrfer  betont  fabelt  würbe  (ögl.  bie  ©efpredjung  ber  1.  Auf* 
läge,  fc.  3-  84,  378).  v.  8. 

jgtent  SÄä^er :  8  i  n  b  n  e  r  ,  Äflgemeingef  djtdjtUd)e  (gntmitflung.  (@tutt* 
gart,  (Jotta.  0,50  3R.)  —  Del  Vecchio,  Diritto  e  personalita  umana 
nella  storia  del  pensiero.  (Bologna,  Zamorani  &  Albertazzi.)  — 
©i  ermann,  ©taat  unb  SBirtfdjaft.  l.S3b.:  S)ie  Hnfdjauungen  beÄ  öfono« 
mifdjen  SnbtotbuaüÄmu*.  (Berlin,  $uttrammer  &  9JHtylbred)t.  3,60  3R.)  — 
ft  u  I)  i  e  n  b  c  cf ,  WatürHdje  ©runbiagen  be8  ffied)t«  unb  ber  «ßolitif.  (©tfenaaj, 
2#üring.  SSerlagäanftalt.  5  3R.)  —  Altamira,  Cuestiones  modernas 
de  Historia.  [BibL  cientifico-filosofica.]  (Madrid,  Jorro.)  —  Bourguin, 
Lee  systemes  socialistes  et  l'öyolution  economique.  (Paris,  Colin. 
10  fr.)  —  ©al,  S)er  ttuSfdjlujj  ber  Wfeenbenten  öon  ber  (Srbenfolge  unb 
ba*  gaürtcftt.  (Sin  Beitrag  jur  ©efcfcidjte  be8  GrbredjtS  auf  ©runb  beutf*er 
unb  uenoanbter  föedjtSqueflen.  [Unterfudjungen  jur  beutfeften  ©taatd*  unb 
SRerttSgefdildite,  72.  $eft]  (©reSiau,  W.  &  $.  3Rarcu8.  6  SR.)  —  ©Ö(, 
fciftorifdje  ®eoQrapt)ie.    [$ie  (Erbfunbe  XIX.]   (SBien,  SJeuticfe.   10,50  SR.) 

—  Hoedemaker,  De  kerk  en  het  moderne  Staatsrecht.  1 .  (Amsterdam- 
Kaapstadt,   Hollandsch-Afrikaansche   Uitgeversmaatscbappij.    2,75  fl.) 

—  Colaneri,  Bibliografia  araldica  e  genealogica  d'Italia.  (Roma, 
Loescher  &  Co.  6  fr.) —  Melanges  Paul  Fredericq,  Hommage*  de 
la  Sociäte*  pour  le  progres  des  £tudes  philologiques  et  historiques. 
(Bruxelles,  Lamertin.)  —  SRenne,  $ie  GntwtdTung  ber  9Neberlfinber 
jur  Nation,  [ttngemanbte  ©cogra^ie  I,  6]  (§afle,  ©ebauer*@ä)metfdjte. 
2,40  HR.)  —  Andrews,  A  history  of  England.  (Boston,  Allyn  & 
Bacon.) —  Beard,  The  office  of  justice  of  the  peace  in  England  in 
its  origin  and  development.  [8  tu  dies  in  history,  economic«  and 
public  law  20,  1.]    (New  York,  The  Columbia  university  press.   3  $.) 

—  Sturdza,  La  terre  et  la  race  roumaines,  depuis  les  origines 
jusqu'ä  nos  jours.  (Paris,  Laveur.)  —  Kurotchkin,  Razskazy  iz 
istoril  russkol  tserkvi.  (Tomsk,  Makuchin.  5  fr.)  —  €>eler,  ©efam» 
melte  Slbfymblungen  jur  amerifanifdjen  ®J>raä>  unb  Hltertumfttunbe.  2.  8b. 
£ur  ©cfajiäjtc  unb  «olföfunbe  SRejifo«.  (Berlin,  Bfljer  &  (So.  24  SR.)  — 
Sandys,  A  history  of  classical  scholarship,  from  the  sixth  Century 
B    C.  to  the  end  of  the  iniddle  ages.    (New  York,  Macmillan.) 

jttte  c>efa)io)te. 

Sntereffant  unb  letjrreidj  ift  §.  5)elbrürf8  SluSeinanberfefung  mit 
feinen  (Gegnern,  loeldje  unter  bem  Xitel:  Xljeologifaje  Ätiologie  in  beii 
$reu6ifd)en  3a$rbüdjern  116,  2  erjdjienen  ift  unb  meldte  an  ÄromaöerS 
23ud):  Äntife  <Sd)lad)tfelber  in  ©riedjenlanb ,  an  beffen  günftige  ftegenfton 
t»on  SBUamou>ift  unb  beffen  ungünfttge  Beurteilung  uou  Zoloft  unb  Sam« 


ttlte  ©efcbjdjte.  169 

inert  antnüpft,  um  bie  t>on  3>eibrüd  in  (einer  (Bejdjidjte  bet  ÄrtegSfunft 
<ut  flaffiföcn  Autoren  geübte  ftrittf  auf*  neue  ju  vertreten.  3«  berfelben 
3citfcr>rift  fpridjt  (£.  S<$ud)$arbt  über  »abelturm  unb  Srminfui,  ber 
fciircfc  Bergleidjung  beiber  ba«  SBefen  beiber  trefflio}  erlftutett. 

5>ie  Reuen  Sa^rbüc^er  für  baft  tlaffif<$e  Altertum,  <Befd)id)te  unb 
btutfdp  Sitetatur  1904,  8  entfalten  «uffttfre  t>on  R.  Srrifcfdje:  Der  «n* 
fang  beft  $eüenentumft,  ber  bie  grabe  auf  biefent  Gebiet  gemalten  3rort= 
fdjritte  gut  ftufammenfagt  unb  öielcn  als  förberlicb,  ftcb  ermetfen  wirb,  unb 
4t.  3iebartf>:  £in  attifd)e3  ©tammbudj,  ber  an  ÄirdjnerS  Prosopographia 
«ttica  onfnüpft. 

Unfnflpfenb  an  ben  Don  und  befprodjenen  ttuffafc  (£.  giebartfyl  be 
feanbelt  3-  Äo^ler:  Da*  Red>t  ber  (Stiftung  bei  ben  ©rietfcen   in  ber 
«Sritförift  für  Dergieidjenbe  Re<*t«mtffenfdjaft  17,  1/2  (1904). 

Ku*  ben  Atti  della  r.  Accademia  delle  scienze  di  Torino  1903/04, 
S/10  notieren  mir  $.  ©  t)  i  o  n  e :  Note  sul  regno  di  Lisimaso  unb  @.  B. 
$eöi:   I>e  battaglie  di  Cos  e  di  Andro. 

3n  ben  Mitteilungen  be*  faifedi*  beutf^en  SUdjäologifdjen  Snftitut«, 
Römifd>e  Abteilung,  69r  1/2  unter^t  ß.  dantareUi:  Un  prefetto  di 
Egitto  tio  di  Seneca,  bie  ägütotifcften  $räfe(ten  jur  Regicrung£$eit  be* 
XibtriuS  einer  forgfäliigen  SRufterung,  um  &u  ermeifen,  baft  Ö.  ©alertu* 
<16—31  n.  Gfjr.  ber  $rä'fett  ift,  btn  <Seneca  in  ber  betannten  Stelle  feiner 
Dialoge  meint;  (E$r.  $uelfen  befpridjt  bie  jüngft  gefunbenen  Fragmente 
ber  Äajritoliniftben  ßonfular?  unb  Xriumpljalfaften  unb  oer  öffentlich  meiter 
neue  3nfd)riften,  worunter  bat  intereffantefte  Stücf  eine  ©pteltafel  ift  mit 
Parthi  occisi  Britto  victus  ludite  Romani,  meldje  über&eugenb  in«  %a1)x 
296  n.  CTr)r.  gefegt  mirb;  Jjf.  ftoepp  teilt  Oemertungen  $um  Monurnentum 
Ancyranum  mit,  bie  rr»or)I  beadjtenSroert  ftnb,  jumol  ba  gerabe  in  lejter 
Seit  bie  ftombofition  biefed  SRonumente«  Dielfad/  erörtert  nmrbe. 

9lu*  bem  9lrd)äologifci)en  feiger  1904,  3  notieren  mir  R.  Cef) (er: 
Die  $&fen  oon  Jtart^ago  unb  £ocile8cu:  gunbe  in  Rumänien,  bie  nidjt 
fe^r  bebeutenb  fmb,  aber  bodj  etroa*  &ur  Älärung  ber  in  ben  legten  Sauren 
mit  fo  großem  (Sifer  oer^anbelten  ftrage  nad)  ber  <£ntftet)ung£&eit  be« 
$bam  ftliffuDenfmald  beitragen.  3«  biefem  3ufammen(ang  fei  audj  au£« 
naljmSroetfe  auf  bie  Re$enfton  SurtmängferS  oon  Stubnic^fad  Tropaeum 
Trajani  fjingemiefen. 

3n  bet  Revue  des  etudes  anciennes  6,  2/3  feftt  G.  3  u  U  i  a  n  feine 
Notes  gallo-romaines  fort,  unb  jmar  mit  XXII :  Remarques  aar  la  plus 
ancienne  religion  gauloise  unb  ©.  ©eure:  Lee  derniers  Souveräns 
Thracea :  Rhoemetalcee  et  Py  thodoris,  gibt  einen  beachtenswerten  Beitrag 
*ur  tteföid)te  ber  ©airan&albinfel. 

Äu*   ber  Revue   archeologique  1904,    3uli*%uguft   notieren  mir 
3R.  $ir  outet:  titade  sur  les  fibules  preromaines  des  tumulus  des 


170  Wotijen  unb  Madjridjten. 

environe  de  Salins;  $.  (Sattaniol:  üne  habitation  Gallo-romaine» 
La  »vieille  cito«  (Haute-Marne) ;  $.  gfaurl:  Note  sur  la  longueur 
du  pied  grec  unb  ®.  ffleinadj:  Lee  fouilles  de  Gordion  en  Phrygie, 
ber  an  bie  fdjönen  Unterfud)ungen  ber  ©ebrüber  Äörte  anfnüpft. 

3*.  $«r$og,  bem  mir  bie  glficflic^e  SBieberauffinbung  be*  MHeptoft« 
$eüigtumÄ  auf  £o*  öerbanfen,  ueröffentltdjt  eine  ebenbort  gefunbene  3n* 
fdjrtft,  meldje  ein  3)anf*  unb  $Ui<famnfd)betret  bec  Äoer  für  ben  6teg  über 
bie  QJalHer  enthalt,  tooran  ©.  Hein  ad):  L'attaque  de  Delphea  par  le* 
Gaulois  anfnüpft,  um  ben  toidjtigen  fjunb  $ergogft  ju  öerroerten  unb 
mtflenfdjaftlidj  auszubeuten  (Comptes  -  rendus  de  l'Academie  des  In- 
scriptions et  Belles-Lettres  1904,  S)cäri«Slprtl)-  ©benbort  teilt  (Her» 
mont'^anneau  griedjtfdje  djriftltdje  3nfdjriften  au«  öerfaba  in  $al<U 
ftina  mit  unb  3-  (6)  audier:  Manicipium  Felix  Thabbora  nrndjt  un* 
mit  einem  neuen  £rt  ÄfrtfaÄ  befannt,  beffen  gixterung  l$m  gelang  unb 
beffen  3nf Triften  beadjtenÄmert  jinb.  28.  §etblg  gibt  eine  Contribution 
ä  l'bißtoire  de  l'equitatus  Romain. 

f&on  bem  Bulletin  de  Correspondance  hellenique  ftnb  gleichzeitig 
JBb.  27  unb  28,  I— IV  crfdjtenen.  $on  bem  reidjen  3n$alte,  namentlich 
auf  epigra|)(ifd)em  Gebiete,  notieren  mir  @.  ttourguet:  Inscriptions  de 
Delphea ;  %t).  §  o  m  o  1  f  e :  Inscriptions  de  Dolos ;  ©.  (£  o  l  i  n :  Inscrip- 
tion  de  Delphes.  Actes  amphictyoniques  relatifs  a  la  fortane  du 
temple  d'Apollon  et  aux  limites  du  territoire  sacrö;  $.  3<>uguet 
unb  ®.  fiefebnre:  Papyrus  de  Magdola.  2«  serie;  $.  $emoulin: 
Les  Rhodiens  ä  Tenos ;  SB.  8  o  1 1  g  r  Q  f  f :  Inscriptions  d' Argos ;  8.  <£  %  a  * 
pot:  Resapha-Sergiopolis ;  @.  ÜDcenbel:  Inscriptions  de  Bithynie  et 
de  Paphlagonie;  Ob.  Sefebore:  Inscriptions  grecques  de  Tehnäh 
(£gypte);  %  ©rainbor:  Däcret  d'Jos;  %%  Stein  ad):  Inscription 
d'Orchomene  d'Arcadie;  ©.  Couftn:  Inscriptions  du  sanctuaire  de 
Zeus  Panamaro8;  (Ebfcem  ©eu:  Fouilles  de  Tralles  (mit  Dielen,  aua> 
mistigen  3nf  djriften) ;  ff.  $ürrbadj:  Fouilles  de  Delos.  Inscriptions r 
(£r.  Ä  r  m  a  n  e  t :  Inscriptions  de  Dorylee ;  2.  99  i  &  a  r  b :  Une  inscription 
du  sanctuaire  d'Apollon  Ptofos  trouv^e  ä  Loryma. 

3n  ben  Melanges  d'archöologie  et  d'bistoire  24,  2/3  beridjtet  &u* 
näd)ft  3-  3  eil  ler  über  bie  legten  Ausgrabungen  in  ©alona,  bann  gibt 
($.  Älbertini:  La  clientele  des  Claudii  einen  guten  Qeitrag  jur 
rbmifcQen  ©cfd)id)te,  unb  fdjliefjliä}  veröffentlicht  (Elj.  Du  bot«  Snfdjrtfteit 
au8  SDtinturnae,  bon  beneu  »enigftenS  eine  ljiftorifd)e8  3ntereffe  befifct. 

«u*  ben  SBiener  €tubien  26,  1  notieren  mir  @t.  ©rafeloff:  ©ei* 
träge  0ur  Erläuterung  ber  lex  Acilia  repetundarum  unb  3-  Sfudj&r 
$annibal  in  Wittelitalien,  eine  forgf&ltige  Unterfudjung. 

2>ie  6ifeung*berid)t€  ber  Berliner  »Fabemte  1904,  39/40  teröffent« 
ltd)en  ba*  SRanuftript  einer  9lb(anb!ung  Wommfend:  3>a«  «er^altnl* 


ttlte  <»efcbid)te.  171 

be*  Xacituft  *u  ben  Elften  be*  ©enate*,  bie  jd)on  im  3a$re  1884  gelefen, 
aber  nidjt  beröffenttidftt  nmrbe. 

Aber  bie  jefet  im  Corbergrunb  be*  Qntercffc«  fte$enben  Ausgrabungen 
unb  JJunbe  auf  bem  Forum  Romanum  orientiert  <fy  QuU  in  ber  Revue 
de  l'Univeroitl  de  Bruxellos  9,  10. 

ftu*  ber  »eftbeutfd)en  8eitförift  für  <Befd)l$te  unb  «unft  23,  2 
notieren  mir  0.  fcirfcbfelb:  Der  Debifation*tag  be*  Äugufru*««ütar* 
bei  Sngubunum. 

Ätt*  ber  Nouvelle  Revue  bistorique  de  droit  fc-an^ais  et  oranger 
1Ü04,  4  notieren  mir  $.  Quiraub:  L'impot  eur  le  capital  eoua  la 
rtpublique  romaine  unb  bie  &olge  ber  fd)on  angezeigten  Hb^anblung  Don 
3-  $  e  e  1  a  r  e  u  i  l :  Quelques  problfemes  d'hietoire  des  institutione  muni- 
cipalee  au  tempe  de  l'Empire  romain. 

3n  ber  ttttftantinifdjen  3eitfd)rift  13,  8/4  publiziert  ft.  §orna  ba* 
eben  aufgefunbene  $oboij>oriton  be*  flonftantin  9Ranaffe»,  ba*  aud)  fctfto* 
rifern  intereffant  tft,  unb  $.  Äretfdjmaljr  eine  Beitreibung  ber  üenejio* 
nifdjen  3n(eln  bei  Äonftantin  ^orptyrogenneto*. 

Von  bem  fdjon  oft  bon  und  ritymenb  besprochenen  Anzeiger  für  djrtft» 
ü$e Archäologie  bon  3-  $.  Äirf  d)  ift  9h.  12  erfcfcienen  (ffiömifcbe  Ottartair 
f$rift  für  d)riftli$e  «ltertum*runbe  unb  für  Äird>engefd)it$te  1904,  2). 

3u*  ber  geitfcbrift  für  JNrcbengefdjic&tc  25,  8  notieren  toir  <S.  «rbe*: 
Da*  forifdje  SRartbrologium  unb  ber  ©eibnadjt*feftfrei*  I,  ein  förbernber 
«ttffa». 

Die  Xbeologifdje  Quartatfdjrift  86,  3  bringt  eine  «bljanblimg  bon 
f.  Setter:  Da*  8ud)  Dobia*  unb  bie  ttrdjifar*@age  mit  einer  Über-- 
fefcung  be*  armenifd)en  Derte*  ber  ttd)ifar*@age  unb  bann  oon  &.  ftocb: 
Sacbflänge  jur  areopabitifd)en  &rage,  ber  gegen  berfdjiebene  (Gegner  getoife 
mit  Regt  feinen  ©tanbjmntt,  bag  bie  ©Triften  biefe*  $feubo*Dloni)ftu* 
in*  5.  Saftrljunbert  gehören,  berteibigt.  5ad)ltd)  unb  beachtenswert  fmfc 
einige  Qemerfungen,  meiere  ft.  &  fjnnf  zum  Opus  iniperfectum  in  Mat- 
thaeum  madjt,  worüber  jfingfl  $.  9öbmer«9iomuitbt  au*fübrlidj  banbelte. 

3n  ber  Beitfärift  für  u>i{fenfa)aftlid)e  Ideologie  47,  3  feftt  junäcbft 
*  fcilgenfelb:  Der  Gbangeitft  SRarfu*  unb  3uliu*  ©ettfaufen  feine 
ÄUrinanberfefrung  mit  SBeübaufen  fort.  Dann  gibt  fr.  ®örre*:  9?eue 
SettrAgc  zur  <Befd)id)te  be*  40  jährigen  «BaffenftiUftanbe*  z»ifd)en  bem 
tfriftentum  unb  bem  antiren  Staat  feit  260.  1.  Sfaifer  QtaHtemi«  unb 
ba*  Sbriftentum  (bie  djriftenfreunblldjen  «ften  be*  Äaifer*  betoetfen  nidjt 
bie  ttnerfennung  ber  tfirdje  al*  religio  Hcita  et  adacita).  2.  Die  angeb« 
ll*e  ttriftenberfolgung  be*  Äaifer*  Glaubiu*  II.  ©otbtcu«  (268—270) 
uod)  einmal.  3.  Die  Äurelian»Srage  unb  bie  neuefte  Literatur,  ©eiter 
finbet  fid)  barin  nod)  ein  Äuffafr  bon  91.  fcilgenfelb:  Der  unitarif<be 
IMenbthSgnattu*,  ber  ficr>  gegen  SB.  ftoeb  über  bie  pfeubo'ignatianifdjen 


172  ftotijen  unb  Maajridjten. 

€>a)riften  menbet  unb  an  betn  fdjon  Don  und  djarafterifierten  Stanbpunft 
(£.  8-  56,  528)  fefttflt. 

St.  dt ott),  ©efdjidjte  be*  bnjantinifajen  9freidje8  (Sammlung  ©afdjen). 
iBefdjidte  3ufamntenfaffung  ber  roigtigften  Steten  ber  b^antinifdjen  ®<= 
fdjidjte,  wobei  audj  bie  innere  ©efdjidjie,  bcm  Umfange  be3  8ud)e*  ent* 
fpred)enb,  genügenb  berüdftdjttgt  ift.  E.  G. 

3tat<  SSÄ^et:  Pooler,  Studies  in  religion  of  Israel.  (London, 
Hodder  &  S.  6  sh.)  —  Caird,  The  evolution  of  theology  in  tha 
greek  philosophere.  2  vol.  (Glasgow,  Maclehose.  14  sh.)  —  ©elodj, 
<Brte*tfd>e  ©efdn*te.  in.  ©b.  $ie  grie*tfo)e  ©elt$errfo$aft  2.  Äbtig. 
(Strasburg,  Xrübner.  10,60  9R)  —  SRoafe,  3>ie  ©cbjaäjt  bei  Salami«, 
(föoftocf,  ©artentien.  1,50  m.)  —  Morie,  Histoire  de  l'^thiopie. 
T.  I :  La  Nubie  (£thiopie  ancienne).  [Les  civilisations  africaines.J 
(Paris,  Challainel.)  —  Seilen,  3)er  $ftog  unb  ba*  pflügen  bei  ben 
Römern  unb  in  Mitteleuropa  in  Dorgefd)id)tlid)er  Qtit  (SKUenburg,  ©eeL 
4  'SR.)  —  Chapot,  La  province  romaine  proconeulaire  d'Asie,  de- 
pnis  ses  origines  jusqu'ä  la  fin  du  Haut-Empire.  (Paris,  Bouillon.)  — 
De  Faye,  Introduction  ä  l'ätude  du  Gnosticisme  an  II*  et  au 
llle  siecle.  (Paris,  Leroux.  4  fr.)  —  Parsons,  Sir  Julian  the  Apo- 
state.  (London,  Heineinann.)  —  Xejte  unb  Unter f udjungen  jur  (Befdndjte 
ber  oltdjriftlidjen  Literatur.  9*eue  golge.  XI.  53b.  3.  $eft.  (ßeipjtg,  fcinridj*. 
2,70  3R.)  —  Scriptores  ecclesiastici  minores  saeculorum  IV,  V,  VI. 
Fase.  I.    Rec.  Bratke.    (SBien,  XempSft) ;  Seipjig  fjveöiag.    3,70  SR.) 


^bmif^ttmamf^t  $eit  im»  frityes  SRittetatter  lis  1850. 

3)a3  florrefponbenablatt  beS  ©efaratDeretnS  ufw.  52,  9  bringt  auger 
bem  $eridjt  über  ben  fünften  $erbanb*tag  ber  roeft*  unb  fübroeftbeutfdjen 
Vereine  für  römtfaVgermanifdje  9lltertum3forfd)ung  eine  9fteir)e  bort  gefjal* 
teuer  Vorträge  $um  ftbbrurf.  ($rmäf>nt  Don  tfjnen  feien  ber  Don  St ölji 
über  Derfdjiebene  bei  RormS  entbeefte  neolitl)ifcf)e  2Bo$npläfce  unb  ©rÄber. 
ber  Don  ©  o  1  b  a  n  über  Dorrömifdje  öeftcblung  in  SBeftbeutfdjlanb  Don  ber 
SRofel«  bi*  aurftedarmünbung;  S$.  2.  Stomas  bc^anbelt  bie  KingwäHe 
im  Ctucügebicte  ber  Sieber  im  ©pefjart,  »ö^renb  $.  Seiner,  ©.  SBolff 
unb  $.  ©räDen  fict)  über  bie  HnfSr^einifa)en©rengbefeftigungen  ber  Körner, 
bie  (Srforfdjung  beS  römifdjen  $>ebbernljeim  unb  neuere  Srunbc  in  Xrier 
Derbreiten. 

ffleidtöaltig  wie  immer  ift  ba*  $orrefponben&blatt  ber  $Beftbeutfä)en 
Settfdjrift  23,  5—8,  bodj  will  e3  idjeiuen,  alä  berge  bie  gereift  an  fict)  banfcnd* 
werte  $Rafä)$eit  ber  ©erienterftattung  über  neue  ftunbe  ufro.  aua)  bie  ©efaljr 
«tner  immer  weitergeben  ben  3ctfplitterung  in  fleine  unb  Meinfte  9Ritteilungen 
in  ftet).    3)ie  (Einjelbeiträge  gelten  Stauben  au8  Dorgef  d)tdjtUd)er  unb  römifdier 


&rü$cft  OTittflolter.  178 

3ett.  SRit  jenen  befoffen  fio$  G.  SB  agner  (%eoiit$ifdje  ©rab&ügel  in  ber 
SIA^e  Don  $elm*$etm  bei  ©rudtfal),  Salbe«  ((»rabbügel  ber  fia«£cne* 
$eriobe  im  birtenfeibifc&en  $trfteln)  unb  Hobt  föunbe  au«  römifcfter  unb 
Dorgefdjid)tlid)er  8fit  bei  Äreu$nadj);  fruit be  auft  römtfdjer  3c*t  be(anbeln 
».6$ mt&  («ömifdjer  Äanal  bei  XI) ölet}),  Äörber  (»bmifdje  Snf^riften 
bei  SRainft)  unb  3.  Sagen  (dimmer  mit  SRofaiffufeboben  im  fcrterifdjen 
gegionftlager). 

(Sine  Sonographie  Don  <£.  ft  öbne  befanbelt  „$aft  Siecht  ber  Süblen 
bift  jum  dnbe  ber  Äarolingerjeit".  Sit  einer  flaren  Darlegung  ber  SRüfjlen« 
ted)nif,  bereu  Qeeinftaffung  burdj  bie  rbmifdje  nidjt  o$ne  Sntereffe  ift,  Der« 
binbet  ftdj  bie  Unterfudjung  ber  frrage  nadj  bem  (Eigentum  an  Süllen, 
ber  IJorfdjriftcn  Aber  iljre  Anlage ;  erft  aUmä^lid)  cntwirfelt  fi4  nadj  J?ö$ne 
ein  befonberer  ^rieben  ber  Sübten,  bie  ftdj  jumeift  in  grunb(jerrfd)aftlid)em 
Sefifee  befanben,  o$ne  bafj  bod)  Dom  fpäteren  Sfit)lenbann  ftdj  fauu  ntebr 
benn  gan*  fdjmadje  Änfäfce  aufbeefen  Heften.  $lfleft  in  allem  eine  fleißige 
Arbeit,  bie  u.  a.  ber  Vnfdjauung  Don  ©emeinbeeigentum  an  Süllen  ben 
©oben  entjieljt,  öieHeicr)t  aber  bie  $ebeutung  ber  Orbnungen  über  SRüblen, 
roie  fte  in  ben  fog.  Statuta  Adalhardi  Corbeiensis  Dom  Sa^re  822  nieber» 
gelegt  finb,  *u  grofie  »ebeutung  ftumifet  flörcftlau,  SR.  u.  &.  SRarcuft  1904, 
VIII,  48  ©. ;  a.  u.  b.  2. :  Unterfuebungen  jur  beutf^en  Staate  unb  ffiea^tft* 
geidjidjtc,  berauftgegeben  Don  C.  ©ierfe.  71.  £eft). 

Saft  ßeben  unb  bie  ©erfe  SUfuinft,  beft  Berater*  Äarlft  beft  ©ro&en, 
fmb  ber  (Hegenftanb  einer  anfpredjenben  Arbeit  Don  (S.  3. 0.(0  oft  toi  nf  ber 
in  ibr  bem  fianbftmann  ein  $)entmal  errietet  bat.  Seine  ©dnift  $at  ber  8er» 
faffer  in  jetjn  Äbfdjnitte  jerlegt,  bie  Don  einer  Starftedung  beft  literarifdjen 
Heben*  in  Snglanb  binüberfüfjren  ju  einer  eingebenben  Säuberung  Don 
ftlfuinft  ©Wen  im  frfinfijdjen  fteidje  unb  feinen  tbeologifdien,  pflbagogifdjen 
unb  Hturgifdjen  Srattaten.  San  rnirb  in  <Ein&elbeiten  Don  Gtaftfoin  abweisen, 
(o  in  ben  Huftfü^rungen  über  ben  Slboptianiftmuft  unb  bie  3etIf°l0e  oer 
SRafjnabmen  gegen  $e(t£  Don  Urgel,  ofme  barum  baft  Serbienft  beft 
ftadpft  fdjmttlern  )u  motten:  banf  fleißiger  Umfdjau  in  ben  nigtft  weniger 
alft  Ret»  erquirfltdjen  ttbljanblungen  ttlfuinft,  ba&u  in  ber  beutfdpn  Literatur 
über  i$n  »irb  bie  Sonographie  i$ren  SBert  behaupten  für  bie  ©efd)tdjte 
beft  tarolingifcften  ©etfteftleben»  überhaupt.  Sfreilid),  fo  bod)  mir  SÜfuin 
nad)  GMefycfamteit  unb  (Stnfiufj  ftellen  mögen,  tym  baftet  bod)  etmaft  un« 
iagbar  $ebantifdjeft,  eine  bift  )ur  ©elbftgefünigfeit  gefteigerte  (»ebunbenbett 
•n  tbeologtfdje  Sarimen  unb  Dogmen  an,  bie  ibn  alft  ungfeid)  meniger 
fmnpatbifo)  erf feinen  laffen  alft  j.  8.  ^auluft  Siaconuft  ober  (Sin^arb; 
beibeft  tritt  in  $audft  forgfam  abm&genber  (S^arafteriftit  fa^ärfer  berDor 
alft  bei  ©afttoin,  obwohl  er  fieb  Don  übertriebener  Voreingenommenheit 
für  feinen  gelben  frei  &u  galten  roeife  (Alkuin,  bis  life  and  hie  work. 
London,  C.  J  Clay  1904.  XXII,  275  8.J. 


174  9?ott*en  unb  ^adjricfjtcn. 

S)ie  (Greif*malber)  ^Differtation  üonÄ.  Glörfner  unterfudjt  bie  8e« 
redjrigung  ber  «ormürfe,  bie  im  3a$re  1076  bie  beutfflen  ©ifdjöfe  §u 
2Borm*  gegen  Gregor  VII.  erhoben.  ^inftdjtiid)  ber  Sefrimmungen  über 
ben  «göUbat  merben  fte  al*  begrfinbet  ermiefen,  ba  Tregor  burd)  feinen  tfypeil 
an  bie  Saienmeft  ba*  $er$ältni*  amifdjen  ben  firdjlidjen  Sorgefefcten  unb 
bem  $o(fe  erfdjüttert  babe;  ba*  ©erbot  ber  Simonie  entforadj  altem  $er= 
fotnmen;  ba*  £trd)enregiment  Gregor*  im  gangen  mar  barauf  angelegt, 
bie  firdjiidje  Gemalt  in  ber  $anb  be*  $at>fte*  &u  bereinigen,  ber  feine 
$errfd)aft  au*$ube1)nen  beftrebt  gemefen  fei  $ur  fcerrfdmft  über  bie  melt* 
ü*cn  SRttcbte.  Ead)  Willem  greift  bie  Untcrfudmng  meiter,  al*  t§r  Xitel 
üermuten  fäfet :  Gregor«  3Rafma^mcn  feit  1073,  bem  3a$re  feine«  $onfc 
fifat*antritte*,  merben  in  ben  Itrei*  ber  9etrad)tung  gebogen,  fo  ba&  fid) 
aum  erflÄrt,  marum  eingeljenb  bie  jeitlidje  $nfe(ung  ber  mistigen  ©riefe 
Gregor*  VH  (Epistolae  collectae  9er.  3—5,  »egifrr.  II,  29  in  Soff** 
3tu*gabe)  beljanbelt  mirb.  3n  Übereinftimmung  mit  ©ernbetm  (Setjrbud) 
ber  fciftorijdjen  SRctljobe  ®.  514)  merben  fte  bem  3a$re  1074  jugemiefen. 
(Snmiefern  fmb  bie  gegen  Gregor  VTL  im  ©ormfer  93tf^of*fcr>rcibrti  oom 
24.  Qanuar  1076  ausgeflogenen  Vorwürfe  berechtigt?  Greif *toalb,  3.  «bei. 
1904.  88  ©.) 

$.  @t  ei  na  der  befdjlie&t  in  ber  3eitf$rift  für  bie  Gefaxte  be* 
Dberr^ein*  9*.  3f.  19, 3  feine  einge^enben  Unterfudjungen  jur  §erfunft  unb 
älteften  Gefdjidjte  be*  fcaufe*  $ab*burg.  @ie  führen  i$n  $u  einer  fBertung 
tiorneljmlid)  ber  biftortograpbifdjen  Überlieferung,  u.  a.  ber  Acta  Murensia, 
bie  bor  fordern  aud)  oon  $.  ^>irfcr>  forgfültig  geprüft  morben  maren  (pgl.  93, 
732).  ©teinaefer  tritt  für  it)re  unbebingte  Sfcrlä&Iidjfeit  ein,  mft^renb  anberc 
Äufeeidjnungen  mie  ba*  Chronicon  Eberaheimense  ber  JPritif  nid)t  ftanb« 
galten  vermögen.  SRufc  aueb,  ber  Sefer  eine  gemiffe  ©rette  ber  ttbljanb' 
lung  in  Sauf  nehmen,  fo  ift  bodj  mit  ifcr  fefter  ©oben  gemonnen  für  eine 
gefiederte  Genealogie  ber  $ab*burger,  über  beren  Slbfiammung  im  SRanne** 
ftamm  fidj  uidjt*  ermittein  läfjt  auger  ber  in  iljrem  ©tgenflofter  SRuri 
«tufbemaljrten  Äunbe. 

9tu*  ben  fteuen  3a$rbüd)etn  für  flafftftfie*  Altertum  ufm.  (1.  «b* 
teilung  13,7)  notieren  mir  bie  unterridjtenbe  Überfidjt  Don  G.  G erlaub 
über  ben  vierten  Äreuftug  unb  feine  Probleme;  i$r  Qitl  ift  bie  ©ertung 
ber  fiiteratur,  bie  ft$  mit  ber  grage  befa>äftigt  fytt,  meldte  Xatfaflen  ben 
^reujjug  nad)  Äonfiantinopel  gelenft,  ibn  oon  Ägöpten  ferngehalten  (aben. 
Gerlanb  glaubt,  ba&  im  allgemeinen  bie  Starfieüung  be*  Grafen  ffliant 
bie  Grunblage  bleiben  muffe,  obmofcl  fi*  im  einzelnen  anfechtbar  fei; 
Sorben*  Ausführungen  erf djeinen  iljm  ber  (Srgänftung  bebürftig,  obrooty 
für  biefen  ber  uferte  tfreujjug  bod)  faum  mebr  al*  eine  Gpifobe  in  Diel 
größerem  3ufammenbang  fein  tonnte. 

Unterfua^ungen  jur  Serfaffung*gefcbi4te  ber  Äirc^e  merben  immer 
wiflfommen  fein,  menn  [xt  aua>  jun&cbft  an  lotale  Grfa^einungen  antnüpfen; 


&rü>«  Mittelalter.  175 

benn  erft  bie  «ufflärung  über  fold>e  belebt  «bftrattionen ,  mie  fte  in 
etnem  größeren  Überblitf  unberoteibftd)  ftnb.  9&i$t  nur  üon  btefem  <Be» 
{i4t0|)unft  au»  ift  bie  fdjltdjte  unb  bod)  rinbrud«öoHe  ©tubie  üon  (.  Ärabbo 
über  bie  branbenburgtfdpe  f)owefmabl  t>on  1221  miflfommen.  5>te  ©et* 
fajfung  be«  ©t«tuin«  ift  burdj  ba«  Mebeneinanberbefte&en  jroeier  gleidjer« 
mafjen  berechtigter  ftapitel  eigentümlich  genug;  bie  Säuberung  jener 
Dopptltoaty  getoä^rt  leljrretdje  Einbilde  in  bie  firo}lio>e  »erwaltung,  bie 
Stellung  be«  SRagbeburger  (Srjbifäof«  unb  bie  $oütit  be«  qjatfte«,  bi« 
uad)  breija^rigem  Streit  enblidj  ber  anerfannte  ®ifo)of  feinen  (Einzug  in 
bie  fange  ßeit  erlebigte  SHöjefe  galten  fonnte  (5 or (jungen  jur  branben* 
tmtgifäen  unb  jMreufeifdjen  ©efdjid?te  17,  1.) 

3n  ben  Quellen  unb  gforfdjungen  au«  italienifdjen  Ärdjtoen  unb 
«ibltotbefen  7, 1  »eröff  entlieft  <&  (Sa  Spar  al«  tefrte  Hrbeit  be«  frü$  Der« 
Torbenen  £.  H.  Äe$r  fünf  ungebruefte  Urfunben  ftaifer  gfriebrieb«  II.  unb 
feine«  6o$ne«  SRanfreb  für  ba«  ftittanifte  ©(«tum  $attt  au«  ben  3a$ren 
1207—1267  alS  einen  9tad)trag  &u  ben  normannifdjen  J?9nig«urfunben, 
beren  Untetfud)ung  bie  (&rftling«arbeit  Äet)r«  gewibmet  gemefen  mar. 

Sterne  Sturer:  3)er  obergermantfd)*rätifd>e  Cime«  be«  Körner» 
reiche«.  22.  fifg.  ((etbelberg,  fetter».  6  3».)  -  Van  den  Bogaert, 
Recherches  aar  l'histoire  primitive  des  Beiges,  les  Saga  scandinaves. 
(Bruxelles,  Gnyot  5  fr.)  —  Chevalier,  Repertoire  des  sources 
historiqaes  du  moyen-age.  Nouv.  öd.  entierement  refondue  et  aug- 
roentee.  Fase.  I.  (Paris,  Picard  et  Als.  7,50  fr.)  —  Ferguson, 
Lectures  on  the  history  of  tbe  middle  ages.  (Canada,  Kingston.)  — 
Ginetti,  L* Italia  gotica  in  Procopio  di  Cesarea.  (Siena,  Nava. 
2,60  fr.)—  SBcftbf  r  0, 8ur  S&anberung  ber  Sangobarben.  (Seidig,  «o&.  1  VI.) 
—  ©iebed,  $er  gfronblcnft  al«  BrbeitÄföftem.  ©eine  (Entftefying  unb  feine 
Ausbreitung  im  Mittelalter.  (Tübingen,  Zaupp.  2,50  VI.)  —  Ermini,  I  par- 
lamenti  provinciali  dello  stato  ecclesiastico  nel  medio  evo.  (Roma, 
Unione oooperativa editrice.)  —  ©limmc,  SRobammeb.  $ie  roeltgefd)id)ts 
tiefte  ©ebeutung  Arabien«.  [SBeltgefdjicQte  in  Q^aratterbilbem.]  (SRüncben, 
*ird)l)eim.  4  SR.)  —  Degli  Aeei  Vitelleschi,  Regio  archivio  di 
stato  in  Lacca.  Regesth  Vol.  I.  Pergamene  del  diplomatico.  Parte 
1:790—1081.  (Lucca,  Marchi.)  —  (eil,  3>ie  toolttifdjen  Begebungen 
aMfdjen  Otto  bem  (Shrofeen  unb  Submig  IV.  tum  ftranfreid)  (986—954). 
[(tftorifa^e  ©tubien.  46.]  (Berlin,  «bering.  3  9R.)  —  Richard, 
Histoire  des  comtes  de  Poitou  (778—1204).  T.  II.  (Paris,  Picard  et 
file.  16  fr.)  —  Regesta  regni  Hierosolymitani  (MXCVII— MCOXCI). 
Additamentam,  ed.  Rhold.  Röhricht.  (3nn«brud,  ©agner.  4,50  Vt.)  — 
De  1  a  v i  1 1  e  Le  R o u lx ,  Les  Hospitaliers  en  Terre  Sainte  et  ä  Chypre 
(1100—1310).  (Paris,  Leroux.  15  fr.)  —  Weubou«,  5>ie  9teid)«t>erttiefer» 
f4^ft  unb  ?olitif  be«  Grafen  (einrieb  Don  ttnjou,  be«  gmeiten  Äatfet«  im 
Sateinetrei^c  *u  »»aan*.   (Seidig,  3focf.  1,20  VI.)  —  Recueil  des  chartes 


176  Hotiften  unb  Wad)rid)ten. 

de  l'abbaye  de  Cluny.  T.  VI:  1211—1800.  Pabl.  p.  Bruel.  [Coli,  de 
docaments  in£dit»  nur  l'hist.  de  France.]  (Paris,  Leroux.)  —  Alphan- 
döry,  Les  id£es  morales  chcz  les  höterodoxes  latine  au  d£but  da 
XIII*  siecle.  [Bibl.  de  l'^cole  des  hautes  Stades,  sc.  religieases  VI,  1.] 
(Paris,  Leroax.)  —  @ad)fe,  Da«  Huftommen  ber  Datierungen  nad)  bcm 
Jefttalenber  in  Urfunbcn  ber  fteidjSfanjlei  unb  ber  beutfd)en  Erzbistümer, 
(drfangen,  $unge.  8,20  SR.)  —  M  i  g  1  i  o  1  i ,  Le  corporasioni  cremonesi 
d'arti  e  mestieri  nella  legishudone  statutaria  del  medio  e?o.  (Verona- 
Padova,  Frat.  Drucker.   5  fr.) 


Saferes  Wiitetafter  (1250-1600). 

3n  feiner  6d)rift  über  .Die  Anfange  ber  »enatffance  unb  bie  Stu\U 
gejeüftfciften  be*  §umaniftmud  int  13.  unb  14.  3abr$unbert"  (Borträge 
unb  «ufjäfre  ber  «omeniu*4Bcf.  XI,  2,  »erlin  1903)  fteHt  fi.  Äellcr 
au«  ben  Htten  ber  Äonjilien  ton  1248,  1282  unb  1327  feft,  baß  ed  Don 
ber  J?ird)e  bef&mpfte  societates  ober  fraternitates  ober  confratrias  gab, 
ju  benen  Oeifilidje  unb  Säten  aller  Stfinbe  gehörten.  Soioeit  ftüfct  fto> 
Seiler  auf  quellenmäßige  8en»eife.  3nbem  er  nun  oljnc  irgenb  melden 
ftidftalltgen  ©en>ei«  biefe  oerbotenen  Bruberfdjaften  für  „^umanifrifdje 
&uttgefeUid)aftenw  anfielt,  mad)t  er  fie  &u  Drägern  bed  neu  emporftrebenben 
getftigen  geben«  ber  Stenaifjance.  Obne  Diel  gebertefend  Reifet  ed,  bafe 
Dante  unb  Petrarca  auf  bem  ©oben  biefer  ftultgefeüfdraften  enoadjfen  feien. 
(Sin  anberer  SdVufj  liegt  auf  ®runb  jener  ftonftil«befdjlüjje  meit  näfter, 
bafe  e«  unter  ben  £a(treid)en  Bufebruberfdjaften  jener  3eit  eine  Steige  Don  un- 
uferen  Elementen  gab,  bie  ftct>  ber  Don  ber  JHrd)e  für  nötig  angefe^enen 
ttnglieberung  an  bie  Qettelorben  nidjt  fügen  »outen  unb  freieren  reitgiöfen 
3fnfd)auungen  Qulbtgten  —  in  ber  Bewegung  ber  Bettelorben  unb  ber 
9uBbruberfd)aften  ffretft  ja  fo  Diele«  im  Saufe  ber  3eü  bart  an  bie  (Strenge 
bc*  finbltd)  (Erlaubten.  Unb  ber  Beicblujs  be*  Äonjil*  Don  1255,  ben 
Heller  zitiert,  jagt  e£  galt}  au«brürfUd),  bafe  e£  ftd)  um  fird)liä>e  Confra- 
ternitates  fcnbelte,  bie  man  Slbroege  befd)reiten  jab-  3«  Crganifatiou, 
Benennung  unb  ©ewotjn^eiten  frab  biefe  Derboteuen  Sozietäten  ben  Bufj» 
bruberiebaften  eng  Dertoanbt.  Da«  berürfiiditigt  Seiler  *u  meirig ;  an  biefer 
Stelle  bfitte  er  ftuerft  einmal  einfeften  muffen,  e$e  er  unbejoeftbare  Sdjlüfie 
&og.  &ür  biefe  nehmen  bie  unglaublichen  S^rtumer.  bie  jonft  in  biefer 
edmft  neben,  nidjt  eben  ein;  nad)  Äefler  bat  bie  römitoe  £rtä>e  Dante 
$um  <$enertob  Derurteüt,  bot  Äarl  i»on  Baloi*  Dante  1302  Derbannt,  weift 
Dante  ftanbbart  alle  ©cglidjfeiten  jurüd,  ftd)  burö}  Unterwerfung  unter  bie 
JHrcbenlebren  bie  Stüdlebr  in  bie  $chnat  }u  erfaufen,  Dertreibt  bie  »flatbo« 
Hiebe  Steattion"  Petrarca«  Bater  1802  au«  Floren*  ujm.  <3m  eiligeinen 
wie  im  ganten  ift  biefe  Scbrift  mit  einem  berDorftecbenben  Stangel  an 
<£rftnbH<bfeit  getorieben*     Dabei  reibt  Äcüer  in  feiner  Borrebe  jeben,  ber 


Späteres  Mittelalter.  177 

ftd)  niä)t  für  überzeugt  erflärt,  im  norau*  in  bie  Älaffe  Derjenigen  ein, 
bcnen  „md)t  me$r  ju  Reifen  ift".  3>a*  mu&  man  ertragen  —  jebenfaü** 
bcfinbct  man  fta)  tatet  in  ber  GefeUföaft  be*  «utor*.     Walter  Goeta. 

9Ht  einge^enber  ©egrünbung  verneint  gfranj  fBtl$elm  bie  9fa< 
naftme  SRobenberg«,  ba&  fd)on  unter  ben  $a>fien  Urban  IV.  unb  dienten*  IV. 
ein  anf  bie  ßöfung  ber  althergebrachten  ©erbtnbung  be*  beutfa)en  Äönig» 
tum*  mit  bem  Jraifertum  abgielenber  $(an  Qkftalt  angenommen  Ijabe,  unb 
•efort  |u  ber  früheren  Änftdjt  jurficf,  ba&  bie  erften  Spuren  eine*  folgen 
•ebanten*  auf  ben  $ominitanergeneral  fcumbert  be  fflomani*  fturüdge^en 
flRiri$eltungen  b.  $nft.  f.  bfterr.  0ef$i*te,  £rgtfnsung*bb.  7r  1).  —  3m 
gleiten  $eft  bietet  %l  Sang  Beiträge  *ur  (Öef*id)te  ber  apoftoiifdjen 
fJönitentiarie  im  18.  unb  14.  3al)rl)unbert.  $>ie  )um  Äbbrud  gebrauten 
«ftenftfide  geben  über  <Befd)äft*gang,  Qtyarafter  unb  ©efugntffe  be*3nftitut* 
mitlfommenen  ÄuffaVufc. 

$.  Sdjro^e  fefrt  feine  ©eitrige  ju  ben  »egeften  ber  Mntge  »ubolf 
bi*  Äarl  IV.  (vgl.  91,  865)  fort,  inbem  er  ben  im  fcinblid  auf  bie  fom* 
menbe  Äönig*roa$l  abgetroffenen  «ertrag  jmifcften  Grjbtfd)of  ©erforb 
von  Wainj  unb  (B6er$arb  Von  Jraftenettenbogen  (80.  Äuguft  1291)  in  feiner 
©tbrutung  toürbigt. 

©eitere  Materialien  $ur  (Befaßte  von  3e^an  ©oine  ©rofe  bringt 
9.  «Spina«  al*  «bfcMufc  feine«  «uffafre*  in  ber  ©terteija$rfaVtfft  für 
6o*taU  unb  tBirtfd)afi*gefc$ic$te  2,  3  jum  «bbrud  (vgl.  92,  585  u.  98,  864). 
%u%  bemfelben  fcefte  fei  nod)  bie  TO*$ettc  Von  $.  ^trenne  ver§eid)net : 
Lee  marchands-batteure  de  Dinant  an  14«  et  au  16«  siecle. 

3)er  98,  686  f.  gegebenen  Sufammenftellung  fügen  mir  nodj  einen 
ftinmei*  auf  bie  ttrtitel  Von  ©trunj  unb  Orlanbo  über  $etrarca 
bin ju  (SRonat*befte  ber  (SomentuK&ef .  13,  7  fy©.  Nuova  Antologia  1904, 
«nguft  1). 

2>a*  ArchiTio  della  R.  Societa  Bomana  di  storia  patria  26  bringt 
einige  urtunMidje  Mitteilungen  jur  (Befaßte  be*  14.  3a$r$unbert*,  unb 
i»ar  veröffentlicht  Cgtbi  eine  Kcptcffalienerlaubni*  be*  römtfdjen  Senator* 
fiubroig  Von  ©avogen  jugunften  be*  ©if$of*  t>on  3mola  t>on  1310/11 
gegen  bie  ©emoljner  t>on  fflignano,  totyrenb  JJebele  einen  fötdjterfprud) 
(Cola  bi  Hienjo*  in  einer  @treitfad>e  jrotfdjen  jmci  Ätöfiern  (von  1847) 
unb  eine  Urtunbe  über  bie  ©eenbigung  einer  ^riVatftreitigteit  (1364)  |um 
ftbbrud  bringt. 

Die  im  Bulletin  de  la  Gommiesion  royale  d'hiatoire  73, 1  (©rüffel 
1904)  veröffentlichte  Arbeit  von  $.  9UII*  über  ba*  burd)  ©erorbnung 
Äarl*  V.  im  3a$re  1867  in*  ßeben  gerufene  föniglia^e  Notariat  *u  Zournai 
im  DHtttlalter  gilt  ntd)t  nur  rein  biplomatifd^en  8»eden,  fonbern  fteflt  aua> 
»amen,  ©Übung,  ©efugniffe  ber  ©eamten  feft  unb  gibt  einen  ntdjt  un» 
widrigen  ©eirrag  jur  inneren  ®efd)id)te  ber  ©tobt. 

&$»*&€  3rttf<b«m  (»»•  m)  ff.  9.  B».  LVin.  12 


178  $otiaen  unb  9ta$ridjten. 

%$.  @o)raber  Gilbert  auftfütyr(id)  ben  Don  ber  ©tobt  Hamburg 
bei  ber  Äurie  gegen  ben  ftreitbaren  (ErjMfdjof  Hlbredjt  n.  Don  ©reinen 
megen  Ausübung  be«  <5tranbred>t*  angeftrengten  ?roje&  (1371—1887),  ber 
für  ben  grabifdjof  ein  ungünftige*  <5nbe  na^ui  (8ettfd)r.  b.  ©eretnft  f. 
Hamburg,  ®efdj.  12). 

ftandjerlei  Äuffdtfüffe  übet  bie  ©efa^tdjte  ber  großen  IHtdjenfpaUung 
bieten  bie  TOitteüungen  auft  ben  «u*gabebüd>ent  ber  @djiftma'$a>fte 
Weinen*  VII.  unb  ©enebtft  XIIL,  mit  beten  3ufammenfteflung  ftonrab 
«übel  in  ber  9tdmifa)en  öuartalförift  18,  2  beginnt.  3)ie  bidfter  Der* 
&etd)neten  $often  [teilen  (abgeben  Don  Dercmjelten  3aljlungen  an  &*" 
fanbte)  faft  burd)roeg  Unterftü|ntngen  an  ©ifd)öfe  bar,  bie  man  am  Orte 
tyrer  ©irfjamfeit  bie  3uge^drigfeit  jur  aDignonefifdjen  Dbebienj  Ijatte  ent* 
gelten  lafjen.  ©*  {inb  übrigen«  faft  auftfAliefslia)  3taitener,  bie  in  grrage 
tommen. 

Su6  ben  Jcat^oüfcften  @d>meijer  ©lottern  20,  3  Derjridjnen  mir  bie 
Sufammenfteüung  Don  brei  filteren  ©cridjten  über  bie  Sdfiaätt  bei  6emJ>ad) 
burd)  Xb.  o.  Sieben  au  (ofyte  (Erläuterungen),  bie  unfere  ftennrni*  ber 
DorreformatorifdKn  ©afeler  Sünobal«  unb  3>töjefanftaruten  in  meQrfadpr 
$infio)t  ernfiit|euben  Vtttteilungen  Don  Jrarl  $o(ber  (Vorarbeiten  ju 
einer  Inftgabe  ber  Statuten),  enblid)  ben  Kuffafc  3.  €  tarn  ml  er  6  über 
bie  ¥rad>tentialrung  am  burgunbifdjen  $ofe  m&btenb  be$  15.  3afyr* 
fmnbertt 

(ftn  ttnonnmu*  Deröjfentlitbt  in  ben  $iftoriiä>9olitif4en  ©lottern 
134,  5  einen  mit  bem  £ud  „Reformatoren  Dor  ber  Reformation"  gezierten 
Urtifel  über  $etnt&  Don  Rojenbeim  ^geb.  1380),  ber  an  ben  äonjUien  }u 
£on|fan|  unb  ©afel  teilgenommen  unb  £a(lreic$e  tbeologifdp  5d)tiften, 
barunter  baft  DielDerbreitetc  Memoriale  roeeum,  Detfaftt  bat. 

Sigiamundi  regis  Htterae  donaüonam  regalium  ijt  eine  Setoff  ent; 
limung  Don  Ä  o  D  a  c  e  !  benannt  bie  €9  Urtttnben  in  latetnijmet,  tf djedjifdpr 
unb  beutictoer  Sm*e  an«  ben  Sabren  1411—1437  entbatt  Seat  ein 
£ed>itel  ber  Sammlung  iü  in  tUtmann*  Regeften  DeTjeidmet.  (Sitang*» 
beriebte  b  ÄonigL  ©cbm.  •effOtoaft  b.  »nenfdwhtn,  ÄL  f.  Jlbilof.,  «kfd), 
u   ^QiloU  19CÖ\ 

$tabunb  man  oidiadb  bistber  geneigt  mar,  bem  betautem,  lefctbin 
al$  UrtunbennUutKv  enttarnen  ReicDttanjiier  Jta'Dar  6<fclid  eine  afabemtfd)e 
Sorbtlbnng  abiutyredxn.  mein  *U  §t*bn  in  ben  SKitteü.  b,  Set.  f.  Cefa). 
fc  3"e«ti6en  in  S^bmen  UHH.  *ttguu  nacb,  N>*  berelbe  um  Bintrrfemefhr 
141$  an  bet  iMtyiiger  ^«Nfrifcule  imntatarnlKrt  m«r*e*  in. 

^n  bei  Hihhoth^in^  d+  TK^x^  d^»  dukitw  1ÄH.  3*nxar  bi« 
^nh  bietet  V^abanbe  neue  ^cimVae  jmr  Whf«f<:r*-:(tte  be*  bat  $anfe 
Hnj*u  en^  Dei^unbenfn  |&nnvn^cn  ^ntotne  bc  U  €«Be  ;eb.  am  1386), 
ber  t>on  bemann  cette  a^  :u>iti^i^«T  ^  U  ik^t^Vo  fnntii—  ge- 
feiert  nt. 


Spätere*  Mittelalter.  179 

$te  SRadjricbten  über  „Äefrer  unb  Snquifttion  in  ber  SRarf  Trauben« 
bürg  im  fpäteren  Mittelalter"  fteüt  bie  Berliner  3>lffertaiion  ooniBottfrieb 
«runner  (1904,  36  6.)  fiberfic^tlicr)  aufammen.  3)en  $erb  ber  waiben* 
fifeften  Äefccret  bilben  in  Storbbeutfdjlanb  bie  Udcrmarf,  bie  fteumart  unb 
bie  angrenjenben  pommerfdjen  8anbe*teile.  1893/94  wirb  baft  erfte  grö&ere 
Verfahren  eingeleitet,  baft  ber  Ätrdje  aber  nieftt  bauernb  Stube  fdjaffen 
fairn.  Vielmehr  ftärft  bat  Sorbringen  beft  fcuffitentum*  toieber  bie  mal* 
benfifd)e  OWofttion,  bie  unter  Vermittlung  be*  befannten  grriebridj  Steifer 
fia>  mit  ben  £aboriten  aufammenfdjlic&t,  fo  ba&  1458  auf  Vefebl  beft  Äur* 
ffirfien  frriebrid)  II.  eine  zweite  3nquifttion  ftattfinbet.  $afj  audj  biefeft 
jmeite,  rote  baft  erfte  in  milben  gönnen  fid)  bemegenbe  Verfahren  ben 
^roeef  oerfeblt  f)at,  bewetfi  bie  £atfao}e,  bafc  in  ber  gfolge  burdj  bie  Serbin* 
bnng  ber  IBalbenfer  mit  ber  Unitat  ber  böbmifdjen  ©rüber  ber  ®egenfafr 
jur  Älrdje  nodj  t*erfd)ärft  wirb.  So  beginnt  benn  1479  eine  beftige,  über 
mehrere  jjabre  ft4  erftretfenbe  Verfolgung,  burd)  bie  baft  ffialbenfertum  ftd) 
|ur  Überfiebiung  nad)  Vöbmen  unb  SRäbren  utranlaftt  fter>t  unb  hiermit 
enbgülttg  Dorn  märfifeften  ©oben  oerfd)nrinbet. 

drgftnaungftbanb  7,  1  ber  SRittbetlungen  be«  3nfiitutft  für  öfierr. 
<Bef4i<bte  ciitt>äit  eine  umfangreiche  Arbeit  auft  ber  Sebcr  3o$.  ßetbnerft: 
Äety«$ofgertd)t  unb  tönigl.  Äaintnergeri<bt  im  15.  3abrbunbert,  Don 
beren  berborragenber  Vebeutung  ein  furger  $tnn>eift  im  Stammen  ber 
«$oti&en  unb  ftadpicfyen"  taum  eine  VorfteOung  *u  geben  bermag.  5>cr 
ttuffafc  fteüt  eine  Vorarbeit  bar  jur  9efd)t<bte  ber  oberften  ®erid)tftbarfeit  im 
15.  3al)rbunbert,  inftbejonbere  $ur  $efd)icbte  unb  Verfaftung  beft  Sfcicftft* 
fammetgericbtft  bor  ber  Siegelung  Don  1495  unb  berietet  $unäd)ft  —  nad) 
einer  Vefdpeibung  ber  berfdn'ebenen  Arten  bon  ®erid)tftbü4ern  unb  beut 
Sta^mei«  neuer  Urtetiftbriefe  au«  ber  ^ett  Äatfer  gfrtebricb*  III.  —  über 
ben  Urfprung  beft  unter  Sigmunb  entftanbenen  unb  borerft  nodj  einen 
aufeerorbentlicben  S^arattcr  aufroeifenben  ftammergert$tft,  beffen  Vefugntffe 
umfdjrieben  werben.  Seit  biefer  8*ü  gibt  eft  alfo  am  ftönigftbofe  &»ei 
felbfianbige  <&eriätft$öfe,  bon  bereu  gegenfeitigem  Verhältnis  man  ftdj  nun 
eine  genaue  Vorfteflung  maeben  fann,  —  bift  baft  9*eid)«bofgerid)t  1451  ber* 
febroinbet.  (Sine  fur$e  Überfielt  ift  ferner  bem  fönigl.  Äammergeridjt  bon 
biefem  geitpunft  an  bift  1495  geroibmet,  unb  eine  Veilage  fteüt  feine 
batierbaren  Styungen  unter  griebridj  III.  jufammen  unb  gibt  bie  Warnen 
ber  babei  beteiligten  $erfonen  befannt. 

Cine  anregenbe  Cbaratterifttt  roibmet  ÄLSEBermingboff  bem  ßüridjer 
$atri)ierfobn  9elij  §emmer(i,  bem  bie  borbem  im  »efentlitben  bon  ber 
6tf)olaftif  beberrfebte  $ubli)iftit  einen  bejeic^nenben  neuen  Bug  oerbantt, 
ba  er  fie,  wenn  man  fo  fagen  barf,  auf  eine  perfdnlicbe  ©aft«  geftettt  bat. 
Von  fetneT  Scbreibweife  erhält  man  auf  ber  öon  föermingboff  gegebenen 
9na(ufe  beft  Dialoges  De  nobilitate  einen  Haren  (Einbrud.  Obwohl 
burdbau«    auf   bem   Voben   be«  mittelalterlicben   ^apfttum«   ftebenb,    ift 

12* 


180  9!oti*en  unb  ftagrtc&ten. 

&emmerli  bod)  infolge  {einer  Dtdfad)  mit  Schroffheit  Vertretenen  refor* 
maiorifcfcn  fcbftdjten  in  Streit  mit  ber  Stirdje  geraten,  fo  ba&  biefe  im 
Bunbe  mit  feinen  politifd^en  Gegnern  feiner  fcätigfeit  burdj  bie  Berurtei* 
lung  gum  bürgerlichen  Eobe  ein  3^  5"  f*fr*n  für  gut  befanb.  —  Die 
$)arftettung  be*  äufjeren  Seben*gang*  beruht  auf  ben  im  (Eingang  be* 
Slrtifel*  oerjeicbneten  Schriften,  l)ier  märe  eine  Stellungnahme  ju  ben  bie 
Angaben  über  bie  Stubien&eit  §emmerti*  umfrürftenben  Ausführungen  öon 
(».  Änob  (Scitfdjr.  f.  Äircbengefd).  16,  681  f.;  $>eutfdje  Stubenten  in 
Bologna  Hr.  4378)  enofinfcbt  gemefen  (Heue  Sabrbüdjer  f.  b.  flaff.  Älter« 
tum,  ®efct).  u.  b.  Literatur  u.  f.  $fibagogif  1904,  1.  «bt .,  $eft  7). 

3m  Archivio  stör.  Italiano  1904,  disp.  3  erläutert  2.  ftoffi  eine 
9fcet$e  oon  «ftenfrflden  au«  ben  Sauren  1448—50.  bie  über  bie  Bedungen 
ftmtfd)en  §loren&  unb  Benebig  9tuffd^lug  geben;  fc.  Scgre  fefct  feinen 
ftuffafe:  I  prodromi  della  ritirata  di  Carlo  VIII,  re  di  Francia,  di 
Napoli  fort  (t»gl.  93,  540). 

(Sin  allgemeines  3ntereffe  bieten  bie  Darlegungen  öon  3.  $a*$agen 
in  ber  SBeftbeutfdjen  Scttf^dft  1904,  2,  in  benen  auf  ©runb  eine«  au* 
beut  Satyre  1458  ftammenben,  in  ber  Beilage  abgebrühten  Beridjt  be* 
8ri*!atyrofurator*  fjrriebridj  Surfen  bie  ftttlia^en  guftänbe  unter  bem  ftlerut 
im  fölnifdjen  ©cfifalen  un*  üorgefüljrt  »erben.  Berfaffer  banbelt  über 
bie  in  bem  Beriet  jur  Spradje  gebrauten  9u*fd)reitungen  unb  bie  $al* 
tung,  weldje  bie  Äirdje  tynen  gegenüber  eingenommen  §at,  in  einem  britten 
«bfdmitt  enblia^  über  SBert  unb  Benufrung  ftttengef^ia^tlicber  Duellen  im 
Mittelalter  unb  in  ber  9teformation*$eit  mit  mancherlei  förbernben  $in* 
weifen  für  fruchtbare  SBeiterarbett  auf  biefem  nodj  recbt  wenig  ober  boa> 
un&ulänglid)  nur  bearbeiteten  ©ebiete.  $a*$agen  betont  mit  Siecht,  bafc 
Ijier  Ausbreitungen  unb  ein  ftttlid^er  Xiefftanb  oorltegen,  bie  einer  Stet« 
gerung  nicfti  met)r  fät)ig  waren  unb  fdjter  unglaublich  erfdjeinen,  wäljrenb 
bie  t$re  a*fettfdjen  (Brunbfttye  bis  jum  äu&erften  überfpannenbe  SHrdt)e  ber 
allgemeinen  ttuflöfung  bulbenb  ober  üoQtommen  ratio*  gegenüberfte(t.  <&* 
ift  gut,  bafc  man  auf  ©runb  fold)  eine*  unanfechtbaren  Beriet*  einmal 
mieber  (Sinblid  in  eine  Seit  erfyllt,  bie  nodj  in  aUerjüngfier  3eit  üon  ultra« 
montaner  Seite  in  fo  lieblicbem  fflofenrot  gemalt  ift. 

Sie  oon  fcammerl  in  ben  SRittbeilungen  be*  Snfritut*  für  öfterr. 
©efdji<$te  25,  3  au*$ug*»eife  mitgeteilten  „brei  Urfunben  $ur  (Befaßte 
Äönig  Sriebrid)*  ÜL"  betreffen  ben  öfterreicftfcben  «bltgen  30rg  ©Met«, 
ber  »fi^renb  be*  ftampfe*  um  ßfterreidj  Parteigänger  be*  9Ratt§ia* 
(Joröinu*  war. 

Über  SReldtfor  ¥finjing  gibt  gfalt  im  Kredit)  für  beffifefc  (fcefaiebte 
unb  SütertumÄfunbe  92.  g.  3,  3  einige  neue  9lad)ridjten. 

$$iliM>  öon  (Eommine*  wirb  Don  3-  (Salme  tte  gegenüber  feinem 
$erau*geber  IRanbrot  in  Styufc  genommen,  ber  jüngft  in  ber  (Einleitung 
}U  ben  M£moires  eine  Stelle  al*  befonber*  be$eta>nenb  für  ßornmine*' 


Spatere«  Mittelalter.  181 

UitftuteTt&ffigfeit  in  ber  (Erjä&luitg  felbft  t$n  nafte  berü^renber  Grelgniffe 
ftetDorgeftoben  $atte.  Die  Don  Manbrot  beanftanbete  Stelle  betrifft  bie 
€r§ft#ung,  bog  bie  1497  unter  ber  $ütrung  $n  ©ou*age«,  eine«  ber» 
trauten  gfreunbe«  Don  Gotnmtne«,  na*  Spanien  abgegangene  fran&öfif*e 
•efanbtfcbaft  bei  l$rer  —  oon  Manbrot  Gnbe  be«  3a(re«  angefefcten  — 
ftüdtunft  bie  9Ja*rt*t  Don  ber  (Erfranfung  be«  (am  4.  Oftober  1497  Der« 
ftorbenen)  Infanten  Don  guan  na*  grantrei*  gebraut  Ijabe.  Mail&nber 
9r*ioalien  $aben  nun  aber  (Salmette  gu  bem  bünbigen  9ta*»ei«  befähigt, 
fcofe  Du  ©ou*age  im  3a$re  1497  jmeimal  in  Spanien  »eilte,  unb  Wer* 
but*  löfen  fteft  alle  S*niierigfeiten ;  Gotnmine«  ermahnt  nur  bie  erfte 
<*efanbtf*aft  unb  $at  über  bie  jmeite  ni*t  berietet.  Somit  liegt  für  tyn 
We  Sa*e  bo*  »efentli*  milber,  wenn  au*  ba«  8erf*toeigen  ber  jmeiten 
Scnbung  be«  i$m  befreunbeten  Diplomaten  immerhin  auffallen b  bleibt. 

8ur  0>efcf»id)te  ber  3uben  im  Mittelalter  Derjei*nen  mir  au«  ber 
Revue  dee  Stades  jaivee  1904,  «pril-3uni  ben  erften  Zeil  ber  fcupt» 
ffi*li*  in  urirtf*aft«gef*i*t(i*er  $inft*t  bemerfen«merten  Arbeit  Don 
2.  Äauttjier  über  bteSuben  in  ©urgunb,  bie  urfunbli*en  Mitteilungen 
Don  ttnty  Ä.  ©ernarbü  über  bie  JJuben  in  ber  ftepublif  San  Marino 
Dom  14.  bi«  17.  3a$r$unbert  unb  ben  S*lufc  be«  «uffafre«  Don  $.  $tf  * 
benfinger  über  bie  3uben  in  Brie«  (Dgl.  98,  159).  —  3n  ber  Monate 
f*rift  für  Gef*i*te  unb  ©tffenf*aft  be«  Subentum«  1904,  Mai*3uni 
fem  ©au*  feine  Ausführungen  über  bie  (Rnfüijrttng  be«  $ebräif*en  in 
fBittenberg  fort  (Dgl.  93,  159  u.  857). 

Der  im  u>efentli*en  ba«  fpätere  Mittelalter  berüdfi*ttgenbe  «uffafr 
von  {$r.  $errmann  be$anbelt  bie  ftetige  Steigerung,  bie  bie  Don  ber 
Äurie  geforberten  SerDitien^a^lungen  im  (Srafttft  Main*  erfuhren  (Beitr. 
*  Wftf*en  Äir*engef*.  2,  2). 

Die  für  bie  <0ef*i*te  be«  ©u*brud«  ni*t  un»t*tige  grage  na* 
bem  Serbleib  ber  älteften  ©utenbergtöpe  beantwortet  ©.  ßebler  im 
gentralblatt  für  ©ibUot$ef«»efen  1904,  %uguft»September  ba$in,  bai  nur 
bie  gegoffene  Xtope  na*  Bamberg  gemanbert  ift,  mäfrenb  bie  Matrijen  in 
Main)  geblieben  unb  in  ben  ©efifc  Don  S*8ffer  übergegangen  finb. 

Die  Heuen  3<*$tbü*er  für  ba«  flaffif*e  Altertum,  ©ef*i*te  unb  beutf*e 
Literatur  unb  für  $äbagogtr  1904,  2.  Bbt,  fceft  7  bringen  ben  6*tufc 
*e«  fcrtifcl«  Don  «.  ©ömer:  «nftanb  unb  (Stttette  na*  ben  Xfteorien 
ber  &nmantfien  (Dgl.  93,  357  u.  540). 

Vfttt  $M*tr:  (0 ött ler,  Der  ty.  2$oma«  Don  «quin  unb  bie 
*ortribentintf*en  X^omtften  über  bie  SBtrhtngen  be«  ©uüfaframente«. 
(JJtetburg  i/©.,  Berber.  6  M.)  —  Constitutionum  apostolicarum  de 
generali  benefleioram  resenratione  ab  a.  1265  uaque  ad  a.  1878 
«miasanim.  Ed.  Lux.  (©re«lau,  Müller  ä  Seiffert.  5  M.)  —  Monu- 
ments historico-juridica  Slayorum    meridionalium.     Vol.  IX.    Liber 


182  $oti*en  uub  9?act)ri*tcu. 

statutorum  civitatis  Ragusii  compositus  anno  1272.  Ed.  BogiStt  et 
Jirecek.  (Ägtam,  Etptnac.  7  SR )  —  Willelmi  capellani  in  Brederode, 
postea  monachi  et  procuratoris  Egmondensis  chronicon.  Uitgegeven 
door  Pijnacker  Hordijk.  (Amsterdam,  Müller.  7,20  SR.)  — 
Ferretto,  Codice  diplomatico  delle  relazioni  fra  la  Liguria,  la  Tos- 
cmna  e  la  Lunigiana  ai  tempi  di  Dante  (1265—1321).  Parte  II  (dal 
1275  ai  1281).  (Genova,  Sambolino  e  üglio.)  ••-  Flamini,  I  signi- 
ficati  reconditi  della  Commedia  di  Dante  e  il  suo  fine  sapremo. 
Vol.  IL  (Livorno,  Giasti.  3,50  fr.)  —  Davari,  Notide  storiche 
topografiche  della  cittä  di  Mantova  nei  secoli  XIII,  XIV  e  XV. 
(Mantova,  Bossi.)  —  Molinier,  Lee  soarces  de  l'histoire  de  France. 
Ire  partie:  De  l'origine  ä  1494.  Fase.  4:  Les  Valois  (1328—1481). 
(Paria,  Picard  et  fils.  5  fr.)  —  Fragmente  minora :  Gatalogas  sanetoram 
fratrnm  minoram,  quem  scriptum  circa  1335  edidit  Fr.  L.  Lemmens. 
(Roma,  tip.  Salloatiana.)  —  Gay,  Le  pape  Clement  VI  et  les  affaires 
d'Orient  (1342—1352).  (Paris,  Bellaia.)  —  Zanutto,  Carlo  IV  di 
Loasemborgo  e  Francesco  Petrarca  a  Udine  nel  1368.  (üdine,  Det 
Bianco.  2,50  fr.)  —  Prost,  Inventaires  des  dnes  de  Bourgogne- 
T.  L:  Philippe  le  Hardi.  2*  faacicnle,  1371—1376.  [Ministere  de 
rinstruction  publique]  (Paris,  Leroux.)  —  0Ueme}iieber,  $a& 
tikncTattonjU  hn  gTofjtn  obcnblanbtfdKn  &ni£ma.  ($aberbornf  €kQdituig$. 
8  SR.)  —  gtftgabt,  ent$.  Domebmlid)  uorxefonnatorifdK  gotfdjttngenr 
$riittto  State  inm  7.  Wug.  1904  gevibmet  (TOtaffr  r,  *f<$eiiborff.  12  SR.) 
—  JJofc  Qiclif,  De  veritate  aacrae  scriptarae.  $eren*g.  a.  Subben« 
Reg.  3b  3  ftatbfii.  0&it>*i&  betend».  36  «.)  —  Doorninck  & 
Molhoysen,  Briefwiaaeüng  der  herftogen  Tan  Gelre  en  van  Gnlik,. 
13^9 — 1393.  iHaariem,  van  Brederode^  —  Lesort,  La  ancoeasion 
de  Chariea  le  T^meraire  a  Gambrai  ,1477—1482).  Paris,  Picard  et 
fiUO  —  &e  gener,  lic  3ainet  t«  Ulm.  <£ta  Beitrag  *«r  9c\dfidfit  be* 
$ii6bnt<tt  im  15.  daWnnbcrt.  ^fkütegt  *ar  3NU|erriuibc  beft  15.  mib 
l<v  Jobrbunbm*     L  $b.     v^trafcbuxg,  $eia~  6  SR/ 


9rfenMtiea  ««•  t<««rtftra*tt*a  (U**— 1*48). 

iliwt  «ti**m**i$t  £«tilber«ng  bev  !U$e*  *o;m?  ffeatbigf  jnr  3ett 
btt  £ig*  wn  ttamburi  lufert  t*i>n*tbi  m  Nworo  archivio  Veneto  7,2. 
Skrfaivv  bet*m  nebt*  b«  *&et*t*u  bc*  *U:t*  ta*  wart  bes  gefaaten 
tvlühtoit  £**«  btr  £wbtbmMfcr»K$ 

$i^rot*£  fftilbm  ua  4T  $yit  bw  $tw»*rr5  3**  xunqagfofren 
&tfetftt**mi**  ,b<*  r*vt**ii<*a  $tum**?ä*tt*  bt*  ja  V.*aa  a&gcmriam 
£««*  V1N*>\  fta*  bn**»  ^ui*ett  ***  bn*  *5r^ag  be*  «atfaabei, 
inNritabm  bet  Uitttavttv*  lVrts*x$  wb  *ta«ftm  a  C ,  tvbeabeft  ber 


Reformation.  1&3 

Berfafier  fürs  ber  Steige  nag  bie  $au|>tftentren  (umaniftii'djer  Sntereffen  in 
freuen,  ben  ©of  bei  fcodjmetfter*  3Mebri$  Don  ©adjfen,  ben  be*  Bifdjof* 
$iob  Don  Sobenerf  in  Ätefenburg  (dobanu*  §effu*!),  bie  Stobt  3)anjig, 
ben  fcof  bei  fcerjog*  Blbrecbt  (Wubeanu*),  bie  <Stabt  (Kbing,  ben  ©tfr  bei 
ermlAnbifd^en  gelehrten  Bifdjof*  3o$anne*  3)anti*cu*  in  $etl*berg,  enb* 
li<4  bie  UniDerfität  ÄönigÄberg  feit  1544  mit  ityrem  giänjenben  (»eftirn 
eabinu*. 

3m  *rd>iD  für  9teformatton*gefc$u1)te  1,  4  beftridjt  &.  9lot$  einige 
lefrreidp  ©utadjtcn  über  bie  ftir$engüterfrage.  3)a*  mid^tigfte  ift  fein 
fciumei*,  ba&  mir  Bucer*  bebeutfame  $>en!fd)rift  Don  1538  in  §ortleber* 
Sammlung  t>on  1617  Dorltegenb  bcfifcen.  ©in  anbere*  ©utadjten  au« 
bemfeften  3a$re  Don  fBolfgang  3Ru*cutu*  unb  Bonifaciu*  SBotfart  au* 
9ug*burg  wirb  Don  bem  Berfaffer  abgebrucft.  (Sbenbort  Deröffentlid)t 
fiolb erneu  bie  einzige  bis  je&t  gefunbene  bentfdje  $rebtgt  bei  lefrten 
bebeutf amen  fcumanifien  bie*f eit*  be*  Styein*  unb"  ber  Wptn ,  Sofanne* 
Gafefin*  Don  1556.  D.  (Sternen  geigt  bie  Un$altbarteit  ber  Qeigerfdpn 
9nfid)t,  roonadj  bie  1519  gegen  bie  Söroener  Obffuranten  erfdjtenene  "Satire, 
ber  dimlogas  bilingaium  ac  trilinguium  nid)t,  wie  ber  Xitel  jage,  Don 
Äonrab  ftefen,  fonbern  Don  <Era*mu*  Derfafet  roorben  fei.  Ä.  SRüUer 
teilt  einen  nodj  unbefannten  Beriet  SWefandjtljon*  Dom  Anfang  SRärj  1543 
mit  aber  Sutyer*  anfängliche  Abfielt,  auf  eine  öffentliche  Berteibtgung  ber 
Bigamie  bei  Sanbgrafen  $§Ui|ty  ju  antworten  unb  bie  Urfadjen  feine« 
Bergid)tet  barauf.  Sfriebenlburg  brutft  eine  ftorrefponben&  amifdjen 
bem  Jtarbinal  Sabolet  unb  bem  9htntiu*  (BioDanni  SKorone  au*  bem 
3a^re  1537  ab,  bie  baburd)  hervorgerufen  würbe,  baft  bie  fiterarifdpn 
Gegner  ber  Reformation  mit  einem  politifdjen  fdpneidjetnben  Briefe 
Sabotct*  an  SReiandMon  ljöd)ft  unjufrieben  »aren.  ©abolet  »ie  SÄorone 
ftnb  in  tyrer  irenifdpn  Stimmung  einig,  fialtofj  möchte  in  feinem 
fcrtifet  »ju  ben  römtfcften  Berfcanblungen  über  bie  Betätigung  ©rjbtföof 
Übtest*  Don  Watn*  im  3a$re  1614"  %.  Sdnilte*  fdjarfe  Beurteilung  ber 
finrie  toegen  be*  „ftmoniftifd)en  (Bebauen*"  milbern,  inbem  er  eine  Ber» 
gfltung  für  bie  Äurte  angeftd)t*  ber  mafelofen  gorberungen  Ulbredjt*  für 
billig  bftlt.  «udj  bringt  er  Momente  baffir  bei,  bajj  ber  Don  Spulte  ni$t 
mit  Sifterfteit  feflgefteHte  Bermittler  be*  Sinauagefdjäfte*  «Übre$t*  an 
ber  ihirie  ber  tyätere  Äarbtnol  Ärmefltnt  gemefen  ift.  @d)fie&tid)  änbert 
$afenc(eDer  bie  S>ruffelfd)e  Datierung  eine*  Dcemoriat*  für  eine  ge» 
beime  Unterrebung  be*  $fal$grafen  Ott(einrio)  mit  bem  Jhtrfttrften  griebrtd) 
Don  ber  $fal&  au*  (Snbe  1545  in  $erbft  1544  um,  »oburdj  ba*  frfl^e 
Dlifctraueu  ber  beiben  dürften  gegen  einanber  unb  bie  reformatorifdje 
Stimmung  ber  Wcuburger  Regierung  Cttteinrid^*  er^flt  wirb. 

ftl*  einen  Beitrag  *u  ber  grrage,  ob  ^ergog  Ulri*  Don  Württemberg 
md)t  mit  Reo)t  bei  feinen  @tönben  ^o4)>oIitif^e#  gefä^rli^e  «b^ten  ge* 
argmö^nt  ^abe,  teilt  0§r  in  ber  befonberen  Beifage  be*  3taat*angeiger* 


184  Nötigen  unb  Notfristen. 

für  Württemberg  Dom  16.  September  1904  einen  ©rief  aud  bem  3a$re  1615 
mit,  in  bem  fidj  ber  ehemalige  Sogt  oon  Tübingen,  ftonrab  ttreuning,  Warf 
gegen  ben  JBerbatft  oerteibtgt,  um  bie  gluckt  ber  $ergogtn  Sabina  gemufft 
üu  f?aben. 

Nürnberger  töatdforrefoonbengen  gur  ©cfcfticrjte  bed  SBürttemberger 
ffrteged  1519 ;  namentlich  <£ljrtftop$  gttrerd  (bed  3ftt$rer  bed  Nürnberger 
Kontingente  bei  bem  fc&wäbtfdjen  $unbed$eer)  S)entwürbtg!eiten  über  ben 
gmeiten  Sunbedfelbgttg  gegen  fccrgog  Ulrict)  teilt  Kamann  in  ben  SEBürrtem- 
bergigen  $iertelja$rd$eften  für  üanbedgefdjitfte  13,  3  mit.  ttn  berfelben 
Stelle  oeröffentlidjt  Ob  (er  ein  Sprudjgebicbt  über  ben  (SQaanger  Streit 
Dom  Saljre  1521,  ber  im  Sinne  ber  Sttftdljerren  gegen  bie  eigenmächtige 
Siefignation  bed  gfirftyropfied  SUbretft  X$umb  oon  Neuburg  jugunften 
bed  ^faljgrofen  (»einrieb  Stellung  nimmt. 

Sine  mit  gewohnter  Sadjfunbe  gefdjriebene  Qödjft  wertoofle  §fort* 
jefcung  feiner  «uffäfce  „gußutljerd  römtftfem  ^topi"  oeröffentüdjt  Äalfoff 
in  ber  geitfebrift  für  ftirtfengefdjitfte  25,  3.  (Sin  erfter  fcbfdntitt  über  ben 
Äurfürften  ald  pä|>ftlid>en  Xbrontanbibat  unb  „Sertelbiger  bed  pätftlidjen 
Stu$led"  geigt,  wie  ernft  ed  bem  Zapfte  mit  ber  Äatferwa$l  bed  Äurffirften 
griebrid?  gemefen  ift,  wie  ber  $apft  biefe  fogar  bei  einer  SBalji  aud)  nur 
burd)  brei  fturfürften  ju  betätigen  oerfprad),  unb  rote  toetyrenb  ber  ©a&lüor- 
gänge  bie  9tücfftd)t  auf  ben  pctyfilidjen  Äanbibaten  ein  Semjwrifieren  in  ber 
lut^erifcben  Sadje  erforberte,  wogu  TOilti^enß  rein  perfönlidjed  ttudfrielen 
bed  Trierer  Äurfürften  ald  ©ebiebdridjter  eben  tedjt  mar.  3)en  Stflufi 
bilbet  bie  Säuberung  ber  „fBieberaufnalpne  bed  $rogefjed"  unb  ber  (SrKftrung 
bed  Äurfttrften  unb  ßut&erd  ald  greinbc  bt^  apoftolifdjen  Stu&led.  Nacfe 
Beteiligung  ber  ©abfrage  brängt  indbefonbere  ber  Sigetangler  SRebtct 
auf  energifdjen  Äbfdjlufe  ber  lut^erifdjen  ©adje.  3>er  fturfürft  wirb  unter 
fc^arfen  S>rof>ungen  nodj  einmal  am  20.  ättai  1519  aufgeforbert,  biefen 
gum  SBiberruf  gu  bringen,  worauf  ber  fturfürft  antwortet,  inbem  er  aud« 
giebig  unb  gang  unmittelbar  oon  ßutljerd  $orfd)(ägen  ©ebraud)  mad)t, 
unb  indbefonbere  jefct  ein  unparteiiftfed  Sd)iebdgerid?t  an  ©teile  bed  gu 
umftftnblidjen  ßongild  oerlangt. 

Nad)  ben  #ämmerehNed)nungen  ber  Stabt  3roicfau  fdjtlbert  N.  §of* 
m  a  n  n  bie  b ortigen  gufiänbe  im  Neformationdgeitatter.  Webt  o$ne  Sntereffe 
ift,  ba&  Sut$er,  ald  er  1522  feine  berühmte  $rebigt  in  8»idau  Welt,  Dom 
ffiate  eine  Serebrung  oon  3  ©rf)oct  52  ©roftfen  erhielt  =  140  SR.  heutigen 
©elbed.  (Ncued  «rtfio  für  fäcftfifcbe  ©efdjictjte  25,  1.  2.)  fcerfetbe  8er* 
faffer  fteflt  ebenbort  nod)  furg  bie  Nad)rid)ten  über  ben  Qkburtdort  bed 
$irnaiftt)en  aRöndjed  Sodann  fiinbner  (»o$I  nietet  Wündjberg,  fonbem 
$irna)  gufammen,  bed  ©erfafferd  bed  Onomasticam  raundi  generale,  bad 
aud)  für  bie  flettgenöffifdjen  Stbfdjnitte  über  bie  Deformation  in  $irna 
wertlos  ift. 


Sieformation.  186 

Der  enge  ^ufammenfeang  SBittenberg»  unb  £erbft»  gibt  bem  ttuffafre 
©ed et»  fibet  bie  „fteugeftaltung  be»  gcrbfter  @d}ufaefen»  bei  (Einführung 
ber  Reformation"  ein  befonbere»  Sntereffe.  ßutfar  tjat  bem  Kate  bereit« 
1526,  öor  Stfeberoerfung  ber  ©auern,  im  (Sinflang  mit  feinem  befannten 
Senbfdpetben  an  bie  SRatSljerrn  auf  eine  Anfrage  geraten,  eine  änaben? 
unb  eine  SRftbdpnfdjule  mit  teitoeifer  ©erroenbung  aud)  be»  ftloftergute» 
ju  begrünben.  „$)enn  an  ber  Sugenb  ftufaie^en  Hegt  bie  größte  9Rad)t." 
Die  3Rfibdjenfd)ule  ift  atterbing«  erft  1545  jufianbegelommen.  (Mitteilungen 
ber  flfefenföaft  für  beutfaV  <grjie$ung»*  unb  @4ulgef4id)te  14,  3.) 

Wiener  entnrirfeft  in  feinem  ö ortreff ltdjen  ttuffafee  „jur  ©orgefdjidjte 
be«  ©auernfriege»"  in  ber  Seitfc^rift  für  bie  ®efd)id)te  be»  Oberrfrtn«  19, 3, 
bafe  für  ba«  Territorium  be»  ©tfdjof»  öon  Strafeburg  jebenfan«  gegen 
Sampredjt  unb  mit  o.  ©elo»  „ntc$t  bie  <&runb$errfd)aft,  fonbern  bie  Reidtf- 
öerfaffung  ba»  £eim»efen  ber  £erritorial§errfd)aft"  war,  bafe  ntdjt  f omoljl 
bie  $ö(e  ber  Saften  al»  i$re  unfojiale  Serteilung  Unjufricben^eit  unb 
eine  ftarfe  geinbfdjaft  ftmifdpn  «bei  unb  ©auern  fcroorrief,  bafe  in 
biefer  bierburd)  unb  einige  anbere  Momente  un&ufriebenen  (Stimmung 
fintier«  uuoerftanbene  fiefcre  ben  legten  ttnftofe  &ur  SRcöolution  gegeben 
babe.  Sie  ift  eine  burd>au»  roirtfdjaftlidjc  ©etoegung,  Don  unbeftimmten 
€kfü$Ien  getragen  unb  guten  Seil»  au»  bem  Temperament  be»  fübbeutfdpn 
Bauern  }U  ertlären. 

Änläfeltdj  ber  (Etntoei&ung  ber  ®|>eierer  ©ebäfltntefirdje  t>at  <g.  fceufer 
eine  Heine  populäre  6*rtft  über  «bie  $roteftation  öon  ©peter"  bei  fi.  «Bitter 
in  Steuftabt  a.  §.  erfdjeincn  Iaffen,  ber  eine  @d)ilberung  ber  toefentlidpn 
aufeeren  Vorgänge  auf  bem  8»eia}»tage,  ber  3reftlid)feiten  k.  bon  fiufr,  bem 
$erotbe  be»  fd)toäbifd)en  ©unbe«,  beigegeben  ift. 

dbm.  @olmi  öeröffentlidjt  im  Nuoto  Archivio  Veneto  7,2  mistige 
©riefe  ttontarint»  an  Srcole  ©onjaga  au»  ben  Sauren  1585—1542,  bie 
SriebenSburg  bei  feiner  öon  bem  ©erfaffer  bemängelten  Verausgabe  biefe» 
©ricftoedtfel»  unbetannt  geblieben  »aren. 

3ur  400 irrigen  Geburtstagsfeier  $.  ©ullinger»,  be»  9to$f olger» 
3»ingli»  in  ber  ßettung  ber  Äira^e  öon  &üxid)t  W  ber  bortige  8^in9lis 
©erein  in  Ou.  j.  ©djuKt*«  8»ef.=G>.  II  (©afel  1904;  XV  u.  145  6.)  ba» 
bureb  feine  *eitlic$e  Hu*be$nnng  (1504—1574)  wie  befonber»  burdj  bie  3u» 
toerläffiflfeit  unb  ©ielfeitigfeit  feiner  fnappen  Mitteilungen  roertöofle  w<Dia« 
rhtm  ©uüfnger»"  bura}  feinen  ©orftfcenben  (£.  (Sgli  herausgegeben,  ©ei 
|Utreffeuber  SluSmaljl  unb  fpradjlid)  fe$r  gen>iftenf}after  ©e^anblung  ber 
bem  öeriorenen  Äutogropb  am  nädtften  fteljenben  Überlieferung  unb  ©eigabe 
eine»  forgfältigen  Apparat»  bilbet  ba»  4>eft  eine  wertvolle  ©orarbeit  unb 
ein  Unterpfanb  für  ba»  <Srfd)einen  be»  ©uflingerfdjen  ©rief»e$fel»  im 
Corp.  Ref.,  ba»  (Bglt  vorbereitet.  P.  K. 

Soui»  $elouetle  fü$rt  in  ber  Revue  d'histoire  litteraire  de  la 
France  11,2  ben  Wertteilen  Hadimei»,  bafe  Wabelat«  niebt  nur  ben  gröfeten 


186  Hörigen  uttb  ftacftridjtcn. 

Xetl  feiner  antifen  3ttnte  ber  Seftttre  ber  Schriften  be*  @ra*mu&  unb 
©ubäuS  oerbanfte,  fonbern  bafc  gerabe  aud)  Stabelai«'  fünfte  unb  fdjeinbar 
neue  ©cbanfen  öor  allein  auf  ($ra8muS  ftUTüdgufütjren  finb.  2>er  ©erfaffer 
bejeid)net  SlabelaiÄ  al$  einen  splendeur   metteur  en  oeavree  de  lieur 

communs. 

3>ie  ßorrefoonbenj  be$  l>reu&ifc6en  State*  $lt)a«t>eru«  d.  ©ranbtr 
herausgegeben  t)on  $rof.  ©egaenberger  ($eft  1: 1538— 1545,  Ä8nig*berg, 
<&räfe  &  Unser.  136  ®.  1904),  bietet  gewifc  biel  beft  Sntereffanten;  id)  öermeife 
nur,  abgelesen  oon  ben  fpejteü*  preufctfdj^olnifdjen  fingen,  auf  bte  anfdjau- 
üd)en,  aud)  fultur^iftorifdj  »irrigen  Briefe  aud  $arid,  auf  bte  tagebudjartigen 
ftufaeidmungen  über  mehrere  9teidj3tage,  auf  baS  biÄt)er  unbefannte,  freiließ 
gevetterte  $rojeft  einer  ©ermätjlung  oon  §er&og  %Ibrect)tö  Softer  mit 
$fa(jgraf  SBolfgang  ton  Sweibrfiden.  $o$  bte  gfreube  über  foldje  ©e* 
reidjerung  unfereS  SBiffenS  wirb  tDefentlicx)  beeinträchtigt  burdj  bie  gan^ 
unüberftd)tlidje  Sform  ber  Darbietung  be8  ©toffeS.  Auf  gro&cm  Quart« 
forntat  »erben  oft  über  biete  Seiten  fjin  ©ranbtS  Senate  abgebrueft,  o$nt 
ba&  Weber  burdj  ein  oorangefteIIte$  iRegeft,  nodj  burd)  ©emertungen  am 
Sftanbe  ober  unter  beut  £ejt  audj  nur  ba«  ©eringfte  jur  fd^nefleren  Orten* 
tierung  unb  ©elefcrung  be«  ßefer*  gefct)ier>t.  9lud)  burdj  ftnngemäfee  Wr* 
jungen  unb  burd?  ©ermeibung  bon  2Bteber1)o(ungen  —  manchmal  »erben 
Xagebud)  unb  ©eridjt  meift  gleidjlautenb  Ijintereinanber  abgebrueft  —  wärt 
ber  SBert  ber  $ubIüation  nur  gehoben  warben,  ©o  wie  bie  ©tiefe  $ier 
vorliegen,  finb  pe  nur  unter  jebeSmaligem  großen  3citoerIuft  £U  benufcen. 
Da,  wie  idj  $öre,  bat  nftdjftc  $eft  mit  ben  ©ertöten  über  ben  fdjmaltal* 
bilden  Ärieg  frityeften*  <&nbt  1905  erfd^einen  foll,  bürfte  eine  tunitd)t 
©erüdftdjttgung  unferer  HuSftettungen  fidj  wol)l  nodj  ermöglichen  laffen,. 
e3  mftre  bicö  um  fo  roünfdjcnSwerter,  als  wir  über  jenen  fhrieg  im  ganzen. 
Won  jiemlidj  genau  unterrichtet  fmb,  unb  ein  3Rann  wie  ©ranbt  faum 
tieferen  Gtnblid  in  bie  geheimen  ftbftdjten  ber  ßrtegfüljrenben  gewonnen  tyu 

Adolf  Hasenclever. 

Über  bie  gotyolas©iograpfjie  beS  fpanifdjen  3efutten  Antonio  Vftrain 
(Histoira  de  la  compaöia  de  Jesus  en  la  asistencia  de  Espana,  8b.  1 1 
San  Ignacio  de  Loyola,  1902)  bringt  Otto  ©raunSberger  im  8.  $eft 
ber  Stimmen  au«  2Raria=2aadj  (1904f  <5.  241—255)  eine  SBürbigung  unter 
bem  Xitel  „$er  ^eilige  SgnatiuS  im  üidjte  ber  fritifdjen  Sforfdjung" ,  &u 
bem  e8  freiließ  fd)led)t  pa&t,  bajj  ba8  2tbtn  unb  SBirren  ÄonolaS  t>ier  unter 
baS  Seidjen  beftänbigen  perfönlidjen  (Singreifend  ton  ©ott  unb  SRaria  ge* 
fteOt  wirb,  ©or  ®ott)ein  l)at  ^Iftrain  bie  ©enu(ung  f^antf^en  ^aterial^ 
t>orau«. 

3)er  Äampf  *aul8  IV.  gegen  Äarl  V.  unb  WÜPP  ^  (1555—1567) 
erfährt  in  ben  Mitteilungen  beö  Snftitutft  f.  öfterrei^if^e  «efd^i^tSforfc^. 
25,  470—489   burd)  9tori(  53rof et)  eine  furamarifdje  5)arftenung,  bie 


Deformation.  187 

freilief)  trofc  ber  Bertoertung  einiget  ungebruefter  bene$ianifd)er  Berichte 
bem  Äenner  biefer  Dinge  wenig  fteue«  bietet.  R.  H. 

Auf  bie  befannte  Stellungnahme  Soadjim«  IL  Don  Branbenburg  für 
Slgricola  gegen  Georg  Budtfotjet  fäüt  neue«  8id>t  bureb,  einen  Äuffafr  in 
ben  3forfdjungen  jur  branbenburgifdjen  unb  prcuftijd^cn  Gefd).  8b.  17r 
1.  fcÄCfte  6.237—246;  $aut  ©tetnmüller  Deröffentlidjt  $ter  eine  ttuf* 
jeidjnung  be«  tropfte«  «ntoniu«  Äönig  über  ben  feierlichen  fcft  Dom 
19.  fUpxü  1563,  »o  Soacbjm  in  ber  berliner  fcofftrdje  fein  Xeftament  unfc 
fein  Glauben«befenntni«  hinb  tat  unb  babei  in  längerer  Befpredjung  ber 
**eWrreittgfeiten  fo  fdjarf  $artei  ergriff,  baß  er  Bucötjol*«  (ben  etften 
ebangeltfdjen  $rebiger  feiner  ©tif«firc$e)  furjertfanb  bem  Teufel  anheimgab. 

Der  Seeluft  ber  Vb^anbtung  fjriebrtd)  Saudjert«  über  ben  $affauer 
Domherrn  Georg  Gottfrarbt  im  6.  $eft  be«  äatyoltf  (3.  gfolge  30,  @.  41  bt* 
ÖO;  togl.  fr  &  93,  545)  bcfpridjt  bie  fünf  gebrachen  t^eotogtfeften  ©Triften 
ttotttarbtt.  Die  beiben  erften  (1577.  1579)  ftnb  allgemein  apologeüfäen 
3nfa(t«,  bie  brei  legten  (1586— 1588)  polemifteren  gegen  ben  Tübinger 
Zoologen  $eerbranb. 

Bon  erheblicher  ©idjtigfeit  für  bie  floöenifdje  Deformation«»  unb- 
2ftetaturgefä)icl)te  ift  bie  oortreffltdp,  auf  au«gebe^nten  arcb,tDalifd)en  Stubien 
berofcnbe  Unterfudjung  be«  Benebiftiner«  ©alter  ®mib  über  Gntfte^ung 
unb  Verausgabe  ber  Bibel  Dalmatin«  (in  ben  Mitteilungen  be«  SRufeal* 
Derem«  für  ftrain  1904).  Georg  Dalmatin  Ijat  bie  Don  $rimu«  fcruber 
begonnene  ftooenifd)e  Bibelüberfefeung  $u  Anfang  ber  70  er  3a$re  be« 
16. 3*$r$unbert»  in  Saibaä)  ooüenbet;  na*  jahrelangen  Berfcanblungen  unb* 
febweren  Äämpfen  mit  ber  inneröfterreicb,lfc$en  Regierung  (<Er&t)erflog  Äarl) 
erfaßten  fte  enbltcb,  1584  &u  Wittenberg  im  Drud  unb  gelangte  aud)  »trflid) 
na*  aflerftanb  gäcjritflleiten  in  bie  ßanbfc$aft,  „bie  jdtfnfte  unb  reiffte 
fruefet  be«  proteftantifd)cn  Geifte«  in  Snnerftfierreict",  &u  einer  Qeit,  »» 
bie  Gegenreformation  immer  energiföer  auf  bie  %u«tilgung  be«  $roteftan= 
ti«mu«  ausging.  „Der  £atyolt&i«mu«  würbe  nrieber  tjerrfdpnbe  Religion; 
bie  getftige  $ö$e  ber  proteftantifdjen  Jhtltur  tonnte  er  jebod)  burd)  met)r 
al«  ein  Satjrtjunbert  nidjt  erreichen.  Der  rührige  Bifdjof  tt^rön,  ber  mit 
bem  Gifer  eine«  Äonöertiten  bie  getftige  Arbeit  be«  $roteftantt«mu«  Der« 
ntdjtete,  mu&te  ftd)  bodj  oor  i^rem  Geift  beugen.  Seine  Gpiftetn  unb> 
(hKtngelien,  ba«  einzige  bebeutenbere  ©er!  be«  17.  3abr^unbert«#  fufct  Doli- 
ft&itbig  auf  ber  Bibel  Dalmatind."  *u«  ber  »et&e  ber  Beilagen  fei  ein 
neue«  Schreiben  £ruber«  Dom  24.  SRai  1583  ^eroorgetjoben.         R.  H. 

£ur  Gefaxte  ber  Gegenreformation  in  ©djlefien  bietet  0b.  38  ber 
deirfdpift  be«  Berein«  für  GefcfticQte  unb  Altertum  @djleften«  einige  Sei« 
trüge,  ttrnotb  0«far  Steuer  bringt  Mitteilungen  au«  uatitanifdien 
Cueüen  (6.  343—361),  einen  Beriet  be«  Bre«lauer  Btfdjof«  «nbrea«  Serin 
,1585—1696)  an  ben  Huntiu«  am  ftaifertjof  W^P  oon  Sega  oom  Sa^re  1586, 
vonad)  bie  Sage  be«  ffat^oli3i«mu«  tro|  ber  erfolgreichen  Bemühungen 


188  9?oti*en  unb  »adjridjten. 

be*  ©tfdjofS  Martin  von  ©crfrmann  (1574—1585)  nodj  immer  tief  ent* 
mutigenb  mar,  fotoic  $ad)rid)ten  übet  ben  ©ifdjof  3oljann  oon  6ttfd) 
(1600—1608),  berr  bisher  alft  energtföer  Vertreter  ber  fai$olifd)en  6ad>e 
befannt,  bennodj  ben  SBünfdpn  9lom6  nid)t  genfigt  unb  ftfft  ba$er  mebr* 
fadjen  Säbel  megen  feiner  Sfifftgfeit  jugejogen  bat.  3.  Äreb*  f Gilbert 
6.  155—175  ben  polttifcben  unb  mirtfa)aftü$en  Berfafl  ber  6tabt  Breftlau 
um  bie  TOtte  be*  $rei&igja,ljrigen  ÄriegS;  m&fcrenb  für  ba6  platte  Sanb 
ba*  erfte  3a$rfle$nt  bei  ÄriegeS  oer^ängntftnoll  mar,  litt  bie  §attptftabt 
befonber«  in  ben  Sauren  fett  1628. 

3m  3ulis&ugujityeft  be*  Bulletin  de  la  soci&e  de  l'hißtoire  du 
protestantisme  fran^ais  1904,  @.  307—359  gibt  $.  SBcig  einen  ttbrift 
ber  Qkfd)td)te  ber  Sieformation  in  Bourge*,  oon  ifaen  Anfängen  unter 
Margarete  oon  3taDarra,  ber  freigefinnten  @djmefter  gran}'!.,  ber  ba* 
$etftogtum  Berrt)  feit  1517  gehörte,  unb  bie  feit  1523  enangelifd)  prebigen 
liefe  oon  bem  Uufent$alt  Galtrin*  (1530)  unb  Sega«  (1530—35)  in  Bourge* 
an  bift  &u  ben  Blutf jenen,  bie  fid)  an  bie  Bartl>olomfitt6nad)t  anfdjlofjen, 
unb  burd)  bie  bie  Reine  protefiantiidK  Qkmeinbe  faft  ganft  ocrnidjtet 
mürbe.  Cbenba  S.  364—384  beenbet  Qkifton  Bonet«3Raurt)  feine 
Unterfudptngen  über  ben  fran}dftid)en  $roteftantiftmu*  unb  bie  republita* 
niftbe  3bee  vOgl.  §.  3.  93,  544);  bana<b  mären  bie  $rotefUtnteu  in  ber 
britten  $eriobe  1 1598— 1685)  mieber  loyale  ttub&nger  einer  gemüßigten 
3Ronard)ie  gemejen  unb  feien  nur  bunb  bie  Qkmaltahe  in  Bearn  1620 
^um  Ärieg  gebrängt  morben.  S>ie  Bebenten,  bie  fold)  jdjematifdjer  ÜinteU 
lung  gegenüber  obwalten,  b*be  icb  oben  ubon  beruorgebobeu.        R.  11. 

$ie  ftu*g*btbü>ber  be*  Sgerer  Stabtartbio*  entbalten  jur  ©efdjidjte 
tSaUenjtetn*  oeridMebene  Angaben,  benen  fiart  Siegl  in  ben  SRitteilungen 
bc4  Berein*  jür  GkfAicbtt  ber  Stutiften  in  Bobinen,  43.  3abrgang  9hr.  1, 
^27-;*)  nadigebt:  e*  begegnet  ^nnäcbft  feit  1611  fBafleuftein*  Better 
Hbam,  bann  feit  1624  ber  Qkneral  ielbft,  wobei  uatirtüb  namentlid)  fein  fünf» 
«tätiger  flutentbalt  in  Sger  v3ttli— September  16ä.\  9as  unb  Cttober  1630, 
3unt  1682.  Februar  lt»4x  bdeu*tet  wirb.  —  Sbenba  e.  1—26  beginnt 
$aul  Clanner  uunmebr  feine  ttarfttllung  eer  8<bla<bt  bei  3<utfcm  (ogl. 
^v>  $.  **3,  M6\  bebaubelt  aber  juntidm  nur  ben  beiberieirigen  flnuiarfd) 
unb  bte  Bovbtmtungen  |ur  $d>lacbt.  Shtbcl»  6<bmtbtmaoet  bringt 
«\  IÄ— 1Ä*  au*  einer  Wiener  ^an^ebrift  S'aten.  meldie  fid)  auf  bie 
0rünbung  unb  tfiuwuflun^  be*  ,8ra$cr  3ei«i!rn?c~esinm  pm  bL  Giemen* 
V1W*— lfc*4N  Nritet^n.  an  bo*  ÄcUe$  Nt:  mc&  >re  ^ra$er  ^einitenuuineTfität 
«nge!\bKM>eH. 

i^MiivK  CftnMufe  tn  Nfn  buwt  b^n  vtme^?1^  rc.x:«^eu  Stieg  beranter- 
^tetommeticit  vS»%K\«b  NfV  hv,Ä:^t%»tcn  Sxr^beu  im  3-  l*v^>  bietet  ein  öe» 
n<bt  Nf*  £uNiuittu>enttn  *%tut»on  %x«  ^n»:ar  *>*<♦.  >er  m  ber  Baltrfd)en 
tKonat^ntxtM  ;Xabr^anvt  4u  UHH\  ^<*t  «5  $  4^—4^9  be>>riM*eft  unb 
^ebru\ft  mtt\ 


Reformation.  189 

3m  32.  3a$re«beriebt  ber  $iftorifä>aniiquarif$en  ©efellfcfaft  oon 
Qfcaubfinben  befombelt  SR.  Sa  (et  bie  Bedungen  ber  Drei  ttflnbe  *u 
Xtrol  nrityrenb  ber  Regierung  ber  (Sr^er^ogin  dlaubta  unb  be«  ttr^erftog« 
fcrbfnanb  Äarl  1682—1652.  fcaite  nod)  (Srtferaog  geopolb  (f  1632),  ber 
beiannte  efjrgetjige  ©ruber  8ferbinanb«  H.,  bie  ©ttube  in  oofle  Äb$ttngigteit 
uon  Xirol  ju  bringen  oerfua}t,  fo  begann  feine  (Bemaljim  (Elaubfa  Don 
ftebici  eine  frtebttdje  ¥olitif,  wobei  fie  natürlt*  unter  bem  «inbrutf  be* 
^rieben«  oon  <E$era«co  (1681)  ftanb ;  tyr  ©o$n  gerbinanb  Srarl  folgte  ben 
fBegen  ber  Starter.  <5o  gelang  e«  ben  Qünben,  bie  grobe  Summen  naa> 
bem  lebensfrohen  3nn«bruder  $of  fliegen  liefcen,  ba«  Seltlin  »ieber  &u 
erhalten  fomie  bie  gfreiljett  ber  9l$t  ©erfaßte  unb  be«  Untereugabtn«  *u 
erzielen. 

Sta*  &Ü4 tri  Vincent,  äwitzerland  at  the  beginning  of  the 
sixteenth  Century.  [John  Hopkins  aniversity  gtudies.  Series  XXII, 
No.  6.]  (Baltimore,  The  John  Hopkins  Press.  30  Cts.)  —  Chris tensen, 
Dansk  statsforvaltning  i  det  16.  aarhnndrede.  (Kebenhavn,  Gad.)  — 
Woodward,  Desiderius  Erasmus  concerning  the  aim  and  method 
of  edacation.  (Cambridge,  The  Univeraity  Press.  4  sh.)  —  Lobey, 
Le  conn&able  de  Bourbon,  1490—1527.  (Paris,  Perrin.)  —  Jarrin, 
Un  economiste  liberal  au  XVI«  siecle  (Jean  Bodin).  (Chambery,  Impr. 
SaToiaienne.)  —  Gauthiez,  Lorenzaccio  (Lorenaino  de  Mödicis, 
1514—1548).  (Paris,  Fontemoing.  7,50fr.)  —  Hod»ell,  SHe  Doppele^ 
bei  fianbgrafen  $$i!tW  oon  fceffen.  (Harburg,  Ghoert.  7  91.)  —  Quellen 
tut  ©efdjtdjte  be«  firglifyn  Unterricht«  in  ber  eöangeltfäen  Mtfle  3>eutfay 
lanb*  ftttrifffr1  1630  unb  1600.  herausgegeben  oon  Ken.  I.  X. :  Quellen 
iur  OkWtye  be«  *atedH«mu»*Unterrtdjt«.  1.  Sanb.  ©übbeutfäe  Statt* 
4i«men.  (Gfltertloft,  ©ertettmann.  16  SR.)  —  $olitifd)e  Äorreftonbenj 
***  $**sog«  unb  fturfflrfien  SRorifc  oon  "Saufen.  $erau«gegeben  oon 
ftarabenburg.  IL  8b.  0Bi«  *um  (Snbe  be«  Sa^re«  1546.)  2.  fcälfte.  (Setpaig, 
Zeubuet.  20  9R.)  -  a>tener*fBn&,  Galöin.  (8üri$,  OreU  Sfifeli.  1,60  SR.) 
—  Calendar  of  letters,  despatches  and  State  papers  relating  to  the 
negociations  between  England  and  Spain.  T.  Vffl.  Henry  VIII.  1546— 
1646,  ed.  Hume.  (London»  Eyre  &  Spottiswoode.  16  sh.)  —  Monu- 
mente historica  ßoeietatis  Jesu,  nunc  primum  edita  a  patribus  ejusdem 
Societatis.  Monumenta  Ignatiana.  Seriee  quarta.  Scripta  de  S.  Ignatio 
de  Loyola.  T.  I,  fasc.  1—3.  S.  Franciscus  Borgia.  T.  n,  fasc.  4.  (Madrid, 
Lopez  des  Homo.)  —  Archiwum  Jana  Zamoyskiego  kanclerea  i  het- 
mana  wielkiego  koronnego.  Tom  I.  1553—1579.  Herausgegeben  von 
Sobieski.  (Warschau,  Laskauera.)  —  L a v i s s e ,  Histoire  de  France, 
depuis  lee  origines  jusqu'ä  la  revolution :  T.  IV,  1«  paiüe,  fasc.  1—2. 
Paris,  Hachette  &  Cie.  8  fr.)  —  $anteniu«,  $er  folfdje  fcemerriu«. 
[VlonoQTap Wen  jur  tBeltgef$ic&te.  XXL]  (»ieiefelb,  Belagen  &  ftlaflng. 
3  VI.)  —  Recueil  des  Instructions  g^närales  aux  nonces  de  Flandre 


190  %oti*en  uub  #aä>ridjten. 

<1596— 1635),  pabl.  p. Cauchie et Maere.  [Commission  royale  d'histoire.] 
(Bruxelles,  Kiessling  et  Gie.)  —  Corbett,  England  in  the  Mediter- 
ranean:  8tady  of  riee  and  influence  of  British  power  within  the 
«traite,  1603—1713.  2  vol.  (London,  Longmans.  24  eh.)  —  Weber, 
La  Gompagnie  francaise  des  Indes  (1604 — 1675).  (Paris,  Rousseau.)  — 
Power  Lord,  The  regency  of  Marie  de  Medicis,  a  study  of  frencfa 
faistory  from  1610—1616.  (London,  Beil.  7,6  sh.)  —  Osgood,  The 
american  colonies  in  the  seventeenth  Century.  2  vol.  (New  York, 
The  Macmillan  Company.) 

1648—1789. 

Eilten  roerftoUen  Seitrag  jur  l&nblid)en  6oaialgefd)i$te  enthalt 
$  SBiUemfenS  Etüde  sur  la  dömographie  d'une  commune  du  plat 
pays  de  Flandre  (Pfarrei  ©t.  ÄtcolaS)  aux  17c  et  18«  siecles  1631—1795 
in  ben  Annales  de  l'academie  royale  d' Archäologie  de  Belgique,  5.  serie, 
VI,  1. 2.  9(16  (Ergebnis  fteflt  Bexfaffer  eine  ftarfe  allgemeine  unb  eine  gan* 
foloffale  ftinberfterbfiäjteit  feft,  aß  Sfolge  ber  mangelnben  ftörper*  unb 
$Bo9n$au3$ugiene.  ftuffaHenb  ift,  bafc  mit  bem  ftnbrud)  frieblidjer  £u- 
fifinbe  feit  1648  bie  3<*$(  oet  legitimen  (E$efd)lie&ungen  auffallenb  jurücf» 
fleljt  unb  bie  ber  illegitimen  (Geburten  junlmmt. 

$eliffier  oeröff  enthalt  in  bei  Revue  des  ötudes  historiques 
(3utt*Buguft  1904)  bie  franaöfifdje  Sefcbreibung  einer  Steife  Don  $ont 
©t.  (Sfprit  nadj  $ari*  au«  bem  3<n)re  1658,  bie  in*befonbere  ber  ©c$enfc= 
ttürbigleiten  \>on  $ari*  ausführlich  gebenft. 

$ie  ttbbanbtung  5-  $irf4ft  über  ben  „©rofjen  Äurfürften  unb 
Dr.  Ägibiu«  ©trau*"  in  ber  3eiif*rift  be*  »eftpreu&ifajen  <0efd)iu)t8berein* 
$eft  47  (Gilbert  mit  größter  ttuftfüfyrlidjfeit  bie  <0efd)id)te  ©traud}*,  ber 
1675  im  Begriff,  bie  (Stellung  alft  (fiorr*lut$erifa>r)  $rebiger  unb  «um* 
naftalreftor  in  Stanjig  mit  einer  fd)tDebifä)en  Unfoerfitätftprofeffur  in  Qreifd« 
oa(b  &u  uertaufdjen,  feftgenommen  unb  auf  9efe$l  be£  fiurfürften  bis  1678 
feftgeljalten  rooiben  ift.  $er  ©runb  mar  bie  irrige  Vermutung  be*  £ur~ 
fürfien,  baft  ©trau*  bie  ©inen  in  Stanjig,  bie  fid)  infolge  feine«  in« 
toleranten  (Eifert  erhoben,  Ijabe  benufeen  »ollen,  um  Stonjig  unter  fd)u>ebtfd)e 
«otmäjjigfeit  $u  bringen.  $a«  Sntereffantefte  in  ber  «bfanblung  bflrfte 
ber  Beriet  über  bie  «ubienj  einer  Stetiger  93ittgefanbtfctjaft  bei  bem  £ur* 
fürfien  fein,  bei  bem  e*  ftdj  bei  ber  grage  ber  (Sntlaffung  StraudjS  nia)t 
{omo^I  um  Sdjulb  ober  Unfdfulb,  fonbern  um  politifd)e  3u>etfm&Eiigteit 
tjanbelte. 

Ö.  $ageft  bebanbelt  in  ber  ReTue  d'histoire  moderne  et  con- 
temporaine  t>om  15.  3uli  1904  im  fcnjdjlufj  unb  mit  (Ergänzung  Stöberte 
bie  „bairifd)e  «Hiana  oon  1670  unb  bie  $olitif  ßubrnig«  XIV.  in  fceurfaV 
lanb".    2>er  »erfaffer,  ber  bie  $ermittlertätigfeit  2Bü>lm§  ö.  gürftenberg 


1648—1789.  191 

fetyc  $od>  einfaßt,  fudjt  bie  bauerifdje  Mianjpolittf  im  Kalmen  ber  ge* 
famten  franaöFtfd)en  $olttif  aufoufaffen.  Sie  »urbe  bebeutfam,  al*  mit  1668 
für  bic  fran&öflfa)e  $otttif  Spanien  al*  Gegner  jutürftrat  unb  bie  geplante 
SNebertoerfung  fcoüanb*  unb  ber  Xrtyelalltanj  Vlüdfät  auf  bie  Sfetd)** 
fütften  erljeifdjte.  @te  Ijat  &unüd)ft  feinen  bireften  aggrefftuen  3»ec(  gegen 
S)eutfd)Ianb  verfolgt 

fcdberl  fefct  fid>  in  ben  3forfd)ungen  jur  (Befcbidjte  ttabero*  12,  3 
mit  $reuft  au*einanber,  in*befonbere  mit  beffen  tinjmeifelung  ber  3n* 
tegritÄt  unb  ftaat*mÄnnifd)en  ©emeggrünbe  be*  beuertfa)en  Wjetanjler« 
Stü\pax  t>.  «Sdjmib. 

Ä.  ©abeau  fyntbelt  im  Bulletin  de  la  societd  de  l'histoire  de 
Paris  et  de  rile-de-France 31,  2  über  bie  „öemoljner  ber  Juilerien"  unb 
fügt  ein  $erjeid>nt*  ber  ©emofyier  unb  ber  Qemfidjer  Don  1726  bei.  $er 
jumal  au*  £aine*  Säuberung  befannte  Suju*  be*  $ofioefen*  erbeut  aud) 
biet  von  neuem,  S^arafterifrifd),  bafe  trofr  be*  überftüffig  großen  $er« 
fonal*  1788  $iebe  ba*  6d>lafetmmer  ber  ftöntgtn  berauben  tonnten! 

Cbr  berietet  unter  bem  Xitel  „$ietro  ©iannone,  ein  $fagiator"  in 
b«T  Beilage  200  ber  Wünd)ener  öligem.  Bettung  über  bie  gorfdjung 
«onacci*,  ber  nadjroeift,  bafj  ba*  §auj>troerf  be*  berühmten  pubüjifHJa^en 
4kgner*  ber  Äird)e  unb  be*  $apfrtum*  (geft.  in  ber  3it*beHe  ju  Xurtn 
1748),  bie  Storia  civile  del  regno  di  Napoli,  ein  mtffenföaftltd)  »ertlofe* 
Viagtat  ift.  Qeniger  abfdjliefjenb  ift  nad)  0$r  ber  »eitere  oerfud)te  Kaa> 
«ei*  JBonacci*,  bafj  (Biannoni  nia^t  einmal  ein  aufridjtiger  Wann  ge* 
»efen  fei. 

fcüttig  &eigt  im  Heuen  Kranit)  für  fäcbfif**  (Befdjtdjte  25, 1.  2,  bafe 
*er  Siebenjährige  Ärieg  Saufen  ntdjt  nur  gefdjäbigt,  fonbern  bem  ßanbe 
tnbirett  burd)  bie  ftnfpannung  nadj  ber  (Sinbufce  «Segnungen  gebrad)t 
bat.  8on  befonberer  SBidjtigfett  mar  bie  $erfonenfteuer  (au*  be*  fonft 
nad)  {teuerfreien  «bei*),  ba*  auf  Verlangen  Sfriebridi*  be*  (Brofcen  be* 
.grünbete  füd)ftfd>e  StetteTtrebitfaffenwerr,  ba*  ben  völlig  vernieteten  Ärebtt 
«nvUtylid)  $erfteüte;  ba*  <Sanität*fofleg  Don  1765,  mit  bem  eine  gefunbe 
SRebijinatyolttit  einfefet,  enbtid)  ber  envaajenbe  Sinn  unb  ber  ©erfudj,  ba* 
$eet  hn  Offner*  mie  9Rannfd)aft*ftanbe  au*  ben  f)eimifd>eu  Untertanen  ju 
ergangen. 

9tic  o  li  n  i  beginnt  im  Archivio  storico  per  le  province  Napoletane 
28,  4  unb  29,1  jablreidje  $öd)ft  lefrreiüje  unb  temperamentvolle  ©riefe 
Xanucri*  an  feinen  getreuen  Parteigänger,  Äbt  Sferbinanbo  (Balilei,  au*  ben 
fedRiger  Sauren  be*  18.  3a$rf)unbert*  ju  veröffentlichen. 

fiubmig  ©runter,  Htarie  Vntoinette,  Königin  Von  granfrei*  unb 
ttavarra.  (Ein  fürftlicbe*  (J$aratterbilb.  (Brfter  Ze\\:  Die  Sautfine.  ©ien 
unb  fieipjig,  9Bilt)elm  SraumflUer.  1903.  5  SR.  Der  Serfaffer  fdjttbert 
in  vorliegen©*™  ©anb  bie  iHnbbeit  ber  fcodjtet  TOaria  Zfcrefia*,  berietet 
«u*fü$tlid>  über  ßubnrig  XV.,  bem  er  mögli<$ft  Diel  gute  Seiten  abju* 


192  Wottjen  unb  9tod)rid)ten. 

geroinnen  fuä)t,  unb  era&$lt  bann  Don  bcm  fieben  bet  $aupljtne  am  fron« 
äöftföen  $of«  bi«  1774  (Eft  ift  burd)au«  auf  eine  »er$errlu$ung  ber 
*$»eitgrö&ten  Softer  au8  beut  fcaufe  $ab*burg"  abgelesen :  ba$er  »erbot 
nur  bie  guten  (Sigenfdjaften  ber  ^rinjefjln  Ijeroor  gehoben;  felbft  baS,  roa& 
Ataxia  2$erefta  in  tyren  ©riefen  an  bie  fcodjter,  bie  in  grofeem  Umfang 
herangezogen  finb,  fabelt,  nrirb  faft  ade«  entfc&ulbtgt.  S)a*  8ud)  tohrfc 
eblen  grauen,  bie  gefd)id)tlidje  ßefrüre  treiben,  gefallen;  nrifTenfdjaftlicfcn 
SBert  ftat  e*  nicqt.  Q.  K. 

Sleue  9&4et:  Targe,  Professeurs  et  regents  de  College  dam* 
l'ancienne   univereite   de   Paris    (XVII6  et  XVlIIe  siecles).     (Paris, 
Hachette  &  Cie.)   —   Cavalli,   Degli   scrittori  politici  italiani  nella 
seconda  meta  di  secolo  XVII.    (Bologna,  Zanichelli.    2  fr.)  —  P i la- 
st re,  Achille  III  de  Harlay,  premier  President  da  parlement  da  Paris 
sons  le  regne  de  Louis  XIV.  (Paris,  Calmann-LeVy.  5  fr.)  —  Calmon- 
Mai  so  n,  Le  mar&hal  de  ChAteau-Renault,  1637—1716.  (Paris,  Cal- 
mann-Levy.    7,50  fr.)  —   Ärog$*£onning,  $ugo  ©rotiu«  unb  bie 
religiösen  SJetoegungen  im  $roteftanti3mu8  feiner  3eit.    (Äöln,  ©adjem. 
1,80  3R.)  —  Mämoires  complets   et  aathentiqaes  da  dac  de  Saint- 
Simon  sar  le  siecle  de  Louis  XIV  et  la  Regence.    T.  ELL    (Paria, 
Hachette  &  de.)  —  ü.  $n  muten,  S)er  erfte  preufjifdje  tfönig  unb  bie 
(Gegenreformation  in   ber   $fal&.     (Hattingen,  $anben$oec!  &  SRupcedjt. 
1,60  SR.)  —  Maugras,  La  Cour  de  Lune'ville  au  X VULe  siecle.   (Paris» 
Plön.    7,50  fr.)  —   B  o  y  6 ,  La  milice  en  Lorraine  au  XVÜI«  siecle. 
(Paris-Nancy,  Berger-Levrault  &  Cie.    3  fr.)  —  @.  &.  o.  9Ründj$aufen, 
©eridjte  über  feine  SWffton  na$  Berlin  im  Suni  1740.    herausgegeben 
Don  grenÄborff.     [Hb^anbl.  ber  &  ©efellfdj.  ber  SBtffenfd).  ju  «orangen. 
$$Miftor.  ftlaffe.    tteue  golge.    Vm.  »b.  Kr.  2.]     (©erlin,  »eibmann. 
5,50  SR.)  —  ©  i  U  e  n  b  ü  d)  e  r ,  $ie  frrafre*t*t>$ilof  oJ>  $tf*en  «nf d>auungen 
&rtebrtd)8  be*  Proben.    (Sin  Beitrag  jur  @efd)idjte  ber  friminalpolitif^en 
Hufftärung  im  18.  3aljr$unbert.    [©trafredjtl.  fcbfyinblungen  56.]  (Sretlau, 
Sanierter.     1,70  SR.)  —   Boatry,  Le  mariage  de  Marie-Antoinette. 
(Paris,  Paul.)  —  Dumas,  £tude  sur  le  trait6  de  commerce  de  1786 
entre  la  France  et  l'Angleterre.     (Toulouse,  Privat)   —   Remond, 
Le  g4ne>al  Le  Grand,  baron  de  Mercy,  1755 — 1828,  memoiros  et  Sou- 
venirs.   (Paris,  Berger-Levrault.    3,50  fr.) 

Tfeutxt  &WQU  fett  1789. 

Bon  SerfaUIe*  nad)  S)ama*fuÄ.  ©ebanlcn  eine«  Saien. 
3Rit  einem  «ormort  »on  ©.  SWe^er  oon  ßnonau  unb  Ä.  Kittet. 
3firi$  1903.  135  6.  Sntereffante,  in  benro&ter  92ad>a$mung  non  Cartyle 
gefd)riebene  Betrachtungen  über  einige  Vorgänge  unb  SRenfcften  ber 
franjöftfc^en  fteoolution,   bie  »ieber  unb  toteber  gegen  bie  SÄdjerltyWt 


teuere  <»efd>id>tc.  193 

menfdjlid)er  Übergebung  }u  Selbe  jie^en  unb  auf  ba«  $ama«tu«  jebe« 
Saulu«  tyntoeifen.  (Eine  <£rjä$lung  finbet  ft©  ntrgenb«.  $ie(Ieid)t  wirb 
e«  manchem  fdjmer  traben,  Diele  Seiten  bei  @d)rift  Ijtntereinanber  ju 
lefen,  bo  bie  6djretbroeife  [be«  ttnontraiu«  nod)  fe$r  Diel  weniger  Ru^e 
unb  fcinfadfljeit  aufmeift  al«  bie  feine«  Sorbtlbe«,  o$ne  e«  bod)  an  Äraft 
*n  erreidpn.  Allein  wir  faben  auf  ber  anbeten  Seite  einen  SRenfdjen  öor 
un«,  ber  über  bie  (ödtften  Probleme  mit  großem  <£mft  unb  magrer  fietben* 
itbaft  nadjgebamt  (at.  Wahl. 

d.  3>upua  erjätyt  bie  „gugenbja&re"  SRanon  fRolanb«,  b.  $.  $aupt= 
fdcrjlid)  i$r  Siebedleben,  im  ttnfd)luf}  an  i&ren  ©riefwedjfel  unb  unter  8er« 
»erfung  ber  Memoiren,  beten  QueQenmert  er  nidjt  anber«  beutteilt  al« 
neuerbing«  QHagau.    (Revue  de  Paris,  1.  Äug.  1904.) 

d.  Daubet  oeröffentlicbt  in  ber  Revue  d.  d.  mondes  (15.3uli  1904): 
Reflexions  historiques  eur  Marie-Antoinette,  eine  Vufoeidjnung,  bie  bet 
fpfitere  itönig  ßubroig  XVIII.,  an|d>einenb  in  SRttau,  eigentytabtg  nteber» 
geidpieben  unb  jur  Sfcröffentlidjung  beftimmt  batte.  <E«  ift  im  gangen 
eine  Apologie  be«  Serfclten«  bet  Königin  bei  bem  Kampfe  bet  Parteien 
am  franaöftfdjcn  §ofe  ö  o  t  bet  {Resolution,  bod)  »irb  bie  ju  na$e  grcunb= 
f«aft  mit  ber  Solignac  getabelt.  3n  polittfcfter  $tnfid)t  foll  fi*  angeblid) 
gegen  bie  Seilnabme  am  $efrciung«triege  bet  ttmeritaner  unb  gegen  eine 
Unterftüfrung  3°f*J>W  II.  im  Xürfenfriege  (1788)  geftimmt  boben. 

3m  Sulibeft  ber  Rävol.  fran^.  beenbet  fc.  ©ee  bie  «uÄjüge  au« 
ben  tatyet«  bet  länblidjen  ©emeinben  bet  ©tetagne  (f.  $.  3.  93,  552) 
unb  fteUt  al«  tttgebnt«  feft,  baß  bie  länblid>e  ©eoöttetung  ftdj  weniger 
buttb  bie  $ö$e  ber  Abgaben  an  bie  <But«$etrfd)aft  bebtücft  füllte  al«  buref) 
bie  fBiOtatli^feiten  unb  Unregelma&igfeiten  bei  ber  £tnjic$ung.  «.Brette 
fritiftert  eingetjenb  bie  Seröffentlidjung  bet  datier«  oon  1789  in  ben  Ar- 
chive« pariementaires  unb  gibt  einige  bead)ten«roerte  (forunbjä&e  für  bie 
geplante  neue  ttutgabe  innerhalb  bet  |iet  bereit«  erwähnten  großen  »irr* 
Maft«gefd)idjt(id)en  QueHenpubltfaiionen  (£.3.  93,  176).  ©erbau?  »et» 
*eid)nct  au«  ben  $totofoQen  be«  9cationalfonoent«  bie  ftamen  Don  etwa 
30  Vtfibdjen  unb  grauen,  bie  in  ben  reoolutionären  beeren  gebient  faben. 
Äat^iej  üeröffentlidjt  bie  3*ff«n  ber  oon  bem  Sttrettorium  an  bie  2$eo* 
Philanthropen  gejagten  Unteritüfmngen.  3m  ttuguft^eft  fdjtlbert  Beau* 
mont  nad)  ben  Äften  au«fü(?rhd)  bie  Urmablen  unb  bie  ftbgeorbneten« 
»a^len  }um  Äontoent  im  Departement  ber  Oife,  wo  u.  a.  S$.  ?aine  unb 
Vnadprrfi«  ffloot«  gewollt  nmrben ;  bie  Beteiligung  bei  ben  Urwaljlen  mar 
aufetrorbentlid)  gering  unb  trofr  be«  erweiterten  9Ba$lred)t«  faft  allgemein 
fdjwäcbet  al«  bei  früheren  SBa$ten ;  bie  ©ailmänneröerfammlung  befdjäftigte 
ft<^  aufeer  mit  ben  ©aljlen  nod)  mit  allen  möglichen  anberen  Dingen,  See* 
folurionen  gegen  ^o^e  (^etreibepreife ;  mit  patriotifd>en  Opfergaben  uff.  fer* 
roub  prüft  bie  (Soweit  ber  1830—1832  oeröffentlid^ten  Memoiren  Don 
<rtfhrnf<^  SeUf^tift  (Ob.  M)  *  Pr-  Ob.  LVI1I.  13 


190  Eotijeu  unb  ftadjridjten- 

<1596— 1636),  publ.  p.  Cauchie  et  Maere.  [Commission  royale  d'histoire.] 
(Bruxelles,  Kiessling  et  Cie.)  —  Corbett,  England  in  the  Mediter- 
ranean:  Study  of  rise  and  influence  of  British  power  within  the 
«traits,  1603—1713.  2  vol.  (London,  Longmans.  24  eh.)  —  Weber, 
La  Oompagnie  francaise  des  Indes  (1604—1675).  (Paris,  Rousseau.)  — 
Power  Lord,  The  regency  of  Marie  de  Mödicis,  a  study  of  french 
history  from  1610—1616.  (London,  Bell.  7,6  sh.)  —  Osgood,  The 
american  colonies  in  the  seventeenth  Century.  2  vol.  (New  York, 
The  Macmillan  Company.) 

1648—178». 

©inen  roerttooUen  Beitrag  jur  länbltdjen  @o$ialgefd)id)te  enthält 
$  ©illemfen«  Etüde  sur  la  dömographie  d'une  commune  du  plat 
pays  de  Flandre  (Pfarrei  ©t.  Nicola»)  aux  17e  et  18«  siecles  1631—1795 
in  ben  Annales  de  l'acadömie  royale  d' Archäologie  de  Belgique,  5.  serie, 
VI,  1. 2.  ttl«  Ergebnis  fteüt  öerfaffer  eine  ftarfe  allgemeine  unb  eine  gart* 
folofiale  Äinberfterblidjteit  feft,  a(*  Sfolge  ber  mangebtben  Störptt*  unb 
$Bo$n$au«l)i)giene.  ftuffattenb  ift,  baf;  mit  bem  ftnbrud)  frieblid)er  3«" 
ftänbe  fett  1648  bie  3a$l  bei  legitimen  (SW^liefeungen  auffattenb  &urütf« 
$e$t  unb  bie  ber  illegitimen  Geburten  junimmt. 

Sßeltffter  ueröffentlidjt  in  ber  Revue  des  ötudes  historiquee 
(3ult*Huguft  1904)  bie  franaöfifdje  »efdjreibung  einer  Steife  Don  ?ont 
6t.  Gforit  nad)  $ari*  au«  bem  3aljre  1658,  bie  inSbefonbere  ber  ©e$en*= 
ttürbigfetten  Don  Sßari«  auÄfüljrlid)  gebenft. 

$ie  Wb&anblung  g.  §irfdj«  über  ben  „©rofcen  Äurfürften  unb 
Dr.  Ägibfu«  ©traud)"  in  ber  8ettftfrift  be*  weftyreufjifdjen  @ef$td)t3berein* 
4?eft  47  fdnlbert  mit  größter  «u«ftt$rltd)feit  bie  ©efd)id)te  ©trau*«,  bet 
1675  im  Segriff,  bie  Stellung  als  (ftarr*Iut$erifd>er)  ^rebiger  unb  0))m* 
nafialreftor  in  3>an&ig  mit  einer  fdjmebtfdjen  Untoerfitättyrofeffur  in  ©reif«- 
wölb  $u  Dertaufdjen,  feftgenommen  unb  auf  93efe$l  be«  jhirfürften  bis  1678 
feftgeljalten  tooiben  ift.  $>er  ®runb  mar  bie  irrige  Vermutung  be«  ihir= 
fürften,  bafe  ©trauc^  bie  girren  in  3)an$igr  bie  fidj  infolge  feine«  in« 
toleranten  (Eifer«  erhoben,  t>abe  benufcen  ©ollen,  um  Stan^tg  unter  fdjtoebtfd)e 
$otmä|igfeit  ju  bringen.  3>a«  Sntereffanteftc  in  ber  Hbfjanblung  bürfte 
ber  ©eridjt  über  bie  Sfobienj  einer  $an&iger  ©ittgefanbtjdjaft  bei  bem  $ur- 
fürften  fein,  bei  bem  e«  ftet)  bei  ber  Srage  ber  (Snttaffung  @traud)8  nid)t 
joroo^l  um  <Sdjulb  ober  Unfdjulb,  fonbern  um  potitifdje  3wecfmägigfeit 
^anbelte. 

©.  $age«  beljanbelt  in  ber  Revue  d'histoire  moderne  et  con- 
temporaine  Dorn  15.  3uli  1904  im  Änfdjlufe  unb  mit  (Srgän^ung  2)  ober  IS 
bie  „bairifdje  Mian*  öon  1670  unb  bie  $olitit  Subroig«  XIV.  in  2)eutf4* 
lanb".    $er  SBcrfaffcr,  ber  bie  «ermittlertätigfeit  SBttyelm«  t>.  gürftenberg 


1648—1789.  191 

fe&r  (04  einfdjäfrt,  fudjt  bie  bagerifdje  ^taian^polittf  im  Stammen  ber  ge* 
fosttat  franjöfifdjen  $o(ttit  aufoufajfen.  Sie  mürbe  bebeutfam,  al*  mit  1668 
für  bic  franftBftfdJc  $otttif  (Spanien  al*  @egner  jurücftrat  unb  bic  geplante 
SHebertoerfung  $oüanb*  unb  ber  Xrtpefallianj  töüdfidjt  auf  bie  fteia)** 
fürflen  er$eifd>te.  Ste  $at  junädtft  feinen  bireften  aggrefftoen  3»ec(  gegen 
*>eutfd>lanb  verfolgt 

fcöberl  fefrt  ft<6  in  ben  gorfcfningen  jur  Gefctydjte  Bauern«  12,  3 
mit  $reuft  aufteinanber,  inftbefonbere  mit  beffen  ftnftmeifetung  ber  3n* 
tegrität  unb  ftaatömännifdjen  Bemeggrünbe  be*  baverifdjen  $i&etan}(er* 
£afyar  v.  Sd>mib. 

Ä.  ©abeau  tytnbelt  im  Bulletin  de  la  societä  de  l'histoire  de 
Paris  et  de  l'Ue-de-France  31,  2  über  bie  „©emolpier  ber  luilerien"  unb 
fügt  ein  $erfteta)nid  ber  ©emofyier  unb  ber  ©emäd>er  von  1726  bei.  $>er 
äinnal  au*  £aine*  Säuberung  befannte  fiuru*  bet  $ofioefen$  er&eflt  aud) 
Wer  von  neuem,  <£$arafteriftifd),  bafe  trofr  bet  überflüffig  großen  $er« 
lonal*  1788  SMebe  ba*  Sd)faf&immer  ber  ftbnigin  berauben  tonnten! 

C^r  beridjtet  unter  bem  Xitel  „$ietro  ©iannone,  ein  Plagiator"  in 
*er  Beilage  200  ber  3Rttnä)ener  OTgem.  8«ttung  über  bie  &orfdjung 
*8onacri*,  ber  nad)tveift,  bafj  ba*  $auptroert  be*  berühmten  publigiftifdjen 
4kgner*  ber  Stirbt  unb  be*  ^aVfttumä  (geft.  in  ber  3itabeHe  ju  Xurin 
1748),  bie  Storift  civile  del  regno  di  Napoli,  ein  roificnfcr>aftlicr>  roertlofe* 
Plagiat  ift.  Seniger  abfd)tiefjenb  ift  nad>  Oljr  ber  weitere  verfugte  9*adj= 
«ei*  ©onacei*,  baft  GHannoni  niä)t  einmal  ein  aufrichtiger  Wann  ge* 
»efen  fei. 

fcütttg  jeigt  im  Heuen  rtrdjiv  für  fäct>fifc^€  Gefaxte  25,  1.  2,  bafc 
*er  Siebenjährige  Ärieg  Saufen  nidjt  nur  gefd)äbigt,  fonbern  bem  Sanbe 
inbireft  burd)  bie  ttnfpannung  nad)  ber  (Einbuße  Segnungen  gebraut 
ftat.  8on  befonberer  SBidjttgfett  mar  bie  $erfonenfteuer  (audj  bed  fonft 
«od)  {feuerfreien  Abel»),  baft  auf  Sertangen  Sfriebrid)*  be*  Qrofcen  be* 
^rünbete  ffidjftfdp  Steuertrebitfaffenmerr,  ba*  ben  vöütg  vernieteten  Ärebtt 
«ümfityid)  ^erfteflte;  ba*  Sanitätfttolleg  Don  1765,  mit  bem  eine  gefunbe 
3Rebiauialj>oliri!  etnfefet,  enbfid)  ber  ertoadjenbe  Sinn  unb  ber  ©erfudj,  bat 
$eet  hn  Offijter*  mie  3Rannfd)aft*ftanbe  au*  ben  Ijetmifcbeu  Untertanen  &u 
fTflAn^en. 

9t  i  c  0 1  i  n  i  beginnt  im  Archivio  etorico  per  le  province  Napoletane 
28,  4  unb  29,1  aabfretdje  ^öd)ft  lefjrreidjc  unb  temperamentvolle  ©riefe 
?anucti*  an  feinen  getreuen  Parteigänger,  Äbt  Qferbinanbo  Gtalilet,  au*  ben 
fettiger  Sauren  be*  18.  3aljr$unbert*  ju  veröffentltdjen. 

fiubmig  ©runter,  Diane  Vntoinette,  Königin  von  Ofranfreid)  unb 
ftavarra.  «in  fürftltd>e*  G^arafterbilb.  (Erfter  Seil:  Die  S)auMtne.  SBien 
unb  Seidig,  ©tl&elm  »raumüHer.  1903.  b  Sc.  Der  «erfaffer  fdjilbert 
in  üorliegenbem  »anb  bie  5Hnb(eit  ber  Xorfjter  Waria  I^ererm*,  berietet 
«nifü^rlio)  über  Submig  XV.,  bem  er  mftglidtft  oiel  gute  Seiten  abju- 


192  9toti*en  unb  9fcad>rid>ten. 

gewinnen  fud)t,  unb  cr$äljlt  bann  oon  bem  ütbtn  bec  $attj>$tne  am  fron* 
aöftfdjeu  fcofe  bi*  1774.  (Eft  ift  bur$au8  auf  eine  Ber$errHä)ung  ber 
„äweitgröfeten  Softer  aud  bem  fcaufe  $ab*burg"  abgefe^en :  ba$er  »erben 
nur  bie  guten  (Sigenfdjaften  ber  $rinfteffin  $erborgel)oben;  felbft  bat,  wa& 
SRaria  2$erefta  in  tyren  ©riefen  an  bie  Softer,  bie  in  großem  Umfang 
herangezogen  ftnb,  tabelt,  wirb  faft  alle«  entfdmlbtgt  S)a*  Bu$  toirb 
ebien  grauen,  bie  gefdtfdjtlidje  Seftfire  treiben,  gefallen;  wiffenfa}aftlta>n 
SBert  fcat  e*  nic&t  G.  K. 

&tut  $tä4er:  Targe,  Professeurs  et  regents  de  College  dans 
l'ancienne  univereite  de  Paris  (XVII©  et  XVIII«  siecles).  (Paris, 
Hachette  &  Cie.)  —  Cavalli,  Degli  scrittori  politici  italiani  nella 
seconda  meta  di  secolo  XVII.  (Bologna,  Zanichelli.  2  fr.)  —  Pila- 
stre,  Achille  III  de  Harlay,  premier  President  du  parlement  da  Paris 
sous  le  regne  de  Louis  XIV.  (Paris,  Calmann-Levy.  5  fr.)  —  Calmon  - 
Mai  so  n,  Le  marechal  de  Chftteau-Renault,  1637—1716.  (Paris,  Cal- 
mann-Levy.  7,50  fr.)  —  ftrogl)'£onning,  §ugo  Qrotfu*  unb  bie 
religidfen  Bewegungen  im  $roteftanti*mu8  feiner  3ett.  (Adln,  Badjem. 
1,80  SR.)  —  Memoires  complets  et  authentiques  du  duc  de  Saint» 
Simon  sur  le  siecle  de  Louis  XIV  et  la  Regence.  T.  IIL  (Paris, 
Hachette  &  Cie.)  —  b.  $qmmen,  $er  erfte  preufctfdp  Äöntg  unb  bie 
Gegenreformation  in  ber  $fal9.  (©öttingen,  Banben^oerf  &  9tu(>red)t. 
1,60  VI.)  —  Maugras,  La  Cour  de  Luneville  au  XVIII«  siecle.  (Paris, 
Plön.  7,50  fr.)  —  Boy 4,  La  milice  en  Lorraine  au  XVm«  siecle. 
(Paris-Nancy,  Berger-Levrault  A  Cie.  3  fr.)  —  ©.  «.  b.  9Rün*$aufen, 
Beriete  über  feine  SRiffion  nacf)  Berlin  im  3uni  1740.  herausgegeben 
bon  grenftborff.  [Mtymbl.  ber  £.  ©efeflfd).  ber  ©iffenf*.  0u  ©öttingen. 
ftyMiftor.  Älafie.  tteue  golge.  Vffl.  Bb.  Er.  2.]  (Berlin,  SBctbmann. 
5,60  SR.)  —  ©illenbüdjer,  ^)ie  ftrafrecbt^Uofo^ifa^en  %nf Gattungen 
Sriebrid)*  be*  «rofren.  (Sin  Beitrag  jur  ®efd)id)te  ber  frtminafyottttf<$en 
Äufflftrung  im  18.  3aljr$unbert.  |®trafred)tl.  Äbfymbluugen  56.]  (Breslau, 
5d)letter.  1,70  9R.)  —  Boutry,  Le  mariage  de  Marie- Antoinette. 
(Paris,  Paul.)  —  Dumas,  fitude  sur  le  traite  de  commerce  de  1786 
entre  la  France  et  l'Angleterre.  (Toulouse,  Privat)  —  Bemond, 
Le  general  Le  Grand,  baron  de  Mercy,  1755 — 1828,  memoires  et  Sou- 
venirs.   (Paris,  Berger-Levrault.    3,50  fr.) 

gtaitre  *efa)ia)te  fett  1789. 

Bon  Berfaille*  nad|  2>amattud.  (Bebauten  eine«  Saien. 
Wt  einem  Borwort  bon  ö.  SRe^er  bon  ßnonan  unb  Ä.  Ritter. 
3firidj  1903.  135  ©.  3ntereRante,  in  bewußter  Räumung  bon  (Sattle 
gefdjriebene  Betrauungen  Aber  einige  Borgange  unb  3Jtatf$en  ber 
fran^ftfaVn  fflebolution,  bie  wieber  unb  wieber  gegen  bie  2fi$erlid)feit 


Heuere  &efo)icc)tc.  193 

menfd)ltd)er  Übergebung  }u  8felbe  jieljen  unb  auf  bat  Dainathit  jebet 
Saulut  Jtntoeifen.  (Sine  (Erjätyung  finbet  ftcb  nirgenbt.  SSieneidjt  wirb 
et  manchem  ferner  ©erben,  Diele  Seiten  ber  (Sdjrtft  Itfntereinanber  ju 
lefen,  ba  bie  Sdjrdbtoetfe  |bet  Änonmnut  nod)  fe$r  Diel  weniger  9ht^e 
unb  (Rnfao}beit  aufroeift  alt  bie  feinet  Sorbtlbet,  ot)ne  et  bod)  an  Äraft 
*u  erteilen.  «Hein  mir  $aben  auf  ber  anberen  Seite  einen  SRenfcben  Dor 
unt,  ber  Aber  bie  ljöcbften  Probleme  mit  großem  <£mft  unb  magrer  fieiben* 
fdjaft  nadjgebacbt  bat.  Wahl. 

d.  3>uput)  erftJtylt  bie  „3ugenbja!>re"  SWanon  ffiofanbt,  b.  $.  Ijaupt* 
fAo)Uo)  i$r  Siebetleben,  im  ttnfdjfuf}  an  i&ren  ©riefiocct>fcI  unb  unter  ®er* 
merfung  ber  SRemoiren,  beren  QueÜentoert  er  ntd>t  anbert  beurteilt  alt 
nenerbingt  GHagau.    (Revue  de  Paris,  1.  Äug.  1904.) 

«.Raubet  DerÖffentlicbt  in  ber  Revue  d.  d.  mondes  (15. %al\  1904): 
Reflexions  historiques  sur  Marie-Antoinette,  eine  ttufoeid)nung,  bie  ber 
fpAtere  Äönig  ßubtoig  XVIII.,  anfd>einenb  in  Vtitau,  eigenWnbig  nieber« 
getrieben  unb  jur  Veröffentlichung  beftimmt  batte.  (Et  tft  im  ganzen 
eine  Apologie  bet  Ser^altent  ber  Königin  bei  bem  Äampfe  ber  ^arteten 
am  franjöftfdjcn  $ofe  D  o  r  ber  fteDolution,  bo$  mirb  bie  ju  nafje  gfreunb? 
faaft  mit  ber  Solignac  getabelt.  3n  polittfcber  $tnftc$t  foH  fte  angeblich 
gegen  bie  Xeilnabme  am  $efrciungtfriege  ber  tfmerifaner  unb  gegen  eine 
llnterfittfrung  3ofep$t  II.  im  Sürfenfriege  (1788)  geftimmt  baben. 

3m  Sulibeft  ber  R4vol.  franc;.  beenbet  i>.  6ee  bie  ftutjüge  aut 
ben  dauert  ber  länblidjen  ©emeinben  ber  Bretagne  (f.  $.  3.  93,  652) 
unb  [teilt  alt  (Ergebntt  feft,  bajs  bie  länblidjc  ©eDölferung  ftd)  weniger 
burtb  bie  $0$e  ber  Abgaben  an  bie  (Butt^errfäaft  bebräch  füllte  alt  bureb 
bie  ©inWrlicbfeiten  unb  Unregeimäfjtgfeiten  bei  ber  (Sinjicfang.  «.  »rette 
frttiftert  einge&enb  bie  Seröffcntlidjung  ber  Saniert  Don  1789  in  ben  Ar- 
chive« pariementairea  unb  gibt  einige  beaebtentmerte  (Brunbtäfce  für  bie 
geplante  neue  ttutgabe  innerhalb  ber  |ter  bereitt  erwähnten  großen  »tri* 
Mafttgefcbicfylidien  Quettenpubltfationen  ($.3.  03,  176).  (»erbau;  Der» 
jeidjnet  aut  ben  ^rotofoflen  bet  9fationalfonDentt  bie  9camen  Don  ettoa 
30  Stäbchen  unb  grauen,  bie  in  ben  reoolutionären  beeren  gebient  Jaben. 
Wat^iej  DerÖffentlicbt  bie  3iffern  ber  Don  bem  Dtreftorium  an  bie  3$eo* 
Philanthropen  gegasten  Unterteilungen.  3m  %uguftt)eft  febübert  ©eau* 
mont  nact)  ben  Äften  ausführlich  bie  Urmablen  unb  bie  ttbgeorbneten« 
matyen  jum  ÄonDent  im  Departement  ber  Cife,  too  u.  a.  $t).  $aine  unb 
9ita$arftt  «loott  gemäht  würben ;  bie  Beteiligung  bei  ben  Urma^Ien  mar 
aufeerorbentltd)  gering  unb  trofr  bet  erweiterten  SBatjlredjtt  faft  allgemein 
fdtatfdjer  alt  bei  früheren  SBa^len ;  bie  3Bat>ImännerDerfammlung  beföfiftigte 
ftd)  «tfeer  mit  ben  IBatyen  noeb  mit  allen  möglichen  anberen  Dingen,  See* 
folutionen  gegen  c)ot)e  (Stetreibepreife ;  mit  patriotif  eben  Opfergaben  uff.  $er* 
roub  prüft  bie  ddjt$eft  ber  1880—1832  Deröffentlicbten  Memoiren  Don 
Wtciffte  3*itf^rtft  (Ob.  M)  *.  &.  «b.  LVIii.  13 


194  ftotyen  unb  9*a$riö)ten. 

Briffot  unb  finbet,  bafc  nur  im  3.  unb  4.  Banbe  einige  <5tücfe  ntdjt  Don 
Jöriffot  $errü§ren.  Sueten  gibt  ein  fummartfdje*  Berjeidjnt*  ber  fürj* 
lid)  au*  bem  Suftijminifterium  an  ba*  9tattonalara)iD  in  $ari*  abgegebenen 
ttftenftüde,  fomeit  biefe  bie  ®ef<ftid>te  ber  SReDolutiou  betreffen. 

Sromont  be  Bouaille  Deröffentlidjt Briefe  eine*  fcbDotatenBernarfr 
Don  ©renobte  über  ben  $ro$e&  unb  bie  §inridjrung  ßubmig  XVI.;  ber  ©rief« 
fdjrciber  mar  u.  a.  29  ©tunben  im  ßonöent,  um  bem  erften  Ber^ör  be£ 
Äöntg*  am  11.  $)egember  1792  betjurooljnen,  beffen  dufeerltdjfeiten  er  fe$r 
anfdjaulidj  betreibt.    (Revue  des  Stades  hist,  tfRär$««pril  1904.) 

SRaffon  f Gilbert  in  einem  intereffanten  Ärtifel  (Lee  Bonaparte  et 
la  Corse,  Revue  de  Paris,  1.  Sept.  1904)  bie  ?arteifämpfe  in  Äorfifa  in 
ben  Sauren  1798  unb  1799,  bei  benen  ber  (Elan  ber  Bonaparte  nebft  itjren 
@eftnnung*genoffen  Don  ben  (Begnern  au*  tljren  «Stellungen  in  ber  S)eparte* 
ment*Dern>altung  Derbrängt  mürbe,  bis  ber  Anteil  Sudan*  am  30.  $rairia! 
ibnen  nrieber  bie  Ober&anb  t>erfcf)affte.  SRaffon  fdjreibt  biefen  (greigniffen 
grofee  Bebeutung  &u,  audj  für  ben  18.  Brumaire. 

$>ie  Don  bem  injwifdjen  Derftorbenen  $.  ©ittid^en  oeröffentltdjten 
»riefe  (EonfalDi*  an  ßitta  au*  ben  3a^ren  1795—%  unb  1798  be- 
treffen tjauptffidjlid)  bie  Berljanblungen  ber  Äurie  mit  ftranfreid)  im  3a$re 
1796;  fie  beftötigen  im  ganzen  bie  au*  Galeppt*  papieren  geköpfte  $ar* 
fteüung  9fttd)emont*  ($.  g.  80,  183)  unb  ergänzen  fie  burö)  bie  Veitteilung 
über  bie  SRiffion  eine*  geheimen  Agenten  be*  $ireftorium*  nadj  9com 
fcf)on  im  Srüfyaljr  1796.  (Quellen  u.  Sorfdj.  au*  ital.  91  reiben  u.  Bibl., 
*eran*g.  D.  $reu&.  3nft.  in  fflom  111,  1.  1904.) 

Die  Bibliographie  be*  napoleonifdjen  3eitalter«  ift  fdjon  Don  Der* 
fdjiebenen  Seiten  in  Angriff  genommen  morben.  (Sin  Ijödtft  toeitfdjidjtige* 
Unternehmen  ift  jurjeit  in  Stauen  im  SBerf:  Alberto  fiumbrofo  fdjreibt 
einen  Saggio  di  nna  bibliografia  ragionata  per  servire  alla  storia  dell* 
Epoca  Napoleonica,  tooDon  fürfllidj  ein  (elfter  Banb  ausgegeben  roorben 
ift  (Roma,  fratelli  Bocca,  1897—1903,  OV  u.  107).  (fcr  ift  auo>  unter 
bem  @onbertitel  Stendhal  e  Napoleone  erfdjienen.  3n  bie  Äetl>e 
ber  SfcopoteonDerelper  gehört  nämlich  audj  ©tenbljal  ($enrn  Beute),  unb  um 
i&n  in  bie  napoleonifdje  Bibliographie  rnürbig  einzureiben,  Ijat  ber  $erau** 
geber  e*  für  nötig  erachtet,  al*  Borftubic  eine  äufeerft  umftänblidje  ©tenb$al* 
Bibliographie  Dorau*aufdjtden,  bie  nod)  baju  erft  in  einem  folgenben  Banb 
$um  fcbfdjlufj  fommen  wirb.  9Ran  erfahrt  barau*,  bafj  ber  lange  Derttad)* 
Iäffigte  Beule  neuerbing*  in  Srranfreidj  in  bie  SRobe  gelommen  ift,  bafc 
ftd)  eine  befonbere  ©efellfdjaft  für  feine  $ropaganba  gebilbet  ^at,  bafc  aud) 
in  $>eutfdjlanb,  auf  Wiefcfdje«  Autorität  $in,  Beule  nrieber  in  Aufnahme 
gebraut  wirb,  ba&  eine  ^öcr)ft  ausgebreitete  Beple-fiiterarur  in  allen  Äultur* 
fpradjen  ejiftiert,  furj,  man  erfährt  allerlei,  tua*  mit  einer  föapoleotuBiblio* 
grapse  nur  in  fe$r  lofem  Sufammenljang  fte$t.  L. 


Heuere  Gefegte.  195 

SRit  feinem  Serftänbnt*  bejanbelt  TOüf eberf  in  ben  $reuftifd>en 
3a&rbüd)ern,  Kuguft  1904,  „<B.  Vt.  Ämbi*  Stellung  jum  fribertjiantfdjen 
$reuften  unb  jur  fran&öfifdjen  IReDolution",  et  begrünbet  pfDäjotogifa) 
«mbt*  (arte«  Urteil  über  ben  friberiftianifcQen  Staat,  *eigt,  bafj  eft  ft$  im 
Saufe  ber  geit  woty  milbern,  aber  nict>t  prinzipiell  ftnbern  fonnte,  unb 
utadjt  ferner  wa(rfä)emlid),  baf;  Ärnbt  aud)  in  feiner  3ugenb&eit  bie 
dbeen  Don  1789  innerlid)  nie  ergriffen  (at.  3n  ber  „Seutfcfcn  SBcIt" 
(SBo<$enfd>rtft  ber  fceutfcfceu  Bettung)  Dom  2.  Oftober  1904  Deröffcntli^t 
3Küfe6ed  ferner  aud)  eine  Stubie  über  «rnbt«  Sater  unb  bie  SBedtfel« 
begiefytngen  ftwifdpn  Sater  unb  So$n. 

3He  Sfortfefrung  be*  öeridjte*  Don  Seugnot  au«  bem  3a$re  1810 
(t>-  3-  93,  563)  befenbelt  fcauptfäayta)  bie  Sage  ber  3nbuftrie  in  Sannen, 
Steinfdjetb  unb  Solingen;  e*  ergibt  ftdj,  bafj  bie  grabrtten  weniger  unter 
fcem  ftontinentalfDftem  leiben  al*  unter  ben  napoleonifdjen  $rol)ibitiDftölIen 
in  3^anfrei4  unb  ber  Döüigen  ftu&fdylie&ung  Dom  italienifdjen  SRartte. 
< Revue  d'hist.  mod   et  contemp.,  15.  Sunt  1904.) 

3o$nfton  Derteibigt  ba*  »erhalten  fiorb  fBiÜiam  ©enttnd«  gegen 
tturat  1814  (Englißh  hiet.  Review,  «pril  1904),  ba«  «Beil  in  ieinem 
SBerfe  über  $rtn*  (Eugen  unb  SRurat  angegriffen  Qatte. 

So  reift  umfangreiche  Stubie:  Les  alliee  et  la  paix  en  1813 
(Revne  d.  d.  mondes,  1.  u.  15.  3uli,  1.  Äug.  1904)  gefjt  barauf  au«,  ju 
geigen,  bafc  aUc  SerQanblungen  ber  Serbünbeten,  audj  £fterretä>ft,  mit 
Napoleon  in  ben  Sauren  1813  unb  1814  nur  eine  hypoerisie  rednutable 
gewefot  fmb,  bafe  jebeft  gugeftänbnifi  Napoleon«  in  $rag  ober  anberftroo 
Dergebtid)  gewefen  märe,  bog  bie  Serbünbeten  bod>  ntemalft  einen  anberen 
^rieben  at*  auf  Orunblage  ber  alten  @ren&en  granfreidjft  gefd)Ioffen  unb 
beabfidnigt  Ratten.  3>ie  Serbünbcten  fmb  in  Sorelft  klugen  ein  fompafter 
Slod;  jefrt  fo  wenig  wie  früher  ($.  3.  92,  197)  f!c$t  er  »iffe;  bie  tief* 
gefcnben  2>iDergen&en,  j.  ©.  jroifdjcn  Shtfjlanb  unb  Öfterreidj,  werben  nur 
beiläufig  unb  erft  im  Sinter  1813/14  ermahnt.  Sein  $iftortfd)e*  QefamU 
urteil  wirb  djaratteriftert  burä)  ben  Safe:  Les  memes  motifs  qui  ont 
condait  la  France  ä  conquenr  et  a  reorganiser  le  continent,  menent 
le  continent  ä  conquerir  et  ä  dämembrer  la  France.  9Ran  beadjte: 
grantreid)  wollte  reorganifieren,  bie  Serbünbeten  jcrftücfeln.  Sorel*  Auf* 
faftung,  ber  felbft  JRetternicW  Eenbenafdjrift  „Über  bie  fcllianjen"  nidjt 
alft  OucQc  Derfa^ma^t,  ift  Dieffad)  nur  ein  Rüdfall  in  Onden«  Äuffaffung, 
bie  er  aber  Dergröbert,  wie  er  aud)  Ondenft  SRifsDerft&nbniffe  Derfdjlimmert 
(ogl.  j.  ©.  bie  inigen  Angaben  über  Hugentft  TOfflon  bei  Onden  2,  461, 
bem  Sorel  blinbling*  folgt,  inbem  er  au*  9tagent  gar  nod)  etnen  englifd)en 
«eneral  madjt,  wäljrenb  er  Surfwalbtft  (S.  351)  9tid)tigfteaung  nidjt  tennt). 
—  dtne  *rt  Sorife^ung  biefer  «uffä^c  ift  bie  flüchtige  Sfi^e  ber  erften 
Sleftauration  (Revue  bleue,  17.  Sept.:  Tallejrrand,  24.  Sept.:  Alexandre), 

18  • 


196  Wotifttn  unb  9?adpid)ten. 

in  ber  £aßetoranb«  Anteil  an  bec  ffleftauration  mit  töedjt  ftarf  $ervor» 
gehoben  wirb,  bie  übrigen  baju  fü&renben  Momente  vernadjlftfftgt  »erben. 

6.  ©fyarle'ttj  (Gilbert  unter  bem  Xitel  Une  conspiration  a  Lyon 
en  1817  bie  bamaligen  bonapartifrtfdjen  Unruhen  in  ßDon,  bie  nadj  feiner 
aftenmä&igen  Sarftellung  nur  burdj  ben  reaftionären  (General  Sanuel  unb 
beffen  agents  provocateur«  ju  einer  SSerfdjroörung  aufgebaufdjt  mürben. 
(Revue  de  Paris,  15.  3ult  1904.) 

Unter  bem  Xitel  Le  proces  de  Ste-Hölene  beginnt  &  a  u  f  }  e  r  o  n 
eine  Überfefcung  ber  neueren  englifcften  OueHenVeröffentlidjungeu  über 
Napoleon  auf  St.  freie  na.    (Revue  hebdom.,  2.  gult  1904  ff.) 

(Einen  intereffanten  Seitrag  juc  (Slefdjidjte  3a$n«  bilbet  beffen  von 
O.  fcerrmann  veröffentlichter  ©rieftoedjfel  mit  gfürft  SBittgenftein  au«  ben 
3a$ren  1819—1824.  3at)n,  ber  SBittgenftein  al«  feinen  „&ltefien  ©önner 
in  ©erftn"  beaeidjnet,  roünfdjte  bie  §auptftabt  &u  verlaffen,  um  ju  feinen 
früheren  ©rubien  für  eine  ®efdjiä)te  be«  30 jährigen  Krieges  aurüctäute§ren, 
a(«  er  1819  verhaftet  tourbe.  %ud)  ein  im  ttnfdjluß  hieran  mitgeteilte« 
Schreiben  3a$n«  an  Sieffenbadj  Don  1842  über  bie  Grünbe  feine«  Auf- 
enthalte« in  fjteiburg  a.  U.  ift  redjt  ct)araftertfiifcr).  ($reu&.  3a$rb. 
Oft.  1904.) 

3n  ben  (Stren&boten  9h.  39  Veröffentlicht  SBil^elm  9*  e  t  f)  c  Erinnerungen 
eine«  alten  öurfdjenfdjafter«,  ber  im  $a$re  1834  verhaftet  unb  $um  Xobe 
verurteilt  morben  ift.  Seine  ©dn'cffale  erinnern  lebhaft  an  bie  Sfrifr  Reuter«. 

3ur  beutfdjen  unb  preußtfdjen  S3erfaffung«frage  in  ben  Sauren  1848 
unb  1849  liegen  jwei  juriftifa^e  Siffertationen  von  Otto  ßadmann,  „Saft 
Äatfertum  in  ben  öcrfaffungeu  be«  Seutfdjen  Welche«  Dom  28.  3Rär&  1849 
unb  Dom  16.  April  1871"  (©onn,  ©eorgi,  65  6.)  unb  «ubolf  ©rnenb, 
„Sie  preu&ifdje  öcrfaffungfturtunbe  im  SSergleicr)  mit  ber  belgifdjen"  (<»öt* 
ringen,  Srucf  von  äaefiner  vor).  Obgleich  in  beiben  bie  $iftorifa>poUtifd>e 
(Seite  i$re«  £$ema«  ftarf  jurücftritt,  wirb  fie  boef)  aua>  ber  ©tftorifer  mit 
9hifcen  in  bie  &anb  nehmen.  Öad mann  füljrt  ben  aüerbing«  nidjt  ferner  $u  er« 
bringeitben  Eadjioei»,  baß  bie  ftedjtftfteuung  beft  Jralfer«  in  ber  IBerfaffung 
bon  1849  bie  eine«  erbitten  unverantroortlidjen  ©taatftpräfibenten  gemefen 
fei.  @menb  toeift  in  fubtiler  Unterfudjung  nadj,  roie  ba«  au«  bem  belgifdjen 
$orbitbe  übernommene  gemeinfonfiitutionette  ©raat«redjt  mit  ben  Ijifiorifdp 
tontreten  $3ebürfnif)en  ber  preufetfdjen  $Ronarä}ie  amalgamiert  bjm.  burd) 
fte  umgebilbet  mürbe. 

2UtS  einigen  »riefen  Äintei«,  bie  3ofep$  Soeften  veröffentlicht, 
ge$t  IjerVor,  baft  SHntel  nidjt  aum  lobe  Verurteilt  morben  ift,  tote  getoölpi* 
lief)  angenommen  mirb.  Sa«  S?rieg«gerid)t  Ijatte  i$n  ju  lebenslänglicher 
Sreftungft^aft  verurteilt,  unb  ber  Äönig  betätigte  ben  ©pru<$,  obgleidj  ba« 
©eneralaubitoriat  feine  flaffation  unb  ein  Eobefturteil  verlangte.  ($eutfa>e 
Revue,  Oftober.) 


Heuere  ©ef(bid>te.  197 

3n  ber  $eutf<ben  Hernie  (Oftober)  fefrt  fcermann  Oncfen  bie  $ubli- 
fation  Don  Briefen  Bennigfen«  fort.  Sie  be$ie$en  ftcfi  auf  feine  $ienft&eit 
o»  Hffeffor  in  fturuft  1860—52;  politifdje  Betrachtungen  enthalten  fie 
fauin,  in  ber  $auj>tfad)e  eine  fdjarfe  Beurteilung  feiner  amtlichen  unb  ge« 
feOigen  Stellung. 

3n  ber  S>eutfd>en  ftunbfcbau  (Oftober)  gibt  Berbg  bu  «er not« 
»eitere  perfönltaje  Beobachtungen  über  ben  j>olni|d)en  Bufftanb  im  Sabre 
1863,  in«befonbere  über  Berft&rtung  ber  ruffifdjen  Ärmer,  Übenoadjung 
ber  »eiftlicbfeit,  Befteuerung  ber  revolutionären  fclfrrifte. 

(Degen  bie  ÄuffÄfre  Bonf  en«  über  $erjog  gfriebrid)  t>on  ©djleömig« 
^olftein  (ogl.  bie  legten  fcefte)  ergebt  ber  Bruber  be*  $er$og«,  $rrnj 
QbriiMan,  (Sinfprud);  Bonfen  $abe  ben  (Einfluß  @>amroer«  ju  Ijod)  einge- 
fWfrt  unb  ibn  ftu  ungünjtig  beurteilt.    (,$>eutf<be  Hernie,  Oft.) 

fjriebrtcb  £  limine«  Meine  6<ftrift  „S)te  bannooerfcbe  $eere«lettuug 
im  fclbauge  1866"  »irb  im  Hebentitel  al«  eine  fritifdje  Befeuerung  ber 
Erinnerungen  be«  ^annotoerj^en  Gkneralftafrikftef«  Obecft  (Sorbemann  be« 
fteidjnet.  Stimme  ift  burd)au«  im  Stecht,  wenn  er  bie  <Sd)marjfe$erei  unb 
ben  Mangel  an  (Entfdjloffenbeit  im  mllltarifdien  Hauptquartier  al«  bie 
«igenthd)e  unb  entfdjeibenbe  Urfadje  für  ba«  9Äi&ltngen  be«  Buge«  nad) 
bem  ©üben  unb  für  ben  Untergang  be«  &annooerfdjcn  $eere«  ertlärt. 
%tx  $urd)brud)  tonnte  unzweifelhaft  gelingen,  roenn  Sorbemann  felbft  ben 
Dtut  fanb,  ein  fräftige«  $anbe(n  anzuraten,  Stimme  fnüpft  feine  ein« 
gefcnberen  Betrachtungen  an  ba«  etwaige  (Gelingen  be«  $urd)brudj«  an. 
34  fonn  mir  nidjt  oerfagen,  barauf  Ijtn&uroeifen,  bafe  in  biefem  gfaüe  in 
ben  Testen  3unitagen  an  ber  franfifdjen  ©aale  oorau«ftd)tlid)  ljunbert 
Bataillone  be«  VII.,  VIII.  unb  X.  bcutfdjen  Bunbe«forj>«  jufammen* 
gefommen  wären,  gegen  bie  Salcfenftein  nur  einige  oier&ig  ein&ufeften  batte. 
Da  ber  beutfdje  Bunbe«felbberr,  ?rinj  ftarl  bon  Bauern,  babei  über  bie 
fünffache  Überlegenheit  an  Reiterei  unb  über  bie  na$e&u  bierfadje  an  öc- 
fäfifren  berfügt  Ijaben  mürbe,  fo  befanb  er  ftd)  jebenfaü«  in  fefcr  günftiger 
fiage,  felbft  wenn  er  ge&nnmgen  mar,  bie  fymnoberfdje  Infanterie  megen 
unjureidjenber  3Runition«au«fiattung  in  bie  OTeferbe  ju  fteHen.  (Sin  (Sieg 
be«  tyrinjen  flarl  über  galcfcnftein  t>ätte  bermutltdj  auf  bie  Geftaltung 
$eutf41anb«  einen  toefentlidjen  Hinflug  gehabt.  Tanfcn  mir  bem  ©d)icffal, 
baft  e«  nid>i  ba&u  gefommen  ift!  v.  Caemmerer. 

Unter  bem  Eitel  „Der  $onnerfd)fag  bon  6aboroa"  beginnt  (Bermain 
Bapft  eine  (Säuberung  be«  $arifer  fcofe«  bor  bem  3a^re  1866.  Kapoleon 
etfäeint  al«  Träumer  o$ne  perfönlidjen  unb  politifdjen  (5$rgei&,  ber  ftc^ 
berufen  glaubt,  mit  fciife  ber  franjöfifd)en  BRaty  bie  europüifcfcen  Bölfer 
glücUid)  §u  madjen.  fflouber  unb  $rinft  Hapoleon  finb  Anhänger  eine« 
freufctftien  Bünbniffe«  unb  greuube  ber  italienifcben  (Einheit;  Wouber  fudjt 
ba(er  mit  allen  Wittein  $rouipi  be  8ut>«  bei  ber  einflufsreid)en  ftaiferin 
in  Ungnabe  ^u  bringen  unb  &u  ftür^en.    (2>eutfa>e  9feoue,  Oft.} 


198  ftottften  unb  diarfpiftten. 

Der  6<f)luj3  ber  polttifäen  florreftonbenj  be«  babtfdjen  SRinifterfr 
greijborf  enthält  einen  Brief  medjfel  mit  Bluntfdjli,  Otaeift,  ffloggenbad), 
bem  ameritanif  djen  Qefanbten  unb  ©tftorifer  Bancroft  u.  ä.  au«  ben  Sauren 
1868-78.  Bor  1870  be$anbelt  bie  ftorrefyonben*  fauptfädjlitf  bie  üu(k 
geftaltung  be«  ßoIIöereinS,  nad)  1870  bie  Ber^anblungen  mit  grrantreiaV 
bie  fRilttürgefefre,  htn  Jhtlturtampf,  bie  £rieg«gefa$r  Don  1875.  Siele 
Mitteilungen  »erben  bei  Detailftubien  gute  Dienftc  lefften  rönnen.  (SDeutföe 
ÄeDue,  Oft.) 

3n  ber  Revue  d.  d.  mondes  (1.  6ej>t)  entwirft  ®t.  ßamto  eine 
ungünstige  Säuberung  Don  ber  9fattonaU>erfammlung  in  Zouloufe;  fte 
tyxU  toeniger  für  bie  nationale  Berteibigung  als  für  bie  ©onberintereffeit 
ber  repubtitanifdpn  Partei  geforgt. 

3n  ber  Sfortfefeung  feiner  politifdjen  Erinnerungen  fdjilbert  Graf 
Die  au;  ben  Sieg  ber  repubtttanifdjen  $artei  unter  Sfütyrung  Oambetta« 
bei  ben  Jtammermatyen  tm  3a$re  1877.  Da«  tonferDattDe  TOnifterium 
Broglie  ftfitte  gern  ben  Jtantyf  gegen  bie  SReQr^eit  aufgenommen,  mürbe 
aber  Don  feiner  $artei  unb  bem  Senat  im  Stidp  gelaffen  unb  mufcte 
)urü<ftreten.  9tad)  SReauj  baben  bie  atejrablitaner  ifren  Sieg  erlangt 
bunt  bie  Drohung  mit  einer  SntetDention  Deutfdjlanb«,  menn  ftc^  eine 
l!erifal*monardjifdje  Regierung  behaupte.    (Correspond&nt,  25.  Äug.) 

Üine  biograpftifaV  6K^e  IWabftone«  gibt  &  Daniel«  auf  ®nmb 
ber  Biographie  Don  g.  SRorltt)  in  ben  Vreutijifru  3obrbüa>ern  (Sept.,  Ott). 

Die  $ortfetung  ber  JtorTefponbeit}  »ante«  (Deutfdje  9tame,  Ott. 
1901;  Dgl  fr  &  98,  179)  betrifft  bie  Begebungen  Saute«  »u  2$ierft,  bie 
$ertu«gabe  be«  Briefmetbfel«  SriebriA  8iltelm  IV.  mit  Bunfen  (ber  Xejt 
ber  Briefe  be«  Ä bnig«  fa>int  infolge  Dielfeitiger  Südfufetnabme  bod)  er» 
beblkb  abgeiebrotot  |u  fein\  &u  Äönigin  GHftbetb  unb  *.  d.  fteumont. 

tjiu  idxitfer  Angriff  ftularo«  gegen  laine.  beut  in  fetner  $etmat 
Bou|ier«  CtataumO  ein  Stanobilb  erriaVtet  wirb,  Demulafct  g.  $a«cal 
jtu  einer  Stabtfertiguug  ber  Qkn>i»eubaftigteit  Satueft  (Revue  bleue, 
1*  ^uni\  et  teigt  au«  ungtbnictten  Brieten  Seine«  beffen  Bemühungen 
um  autbtntifcfe*  CueUeumateriel  }ur  SSti>c4utien*$e»dncbte  unb  metfl  ju« 
gleift  au*  ber  bereit«  gebrutfttn  ComeponUnnc*  und*.  b«s  Seine  nie  §ur 
vttelutton&ren  Cnbobogit  gebart  bat  S*gL  }ur  lelbes  grage  ber  Don 
Vttntb   Dctt*tntltftte  Brieiwcftiel  mit  Xatne.    Jtevne  bleue,  6w8uli) 

ffa*  Jfcle)«**  Grtpptt  l*  riv\>ltttion*  fmneese  nel  esiteggio 
\h  «n  ivtewrattw*  *t*l\*mv  \\v  &  vMü*iks,  Hoepii.  —  Geben, 
Wnwrdet  »t  U  T?\vlutk*n  fr*tt\**t**  HiU.  d  hwtv>ire>  eonfeeaipoiauie.] 
JSmy  AWtuv  U*  ttN  M » r c * ^ * t »  l «m»  v>r^iiu*«  de  In  dednration 
\W#  ^tn^t»  vW  rhotutu*  vW  11^  V1V*^  Komhmu  —  Hurdy  de 
^♦riuu  AnlxnvKt  *t  svitr^|KmvUnv>p  dn  ^ttt^rii  iW  dmnon  Jean 
Hii^     IV  VäJw^  *  M*e«UicM  I^W     l^H       tVw.  Chnpelot    Sfr.) 


Heuere  ©efdjidjte.  199 

—  fcüffer,  fcerÄrieg  be*3a$re*  1799  unb  bie  jweite  Äoaiition.  1.  ©b. 
(0ot$a,  $€Tt$eft.  10W.)—  G  ach o  t,  Histoire  militaire deMass^na.  La  cam- 
pagne  d'Helvätie  (1799).  (Paris,  Perm.  7,50  fr.)  —  S.  grtfdjer, 
Sopoleon  L  Steffen  ßeben*»  unb  Gtyarafterbilb  mit  befonberer  fflttrffidjt 
auf  feilte  Stellung  frur  djriftlicben  ffieügton.  (fielpjig,  ©djmibt  &  ©untrer. 
6  SR.) —  Dodge,  Napoleon.  Vol.  1  and  2,  covering  the  period  from 
opening  of  french  revolution  to  the  treaty  of  Tilsit,  1807.  (Boston, 
Hongthon,  Mifflin  &  Co.  4  $.)  —  $anot,  Stte  fcanbfdjrift  Napoleon  I. 
(Sctyig,  6d)mibt  &<Büntf>er.  1,50  aR.)-8ervieres,  L' Allem  agne  francaise 
soos  Napoleon  I».  (Paris,  Perrin.  7,50  fr.)—-  Derr£cagaix,  Le 
marechal  Berthier,  Irepartie:  1753—1804.    (Paris,  Chapelot    7,50  fr.) 

—  Wirth,  Le  mar&hal  Lefebvre,  dnc  de  Dantzig  (1755—1820). 
(Paris,  Perrin  &  Cie.  7,50  fr.)—  §olfc$eimer,  (Er^erjog  ftarl  bei 
Sagram.  (©erlin,  (Sbering.  2  9t.)  —  Langeron,  Memoires.  Cam- 
pagnedel812,  1813,  1814.  (Paris,  Picard  et  fils.  8  fr.)  —  Lanrezac, 
La  manoeuvre  de  Lätzen  1813.   (Paris,  Berger-Levrault  &  Cie.   10  fr.) 

—  »üb.  d.  fcumbolbt«  gefammelte  ©Triften.  XII.  ©b.:  ^olitifcfte 
3>entf<brift«L  3.  ©b.  1815-1834.  (©erlin,  ©ebr.  12  «R.)  —  Spenl^, 
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haud,  La  d&nocratie  socialiste  allemande.  [Bibl.  d'histoire  con- 
temporaine.]  (Paris,  Alcan.)  —  $o$le,  $te  (Sntmidlung  be«  beutjdpn 
fBirtf<ftaft*lebenft  im  19.  3abr&unbert.  [*u*  Katur  unb  Oeiftedmelt. 
57.]    (Ceinjig,  Xeubner.   lt)  —   3  öcfler,    Die    djrifüidje   9lpologetit 


300  Hotten  unb  Notfristen. 

im  19.  Safr&unbert.  (®üter*lo$,  »ertel*mann.  2,60  SÄ.)  —  Äern, 
D.  töttfarb  8cot$e.  Da«  ßeben«*  unb  (£$arafterbilb  fflotfcd,  nadj  feinen 
gefammelten  »riefen  entworfen,  (»äffet,  Stöttger.  2,50  9t.)  —  ßeitft, 
Sa^aru«,  ber  »egrünber  ber  SJöllerpfotfologie.  (Seidig,  3>ürrfd>e  Sudft. 
1,40  SR.)  —  Dawson,  The  Sooth  American  Republics.  T.  I.  (New 
York-London,  Putnam.)  —  O.  ftijjpolb,  3)ie  Gntnricflttng  3o|)an«  in 
ben  lefrten  50  3a$ren.  (»ern,  »D&.  0,80».)  —  $ie  ftyUofoptye  im 
beginn  be*  20.  3a$rl)unbert*.  8feftftfrift  für  ftuno  Sifdjer,  $r*g.  Don 
SBmbelbanb.    1. 9b.    ($>eibelberg,  SBinter.    5  9c.) 


pmffae  «Xanbftaffeiu 

3n  ber  ^ettfcfiTift  für  bie  ®efd)td>te  be*  Dberr&ein«  19,  3  fteüt 
3fran!$aufer  bie  babifcbc  ©eftftdjttltteratur  für  baS  3a$r  1903  ju* 
fammen. 

3>a£  in  ber  SRitte  be$  17.  3abtljunbert«  Don  bem  QerDorragenben 
Äbt  $ern$arbin  $ud)inger  natf  ben  alten  Urhtnben  unb  ©tabftehten  on= 
gelegte  Scetrolog  ber  3ifterjienfer«Äbtei  $äri$  im  Oberelfafc  brucft  unb  er« 
läutert  3of.  (5  laufe  in  ben  Witteil.  b.  ©ef.  f.  (Erhaltung  b.  geftfidjti.  *>tnU 
malet  i.  dlfafe  22,  1  (au*  al£  ©onberbrud  crfdjienen :  Strasburg,  ©trafc 
burger  $ructerei  unb  SerlagSanftalt.  1904.  49  ©.).  Son  ben  $ier  gebotenen 
Scadjrid)ten  waren  biö^er  nur  bie  im  ^weiten  Sanbe  Don  $ugo,  Monu- 
menta  sacrae  antiquitates  abgebrucften  <5tüde  befannt,  bie  nid)t  immer 
mit  ben  (Einträgen  be*  £otenbu$*  übereinftimmen.  3)er  $erau*geber  be= 
merft  mit  8ted)t,  bafe  $ud)inger*  Angaben  Dor  benen  §ugo*  ben  Borjug 
Derbienen;  nur  an  einer  —  Don  i$m  überfeinen  —  ©teile  ift  ba*  Um- 
gete^rte  ber  &aü.  H.  K 

$a*  3»etbrücfer  ©Dmnafium  ift  au*  ber  $ornbatfer  Sanbeäfdjule 
^crDorgegangen,  bie  1559  Don  SBoIfgang  Don  gmeibrüden  gegrfinbet  unb 
1631  nad)  groeibrütfen  Derlegt  mürbe.  3)ie  SRatritel  be*  $ornbamer  Gtym* 
naftum*  1559—1630  wirb  jefct  Don  fflubolf  Suttmann,  bei  fdjon  im 
3meibräcter  Programm  Don  1903/04  Stürfe  barau*  mitgeteilt  (arte,  Doli* 
ftänbig  Deröffentlicbt  (1.  Seil :  Sert,  gtoeibrücfen  1903,  al*  3.  8b.  ber  Veit« 
teilungen  be*  fciftor.  herein*  ber  SRebiomattifcr  für  bie  SBefttfal*).  «Her« 
banb  (Ergänzungen,  wie  namentlid)  Scadjridjten  über  bat  fpätere  fieben  ber 
@d)üler,  follen  fpSter  nodj  folgen. 

ttuft  ben  ©ürrtembergifd>en  Siertelja^rd^eften  für  £anbetgefd>id)te  13, 3 
feien  iter  nodj  furj  SBeijfäder»  Veitteilungen  unb  brutffrücfmeife  Über* 
fe^ungen  au«  bem  latetnifdjen  ©ebid)t  be»  Salmer  $räjeptor*  (Hjrtftotf 
ßuj,  ber  al*  Bugen&euge  über  bie  3erftörung  Salm«  1634  berietet,  unb 
SRatyer*  Sdtflberung  eine*  „$od)Derrat*t>ro}ef[e*  au«  einer  früheren  ober» 
rbeintfdjen  9tei($*fiabt"  ermäbnt,  b.  b.  ber  rragifdjen  (Einterferung  ber  ®e* 


Seutfdje  Sanbfdjaften.  20t 

trüber  $oü  au*  Btberadj  im  3rriHja$r  1818  bürg  Äönig  griebridj  tum 
tBürttemberg,  bcr  eine  antifran&öfifdje  ftunbgebung  in  bei  ©tobt  Biberatb 
4»uf  ba*  ftrengfte  abnbete. 

«in  Buffafr  »on  ®g.  ©djrötter  im  51.  3a$re*bericbt  be*  fctjtor. 
Betern*  f.  SWtteifranfen  (1904)  6.  45—49  über  SeucStmangen  int  dreißig* 
irrigen  Ärieg  eröffnet  einen  (BtnMtd  in  bie  fürajterlidje  Bermüfhmg  biefet 
3a(re;  t>on  840  §öfen,  (SHitern,  SRüt)len  be*  Amte«  waren  nacb,  bemÄrteg 
nur  nod)  121  bemot)nt.  (Ebenba  6.  50—56  oeröffentiiebt  Staubig  einen 
«nfdKitslidien  Berid)t  über  bie  $Iünbentng  greud)hoangen*  burdj  bie  ge« 
fdtfagene  «rmee  Xilltt*  im  Sttooember  1681. 

Hu*  beut  S^acrjlafie  ft  bbe  rltn*  »erben  Vu*$üge  au«  einem  §anb* 
fad)  Don  Ba)jreutt)*Jhilmbad),  ba*  ber  bortige  £anbfd>reiber  um  bie  SJWtte 
be*  15.  3a$t$unbert*  anlegte,  im  Strcbio  für  0efd)id)te  unb  «ltertum*riinbe 
t>on  Oberfranlen  22,  2  berau*gegeben.  (Ebenbort  geben  9*.  SRetfter*  SRit* 
teihtngen  and  ber  Autobiographie  be*  Banreuttjer  ©tabtfdjul*  unb  Seesen» 
weifter*  (Kreta  (1667—1732)  einen  lehrreichen  «inblirf  in  bie  Wifere  unb 
ben  Betrieb  be*  bamaligen  tteferberufe*. 

6d)orer  beftreitet  in  feinem  fcuffafr  über  „$at  Bettiertum  in  Äur* 
tatern  in  ber  jmetten  fcälfte  be*  18.  3abrt}unbert*",  bafc  bie  Beitlerplage 
in  Bauern  bamat*  fcbjimmer  al*  in  früheren  fttittn  unb  anbeten,  aud) 
$roteftantifdjen  ©ebteten  geroefen  fei.  föorfdjungen  ftur  <&efd)icbte  Bauern* 
12,  3/> 

3«  ben  ttnnalen  be*  herein*  für  nafjauifcbe  9Utertum*tunbe  unb 
<Mc4tcfy*forfdjung  1903,  2  gibt  ß.  Becf  arcbiöalifcbe  „Beiträge  jur  ®e* 
föfeftte  ber  (Btfcninbuftrte  in  «ttaffau  bom  16.  bi*  18.  3at)r$unbert",  b.  b.  öon 
bem  flmfdjönmge  ab,  ben  bie  §od)öfen  unb  ber  burdj  fle  erft  ermöglichte 
€ifengufj  hervorriefen.  Bon  bemfelben  3abrgang  feien  $ier  noeb  fur$  er* 
mäbnt  ba*  Berjeicbnt*  92offauifcr>er  Stubenten  unb  Untoerfüäten  be*  Mittel' 
«Iter*  uon  Otto  unb  Mitteilungen  (Jonrablj*  über  9taffauifd)e  $au*^ 
matten. 

3>er  1903  in  $aUe  a.  6.  gegrünbete  Berein  für  Äird>engefcbid>te  in 
*er  froutnj  @ad)fen  bat  ba*  1.  §eft  feiner  geitfebrift  berau*gegeben.  Bor« 
tröge  von  %u*felb,  Büdjting  unb  ftrenbt  orientieren  über  $\otd 
unb  Berechtigung  be*  Berein*.  Hufeerbem  fyinbeln  Hiebe  über  bie  «u*« 
bilbung  ber  (Betftltcben  im  $er&ogtum  SRagbeburg  bi*  jur  ftirebenorbnung 
Dem  1739  unb  ttebetftetf  über  bie  8teformation*gef Siebte  ber  6tabt 
tttfiW«ufai  i.  %\>üx.    $er  3abre*beitrag  beträgt  3  SR. 

SHe  „Bfarrcbroni!  be*  16.  3a$rt)unbert*  für  bie  Drtfcbaften  ber  jc&igen 
«Phorie  Baüenftebt"  mirb  oon  ©djubari  in  ber  8eit[cf)r.  be*  $arj*Berein*, 
W.  3atjrg.,  $eft  1,  <5.  53-71  ju  tobe  gefübrt;  ogl.  $.  3.  92,  546. 

3m  5.  Banbe  ber  $ommerfo)en  3a(rbütt)er  teilt  38  e  g  e  n  e  r  Berbanb* 
langen  über  eine  ©djulreform  in  ber  ©reif*malber  ©tabtfdjule  im  18.  3abr- 


196  Hotten  unb  HadpWcn. 

in  ber  Xaüenranb«  Anteil  an  ber  fteftauration  mit  fRedjt  ftarf  §ert>or* 
gehoben  roirb,  bie  übrigen  baju  ffifjtcnben  Momente  t>ernad)Ulfftgt  »erben. 

6.  ©fjarUtlj  (Gilbert  unter  bem  Xitel  üne  conspiration  ä  Lyon 
en  1817  bie  bamaligen  bonapartifttfdjen  Unruhen  in  ßtjon,  bie  nad)  feiner 
attemnfijjigen  3)arfteflung  nur  burd)  ben  reattionären  (General  (Eanuet  unb 
beffen  agents  provocateurs  ju  einer  $erfd)roöntng  aufgebäumt  mürben. 
(Revue  de  Paris,  16.  3uli  1904.) 

Unter  bem  Xitel  Le  proces  de  £te-H61ene  beginnt  ©auf  f er on 
eine  Überfefeung  ber  neueren  englifdjen  QuelIeM>eröffentUd)ungen  über 
Napoleon  auf  3t.  $etena.    (Revue  heb  dorn.,  2.  guli  1904  ff.) 

(Stnen  intereffanten  Beitrag  jut  ©efdjtdjte  3a$n«  bilbet  beffen  von 
O.  fcerrmann  t>eröffentlid>ter  ©riefroedjfel  mit  gürft  «Btttgenftein  au«  ben 
3a$ren  1819—1824.  3a$n,  ber  S&ittgenftein  al«  feinen  „älteften  (Bonner 
in  ©erltn"  befteidptet,  roünfd)te  bie  ftauptftabt  ju  oerlaffen,  um  ju  feinen 
früheren  ©tubien  für  eine  ©efdjidjte  be«  30j(Ujrigen  Ärtege«  jurücfjule^ren, 
als  er  1819  verhaftet  mürbe.  Hud)  ein  im  Änfdjlufc  hieran  mitgeteilte« 
©^reiben  3a$n«  an  SHeffenbad)  Don  1842  über  bie  ®rünbe  feine«  ttuf« 
entfalte«  in  8fretburg  a.  U.  ift  redjt  djarattertßtfa).  ($reufe.  3a$rb. 
Oft.  1904.) 

3n  ben @ren*boten 9fr. 39  veröffentlicht ©ityelm  9^ctr)e  Erinnerungen 
eine«  alten  SBurfdjenfd/after«,  ber  im  3a§re  1834  beruftet  unb  ftum  £obc 
verurteilt  roorben  ift.  Seine  ©djirffale  erinnern  lebhaft  an  bie  gfrifc  8« euterfi. 

3ur  beutfdjen  unb  J>reu&ifd»en  $erfaffung«frage  in  ben  Sauren  1848 
unb  1849  liegen  $roei  juriftifdje  SMffertattonen  öon  Otto  fia dmann,  „Sta* 
Äaifertum  in  ben  »erfaflungen  be«  $eutfd>en  Hetdje«  Dom  28.  3R&r&  1849 
unb  Dom  16.  Hprtl  1871"  (©onn,  ©eorgi,  66  6.)  unb  fflubolf  ©menb, 
„$ie  preufclfdje  öerfaffung«urtunbe  im  Sergleicfc  mit  ber  belgifdjen*  («öt* 
ringen,  5)rucf  Don  ßaeftner  vor).  Qbgleld)  in  beiben  bie  Dtftortfdj*polittfd)e 
Seite  iljre«  X&ema«  ftart  jurücftritt,  roirb  fte  bo$  aud)  ber  ©iftorifer  mit 
9hifcen  in  bie  $anb  nehmen.  Sacf mann  füljrt  ben  aüerbing«  nid)t  ferner  $u  er* 
bringenben  SRadjroei«,  bafs  bie  9ted»t«fteilung  be«  itaifer«  in  ber  $erfaffmtg 
Don  1849  bie  eine«  erblichen  unverantwortlichen  ©taatgpräfibenten  gemefen 
fei.  @menb  meift  in  fubtiler  Unterfudjung  nad),  roie  ba«  au«  bem  belgifdjen 
SJorbitbe  übernommene  gemeinfonftitutionelle  ©taat«redjt  mit  ben  $ifiorifa> 
tontreten  ©ebürfntfjen  ber  preufeifdjen  SRonardjie  amalgamiert  bgm.  burd? 
fic  umgebilbet  nwrbe. 

Äu«  einigen  »riefen  Ä  intet«,  bie  3ofej)$  Soeften  veröffentlt*t, 
geljt  IjerVor,  baft  JHntel  nid)t  gum  £obe  verurteilt  roorben  ift,  roie  getodfri* 
lidj  angenommen  roirb.  $a«  #rieg«geridjt  $atte  ibn  ju  leben«lftnglia)er 
8fefiung«$aft  verurteilt,  unb  ber  äöntg  betätigte  ben  @j>rua%  obgleich  ba« 
(&enerataubitoriat  feine  tfaffation  unb  ein  £obe«urteit  verlangte.  (3>eurfd>e 
SRevue,  Dttober.) 


Heuere  ©efdjicbte.  197 

3n  ber  Deutfäen  ffietme  (Oftober)  fefrt  Hermann  Oncfen  bie  ^ubli 
tatton  Don  Briefen  Benntgfen«  fort.   Sie  belieben  ft$  auf  feine  3)ienftjeit 
alft  flffeffor   in  «urtcb   1850—52;   politifdje  Betrachtungen   enthalten  fie 
faum,  in  ber  $auptfad>e  eine  fdjarfe  Beurteilung  feiner  amtlichen  unb  ge* 
fettigen  Stellung. 

3n  ber  SDeutfcben  Shtnbfcbau  (Ottober)  gibt  Berbg  bu  Bernoi« 
»eitere  perfönltdje  Beobachtungen  über  ben  polnifdjen  ftufftanb  im  3abre 
1863,  inftbefonbere  über  Berftärfung  ber  ruf  fif  eben  Armee,  Überwadjung 
ber  «etftlicbteit,  Befteuerung  ber  revolutionären  3>tftritte. 

©egen  bie  fcuffäfre  Bo^f  en«  über  $er$og  gfriebrid)  Don  ©djleSniig* 
$o(ftetn  (vgl  bie  legten  fcefte)  ergebt  ber  Bruber  be*  fcerjog«,  $rtna 
GbrifHan,  (Sinfprud);  Bom>n  $abt  ben  ©nftafe  ©ammert  ju  b°<b  etnge* 
fdjÄfrt  unb  tbn  *u  ungünfiig  beurteilt.    i$eutfd)e  SReoue,  Oft.) 

jjriebrtd)  i^immeö  Heine  @$rift  „SHe  bwmooericbe  Heeresleitung 
im  $e(b*uge  1866"  wirb  im  Hebentitel  alft  eine  tritif^e  Beleuchtung  ber 
{Erinnerungen  beft  b<*nnoüerfdjen  <Beneralftabftd)efft  Oberft  Sorbemann  be* 
tei<f)net.  ^imme  ift  burcftauft  im  Äedjt,  wenn  er  bie  ©djmarjfeberei  unb 
ben  SRangel  an  (Sntfdtfoffenbeit  im  milltarifdjen  Hauptquartier  alft  bie 
eigentliche  unb  entfd/eibenbe  Urfad)e  für  baft  3JttJjlingen  be*  8ugeS  na* 
bem  ®übtn  unb  für  ben  Untergang  be*  |annot>erfdjen  fceere*  ertlärt. 
Xer  $urd)brud)  tonnte  unjroeifelljaft  gelingen,  menn  Sorbemann  felbft  ben 
SRut  fanbr  ein  fraftige*  Hebeln  anzuraten.  2$imme  fnüpft  feine  ein» 
gebenberen  Betrachtungen  an  baft  etwaige  (Gelingen  beft  $urcbbrud)ft  an. 
3*  tonn  mir  nidjt  üerfagen,  barauf  bin&uroeifen,  bafc  in  biefem  Saue  in 
ben  festen  Sunitagen  an  ber  franfifdjen  Saale  t>orauftfid)tlicb  bunbert 
Bataillone  be«  VII.,  VUI.  unb  X.  beutfdjen  Bunbeftforp*  *ufammen» 
gefommen  wären,  gegen  bie  fjaltfenftein  nur  einige  öierjig  ein^ufe^en  ^atte. 
$a  ber  beutfdje  BunbeftfelMjerr,  Sßrinj  Äarl  Don  Batjern,  babei  über  bie 
fünffache  Überlegenheit  an  [Reiterei  unb  über  bie  na$e$u  bierfadje  an  (Be* 
f*üfren  toerfügt  baben  mürbe,  fo  befanb  er  ftd)  jebenfan*  in  febr  günftiger 
Sage,  felbft  »enn  er  gelungen  mar,  bie  bannot>erfd)e  Infanterie  megen 
unftUTeiäenber  SRunitionftauftftattung  in  bie  SRefeTDe  $u  f teilen.  (Sin  ©ieg 
beft  $rta*en  Jcarl  über  galcfenftein  r)ätte  »ermutlicb  auf  bie  Öeftaltung 
f)eutft$lanbft  einen  roefentlidjen  (Stnflufi  gehabt,  hänfen  mir  bem  ©djicffal, 
ba|  e«  nid)t  baju  gefommen  ift!  v.  Üaemmerer. 

Unter  bem  fcitel  „$er  $onnerf4(ag  t>on  ©aboroo"  beginnt  ©ermaiit 
Bapft  eine  Säuberung  be«  $arifer  $ofe*  t>ox  bem  gabre  1866.  Kapoleon 
erfdjeint  al«  Träumer  obne  perfbnlicben  unb  polittfdjen  S^rgct^  ber  firf) 
berufen  glaubt,  mit  $ilfe  ber  frangdftfeben  SRacbt  bie  europäifeben  Bölfer 
glfidttd)  ftu  madjen.  Rouber  unb  $rin&  Kapoleon  finb  «ntjänger  eine* 
jnrettfcifcben  Bünbniffed  unbgfteunbe  ber  italienifcben  Sinbeit;  Rouber  fudjt 
ba^er  mit  allen  Mitteln  Drou^n  be  fiul)*  bei  ber  einflugreieben  ftaiferin 
tn  Ungnabe  ju  bringen  unb  ju  ftürjcn.    (3)eutfcbe  JReoue,  Oft.} 


198  Hörigen  unb  9todjrid)ten. 

$er  (3d)luf)  ber  pottttfdjen  Äorrefponbeng  be*  babifäen  SRtnifterfc 
JJreaborf  enthält  einen  Brief  wecfcfel  mit  Bluntfcfcii,  ©neift,  SRoggenba$r 
bem  amerifanifdjen  ©efanbten  unb  ©iftorifer  Bancroft  u.  a.  au«  ben  Sauren 
1868-78.  Bor  1870  bemäntelt  bie  Äorteföonbeng  ^aitptjädjlidj  bie  Hu«* 
geftaltung  be*  gofloerein*,  nad)  1870  bie  Berljanblungen  mit  grranfreidV 
bie  SRilitfirgefefre,  ben  Äulturfampf,  bie  £rteg*gefal>r  bon  1875.  Siele 
SRittetlungen  werben  bei  2>etailftubien  gute  SHenfte  leiften  fönnen.  (2)eutfd)e 
ffiebue,  Oft.) 

3n  ber  Revue  d.  d.  mondes  (1.  ©ept.)  entwirft  (St.  Samlj  eine 
ungünftige  ©djtlberung  öon  ber  Sfationatoerfammlung  in  Souloufe;  ftr 
Dabe  weniger  für  bie  nationale  Berteibigung  al*  für  bie  Sonberintereffeit 
ber  republifanifdjen  Partei  geforgt. 

3n  ber  Sfortfefcung  feiner  politifdjen  Erinnerungen  (Gilbert  @raf 
SBeauj  ben  Steg  ber  republifantfdpn  Partei  unter  8fü|)rung  (Bambetta*- 
bei  ben  Äammertoaljlen  hn  3a$re  1877.  $a*  fonferöattoe  9Hnifteriunt 
Broglie  Ijätte  gern  ben  Äampf  gegen  bie  We&rljeit  aufgenommen,  würbe 
aber  oon  feiner  $artei  unb  bem  ©enat  im  ©tidje  gelaffen  unb  mufft? 
gurürftreten.  9*aa)  SReaug  Ijaben  bie  Sftepubüfoner  iljren  @ieg  erlangt 
burd)  bie  $ro$ung  mit  einer  Sntertoenrton  2>eutfd)lanb*,  wenn  ftd)  eine 
fferital'mpnardjtfdje  Regierung  behaupte.    (Correspondant,  2ö.  Äug.) 

®ine  biograp$ifd)e  ©figge  ©labftone*  gibt  €.  fcaniel*  auf  ©runb- 
ber  Biographie  oon  5-  Sfeorleo,  in  btn  $reutiifd)en  3a^rbüd)ern  (Sept.,  Oft). 

$)ie  3fortfefrung  ber  Äorrefponbeng  Hanfe*  (fceutfdje  8taroe,  Ott. 
1904;  bgL  §.$.  93,  179)  betrifft  bie  Bedienungen  Kante«  gu  3$ier«,  bie 
Verausgabe  be*  Briefwedjfel*  griebrio}  SBilfcelm  IV.  mit  Bunfen  (ber  £ert 
ber  Briefe  be*  Jtönig*  fajeint  infolge  bielfeitiger  9tütfftd)tna§me  boä)  er» 
f>eblttf)  abgefa)wftd)t  gu  fein),  gu  Königin  (Slifabetlj  unb  91.  ö.  9leumont. 

<£iu  fdjarfer  Angriff  Äularb*  gegen  Xaine,  bem  in  feiner  $etmat 
Bougier*  (Ärbennen)  ein  ©tanbbilb  errietet  wirb,  oeranla&t  §f.  $aScaL 
gu  einer  Rechtfertigung  ber  ©ewiffenijaftigfeit  Xaine*  (Revue  bleuer 
12.  3uni);  er  geigt  au*  ungebrueften  Briefen  Xaine*  beffen  Bemühungen 
um  aut(entifd)e*  Quellenmaterial  gur  9ret>ofation*gefd)ia)ie  unb  weift  gu« 
gleid)  au*  ber  bereit*  gebrochen  Correspondance  nad),  bog  Xaine  nie  gur 
revolutionären  Ort^oborje  gehört  Ijat.  Sgl.  gur  felben  grrage  ber  oon 
9B  o  n  o  b   beröffentliiftte  Briefwe*fel  mit  £aine.    (Revue  bleue,  6.  3uii) 

$U**  'gtäftti  Greppi,  La  rivoluzione  francese  nel  carteggi» 
di  un  oaservatore  italiano.  Vol.  3.  (Milano,  Hoepli.)  —  Gaben, 
Concordet  et  la  Involution  francaise.  [Bibl.  d'histoire  contemporaine.] 
(Paria,  Alcan.  10  fr.)  —  Marcaggi,  Les  originea  de  la  declaraäon 
des  droits  de  l'bomme  de  1789.  (Paria,  Rousseau)  —  Hardy  de 
Pörini,  Archives  et  correspondance  du  general  de  division  Jean 
Hardy.    De  Valmy  ä  Maestricht  1792—1794.    (Paria,  Chapelot.    3  fr.) 


Heuere  Gfefgigte.  199 

—  fcüffer,  S)erÄrieg  be*3a$reft  1799  unb  bie  jroeite  Koalition.  1.  8b. 
(Qkrttyt,  $ert$e*.  10 9R.)—  G  ach  o  t, Histoire militaire de  Massina.  La  cam- 
pagne  d'Helvätie  (1799).  (Paris,  Perm.  7,50  fr.)  —  2.  ftifdjer, 
Äopoleon  L  Steffen  geben*'  unb  <£ljatttftetbüb  mit  befonberer  Wüdfidjt 
auf  feine  Stellung  $ur  dpiftligen  Religion,  (ßeiftig,  ©djmtbt  &  ©untrer. 
6  SR.) —  Dodge,  Napoleon.  Vol.  1  and  2,  covering  the  period  from 
opening  of  french  revolation  to  the  treaty  of  Tilsit,  1807.  (Boston, 
Hougthon,  Mifflin  &  Co.  4  $.)  —  fcauot,  S)ie  fcanbfdjrift  Stotooleon  I. 
tfkityig,,  ©dmiibt  &©ttnt$et.  1,60  9R.)  -Ser  vieres,  L*  Allein  agne  f  rancaise 
soos  Napoleon  Ier.  (Paris,  Perrin.  7,50  fr.)  —  Derröcagaix,  Le 
marechal  Berthier,  I*  partie :  1753—1804.    (Paris,  Chapelot    7,50  fr.) 

—  Wirth,  Le  marechal  Lefebvre,  dne  de  Dantiig  (1755—1820). 
(Paris,  Perrin  &  Cie.  7,50  fr.)  —  ^olfrljetmer,  Gr&fcr&og  Staxi  bei 
©agram.  ßBerlin,  ©bering.  2  9K.)  —  Langeron,  Memoires.  Cam- 
pagnedel812,  1813,  1814.  (Paris,  Picard  et  fils.  8  fr.)  —  Lanrezac, 
La  manoeuvre  de  Lätzen  1813.   (Paris,  Berger-Levrault  &  Cie.   10  fr.) 

—  fBUft.  k>.  fcumbolbt*  gefammelte  Schriften.  XU.  »b.:  $olitif$e 
fcentidjriften.  3.  »b.  1815-1834.  (»erlin,  »e$t.  12«.)  —  Spenie, 
NoTalis.  Essai  sai  l'idealisme  romantique  en  Allemagne.  (Paris, 
Hachette  &  Cie.)  —  £.  &  A.  Q.  Pörrit,  The  unreformed  Hoase  of 
Commons:  parliamentary  representation  before  1832.  2  vol.  (Cam- 
bridge, The  University  Press;  New  York,  Macmillan.)  —  Bittard 
des  Portes,  L'exp^dition  francaise  de  Rome  sous  la  deozieme  R£- 
pnblique.  (Paris,  Tequi.  5  fr.)  —  t>.  ©gloffftein,  Äaifer  SBilljetm  I. 
unb&oJiolbD.Orad).  (©erlin.  ©ebr. $aetel.  3  3R.)  —  Äarlfllejanber, 
©ro^erjog  Don  6ad)fen,  in  feinen  ©riefen  an  (Jrau  ganni)  Se»alb<@taljr 
(1848—1889).  $r*g.  öon  3anfen.  (©eiiin,  ©ebr.  $aetel.  5  SR.)  — 
Tessier,  Le  plan  de  l'archiduc  Albert  et  le  projet  de  triple  alliance 
aostro-franco-italienne  en  mars-jmn  1870.  (Caen,  Delesques.)  — 
Violett,  L'infallibilitä  da  pape  et  le  syllabus  (etude  historique  et 
theologique).  (Paris,  Lethielleux.  2  fr.)  —  Zurlinden,  La  guerre 
de  1870—71.  (Paris,  Hachette  &  Cie.  3,50  fr.)  —  De  Marcere, 
L'Assemblee  nationale  de  1871.  (Paris,  Plön.  3,50  fr.'  —  Lionnet, 
ün  Iveque  social:  Ketteier.  [Les  grands  hommes  de  l'eglise.  VI.] 
(Paris,  B&luchaud.  2  fr.)  —  Macdonagh,  The  life  of  O'Connell. 
(London,  Cassel.)  —  Sichel,  Disraeli.  8tndy  in  personality  and 
ideas.  (London,  Methnen.  12,6  sh.)  —  Picot,  Gladstone.  (Paris, 
Hachette  &  Cie.)  —  n.  Sotten,  Com  JtrtegSroefen  im  19.  3a&rlntnbert. 
[flu«  Katur  unb  ©eifte*»elt.  59.]  (Seidig,  Xeubnet.  1  3R.)  —  Mil- 
hand,  La  demoeratie  socialiste  allemande.  [Bibl.  d'histoire  con- 
temporaine.]  (Paris,  Alcan.)  —  $o(Ie,  $>ie  (Entroidlung  be«  beutfdjen 
8trtf4aft6leben6  im  19.  3a&r$unbert.  [SluS  Hatur  unb  ©eifie*»elt. 
57.]    (ßeip|ig,  Xeubner.    1  «.)  —   8 ö dl  er,    Die    $rifUid)e   «noiogetif 


200  flotten  unb  ftad)ricf)ten. 

im  19.  3a$t$unbert.  (®ttter«io1),  Bertelsmann.  2,60  SR.)  —  Äern, 
D.  Ridjarb  Statte.  $a«  ßeben«*  unb  G^araftcrbüb  ftotip**  na4  feinen 
gefammelten  ©riefen  entworfen,  (Äaffel,  OTttger.  2,50  SR.)  —  ßeicftt, 
ßajaru«,  ber  ©egrfinber  ber  Söttcrjjfodjotogie.  (ßeityig,  Stärrfdje  ©uaft. 
1,40 SR.)  —  Dawson,  The  South  American  Republics.  T.  I.  (New 
York-London,  Putnam )  —  O.  SRippolb,  $ie  dntmidlung  3aj>an«  in 
ben  legten  50  3a$ren.  (Sern,  ©Dfe.  0,80  SR.)  —  2>ie  $$tlofop$ie  im 
©eginn  be«  20.  3a$r$unbert«.  3refrfdjrift  für  ftuno  Sifajer,  &r«g.  Don 
fBtnbelbanb.    1. 9b.    (fceibetberg,  SBtnter.    6  SR.) 


?mff4*  ^ubftaffen. 

3n  ber  3eitfcprift  für  bie  (Befaßte  be«  ©berr&ein«  19,  3  fteüt 
3fran!$aufer  bie  babifäe  <Befd>id>t«literatur  für  ba*  3a$r  1903  ju* 
jammen. 

3>a«  in  ber  Witte  be«  17.  3abr$unbert«  Don  bem  (pTDorragenben 
Äbt  Bern^arbin  9udjinger  nad)  ben  alten  Urtunben  unb  ©rabfteinen  an» 
gelegte  Wefrolog  ber  3ifterjienfex««btci  $äri«  im  Dberelfafe  brucft  unb  er* 
läutert  3of.  <S lauft  in  ben  SRittetL  b.  Oef.  f.  Grbaltung  b.  gefd)i4tL  Stent* 
mfiler  i.  Gif afe  22,  1  (aud)  al«  ©onberbrud  crfdjienen :  Strasburg,  Strafe* 
burger  2>ruderet  unb  $ertag«anfta(t.  1904.  49  S.).  8on  ben  Ijter  gebotenen 
9tad)rid)ten  maren  bi«f>er  nur  bie  im  £U>eiten  Banbe  öon  $ugo,  Monu- 
mente aacrae  antiquitates  abgebrucften  Srüde  befannt,  bie  ntd)t  immer 
mit  ben  eintragen  be«  Xotenbud)«  übereinftimmen.  3>er  $erau«geber  be* 
merft  mit  Sied)!,  bafe  ftadpnger«  Angaben  Dor  benen  $ugo«  ben  Sorjug 
Derbienen;  nur  an  einer  —  Don  Hpn  überfebencn  —  Stelle  rfi  bat  Um- 
geteerte  ber  gaOL  H.  K 

5>a«  3©eibrüder  dumnajium  ift  aue  ber  $ornbaa)er  fianbedfdjule 
beroorgcgangen,  bie  1559  von  SSolfgang  Don  3meibrud*en  gegrünbet  unb 
1631  nad)  3®«brü(ten  Dcrlegt  mürbe.  3>ie  SRatrüel  be«  $ornbadiex  ©Dm« 
naftum«  1559—1630  rotrb  jefct  Don  ftubolf  Satt  mann,  ber  jdpn  im 
3meibrflder  Programm  Don  1903  04  Stürfe  barau«  rattgcteilt  ftatte,  doÜ* 
ftänbtg  Deroffentlidit  (1.  teil:  Seit,  3meibrfi<fen  1903,  al«  3.  9b.  ber  ttit* 
teüungen  be«  $iftor.  herein«  ber  SRebiomatrifer  für  bie  SBefttfal}).  Wer« 
banb  (Ergänzungen,  oie  namenrlid)  9?ad|ricbten  über  ba«  ip&tere  £ebcn  ber 
Sdiüler,  foflen  fpfiter  no<6  folgen. 

*u«  ben  GürttembergifdKn  Viertel  j  arbeiten  ffir  £anbe«§ef<bi4tc  13,3 
jeten  f)ter  nod)  Cur)  S3eij  fäder«  Mitteilungen  unb  bnubfr&toeife  Über» 
ieftungen  au*  htm  lateiniidKn  Gkbidit  be«  Volmer  Vräiefttor«  tHjrütopi 
fiuj,  ber  al«  ttugenjeuge  über  bie  3<Tftorung  dato«  1634  beruhtet,  unb 
9a Der«  Säuberung  eine«  »^pcbwrrüt*projefie«  au«  einer  früheren  ober« 
rbeinifften  $eio)«ttabr  ermähnt,  b.  b.  ber  rvagifdKn  (Rnfetfeiung  ber  0e* 


3>eutfd>e  Sonbfdjaften.  201 

brühet  ©oü  au*  ©tberad)  im  8frü$ja$r  1818  burd)  Äönig  griebridj  bon 
fBürttemberg,  her  eine  anttfranfttlfifdje  ftunbgebung  in  her  ©tobt  Stberad) 
«mf  ba*  ftrengfte  atjnbete. 

«in  «uffafr  bon  $g.  ©c^rötter  im  51.  3a$te*bertd>t  be*  fctftor. 
feiern*  f.  SRtttelfranfen  (1904)  ©.  45—49  über  3reu$tu>angen  im  fcreifclg* 
förigen  Ärieg  eröffnet  einen  (Sinblitf  in  bie  fürchterliche  »ermüfhing  biefer 
SMre;  t>on  340  fcöfen,  Gütern,  TOtylen  be*  Amte*  waren  na$  bemÄrteg 
nur  uoeb  121  beroofyit.  (Sbenba  6.  50—56  beröffentltcftt  ©d)aubig  einen 
«nfd>aulid)en  ©eridjt  über  bie  $lünbernng  3reud)troangen*  burd)  bie  ge» 
Wägern  Armee  Still)*  im  Bobember  1681. 

Hu*  bem  SRadjlaffe  Äöberlin*  werben  Auftrüge  au«  einem  $anb* 
taufe  bon  8am;eut$*&ulmbad).  ba*  ber  bortige  fianbfdpeiber  um  bie  TOtte 
be*  15.  3a$T$unbert*  anlegte,  im  Urdjib  für  ®efd)idjte  unb  fcltertumStanbe 
t>on  Cberfranfen  22,  2  herausgegeben.  (Ebenbort  geben  «.  Weift  er*  Veit« 
teifungen  au*  ber  Autobiographie  be*  ©anteutljer  ©tabtfdjul*  unb  föedjcn= 
weifter*  <&reta  (1667—1732)  einen  lehrreichen  «inblicf  in  bie  TOfere  unb 
ben  ©errieb  be*  bamaligen  Üe^rberufe*. 

6 «toter  beftreitet  in  feinem  Huffafr  über  „$)a*  ©ettlertum  in  Jhir* 
taiern  in  ber  ^weiten  fcälfte  be*  18.  3a$r$unbert*"f  bafc  bie  ©ettlerplage 
in  Satyern  bamat*  f Flimmer  al*  in  früheren  3^ten  unb  anberen,  aud) 
proteftantifdpn  Gebieten  gemefen  fei.  (gforfdjungen  jur  (Befdjidjte  Bauern* 
12,  8 .) 

3n  ben  rtnnalen  be*  herein*  für  nafjauifdje  Altertum*  tun  be  unb 
€kf<$tdit*forfdjung  1908,  2  gibt  ß.  ©ect  arcfeibaliföe  „Beitrage  jur  <&t* 
föidjte  ber  Gtfeninbuftrie  in  ftaffau  bom  16.  bi*  18.  3a$r$unbert",  b.  $.  bon 
bem  ttmfdmnmge  ab,  ben  bie  §odjöfen  unb  ber  burdj  ftc  erft  ermöglichte 
^ifenguft  hervorriefen.  8on  bemfelben  3a^rgang  feien  $ter  nodj  furj  er« 
«rffytt  ba*  Qer^eic^ni*  92affauiftt)er  ©tubenten  unb  Uniberfitfiten  be*  SRitteU 
«Uter*  Don  Otto  unb  Mitteilungen  (Sonrablj*  über  Waffauifcfte  $au*- 
marfen. 

Der  1903  in  $aüe  a.  @.  gegrünbete  herein  für  ftirdjengefcbicfye  in 
*er  ^robtn*  ©aeftfen  bat  ba*  1.  $eft  fetner  fleitfdjrift  $erau*gegeben.  $or= 
trftge  bon  9(u*felb,  9üd)ting  unb  Slrenbt  orientieren  über  8»etf 
unb  ©erec&tigung  be*  Serein*.  Hufjerbem  fymbeln  £  i  e  b  e  über  bie  Au*« 
bilbung  ber  ®eifiiid)en  im  ^er^ogtum  SRagbeburg  bi*  jur  ftircf)enorbnung 
bon  1739  unb  Üßebelftecf  über  bie  9teformation*gef ctycbte  ber  ©tabt 
UtfiWaufen  i.  Xt)ür.    Der  3a$re*beitrag  beträgt  3  SR. 

Die  #$farrd>ronif  be*  16.  Sa&r&unbert*  für  bie  Drtidjaften  ber  jeftigen 
4tforie  ©aflenftebt^  wirb  bon  ©efeubart  in  ber  8«tfd)r.  be*  $ar&«8erein*, 
87.  3a*rg„  $eft  1,  ©.  53-71  ju  Gnbe  gefübtt;  bgl.  fc.  3-  92,  546. 

3m  5.  ©anbe  ber  $ommerfd)en  3a$rbfid)er  teilt  ©  e  g  e  n  e  r  »erlaub* 
langen  über  eine  Schulreform  in  ber  @reif*malber  ©tabtfcfeule  im  18.  3abr= 


202  Wotijen  unb  9todjrid>ten. 

bunbert  mit,  bte  Ic^rreidjc  (Einblick  in  bie  jämmerlichen  SeljrerbertyUtniffe 
u«  bie  Witte  be£  Satjrtptnbertd  unb  bie  $une$menbe  Neigung,  ben  prtoateit 
Unterriebt  ben  fdjlcdjten  öffentlichen  Sdptlen  t>or&u&te$en,  geftatten.  $eine* 
mann  teilt  eine  100(1  Gntnmrf  gebliebene  $entfd)rift  3Rattljfiu«  ftormann*. 
be*  »erfafier*  be*  Äügenfdjen  ßanbrecty*,  mit,  au»  ber  fi*  ergibt,  bafe. 
man  1564  einmal  ben  $lan  gehabt  $at,  btefe*  Sanbtcdjt  gefefrlicf)  ju  tobi* 
frieren,  (Baebel  befpridjt  j»ei  neugefunbene  $anbfä)rtften  ber  beutfdjen 
Pomerania,  $9!  bie  enttoicftung  ber  firdjlicben  unb  oeltlid)en  SRufrf  in 
«reiftoalb*  Vergangenheit,  C.  $enfä)el  enblicft  fieDt  bie  gefcftiajtlicfte 
unb  tanbettunblicbe  fiiteratur  $ommern*  feit  1903  jufammen. 

dtnen  mertooflen  Beitrag  *ur  »erfafiung*gefcbia)te  liefert  SR.  »fir 
in  feinem  ttuffafce  „Über  bie  (Berichte  in  freufeen  jur  3eit  ber  polnifcben 
$errfcbaft",  inbem  er  mefenttid)  auf  Qfcunb  Don  Quellen  au*  bem  16.  3fa&t- 
fembert  bie  Statur  unb  ttompetenft  ber  &erfd)iebenen  ®eriä)t«organe ,  hui* 
befonbere  aud)  ben  Unterfdjteb  jßnjcben  ben  fBotoob*  ober  ©tob*  unb  ben 
(abiigen)  £anbgeriä)ten  erörtert.  (3eitfd)rift  be*  Seftrceufetfäjen  <fefä)id)tft* 
toerein*.  $eft  47.^ 

3n  berfelben  geitfcbrift  f gittert  Dann«  ben  Qefityreuft.  Ok* 
fa)tä)t*i>erein  in  ben  erften  25  3a$ren  feiner  Xötigfeit.  (Ebenbort  unter* 
richtet  ferlbacb,  über  bie  (Srfd)liefcung  ber  (SkfcbidjtSqueflai  be*  J>reuiji« 
\dftn  Orben*fhiate*  unter  bemertentoerteu  Borfdjl&gen  für  bie  lünftige 
lrbeit*organifation.  fcufeerbem  entölt  ba*  $eft  u.  a.  nod)  lufffifre  tum 
Änetfd)  über  »Die  Siegel  ber  Stobt  Sanjig  bi*  gum  Untergang  ifyrer 
Selbfhtnbtgfeit"  unb  ton  Sdjnippel  über  „Siffennarteu  unb  Giebel 
fronen  auf  $ela~  (bei  $an&ia\ 

Sine  ttrcbioitubte,  betreffen*  «ben  Streit  über  ben  Vefit  ber  $an|iger 
Xrinitatifttiritje  im  Sabre  1650"  monmtlidjt  f.  $}.  Sa)mibt  in  ber 
YU|rceufeif<ben  ttonat*fcbrift  41.  3.  4  i<£ingieifen  fe*  Äönig*  t>on  folen 
iugunffcn  ber  Reformierten.. 

3n  ber  3eitfcbrift  ber  fciftor*  fefenfebait  für  bie  fromm  ftafen  19, 1 
iti^iert  fBarfcbauer  htr^  .bie  <tpoo)en  ber  Voiener  Sanbeigefo)id)te". 
*M  dt  rieb  banbelt  über  bie  9ei<btcbte  bei  ftacbbnuf*  unb  beft  tooWtnbeJfr 
in  S?ifia.  cer  Wer  bnrcb  bie  glücbtltnge  au«  fldbmen  mb  Sftleften  feit  8e* 
flu»  be*  $reifeigj&brigen  äriege*  entfranb.  96ttia>er  madjt  auf  je^n 
Vofener  Setcbenpitbiottn  ber  3Rarientira)en4Nbltotbef  |u  gtnnlfurt  a.  D* 
all  einer  bemerfartverten  Cueüe  für  S«mifie«*  unb  Crt*gefo)io)te  aufmerf* 
(am.  ftnberfcb  mfrwentlicbt  eine  &baxrini<be  Säuberung  be*  Streite* 
ber  SäutonaAergemerft  *u  fReierit  unb  Stbweun  über  bie  Bertauf«* 
geie^btfame  au*  bem  3*br  16T3,  frümerl  enblicb  fäWbat  ben  großen 
Branb  ftom  3abre  l^XS  unb  bie  tatfröhige  ^ilfc  ber  premitfcben  Scgtemng. 

*ut  ben  Sifmng^berxo^ttn  ber  •e»tn;cbaft  für  Qk'cbulrtt  mb  Vtrr* 
tumflunbe  >*r  Cüiee^rofimen  9ht|ilanb4.  ^abr^ang  1903,  feien  fn*x  er- 


Deutfae  ßanbfdjaften.  203 

nritynt  bie  TOttetlungen  SKettig«  über  bie  SBirlfamkit  ber  toeftffilif^en 
{Jefongerid)te  in  ffliga  Im  16.  3<*ljr$unbert,  ^n  Dan&iger  fcrtu«$of  unb 
feine  ©ruberfdjaften ,  bie  (Exportwaren  be«  rufftfdj'fanfeatifdjen  $anbel«„ 
iotirie  ein  Wadiruf  $oelrfen«  auf  ©ienemann.  Derfetbe  Berein  tat  in 
Berbinbung  mit  ben  ba(tifd)en  gefd)id)t«forfd)enben  (Befellfdjaften  bunfr 
1.  8feuereifen  ein  Berjeüfcni«  ber  liölänbifdjen  ©efd)id)t«literatur  üom 
3a$re  1902  bearbeitet  unb  bei  Summet  in  ffliga  erfd>einen  laffen. 

State  3fi#er:  $iper,  ßfterreidjiftfe  Burgen.  3.  Deil.  («Bien, 
Mlber.  7,20  SR.)  —  Stuber,  Die  @beln  k>.  ßanbenberg.  «efd)i$te 
eine«  ttbetegefajlegte«  ber  Dftf4n>eift.   (3ürid>,  <5*ultf>e&  &  (So.   6,40  W.) 

-  Hingftoij,  ®efd)i4te  be«  fürfttityn  öenebtftinerfiift«  U.  ß.  &.  Don 
Cinftebeln.  I.  »b. :  Born  $eil.  SRetnrab  bi«  jum  3a$re  1626.  (dinfiebetn, 
Benftiger  &  So.  28,60  9R.)  —  Füller,  Sie  ©efd)i$te  ber  denfur  im 
alten  IBem.  («cm,  ©gfe.  2,60  SR.)  —  Journal  du  Palais  du  Conaeil 
souverain  d'Alsace  par  Val.  Michel  Antoine  Holdt.  Publ.  p.  Ingo  Id. 
[Bibliotheqae  de  la  »Revue  d'Alsace«  II.]  (Paris,  Picard  &  fils;  Col- 
mar,  Huffei.)  —  Dorn,  Die  Bereinöbung  in  Dberfd)toa6en.  (ftempten, 
Äöfcl.  6,40  SR.)  —  Branb,  Die  (gnturidlung  be«  Qtymnaftalleljrerftanbe« 
in  ©a^ern  »on  1773—1904.  (SRüntfen,  ßinbauer.  3  SR.)  —  (S$r.  SReljeT, 
Beiträge  jur  ülteften  Berfaffung«*  unb  ©e»erbegefd)id)te  ber  Stabt  fcug«- 
bürg.  (SRfina>n,  Selbftüerlag.  2  SR.)  —  »i «te,  Die  öffentliche  «nneu* 
pflege  ber  UMdjÄflabt  Äug«burg,  mit  Berücftfdjtigung  ber  einfdtffigtgeit 
Ber$«ltniffe  in  anberen  9tei$«ftäbten  ©übbeutfdjtanb«.  fljaberborn,. 
Sdjbning^.  4«.)  —  Scfcr  o$e,  Gefegte  be«  HeicSfforaflofter«  in  SRatnj. 
TOatnj,  ÄtTdi^ctm  £  So.  1,60  SR.)  —  Dille  unb  Ärubemig,  Über- 
[übt  Aber  ben  3n$alt  ber  Meinen  fcrdjibe  ber  ^einproDinj.  2.  8b.  [$ub* 
(ifationen  ber  QefeÜföaft  für  rfceinifcfce  ©ef$id>t«funbe.  XIX.]  (Sonn, 
Be^renbt.  6  91.)  —  ®$len,  Die  ?rümonftratenfer*«btei  Änedjtfteben. 
Gefaxte  nnb  Urtunbenbudj.  (ft51nr  ^eiffing.  4  SR.)  —  $$ttippi„ 
100  3abre  preufitfdjer  $errfd)aft  im  SRünfterlanbe.  (fünfter,  (£oppenrat$. 
2  9R.)  —  3aeger,  Die  Schola  Carolina  Osnabrugensis.  Scftfdjrift  ftur 
ülfounbertia^rfeier.  (CSnabrütf.  ^iflmeijer.  2  SR)  —  Eier  fei,  Der 
tampf  be«  Srembrcdjt«  mit  bem  cin$eimifd)en  JRedjte  in  Braunfdjroetg« 
Cüncburg  [Ctueüen  uub  Darstellungen  *ur  dkfötäte  Hteberfa^fen«.  19. 9b  ] 
(fcannooer,  $a$n.  2,40  SR.)  —  6djoma!er«  ßüneburger  <5$ronif. 
&crau*geg.  Don  D$br.  SReljer.     Lüneburg,  fcerolb  &  SBa&lftab.  3,50  92.) 

—  6d>auenburg,  $unbert  3<*$re  olbenburgifd^er  J?irä)engefd)id)te  uon 
^amelmann  bi«  auf  fcabooiu«  (1673—1667).  4  SBb.  (Olbenburg,  ©tat» 
ling.  10  SR.)  —  (Sruntoalb,  Hamburg«  beutf^e  3uben  bi«  jur  fcuf* 
Ufung  ber  Dreigemeinben  1811.  (Hamburg,  Sanffen.  10  9R.)  —  5.©oe^merr 
Beitrüge  §ur  Qkf^ia^te  ber  @tabt  Stargarb  in  $ommem.  6.  ^eft.  (Star» 
garb,  SRott.  1,76  9R.)  —  ®imfon,  fteföi^te  ber  Daugiger  fBiOfür. 
(Duellen   nnb  Darfteüungen  jur   ©efd^tc^te   ^Beftpreuften«.   3.]    (Dan&ig, 


204  9lott$en  unb  9tad)rid)ten. 

Saunier.  5  SR.)  —  SBäfdjfe,  $ie  Planier  in  Stn&alt.  Oenealogifäp* 
fcanbbud).  (fceffau,  fcünn&aupt.  2,50  91.)  —  8ofd>,  gwei  Äaffeler 
G&ronifen  be*  18.  3a$r$unbertS.  (Äaffel,  ©ietor.  2,50  SR.)  —  fcorn, 
Erfurts  ©tabttoerfaffung  unb  Stabtnrirtfdfaft  in  iljrer  (Entmidlung  bit  yux 
$egcnmart.  [(Sammlung  nationaldfonomifdjer  unb  ftatifttfdjcr  9b$anblnngen 
be*  ftaatttoiffenfdjaftlidjen  Seminar«  ju  $alle  a.  6.  45.  8b.]  (Sena, 
8fifd)e*.  7  SR.)  —  ©aud),  S)ie  UntDerfitfit  (Erfurt  im  8eitaltcr  be*  8rrü$* 
$umant*tnu*.  (Breslau,  SRarcu*.  8  9R.)  —  gifdjer,  $ie  Stabt  ttera 
unb  bie  bafelbft  befteftenben  ftaatttd)en  unb  <Bemeinbe*<Einrid)tungen.  (9era, 
ihmifr.    6  SR.) 


Stod)  bem  ©erid)t  über  bte  45.  $lenarDeriammlung  ber  SRündjener 
tyftorifdjen  ftommiffion,  bie  in  SRündjen  Dom  25.  bi£  27.  SRai  tagte,  fmb 
int  ©erid)t9ja$re  ausgegeben  Korben:  Der  Sdjlu&banb  ber  ©riefe  beS 
^faijgrafen  3o$ann  Gaftmtr  (ed.  D.  öejolb),  ©b.  7  ber  ©riefe  unb  Kften 
jur  ©efdjidjtc  beS  $reifsigj&ftrigen  Krieges  in  ben  £eiten  beS  Dortoaltenben 
<RnffoRe«  ber  SBitteI«badier  (ed.  Stieoe  unb  Ä.  SR  aar),  Sagemehle 
beutfdje  ©iograp$ie  48,  2—5;  49,  1—3.  3unfid>ft  *u  erwarten  pnb: 
9b.  10,  2  ber  8&eid)tag*aften,  filtere  Serie  (ed.  Cuibbe);  ©b.  4  bei 
3Reid)*tag$aften,  jüngere  Steige  über  ben  SReid)*iag  Don  1524  (ed.  SBrebe), 
9b.  5  ber  3a§rbfid)er  fcemridj*  IV.  (ed.  SRetoer  Don  finonau)  unb  ©b.  1 
ber  3a$rbüd)er  $riebridj$  I. --  1167}  ved.  SimonSfelb);  ©b.  10  ber  ©riefe 
unb  Alten  jur  0efd)id)te  beS  $reifcigjä$rigen  firiegeS,  jüngere  pfälftifdV 
banerifd)e  Jtorrefponbenft  ved.  (Ujrouft);  ©b.  1  ber  grcijinger  Xrabitionen 
(©ttterauf);  ©b.  2  ber  baljerifdjen  ßanbeSdjronifen,  in  bem  S-  8t Ott 
bie  Ctyronif  be*  $an*  Cbran  t>on  SBilbenbcrg,  Spiller  bie  be*  Ulrid) 
guetrer  berauÄgeben  roirb.  An  Stelle  beS  f  ?rof.  geller  bat  $rof.  ©er 
lanb  bie  ©earbeitung  ber  ®efct)icr>tc  ber  $bnfit  übernommen.  Auf  (Srunb 
Don  (Mutanten  D.  ©elomS  unb  ÄopJramnnS  mürbe  be$üglidj  ber  fceran^ 
gäbe  ber  St&btedpontfen  beidtfoffen,  bte  angefangenen  $ublüationen  übet 
tBraun$d>meig  unb  Süberf  ju  DoÜenben.  bte  Gbronüen  Don  ©remen,  ßüne* 
bürg,  Stralfunb  unb  ftoftocf  aufzunehmen,  bie  gfrage  ber  Aufnahme  ber 
£onftan$er  unb  anberer  babifd)er  jonrie  ber .  frünfifd)en  (Strömten  nod)  &u 
oertagen,  baS  gange  Unternehmen  jebod)  mit  ben  bjer  angegebenen  öx 
gängungen  als  abgejdjloffen  ju  betrauten.  H(S  neuer  ftebatteur  untrbe 
t).  ©elom  befteflt. 

3n  Salzburg  tagte  Dom  31.  tluguft  bi*  4.  September  1904  bte 
S.  ©erfammtung  beutfdier  $iftorifer  unter  ber  Seifung  Don 
$t  e  b  1  i  d)  unb  bot  ben  Xeibteljmern  Diele  Anregungen,  Denn  fte  aud),  alle* 
in  aufm  genommen,  nicbt  gan*  auf  ber  §öbe  ber  §eibelberger  ©erfamm- 


©ermifcbte«.  205 

lang  be«  Sa^rcd  1903  ftanb.  öortrcffli^  nad)  gform  unb  3nt)alt  war  ber 
rrfteftartrag  tum  Ä.  3-  Weumann,  ber  bie  (Entftetjung  be«  fßartanifcben 
Staate«  in  ber  fyfurgifdpn  ©erfaffung  bet)anbelte.  ©ir  $aben  e«  banad) 
bei  ber  tyfurgifdjen  ©erfaffung  mit  einer  einmaligen  Orbnung  be«  (Staate« 
jut  tun,  bie  nadj  ber  Unterwerfung  be«  <$urota«tal«  bura)  bie  2) oder  nad> 
ben  ©runbfäfcen  ber  <Brunbt)errfd)aft  unb  $brigfeit  borgenommen  würbe, 
unb,  ba  fte  augenfdjetnlid)  mit  ber  ©egrünbung  be«  (8j>t)orat«  ftufammen» 
Wngt,  umfi  3a$r  754  anheften  ift.  $ie  $erfon  ßbtorg«  fxttlid)  ift 
aud)  nadj  Weltmann  mtjttyfd);  ber  9fame  bezeichnete  urforüngüdj  einen 
•ort.  3>ie  ergebnisreiche  Unterfudptng  foll  in  biefer  Beitfdjrift  erfebeinen. 
«rbeblid)e«  Sntereffe  erwedte  auefc  ber  ©ortrag  bon  fttnle  über  V>WP\> 
ben  ©djönen  bon  granfreid),  ben  ber  ftebner  boeb  Imetjr  burd)  bie  An* 
febauungen  ber  3^t  gebunben  fein  lieg,  al«  ba«  manchmal  angenommen 
wirb,  beffen  unbehnlidjc«  ffiefen  aber  anbererfett«  au«  feinen  Ausführungen 
befonber*  auffaüenb  tjerbortrat.  SRan  barf  wot)[  bei  aller  Anertennung 
tagen,  bafe  man  fehl  ganj  einheitliche«  ©üb  au«  bem  Gehörten  entnehmen 
tonnte.  S)er  jmeite  Sag  mar  ben  Vorträgen  unb  ©orfd)utgen  bon  S> opfd> 
unb  £ötM4)fc  über  bie  Verausgabe  bon  Duellen  jur  Agrargefd)id)te  be« 
Mittelalter*  gemibmet.  3>oJ>fc4,  ber  über  ©übbeutfdjlanb  referierte,  fpradj 
befonber«  &ugunften  feiner  neuen  AuÄgabe  ber  ofterretd)ifd)en  Urbare, 
»ä^rerib  Äöfrfdjte,  ber  fn  ber  ©eljanbtung  ber  norbbeutfdjen  fiänber  fiti 
bo$  mtfft  als  notig  in  bie  fteufteit  berlor,  im  ©egenfafc  gu  tym  befonber« 
auf  bie  (Entftetjung  ber  AgrarqueHen  einging  unb  feine  ©eifpiefe  bornetjmlid) 
au«  ber  r^einifeben  ©egenb  mahlte.  @o  mistig  ba«  £$ema  für  bie  $iftorif$e 
ftorfdjung  ift  —  eine  ftefohition  tyrad)  ftdj  für  bie  $erau«gabe  ber  filteren 
$ofred)te  burd)  bie  Monument«  Germaniae  historica  au«  — ,  fo  fanu 
man  boeb  fragen,  ob  bie  jaljlreidjen  tedjnifdjen  (Einzelheiten,  bie  babei  er« 
Brtert  mürben,  gerabe  für  eine  Derartige  ©erfammlung,  ber  man  bie  tt)eo« 
retifeben  (Erwägungen  nidjt  burd)  praftifdje  ©eifpiele  mtrflid)  bor  Augen 
führen  tonnte,  ganj  am  ¥laj  roaren.  SRandje«  t>ätte  jum  minbeften  beffer 
in  bie  Äonferenj  lanbe«gefd)id)ttid)er  $ublitation«inftitute  ge* 
bort,  bie  gleichzeitig  tagte  unb  ebenfall«  über  agrargefdjidjtlidje  $ublifationen 
fonrie  über  bie  $erau«gabe  anberer  Quellen  beriet.  2)ie  ©ortrfige  be« 
brüten  Sage«  waren  nadj  Art  unb  Seife  ber  ftebner  fe$r  berfdjteben. 
SWcbtern,  etwa«  trorfen,  aber  int)att(id)  biel  bietenb,  fpradj  ©olteltnt  über 
bie  dntfietjung  ber  ßanbgeridjie  auf  ba^erifd^öfterretdjtfdjem  9ced)t«gebiete, 
twbem  er  ftd)  namentlich  auf  feine  (Erfahrungen  au«  ©übtirol  ftüfrte  unb 
befonbeT«  auf  ben  (Elnflufi  ber  Qurgenberfaffung  t)inmie«.  (Er  ging  babei 
fteflenroeife  fet)r  in«  einzelne,  boeb  ift  ba«  Xt)ema  an  ftd)  intereffant  genug 
megen  feiner  ©ebeutung  für  bie  (Sntftet)ung  ber  Serritorial(errfd)aft.  Den 
imeiten  ©ortrag  bielt  gfournier  über  neue  Duellen  jur  ©cf^ic^te  be« 
©iener  ftongreffe«.  (&x  bot  met)r  eine  triftige  (Sauferie  unb  legte  ben 
©ftoei«  ab,   wie  man  auef)  einen   bürftigen  3nt)alt  —  e«  t)anbelte  fid)  in 


206  Eottjen  unb  Hadjridjten. 

ber  $au)>tfadje  um  ben  fcinmetö  auf  bic  Äften  bcä  Wiener  ^olijcimintftc* 
riumS,  ba8  bie  Xeilneljmer  am  Äongrefi  beobachten  lieg  —  mit  $umor 
unb  ©efdjtcf  $u  einer  untertjattenben  Klauberei  umgeftalten  tarnt,  ©on 
ben  beiben  öffentlichen  Vorträgen  fiel  ber  Don  SRiegl  über  ©aljburg« 
Stellung  in  ber  jhmftgefdjidjte  leibet  faft  ganj  au8,  ba  ber  fflebner  nid)t 
ju  toerfteljen  mar,  aud)  wenn  man  iljm  jirmtictj  nalje  fag.  Um  \o  mirfung&= 
Dotier  mar  tag«  barauf  bie  oratorifdje  ©lanjleiftung  oon  33  u  f  et) ,  ber  ben 
©treit  über  bie  ©efämpfung  öon  $ari&  im  beutfdjen  $auj>taiiartier  $u 
S&erfaifle«  1870  beljanbelte  unb  ben  ©tanbpunft  ©iSmarcf«  gegen  neuere 
2>arfteHer  (ü.  ©turne  u.  a.)  öertetbigte.  ©on  fonftigen  ©eranftaltungen  fei 
$ter  nodj  ber  fölidjten,  aber  in  itjrer  djaraftero ollen  unb  gefunben  ^iftori^ 
1d>en  Äuffaffung  ergreifenben  SBorte  be*  früheren  SRinifter«  ©rafen 
£uenburg  beim  geftmafjl  unb  bed  banf  ber  9Runift$enj  be«  (Er^er^ogd 
<$ugen  trefflict)  gelungenen  SluSftug«  nad)  ber  gefte  $otjenroerfen  gebaut. 
3>ic  £etlnet|merltfte  mied  etma  150  tarnen  auf,  meiften«  au«  Öfterreia), 
^a^em,  Tübingen  unb  Seidig.  @e$r  au  bebauern  mar  bie  oertyiltni** 
mä&ig  geringe  ©etetligung  audiuftrtiger  ©umnaftalleljrer.  3>te  nädjfte 
©erfamutlung  joü  t»orau$fidjtlidj  Oftern  1906  in  3ena  unter  bem  ©orfifr 
«elaerS  ftattfinben.  R.  H. 

3u  ©afel  mürbe  com  30.  Sluguft  bi8  1.  (September  ber  11.  3nter= 
nationale  Äongrefe  für  aflgemeitfe  9teligton8gefdjldjte  abgehalten,  ©inen 
<m«fü$rltc$ett  ©eriety  bringt  bie  $eutfd)e  2iteratur$eitung  oom  24.  Sty* 
tember  1904.  $ier  fei  nur  ermähnt,  bajj  folgenbe  Vorträge  gehalten 
morben  finb:  SHetrid)  (§eibelberg)  über  „bie  Religion  ber  Wutter  <£rbe-; 
$euffen  (Äicl)  über  „bie  innere  ©ernmnbtfcftaft  ber  inbifdjen  Religion 
mit  ber  ct)riftlicr)en";  Sean  SR  e  Dille  ($ari«)  über  „SReligion8gefd)id>te  unb 
ictr*engefdjid&te";  $rebiger  SB e ber  über  ein  lamaiftifte*  Softer  unb  bie 
£ama«  in  Sibet;  8.  ö.  ©gröber  (SBten)  über  ben  „Glauben  an  eht 
Södjfte«  gute»  SBefen  bei  ben  Ariern";  gurr  er  (3ürid|)  über  bie  „Hot» 
menbigfeit  be8  ©tubtum«  ber  allgemeinen  SReligionÄgefdjidjte  für  ben  £§eo« 
logen";  ©uimet  ($arid)  über  fiaotfe  unb  btn  ©raljmantömu«;  ein 
$arfenpriefter  au8  Combat)  über  bie  Religion  ber  prtmitioen  JJranier; 
tBatanabe*  (Xofto)  über  „bie  gegenmftrtige  Sage  ber  ^Religionen  in 
<£f)ina";  <Rieumenl|ui8  (Seiben)  über  „religiöfe  Qtxtmonitn  beim 
$ftuferbau  ber  2)aja!8  auf  ©orneo";  9Wa^ler  (©ubapeft)  über  „Äalenber* 
baten  in  religion§^iftorifcrjer  ^Beleuchtung";  enblidj  §aupt  (©altimore) 
über  „bie  religiöfen  Slnfdjauungen  be3  ©udje8  &o$elet"  (b.  I).  be8  ^rebigev« 
©alomo). 

$ie  red)t8*  unb  ftaat«mifienfd)aftlid)e  gafultät  ber  Uniuerfität  grei« 
ourg  i/©r.  fefct  einen  $ret8  öon  1000  SR.  au8  für  bie  befte  Arbeit  über 
ba«  fcijema:  „$te  3unftgef3>td)te  greiburg«  i/©r."  ©erlangt  wirb 
«ine  neue  quellenmäßige  ©efc^ic^tc  ber  mid)tigften  gteiburger  S^fte  bi» 


8ermifd>te*.  207 

3»r  (Einführung  ber  (Steroerbefretteit  mit  befon  betet  9e&ugnal)me  auf 
$fid)er*  X$eorie  bet  „@>tabtnrirtfd)aft"  (eöentucU  unter  ©eranjic^ung  an- 
betet  fübmeftbeutfdjer  ©tfibte)  unb  einge(enber  ®e$anblung  bet  Arbeiter- 
frage bet  Qünfte.  SKe  Arbeiten  finb  biß  jum  1.  SRät*  1906  einzuteilen, 
bat  Urteil  roirb  am  1.  ttuguft  befannt  gemalt  »erben. 

3n  ber  fctftortfäen  8tertelja$rfd)rift  1904,  8  t>eröffentltd)t  3.  Äaerft 
«inen  gebanfenreid)en  9fad>ruf  auf  Wommfen. 

3>ie  Eadjrictyen  unb  SRottjen  berfelben  Öeitfärift  enthalten  ftacfcrufe 
DonÄeutgen  auf  O.  Soren$  unb  öon  ®.  ©djftfer  auf  @d)irrmad)er. 
3n  ber  geitf^rift  für  9tomt*matff  24,  8.  4  wibmet  Dreffel  SRommfen, 
«.  »eil  Äötyer  ©orte  bet  Erinnerung. 


@*Häntttg» 

Huf  bat  1899  befannt  gegebene  Senenfet  ^teitautfdjreiben :  „©at 
lernen  mir  aut  ben  $rinfti|>ien  ber  $ef&enbenftt§eorie  in  bejug  auf  bie 
innerpolirtfäe  «ntwidlung  unb  ©efefrgebung  ber  Staaten"  (ögl.  $.  3. 84,567), 
bei  bem  $rof.  Dr.  3iegler*3ena,  ©e$.  Hat  $tof.  Dr.  ttonrab*$afle 
unb  bet  Untergeid)nete  $reitrid)ter  waren,  $tof.  §aecf  el*3ena  ben  8orfr| 
führte,  (arte  aud)  Dr.  Subtoig  ©oltmann,  ber  fterautgeber  ber  $olitifo> 
«ntbtoßologifdjen  Stebue,  eine  Arbeit  eingeteilt,  bet  ein  btittet  $reit  &u« 
ertannt  würbe,  ,§err  Dr.  ©oltmann  ift  ber  Meinung,  bafs  tym  ber  erfte 
freit  gebührt  bätte,  unb  ergebt  fi$  in  ber  Ottobernummet  (HI,  7)  feinet 
fteftue  in  leibenfdjaftltdjer  $otemit  gegen  bie  frettridjter  unb  befonbert 
gegen  mid),  bem  et  „tbiotenljaftet  Benehmen"  öorwirft  (Er  behauptet,  i$ 
fei  „in  ben  ilugen  eine«  {eben  fad)Hd)  unb  geredet  bentenben  Vtenfdjen 
fompromittiert"  alt  beteiligt  an  ber  Begünftigung  Don  <5d)üfern,  beten 
•e§.  Hat  Conrab  fid}  nad)  feiner  Meinung  fdjulbig  gemalt  Gaben  foll; 
er  *er(0bnt  unb  befpöttelt  bie  „<Sljren(aftigfeit"  bet  $rettrt<5ter  unb  fdjttefct 
mit  bem  @afce:  „3d>  fotbete  hiermit  bie  $reitrid>ter  öffentlid)  auf,  bie« 
jenigen  0eftd)tt|mntte  anzugeben,  welche  ben  größeren  nriffenfd)aftltd)en 
©ert  ber  anberen  $rei£fd)riften  unb  iljte  (jiHjete  $rettbe(o§nung  begrünben. 
Solange  ftc  bat  ntd)t  tun,  erfläte  tri)  fie  für  getotffenlofe  Ignoranten  unb 
Betrüger." 

Alt  id)  bat  fBort  Betrüget  lad,  war  mein  erfter  ©ebanfe  ber  ©traf« 
rid)ter.  Aber  ict>  madjte  mit  balb  flar,  ba&  id)  $u  einet  ftumpfen  ©äffe 
greifen  mürbe,  wenn  id>  bie  SBeftimmungen  unferet  @trafgefe(bud)t  int 
ftefety  fügten  »oute,    ©ad  finb  ein  paar  bunbett  Sftatf  gegenüber  ber 


208  Hotiftexi  unb  9?a$ri4ten. 

Xotfaifce,  bafs  ein  afabemifd)  gebilbeter  Wann  e*  für  ^ul&fftg  fyllt,  bie 

(Stjrc  eine*  @tanbe8gen  offen  mit  &ü&en  hu  treten,  o^ne  aud)  nur  ben 

Statten  eineS  ©eweife*  beizubringen!    3$  bef<$ranfe  mid)  alfo  barauf, 

$errn  SBoltmannS  3efd)int|>fungen  $ier  jur  Kenntnis   ju   bringen  jum 

3eid)en,  bafs  fi*  wir  nid)t  unbetannt  geblieben  finb.     6elbftoerftönb(i<fr 

ejrtfticrt  ber  $err  für  mid)  nicty,  fofange  er  nidjt  poüe  ©filjne  für  feine 

ttudfdpeitungen  geleiftet  $ai.     SBenn  ba&  gefaßten  ift,  »erben  mir  roeitec 

miteinanber  reben.  _      .  .   ^  .    . 

Dietrich  ßch&fer. 


$te  bftymifdje  uub  bie  baqrifdpe  Äitr  im  13. Saljrljitirtert. 

$on 

&att  genutet. 


(Einleitung. 

Site  Don  Stepgom  tyat  im  ©adtfenfpiegel  (in,  57)  juerft  ben 
Ärei*  ber  bei  bet  Ä5uig«toa()l  befonber«  berechtigten  Surften  in 
ber  SBeife  abgegrenzt,  bag  er  ne6en  ben  brei  rf>einifd)en  Gxj* 
bifdjftfen  bie  3nt)aber  ber  toeltlidjen  8ieid)«Smter  al*  bie  erften 
an  ber  Stur  bezeichnete.  3f>m  galten  aljo  oon  ben  toeltlid|en 
dürften  ber  ^faljgraf  bei  9tyein  als  £rud)fe&,  ber  §erjog  t>on 
@a^fen  als  STOarfiljafl,  ber  SRarfgraf  bon  ©ranbenburg  ald 
ftämmerer  unb  ber  ©djenf  be*  SteidjS,  ber  Jtönig  üon  SBöt>men, 
ab  3nf)a6er  eine*  befonberen  Äurrec^te*.  SBenn  er  ben  (enteren 
au$fd>tie&t,  toetf  er  fein  Deutfdjer  fei,  fo  ift  bie*  eine  Hu*nat>me 
öon  bem,  toa*  er  a(*  bie  Siegel  anfielt.1) 

3Bar  e*  nun  ein  eigener  gtficflidjer  ©ebanfe,  ober  f>at  Site 
tyn  nur  aufgenommen2)  unb  üterarifd)  jum  Äu*brucf  gebraut, 
unzweifelhaft  ift  burd)  tyn,  infolge  ber  Verbreitung  unb  be*  An* 

l)  Über  bie  ®rünbe  btefe*  Äu*fd>lnffe*  ^at  ©eilanb,  JJorfaungen 
j.  b.  Oefd).  XX,  ©.  305  ff.  eingeljenb  unb  föarffinnig  geljanbelt,  o(ne  jcbodj 
bie  &rage  unzweifelhaft  gelöft  §u  Ijaben. 

*)  $ie  ©teile  be*  Aactor  vetas  de  beneficiis  c.  12,  wo  bie  ©e« 
gleitung  be*  ftönig*  na<6  JRom  Derlangt  rotrb  burd)  sex  principe«,  qai 
primi  sunt  in  eius  elecüone,  ift  nidjt  me^r  äfft  Duelle  für  (Sife*  ent~ 
fpretynben  ®afr  in  £e$nred>t  4  §  2  unb  überhaupt  nidft  alft  felbftänbige* 
3rugni*  für  bie  <&efc$id)te  be*  Äurfflrftentum*  ju  bewerten,  nadjbem 
nadjgenriefen  ift,  bajj  ber  Aactor  vetus  nidjt*  als  eine  lateinifcr)e  ©ear« 
beitung  be*  Se§nre<$te  be*  ©a<$fenfl>iegel*  ift.  6.  SB.  ®rnft  im  9?.  Hr*ib 
f.  ftlt.  b.  ©efd>idjt*funbe  XXVI,  3.  207  ff. 

ftiftoriffte  ftfUtorift  (»b.  94)  R.  ft.  ©b.  LVIII.  14 


210  ®axl  8eumetr 

fegend  fctncö  SßerfeS,  bicfcr  ®cbonfc  bcr  fog.  (Srjämtertljeorie 
Derbreitet  tuorben  unb  in  überrafdjenb  fdjneQer  Qt\t  jur  all* 
gemeinen  9lnerfennung  gelangt. 

Sei  ben  auf  bie  Slbfaffung  be8  ©adjfenfpiegete  junäd)ft  fol* 
genben  Äönig8tt>at)ten  föiuien  nur  eine  ©ntoirfung  biefeä  ©c* 
banfenS  faum  matjrneljmen.  ©are  baS  melleidjt  nod)  möglid) 
bei  ber  SBaljt  ÄonrabS  IV.  im  3ajE)re  1237,  in  beffen  2Bai)l» 
befret  afä  Sßätjler  unter  ben  geiftlidjen  an  erfter  unb  jtoeiter 
©teile  jtüet  ber  rfyeinifdjen  ©rjbifdjöfe,  unb  jtoar  in  ber  gleichen 
Reihenfolge  tote  bei  Site  tion  SRepgoto,  unb  ebenfo  unter  ben 
roeltiidjen  gürften  afe  ber  erfte  ber  Sßfaljgraf  bei  9tyein  unb  erft 
nacf)  it)m  an  jtoeiter  ©teile  ber  Äönig  bon  Sötjmen  genannt 
Kerben1),  fo  ift  e£  au3gefcf)toffen  bei  ber  2Ba£)l  SBilljelmg  tion 
§oHanb  im  3at)re  1247,  an  toeldjer  freilief)  ade  bret  rfjeinifcften 
©rjbifdjöfe,  aber  feiner  ber  im  ©adjfenfpiegel  genannten  Säten* 
fürften  teilnahm.2)  Qtoax  berieten  ber  Jtönig  unb  ber  päpftlidje 
Segat  an  3nnojenj  IV.,  SBilfyelm  fei  einftimmig  getollt  Don 
benjenigen  gürften,  toetdje  ein  SRecfjt  bei  ber  Äaifertoat)!  Ratten, 
unter  3ufiimmung  ber  übrigen  gürften3);  bod)  fagen  fie  nidjt, 
welche  jene  berechtigten  gürften  toaren.  Slber  toäfyrenb  ber  SRegie* 
rungäjeit  SBitljelmS  fdjetnt  bie  Srjfimtertljeorie  jum  S)urcf)brudj 
getommen  ju  fein.  9luf  bem  ipoftage  ju  ®raunfd)it>eig  am  25.  SRärj 
1252  toasten  ber  §erjog  toon  ©ad)fen  unb  ber  üKarfgraf  toon 
JBranbenburg  nachträglich  ben  Äönig  ober  ftimmten  feiner  2Bat)( 
nadjträgfid)  ju.4)  3lud)  ber  SBötjmenföntg  fdjeint,  toenn  toir  ben 
unbeutlidjen  Sluöbrutf  einer  Queue6)  fo  beuten  bfirfen,  bamaö 
ebenfalls  nachträglich  2Bilf)elmä  2Baf)t  anerfannt  ju  t>aben.  3)ie 
!ftad)toaf)t  burd)  bie  beiben  erstgenannten  gürften  toirb  bannt 
motiviert,  bafe  eine  2lnjat)l  ©täbte,  barunter  befanben  fid)  fiübed 
unb  ©oSlar,  König  SBiltjelm  nidjt  anerfennen  tpoüten,  toeil  feiner 


l)  JööSmer,  Reg.  imp.  V,  «Rr.  4386. 

»)  $>af.  ftr.  4885  e. 

9)  Mon.  Germ.  Const.  II,  9ft.  352,  6.  459  f. :  Communi  voto  prin- 
cipum,  qai  in  electione  cesaris  ius  habere  noscuntur,  in  Romanorum 
regem  applaudentibus  ceteris  principibus  est  electus. 

4)  Ann.  Erphord.  a.  1252,  §olber=@gger,  Monum.  Erphesfurt 
©.  111;  Mon.  Germ.  Const.  II,  9fr.  459.  <S.  631  f. 

6)  Ann.  Erph.  1.  c. :  Rez  etiam  Boemie  pretiosis  atque  regalibus 
muneribug  in  Signum  electionis  ipsum  honoravit. 


$ie  6ö§mifcf)e  unb  bie  batjrifdjc  Äur  im  13.  3a$v$unbert.        211 

SBatyt  bie  Stimmen  jener  gürften,  bie  eine  ©timme  bei  ber  3Baf)I 
bfitten  (qui  vocem  habent  in  electione),  fehlten.1)  Da  nun 
betoe  gürften  3nf)aber  Don  ©rjämtern  toaren,  ber  SRarfgraf  Don 
üBranbenburg  aber  bisher  bei  ben  Äönig8toaf)len  nid)t  fjeroor* 
getreten  iftr  fo  toerben  mir  vermuten  bürfen,  bog  ftd)  bie  Anficht 
ber  ©täbte  auf  bie  ©rjämtert^eorte  grünbete. 

Set  ber  2)oppetoaI)t  beö  SaljreS  1257  tft  biefelbe  bann 
enbgültig  jur  Anerkennung  gefommen.  Sud  ber  fpäter  nod) 
nöi)er  ju  erfirternben  ©ablproflamation ,  toetdje  bie  2Bät)ler 
9iid)arbd  unmittelbar  nad)  beffen  2Ba^l  am  13.  Januar  ertaffen 
baben,  getjt  auf  bad  beutlidtfte  \)txx>oi,  ba&  tum  beiben  Parteien 
ben  im  ©adjfenfpiegel  genannten  fieben  gürften  ba£  au$fd)(iefc 
lid>e  2Baf)lred)t  juerfannt  mürbe. 

3)ie  au8|d)lie&lid)e  ^Berechtigung  biefer  fieben  fann  aber  erft 
gegen  ©nbe  beä  3abw$  1266  jur  Stnerfennung  gefommen  fein. 
3m  SWärj  1256  fdjicften  bie  ju  SMaina  Dcrfammetten  ©täbte  be* 
rtjeinifdjen  Sunbeä  SBotfc^aften  an  bie  gürften,  benen  bie  ftönigä* 
mat)l  juftanb  (prineipes  ad  quos  spectat  regis  electio)  mit 
ber  Sitte,  einzeilig  einen  König  ju  motten.2)  Ate  bann  am 
15.  Huguft  be$  3aljre3  bie  ©täbte  auf  bem  ©unbeStage  ju 
SBfirjburg  üerfammett  toaren,  mürben  tynen  im  mefentlidjen 
g(etd)(autenbe  Mntmortfcbreiben  gugeftcDt  t>om  #erjog  $llbred)t 
oon  Saufen,  Don  ben  SKarfgrafen  Sodann  unb  Otto  Don  ©ranben* 
bürg,  aber  aud)  ein  foId)e3  Dom  §erjog  ?ll brecht  Don  ©raun' 
fd)toetg.s)  3)ie  ©täbte  maren  bemnad)  unb  ebenfo  mobl  aud) 
bie  gürften,  toelcbe  bie  9fatmortfd)reiben  untereinander  vereinbart 
baben  bürften,  ber  SOTeinung,  ba&  aud)  ©raunfdjtoeig  ein  ftur« 
red)t  juftel)e.  3n  ben  fpäteren  ©erfyanblungen  über  bie  3Baf)l 
gefd)ie()t  beä  ©raunfdjtoeigerS  aber  nidjt  mel)r  Srtoä^nung. 
Sann  unb  mo  bie  gärften  fid)  aber  ben  9lbfd)lu&  beö  Äreife* 
ber  Berechtigten  auf  @runb  ber  (Erjämtertbeorie  geeinigt  fjaben, 
Kiffen  mir  nid)t.  ©iefleidjt  gefdjat)  e$  auf  bem  für  bie  9Baf)t 
felbft  angefefcten  läge  ju  ftranffurt  am  8.  ©eptember,  ben  aud) 
bie  ©täbte  ffimtlid)  beriefen  trollten. 4)     ©id)cr  ift  nur,   ba& 

l)  6.  ba*  SRanbat  be$  Äarbinallegaicn  $ugo.  Mon.  Germ.  Const. 
a.  o.  O. 

•)  Mon.  Germ.  Const.  II,  9tr.  434,  c.  3,  ©.  594. 

')  Gbenba  Hr.  428  XI,  @.  587  f. 

♦)  fcbenba  Hr.  428  XI,  e.  3,  ©.  589. 

14» 


206  Hotten  unb  Eadjtidjten. 

ber  $auptfad)e  um  ben  Hinwet«  auf  bie  Äften  be«  Siener  $oti$eiminifte« 
tium«,  ba«  bie  Seitneljmer  am  Äongreß  beobachten  lieg  —  mit  Humor 
unb  QJefdjicf  &u  einet  unterfjaltenben  $(auberei  umgeftalten  tann.  Bon 
ben  beiben  öffentlichen  Sorttftgen  fiel  bei  tum  SRiegl  über  Saljbutg« 
Stellung  in  bei  jhtnftgefdjidjte  leibet  faft  ganj  au«,  ba  bet  fflebnet  nieftt 
$u  berftefcen  mar,  audj  menn  man  i$m  jiemlicb,  na$e  faß.  Um  f o  roirfung«* 
DoDet  mar  tag«  batauf  bie  oratotifdje  ©lanjleiftung  bon  8  u  f  d) ,  bet  ben 
Streit  übet  bie  Jöefämpfung  Don  $ati*  im  beutfdjen  Hauptquartier  }u 
SJerfaille«  1870  be^anbelte  unb  ben  Stanbpunft  ©i«mard«  gegen  neuere 
2)arfteller  (o.  ©lume  u.  a.)  berteibigte.  $on  fonftigen  Seranftaltungen  {ei 
$ter  nodj  bet  fdjlidjten,  aber  in  ifcret  djaratterbollen  unb  gefunben  fjiftori= 
föen  Buffaffung  etgteifenben  SBorte  be«  früheren  SRintfter«  Grafen 
ifcuenburg  beim  geftma^l  unb  be«  bant  bet  3ftunifi&en$  be«  ©r^erjog« 
<£ugen  trefflid)  gelungenen  HudfhtgS  nadj  bet  fjefte  §o$emoetfen  gebaut. 
3)ie  Xetlneljmetltfte  mied  etwa  150  tarnen  auf,  meiften«  au«  Öftetteid), 
Magern,  Tübingen  unb  Seidig.  Se$t  *u  bebauern  mar  bie  bet$ältnt** 
mäßig  geringe  Beteiligung  auswärtiger  Gijmnafiallci)tcr.  5)ie  nä$fte 
Serfamutlung  joll  botau«ftdjtlid)  Oftetn  1906  in  3cna  unter  bem  «orftfr 
Gelder«  ftattftnben.  R.  H. 

3u  ©afel  würbe  Dorn  30.  ftuguft  bi«  1.  September  ber  11.  3ntcr* 
nationale  Äongteß  für  aügemeirfe  9teligion«gefd)id)te  abgehalten.  <£inen 
<iu«ffi$rltd)en  ®erid>t  bringt  bie  2)eutfd)e  fiiteraturseitung  bom  24.  Sep- 
tember 1904.  ^ier  fei  nur  ermähnt,  baß  folgenbe  Vorträge  gehalten 
morben  finb:  $  i  e  t  r  i  *  (Heibelberg)  übet  „ bie  Religion  bet  TOuttet  dtbe"; 
3)euffen  (Atel)  über  „bie  innere  Sermanbtfdjaft  ber  inbtfdfen  Religion 
mit  ber  djrtftlidfen'';  3ean  SRebUle  ($ariS)  über  „ffleligion«gefd)id)te  unb 
i*ird)engefd)id)te";  ^rebiger  SB  e  ber  über  ein  lamaiftifdje«  Softer  unb  bie 
Santa«  in  Xibet;  ß.  t>.  S gröber  (SBien)  über  ben  „Glauben  an  ein 
$ödjfte«  gute«  SBefen  bei  ben  Ariern";  gurr  er  (öüridj)  über  bie  „Bot* 
menbigfeit  be«  Stubium«  bet  allgemeinen  3teligion«gefd)id)te  für  ben  3$eo» 
logen";  Guimet  ($ari«)  über  fiaotfe  unb  ben  ®rafjmani«mu«;  ein 
^arfenpriefter  au«  Söombato  über  bie  Religion  ber  primitiven  Stanier; 
SBatanabe*  (Xofio)  übet  „bie  gegenwärtige  Sage  ber  Religionen  in 
<£f)ina";  föteuwen^ui«  (ßeiben)  über  „religiöfe  Zeremonien  beim 
Häuferbau  ber  2>ajaf«  auf  Eorneo";  9Ra$ler  (©ubapeft)  über  „Äalenber* 
baten  in  religion«f)iftorifd)er  ©eleuduung";  enblidj  $<*upt  (Baltimore) 
übet  „bie  religiöfen  Hnf$auungen  be«  ©udje«  äofclet"  (b.  E).  be«  $rebtger* 
Salomo\ 

3>ie  ted)t«*  unb  ftaat«wiffenfd|aftlidK  gafultät  bet  Unibetfttät  gr«« 
butg  i/JBr.  fefct  einen  $tei«  Don  1000  W.  au«  für  bie  befte  Arbeit  über 
ba«  2$ema:  „$ie  3unftßefcr>t*te  fjreiburg«  i/©r."  Setlangt  wirb 
«ine  neue  quellenmäßige  ©efc^tct)tc  ber  wia^tigften  gtetburger  &ün\tt  bi* 


Sermifgte*.  207 

jnr  ©nfübtung  ber  ©etoerbefteiljeü  mit  befonbcrer  Bejugna^me  auf 
Bfidptft  £§eorie  ber  „Stabtwtrtfgaft*  (cöcntucfl  unter  $eran&ie$ung  an- 
betet fübroeftbeutfget  Stfibte)  unb  einge$enber  Bel?anblung  bcr  Arbeiter* 
frage  ber  günfte.  SKe  Arbeiten  fmb  bi*  jum  1.  SKät*  1906  einzureiben, 
ba«  Urteil  roirb  am  1.  ttuguft  befannt  gemalt  »erben. 

3n  ber  fciftotifgen  Biettelja^rfgrift  1904,  3  oetöffentligt  3.  Äaerft 
«inen  gebantenreigen  9tagruf  auf  2Rommfen. 

$ie  ttagrigten  unb  Hotten  berfelben  Settfgrift  enthalten  Eagrufe 
»on  Jteutgen  auf  C.  fiorenj  unb  Don  <£.  Sg&fer  auf  ©girrmager. 
3n  ber  8ritfgrift  für  #umi«matff  24,  3.  4  mibmet  treffet  SRommfen, 
Sl  f&etl  Äbbjer  ©orte  ber  Erinnerung. 


<&ttiätun$. 

Auf  ba£  1899  befannt  gegebene  3enenfer  $reifau£f abreiben :  „SBa« 
lernen  wir  au*  ben  $rtn&tyien  ber  2)efjenbenjt^eorie  in  begug  auf  bie 
innerpotittfge  «ntmidfong  unb  ©ef  efcgebung  ber  Staaten"  (bgl.  $.  3. 84, 567), 
bei  bem  $rof.  Dr.  3ieglet*3ena,  Ole^.  9tat  $rof.  Dr.  <Eonrab*$alIe 
unb  ber  Untetgeignete  $rei*rigter  waren,  $rof  §aede(?3ena  ben  Borft| 
führte,  $atte  aug  Dr.  ßubwtg  SB  0 1 1  m  a  n  n ,  ber  Herausgeber  ber  $olitifä> 
«ntftropologifgen  9teoue,  eine  ttrbeit  eingereiht,  ber  ein  britter  $rei*  &u« 
erfannt  würbe,  .$ett  Dr.  SBoltmann  ift  ber  Meinung,  bajj  ifjm  ber  erfte 
$tet*  gebührt  flltte,  unb  ergebt  fig  in  ber  Oftobernuramet  (DI,  7)  feiner 
Äeoue  in  letbenfgaftltget  $olemit  gegen  bie  $ret*rtgter  unb  befonbet* 
gegen  mig,  bem  er  „ibiotenljafte*  Benehmen"  üorwirft  (Er  behauptet,  ig 
fei  „in  ben  Äugen  eine«  {eben  faglig  unb  geregt  bentenben  Sienfgen 
tomptomittiert"  al*  beteiligt  an  ber  Begünftigung  oon  Sgülern,  beren 
9e§.  SRat  (Eonrab  fig  nag  feiner  Meinung  Wutbig  gemagt  Ifaben  fofl; 
er  Det$ö(nt  unb  befpöttett  bie  „<5$ren$aftigfeit"  ber  $ret*rigter  unb  fgltefct 
mit  bem  6a(e:  „3g  forbere  ftiermit  bie  $rei*rigtet  öffentlich  auf,  bie« 
jenigen  Qkftgttyuntte  anzugeben,  melge  ben  größeren  miffenfgaftligen 
fBert  ber  anbeten  $rei*fgriften  unb  tyre  l/öljere  $ret£be(oQnung  begrfinben. 
Solange  Re  ba«  nigt  tun,  erfläre  ig  fte  für  gemiffenlofe  Ignoranten  unb 
Betrüget.* 

AI*  ig  ba*  ©ort  Betrüger  la*,  mar  mein  erfter  ©ebanfe  ber  Straf« 
rigtet.  «ber  ig  magte  mit  balb  flar,  ba&  ig  *u  einet  ftumpfen  ©äffe 
greifen  mürbe,  wenn  ig  bie  Befttmmungen  unfere*  Strafgefefcbug«  in« 
Gefegt  führen  wollte.    ©a*  finb  ein  paar  bunbert  SRarf  gegenüber  ber 


208  SÄotijen  unb  9?a$ridjten. 

Satfadje,  bafj  ein  afabemifd)  gebilbeter  SRann  e*  für  ftulftfftg  $ftlt,  bie 

®§re  eined  ©tanbeSgen  offen  mit  grüben  $u  treten,  ofjne  aud)  nur  ben 

©Ratten  eines  Sewetfe«  beizubringen!    3*  beförftnte  mtdj  alfo  bürauf, 

Jperrn  ©oltmann«  ©efd)imj>fungen  $ier  jur  Kenntnis   §u  bringen  jum 

3etdjen,  bafe  fte  «tir  nidjt  unbefannt  geblieben  flnb.     ©elbftoerftftnbll* 

exjftiert  ber  $err  für  tnidj  ntdjt,  fofange  er  nt$t  öofle  ©filjne  für  feine 

HuSföreitungen  geleiftet  §at.     SBenn  ba*  gefdjeljen  ift,  »erben  toir  »eitel* 

miteinanber  reben.  ^.     .  ,    „  ,    a 

Dietrich  Schäfer. 


Sie  bol)mtfd>c  tmk  bit  btt^rifdjc  Amt  im  13.  ^a^r^ttttkert. 

JUrf  $ettmer. 


Einleitung. 

Äife  *on  9tepgon>  t>at  im  ®ad>fenfpiegel  (in,  57)  juerft  ben 
Äret$  ber  bei  bcr  Stöuig3tt>af)l  befonberä  berechtigten  dürften  in 
ber  Seife  abgegrenzt,  bajj  er  neben  ben  brei  rf)etnifd)en  ®rj« 
btfdjöfen  bie  3nf)aber  ber  toeltlidjen  9teid)8Amter  aU  bie  erften 
an  ber  Stur  bezeichnete.  3&»n  galten  alfo  Don  ben  toeltlid£)en 
dürften  ber  ^Jfaljgraf  bei  9tyein  als  Xrudtfefe,  ber  §erjog  üon 
Saufen  als  SWarfdjatt,  ber  äRarfgraf  bon  ©ranbenburg  aU 
Stummerer  unb  ber  ©djen!  be8  SReic^d,  ber  ftönig  bon  Söljmen, 
oU  3nt)aber  eine*  befonberen  S?urre$te8.  SBenn  er  ben  (enteren 
ouöfd^Itegt,  metl  er  lein  ©eutfdjer  fei,  fo  ift  bie*  eine  Ausnahme 
oon  bem,  rooS  er  a(d  bie  Siegel  anfielt.1) 

8Bar  ed  nun  ein  eigener  glüdlid>er  ©ebanfr,  ober  f>at  Site 
il>n  nur  aufgenommen2)  unb  literarifd)  jum  Äu$bru<f  gebraut, 
unjroeifetyaft  ift  burdj  it>n,  infolge  ber  Verbreitung  unb  beä  An* 

*)  Über  bie  Örünbe  biefeö  ttuftfctyuffe*  Ijat  ©eitanb,  Sorfdningen 
$.  b.  Qkfd).  XX,  6.  305  ff.  einge$enb  unb  fd)arffinnig  gefanbelt,  o(ne  jebod) 
bie  grage  unzweifelhaft  gelöft  ju  $aben. 

*)  $te  ©teile  bet  Auetor  vetus  de  benefleiis  c.  12,  ipo  bie  ©e* 
gleitung  bet  Äönig«  nadi  ffiom  verlangt  roirb  burdj  sex  principe*,  qui 
primi  sunt  in  eius  electione,  ift  nid)t  me$r  al$  Duelle  für  (Sife*  ent- 
jprecfcnben  @a|  in  £e$nred>t  4  §  2  unb  überhaupt  nidjt  al*  felbftänbige* 
Seugni«  für  bie  (Beföidjte  be*  Äurfürftentum*  ju  Dermerten,  nacfjbcm 
nadjgeroiefen  ift,  bajj  ber  Auetor  vetus  ntd)t$  als  eine  loteinifdje  ©ear» 
beitung  be«  ße$nre*t«  be«  SadtfenfoiegelS  ift.  S.  ©  Grnft  im  9*.  «rctjio 
f.  alt.  b.  0eftf)td)t8funbe  XXVI,  3.  207  ff. 

trfftortfdK  Hettfftrtft  (»b.  94)  9t.  ft.  **.  LVUl.  14 


210  Äarl  8eumerr 

fef>en$  feines  SBerfeS,  biefer  ©ebanfe  bcr  fog.  ©rjämtertljeorie 
Derbreitet  toorben  unb  in  überrafd)enb  fdjneller  3eit  jur  att» 
gemeinen  ?lnerfennung  gelangt. 

©ei  ben  auf  bic  Jlbfaffung  beä  ©adjfenfpiegelS  junädrft  fofc 
genben  $önig$tt>af)[en  fönnen  mir  eine  ©intoirfung  btefed  ®c< 
banfenä  faum  roaljrnefynen.  SBäre  ba3  üielleidjt  nodj  möglich 
bei  ber  2Bal)l  ÄonrabS  IV.  im  3a^re  1237,  in  beffen  SBa&t* 
befrei  ate  SBätjIer  unter  ben  geiftlidjen  an  erfter  unb  jtoeiter 
©teile  jtoei  ber  rfyeinifdjen  @rjbifd)öfe,  unb  jtoar  in  ber  gleiten 
^Reihenfolge  toie  bei  Stfe  ton  SRepgoto,  unb  ebenfo  unter  ben 
roettlidjen  gürften  ate  ber  erfte  ber  Sßfatjgraf  bei  SRtjetn  unb  erft 
nad)  tf)m  an  jtociter  ©teile  ber  Äönig  Don  SBö^men  genannt 
toerben1),  fo  ift  c8  ouSgefcfttoffen  bei  ber  SBaljl  SBilfjelmS  öon 
$oQanb  im  Satire  1247,  an  roeldjer  freiließ  alle  bret  rtyeinifd)en 
Srjbifdjöfe,  aber  feiner  ber  im  ©adjfenfpiegel  genannten  fiaien* 
fürften  teilnahm.2)  Qtoax  berieten  ber  Äönig  unb  ber  päpftlidje 
Segat  an  Snnojenj  IV.,  2Bill)elm  fei  einftimmig  getollt  toon 
benjentgen  gürften,  meiere  ein  9ted)t  bei  ber  Äaifertoa^l  Ratten, 
unter  3ufammunfl  &cr  übrigen  gürfien8);  botf(  fagen  fie  nid)tr 
roeldje  jene  berechtigten  gürften  waren.  916er  toäfjrcnb  ber  Stegie* 
rungSjeit  2Bitf)eIm8  fdjeint  bie  Srjfimtertfjeorie  jum  35urd)brud) 
gefommen  ju  fein,  Auf  bem  £oftage  ju  SBraunfdjroeig  am  25.  SJtörj 
1252  toätjlten  ber  §erjog  toon  ©adjfen  unb  ber  üttarfgraf  üon 
JBranbenburg  nachträglich  ben  Äönig  ober  ftimmten  feiner  2Bal)( 
naditrägfidj  ju.4)  9lutf(  ber  Sötjmenfönig  fdjeint,  toenn  nur  ben 
unbeutlid)en  Äuäbrucf  einer  Duelle5)  fo  beuten  bürfen,  bamatt 
ebenfalls  nachträglich  SBilfjelmS  2Bat)t  anerfannt  ju  Ijaben.  $ie 
■Wadjroat)!  burdj  bie  beiben  erftgenannten  gürften  toirb  batntt 
motiviert,  bap  eine  Slnja^l  ©table,  barunter  befanben  fid)  Sübed 
unb  ®o$lar,  Äönig  SBiltjelm  nitf(t  anerfennen  toottten,  roetl  feiner 


l)  ©öfjmcr,  Reg.  imp.  V,  «Rr.  4386. 
»)  9af.  Hr.  4885  e. 

3)  Mon.  Germ.  Const.  II,  9*r.  352,  <S.  459  f. :  Coramuni  voto  prin- 
cipum,  qui  in  electione  cesaris  ius  habere  noseuntur,  in  Romanoram 
regem  applaudentibus  ceteris  prineipibus  est  electus. 

4)  Ann.  Erphord.  a.  1252,  §olber=(5gger,  Monum.  Erphesfurt 
6.  111;  Mon.  Germ.  Const.  II,  ftr.  459.  ®.  631  f. 

5)  Ann.  Erph.  1.  c. :  Rex  etiam  Boemie  pretiosis  atque  regalibot 
muneribuB  in  Signum  electionis  ipsum  honoravit. 


$ie  6öf)tnifd)e  unb  bie  batyttfdje  ßur  im  13.  Sa^v^unbcrt.        211 

3Bal>l  bie  ©timmen  jener  gürfien,  bie  eine  ©timme  bei  ber  3Baf)l 
hätten  (qui  vocem  habent  in  electione),  fehlten.1)  3)a  nun 
betoe  gürfien  3nf>aber  t)on  Srjämtern  toaren,  ber  SWarfgraf  t>on 
Sranbenburg  aber  bisher  bei  ben  Äönigätoaljten  nid)t  tyeroor* 
getreten  iftr  fo  toerben  mir  oermuten  bfirfen,  ba&  ftd)  bie  Anficht 
ber  ©tfibte  auf  bie  (Shrjfimtertljeorte  grünbete. 

Set  ber  2)oppelmal)t  beö  SaljreS  1257  ift  biefelbe  bann 
enbgfilttg  jur  Änerfennung  gefommen.  Sud  ber  fpfiter  no$ 
nät)er  ju  erfirternben  äBa&lproflamation ,  toetdje  bie  SBäbter 
$id)arbd  unmittelbar  nadj  beffen  2Ba^(  am  13.  Januar  erlaffen 
fcaben,  gel)t  auf  baS  beutlidjfte  l>ett>or,  ba&  t>on  beiben  Parteien 
ben  im  ©ad)fenfpiegel  genannten  fteben  gürften  ba£  au3fd>tie&* 
tidje  3Bafjlred)t  juerfannt  mürbe. 

$ie  auöfc^Itefeltc^e  Berechtigung  biefer  fieben  tann  aber  erft 
gegen  Gnbe  be3  SabreS  1266  jur  Anerkennung  gefommen  fein. 
3m  SWarj  1256  f djieften  bie  ju  2Mainj  öerfammetten  ©tfibte  be$ 
r^einifc^en  Sunbeä  ©otfdjaften  an  bie  Surften,  benen  bie  ftönigS* 
tt>at)l  juftanb  (prineipes  ad  quos  spectat  regis  electio)  mit 
ber  Sitte,  einbeQig  einen  König  ju  motten.2)  HU  bann  am 
15.  Äuguft  be3  3a^re3  bie  ©tfibte  auf  bem  ©unbeStage  ju 
SBürjburg  üerfammett  toaren,  mürben  tynen  im  mefentlidjen 
gletdjlautenbe  Änttoortf  treiben  jugeftcllt  öom  #erjog  Älfarec^t 
oon  Saufen,  öon  ben  SKarfgrafen  Sodann  unb  Otto  Don  ©ranben* 
bürg,  aber  audj  ein  folc^ed  Dom  §er$og  ?ll brecht  üon  ©raun* 
fetyoeig.*)  Die  ©tfibte  toaren  bemnad)  unb  ebenfo  tooW  aud) 
bie  Surften,  meldje  bie  Slnttoortfd)reiben  untereinanber  vereinbart 
traben  bürften,  ber  9Weinung,  bafe  aud)  ©raunfdjtoeig  ein  ftur» 
red)t  }uftet)e.  3n  ben  fpfiteren  ©erfjanbtungen  über  bie  SBafyl 
gefd)iel)t  beä  ©raunfdjmeigerä  aber  nidjt  mefjr  ffirtoäbnung. 
SBann  unb  too  bie  dürften  fid)  über  ben  9Ibjc^lufe  bed  ftreife* 
ber  Berechtigten  auf  ©runb  ber  (Erjfimtertbeorie  geeinigt  fjaben, 
nriffen  mir  nidjt.  ©iefleidjt  gefdjab  ed  auf  bem  für  bie  2Baf)t 
ielbft  angelegten  Xage  ju  granffurt  am  8.  ©eptember,  ben  aud) 
bie  ©tfibte  ffimtlid)  beriefen  tooüten.4)     ©idjer  ift  nur,  ba& 

*)  6.  baÄ  SRanbat  be$  Äarbinallegatcn  $ugo.  Mon.  Germ.  Const. 
a.  a.  O. 

>)  Mon.  Germ.  Const.  II,  Et.  434,  c.  3,  ©.  594. 

')  Sbcnba  »r.  428  XI,  ©.  587  f. 

«)  Gbenba  9fr.  428  XI,  c.  3,  ©.  589. 

14* 


212  Äart  Bonner, 

btefe  ©nigung  jnrifdjen  bem  Äuguft  be$  Satyre*  1256  unb  bem 
3anuar  be3  folgenden  ftattgefunben  f>aben  rnufe. 

5Die  Suänafjme  Don  ber  ©rjämterttjeorie,  toeld)e  Site  d.  SRepgom 
bejügtidj  beS  JBöljmenlönigS  machte,  inbcm  er  biefem  trog  feines 
©djenfenamteS  bie  Äur  abfprad),  t>at,  mie  mir  fef>en,  junädtft 
eine  SBirfung  nid)t  gehabt,  melktet  ober  t>at  fte  burd)  ®er* 
mittelung  fpäterer  9ted)t$büd)er  jur  Qnt  SRuboffS  Don  #a63burg 
mitgetoirft,  baö  böfjmifdje  Äurred)t  für  einige  3eit  inö  SBanfen 
ju  bringen.  Sei  ber  2Bat)l  SRidjarbÄ  im  Safere  1257  ift  fieser 
Don  feiner  Seite  ba3  Äurred)t  bed  ©öfcmen  angefochten.  8tud) 
baDon,  bog  am  13.  Januar  bie  böljmifdje  Stimme  burd)  bie  be* 
§erjogä  t)on  Sägern  Dorläufig  erfefct  fei,  fann,  ttrie  toir  feiert 
toerben,  nidjt  bie  SRcbc  fein.  3toar  tauchte  nod)  Dor  Sftobolf* 
2Bat>t  eine  Deränberte  gaffung  ber  ©rjfimtertljeorie  auf  in  ber 
(Stoffe  be3  $oftienft3,  b.  \).  beS  §einridj  Don  ©egufto,  ber  feit 
1262  Äarbinalbifdjof  oon  Oftia  mar,  jur  2)cfretale  Venera- 
bilem.1)  ©r  nennt  bie  fieben  ©fidler  unb  ald  legten  berfelben 
ben  Böhmen:  dux  Bohemiae,  qui  modo  est  rex.  S)iefer  fei 
aber  nad)  ber  Meinung  einiger  nidjt  notmenbig,  aufeer  im  gafle, 
ba&  bie  übrigen  SSS&^Ier  ftdj  nid)t  einigen  fönnen:  sed  iste 
seeundum  quosdam  non  est  necessarius,  nisi  quando  alii 
discordant.  Hud)  biefeä  Stecht  fjabe  er  nidjt  t)on  SUterS  ijer, 
beftfce  e3  aber  jurjeit  tatfäd)lidj:  nee  istud  ius  habuit  ab 
antiquo,  sed  de  facto  hoc  hodie  tenet.  @$  ift  fd(on  roieber* 
tjolt  Darauf  f)ingettuefen,  ba&  ber  fpätere  Äarbinal  als  ©rjbifdjof 
Don  Smbrun  auf  bem  SBraunfdjmctgcr  Jage  im  SJtärj  1252 
anmefenb  mar,  unb  ba&  er  bort,  mo  fieser  aber  biefe  S)tnge  Der« 
tyanbelt  mürbe,  Don  ber  grjämtert^eorie  unb  DieHeidjt  au$  Don 
beren  SKobififation  Äenntniä  erhielt.2)  Die  Semerfung,  bafe 
bem  Böhmen  früher  aud)  biefeS  eingefdjränfte  9ted)t  nid)t  $ugc 
ftanben  fjabe,  Hingt  burd)au$  mie  eine  SReminidjenj  an  ben  ©a{j 
be$  ©adjfenfpiegelS.  2)od)  ift  e£  aud)  möglich,  bafe  bie  SBor* 
fteQung  Don  einer  Dbmannfdjaft  be£  93öf)menlönig3  erft  au« 
Ottafar*  fettfamem  Steinalten  bei  ber  2)oppefa>at)l  Don  1257  ent- 
ftanben  ift.    §einridj  Don  ©egufio,  ber  bamalä  fd)on  Starbinal 

>)  @.  SBaifr  in  gorf^ungen  j.  b.  ©efdj.  XIII,  @.  208  f.  $er  lejt 
ber  ©loffcnftcüe  jefct  befier  in  meiner  Oueflenfammlung  $.  ©.  b.  b.  IReidß* 
t)erf.  ©.  26  Vlrtm. 

»)  Sgl.  Reg.  imp.  V,  5065  a.  b.    Seilern b  ct.  a.  0.  6.  309. 


$ie  böfaiifdje  unb  bie  batyrtfdje  Jtur  im  13.  3a$rSunbert.       213 

n>ar,  fönnte  in  biefem  gaUe  baDon  gehört  fyaben  bei  ben  bor 
ber  fturie  über  ben  Zlponftreit  Diele  3at)rc  tyinburd)  geführten 
Serfjanbhingen.  J)od)  nrie  bem  aud)  fei,  eine  (Simoirfung  biefer 
Vnfd)auung  Don  ber  Obmannfdjaft  beS  ÄönigS  Don  Söhnten  auf 
Zfjeorie  unb  ?ßraji$  ift  erft  im  14.  Safcrljunbert  natfyoeiSbar.  *) 
(Einige  3al}re  oor  ber  2Baf)(  fflubolfd  Don  §ab8burg  tourben 
einer  SRejenfion  ber  Cronica  minor  äRemoriafaerfe  eingefügt, 
toetdp  ben  SBöfpnen  ate  gleichberechtigt  neben  ben  übrigen  Stur* 
ffirften  aufjagten2),  unb  trofc  ber  ®egnerfd>aft  Dttatar*  gegen 
fflubolf*  23a#  ift  1273  ba*  ungefd&mäterte  SBablredjt  be* 
fflBIjmenfönigS  Don  tetner  ©eite  beftritten  toorben.  ©rft  bie 
Verurteilung  Ottafarä  im  3at)re  1275  in  Serbinbuug  mit  $Be* 
ftrebungen  beS  §erjog$  §einrid)  Don  Stieberbatyern  ftellte  für 
furje  $ett  boä  böt}mifd)e  Äurredjt  in  grage.  ©alb  jebod>  Der« 
fdjttrinbet  ber  batjrifd)e  Änfprud)  üöQrg,  fd>on  Dörfer  aber  tritt 
ber  JBöfjmentönig  nrieber  in  ben  anerfannt  red)tmäfeigen  ©eftfc 
feine«  Äurred)te8  ein. 

Ba«  tyier  Dorroeg  für}  angebeutet  ift,  gebente  id>  in  ben 
fofgenben  Erörterungen  ausführlicher  barjulegen. 

1.  Sie  SBa&l  SRicfcarb*  im  3af>re  1257. 

©S  galt  bisher  als  ftreitig,  ob  §erjog  $emrid)  Don  lieber- 
tatyern  als  §erjog  (ratione  ducatus)  bereits  im  Saljre  1257 
bei  ber  ffia&l  SRidjarbS  Don  (EorntoaU  ober  erft  bei  SRuboff«  3Bal>l 
im  Satpe  1273  ein  Äurredjt  ausgeübt  Ijabe.  ©d)effer»8oid)orft 
l>atte  in  einer  föarffinnigen  Unterfudjung  „bie  bat)rifd>e  Stur  im 
13.  3al>rf)unbertM  3)  nad)jutoeifen  Derfudjt,  bafe  fdjon  bei  SHdjarb* 
2BaI)(  eine  batjrifäe  Sturftimme  neben  ber  pfäljifd)en  abgegeben 
fei.  SRidjarb*  ffiötfer  Ratten  tooljl  bis  gum  legten  Augenblick 
gehofft,  bie  bötymifdje  ©timme  für  SRidjarb  gu  gettrinnen,  bann 

>)  3u  ben  Don  SBaifr  a.  a.  O.  6.  209  jufammengeftellten  Stctten 
fommen  nod)  Red)tSbu4  nadj  5>iftinftionen  VI,  9,  4;  2>enffd>rift  ber  Äut* 
ffirften  üon  1340  bei  S3eed),  Äaifer  ßubroig  b.  93.  unb  Äönig  3o$ann  Don 
Söftmen  ®.  127,  unb  bie  Don  SKüfler,  Stampf  ßubroig«  b.  Jö.  Iv  ©.  10, 
flnm.  1  angefahrten. 

■)  ed.  $olber*$gger,  Mon.  Erphesf.  6.  610. 

')  Stfrung«bertdjte  ber  SRünc^ener  tlfabemie,  ptylof.'tyflor.  klaffe  III, 
1884,  <S.  462-486. 


214  $art  geumer, 

aber,  aU  fie  ftd)  getauft  fatjen,  ben  SSfofprud)  beS  $Baljernt)erjog$ 
ancrfannt  unb  if)n  ftatt  beä  Söfjmenfönigä  jur  JBatyl  jugelaffen. 
Seit  als  einige  Sage  nadj  bei  SBatjt,  bie  an  bem  Dornet  feft* 
gefegten  Sage,  bem  13.  Sanuar,  ftattfanb,  ftönig  Ottafor  nad)* 
trägltc^  ber  Sßa^I  juftimmte,  l)abe  man  fitf(  auf  beffen  Stimme 
als  bie  beffer  berechtigte  berufen,  biejenige  beä  JBatjernfferjogS 
aber  ignoriert,  ©o  erflärt  e3  ©d)effer*löoidjorftf  bafe  in  bem 
ausführlichen  SBeridjt  aber  SRitfjarbg  2Bat)t,  ben  beffen  ©efanbte 
im  päpftttc^en  ftonftftorium  im  Safyre  1263  erftatteten,  unb  ber 
und  nur  in  bem  nidjt  ausgefertigten  ffinttourf  ber  SBufle  Urban*  IV. 
Qui  celum  überliefert  ift1),  beä  JperjogS  gar  nidjt  gebaut  ift. 
2)a&  §einrid)  Don  Sägern  aber  an  ber  SBafyl  Don  1257  teil* 
genommen  Ijat,  bezeugen  auger  ben  sJiad)rid)ten  beä  ^ermann 
oon  SUtaid)  unb  ben  ©aljburger  Ännalen  bie  Angaben  ber  Urfunbe 
ftönig  SRubotfä  Dom  15. 9Wai  1275  2),  in  roetdjer  eine  t)or  Der* 
fammeltem  9teid?3tag  abgegebene  ©rftärung  be$  ^ßfaljgrafen  Sub* 
»ig  beurfunbet  wirb  barüber,  ba{$  fein  ©ruber  $erjog  $einrid> 
mit  ifftn  perfönlid)  bei  SRidjarbg  SBatjt  jugegen  gemefen  fei  unb 
mit  it>m  jenen  getoät)lt  t)abe.  ©d)effer*JBoidjorft  nimmt  an,  bajj 
bie  $cilnat)me  beä  $erjogS  an  ber  2öat)l  üon  1257  ebenfo,  nrie 
baä  für  bie  28at)l  üon  1273  in  ber  Urfunbe  auäbrücflid)  bejeugt 
toirb,  ratione  ducatus  erfolgt  fei. 

©egen  ©Keffer SBoidjorftS  Ausführungen  t)at  bann  Hnton 
Sßüüer  in  einer  &iffertation3)  (Sintoenbungen  erhoben,  toeldje 
nid)t  bie  ©eadjtung  gefunben  tyaben,  bie  fie  öerbient  Ratten. 
SWüHer  erflärt  aüe  SRadjridjten  über  $einrid)3  Xeilnat)me  an  ber 
SBaljl  SRtd^arbd  aus  feinem  Anteil  an  ber  pfatjgräflidjen  Stimme. 
1255  teilten  bie  SBruber  Subtoig  unb  §einrid)  if>re  öon  ttyrem 
SBater  Otto  bem  ©rfaudjten  ererbten  ©ebiete.  fiubtoig  erhielt 
bie  Sßfatj  unb  Dberbatjern,  $einrid)  üftieberbatjern.  3ener  nannte 
fid)  comes  Palatinus  et  dux  Bawarie,  biefer  jun5d)ft  nur 
dux  Bawarie.  Ml8  aber  nad)  2Bilt)clm3  t)on  §olIanb  Xobe  bie 
Äönigämaljl  be&orftanb,  nannte  ipeinridj  fid)  ebenfo  tote  fein 
©ruber  comes  Palatinus  et  dux  Bawarie.    ©Ä  ift,  toenn  ntc^t 


l)  Mon.  Germ.  Const.  II,  Er.  405,  c.  8.  9,  ©.  526. 

*)  Mon.  Germ.  Const.  III,  Er.  83,  ©.  71. 

')  ©efdjidjte  ber  bitymifd)en  ßur  üon  ber  SBaf}l  fflubolf*  I.  M*  jur 
SBafjl  ÄarlS  V.  (Srfter  Seil:  «on  ber  3Ba$i  Sfruboif«  ö.  $.  bt3  &ur  gol* 
benen  »uüe.    ©ürjburg  1891,  <5.  29  ff. 


$te  böljmtfdje  unb  bie  bagrifdje  £ur  im  13.  3a$r$unbert.        215 

unbebingt  fieser,  fo  bodj  t)öd)fi  watjrfdjetnlid),  ba&  er  Damit  einen 
Anteil  an  bot  pfäljifdjen  fturftimme  in  Stafprud)  nehmen  wollte. 
Unb  mit  ber  Annahme,  bafe  #erjog  §einrid)  nur  ate  Sßfaljgraf 
mit  feinem  Orabet  gewählt  fjat,  finb  bie  9tod)rid)ten  über  feine 
Xetlnafcme  fdmtlid)  burdjauä  vereinbar;  aud)  bie  Urfunbc  Don 
1275  ftefjt  bem  nidjt  entgegen,  tote  wir  fofiter  feljen  werben.  3)tc 
Siflaning  ober,  weldje  ©d)effer*8oid)orft  bem  SBaf)lberid)t  ber 
©efanbten  8üd)arb3  in  ber  Sude  Qui  celum  gibt,  fjat  etwas 
unleugbar  ©effinftetteä  an  ftd),  worüber  nur  bie  feine,  woljl* 
berechnete  gorm  ber  Beweisführung  l)inwegtäufd)en  tonnte  unb 
bie  SRefpgal)!  ber  neueren  gorfdjer  fjinweggetäufdjt  §at,  ben  SBer* 
faffer  biefe«  Äuffafce*  nid)t  aufgenommen.  2Bie  fef>r  aber  äRüQer 
in  ber  §auptfadje  gegen  ©d)effer«93otd)orfi  im  Wed>t  war,  jeigt 
un*  eine  Urfunbe,  welche  feiner  Don  beiben  benufct  I)at,  unb 
bie  bisher  für  tiefe  grage  überhaupt  nod)  nidjt  verwertet  ift. 
Überliefert  ift  fie  im  Liber  additainentorum  be$  SRattfjäu*  oon 
$arid  unb  aus  beffen  Äutograpt)  juerfi  1882  Don  fiuarb  im 
fechten  Sanbe  ber  Hudgabe  jenes  $iftorifer$  veröffentlicht.  3n 
$eutfd)lanb  würbe  baS  ©tücf  1888  Don  neuem  herausgegeben 
Don  g.  Siebermann  in  ben  im  adjtunbgwanjigften  ©anbe  ber 
Scriptores  ber  Monumenta  Germaniae  enthaltenen  MuSjügen 
au*  englifd)en  ©cfdjidjtäquellen,  fanb  aber  aud)  fjier  nod)  nic^t 
bie  Derbiente  ©eadjtung.  ».  TOfifler  Ijat  ed  in  feiner  1891 
erfdjienenen  2)iffertation  nodj  nid)t  benufct,  unb  SBinfelmann  Der« 
jeidjnet  jwar  ba*  ©tücf  in  ber  Neubearbeitung  ber  Regesta 
imperii  V,  unter  9lr.  15088,  Ijebt  aber  nur  IjerDor,  ba§  Ijier 
jum  erften  9Wale  bie  fieben  2Bal)lfürften  urfunblid)  jufammen  ge- 
nannt werben,  nidjt  aber,  bafe  bie  JtontroDerfe  über  bie  batjrifdje 
Äur  im  3al)te  1257  jugunften  SKüüerS  unb  berer,  bie  früher 
fd)on  ben  gleiten  ©tanbpunft  Dertraten,  burd)  biefe  Urfunbe 
entf trieben  wirb.1)  {Bequemer  jugänglidj  ift  ba»  ©tücf  ber  Der« 
faffungSgefdjidjtlidjen  gorfdjung  bann  baburd)  geworben,  bafe  e8 
Subroig  SBeüanb  in  ben  erft  nad)  feinem  lobe  DoDenbeteti  jWeiten 
®anb   ber   Constitutiones  ber   Monumenta  Germaniae   auf* 

l)  9Zad)trägIi4  bemerfe  id),  bafe  SB.  §errmann  in  feiner  Berliner 
fciffertotton  Don  1897  „ttlfon*  X.  öon  (Jafttlien  al*  römifdjer  Äönig*, 
6.  83,  «nm.  1,  bie  SBa&lproHamotion  bcvücf^tigt  $at.  <£r  bemerft  ober 
nur.  et  fei  mertoürbig,  bafe  ber  Bauer  bort  nidjt  genannt  fei,  unb  Der« 
»eift  im  übrigen  auf  @d>effer*»oi$orft. 


216  Staxl  3eumer, 

itat^m.1)  SBeilanb  bejeidjnet  ed  al«  grave  monumentum,  ofjne 
ju  fagcn,  tooritt  baä  ®eioid>t  beSfelben  liegt.  SBtelIeid)t  gebaute 
er  felbft  barüber  ju  tyanbetn. 

3Bir  laffen  junäc^ft  ben  SBortlaut  bed  mistigen  ©tfide* 
(jter  folgen: 

Universis  Christi  fidelibus  per  Romanum  imperium 
constitutis  Conradus  Dei  gratia  Coloniensis  ecclesie  archi- 
episcopus,  Ytalie  archicancellarius  et  Ludowicus  comes 
palatinus  Reni  salutem  in  Domino  eternam. 

Vacante  nuper  Romano  imperio,  cum  plures  essent 
dies  prefixi  ad  tractandum  de  rege  Romanoram  eligendo, 
tandem  octava  dies  epiphanie  Domini  anno  eiusdem 
MCCLVI  finaliter  prefixa  fuit  apud  Franckesforde  ad 
celebrandum  eleccionem  dicti  regis.  Ad  quam  diem  cum 
nos  personaliter  venissemus,  venerabili  patre  G(erhardo) 
Dei  gratia  archiepiscopo  Maguntino,  qui  impedimento 
legitimo  detinebatur,  nobis  Coloniensi  archiepiscopo  vices 
suas  in  ipsa  eleccione  comittente  hac  vice,  et  nos  in 
loco  consueto  et  debito  convenientes  venerabilem  patrem 
A(rnoldum)  Dei  gratia  Treverensem  archiepiscopum  et 
illustrem  principera  A(lbertum)  ducem  Saxonie  per  nuncios 
solempnes  vocari  fecimus  et  moneri,  quod  venirent  ad 
tractandum  et  eligendum  communiter  regem  Romanorum ; 
qui  licet  requisiti  et  expectati  usque  in  sero  nee  venerunt 
nee  vices  suas  aliquibus  commiserunt.  Propter  quod  cum 
nee  prineeps  illustris  rex  Boemie  nee  marchio  de  Brande- 
burge  ad  diem  et  locum  venissent  nee  vices  suas  commi- 
sissent,  nee  etiam  aliqua  excusacio  processerit  pro  eisdem, 
cum  sie  penes  nos  ius  plenum  remanserit  eligendi,  dominum 
Ricardum  comitem  Cornubie,  fratrem  domini  H(einrici) 
regis  Anglie  illustrissimi,  tarn  morum  quam  generis  pre- 
cipue  nobilitate  pollentem,  elegimus  in  regem  Romanorum. 
Hinc  est  quod  universitatem  vestram  rogandam  duximus 
et  monendam,  quatinus  cum  per  ipsius  industriam,  de 
qua  nobis  plene  constat,  possit  imperium  gubernari  et 
plenius  disponente  Altissimo  reformari,  eidem  fideliter  et 
devote  modis  omnibus  quibus  poteritis  intendatis  et  tanquam 

*)  Mon.  Germ.  Const.  II,  Wx.  385,  ©.  484  f. 


3)te  bö$mifd)e  unb  bie  batjrifdjc  Äur  im  13.  3o^unbcrt.       217 

domino  in  omnibus  obedire  curetis.  In  cuius  rei  testi- 
monium    sigilla   nostra   presentibus   duzimus  apponenda. 

Data  die  et  anno  predictis.     Valetel 

©er  3nt>alt  fennjeidjnet  baö  Dorftefjenbe  ©tfid  a(*  eine 
no$  am  Xage  ber  SBaljl  SRidiarbÄ  Don  ben  SBüljlern  erlaffene 
$rotlamatton  ber  Donogenen  SBal)l,  gerietet  an  alle  9?eid)d* 
ungehörigen,  Ate  ÄuSfteHer  nennen  ftd)  ©rjbifdjof  Äonrab  Don 
fföln  unb  flubwig  Sßfaljgraf  bei  SR^etn.  ©ie  Derffinbigen,  ba& 
fie  an  bent  enbgültig  für  bie  3Bat>t  Dorljerbeftimmten  Zage,  bem 
13.  Sanuar  1257  nad)  unferer  2)atiertoeife,  fid)  perfönltd)  an 
bem  gemotptten  unb  noüoenbigen  ©aljlorte  bei  granlfurt  ein« 
gefunben  Ratten.  3)er  burd)  edjte  SRot  Derljtnberte  ©rjbtfd)of 
©erwarb  Don  SÄainj  Ijabe  ben  Äölner  für  biefen  gatt  mit  ber 
$fii)rung  feiner  ©tünme  beauftragt.  S)en  (Srjbifdiof  Hrnotb  Don 
Xrier  unb  ben  $er*og  «(brecht  Don  ©adrfen,  bie,  tote  mir  au« 
bem  (Entwurf  ber  JBuHe  Qui  celum  toiffen,  fid)  in  ber  ©tabt 
granffurt  befanben,  toä&renb  ber  Äölner  unb  ber  Sßfalggraf  Dor 
ber  ©tabt  lagerten,  Ratten  fie  burd)  eine  feierliche  ©efanbtfdjaft 
nochmals  jum  2Bat)lafte  eingraben,  bod)  feien  biefe,  auf  toeld)e 
man  biö  jum  Hbenb  gekartet,  nidjt  erfdjienen.  3)a  aber  and) 
ber  Äönig  Don  (Böhmen  unb  ber  SDtorfgraf  Don  JBranbenburg 
Weber  felbft  erfdjienen  feien  nod)  Vertreter  entfenbet  Wtten,  fei 
auf  fie,  bie  ÄuSftefler,  ben  Äölner,  jugteid)  als  $PeDoHmäd)ttgten 
be*  SRainjerS,  unb  ben  Sßfaljgrafen  ba£  Dolle  ffial)lred)t  über« 
gegangen,  auf  ©runb  beffen  fie  bann  ben  ©rafen  8iid)arb  gum 
Könige  gemäht  (jätten,  für  ben  fie  Unterftfi&ung  unb  ©eljorfam 
forbern. 

3>ie  ^roflamation  tragt  baö  Saturn  be*  2Batjltage3,  ift  alfo, 
ba  bie  SBafjl  erft  fpfit  am  Sage  ftattfanb,  unmittelbar  nad)  bem 
Bat)la!te  oerfa&t.  «fle  bie  jur  2Ba!)t  berechtigten  fteben  gurften 
»erben  genannt,  bie  brei  6rjbifd)itfe  Don  9J?atnj,  ftöln  unb  Xrier, 
ber  ^faljgraf,  ber  ©adjfenfjerjog,  ber  SDtorfgraf  Don  JBranbenburg 
unb  aud)  ber  flönig  Don  JBöIjmen!  3)a3  toäre  unbebingt  un- 
möglich, roenn  bie  SBäljler  fflicfcarb*  bei  ber  3Ba#  felbft  ben 
©at)ewl)eriog  au  ©teile  beS  Söl)menfönig3  jugelaffen  Rotten. 
SWit  aller  toünfdjenStüerten  fllarl)eit  finb  f)ier  bie  2Bal)lberec$tigten 
aufgeführt;  jum  erften  SDtole  bie  fteben  im  ©adjfenfpiegel  ge* 
nannten  dürften  in  einem  offiziellen  ©d)rijtftfid  ate  bie  ausliefe* 
liefen  SBäl)ler  anerfannt.    Der  SBa^ern^erjog  toirb  nidjt  genannt. 


218  Äari  8«"iter, 

©d)effer*©otd)orftä  ffirlfärung,  ba&  ^erjog  §einrid)  in  Dem  SBaljl- 
beriet  ber  ©uüe  Qui  celum,  trofcbem  er  mitgeteilt  f)fitte,  nid>t 
ertoätynt  fei,  tt>cilr  als  einige  Sage  nadj  ber  2Ba^l  ber  ©öt>men* 
fönig  ber  333a^l  SRidjarbS  jugeftimmt  t)ätte,  man  ber  beffer  bere$* 
tigten  böt)mifc^en  ©timme  gegenüber  bie  jroetfel^afte  ba^rtfdje  md>t 
met)r  nötig  gehabt  unb  ba^er  ifpe  Slbgabe  unterfdjlagen  tyättc, 
ift  bamit  DöDig  totberfegt.  SU*  nadj  ber  2Baf)[  bie  beiben  Surften 
nod)  fpät  am  SRadjmittag  beä  SBaljttageS  bie  Sßroftamation  erliegen, 
tyatte  ber  ©öf)tnenfönig  nod)  nid)t  jugeftimmt;  er  mar  toiehneljr 
unentfdjulbigt  unb  uitüertreten  ferngeblieben.  Irofcbem  erfannten 
9iid)arb3  SBäljler  fein  Stecht  ebenfo  auSbrüdlidj  unumtounben  an 
toie  ba3  ber  übrigen  fed)3  Äurfürften. 

Äann  aber  nadj  ber  SBatjlproflamation  $erjog  $einrid)  tum 
©atjetn  nidjt  eine  felbftänbige  ©timme  geführt  t)aben,  fo  mu| 
feine  unjtoeifetyaft  bejeugte  Xeihta^me  an  ber  933af)l  notmenbig 
fo  erflärt  toerben,  bafj  er  neben  feinem  ©ruber  fiubroig  als  %t\U 
Ijaber  ber  Sßfaljgraffdjaft  bie  pfäljiföe  ©timme  geführt  Ijat.  2)ic 
güfjrung  einer  Sturftimme  burdj  mehrere  Berechtigte  fommt  in 
ber  nädjftfolgenben  3*ü  öfter  üor.  ©o  führten  biefelben  ©rüber 
bei  StubolfS  &$al)l  jufammen  eine  ber  fieben  fturftimmen  ratione 
ducatus  (Bawarie).1)  ©ei  ber  SBaljt  §einritf(3  VII.  im  3a^re 
1308  führte  ber  STOarfgraf  SBalbemar  t)on  ©ranbenburg  bie 
branbenburgijdje  ©timme  für  fid)  unb  in  ©ertretung  feinet  O^eim* 
SRarfgraf  Ottos,  jugleidj  aud)  nod)  für  ben  gafl  ifyrer  ©ered)tt* 
gung  eine  Suentualftunme  für  ©adjfen  a(3  ©ertreter  ber  ^erjöge 
Sodann  unb  ©rief). 2)  ©ei  ber  SBa^I  (Ständer*  bon  ©djtoarjburg 
1349  führten  bie  jädtfifclje  ©timme  bie  beiben  $erjöge  Srid)  ber 
ältere  unb  Sridj  ber  Süngere,  bie  pfälji|dje  bie  $fa(jgrafen 
Stubolj  unb  SRuprcdjt. s)  3n  folgen  gäHen  fteHten  bie  mehreren 
gleichberechtigten  Sntyabcr  beS  gürftenamtö  ben  Sßfatjgrafen,  ben 
SKarfgrafen,  ben  §erjog  bar,  roie  aud)  baä  SRotariatdinftrument 
über  baö  Stenjer  2Bei*tum  Dorn  16.  Suli  1338  ba£  auSbrürft, 
domini  Radulphus,  Rupertus  et  Rupertus  ac  Stephanus, 
representantes  cornitem  palatinum  Reni.4) 

l)  Mon.  Germ.  Conat.  III,  Kr.  83,  @.  711. 
■)  Mon.  Germ.  LL.  II,  ©.  400  ff. 
8)  Olenfc^lager,  6taat«gefäi*te,  U.-8.  Mr.  101,  6.  276. 
4)  girier,  6ifrimg3bericf}te   b.  Wiener  «f.  XI,  @.  703  f. ;    jefrt  atufi 
9*.  Hrdjit)  XXX,  6.  111. 


3)ic  bitymtfdje  unb  bie  ba$rifd>t  Äur  im  13.  3a§r$unbert.        219 

SRit  btefer  (Srflärung  ift  audj  ber  SBortlaut  ber  Don  ©Reffet« 
93oid)orft  für  bie  leilnafjme  be£  ©atyerntjerjog*  an  ber  JBafjl 
Hon  1257  beigebrachten  3eugntffe  burdjauS  in  ©nflang  ju  bringen, 
©anj  jtoeifello*  ift  baS  ber  gafl  bei  ben  beiben  nrid)tigften  er* 
jätylenben  Quellen. 

^ermann  oon  Slltaid)  berichtet:  Ubi1)  ($u  granffurt)  dum 
quidam  convenissent,  Mogontinus  et  Coloniensis  archiepi- 
scopi  et  Ludwicus  comes  Palatinus  Rheni  et  frater  suus 
dominus  H.  dux  Bawarie  in  Rychardum  .  .  .  convenerunt. 
35er  Serfaffer  nennt  einfad)  bie  an  ber  3Baf)l  beteiligten  $erfonen 
nebeneinanber,  of)ne  oon  ber  Art  ber  teilnähme  ber  einzelnen 
etioad  ju  jagen,  trol)t  aud)  otyne  baüon  ju  toiffen.  ©benfo  ber 
©atjburger  Snnaüft:  Ludwicus2)  comes  palatinus  Reni  et 
Hainricus  dux  Bawarie  frater  eius  cum  episcopis  Mogun- 
tino  et  Coloniensi  fratrem  regis  Anglie  in  regem  Roma- 
norum, accepta  ab  eo  magna  quantitate  pecunie,  elegerunt. 

Aber  aud)  ber  3nf)alt  ber  Urfunbe  ffiubotfä  Don  #ab$burg 
üon  1275  ftefjt  bem  nid)t  entgegen.3)  Qiefe  für  bie  ©efdjidjte 
ber  ÄönigStoat)!  unb  be«  fturffirftenfoßegiumä  fo  toidjtige  Urfunbe  ift 
oft  gebrudt  unb  oft  interpretiert;  unb  bod)  ift  erft  ber  jfingft 
oon  3.  ©djioalm  na$  f orgfältiger  Reoifton  be$  Originals  oeröffent» 
lichte  Icjt  oöQig  forreft;  unb  biefer  enthält  ein  paar  «nbe* 
rungen,  meiere  jetgen,  bafe  bie  neuerbing*  I)errfd>enb  geworbene 
(Srflärung  in  cinjelnen  nid)t  unwichtigen  fünften  fehlgegangen 
ift.  ffitr  muffen  baljer  auf  ben  3nfjalt  ber  Urtunbe  nod)  einmal 
nätjer  eingeben. 

flönig  9tubolf  beurfunbet  folgenbe* :  Huf  bem  am  15.  9Rai 
1275  ju  Augsburg  gehaltenen  9teid)$tage  entftanb  ein  ©treit 
jmifdjen  ben  ©efanbten  Dttafarö  oon  Söhnten  unb  ben  ©et) oll* 
mfid)tigten  §erjog  §einrid)3  Oon  Sägern  über  ben  ©efifc  be& 
ftftnig$roaf)Ired)te3  (super  quasipossessione  iuris  eligendi  regem 
Romanorum).  $)er  anroefenbe  unb  als  Jperjog  oon  Dberbatyern 
an  ber  ©adje  beteiligte  Sßfaljgraf  Subtoig  griff  in  ben  ©treit 
ein  unb  behauptete  mit  ben  JBeoolImädjtigten  feine«  SBruber«,  bafe 
tynen  beiben   auf  ©runb  tyreä  $er$ogtum8  ©atjern   ein   Stur« 

»)  Mon.  Genn.  SS.  XVII,  6.  397. 

•)  Mon.  Germ.  SS.  IX,  ©.  794. 

*)  Mon.  Germ.  Const.  III,  Hr.  83,  8.  71;  t)fll.  Reg.  imp.  VI,  874. 


220  ßarl  geumcr, 

rcd)t  mm  Stttord  l)er  jufietye  (racione  ducatus  Bavarie  hoc  eis 
competere  ex  antiquo). 

Um  biefen  ©afc  ju  begrünben,  fagt  nun  junädjft  bec  $fa(}' 
graf  Subtuig  feierlich  auS,  ba&  fein  ©ruber  §einrid)  bei  ber  2Bat)l 
König  9Jid)arb8  perjönlid)  mit  itpn  nnb  ben  anberen  SDJitfurffirften 
jugegen  getoefen  fei  (cum  ceteris  principibus  coelectoribus), 
unb  fie  beibe  mit  ben  übrigen  8BaI)lbered)tigten  Stidjarb  jum 
Könige  geroäfylt  Ratten  (in  eum  uterque  direxit  legaliter  votum 
suum  eundem  in  Romanorum  regem  una  cum  aliis  con- 
principibus  ius  in  hoc  babentibua  eligendo).  93i3  tjierfpr 
fann  bie  ©rflärung  nic^t  ftreitig  fein.  SRun  aber  folgt  ein  mit 
deinde  eingeleiteter  ©a$,  in  meldjem  über  bie  ^Beteiligung  be3 
$erjog3  §einrid)  neben  ber  be£  Sßfaljgrafen  an  SRubolfS  S8al)t  au8« 
fttyrlid)  berietet  nrirb,  unb  bie  üon  SBeilanb,  ©d)effer«93oid)orft 
unb  SReblid)  nicht  als  eine  toeitere  Sluäfage  be$  ?ßfatjgrafen, 
fonbern  als  eine  foldje  be$  Königs  felbft  aufgefaßt  mirb.1)  5)aö 
fdjeint  mir  unrichtig  ju  fein.  2Bar  bodj  König  SRubolf  bei  feiner 
SBaljl  nidjt  felbft  jugegen,  fo  baß  er  Aber  bie  einjelnen  Vorgänge 
bei  berfelben,  toie  ben  Sßroteft  be«  böf)mifd)en  ©efanbten,  bie 
Übertragung  [amtlicher  ©timmen  auf  ben  Sßfaljgrafen  Subnrig 
jum  groecfe  ber  feierlichen  Kur  burdj  ben  Kfirfprudj,  nur  lieber 
auf  ©runb  ber  SBeridjte  anberer  trotte  auäfagen  fönnen ;  ma^renb 
im  Sßjaljgrafen,  ber  bamalS  im  SWittelpunfte  ber  3Bat)ll)anblung 
geftanben  Ijatte,  für  biefe  Vorgänge  ber  fad^funbigfte  3eu8e  t)or* 
Rauben  mar,  ber  hierüber  nod)  beffer,  meit  au£  frifdjer  Sr* 
tnnerung,  auäjufagen  üermod)te  als  aber  bie  fdjon  ferner  (iegenbe 
3Ba!)l  üon  1257. 

$a&  König  «ubolf  in  biefem  ©*rid)te  fic§  felbft  in  erfter, 
ben  Sßfaljgrafen  in  britter  Sßerfon  nennt,  beruht  eben  barauf, 
bafc  er  ber  9lu$fteQer  ber  Urfunbe  mar.2)  ÜÄeiner  SWeinung  nad) 
ift  eS  nidjt  nur  nid)t  notroenbig,  baS  3euÖniö  fit)er  bie  ®a^ 
SRubolfS   biefem  felbft  beijumeffen,   fonbern  gerabeju   unmöglich. 


l)  Sie  gtoetfei,  welfle  töebli«,  SRitt^.  b.  3nft.  f.  öfterr.  ©efä.sgorf*. 
X,  @.  417  f.  nodj  äu&erte,  $at  er  fpäter  Reg.  imp.  VI,  374  unb  ffiuboif 
ton  fcabSburg  ©.  240  unterbrücft. 

■)  3Ran  beachte  j.  93.  ba8  entforedjenbe  SSerfafjren  in  bem  (Sntnmrf 
ber  S3uQe  Qui  celam.  $er  $apfi  fpridjt  bort,  too  er  ben  öeridjt  ber 
Gfefanbten  ftigarbS  fiber  beffen  SBa^l  miebergtbt,  tum  8tt$arb  in  jrocitcr 
$erfon:  te  —  elegerant  ufto. 


$ie  bd$mif$e  unb  bie  baürlfäe  Stur  im  13.  3a$r$unbert.       221 

Der  Äönig  f>at  nur  im  Änfdjtufc  an  tiefe«  «ßeugni*  eine  mfinb* 
luf)e  Srflfirung  abgegeben,  bie  ftd)  toafjrfdjeintid)  nur  auf  ben 
Sntyitt  be*  unmittelbar  Dorfjergeljenben  ©a$e*  bejog. 

Gfe  ift  nun  un§toeifell)aft  fjödtft  bead)ten*toert,  bafc  in  bem 
©eridjt  aber  bie  ©afjl  Don  1257  nidjt  au^brücfltd)  erflärt  toirb, 
bafe  bamal*  $er}Og  $einrid)  ratione  ducatus  mitgeto5f}tt  fyibe, 
rttyrenb  baft  fär  bie  ©at>l  Don  1273  auf  ba*  nadjbrfidlicfrfte 
behauptet  toirb.  Stadlern  bann  berietet  ift,  ba&  bie  übrigen 
SMtyler  bem  Sßfaljgrafen  flubtoig  ben  Auftrag  erteilt  Ratten,  in 
tyrer  aller  tarnen  ben  Äönig  ju  füren,  Reifet  tS:  Qui  com« 
missum  huiusmodi  in  se  reeipiens  suo  et  dicti  H.  ducis 
fratris  sui  ac  omnium  aliorum  prineipum  ius  in  electione 
habencium  auetoritate  et  nomine  in  Romanorum  regem 
8ollempniter  nos  elegit,  voeibus  eorundem  fratrum  dueum 
Bawarie  comitum  palatinorum  Reni  racione  ducatus  pro 
una  in  septem  prineipum  ius  in  electione  regis  Rom(ano- 
rum)  habencium  numero  computatis,  prout  eciam  in  pre- 
dieta  curia  Augustensi  vive  nostre  vocis  eloquio  utrique 
ip8orum  in  presencia  nuntiorum  prefati  regis  Bohemie  .  .  . 
recognovimus  et  recognoseimus  manifeste. 

S)iefe  ©teile  fdjeint  mir  nur  ben  ©tnn  fjaben  ju  fönnen, 
baß  bie  Starte  voeibus  —  computatis  ftd)  nur  auf  bie  ffia^t 
SRubolfft,  auf  ba£  unmittelbar  Dorfyerge&enbe  sollempniter  nos 
elegit  bejteljen,  nttf)t  toie  ©d)effer»8oid)orft  mollte,  aud)  auf  ben 
toeit  DorauSgefjenben  ©eridjt  über  bie  SBaI)l  fflidjarb* ;  unb  biefe 
tatfadje,  ba&  bei  feiner  eigenen  3Baf)(  bie  Stimmen  ber  beiben 
©ruber  ratione  ducatus  alft  eine  ber  fteben  Rurftimmen  geregnet 
feien,  erfennt  JRubolf *)  fofort  burd)  eine  münblidje  (Erflärung  an. 
Gute  foldje  fonnte  er  fet>r  tool)l  auf  @runb  eigener  Stenntniä  ab« 
geben,  ba  biefe  Xatfadje  it>m  bo$  xooijl  bei  ber  9ta$rid)t  Don 
feiner  8Baf)(  mitgeteilt  toar  ober  it>m  fonft  fofort  befannt  toerben 
mufete.  Sttdjt*  berechtigt  alfo,  au«  ber  «u*fage  be*  ^faljgrafen 
über  bie  Zeitnahme  feine«  ©ruber*  an  ber  3Baf)(  Don  1257  ju 
fd)lie&en,  biefe  fei  auf  ®runb  be*  batjrifdjen  ^erjogtum*  erfolgt. 

*)  Hur  biefer,  nid&t  wie  Hebli$,  Reg.  imp.  VI,  374  meint:  „SBie 
jeber  Don  i$nen  beiben  (ft.  fflubolf  unb  ber  $fot^graf  fiubwig)  auf  btefem 
fcoftage  . . .  anerfannt  &abe".  $a*  SRifcDerfianbnt*  beruht  »o&l  no$  auf 
ber  falfdjen  fieftart  uterque  ftatt  utrique,  maft  natürlich  Reifet:  tynen 
beiben,  bem  $falggrafen  unb  feinem  ©ruber. 


222  #ari  JJeumer, 

2)ennod}  fyat  man  bie  ÄuSfage  in  bicfcr  Stiftung  üertoertet, 
tnbcm  man  betonte,  ber  Änfprud)  ber  beiben  ©ruber  betreffe  bod) 
gerabe  ba8  batyrifdje,  nidjt  ba$  pfäljifdje  Äurredjt.  ©djeffeT* 
93oid)orft  finbet  e$  ganj  unbegreiflich,  toie  man  aud  unferer 
Urfunbe  tyabe  entnehmen  fönnen,  ber  Sßfaljgraf  f>abe  Don  einer 
gemeinfamen  Ausübung  ber  Sßfäljer  Stur  bei  SftidjarbS  SBatjl 
gerebet.  „5)a$  Riefte  ja  bie  gorbcrung  unb  3u'affun8  *mtt 
batjrifdjen  Stur  burdj  ba«  SSorljanbenfein  einer  Sßfäljer  begrfinben."1) 

3)er  ©ntoanb  märe  begrünbet,  toenn  Sßfafjgraf  Submig  in 
feiner  SluSfage  über  bie  2Baf)I  SRidjarbä  atö  SRec^tdgrunb  ber 
$eünaf)me  beä  §erjog8  Jpeinridj  bie  ^faljgrafentoürbe  bleiben 
angegeben  ober  angebeutet  t)ätte.  1)a8  öermeibet  er  aber  burdjauS. 
6r  begnügt  fid),  bie  nadte  Satfadje  feiner  Setlna^tne  ju  bejeugen, 
o^ne  anjugeben,  ob  fein  SRedjt  auf  bad  ^erjogtum  ober  bie  Sßfalj 
gegrünbet  mürbe.  3)er  3roecf  freiließ,  ju  meinem  bie  WuSfage 
fcorgebradjt  tourbe,  ba$  thema  probandum,  mar  bie  SBegrünbung 
be$  2Bat)lred)t$  ratione  ducatus,  unb  inbem  Submig  in  folgern 
3ufammen^ange  bie  einfache  Satfadje  ber  £eilnal)me  beS  l)ier  nur 
als  dux  Bawarie  bejcidjnctcn  SBruberS  an  jener  2Baf)l  bejeugt, 
miß  er  baburd)  ba*  alte  Äurredjt  be$  batjrifdjen  $erjogtum$  mit 
begrünben  Reifen.  2J?an  fann  barin  eine  ä^ijöngigfeit,  eine  Un* 
reblidjfeit,  ein  abfid)tlid)eS  Unterbrücfen  einer  bem  Sßfaljgrafcn 
befannten  $atfad)e  erblicfen.  5)enn  am  13.  3anuar  1257  mußte 
er  unjroeifelt)aft,  bafe  fein  ©ruber  nidjt  als  §erjog,  fonbern 
als  Sßfalggraf  mitmät)lte.  gaUS  jener  atö  &erjog  Don  23at)ern 
eine  felbftänbige  fturftimme  geführt  l)ättc,  tjatte  feiner  in  ber 
?ßroflamation  ber  2Bat)l,  in  meld)er  aBe,  benen  ein  felbftänbige* 
SSotum  jufam,  angeführt  ttmrben,  nottoenbig  gebaut  toerben 
muffen,  mät)renb  eS  überpüffig  erfd)einen  mochte,  neben  bem  als 
OTitauSfteHer  ber  ^roflamation  genannten  Ludovicus  comes 
palatinus  Reni,  als  bem  anerkannten  3nf)aber  beS  Sßfaljgrafen* 
amteS,  aud)  nod)  beS  SatyerntjerjogS,  ben  fein  ©ruber  auf  ©runb 
eine*  jmeifelt)aften  Slnfprud)S  jur  £eilnat)me  an  ber  pfäljifd)en 
Stimme  jugelaffen  tjatte,  auSbrücflid)  @rmät)nung  ju  tun.  6$ 
fdjeint  mir  aber  nidjt  einmal  nötig,  bei  fiubmigS  SluSfage  bom 
15.  2Wai  1275  ein  böswilliges  SBerfdjtocigen  eines  itjm  befannten 
erheblichen  UmftanbcS  üorauSjufefcen.    2id)tjet)n  3af>re  maren  feit 

')  «.  a.  0.  ©.  476. 


$ie  böfjmif$e  unb  bie  baJjrifäe  Shir  im  13.  3a$r$unbert.        223 

tRtdjarb*  2Baf)t  vergangen ;  ba  fonnte  toof)t  bie  Anfielt  beft  Sßfat  j» 
grafen  aber  ben  SRed)t*grunb  ber  Zeitnahme  feine«  ©ruber«  fid) 
umoiüfürlidj  geänbert  !>aben.  Unter  betn  ©influfj  be£  anbauern* 
bat  Sruberjtoifteä  mochte  e*  flubtoig  im  Saufe  ber  3af)te  toirf* 
tid)  jmeifetyaft  getoorben  fein,  ob  er  ben  ©ruber  bamatö  als 
$fa(jgrafen  tyabe  mitwählen  laffen,  beffen  Änfprudje  auf  einen 
Anteil  am  pfäljifdjen  gürftenamte  er  jefet  fieser  nidjt  anerfannte. 
ffite  bem  ober  aud)  fei,  jebenfaBte  tyat  er  formell  oöQig  forreft 
fid)  auf  bie  öejeugung  ber  einfachen  Xatfadje  befdjränft,  bafc 
fein  ©ruber  1257  mitgetoäljlt  t)abe. 

Äudj  bie  Urfunbe  oon  1275  ift  alfo  nidjt  imftanbe,  bie  er* 
brficfenbe  ©eloeiSfraft  ber  $rof(amation  Dom  '13.  3anuar  1257 
irgenbmte  abjufdjtoädien.  Durcf)  biefe  fte&t  e«  tooflfommen  feft, 
bafj  t)on  einer  baljrifdjen  Jturftimme  im  3al>re  1257  niemanb 
ettoa«  nmfete,  bafe  oielme&r  oon  beiben  Parteien  ftetö  ber  Sfönig 
oon  Söfpnen  allein  alä  Snljaber  ber  fiebenten  fturftimme  an« 
gefeipn  mürbe.  Srft  im  Sabre  1273  ift  ber  Änfprud),  ba&  bem 
$er&ogtum  Sägern  eine  ber  Shirftimmen  &uftef)e,  für  eine  Steige 
oon  3a(jren  ju  einer  gemiffen  «nerfcnmtng  gefommen.  Auf  bie 
<£mftet)ung  unb  furje  ©efdjidjte  biefer  batjnfdjen  ftur  motten 
mir  nun  eingeben. 

2.  Die  3Bat)(  föubolf«  oon  §aböburg  unb  ber  «ug«* 
burger  SReidjätag  oon  1275. 

SBenn  §erjog  §einrid)  oon  Slieberbatjern  nadj  bem  am 
24.  Oftober  1271  erfolgten  £obe  fetner  ©emaljlin  an  $apft 
©regor  X.  bie  Sitte  richtet,  biefer  möge  feinen  ©tanb  ju  bem 
ber  übrigen  Sturfurften  be$  SReidjeö  bnrdj  feinen  väterlichen  ©egen 
etlpben  unb  feinen  Leibern  nidjt  fein  Ctyr  leiten  (nostrum 
fltatum  inter  ceteros  Roraani  iruperii  electores  paterna  bene- 
dictione  dirigere  .  .  .  nee  aecommodare  de  facili  audientiam 
relatibus  emulorum)1),  fo  ift  e$  jtoeifelbaft,  ob  eä  fidj  l)ier 
um  Änerfennung  eines  Anteils  an  ber  $fa(}er  Sfur  ober  um 
Vnerfennung  eines  neuen  batyrifdjen  Äurredjte*  ^anbelte.  3)ie 
le$tere  Deutung,  bie  neuerbingS  oorgejogen  mirb2),  f>at  mof)l  bie 

l)  $ej,  ThenAurus  aneedot  VIb,  137. 

")  6o  Don  ©rf)tffer-9otd)orft,  a.  a.  O.  6.  481,  «mn.  2,  bem  ftebHcft, 
Jtubolf  oon  $ab*burg  6.  165  folgt. 


224  ftarl  geumer, 

größere  2Baf)rfd)einlid)teit  für  fidj,  tuenn  ntcfjt  etma,  roa£  nid)t 
auägef c^loffen  fdjeint,  §eiimdj  feinen  turfürftfidjen  ©tanb  auf 
Anteile  an  beiben,  ber  anerkannten  pfaljtfc^en  Stur  unb  ber  an« 
geftrebten  batyrifdjen,  begrünten  mollte.  Sßfaljgraf  Subtoig  mag 
foldje  SßWne  fetned  ©ruber«  toemgftenS  bejüglidj  ber  batpiffyn 
Stur  begünftigt  fyaben,  ba  eine  foldje  i^tn  einerfeitö  für  feine 
eigene  £I)rontanbibatur  nufclid),  unb  anberfeitS  jtoecfmä&ig  er* 
fdjeinen  mochte,  bie  Änfprüdje  be3  SBruberS  auf  bie  pf&tyfdje 
Stur  abjulenfen  ober  abjutaufen.  $ie  Satfadje,  bafc  §einrid) 
t)on  Satyern  an  ber  legten  $5nig3toat)t  Don  1257  teilgenommen, 
einerfeitä,  unb  anberfeitS  bie  Steigerung  be8  ißfaljgrafen,  bem 
©ruber  einen  Anteil  an  ber  pffifjifdjen  ©timme  jujugeftefien, 
fönnen  fefp  mof)t  ben  ©ebanfen  einer  befonberen  baijrifdjen  &ur 
Ijeroorgerufen  ^aben.  Sä  mochte  atö  ®runb  für  bie  3u^affunfl 
einer  batyrifdjen  Sturftimme  in  biefem  befonberen  gaQe  geltenb 
gemacht  »erben,  bafj  auf  eine  üRitmirtung  99öf)men3  nidjt  ju 
rechnen  fei,  unb  man  mit  ber  batjrifdjen  ©timme  bie  ©iebenjaf)l 
ergänjen  fönne;  toobei  man  ftdj  mofjl  menig  ©orgen  barum  machte, 
bog  bod)  einmal  ber  gaQ  eintreten  tonne,  bag  fid)  ade  ad)t 
Shirftimmen  ju  einer  3Bat)l  Dereinigten.  3Ran  faf)  nur  auf  ben 
nädjften  3roecf,  für  ben  man  bie  batyrifdje  ©timme  als  Surfen* 
bü&erin  ftatt  ber  böljmifdjen  brausen  tonnte.  $>em  batyrifdjen 
§erjogtum  fiel  I)ier  eine  9toQe  mirllidj  ju,  metdje  eS  nad) 
©c^eff et*S3oi(j^ orf td  Meinung  fdjon  1257  einmal  gefpielt  f)aben 
foUte. 

£a&  gur  2Baf)t  beS  3al)reS  1273  §einridj  Don  Sägern 
gefaben  mar,  ift  nid)t  ju  bejtoeifeln J),  nur  ftebt  nidjt  feft,  ob 
ratioue  ducatus  ober  ratione  palatinatus.  Shid)  in  bem  an 
if)n  gerichteten  ©nlabungSfdjreiben  ift  bad  toot)f  taum  jum  8ufr 
brucf  gefommen.  ©benfomenig  aber  barf  man  bejmeifeln,  bafc 
aud)  Stönig  Dttafar  geloben  mürbe.2)  ©ein  Sturredjt  ftanb  bod} 
feit  1257  ganj  jmeifelloS  feft,  uitb  man  l)ätte  burd)  feine  Sticht* 
bcrücffidjtigung  it)m  eine  mertooHe  SEBaffe  für  bie  Anfechtung  ber 


l)  3)afür  fprtdjt,  wie  SBeilanb  mit  Sfec^t  $erborge$oben  $at,  bie  au*= 
brücfltcb  in  ber  Urfunbe  üon  1275  Ijeröorgeljobene  (Sntfdjulbigung  feine« 
perföniidjen  gernbleiben«  mit  echter  Kot  burd)  feine  ©efanbten,  f.  gorfd}. 
j.  b.  ®efd).  XX,  <B.  312.  TOMerS  abroei^enbe  9Inft4t  @.  36  bürfte  w* 
begriinbet  fein. 

f)  ttnberer  fcnfitft  ©eilanb  a.  a.  O.  3.  312. 


X>ie  böfyntfäe  unb  bic  ba^nfc^c  $ur  im  13.  3a$r$unbcrt.        225 

ffiafjl  Äubolf«  in  bie  §anb  gegeben,  ba  nad)  bcm  in  ber 
2)efretalc  Venerabilem  t)on  Snuojenj  III.  Derfünbigten  ©runb* 
fa|e  e$  anerfanntefc  SRec^t  mar,  bog  einer  Sßafjl  mef)r  bie  9?id)t* 
berücffidjtigung  eines  ^Berechtigten  als  ber  SBiberfprud)  Dieter 
fd)abe:  cum  explorati  sit  iuris,  quod  electioni  plus  con- 
temptus  unius  quam  contradictio  multorum  obsistat,  unb 
irgenb  toeldjen  SRedjtSgrunb  ober  SBortoanb,  tyn  nidjt  ju  (oben 
unb  fomit  Don  Dornljerein  Don  ber  2Baf)t  auSjufcfjlie&en,  gab  e£ 
bodj  aud)  ntd)t.  2)enn  bog  man  fid)  nad)  ben  Vorgängen  Don 
1252,  1256  unb  1257  jefct  ettoa  auf  Site«  Don  SRepgoto  faben* 
peinigen  auSfdjIie&ungögrunb  berufen  f)aben  foflte,  ift  mo^l  nid)t 
anjunefymen.  gfir  bie  ©nlabung  be$  Äönig«  fpridjt  aud),  ba§ 
er,  ebenfo  tote  §einridj  Don  SBaljew,  auf  bem  2Baf)ltage  burd) 
eine  ®efanbtfd)aft  oertreten  toar,  unb  bafe  feine  ®efanbten  ntdjt 
Don  oornf>erein  Don  ben  3BaI)foerf)anblungen  auägefdjloffen  mürben. 

<E$  toaren  atfo  antoefenb  am  SBa^ltage  perfönlidj  fedjd  ftur* 
färflen  unb  vertreten  jtoei,  Dorauägefefct,  bog  man  Don  Dom* 
herein  eine  baijrifdje  ©timme  anerfannte  unb  bie  ©cfanbten 
§einricfi*  nidjt  als  bie  eine«  $eilt)aber$  ber  pffitjifdjen  Stimme 
betrachtete. 

Über  bie  SSorgänge  bei  ber  2Baf)l  fetbft  f)aben  mir  jtoei 
Quellen:  bie  me&rertoäfjnte  Urfunbe  Don  1275  unb  ba£  ©djreiben 
Ottafar*  an  ©regor  X.,  meines  too#  balb  nad)  8tubolf$  ftrö* 
nung  ju  Stachen  abgefanbt  fein  bfirfte.1) 

2)a  nur  burdj  genaue  Interpretation  beiber  Duellen  bie 
3n>cifel  aber  jene  Vorgänge  behoben  toerben  fönnen,  fo  muffen 
mir  bie  ^auptfteQen  berjelben  tjier  einrficfen. 

Urfunbe  Don  1275:  Deinde  vero  electionis  tempore  apud 
Franchenfurtte  de  nobis  ab  omnibus  principibus  ius  in 
electione  habentibus  concorditer  celebrate,  per  nuntios  et 
procuratores  eiusdem  ducis  H.,  videlicet  Heinricum  pre- 
positum  Oetingensem  et  Fridricum  rectorem  ecclesie  de 
Lantshuot,  ipsius  absentiam  propter  impedimenta  legitima 
legitime  excusautes,  presente  venerabili  Berbtoldo  Babeu- 
bergensi  episcopo.  procuratore  predicti  regis  Bohemie,  et 
centradicente  quidem  ipsis  procuratoribus,  set  ipsius  contra- 
dictione  a  principibus  electoribus  omnibus  tarn  ecclesiasticis 

")  Mon.  Germ.  Const.  UI,  9fr.  16,  ©.  19. 
ftiftotifftf  Britfftrift  f»b.  94)  91.  &.  8b.  LVIII.  15 


226  ftarl  3eumer, 

quam  secularibus  non  admissa,  in  dictum  L.,  comitem 
Palatinum  nostrum  tilium  una  cum  aliis  principibus  Om- 
nibus, qui  in  nos  direxerant  sua  vota,  prout  iamdicti 
procuratores  in  mandatis  receperant,  concorditer  extitit 
conpromissum.  Qui  commissum  buiusmodi  in  se  recipiens 
suo  et  dicti  H.  ducis  fratris  sui  ac  omnium  aliorum  prin- 
cipum  ius  in  electione  babencium  auctoritate  et  nomine  in 
Romanorum  regem  sollempniter  nos  elegit,  vocibus  eorun- 
dem  fratrum  ducum  Bawarie  comitum  palatinorum  Reni 
racione  ducatus  pro  una  in  Septem  principum  ius  in  elec- 
tione regis  Rom(anorum)  habencium  numero  conputatis. 

Schreiben  OttafarS  an  ©regor  X.:  Unde  cum  principes 
Alemanie,  quibus  potestas  est  cesares  eligendi  .  .  .,  qui 
concorditer  in  quendam  comitem  minus  ydoneum,  solemp- 
nibus  nostris  nunciis,  quos  Vrankenvurt,  ubi  celebrari 
debebat  eleccio,  nostros  procuratores  miseramns,  contra- 
dicentibus  et  reclamantibus  evidenter,  vota  sua  direxerant 
et  eundem  in  gravamen  imperii  nostrumque  preiudicium, 
postquam  solempniter  appellavimus  ad  sedem  apostolicam, 
sacri  dyadematis  insigniverunt  maiestate,  ad  vos  . .  .  una 
cum  imperio  recurrimus  irracionabiliter  pregravati  s(ancti- 
tatem)  v(estram)  suppliciter  exorantes,  quatinus  nos  non 
permittatis  in  iure  nostro,  quod  prefati  principes  manifestis 
deprimere  conantur  iniuriis  et  infestis,  aliquatenus  concul- 
cari  .  .  . 

eebr  aerjdneben  bat  man  nun  biete  Quellen  gebeutet,  ja 
junt  ?eil  umgebeutet,  unb  ift  bcmgemäfc  ;a  brn  &erfd)iebenften 
3lufiaffungcn  ber  Vorgänge  gelangt. 

Äad>  ber  neueften  3>arfteQung.  bie  $eblidj  in  feinem  „Siubotf 
Don  $üM*UTg*  in  toeientUd>er  Übercinftimmnng  mit  feiner  früheren 
^arfteüung  in  ben  Siegelten  9tubclf^  gibt1),  tptte  ber  ©efanbte 
Ottafart,  naebbem  er  etniab,  beb  gegenüber  ber  gefd)loffenen 
SRajorität  ber  übrigen  äurfüiuen  eine  SSabl  Cttafart  nidjt  burd}» 
}uje$en  ttwr,  gegen  jRubolff  Slxibl.  betten  Eignung  unb  oieüetd)t 
beffen  CßAblbarfett  er  leugnete,  Smfprudi  erhoben.  9tad)  3*rcfi<f" 
nmiung  btefe^  AnipnKbf  baue  jener  bann  auch  gegen  bie  SRidjt- 
berücffutitigung  inner  Stimme  proteftiert    $ie  übrigen  jhtrfüiften 

IN  Shrtelf  *  £   £.  1*4;  K**  imp   VI,  S  6*. 


X>ic  böfynifdje  unb  bie  baprifdje  ftur  im  13.  3a$rfymbcrt.        227 

aber  Ritten,  um  bie  fdjon  feftftefjenbe  ©iebenjaljl  ju  ergänzen, 
bie  ©efanbten  be3  §er$og$  §einrid)  jufammen  mit  bem  $fal^ 
grafen  fiubmig  jur  gütyrung  einer  befonberen  Stimme  ratione 
ducatus  jugelaffen,  roa£  mot)(  fdjon  Dörfer  in  SBorauäfidjt  ber 
able^nenben  Haltung  {Bödmend  üereinbart  morben  fei.  ©d)ärfer 
al*  Ijier  fjat  SReblid)  feine  Anficht,  ba&  ©dornen  oon  ber  SSa# 
gerabeju  au3gefd>loffen  unb  burd)  Sägern  erfegt  fei,  in  einer 
früheren  Äbtjanblung1)  im  änfdjlufe  an  frühere  gorfc^er  jum 
Sluabrucf  gebracht. 

(Segen  bie  Annahme,  bog  bti  ber  SBaljl  üon  1273  bie 
bö()mifd)e  @timme  auägefdjloffen  unb  burd)  bie  batjrifdje  erfegt 
morben  fei,  tjatte  fdjon  gtcfer  in  feiner  berühmten  äbfyanblung 
aber  bie  ©ntftefjungäjeit  beä  ©djroabenfpiegels2)  redjt  erljeblid)e 
SBebenfen  geltenb  gemalt,  unb  SInton  SWfiUer  f)at  bann  einen 
fcuSfdjlufe  JBö&menS  auf  ba£  entidjiebenfte  in  Hbrebe  gefteQt3); 
mie  mir  jdjeint,  mit  DoQem  Sterte.  Die  Quellen  melben  ntc^t^ 
batoon,  unb  ein  innerer  ©runb  für  bie  Annahme  ift  nidjt  üor» 
Rauben. 

$on  ben  Quellen  bejeugt  bie  eine,  bie  Urfunbe  üon  1275, 
bog  ber  böt)mijd)e  ©efanbte  ben  batjrifdjen  ®efanbten  miber« 
jprodjen,  b.  f).  gegen  bie  Zeitnahme  berfelben  an  ben  Sßat)lf)anb* 
lungen  SBiberfprud)  erhoben  t^abe,  bod)  o^ne  bog  biefer  SBiber« 
fprud)  öon  ben  äbrigen  2Bäf)lern  als  berechtigt  anerfannt  mürbe, 
unb  bog  bann  bie  baijrifdje  SBafylftimme  mie  bie  onberen  für 
fltubolf  abgegeben  fei.  S)er  ©rief  Ottafard  aber  melbet  einerfeitd, 
bog  feine  ®efanbten  gegen  bie  3BaI)(  SRubolfS  atö  eine*  unge» 
eigneten  ®rafen  ffiiberfprud)  erhoben  Ratten,  erfennt  aber  anber* 
feit*  bod)  an,  bog  biefe  8Bat)l  Don  ben  baju  berechtigten  beutfdjen 
dürften  einhellig  (concorditer)  oolljogen  fei. 

§ier  tyu  man  nun  juerft  ben  Sßroteft  gegen  bie  Zeitnahme 
ber  bat)rifd)en  ©efanbten  geleugnet  unb  angenommen,  ber  $ro> 
teft  gegen  SRubolfä  SBatyl  fei  erft  127ö  ju  einem  gegen  bie  Zeil* 
nalpne  SBatjern«  gerichteten  Sßroteft  umgebeutet  morben.4)  3d) 
aber  bin  ber  SWeinung,  ba&  man  ein  fo  auSbrücflidjeS  Quellen« 
jeugntS,  beruf)enb  auf  ber  feierlichen  ?lu$fage,  oor  oerfammeltem 

l)  SRittfril.  be«  3nft.  f.  öfterr.  ©tfdMfcorfd).  X,  ®.  353  f. 

•)  @.«ö.  b«  ©icner  «fab.  LXXV1II,  <B.  840  f. 

•)  «.  a.  O.  ©.  21  ff. 

*)  €o  etwa  &icfcr  unb  «ebü*. 

15  • 


228  Staxl  3cumerf 

SReidjStag  abgegeben  Don  einem  ber  nädjftbeteittgten  fturfürften 
über  einen  bod)  fc§r  [innfatltgen  SBorgang,  ber  nod)  nidjt  jmet 
Satyre  alt  aar,  nidjt  fo  otyne  meitereS  fortinterpretieren  barf. 
SBoQten  mir  gegenüber  ber  Armut  an  Quellen  fofdje  3eu8n*ffe 
befeitigen,  fo  mü&ten  mir  meiner  Meinung  DöHig  auf  eine  riet)* 
tige  (SrfenntniS  ber  2)inge  Derjidjten.  SDtefed  3*"gniS  aber  ift 
beSf>alb  befonberS  mistig,  meif  eS  beroeift,  bafj  bie  Sebeutung 
ber  ©efanbtfc^aft  §erjog  §einrid)S,  als  jur  gfifjrung  ober 
3Kitfüf)rung  einer  ©timme  ratione  ducatus  Bavarie  beftimmt 
unb  beauftragt,  üon  Dorntjerein  beutlid)  unb  unjmeifetyaft  ^erüor* 
trat.  Denn  gegen  eine  ©efanbtfdjaft,  meiere  man  als  Vertretung 
beS  #erjogS  §ehmd)  ratione  palatinatus  tyütte  anfetjen  fönnen, 
märe  ja  bon  fetten  eineö  anbern  3Bät>terS  als  etma  beS  ?ßfalj* 
grafen  Subroig  fieser  nidjtS  etngemenbet  morben.  S)a&  aber 
bie  Seilna^me  ber  Vertreter  einer  neuen  SBaljlftimme,  meiere  bie 
gegnerische  Majorität  toerftarfte,  unb  in  meldjer  ein  9tioale  beS 
böt)mifdjen  Äurred)te3  erftetjen  fonnte,  bem  ©efanbten  DttafarS 
Slnlafe  jum  Sßroteft  geben  mu&te,  ift  fetjr  begreiflich.  SBenn  trofcbem 
Ottafar  üon  ber  Seilnaljme  einer  batyrifdjen  ©timme  in  feiner 
Äfagefdjrift  an  ben  Sßapft  fdjmetgt,  fo  erflart  fidj  baS  mof)t  barauS, 
bafc  man  einen  Stfanget,  ber  bie  SBirfung  ber  2Baf)l  t)ätte  beeinträdj* 
tigen  fönnen,  auS  ber  Zeitnahme  eines  Unberechtigten  nidjt  tjer* 
leiten  tonnte,  Kenn  burd)  biefe  Xeifnafyne  baS  SBatylrefultat  nic&t 
beeinflußt  mar.  »or  ber  2Bat)l  $einrid)S  VII.  im  3al>re  1308 
mürbe  burd)  einen  ber  2Bat)ler  eine  ©rflärung  (protestatio)  ab» 
gegeben,  in  melier  alle  etma  anmefenben  nidjt  SBaljlbered>tigten 
aufgeforbert  mürben,  fid)  ber  Sßatjl  ju  enthalten,  jugleidj  aber 
feftgefteQt  mürbe,  baß  etma  bennod)  Don  Unberechtigten  abgegebene 
Stimmen  niemanb  nüfcen  unb  niemanb  fdjaben  f outen,  fonbern 
als  nid)t  abgegeben  angefetjen  merben  foQten  (volui,  quod  voces 
talium,  si  qui  reperirentur  postmodum  interfuisse,  nulli 
prestent  suffragium  nee  alicui  afferant  nocumentum,  et 
prorsus  pro  non  reeeptis  sive  pro  non  habitis  habeantur). *) 
3)iefe  ©rflärung  unb  it)re  SSieberljolung  beiden  folgenben  2Bal)len 
SubtoigS  beS  Vätern  unb  griebrid)S  Don  Dfterreid)2)  jeigt,  ba% 
man  bie  Zeitnahme  eines  Unberechtigten  ntd)t  als  §inberniS  für 

l)  ©.  baS  SBaljlbefeet  fccmriiW  VII.,  M.  G.  LL.  II,  ©.  490. 
*)  ©gl.  bie  2BaI)(berrete  für   beibe  bei  Dlenfölager,  ©taatSgefdjidjte, 
Urfb.  ftt.  25,  <5.  64  unb  SRr.  26,  <5.  67. 


$i€  bö$mifd>e  unb  bie  baqrtfäe  Aue  im  13.  3a$r$unbert.        229 

bie  ©ültigteit  einer  im  übrigen  rechtmäßigen  unb  Don  berechtigten 
Donogenen  9Bof)(  anfal).  S)ie  Berechtigung  ber  übrigen  mar  1273 
unjtorifetijaft,  unb  beäfjatb  fonnte  Dttafar  trofc  feine«  @infprud)8 
gegen  eine  SBaljlftimme  erflaren,  bog  SRubotf  bon  ben  gürften, 
benen  biefcS  SRedjt  pflege,  getoätyt  fei. 

SBie  ober  fonnte  Dttafar  einerseits  erft&ren,  9tubo(f  fei  toon 
ben  ^Berechtigten  einhellig  ertoäfjlt  unb  jugleid),  bafe  biefe  3Bat)l 
gegen  ben  SBiberfprud)  feiner  eigenen  (Sefanbten  (contradicentibus 
et  reclaraantibus)  erfolgt  fei?  3W.  @.  tritt  I)ier  beutlid)  bie 
Änfdjauung  tyerbor,  bog  ber  SBiberfprud)  unb  bie  9ttd)tbeteiligung 
eine«  einzelnen  nid)t  ba$  3uftan^e^oinmen  einer  einzuigen  unb 
bamit  formal  rechtmäßigen  9Bat)l  tynbern  fonnten.  2)er  ^ßroteft 
fdnn  fid)  nic^t  gegen  bie  9titi)tberfidfidjtigung  ber  böljmifdjen 
©timme  gerietet  fjaben,  ba  bie  (Sinfjeüigfeit  ber  ©a^l  trofc  biefer 
abtoetdpnben  ©timme  anerfannt  toirb.  5)er  $roteft  fann  fid) 
nur  gegen  bie  (Eignung  bed  ©etoäfjlten  für  ba£  Äönigäamt  ge* 
richtet  tjaben  unb  richtete  fid)  mat)rfd)ejnlid)  gegen  feinen  ©tanb. 

König  Dttafar  mar  fid)  alfo,  toie  fein  ©rief  an  ©regor  X. 
jeigt,  toot)l  bettmfjt,  bafc  er  eine  rechtmäßige  2Baf)t  nid)t  üerfynbem 
tonnte,  unb  baß  er  bie*  tatfädrfid)  nidjt  fonnte,  ergibt  fid)  auä 
ben  ju  jener  Qtit  über  bie  ftönig3roat)l  f)errfd)enben  änfäau* 
ungen. 

gfir  biefe  SBaf)l  forberte  man  prinzipiell  ©nfjelligfeit  nrie 
für  alle  ©efälüffe  ber  beutfdien  ®enoffenföaften. *)  S)er  ©aetfen* 
fpiegef  fagt  (III,  57):  Die  zu  deine  ersten  an  deme  köre 
benant  sin,  die  ne  sollen  nicht  kiesen  nach  irme  mutwillen, 
wen  swene  die  vorsten  alle  zu  küninge  irwelet,  den  sollen 
se  allererst  bei  namen  kiesen,  gür  ben  erften  Äft  ber  9Bat)l, 
ben  ber  ©adjfenfpiegel  als  erwelen  bezeichnet,  unb  ber  bis  jur 
golbenen  93uüe  ted)nifd)  al$  nominare  in  regem  eligendum 
bezeichnet  mürbe,  für  bie  materiell  entfdjeibenbe  Einigung  über 
bie  $erfon  be3  ju  ©äljlenben  toirb  auäbrücflid)  Sin^eQigfeit 
geforbert  (die  vorsten  alle);  für  ben  jtoeiten  3ttt  ber  SBatf 
aber,  ben  fonfiitutiüen  2Iftf  bie  feierliche  ftur  (electio),  fear  Sin« 
tjeHigfeit  begrifflich  nottoenbtge  ©orauäfefcung,  ba  burd)  ben  Äür- 
fprud)  nur  einer  jum  Röntge  ernannt  toerben  fonnte.  SMefe 
Sin^eüigfeit  mürbe   feit  1257   bei   ben  ftbnig*roat)len   bis   jur 

l)  ©.  herüber  ©ferfe,  fceutfäe*  ©enoffenfäaftfreflt  II,  6.  474  ff. 


230  tfarl  geumcr, 

golbenen  SBuUe  baburd)  äufecrlic^  jum  unjtoeifelf)aften  StuSbrud 
gebracht,  bafe  bie  9Baf)ter  jum  Qmd  ber  3SoHjiet)ung  ber  feiet« 
liefen  Stur  tljre  Stimmen  einem  unter  ifynen  übertrugen,  ber  in 
feinem  unb  ifper  aller  tarnen  unb  Stuftrag  ben  5fönig  for.  S$ 
fonnte  alfo  burd)  ben  feierlichen  Mft  ber  Äur  nur  ein  einheitlicher 
SBiQe  ber  SBätyter  jum  »uäbrucl  fommen. 

SBie  aber,  toenn  eine  SWinorität,  etfoa  gar  ein  einjetner 
SBÄ^ter  toibcrfpradj?  Äonnte  baburd)  nid)t  bie  Äur  oerfjinbert, 
unmöglich  gemalt  werben?  ©enrife  ntdjt!  2)a$  SWajorität* 
prinjip  t)at  in  folgern  gaQe  toof)l  ftetd  in  ber  einen  ober  anberen 
gorm  bie  @nt)d)eibung  herbeigeführt.  2Bar  e$  in  ber  früheren 
3eit  nidjt  immer  bie  jaljlenmä&ige  3Ret)rl)eit,  fonbern  ettoa  bie 
burdj  SRadjt  unb  ?lnfet)en  überroiegenbe  Partei,  meiere  ben  2(u& 
fd)lag  gab,  eine  SDfajorität,  beren  93ort)anbenfein  nietjt  burd) 
©timmenjäl)lung,  fonbern  in  tumultuarifdjer  SBcife  gum  SluSbrud 
fam,  fo  mu&te  nad)  ber  ©efdjränfung  ber  wahlberechtigten  gürften 
auf  bie  geringe  Qofyl  ber  fieben  Äurfürften  bie  Sebeutung  ber 
3af)t  bei  ber  geftfteHung  ber  SWajorität  in  ben  SBorbergrunb 
treten.  Sin  abfragen  ber  ©timmen  wie  e3  bei  ber  nominatio 
eligendi  in  regem  für  bie  2Bat)l  be$  SaljreS  1308  auabrudlidj 
bezeugt  ift,  f)at  too^l  aud)  fonft  in  jener  Sßeriobe  regelmäßig  ftatt* 
gefunben  unb  fonnte  bodj  nur  ben  Qtotd  tjaben,  bie  SWajorität 
feftjufteUen. 

©eit  bem  Anfang  be$  13.  3aljrf)unbert$  toirb  in  5Deutfd)lanb 
bie  @ntf Reibung  burd)  bie  aWefjrjal)!,  bie  „  mehrere  SHenge",  be« 
jüglid)  ber  Urteifcfinbung  unb  Urteitefdjelte  häufiger  f)eroor« 
gehoben.1)  3)er  ©djiebfprud)  jtoifdjen  bem  ©cabifdjof  unb 
ben  ©urgent  oon  Äöln  oom  28.  3uni  12ö8  üerfünbet  bann 
als  allgemeine  ©etootynl)eit  in  Sanb  unb  ©tobt,  bafc  bie  btffcn* 
tierenbe  SWinoritfit  ber  ®d)5ffen  ber  ubereinftimmenben  SWajorität 
folgen  muffe,   audj  menn   beren  Urteil   ungerecht  fei.2)     3)iefe 


')  ©.  herüber  unb  über  ba«  Solgenbe  9L  ü.  3Bretfdj?o  in  ber  gett* 
feftrift  ber  ©aoian^Stiftung  XX,  (£erm.  Mt  6.  186.  $a$u  je$t  no$ 
(5.  SKa^er,  a.  a.  0.  XXIII,  <S.  1  ff. 

*)  3efct  bei  Seutgen,  Urfunben  jur  ftäbt.  SerfaRungSgefä  9fr-  14*» 
<5.  158  ff.  3n  «rt.  39,  6. 162  wirb  ber  @a&  &ut  Sntfdjeibung  gefteflt :  Qaod 
Bi  minor  pars  scabiuorum  archiepiscopo  interroganti  sententiam  iustam 
dictet,  tarnen  oportet,  ut  sententiam  maioris  partis,  licet  Bit  iniosta, 
sequatur.    $ie  £ntfd)eibung  lautet  (©.  166):  ad  39.  didmus  generalem 


$i€  bö$mif$c  unb  bie  bagrifäe  Jhir  im  13.  3at)r$unbert.       231 

gotgepflid)t  ber  üRinorität  behauptet  bec  SBcrfaffer  be$  fog. 
©djmabenfpiegelS,  fianbredtf  130,  audj  fär  bie  Äönig$m&f)(er : 
Darumbe  ist  der  fursten  ungerade  gesetzet,  ob  dri  an  einen 
ge Valien  und  vier  an  den  andern,  daz  die  dri  den  viern 
volgen  suln,  und  also  sol  ie  die  minder  menge  der  merren 
volgen.  Daz  ist  an  aller  kur  rebt.  2)urdj  bie  gofgepflid)t 
ber  Minorität  tourbe  baS  2Hajorität3prinjtp  Da«  SWittel  jur  $er* 
fieüung  toirfüd)  einhelliger  ©efdjlüffe.  Ob  aber  mit  ober  otyte 
5olgepfUd)t:  baft  9Äajoritättprinjip  tyat  bejüglidj  ber  Nominatio 
ftetfc  gegolten. 

(Stma£  ganj  anbereä  aber  bebeutet  bie  Anerkennung  beä 
SWajoritätSprinjipeS,  mie  fie  feit  SRubolfd  oon  §ab$burg  Qtxt 
burd)brtngt.  SBie  ber  Äonfen*  jur  SBeräu&erung  oon  SReidjSgut 
nad)  bem  SteidjSfprud)  oon  1281,  oon  ber  2Wel>rl)eit  ber  Äur- 
fürften  erteilt,  genügen  foQte,  bie  SRedjtÄbeftänbigfeit  ju  fidjern1), 
fo  foüte  nad)  einer  beiläufig  in  einer  Urfunbe  SRubolf«  jum 
Sluäbrucf  gebrauten  änfdjauung  aud)  bie  üRel)rt)eit  ber  fturfürften 
genügen,  einen  ftömg  ju  mäljlen.2)  Subtoig  ber  JBatyer  behauptet 
in  ber  ®adjfen§äufer  Appellation  bereit«,  bog  gemäp  hergebrachtem 
Äeid)*red)t  ber  oon  ber  3Ret)rjai)l  ber  fturfürfien,  nämlid)  oon 
oieren,  jum  Äöntg  ©rmäfttte  für  einhellig  gemäht  gelte.3)  Da« 
Genfer  äBeiötum  ber  Jturfürften  aber  unb  baä  ©efefc  Licet  iuris 
oon  1338  erlernten  ber  2Ba!)l  bur$  bie  Majorität  ber  Äurfürften 
bie  gleite  SRedjtätoirfung  ju,  lote  ber  burd)  alle  Shirfärften  ooQ* 
jogenen.4)  $urdj  biefe  Slnerfennung  bed  &ed)te$  ber  Majorität 
mürbe  bie  gorberung,  bafc  ber  au«  einer  ftur  fjeroorgegangene 
ftdnig  oon  ben  an  berfelben  beteiligten  SBä&fern  einhellig  geforen 
fein  muffe,  nidjt  etroa  befeitigt.  (£«  mürbe  nur  für  bie  8ßed)t* 
mÄ&igfeit  einer  folgen  einzeilig  burd)  eine  3öat)loerfammlung 
ooHjogenen  ftur  bie  Zeitnahme  oon  minbeften«  oier  fturfürften 
gefotbert 


oonsaetadinem  esee  terre  et  ciriUtum,  qaod  minor  pam  sequatur 
maiorem  in  eententiis,  et  hanc  nos  approbamue. 

>)  M.  G.  Const.  III,  9h.  282,  6.  290. 

»)  (Bbcnba  9h.  121,  6.  115. 

*)  OueHenfammlung  j.  &{$.  ber  S>.  Het<$*bctf.  9h.  124,  c.  8,  6. 152: 
Hie  censetur  in  concordia  electus  ad  imperiam,  qui  a  maiori  parte 
electorum,  puta  a  qnatuor,  electus  fuerit. 

«)  92.  Kntyo  XXX,  6. 101  unb  111. 


232  Äarl  Seumer, 

Srft  bie*  golbene  93uQe  toon  1356  führte  eine  neue  8BaI>l* 
orbnung  ein,  meiere  bie  gorbening  ber  Sin^eQigfett  aufgab,  bie 
feierliche  Stur  (electio)  im  bisherigen  ©Urne  befeitigte  unb  bie 
bisher  mit  ber  Nominatio  toerbunbene  Slbftimmung  jutn  fonftitu« 
tiüen  SJfte  erf)ob.  ©er,  toeldjer  bei  biefer  Äbfttmmung  bie  äRelp« 
jal)l  ber  mitmirfenben  SÜurftimmen  erhielt,  luar  bamit  jum  Könige 
ermaßt.  3efct  erft  tonnte  eine  2Rinberf)eit  tyren  abtoeidjenben 
SBillen  burdj  benfelben  SBaljlalt,  in  freierem  bie  Majorität  ben 
Äönig  tofit)lte,  jum  ÄuSbrucf  bringen;  trenn  aud)  o&ne  baö 
2Bat)lrefultat  babureb  ju  beeinträchtigen. 

(SS  fragt  fid):  meldje  SWittel  ftanben  nun  bis  baljin  ber 
SRinorität  ju  ©ebote,  um  iljren  SBiUen  jum  ÄuSbrnd  ju  bringen? 
3n  ber  SRegel  ftanb  eS  bereite  Dörfer  feft,  ju  treffen  3Bat)l  bie 
SRajoritat  ober  fonft  eine  ©ruppe  fcon  SBS^lern  entfdjloffen  toar. 
S)ann  f)a6en  fid)  t>on  oom^erein  bie  SBiffentierenben  öon  ber  oon 
jenen  abgehaltenen  9ßaf>foerfammlung  ferngehalten,  ©rfdjienen 
fie  aber  in  ber  SBerfammlung,  blieben  fie  in  ber  SKinorität,  uub 
mürbe  eine  ©nigung  nid)t  erjielt,  fo  mufete  bie  toiberftrebenbc 
unb  bie  golge  toertoeigernbe  SWinbertjeit  ben  ?ßla|  räumen  unb 
ber  SKajorität  bie  einhellige  Kur  allein  fiberlaffen.  Seilten  ftdj, 
mie  1257  unb  1314  bie  2öät)Icr  in  jtoei  gleich  grofce  ober  bod) 
anfd)eiuenb  gfeid)  berechtigte  ©tuppen,  fo  l)ielt  jebe  Don  tynen 
eine  gefonberte  Sßatjlljanblung  ab,  au«  beren  jeber  ein  anberer 
Äönig  fjeroorging.  SRur  bie  burdj  foldje  3wiefur  ®etoäf)lten  galten 
als  in  discordia  electi.  ©o  Reifet  eS  in  ben  Ausführungen 
ber  ©efanbien  Stönig  9Üd)arbS  im  föntmurf  ber  SuHe  Qui  celum 
c.  7:  si  .  .  .  duo  in  discordia  eligantur.  3)ie  gleiche  Auf* 
faffung  jeigt  bie  ©ad)fenf)äufer  Appellation,  meiere  jum  Seil  bie* 
felben  SBorte  gebraucht.  9lud)  baS  SRcnfer  28eiStum  ftetjt  auf 
bemfelben  ©tanbpunfte,  wenn  eS  fagt:  postquam  aliquis  a 
prineipibus  electoribus  imperii  vel  a  maiori  parte  numero 
eorundem  prineipum  etiaio  in  discordia  est  electus. 
@S  fonnte  alfo  ein  burdj  bloße  2J?ajoritätStt>af)t  ©emäl)fter  in 
discordia  gewählt  fein  ober  nidjt.  SRad)  biefer  Äuffaffung  machte 
alfo  bie  blofee  Sftid)tjuftimmung  einer  2Winberl)cit  eine  SBaljl  nodj 
nicfyt  ju  einer  jttnefpältigen ;  baS  gefdjal)  öielmef)r  erft  burdj  bie 
SBaljl  eines  ©egenfönigS.  5)aS  ift  audj  ber  ©tanbpunft,  üon 
bem  auS  Dttafar  in  feinem  ©riefe  an  ©regor  X.  SRubolfS  28at>l 


3>ie  bitymiföe  unb  bie  bagrif^e  gut  im  13.  3a$r$unbert.        233 

tro§  feiner  9Hd)tbeteiligung  unb  feine*  ^ßrotefteS  a(£  einhellige 
SBaf>l  anerfennen  mußte.1) 

Seadjtet  man  biefe  aber  baS  Äönigätoaljlredjt  Ijerrfdjenben 
Shtfdjauungen  unb  bie  gormen,  in  benen  fid)  bie  Sßaljl  öoDjog, 
fo  tfi  ed  beutlid),  baß  bei  SRubolfS  2Baf)t  meber  üon  einer  SRidjt» 
berücfftdjtigung  ber  böl)mifd)en  ©timme  nod)  üon  einem  SuSfdjluß 
99öt)tnen3  burd)  einen  ©etualtaft  bie  SRebe  fein  fann.  S)er  rein 
negative  SBiberfprud)  ber  einjigen  böljmifdjen  ©timme,  melier 
wotjl  nur  bei  ber  SBerfyanblung  über  bie  nominatio  eligendi  in 
regem  jum  ÄuSbrucf  fommen  tonnte,  mar  für  baS  3uftanbe> 
fommen  einer  rechtmäßigen  3Bat)l  ganj  bebeutungäloS.  3a,  bfirfen 
mir  annehmen,  bog  ber  ©$n>a6enfpieget  eine  allgemein  geltenbe 
9?ed)t3anfd)auung  audfpradj,  fo  märe  SBöljmen  fogar  ücrpflidjtet 
gemefen,  ber  SKajorität  ju  folgen  unb  an  SRubolfS  Äur  teilju* 
nehmen.  Z)a  e*  bie«  nidjt  mollte,  mußten  bie  böfjmifdjen  ©e- 
fanbten  ber  Electio  fem  bleiben.  3U  einem  ÄuSfdjluß  ber 
böl>mifd>en  ©timme  burd)  einen  (Setoaltaft  mar  toeber  ein  Slnfaß 
nod)  aud)  nur  bie  3Wögtid)feit  üorfyanben. 

2)aß  fein  ^ßroteft  eine  einhellige,  rechtmäßige  SBat)I  nidjt 
l)inbern  tonnte,  baä  bfirfte  Ottafar  fd)on  jur  3eit  ber  2Baf)l  ebenfo* 
gut  gemußt  tjaben  mie  jur  Qtit  ber  Mbfaffung  be3  ©djreibenfc 
au  ^ßapft  ©regor  X.  3Da3  märe  nur  möglich  gemefen  burd) 
bie    gleichzeitige    ober    nad)folgenbe   3Bal)l    eines    ©egenföntgd. 


')  Statin  in  biefem  ©inne  eine  blo&e  SRajoritätSmaljl  entmeber  eine 
amiefpaltige  (in  discordia)  ober  eine  einhellige  (concorditer)  fein,  fo 
ift  e*  bod)  nerftänblid),  ba&  anberfeitS  aud)  bie  ©aty  burd)  fämtlidjc  Äur* 
fürften  concorditer  jur  Mofeen  2Rajorität3n>a$l  in  ©cgenfafc  gefegt  wirb. 
Da«  gefdjalj,  fofcie!  idj  fe$c,  auerft  in  ber  ©adrfentyiufer  BWeflation  c.  3: 
ille  censetur  in  concordia  electus  ...  qui  a  maiori  parte  electoram  .  .  . 
electus  fuerit  Hud)  im  Sftenfer  SBetStum  fxnbet  fid)  biefer  (Begenfaft  neben 
jenem  anbeten:  electi  a  prineipibus  electoribus  imperii  concorditer 
vel  a  maiori  parte,  unb  ebenfo  audj  in  bem  nermeintlidjen  ©efamtberidjt 
ber  Äurffirften  an  $apft  ©enebift  XII.  (9*.  flrdjiü  XXVI,  ©.  736.) 
fiupolb  Don  SBebenburg  fjat  in  feinem  Tractatas  de  iure  regni  et  imperii 
nur  nod)  biefen  ®egenfa(  im  Äuge  (f.  ben  3.  unb  4.  ttrtifel,  c.  7  unb  8) 
unb  im  2.  ttrtitel  (c.  6)  beutet  er  fogar  ben  ©afr  be*  Genfer  3Bei*tum«, 
in  meinem  bie  SKÖglidjfeit,  bog  eine  ÜRajoritätSroa^l  toofjl  aud)  eine  SBaQI 
in  discordia  fein  lönne,  um,  inbem  er  ifjn  fo  faftt :  electus  a  prineipibus 
electoribus,  etiam  in  discordia,  dum  modo  sit  electus  a  maiori  parte 
ipsorum  numero. 


234  ßart  geumer, 

(Sine  folc^c  burdjjufefcen  aber  tjatte  er  toeber  ben  ffiitten  nodj 
bie  2»tttel.  ®r  fclbft  ^atte  bic  römtfdje  Strone  für  fid)  crftrebt, 
aber  feinen  ber  Sturfürften  fär  feine  SBaljt  gewinnen  fönnen. 
35er  ©ebanfe  aber,  bog  ein  Äurfürft  fidj  fclbft  träfen  fönne, 
lag  jener  3cit  mo^1  t»öQig  fern;  geftattetc  bod)  erft  bie  golbene 
SBuHe  eine  foldje  ©elbfttoaljl  für  einen  fpejieQen  Saß.1)  S)er 
gefdjloffenen  Majorität  aller  übrigen  Sturfürften  gegenüber  blieb 
itjm  alfo  ntc^tö  übrig,  al«  auf  bie  Seilna&me  an  ber  2Bat)l  ju 
üerjidjtcn.  ©eine  ©efanbtfd)aft  öertoeigerte  bie  Xeilna^me  an 
3tubolf«  Stur  unb  öerliefc  ben  Sßaljlort.  2)afc  fie  bie«  unter 
einem  gegen  bie  Seünatjme  Satjern«  unb  einem  anberen  gegen 
bie  Sßerfon  be*  ju  SBätjlenben  gerichteten  Sßroteft  tat,  anbert  an 
ber  SBebeutung  ber  $atfa$e  ttic^tö.  infolge  ber  9?id)tbeteiltgung 
©ötymen«  fiel  ba«  alleinige  2Bat)(retf)t  für  biefe«  3Ral  ben  übrigen 
SBeredjtigten  ju,  bie  nun  einhellig  »aalten,  ©o  nur  bereinigen 
fidj  bie  Sittgaben  ber  Duellen  untereinanber  unb  mit  bem,  toa« 
toir  über  ba«  Stönig«tt>a|jtred)t  in  jener  $eit  toiffen. 

SRadj  SJötjmen«  äu«fd)eiben  au«  ber  SBal)lt)anblung  fc^ritt 
man  jur  Äur,  inbem  man  in  ber  üblichen  SBeife  burd)  Stom« 
promii  ben  Sßfaljgrafen  Subtoig  mit  ber  SSoUjietjung  bc«  Stfir* 
fprudj«  beauftragte.  S)tefer  t>oHjog  nun  im  Auftrag  unb  tarnen 
ber  gfiljrer  ber  Sturfttmmen  öon  SWainj,  Stöln,  Srier,  $falj, 
©adjfen,  Sranbenburg  unb  SJatjern  bie  S3af)l  ober  Stur  una 
voce.  2Kan  ^atte  burd)  bie  föon  öon  Anfang  an  befdjloffene 
3ulaffung  einer  bal)rifd)en  ©timme,  trofcbem  S8öt)men  fid)  nid)t 
beteiligte,  bie  für  ba«  2lnfef>en  ber  2Bal)l  anfdjcinenb  für  bcfon* 
ber«  münfd)en«rocrt  gehaltene  ©iebenjaf)l  ber  2Bät)ler  erreicht. 

©öfjmen«  Sturredjt  mar  gunädjft  unangetaftet  geblieben ;  bafe 
aber  bie  3ulaffung  einer  batjrifdjen  Stur  bei  ber  Sebeutung, 
bie  man  feit  (Site  üon  SRepgom  ber  ©iebenjat)!  beilegte,  gefäljriidj 
toerbcn  fonnte,  ba«  feinen  bie  bof|mifd)en  Süabfgcfanbten  bei  itjrcm 
Sßroteft  öorau«gefel)en  ju  f>aben.  2)cn  Snlafe  ju  einem  SBerfudj, 
bie  böt)mifd)c  ©timme  burdj  bie  batjrifdje  ju  oerbrängen,  gab 
bie  treuere  Sntroicflung  be«  SBerljältniffe«  Ottafar«  jum  Stönig* 
tum  SRubotf«  Don  §ab*burg. 

$ro$bem  §cinridj  Don  Satyern  ben  Stönig  mitgeteilt  tjatte, 
Derzeit  er  fidj  fofort  nad)    ber  333at)l  ableljnenb,  ja  feinbfeüg 

»)  0.  2,  §  5. 


$tc  bö^miföe  unb  bie  ba^rtfdje  Äur  im  13.  3a$r$unbert.       236 

gegen  ben  öon  itjm  ©entfalten,  nid)t  anber*  ate  Dttafar,  ber 
feine  SBaf>l  abgelehnt  f>atte;  motjl  ba«  beuttidtfte  deichen,  *><*& 
jener  nur,  um  fein  Sfurredjt  burdföufefcen,  an  ber  2Baf)l  SRubolf« 
fär  9cöen  f^ne  Neigung  teilgenommen  Ijatte. 

Solange  nun  §einrid)  t)on  ©atyern  unb  Ottatar  gleidjmä&ig 
in  (Eintracht  miteinanber  unb  in  geinbfdjaft  gegen  SRubolf  ber» 
darrten,  blieb  ba«  batyrifdje  &urred>t  bem  ©öljmen  ungefäl>rlidj. 
Qhrft  im  SRai  1275  trennte  fid)  $erjog  $einridj  toon  Ottatar« 
gartet,  inbem  er  fid)  JRubotf  näherte,  unb  jefot  erft  lonnte 
Sägern  jum  SRtoaten  (Bödmend  bejügli#  be«  Äurredjt*  merben. 
Urfprünglid)  follte  auf  bem  bor  SRitte  STOai  eröffneten  Sfteid)** 
tage  ju  Äug«burg  gegen  Ottafar  unb  gegen  $einrid)  t>on  Sägern, 
bie  beibe  e«  oerfdjmfttyt  Ratten,  tyre  ©eletynung  Don  SRubolf  nad)* 
gufudjen,  oerfa^ren  merben.  ©eibe  dürften  toaren  burd)  ©e* 
fanbte  Vertreten.  3n  feierlicher  ©ifeung,  am  15.  3Rai,  erfjob 
Äönig  {Rubolf  JMage  gegen  ben  Äönig  unb  ben  §erjog  toegen 
Unbotmäjjigfeit  unb  ©erjäumung  tyrer  2el)n«pflid)ten.  Ottafar« 
©cjanbtrr,  ber  ©ijdjof  3Bemf)arb  Don  ©edau,  beantwortete  bie 
ftlage  mit  einem  heftigen  Angriff  auf  ba«  Königtum  SRubotf«, 
inbem  er  beffen  SSaljt  für  nichtig  erflärte. 

8Benn  un«  babei  berietet  lutrb,  bafe  er  aud)  SRubotf«  SBätjter 
beanftanbete1),  fo  fjat  e«  fid)  babei  nad)  Äu«met«  ber  Urfunbe 
9fubo(f«  über  ba«  bat)rifdje  Äurredjt  um  bie  Berechtigung  ber 
bat)rifd)en  ©timme  getjanbelt.  ©«  mar  ein  fernerer  geiler  be« 
Vertreter«  Ottafar«,  baß  er  ba«  Stecht  be«  ©aQernfjerjog«  an« 
foc^t,  ben  er  baburd)  in  ba«  Sager  ber  ©egner  br&ngte.  3>ie 
(Sefanbten  §erjog  §einrid)«  behaupteten  ba«  üon  ©entfärb 
Don  ©edau  beftrittene  bat)rijdje  Äurred)t.  Sßfatjgraf  Subtoig,  ber 
al«  9Rttinf)aber  ber  bat)ri}d>en  Stur  mit  betroffen  loar,  ergriff 
fofort  bie  Gelegenheit,  um  ben  entftanbenen  ©treit  ju  &er* 
tiefen.  Cr  behauptete,  bafe  tym  unb  feinem  ©ruber  oon  Älter« 
fpr  ein  Sturredjt  (ratione  ducatus  Bawarie)  juftänbe;  er 
legte  geugni«  ab  über  jene  Xeilna^me  feine«  ©ruber«  §einrid) 
an  ber  2Bal)t  3ftid>arb«  unb  ebenfo  über  bie  oon  beiben  bei 
Rubolf«  SBa^t  gemeinfam  geführte  ©timme  ratione  ducatus. 
fe  Dermeibet  e«  aud)  jefct,  ba«  Äurredjt  be«  ©tymen  auöbrüd- 

')  ©teierf^e  Heimdjr.  Mon.  Germ.  $eutf$e  <J$r.  V,  173:  mit  rede 
macht  er  enwiht  die  wal  und  die  welaere. 


236  flart  geutner, 

tid)  ju  befreiten,  unb  mir  bärfen  aud)  nidjt  qua  ben  Sorten 
subortaque  inter  eos  contentio  super  quasipossessione  iuris 
eligendi  tyerauSlefen,  bafc  e$  ftd>  um  ein  gegenfettiged  SBeftreiten 
be3  ÄurredrtS  fcanbette;  bie  SBorte  finb  toielmetjr  ebensogut  ju 
begießen  auf  einen  ©treit,  in  meinem  nur  ba*  batjrifdje  9ted)t 
öon  einer  ©ehe  beftritten,  toon  ber  anbern  behauptet  würbe. 
■Wur  in  ber  ©d)tuf$erflärung,  bafe  bei  SRubolf*  8BaJ)l  bie  ratione 
ducatus  abgegebene  ©timme  ber  beiben  ©rüber  al*  eine  ber 
f ieben  ©timmen  berjenigen  Surften,  weldje  ein  JRedjt  bei  ber  flöntgä* 
Wat)l  Ratten,  gejagt  fei,  liegt  t>alb  toerijfiHt,  mefyr  angebeutet  als 
auägefprodjen  bie  Slnfdjauung,  bafc  bie  böfymifdje  burd)  bie  bat)* 
rifdje  ©ttmme  au$gefd)loffen  worben  fei.  $atte  Ottalar  feinen 
junftdjft  nad)  ber  2Bat)l  eingenommenen  forreften  ©tanbpunft 
aufgegeben,  toon  bem  aus  er  SRubolfS  SBal)t  formell  als  redjt* 
mä&ig  betrachtete,  fo  gab  man  auf  ber  anbern  ©eite  jefct  ber 
Änfd)auung  Kaum,  ba&  burd)  bie  ßulaffung  «w«  batyrifdjen 
©timme  bie  bötjmifdje  erfegt  unb  auägefdjtoffen  fei.  Die  un* 
zweifelhaft  beborfte^enbe  Verurteilung  unb  Sichtung  beS  Söhnten* 
fdnigS  war  woljl  geeignet,  biefer  Äuffaffung  SBorfdjub  ju  letften 
unb  batyrifdjen  Hfpirationen  nid)t  nur  auf  ein  Äurredjt  über* 
t)aupt,  fonbem  gerabe  auf  baÄjenige  Surrest,  weldjeS  bisher 
Söhnten  juftanb,  unb  meQeid)t  in  SBerbinbung  bamit  aud)  auf 
ba$  ©djenfenamt  befonberS  ju  begfinftigen. 

3Ba3  §einrid)  toon  (Bauern  jefct  roirflic^  öon  &önig  SRubotf 
jugeftanben  würbe,  blieb  iatfäd(tidj  weit  hinter  bem  jurüd,  waft 
er  wfinfdjte  unb  erftrebte.  ©r  erhielt  feineäweg«  bie  Hnerfen* 
nung  eines  baljrifdjen  ÄurredjtS,  nod)  weniger  bie  Hnerfennung, 
baß  ©atjern,  nidjt  aber  Söhnten  ba£  Äurredjt  juftelje,  fonbern 
nur  bie  feierliche  Snerfennung,  bafj  er  jweimal  ein  Sturredjt  unb 
jwar  ba$  jweite  üRal  auSbrütflid),  bafe  er  ein  fotd)e«  ratione 
ducatus  geübt  tjabe.  @3  würbe  itjm  jene  oft  genannte  Urlunbe 
ausgefertigt,  burd)  welche  jene  3eu8niffe  fi&er  M*  jweimaüge  Äu#* 
Übung  eines  2Baf)lred)te$  betunbet  würben.  Irofcbem  erbliche 
$crjog  §eiitrid)  in  biefer  Urfunbe,  fo  wenig  ba8  bem  Wirflidjen 
3nf)a(te  berfelben  entfprad),  eine  if)m  toom  &önig  gegebene  93er« 
briefung  feine«  SturredjtS.  ©o  djarafterifiert  er  bie  Urfunbe 
in  bem  am  29.  9Wai  1276  jwifdjen  itjm  unb  bem  Sßfaljgrafen 
fiubwig  abgefdjloffenen  SBergleid),   beffen   24.  SIrtifel  biefer  Ur* 


$ie  böfymfdje  unb  bie  batjrifdje  Jhir  im  13.  3a&r$unbert.       237 

btnbe  getoibmet  ift:  super  privilegio1)  dato  nobis  H.  duci 
in  Augusta  per  dominum  regem  Romanorum  et  principes, 
qui  aderant,  super  electione,  de  qua  contencio  fuit  inter 
dos  H.  et  dominum  regem  Boemie. 

$icr  tritt  $erjog  §einrid)3  9htfd)auung,  toie  id)  meine, 
beutlidjer  Ijeröor.  Sßäljrenb  ber  £ejt  ber  Urfunbe  felbft  nur 
Don  einer  questio  de  quasipossessione  iuris  eligendi  regem 
Romanorum,  toeldje  jnrifd)en  bem  bbljmifdjen  unb  batjrifdjen 
©ffanbtfn  entftanben  tft  (suborta  inter  eos),  fpridjt,  bejeicfcnet 
§einrid)  tjier  bie  Urfunbe  als  ein  Sßriüiteg,  burd>  toetdjeS  9tubo(f 
unb  bie  gurftcn  über  bie  jmifd)en  i^m  unb  bem  SBöfjmenfdnig 
ftreitige  ftur  ju  feinen  ©unften  entfdjieben  tyfitten.  Unb  etroa 
ebenfo  fdjeinen  bie  3eitgenoffen  bie  Singe  angefetyen  ju  fcaben. 
XBenigften*  gibt  ber  SBerfaffer  be$  fog.  ©d>toabenfpiegete,  ber 
bejfiglid)  ber  9tei$3üerfaffung  fo  merfroürbig  gut  unterrichtet  tft, 
bem  ©atjern&erjog  ftatt  bcä  Äönig*  Don  Ööljmcn  nid)t  nur  ba& 
fturredjt,  fonbem  jugleidj  aud)  ba$  ©djenfenamt.  S>ad  mar  bie 
Suffaffung,  tote  fie  ber  nidjt  gang  eingeteilte  SBeobadjter  au« 
ben  Sorg&ngen  bei  ber  SBaJjt  9lubo(fd  unb  auf  bem  SteicfyBtage 
ju  Augsburg  im  SRai  1275  genrinnen  fonnte,  unb  roie  fie  too^l 
oom  §ofe  beä  §er}og£  $einrid)  vertreten  mürbe. 

3.  Die  weiteren  ©djidfote  bed  batjrifdjen  Mnfprudj*. 

Ob  am  Ä5nig3t)ofe  felbft  ober  in  ben  mafegebenben  Streifen 
ber  9ieid)«regietung,  ettoa  beim  Sßfaljgrafen  Submig,  jemals  bie 
Änfdjauung  tjerrfdjte,  als  ob  ber  ©arjerntyerjog  in  ßurredjt  unb 
©<$enfenamt  an  ©tefle  bed  feiner  Steid^ämter  beraubten  Söhnen* 
fönigd  getreten  fei,  fönnen  mir  nidjt  mit  Seftimmtfjeit  fagen. 
Sagegen  fpridjt  aber  cntfd)ieben,  bafc  Stubolf  in  gäHen,  too  e$ 
fid)  um  ba*  ftonfenSredjt  ber  fturffirften  Ijanbelte,  niemals  ben 
$eqog  $einrid)  bon  fflatjem  Ijeranjog.  SBir  tjaben  eine  ganje 
Meilje  üon  ©iUebriefen  ber  Shtrfürften,  bodj  ftnben  ftdj  big  1285 
Don  ben  toelttidjen  Äurfürften  nur  Sßfalj,  ©ad)fen  unb  ©ranben* 

')  darauf,  bafs  bie  Urfunbc  al*  Privilegium  bejetdjnet  totrb,  tft  fein 
<Beuid)t  ju  legen,  ba  al8  Privilegium  fpäter  aud)  biefe  SergleidjSurtonbe 
bei  beiben  »rüber  beaeiflnet  mtrb;  {.  Mon.  Wittelebac.  Hr.  154,  I,  6.  383. 
(Eft  gefy  ober  au*  bem,  um*  über  bie  Urfunbe  gefagt  wirb,  beutlicr)  tjeröor, 
bafe  $er}og  §einrid)  in  t$r  eine  Betätigung  feines  Jiurredjt«  erblicftc. 


238  Äotl  8«umer, 

bürg  unter  ben  8lu3fteIIera.  (Sbenfomenig  tote  ber  93a^crn^erjog 
toirb  aber  toor  1285  ber  ©ötymenfönig  jur  Äonfenäerteilung 
herangezogen.  ©arin  jeigt  ftd)  tootyl,  bog  man  am  JRetdjStyofe 
toeber  ©atjern  nodj  Söhnten  atö  Sntyaber  be*  fturredpS  am 
erfannte  unb  ityre  Änfprüdje  in  ber  ©djmebe  lieg.  ©äftrenb 
aber  SRuboIf  feit  bem  Safjre  1285  ba3  Siecht  beS  ©öljmenfönifl* 
erft  tatfädjlid),  bann  audj  auftbrücflidj  toteber  anerfannte,  i)at  er 
bie  Änfprüdje  be*  ©at)ernl)erjOgÄ  ftiH|djtoeigenb  beifeite  gefd)oben. 
3)af$  er  biefeS  tat,  gefdjai)  moljt  nidjt  ol>ne  SBunfd)  unb  2Men 
beS  Sßfaljgrafen  Subtoig. 

§atte  biefer  maljrfc&einlid)  im  Sa^rc  1273  bie  £eilnat>me 
feines  ©ruber«  an  ber  Äöuigdmafjl  begfinftigt  unb  1275  beim 
SluSbrudje  be3  ©treiteS  um  ba8  Sturredjt  biefen  gegen  ©ötjmen 
unterftfifct,  fo  f>at  er  bod)  unmittelbar  nadj  feinen  am  15. 3Rat 
1275  jugunften  beS  baljrifdjen  fturredjtS  gemalten  StuSfagen 
feine  Haltung  toöHig  geänbert.  3n  bem  fdjon  ertoäljnten  5Bcr* 
gleich  mit  feinem  ©ruber  uom  29.  SRai  1276  erflärt  er,  bafe  er 
ber  Don  feinem  ©ruber  atä  Sßrioileg  bezeichneten  Urfunbe  beä 
ÄönigS  nid)t  jugeftimmt  f)abe,  unb  bafe  biefelbe  nid)t  mit  feinem 
SSiflen  erlaffen  fei.1)  2Bie  ift  biefer  fdjroffe  S3ed)fel  ju  ertlären? 

©d)effer*©oid>orft  betont,  ba&  ber  ftauptbeteiligte  au  bem 
©trat  mit  ©öfjmen  über  baS  Äurrcdjt  nidjt  fiubmig,  fonbern 
jpeinriti)  mar,  unb  behauptet,  bog  bie  Urfunbe  nur  für  biefen 
beftimmt  gemefen  fei.  9iid)tig  ift,  bafe  jttrifdjen  feinen  ©efanbten 
unb  benen  DttafarS  ber  ©treit  entftanb,  unb  bog  §einridj  bie 
aber  bie  ©erfyanblungen  auägefteüte  Urfunbe  gerabeju  aW  ein  ju 
feinen  (fünften  erteiltes  ^ßrioileg  betrachtete,  mäfjrenb  fiubioig 
bie  ?(uefertigung  ber  Urfunbe  mifebifligte  unb  fie  bem  ©ruber, 
ald  fie  in  feine  §anbe  gefallen  mar,  üorent&ielt.  dagegen  ift 
unrichtig,  bafe  bie  Urfunbe  oon  Oornljerein  nur  für  §einrid)  be» 
ftimmt  mar.  SRadjbem  einmal  Sßfatjgraf  Submig  neben  ben  ©e* 
fanbten  $einrid)3  ber  ©cfyauptung  ber  bötymifdjen  ©ejanbten 
entgegengetreten  mar  unb  eine  batjerifdje  Äurftimme  für  feinen 
©ruber  unb  fiti)  in  Slnfprud)  genommen  Ijatte,  mar  nidjt  meljr 
$einridj  allein,  fonbern  maren  beibe  ©ruber  gleichmäßig  Sßartet 
in  ber  ©ad)e.    Setben  ©rübern  (utrique)  gibt  benn  aud)  Rönig 

')  Mon.  Wittelßbac.  I,  <S.  304:  et  quod  nos  L.  dux  non  con- 
sensimus  huiusmodi  privilegio  nee  de  nostra  processit  voluntate,  quod 
idem  Privilegium  procederet. 


Sie  böfcmifdje  unb  bie  batyrifdje  Äur  im  13.  3a$r$unbert.       239 

fflubolf  jene  toidjtige  ©rftärung  ab  unb  befunbet,  ba&  bie  Urfunbe 
über  bie  SBerfjanblung  nid)t  einem  Don  beiben,  fonbern  tynen1) 
gegeben  toerben  foOte. 

Srft  baburd),  ba&  Subtoig  gegen  bie  Urfunbe  ©nfprudj 
trf)ob,  unb,  wie  e3  fdjeint,  toertoeigerte,  fein  ©iegel  baran  ju 
bangen,  obtooljl  er  unter  ben  fiegclnben  3eugen  im  äontejte  ber 
Urfunbe  bereite  als  erfter  Saie  genannt  mar,  fam  e«  tootyf,  bog 
bie  Urfunbe  nur  feinem  ©ruber  einge^&nbigt  mürbe. 

Den  SBiberfprud)  be3  Sßfafjgrafen  gegen  bie  Ausfertigung 
ber  Urfunbe  toitl  ©d)effer*93oid)orft  barau*  erflären,  bafe  jener 
ber  ba^rifdjen  Äur  mit  fe^r  gemixten  ©efü^Ien  gegenüberftanb, 
unb  bermutet,  bog  er  feine  3ufthnmung  ju  berfelben  Don  einem 
förmlichen  33erjid)t  be$  feinblidjen  ©rubere  auf  feine  ?tnfprüd>e 
in  ber  Sßfäljer  Äur  abhängig  gemacht  tyabe.  3>a  biefer  nic^t 
erfolgte,  toerbe  ber  Sßfaljgraf  unter  bem  SBortoanbe,  ba§  bie 
Urfunbe  ntc^t  audj  toon  anbereu  Äurfürften,  ba  fold)e  titelt  an* 
toefenb  toaten,  befiegelt  toerben  fonnte,  bie  ©efiegelung  Verweigert 
Ijaben.  Dagegen  ift  ju  bemerfen,  bafe  Sßfaljgraf  Subtoig  am 
15.  TOai,  ald  er  fid)  fo  ftatf  für  bie  bat)rifd)e  Äur  einlegte,  fo 
gut  mie  jur  $6t  ber  Sudfertigung  ber  Urfunbe,  bie  f)öd)ftend 
toenige  Sage  ipäter  nod>  auf  bem  StetdjStage  ju  Augsburg  felbft 
erfolgte,  mu&te,  bafe  anbere  Äurfürften  nidjt  antoefenb  unb  bie 
©efanbten  §einrid)3  nid)t  ju  einem  JBerjidjt  auf  ?lnfprüd)e  an 
bie  $fätjer  Äur  beüoUmädjtigt  froren.  Äann  fid)  alfo  bie  @adj- 
läge  jnrifctyen  Wittum  unb  Datum  ber  Urfunbe  ntct)t  berart  ge» 
änbert  Ijaben,  bog  bem  Sßraljgrafen  Subtoig  ba3,  toa£  er  eben 
nodj  eifrig  erftrebt  l)atte,  je&t  ald  burdjau*  unertoünfdjt,  ja  be* 
timpfendtoert  erfebeinen  fonnte,  fo  muffen  toir  ben  ©runb  ju 
fiubmigd  Ablehnung  ber  Urfunbe  toobf  in  bem  feinen  SBünfdjen 
nid)t  entfpredjenben  Sortlaut  fudjen,  um  beffen  geftftellung  er 
ftd)  too^l  vorder  nidjt  gefümmert  fcatte,  fo  ba&  er  iljn  erft 
tennen  lernte,  ald  bie  im  übrigen  fertige  Urfunbe  il)m  jur  ©e* 
ftegelung  vorgelegt  tourbe.  SSoran  aber  natym  ber  Sßfaljgraf 
Hnftofe? 


l)  eis  bietet  bad  Original  nadj  ©cöwalmS  ffle&ifton.  5S)ic  Sedart  ber 
filteren  Drude  ei,  auf  weldje  £d)effcr*©oi$orft  ftdj  ftüfeen  wollte,  mar  eine 
offenbar  irrige,  ba  fie  burdjau«  nicf)t  auf  einen  ber  beiben  ©rüber,  bie 
t>or$er  genannt  waren,  gebeutet  werben  fonnte.  Sdjirrmadjer  Ijatte  mit 
gutem  £att  ba«  Wichtige  eis  emenbiert. 


240  Äarl  Seutner, 

2lnton  äRüüer  f)Qt  (©.  41)  bie  ©ermutung  au*gefprod)en, 
ba&  bei  flubroig  bie  gelegentliche  ©ejeidjnung  beiber  ©ruber  al* 
duces  Bavarie  comites  palatini  Reni  Wnftofc  erregt  f>abe,  ba 
er  feinem  ©ruber  ben  ^ßfatjgrafentitel  nid)t  Ijabc  jugefte^en 
moHen.  $u  M*fa  Vermutung  mürbe  gut  fiiminen,  bafe  bie 
Annales  S.  Rudperti  jum  3af)rc  1275  melben,  bafj  batnat* 
jtoifdjen  ben  ©rübern  über  tyre  Xitel,  ben  ber  Sßfatjgraffdjaft 
bei  Styein  unb  be*  batjrifdjen  §erjogtum*,  ein  ©treit  au*ge» 
brocken  fei.1)  $)od)  bürfte  bagegen  fpredjen,  ba&  in  ben  88er* 
gleid)*urfunben,  burd)  meldje  öorübergeljenb  ber  ©ruberjmift  bei* 
gelegt  mürbe,  nie  öon  ber  Xttelfrage  gefprodjen  toirb,  unb  fdjon 
in  ben  ©oroerträgen,  tt>eld)e  bem  erften  großen  ©djieb  oom 
29.  SKai  1276  oorau*gtngen,  beibe  ©rüber  gemeinfam  urfunben: 
Nos  Ludovicus  et  Heinricus  Dei  gracia  comites  palatini 
Rheni,  duces  Bavarie.  Submig  l)at  feitbem  bem  ©ruber  nie 
ben  Sßfaljgrafentitel  toermeigert.  Sßenn  aber  trofcbem  fein  SBiber* 
Iprud)  gegen  bie  Urfunbe  burd)  bie  barin  enthaltene  ©ejeidjnung 
be*  ©ruber*  al*  Sßfaligraf  hervorgerufen  fein  foüte,  fo  bliebe 
e*  unbegreiflich,  toarum  er  bem  ©ruber  bie  in  feine  $änbe  ge« 
langte  Urfunbe  aud)  bann  nod}  t>orentf)telt,  al*  er  tf)m  ben 
Sßfaljgrafentitel  felbft  längft  jugeftanben  f)atte. 

Jtann  e*  alfo  faum  ber  Sßfaljgrafentitel  allein  gemefen  fein, 
mag  bei  Submig  Slnftofe  erregte,  fo  mar  e*  öielletdjt  ber  Um« 
ftanb,  bog  bie  Urfunbe  niti)t  beutlid)  erfennen  liefe,  bafe  ba* 
Sßfaljgrafenamt  mit  feinem  Surrest  unb  ben  übrigen  ®f)ren* 
regten  ifjm  allein  gehörte. 

SRodjte  er  bem  ©ruber  aud)  ben  Xitel  eine*  Sßfaljgrafen 
bei  Styein  atö  väterliche*  (Srbteil  jugeftet)en,  fo  mar  er  bod)  feinet 
toeg*  gemillt,  if)m  audj  ba*  Stecht,  auf  meiere*  biefer  Xitel  beuten 
tonnte,  jujubiüigen.  3)ie  Urfunbe  be*  Äönig*  aber  fprac^  fo 
oon  tt)m  unb  feinem  ©ruber,  bafe  e*  fdjeinen  fonnte,  al*  ob 
beiben  genau  ba*  gleite  Stecht  jufte^e.  @*  mirb  bort  gefügt, 
bafe  beibe  eine  ©timme  ratione  ducatus  geführt  Ratten,  nid)t 
aud)  bafe  au&erbem  fiubmig  allein  eine  ganje  ©timme  ratione 
palatinatus  führte,  äBenn  bann  obenbrein  bie  bat)rifd)e  ©timme, 
meiere   bie  ©rüber  jufammen  befafeen,   al*   eine  berjenigen   ber 


l)  ad   invicem   de   tytulis,   videlicet   comecie   palatii   Rheni   et 
ducatus  Bawarie,  contendebant ;  Mon.  Germ.  SS.  IX,  <§.  801. 


$ic  böfjmtföe  unb  bie  baijrtfdie  gur  im  13.  3a$r$unbert.       241 

fteben  gürfteu,  bie  ein  Stecht  an  ber  Äönigdmaljt  Rotten,  be* 
jetdjnet  mirb,  fo  fonnte  ba£  für  biejenigen,  meldje  bie  bö&mifdje 
Stimme  als  nodj  ju  9ted)t  beftetjenb  anerkannten,  fo  toiel  be* 
beuten,  bog  ber  ißfaljgraf  fein  Äurredjt  überhaupt  mit  bem 
©ruber  megen  beffen  Anteils  am  §erjogtum  ©atjern  teile.  Denn 
toenn  biefe  geteilte  ©thnme  eine  ber  fieben  mar,  fo  blieb  neben 
ber  b6t)mifd)cn  fein  9taum  für  eine  befonbere  pfäfjifdje. 

©ab  fo  bie  Urfunbe,  audj  abgelesen  toon  bem  ^ßfaljgrafen* 
titel  feinet  SBruberd,  für  Submig  Hnlafe  ju  ber  ©orge,  bog  tym 
bo*  auSfäliefjlic^e  Siecht  auf  ba*  pfafjgrftflidje  »mt  ftreitig 
gemacht  merben  tonnte,  fo  begreifen  mir  fein  SBiberftreben  gegen 
bie  9iidl)5nbigung  ber  Urfunbe  an  feinen  ©ruber  mofcl;  benn 
bie  Sßfaljgraffdjaft  mit  ben  ©jren  unb  Sterten,  meldje  fte  bor 
allen  anbern  gfirftenamtem  im  Steige  auSjeidjnete,  mirb  Submig 
um  fo  me^r  für  ftd)  allein  ju  behalten  beftrebt  gemefen  fein,  at* 
td  un  jmeifetyaft  gerabe  jum  großen  Seil  fein  Sßerf  mar,  bog  bie 
^faljgraffdjaft  eine  foldje  Stellung  erlangt  Ijatte. 

Der  ©adjfenfpiegel  erfannte  bem  $faljgrafen  bei  Styein  ba$ 
3lid)teramt  über  ben  Äönig  (III,  52)  unb  bie  erfte  ©teile  unter 
ben  meltlidjen  Äurfürften  ju  (III,  57).  Ob  unb  in  melier 
Seife  bamit  bie  Xatfadje  in  3ufammenl)ang  ftetyt,  ba%  ber  Sßfalj« 
graf  bei  ftonrab«  IV.  3Bal>l  al*  erfter  meltlidjer  SBft&ler  oor 
bem  ftönige  oon  Säumen  genannt  kutrb,  (äffen  mir  bafyingeftellt 
fein.  Der  eigentliche  Ausbau  ber  pfaljgräflidjen  Corredjte  fallt 
in  bie  40j&fpige  {Regierung  Submig«  beS  ©trengen.  Sticht  lange 
nad)bem  er  mit  feinem  ©ruber  jur  {Regierung  gefommen  mar, 
tritt  jum  erftenmal  in  ben  fogenannten  SRappurger  ©efdjlüffen 
eine  ©pur  bed  pfaljgräflidjen  9teid)8mfariat*red)te*  Ijeroor1), 
meldje*  Submig  bann  nod>  oor  Stubolfd  StegierungSjeit  ftd)  au«« 
brüdlid)  beilegt2),  unb  meldte*  tym  nidjt  nur  oom  ©erfaffer  bed 
©d)mabenfpiege(*3),  fonbem  balb  nad)  1276  aud)  oon  König 
9tubolf 4)  auSbrüdlid)  juerfannt  mirb.  Die  tjertoorragenbe  ©teüuug, 
meiere  bie  im  ©ntmurf  bec  ©utte  Qui  celum  überlieferten  9ied)t£* 
gewohntsten  bejüglid)  ber  Äömg«maf)l  bem  Sßfaljgrafen  beilegen, 
mad)t  e«   Ipdjft  mat)rf$etnli$,   ba&  biefe  9Ve$t$fä&e  auf  ©et** 

l)  92oD.  1254,  Mon.  Germ.  Const.  II,  9?r.  461,  3.  633. 
»)  Urfunbe  tom  28.  ©tot  1267,  a.  a.  O.  sJ?r.  464,  ®.  637. 
*)  &1pnre4t4bu4  41  unb  147. 

4)  Unbaticrte  Urfunbe  Mon.  Germ.  Const.  III,  ftr.  121,  6  115. 
fcifrottfdx  BdtVftrift  (»b.  94)  *.  &.  6b.  LVI1I.  16 


242  Äatl  3«tmer, 

tömern  berufen,  bie  unter  Subttrig«  ©ntoirfung  am  9teid)3f)ofe 
gefunben  ftnb.  Ott  erhielt  burä)  biefelben  bie  Anerkennung  eine* 
mit  bem  beä  ©rjbtfdjofS  toon  üRain  j  fonfurierenben  SBaljtberufungS* 
redjts  unb  eines  ©djieb$rid)teraint«  fär  ben  gaU  jtotefpälttgcr 
ÄöntgStoaljl. x)  3)oö  erftere  SRedjt,  tuetdje*  aud)  im  ©droben* 
fpiegef  anerfannt  ttmrbe2),  tjat  Subnrig  nad)  &ömg  Shibolfd  lobe 
tatfädjlid)  ausgeübt 8),  ba3  tefctere  ift  eine  tyeorettfdje  giftton  ge» 
blieben.  3ene3  beruht  n>oI)l  auf  bem  93ifariat8red|t,  btefeS  ift 
al*  Sluöflufc  be3  bem  Sßfaljgrafen  im  ©adjfenfptegel  augefdjriebenen 
9ftd)teramte*  aber  ben  König  anjufe^en.  ®tefe$  9tid)teramt  aber, 
»eldjeS  ber  SBerfaffer  beS  ©dwabenfoiegete  als  bie  Orunblagc 
be3  SBifariatSredjted  unb  fomit  ber  pfalagrftflidjen  Steckte  übet* 
tjaupt  anfte&t4), .  Ijat  Sßfatjgraf  Subttng  roenigftenS  für  fttagen 
beS  ÄbnigS  gegen  9teid)3ffirften  auf  bem  Hornberger  SReidtftage 
im  SRotoember  1274  jur  Teid)Sred)tlid)en  Änerfennung  gebracht, 
ffluf  ®runb  eines  ffleitißurteil*  ertyob  König  Slubolf  feine  Klage 
gegen  ben  ©ö^menfönig  t)or  bem  ju  ©ertc^t  fifcenben  <ßfal}grafen, 
unb  biefer  mar  e8,  ber  König  Cttafar  jur  Verantwortung  t>or 
fein  gorum  lub.6)  3)em  5Beftre6en,  biefe  öon  ifym  felbft  geuriffer« 
malen  gefäaffene,  aber  alle  anbem  9Retd)öfürften  fjeroorragenbe 
Stellung  fid)  allein  *u  bemalen,  opferte  er  bie  batyrifdje  Jhtr, 
tnbem  er  fte  nid)t  lieber  geltenb  machte.  Otjne  ben  3lnfpru$ 
öößig  faden  ju  (äffen  ober  gar  auäbrfidtidj  barauf  ju  toerjidjten, 
f)at  er  ifrt  rufyen  laffen.  Dag  er  ifpt  nidjt  gänjlid)  aufgegeben 
ijat,  jeigt  b*r  bisher  nid)t  genfigenb  beamtete  Umftanb,  bafc 
feinem  ©ofyne  JRubolf  gegenüber  norf)  einmal  toenigften«  bie 
äRöglidjfeit  eines  batjrifd)en  ÄurredjtS  in  einer  Urfunbe  König 
ÄbolfS  »om  19.  9Märj  1294  angebeutet  ttnrb.  Dort  Reifet  eS6): 
Da  wir  unnd  unser  lieber  fürst  Ruedolf  pfallentzgrave  zu 

*)  Mon.  Germ.  Const.  n,  Hr.  405,  6.  523  ff.,  c  6  unb  7. 

*)  ßanbredjtßbud)  130. 

*)  @$effers8oi<$orft,  bie  SBa^iauSfdjretben  Dom  3a!jre  1291  (jur  ®e* 
friste  bd&  12.  unb  13.  3at)r^.  ©.342). 

4)  £e$enredjt8bud)  c.  147:  Di*  ere  hat  der  hohe  pfalgrave  von 
Rine  davon,  daz  er  rihtaer  ist  über  den  knnc  umb  aine  schulde. 

*)  Const  in,  Hr.  72.  73,  @.  59  ff. 

•)  Monumenta  Wittelsbac.  195r  II,  ®.  36;  in  Wefleften  ber  Wafc 
grafen  bei  »tyetn  unter  Hr.  1319  unb  1320  verteilt.  Äünftifl  Mon.  Genn. 
Const.  III,  Hr.  504  nad)  bem  Original  in  9Ründ>en.  $amad  $at  bie 
»idjtigjte  @teUe  ber  Urfunbe  in  einer  ftnmerfung  angeführt  unb  gettfirbigt. 


Sie  bitymtfae  unb  bie  bai)ri(d)e  £ur  im  13.  3a$r$unbert.        243 

Rhein  und  hertzog  zu  Bayrn  unns  mit  freundtschafft 
samenten  also,  das  er  gelobet  hat,  das  er  pleibe  bei  der 
pfallentz  bey  dem  Rhein  unnd  was  darzue  gehört  unnd 
was  auch  sein  vater  darzue  gewunen  hat,  unnd  nemlich 
bei  der  chur,  hat  er  auch  das  gelobt,  das  er  nu  dem 
negsten  sein  chur,  ir  sey  eine  oder  mer,  wende  und 
khere  an  einen  man,  an  wen  wir  wollen,  also  das  er  den 
kbiese  zue  ainem  römischen  khunig.  $ie  SBorte  befagen,  bog 
fo  $f<*(}graf  $er£°8  Stubolf  fid}  verpflichtet  f)abe,  feine  tturftimme 
ober  feine  Äurftimmen,  falls  er  aber  rne&r  als  eine  öerfugen 
faßte,  bemjenigen  ju  geben,  ben  Äönig  Sbolf  tooüt.  JBirb 
aber  als  möglich  angenommen,  bog  ber  Sßfaljgraf  neben  fetner 
pffiljifdjen  Äur  nodj  eine  anbere  fütpe,  fo  fann  baS  nur  auf  eine 
Ijerjogltd)  batjrifdje  bejogen  toerben.  §ier  liegt,  fooiel  mir  be* 
fannt  ift,  bie  legte  §utbeutung  auf  bie  baljrifdje  ftur  öor. 

grüner  fd)on  öerfdjminbet  ber  Änfprud)  auf  ein  fturred)t 
auf  nieberbat)rifd)er  Seite,  §erjog  §einrid)  felbft  \)at  benfelben 
toof>l  ftets  aufrechterhalten.  8m  5.  Sunt  1285  verlängerten  bie 
feinblid>en  ©rüber  bie  Haltung  beä  ©filjneöertragS  bom  29.  SRai 
1276  bi«  jum  2.  gebruar  1289.1)  ©ie  jitierten  bie  «ertrag* 
uttunbe  nad)  iljren  ÄnfangStoorten  als  Privilegium  quondam 
confectum  Ratispone,  quod  incipit:  Conditor  humani  generis. 
$ie  Urfunbe  mufc  ifjnen  alfo  bamalS  Vorgelegen  fcaben,  unb 
biete  enthielt  ja  ben  SSorbefyalt  §erjog  §einrid)S  bejfiglid)  beS 
$rimlegS  über  fein  Äurredjt.  ®r  fdjeint  audj  bie  pSpftlid)e  Äurie, 
äf|nltd|  toie  er  baS  bereit*  öor  SRubolfd  Sßatyl2)  getan  ^atte,  in 
ber  ©ad>e  angegangen  ju  fein.  SBenigftenS  erhielt  er  t>on  biefer 
Stelle  einmal  gelegentlich  eine  Hnerfennung  im  3a(jre  1279,  bie 
auf  berartige  vorangegangene  ©djtitte  ju  beuten  fdjeint. 

Hl*  9tifo(au*  III.  im  fcejember  1278  bie  fturfürften  auf« 
forberte,  ju  ben  Verpflichtungen  ftönig  9tubolfö  iljre  ßuftimmung 
3U  erteilen,  mürben,  toie  bie  (Eintragung  in  baS  SJegtfter  bejeugt, 
gleidjlautenbe  Schreiben  an  bie  geiftlictyen  Jhirfürften  unb  biefelben 
mit  einer  geringen  SRobififation  an  folgenbe  toeltüdje  Sturffirften 
gefanbt:  an  Sodann  Don  SBranbenburg,  an  Sodann  unb  SUbert 
t)on  ©adflen  unb   an  v£jaljgraf  fiubroig.3)     3)em  entfprecf>enb 

M  Mon.  Witteleb.  Hr.  154,  I,  6.  383. 

*)  6.  oben  6.  223  f. 

»)  Mon.  Germ.  Conat.  III,  Kr.  220,  6.  202  f. 

16^ 


244  Äarl  Beumer, 

mürbe  bann  aud)  auf  bem  in  ber  päpftltc^en  äanjlci  angefertigten 
©efamtmiüebriefe  ber  Surfflrften  bie  ©efiegelung  üorgefel>en, 
junädtft  burd)  bie  bret  geiftlidjen  SJurfürften,  bann  burdj  jmei 
§erjöge  üon  ©adtfen,  brei  STOarfgrafen  üon  Sranbenburg  unb 
ben  Sßfaljgrafen  Submig.1)  §einrtdj  üon  Sßieberbaljem  mürbe 
alfo  audj  üon  ber  Äurie  nid)t  ju  ben  Äurffirften  geregnet.  Äl$ 
biefer  aber  im  SRärj  1279  ju  SBien  bem  3)eutfd)lanb  burdj* 
reifenben  päpfttidjen  Segaten  einen  SßiHebrief  aufteilte2),  tote 
tyn  ber  ^ßapft  in  biefem  gafle  aud)  üon  anbern  Surften,  bie 
nidjt  Äurfürften  maren,  erforberte,  mag  er  bie  (Gelegenheit  bc* 
nufct  lja6en,  fein  Äurredjt  in  Erinnerung  ju  bringen.  3)enn  ate 
am  3.  Suni  beSfelben  SatyreS  SRifolauS  III.  2lnla&  naljm,  gleid}* 
Iautenbe  Schreiben  an  bie  beutfc^en  Äurfürfien  ju  rieten,  mürbe 
ein  foldjeS  nid)t  nur  an  fiubmig,  fonbern  ein  anbete«  Sgemptar 
aud)  an  feinen  Sruber  §einrid}  ausgefertigt,  mobei  bie  ©ruber 
gleidjmäfcig  als  comes  palatinus  Rheni,  dux  Bavarie  6e* 
jeidjnet  mürben.8) 

$ier  liegt  unjmeifeltyaft  eine  Änerfennung  bed  furfürftlidjen 
JRedjteS  be$  jüngeren  ©ruber«  üor;  bod)  bleibt  babei  im  bunfeln, 
ob  tym  biefeS  Stecht  als  Sßfaljgrafen  ober  als  §erjog  jugeftanbeit 
mar.  SSielleidjt  Ijatte  audj  er  im  3^eUe^  gdofftn,  auf  melden 
feiner  Xitel  er  ben  Änfprud)  grünbe,  unb  ftdj  nur  barauf  6e* 
rufen,  bog  er  ganj  biefelben  Xitel  mie  Submig  füfpe.  Sine 
meitere  golge  tyat  biefe  einmalige  päpftlidje  SInerfennung  nid)t 
gehabt.  (£8  ift  ba«  legte  SM,  ba&  ein  Äurredjt  eines  nieber« 
batjrifdjen  §erjog3  bezeugt  ober  ermähnt  mirb. 


4.  SHeSBieberanertennung  be3  bdtjmifd)en  ÄurredjU 
unb  itjre  Sebeutung    ffir  bie  baljrifdjen  Mnfprüd)e. 

9iur  unter  ber  SBoraudfefcung,  ba&  flönig  SRubolf  ein 
batjrifdjeS  Äurred)t  nid)t  mef>r  anerfannte,  ober,  wenn  er  eä  att 
üortjanben  betrachtete,  bod)  nidjt  als  bem  böf|mifdjen  Surrest 
entgegenftetyenb  anfal),  erflärt  fid)  feine  erft  ftiflfdjroeigenbe,  bann 


')  *.  a.  O.  HI,  Er.  225,  <5.  214. 

*)  Äaltenbrunncr,  Hftcnftütfe  g.  @efdj.  be*  Deutf^en  »et**  9fr  161^ 
S.  166. 

3)  *.  a.  O.  Wr.  167,  6.  lttOfj. 


Sie  böfyntfdje  unb  bie  ba^rtfdje  Äur  im  13.  3a$r$unbert.        246 

au*brüdlid)e  SBieberanerfennung  be3  bö&mifdjen  fturredjtä  nodj 
Dor  bem  lobe  $einrid)6  Don  Sapern. 

Sin  18.  Oftober  1285  fdjenfte  ftönig  SRubolf  ber  ©omfirdje 
ju  SBafet  gctpiffe  ®ütcr  de  consensu  maioris  partis  principum, 
quorum  consensus  in  hoc  fuerat  requirendus. 1)  5Dem  Um* 
ftanbe,  bog  f)ter  nicf)t  gerabeju  bie  fturffirften  afd  biejenigen 
genannt  merben,  meldje  bie  3uftimmung  ju  erteilen  l>aben,  tote 
in  bem  SReidjÄfprud)  Don  1281 :  consensu  maioris  partis  prin- 
cipum in  electione  ßomani  regis  vocem  habencium2),  e£ 
alfo  ungetoife  bleibt,  toeldjer  gürften  3uftimmung  für  nötig  gilt, 
ift  too^l  eine  befonbere  ©ebeutung  nic^t  beizulegen.  Sie  £u* 
fthnmung  ber  STOajoritftt  ber  fturffirften,  bie  natürlich  aud)  Ijier 
gemeint  finb,  l>atte  ber  ftönig  fid)  bereit«  Dorljer  burd)  8BiHe> 
briefe  erteilen  (offen.  Unter  biefen  aber  befinbet  fid>  aud)  ber« 
jenige  bed  »önigS  SBenjel  II.  Don  Böhmen  Dom  16.  April  1285. «) 
Staf  in  ber  ©nljolung  ber  3uftimmung  be«  83öf>menfönig8  eine 
ftillfd)n>eigenbe  Hnerfennung  feines  fturredjte*  lag,  f>at  bereit« 
Sommer  richtig  erfamtt.  3l)r  folgte  bie  au$brüdlid>e  Hnerfennung 
am  4.  STOärj  1289  ju  (Sger4),  meiere  bann  nochmals  in  nod) 
feierlicherer  unb  erweiterter  gorm  ju  ©rfurt  am  26.  September 
1290 6)  mieberljolt  tourbe. 

SBir  ^aben  nun  bie  grage  ju  erörtern,  meldje  ©ebeutung 
biefer  feierlichen  jtoeimaligen  ©ieberanerfennung  jufam. 

©eibe  »nerfennungäurfunben  betonen,  ba&  bem  ftönige 
SBenjel  II.  unb  feinen  ©rben  ©djenfenamt  unb  fturredjt  gehören. 
Widjt  erft  jefct  werben  beibe  Sterte  bem  fflö&mentönige  oertie^en 
ober  juerfannt.  (£3  toirb  Dielme^r  fein  tatffidjlid)  beftefjenbeä 
Stecht  anerlannt.  Sie  jtoette  Urfunbe  fägt  tyinju,  ba&  biefelben 
9led)te  aud)  ben  ©orfabren  ftönig  SBenjel«  Dom  ®ro&oater  auf« 
toärt*  jugeftanben  Ratten.  Stur  ben  Sater  SBenjel«,  ftönig 
Ottafer,  erfennt  SRubolf  als  SteidjdrebeOen  nid)t  ald  redjtmä&igen 
Snfpber  biefer  Siebte  an. 6)    ©8  liegt  #er  molfl  bie  Hnfäanung 

l)  SroutOat,  Monuments  de  Bale  II,  ttr.  323.  418 f.;  »gl.  Reg. 
imp.  VI,  1943. 

f)  Const.  UI,  Wr.  284,  6.  200. 

»)  XrowiHat  q.  q.  0.  9*t.  279,  6.  369. 

«)  M.  G.  Const  m,  9h.  415,  ©.  408. 

•)  *.  o.  O.  Er.  444,  @.  426  f. 

•)  Cr  bejeidjnet  bie  ©orfaljren  bem  (Krabe  nadj  üom  ©rofjöater  auf« 
»tat.   $en  Sater  ©enjel*  II.  nennt  er  nid)t :  Hec  vero  iura  pincernatue 


246  ftart  3eumer, 

ftugrunbe,  bafe  bie  JRedjte  auf  ©djentenamt  unb  Äur  mä^renb 
Ottafar«  Auflehnung  ruhten,  na$  beffen  lobe  a6er  mit  ber 
?lnerfennung  feined  ©offne«  auf  btefen  übergingen.  2)urd)  bie 
Unterbrechung  aber,  toeldjc  bie  SBerbinbung  beiber  Steckte  mit  ber 
böt)mifd)en  Ärone  fcon  1273  bis  1278  erlitten  fjatte,  forme  burdj 
bie  in  berfelben  $eit  t)ert>ortretenben  batjrifdjen  Slnfprüdje,  juerft 
auf  ein  Sfurredjt  überhaupt,  bann  auf  ba*  Äurredjt  unb  toofjH 
aud)  auf*  ba3  ©djenfenamt,  toeldje  bisher  SBöfjmen  juftanben, 
roaren  bed  SBötynenfönigS  Medjte  bodj  unfidjer  geworben,  greilidj 
erft&rt  Äönig  SRubotf  in  ber  erften  ÄncrfennungSurfunbe,  er  tyabe 
ganj  fiebere  Sfenntni«  t>on  bem  Sterte  be8  $öf)men,  unb  nur 
um  biefe*  Stecht  oor  ?lflen  ttarjufteQen,  Ijabe  er  baSfelbe  burd) 
ein  3nquifmon$toerfal)ren  feftfteQen  (äffen:  inquisicionis  circum- 
specte  prehabito  scrutinio,  quid  quantumve  iuris  iu  Romano 
competat  imperio  inclito  regi  Bohemie  Wenczlao  prineipi 
nostro  ac  hnperii  pincerne  karissimo  neenon  suis  heredibus, 
licet  de  ipsius  iuribus  verissima  noticia  nobis  constet,  ad 
nnuorem  tamen  cautelam  et  evidenciam  indagantes  et 
indagari  facientes,  ut  dicti  regis  iura  lucidius  patefierent 
universis»  comuiuni  testinionio  et  assercione  conperimus 
assonante^  quod  rex  supradiotus  ius  ac  officium  pincernatus 
pariser  et  eius  heredes  in  Romano  obtine&nt  imperio  nee- 
non in  Romani  regis  eleccione  instar  aliorum  prineipum 
in  ipsa  eleccione  habencium  ius  et  vocem  quoad  idem  ius 
et  vocem  cligendi  potestate  parili  potiamur.  Gingebenber 
emsitmt  uixb  fr:e  jaNitr  Urfunbr  fc<*  ;>ncxu::onättrnil)rriiö,  bei 
*wUt*:rt  burcb  Na*  3^-^  bet  gärten,  £mta.  &>dni  unb 
^tv^r-t  unvtt  —  ecwa;  t*t  teilen  ?r^:r:tu?n*be*riicii  oft 
Nrv::>r:t4  vV.rt.tt  J^t  um*  —  ilttr  önrie  tar  $cvei*  er* 
Vis**:  r-:>.  bc$  N:::  ^::-m!:t  ;e  w  Seäct  $uftrfKn: 
V.v.^nvws  '.^"..ir  c^\r.".^\vv  irvr.ÄC::^  in«i^riue  scru- 
;%o"\\:.o  so  \  *'••.■  scre  vi.>  .u-iv* •*.;.:■*.  -^u:I  ^uantumTe 
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$ie  bdfriifdK  unb  bie  baijttföe  ffuv  im  13.  3a$r$unbert.        247 

S5B4re  ba*  Stecht  über  allen  groeifet  erhoben  getoefen,  man 
d&tte  fdjroerfid)  biefed  umftänblidje,  förmliche  ©erfahren  angefteBt. 
Offenbar  rechnete  man  mit  bec  SRöglidjfeit  einer  Anfechtung  be3 
böljmifdjen  SRedjteS.  Auf  eine  fote^e  beuten  aud}  bie  Sorte  ber 
fetten  ttrtunbe,  nad>  toeldjer  ba£  ©djenfenamt  bem  ©dornen» 
tönige  unb  feinen  (Erben  „unb  feinem  Änbern"  juftefje  (ius  et 
officium  pincernatus  in  imperio  sibi  et  heredibus  eius  et 
non  alii  competere),  audbrütflidj  aber  rechnet  mit  biefer  SRög« 
lidtfeit  bie  guftdjerung  bc$  ftönigö  in  berfelben  Uifunbe,  bafe  er, 
falls  burd)  bdftmßige  Anfechtung  ba$  bö^mifdje  Siecht  einen 
SWangel  erleiben  foQte,  biefen  au«  töniglidjer  ÜKadjtooüfommenljeit 
ergänzen  roofle  (si  quid  autem  diminucionis  vel  calumpnie, 
quod  non  credimus,  circa  predieta  cavillose,  maliciose  vel 
subdole  po3set  opponi,  supplemus  de  plenitudine  regie 
potestatis). 

SBon  toeld)er  Seite  eine  Anfechtung  bed  bötynifdjen  9Red)tet 
aflenfaQ*  ju  beforgen  mar,  wirb  md)t  gefagt;  e*  nerftc^t  fid) 
aber  Don  felbft,  ba&  fjier,  toenn  nid)t  au$fd)liefelid),  fo  bod)  in 
aQererfter  Sinie  ba*  ba^rifc^e  $erjogtum  in  ©etradjt  tarn.  Solle 
©ic^er^ett  tyatte  man  nad)  biefer  @eite  offenbar  nid)t,  unb  fo 
bfirfen  toir  fdjon  au£  bem  SBortlaut  ber  ÄnerfemiungSurfunben 
fc^lie%enr  bafe  ein  auSbrütflidjer  SBerjidjt  auf  bie  batjrifdjen  Hn» 
fprüdje  audj  ber  befinitioen  Änerfennung  im  September  1290 
nid)t  oorauSgegangen  fear,  toie  iljn  Sfteblid)  annimmt.1)  ©öflig 
au*gefd)loffen  aber  mirb  ein  foldjer  SBerjidjt  burd)  bie  oben2) 
angebogene  Urfunbe  Stönig  Äbolfä  oom  Safere  1294,  toetd)e  jeigt, 
ba|  SRubolf,  ber  ©oljn  bed  1292  oerftorbenen  $faljgrafen  Submig, 
nod)  mit  ber  SRöglidjfeit  rechnete,  eine  bat)rifd)e  fturftimme  ju 
führen,  fein  Sater  alfo  nidjt  n>of)l  barauf  toerjidjtet  fpben  fann. 
fteblid)*  Vermutung,  bafe  Äönig  SRubolf  einen  folgen  93erjid)t 
unter  %u£mi$ung  ber  polittfc^ett  ftonfteQation,  freiere  fid)  au* 
ber  Xf>ronerlebigung  in  Ungarn  ergab,  Don  iljnen  leidjt  erlangt 
ju  Ijaben  fdjeine,  möchte  id}  bat)in  mobileren,  bafj  er  fie  burd) 
bie  ©enu&ung  jener  SBerljaltmffe  beroog,  Don  einem  bireften 
ffiiberfprud)  gegen  bie  feierliche  Änerfcnnung  bed  b5bmifd)en  Äur* 
red>t«  unb  Don  ber  ©eltenbmad)ung  bc«  batjrijdjen  Änjprud)* 
für  Den  Slugenblicf  abjufetyen. 

>)  «ubolf  Don  fcabfcburg  6.  720. 
■)  6.  oben  6.  212  f. 


248  Stall  Seumer, 

©o  tft  atfo  baä  bBljmifdje  Surrest  1290  feierlich  unb  aus* 
brürflid^  anerfannt,  ofcne  bafe  ber  Änfprud)  auf  eine  ba^rifc^e 
Stux  juvor  befeitigt  fear. 

3)a3  tonnte  nur  gefd)ef)en,  toenn  man  ber  SReinung  toar, 
bog  ber  Slnfprud)  ber  Söatjerntyerjöge  auf  ein  Jhtrredjt  ber  An* 
erfennung  beS  böfjmtfdjen  Äurred)te8  nid)t  entgegenfielje,  unb  um» 
geteert  biefe  Slnerfennung  bem  batyrifdjen  Slnfprud)  ntdjt  prä» 
jubiliere.  3D?an  fdjlofe  bei  ber  Shterfennung  nidjt  ba£  batjrifdje 
Sturreti)t  ausbrficlltc!)  au$,  tüctl  beibeS  ebenfo  tote  im  3al)re  1273 
nid>t  unvereinbar  erfdjien.  (Srft  baburdj  fear  eine  ®efa&r  für  ba* 
böt)mtfd)e  Surrest  entftanben,  bafe  ber  bat)rifd)e  Qnfprudj  unter 
ShtSnufcung  ber  9teicft3feinbfd)aft  DttafarS  II.  feit  1275  $ie  unb 
ba  als  ein  ejtflufiver  auftrat  ober  bod)  als  foId>er  angefefpn  unb 
aud|  auf  ba$  ©djenfenamt  erfiredt  tourbe,  tüte  im  ©djtoabenfpiegel 
gefdjat).  liefen  ©efafyren  vorjubeugen,  bienten  unb  genügten  bie 
in  bie  SnerfennungSurfunbe  für  Sßenjel  II.  aufgenommenen 
lauteten.  S)a8  ©djenfenamt  tourbe  i£)m  unb  feinen  ®rben  aus* 
fdjliefelid)  juerfannt,  ba3  Äurredjt  bagegen  cum  ceteris  electori- 
bus  unb  ad  similitudinem  alioruui  electorum,  ofyne  bajj 
gefagt  wirb,  wer  biefe  anberen  fturfürften  feien,  ober  toie  viele 
ityrer  fein  foflen. 

Sie  SBieberanerfennung  beä  böfymifdjen  ÄurredjteS  fdjlofe  ben 
batyrifdjen  ?(nfprud)  nidjt  au3,  aber  fte  entjog  il>m  ben  ©oben, 
auf  bem  er  vielleicht  nod)  einmal  f|ätte  gebeten  fönnen.  Die 
©iebenjaf)!  ber  8Bäf)Ier  mar  geftdjert  aud)  otjne  Sägern,  unb  bie 
9Röglid)feit,  (Bauern  an  bie  ©teile  ©ötymenS  ju  fegen,  au£« 
gefd)loffen.  ©o  tourbe  ber  batjrifdje  Änfprud)  no$  eine  turje 
3cit  aufrechterhalten,  aber  nur  einmal  nodj  f)ören  toir  bavon 
burd)  jene  Urfunbe  ÄbolfS  von  Sßaffau.  Sfod)  ba  aber  toirb  von 
tyr  nur  anbeutungätoeife  a(d  von  einer  SRöglidjfett  gefprodjen. 
SBie  lam  c£,  bafe  ber  Slnfprud)  nad)  1294  nid)t  toieber  auftaucht? 
3ft  er  in  ®ergeffenl)eit  geraten  ober  auäbrüdlidj  burd>  einen 
5Berjid)t  befeitigt?  Die  Duellen  geben  auf  biefe  grage  leine  Sütö* 
fünft,  bod)  tft  toofyl  eine  Vermutung  berechtigt.  Der  Itmftanb, 
bafe  in  ber  Urfunbe  von  1294  von  einer  ober  mehreren  Stur« 
fttmmcn  in  ber  jpanb  beä  Raupte«  ber  pfäljif dj  *  oberbatjrifdjen 
fiinie  gefprodjen  toirb,  of)ne  bafe  bie  SHitbeteiltgung  ber  nieber* 
batjrifdjen  Stnie  an  einer  biefer  ©timmen  angebeutet  toirb,  legt 
bie  SWöglid)feit  nat)e,   bafe  bie  nieberbatjrifdje  Stnie  itjre  Äur» 


SHe  bdfrmföe  unb  bie  baljrifäe  tue  im  13.  3a$r$unbert.        249 

anfprfidp  auf  irgenbeine  äBetfe  an  bie  filtere  Sinie  oerioren  f|atte. 
Dtefe  ober,  im  JBoQbefifc  ber  oorneljmften  toeltlidjen  Äur,  mochte 
bem  gmeifef  f)aften ,  bestrittenen  bat)rifd)en  ßurredjt  neben  bem 
pf&tyföen  feinen  SBert  beilegen,  jumaf  e3  bei  ber  junfidtft  ge« 
meinfamen  ^Regierung  ber  Sßfalj  unb  Dberbatyern*  burdj  bie 
©rüber  Sftubolf  unb  Subtoig  faum  möglich  getoefen  tofire,  ein 
boppelted  Äurredjt  prafttfdj  auSjufiben.  SDton  lieg  ba£  jtoeite 
Äurredjt  fallen,  um  bad  pfäljifc^e  Äurredjt  alt  toerttooHen  ©e* 
famtbefty  ber  filteren  Sinie  beä  nritteteba$ifdjen  $aufe*  um  fo 
fixerer  fcftjutyalten.  Sud)  bei  ber  Teilung  Don  1329  griff  man 
ntd)i  lieber  auf  bie  batyrifdje  Äur  jurfid,  etwa  um  fie  ber  ober* 
batpifdpn  Stnie  ali  ©egentoert  gegen  bie  pffiljifdje  ftur  ber 
pffiljtfcfjen  Sinie  ju  überfaffen,  fonbem  ba$  einheitliche  Sturredjt 
tourbe  ate  gemeinfamer  ©efifc  feftge&alten  unb  bie  altemierenbe 
«udübung  beäfelben  angeorbnet.  5)ie  befinititoe  Aufgabe  ber 
jmetten  ftur  bfirfte  stoifc^en  bem  29.  3Wfirj  1294,  too  fie  julefct 
erofitjnt  toirb,  unb  ber  jtoeiten  8Bat>l  Äönig  Älbredjtd  I.,  bem 
28.  3uü  1298,  liegen.  Denn  toenn  ber  jüngere  ber  beiben 
@öf)ne  Subtoigä  II.,  ber  fpfitere  Äaifer  Subtoig,  bei  ber  Äbfefcung 
fcbolfä  Don  SRaffau  im  Sunt  1298  beteiligt  mar,  unb  ebenfo  an 
ber  nadjfolgenben  erften  SBaljl  ÄlbredjtS  I. l),  »fitjrenb  fein  filterer 
©ruber  erft  nadj  ÄbolfS  Xobe  ju  SHbredjt*  Partei  überging,  fo 
tonnte  man  an  bie  ÜRöglidjfeit  benfen,  bafj  Subtmg  ba3  Sledjt 
feines  felbftfinbigen  auftretend  als  Äurfürft  Don  jenem  batjrifdjen 
j?urred)t  abgeleitet  Ijfitte.  ©ei  ber  jtueiten  2BaI)l  tritt  bann  ber 
filtere  ©ruber  Shiboif  allein  a(ä  güfjrer  einer  Äurftimme  auf, 
ot)ne  ba&  SubroigS  aud)  nur  ernannt  wirb.2)  §ier  ift  es 
beutlid),  bafe  bie  pffiljtfd)»oberbat)rifd)e  Sinie  ber  SBittelSbadjer 


!)  ©.  O.  fcarnaef,  fturfürftenfoflegium  6.  77.  $afj  bie  unbatierte 
Soüinadit  eine«  fiubioig,  ^falagrafen  bei  8Rtjein  unb  $er$og8  Don  $attern 
bei  ©bunter,  Acta  imperii  selecta  9fr.  1011,  6.  710  nid)t  ben  $falagrafen 
fiubroig  IL,  fonbern  nur  beffen  jungen  ©o&n,  ben  fpfiteren  Äoifer  Subttig 
jum  ttuftftefler  (oben  fann,  f)at  $arnacf  richtig  gegen  girier  behauptet. 
ttur  $ättc  er  bei  öegrünbung  <S.  266  f.  au*  nod)  ben  auÄfdjlaggebenbcn 
Ontnb  ^injufügen  foflen,  baß  ber  «uSftefler  ben  §erjog  Ä!bred)t  Don 
fcfterceid)  avnnculum  nostrum  kari&simum  nennt,  n>a$  nur  auf  ben 
jüngeren  fiubmig,  beffen  SRutter  9Redjt$ilb  bie  Sd)»efter  2tibrcd)t«  war, 
jurrifft,  mäl)renb  fiubnrig  II.,  ber  Sater  be«  jüngeren  fiubroig  unb  (Bernau 
ber  9Red)t$ilb,  fclbred)t$  ©djroager  war. 

»)  6.  bie  fBa^tberi(6te  Mon.  Germ.  LL.  II,  6.  467  ff. 


250    Karl  getaner,  Stte  bö^tnifcr)e  unb  bte  baljrtfdje  Jhtr  im  13. 3a^r§. 

nur  ba$  eine  Sturredjt  fibt  unb  behauptet.  3)a8felbe  beroeift  bie 
äBaljl  öon  1308  unb  ber  «ertrag  Don  1313,  in  bem  Siubolf 
unb  Subnrig  fidj  ü6er  ba8  Äurredjt  in  ber  SBeiie  einigen,  ba&  e* 
bem  älteren  Söruber,  unb  erft  nad)  beffen  lobe  bem  jüngeren 
jufte^en  foQ.1) 

@o  toar  benn  nodj  öor  Slblauf  be3  13.  3al)rl)unbertt, 
nadjbem  SBöfymenS  furje  |$eit  »anfenbeä  Äurredjt  neu  befeftigt, 
33atjern$  Änfprfidje  nid)t  burdjgebrungen  unb  aufgegeben  waren, 
ber  ursprüngliche  Söefianb  be£  Sturf ürften! oHegiumä ,  tote  ber 
©adtfenfpiegel  e3  öorgejetdjnet  unb  bte  reidj$red)tltd)e  Sßraji*  ei 
1257  anerfannt  t>atte,  nrieber  unbeftritten  IjergefteÜt.  ©eftdjert 
burd)  bie  golbene  SuDe  StarlSlV.  blieb  ber  ©eftanb  ber  gleite 
burd)  3af)rf)unberte.  2lud)  als  im  Safjte  1623  bie  burd)  Ächtung 
be$  <ßfaljgrafen  grtebrid)$  V.  erlebigte  pfäljifdje  Stur  ber  bat)* 
rtfe^en  Sinie  be$  nnttetöbadjifd)en  §aufe8  üertie^en  mürbe,  toar 
bamit  nod)  feine  neue  Stur  gefd)affen,  fonbern  bie  pfäl$tfd)e  nur 
auf  ein  anbereS  $au£  fibertragen.  6rft  feit  1648,  als  bei  ber  9te« 
ftitution  be3  pfäljifdjen  #aufe«  für  biefeS  eine  neue  pfäljtfdje 
Stur  gegrfinbet  tourbe,  ipurbe  bie  ältere  im  ©egenfafce  ju  btefer 
jur  bat)rijd)en  Stur.  SRit  ber  im  13.  3at)rf)unbert  erfirebten 
bat)rifd)en  Stur  f)atte  biefe  nidjtS  gemein. 


»)  Mon.  Wittelßb.  Sttr.  248,  U,  6.  218. 


Sie  ^reuffif^italiettif^e  «Matt)  tum  1866. 

SSon 

pityefm  £  aug. 


Laigi   Chiala,   Ancora  na  po  piü  di  lace  sugli  eventi  politici  e 
militari  dell' anno  1866.    Firenze,  G.  Barbara.    1902. 

Umberto  Govone,  II  Generale  Giuseppe  Govone.     Frammenti  di 
Memorie.    Torino,  Fr.  Casanova.    1902. 

Sie  SSeröffentlidjung  ber  Xagebüdjer  Zfpobor  ü.  ©ernljarbi* 
(9b.  7  uttb  8)  &at  bem  Senator  Suigi  ©fciala,  betn  alten  ©e* 
munberer  unb  ©erteibiger  ber  ©taatelunft  ßamarmoraS,  Don 
neuem  bie  geber  in  bie  $anb  gebrüdt,  um  ba$  ©eb&djtniS  biefeS 
©cneralS  Don  ben  Slnnmrfen  ju  reinigen,  toomit  üjn  ©ern^arbi* 
Äufjeidjnungen  au$  bem  Saljre  1866  aQerbing«  reidjlidj  belaftet 
tjaben.  Durd)  feinen  Xitel  gibt  ftd>  ba«  Sud)  atd  bie  gort« 
fe(ung  ber  bcfannten  ©d>rift,  in  ber  HlfonS  Samarmora  fe(6ft 
im  Safpe  1873  feinen  8ftuf  ju  retten  oerfudjt  Ijat,  unb  bietet 
getoifferma&en  ©rfafc  für  ben  jtoeiten  Zeil  biefer  unglödlidjen 
©djrift,  ber  nod)  immer  jurfldge^alten  unb,  tote  man  oon  Gtyala 
erfährt,  aud)  nidjt  erfreuten  »irb,  angeblich  bedljalb,  »eil  er  im 
»efentlidjen  nur  militante  ©djriftftüde  enthält,  bie  im  italie« 
nifdjen  ®eneralftab$toerf  bereite  benüfct  finb,  unb  roeit  ein  Xcil 
ber  bort  enthaltenen  ©djriftftüde  eben  jefct  oon  ©#ala  mit« 
geteilt  toirb. 

Sofern  nun  bie  neue  Sßublifation  biefem  polemiföen  unb 
perfönli^en  ßmede  bient,  fann  fie  nur  ein  mä&igeä  3ntereffe 
erregen,  »n  Dem  Urteil  über  Samarmora  atö  Staatsmann  tote 
als  Selben  ift  toenig  meljr  ju  lütteln.    Äudj  in  Stalten  billigt 


252  3Bil$elm  Sang, 

man  tljm  ^öc^ftenS  mtfbernbe*  Umfiänbe  ju.  g$  genügt  an  ben 
33rief  ju  erinnern,  ben  ber  SJotfdjafter  SRigra,  eine  unüerwerftidje 
Autorität  aber  bie  (Sreigniffe  Don  1866,  an  ben  Herausgeber 
Don  ©oooneS  ©enftpürbigfeiten  gerietet  Ijat:  furj  unb  bünbig 
ift  l>ier  ber  Unglücfömann  Don  Suftoja  nadj  feinen  guten  unb 
äblen  Sigenfdjaften  gejeidjnet.  Änberfeitö  ttrirb  man  aber  audj 
bie  fubjeftioen  ÄuSlaffungen,  bie  SBernbarbt  feinem  2agebudj  ein* 
tierleibte,  nidjt  als  eine  ungetrübte  Ijiftorifdje  Duelle  einfdtffcen. 
©o  mistig  es  mar,  ba&  ein  fo  fdjarf  auSfpäljenbe*,  unnadjftdj* 
tigeä  Äuge  bie  Setoegungen  ber  Ijanbelnben  Sßerfonen  in  Stauen 
Sag  für  Xag  Derfolgte,  fo  ift  bod)  einjurfiumen,  bafe  bieje 
©djarfftdjtigfeit  nidjt  l>inreid)te,  bie  äRotioe  ber  italienifdjen 
Staatsmänner  mit  Dotier  Unparteiliche^  ju  toärbigen.  ©er 
Strgmofyn,  mit  bem  bie  Italiener  an  ba«  preufcifdje  ©flnbnte 
gingen,  §at  aud)  auf  ber  anberen  ©che  einen  Ärgmoljn  erjeugt, 
ber  aber  ba$  Qid  IjinauSfdjofe.  SBiSmarcf  felbft  i^at  fid}  in  ben 
brangooQen  Sagen,  ba  it)tn  bidjt  Dor  bem  #iel  baä  franjöftfdje 
Sntriguenfpief  bie  fdjmerften  ©orgen  machte,  burd)  bie  Scripte 
UfebomS  unb  ©ernljarbiS  ju  ungerechten  Ausbrüchen  be$  Unmut« 
t)inreif$en  (äffen,  obtooljl  er  anberfeitt,  mie  manche  feiner  Äufee* 
rungen  betoeifen,  nid)t  aüjuljod}  Don  biefen  Seridjterftattern 
backte.  SWan  barf  unbebenflid)  jugefteljen,  baft  bie  ©djtoierig* 
feiten,  bie  in  ber  Statur  ber  Dinge  lagen,  leichter  geebnet  toorben 
toären,  toenn  bie  preufeifdje  ©adje  in  glorenj  bamate  burd) 
anbere  Sßerfönlidjfeiten  Dertreten  gemefen  märe.  Dljne  Steifet 
mar  eS  tadjerlidj,  bafe  bie  italienifdjen  ©enerate  ben  Slbgefanbten 
unb  SBertrauenSmann  SRottfeS,  meil  er  feinen  müttfirifdjen  SRang 
befleibete  unb  fte  nichts  Don  feinen  friegSmiffenfdjaftlidien  SBerfen 
fannten,  über  bie  Siegel  anfa^en.  aber  ba$  Vorurteil  gegen 
ben  „£>ifioriogral>l)en\  toie  Samarmora  ityt  nennt,  mar  nun 
einmal  Dortyanben,  unb  e8  mad)t  einen  peinlichen  ©inbruef,  menn 
man  lieft,  mie  aud)  ©albini  über  bie  erfte  ^Begegnung  berietet, 
bie  er  am  12.  Sunt  1866  mit  SBernljarbi  in  Bologna  fyrtte.  Sud) 
feirb  nid)t  ju  leugnen  fein,  bafc  bie  militärifd&en  SRatfd)läge, 
bie  er  unb  Ufebom  überbrachten,  in  einer  gorm  vorgetragen 
tourben,  bie  baS  ©elbftgefütyl  ber  3t aliener  empfinblid)  berühren 
mufete.  S)ie  berühmte  „©tofc  in«  ^erj.Stepefdje"  UfebomS  Dom 
17.  Suni  1866  f)at  felbft  Söernljarbi  in  ber  gorm  Derlefcenb  ge» 
funben. 


$ie  preufiifd)<itaHemfäe  «tttanft  Don  1866.  253 

SBertDott  ift  Eljiala*  Sßublifation  burdj  Diele  neue  3)ofu» 
mente,  bie  er  an*  2id}t  jieljt,  uub  gleichseitig  ift  audj  burd)  bie 
Mitteilungen  aus  bem  SRadjlaß  beS  ©eneral*  ©oDone,  be«  Unter* 
tyinbler*  be*  JBfinbniffe*  mit  Sßreußen,  ba*  biplomattfdje  SJtaterial 
bereichert  toorben.  5Die  S)epefd}en,  bie  QoDone  über  feine  Unter« 
rebungen  mit  ©iSmard  im  STOärj  unb  April  1866  nad)  §aufe 
fanbte,  waren  bisher  nur  brudjftücftoeife  veröffentlicht,  ©ie  geben 
in  tyrem  SBortlaut  ein  deutlichere«  JBilb  Don  ben  ©d>toierig« 
feiten,  bie  bem  Slbfdjluß  be*  ©ünbniffe*  im  SBege  ftanben  unb 
bie  nur  fdpitttoeife  übernmnben  toerben  tonnten.  Vußerbem 
(äffen  @oDone*  furje  Slufjeidjnungen  au*  bem  ftrieg  ben  fähigen 
Difijier  ertennen,  ber,  toenn  er  aud)  politifd)  Don  ßamarmora 
beeinflußt  md)t  über  beffen  ©efidjt*frci*  ^inauÄblicfte,  bodj  in 
tnilitärijdjen  Singen  felbftänbig  backte,  bie  Sedier  ber  Ober« 
(ettung  beutlid)  erfannte  unb  bei  feinem  lebhaften  Temperament 
aud)  (ein  §el)l  au*  feiner  eigenen  SKeinung  madjte.  SBegen 
ber  ©d)ladjt  Don  ©ufioja,  in  ber  er  Don  feinem  ftorpSfomman* 
banten  Deüa  SRocca  fdjmä&lid)  im  ©tid)  gelaffen  nmrbe,  (am 
e$  ju  heftigen  Auftritten  jtoiföen  if)m  unb  feinen  Sorgefefcten. 
(SoDone  fyttte  fid}  mannigfach  Derbient  gemadjt,  bebor  itjm  bie 
äRiffion  nad)  (Berlin  übertragen  mürbe;  er  madjt  überhaupt  einen 
ft)mpatl)ifd)en  fönbrud,  tote  tym  aud)  ©i*mard  ba*  Sßräbifat  „an* 
ftfinbig"  gab,  mä^renb  btefer  fid)  über  Samarmora  einmal  in 
megtoerfenbfter  SBeife  geäußert  tjat.  Ob  nun  burd)  fltyiala*  bofu* 
mentierte  ©efc^ic^töerjä^lung  Samarmora*  Stuf  toiebertjergefteQt 
nrirb?  Qefanntlid)  ge&t  ber  $auptDortourf  gegen  feine  Staat«* 
füfjrung  bal)m,  baß  er,  in  unrühmlicher  Hbl)ängigfeit  Dom  ftaifer 
Napoleon  befangen,  bei  jebem  feiner  ©djritte  ängftlid)  um  bie 
SBeifungen  au*  Sßari*  bemüht,  bie  moralifd)e  ©ebeutung  be* 
preußifd)en  öünbniffe*  für  ba*  geeinte  Stauen  DöUig  Derfannt 
Ijabe:  eben  biefen  ©orttmrf  toftljt  fein  Sobrebner  fo  toenig  Don 
tym  ab,  baß  er  if)m  Dielmetp  gerabe  feine  unerfd)ütterlid)e  (Er« 
geben^eit  gegen  ben  ftaifer  jum  3iul)m  unb  Serbtenft  anrennet. 


I. 

Unter  ben  oon  ßbiata  Deröffentlid)ten  Sdjriftftüden,  bie  bie 
biplomatifcbe  ©efdjidjte  be*  3aljre*  1866  in  ein  jeftfirfere*  fiid)t 
rüden,  fte&t  an  SBid)tigfeit  bie  Äorrefponbenj  Samarmora«  mit 


254  mitjtlm  Sang, 

feinem  ©efanbten  SRigra  in  SßariS  öoran.  SßariS  toar  ber  Angel* 
punft  ber  biplomatifäen  83ielgefd)ftftigfeit,  bie  ben  Ärieg  ein« 
leitete.  SRodj  immer  galt  ber  ftaifer  atö  ber  ^Regulator  beä 
europaifdjen  ©taatenfljftemö.  2Ran  roeifc,  toeldjen  SBert  SJiSmarcf 
barauf  legte,  feine  ©efinnung  ju  erforfdjen  unb  ju  gewinnen; 
Don  SBien  aus  finb  gleichzeitig  ununterbrochen  gäben  nadj  ben 
$uilerien  tyinfibergefponnen  korben ;  fär  Stalten  aber  mar 
Napoleon  III.  ber  befeuerte  greunb,  of)ne  beffen  ©d)u|  unb 
SRat  man  ba$  SBagnte  einer  neuen  SBerbinbung  nidjt  ju  unter« 
nehmen  fid)  getraute.  3)er  Äaifer  Ijat  bei  bem  preu6ifd)*italienifd)en 
©finbniS  ^ßate  gefianben,  unb  er  fear  e8,  ber  e$  roieber  ju  jer* 
reiften  oerfudjte.  $ie  Srrungen  unb  STOiffaerftänbniffe,  bie  toät)« 
renb  ber  ganzen  Stauer  be$  9Wian$berljaltniffe$  nidf)t  aufgehört 
Ijaben,  finb  jufefct  auf  bie  jroeibeutige  Stellung  granfreidj*  ju* 
rü<fjufüf)ren,  ba$  anberd  ju  Stauen,  anber*  ju  $reufeen  ftanb. 
93on  ^ßariö  au«  finb  bie  bitteren  tropfen  in  ba£  SünbniS  ge* 
träufelt  roorben,  unb  e$  war  nur  ein  SBerf  ber  ftrafenben  ©e- 
red)tigfeit,  bafc  bie  überfeinen  Serfdjnungen  beä  ftaifer*  fd&lieji* 
lidj  ju  einer  empfinblidjen  SRieberlage  für  tyn  führten. 

$öd)fi  ctyarafteriftifd)  ift  gleicij  bie  erfte  ©epefdje  SamarmoraS, 
bie  mitgeteilt  toirb,  unb  bie  er  felbft  nur  brudtftüdtoeife  Der* 
öffenttic^t  fjatte.  ©raf  Ufebom  (jattc  iljn  im  Suli  1865,  alfo 
t>or  ©aftein,  nad)  ber  Haltung  Stauend  für  ben  »a^rfdjeinlidjen 
gall  eine«  ftriegeS  jtmfdjen  Sßreufeen  unb  fcfterreid)  gefragt. 
9totürlid),  fdjreibt  er  nun  an  SRigra,  f)abe  er  biefe  Mitteilung 
mit  ber  größten  SRefertoe  aufgenommen,  feine  greube  barüber 
verborgen  unb  allerlei  93eben!en  in«  gelb  geführt,  junädjft  um 
3eit  ju  geroinnen.  Äl3  Ufebom  furj  barauf  bie  Anfrage  brin* 
genber  roiebertyotte,  „erfWrte  id)  iljm  offen,  bafc  toir  feine  SBer* 
pflid)tung  eingeben  fönnten,  otjne  bie  Äbfidjten  be$  ftaifer«  ber 
granjofen  ju  fennen,  unb  idj  jögertc  nidjt  it>m  üorjufteüen,  ba& 
bieS  audj  bie  preufeifdje  ^Regierung  tun  foüte.  ©ie  toerfte&en,  er* 
roiberte  idj  iljm,  roie  roidjtig  e3  für  unä  unb  aud)  für  ©ie  ift, 
ju  toiffen,  ob  granfreid)  biefem  firieg  günftig  ift  ober  nid)t,  unb 
toenn  ^ßreufjen,  fügte  i$  Ijinju,  irgenb  ein  Opfer  toon  feinen 
Sftjeinprooinjen  bringen  mürbe,  märe  ber  9u8gang  be*  ftriegeä 
nidjt  jroeifelfjaft,  Preußen  roürbe  reidjlidje  @ntfd)äbigung  nid)t 
nur  in  ©djleSroig,  fonbern  audj  in  ber  «nnejion  beutfeher  ftlein« 
ftaaten  finben.    3dj  bin  überjeugt,  bafc  ber  ftaifer  ber  granjoien 


$ie  |>Teuftfd)<italieiiiföe  «ntcmj  öon  1866.  255 

tat  ^rieben  toflnfdjt,  aber  toenn  ftd)  il)m  eine  gfinfitge  ©elegen* 
bcit  jeigt,  feine  ©renje  am  Sterin  auSjubeljnen,  fönnte  er  bie* 
jurfictoeifen?  Unmöglich  ....  (ätye  mir  und  aber  mit  $reugen 
ehilaffen,  bfirfen  toir  bie  3Röglid}fett  ntdjt  auftföliegen ,  bag 
Cfterreid),  nidjt  imftanbe  einen  langen  ftrieg  au$juf)alten,  bei 
feinen  oerjtoeifelten  gmanjen  unb  ber  Sertoirrung  feiner  inneren 
3uftänbe,  fid>  föliefclidj  jum  Opfer  JBenetienS  entfliegt.  S)em 
iBaron  SWalaret  (franjöfifdjen  ©efanbten  in  glorenj)  t>abe  idj 
jur  Information  ber  franjöfifdjen  {Regierung  mieberljolt  erttftrt, 
menn  ber  Ärieg  jmifdjen  Dfierreidj  unb  ^ßreufcen  mirflid)  au* 
bräche,  fei  e«  unmöglich,  ba&  Stauen  nid>t  baran  teilnehme; 
feine  Stegierung  fönnte  ba*  oer^inbern.M 

Slfle  (Elemente,  au«  benen  Scmarmora«  ftaattmännifdjeS 
Denfen  beftanb,  finb  in  biefem  oertraulidjen  ©^reiben  Dereinigt. 
<S#  ftel)t  ifpn  feft,  baft  Stauen  eine  fotcfje  @elegenf>eit  nidjt  oer* 
fäumen  barf  unb  im  gaü  eine«  Striege«  jtoifdjen  $reugen  unb 
Ofterreidj  mittun  mu&:  ba«  verlangt  bie  83olf«ftimme,  verlangt 
gebieterifd)  bie  ganje  Sage  be«  unfertigen  ©taat«.  Aber  t>or 
einem  felbftfinbigen  (Sntföluffe  fdjeut  er  jurücf ;  ber  ftaifer  Napoleon 
tyxt  barfiber  ju  entfefteiben,  toa«  Stauen  tun  foD,  tpic  er  ja  aud) 
nur  Derlangen  barf,  toa«  $reuften  iljm  für  feine  ©unft  ju  ent« 
rieten  t>at.  SRidjt  entfernt  tommt  il)m  ber  ©ebanfe,  bog  jefct 
ein  gfinftige«  ©efdjicf  Statten  eine  uneigennützige  (Bnnbedgenoffen« 
fdjaft  )uffif)rt,  bie  ibm  Reifen  nrirb  fid)  aud  einer  brüctenben 
Qormunbföaft  ju  befreien,  unb  nodj  toeniger  benft  er  an  htn 
moraliföen  (Stamm  eine«  friegerifdjen  Äuffdjtoung*  ber  Station: 
vielmehr  ^egt  er  im  $erjen  bie  alte,  fdjon  bei  Übernahme  ber 
Regierung  im  $erbft  1864  au«gefprodjene  Hoffnung,  ba&  e* 
fd)liefi(id)  bod)  gelingen  toerbe,  Öfterreid)  jum  frieblidjen  83er* 
jid)t  auf  Renetten  ju  bewegen.  Muf  alle  gäüe  toiQ  er  fieser 
getjen,  er  toiQ  fid)  auf  ben  ftrieg  nur  einlaffen,  toenn  ber  ftaifer 
mit  oon  ber  $artei  ift,  unb  biefer  wirb  ja  nicht  [probe  fein, 
wenn  man  tym  einen  frönen  (Staoinn  in  9u«ftd)t  ftellt.  Die 
$erf)anb(ungen  wegen  ber  preufeifdpn  flOian)  beginnen  alfo 
bamit,  bafe  Samarmora  über  ©ebiete  toerffigt,  bie  bem  fünftigen 
8unbe*genoffen  gehören,  unb  bie  er  bem  ftaifer  anträgt. 

Die  SRüdäu&erung  be«  ©efanbteu  mar  fo  beutlid)  wie  mög* 
lid).  9iigra,  unftreitig  ber  ffit)igfte  unter  ben  bamaligen  ©taat«« 
mfinnern  Stalten«,  belehrt  feinen  (Styef,  bafe  ber  ©rud)  }mifd)en 


256  SBityelm  Sang, 

Sßreufcen  unb  Öfterrctc^  gerabe  bamm  für  Stalten  ein  fo  auger; 
orbentlidjer  ©IfidSfaQ  ift,  »eil  er  ein  Mittel  an  bie  $anb  gibt, 
Sienetieu  otjne  bie  $itfe  ^ranhreic^d  ju  erlangen,  unb  er  belehrt 
it)n  meiter,  bafe  feine  preufjifcfye  Negierung  einen  gu&breit  beutfdje* 
©ebiet  abjutreteu  imftanbe  fei,  meäljalb  benn  audj  ber  Äaifer 
Don  feinen  Äbfidjten  auf  ben  Ntjein  jurüdgefommen  fei  unb, 
fofern  er  überhaupt  ©roberungägebanfen  fyabe,  feine  Äugen  oielmebr 
auf  ^Belgien  gerietet  Ijabe.  3n  biefem  Sßunft  faf)  Nigra  f ogar  fd)ärfer 
als  preufeifdje  Diplomaten.  Nadj  39ernt)arbi$  ßeugnid  mar  ©raf 
Ufebom  nidjt  Don  ber  Überzeugung  abzubringen,  bafe  man  bent 
ftaifer,  um  ifyn  ju  befdjmidjtigen,  „eine  ftleinigfeit"  am  92^etn 
abtreten  fönne.  @S  mar  fein  „Sieblingägebanfe".  S)ie  ©djtoierig« 
feit,  fügte  Nigra  in  feiner  Eepefdje  Dom  8.  Äuguft  Ijinju,  fei 
nur  bie,  Don  granfreid)  ba$  förmliche  SBerfpredjen  ber  Neutralität 
ju  erlangen,  unb  um  biefen  ?ßunft,  namücb  eine  beftimmte 
SBitlenSmeinung  Dom  ftaifer  tjerDorjuloden,  breite  ftdj  im  mefent* 
liefen  bie  fernere  ftorrefponbenj. 

allein  bie  ©pradje  beä  ffiaiferS  unb  feines  MinifterS  2)rou^n 
be  fif)ut)3  blieb,  folange  bie  3)inge  nidjt  bis  jum  ©rud)  gebieljen, 
eine  auSmeidjenbe.  Sßir  märten  ab,  fo  ungefähr  fagte  3)rout>n 
}u  Nigra  am  13.  Äuguft,  maS  und  ^ßreufcen  unb  Dfterreidj  ju 
bieten  Ijaben.  SBenn  fte  grantreidj  befonbere  Vorteile  bieten,  an 
bie  mir  übrigens  nidjt  benfen,  fo  mögen  fie  SBorfdjlftge  machen 
unb  biefe  merben  geprüft  merben.  Nur  baS  erfdjien  Nigra 
unjmeifelljaft,  bafc  ber  ftaifer  ben  JluSbrud)  beS  ftriegeS  jmifdjen 
ben  beut[d)en  3Räd)ten  mit  Vergnügen  feljen  mürbe,  meil  er  bar« 
aus  ju  gegebener  £eit  irgenb  einen  ©eroinn  für  gfranfreidj  ju 
jie^en  hoffte.  Sorgfältig  Dermieb  babei  ber  ftaifer  jeben  Schein 
Don  Sßarteifidjfeit,  unb  als  ©iSmard  bamals  ben  SBunfdj  nad> 
einer  3ufammenfunf^  ™  PombiereS  äufeerte,  liefe  tljm  ber  ftaifer 
fagen:  maS  er  it)m  mitjuteifen  Ijabe,  möge  er  lieber  fdjriftlidj 
tun.  HlS  bann  bie  ©afteiner  Übereinfunft  ben  ©treit  ber 
beutfdjen  ©rofcmädjte  beizulegen  fdjien,  mar  bieS  ganj  gegen  bie 
geheimen  SBünfdje  unb  Sbfidjten  beS  ftaijerS.  3>rou^n  be  Sf)uq* 
gab  bem  MifeDerguügen  barüber  in  bem  befannten  Nunbfdjreiben 
SluSbrud,  baS  natf)  einer  oertraulidjen  Mitteilung  beS  SWinifter* 
an  Nigra  ben  $wd  tyatte,  Dfterreid)  aufjuftadjeln  unb  itjm  ben 
Mut  gegen  Sßreufeen  ju  ftärfen,  bamit  eS  eljer  mieber  jum  ©treit, 
momöglid)  jum  SBrndi  fomme.    ©leidjjeitig  aber  riet  er  burd) 


3)ie  l>reu&ifd)*üaliemfd>e  »aianj  öon  1866.  267 

Jligra  »er  italienischen  ^Regierung,  ^teuften  nid}t  ju  entmutigen, 
b.  f).  $m  bie  Huöfic^t  auf  bat  italienifdje  Sünbntö  nid)t  ju 
benehmen.  S)er  ftaffer  fcfjürte  aljo  nadj  beiben  Seiten,  tote  Denn 
SRigra  immer  mieber  barauf  jurüdKommt,  bat  midjtigfte  3ntereffe 
bet  Äaifert  fei,  baß  bie  beulten  SKädjte  uneint  feien  unb  i&r 
3crmärfnit  toomögtiefc  biö  jum  8rud)e  trieben. 

Die  ®afieiner  Übereinfunft  ^atte  aber  nidjt  blofc  in  ?ßarit, 
fie  batte  nodj  Diel  mct)r  in  glorenj  oerftimmt.  ©o  toax  et  alfo 
nidjtt  mit  bem  angeblichen  Sntfälufc  Sßreufeent  jum  ftriege,  ben 
Ufebotn  ju  beteuern  nid)t  mube  mürbe!  38ar  Samarmora  fdjon 
Dörfer  nur  jögernb  an  bie  SJerljanblung  mit  ^ßreufjeu  gegangen, 
fo  befeftigte  fid)  jefct  fein  SRiütrauen  in  bie  preugifdje  Sßolitif  in 
einer  Seife,  ba&  et  bie  ganjen  f olgenben  ©ertyanbtungen  beljerrfdjte. 
@t  lag  ja  Kar  jutage:  menn  ber  ©trett  ber  bcutfdjen  ©rofemäc&te 
fid)  nod)  fo  fe^r  jugefpifct  fyit,  im  testen  Äugenblicf  fdjeut 
$reu&en,  toie  in  Dlmüfc,  oor  Dem  Äufcerften  jurüd,  unb  menn 
et  einmal  mieber  bei  Stauen  anHopf  t,  fo  liegt  ber  SBerbadjt  na^e, 
bafj  et  babei  nur  bie  äbftdjt  tterfolgt,  burd)  bat  ©cfcredbilb 
einet  SJfinbniffet  mit  Stalten  Dfterreid)  feinen  Änfprüdjen  gefügig 
ju  machen  —  Don  biefen  argmöljuifdjen  ©ebanlen  ift  Samarmora 
fortan  nid)t  met)r  ju  feilen  getoefen«  S)ie  nädrfte  golge  mar, 
bog  er,  oon  jeber  SRüdfidjt  entbunben,  mieber  einen  SSerfudj  bei 
Dfterreid)  felbft  machte.  3n  biefe  geit  fällt  bie  geheime  ©enbung 
bet  ©rafen  ÜDtalagujji  nad>  SBien,  ber  ben  Auftrag  fjatte,  ben 
äaiferfjof  megen  einet  frieblidjen  Serjidjtt  auf  ©enetien  ju  fon» 
bieren.  fiamarmora  tyatte  geglaubt,  ba&  ein  foldjet  ®efd)äft  aud) 
bem  SBunfd)  bet  Jtaifert  entfpredje,  eine  Süufion,  bie  if)m  SRigra 
benahm,  inbem  er  i^n  belehrte,  bajj  ein  frieblidjer  Sutgang  biefer 
Art  nidjt  im  franjöfifdjen  3ntereffe  fei.  „Sergeffen  ©ie  nid>t, 
toat  id)  Stynen  bereitt  gefdjrieben  \)abt:  bie  franjöfifdje  Regierung 
betrautet  et  alt  it)r  $>auptintereffe  (intöresse  vitale),  baß  bie 
beiben  beutfdjen  ®rofemäd)ie  nid)t  in  Übereinfttmmung  mit« 
etnanber  finb.  3nfolgeDeffen  oermeibet  fie,  eine  ober  bie  anbere 
ju  aut)d)(ief}ltd)  ju  unter) tüpen;  Denn  fie  glaubt,  bafj,  roenn 
fie  ber  einen  iljre  Unterftügung  leiljt,  ber  anberen  nid)tt 
übrig  bleibt  alt  fid)  ben  Sebingungen  bet  ©egnert  ju  unter* 
»er  Jen  unb  fid)  um  jeben  $ret*  mit  tl)m  abjufinDen.^  X)araut 
ertlärt  fid)  bie  gegenwärtige  Haltung  granfreid)*  9e9en  Cftcrreidj, 
eine   Haltung,   Die   feinetmegt   feinbfelig    ift."     2)at   mar    am 

ttftatfftc  Hntfartft  (Ob.  M)  92.  %.  ©b.  LV1JI.  17 


258  2Bil§elm  Sang, 

24.  Nobember  gefdjrieben,  toenige  38od>en  nad)  ber  ßufammen* 
fünft  in  SBiairifc,  beten  (SrgebniS  Siömarcf  in  bem  ©eridjt  an 
feinen  König  in  bie  SBorte  faßte:  „Nad)  meinen  allgemeinen 
2Baf)rnel)mungen  barf  idj  bie  gegenwärtige  Stimmung  be£  Ijiefigen 
§ofeä  als  eine  un3  äußerft  günftige  bejeidjnen."  35er  Kaifer 
nicfte  ben  preußifdjen  planen  ju,  »eil  baburdj  ber  Krieg  mal)r* 
fc^einttd^er  mürbe,  in  SBatyrljeit  bertyarrte  er  in  einer  berechneten 
Neutralität.1)  9lm  NeujaljrStag  1866  fdjrieb  Nigra  an  Samarmora: 
„©er  Kaifer  mill  nid)t$  Don  ben  ©erüdjten  tt>tffenr  baß  er  mit 
Stemarcf  SBerabrebung  megen  ©ebietS&eränberungen  getroffen 
l)abe,  unb  er  miQ  nidjt  baffir  angefe^en  fein,  baß  er  £)fterreidj 
ben  preußifdjcn  gorberungen  preisgebe.  DaS  Sntereffe  granf* 
rctc^d  verlangt,  baß  fcftcTreidj  unb  Sßreußen  fid)  nidjt  Vertragen 
unb  baß  jmifdjen  beiben  9Rä<$ten  ber  ©treit  um  bie  5Borf)errfd)aft 
in  Deutfdjlonb  fid)  fortjietje,  unb  barum  jeigt  er  gleichzeitig 
beiben  eine  gute  SRiene." 

3m  3anuqr  begann  ber  biplomatifdje  Selbjug  jtoifdjen 
Sßreußen  unb  Dfterreid)  aufs  neue,  unb  Sßreußen  brfingte  in 
gtorenj  jefct  ernftlidjer  ju  einem  KriegSbfinbniS,  unterftfifct  Don 
granfretdj,  ba$  feinerfeit*  ermunternb  auf  fiamarmora  ttrirfte. 
©inen  Sugenblid  eröffnete  jmar  bie  rumänifdje  {Resolution,  bie 
im  gebruar  ben  $f)ron  beS  gürften  Sufa  erlebigte,  bie  8ta$fid)t 
auf  frieblidjen  (Srtoerb  JBeneiienS  burdj  Xaufd)  mit  ben  Donau« 
fürfientümern.  Sefct  fdjien  eine  günftige  Gelegenheit,  biefeä  alte 
^ßrojeft  ju  öermirflidjen,  unb  aud)  ber  Kaifer  mar  nidjt  bagegen, 
forad)  jebod)  fofort  feine  3tueifel  an  ber  Geneigtheit  Dfterretd)$ 
au$.  „Damit  bae  SBiener  Kabinett  fid)  bem  Sßlan  gänftig  jeige", 
fdjrieb  Nigra  am  1.  SRärj  feinem  (Sljef,  „f)81t  e8  ber  Kaifer  für 
unerläßlich,  baß  mir  Sßreußen  eifrig  jum  Krieg  antreiben  unb  baß 
tüir  und  gleichfalls  jum  Krieg  anfd)iden.  Dann  mirb  ber  Kaifer 
ju  fcfterreidj  fagen  fönnen:  toenn  iljr  nidjt  eintoiHigt,  fyabt  ifyc 
ben  Krieg  mit  Preußen  unb  mit  3talien  unb  mir  laffen  tyn 
gefdjeljen.  3d)  rate  3t)ncn  alfo,  lieber  ©eneral,  ?ßreußen  ju 
ermutigen  unb  ju  biefem  Qmd  audj  ben  SScrtrag  eines  Cffenfto* 

l)  $a&  ©i8marrf  über  feine  (Erfolge  in  öiarrtfr  bem  Äönig  opttarifti* 
fdjer  berichtete,  aI8  ben  Xatfadjen  enttyrad),  ba$  er  bie  Stimmung  M 
ÄaiferS  ben  preufeifeften  planen  günfttger  barfteüte,  al«  fie  in  ©irtti^Wt 
»ar,  §at  81.  &efter  (»iarrit,  3)eutf(fte  töunbfdjau  CXIII,  @.  219  ff.)  über» 
jeugenb  bargetan. 


$ie  t>reufitfdMtaUemfd)e  SltUan*  öon  1866.  259 

unb  S)efenftobfinbniffe$  ju  unterjeid>nen."  ?lm  $ag  oorljer, 
28.  gebruar,  mar  in  öerlin  bcr  große  Ärieg&rat  gehalten  toorben, 
ju  bem  aud)  ®raf  Don  ber  ©olfc  jugejogen  mar.  3)ie  nädtfte 
Jotge  mar,  bafc  bcr  preufeifdje  ©efanbte,  nadj  Sßariä  iurüdgeteljrt, 
burd)  SRigra  ben  ffiunfd)  fetner  Regierung  nadj  glorenj  gelangen 
Uefa,  bafe  fofort  ein  italienifdjer  Dfftjier,  pour  y  traiter  la 
question  militaire,  nad)  SBerlin  getieft  »erben  möge;  ein 
leerer  preufeifdjer  Dffijier  »erbe  ju  bemfelben  3n>ed  in  Salbe 
nad)  glorcnj  abgeben,  öefanntlidj  mar  ju  biejer  SRiffion  im 
Anfang  (ein  anberer  als  9Rolt(e  in  SluSfidjt  genommen,  üa* 
marmora  gögerte  ntdjt,  ber  ©nlabung,  bie  Don  SßariS  aud 
unterftufct  »urbe,  golge  ju  leiften  unb  feine  SBaljl  fiel  auf  ben 
3)imfion£general  ©ooone,  aber  e*  ift  Ijödjft  djarafteriftifd),  ba& 
ber  Skrteibiger  ßamarmoraS  feinen  Änftanb  nimmt,  in  beffen 
$intergebanfen  bei  biefer  ©enbung  f)ineinjuleudjten.  3Bal)rfd)ein* 
lid)  fjabe  er,  meint  Sfjiala,  fid)  ju  biefer  entfdjloffen,  nidjt  oljne 
)u  benfen,  bafe,  »enn  aud  ber  SBerljanblung  nidjtS  »ürbe,  bie 
@enbung  eines  italienifäen  Offijiered  nad)  Serlin  in  biefem 
ftugenbltd,  bie  (ein  ©el)eimni$  bleiben  »erbe,  bad  SBtener  Stabinett 
ju  bem  (Sntfdjlufe  treiben  (önne,  fdjliefelid)  auf  SSenetien  Berjid)t 
ju  leiften.  S)cr  ©eneral  hoffte  alfo,  feinem  Sobrebner  jufolge, 
wenn  $reufeen  JHnftalten  mad)e,  mit  Stauen  SBerabiebungen  ju 
treffen,  »erbe  Dfterreid),  um  ben  Äampf  nad)  j»ei  ©eiten  ju 
oermeiben,  ftdj  jur  Abtretung  Senetiend  entfdjliefeen.  Die  Mflianj« 
oerljanblung  mar,  tote  ©fjiala,  bie  Auflage  ©gbete  beftätigenb, 
mit  bfirren  ©orten  fagt,  in  fiamarmoraä  ©inn  jugleid)  ein 
SRittel,  um  auf  frieblidjem  ffieg  Renetten  ju  erlangen,  ftein  SBunber, 
bafc  er  bie  $intergeban(en,  bie  er  felbft  (aum  oerbarg,  audj  bei 
feinem  Partner  öorauSfefcte  unb  ntc^t  red)t  an  ben  friegerifdjen 
<Ernft  $reufcen£  glaubte.  Sr  Ijatte  aber  mit  bem  %rg»ot)n,  bafe 
SBiSmard  bie  $erf)anblungen  btofe  baju  benähen  »olle,  um  auf 
Ofterreid)  einen  Drud  auäjufiben,  aud)  feinen  flbgefanbten  ©ooone 
angeftedt  unb  bie«  mar  ber  eigentliche  ©runb,  »arum  eS  mit 
ben  SBerI)anblungen  fo  lange  nid)t  oortoärtö  ging.  Ml*  bafcon 
bie  Siebe  ift,  SNoltfe  nad)  glorcnj  %u  fenben,  fürchtet  ©ooone, 
bie*  muffe  bie  allgemeine  Äufmerffamfeit  auf  bie  fd)»ebenben 
Ser^anblungen  lenfen  unb  forme  nur  bie  SBirfung  l)aben,  Öfter» 
reid)  einjufd)üd)tern,  unb  badfelbe  »icberl)olt  fid),  ald  ©iSmard 
ben  $orjd)(ag  mad)t,  gegenfeitig  SKilitärattadjeö  an  bie  ©efanbt* 

17* 


260  SBilljelm  Sang, 

fdjaften  in  Sertin  unb  gtorenj  abjufenben,  ein  Vorfdjtag,  ber 
benn  audj  faden  gelaffen  würbe,  ©leid)  in  ber  erfien  Unter* 
rebung,  bie  ©ooone  mit  ©iärnard  tjatte,  war  eine  ttefgefjenbe 
9Weinung$oerfd)iebenl)eit  jutage  getreten,  SBiSmarcfö  Hbfid)t  mar 
}unäd)ft  bie,  einen  allgemeinen  greunbfdjaftSöertrag  ju  unter* 
jeidjnen,  ber  nodj  ju  nidjtS  oerpfüdjte,  mit  bem  er  aber  letzter 
eine  friegerifdje  Situation  l)erbeijufül)ren,  ben  König  letzter  auf 
ber  betretenen  8at)n  fortzureiten  Raffte.  ©oooneS  3nfiruftionen 
Ratten  lebigtidj  ben  unmittelbaren  Kriegsausbruch  im  Äuge;  nur 
für  biefen  gaQ  mar  er  ju  militärifdjen  Vereinbarungen  ermächtigt, 
©r  regnete  im  ©inn  feines  Auftraggebers  auf  ein  gfeidjfeitigeS 
OffenfiD*  unb  ©efenfiübünbnte,  baö  ^ßreufeen  jum  fofortigen  SoS* 
fdjlagen  verpflichtete,  unb  ba  Sigmare!  bie*  verweigerte,  weil  er 
bie  Sage  in  3)eutfd)lanb  für  ben  Eintritt  be$  Kriegsfalte  erft  reif 
madjen  muffe  unb  hierfür  3eit  brauche,  argwöhnten  bie  Staliener, 
ba&  e$  Sßreufeen  mit  bem  Krieg  garniert  @rnft  fei:  SiSmarcf 
werbe  mit  bem  Vertrag  in  ber  $anb  Dfterreid)  jur  SRadjgiebigfett 
jwingen  unb  bann  Stauen  ber  Stacke  feinet  geinbeä  preisgeben. 
ÜRod)  war  baS  8lbfommen  Don  ©aftetn  in  frifdjer  Erinnerung. 
3mar  bafc  ViSmarcf  perfönlid)  auf  ben  Krieg  loSfteuerte,  bamm 
uberjeugte  fid)  ©ot>one  balb.  «ber  er  fat>  aud),  melier  SBiber* 
ftanb  fid)  bem  preufjifdjen  SlWinifter  entgegentürmte;  er  faf),  bafe 
ber  König  unb  feine  Umgebung  bem  Srud)  mit  Dfterrcidj  wiber* 
ftrebte,  bafe  baS  preufeifdje  Voll,  felbft  bie  Armee,  nichts  weniger 
als  fciegerifd)  gefinnt  war,  unb  aud  bem  2Runbe  fämtlidjer 
Diplomaten  öerna^m  er  bie  Überjeugung,  bafe  ber  König  in 
lefcter  ©tunbe  nid)t  jum  Krieg  ju  bewegen  fei.  ©oldje  33ertd)te 
tonnten  nur  baju  beitragen,  Samarmora  in  feiner  öorftdjtigen 
Haltung  ju  beftärfen,  um  fo  met)rf  als  jwar  SWigra  aud  $ariS 
fortwfiijrenb  jum  ©nget^en  auf  bie  preußischen  Vorfd)lägc  riet 
unb  Stalten  beS  ©dju|je$  be$  KaiierS  &erftd)erte,  aber  ftetö  bin« 
jufügte,  ba§  ber  Katfer  eine  förmliche  Verpflichtung  abiebne. 

Um  ben  angesponnenen  gaben  nid)t  abzureißen,  fprad) 
Samarmora  ben  SBunfd)  aud,  bafj  SBiSmarcf  feinen  Vorfd)lag 
eine*  allgemeinen  greunbfdjaftSoertrageS  fdjriftlid)  bem  gioren* 
tiner  Kabinett  oorlege.  Daju  war  aber  ©iämaref  nid>t  ju  be* 
wegen.  @r  beforgte  feinerjeitS,  bafe  Samarmora  baS  ©efdjriebene 
fofort  nad)  2Bien  gelangen  laffe,  um  bamit  eine  gütliche  9b« 
tretung  SSenctienS  ju  erroirfen.    VoHenbS  erfdjraf  Samarmora, 


$er  preufclfcfrttattentfdje  «Diana  öon  1866.  261 

alä  ©i*marcf  eine«  Sage*  borfdjlug,  bog  Statten  ben  Ärieg  er« 
öffne,  in  meldjem  gaQ  er  aud)  in  ©erlin  ben  Eintritt  in  ben 
Ärieg  mit  ©idjerljett  burdjjufefcen  hoffte.  2>a&  nic^t  Stauen  mit 
ben  getnbfeltgfeitcn  beginne,  mar  ber  befiimmt  au*gefprod>ene 
SBiDe  be«  ftaifer*.  ffirft  atö  Samarmora  feft  babei  blieb,  nur 
ein  Sefenfto»  unb  DffenftobünbniS  abjufdjlie&en,  ftnberte  ©tftnaref 
bie  ©pradje  unb  legte  am  27.  SW&rj  einen  (Sntmurf  t>or,  mit 
bem  ftd}  bie  italienifdjen  Unterfjftnbler  einoerftanben  erflftrten. 
€ft  ttmr  ein  ftompromig:  ber  ©ertrag  blieb  infofern  ein  Soentual« 
oertrag,  als  «ßreufeen  fidj  nid)t  blofe  ben  3eitpunft  be*  Kriege«, 
fonbern  audj  ben  (Entfdjlufe  be«  Äriege*  t>or6eljielt;  bie  Italiener 
aber  festen  e$  burd),  bog  bie  S)auer  be«  Vertrag*  begrenzt 
mürbe.  Stauen  t>erpflid)tete  fid)  jum  Ärieg,  menn  $reugen 
binnen  brei  SRonaten  ben  Ärieg  erfläre.  ©iämard  fonnte 
hoffen,  bafe  i&m  biefe  grift  genüge,  mittete  ber  ©unbe*reform 
ben  Ärieg*faQ  Ijerbeijuffiljren.  9ton  münfdjte  er  aber  in  feiner 
Ungebulb  unb  immer  an  jenem  ©erbadjt  feftljaltenb  bie  fofortige 
Unterzeichnung  burdj  bie  italienifäen  ©eooQmäd)tigten,  bamit  nidjt 
ber  Snttpurf  in  ber  3wifd)enjeit  noc^  ^Bten  gelange.  5Dod}  bie 
3taltener  beftanben  barauf,  ben  (Sntmurf  junädjfi  in  glorenj 
Doqutegen,  unb  nun  trat  nod>  einmal  ein  Äuffdjub  ein.  ©oöone 
njäfjlt  in  einer  nadj  feiner  ^eimfe^r  nad)  Stauen  aufgefegten 
1Denff$rift,  bafe  er  unb  ber  (Sefanbte  ©arral  nun  oon  lag  ju 
Sag  auf  bie  ©ollmadjt  jur  Unterfdjrift  marteten.  6*  fam  feine 
Slntmort.  ©temard  mürbe  ungehalten  unb  ©obone  füllte,  ba& 
feine  ©teüung  in  ljol)em  ©rabe  peinlich  mürbe,  bi«  enblid)  eines 
Sage«  Samarmora  in  furia  ed  in  fretta  te(egrapf)ifd)  bie 
SBeifung  jur  Unterf^rift  gab.  $ie  Unter^finbler  tonnten  fid) 
toeber  ben  ©erjug  nodj  bie  plöfclidje  Site  erflftren.  Die  (Er* 
flärung  mar  einfach :  Samarmora  fyatte,  obrnof)!  er  burdj  SRigra 
beftfinbig  jum  $ugreifen  ermuntert  morben  mar,  um  ganj  fieser 
ju  ge&en,  ben  ©rafen  Sfrefe  nadj  $ari*  getieft,  ber  nod|  bie 
Ijödjftperfönlidje  SMenSmeinung  be$  Äaifer*  einholen  füllte,  unb 
Hrefe*  mie  9tigrad  «uSlünfte  fjatten  iljm  enblid)  üHut  ju  bem 
ffiagni*  gemalt.  „$er  Äaifer",  telegraphierte  Sfrefe  am  30. SRärj, 
„finbet  bie  Unterzeichnung  be«  ©ertrag«  mit  Sßreu&en  nfi(ßd), 
aber  er  erflfirt  biefen  8tat  ate  greunb  ju  geben,  ot)ne  irgenb 
meldte  ©erantmortlidjfeit".  Unb  in  einem  ©rief  oom  31.9Wftrj 
befinierte  Siigra  bie  Sage  f olgenbermafecn :  1.  berftaifer  münfdjt, 


262  2Btl$eim  Sang, 

bafe  bcr  Krieg  au«bredjc,2.  et  Witt  ftdj  nid)t  berpfftd)tcn  Weber 
mit  Sßreu&en,  nod)  mit  Dfterreid),  nod)  mit  Statten,  3.  er  rit 
Stauen,  ba$  ©ünbni«  mit  ?ßreufcen  abjufdjliefcen  ober  melmefjr 
anjuneijmen  unb  ben  ©ertrag  ju  unterzeichnen.  3)iefer  9tat  ift 
ein  greunbeSrat,  fdjliefet  aber  feine  ©erpflid)tung  granfreidjä  ein ; 
4.  [ein  ßie(  ift,  eine  ^Berichtigung  ber  9fÜ)eingrenje  ju  erlangen, 
otjnc  ba$  ©djwert  ju  ftietjen ;  aber  wenn  nötig,  wirb  er  e*  jie^en, 
wenn  ber  Krieg  im  ©ang  ift;  5.  mürbe  Cfterreid)  juerft  ba* 
Königreich  Stauen  angreifen,  fo  würbe  er  bajwifdjen  treten  (vi 
ei  opgorebbe).  2>amit  mu&te  fid)  fiamarmora  aufrieben  geben. 
Übrigens  lag,  tüte  au3  ben  Don  fiamarmora  unb  Don  Sljiala 
mitgeteilten  Dofumenten  tyeroorgeljt,  nod)  anbetet  bajwifdjen. 
3)ie  SRetfc  ÄrefeS  nad)  Sßarte  freute  ft$  mit  einer  Steife  be$ 
^ßrinjen  Napoleon  nad)  glorenj,  unb  baran  fd)lofc  fid)  ein  ©efud) 
SamarmoraS  in  £urin,  Wo  fid)  ber  König  ©iftor  Smanuel  be* 
fanb.  ffiaä  Ijatte  bie  Steife  be«  Sßrinjen  ju  bebeuten?  «uf  ber 
preufcifdjcn  @efanbtfd)aft  fd)öpfte  man  Don  neuem  ©erbaut, 
©raf  Ufebom  telegraphierte  nad)  ©erlin,  nad)  ber  Hnfunft  bc* 
Sßrinjen  hätten  fidj  bie  meiften  SKinifter  nad)  Surin  begeben  ju 
einem  KabinettSrat  unter  bem  SSorfiß  bed  Königs,  unb  barau* 
fei  ju  fd)liefcen,  ba&  ber  Sßrinj  mit  einem  geheimen  Auftrag  be* 
traut  fei,  beffen  ©egenftanb  ohne  Qmtftl  eine  bireCte  ©erftftnbi» 
gung  jroifdjen  Öfterretd)  unb  Stauen  wegen  ber  Abtretung  ©ene* 
tienS  fei.  ©iSmard  liefe  fidj  Don  bem  ©erbadjt,  bafe  Stauen  ein 
boppelteä  ©piel  fpiele,  um  fo  mel)r  anfteden,  als  er  ben  Stalienern 
nadj  i^rem  ganzen  ©erhalten  überhaupt  nidjt  traute.  Snbeffen 
war  über  ben  Qmd  ber  SRetfc  be«  Sßrinjen  nid)tg  ©idjere*  ju 
ermitteln.  Sn  glorenj  wie  in  ^ßarte  würbe  abgeleugnet,  bafe  er 
einen  Auftrag  tjabe,  unb  e8  ift  nad)  ber  3)arfteHung  Skalas 
nidjt  flar,  ob  Samarmora  nad)  Surin  ging,  um  Dom  König  bie 
ßuftimmung  jum  ©ünbnteoertrag  einjul)olen,  ober  ob  er  burdj 
feine  Entfernung  Don  glorenj  einer  @ntfd)eibung  fo  lange  aus* 
weichen  wollte,  bis  er  ben  gewitnfdjten  ©efdjeib  au$  ^ßariä  er* 
halten  fyatte.  fiamarmora  felbft  Ijat  ben  SBerbac^t  Ufebomö  unb 
©iämarete  nadibrüdlid)  jurüdgewiefen.  ©S  ift  audj  fdjwer  benfbar, 
bog  ber  Kaifer  gerabe  in  biefem  Sugenblitf,  unmittelbar  Dor  ber 
Unterjeid)nung  beS  8lftc8,  ben  er  felbft  mit  Sifer  betrieb,  fid> 
jum  ©ermittler  einer  trieb! i et) en  fiöfung  gemalt,  unb  bafe  er  mit 
biejer  ÜKiifton  gerabe  ben  *J$rinjcn  Napoleon  betraut  tyaben  follte. 


3>ie  prcu&iföMtalient(rf)e  «man*  öon  1866.  263 

9tod|  am  23.  SWärj  Ijatte  bcr  Äaifer  ju  SWgra,  ber  öon  ber 
9Rbg(id)feit  einer  frieblidjen  Söfung  gefprod)en  t)attc,  gefaxt: 
„®eben  ©ie  fidj  feinet  Zäufäung  f>in ;  Dfterreid)  mirb  SBenetien 
nicht  herausgeben,  menn  e«  nidjt  burd)  ben  Ärieg  baju  gejmungen 
mirb."  Unb  aud)  Mrefe  tjatte  telegraphiert:  „er  glaubt  fär  ben 
Äugcnblicf  nid)t  au  bie  Stafjrfdjeintidjfeit  eine«  Hrrangement« 
jtoifdjen  Stalten  unb  Dfterrekf)."  ffiie  bem  fei,  am  Sbenb  beft 
1.  Sprit  Riefte  ßamarmora  ben  ffnrier  mit  ber  SoQmadjt  jur 
Unterschrift  *>on  Zurin  ab.  9latfirlid)  junädtft  nad)  Sßari«,  »ie 
benn  SWgra  fofort  telegrapl)ifd)  Don  ber  Sbfenbung  be«  ÄurierS 
benachrichtigt  morben  toar,  mätjrenb  (Barrat  unb  ©odohc  nod) 
am  4.  Sprit  oljne  ;Rad>rid}t  maren  unb  erft  am  SKorgen  be« 
5.  Sprit  au«  tyrer  peinlichen  Ungetoiffteit  geriffen  mürben.  Sm 
8.  April  ift  bann  ber  ©ertrag  unterjeid)net  morben.  Auffällig 
ift  immerhin,  ba&  SBenebetti  nod}  am  5.  Sprit  ju  ©otoone  fagte, 
(einer  Snftdjt  nad)  märe  e«  Don  Stauen  richtiger  getoefen,  nid)t 
einen  ©ertrag  ju  unterzeichnen,  fonbern  nur  über  einen  (Sntmurf 
ftd)  ju  üerftänbigen,  ben  man  bann  nad)  ber  preufeifdjen  SRobi- 
tifterung  unterzeichnen  fönne.  Stuf  biefe  SBeife  hielte  ftd)  Stauen 
bie  Zur  offen  für  ein  Sbfommen  mit  Öfterreid)  unb  auf  ber 
anberen  ©eite  märe  e«  ein  ©tacket  für  Sßreu&en,  feine  Haftungen 
ju  befd>leunigen.  Stetige  Zage  juoor,  am  2.  Sprit,  t>atte  ®otoone 
feine  Weinung  bat)in  au«gefprod)en,  bog  bie  ffial)rfd)einlid)feit 
nod)  immer  gegen  ben  Ärieg  fei.  OTiemanb  glaube,  bafc  83i«marcf 
ben  ftonig  ju  biefem  ©ntfdjlufe  merbc  fortreiten  fönnen;  bie 
älteften  Diplomaten  in  (Berlin  feien  ber  Snfidjt,  ba&  fdjtiefeiidf) 
eine«  Sage*  bie  ©enbung  eine«  ©eneral«  nad)  ©ien  ben  ©treit 
beenbigen  werbe.  Unb  nodj  am  2.  SRai  fdjrieb  ©arral :  „SReiner 
Anficht  nad)  muffen  mir  metjr  auf  und  fetbft  unb  auf  granfreidj 
jaulen  a(«  auf  Sßreufeen." 

@o  jögernb,  mit  fo  geringem  Vertrauen,  unb  nur  in  ber 
Gkmtftfpit,  bie  greunbföaft  be«  Äaifer«  Napoleon  nid)t  ju  ver- 
lieren, finb  bie  Staliener  in  ba«  neue  SBünbni«  eingetreten. 
®i«manf  fatte  feine  §cQc  greube  geäu&ert,  al«  enblid)  bie  Soll« 
machten  jur  Unterfdjrift  au«  giorenj  eintrafen;  ben  Italienern 
aber  mar  e«  nie  red)t  mof)l  bei  einem  Vertrag,  ber  aQerbing« 
Staate  unb  $flid)ten  ungleich  verteilte,  ber  Stauen  für  einen  be» 
ftimmten  ßettraum  baub,  roä^renb  Sßreufcen  fid)  nod)  bie  §anb 
frei  t)ielt.    §eute  erfennt  man  aud)  jenfeit«  ber  Slpen  an,  bog 


264  SBityelm  Sang. 

Sßreufcen  garniert  in  ber  Sage  mar,  einen  anberd  lautenben 
SBertrag  abjuf erliegen :  SBiSmarcf  tyatte  erft  bie  btptomatifdje 
Situation  ju  Raffen,  au£  ber  er  ein  legitime*  ÄriegSjiel  ju  ge* 
»innen  Ijoffte,  benn  nid)t  um  beä  83eftfce$  ber  |>erjogtfimer, 
fonbern  um  ber  SReugeftaltung  $eutfdjtanb«  toillen  foDten  bie 
'Dinge  auf  einen  fif)ntidjen  Sßunft  gebraut  merben,  tote  fte  im 
Safcre  1850  oor  Dtmfifc  ftanben.  3)afc  e3  üjm  bamit  üoDer 
@rnft  mar,  bemie«  er  bamit,  bafe  er  am  Zag  nadj  ber  Unter* 
jeidjnung  be3  JBcrtrag«  mit  Stauen  ben  Antrag  auf  SBunbed' 
reform  in  granffurt  a.  2R.  einbringen  lieg.  Stomit  f)atte  er  fem 
gegebenes  Sßort  etngetdft,  bamit  mar  ber  Stnoten  berart  gefdjfirjt, 
ba|  itjn  oorauSfidjtlidj  nur  ba$  ©djmert  burdjljauen  fonnte. 
96er  aud)  bad  üermodjtc  bie  SBebenfen  ber  Italiener  unb  iljre 
©eforgni«,  eine*  XageS  im  ©tid)  gelaffen  ju  merben,  nod)  ntefat 
ju  befettigen.  6f)iala  meint  red)t  unparteiifdj  ju  fein,  toenn  er 
ba£  SWifetrauen  SßreufjenS  gegen  Stauen  unb  ba$  SRtfetrauen 
Stauend  gegen  $reufeen  einanber  gegenfiberftellt  unb  beibe  gtetd) 
erftörttdj,  aber  gleid)  unberechtigt  finbet.  Samarmora  fjabt 
allerbingS  immer  nod)  an  ber  SRögtidjfeit  einer  frieblidjen  Ber« 
ftänbigung  mit  bem  ©egner  feftgeljalten,  aber  badfelbe  fei  aud} 
auf  preufcifdjer  ©eite  ber  gaü  gemefen.  35a3  ift  richtig;  aud) 
auf  ©eite  ^ßreufjenS  toaren  bie  SWittel  eine«  frieblidjen  Auftrag« 
mit  fcfterreid)  nodj  nid)t  oöDig  erfdjöpft.  »Dein  ber  in  bie 
Äugen  fpringenbe  Untcrfd)ieb  toar  bod)  ber:  Samarmora  mfinfdjte 
ben  ftrieg  unb  er  mfinfdjte  if)n  nidjt.  (Er  mürbe  auf  bem  S8eg 
beä  preu&ifdjen  ©finbniffeS  fortgefdjoben,  meil  bie  Colfdfttmmung 
in  Stauen  feinem  2Rinifter  ba3  SBerfäumniS  biefer  ©clegentjett 
oerjieljen  fy&ttt,  unb  meit  bie  unerquidlidje  innere  Sage  be* 
S?önigreid)$  bie  SSoHenbung  ber  ©taatöein^eit  bringenb  verlangte, 
©leicfoeitig  aber  mar  in  feinen  Äugen  ber  ©ertrag  mit  Sßreu&en 
ein  §inberni3,  falls  ftd)  unterbot  altre  combinazioni,  b.  t). 
anbere  unb  ermünfdjtere  (Gelegenheiten  für  ben  Srtoerb  fßenetien* 
barbieten  foDten.  JBiSmanf  umgelegt  trieb  be$l>alb  ju  einer 
9(brebe  mit  Stauen,  meil  er,  ein  oerbfinbeteä  Stauen  an  ber  $anb, 
fixerer  ben  Ärieg  ^erbeijuffl^ren  Ijoffte.  Sc  miDiger  ü)in  bie 
Staliener  folgten,  um  fo  mafjrfdjeinlidjer  mürbe  ber  Jtrieg.  (Sine 
©arantie  bafür,  ba&  e$  mirllid)  baju  fommen  merbe,  fonnte  er 
tynen  nid)t  geben,  er  fonnte  fie  nur  ermutigen,  auf  bie  „9Jtod)t 
ber  93erf)fi(tniffeM  ju  vertrauen,  unb  ba8  mar  iljnen  fo  menig 


3>ie  preufcifö'ttatirmWe  TOian$  t>on  1866.  265 

eine  Ijmreidjenbe  ©td)erf)eit  al$  Siämarcfe  ©rftärung,  er  fe|e 
feine  perfdnltdp  ©teOung  bafür  ein,  bafe  Stalten  nid)t  im  ©tid) 
gelaffen  »erbe,  ©ie  tooHten  fid>er  gefjen,  feinen  ©djritt  tun,  bei 
bem  fte  md)t  gegen  alle  möglichen  unb  alle  ehtgebilbeten  ©efafcren 
forgffittig  gebellt  toären.  SRan  mu&  fid>  Caoour*  {Behalten  in 
ätynlidpn,  nur  toeit  ungetoifferen  Sagen  oorfteOen,  um  baran  bie 
ganje  ft(einl)ett  Don  Samarmora*  ©taat*funft  abjumeffen.  ©elbft 
nad)  bem  $aft  Don  plombiere«  toar  Saöour  nod)  nid>t  fieser, 
ba§  er  ben  Jtaifer  toirttid)  pm  Ärieg  fortreiten  toerbe,  bennodj 
bereitete  er  mit  allen  Sftitteln,  btytomatifdpn  unb  mititärifd)en, 
ben  Strieg  öor,  aud)  auf  bie  ©efa^r  tyn,  in  legtet  ©tunbe  Dom 
Äaifer  hn  ©tid>  gelaffen  ju  toerben.  (Er  vertraute  auf  bie 
„TOadjt  ber  Serfjältniffe1'.  5Rod>  grö&ere  Ä&niid)feit  bietet  bie 
Sage,  in  ber  ftd)  Caöour  befanb,  a(£  er  fid>  jur  Zeilnafpne  am 
Orientfrieg  entfdjlofe.  9Rit  einem  politifdjen  Snfttnft  ohnegleichen 
nafyn  er  ba*  SSagnt«  auf  fidj,  fein  Sanb  in  biefeS  polittföe 
Abenteuer  ju  ftflrjen,  bad,  tote  er  toufjte,  nod)  feinen  unmittelbaren 
politifd)en  ®ctoinn  bringen  tonnte.  Die  öebingungen,  bie  er 
anfänglich  ben  SBeftmäd)ten  für  ben  «nfölufc  Sßiemont*  gefteüt 
$atte,  tourben  oon  biefen  einfach  jurücfgetoiefen.  (Segen  ben 
SBtHett  feiner  ftoüegen  fefcte  er  e*  burd>,  bafe  ber  Hnfdflufc  ofjne 
©ebtngungen,  otjne  geheime  Ärtifel,  of)ne  trgenb  toe(d>e  (Ent* 
fdj&bigung  gefdptf).  ©r  erfannte,  bafe  je(t  ber  Mugenbltcf  toar, 
ba  eine  oorfid)tige  ©taatttunft  abgelbft  toerben  mufjte  oon  einer 
$olitif  oertrauenber  Äfi&nljeit,  bie  aber  barin  iljrc  (Berechtigung 
I>atte,  bafe  flc  ftugleid)  ba«  (Ergebnis  f$arffid)tiger  {Berechnung 
ber  gegebenen  gattoren  toar.  Die  blofee  Zeitnahme  am  Strieg, 
baoon  toar  er  überjeugt,  mfiffe  ba«  Änfe&en  $temont£  &eben  unb 
mfiffe  auf  trgenb  eine  SBeife  bie  Dinge  Stauend  oorto&rtf  bringen. 
Unb  in  biefer  felfenfeften  Überzeugung  fonnten  tyn  aud)  bie  (Ent* 
tauf  jungen,  bie  bem  tlngebulbigen  nod)  vorbehalten  untren,  ntdjt 
erfd)ättem.  Äu*  ben  SRi&erfolgen  felbft  toufete  er  fid)  taugliche 
Soffen  ju  fdjmieben,  unb  al£  er  aud)  oom  $arifer  ftongrefe 
mit  leeren  $änben  jurüdfam,  fdjöpfte  er  Zroft  aud  bem  ©ebanfen, 
bog  mit  ben  SWitteln  ber  Diplomatie  für  Stauen  ntd)M  autju* 
richten  fei,  unb  bafe  nur  ber  Strieg  mit  Dfterreid)  an  ba«  er« 
toünfdjte  Qkl  tragen  fönne.  SÄtt  einer  Art  grimmigen  grotj- 
locfen*  ftellte  er  feft,  bog  oon  Öfterreid)  in  ©üte  nid)t*  ju  er- 
reichen fei.     Denn   aud;   baburd)   unterföieb   ftd)  (Saoour  oon 


266  mitylm  Sang, 

Samarmora,  bog  iljm  eine  triegertfc^e  Söfung  ertoünfdjter  mar 
als  ein  biplomatifdjer  §anbel  ober  ein  Äaufgefdjäft.  Sr  vertraute 
auf  ba$  ipeer,  beffen  Xaten  bie  Station  jufammenfd)iDei&en  f outen. 
%u3  ber  Feuertaufe  follte  ber  junge  Staat  elfteren.  Wad)  bem 
©d)luffe  be$  Sßarifer  ftongreffeä  fdjrieb  er:  „SGBaS  midj  betrifft, 
fo  tjabe  id)  angefid)t3  ber  Unmöglid)feit  eines  (Srfolgeä,  anftatt 
Stufregung  ober  SSerbrufe  ju  jetgen,  melmetjr  erflärt,  bog  id)  be* 
friebtgt  fei,  unfere  Sage  geflärt  unb  afle  ju  ber  Überzeugung 
gebraut  ju  feigen,  bafe  nur  eine  einzige  Söfung  ber  italienischen 
Frage  möglich  ift :  S)er  ftrieg  mit  Dfterreid),  unb  bafc  und  ni$t« 
übrig  bleibt,  a(£  und  auf  biefe  (Soentualitfit  tiorjubereiten,  bie 
nid)t  ferne  fein  fann."  ®aS  mar  an  Samarmora  gefdpieben, 
beffen  Aufgabe  bie  §eranbilbung  beS  §eere3  ju  einem  tauglichen 
SBerfjeug  beä  ftriegeS  toar,  ber  ftdj  an  ber  Sföernaja  als  ein 
SMtriftonSgeneral  Don  SBerbienft  gezeigt  batte,  unb  ben  im  3af>re 
1866  ganj  Stauen  mit  ben  größten  Hoffnungen  an  ber  ©pifce 
beS  §eere$  tote  an  ber  ©ptfee  ber  {Regierung  fal). 

IL 

3)a3  SKifetrauen,  mit  bem  bie  Italiener  in  ba3  preufeifd)e 
SünbniS  eingetreten  toaren,  öerliefc  fie  aud)  nid(t  in  ber  3eit, 
bie  nod)  btd  jum  Suäbrud)  beS  ÄriegeS  oerftrid).  SHan  fennt 
bie  ©teine  beö  Änftofee«,  bie  öon  «Seit  ju  Qdt  ju  fiberttrinben 
maren,  unb  immer  toieber  eine  leichte  SBerftimmung  jurütfliefsen. 
©o  namentlich,  als  in  ber  jtoeiten  §älfte  beS  April  Stauen  ftd) 
oon  einem  Angriff  Dfterreid>3  bebrot)t  glaubte  unb  bie  Auslegung 
beä  SfinbniSöertrageS  ben  ©egenftanb  einer  ftontrotierfe  jmifc^en 
glorenj  unb  SBerlin  bilbete.  ®iämard  leugnete,  bafe  au$  bem 
SBortlaut  beä  SBertragS  in  biefem  gafl  für  ^ßreufeen  bie  SSer* 
pflidjtung  jur  ©unbe*l)ilfe  folge,  fagte  aber  ju,  bafe  <ßreugen  im 
eigenen  Sntereffe  Stalien  ntc^t  im  ©tid)  laffen  mürbe.  $en 
Stalienem  festen  bieS  eine  unlotjale  Auslegung  eines  „Dffenfio» 
unb  ftefenfiööertragS",  unb  fie  beruhigten  ftd(  aud)  nidjt,  att 
JBiSmard  im  tarnen  beS  ffiönigS  feine  (Srllärung,  bafj  Stoßen 
nid)t  im  ©tid)  gelaffen  mürbe,  toieber^olen  fonnte.  SBiSmard 
feinerfeitS  aber  »erfolgte  jegt  bie  Schritte  ber  Staliener  um  fo 
me^r  mit  SRifetrauen,  als  ihm  fein  ©efanbter  aus  SßariS  berichtete, 
ber  Äaifer  fei  unburd)bringlid),  oerjdjloffener  benn  je,  Derfjanble 


2>ie  preu&ifdHtalienifrfK  ÄHtanj  Don  1868.  267 

aber  auf*  eifrtgfte  mit  bem  gfirften  2Retternicf).  gr  veralte  ben 
itatienifdpn  Untert)änblern  md)t,  bafc  iljm  oon  verriebenen  ©eiten 
9iad)rid)ten  jugegangen  feien,  toonad)  geheime  Unterfcanblungen 
für  einen  freimilltgen  SSerjtdjt  Dfterreid)*  auf  feine  öenetianifdjen 
^rovinjen  im  @ang  feien.  8i*marcf  mar  gut  unterrichtet  ge* 
mefen.  (£*  mar  am  $orabenb  be*  5.  9Kat,  ber  eine  fdpoere 
8elaftung«probe  be*  ©finbniffe*  Dom  8.  Sprit  bringen  folltc. 
fiangfam  ^atte  fid)  ein  gronttocdjfel  be*  Äaifer*  vorbereitet. 
SKan  tann  bie  ©puren  baoon  finben  in  ben  jurücf  galten  Den  SRat* 
fölägen,  bie  er  angefidjt*  ber  gegenfeitigen  Lüftungen  Öfterretd)* 
unö  Statten*  nad)  glorenj  gefangen  liefe,  unb  fte  mürben  beut» 
lieber,  je  näljer  bie  ©tunbe  tarn,  ba  bie  faiferlidje  Sßolitif  oor 
ba*  gorum  ber  franjöftfdjen  83olf*öertretung  gejogen  mürbe. 
Star  Äaifer  fatte  bi*ber  mit  ben  befannten  §intergebanfen  bie 
preu§ifd)'italtemid)e  <ßotitif  anfdjeinenb  begünfttgt.  Stalten,  ba*  er 
jum  preufeifdjen  Qünbni*  ermunterte,  burfte  auf  feinen  ©djufc,  jum 
minbeften  für  ba*  SBerf  oon  1859,  rechnen;  mej>r  nod),  bie  $oD* 
enbung  be*  Programm«:  Stauen  frei  bi*  jurSlbria  mar  für  iljn 
ein  ernftlid)e*  anliegen.  Hudj  für  ^ßreufeen  l>atte  er,  feit  ber 
fterjogtümerftrett  emfter  tourbe,  ftet*  feine  ©tympatljien  beteuert. 
Aber  nun  ttmr  er  bod)  betroffen,  af*  bie  preufeifdje  Sßolitif  3iele 
bilden  liefe,  bie  über  ben  ©efifc  ber  §erjogtümer  meit  tyinau** 
griffen.  Unb  immer  nod>  toollte  Sßreufeen  bie  Hnbeutungen  nid)t 
verfielen,  an  meiere  $orau*fe$ungen  ba*  faiferlidje  Söotjlmotlen 
gefnfipft  mar.  Sergeben*  martete  Napoleon  auf  ba*  SBort,  ba* 
in  ben  fd)üd)ternen  §inroei*  auf  (Entfd&äbigungen  enblid)  ol>ne 
Umfdpoeif  einftimmte.  $Bi*mardf  flagte  über  ba*  geheimnisvolle 
fBefen  be*  ftaifer*,  aber  nod)  viel  meljr  mar  ber  Äaifcr  beun» 
ruljigt  über  SBi*mar<f*  ©d)meigen.  Unb  jefct  fdjuf  i^m  bie  be* 
broljlidp  ©timmung  im  eigenen  Sanbe  ernfte  öeforgni*.  3)ie 
Rebe,  bie  Ztjier*  am  3.  9Rai  gegen  ben  ftrieg,  gegen  $reufcen, 
gegen  bie  beutjdp  (Einheit  bieft,  gab  ben  Snfttnften  be*  franjö* 
fifd)en  SSolfe*  einen  Äu*brud ,  ber,  tote  im  gefe$gebenben  Körper, 
fo  im  ganzen  Sanbe  lauten  2Bibert)aü  fanb.  Sänge  fdjon  Ratten 
bie  fifterretdjtfd)en  ffiinflüfterungen  ba*  Dljr  be*  Staifer*  gefugt: 
je|t  fanben  fie  einen  günftigen  Soben.  ©ie  ftellten  iijm  einen 
©eroinn  in  Äu«fid(t,  ben  $reugen  gutmiHtg  ju  gemäßen  jögerte, 
ja  allem  Hnfdjeine  nad)  fid)  meigerte.  ©idjerer  festen  ein  Über* 
einfommen  mit  Dfterreidj),  ba*,   toenn   e*  ftd)   nid)t  gleichzeitig 


268  mitylm  Sang, 

gegen  Stalten  toenben  mu&te,  im  ©piel  ber  SBaffen  ofjne  3roeiiel 
^reufcen  fiberlegen  fear.  Sann  fear  $reufeen  auf  ba«  fd)ä|enbe 
eintreten  be«  Jtaifer«  angefeiefcn  unb  in  eine  Sage  gebracht,  ba 
e«  aufhören  toürbe,  fpröbe  ju  fein.  Unb  fo  öoQjog  fid>,  fdjetn* 
bar  ein  SReifterftücf  polittfcfcer  3ntrigue,  bie  ©d)feenfung  be$ 
ftaifer«.  ®r  Ijatte  geholfen,  ba«  preufeifdj'italienifdie  Sünbni« 
ju  fnüpfen,  jefct  bot  er  bie  §anb  ju  bem  SBerfucf)  e«  feieber  auf« 
julöfen.  ©einen  Qtotd,  ben  ©treit  ber  beiben  beutfdjen  SRädjte 
unheilbar  ju  toerfcfiärfen,  tyatte  e«  erfüllt,  konnte  eS  fo  fdjtoer 
fein,  Stauen,  feenn  e«  mit  SBcnetien  jufriebengeftellt  feurbe,  au« 
ber  ©emeinfcfcaft  mit  ^ßreufcen  feieber  f)erau«julocfen? 

9m  5.  2Rat  feurbe  Samarmora  Don  Nigra  telegrapijifd) 
benachrichtigt,  bafc  fcfterreid)  ba«  förmliche  Angebot  gemalt 
f)abe,  SSenetien  abjutreten,  feenn  e«  fid)  burd)  bie  (Eroberung 
©dtfeften«  fdjablo«  gemalt  Ijätte;  ber  Äaifer  frage  an,  ob  Stalten 
feine  SBerbmblidjfeit  mit  $reugen  löfen  fönne.  2Ba«  ber  erfte 
(Knbrucf  Samarmora«  bei  biefer  «ßumutung  wir,  fa*  **  W*** 
(Un  po  piü  di  luce  ©.205)  natoertoeife  eingeftanben :  „toa« 
mein  erfter  (Sinbrucf  fear,  fann  jebermann  leicht  fid)  benfen. 
Äonnte  ftdj  mir  eine  fernere  ©elegen^eit  barbieten,  nad)  btm 
©pridjtoort  }u  tyanbeln,  ba«  ©eneral  ©oöone  angeführt  Ijatte?" 
©ottone  tyatte  nämlidj  in  bem  SBeridjt  über  feine  erfte  Unter* 
rebung  mit  33i«marct  einfließen  (äffen,  man  fönnte  SBtömarcf* 
SBorfdjlag  eine«  allgemeinen  greunbfdjaft«öertrag«  mot)t  an* 
nehmen,  feeil  baburd)  Qtit  gefeonnen  fefirbe  für  anbere  ftombina» 
tionen,  „bie  33iper  tyätte  bann  ben  Scharlatan  gebiffen."  S)odj 
Samarmora«  Sugenbljaftigfeit  unterbräche  biefe  Slnfeanblung,  unb 
er  richtete  ba«  befannte  Telegramm  an  Nigra,  feonad)  fein  „erfter 
(Sinbrucf  ber  fear,  bafe  @bre  unb  Sotjalität  ben  ÄbfaH  üon 
Sßreu&en  nidjt  erlauben.  2Bie  eine  Sitte  um  Schonung  fear 
hinzugefügt:  ,rber  ftatfer  feirb  nidjt  öergeffen,  bafe  er  un«  ben 
©ertrag  mit  Sßreufcen  angeraten  f)atu,  unb  gleichzeitig  beutete 
Samarmora  an,  bafc  mittel«  eine«  Jiongreffe«,  Don  bem  um 
beftimmt  bereit«  bie  Siebe  fear,  bie  ©adje  fid)  fo  lange  f)tnaud« 
Rieben  taffe,  bi«  bie  3?it,  für  bie  ftd)  Stauen  gebunben  $atte, 
toerftrid)en  fei.  Hm  nädjften  Sag  tarn  ein  neue«  Seiegramm 
Nigra«,  feonad)  Öfterreidj  bie  Abtretung  Senetien«  blo§  an  bie 
Neutralität  Stauen«  Inäpfte;  bie  SBebingung  ber  @ntfd)4btgung 
burd)  ©djlefien  fear   alfo  feeggelaffen;   bamit   tjoffte  man  bie 


$ie  preu&ifdHtalieniföc  Änianj  *on  1866.  269 

©emiffenäbebenfen  bcr  Staliener  ju  berichtigen  unb  ben  SBor* 
td)lag  annehmbarer  ju  machen.  92ic^td  metter  mar  tum  Stalten 
verlangt,  al*  bag  e*  bem  ftampf  jmifdjen  fcfterreid)  unb  Sßreugen 
untftttg  jufftlje  unb  bamit  —  wortbrüchig  mürbe.  ffi*  empfing,  menn 
e*  einfölug,  ba*  $eigerfet)nte  ftleinob  otyte  ©d)mertftrei<$,  otme 
bie  Opfer  unb  o^ne  bie  @efatpen  eine*  ftriege*,  al*  ein  ®v 
fdjenf  be*  ftatfer«,  au*  beffen  §anb  e*  aud>  bie  Sombarbei  ge- 
nommen l>atte;  e*  lieg  aÜerbtng*  feinen  8unbe*genoffen  im 
©tief),  aber  auf  ben  mar  ja  bod)  fein  rechter  SJerlag,  ungern  ^atte 
man  fic^  überhaupt  mit  il>m  eingelaffen,  unb  nodj  eben  mar 
$reugen  auf  einer  Auslegung  be*  ©unbe*bertrag*  beftanben,  bie 
bie  Staltener  ferner  oerfttmmte,  i§re  argmötjniföen  Befürchtungen 
auf«  neue  madjgerufen  fcatte.  SBenn  Sßreugen  fo  fpifcfinbig  mar 
unb,  auf  ben  SBortlaut  be*  »ertrag*  ftd)  ftetfenb,  feine  ©erpfiid)« 
tung  in  Äbrebe  jog,  für  ein  öon  Dfterreid)  angegriffene*  Italien 
mit  ben  ©äffen  einzutreten,  fo  ftanben  anberfett*  tootjl  aud)  ben 
Italienern  ©pifcfinbigfetten  }u  ©ebot,  um  fidj  tyren  SSerbinb* 
Umleiten  ju  entjieljen.  SBenigften*  mar  e*  möglich,  biefe  33er* 
btnbltdjfeiten  anfällig  ju  machen,  menn  e*  nur  gelaug,  bie 
biplomattfdjen  9Serl>anblungen  fo  lange  l)inau*jujiel)en,  bi*  bie  brei 
SRonate  öerfloffen  maren,  für  bie  fidj  Stauen  gebunbeu  fcatte. 
@o  mar,  menn  ber  ftaifer  audj  fernerhin  l>alfr  bie  Annahme  be* 
©cfdjenf*  möglich  aud)  oljne  ben  Ijäglidjen  SWafel  be*  förmlichen 
Xreubrud)*. 

Stauen  tyxt  ben  $erfu$er  abgemiefen,  ift  bem  mit  Sßreugen 
gefdjloffenen  Vertrag  treu  geblieben,  unb  bie  Staltener  berfäumen 
nidjt,  ftd)  be*  bamit  bemiefenen  §eroi*mu*  ber  ßotjalitftt  mit 
Stolj  ju  berufnen.  T)ie  perfönlidje  (g^ren&aftigfeit  unb  ©erab« 
^ett  Samarmora«,  fagen  fie,  müre  einer  folgen  Xreulofigfeit 
unfähig  gemefen.  äWan  fann  e*  aber  mitfühlen,  menn  Samarmora* 
Kollege  Sacint  in  feinem  Seridjt  über  bie  $abinett*|i$ung  in 
ber  9tad>t  oom  5.  jum  6.  SWai  erjä^lt,  e*  fei  ein  terribil  mo- 
inenio  für  bie  italienischen  SRinifter  gemefen,  unb  menn  berichtet 
mirb,  ber  Antrag  $abe  Samarmora  eine  fdjlaftofe  Stacht  bereitet. 
Daß  übrigen*  nid)t  lebiglidj  bie  Vertragstreue  ben  ableljnenben 
(Sntfälug  befiimmte,  ift  oon  italienifdjer  ©eite  offen  jugeftanben 
morben.  8lud)  polittf^e  ©rünbc  fielen  bafür  in«  ©eroiebt.  S)ie 
Stimmung  im  Soll  erlaubte  nid)t,  nod)  einmal  eine  ^roomj 
al*  ©efdjenf  auü  ber  §anb  be*  Äaijer*   ber  granjofen  #nju* 


270  mifrlm  fcanfi, 

nehmen.  SBoHte  Dfterreid)  gutwillig  auf  bie  ^rot)tnj  oerjidjten, 
fo  mufete  fie  unmittelbar  ober  mittete  Solföabfttmmung  an 
Stauen  abgetreten  roerben.  2)aju  tarn  aber  nod)  bie  toeitere 
©noägung,  ba&,  im  gaQ  Stalten  baS  Anerbieten  annahm,  Öfter« 
reid)  fofort  fein  gefamte*  §eer  gegen  Sßreu&en  in  SBetoegung 
fegte,  unb  bann  festen  feine  Überlegenheit  auger  ßuräfel  in  lem- 
@tn  fiegreidjeS  unb  in  3)eutfd)lanb  aHmfic^tiged  fcfterreid)  ^atte 
aber  aud)  gegen  Stauen  früher  ober  fpäter  feine  alte  $o(itif 
toieber  aufgenommen,  roäf)renb  ein  burd)  $reuften  neugeftaltetc* 
3)eutfd)lanb  ber  Unab^angigfeit  3talien3  üorauSftcbtlid)  einen 
ertoünfd)ten  Stücfyalt  gemährte.  Stalten  ooHjog  alfo  mit  ber 
»Meinung,  tote  Sacini  fid)  audbrücft,  „einen  3lft  fotooljl  ooraufc 
fdjauenber  Sßolitif  lote  ber  2otjalität\ 

2)ennod)  ift  bie  enbgültige  Ablehnung  erft  na$  einer  er« 
neuten  ©nl>olung  beS  faiferlidjen  DrafelS  erfolgt.  Samarmora 
fragte  gunädjft  nod)  einmal  in  ©erlin  an,  ob  Stalten  fid)  auf 
3$reufeenö  ©d)u&  oerlaffen  fönne,  unb  als  er  toieber  biefelbe 
?lnttoort  erhielt,  bog  Sßreu&en  jroar  nid)t  bureb  ben  Vertrag, 
aber  moralifd)  fid)  uerpflid)tct  tyalte,  ein  Don  Dfterreid)  aber» 
faÜeneS  Stalten  ju  unterftüfcen,  fdjien  il)m  bied  leine  genügenbe 
@id)erl)eit,  nnb  er  erteilte  ©ooone  ben  Auftrag,  fid)  fdjleunig  oon 
©erlin  nad)  $arid  ;u  begeben,  um  fid)  mit  SRigra,  eoentueO  mit 
bem  JJaifer  felbft  ju  befpredjen.  ©ooone  traf  am  8.  SWat  in 
?ßari3  ein  unb  legte  nod)  am  felben  £age  SRigra  eine  Denffdjrijt 
oor,  roorin  er,  nid^t  ol)ne  red)t  jroeibeutige  ©emerfungen,  riet, 
ben  Äaifer  perfönlid)  um  feine  SReinung  anjugeljen,  benn  otyte 
ber  3uflimmun9  b?3  ÄaifeiS  fieser  ju  fein,  fönne  Stalien  nidjt 
bie  JBerantroortung  auf  fid)  nehmen,  ben  il)m  gemachten  9Sor< 
fdjlag  juiütfjuioeifen  unb  fid)  in  einen  ftampf  mit  ungetoiffem 
SluSgang  einjulaffen.  Xer  Jtaifer  aber,  jefct  ganj  perfonlid)  an- 
gegangen, enthielt  fid),  baä  getoänfd)te  9Had)tioort  auSjufpredjen. 
Sei  bem  SBiberfprud),  auf  ben  ber  Sorfdjlag  geftofeen  mar,  fdjeufte 
er  baoor  jurütf,  bie  Italiener  gerabeju  jum  Xreubrud)  aufju* 
fordern.  2Bie  e$  feine  Srt  mar,  moQte  er  feine  $eranttoortung 
übernehmen,  er  fdjob  bie  ©ntföeibung  ben  Italienern  ju,  unb 
biefe  fiel  nun  fo  aud,  mie  Sßflid)t  unb  S^re  unb  toie  bie  Soll** 
ftimmung  in  Stalien  e3  gebieterifd)  oerlangten. 

$>a3  oerbunbete  Sßreufcen  mürbe  oon  ber  83erfud)ung  unb 
Oon  beren  ?lbroet)r  nid)t  unterrichtet,  audj  blieb  tl)m  bie  Keife 


5>ie  j>reu&ifdHtatieniföe  tHHanj  oon  1866.  271 

©oDone«  nad}  Sßari«  Derfdjmiegen.  ©temardf  aber  mar  um  fo 
erregter,  al«  er,  tote  gefaßt,  SBinb  Don  bcn  geheimen  Stertjanb* 
Jungen  ^atte  unb  bod)  meber  Don  ?ßari«  nodj  Don  gloreng 
barflber  unterrichtet  mürbe.  Sin  ©ort  Don  Samarmora,  meint 
Gljiala,  f>ätte  genfigt,  au«  ©i«mard«  ©eele  {eben  SBerbadjt  ju 
Derfd)eud)en;  allein  Samarmora  tonnte  biefe«  SSort  md)t  au«* 
fpredjen,  toeil  er  nid)t  §err  be£  ©eljeimmffe«  mar,  unb  al«  er 
jpftter,  über  «ßreufeen«  Haltung  beruhigt,  ba«  ©ort  auäfpredjen 
moOte,  fei  itpn  Don  $ari«  bebeutet  morben,  bafc  Dfterreid)  nid)t 
bem  ftönig  Don  Stalten,  fonbern  bem  ftaifer  ber  granjofen 
©enetien  jum  ©efefcenf  gemalt  Ijabe,  unb  ba&  e«  folglich  für 
Stalten  eine  $flicf)t  ber  So^atttät  fei,  ju  fdjtoeigen.  gür  ben 
@rab  ber  Sntimität  ber  ©erbünbeten  ift  e«  bejeidjnenb,  bafc  eine 
fo  midjtigc  ©ertyanblung  ber  eine  ©unbe«genoffe  bem  anberen 
Derfd)mteg.  meil  er  in  ein  altere«  ©erljältni«  Derftridt  mar,  in 
bem  tyn  bie  gurdjt  nod)  metyr  al«  bie  Steigung  feft&ielt  Äud) 
bie  Don  ©enebetti  veröffentlichten  3)epefd)en  bemeifen,  mie  fel>r 
©iSmarcf  um  bie  SWitte  SBai  oon  bem  ©erbadjt  gequ&lt  mürbe, 
bafe  ^ßreufecn  Don  Stauen  Derraten  merbe,  unb  bafe  eine  geheime 
ttbmadjung  im  SBerf  fei,  monad(  Dfterreid)  für  ©enetien  mit 
©djlefien  entfdjfibigt  toerben,  granfreid)  am  SR^ein  fid>  fdjablo« 
galten  foOte. 

3)ie  ©erfud(ung  mar  alfo  abgemiefen.  Stauen  fyat  —  nad) 
ber  furjen  (Epifobe  be«  ÄongrefeDorfölag«  —  fobalb  ba«  entfdjei- 
benbe  ©ort  au«  ©erlin  fam,  fetnerfeit«  ben  Ärieg  an  Dfterreid) 
erflärt.  Sfuf  bie  ftriegfityrung  felbft  aber  fyat  bie  eben  gemachte 
(Erfahrung,  bie  Steijung  burd)  ba«  öfterreid)ifd)e  Angebot,  nid)t 
ofpte  ffiinflufe  fein  fönuen.  „SBtr  erflärten  alfo  ben  ftrieg\  fo 
fdjrieb  Samarmora  in  bem  ©rief  an  feine  ©fixier  Don  SBieOa 
(1868),  „au«  feinem  anbern  ©runb  al«  infolge  be«  mit  $reugen 
gefd)loffenen  ©ünbniffeS."  Äljo  nur  gelungen  burd)  ben  unter* 
fdjriebenen  ©ertrag,  nid)t  au«  freiem  @ntfd)lufc  unb  ©agemut, 
nid)t  mit  bem  ftoljen  ©elbftDertrauen  einer  nationalen  9totmenbig« 
feit  ift  Stauen,  ift  menigften«  bie  Don  Samarmora  geführte  Sie« 
gierung  in  ben  ftrieg  gegangen.  Sie  2J?ögltd|feit  einer  frieblidpn 
Sdfung  mar  in  greifbare  SRfilje  gerüdt  gemefen.  ©te  in  einem 
3auberfpiegel  mar  ben  Stalienern  ba«  ©üb  ber  entfeffelten  $ro* 
Dinj  gejeigt  roorben,  nad)  ber  fie  nur  bie  Sinne  au«}uftre<fen 
brauchten.    Ofterreid^  beftanb  nid)t  metp  unerbittlich  auf  einem 


272  mtytlm  Song, 

Seftfc,  an  bem  e3  geringe  Sreube  erlebte;  auf  falbem  SBegc  mar 
e3  fd>on  entgegengefommen  —  moju  bann  überhaupt  nod)  ein 
Sippen  an  bie  SBaffen,  ober  wenn  bodj  Ärieg  geführt  werben 
mu&te,  mar  cd  bann  nötig,  i§n  mit  bem  Stufgebot  aüer  förafte, 
a(3  einen  Äricg  auf  Xob  unb  Seben  ju  führen?  ©d)on  im  §erbft 
1865,  nadj  jener  ©enbung  be$  ©rafen  3WaIagujjt  nad)  SBien, 
obwohl  fte  erfolglos  blieb,  waren  bodj  nad(  SactniS  ©eft&nbni* 
bie  italienifdjen  3Winiftcr  ju  ber  Überzeugung  gefommcn,  ba£ 
£)fterreidj3  SBiberftanb  gegen  eine  frieblid>e  Söfung  nid)t  met>r 
unbefieglid)  fei,  bafj  ber  ipof  eigentlich  nur  um  ber  Styre  ber 
SBaffen  willen  wiberftrebe,  unb  ba&  ber  ftrieg,  wenn  er  untere 
nommen  werben  muffe,  meljr  nur  ben  Stjarafter  eine«  ritterlichen 
„3)uelte"  f)aben  Werbe.  Sortjer  mufc  gerauft  werben,  jagte  man 
im  Ä.  5?.  Striegäminifterium,  bann  wirb  eine  Serftänbigung  mög* 
lid)  fein.  3n  Stauen  waren  bie  Stiftungen  läffig  betrieben 
worben ;  fiberbieä  famen  jefct  Warnungen  aud  ?ßari3,  im  ÄriegS* 
eifer  fid)  ju  mäßigen.  (5&  war  ja,  wie  Si)iala  wtebertjolt  be* 
tont,  Samarmora  burd)  fein  ftaatSmännifdjeä  ©efdjict  gelungen, 
eine  fo  benetbenSwerte  biplomatifdje  Stellung  ju  gewinnen,  „baft 
bie  Srreidjung  beS  Qrozdrt  be£  3fe(b}Ug*  gefiebert  War  audj  für 
ben  gaß,  bafj  ber  2lu8gang  beS  3felDjug3  unferen  SBaffen  um 
günftig  wäre."  ©eutlidjer  fann  nidjt.  gefagt  werben,  bog 
Samarmora  fdjon  im  DorauS,  aud)  otjne  ©41ad)t  unb  oljne 
©ieg,  beä  ©iegeäpreifeS  fo  gut  wie  ftdtjcr  war.  3n  ber  Zat 
prägte  fid(  ber  ©ebanfe,  bafc  eä  fid)  nur  um  ein  ehrenhalber 
auSjufedjtenbeö  S>ucQ  Ijanble,  fdjon  in  ber  merfroürbigen  Art 
unb  923etfe  aud,  Wie  Samarmora  bem  (Srjfyerjog  SHbredjt  bie 
gef)be  anfagte.  @r  fanbte  it)m  nämlidj  am  20.  Sunt  einen 
Parlamentär  mit  einem  l)öflid)en  ©djreiben,  ba«  ben  Ärieg*« 
entfdjlufe  Stauend  motivierte  unb  mit  ber  Slnfünbigung  fdjlojj, 
ba&  bie  geinbfeligfeiten  in  brei  Jagen  beginnen  f  ollen,  „e$  wäre 
benn,  ba&  (Sure  Äaiferlid)e  §of)eit  biefem  SSerjug  nid)t  juftimmen 
foQten,  in  welchem  gaü  id)  bitten  würbe,  mir  bieä  mitzuteilen," 
Äürjer  mar  ber  feinblidje  gelb^err  angebunben.  auf  ben  ge^be* 
brief  erfolgte  (eine  Antwort;  a(3  [aber  Samarmora  nad)  brei 
Sagen  aber  ben  SWincio  ging  unb  jenfeitä  ber  Orenje  forgloä 
feine  Streitfrage  oerjettelte,  erteilte  it)m  ber  ©rjfyerjog  bie  Seftion 
oon  ©uftoja,  oon  ber  fid)  ba$  italienifdje  §eer  in  biefem  JJelbjug 
nid)t  metjr  erholen  foUte. 


Sie  preufiifö'itatttniföe  Kutan*  toon  1866.  273 

III. 
Sie  Untätigfeit  be*  italienifdien  §eere3  nad)  Cuftoja  — 
bat  ift  ber  fc&merfte  Sorttmrf,  ber  ber  Äriegffiljrung  Samarmora* 
gemalt  Korben  ift,  fowotyt  oon  itatienifdjer  alä  oon  preufrfdjer 
©rite.  3n  Stalten  rmpfanb  man  e$  bitter,  ba&  tein  Serfud) 
gemacht  würbe,  bie  SWeberlage  atebalb  ju  räcften,  unb  ?ßreujj$en 
fal)  e$  unmutig,  ba§  jene  Untättgfett  bem  öfterreid)ifd)en  $eere 
bie  3Wögüd)feit  liefe,  unbehelligt  nad)  Sorben  ju  markieren  unb 
bie  6öt)mtfd)e  Armee  ju  oerftärten.  $a6  fal)  mieberum  bebenflid) 
einer  Xreuloftgfeit  gleidj.  Suftoja  toar  feine  verlorene  ©djladjt; 
üon  bem  §eere  SamarmoraS  toar  nur  ein  Xeil  bem  ffirjfjerjog 
in  bie  ©riffe  gefommen,  ganje  fteereSförper  waren  unoerfefpt, 
nid)t«  ftätte  bie  oberfte  Leitung  öerljinbert,  ba£  §eer  ju  fammeln 
unb  untoerjügltd)  bie  Dffenfiüe  gegen  bie  an  3a#  fd(toäd)eren 
Dfterreidjer  aufzunehmen  ober,  loie  bted  t)on  preu&ifdjer  ©eite 
angeraten  mürbe,  ba3  geftungöoieretf  umgefjenb  in«  Snnere  ber 
5fterreid)ifdjen  *Dfonard)ie  oorjubre$en  unb  ben  ^reufeen  bei  Sinj 
ober  bei  ©ien  bie  §anb  ju  reiben.  SBarum  ift  nad)  Suftoja 
ba«  italieniföe  §eer  jwei  2Bod)en  (ang  untätig  geblieben?  SBar 
e*  ein  abgefartete«  ©piel?  (Sft  ift  gerabeju  ber  SBerbadjt  au3* 
gefprodpn  toqrben,  mit  granfreid)  unb  fcfterretd)  fei  eS  oerabrebet 
getoefen,  bie  Dfterreidier  nid)t  metter  ju  behelligen,  bamit  biefe 
fteft  mit  vereinten  Kräften  über  ben  gefährlicheren  geinb  ftermaeften 
tonnten.  Sud)  über  bie  Sprung  be*  gelbjug*  enthält  (Skalas 
9ud)  t>tel  urtunblifyä  SRateriat,  Woburd;  baä  bisher  Sefannte 
fceroollftänbtgt  mirb.  9luf  ©runb  biefe«  ttrtunbenmaterial*  mirb 
man  jenen  groteäfen  33erbad)t  nid)t  aufred)tf)alten  tonnen.  SWan 
brauet  nidjt  Serrat  ju  §ilfe  ju  nehmen,  wo  allein  bie  beifpiel« 
lofe  Verwirrung  unb  Jtopfloftgfeit  nad>  Euftoja  e$  erflärt,  bafe 
ein  oöQiger  ©tiüftanb  ber  Operationen  eintrat.  ©o  Derblfiffenb 
fear  ber  ©d)lag,  ber  bie  SWincioarmee  traf,  baß  nicht  bloß  Sa« 
marmora,  fonbern  aud(  fein  Stioale  ©ialbini,  ber  ben  SBormarjd) 
bei  $aupti)eere3  burd)  eine  $ioerfion  am  unteren  $o  unterftufeen 
fodte,  fojort  ben  SWut  oerlor  unb,  burd)  eine  fcepefdje  be*  SlönigS 
aud  bem  Hauptquartier  erfdjredt,  eilenbS  eine  töüdwärtäbewegung 
mad)te.  ©a*  nun  folgte,  mar  ein  SBirrroarr  oon  frud)tlofen 
Beratungen,  roiberfpred)enben  defekten,  gegenfeitigen  Snf  lagen, 
fctyala  wirft  bie  §auptfd)ulb  auf  ben  Stönig,  ber  gleich  feinem 
tönigiicben  ©unbeegenoffen  ben  oberften  SJefel)!  führen  wollte  unb 

Wtwttoe  8rftf*ttft  (9b.  94)  ».  ft.  9t.  LVIII  18 


274  SBityefot  Sang, 

eiferffidjtig  ftdj  biefe  Stellung  maljrte.  3n  ber  %at  mar  meber 
ba«  SerljältniS  be«  ßönig«  ju  ben  beiben  Heerführern  nod)  ba« 
SBertjfiltnt«  jmifdjen  biefen  beiben  Rar  beftimmt.  ftlar  mar  nur 
ba«  eine,  bog  eine  einheitliche  $eere«(eitung  nicftt  tjor^anben  mar. 
aber  aud)  ein  beftimmter  ShriegSplan  mar  nidjt  joorljanben.  ©eil 
eS  eine  alte  ungelöfte  Streitfrage  mar,  ob  bie  fcfterreidjer  beffer 
Dom  SRincio  ober  Dom  unteren  $o  au«  anjugreifen  mären,  06  e£ 
Tätlicher  fei,  ba«  geftung«biered  ju  ergingen  ober  ju  umgeben, 
Gatte  man  fid(  für  feinen  biefer  beiben  Dperationäpläne  entföieben, 
ober  Dietmefjr  für  beibe  jugleid):  ba«  §eer  tourbe  nad)  beiben 
@d)auplä$en  verteilt,  unb  bie«  empfahl  ftdj  audj  beätjalb,  meil 
Samarmora  unb  Sialbini  titelt  unter  einen  §ut  ju  bringen 
maren,  jeber  für  fid)  eine  felbftänbige  Stellung  beanfprudjte. 
9ttd)t  einmal  barüber  mar  man  einig,  toelc^e^  bie  §auptaftion, 
meiere«  bie  unterftfifcenbe  SiDerfion  fein  foOte,  tote  man  aud) 
über  bie  SBertoenbung  ®aribalbi«,  aber  bie  SÄttmirfung  ber  glotte, 
aber  bie  Snfurgierung  Ungarn«  md>t  über  allgemeine  Sorffifce 
unb  fdjmanfenbe  Sntmürfe  t)inau«gefommen  mar.  ©djlie&lid} 
blieb  alle«  beut  guten  ®lücf  anljeimgeftellt,  unb  a(«  biefe«  Der« 
fagte,  mar  jeber  #eerffil)rer  bereit,  bie  SBeranttoortung  Don  ftdj 
abgufdjfitteln.  SBic  oft  tyaben  im  Saufe  biefe«  lurjen  gelbjuge« 
Samarmora  unb  Sialbini  mit  tyrem  Siüdftrttt  gebro^t  ober  il>n 
angeboten  I 

Am  29.  Suni,  alfo  fünf  Sage  nad)  bera  ©d)lag  Don  Suftoja, 
Ratten  bie  beiben  (generale  eine  3ufammcnfunft  in  $arma,  bie 
aber  otpte  @rgebni«  blieb,  meil  man  fid)  aber  bie  grage  beS  Ober« 
befeljl«  nidjt  einigen  fonnte.  Samarmora  felbft  fdjrieb  am  folgenben 
Sag  an  ben  Ärieg«minifter  ©eneral  Sßettinengo :  „Sie  Singe  fönnen 
unmöglich  beffer  gelten,  beoor  mir  ein  einheitliche«  Äommanbo 
Gaben.  SSir  finb  !)ier  }u  brei  al«  93efe^l«^aber,  ber  König, 
Sialbini  unb  td),  ofyie  ©aribalbi  ju  jäf)len,  ber  in  einer  fo  gut 
mie  unabhängigen  Stellung  ift.  Unb  'nun  fef)e  id),  ba&  nod) 
ein  anberer  fid)  in  ben  ®ang  be«  Kriege«  einmifdjen  toill.  3d) 
meine  ben  ©aron,  unferen  ^räfibenten  (SRicafoK),  ber  in  einem 
©riefe  nid)t  Dorfd(lägt,  nic^t  jur  (Ermftgung  gibt,  nein,  Derlangt, 
bafe  man  ©aribalbi  nadj  Kroatien  unb  Ungarn  fd)ide.  Du 
roei&t,  ba&  td)  biefen  meinen  Soften  nie  begehrt,  bag  id)  i^n  au« 
reiner  Sntfagung  angenommen  babe,  aber  jefct  fann  id)  nid)t 
länger  unb  ^abe  e«  bem  ftönig  freimütig  erflärt,  inbem  idj  il)m 


$ie  pr f u&tf cfr halte nlfäe  «flian$  t)on  1866.  275 

t)orfc^lug,  (Siatbini  ba£  ftommanbo  anvertrauen.  Sie  ©djtoierig* 
fett  befte^t  barin,  bafc  ©albini  unb  idj  mödjten,  bafe  ber  König 
ginge,  ber  Äöntg  aber  um  feinen  $ret£  ba8  §eer  Derlaffen  toiD. 
Unter  biefen  Umftänben  gelten  bie  Singe,  tote  Du  begreifen  totrft, 
fdjlimmer  als  Dörfer."  ©o  troftlo*  blitfte  ber  Obergeneral  in 
©egennmrt  unb  ßufunft.  ffir  felbft  tyitte  fdjon  am  26.  (einen 
«ntfälufi  jum  JHücftritt  erflftrt,  aber  Sialbini  meigerte  fi$  an 
{eine  ©teile  ju  treten,  fo  lange  ber  Äönig  bei  ber  «rmee  fei. 
Snbeffen  tuar  bad  §eer,  mie  ber  ©eneral  Sßetitti  fdjrieb,  „fo  gut 
roie  oljne  ftommanbo."  ©et  ber  3ufammen'un^  in  ^ßarma 
liebten  ftd)  Samarmora  unb  Cialbini  immerhin  fo  freit  Der« 
ftftnbigt  ju  Ijaben,  bafe  ber  ledere  ftiflfdjmetgenb  bie  Seitung  be3 
Jelbjugä  übernahm,  rofttpenb  Samarmora  nominell  auf  feinem 
Rotten  al*  ®eneralftab*$ef  blieb,  aber  tatfädfjlidj  jefct  al*  ®e* 
neralftab*djef  ©albini*  fungieren  follte.  Über  bie  SBieberaufna^me 
ber  Operationen  tourbe  folgenbeS  Derabrebet:  Gialbini  f oute  mit 
bem  Angriff  auf  ©orgoforte  bie  Cffenftbe  ttrieber  beginnen  unb 
toenn  unter  bem  ©djufce  biefer  Demonftration  ber  Übergang  Aber 
ben  unteren  ?ßo  geglüdt  toftre.  follte  Samarmora  Dom  ÜWincto 
tjer  ftdj  mit  it)m  oereinigen.  9m  5.  Suli  toar  e8  enblid)  fo 
»eit,  bafe  bie  {Batterien  (Siafbini*  tyr  geuer  auf  ben  ©rücfenfopf 
bon  JBorgoforte  eröffneten;  ber  Übergang  Aber  ben  glufe  ttmr 
für  bie  9tad)t  Dom  7.  jum  ».  feftgefefct.  latffidjlidj  mar  alfo 
feit  bem  24.  3uni  bt*  ju  ber  (SntfdjeibungÄfdjla^t,  bie  in 
Söhnten  geflogen  tourbe,  nid)td  gef$ef)en.  ©i*marcf  liefe  am 
4.  Suli,  am  Sag  na$  ftöniggräfc,  burdj  ©arral  fein  Su&erfte* 
©efremben  Aber  biefe  Untätigfeit  nad)  glorenj  Dermelben. 

(Styiala  ift  bemüht,  ju  bemeifen,  bog  nid)t  politifdje,  fonbern 
lebiglid)  militftrifdje,  ober  genauer  perfönlidje  Urfadjen  bie  lange 
$aufe  nad)  Suftoja  betoirften.  Die  Sßlanlofigfeit  be*  ganjen 
Unternehmend,  bie  ©ielljeit  ber  fommanbierenben  ftöpfe,  bie  ©e* 
ftürjung  nad)  ber  Rataftrop^e  Dom  24.  3uni,  aud)  bie  fi<$ 
&erau*ftellenbe  Unjulfinglidjfeit  be3  Kriegsmaterial*  —  ba*  genügt 
in  ber  "tat,  bie  Untätigfeit  wäfjrenb  biefer  unfeligen  jtoet  SBod)en 
ju  erfuhren.  9Ran  gewinnt  au*  ben  mitgeteilten  3euÖniffcn  ber 
fpnbetnben  $erfonen,  au*  tyrem  erregten  münblidjen  unb  fdjrift* 
liefen  ©erfe&r,  itjrcn  toedrfelnben  Cntfdjlfiffen,  ben  Hnorbnungen, 
bie  tjeute  gegeben,  morgen  totberrujeu  roerDen,  ba*  ©itb  einer 
gan*  unglaublichen  Statlofigfeit  unb  ©erroirrung.     Allein,  bafe 

18* 


276  3Bil$elm  Sang, 

bie  Kriegführung  fo  mangelhaft  vorbereitet  toar,  baä  l)ing  bod> 
bamit  jufammen,  bog  man  e8  für  überflufftg  erachtet  fptte,  für 
einen  ernftfyaften  Ärieg  SBorforge  ju  treffen.  9Kan  toar  ja  be* 
3iele3  im  DorauS  fo  gut  tote  fidjer.  (£3  foHte  ja  nur  ein  Duell 
fein.  9Wan  befanb  fid)  in  einer  fo  ausgezeichneten  politifdjen 
Situation,  bafe  man  fel6ft  bei  einem  ungünftigen  Sudfall  be$ 
Duells  ben  S^ecf  &e*  ÄricgeS  ntc^t  Derfeljlen  fonnte.  Der  t>on 
Sßreu&en  empfohlene  StriegSplan,  toie  er  in  ber  berühmten  ©tofe 
inS  §crj'Depefd(e  beS  (Srafen  Ufebom  Dom  17.  3uni  niebergelegt 
toar,  ftimmte  gar  nid)t  ftu  bem  falben  Ärieg,  mit  bem  man  aus* 
jufommen  hoffte.  Untoittig,  toie  Don  einem  Dertofinfdjten  SRalpter 
beledigt,  ftecfte  fiamarmora  ba*  ©djreiben  in  bie  lafdje.  3fcm 
genfigte  e$,  toenn  eS  gelang,  Don  ber  f>alb  fdjon  jugefprodpnen 
SßroDinj  8efig  ju  ergreifen;  auf  weiteres  ftd)  einjulaffen,  ben 
SBormarfd)  bis  inS  Jperj  ber  öfterreid)ifd)en  9Ronard)ie  fortjufefcen 
unb  Dcreint  mit  ben  preu&ifcfyen  SBaffen  jur  DöÜigen  SRiebertoerfung 
ber  fernblieben  §eereSmad)t  beizutragen,  lag  Dößig  aufcertjalb 
feines  ©efid)täfreifeS.  SBeit  angenehmer  als  baS  läftige  Drängen 
beS  oerbänbeten  SßreufcenS  flang  ber  SRat  beS  ÄaiferS  Napoleon, 
ben  Ärieg  mit  83orfid)t  unb  in  befdjeibenen  ©renjen  ju  führen. 
3Ban  toirb  alfo  nid)t  fagen  fönnen,  baß  ber  Art,  toie  ber  ftrieg 
geführt  tourbe,  politifdje  SWotiDe  ganj  fremb  getoefen  ftnb.  33on 
Anfang  an  mar  eS  DerljängniSDoll,  bafe  bis  jur  (Ernennung  9tica* 
foliS  jum  SWimfterpräfibenten  bie  Seitung  ber  auswärtigen  Sßoütif 
unb  bie  Seitung  beS  SfriegStoefenS  in  einer  unb  berfelben  $anb 
Dereinigt  toar.  9Benn  ber  8u<$ftabe  beS  mit  Sßreufeen  gef$toffenen 
SbünbniSDertrageS  nidjt  Derle$t  tourbe,  fo  ift  bod)  anberfeitS 
unbeftreitbar,  bafe  bie  SBeftimmung  in  Slrt.  3  beS  SertragS :  „Don 
biefem  Äugenblid  toirb  ber  ftrieg  oon  3t)ren  SWajeftäten  mit 
allen  Kräften,  bie  bie  93orfet)ung  ifyuen  jur  Verfügung  gefteDt 
f>at,  geführt  werben",  Don  italienifcfyer  ©eite  nur  unDollfommen 
erfüüt  toorben  tft. 

IV. 

Unb  nun  tarn  bie  grofee  Überrafdjung  beS  5.  3uli.  9iad> 
ber  ©dtfadjt  Don  ftöniggräjj  {erteilte  ftdj  plöfclid)  bie  gelpimniS* 
DoQe  SBoUe,  in  bie  fid)  ber  lauernbe  ©pieler  in  ben  Zuilerien 
gef)äQt  l)atte.  Dag  er  nur  auf  feine  ©tunbe  roartete,  um  jtoifdjen 
bie  Äämpfenben  ju  treten  unb  fid)  aus  bem  Streit,  ben  er  ge* 


Sie  preu&ifdMtaUettiföe  KHian*  Don  1866.  277 

fdjfirt  Ijatte,  feinen  Vorteil  ju  fiebern,  barauf  mar  man  allgemein 
gefafet;  bie  italieniföen  Staatsmänner  taugten  e*  tftngft,  9?igra 
Ijatte  es  in  jeber  feiner  $epefti)en  gefagt,  infofern  fonnten  fie 
nidji  überraföt  fein.  Aber  bafe  er  gerabe  in  biefem  Äugenblicf 
bajmifd)entrat,  ba  jenfeit«  her  Hlpen  nod)  nid)t«  gefd^en  ttmr, 
ben  UnglücfStag  üon  Suftoja  mieber  gut  p  madjen,  roäfpenb 
ber  JBunbe«genoffe  Sorbeer  um  Sorbeer  gepflfidt  fcatte,  ba«  fear 
für  Stauen  ein  betftubenber  ©djlag.  Unb  e«  mar  jugleic^  eine 
neue  Serfudjung.  2)enn  bie  ©djenfung  93enetien«  an  ben  ftaifer 
mar  oon  Dfterreid)  junäc^ft  mieberum  in  ber  Abfielt  erfolgt, 
Italien  Don  ^reu&en  megjujieijen,  um  fid)  mit  ganzer  9Wad)t  auf 
ben  norbifdjen  ftampfplafc  merfen  ju  fönnen.  S3on  feiten  Stalten«, 
ba«  nun  anfdjeinenb  befriebigt  mar  unb  feinen  ftampfprei*  fieser 
Ijatte,  terfal)  fid)  ber  ftatfer  am  menigften  eine«  SBiberfprut$* 
gegen  feinen  SEBunfc^  ber  SBaffeneinfteOung.  SBir  merben  und 
leicht  über  ba«  SBeitere  oerftänbigen,  fdjrieb  er  an  ben  ftönig 
SSiftor  Smanuel.  Allein  bie*ma(  tjatte  er  fid|  grfinblid)  üerredptet. 
©in  einmaliger  SBiberftanb  trat  tym  entgegen,  auf  ben  er  nidjt 
gefaxt  toar.  SEBie  $reu§en,  um  Qtit  *u  geroinnen,  fid)  auf  fein 
©ertrag«öerf>aitni«  mit  Stallen  berief,  fo  erinnerte  SSiftor  ©manuel 
ben  ftaifer  an  ben  Sßaft,  ber  iljn  an  ^ßreufeen  banb.  Samarmora 
felbft  mar  fibermannt  Don  bem  ®efütjl,  bafe  an  Statten  eine 
unerträgliche  3umutung  gefteQt  merbe.  „3d)  begreife44,  fdjrieb 
er  an  9ligra,  „ba&  ber  ftaifer  ^ßreu&en  aufzuhalten  münfd)t, 
aber  e«  ift  f)5d)ft  fdjmerjlid),  bafc  er  e«  auf  Soften  ber  ©tjre 
Statten«  tut.  3$enetien  al«  ©efdjenf  granfretd)«  annehmen,  ift 
für  un«  erniebrigenb  unb  alle  SBelt  mirb  glauben,  bafe  mir 
$reuften  »erraten  fjaben.  SWan  mirb  in  Statten  nidjt  meljr  re* 
gieren  fönnen  unb  bie  Armee  mirb  um  alle  Hd)tung  fommen." 
Sin  ber  8pt|e  ber  ^Regierung  aber  ftanb  feit  bem  ?lu«brud)  be« 
ftrieg«,  al«  SWann  be«  allgemeinen  Vertrauen«  ju  biefer  ©teile 
erhoben,  Settino  9iicafoli,  ber  ftolje  ©aron,  beffen  nationale 
Cmpfinblidtfeit  längft  bie  ®ftnnerfdjaft  granfreid)«  unmutig  ertrug, 
ber  oon  Anfang  an  im  preu&ifdjen  Öfinbni*  ein  SKittel  erblicfte, 
fid)  be«  bisherigen  Seid)u$er«  ju  enoet)ren,  unb  ber  jefct  gegen 
bie  Zumutung,  bie  Sßaffen  nieberjulegen,  jornig  fid)  auflehnte. 
Die  perfetta  solidarietä  fra  i  due  governi  blieb  untoerrfleft 
bie  9tid)tfd)nur  feiner  Sßolitif.  „3n  SBien\  fo  telegraphierte  er 
an  9ligra,  „mad)t  man  fein  ©etyeimni«  barau«,  bafe  man  Senetien 


278  ©ttyclm  Sang, 

nur  abtritt  in  ber  Hoffnung,  fid)  auf  Äoften  $reuf}end  ju  ent* 
fcfcäbigen.  Stauen  tann  eine  foldje  el>rmibrige,  feinen  befthnmten 
SBerpfltdjtungen  miberfDredjenbe  SRoIle  nidjt  annehmen.  Die  ein« 
fad)e  Annahme  bed  SBaffenftiflftanbed  märe  ein  unmora(ifd)er, 
feiger  unb  gegen  Sßreufeen  illoyaler  HU,  mürbe  bie  italienifdje 
Nation  für  ein  Saljrtjunbert  mit  ©d(mad)  bebecfen,  und  jebe 
fünftige  ÄOianj  Dcrfc^üefecn,  und  um  unfere  Unabljängigteit  unb 
allen  politifdjen  Ärebit  bringen.  Dad  barf  nidjt  fein.  @d  gibt 
etmad  SBertooflered  ald  SBenetien,  bad  ift  bie  ©fjre  Stauend,  bed 
Äönigd,  ber  STOonardjie." 

(Srfcftmert  mürbe  biefe  Haltung  burdj  eine  neue  Süotyilität 
ber  franjöfifdjen  Sßolitit.  Napoleon  gebrauste  bei  feinem  ©rängen 
in  glorenj  and)  bad  Argument:  Sßreu&en  fjabe  ben SBaffenfttQftanb 
bereitd  angenommen.  Die  ffilfd)lid)e  Unterteilung  tyatte  bie 
SBirfung,  bafe  man  in  Stauen  aufd  neue  an  ber  ©eftnnung 
Sßreu&end,  an  ber  ©olibarität  bed  SBünbniffed  irre  mürbe. 
SBäljrenb  SBtdmarcf  tyeftig  jürnte,  bafe  ber  ftrieg  in  Stalten  utc^t 
energifdj  fortgefegt  mürbe,  mar  man  in  glorenj  cmpftnMidj 
barüberr  ba&  Sßreu&en  oljne  Stfidftdjt  auf  Stauen  bereit  fei,  bie 
SBaffen  nieberjufegen.  Ate  bie  SBaf>rt>eit  an  ben  Sag  fam,  tonnte 
fie  nur  baju  bienen,  bafc  Statten  fidj  metjr  unb  meljr  Don  ben 
©inflfifterungen  unb  Drohungen  bed  ftaiferd  frei  machte.  Die 
So  jung  mar  alfo:  gortfefcung  bed  Sftiegd  mit  aller  (Energie.  3n 
Samarmora  jmar  tämpfte  ber  SBagemut  mit  bem  Siebenten,  ob 
ed  erlaubt  fei  eine  ^rooinj  ju  befegen,  bie  jefct  bem  Äatfer  9tapo« 
(eon  gehörte,  beffen  3orn  baburd)  aufd  ftu&erfte  gereijt  merben 
mufete.  „Die  §auptfad)e  ift  für  und,  ju  miffen,  ob  mir  in 
Senetien  fcanbeln  lönnen,  oljne  ben  Äaifer  ju  »erlegen  unb  unfere 
3ufunft  ju  geffttjrben."  91  ber  feit  Suftoja  mar  Samarmorad 
Jlnfeljen  ftarf  im  ©inten,  feine  unglüttlicf)e  Kriegführung  §atte 
audj  in  Stauen  bie  fdjärffte  ftritif  ^eraudgeforbert  unb  aud  ben 
©riefen  33incenjo  Sticafolid,  ber  Dberft  in  Samarmorad  ©eneral* 
ftab  mar,  an  feinen  ©ruber  Söettino  meifj  man,  mie  gereift  bie 
Stimmung  unter  ben  Offizieren  gegen  iljren  Obergeneral  mar. 
©d)on  jegt  begannen  bie  unerquictlidjen  gelben  unb  gegenfeitigen 
Slntlagen  unter  ben  gfityrern  bed  ruljmlod  gebliebenen  §eered. 
©d)on  um  bir  moralifd)en  SBirtung  auf  bie  Marion  millen  burfte 
ber  Jelbjug  nidjt  in  biefem  traurigen  ©tabium  enbigen.  Unb 
tooflenbd,   menn  man   begeljrlidj  nad)  ©übtirol  unb  Sftrien  bie 


3>te  t>reuf3if4*italieniföc  «nianj  ton  1866.  279 

§anb  autftrecfte,  mar  biefeö  &kl  nur  burdj  eine  erfolgreiche 
triegerifctje  äftion  erreichbar.  SBiSmarcf  fjatte  bie  £ufid)erung 
öon  SBelfd&tirol  beim  8bfd)lu&  be«  ©ünbm*oertrag$  oertoeigert, 
aber  auf  ba$  Drängen  ber  italtenifdjen  Unterf)ftnb(ec  angebeutet, 
bafe  ber  Jtampfpreit  fdjlte&üd)  oon  ben  friegeriföen  Seiftungen 
a6tyinge.  „®*  ift  fctjr  micf)ttg",  fdjrieb  ber  SWinifter  Sfoconti 
©enofta  gleid}  am  5.  3uli  an  Samarmora,  „einen  ©ieg  ju  tyaben 
unb  iirot  roomöglid)  ju  befefcen,  fonft,  fürdjte  id),  toerben  mir 
e*  nid)t  befommen."  Der  Äönig  oor  allem  mar  ungebulbig  unb 
trieb  (Stalbini,  auf  beffen  tfi^ne  Snitiatibe  man  jefct  alle«  83er* 
trauen  fefcte,  an,  über  ben  tyo  ju  getyen.  ©inen  ©ieg  ju  erringen 
mar  freilief)  fömierig  geroorben,  benn  gleichzeitig  mit  ber  ©djenfung 
©enrtienä  tjatte  ©rjljerjog  9tbred)t  ben  ©efet)l  erhalten,  fein 
$eer  nad)  ©öfjmen  abguffitjren,  unb  Gialbini  meinte  fpöttifd), 
menn  bie  £)fterreid>er  abgezogen  feien,  märe  ber  $oäbergang  ein 
$offenfpiel.  @leid)mof)l  liefe  er  am  6.  unb  7.  3ult  bie  nötigen 
©rüden  fragen  unb  ging  folgenben  Sag*  aber  ben  glufe.  »ber 
nun  gab  e$  mieber  eine  ©tocfung.  9Ran  mufete  erft  über  ben 
»eiteren  ftriegSplan  fölfiffig  »erben;  einen  «ugenblidt  fürchtete 
man  audj,  bie  fofterreidjer  möchten  plö^ttdj  umtefpen,  um  Sialbini 
ebenfo  $eim}uf$icfen,  *w*  fic  eS  mit  Samarmora  getan.  Der 
§auptgrunb  aber  fear,  ba§  man  fid>  nidjt  fo  red>t  geheuer  füllte 
auf  bem  an  ben  Äaifer  Napoleon  abgetretenen  ©oben.  Sftigra 
berichtete  (8.  Sali)  oom  £orn  be3  ÄaiferS.  „©i£f)er  l>abe  id) 
ben  9lat  gegeben,  bie  Iruppen  fo  rafd^  a(8  rnöglid}  toorrfiden 
ju  (äffen,  benn  ein  ©ieg  fdjien  mir  baS  einzige  SRittel,  und  au* 
ber  jefcigen  Sage  ju  jiefjen ;  je$t  ift  e3  ju  fpät  unb  id)  bitte  ©ie 
ju  bebenfen,  ob  nidjt  der  Äönig  unb  bie  Station  jefct  ba*  groge 
Opfer  i^rer  <Empfinblid)feit  bringen  muffen,  bamit  nid)t  unnötig 
ölut  Dergoffen  merbe."  Da$  blieb  natürlich  nidjt  otjne  ©inbruef 
auf  Samarmora,  ber  an  ben  ftriegämimfter  $ettinengo  f djrieb : 
w3d>  nrfo^re  burd)  9ligra,  ba&  ber  Äaifer  im  fjödtften  ®rab  auf* 
gebracht  ift  SWöge  bie  {Regierung  ftd)  Dörfern.  SBenn  mir  nid)t 
bie  uner(&&tid)en  Opfer  ju  bringen  vermögen,  fo  fcart  fie  ftnb, 
fo  laufen  mir  ©efalp,  eine  öfterreid)ifdHf<M}öfifd)e  Äflianj  gegen 
und  lprauf}ubefd)tt>bren.  SBaS  tonnten  mir  in  biefem  gafle 
machen?  Da  braucht  man  anbereä  als  ©efcbroäfc  unb  Deflama« 
turnen."  Snbeffen  mürben  Sßlfine  gefdjmicbet,  ben  ftrieg  in 
Oegenben  ju  oerpftanjen,   bie   nid)t   be*  Jtaiferd   waren.    Die 


280  fBttyefan  Sang, 

glotte  foOte  enblid)  in  Xattgfeit  treten  unb  eine  Sanbung  an  ber 
iftrifdpn  Stufte  bemerffteDigeu,  ©aribalbi  in  ©übttrol  einbringen. 
2)a3  aOed  brauste  aber  geil,  unb  mälpenb  t>on  Serlin  ju  eiliger 
ftftion  getrieben,  von  $ari£  mit  broljenber  SRiene  Saffenru^e 
verlangt  mürbe,  gelang  eS  beut  ©r j^erjog  Slbredjt,  gast}  SSc netkn 
(mit  3u3nat)nte  ber  ^eftungen)  ju  räumen,  olpte  hn  geringften 
oon  ben  Stalienern  belfiftigt  ju  merben.  &ngftlid)  l)ord}te  man 
inbeffen  auf  bie  9iad)rid)ten  au3  bem  preufeifdpn  Hauptquartier, 
mo  bie  SBerljanblungeu  über  ben  SBaffenftiOftanb  begonnen  Ratten. 
3e  beutlidjer  man  ba3  natje  Snbe  be3  Krieges  fommen  jah, 
um  fo  erregter  würbe  bie  ÜBolföftimmung,  bie  nad)  Zaten  bed 
$eere$  bfirftete.  Site  bie  Sebenfen  übenounben  toaren  unb  nad) 
einem  neuen  Dperattontylan,  ber  am  14.  3uü  jmifdjen  ©albtnt 
unb  fticafoli  otjne  fiamarmora  oerabrebet  morben  mar,  bie 
Sftion  enblid)  ernftyaft  in  ®ang  fam,  mar  e3  ju  fpät  3n 
&mi)djen  mar  bie  Sntföeibung  in  Slifofeburg  gefallen. 


©aä  mar  eine  neue  Snttäufdjung,  unb  öon  neuem  ftteg  eine 
SBotte  ber  Serftimmung  auf  gegen  $reu|en,  ba£  fftr  fid)  ben 
$r&liminarfrieben  abgefd)toffen  Ijatte,  otjne  Stalten  ju  benadj* 
richtigen,  blofe  beffen  äufttmmung  borbetjaltenb.  SBergebfidj 
Ratten  ©anal  unb  ©ooone  in  Sftifoteburg  $reufcen  ju  beftinunen 
gefugt,  bie  SinfteOung  ber  geinbjeligteiten  nod)  (jinauäjufdjieben 
auä  9tädfid)t  auf  Stallen,  baä  einem  faft  übermächtigen  Drud 
beS  ÄaiferS  Napoleon  miberftanben  l)abe,  um  bem  SBünbniö  mit 
Preußen  treu  ju  bleiben.  Siömard  mar  in  biefen  Zagen  jdjledjt 
auf  bie  Italiener  ju  fpredjen.  31>re  jmetbeutige  Kriegführung, 
bie  ben  ©tjljerjog  2Ubred)t  unbehelligt  Ijatte  abjie^en  (äffen,  roar 
mit  unter  ben  ©rfinben,  bie  i^n  jur  Secnbigung  be*  ftrtegeä  be 
mögen,  ^ßreu&en  (>atte  lang  genug  auf  ben  Sunbedgenoffen  ge* 
märtet.  (£3  l)atte,  mie  Stämarcf  bem  ©eneral  ©otwne  an* 
einanberfefcte,  nad)  bem  Singreifen  9lapofeon3  fo  lange  ald 
möglich  ben  Krieg  f)inau3ge£ogen,  bamit  ba3  §eer  nod)  bid  twr 
SBien  gelangen  fönne,  unb  jugleid)  ben  Italienern  nod)  3eit  jnr 
SReuandje  gclaffen  merbe.  Sänger  ging  e3  bei  ber  broljenben 
Haltung  bc3  neit>53  geworbenen  Saiferä  nidjt.  ©ctoftoerftfinb* 
lid)  fehlte  im  9iifol$burger  Vertrag  bie  Älaufel  nidjt,  bie  Sene* 


3>ie  prcu&lfdHtalicmtoc  «Uianj  Don  1866.  281 

tien  bem  Äömgreid)  jufidjerte,  unb  au$  bafflr  (egte  ftd)  $reu|en 
inö  SRittel,  bafe  bie  SBefigergreifung  burd}  Stalten  nic^t  an  luftige 
{Bedingungen  gcfnüpft  tourbe.  3Re&r  ab  Renetten,  metyr  al*  im 
SBünbniSoertrag  ausgemacht  toar,  —  baju  bem  @unbe£genoffen 
ju  oerfyelfen,  lag  für  <ßreugen  nidjt  ber  minbefte  ®runb  oor. 
©ooone  felbft  mu&te  bieS  anerlennen.  „Stauen  ift  in  einer 
falfdjen  Sßofition",  fdjrieb  er  am  8.  Äuguft,  „bie  öffentliche 
SReinung  verlangt  Xirol  unb  nod)  meljr,  aber  anberfeit«  t>at 
Stauen  fid)  fdjlagen  (äffen  ju  ffiaffer  unb  ju  fianb,  —  toie 
tann  man  bann  metyr  verlangen,  a(3  und  ber  SBertrag  oom 
8.  «pril  jufpridjt?" 

J)od)  oor  bem  ©d)lu&  beö  2)ramaS  mar  ben  Stalienern 
nod)  eine  meitere  Snttfiufdping  vorbehalten,  bie  fdjmerjlidrfte  oon 
aüen.  SRad)  bem  86jug  ber  Dfterreidjer  mar  ©ialbini  burd) 
ba*  $enetianifd)e  markiert  unb  l>atte  feine  SCruppen  bis  an  bie 
©renje  oorgeföoben,  matpenb  ba£  ÄorpS  SRebictö  unb  bie  grei* 
toiQigen  ©aribalbi*  in  bie  Säler  ©fibtirold  eingebrungen  maren. 
©eitüfct  auf  biefen  mäf)e(o$  errungenen  ©efifcftanb,  Raffte  Stauen 
nod)  immer  beim  Jrieben  einen  größeren  Oeroinn  f)erau$jufdjlagen, 
e*  mar  bie«  ba3  leibenfdjaftlidje  Verlangen  ber  ganjen  Station, 
fein  Opfer  festen  für  biefen  3&rä  iu  Wwer.  Am  29.  Suli, 
alfo  brei  Sage  nad?  bem  9WolSburger  <ßr&liminarfrieben,  fanb  in 
geirara  ein  ßriegärat  unter  bem  SBorfifr  fflicafoli*  ftatt,  um  bie 
«ebingungen  be$  SßaffenftiOftanbe  feft^ufteOen.  Diefc  ©ebin* 
gungen  maren  Don  einem  ©elbftgefütjl  biftiert,  atö  Ratten  §eer 
unb  JJlotte  glänjenbe  ©iege  errungen,  fie  maren  ebenfo  oerlefrenb 
für  Dfterreid)  mie  für  granfreid) :  SEBaffenftiUftanb  auf©runbbe3 
uti  possidetis,  birefte  Übergabe  SenetienS  an  Stauen  otjne  Sin* 
mifdjung  granfteid)3,  SBolfäabftimmung,  beim  griebenäfd)lu§  eine 
neue  ©renjabfteefung.  SRiemanb  fonnte  glauben,  bafe  Dftetreid) 
btefe  SBebingungen  annehmen  »erbe,  fticafoü  münfdjte  e$  aud) 
gar  nidjt;  jefct  in  feiner  ganjen  Schroffheit  fid)  aufridjtenb,  falj 
er  feine  §inberniffe,  baute  balb  auf  Ungarn,  balb  auf  bie  eben 
bei  fiiffa  geflogene  glotte  unb  fal)  fid)  babei  Dom  Äönig  unter» 
ftügt  toie  oon  (Etalbtni,  ber  gemaltig  mit  bem  Säbel  raffelte, 
ein  SRaffenaufgebot  verlangte  unb,  atö  ber  Sirieg$minifter  be» 
fdjeibene  ©nroenbungen  machte,  mit  großen  ©orten  oon  ber 
franjöfiföen  SReoolution  beflamierte,  Die  auf  einen  Schlag  oierje^n 
Armeen   aud   bem  ©oben   geftampft  t)abe.    Da  mar   nun   ber 


282  SBttyelm  £<mg, 

nüchterne  ßamarmora  am  $(ag,  ber  foldje  ffiontaftereien  als 
bad  einfc^ä^te,  mad  fie  waren,  unb  unerfdjüttertid)  babei  bliet, 
bog  ed  ffiabnfinn  märe,  SBenetien  auf«  ©piel  ju  fegen,  um  Xtrol 
nadjjujagen.  Allem  oijne  Sunbedgenoffen  ben  ftrieg  mit  Öftere 
reid)  ju  führen,  fei  ein  Unbing;  bad  üernAnfttgfte  märe,  ©dritte 
gu  tun,  bamit  man  balbmöglic^ft  in  ben  SBeftfc  bed  geftungä* 
merecfd  gelange,  benn  erft  toenn  man  biefed  tyabt,  märe  ein  ftrieg 
mit  Dfterreid)  überhaupt  möglid).  96er  bad  mar  in  ben  ffiinb 
gerebet.  Äld  jmet  Xage  fpäter  ©ernf)arbi  ben  Ä5nig  fprad), 
jucfte  biefer  bie  Steffel  Aber  Samarmora,  ben  ©djmadjfopf,  unb 
rief  laut,  bag  er  allein,  aud)  of)ne  $reugen,  ben  Ärteg  aufnehme. 
»3$  fe&e  aQed  aufd  ©piel,  tdj  meig  ed,  aber  fo  \)ab  idj'd  immer 
gemacht  unb  roerbeid)  aud)  immer  fo  machen ;  fo  bin  id)."  2)ad 
mar  in  Stooigo,  motjtn  ba«  Hauptquartier  oorgefdjoben  mar. 
Überall  roeljte  fd)on  bie  italienifdje  irifolore,  überaß  lieg  ftc^ 
Siftor  Smanuel  ald  Sanbedtyerr  oon  ber  Seüölferung  begrügen. 
Äld  aber  bie  beiberfeitigen  83et>oümfid)tigten  am  5.  Huguft  in 
Sormond  jufammentraten,  um  bie  Sebingungen  bed  SBaffenfttO* 
ftanbd  feftjufe&en,  [teilte  ftet)  Ijeraud,  bag  bie  erfte  Qebingung 
ber  Öfterreidjer  bie  Räumung  allen  (Sebteted  mar,  bad  nidjt  ju 
SBenetien  gehörte.  S)ad  mar  bie  «ntmort  auf  SRtcafolid  Älter* 
nati&e:  entmeber  uti  possidetis  ober  ftrieg!  ©inen  SugenbUcf 
fd)meid)elte  man  ftd)  mit  ber  Hoffnung,  ber  Äaifer  Napoleon  fei 
mit  ben  italieniföen  SBebingungen  einüerftanben  unb  merbe  ftd) 
für  fie  üerroenben.  Aber  aud)  biefe  läufdjung  foQte  fdjnell  jer» 
geljen.  Unb  jefct  Ijörte  man,  bag  bie  Dfterreidjer  mit  ftarfer 
3Rad)t  jurAcffeljrten,  roä&renb  bie  italienifdjen  Gruppen  meit  jer« 
ftreut  roaren,  ber  gmiefpalt  megen  bed  Dberfommanbod  fort» 
bauerte,  infolge  babon  bie  ©idjiptin  ftd)  ju  lodern  begann,  unb 
je&t,  ba  ed  Srnft  mürbe,  ©ialbini  tlagte,  er  t)a6e  feine  Steferoen, 
feine  Sebendmittel,  feine  ©djutye,  feine  ?ßferbe.  „Stauen  mirb 
eincd  £aged",  fo  fd)rieb  er  aud  Ubine  am  5.  Sluguft,  „über 
biefen  gelbjug  richten  unb  einen  fpäten  aber  geredeten  Xabel 
Aber  biejenigen  audfpred>en,  bie  und  ind  SBerberben  fuhren.41 
5)ennod),  fufyr  er  fort,  fei  er  entfdjloffen,  ben  Stampf  aufju* 
nehmen,  obmotjl  er  fid)  bemugt  fei,  bamit  einen  ferneren  militari* 
fd>en  geiler  ju  begeben.  „2)enn,  menn  mir  bad  ®lüd  gflnftig 
ift,  fo  fann  id)  aud  bem  ®ieg  feinen  Stufen  sieben,  idj  fann  ben 
geinb   ntdjt  verfolgen,   meil   id)  befanntermagen   meber  Sebend* 


SHe  prcu&ifö=italicntfd)c  «Hianj  Don  1866.  288 

mittel,  nod)  ©d>uf)e,  nod)  Steferoen  &abe.  3ft  mir  aber  ba* 
Baffengtflcf  abl>olb,  fo  tonn  gleid)  ber  Übergong  aber  ben 
Zagltamento  ju  einer  Stotaftropfy,  jum  ffiuin  Statten*  führen. 
Allem  nad)  ollem  ma*  gefdjelpn  ift  unb  bei  ber  groften  (Erregung 
be*  Sanbed  märe  audj  nur  ein  Schritt  rüdm&rt*  Serrat  ober 
t$eigl)ett.  Darum  bin  td)  entfötoffen,  ju  ffimpfen  mit  möglicher 
Umfielt  unb  (Energie."  Snbeffen  titelt  er  e$  bod)  für  angezeigt, 
angeftdjtS  ber  fid)  fonjentrierenben  feinblidjen  3Rad)t  auf  bad 
red>te  Ufer  be*  Xagliamento  jurücfjugetjen.  Sfcod)  immer  mar 
bie  Srage  be*  Oberbefehl«  ungeldft  unb  nod)  einmal  mieberbolte 
ftd|  ba*  erbauliche  ©d)aufpiet,  bafc  Samarmora  fetneu  ffifidtritt 
at*  ®eneralftabd)ef  erflärte,  Sialbim  aber  feine  ©teile  einju* 
nehmen  fid)  meigerte.  Da*  mar  menige  Xage  bor  bem  Der* 
ijängntefcoHen  Zermin,  benn  ber  (Srjljerjog  Hlbred)t  mar  uner» 
bittttdj  unb  erflärte  am  8.  Huguft,  bog  in  ber  grft&e  be*  10. 
bie  SBaffenrufje  abgelaufen  fei.  3efct  mar  ©efatjr  im  SBerjug. 
%1*  nun  nod)  ein  Telegramm  au*  $ari*  eintraf,  ba*  jebe 
Hoffnung  auf  franjöfifdp  §ilfe  enbgfiltig  unb  ungn&big  abmie*, 
fafetc  Samarmora  einen  rettenben  Sntfd)(u&.  Der  ()eroifd)en 
®ebärben,  ber  patf)ettfd)enDeflamattonen  mar  er  längft  fiberbrüfftg. 
3n  feiner  (Eigenfdjaft  al*  SRinifter  im  Hauptquartier  Sßittor 
Smanuet*  —  fo  erjagt  er  felbft  mit  etma*  tt>eatralifd)er  Sud» 
fömücfung  —  nafpn  er  e*  auf  feine  perfftnlidje  Serantmortung, 
fo  ju  l)anbetn,  mie  er  für  *ßflid)t  ^ielt:  er  befahl  aud)  SRebici 
unb  ©aribalbi  ben  SRücfjug  in  ba*  Senetianifdje,  bamit  bie  9er* 
fpnbtungen  über  ben  SBaffenftiHftanb  beginnen  tonnten.  Da* 
mar  unftreitig  eine  Zat  perf5nlid)en  SRute*,  er  fefrte  feinen 
9tamen  gegen  bie  populäre  ©trdmung  auf*  ©piel.  „3d)  fa& 
oorau*,  baB  ba*  SRiniftertum  meine  $anbtung*meife  nidjt  gut« 
Reiften  merbe,  aber  gteidjoiel,  id)  mar  entfd)(offen  f o  ju  tun,  aud> 
auf  bie  Oefaljr  erfdjoffen  ju  merben."  SRenabrea,  ber  fpätere 
SRtnifter  unb  Diplomat,  f)at  tym  ba*  3*ugm*  au*gefteUt:  „9lad> 
(Juftoja  f)at  Samarmora  Statten  einen  aufeerorbentlidjen  Dienft 
ermtefen,  inbem  er  ben  Äönig  unb  bie  Regierung  jum  ^rieben 
jmang.  Da*  ift  öielleid)t  ber  föftnfte  HU  feine«  Seben*.  <E* 
gehörte  eine  ungemöl)nttd)e  geftigteit  baju,  bied  burdjjufeften  unb 
Samarmora  befafe  biefe  ^eftigfeit.  ©djabe,  bafe  er  fie  nidjt  aud> 
im  Anfang  be*  Sfabjug*  jeigte!"  O&ne  3tüeifet  W  ber  @eneral 
vernünftig  gel)anbelt,  al*  er  ben  2Bieberau*brud)  ber  gewbfelig* 


284  SBifyelm  Sang, 

feiten  berfjinberte.  SBenn  man  fid)  aber  an  feine  Jtbnetgnung 
gegen  ben  Krieg  überhaupt  erinnert,  unb  wie  er  immer  tuieber 
bem  ©ebanfen  eine«  frieblid)en  ©rrnerb«  SBenetien«  nachjagte,  fo 
fommt  man  nottoenbig  ju  bem  ©djluffe,  bafe  er  auf  ba«  $eer, 
al«  ein  taugliche«  SBcrfjeug  für  biefen  Svocd,  niemals  ein  redete« 
Vertrauen  fegte,  er,  in  beffen  ipänben  feit  ©atoour«  lagen  bie 
Organisation  be«  £eere«  lag,  unb  ba«  er  beffer  fannte  al* 
irgenbroer. 

lief  Derftimmt  unb  mit  fdjtoer  erfdjüttertem  Stufe  ift  er  au* 
bem  rutymlofen  gelbjug  hervorgegangen.  Unb  franf  unb  öer« 
ftimmt  fear  audj  ber  Äaifcr,  in  bem  er  ben  greunb  unb  9efd)ü$er 
Stalten«  mit  unerfdjütterter  Xreue  verehrt  &atte.  S)urd)  bie 
©djladjt  üon  ftöniggräfc  roaren  alle  ^Berechnungen  Stapoleon* 
über  ben  Raufen  gemorfen.  STOit  feinen  ©ebiet*forberungen  öon 
Sßreufeen  abgeroiefen,  fat)  er  nun  au«  bem  Strieg,  ben  er  gefd)ürt 
l>atte#  feinen  anberen  Oeminn  für  fid)  al*  ben,  bog  Renetten  an 
itjn  abgetreten  toat,  ba«  er  nun  weitergeben  mufete  an  einen 
©taat,  ber  e*  tym  faum  bantte,  ber  fid)  ju  fügten  begann,  ber 
ftatt  ber  gemeinten  gotgfamfeit  bebenflidje  3eic^en  t)on  Auf» 
lefjnung  gegeben  l)atte.  Slu*  biefem  mageren  ®emimt  t)at  bann 
ber  übelgelaunte  Äaifer  für  fein  finfenbe*  Snfe^en  nod)  ju  machen 
&erfud)t,  h>a«  ju  machen  mar.  3)en  Stalienem  foüte  e*  fühlbar 
gemalt  toerben,  bafe  fie  bie  erfe^nte  Sßrotrinj  i^m  toerbanften,  fie 
foQten  ben  93efifc  erft  uerbienen  burd)  untertänige*  ©nge&en  auf 
feine  SBünfdje  unb  Mnfprüdie.  Sie  jum  enbgültigen  grieben*fd)lu& 
tyatte  fid)  Stauen  ber  läftigen  @inmifd)ung  feine«  alten  93er* 
bfinbeten  ju  erwehren.  2Ran  fennt  au«  Sticafoli*  ^Briefen  bie 
3ät)igfeit,  tuomit  ber  Äaifer  auf  gorberungen  beftanb,  bie  ben 
Italienern  einen  (Singriff  in  tt)re  (Sfyre  bebeuteten,  unb  bie  nod) 
größere  unb  fiegreidje  $äl)igfeit,  momit  SRicafoti  biefen  gorbe* 
rungen  miberftanb.  Napoleon  verlangte,  bafe  bie  Äu«l)änbigung 
SBcnetien«  in  oder  gorm  burdj  granfreid)  gefd)el)e,  unb  bafe  biefe* 
traft  feine«  ©gentum*red)t«  juoor  eine  SBolföabftimmung  anorbne. 
Sticafoli  erachtete  bie«  al«  eine  unerträgliche  Demütigung,  unb 
in  einem  lebhaften  ©djriftmedjfel  gelang  e«  il>m  enblid),  burd)* 
jufefcen,  ba&  bie  Übergabe  an  Stauen  fid)  auf  eine  leere,  faft 
unbemerfte  görmlidjfeit  befdjränfte,  mobei  ber  ©eneral  Seboeuf 
al«  faiferlic^er  Äommiffär  eine  faft  lächerliche  Stolle  fpielte.  ©d)on 
t)or  ber  Übergabe  ^atte  fid)  Stalten  i)äu«lid)   in  feiner  neuen 


Sie  preußtf<$*italtenif*e  mion*  toon  1866.  285 

$rot>inj  eingerichtet  unb  bie  SSolfdabftiminung  mürbe  burdj  bie 
Regierung  be3  Stönig*  angeorbnet.  äud)  burdj  bie  bemeglidjen 
Corftellungen  SRigra«,  auf  bie  fömierige  Sage  be3  ftaifer*  SRücf« 
ftd)t  ju  neunten,  Gatte  fic$  SRicafoli  nid)t  beirren  (äffen.  SRigra 
förieb  am  11.  September:  „3n  Stauen  ift  man  fe^r  erregt 
gegen  granfreid);  in  granfretd)  ift  man  eä  nid)t  minber  gegen 
und.  Der  Äaifer  felbft  ift  Aber  aQ  ba*  fe&r  »erbittert  Die 
Abtretung  Senetien*  an  tyn  mar  ber  einzige  ©eminn,  ben  er 
au3  bem  ftriege  30g,  Don  bem  er  eine  SBerbefferung  feiner  Sage 
erhoffte.  Unb  nun  ift  ber  ®eromn  bon  ber  Art,  bafe  er  feine 
6ntfd)&bigung  bietet  für  bie  ©inbu&e,  bie  er  im  innern  unb  nad) 
auften  erlitten  t^at."  Die  graufame  SRemefi«,  bie  in  biefer  fiJen* 
bung  lag,  fpringt  in  bie  Äugen,  menn  man  fid)  ber  früheren 
©eridjte  Sligraä  aber  bie  9bfi$ten  unb  juberftdjtlidjen  Hoff- 
nungen erinnert,  bie  ber  ßaifer  an  ben  Hudbrudj  be$  bon  itpn 
gefdjürten  Kriege«  gefnüpft  $atte. 

3n  bem  gereijten  ©djriftmedjfel  über  bie  8luSf)änbigung 
Senetien*  fyat  fid)  red)t  eigentlich  bie  begonnene  Äbfdjmenfung 
Stallend  bom  franjöfifdjen  SünbniS  ooüjogen.  Unter  bem 
©<f)u$e  granfreid)«  Ijatte  e3  ben  ftrieg  begonnen;  m&brenb  befr 
felben  loderte  fid)  ba$  ©anb,  bie  SRatfc^l&gc  bed  StaiferS  mürben 
nid)t  meljr  at*  8efet>le  Deretpt,  feine  3umutunÖen  fttefeen  auf 
SBiberftanb,  man  füllte  fid)  ftart  genug,  fid)  üon  ber  $anb  be£ 
futjrenben  SRentort  frei  ju  machen.  Da3  mar  bie  grud)t  ber 
preufeifdpn  ÄUianj  unb  ba*  perföntidje  Serbienft  Sfticafottd. 
SBiftmarcf  t)atte  mieber^olt  ben  italtemfdjen  Unterfyfinblern  öor» 
gefteilt,  bafj  er  fid)  nic&t  blofe  um  ein  SBfinbniS  ad  hoc  Ijanble, 
fonbern  baß  e$  ein  bauernbeä  93er^ältniö,  erfpriefclid)  für  beibe 
leite,  im  Äuge  t)abe.  ©r  gab  bamit  ben  Snftinften  beiber  SBblfer 
9lu*brucf,  bie,  bamalä  nod)  obne  jtenntni*  ber  biplomatifdjen 
©djmierigfeiten  unb  ©djmanfungen,  ein  beutlidjed  ®efüf)l  für 
bie  ®leid)artigfeit  ber  Sntereffen  Deutfdjlanb*  unb  Statten«,  für 
bie  innere  SBermanbtfdjaft  ber  ©efdjidite  beiber  Sänber  befa&en 
unb  bem  neuen  SBünbniS  eine  freubige  ©i)mpatl)ie  entgegenbrachten. 
@ie  mar  mot)t  tiefer  auf  ber  beutfdjen  ©eite,  aber  aud)  bie  realer 
benfenben  Italiener  begriffen  bie  neue  Situation,  unb  eS  mar  ein 
©lud  für  Statten,  bafe  eä  an  iRtcafoti  einen  Staatsmann  befaß, 
ber  ganj  üon  bem  flogen  ©ebanfen  erfällt  mar,  burd)  ben  Ärieg 
unb   bie  preufcifd)e  §anbreid)ung   feinem  SBaterlanbe   bie  volle 


286       SBUf>elra  Sang,  S)ie  preu&ifdHtalienifdje  Ullian*  toon  1866. 

Unabljängtgfett  su  fidjern  unb  e*  jutn  ©el6ftgeffil)I  eine«  freien 
©taate«  ju  ergeben.  Dafe  btefer  ©ang  ber  Dinge  md>t  nad) 
Samarmora«  ©inn  aar,  brauet  faum  gefagt  ju  »erben.  9ted)t* 
^aberifc^  blieb  er  inmitten  ber  Änflagen  unb  SBortoürfe,  beren 
3tet  er  fortan  ttmrbe,  bi$  an«  ffinbe  t>on  ber  8tid)tigfeit  feiner 
$o(ttif  flberjeugt,  unb  juckte  bie  ©djulb  für  bie  gemalten  geiler 
unb  für  bie  SRifeerfolge  auf  anbere  ©futtern  abjulaben.  Won 
tuirb  i^m  perfönlid^e  ©erabljeit,  ®enriffenf)aftigfeit,  ein  ftrenge* 
SßfKdjtbettmfetfein  ntc^t  abfireiten  bfirfen,  ba$  t>at  aud)  @t>6el 
nidjt  getan,  beffen  <£rjäl)lüng  üieüetc^t  aHju  au*fd)lie§ttdj  auf 
©entfärbt*  5Berid)te  geftfifct  ift.  Hber  bie  Sichtung  üor  feinen 
ftaattmfinnifdjen  tute  feinen  militfirifdjcn  gäfjigfeiten  !ann  aud) 
burd)  bie  neue  ©djrift  feine«  alten  gfirfpred)*  nic^t  erf|öl)t 
toerben.  ©djon  t>or  brei&ig  Sauren  f>at  Jpetnrid)  Hornberger  ge* 
faßt,  <£t)iala  gehöre  ju  ben  greunben,  t?or  benen  und  (Sott 
betoafiren  möge. 


Cttcraturbcridjt. 


tteföidjte  beft  Untergang«  ber  antifen  ©elt.  JBon  C.  6eetf.  2.  8b. 
unb  fcnfang  jum  2.  8b.  619  6.  8*.  ©erlitt,  g.  ©iemenrot$.  1901/1902. 
9  SR. 

Seine  StarfteOung  beä  ljifiorifdfen  Sßrojeffeä,  ben  man  att  ben 
Untergang  ber  Slntite  $u  bejeidjnen  pflegt,  Ijatte  ber  Cf.  in  bem  föon 
in  itoeiter  Auflage  oorliegenben  erften  Sanbe  mit  bem  Smpotfommen 
ftonftantin*  begonnen  unb  babei,  um  beffen  93orgefd)td)te  ju  geben, 
bift  auf  Dioflctian  juriicfgegriffen.  Daran  fügte  er  einen  Äbfönitt, 
in  bem  er  bon  ben  Oermanen  unb  bem  römifdjen  $eer,  bon  ber 
inneren  ttmmanblung  ber  römifdjen  (SefeÜfdjaft  burdj  bie  (onfequente 
Semic^tung  iljrer  beften  demente,  oon  ber  Stellung  ber  ©Hauen 
unb  ftltenten  in  ber  römifdjen  Raiferjeit,  bon  bem  Suiten  ber  8e* 
öölterungfljiffer  unb  bem  (Einbringen  ber  (Sermanen  in  baft  9tei$ 
lpnbelte. 

$er  oorliegenbe  jmeite  öanb  jerfäDt  in  jmei  Äbfänitte:  «Die 
Verwaltung  be*  9teid)e3"  unb  „iReligion  unb  Sittlidjfeit1'.  8on 
biefen  ift  jebodj  nur  ber  erfte  boOftönbtg.  Der  gmeite  enthält  üor« 
läufig  einen  roeit  au01)olenben  Vnfang  ju  einer  DarfteUung  ber 
teligidfen  unb  ftttlidjen  «nföauungen  in  ber  Seit  be*  fciofletian  unb 
Stonftantin.  $iefe  felbft  mirb  erft  ber  nöc^fte  Sanb  bringen,  t>on 
bem  mir  na$  ber  breiten  Gtatnblage,  bie  jefrt  gelegt  mürbe,  eine 
Bfirbigung  be*  (Eljriftaitumt  im  Oergleid)  )um  $eibentum  erwarten 
burfen.  S*  läfet  fidj  baljer  aud)  jefrt  nod)  nid)t  fagen,  inwiefern  ju 
biefem  gtoeefe  bie  ganj  neue  ffiege  ge^enbe  fcarfteDung  ber  gried)ifd)en 
Keligion  unb  Sinologie  notmenbig  mar,  bie  in  bie  Urzeiten  ani» 
mifiiföer  ?lnfd)auung$roetfe  jurücffüfirt,  bann  mit  bem  Suffommen 
ber  Sonnenreligion  —  nadj  Seect  ftnb  faft  alle  griedjifdjen  Oötter 
Sonnengötter  —  eine  neue  Spodje  ber  religiöfen  ffintroidlung  beginnt 


288  Siteraturberiflt. 

unb  fdtfiefelid)  in  ber  ©eftaltung,  bie  §omer  beit  religiöfen  Änfdjau* 
ungen  ber  ©ticken  gibt,  bie  Umroanblung  Don  Oöttern  }u  §eroen 
feftaufteHen  unternimmt.  3n  biefem  «bfdjnitt  feineä  SBerfe$  ift  ber 
S3f-  mieber  auf  £t)potf)efen  jurücfgefommen,  bie  er  in  einem  %iffa} 
über  bie  SBilbung  be3  troifdjen  ©agenfreifeS  fd>on  einmal  borge* 
tragen  Ijatte.1) 

SBenn  alfo  ein  Urteil  über  biefen  Sbfdjnitt  nod)  jurücfgeljalten 
»erben  muß,  fo  barf  Don  bem  Dor$erget)enben  gefagt  roerben,  ba& 
er  eine  borjüglid>e,  anfdjaulid>e  unb  juDerläfftge  DarfteCiung  ber 
9teid)8bermaltung  in  ber  fpäteren  ftaiferjeit  bietet.  3m  £ejt  wirb 
ein  aud)  für  ben  !Rid>tfad)mann  Derftänblidjeä  JBilb  entworfen  unb 
bem  gorfdfcr  wirb  in  bem  beigegebenen  „Anfang"  baS  Material  jur 
Nachprüfung  unb  jum  tiefer  einbringenben  33erftänbni$  geliefert.  9ludj 
in  biefem  Äbfdjnitt  greift  ©.  in  ben  einzelnen  Kapiteln,  bie  ber 
ßaifer  unb  feine  Dffijiere,  $of  unb  Sßrobinaen,  ba$  SReid)  unb  bie 
©injeljtaaten,  bie  93ermaltung  ber  ©tobte/  ®elb  unb  Xribute,  bie 
neuen  Steuern  unb  bie  ©rbtidjfeit  ber  ©tftnbe  betitelt  ftnb,  auf  bie 
Sorgefdjidjte  aller  ber  SBeftrebungen  jurücf,  Don  benen  bie  Sieformen 
be$  SioKeHan  biftiert  ftnb;  er  tut  bieS  jebod)  nur  fo  roeit,  att  ju 
beren  SBerftänbntö  erforberlid)  ift.  3)ad  auSneljmenbe  ®cfd)icf  M 
SSf-8,  audj  ben  fpröbeften  ©egenftanb  anfd>aulidj  unb  allgemein  ber* 
ftänblid)  barjuftellen,  tritt  befonberS  gtänjenb  in  bem  bie  SMünj* 
gefd)id)te  ber  Äaiferjeit  befjanbetnben  Zeile  jutage.  SRur  »er  ben 
©egenftanb  bi£  in  bie  testen  S)etailS  fouDerän  bel>errfd)t,  wie  bie* 
bei  ©.  burd)  3af)rjefjnte  umfaffenbe  ©tubieu  ber  gafl  ift,  tann  bie 
Crgebniffe  ber  gorfdjung  fo  plaftifdj  geftalten,  wie  e8  (jier  gefd)e$en 
ift.  Da  aber  Ijeutjutage  eine  gleichmäßig  grünblidje  gadjfenntni* 
felbft  auf  bem  engeren  ©ebiete  ber  ©efdjidjte  be$  Altertums  nic^t 
meljr  Don  einem  gorfdjer  erroorben  werben  tann,  fo  jroeifle  id) 
nietet,  baß  aud)  bie  gadjgenoffen  be$  33f.3  tyin  mit  mir  lebhaften 
Dan!  für  eine  3)arfte0ung  roiffen  »erben,  roeldje  bie  ffenntnid  öon 
ben  gemaltigen  gortfdjritten  vermittelt,  bie  bie  SBiffenfdjaft  feit  bem 
ffirfdjeinen  Don  ©tbbone  History  of  the  decline  and  fall  of  the 
Roman  empire  gemalt  Ijat. 

®raj.  Adolf  Bauer. 

l)  3n  feinem  1898  erf djienenen :  $ie  Chttmirflung  ber  antuen  ®t\ä)\$u 
fdjreibung  unb  anbere  populäre  ©djriften  1898  betitelten  8udi,  toorin  man 
cbenfotoenig  alä  in  bem  Dorliegenben  gerabe  bicfcS  Styma  be^anbelt  jit 
finben  erwartet. 


Mittelalter.  289 

Vut  bat  Zogen  Boitifa*'  VIII.  gunbe  unb  fjorf dringen  Don  #ehi* 
xid)  gfinfe  flBorreformattoitfgefäidjtlidje  Sforfdjungen  II).  fünfter  i.  99., 
Hfcftenborffföe  ©uo}§anblung.   1902.  XIV,  296,  CCXXTIT  ©.   8°.    12  9R. 

(ES  tft  an  ftd)  ein  intereffanteö  toiffenfc^aftlic^ed  (Ereignis,  xotrin  in 
unferer  ßeit  ein  fatljotifdjer  ^ifiotifer  gorfäungen  über  ©ontfaj  VIIL, 
ben  $ero$  be8  politischen  ftartjolijiSmu«,  bcröffentlidjt.  S)er  Siame 
$eutrid)  Sinled  bürgte  bafür,  bafj  fein  Sud)  an  frttifdjer  ©idjtung 
bed  SRateriatd  bad  SBerf  be$  Sßroteftanten  3)rumann  ebenfo  meit 
übertreffen  mürbe,  toie  ba8  be$  frommen  2U>t&  bon  SKonte  Saffino 
lofti  an  Unbefangenheit.  öeibeS  bürfen  mir  feftftetten,  unb  mir 
wollen  und  bie  greube  baran  nid)t  minbern  laffen  burd)  bie  2Je* 
oba$tung  bon  ©djroanfungen  unb  3ugeftünbniffen,  bie  im  Sichte  ber 
reinen  SBiffenfdjaft  nid)t  befielen  tonnen.  3$  fftfjre  betfpielStoeifc 
bie  Behauptung  be«  ©djlufetoorteS  an,  Sonifaj  fei  „unjroeifetfcaft 
junäd)ft(!)  bon  ben  t)ödjften  3bealen  getragen  gemefen:  Sefriebung 
ber  SBelt,  ftreujjug,  Soälöfung  ber  Sirene  au*  unroürbigen  Sanben* 
(er  meint  8bl)tingigfeit  bon  ben  ncapolitanifdjen  2tnjou8).  ©teilen 
mir  und  einmal  bor,  bafe  Sonifaj  bie  Unabljängigfeit  ber  3nfet 
©Milien  bon  ben  Hnjou*  gleich  1295  ftatt  erft  1303  bem  ftjiliantfdjen 
Solle  gcroftljrt,  alfo  rechtzeitig  ben  nufrlofen  Kampf  für  bie  SBieber« 
aufridjtung  ber  8remb$errfd)aft  auf  ber  3nfe(  aufgegeben  Ijätte,  fo 
lüäte  bat  ^ontifilat  Somfag'  VIII.  bötlig  anber*  berlaufen  unb  für 
bie  8ern>irHid)ung  jener  brei  3beale  bie  beftmöglidje  8u$ftd)t  ge« 
{Raffen  gemefen. 

<SS  barf  aber  nidjt  btrfdjroiegen  werben,  ba§  g.  gleich  nacb 
jener  auffälligen  Behauptung  in  einer  Steige  bon  ©Äfren  ben  ftreng 
bterard)ifdE)en  Söarafter  bet  Sßapfte*,  beffen  SBoDen  „me&r  nad)  ber 
©ehe  ber  äußeren  SRadjtjleflung,-  atd  ber  religiöfen  Serinner lic^ung" 
ging,  anertannt  %atl) 


l)  (Srnritynung  öerbtent  auf  ber  anbern  Seite  bat  ©ort  ber  Sorrebe, 
baft  gerabe  bei  ©onifa*  Dielfad)  $erf  önlidjfeit  unb  Seiftungen  auÄeinanber* 
*ubalten  feien.  Sorauft  ge$t,  bafe  ba*  büftere  8ilb  be*  ?apfte*#  baft  in 
5*  ttudj  und  entgegentrete,  nict)t  ba*  öoQe  8tlb  ber  ©efäidlte  fei;  e6 
folgt  bort,  bajj  $}•  fidj  über  bie  meltgefdtfdjtlidjen  Säten  unb  ftftmpfe  be* 
9apftef  $ter  möglid)ft  wenig  auSgefprodjen  fcabe.  SRit  jener  Formel  ftet>t 
fd)led)t  im  (Sinflang,  menn  Sr.  in  bem  (pftter  getriebenen,  fefyr  lefenS-- 
werten  «uffafre  „»onifaj  VIII."  in  ber  SRonatSfärift  w$o<$!anb"  I  (Ott. 
1903)  6.  9—19  bie  SWieberlagen,  »el*e  ©onifaj  af*  ?oiitifer  überall  baoon; 
trug,  aufofttyt  unb  [it  au*  fetner  „unglücHidjen  §anb  auf  politifdpm  (fce* 
tfftorifftc  8eitf<trift  (Wb-  94)  W.  ff.  8b.  LV1II.  19 


290  giferaturberigt. 

91uf  eine  ungefdjminfte  ^Beurteilung  ber  5ßerfönlid)feit  bed  ^apfted 
mürbe  g.  Ijingclenft  gleich  burd)  bie  „gunbe"  im  Ärdjib  $u  Barcelona, 
meiere  bei  Siadrforfdjungen  nad)  Elften  jur  ®efd>id|te  bed  j^onftan^rr 
ßonjild  ifjm  bergönnt  roaren  unb  bie  Seranlaffung  ju  bem  93uc^e 
boten.  Sie  aragonefifd)en  @efanbtfd)aftdberid)te  unb  berroanbte  tage- 
budjartige  Sufjeidjnungen  bom  päpftlidjen  $ofe,  fünfjeljn  an  $>aty 
atö  ben  Sauren  1299—1305  (einer  t)on  1316),  bie  5.  und  mitteilt, 
finb  in  if)rer  unberufenen  9lnfd)aulidjfeit,  in  intern  Sfteidjtum  an 
föarf  djarafterifierenben  ©injelljeiten,  in  Mitteilung  bon  dugen,  bie 
und  fonft  gerabe  in  mittelalterlichen  Senaten  fehlen,  eine  fo  einzig- 
artige Quelle,  bafc  fic  bad  ©ntjücfen  bed  gorfeberd  erregen  muffen. 
3n  bem  größeren  Huffafce  bed  borigen  ^efted,  ber  bie  religiös* 
p^ilofopljifdjen  Slnfdjauungen  bed  Sßapfted  unterfudjt,  Ijabe  icf)  bie 
Sßerfönlidjfeit  bed  ^ßapfted  roefentlid)  auf  ©runb  biefer  Senate  ge- 
fdjilbert.  (Einige  ©tücfe  finb  in  tatalanifdjer  Sprache  gefcr)rieben. 
3dj  t)&tte  geroünföt,  bafc  g.  tynen  eine  ttberfefcung  beigegeben  Ijätte, 
ba  nict)t  jeber  Senufcer,  wie  er  unb  id>  (id)  burd)  bie  ©üte  bed 
Dberbibliotljefard  Stfreb  ©djulje  in  Harburg)  in  ber  Sage  i)t, 
fid)  biefe  lejte  beuten  ju  (äffen,  über  feinedmegd  bad  ärd)ib  ju 
Barcelona  allein  $at  ben  £e$t  ber  mefjr  ald  200  Seiten  „Duellen" 
geliefert,  anbered  berbanlen  mir  ber  Sßarifer  SRationalbibliotljef  unb 
bem  SBatifane.  SKandjed  ift  aud)  nur  in  ben  „gorfdjungen"  ber« 
wertet;  fo  beruht  indbefonbere  ber  %tbfct)nttt  „jur  ©efd)id)te  ber 
Iraftatenliteratur  bed  3al>red  1302"  auf  §anbfd)riften  ber  Sßarifer 
3?ationalbibliotf)ef,  bie  und  injtmfdjen  burd)  umfänglichere  ffiteber* 
gäbe  bed  3nt)altd  in  bem  frönen  83ud)e  bon  3tid)arb  Sdjolj  „Sie 
$ublijiftit  jur  Beit  «Jtyilippd  bed  @d)önen  unb  Sonifa^  VIIL" 
(Stuttgart  1903)  nod)  nähergebracht  roorben  finb. 

g.  Ijat  ben  Duellen,  bie  er  und  fdjentt,  eine  9letr)e  bon  Ab* 
Ijanblungen  unter  fieben  $aupt*  unb  einigen  jroanjig  SRebentiteln 
boraudgefdjicft,  unb  er  Ijat  mit  biefen  gorfdpingen  unjmeifetyaft  unfere 
©rfenntnid  überaE  erljeblid)  geförbert.  3d)  greife  einjelned  $erau$. 
2)anfendroert  unb  überjeugenb  fdjeint  mir  ber  SRadjroeid  auf  ben 
erften  Seiten  bed  SBudjd,  bafs  man  bidfjer  bad  «Iter  bed  Sonifaj'  auf 


biete",  aud  feiner  „fcödtft  eigenartigen  unfompatljifdjen  $erfönlid)teit"  et* 
Hart  $at.  3^  bebaure,  baft  <J.  $ier,  in  bem  Sluffafre,  fid)  „auf  bie  rein 
pontiptale  Sätigfeit  be*  $apfted  unb  fein  perfönii$ed  ©lau&endle6en- 
niefct  eingeladen  $at. 


Mittelalter.  291 

Qrunb  brt  Angabe  gerretod  öon  9Jicenja  roeit  fiberfdjäfct  f)at,  inbein 
man  i&n  ald  Wann  bon  fed)dunbad)tjig  Sauren  fterben  liefe,  mäljrenb 
er  nadj  g.d  Annahme  faum  fiebjig  3a$re  üoüenbet  fjat.1)  ©d  liegt 
auf  ber  $attb,  mieüicl  begreiflicher  ber  gefürcfytete  Xgramt  auf  bem 
päpftlidjen  Stu&le,  beffen  jugenblidje  {Rüftigfeit  und  bie  ©eobadjter 
immer  nrieber  fdjtlbern,  für  und  roirb. 

Über  bie  SBa&l  Söleftind  V.  bietet  g.  auf  ®runb  neuen  SKateriald 
(Erörterungen,  meiere  bie  fjerrfdjenbe  Suff  äff  ung  erf  füttern,  oljne 
üöQig  ju  befriebigen.  ©eljr  erfreulich  ift  nad)  ber  $robe  auf  ©.  51 
unb  ben  SRitteilungen  @.  53,  8nm.  2  unb  ©.  CCXXH,  bag  SR. 
Sbralef  eine  neue  Sudgabe  bed  fo  wichtigen  opus  metricum  bed 
Jtorbinal  Jofob  ©tefaneddji  borbereitet. 

liefet  flarbinal  Ijätte  moljl  in  ber  Steige  bon  Sfarbinalporträtd, 
bie  in  bem  Kapitel  mQnx  ®efd)id)te  bed  SJarbinalfollegd  unter 
Sonifa}  VIII."  borgefüljrt  werben,  einen  befonberen  $(afe  berbient. 
3atob  ©tefaneddji  jä^lt  nid)t  einfach  unter  bie  „jugenblic^en  prattifdjen, 
aber  unbebeutenben  Kräfte",  bie  öonifaj  bem  Kollegium  einfügte.  ®er 
©önner  Oiottod  (3R.  ©.  gimmermann,  ©iotto  1899,  @.  386  f.)  unb 
bed  TOarfiliud  bon  «ßabua  (Mälanges  d'archäol.  et  d'hist.  2,  448), 
ber  SJerfaffer  Ijiflorifdjer  unb  antiquarifdjer  Schriften  (opus  metricum, 
ordo  Romanus  XIV),  ber  SRann,  toeldjer  1304  Stanbibat  für  ben 
päpftlidjen  ©tuljl  mar  (ginfe  ©.  LX),  ber  unter  ©lernend  V.  eine 
bebeutfame  Sdjroenfung  ber  päpftlidjen  Jßoliti!  jugunften  eined  lujem* 
buTgifd)*angiobimfd)en93ünbnifJed  anjuba^nen  fud)te(SBencf,  (ElemendV. 
unb  £cinrid)  VII.  ©.  142)  $fitte  Verborgenen  merben  foOen.  Sei 
gelegentlicher  (Ermahnung  (©.  XLVII,  Snm.  2)  möchte  g.  ifyt,  ber 
getpöljnlidj  3a!ob  ©aetani  genannt  mirb,  bod)  mieber  jum  SSerroanbten 


*)  ©ei  ber  Äorreftur  bemerfe  id),  bafj  injmifdjen  $auct  in  feiner 
gehaltvollen  «njeige  oon  g.S  %u$  (<Bötting.  gel.  Hn*.  1904,  9ft.  11,  6p.  857 
bid  869)  bie  Argumentation  g.d  in  ber  «Iterdfrage  nict)t  gebilligt  $at. 
Slber  wenn  er  nun  ©onifaj  „toa^rfdjeinltdjer  am  Anfang  ald  in  ber  SRitte 
ber  breiiger  3a$re  geboren"  fein  lägt»  fo  ift  ber  Untcrfäieb  ni$t  fe$r 
grofc.  $aucfd  ttefpred)ung  unb  bie  metnige  ergangen  fid)  jufäüig  infofem, 
ald  unfere  eingefcnberen  Erörterungen  nic^t  auf  bie  gleichen  fünfte  ge* 
rietet  ftnb.  Qn  bem,  »ad  g.  über  ben  ^rojefe  fagte,  fieftt  fcaud  „ben 
beginn  einer  metbobiföen  Ärittf  ber  bezüglichen  6djriften  unb  ttftenftücfe" 
unb  ift  ber  Weinung,  „ba&  biefe  t>erna<fcläf|tgten  Quellen  ©erüdfidjiigung 
verbienen". 

19* 


292  Siteraturbertty. 

be$  grogen  ©a'tfani  (öonifaj  VIII.)  madjen,  inbem  er  irrtümlich  auf 
iljn,  ftatt  auf  3afob  ©aStani,  ben  SWinoriten,  ben  ©djroefterfofjn  bc§ 
^Japfteö  unb  ffarbinatpriefter  Don  8.  (Elemente,  eine  ©rabfdjrift  ju 
@.  (Elemente  in  9tom  bejiel)t.  3)ie  richtige  Deutung  Ijat  fdjon 
9.  2$oma$  in  ben  M&anges  d'arch6ol.  et  d'hist.  II,  450  gegeben 
unb  bie  Don  g.  Dermigte  ttnterfudjung  ber  angeblichen  83erroanbtfd)aft 
mit  bem  Sßapft  ift  fdjon  1759  Don  ©arampi  (Illustrazione  di  un 
antico  sigillo  della  Garfagnana  p.  82)  geliefert  toorben.  ®er  Aar* 
binal  nannte  fidj  felbft  cognomento  Cajetanus  (Dgl.  äRuratori, 
SS.  rer.  Ital.  III,  2.  614)  ttmfcfdjeinlid}  afö  ©rogneffe  (burd)  feine 
SRutter  <ßerna)  be$  $apfte«  SRilotau«'  III.,  be*  Sodann  ©aütani  au» 
bem  ©efdjledjt  ber  Drftni.  —  ginfe  <§.  107,  «nm.  1  tritt  ein  für  ßar* 
binal  SucaS  Siedelt,  beffen  Don  brei  italienifdjen  Duellen  gemelbeten 
SBerfud),  ben  gefangenen  $apft  au$  ben  $änben  feiner  geinbe  ju  be* 
freien,  §olfemann,  Stogaret  ©.  101,  atö  un^iftorifcf)  befeitigen  raoHte. 
Dfjne  bie  grage  ju  entfdjeiben,  möchte  idj  Ijinroeifen  auf  bie  rüfc 
menbe  (Ermahnung,  bie  Älbertino  2Ruffetto  (Hist.  Aug.  1.  4,  c.  6) 
bem  ftarbinal  jutejl  werben  lögt  inter  Italicos  dilectissimus  eximiae 
auetoritatiö;  bei  feinem  lobe  (1336)  unterlieg  er  eine  beträchtliche 
SBibliotfjef,  beren  Dom  SWarquiS  be  ©abe  (M&noires  de  Petrarque 
I,  65)  ermähnten  Katalog  und  @c)rle  einmal  mitteilen  foKte.  —  SRit 
befonberem  Sntereffe  f Gilbert  §.  (©.  96  f.)  ben  Äarbinat  SKatteo 
SRoffo  begli  Drftni,  ber  in  feljr  langer  Amtsführung  vielfältig  bie 
fieitung  be$  ßollegS  übernommen  ljat.  g.  fjätte  erro&fjnen  tonnen, 
bog  Don  allen  ßarbin&len  allein  SWatteo  SRoffo  feine  3ufüwmun8 
Dermeigerte,  als  burd)  bie  päpftlidje  ©eftätigung  be$  83ertrag8  Don 
SaltabeOotta  im  2Rai  1303  ber  fijiliföe  greifjeitSfampf  enbgültig  ju» 
gunften  ber  Sijilianer  entfdjieben  mürbe  (Nicolaus  Specialis,  historia 
Sicula  L  6,  c.  18,  Muratori,  SS.  rer.  Ital.  10,  1048),  —  ein  Seiten* 
flücf  ju  ber  trojjigen  3urücff)altung,  meldte  SKatteo  aOein  gegenüber 
bem  SBa^tbefret  für  Sternen*  V.  beroafjrte  (ginfe  @.  LXVI).  3n* 
tümlid),  nad)  früherer  annafjme,  lägt  g.  (©.  97)  STOatteo,  ben  Steffen 
SRifolauS*  III.,  im  Äonflaöe  nad)  beffen  Job  mit  3Rigl)anblungen  unb 
©efangenfdjaft  feine  93ern>anbtfd)aft  mit  bem  oerftorbenen  Zapfte 
bügen.  Dag  bie  tumultuarifdje  @r$ebung  ber  SBiterbefen  ERatteo 
Dielmefjr  in  einer  SßriDatfadje,  als  ben  ©ruber  Don  Drfo  Drjiui,  traf, 
ljat  Dor  einigen  gafjren  gebete  ©aDio  ermiefen  in  einer  tntereffanten 
«bbanbiung  über  bie  3Baf)(  SRartinS  IV.,  burd)  meiere  bie  9lad)ri$t 
SBiOonid   Don    einer  perfönlidjen   ©eeinfluffung   be3  ÄontlaDe*  Don 


SRittefolter.  298 

1281  feiten«  »önig  fiartt  L  miberlegt  nrirb. *)  «u*  äRatteo  mar 
ein  Südjerfreunb.  Der  getaufte  3ube  Sodann  Don  (Sapua  überfejjte 
auf  feine,  be*  »arbinalS  SSeranlaffung,  alfo  jroifäen  1263  unb  1305, 
ba*  arabifdje  gabelroerf  ftalilalj  unb  Dimnal)  auft  bem  $ebräifd>cn 
tnd  Sateinifdje  (D.  §artmig,  Die  ÜberfefcungSHteratur  Unteritalien* 
in  ber  normanniföen  ffipodjc,  3«*tralblatt  für  ©ibliotljcfSroefen  III, 
1886,  ®.  189).  SKan  fiefy,  baft  bamatS  fo  menig  jaljlreid}e,  aber 
um  fo  einflußreichere  ftarbinafötoQeg  fdjtofe  eine  güBe  ungeroöbnlidjcr 
©elfter  in  fi$.  —  gur  Cljaratteriftif  be$  ftarbinatpriefter*  Stöbert, 
be$  diiterjtenferd,  ben  tdj  nad)  ben  üon  g.  mitgeteilten  OueOen  (bgl. 
ba*  9iamen$berjcid)ni$  ©.  CCXX)  nidjt,  roie  g.  (@.  103)  atd  «papft» 
treu"  anfefcen  möchte,  mag  bienen,  baft  er  in  einer  $rebtgt  jur  Qtit 
be*  fßapße*  öonifaj  au$gefprod)en  Ijat,  auf  bcnfelben  Stufen,  auf 
benen  bie  JKrdje  im  SBe(t(id)en  emporgestiegen  fei,  »erbe  fic  fjerab* 
fteigen  jur  äufcerften  «rmut  SüüefterS.  Dafür  führte  er  ftarte 
©rfinbe  unb  Oelege  aud  ber  ^eiligen  Schrift  an.2>  Da«  mar  jcben* 
fad*  nid)t  im  Sinne  ®onifa&'  VIIL,  fonbem  üielmefjr  nad)  bem  $erjen 
Säleftint  V.,  be*  ©nfteblerpapfte*,  bem  Robert  bie  (Erhebung  jum 
ftarbinal  berbanfte.  g.*  Sud)  ift  für  bie  fo  mistige  $erfonaljtatiftit 
ber  ftarbinftle  überau*  reid).  dt  möge  biefe  wenigen  (Ergänzungen 
a(*  Danf  für  ba*  üon  tym  ©eleiftete  anfeljen.  SRan  tann  bebauern, 
bog  5.  nidjt  aud)  für  bie  »Sorföungen*  toie  für  bie  „OueOen"  ein 
ÜRamendDerjeidmi*  gegeben  tjat. 

3n  ben  turjen  (Erörterungen  jur  ®ufle  Unam  sanetam  fjatte 
9.  (@.  147)  auf  ©runb  ber  ^rojefcatten  bemerft,  ba|  »onifaj  bie  »ulle, 
bie  er  nad)  Angabe  eine*  faft  gleichzeitigen  $ubli}iften  eigenljfinbig 
nieberfdjrieb,  im  ftonftftorium  Derlefen,  alfo  bort  publizieren  lieg. 
3n  ben  Ergänzungen  am  Schlug  be*  Sanbe*  möchte  er  annehmen, 
bafc  ©onifaj  bie  SBuDe  auf  bem  römifdjen  ffonjil  iljrem  Snljalte  nad) 
vorgetragen  l)abe  unb  jmar  auf  @runb  üon  SRitteilungen,  bie  Abbe 


*)  Fed.  Savio,  l'elesione  di  Martino  IV  e  Carlo  d'Angib.  Istituto 
Sociale  Torino.  Annuario  e  programma  scolastico  per  l'anno  1898. 
Torino  1898  p.  73  es. 

*)  «Iberieu*  be  ffiofdate  föurtft  au«  Bergamo  t  1364)  will,  roa* 
oben  erjagt  wirb,  üon  glaubtoürbigen  £eugen  ge^drt  fjaben.  (Er  fprtdjt 
Don  qaidam  cardinalis  de  ordine  Cistercienstam  homo  maximae  re- 
putatioDis  et  scientiae.  Stöbert  Don  St  $ubentiana  war  $ut  Qtit 
ftanifa*'  Vm.  ber  einzige  3iftcrjien[er  im  Äoflegium.  $er  Zttf  be« 
fübericu*  ift  mitgeteilt  bei  Wefeter,  Äirdjengefc&icftte  II,  2\  214  fcnm.  38. 


294  Siteraturberity. 

SJerlaque  (Jean  XXII,  sa  vie  et  ses  oeuvres,  Paris  1883,  p.  54) 
auf  eine  $anbfdjrift  ber  $arifer  92ational6ibltot^et  ftüfct.  8lber  burd> 
Unterfudjung  ber  betr.  #anbfd)rift,  bie  nichts  bfrg (eichen  enthielt, 
burdj  SRadjfrage  bei  SSerlaque  unb  einige  roeitere  Erörterungen  ift 
bor  3afjren  auf  meine  S3eranlaffung  Don  2Jc.  §eberf  Outadjten  unb 
9teformborfd)läge  für  ba$  SSienner  ©eneralfonjil  1311—12,  fieipjig 
1896,  @.  17  unb  63  f.  feftgefteDt  morben,  bafc  bon  einer  SBenufcung 
ber  SRitteilungen  SJerlaqueS  burdjauS  abgefeljen  werben  muß.  Da 
eine  Stbljanbtung  #•  ©rauertS  über  bie  ©utte  U.  S.  )u  ermarteu  ift, 
üerjid)te  td)  Ijier  barauf,  meine  3uf^mmun9  &jro.  Abweichung  bon 
ben  Darlegungen  g.ö  auSjufüljren. 

SBon  $öd)ftem  igntereffe  ift  für  mid)  unb  mie  für  ben  jpiftorifer 
aud)  für  Ideologen  unb  SWebijiner  ba$  fünfte  Kapitel  „8onifa§  VIIL 
unb  Hrnolb  bon  33inanoba",  @.  191—226,  ju  bem  faft  tytnbert 
©eiten  Duetlenbeilagen  gehören,  tiefer  tljeologifierenbe  fatalanifdfe 
8trjt  ift  eine  überaus  mertomrbige  Sßerfönlidjfeit,  feine  Urteile  über 
öonifaj  bon  größtem  SReij;  ben  gorfdjern  mar  er  ja  burd)  bie 
Unterfudjungen  be$  Spaniers  SWenenbej  Sßelago  unb  anberer  befannt, 
aber  ba$  SKaterial  mar  entfernt  nidjt  erfcfcöpft,  g.  entnimmt  ber 
fdjon  meljrfad)  benufcten  batifanifdjen  #anbfdjrift  bie  fämtlid)en 
elf  mitgeteilten  ©rüde,  bie  mit  SuSnafjme  be$  erften  atte  in  ben 
Sauren  1297—1305  entftanben  finb,  unb  oerfpridjt  »fpäter  mit  §ilfe 
üon  mebijinifdjer  unb  naturroiffenfdjaftlidier  Seite  bon  Ujm  ein  bott* 
ftänbigeS  fiebenSbilb  ju  entwerfen." 

Se^üglic^  be&  f edrften  StapitelS  „ßur  ßritit  ber  ttnttage*  unb 
SerteibigungSf  driften"  bermeife  id)  auf  meine  obenfteljenbe  Äb&anb* 
fang  unb  bringe  nur  jur  ©rgänjung  be$  über  bie  öeljanblung  be* 
gefangenen  (Eöleftin  V.f  ©.  266  f.  ©efagten  bie  intereffante  briefliche 
ßeitung,  batiert  «nagni  28.  3uni  1295,  meiere  Sangloi*  1891  in 
ben  Notices  et  extraite  des  mss.  de  la  bibl.  nat.  t.  34,  1  p.  319  88. 
veröffentlicht,  in  (Erinnerung,  ©ie  enthält  Don  einem  bem  $apfte 
SBonifaj  günftig  gefinnten  SKanne,  ber  ftd)  an  ber  römifdjen  ffurie 
auffielt,  biele  (£in^elr>eiten,  aud)  über  bie  ©efangenfdjaft  (Söleftin*, 
bie  ber  aüerbingS  ftreng  abgefperrte  ttmnberlidje  ^eilige  f  eibfit  auf 
ade  Keife  adfettfc^  berfdjärfte. 

2>en  ©efdjlufe  mad)t  baä  Kapitel  „SBon  Slnagni  nad)  Soignon", 
Dom  Attentat  auf  Sonifaa  VIIL  bis  jur  3Ba!)l  Element  V.  3$ 
Ijebe  ben  glüeflidjen  gunb  ber  Sülle  83enebift$  XI.  Dorn  29.  «prit 
1304  fjerbor,  bie  id)  nad)  einer  inbentarifdjen  Stotij  ©outaric*  gegen 


Mittelalter.  296 

eine  gälfdjungMtopotfjefe  gunfe*  angeführt  Ijatte.  g.  l)at  ftc  in  bem 
befannten  Serie  Preuvee  des  libertäs  de  l'ägliße  Gallicane  ge* 
funben.  3^r  ffiorttaut  betätigt  bie  gro&e  SRadjgiebigfeit  »enebift* 
gegen  ftönig  ?ßf>ilipp  in  allem,  roaS  nidjt  unmittelbar  9nagni  betraf. 
»od)  biet  fdjöner  aber  ift  ber  gunb  eine*  ausführlichen  gleichzeitigen 
Seridjte*  über  bie  $apftmaljl  bon  1305  für  König  3afob  IL  bon 
Siragonien,  ber  g.  in  Barcelona  glüdte.  Diefer  ©friert  ift  nid)t  minber 
unter*  $altfam,  aber  beffer  berbürgt,  a(d  bie  berühmte  SBatynobeDe 
©iflaniS,  bon  ber  bod)  einmal  in  biefem  Sufammen^ang  nad)  ©.  (Erb* 
ntannftbörffer*  fcerrlidjem  9tuffafr  „  $aS  Seitalter  ber  9tobede  in  §tüa&m 
($Teuf}ifdje  Sa^rbüc^er  25  [1870]  @.  287)  ernannt  fei,  bag  fte  gerabeju 
in  eine  Sttobettenfammlung  D  Pecorone  bon  ©er  ©iobanni  giorentino 
(gefdjr.  1378)  übernommen  würbe.  3n  bem  mefentlidjfien  fünfte,  bafc 
eS  ber  franjöftfd)  geftnnten  Partei  beS  Kollegium*  gelang,  bie  ©oni« 
fagianer  }u  fprengen,  inbem  fie  einer  9Ref>rljeit  berfelben  iljren  Shm» 
btbaten  munbgeredjt  machte,  mirb  meine  frühere  Darfteilung  beftätigt. 
*eu  ift  ba*  »efonbere,  baß  »ertranb  be;®ot,  ber  fpätere  fßapft, 
juerft  at£  Stanbibat  genannt  mürbe  bon  $eigfpornen  ber  ©onifajiani« 
fd)en  Partei  —  e8  maren  bie  bret  ffarbinäle,  bie  ftd)  bann  bon  ben 
übrigen  fed)8  Öonifajianern  trennten  — ,  barauf  bie  (Segenpartei  in 
geheimer  ©otfdjaft  fidj  ber  il>r  mofjlgefälligen  (Beftnnung  8ertranb8 
berftd)erte,  meiter  bon  t$r  jene  8onifajianifd>e  SRinber^eit  burd)  ba* 
©efpenft  eine«  Drftnifc^en  gamilienpafte*  gefdpeett  jum  Stammen* 
ge^en  im  Satygang  unb  burd)  einen  weiteten  Jfniff  jur  gemeinfamen 
&ai)l  Sertranb*  bemogen  mürbe.  ©3  Hegt  nalje  anjuneljmen,  bafc 
ba*  Sugenmerf  jener  brei  ©onifajianer  auf  ©ertranb,  ben  Sifdjof 
bon  Sorbeau;,  ber  fie  bann  fo  böttig  enttäufdjte,  aud)  erft  burd)  ein 
Stäntefpiet  gerietet  mürbe.  (E*  mar  fo  leicht,  toie  idj  früher  au** 
führte,  ©ertranb  bc  ©ot  nad)  feinem  Sorteben  ben  Sonifajianem 
in  bem  tynen  ermünfdjten  Sichte  ju  jeigen.' 

©ar  ntc^tö  fagt  ber  ©eridjt  über  bie  Stolle  ber  Golonna*  unb 
be*  franjöfifäen  ftönig*,  ba  er  ftd),  abgefefpn  bon  ber  ©otfdjaft1) 


x)  3>ie  ©orte  pars  Neapuleonis  (Napoleon  Urftnift)  misit  nuncios 
saot  ad  inquirendum  latenter  de  voluntate  et  intencione  istius  pape, 
eeilieet,  utram  faveret  parte m  regia  Francie  et  ad  quam  partem 
eardinalium  declinabat.  Hoc  »cito  plene  .  . .  legen  eS  nafje,  ba&  bie 
Boten  nidjt  an  ©ertranb  felbft,  fonbern  an  Äönig  %WPP  gingen  unb 
bind)  feine  Qermittelung  ©ertranb  au*geforf$t  würbe.     $amit  fommen 


296  SUeraturberidjt. 

jur  ©rforfdjung  ber  ®eftnnung  ®ertranb$,  auf  bie  SJorgänge  im 
fionflatoe  befdjräntt.  SKeljr  at§  man  annimmt,  ftnb  aber  gctmg  bie 
(£olonna$  hinter  ben  Stuliffen  tätig  gemefen.  ©ie  maren  nadj  bem 
Jobe  be8  99onifa$  au*  tyren  @d)lupfn>inteln  ju  ©enebift  XL  ge* 
fommen,  ber  fte  ja  511m  Seit  restituierte.  Sie  S^ronit  öon  Dtfrieto 
(ed.  $immelftern  ©.  37)  fdjiebt  bie  Sänge  ber  ©eMSbalanj  barauf, 
ba$  eine  Üßartei  ber  ffarbtnäle  einen  ^Sapft  mahlen  rooKte,  ber  ben 
beiben  Eolonna8  tyr  ffarbinalat  jurücfgebe,  »äljrenb  bie  anbete  bteä 
nid)t  wollte  —  bie  ©olonnaS  felbft  erjagen  bei  öeft&ftreitigfeiten, 
bie  fie  1309  in  Sfoignon  mit  ben  ®aStani8  führten,  bafc  jur  3ett 
ber  ©ebiSbatanj  in  Perugia  pars  Gaetanis  et  aliis  advereariis 
Columpnensium  adherens  non  solum  erat  potentior,  sed  sicut 
notorium  est  dominabatur  in  totum  (e£  ttrirb  in  bem  nod>  un* 
gebructten  Äftenftücfe  bamit  beroiefen,  bafs  ein  in  Perugia  jur  Seit 
ber  ©ebi$bafan$  jnnfdjen  ben  ®a?tani£  unb  ffarbinal  ?ßeter  Sotonna 
nadj  langer  SSerljanblung  unb  freunbfdjaftlidjer  Sermittetung  ge» 
fd>loffener  laufdjtoertrag  feineStoegS  facta  fuerit  metu  vel  violentia). 
Sei  folgern  Übergeroidjt  ber  ®egenpartei  Ratten  bie  GolonnaS  alle 
Seranlaffung  rührig  ju  fein,  unb  genrig  nid)t  mit  Unrecht  gibt  Dino 
©ompagni  neben  bem  SBunfdje  be8  ftönigS  Don  granfreidj  bie 
industria  de'  Colonnesi  als  ®runb  ber  SBaljl  QertranbS  an  (bgl. 
meine  2lnmerfungen  in  biefer  Seitfc^rift  9b.  65,  339).  9tudj  gerreto 
toon  SStcenja  (Muratori  SS.  rer.  Ital.  IX,  1014  s.)  lägt  «arbinal 
?ßeter  Sotonna  in  SBerljanblungen  mit  Sßljitipp  toon  granfreidj  $ur 
Vorbereitung  einer  iljnen  günftigen  2Baf)t  eine  bebeutfame  Stolle  fpielen. 
$)urd>  feine  Sermittelung  erfolgen  ®elbberfpredjungen  an  bafür 
empfängliche  jfarbinäle.  3d>  gebe  g.  (©.  285)  red)t,  bag  fid)  barüber, 
ob  ber  ftönig  mit  ®elb  nadjjuljelfen  fudjte,  nidjt8  ©teuere*  feftfietten 
lägt,  wenn  e§  aud)  nidjt  unn>af)rfdjeinlid)  ift,  bag  einzelne  ftarbinäle 
ftdj  bie  ©teüung,  meiere  fie  nidjt  um  be8  ®elbe8  mitten  einnahmen, 
burd)  Smpfang  Don  ®elbgefdjenfen  lieb  machen  liegen.  SBir  Ijaben 
eine  «nja^l  ©djriftftüde  über  bie  franjöfifäe  ©efanbtfäaft,  bie  toon 
(Snbe  Januar  1305  bi8  tief  in  ben  Slpril  in  Perugia  »eilte,  aud) 


ttrir  na^e  an  SBtflianiS  Ho&eQe  Ijeratt.  g  nimmt  an,  bag  bie  Partei 
Napoleons  im  ©tnDerftänbniÄ  mit  ben  fran$öftfd)en  ©efanbten  ftd)  infor* 
mierte.  3)a3  ift  möglid),  erfpart  aber  nidjt  bie  grage,  an  tten  jene  Boten 
gefanbt  mürben?  S)cr  ©ewäfjrÄmann  be*  ©ertdjterftatterS  —  g.  benlt  be* 
jonber*  an  SJtotteo  SRoffo  —  roirb  eS  Dtefleidjt  felbft  ntcfct  gewußt  $aben. 


Uttttelalter.  297 

9ted)nung«ab(agen  (bgl.  Sangloi«  in  Revue  histor.  t.  67  (1898) 
p.  75  ß.  unb  3)eli«le  in  Memoires  de  l'acad.  franc,.  des  inscr.  et 
belies  lettr.  t.  33  b  (1889)  p.  57  unb  225),  aber  aud  biefen  ift 
nidjt«  für  unfere  grage  }u  entnehmen,  nur  ba&  bie  ©efanbten  in 
Sefitfragen  gegen  bie  ©agtani«  arbeiteten  unb  fflbft  ben  $eruginero, 
benen  i$re  Umtriebe  aOmttfjlid)  ju  arg  mürben,  befannten,  für  bie 
8efd)leunigung  ber  SBa^l  Wirten  ju  wollen,  toirb  au«gefprod}en. 
Siebtel  aud  ber  Sntoefenlpit  $eter  (Eolonna«  in  Perugia,  bie  ba« 
oben  ermähnte  ungebnufte  Sdjriftftücf  bezeugt,  unb  aud  bem  (angen 
Aufenthalt  ber  namhaften  franjöftfdjen  ©efanbten  ju  fdjlie&en  ift, 
muß  ber  Sermutung  überlaffen  bleiben. 

Sie  überaus  abhängig  bom  franjötffdjen  ftdnig  ber  gemähte 
$apft,  um  beffen  mitten  ber  treue  Anhänger  ©onifaj'  VIII.  $etru* 
$i«panu«  im  Äonttabe  abenteuerliche  Beratungen  auf  bem  Hbort 
(consilia  latrinorum)  gepflogen  fjatte,  fid)  nadjmal«  ertoie«,  ba«  l>at 
g.  jum  @d}Iuf}  mit  SRedjt  betont,  inbem  er  u.  a.  auf  bie  fdjarfe 
S^aratteriftit  be*  $apfte«  in  ber  fcon  iljm  veröffentlichten  Serteibi« 
gung«fdjrift  be«  Öonifaj'  (um  1308  Don  fcgoftino  Zrionfo  berfajjt): 
non  agit  sed  agitur,  nee  est  suus  set  aliorum  (@.  XCVII)  Der* 
weift.  9Rit  Spannung  burfen  mir  meiteren  Veröffentlichungen  g.« 
au«  bem  Hrdjib  ju  Barcelona,  ba«  $ontifitat  fflemen«  V.1)  betreffend 
entgegenfeljen. 

2)urd)  bie  Ijier  gebotenen  (Ergänzungen  Ijabe  idj  nur  ba«  3n* 
tereffe  an  g.«  ®ud)  ju  ftetgern  oerfudjt.  <S«  gebührt  tym  für  bie 
fdjneDe  9tutbarmad)ung  feiner  frönen  gunbe  aufrichtiger  3>anl. 

Starburg.  K.  Wenck. 

9apfttum  unb  fttreftenreform.  ©ier  itapitel  jur  Qefdtfdfte  be«  au*« 
ge^enben  TOttelalter«.  Bon  3.  Roller.  1.  Ob.  Berlin,  »etbmann. 
1903.   XX.  556  6.   12  3R. 

Xer  ${K4t,  aber  ben  3n$alt  biefe«  »udje«  Beriet  ju  erftatten, 
(at  ber  Hutor  ben  Ref.  enthoben  burd)  feinen  Huffafr:  „Der  Urfprung 

•)  Äeine  Bereicherung  ber  Sorfdjung  Bringt  bie  ftb^anbtung  Don 
fBalb.  Otte,  S)er  biftoriftbe  IBert  ber  alten  Biographien  be«  Zapfte* 
Giemen«  V.  (b.  i.  ber  fog.  Vit»  I— VI  bei  Balujiu«,  Vitae  papar.  Ave- 
nionens.  I)  in  „£ird)engeid)id)tHd)e  ttblfanblungen,  &r«g.  Don  SR.  ©bratet", 
Bre«lau  1902,  6.  1—73,  au*  Bre«lauer  fciffertatton.  Wan  fe$e  gleich 
gu  Beginn  ber  Erörterung  (§  2,  <5.  7—8)  bie  »unberbare  Häufung  un» 
ge$euerft$er  TOfaerftänbntffe  ber  Duelle. 


298  Siteraturbertdjt. 

bcr  gallifanifdjen  gre^etten"  in  Sb.  91  biefer  8eitfd)r.,  @.  193—214. 
@r  gibt  Ijier  felbft  ein  genaues  Referat  über  fein  SBerf.  (£§  märe 
aber  ju  bebauern,  wenn  infolgebeffen  mancher,  ber  fonft  ju  bem  SBerte 
gegriffen  bätte,  nunmehr  mit  ber  Settüre  be8  8uffafce3,  eine*  auf  bem 
fiebenten  beulten  §iftoritertage  gehaltenen  Vortrages,  ftd)  begnügte. 
S)enn  um  mit  ber  formellen  Seite  meine  Sfritif  ju  beginnen,  fo  gibt 
e§  mofjl  in  ber  neueften  Ijiftorifdjen  Siteratur  nid>t  t>ict  SBerfe,  bie 
e£  fo  wie  biefeS  Perfteljen,  eine  gütte  neuer  Jatfadjen  in  anjietyenbcr, 
nie  ermtibenber,  lein  SBort  perfdjmenbenber,  aber  immer  bie  mir* 
tenben  Sßerfönlidjleiten  —  foroeit  ba8  auf  biefem  ©ebiet  überhaupt 
mögtid)  ift  —  lebenSPofl  djarafterifterenber  3)arfteHung  ju  bieten. 
3n  bem  erften  Anfang  „Qux  ftritit  ber  Iraftate  Squalores  curiae 
Romanae,  Speculum  aureum,  De  modis  uniendi"  felje  tdj  ein 
äRufter  literarfritifdjer  Unterfudmng,  unb  e£  fteljt  )u  ^offen,  bafs  bie 
gewichtigen  Argumente,  mit  benen  fjier  $)ietridj  p.  9?iel)eim8  Sutor* 
fdjaft  beftritten  wirb,  au$  bei  bereu  Ijartnätfigftem  Verteibiger  burd)« 
plagen  werben.  3>aju  tommt  nun,  ba&  Roller  überaß,  aud)  ba  roo 
er  fdjon  umfaffenbe  Vorarbeiten  ju  berücffidjtigen  tyatte,  burdjau* 
felbftänbige  Sßfabe  manbelt  unb  bie  gorfdjung  auf  Schritt  unb  Iritt 
weiterführt.  @o  erhalten  mir  auf  ben  erften  195  ©eiten  bed  VudjeS 
eine  ©djilberung  bed  päpftlictyen  Iftrdjenregimentg  ber  ÄPignoncfifdjen 
Spodje,  bie  oljne  in  bie  SetaitS  ftd)  $u  Perlieren,  bodj  überall  au* 
ben  erften  Quellen,  ben.päpftlidjen  JRegiftern  felbft,  gefdjöpft  iß  unb 
ftatt  ber  allgemeinen  Xiraben,  au*  benen  bie  @efd)id)tfd}reibung  biefe* 
OegenftanbeS  bisher  nodj  nidjt  IjerauSgefommen  mar,  roirftidje  9n« 
föauung  Permittelt.  $aju  gefeilt  fidj  au8  bem  jmeiten  Seil  ein 
beinahe  100  ©eiten  umfaffenber  9lbfd)nitt  über  bie  engtifdje  »irdje 
berfelben  Qtit,  ber  trofc  ber  Vorarbeiten,  bie  hierfür  fdjon  egifHerten, 
ald  eine  burdjauS  felbftanbige,  Ijödjfte  inftruftiPe  Seiftung  angefe^en 
werben  muß.  Schmieriger  mar  bie  Situation  für  ben  Autor  baf  roo 
er  ba$  ©djiSma,  bie  UnionSberoegung  unb  inSbefonbere  bie  franjöjtfdje 
ftfrdjenpolitit  biefer  Sßeriobe  ju  fctyilbern  Ijatte.  S)er  ftupenbe  Sammler* 
flciß  eine«  ValoiS  tjat  Ijier  ben  Nachfolgern  wenig  meljr  übrig  ge* 
laffen,  benen,  bie  wie  $.  auf  biefem  ©ebiet  bereite  gearbeitet  (jatten, 
ba£  meifte  üorweggenommen.  Mber  fo  gemiffenljaft  ValoiS  au($ 
überall  bie  OueDen  reben  lägt  unb  felbft  bie  entlegenfite  Siteratur 
jitiert:  bem,  ber  auf  ben  ©runb  bcr  S)inge  feljen  möchte,  tann  fein 
PoluminöfcS  SBerf  ntdjt  genügen.  @anj  abgefe^en  baPon,  ba§  biefer 
fonft  fo  befonnene  gorfdjer  ba,  wo  e£  fid)  itjm  um  ein  $refüge 


i 


Mittelalter.  299 

feine*  BaterlanbeS  ober  um  baS  Dogma  öom  püpftlidjen  Primat  ju 
banbetn  fdjeint,  ftd)  nic^t  ju  einem  unbefangenen  Urteil  auf jufdjmingen 
»ermag,  fo  Ijat  er  eS  bocfj  aud)  nidjt  öermodjt,  bie  trcibenben  gat* 
toren  überall  aufjubetfen  unb  ben  gaben  bcr  (Sntroidlung  tlar  au* 
bem  erbrüdenben  Detail  IjerauSjuljeben.  #.S  ctma  175  Seiten  um« 
faffenbe  Darfteilung  ber  franjöftfdjen  UnionS*  unb  Äeformberoegung 
Hon  1379—1407  bilbet  eine  roißtommene  (Ergänjung  ju  ben  erften 
bret  Sänben  bon  SaloiS.  Sticht  nur  ba|  er  biefen  an  Dielen,  jum 
Zeil  redjt  mistigen  fünften  —  id)  öerroeife  nur  auf  bie  Äbftimmung 
ber  Wationalfonobe  üon  1398  (Snf).  III)  —  berichtigt,  fonbern  er 
bat  eS  aud)  toerftanben,  bie  leitenben  $erföntid)teiten  in  tfjrer  ©igen* 
art  }u  djaratterifteren,  bie  treibenben  SRotioe  aufjubeden  unb  in 
fd)arfen  Umriffen  ein  anfdjaulid>eS,  feffelnbed  ©üb  bcr  gangen  ©e* 
roegung  ju  entwerfen.  —  $ier,  nio  mein  Arbeitsgebiet  t)on  #.  be* 
rü&rt  roirb,  möge  junädjft  meine  ftritit  einfefcen.  Durdj  bie  erfte 
flüchtige  Seftüre  üon  #.S  ©ud)  angeregt,  veröffentlichte  id)  auS  einer 
geplanten  umfaffenben  Darftettung  ber  franjöftfdjeit  ftirdienpotittt 
btefer  Seit  einen  Hbfdjnttt,  ber  nur  bie  3afpe  1378—1394  be* 
fanbelt  (ögl.  ßeitfdjr.  f.  ftirdjengefd).  XXV,  1).  Da  fidj,  toie  id> 
rrft  nachträglich  ju  bemerten  ©elegenljeit  batte,  in  biefem  Hrtifel 
mancherlei  Snflfinge  an  #.S  SBerf  finben,  fo  fei  eS  mir  geftattet, 
Ijter  feftjufilcflen,  ba&,  einige  ftiliftifdje  Änberungen  abgerechnet, 
meine  HuSfü&rungen  SBort  für  »ort  bereite  im  Sinter  1897/98 
abgefaßt  roorben  finb.  SS  fam  mir  bei  btefer  Seröffenttidjung 
barauf  an,  für  einen  Deinen  ßeitraum  ju  jeigen,  roeldje  SRan« 
nigfalttgteit  t>on  SRotiüen  unb  politifdjen  Kombinationen  in  bie 
ttnionSbemegung  l>tneingefptelt  (jaben,  wie  aber  fdjon  in  ben  8n» 
fangen  ber  Antagonismus  ©urgunbS  unb  Orleans  bor  allem  anbern 
beutlid)  ftd)  fühlbar  madjt.  Dag  nun  biefer  Sattor  bann  oon  3abr 
)u  3a(jr  an  8Bid)tigteit  jugenommen  f>at,  bis  ftd)  fdjliefclic^  nad)  tym 
baS  ganje  öffentliche  Seben  gfrantreidjS  orientierte  unb  eS  fojufagen 
nur  nodj  HrmagnacS  unb  ©ourgignonS  gab,  baS  ift  bem  Senner 
ber  politifdjen  ©efdjidjte  grantreidj*  nichts  9teueS.  8für  bie  »irdjen» 
gefd)id)te  ber  ßett  iß  bem  nodj  immer  nidjt  genügenb  Segnung 
getragen  roorben.  Sudj  in  SatoiS'  umfangreichem  SBert  geljt  —  mit 
wenig  Ausnahmen  —  bie  ftttibe  3«tftanj  einer  franjöftfcften  ftegie* 
rung  toie  eine  tonftante  ®röfce  burdj  alle  Sß&afen  ber  UnionSberoe» 
gung  fyinburd),  oljne  bafs  feftgefteüt  mürbe,  roer  benn  jebeSma!  btefe 
^Regierung  tnfpiriert,  bte  burgunbifdje  $olitit  ober  bie  beS  jungen. 


300  ßttcratutberid)t. 

mit  ben  meiteft  auSfdjauenben  planen  erfüllten  ©erjog*  Don  Orleans. 
@o  fann  bann  aflerbing*  bie  gragefteHung  entfielen,  mer  bie  Union** 
bemegung  gemalt  ljabe,  bie  {Regierung  ober  bie  Uniberfität.  @ie  mirb 
audj  bon  §.  at$eptiert  (®.  316  ff.),  unb  baran  jeigt  ftd)  am  beut« 
Haften,  bog  feine  SarfteHung  an  bemfe!6en  geiler  (eibet.  Diefe 
gragefteflung  borauSgefefct,  Ijat  er  gemiß  red)t,  menn  er  in  fdjarfem 
SBiberfprudj  gegen  Salott  ber  Untoerfttät  ben  maßgebenben  (Einfluß 
auf  bie  UnionSbemegung  juerfennt.  Hber  mte  märe  e*  ber  Unioer« 
fttät  möglich  gemefen,  mit  iljren  SBünfctyen  (Einfluß  auf  bie  Sßoliti! 
be8  ßanbe*  ju  erlangen,  $ätte  ftd?  ifjr  nid)t  in  ber  burgunbifdpn 
SRadjt  ein  natürlicher  SBunbeSgenoffe  bargeboten?  —  $ie  Dbebienj* 
entjie&ung  bon  1398  unb  bie  9fcutralität$erflärung  bon  1408  ftnb 
jmei  Stappen  in  ber  ®efd)id)te  jener  3Rad)t,  unb  ba£  ftonjil  bon 
ißifa  märe  nidjt  juftonbegefommen,  Ijätte  nidjt  borljer  ein  mit  bur* 
gunbifdjem  ®elb  gebungener  SKörber  ben  #erjog  bon  Orleans  au* 
bem  SBege  geräumt.  5)ie*  auSjufpredjcn,  bürfte  feine  nod)  fo  fum* 
marifd>e  SarfteQung  ber  franjöfifdjen  Unionäbemegung  untertafJen. 
Slud)  bie  Uniberfität  ift  leine  fonftante  ©röße  gemefen;  mer  il>re 
StoQe  in  ber  Union*bemegung  mirflid)  beftimmen  rniH,  ber  muß  auf 
itjre  ßufammenfefrung  beftänbig  ben  ©lief  rieten  unb  bon  ber  £anbfe 
mannhaft  iljrer  §ü$rer  unb  ftebner  9totij  nehmen.  S)ann  aber 
mirb  ftd)  tym  bie  #9potl)efe,  baß  aud)  bie  innere  (Befdjidjte  ber 
Uniberfität  in  biefer  Seit  ber  große  politiföe  Stift  be*  Sanbe*  burd>« 
)tef)t,  gerabeju  aufbrängen.  %ud)  #.  fagt  (@.  322),  baß  iljre  8er* 
treter  „burdj  unb  burd)  Sßolitifer"  gemefen  feien.  Über  er  fdjeint  Ijier 
unter  Sßolitit  nur  bie  Sßolitif  bed  örotforb*  ju  berfteljen.  ©idjerlid) 
tyaben  materielle  3ntereffen  bei  biefen  (Belehrten  eine  große  Stolle 
gefpielt;  aber  e*  f)at  bodj  audj  Sfonflifte  gegeben,  unb  bie  $olitit 
be$  Srottorb*  beefte  fid)  nidjt  immer  mit  ber  $oIitif  ber  gerabe 
Jjerrfdjenben  $ofpartei  ober  mit  bem  firdjlidjen  Programm,  für  ba* 
man  ftc^  engagiert  $atte.  ©$  mar  mol)l  nidjt  fetyr  getieft,  menn 
id)  ben  erften  Äbfd>nitt  meiner  SSonftanjer  @tubien  um  bie  $erfon 
©erfon*  gruppiert  Ijabe;  aber  gerabe  an  if)m  tritt  ein  foldjer  Ron* 
flilt  beutlidj  jutage,  unb  e$  geljt  nid&t  an,  ifjn  fo  au£  bem  (Sang  ber 
franjöfifdjen  ftirdjenpoliti!  eliminieren  gu  mollen,  mie  bie*  $.  bor* 
juljaben  fdjetnt  (bgl.  ©.  323  unb  ©.  13 1).    Senn  er  ift  ein  Stypu* 


l)  3>ie  öemerfung  $.*  @.  18,  Hnm.  1,  baß  irfj  öerfon  sunt  frü^m 
ber  franaöfifdjeji  Station  in  itonftan}  gemalt  $abe,  beruht  00$  auf  einem 


^Mittelalter.  301 

für  eine  gange  ©ruppe  bon  franjöfifcljen  Patrioten,  für  bie  ©ruppe, 
bie  in  ber  S^ronif  be*  SWöndje*  bon  (Saint  3)enl)$  ein  monumen- 
tum  aere  perennius  beftfot.  3)er  Übergang  biefer  ©ruppe  au*  bem 
burgunbifdjen  Sager  in  baS  orleaniftiföe,  ber  um  1413  fid)  Donogen 
fcat,  ift  forool>l  für  bie  franjöftfc^e  ®efd)idjte,  aß  für  bie  be*  ffonjil* 
}u  ftonftanj  öon  einfd)netbeuber  ©ebeutung.  —  3nbeffen  bon  ber 
eigentlichen  Xenbcnj  be*  $.fdjen  SBerte*  liegen  biefe  Hu£fteOungen 
jiemlidj  weit  ab.  (Er  Ijat  bem  Äbfdjnitt,  meldjer  bie  franjöftfdje 
Union*beroegung  barftettt,  bie  Überfdjrift  gegeben  „Der  Urfprung  ber 
gaOitanifdjen  greiljeiten".  Um  biefe  allein  breljt  fld)  ba*  ganje  ffierf, 
unb  fo  befielt  jmifdjen  ber  Anlage  btefe*  Sanbe*,  feinen  Hu*fül>* 
rungen  unb  bem  ©efamttitel  be*  Serie*  „?ßapfttum  unb  Stirnen« 
reform M  eine  Di*f)armonie,  bte  bielleidjt  fjätte  »einrieben  »erben 
tonnen.  SBer  bie  gattitaniföen  gretyeiten  allein  unterfudjen  toottte, 
ber  tonnte  jene  eingefyenbe  Säuberung  be*  päpftlidjen  Äirdjenregi* 
mente*  fidj  erfparen,  ber  beburfte  au$  nidjt  ber  au*gebel>nten  Dar* 
ftettung  ber  Union*ben>egung,  in  ber  ja,  wie  ber  8f.  fel)r  richtig  bemerft, 
biefe*  Sieformprogramm  al*  ein  frembe*  (Element  faft  unvermittelt 
auftaucht.  Sie  SReformbeftrebungen  §aben  eben  mel>r  ober  roeniger 
latent  fdjon  vorder  ejiftiert  unb  ftnb  bann  mit  ber  Union*beroegung 
jufammengefloffen.  SBer  aber  barauf  ausging,  bte  roidjtigften  lirdjens 
gef d)id)tlid)en  Sattoren  biefe*  geitraume*  in  ifjrer  Sebeutung  für  fid) 
unb  in  ifjrer  SBtrfung  aufeinanber  barjufteHen,  ber  mujjte  e*  Der« 
meibenf  biefe  ©efdjidjtfdjreibung  auf  ben  ©emei*  einer  einzigen  Z^efe 
Ijin  anjulegen.  $iefe  X^efe  lautet:  S)te  gafltfanifd)en  gretljetten, 
meiere  fid)  beden  mit  bem  allgemeinen  JReformprogramm,  ftnb  nidjt 
ber  (Erinnerung  an  altfirdjltdje  #uftänbe,  vermittelt  burdj  irgenb 
meiere  literarifdjen  Duellen,  fonbem  unmittelbar  bem  (ebenbigen  JBor* 
bilb  ber  engltfcfcen  ffirdje  be*  14.  gafjrljunbert*  entlehnt.  3)a*  93er* 
bienft,  )um  erftenmal  für  ba*  Serftänbni*  ber  fog.  gaDttanifcljen 
Steilheiten  auf  ben  JBorgang  ber  engliföen  ÄHrdjenpolitit  be*  14. 3a^r«= 
(junbert*  unb  jugleidj  auf  bie  ©pmptome  einer  SBirtung  biefe*  ©ei» 
fpiel*  bei  ben  franjöfifdjen  ftirdjenpolittfern  (©.  373  f.)  Ijingeroiefen  ju 
tjaben,  ljat  $.  unter  allen  Umftönben.  3n  jener  fßointterung  aber  ljalte 


TOfcberftÄnbni*.     Beitfc^r.  f.  Äircftengefa).  XXII,  62    fage  id)  nur:   „ber 
ftA  re$t  eigentlich  jum  Anwalt  ber  nationalen  ©ad)e  am  Äon$il  aufge* 
»orfen  batte."   $ic  nationale  Sadje  JranfreidjS  unb  bie  franjöftfcfee  Äon 
}il*nation  ftnb  aber,  wie  aud)  §.  ttelfi,  $wei  feljr  berfeftiebene  Sttnge. 


302  ßiteraturberidjt. 

idj  bie  Ifjefc  für  fatjdj.  SBortauflänge  in  englifdjen  unb  franjöftfdjen 
©efejjen  bemeifen  m.  ©.  feljr  menig.  3)a3  Mittelalter  gebietet  nidjt 
über  bie  9Jtannigfaltigteit  ber  SuSbrudföformen  unb  Änfdjauungen, 
bie  un3  gemöfjnlid)  ift.  SSon  Übereinftimmung  in  ©ebanfen  unb 
SBerfen  fofort  auf  Äbijängigfeit  ju  fliegen,  ba8  ift,  mie  $.  felbft 
an  einem  anberen  SBeifpiel  (Snlj.  I)  gezeigt  Ijat,  übereilt.  2Ber  fidj 
auf  bie  ©ud)e  begäbe,  ber  mürbe  t>iefleid)t  audj  für  bie  englifdjen 
©efefce  be8  14.  3af)tfjunbert§  nodj  Sorbilber  au3  einer  früheren  3"* 
«ntbetfen.  Aber  bie  granjofen  fallen  fo  blinb  in  iljrer  SRadjaljmung 
geroefen  fein,  bog  fte  aud)  foldje  ©djlagmorte  ber  ©nglänber  mieber* 
polten,  bie  auf  iljre  Serljältniffe  nid)t  paßten,  nämlidj  bie  Klage,  bafs 
burdj  bie  päpftlidjen  Steuern  ba£  ©elb  auger  SanbeS  getragen  merbe 
unb  fdjliefjlidj  bem  £anbe$feinb  nod)  jugute  fomme.  $)a8  paffe  n>of)l 
auf  gnglanb,  aber  nid)t  auf  granfreid)  unb  ben  iljra  angeglteberten 
päpftlidjen  Staat  in  Slbignon.  Aber  gerabe  bie  SRefibenj  ber  $äpfte 
in  Sfoignon  mirb  Don  ben  granjofen  öerantmortlid)  gemalt  für  bie 
ungeheuren  Saften,  bie  fte  &u  tragen  Ijaben.  SBeldje  Summen  Ijat 
granfreidi  allein  aufbringen  muffen  für  bie  auswärtigen  Unternefc 
mungen  SlemenS'  VII.!  SBieüiel  «uSlänber  mußte  bie  franiöfifdje 
Sirene  unterhalten  nad)  bem  91u§brud)  be§  SdjiSmaS,  unb  mie  mürbe 
unauögefefrt  t>on  3toignon  au3  gerabe  in  ©nglanb  mit  allen  SRitteln 
gemorben!  2)a  foHte  jene  fflage  nidjt  ganj  unabhängig  entftanben 
fein?  —  5)aß  man  aber  bie  engüfdjen  ©taatSgefefre  in  granfreidj 
fo  genau  getannt  ljaben  foll,  um  ifjnen  birett  ©d>lagmorte  unb  SKottoe 
$u  entlegnen,  erfdjeint  um  fo  unmaljrfdjeinlidjer,  atö  biefe  ©efejje,  mie 
$.  felbft  $ur  ®enüge  fjerborljebt,  meljr  auf  bem  Sßapier  fteljen  geblieben 
ftnb,  atö  fidj  in  bie  ?ßrajid  umgefefrt  ljaben.  ©etannt  Ijat  mon 
in  Sranfreic^  gemiß  ben  tatfädjlidjen  #uftanb  bw  engüfdjen  JSirdje, 
bie  ©tärfung,  bie  Ijier  bem  Königtum  bei  Vertretung  nationaler 
Sntereffen  au«  bem  Parlament  sufloß,  unb  bie  Sluffaffung,  meiere 
man  ljier  feit  alters  Don  bem  firdjüdjen  ®ut  tyatte;  unb  biefe  ßennt* 
ni3  mirb  fidj  geltenb  gemalt  ^jaben,  als  man  in  gfronfreic^  burdj 
ba£  ©djiäma  auf  benfelben  SBeg  gebrängt  mürbe,  ben  ffinglanb  fdjon 
vorausgegangen  mar.  Sber  bie,  meldje  jene  engüfdjen  ©efefce  ge* 
madjt  f>abcn,  merben  babei  efjer  Slnfdjauungen  unb  9u£brudföformen 
oermertet  ljaben,  bie  fie  an  ber  gemeinfamen  SilbungSftätte  ber  abenb* 
iänbifdjen  Nationen,  in  $ari$,  gemonnen  Ratten,  atö  baß  fidj  bie  fran« 
iöfifdjen  ©efejjgeber  nad)  engüfdjen  Vorlagen  umgefe^en  Ratten. 
Unb  wenn  mir  nun  bie  beiben  ©efefcgebungen  auf  iljren  pofttfoen 


TOttetaiter.  303 

©efjalt  Dergleichen,  toenn  mir  }u  ben  beiben  fraujöftfc^en  Orbon* 
naiven  öom  18.  gebruar  1407,  roa§  #.  merfroürbigermeife  unter* 
laffen  Ijat,  ba8  $auptftücf  be$  ©aüifaniämuö ,  jene  Avißamenta 
super  modo  regiminis  Ecclesiae  Gallicanae  Dom  Oftober  1408, 
fteüen,  fo  fällt  ein  qualitativer  Unterfdjieb  fofort  auf:  3n  Snglanb 
ljanbelt  e$  fid)  lebiglid)  um  eine  rein  ftaüiltc^e  protyibitibe  ©efefr* 
gebung,  in  granfreid)  ift  bie  §auptfad)e  ein  organifatorifdjeS  ©efefr, 
—  eine  SJerfaffung,  bie  jroar  junftdjft  nur  für  bie  Qtit  bis  5ur  $er* 
ftedung  ber  (Einheit  ber  ßirdje  erlaben  ift,  bon  ber  man  aber  er« 
»artet,  baß  fie  im  roefcntlidjen  aud)  unter  einem  pdpftlidjen  $rimat 
fid)  erhalten  lägt,  unb  biefe  ©efefce  (aud>  bie  Drbonnanjen)  berbanfen 
tyre  (Entfteljung  bem  ßufammenroirfen  rein  fird>lidjer  Organe.  „SBaS 
üon  feiten  be$  Staates  tynjutrat,  mar  nur  ber  Äft  ber  lanbe8()errlid)en 
Sanftion  unb  Sßublifation"  ($übier,  ffonftanjer  Deformation  ©.  282). 
3ene  SJerfaffung  fteüt  re$t  eigentlich  bie  gallifanifdjen  gretyeiten  bar, 
gerabe  fie  aber  erbölt  aud  ben  cnglifdjen  8Serf>ältniffen  gar  feine  (St* 
Harung.  Denn  aud)  ifjre  lenbenj  ift  ber  ber  englifdjen  ©efefce  ganj 
entgegengefefet.  gn  biefen  wirb  immer  in  lefrter  Sinie  auf  bie  fönig* 
lid)e  (Entfärbung  refurricrt,  unb  fie  finb  benmßterma&en  auf  eine 
©tärfung  ber  töniglidjen  ©eroalt  angelegt.  Sie  franjöfifd>e  93er* 
faffung  Ijat  e$  üngftlid)  bermieben,  irgenbmo  bie  föniglidje  ©eroalt 
einzuführen,  iljrer  (Entfte^ung  unb  iljrem  SBortlaut  nad)  ift  fie  biel* 
meljr  auf  eine  (Emanjipation  bon  ber  roeltlidjen  3Wad)t  gerietet. 
3)a&  ber  (Erfolg  gerabe  in  ba8  ©egenteil  umfdjlug,  beroeift  nid>t8 
gegen  biefe  tyre  urfprünglidje,  aud  ber  3eit  ifjrer  (Enifteljung  Ijerau* 
»erftänblidje  lenbenj.  —  SBer  bie  „gallitamfdjen  gretfjeiten*  erflären 
»in,  ber  müfete  bod)  mel}r,  ald  bied  §.  getan  Ijat  unb  im  Stammen 
feine«  SBetfeS  tun  fonnte,  auf  bie  ganje  bamalige  9teform(iteratur 
unb  tyre  Sorläufer,  bor  allem  aud)  auf  bie  fird)enred>tlidjen  ©Triften 
ber  geh  eingeben,  ©erabe  in  biefen  festeren  bürften  fid)  vielleicht 
noc$  bie  fefjlenben  Sinien  entbeden  laffen,  bie  nun  plöfelid)  mit  benen 
ber  tirdjenpotitifdjen  ©Triften  jnfammenfließen  unb  ba£  Sbcalbilb 
einer  freien  ßanbeSfirdje  ofjne  Sßapft,  aber  aud)  oljne  einen  lanbed* 
^errli^en  ©ummepiftopat  Ijerborjaubem.  Der  Übergang  ber  Sßarifer 
Defretiften  in  bad  Sager  ber  rabifalen  Unioniften  unb  Deformer, 
auf  ben  id>  ßeitfdjr.  f.  Stnrdjengefd).  XXV,  88  aufmerffam  gemalt 
l)abe,  ift  tnefleidjt  bie  Vorbereitung  fcierju  geroefen.  —  Son  too  aber 
aud)  eine  foldje  Unterfudjung  auSgelje,  ber  $inroei$  $.8  auf  bad 
cnglifd)e  Sorbilb  roirb  für  immer  »ertöofl  bleiben,  unb  fein  9ud) 


304  Siteraturbertcftt. 

behält,  aud)  menn  bie  $l)efe,  bie  ju  bemeifen  ed  angelegt  ift,  fid)  a(6 
meljr  ober  meniger  falfd>  fjerauSftellt,  feinen  SBert  als  bte  jurjeit 
befte  unb  juüerl&ffigfte  @d)Hberung  ber  firdjlidjen  {Reform  be*  au** 
ge^enben  «Mittelalters. 

$aOe.  B.  Be88. 

$apft  Smtocen*  XL  (©enebtft  DbeScaldjt)  unb  Ungarn«  Befreiung 
Don  ber  Xürfenljerrfcöaft.  95on  Xötüjeint  grafndu  «u*  bem  Ungari 
fdjen  überfe&t  Don  $eter  3efel.  SrreiBurg  i.  8.,  ©erberföe  »erlagS&anblirog. 
1902.    VH  u.  288  @. 

S)er  Xitel  beS  93ud)e3  ermecft  eine  falfctye  SJorftettung  bon  feinem 
Snljalt,  benn  e$  befestigt  ft$  meniger  mit  ben  emftgen  SBemütjungen 
Snnocenj'  XL,  Ungarn  bom  3fodj  ber  Surfen  ju  befreien,  al£  biel* 
mefjr  mit  ber  auf  ein  gleiches  ßiel  gerichteten  lättgfeit  beS  papfl* 
liefen  SJertreterS  am  ftaiferfjofe,  granceSco  öuonbift.  IBuonbifiS 
Sendete  ftnb  e8  aud)  faft  auSfdjliefclidj,  au$  benen  ber  3Sf.  feine 
Kenntnis  fdjöpft.  gfrofnöi,  Jitularbifdjof  unb  ©eneralinfpeftor  ber 
Sibliotyefen  unb  2Rufeen  in  Ungarn,  ein  um  bie  ungarifdje  ®e» 
fd)idjt$forfdjung  feljr  berbienter  ®ele$rterr  Ijat  1886  jur  (Erinnerung 
an  bie  jmeilmnbertjä^rige  Jubelfeier  ber  ^Befreiung  OfenS  au$  türfi* 
fdjer  $errfd>aft  bie  öeric&fe  be$  SRunüuS  bom  galjre  1686  ber« 
öffentlich1)  unb  bie  ftorrefponbenj  ©uonbiftS  mityrenb  ber  übrigen 
3a$re  be8  SßontififatS  Snnocenj'  XI.;  fomeit  fte  auf  ben  Xürtenfrieg 
©ejug  nimmt,  in  einer  ^Monographie  berroertet,  bie  in  ungarifdjer 
©prad)e  erfdjien.  $iefe  ©djrift  ift  eS,  bie  jefct  $.  ftetet  in*  ©eutfdje 
übertragen  Ijat,  ntdjt  gerabe  fef>r  getieft,  mie  mir  fcinjufügen  muffen. 
Stuf  bte  feitbem  erfdjienene  ßiteratur  mirb  in  ben  Knmerfungen  ge* 
legentlidj  berroiefen,  bon  einer  Verarbeitung  im  lejt  ift  aber  nichts 
ju  fpüren. 

$em3f.  ift  eS  ergangen,  mie  e3  ben  meiften  )u  ergeben  pflegt, 
bie  mit  einfeitigem  SKaterial  ein  Ifjema  aQgemeineren  3nl)alt8  be* 
fjanbeln;  fein  ©lief  Ijaftet  an  ber  Duelle  unb  erfjebt  ftdj  nidjt  über 
fte.  S-  berfügt  aud)  nid^t  über  eine  genügenbe  Kenntnis  ber  ®c* 
fdjidjte  jener  $eit  unb  jeigt  femer  geringes  SSerftänbni*  für  bie 
politifdjen  Vorgänge.  2)atjer  üerfennt  er  ben  Sfjaratter  ber  euro* 
päifdjen  Sßolitif  unb  befonberS  bie  Stellung,  bte  Submig  XIV.  jur 


*)  Monumenta  Vaticana  Historiam   regni  Hungariae  illußtrantia. 
IL  Serie,  2.  JBb. 


17.  go^unbert.  305 

türfifdjen  grage  einnahm.  SRef.  brauet  ba*  ljier  md)t  toeiter 
auäjufüljren,  fonbern  batf  roofjl  auf  feine  eigene,  g.  unbelannt  ge* 
bliebene  @djrift  aber  fßapft  Snnocenj  XI.  berroeifen,  bie  gerabe  biefe 
Singe  eingcfjenb  erörtert.  Irojj  biefer  Mängel,  bie  mit  JRücffidjt 
auf  bie  beigegebene  reflameljafte  Hnpreifung  Ijerborgetyoben  »erben 
mußten,  bejifct  g.8  Sud)  bod)  ^oljen  SBert  burd)  bie  Mitteilungen 
au*  ben  Sendeten  eines  fo  begabten  unb  rüfjrigen  firdjlidjen  SBütben* 
trägerS  unb  Diplomaten,  roie  ©uonbifi  e$  mar.  3)er  bem  9luntiu£ 
erteilte  Auftrag,  ben  SBiener  §of  )u  energischer  Kriegführung  gegen 
bte  Ungläubigen  anhalten  unb  bie  jaljtreidjen  $emmniffe,  bie  fidj 
bem  ^eiligen  Unternehmen  entgegenftettten,  au£  bem  SBege  }u  räumen, 
nötigte  Suonbift,  ftd)  in  bie  oerfdtfebenartigften  fragen  ber  euro* 
päifd)en  5ßolitif  einjumifdjen;  bie  angefeljene  Stellung,  bie  er  jtdj 
am  Jtaiferljof  ju  erringen  rou&te,  gemattete  iljm,  balb  I)ier,  balb  bort 
mit  {Rat  unb  lat  einzugreifen.  2>aburd)  (ja  ben  feine  Senate  eine 
größere  ©ebeutung  geroonnen,  att.  man  junädjft  anjuneljmen  geneigt 
ift.  @o  bringen  fte  jum  Xeil  mistige  Sttotijen  über  bie  öfterreidjifd)* 
polntfdjen  Sejieljungen  unb  bie  fßoütit  ©obieSfifc,  bon  ber  mir  bi* 
jefrt  nur  redjt  wenig  roiffen.  Sin  oft  berührte*  21jema  bilbet  bie 
Sragc,  ob  ber  SPaifer  im  3ntereffe  be$  lürfcnfriege*  bie  proteftanti* 
fdjen  Ungarn  burd)  Ronjefftonen  auf  firdjlidjem  ©ebiet  beruhigen 
unb  geminnen  bürfe.  ©uonbift  empfahl  in  SRom  Sttadjgiebigfeit  in 
biefem  fünfte,  unb  ber  $apft  ging  auf  feine  Wünfdje  ein,  inbem  er 
iljn  annrieft,  jtoar  gegen  bie  3ud^nbniffe  ju  proteftieren,  aber  fo, 
baft  ber  (Einfprudj  meber  bie  Ungarn  nod)  ben  $of  erbittere  unb 
(eine  Verwirrung  ftifte,  mit  anberen  Sorten:  bie  ßurie  proteftierte 
gegen  bie  Äbftdjten  ber  faiferlidjen  Regierung,  nid>t  um  fie  junidjte 
)u  madjen,  fonbern  nur  um  iljren  prinzipiellen  ©tanbpunft  ju  magren. 
Ireffenb  djarafterifiert  bie  Haltung  ber  Äurie  ein  ©a&  in  einer  3n« 
ftruftion  be*  ©taat*felretär3  Sjbo:  ffS)ie  ebangelifdjen  Sttrdjen  finb 
9e$erfird)en,  bie  man  manchmal,  in  ber  Notlage,  bulbet."  2113  @e= 
jamtfumme  ber  au«  ber  päpftlidjen  @d)afcfammer  bem  SRuntiuä  für 
ben  Xürfenfrieg  überroiefenen  (Selber  nennt  5-  nad)  Meinungen  im 
baiifanifdjen  9lrd)to  1545000  ©ulben;  tef)  l)abe  in  meiner  $ublitation: 
3ur  £orgefd)idjte  bc*  Ortean8fd)en  8riege*  ©.  17  ttnm.  1  fünf 
Millionen  angegeben  unb  füf)(e  midj  baber  ocranlagt,  f)inju$ufügen, 
ba|  biefe  SRotij  au8  ber  nad)  ben  Ijinterlajfenen  papieren  Suonirift* 
gearbeiteten  ©iograpljie  bon  Irenta  ftammt. 

M.  Immich  f. 

ftiftprifäc  Äritfcfttift  (»b  W)  K.  fc.  ©b.  LVIII.  20 


306  ßtteraturberidjt. 

©efdnäte  beft  Stycingaue*.  3on  $aul  fflidfrter.  ©.-«.  au*  tan 
SBert:  „$er  «Jtyeingaufret*.  (Sine  befäreibenbe,  flattftifc^e  unb  geföiftlfyc 
$arftellung."  MübeS&eim  o.  8fy,  ©eibftberiag  beft  Äret»au*fäuffeS  be* 
ttf>clngaufrelfcS.    1903.    VIII  u.  259  <5. 

(£in  funbiger  Strdjitoar  fü^rt  und  Ijter  bte  @efd)id)te  be$  K&ein* 
gaueS  bor  Don  ben  $erioben  ber  Gelten  unb  Körner  bte  gu  Sidmarctt 
3eit  3)er  fcarftettung  ift  ber  roeitefte  'Stammen  gegeben:  bte  äußere 
©eftf)id)te  roie  bte  innere  SSerfaffung,  $anbel,  (Seroerbe  unb  Sanbtoirt* 
fd)aft  rote  bte  firdjKdjen  SSerljültniffe,  ffunft  unb  Literatur  roerben 
berüdffidjtigt.  @S  berfteljt  ftdj  t)on  felbft,  ba&  ber  ©efätdjte  ber 
SBeinfultur  befonberS  eingeljenbe  8ufmerffamMt  gerotbmet  roirb. 
9Iber  aud)  über  ben  SBeinljanbet,  bte  SBejiefjungen,  bte  ber  Styeingau 
in  biefer  #infid)t  fdjon  früf)  ju  ÄÖln  anfnüpfte,  unterrichtet  und  ber 
SBf.  $a8  SBudj  ift  in  gefälliger,  für  einen  weiteren  ÄretS  beftitmnter 
Spraye  getrieben.  $)er  gac^mann  roirb  bebauern,  bog  9iid}ter  burt^ 
feinen  populären  groecf  berljinbert  roar,  fein  reidjeö  SBtffen  burdj 
Seigabe  bon  OueQenjitaten  nod)  nufrbarer  $u  machen.  8n  mannen 
©teilen  roirb  man  mit  ber  3uftimmung  jögern,  fo  ©.  76  bei  ber 
©djilberung  be$  SBerljältniffe«  ber  Sanbgemeinben  ju  ben  ©engten, 
einem  aUerbingS  fdjroierigen  Sßroblem.  3ebenfaH8  aber  berbanft  man 
bem  S3f.  fe&r  biel  ©eleljrung.  —  9tad)  bem  ffirfdjeinen  ber  borliegen* 
ben  ©c^rift  Ijot  $erbert  Sttetyer  eine  für  bie  ®efd)id)te  be*  SR&eingoued 
feljr  mistige  geftftettung  gemalt,  inbem  er  baS  fog.  ftjpingauer 
Sanbredjt  als  eine  gälfdjung  ©obmannS  erroieS  (3tfc^r.  ber  ©abignty« 
Stiftung,  ®erm.  VLbt,  Sb.  24,  ®.  309  ff.),  ßeumer  mad)t  baju  im 
SReuen  ärdjib  29,  ©.  537,  eine  einfdjräntenbe  Semerfung,  bie  jebodj 
nod)  ber  näheren  Segrünbung  bjro.  Prüfung  bebarf. 

Tübingen.  G.  v.  Below. 

2)er  SBudjbrucf  fföln*  bt«  jum  (Snbe  be*  fünfzehnten  3a$r$rotbert*. 
Sin  Beitrag  jur  Snfunabelbibliograptye  bon  (Entft  gtonUteme.  fltobli* 
rationcn  ber  ©efellfdjaft  für  ffi^einifdje  ©efattyÄfunbe  XXIV).  »onn, 
$.  öc^renbt.    1903.   16  »l.,  CXXX1V  u.  643  ©.   25  «. 

Sie  Vorarbeiten  für  ba8  grofce  SBerf  einer  33erjeidjnung  aller 
fcruefe  be8  15.  3aljrt)unbert8  beroegen  fidj  in  jroei  Stiftungen: 
einerfeitS  auf  bie  Katalogifierung  ber  einzelnen  Sammlungen  unb 
anberfeitS  auf  bie  Bearbeitung  ber  einzelnen  3)rucfer  unb  3)ructftätten. 
8egreiflid)erroeife  ift  ber  gortfdjritt  auf  einem  biefer  SSege  ftarf  ob* 
gängig  bon  bem  auf  bem  anberen,  unb  fo  roirb  man  borlftufig  auf 


fceutföe  ßanbföaften.  307 

feinem  bon  beiben  ©ebieten  abfotut  SolIfommcneS  erwarten  bürfen. 
Um  fo  rotüfommener  ift  barum  aber  jebe  metljobifd)e  unb  gemiffen* 
bafte  Arbeit,  bie  unS  ein  ©tüd  borroürtS  bringt,  boppelt  roiUfommen, 
wenn  fie  einen  fo  großen  Stritt  borroürt*  bebeutet  tote  bie  öor* 
liegenbe,  bie  gerabeju  ald  norbilbltc^  für  foldje  Veröffentlichungen 
be}eid}net  »erben  barf. 

öftren  $auptteil  bilbet  bie  bibtiograpljifd)e  Sefdjreibung  ber 
Sfölner  Drude  in  alp&abetifd>er  golge.  Diefe  Slnorbnung  ermöglicht 
eine  rafdje  unb  fiebere  ©enufcung  bc*  öudjeS  bei  ber  3nfunabel« 
fatalogifierung,  unb  ba8  ift  um  fo  roertboller,  ba  ein  erheblicher  Xeil 
ber  Kölner  Drude  ganj  unbejeidjnet  ift  unb  ein  unb  biefelbe  Sdjrift 
oft  in  feljr  bieten  HuSgaben  nneberteftrt.  Die  Sefdjreibung  ift  jroed* 
müßig  unb  ljödjft  jubertäfftg,  ber  Drud  ber  Drugulinfdjen  Offijin 
feljr  gefällig  unb  überjidjtlidj.  Der  93f.  f>at  bie  Sammlung 
feine«  äRaterial*  bereits  bor  10  Sauren  begonnen  unb  biefer  Arbeit, 
bie  jum  größten  Zeil  burd)  #erumreifen  an  ben  größeren  ©ibliotljefen 
geleiftet  werben  mußte,  nur  bie  wenigen  SBodjen  roibmen  fönnen,  bie 
feiu  Amt  iä^rlid)  frei  ließ,  ©o  erflärt  fid),  baß  er  bie  jejjt  nad) 
bem  ©rfdjeinen  bon  SßroctorS  SBer!  felbfttoerftänblid)  fdjeinenbe  Auf* 
jä^lung  ber  in  jebem  Drud  gebrausten  Xtypen  niebt  überall  fyat 
nadftolen  tonnen.  (Einen  wefentlidjen  SRangel  bebeutet  ba8  nid)t, 
benn  in  praxi  (jat  SBouflieme,  unterftüjjt  burdj  feinen  außerorbentlidj 
fdjarfen  ©lief  für  Igpenunterfdjiebe,  aitd)  oljne  gafftmiteapparot  nad) 
benfelben  ©runbfäfoen  gearbeitet  n>ie  Sßroctor  unb  eS  ift  ein  erfreu* 
ticfced  fttxtyn  für  ifjn  wie  für  ben  und  nun  leiber  entriffenen  eng« 
Hfdpn  Sorfdjer,  baß  beibe  in  ber  Äbgrenjung  ber  Drudereien  unb 
ber  djronologifdjen  Slnorbnung  ber  Drude  im  mefentlid)en  ju  ben« 
fetben  Srgebniffen  gelangt  finb. 

93on  ben  bezeichneten  1273  Druden  (e8  mag  V25  f amtlicher 
erhaltenen  Snfunabeln  fein!)  ftnb  über  1100  nad)  Sutopfie  befdjrie* 
ben,  einige  50  ©efeftreibungen  au&  glaubroürbigen  Duellen  herüber* 
genommen,  etwa  100  Stummern  entbehren  nod)  einer  näheren  ober 
roenigftenS  toodftänbigen  Sefdjreibung.  Dabon  mürben  etma  30  bi£  40 
bem  93f.  jugänglid)  gemefen  fein,  menn  e3  il)m  möglich  gemefen  märe 
feine  Reifen  bis  nad)  (Snglanb  auSjubetjnen.  Der  Steft  üon  60 
bis  70  wirb  ftd>  DieHeic^t  nod)  etroaS  rebujieren,  ba  iljre  Stnfüljrung 
)um  leit  auf  älteren,  nur  feiten  auf  iljre  Duellen  fontroDierbaren 
angaben  bei  §ain  (ofjne  ©tern),  Sßanjer  u.  a.  beruht.  3roar  fat 
!)ier   S.  —  unb   bai   ift   nidjt   fein   fleinfte«   Scrbienft   —   bereit« 

20* 


308  Siteraturbertdjt. 

tüchtig  aufgeräumt.  Über  100  Anführungen  fjat  er  als  unglaubhaft, 
birelt  falfdj  ober  in  ba8  16.  3afcrl)uubert  gehörig  au$gefd)ieben  — 
er  füljrt  fie  aroedmäßigerroeife  nod)  in  ber  alpljabetifcfyen  gfolge  an, 
aber  ot)ne  SRummern  — ,  biefleidjt  fy&ttt  er  aber  hierin  nod)  weiter 
ge^en  tonnen:  feljr  berbädjtig  erfdjeint  mir  j.  93.  9ir.  1059,  ber  öon 
feinem  Steueren  gefefjene  Ouenteflfdje  ©adjfenfpiegel  öon  1492. 
SfoberfeitS  roerben  fid),  rote  td)  fdjon  anbeutete,  geroiß  mandje  bisher 
unerwähnte  Kölner  3nfunabeln  ftnben  ober  jejjt,  nadjbem  3J.3  Arbeit 
bie  Sufmerffamfeit  barauf  gelenft  \)at,  jum  S3orfdjein  fommen.  63 
ift  ju  roünfdjen,  baß  biefe  mit  ben  oben  ermähnten,  beren  Autopfie 
SB.  hoffentlich  injroifdjen  nad^olen  fann,  ju  einem  Supplement  ber- 
einigt roerben. 

Dem  alpljabetifdjen  §auptteile  boran  gefjt  eine  fnappe,  aber 
adeS  SBefentlidje  entljaltenbe  Einleitung,  iunädjfi  über  bie  einzelnen 
Druder,  tyre  äußeren  SBertjältniffe  (wofür  audj  oljne  bie  Srfdjließung 
weiterer  ardjibalifdjer  Duellen  bie  fritifdje  ^Betrachtung  ber  Drude 
mandjeS  neue  ergab),  ityre  ledjnif,  bie  SjHuftration  ufro.  3n  lefcterer 
Sejiebung  ift  befonberS  bemerfenSroert,  baß  bie  $oljftöde  ßubroig 
to.  SftendjenS  $uin  großen  Zeit  bon  ffinoblodjjjer  in  (Strafeburg  ent* 
le^nt  finb.  Den  $iftorifer  roerben  bie  roeiterljiu  folgenben  ftatijttfdfen 
3ufammenftellungen  über  ben  (Sljarafter  ber  älteften  Kölner  Drud- 
literatur unb  über  bie  Anfange  ber  Kölner  ©üdjerjenfur  intereffieren. 
Den  Sefdjluß  machen  djronologifdj  georbnete  Sabeüen  über  ba£ 
SBert  ber  einjelnen  Druder,  in  benen  man  mit  einem  ©lief  Snljalt 
ber  Drude,  Datierung,  gormat,  Umfang,  3eilen5al)l,  ©ebraudj  bon 
Slattjäljlung,  Signaturen,  Kuftoben,  ©igneten  überfein  fann.  Sie 
ergeben  ein  biel  anfdjaulidjereS  Silb  oon  ber  lätigfeit  ber  einjelnen 
Druderei,  als  roenn  bie  Sefdjreibung  ber  Drude  nad)  Dffijinen  ge* 
orbnet  roöre,  unb  fie  foUten  beSfjalb  in  SBerfen  über  anbere  Druder« 
ftötten  jum  äßufter  genommen  roerben.  SBenn  bie  Bufjäljlung  ber 
Drude  felbft  gegenüber  SurgerS  3nbey  }u  $ain*Sopinger  nidjt  Diel 
neueg  ju  bringen  fdjeint,  fo  roirb  man  ftd)  erinnern  muffen,  baß 
Surger  3J.8  (Srgebniffe  bereits  fjat  benufcen  tonnen. 

Sfeben  bem  Sf.  gebührt  unfer  lebhafter  Dan!  für  ba3  SBert  ber 
©efeüfdjaft  für  SRfjeinifdje  ®efd)td)t$funbe,  bie  mit  richtigem  »lief 
für  bie  tulturgefd)id)tlid)e  Sebeutung  be3  93ud)brud3  unb  of)ne  bie 
beträchtlichen  bamit  berbunbenen  Soften  ju  freuen,  iljr  ÄrbeitSfetb 
auf  biefeS  ©ebiet  auSgebefjnt  f)Qt.    ©3  ift  lebhaft  ju  roünfdjen,  baß 


grantrei*.  309 

biefe*  Borgeljen   bei  anberen  totalljiftorifdjen  Bereinigungen  9iad)* 
abmung  ftnben  möge. 

Berlin.  Schwenke. 

Auguste  Brächet,  Pathologie  mentale  des  Roia  de  France 
Louis  XI  et  ses  ascendants.  Une  vie  humaine  ätudile  k  travers 
ax  siteles  d'hlr&lit*  852—1483.  Paris,  Hachette  et  Co.  1903.  694  p. 
15  fr. 

«udj  mer  bie  Seit  nidjt  mit  ben  «ugen  be8  SRoturforfdjerS  unb 
3Rebi$iner£  betrautet,  fann  ftdj  bei  einiger  tlufmertfamteit  unb  Un- 
befangenheit ber  SBafjmeljmung  nidjt  t>erfd)lie$en,  bog  nidjt  nur 
förperlidp  ©genfdjaften  fonbern  aud)  geiftige  unb  moratifdje  Anlagen 
be*  SRenfdjen  ober  bod)  bereu  fteime  fidj  vererben.  3m  Seben  um* 
fpannt  ober  unfer  ©lief  in  ber  Siegel  nur  jmet  bid  brei  (Generationen. 
Bon  ber  ©efdtfdjte  liege  ftd)  erwarten,  bafc  fte  biefe  Beobachtungen 
beS  CebenS  bestätige,  ausbeute,  oertiefe  unb  fte  aud)  auf  biefem  ®& 
bitte  fidj  M  bie  große  Sefjrmeifterin  erroeife.  9lngeftd)t$  ber  unge* 
beuten  VuSbefjnung  unb  Bielfeitigteit,  tteldje  bie  gefd)id>tlidje  gor« 
fdjung  in  unferer  Qtit  gewonnen  bot,  ifi  e$  nun  auf  ben  erften  Bli<f 
eine  mertmürbige  ©rfdjeinung,  baf*  fte  biefe  örroartung  leineSroeg* 
erfüllt.  W&  bie  mirtfamften  Urfadjen  biefe«  Berfagen*  bärfen  mir 
mofjl  jtoei  be&eidjnen,  bie  im  folgenben  berührt  merben :  fubjefttt)  bie 
notmenbige  Bereinigung  mebijinifdjer  unb  btftonfdjer  Äenntniffe,  objet* 
tit>  bie  Unmöglidjteit,  bie  Unterfudjung  fomeit  auSjubefjnen,  mie  jum 
öoflen  (Seiingen  nötig  märe.  Bon  ben  meiften  $iftoritern  fdjeint  bie 
©rblidjteit  nidjt  nur  törperlidjer  fonbern  aud)  geiftiger  unb  morali« 
fdjer  ©igenfdjaften  als  eine  feftfte^enbe  latfadje  angenommen  ju  fein. 
Darauf  beutet  fdjon  ber  häufige  ©ebraudj  fte^enber  Beinamen  mie 
fjod)begabt,  energifdj,  efjrgei&ig,  brutal,  inbolent  für  ganje  gamüien. 
„3)ie  roedrfelnben  Generationen",  fagt  Dttofar  Sorenj  (Seljrbudj  ber 
©enealogie,  ©.  36),  „finb  ein  ^robutt  ber  fietS  ©teidje*  anftrebenben 
Bererbung  unb  ber  ftetS  SReueS  jeugenben  Barietät."  ©udjt  man 
aber  nad)  {Berten  ber  ijiftorifdjen  Siteratur,  in  benen  bie  <$rage  ber 
pljl)fifd)en  unb  pfodjifdjen  Bererbung  al$  leitenber  ©efid)t8puntt  ber 
Betrachtung  feftgeljalten  ober  aud?  nur  neben  anberen  betont  unb  ton* 
fequent  oerfolgt  märe,  nad)  biologt fdjen  Unterfudjungen  einer 
längeren  Stetyenfolge  Don  (Generationen,  fo  mirb  man  eine  Snt* 
täufcfcung  erfahren.  Mußer  bem  Budje  oon  SBiebemeifter  über  ben 
Cäfarenroaljnftnn   ber  julifd) * daubif d)en  3mperatorenfamilie,   beffen 


310  Siteraturberid)t. 

©aupttljefe  nidjt  unbeftritten  blieb,  unb  einem  Vortrage  be8  ©rufen 
3id)t),  bet  fidj  nur  auf  eine  förperlidje  ©pejialität,  bie  gamilien* 
äfjnlidjfeit  bei  ben  #ab$burgern,  bejog,  finb,  fobiel  mir  befannt  ift, 
IjödtftenS  Anläufe  ju  folget  ^Betrachtung  ber  ©efdjidjte  gemalt 
morben.  Hm  Ijäufigften  tritt  und  nodj  in  ben  Biographien  tum 
2Rufttero,  ffiünftlern,  ©elefjrten,  ©djriftftellern  bie  grage  nadj  bet 
Vererbung  be$  2alent$  entgegen.  Hber  bie  fjiftorifdjen  ßeugniffe 
über  gamilien  biefe§  ©djlageS  erftretfen  fic^  in  ber  Siegel  nidjt  über 
roenige  (Generationen  ljinauS.  Hud)  ift  e$  gerabe  ljier  oft  fdjroierig, 
auSeinanberjubalten,  maS  auf  Meinung  ber  angeborenen  Anlage,  ttaS 
auf  {Rechnung  ber  Umroelt,  ber  Grjieljung,  be$  SorbilbeS  ber  H&nen 
ju  fefcen  ift.  Sei  anberen  Ijiftorifdjen  Sßerfönlidjfeiten,  bie  man  ouf 
tfjren  OeifteSjuftanb  fdjarf  in$  9(uge  gefaxt  fjat,  laffen  un§  bie  Duetten 
über  bie  Sfjnen  bollftänbig  im  ©tidj,  roie  benn  bie  jaljlreicljen  äRono* 
grapsen  über  bie  ?ßatljologie  ber  Jungfrau  bon  Orleans  auf  @runb 
biefeS  SSerfagenS  bon  Srac^et  al£  in  fic^  ttriberfprucfy&boll  unb  un« 
fruchtbar  bejeidjnet  »erben.  2>en  einzigen  geeigneten  ©toff  für  bio* 
logifdje  ^Betrachtung  in  bem  angebeuteten  ©inne  mürben,  banf  ben 
fjier  burdj  Safjrljunberte  fortgefefct  flie&enben  Duellen,  bie  fürjilidjen 
Käufer  unb  manche  be8  l)ol)en  äbetö  bieten.  Suf  fte  aber  ift  biefe 
Slrt  ljiftorifdjcr  SJeljanblung,  bie  fid)  nidjt  etma  auf  bog  fitanf^ofte 
in  einer  gamilie  ober  nur  auf  gamilien  mit  patfjologifdjem  Cinfdjlag 
ju  befdjränfen  Ijätte,  nocfj  nicbt  angeroenbet  morben.  9Rit  Stecht  Ijat 
Stttre  bie  „Ijiftorifdje  Sßatljologie"  (er  ljätte  audj  fagen  lönnen:  ®io* 
logie)  eine  nodj  embryonale  SBiffenfdjaft  genannt,  beren  (Entmicflung 
eine  ber  geiftigen  Aufgaben  be$  20.  Safjrfjunberte  fein  merbe. 

S)er  erfte  groß  angelegte  Serfud),  biefe  Surfe  in  ber  Ijiftorifdjen 
Siteratur  auSjufüllen,  liegt  nun  in  bem  gelehrten  unb  grünblidjen 
SBerfe  be3  granjofen  H.  SB.  bor,  fommt  alfo  aud  bem  $eimat(anbe 
ber  3ftougon*3Racquart,  biefeS  impofanten  ©egenftüdS  auf  poetifdjem 
©ebiete.  «uf  ben  3tat  feine»  SeljrerS  Stttre  unternahm  e$  ».  1880, 
bie  mittelalterlichen  Röntge  3franfrcid)8  bon  Robert  bem  Starten  b& 
auf  Subroig  XI.  (852—1483)  nadj  iljren  törperlidjen,  geiftigen  unb 
moralifdjen  ffiigenfdjaften  unter  bem  ®efid)t$minfel  ber  ©rblid)teit  ju 
unterfudjen.  9?ad)  fünf jeljn  Sauren  angeftrengten  ©tubiumd  beröffent* 
lichte  er  1896  ein  bierbänbigeS  38erf,  ba$  aber  nur  in  einer  Reinen 
fhtjafjl  bon  ©jemplaren  gebrurft  mürbe  unb  nid)t  in  ben  öud^anbel 
fam.  SBor  ber  SSoflenbung  ber  jmeiten  StuSgabe  rief  iljn  ber  %ot> 
ab.   $>urd)  feine  SBitme  »nna  ©rächet,  geb.  ftorff,  erhielt  ba3  8u$, 


ftranfreid).  311 

befoubert  bie  au$gebe$nte  (Einleitung,  bie  abfdjliegenbe  gaffung,  n>o- 
bei  einige  Ungleichheiten  in  ber  Seljanbhmg,  Süden  unb  Sieber« 
botungen  nidjt  tooffi  ju  Dermeibcn  maren.  Sin  jroeiter  8anb  foH 
itables  analytiques  et  alpbab^tiquesc  bringen. 

Der  litet  Pathologie  mentale  barf  nidjt  ju  ber  Änfdjauung 
berleiten,  bog  e&  ftdj  Ijier  auSfdjlieglidj  um  ben  3tad)toeiS  tranf&after 
(Kgenföaften  $anble.  ©ei  jeber  Sßerfönlidjfett  erftredt  ftdj  öielmefjr 
bie  Unterfudjung,  fomeit  att  möglid),  auf:  6tat  somatique,  habitus 
extörieur,  ant6c6dent8  phyeiologiques,  antöcädents  pathologiques, 
Atat  peychique,  mort  aber  ba8  $atyologifd}e  bilbet  atterbing* 
ben  ftdj  {jinburdfoie^enben  roten  gaben,  ba  e*  in  ben  mittelalterlichen 
Sapetingern  eine  ba*  Durd)fd)nitt$mag  überragenbe  Rotte  fpielte. 
Unb  überall  —  bie  ffiafjrneljmung  lägt  ftdj  fdjon  an  biefen  erften 
Serfud)  fnüpfen  —  mirb  baß  ©iologifdje  in  ber  ©efd)id)te  ba,  wo 
e*  als  $atyologifd)e*  auftritt,  am  beften  bohtmentiert  fein  —  e8  liegt 
in  ber  9latur  $iftorifd)er  Überlieferung,  bog  fte  meljr  bei  anormalen 
menfd)(id}en  Cigenfdjaften,  3uftttnben  unb  $anblungen  als  bei  nor* 
malen  berroeilt.  Diefe  neue  ttrt  beS  ©tubium*  erforbert  alfo,  mie 
ber  8f.  bemerft,  bie  gleichzeitige  Äntoenbung  breier  meit  au&einanber* 
liegenber  Disziplinen:  ber  tyftorifdjen  ftritif,  ber  mobernen  unb  ber 
mittelalterlichen  3Rebi}in.  ©.  mar  äRebijiner  unb  man  fann  oljne 
meitereS  jugeben,  bog  eS  einem  folgen  leichter  gelingen  roirb,  ftd) 
in  ben  $iftorifdjen  Duellen  jurecftjufinben  unb  ftdj  burd)  feine  Arbeit, 
fomeit  eS  biefe  erforbert,  }um  $iftorifer  auSjubilben,  als  eS  einem 
^)iftori!er  gelingen  mürbe,  mebijinifdje  ßeugniffe  richtig  }u  tnter* 
pretieren  unb  bie  entfpredjenben  @d)lüffe  barauS  ju  jieljen.  Daß 
©ud>  jeigt  ben  8f.  —  um  ljier  nur  bie  l)iftorifd)e  Seite  feiner 
Arbeit  ju  mürbigen  —  oertraut  mit  ben  (Srunbfftfeen  ber  $iftorifd)en 
Ärittf  unb  bertraut  mit  ben  Duellen.  Die  Siteratur  be$errfd)t  er 
in  fiauneitSmertem  Umfang,  bie  $ijiorifd)e  fo  gut  mie  bie  mebi- 
jimfdje,  bie  beutfdje1)  unb  bie  anberer  Söller  fo  gut  mie  bie  fron« 
}5ftf$e.  Dag  Dueflenfteüen  in  groger  3*1)1  roörtlid)  angezogen 
merben,  mar  bei  ber  ttrt  biefer  gforfdjung  unerläßlich.  Unb  ba  bie 
literarifdjen  ©ilbniffe  beS  Mittelalters  fibermiegenb  föablonenljaft 
nnb  unzulänglich  finb,  mußten  audj  oiele  ftadjridjten  über  baS  Seben 


')  Unbefannt  blieb  ifai,  mie  e*  fcfceint,  leiber  ba*  Se(tbu4  bei  Genea- 
logie oon  O.  ßorenj,  worin  befonber*  ba*  Äapitel  über  Srblidjfeit  unb 
SariabilitAt  (6.  869  f.)  feine  Hufmerffamfeit  oerbient  bätte. 


312  ßtteraturberitft. 

unb  bie  $anblungen  ber  Surften  aufgenommen  werben.  Senn  biefe 
boten  in  ber  SRcgel  lehrreicheren  @toff  für  ba$  Efjarafterbilb  a(3  bie 
bireften  ©ctyilberungen.  SRiemanb  mirb  e$  bem  $f.  berübeln,  wenn 
bei  ber  fdjwierigen  HuSwaljl  fotdjer  Dueflenftetlen  nidjt  ausnahmslos 
ba$  Sftidjtige  getroffen  mürbe.  2)er  habgierige  unb  graufame  (£ljaraf* 
ter  Sßfjilipp  beS  ©gölten  j.  93.  mirb  roofjl  burd)  nichts  beutlidjcr  ge* 
fennjeidjnet  als  burdj  ben  Sßrojefc  gegen  bie  Sempier,  Don  bem  mir 
bodj  bei  99.  nidjtS  erfahren.  Dagegen  fdjeint  un*  in  ben  Seiegen 
für  Semabo  93ifconti§  ©raufamfeit  mit  bem  mörtltdjen  Hbbrucf  ber 
SSeifung,  mie  bie  Seute  innerhalb  einunbPierjig  Sagen  langfam  ju 
lobe  gemartert  merben  follen  (@.  28,  eine  ganje  Seite),  ju  biel  ge* 
fdjeljen.  Qumal  ba  biefe§  entfefclid)e  ©ofument  o^ne  (Erläuterung  in 
mannen  (Sinjelljeitcn  unberftänblid)  bleibt. 

SWeine  Hufgabe,  fagt  93.,  mar:  bie  „Symptomatologie"  ber 
ftönige  auS  ben  tyiftorifdjen  Duellen  unb  au«  biefen  (Einjelbübern  bie 
patbologifdje  Verfettung  in  ber  franjöfifdjen  fifönigSfamilie  feftjufteflen. 
$urd)  ba3  mebijinifdje  ©tubium  ber  einzelnen  3nbtoibuen  gewinnt 
man  bie  ^atljologie  einer  Stynafiie.  2)aS  „SBie"  beS  Sfjnen  mirb 
jum  „SBarum"  be§  «bfömmlingS,  bie  „flinifdje"  ©efdjidjte  be*  erfteren 
jur  „anamneftifdjen"  ©efdjidjte  be$  lederen. 

2lllju  Ijodjgefpannten  (Erwartungen,  bie  fidj  an  biefe  9(rt  ber 
Sorfdjung  fnüpfen  mögen,  bürfte  nun  fdjon  btefer  erfte  SSerfudj  ein 
ffinbe  bereiten.  3)ie  ©ctyranfen  unferer  ©rfenntniS  merben  beutlidj 
entbüüt,  unb  entgegen  tönt  und  ein  nid)t  mijjjuPerfteljenbeS :  Ignora- 
bitifi.  5B.3  Untersuchungen  betätigen  aufS  neue,  bafj  alle  ©rblidtfeit 
beim  üRenfdjen,  mie  Sirdjom  1889  betonte,  nur  eine  partielle  ift.  ©ie 
betätigen  aud),  baß  eine  (Sigenfcfyaft,  bie  burdj  mehrere  ©enerationen 
unauSgefefct  ober  —  ber  meit  bäufigere  gaU  —  fprungmeife  fidj 
fortpflanzte,  wieber  auäfterben  fann.  9lber  ein  ©efefc,  wonadj  fidj 
ba$  t»oH^ief)t,  ba8  ©cfc^  ber  Hufljebung  ber  Grblidjfeit  (dissolution 
de  Theredite),  mie  e$  93.  nennt,  ift  nod}  nidjt  gefunben,  fo  Wenig 
wie  bie  ©efefee,  nadj  welken  ftc^  bie  (Eigenfdjaften  forterben.  Über* 
baupt  wiffen  wir  nidjt  (©.  218),  ob  und  biefe  Unterfudjungen  je  bie 
©efefce  ber  @rblid)feit  enthüllen  werben.  3ebenfaHS,  meint  ber  8Sf., 
fei  eS  ber  einige  wiffenfdjaftlidje  SBeg,  auf  bem  wir  möglidjermeife 
baju  gelangen  fönnen,  unb  beanfprudjen  bie  auf  biefem  SBege  gemon» 
nenen  SRefultate  einen  weit  Ijötjeren  SBert  atö  bie  aprioriftifdjen  93e* 
ljauptungen  unb  voreiligen  ©tynttjefen  von  ^Ijtlofopfjen  unb  Sßfodjia* 
lern.  93.  bejeidjnet  feine  Slrbeit  als  ben  erften  93erfudj  einer  partiellen 


gfranfrei*.  313 

»tflenfdjaftltdjen  gfcftflcdung  bet  menfdjtidjen  (Erblidjteit.  (Er  nrifl 
nur  „fBatyibredjer"  fein  (er  felbft  gebraust  biefen  beutfdjen  ÄuSbrucf) 
nnb  ermattet  Don  ber  3uhtnft,  bog  fte  feinen  S3erfud)  mobifijicre. 
Aber  in  ber  TOebijin  gefdje&e  e$  gum  erften  SWale,  bafe  eine  fo  an* 
fe^nlidje  SRenge  Don  Ouettenjeugniffen  über  ijiftorifdje  Jßerfönlidjteiten 
gefammelt  unb  nadj  ben  ftrengften  Segeln  ber  (jiftorifdjen  jfihritit  geprüft 
»erbe.  SBad  nun  bie  Dom  83f.  offen  gclaffene  SWöglidtfeit  betrifft  bog 
je  auf  bem  SBege  $iftorifdjer  gorfdjung  ©efefce  auf  biefem  ©ebiete 
feftgefteüt  »erben  tonnen,  madjt  un§  t)or  allem  ein  SRanget  ff eptifd), 
ber  als  unbermeiblictyer  allen  berartigen  Unterfudjungen  anflebt. 
©.  Der&üllt  ibn  nidjt,  Ijätte  aber  ftärter  betonen  follen,  in  meinem 
9Raf*e  er  bie  (Ergebniffe  einfdjräntt  ober  in  grage  fteOt.  «u3  ber 
ungeheuren  SRenge  Don  S^nen  nämlid),  beren  Anlagen  auf  einen 
9tad)fommcn  Dererbt  fein  fönnen,  bte  alfo  fämtlid)  in  Qetradjt  ge* 
jogen  toerben  füllten,  toirb  e3  aud)  bei  jenen  f>od)ftel)enben  gamilien, 
über  meiere  bie  Duellen  am  retdjlidjften  fließen,  immer  nur  möglidj 
fein,  einen  Dcrl>ältni$mäf$ig  feljr  Keinen  Xetl  nüfjer  in  ba£  Äuge  ju 
faffen.  S8.8  Unterfudjung  erftreeft  ftdj  für  ben  Beitraum  Don  852 
bi*  1483  auf  ungefähr  350  ^erfönlidjfeiten  „unb  bie*  ift  (@.  185  ber 
(Einleitung)  fdjon  ba$  anfeljnlidjfte  SKaterial,  bad  bie  ftlinit  über 
eine  menfdjtidje  gamilie  in  bem  Seitraüm  Don  mefjr  als  fed)3  3aty> 
^unberten  befifct."  9la<b  ber  rein  aritljmetifdjen  Berechnung  8.*  foB 
aber  Submig  XI.  feit  bem  a§nl)erra  feiner  JtynafHe,  {Robert  bem 
Starten,  1048574  Sinnen  gehabt  ^aben.  $er  ©rar  Don  (Eljamborb, 
bte  31.  ©eneration  feit  Stöbert  bem  Starten,  t)ätte  nad)  ©.,  Don  bem« 
felben  ©tammbater  an  gerechnet,  über  jroei  äRifliarben  Alanen  gehabt, 
»ei  biefen  äaftlenangaben  (©.  184  ff.  ber  (Einleitung)  ift  bem  »f. 
nun  freitid)  ein  auffälliger  Irrtum  begegnet.  (Er  tyat  bie  befannte 
latfadje  ber  Äljnenberlufte  nid)t  mit  in  Siedlung  gebogen,  roiemoljt 
er  bei  feinen  genealogifdjen  Unterfudjungen  im  einzelnen  häufig  genug 
(u.  a.  ©.  350,  408,  425,  439,  608)  barauf  geführt  toirb,  unb  wie* 
rooijl  er  felbft  betont  (u.  a.  ©.  472),  bafc  burdj  Serroanbtenljeiraten 
fefiufig  Derfäumt  mürbe,  ber  {Haffe  ber  SSaloiS  ba$  neue  93lut  juju* 
führen,  baS  ererbte  trant&afte  (Einflüffe  neutralifteren  tonnte.  ($f)i* 
lipp  VI.  j.  ®v  ber  fdjon  in  boppelter  Stute  Dom  fjl.  ßubtoig  ab« 
flammte,  heiratete  überbieS  in  3oljanna  Don  ©urgunb  eine  (Entelin 
biefe*  nad)  9J.  burd)  SRalariafieber  unb  Kotlauf  gefdjroädjten  Jperrfdjer*.) 
2)er  HfytettDerluft  entfielt  baburdj,  bog  biefelben  (Elternpaare  jroeü 
mal   unb   öfter  qtö  «ltDater  unb  SUtmutter  ufm.  eines  beftimmten 


314  £iteraturberid)t. 

gnbiDibnumS  unb  fetner  ®efdjtt>ifier  erteilten.  Unb  er  tritt  in  fürft* 
liefen  Käufern  roeitauä  am  ftärfften  auf,  totil,  je  työfjer  bte  8eben8- 
ftettung  ber  gamilte,  befto  enger  ber  ÄreiS  roirb,  innerhalb  beffen 
heiraten  gefdjloffen  »erben.  $rinj  3ofepf)  gerbinanb  Don  99atjent, 
ber  bte  fpanifcfye  äRonardjie  erben  foflte,  ber  ©oljn  be3  Surfürften 
SRaj  (Emanuel,  Ijatte  j.  99.  in  ber  ftebenten  Mfjuenreüje  ftatt  ber  er* 
forberten  128  Mfjnen  nur  32.  3d)  entnehme  biefe  Jatfadje  bem 
ßel)rbud)e  ber  ©enealogie  Don  Dttofar  Sorenj,  roo  ein  MjrretdfeS 
Kapitel  bem  Problem  beS  ?H>nenDerlufte3  geroibmet  ifi.  2)ie  angefc 
lid)e  SKittion  Sijnen  SubmigS  XI.  fdjmiljt  alfo  infolge  ber  Hljnen* 
Derlufte  fefjr  ftarf  jufammen.  Stemmen  mir  aber  audj  an,  bog  fte 
auf  ein  Sdjntel,  ja  auf  ein  $unbertfte!  rebujtert  roirb:  bie  350  Don 
89.  unterfudjten  Stfjnen  bilben  {ebenfalls  nur  einen  Derfdjtoinbenb 
Keinen  89rudjteil  ber  gefamten  9Waffe.  99.  ljat  fidj  eben,  mag  bie  rorib* 
liefen  SUjnen  betrifft,  menige  Ausnahmen  abgeregnet,  notgebrungen 
für  jebe  ©eneration  auf  baS,  roaä  er  »la  limite  minimac  nennt, 
auf  bie  unmittelbaren  (Eltern  ber  grauen  befdjränft.  Die  SBirfung 
biefer  99efdjränfung  aber  ift  um  fo  einfdjneibenber,  ba  99.  felbft 
(©.  612)  ba8  pfod)iatrifclje  ©efefc  Don  bem  überroiegenben  (Einflug  bed 
mütterlichen  gattorS  ermiefen  finbet.  SRodj  bebender  erfdjeint 
biefe  99efdjränfung,  roenn  99/  redjt  Ijaben  foOte,  bie  jefct  Ijerrfcljenbe 
8nfd)auung,  bog  bie  93erroanbtfdjaft  je  nätyer  befto  roirffamer  fei, 
at8  eine  grobe  ju  bejeid^nen  (©.  177  ber  (Einleitung).  Staut  mir 
nic^t  miffen,  Don  meinem  ©rabe  ber  SSerroanbtfdjaft  au£  ein  IPranfe 
IjeitSfeim  nod)  auf  bie  fRadjfommenfdjaft  roirfen  fann,  unb  wenn  mir 
nidjt  einmal  miffen,  ob  bte  SBirlfamfeit  mit  ber  (Entfernung  ber 
Sinnenreize  abnimmt,  bann  lägt  ftd)  au$  bem  Ijiftorifdjen  SRaterial 
aud)  bie  grage  nid)t  beantworten,  ob  ba8  fpontane  auftreten  Don 
©eifteSfranffjeit  in  einer  gamilie  otyne  erbliche  99etaftung  Ijäuftg  ober 
feiten  ift.  Der  S3f.  tröftet  ftcf)  über  ben  Mangel  atigemeiner  Stefuf* 
täte  mit  bem  ©ebanlen,  bog  e3  meljr  roert  fei,  bie  Dielfadjen  5ßro* 
Werne  ju  löfen,  roeldje  bte  perfönlictye  „8lnamnefe"  jebe$  einzelnen 
franjöftfdjen  JfönigS  bietet,  al8  Doreilig  »une  anamnfese  h6r6ditaire 
ßommairec  aufjufteflen.  über:  la  question  de  duree  insoluble, 
meint  er,  pour  nous  sera  äclaircie. 

(Ein  anberer  (Einmanb,  ber  gemalt  merben  fönnte,  ift  ber,  bag 
bie  fßaterfdjaft  juroeilen  unftdfjer  fei.  Durdj  biefen  fteljt  99.  ((Ein« 
leitung,  ©.  193  ff.)  ben  SBert  feiner  Unterfudjungen  nidjt  beeintrö^« 
tigt.    Die  föniglidje  9iad)fommenfd)aft  erflttrt  er  nidjt  nur  als   bie 


Sranfreid).  315 

befxbofumentierte,  fonbern  gugleidj  —  nidjt  infolge  grö§erer  Sitten* 
fhrenge,  aber  infolge  bei  äufeerften  Überroadjung,  fdjroieriger  (Belegen* 
$eit  nnb  politifdjer  Slotmenbigfeit  —  att  bie  geftdjertfte.  ®t  räumt 
aber  ein,  bafc  e*  9lu$naf>meu  gibt,  unb  eine  foldje  mirb  jum  9nta&, 
baft  eine  beurfdp  unb  eine  itatieniföe  StynafHe  in  ben  ftrei*  ber 
Unterfudjungen  eingebogen  merben.  flfarl  VI.  öon  granfreidj,  in  ben 
etftat  breiftig  Sauren  feine*  Seben*  getftig  gefunb,  litt  in  ber  golge 
an  periobifdjem  SBaljnfmn.  3Wd)t  infolge  einer  Vergiftung  feine* 
Batet«  Sari  V.,  mie  bisher  juroeilen  angenommen  mürbe,  fonbern 
»eil  er  t>on  langer  #anb  $er  erblich  beladet  mar,  @of}n  einer  gciftc«- 
tranten  SRutter,  meiere  bie  (Enfelin  eine«  apopleftifdjen  ©roffrater* 
unb  bie  Urentelin  eine«  tBaljnfinmgen  mar.  8.  legt  aud)  barauf 
®emtd)t,  baft  bei  feinen  Päterlidjen  Sfeenbenten  bie  ©id)t  Ijerrföte. 
8on  ben  jroölf  ttinbem  feiner  ©emaljlin  Sfabeau  mürben  fieben, 
barunter  ber  SRadjf olger  Kart  VII.,  ber  Sater  ßubmig*  XL,  nad)  bem 
Suftbrud)  beS  SBa^nfinn*  bei  ifjrem  (Bemalt  geboren.  $ier  ertlärt 
e*  nun  ©.  ald  unmöglich,  feftjufteflen,  meiere  ber  ffinber  üon  Äarl  VI. 
ftnb  —  befanntlid)  fu$te  Seanne  b'Ärc  Start  VII.  über  feine  e$te 
Sbftammung  ju  beruhigen  —  aber,  argumentiert  er,  mer  immer 
«arid  VII.  Cater  mar,  bie  ©iologie  ber  Sfabeau  (biefer  femme 
nervease,  vaporeuse,  neuraethänique,  excitte,  Bouffrant  de  trou- 
bles  uterinee,  tiAgante,  aimant  le  luxe,  prodigue)  genügt  für  fid), 
bie  2)efe!te  in  Äarl  VII.  unb  ßubmig  XL  ju  erflären  —  abgefe^en 
babon,  baß  fiubmig  XL,  audj  menn  er  nidjt  Don  Äarl  VI.  ftammte, 
burd>  feine  TOutter  TOaria  Don  ttnjou  capetingifdje*  ©lut  in  ftd) 
Ijatte.  3n  biefem  {JufammenlKmge  merben  alfo  bie  bäterlic^en  unb 
mütterlichen  ttljnen  gfabeau*,  9Bittel£ba$er  unb  Stfcontt,  betrachtet. 
Z)a|  ber  mütterliche  ©rofctmter,  SJernabö  SSifconti,  att  (Erotomane 
unb  einer  ber  graufamften  Joannen,  metdje  bie  ©efdjidjte  fennt, 
eine  anormale  <£rf Meinung  repräfentiert,  roirb  pon  niemanben  in 
gmeifel  gebogen  merben.  ®ei  ben  Ijier  in  ®etradjt  fommenben 
Bittettbadjern,  ben  fteben  erften  (Generationen  be*  $aufed,  feit  fie 
bie  $er}ogdmürbe  erlangten,  f)at  bi$l)er  niemanb  erblidje  ©elaftung 
gefugt,  unb  toa&  8.  für  biefe  Annahme  beibringt,  fdjeint  mir  nidjt 
an*rei$enb,  fie  }u  rechtfertigen.  3n  biefen  mie  in  anberen  Säuen 
merben  über  bie  Srage,  ob  eine  fo  meitreidjenbe  pfyjftfdje  Berfettung 
angenommen  merben  barf,  nod)  meljr  Stimmen  öon  SKebijinern  ju 
!>dren  fein.  6o  Piel  aber  fann  fdjon  jefet  bemerft  merben:  menn 
eine  mebtftinifcbe  Hnfdjauung  begrünbet  ift,  monad)  aud)  Dinge  mie 


816  2iteraturberi*t. 

(Stottern,  ®d)lagfluf$  als  BerfettungSglieber  für  getftige  Jtrantljeit  &u 
betrachten  ftnb,  bann  bürften  roo^I  wenige  gamilien  oljne  erbliche  Sc* 
laftung  übrig  bleiben.  Sin  au*gefprod)ener  gafl  Don  ©eifteSfranffteit 
finbet  ftdj  unter  ben  2Bittel8bad)ern  dorn  12.  bi£  15.  ^a^r^unbert  bei 
bem  einzigen  2Bilf)etm  HL  don  fcollanb  (1333—1388),  bem  ©ofyie 
SubroigS  beS  Sägern.  #ier  fann  bie  ffranfljeit  fpontan  ober  al* 
(Erbftücf  don  mütterlicher  ©eite  aufgetreten  fein.  Sei  B.  dermifct  man 
bie  unerläßliche  Unterfudjung,  ob  ber  ShranfyeitSfeim  ettua  t>on  ben 
©rafen  don  §ottanb  ftamtnte.  Überhaupt  ftnb  bie  foHateralcn  Sfcen* 
benten  audj  in  biefem  Kapitel  meift  unberücfftdjtigt  geblieben.  D^ne 
beren  #ereinjiefjung  fommt  man  aber  ju  feinen  IjalbroegS  gefiederten 
(Ergebniffen  über  (Erblid)feit.  Hud)  für  bie  bireften  Hfjenbenten  ift 
l>ier  ber  erreichbare  ©rab  öon  Boflftänbigfeit  in  ber  Sammlung  ber 
beadjtenSroerten  d^ugniffe  nidjt  erreicht.  Bon  bem  jroeiten  unb  britten 
Banbe  meiner  ©efd)id)te  Bayerns  l)at  B.  reichlichen  unb  banfbaren 
©ebraud)  gemalt.  3)en  erften  \)at  er  nidjt  benufct,  weil  er  Otto  I. 
erft  don  feiner  (Erhebung  jum  #erjoge  an,  alfo  nur  in  feinen  brei 
legten  Sebendja^ren  in$  Sluge  faßt.  3)a$  ift  aber  bie  für  feine  (Jlja* 
rafteriftif  bebeutungSlofere  Sßeriobe.  infolge  biefer  Derfe^lten  Ab» 
grenjung  festen  in  ben  3^Öniffen  über  Otto*  fitat  peychique  bie 
midjtigften :  Otto  don  greifing  unb  Sftaljerom,  unb  mirb  ber  3äf)jow, 
neben  Zapferfeit  unb  (Energie  bie  auSgeprägtefte  Efjaraftereigenfdjaft 
be£  roittel8bad)ifct)en  gelben,  don  99.  nidjt  ermähnt.  (Ein  SRangel, 
ber  in  biefer  9lrt  don  Starfteilung  befonberS  in*  ®emid)t  fällt  ba 
biefe  (Eigenfdjaft  nad)  B.8  ©qftem  in  Berbinbung  erfdjeinen  mürbe  mit 
ber  »foUe  violence  et  l'emportementc  be$  UrcnfelS,  §.  Subroigd  DL, 
foroie  mit  bem  burd)  DttoS  Neffen,  Otto  VIII.,  in  ber  $i$e  be$ 
dornet  Dodbradjten  äKorbe  be«  Königs  ^ilipp.  «ud>  Otto  VÜL 
mirb  als  ©eitenderroanbter  don  B.  nidjt  ermähnt.  ÜRit  (Empfjafe 
belömpft  99.  meine  Beurteilung  ber  Untat  SubroigÄ  II.,  ber  Einrich- 
tung feiner  ©ema^lin  SWaria  Don  Brabant,  als  eines  Hu$brud)S  ato- 
biftifdjer  Barbarei.  @ie  fnüpft  an  bie  don  lacituS  überlieferte  Stedjta* 
fttte  ber  ©ermanen  an:  adulteria,  quorum  poena  praesens  et 
maritis  permissa  unb  bürfte  in  biefem  Sinne  nidjt  anzufechten  fein. 
Ob  SbolfS  Beinamen  »simplex«,  „ber  ©ledjt"  richtig  al8  »le  Niaißc, 
ber  (Einfältige  gebeutet  werben  (©.  11),  fann  man  bejroeifeln.  Sud) 
erreichte  biefer  ©otjn  JRubolfS  nidjt  ein  Sllter  don  21,  fonbem  don 
27  Sauren  (ögl.  $äutle,  ©enealogie,  @.  9).  3mmerl)in  derbient  aud; 
in  biefem  Slbfdjnitte  bie  Betonung  unb  Beleuchtung  einiger  bttfjer 


granfreid).  317 

»eiliger  beamteter  $üge,  tote  ber  legten  Äranfyeit  Submig*  IL,  unfere 
ttuftnertfamfeit. 

SReine  üuSfteHungen  belogen  fidj  auf  ein  fiapitel,  beffen  (Segen* 
ftanb  bem  eigentlichen  (jiftortföen  3forfd)ung$gebiete  8.8  fem  liegt, 
unb  eS  märe  unbillig,  Don  Ijier  au«  einen  Sdjluß  auf  Unjuberläffig* 
feit  be$  (Standen  gu  jieljen.  SBir  bürfen  üielmefjr  ba$  99udj  al£  eine 
Ijodjtoerbienftlidjc  ßeiftang  begrüfeen,  bie  eine  Stenge  neuer  äuffdjlüffe 
unb  eine  güllc  t>on  Anregung  bietet.  Sine  roertoolle  grudjt  ber  An- 
regung mürben  mir  barin  erblicfen,  menn  bie  #iftoriter  bie  biologifdjen 
SRomente  fdfärfer  als  bitfjer  in*  Äuge  faffen  unb  menn  fte  in  jmeifel* 
Ijaften  gällen  öfter,  al*  bisher  fdjon  gefdjeljen,  bei  SWebijinern  fidf 
9iat  erholen  mürben.  3)ie  für  bie  ©efdjidjte  ber  mittelalterlichen 
(Eapetinger  gemonnenen  neuen  (Ergebniffe  bat  ber  8f.  felbft  am 
Sdjluffe  (®.  655)  jufammengefafet.  (Er  Ijebt  fceroor :  bie  (Erflärung 
ber  legten  politifdjeu  $anbtungen  bed  ©rafen  Dbo  bon  ißarid,  feiner 
Ser^anblung  mit  ben  Slormannen  unb  ber  3)efignation  Karte  be& 
(Einfältigen  als  feine*  9iad)folger8  im  Königtum.  Dbo  erlag,  mie 
man  au«  bem  Seri$te  WidjerS  folgern  mufs,  einem  Unfall  »de  manie 
aiguec  unb  folgern  gefjt  ftetS  üorau«  »une  päriode  latente  de  de- 
preesion  mäancolique«.  ferner  bie  (Erflärung,  marum  $l)ilipp 
Huguft  feinem  JBater  ßubroig  VII.  ba$  RönigSfiegel  abnahm:  bie 
ÄranH)eit$erfdjeinungen,  bie  beim  Sater  1179,  1180  auftraten,  roaren 
bie  Sorläufer  einer  ®eljirnermcid>ung.  Saß  Sßfjtlipp  Huguft  üoreilig 
^aläftina  öcrliejj,  auf  bie  SRelbung  Don  einer  »otfdjaft  ber  «ff  affinen 
burd)  ben  Hlten  bom  ©erge  in  grofce  Vngft  geriet  unb  feine  (Sc« 
ma^ltn  Sngeborg  fogleid)  nad)  ber  #od)jeit  t>er(ie§:  alle«  bie«  mirb 
unter  Sermertung  Don  »räpelin«  Sbbanblung  über  ben  (Einfluß  atuter 
Rrantyetten  auf  bie  Sntftefjung  Don  ®eifte«franf(jeiten  jurürfgefüljrt 
auf  eine  »nävrose  post-infectieuse  chez  an  häräditairec.  $ie(Epi* 
bemie  unter  ben  ftreujfafjrern  in  ^ßaläftina  1191,  bie  aud)  Sß&ilipp 
Buguft  ergriff,  unb  bie  bon  bem  cor  Älfon  (jerrfdjenben  ©forbut  ju 
untertreiben  ift,  mirb  al«  ©djroeijjfieber,  suette,  beftniert,  ba«  tytx 
}um  elften  SRale  in  ber  ©efd)id)te  nadjroeiSbar  fei.  SBa«  Karl  VI. 
betrifft,  mirb  ber  ©rab  ber  83erantroortlidjfeU  in  feinen  jpanblungen 
feftgeftedt,  bei  ftarl  VII.  feine  Untätigfett  nadj  ber  Jljronbefteigung 
ertlart.  Äud)  auf  bie  Wegententätigfeit  Subroig«  XL,  ber  in  ber 
auftgebeljnten  (Einleitung  bef proben  mirb,  fällt  einige«  neue  £id)t. 
Seldje  $ilfe  bie  Jßatljologie  audj  für  ein  bem  «nfdjein  nad)  rein 
l)iftorifd)e*  Problem   gemäßen   fann,   jeigt  bie   mufterljafte  Unter« 


318  Siteraturberidjt. 

fudjung  aber  ben  Stutor  be*  anonymen  93erid)te$  über  ben  $ob 
ÄarlS  V.  üon  granfrcid)  (f.  ben  Anfang).  äRit  gro&er  SBafjrfdjeüu 
lidjfeit  mirb  als  fein  SSerfaffer  Guillaume  de  Breval,  infirmariuß, 
b.  §.  ber  ba3  ©pital  leitenbe  2Rönd)  bet  Abtei  ®t.  Denis,  nad)geroiefen. 
äRündjen.  Sigmund  Riezler. 

Mazarin  by  Arthur  Hassmll.  London,  Macmillan  &  Co.  1903. 
XVI  u.  187  6. 

©ammelmerte  Reiben  faft  ausnahmslos  ba8  ©djitffal,  t>on  tyxtn 
berfdjiebenen  Mitarbeitern,  fo  forgfältig  biefelbcn  audj  ausgeführt 
fein  mögen,  red)t  ungleidjmertige  Beiträge  ju  erhalten.  Da$  tyt 
mir  befonber*  lebhaft  lieber  #affatt$  SRajarin  au§  ber  Foreign 
Statesman  Series  oon  SBurt)  jum  SJemufjtfein  gebraut.  ffiäljrenb 
ber  SRidjelteu  biefer  Sammlung  au8  ber  geber  8obge$  eine  feljr  tüdj* 
tige  Seiftung  ift,  erfdjeint  mir  biefe  Arbeit  über  SRajarin  red/t  un« 
bebeutenb,  atö  ob  ber  minber  grofje  ©cgenftanb  audj  einen  minber 
guten  ^Bearbeiter  finben  füllte!  Denn  ba$  leuchtet  audj  au&  biefem 
93ud)  tyerbor,  ba&  man  SRajarin  nidjt  in  einem  Stern  mit  Stidfelieu 
nennen  barf.  SflerbingS  bemüht  ftd)  ja  ber  9Sf.  reblid),  SRaaarinS 
mirflidjer  SBebeutung  geregt  ju  werben,  unb  ift  f)ier  unb  ba  aud)  ein 
menig  öerliebt  in  iljn,  fo  bafc  er  if)n  überfdjäfct,  aber  trofrbem  ift  e$ 
if)m  nid)t  gelungen,  ifjn  auf  bie  #öl)e  eincS  fdjöpferiföen  ©taatS* 
mann*  ju  fteüen. 

Und  Hegt  gemifj  nichts  ferner,  al£  äRajarinS  ©ebeutung  —  etroa 
im  ©inne  SRidjeletS  —  niebrig  ju  fteüen,  aber  mir  möchten  fie  bodj 
richtig  gefaßt  miffen.  Sr  ift  und  im  guten  ©inne  beS  SBorte*  ber 
tüdjtige  OefdjäftSmann  3tidjelicufd)er  $olitif,  inSbefonbere  ber  erfolg« 
reiche  SPaffierer  feiner  (Erfolge,  ©o  gehört  er  ju  ben  menigen  $er« 
fönlidjfeiten,  bie  fid)  als  geeignete  SRadjfoIger  groger  SRänner  er* 
roiefen  l)aben,  unb  ba$  ift  aud)  eine  ©röfjc.  ©eine  Aufgabe  mar 
beileibe  nidjt  leidjt.  (Einmal  mar  er  SluSIänber,  unb  ba*  mottte  in 
granfreid),  mo  jubem  erft  bor  einem  SRenfdjenalter  fein  Sanb&mann 
ber  SRarfdjaH  Äncre,  bem  gfrembenljajj  ber  Nation  geopfert  morben 
mar,  meljr  benn  fonftmo  befagen.  Dann  aber  Ijatte  er  eine  Sßolitit 
$u  bertreten,  bie  in  eben  biefem  Canbe  aufd  äufeerfte  berabfdjeut  mar. 
SRajarin  ift  nun  beiber  ©djroierigfciten  mit  bem  (Erfolge  $err  ge* 
morben,  baß  9tid)elieu$  SBert,  bie  Segrünbung  be$  föniglictyen  Äbfo* 
lutiSmuS,  nunmehr  enbgültig  gefiebert  mar.  Darin  erFennen  mir  M 
eigentliche  SBerbienft  SRajarinS.    Demgegenüber  muffen  mir  feine  Cr« 


3rranfcei$.  319 

folge  in  bet  äußeren  $olitif  biet  geringer  einfdjäfcen.  $ier  tyatte 
tym  Richelieu  bodj  fo  gut  Vorgearbeitet,  unb  Ijier  [tieft  er  auf  fo  Diel 
weniger  ©djwierigteiten,  bafc  er  im  ©runbe  nur  einguljeimfen  brauste. 
Sein  (Seiingen  in  ben  inneren  SBirren  tft  bagegen  um  fo  verbienft* 
tidjer,  att  er  nirgenb*  brutal  tote  fein  Vorgänger  burdjgegriffen  Ijat; 
freiließ  Hegt  eben  barin  audj  ber  ©runb,  warum  er  fo  biel  mülje* 
ooöet  als  jener  feine  Hufgabe  bewältigt  ljat.  2Rel)rfa$  tft  üjm  bie 
Arbeit  gerabegu  aber  ben  ftopf  gemadjfen.  3)a  Ijat  iljm  benn,  tote 
man  nidjt  leugnen  tann,  ein  gut  Zeil  ®lürf,  befonber*  bie  ftete  Un* 
etntgteit  ber  ©egner,  bie  er  ja  freilief)  gu  benufeen  oerftanb,  immer 
wieber  au*  ber  3lot  herausgeholfen.  @o  greift  man,  meine  idj,  mit 
$änben,  rote  SRagarin  —  im  (Segenfafc  gum  Staatsmann  fflidjelieu 
—  oor  allem  ein  Diplomat  getoefen  ift. 

3>a8  erfennt  nun  audj  ©affall  mit  (Sljiruet  an,  bem  er  ftdj  über* 
fjaupt  gang  angefdjloffen  t)ot,  läftt  ba&  aber  in  ber  Darfteflung  felbft 
gu  wenig  hervortreten,  (Er  f)ätte  ftd)  unb  feine  ßefer  gmeifelloS 
grünbli$er  bavon  überzeugt,  toenn  er  in  feinem  erften  Kapitel,  too 
ber  gegebene  Sßlafc  bafür  toar,  gunädjft  SRidjelieu*  SBerf  getoürbigt 
unb  bann  an  ber  Art,  wie  SRagarin  baran  antnfipfte,  ben  Unterfdjieb 
gwifdjen  beiben  SRännern  ertoiefen  l)ätte. 

Statt  beffen  gibt  er  in  ber  (Einleitung  einen  fefjr  überflüffigen 
Umri§  bon  SRagarinS  JBerf,  fo,  wie  er  iljm  erfdjeint,  unb  geljt  bann 
faft  fofort  auf  fein  SRinifterium  ein.  (Er  fpridjt  freiließ  aud)  von 
feiner  3ugenb,  aber  nur  in  äußeren  Stoten:  „Bon  3Ragarind  innerer 
(Entwicflung  ift  nidjt  bie  Siebe.  (Entwicflung  föeint  überhaupt  nicfyt 
bie  ftorfe  @eite  be*  Bf.  gu  fein:  Vorgänge  unb  ftanblungen  werben 
^ingeftedt,  oljne  baft  man  oiel  bon  iljrem  tieferen  ©runbe  erfährt, 
C^arafteriftif  von  ^erfonen  ift  nur  bfirftig  Vorlauben.  3)ie  eigent- 
lidje  gorm  ber  $arftellung  gibt  vielleicht  nodj  mefjr  Slnlafc  gu  (Sin« 
würfen. 

J)em  »f.  ge$t  —  menigften*  $ier  —  ber  »lief  für  bad  fflefent* 
lidjc  Völlig  ab.  Safür  verbreitet  er  fid)  nufcloS  über  unbebeutenbe 
(Ereigniffe  unb  toirb,  ba  er  fefjr  nüchtern  unb  reigloS  fdjreibt,  fallen* 
weife  langweilig.  $affa(l  pflegt  aud),  wa8  er  auftfüljrlid)  barfteOt, 
jebeftmal  vorder  fürger  gu  erjagen.  3)iefe  (Eigenheit  ift  fo  audge« 
prägt,  ba|  fte  gerabegu  gur  Unart  wirb.  9Ran  vergleiche  bie  Seiten 
5  f.,  8,  13,  17,  41,  49  f.  unb  bie  jebeSmal  folgenbe  Darfteilung. 
Da  glaubt  man  beifpieldweife  im  3al)re  1649  gu  fein,  auf  einmal 
ift    man  wieber   1644,    unb  fo  wirb   man    unauSgefefrt   vorwärts 


320  8iteraturberid)t. 

unb  rücfmärtS  gemorfen.  5)er  Steig  bcr  fieftürc  gel)t  natürlich  burd> 
foldje  Sormegnatjme  ber  SRefultate  verloren,  befonbtr*  an  ©teilen, 
roo  bie  fürjere  S)arfteQung  allein  genügt  fjätte. 

Um  bod)  aud)  bie  Sidjtfeiten  jur  @eltung  gu  bringen:  Bon 
Kapitel  4  an  befriebigt  bie  5)arftellung  etma§  me$r,  am  glüdlidjften 
finb  mofjl  Kapitel  7  unb  8,  in  benen  fidj  bie  ©efdjidjte  ber  auSroftr- 
tigen  $olitif  bon  1648—1659  nid)t  übel  lieft.  93on  ben  Darlegungen 
ber  inneren  $ert)ältniffe  Ijaben  und  bie  Angaben  über  bad  Parlament 
auf  Seite  56—58  gefallen. 

3m  ganjen  aber  muffen  mir  an  unferem  ablefjnenben  Urteil 
fehlten.  Theodor  Kükelhaus  f. 

$tetridj  @djäfer,  äolomalgefdjidjte.  (Sammlung  <0öfd)en,  ßeipjig. 
1903.   154  6. 

SSenn  bie  SBelt  §eute  im  deinen  be*  Serte^rd  fte^t,  fo  tritt 
bie  #iftorie,  fomeit  fie  iljr  ©piegelbilb  fein  miß,  augenfdjeinlid)  me^r 
unb  mefjr  in  ba§  3«$«*  ber  Kolonialgefd)idjte.  3n  2)eutfdjlanb 
freiließ  erft  feit  furjem  unb  noefy  jögemb.  ®enn  mä^renb  in  San* 
bern,  bie  fdjon  lange  mit  Kolonien  ju  fcfyaffcn  fjaben,  roie  Spanien 
unb  granfreid),  $oDanD  unb  ©nglanb,  bie  Siteratur  über  Sefieb* 
lung$gefdjid)te  nadjgerabe  unüberfe^bar  gemorben  ift  —  man  burd)* 
blättere  nur  ben  Katalog  öoin  englifdjen  Kolonialinftitut  —  finb  mir 
Seutfdjen  faum  über  bie  erften  $erfud)e  bfaauS,  .abgefeben  natürlich 
Don  einigen  tüchtigen  veralteten  SBerfen. 

3)a8  tjängt  ja  freiließ  mit  unferm  fpttten  eintritt  in  bie  Kolonial* 
beroegung,  alfo  mit  unferer  ganzen  nationalen  Vergangenheit  ju» 
fammen,  bod)  liegt  e$  gemifc  aud)  an  ber  übertriebenen  @djeu  unferer 
#iftorifer  vor  gar  ju  naljer  Serüljrung  mit  ber  (ebenbigen  Sßolitit 
aber  fdjon,  menn  mir  ben  ererbten  flftufjm  befonberer  Vertrautheit 
mit  ben  SBerljältniffen  frember  SSölfer  nidjt  einbüßen  motten,  faßten 
mir  in  ber  Kolonialgefdjidjte  anbem  ben  SBorfprung  abjugeroinnen 
tradjten. 

$>ie  Stu3fid)ten  baju  laffen  fid)  neuerbingS  gar  nidjt  ungünftig 
an.  @$on  feit  einigen  Sauren  finb  UnioerfttätSleljrer  bemüht,  fid) 
unb  itjre  jünger  über  biefe  terra  incognita  )u  belehren,  unb  bann 
erfreuen  mir  und  minbeftenS  fdjon  jroeier  ^eröorragenbcr  Kenner 
biefe»  ®ebiet$.  ®er  erfte,  SegationSrat  2)r.  Sllfreb  3immermamt, 
fjat  un£,  abgefeben  Don  Heineren  Arbeiten,  in  ben  nun  abgesoffenen 
fünf  Vönben  feiner  „Suropäifdjcn  Kolonien"  ein  ftoffreidje*  SBerf 


J?olomaigefd)id)te.  821 

über  bie  Jtolonialpolitif  SßortugalS,  Spaniens,  (EnglanbS,  granfreidjS 
unb  $oQatib£  befeuert,  ber  jroeite,  ?ßrofeffor  ©ietridj  «Schäfer, 
bat  auBcr  ber  reidjen  Anregung,  bie  bon  feinen  SBorlefungen  auS* 
gegangen  ift,  jüngft  in  einem  mogern  SJänbdjen  ber  Sammlung 
Qöfdjen  eine  allgemeine  J8olonialgefdjid)te  ab  ovo  Ledae  bi$  jum 
»Greater  Britaint  EljamberlainS  geliefert.  äRit  biefem  SBerfdjen 
baben  mir  e&  fjicr  ju  tun.  3)ian  erfleht  fdjon  auS  ber  Angabe  be3 
äufceren  Umfang«,  mie  toerfdjieben  bie  jroeite  öon  ber  erften  Arbeit 
tft  ©ie  min  ja  aud)  ganj  anbem  ©ebürfniffen  bienen.  SBenn  ftd) 
bei  3«ntmcrmann  bie  roiffenfdjaftlidjen  unb  politifdjen  Streife  SBeleb* 
rung  unb  {Rat  Ijolen  fotten,  richtet  fidj  ©dj.  junädjft  an  bie  breiteren 
fiaienfdjidjten  beS  beutfdjen  S3olte.  9m  lefrten  ffinbe  fott  freiließ  aud) 
bei  iljm  unfere  Solontalpoütif  ben  ©croinn  Ijaben.  Auf  Schritt  unb 
Iritt  merft  man  e3  ifjm  an,  mie  er  auS  bem  immer  bod)  befdjränlten 
Stetig  feineS  JtoflegS  in  bem  8Bunfd)e  hinausgetreten  ift,  meljr  in  bie 
Seite  &u  rotrfen.  3)iefeS  Siel  mirb  er  mütjeloS  erreichen.  Obfdjon 
in  ruhigem,  fadjlidjem  Ion  erjagt  unb  miffenfdjaftlid)  fieser  gegrünbet, 
mad)t  feine  ©efdjidjte  bod)  ben  Sinbrucf  einer  tüdjtigen  glugfdjrift 
jugunften  unferer  Rolonialbemegung,  unb  man  barf  gemife  fein:  bie 
auS  it)r  queDenbe  tiefe  Überzeugung,  bafc  bie  meltgefdjidjtlidje  ©röfee 
eineft  SolfS  öon  feinen  tolontalen  Seiftungen  abfängt,  mirb  fid) 
manchem  iljrer  ßefer  mitteilen.  Qtoax  braudjt  man  ber  Schrift  nietjt 
eben  ad  bie  {Ruhmestitel  anjuljängen,  bie  ifjr  jüngft  ein  SRef.  in  ber 
Beilage  jur  allgemeinen  3^tung  in  überftrömenber  ©egeifterung 
gefpenbet  Ijat,  aber  fte  bringt  boc^  in  gefälliger  StarfteBung  unb  mit 
fuf)erin  Urteil  adeS  SBefentlidje  auS  ber  reinpolitifdjen  ©efdjid)te  ber 
äußern  ftolonifation  unb  tft  befonberS  in  bem  $auptabfd)nitt  über 
bie  neuere  @ieblung$gefd)id)te  als  furjer  «bri&  eine  febr  öerbienft« 
lidje  Seiftung.  3)er  ©erlag  ©öfcfjen  barf  fiity  {ebenfalls  gratulieren, 
bafs  tym  ein  Wann  mie  ©d).  fold)  ein  SReifterbÄnbdjen  —  geopfert 
l)at;  er  l>ätte  fid)  für  feinen  SeferfreiS  gebilbeter  fiaien  feine  Rarere 
unb  leidjter  üerftänblidje  Einführung  in  biefeS  ©ebict  roünfdjen  fönnen. 
Öleid)rool)l  (jätte  ein  $iftoriter  non  bem  §iftorifer  ©ietrieb  ©d). 
etwaS  mebr  crmarten  bürfen.  83or  allem  bebaure  id)  einS:  t)on  ber 
eigentlichen  Kultur*  unb  StoMfationSarbeit,  a(fo  bon  ben  Cciftungen 
ber  Kolonien  ift  bei  weitem  ju  menig  tytx  bie  {Rebe.  SRan  t)at  ben 
Sinbtuct,  alS  ob  cS  ©d).  met)r  auf  bie  ©arftettung  ber  triegerifeben 
(Eroberung,  ber  conquista,  als  auf  bie  (Entroicflung  ber  frieblidjen 
Pionierarbeit  angefommen  fei,  mie  jie  ber  Siorbamerifaner  beute  unter 

ftiftniffte  Scitf^Ttft  (Ob.  94)  91. 3.  LVHI.  21 


322  Siteraturbertdjt. 

conquest  begreift  3)a8  Reifst  aber  bod),  er  Ijat  fjöljeren  SBert  auf 
Stammen  unb  #intergrunb  aI3  auf  ba8  SBilb  felbft  gelegt.  TOan  fudjt 
fomit  pergebeng  bei  U)m  nad)  Seiegen  für  feinen  eigenen  Sag: 
w3Ran  fann  Kolonifaiion  als  einen  Kulturträger  erften  Stange*  bc« 
jeidjncn."  Unb  bod)  will  ba£  ©üdjtein,  bem  ©eleitwort  nad},  einen 
©nblicf  »in  bie  Srgebniffe  tun,  ju  benen  folonifierenbe  jätigfeit 
führen  fann  unb  fott"  unb  mutet  feinem  fiefer  bemjufolge  ju,  in 
ber  mobernen  ©efdjidjte  in  erfter  Stnte  an  bog  KolonifationStalent 
ber  ©ermanen  &u  glauben.  SBerufjt  benn  aber  beren  Überlegenheit 
über  bie  Sftomancn  nidjt  jum  guten  Seil  barin,  ba§  fie  iljre  fliege* 
rifdjen  (Eroberungen  jeberjeit  burdj  befonberS  reiche  Kulturarbeit  ge* 
rechtfertigt  l>aben  unb  jmar  wefentlidj  in  ©ebieten,  wo  iljnen  junädtft 
feine  anbete  Aufgabe  gefteflt  mar  als  biefe  ?  S)a$  weifc  @d).  natür* 
üd)  beffer  a($  jeber  fetner  Kritifer,  aber  tyätte  er  Don  folget  foloni* 
fierenber  lätigfeit,  jumal  ber  93riten,  ftatt  fie  nur  anzubrüten,  nidjt 
mit  befonberem  9?ad)brucf  erjagten  muffen,  wenn  fie  benn  unfere 
Seljrmeifter  in  ber  Kolonifation  werben  [oflen?  (Semig  feijlt  e8  nidjt 
an  eigenen  Kapiteln,  wo  üon  ber  Art  ber  Sejteblung  ber  oerfdjie« 
bencn  SBölfer  bie  Siebe  fein  foU,  aber  waS  ba  über  Serwaltung  unb 
SBirtfdjaft  fteljt,  bleibt  gar  )u  felpr  am  äußeren  haften.  S)er  enge 
Kaum  eine§  ©öfd}enbänbd)en$  Perbot  DteOcicfjt  größere  «u3fü$rlid>* 
feit?  Sann  bätte  bie  Sefpredjung  ber  Politiken  Eroberung  beffer 
eine  Kürjung  erfahren,  ©ewifc  ift  e$  nid)t  leid)t,  bie  ©renjen  ber 
eigentlichen  Kolonialgefdjidjte  gegen  bie  ber  weitem,  bie  »mit  ber 
Verbreitung  ber  9Renfd)en  unb  ifjrer  Kultur  über  bie  ffirbe  in  gc* 
wiffem  ©inne  gleidjbebeutenb  ift",  rechtzeitig  ju  jie^en:  t>ier  aber 
mußten  fie  {ebenfalls  ein  gut  Zeil  weiter  geftecft  werben.  So$ 
räumt  @$.  biefen  ganjen  Sinwanb  Pietteidjt  bamit  au«  bem  SBege, 
baß  er  un8  bemnädjft  ein  bef onbereä  8änbd)cn  wKolonifation§gefd}id)te1' 
befeuert?  3)aju  wäre  er,  nadj  bem  porliegenbcn  ©djriftdjen,  ber 
rechte  Wann.  Theodor  Kükelhaue  f. 

Harry  H.  Johnston.  A  History  of  the  Colon  ization  of  Africa 
by  alien  races.  (Cambridge  Historical  Series.)  Cambridge,  Univenity 
Press.   1899.   32a  6. 

$aS[elbe  SBerf,  überfefct  öon  9Ra£  t>.  fcalfero.  $eibetterg,  darf 
hinter«  UniDerfitätSbudrtanblung.  266  @. 

«frifa  fte^t  fdjon  feit  geraumer  Qdt  im  SSorbergrunbe  aller 
folonialen  gnterejfen  unb  wirb  eS  nod)  auf  lange  l)inau8  tun.    $<* 


Äofonialgefdjtdfte.  328 

Darf  eS  Derttmnbern,  bafj  e$  bid  Dor  furjem  nodj  faum  eine  ge« 
fdjtoffene  @efd)id)ie  btefeS  (Erbteil*  gegeben  bat.  greittd)  ftnb  gerabe 
an  feinet  ©efieblung  befonber*  Diel  Stationen  beteiligt  fo  bafc  eine 
3>arfteflung  iljreS  JBirfen*  im  einzelnen  Diel  näljer  liegt  att  eine 
©efamtgefdjidjte.  5)a  aber  anberfeit*  nur  jroei  größere  ttulturfretfe 
für  Sfrifa  roefenttid)  in  99etrad)t  fommen,  ber  mo^ammebanifc^e  unb 
abenblänbifdje,  fo  roirb  bie  Aufgabe  einer  allgemeinen  ©ieblungg» 
gef$id)te  bod)  bebeutenb  Dereinfadjt.  d^bem  ftnb  bie  Vorarbeiten 
ba}u  nacf)  jeber  Stiftung  fo  reidjlid)  unb  gut  Dorljanben,  bafc  man 
aud  iljnen  nur  ba£  IBefentlicfce  jufammenjuftetten  brauet.  3ol>nfton 
(jat  benn  oucf)  für  fidj  leinerlei  roeiteren  ffi&rgeij  Dcrfolgt,  in  SBirflidj» 
feit  aber  fetner  Srbeit  bod)  nod)  ctroaS  mebr  SBert  }u  geben  Der« 
ftanben.  Sor  allem  beroäbrt  fid)  bei  iljm  ein  SSorjug,  ben  man  fo 
manchen  britifdjen  $tfiorifern  nadjrübmen  fann :  id)  meine  bie  aufjer« 
orbentlid}  liberale  9(rt,  bie  SSerbienfte  anberer  Söller  anjuerfennen, 
fobalb  feine  brennenben  gntereffen  meljr  für  ifjr  eignes  Sanb  auf 
bem  ©piele  ftefjen.  (Eine  geroiffe  ^Benommenheit  $eigt  3.  berart  gegen 
Suren  unb  Seutfdje  in  ben  nod)  nid^t  enbgültig  geregelten  gragen, 
im  übrigen  aber  ifi  er  Don  gerabeju  erfreulicher  Unparteilk&feit. 
3nSbefonbere  gilt  t>a$  Don  feinem  Urteil  über  granjofen  unb  $ortu* 
giefen.  3)a  ift  Don  feiner  Überlegenheit  ber  @ermanen  über  bie 
Romanen  bie  5Rebe,  ba  roirb  nur  fdjltdjt  gefdjilbert,  roa$  biefe  beiben 
Sötter  in  tyren  afrifanifd)en  Sieblungen  geföaffen  !}aben.  Unb  man 
gewinnt  roaljrlid)  ade  Hdjtung  Dor  ben  Seiflungen  Ijier  roie  bort. 
.Stimmt  man  bem  ttfritaner",  Reifet  eS  im  jroeiten  Kapitel,  „Don 
feinen  heutigen  StaljrungSmitteln  nur  roenige  ber  ©obenerjeugniffe 
fort,  bie  bie  Sßortugiefen  Dom  fernen  Oft  unb  ffieft  tym  gebraut 
baben,  fo  roirb  er  mit  bem  Äflernotroenbigften  unb  ben  etnfadjfteu 
SuyuSgegenftänbe«  nur  fetjr  färglid)  Derforgt  bleiben."  Stidjt  minber 
tüchtig  erfdjeint  in  3*  DarfteUung  bie  (Energie  unb  ba*  ©efdjicf, 
womit  bie  granjofen  il)re  ©efifcungen  am  9tiger  gewonnen  unb  Der« 
roertet  $aben. 

Vudj  bie  rcligiöfe  unb  ftaatengrünbenbe  Arbeit  ber  SRoIjamme* 
baner,  Don  ber  man  fonft  fo  roenig  fjört,  obrooljl  e$  tyr  bod)  ju  Der« 
banfen  ift,  bafc  Äfrifa  nod)  Ijeute  jum  gro&en  leite  ber  Orientalen 
Shtltur  angehört,  tommt  f}ier  &u  iljrer  Derbienten  ttnerfennung. 

SDiefe  Ädjtung  Dor  roirflicben  Seiftungen  f)int>ert  inbeffen  nid)t, 
bog  3-  in  anberen  göQen,  roo  foldje  3iDilifation$arbeit  nidjt  Dor« 
Hegt,  entfpre$enb  anberd  urteilt   Die  unaufhörlichen  geinbfeligfeiten 

21* 


326  Stteraturberidjt. 

Einlage  gibt  i(>r  überhaupt  eine  felbftänbige  Stellung  neben  bem 
großen  SBerfe,  auf  ba£  fie  junäd)ft  nur  borbereiten  folltc.  3n  bem 
allgemeinen  folonialgcfdjidjtlidjen  Seil  ift  bie  ?lu$toaf)l  beS  mitgeteilten 
Stoffe*  meljrfad)  eine  anbere,  als  fic  bem  S)eutfd)en  geläufig  ift  Sie 
ift  aber  burdjroeg  fo  getroffen,  bog  fie  mit  roid)tigen  fragen  in  Qu* 
fammeuljang  ftetyt,  fo  baf$  ba8  3ntercffe  ftetS  roadj  erhalten  rotrb. 
Urteil  unb  Suffaffung  forbern  aüerbingd  manchmal  ju  SSiberfprud) 
IjerauS.  SBenn  j.  SB.  im  erften  Kapitel  (©.  7)  gefagt  roirb,  ba§  im 
allgemeinen  ba£  $auptmottD  folonifierenber  Xötigleit  auf  allen  ifjren 
Stufen  ba8  Segelten  geroefen  fei,  ben  SBo^lftanb  burd)  bie  9luffinbung 
neuer  SKärfte  für  bie  fjeimifd)e  3nbuftrie  ju  üermeljren,  fo  ift  biefe 
Behauptung  jroeifelloS  au&erorbentlid)  anfechtbar  unb  ftimmt  fd)led)ters 
bingS  nidjt  mit  bem  allermeiften  Don  bem,  mag  ber  93f.  in  btn 
folgenben  Kapiteln  Don  ben  gefd)idjtlid)en  ^ergangen  felbft  mitteilt. 
®r  $eigt  fid)  tyier,  rote  aud)  fonft,  geneigt,  mobeme  unb  mobernfte 
(Erfahrungen  auf  frühere  83erljältniffe  ju  übertragen.  ©benforoenig 
eintoanbfrei  ift  bie  auf  ber  gleiten  @eite  ftd)  finbenbe  öeljauptung, 
bafe  niemals  eine  Nation  fid)  an  ber  planmäßigen  Unterbringung 
überfdjüffiger  ©ebölferung  in  Kolonien  öerfudjt  t)abt,  beSgleidjen  bie  33e* 
merfung,  bafe  ba8  16.  unb  17.  3aljrt)unbert  leine  SuStoanberung  auf 
Orunb  fd)led)ter  Ijeimifdjer  Sage  getannt  Rotten.  $ie  Unterfdjeibung 
öerfdjiebener  Kolonienarten,  ein  fd)roierige$,  $u  öoller  3ufriebenl>eit 
übprfjaupt  nidjt  ju  löfenbeS  Problem,  roirb  burd)  bie  äu&erungen 
be$  93f.d  nid)t  geförbert.  ©e&r  SRidjtigeS  bcmerft  er  aber  über  bie 
Unterfc&iebe  englifdjer,  ruffifdjer  unb  amerifanifdjer  Kolonifation&roeife. 

9Man  roirb  englifdje  Sucher,  aud)  roenn  fie  nid>t  gerabe  felp  tief 
gcljen,  feiten  oljne  Anregung  aud  ber  ftanb  legen.  SDer  {Reij  liegt 
jugleid)  in  ber  $äuftgteit  eigenartiger  anfielen  unb  im  $ert>orl)eben 
tyerborftedjenber,  fid)  einprägenber  Jatfadjen.  Äud)  ber  fiefer  biefe« 
SöüdjleiuS  wirb  mit  biefem  (Einbrucf  oon  feiner  Settüre  fd)eiben. 

$>en  einzelnen  Kapiteln  finb  banfenSroerte  turje  Siteraturnadp 
roeife  beigefügt;  aud)  unterftüfcen  adjt  f leine  Überfielt« arten  baS  Ber» 
ftänbnte. 

Berlin.  Dietrich  Schäfer. 

C.  P.  Lucas,  BA.  A  Historical  Geography  of  the  Britiah  Coloniea, 
vol.  1-V,  Oxford,  Clarendon  Press  1888—1901. 

3)iefe3  gro§  angelegte  unb  bod)  überfidjtlidje  SBert  öerbient  aud) 
in  Deutfälanb  bei  allen  greunben  allgemeiner  ®efd)id)te  aufmerffame 


Äoloniaigcföi*te.  325 

legentltd)  tut.  3m  übrigen  lieft  ftd)  feine  Übcrfcfcung  burdjau*  glatt. 
3u  bebauem  ift  nur,  bog  bie  übetftdjtlidjen  {(einen  harten  bc$  Dri* 
ginal*,  bie  fo  fc^ön  bie  Serteilung  ber  einzelnen  Nationen,  Stoffen, 
Religionen,  ber  @HaVerei,  ber  fulturfäljigen  ©ebiete  vorführen,  in 
ber  Überfefcung  einer  jroar  großen  unb  feljr  eingeljenben,  aber  eben* 
barutn  unüberftd)tltd)en  ©efamtlarte  l>abcn  meinen  muffen. 

Theodor  Kükelhaue  f. 

Hngh  Edward  Efferton,  M.  A.,  The  Origin  and  Growih  of  the 
English  Coloniee  and  of  their  System  of  Government.  Oxford, 
Clarendon  Press.   1903.   VIII,  224  6.   8°. 

S)em  weiterhin  befprodjenen  großen  SBerfe  Von  Sucad  ging 
eine  1887  veröffentlichte  Einleitung  Dom  ®f.  fclbft  vorauf  Da 
biefe  vergriffen  unb  ber  Autor  felbft  verijinbert  mar,  eine  iReubear* 
beitung  fertig  }u  ftellen,  Ijat  $uglj  ffibmarb  ffigerton,  beffen  im  3al>re 
1897  erfdjienene  Short  Hietoiy  of  British  Colonial  Policy  roo^l» 
Verbitnte  freunblidje  Aufnahme  gefunben  fyat,  biefe  Aufgabe  über« 
nommen  unb  in  überfid)t(id)er  SBetfc  gclöft. 

S)te  „ (Einführung *  ift  im  roef entließen  eine  fyiftorifdje  geblieben. 
€te  geljt  au£  ton  ben  Verfdjicbencn  Arten  ton  Kolonien  unb  folom* 
fierenber  Xätigfeit,  befpridjt  bann  nadjeinanber  ba3  3*ita(ter  ber 
Gntbecfungen  unb  bie  Segrünbung  be3  fpanifdjcn  unb  bcS  portugic* 
ftfdjen  Kolonialreich,  §oüanb  unb  JJranfreid)  al§  Kolonialmächte 
unb  bie  privilegierten  ®efellfcf>aften,  julefct  bie  engliföen  Kolonien 
in  Amerifa.  3)ann  befjanbeln  jroei  cingeföobcne  Äbfdjnitte  ba$ 
SRerfantilfoftcm  unb  bie  Arbeiterfrage,  in  ber  $auptfad}e  bod)  audj 
!)ijtarifrf).  ©§  folgen  Kapitel  über  bie  SBermattung  ber  britif$en 
Kolonien  bor  unb  nad)  bem  amerifanifdjen  Unab^ängigfeitdfriege  unb 
über  bie  Probleme  ber  jufünftigen  Bedienungen  jroifdjen  SRutterlanb 
unb  Kolonien.  Al$  Äppcnbij  ift  bie  djronologifdje  Überfielt  ber 
britifdjen  Kolonialcrroerbungen,  bie  2uca$  1887  feinem  SBerfe  vorauf* 
föictte,  toieber  beigegeben,  feine  bloße  3)atcnjufammenftellung  roie 
ju  Anfang  von  ö.$  Short  History,  fonbem  eine  furje  ffirjä&lung. 
$er  neue  Herausgeber  f)at  fie  Von  1887—1903  weitergeführt. 

$efd)äftigung  mit  öucaS'  geograpljifd)  angelegtem  SBerfe  forbert, 
fofern  fie  nidjt  bloß  in  9iadjfd)lagen  befielen  fofl,  eine  fjtftorifdjc 
(Einführung.  Da  e£  in  beutfdjer  ©pradje  an  einer  fnappen  Überfielt 
ber  englifdjen  Kolonialgcfcbidjte  fefclt,  fo  ift  bie  ®infüt>rung  aber 
aud)   für   ben   beutföen  Sefer   brauchbar.     Sfyrc  ganj  abn>eid)cnbe 


326  giteraturberigt. 

Einlage  gibt  iljr  überhaupt  eine  fclbftänbige  Stellung  neben  bem 
großen  SBerfe,  auf  ba$  fte  junädtft  nur  vorbereiten  fotttc.  3>n  bem 
allgemeinen  foIonialgefd)id)tlid)en  Seil  ift  bie  äuStoaljl  be8  mitgeteilten 
(StoffeS  mefcrfadj  eine  anbete,  at£  fte  bem  2>eutfd)cn  geläufig  ift  Sie 
ift  aber  burdjroeg  fo  getroffen,  baß  fie  mit  mistigen  fragen  in  8Us 
fammenljang  fteljt,  fo  baß  ba$  3ntereffe  ftetS  roadf)  erhalten  nrirb. 
Urteil  unb  Äuffaffung  forbem  aKerbingS  manchmal  }u  SBiberfprud) 
IjerauS.  SBenn  j.  ©.  im  erften  Kapitel  (©.  7)  gefagt  mirb,  baß  im 
allgemeinen  ba£  $auptmotio  folonifterenber  lätigfett  auf  allen  tyren 
©tufen  ba8  SSegeljren  geroefen  fei,  ben  SBoljljianb  burd)  bte  Suffinbung 
neuer  SRärfte  für  bie  l)eimifd)c  3nbuftrie  ju  vermehren,  fo  ift  biefe 
Sefjauptung  jmeifellod  außerorbenttitf)  anfechtbar  unb  ftimmt  fdjledjter* 
bingS  nidjt  mit  bem  adermeiften  oon  bem,  roaS  ber  33f.  in  ben 
folgenben  Kapiteln  Don  ben  gefd)id)tUd)en  ^ergangen  felbft  mitteilt. 
®r  jeigt  ftdf)  l)ier,  mie  audj  fonft,  geneigt,  mobeme  unb  mo  bem  fte 
(Erfahrungen  auf  frühere  SJertyältniffe  ju  übertragen.  Sbcnforoenig 
cintoanbfrei  ift  bie  auf  ber  gleiten  ©cite  ftd^  finbenbe  Sefjauptung, 
baß  niemals  eine  Station  jtety  an  ber  planmäßigen  Unterbringung 
überfdjüfftger  ©ebölferung  in  Kolonien  öerfudjt  Ijabe,  beSgleidfjcn  bie  SBe* 
merfung,  baß  ba$  16.  unb  17.  Safcrljunbert  feine  SluSroanbcrung  auf 
©runb  fdjledjter  brimifdjer  Sage  gelannt  Rotten.  S)ie  Unterfcfceibung 
öerfdjiebener  Kolonienarten,  ein  fd)imerige$,  gu  toller  3ufriebenl>eit 
überhaupt  nid)t  ju  löfenbeS  Problem,  mirb  burd)  bie  Äußerungen 
be£  S3f.§  ntd)t  geförbert  ©e&r  9iicf)tige3  bemertt  er  aber  über  bie 
Unterfdjiebe  englifc^er,  ruffifdjer  unb  amerifanifdjer  SolonifationSroeife. 

SDtan  mirb  englifdjc  Sucher,  auef)  roenn  fie  nid^t  gerabe  fe&r  tief 
getyen,  feiten  ofjnc  Anregung  au£  ber  $anb  legen.  3)er  Sfteij  liegt 
jugleidj  in  ber  $äuftgfeit  eigenartiger  Snfidjten  unb  im  #eroorljeben 
fjerborftedjenber,  fidj  einprögenber  Jatfadjen.  Sudf)  ber  fiefer  bie  je* 
35üdjlein$  mirb  mit  biefem  ffiinbrucf  oon  feiner  fieftüre  fd&eiben. 

S)en  einzelnen  Kapiteln  finb  banfcnSroerte  furje  Sitcraturnad)* 
meife  beigefügt;  audf)  unterftüjjen  ad)t  Heine  ÜberfidjtMarten  ba3  8er* 
ftänbniä. 

©erlin.  Dietrich  Schäfer. 

C.  P.  Lucas,  BA.  A  Historical  Geography  of  the  British  Coloniea, 
vol.  1— V,  Oxford,  Clarendon  Press  1888—1901. 

2>iefe3  groß  angelegte  unb  bodj  überfid)ttid)e  SBerf  perbient  audj 
in  3)eutfd)lanb  bei  allen  greunben  allgemeiner  ®efd)id>te  aufmerffame 


fto(ontaIgeid)id)te.  327 

Seadjtung,  ba  mir  in  unferer  Literatur  nidjtd  Ä&nlidjeS  fcoben.  Sie 
Snlage  iß  rein  geograpljifdj.  Sa  eine  Überfielt  über  bie  Sufeinanbcr* 
folge  ber  eng(ifd)en  folonialen  (Erwerbungen  unb  eine  jufammen* 
foffenbe  @efcf)id)te  be*  engltföen  ÄolonialroefenS  nid)t  gegeben  wirb, 
ift  eine  (Einleitung  (in  jmeiter  Stuflage  bie  befprodjene  (Egerton*)  öor» 
aufgefd)icft  morben.  Ser  *ßtan  ift  unter  SWitroirhmg  t>erfd)iebener 
©pejialtften  burd)gefü§rt,  bie  in  ben  SJorreben  }u  ben  einzelnen 
Oönben  genannt  merben.  #eran$gcber  aud)  ber  einzelnen  ©änbe  ift 
bodj  allein  ßucaS. 

Born  l>iftorifd)*politifd)en  ®efi<f)t$punft  aud  mtrb  man  einen 
Überblicf  über  ©rofibritannienS  ungeheures  Kolonialreich  am  beften 
geroinnen,  wenn  man  e&  in  ben  brei  ©nippen  ber  ©icbelungfllanbe, 
ber  $errfd)aftSgebiete  unb  ber  ©idjcrungSpoften  in$  Äuge  fafjt.  Sod) 
glaube  id)  taum,  bafc  bem  ®f.  biefe  (Einteilung  üorfdjmcbte,  als  er 
fid)  entfd)(ofs,  im  erften  Sanbe  in  ber  $auptfad)c  bie  britte  ©nippe 
ju  befpredjen,  benn  biefe  gehört  ber  Ijtftorifdjen  (Entroicöung  roie  ber 
geograpi)ifd)en  Sebeutung  nadj  in  bie  lefete  ©teile.  Ser  erfte  Sanb 
betyanbelt  iimädjft  bie  europäifdjen  Jlufcenlanbe:  #elgo!anb,  ©ibrattar, 
SRalta,  (Supern.  Die  normannifd)en  ^nfeln  finb  unberücfft  tätigt  ge* 
blieben.  (ES  folgen  bann  bie  Soften  am  SBege  nadj  gnbien:  üben 
unb  $erim,  ©ocotra,  bie  <Sfjurian*3Rurianinfeln,  Ceylon  unb  bie 
SRalebioen.  Ägypten  unb  feine  Slebenlänber,  bie  junüdjft  in  biefen 
3ufammen^ang  hineingeborten,  ftnb  nidjt  befprodjen;  aud)  ift  ber 
englifdjen  Stellung  ju  ben  Sultanaten  oon  aRaStat  unb  ftotoeit,  auf 
ben  ©aljraininfcln,  in  Sföaftyaf  unb  ftiföm  nidjt  (Ermahnung  ge« 
f$ef)en.  (Erflärte  Zeile  bed  ÄolonialreidjeS  ftnb  biefe  ©ebietc  niefct, 
aber  auf  bem  SBege  e$  ju  roerben  mtfyc  ober  roeniger  borgefdjritten 
unb  }um  $eil  fo  ftar!  unter  engltfcfjem  (Einfluß,  ba&  fie  mirtfdjaft* 
lidj  faum  nod>  t>om  ßolomalbefifc  fidj  untcrfdjeiben.  (E*  ift  ein 
Mangel  be*  befolgten  ©ijftemS,  bajj  man  auf  biefe  SSeife  über  mid)* 
tige  Partien  ber  englifdjen  Äolonialpolitif  in  intern  inneren  3ufanu 
men^ange  teinerlei  Äufftärung  erhält,  roaS  aud)  bureb  bie  (Einleitung 
nidjt  pöDig  ausgeglichen  merben  fann.  (ES  fdjliefcen  jid)  an  bie 
$often  auf  bem  inbo*d)incfifd)en  SerfeljrSmegc :  bie  ©traitS*©ettle« 
mentS  mit  ben  abhängigen  äRalaienftaaten  auf  ber  $albinfel  SRalaffa, 
bie  ehemaligen  Befifcungen  ber  9iorbborneo*Äompagnie  mit  ©ara* 
Bat,  bie  gerabe  im  (ErfdjeinungSjaljre  beS  93ud)eS  an  baS  englifdje 
©ouoemement  übergingen  unb  beS&alb  in  ben  $(an  nod)  herein« 
genommen   merben   tonnten,   unb   $ongtong.    Sie  Sejie^ungen   ju 


328  Stteraturberidjt. 

SBciljairoei  finb  fpäteren  Datums,  roäljrenb  ja  #elgolanb  injunfdjen 
au£  bem  britifdjen  93efi&  gerieben  ift.  Der  erfte  SBanb  bringt  audj 
nocf)  bie  fflefpredjung  ber  ffleftfcungcn  im  fübltdjen  inbifdjen  Ojean, 
faft  fämtlid)  ertporben  im  £inblicf  auf  bcn  alten  SBeg  nadj  Snbien 
unb  bie  aufträufle  Stoute:  SWauritiuS,  bie  Set)fd)eDen,  KobrigueS, 
bie  (Jf)ago$infeln,  Slmiranten,  ffeelinginfeln  u.  a.  Die  etnjelnen  8e* 
fprcd)ungen  fejjcn  ftd)  burdjroeg  au£  einem  bcfdjreibenbcn  unb  einem 
Ijiftorifdjen  Deil  jufammen. 

Der  jroeitc  93anb  (1890  erfdjienen)  beljanbelt  bie  roejiinbifdjen 
©eftyungen  mit  ben  ©a^amainfeln,  bie  fflermuba*,  bie  galflanb** 
infein  unb  Süb»©eorgia,  auf  bem  geftlanbe  99ritifd)«@ul)ana  unb 
93ritifd)*$onbura8.  (Sine  überRdjtlidje  Darfteilung  über  bie  europä* 
ifdjc  ftolonifation  in  SBeftinbien,  in  ber  bie  §auptpunfte  angemeffen 
fjeroorgeljoben  werben,  gewährt  einen  guten  ffiinblicf  in  bie  fo  inter* 
effante  ©efdjidjte  be3  europäifc^en  auftretend  in  biefen  fo  reidj  au$* 
gematteten,  aber  aud)  fo  gefatyröoflen  (Gebieten.  3n  ber  Sefpredjung 
Don  SritiffyOuijana  tonnten  ber  ©renjftreit  mit  SJenejucla  unb  fein 
bejeidptenber  SluSgang  unter  ©inmiftffung  ber  ^Bereinigten  Staaten 
nid)t  mel)r  berüdftdjtigt  roerben.  ©ei  83ritifd)*§onbura$  toirb  jroar 
ber  SRoSfitofüfte  be8  längeren  gebacfet,  aber  ber  S3ermicflungenr  bie 
jum  (£lal)ton4Buln>erPertrage  führten,  überhaupt  ber  ganjen  Äanal* 
frage  unb  ber  eintägigen  SSerljanblungen  mit  ben  bereinigten  Staaten 
mit  feinem  SBortc  ©rtDäljnung  getan. 

Der  Dritte  Sanb,  junädjft  1893,  in  jroeiter  Pon  ffigerton  reüi* 
bierter  «uflage  1900  erf dienen,  befdjäftigt  fid)  mit  2Befr«frita.  Sine 
ganj  furje  Überfielt  über  bie  gefamten  afrifauifdjen  öefifcungen  &ng* 
lanb$  unb  eine  ttrotö  längere  99efpretf>ung  ber  älteften  (EntbetfungÄ* 
gefd)id)te  StfrifnS  bis  &ur  Suffinbung  be$  SBegeS  um  bie  Sübfpifre 
tjerum  leiten  if)n  ein.  Die  weiteren  Darlegungen  Ijaben  jum  Seil  ein 
aftiPe3  Sntereffe.  iftad)  ©efpredjung  ber  älteren  europäifdjen  SMeber* 
laffungen  an  ber  afrifanifdjen  SBeftfüfte  unb  beS  9tegerl>anbel8  menben 
fie  fid)  ber  (Sntroicflung  ber  engüfdjen  Kolonien  im  19.  !gal)rf)unbert 
ju.  SBefonberS  lefjrreid)  ift  bie  Überfidjt  ber  legten  3of)rjeljnte  mit 
bem  fonturrierenben  auftreten  ber  granjofen  unb  Dcutfdjen,  ber 
neuen  9tra  englifd)er  Kompagniebilbung  unb  bem  ffongoftaat.  Die 
93efpred)ung  ber  einjelnen  Kolonien:  be8  ®ambiabefifce8,  Sierra  fie* 
oneS,  ber  ©olbfüfte,  ber  Kolonie  2ago3  unb  be8  Stigerproteftorat*, 
Pon  benen  ba$  lefctc  ©cbiet  äugleid)  neu  erworben  unb  ba£  um* 
faffenbfte  ift,  toäljrenb  bie  älteren  SJcfi jungen  fämtlid)  eine  feftere 


£oloniaIgef4i4te.  329 

©eftaltung  unb  mcift  aud)  erweiterte  ©renjen  getoannen,  tonnte  laum 
beffer  in  bie  »idjtigften  (Sinjcll)eiten  einführen.  Der  atlantifdjc  3nfet* 
befty  (88cenfion,  @t.  $elena  nub  felbft  Zxiftan  ba  Sunfya  unb  bie 
©ougljinfel)  betitelt  ben  öanb. 

3Der  bierte  fott  in  mehreren  Seilen  ©üb«  unb  Oftafrifa  be* 
Ijanbeln.  <&£  liegt  junädjfl  nur  ber  1897  erfdjienene  erfte  Seil  oor, 
ber  rein  Ijiftorifdj  ift.  (Er  bietet  eine  ®efd)id)te  be3  englifdjen  ©üb* 
afrifad,  bie  nadj  Bcfpredjung  be£  3amefoneinfaIIe$  unb  ber  Umginge» 
lung  bon  Suluroago  burd)  bie  aufftänbifdjen  SWatabelc  unter  $crt>or« 
Hebung  beS  3eittermin3  (ffinbe  SRai  1896)  mit  ben  Sorten  (fliegt: 
„@o  beginnen  fid)  im  Äugcnblitfe  ber  SRicberfdjrift  bie  SBotfen  ju 
lidjten,  aber  ba£  lefcte  Kapitel  ber  fübafrifanifdjen  ®cfd)id)tc  ift  nod) 
nidjt  abgefdjlofien."  Dem  ©efityl,  bog  ©übafrifa  nod)  beftimmt  fei, 
ber  ©djauplafc  mistiger  ©retgniffe  ju  werben,  gibt  ber  33f.  aud)  in 
ber  &ufamment)ängenben  @djlu&überftd)t  mit  ben  SBorten  ÄuSbrucf: 
„SBeldjefc  bie  ©renjen  ber  fübafrifanifdjen  SJefifcungen  fein  unb  in 
roeldjer  Keife  feine  lofen,  langen  ©Heber  fid)  DöQig  au$road)fen 
merben,  ift  jurjeit  ©egenftanb  ber  Überlegung !"  Sr  roünfdjt  einen 
engeren  3ufflntmcnWu&  ^er  toei^en  (Elemente  }u  gemeinfamer  95e* 
ljerrfd)ung  ber  farbigen  im  ©inne  Sartle  gfrereä,  beffen  SJerbienfte  um 
©übafrifa  er  nad)  ©cbüfjr  toürbtgt,  ift  fid)  aber  bed  ©egenfafccS 
jn>tfd)en  SRieberlänbern  unb  (Englänbern  toll  benw&t,  aud)  ber 
©djroierigfeiten,  bie  burd)  ©olb  unb  Diamanten  in  bie  alte  Sgrar« 
folonte  (ineingetragen  mürben.  "Die  DarfteHung  ber  Sernricflungen 
mit  ben  Suren  ift  nidjt  parteüfdi,  bemütjt  fid)  aber  aud)  nidjt,  bie 
Art  be8  gegnerifdjen  ©tammeS  bem  33crftänbni8  näherzubringen 
ober  aud)  nur  einen  tlareren  ©nblicf  )u  Der  mittein  in  bie  ffintroicflung, 
bie  ber  Xrantoaalftaat  feit  3Rajuba*#iC(  genommen  $atte.  IranSöaat 
unb  Dranje*3reiftaat  jäfjlten  eben  nod)  nidjt  unter  bie  engltfdjen  Äo* 
lonien.  Bud)  be£  auftretend  ber  Deutfdjen  in  ©übroeftafrifa  gefd)iel)t 
nähere  (Snoäljnung  nidjt  ofjne  §tnroei$  barauf,  bag  in  Deutfdjlanb 
ber  SBunid)  beftanben  babe  unb  befiele,  in  irgenbroeldjer  gorm  ba* 
nieberlftnbifdje  ©egengeroidjt  }u  ftärfen,  unb  unter  lebhaftem  ©e* 
bauern,  bafi  bie  englifdje  Regierung  bie  ©rmaljnungen  eiuftd)ttgcr 
SRänner,  bie  gefamte  SBcftfüfte  bi$  $ur  portugiefifd)en  ©ren^c  redjt* 
jeitig  in  Sefife  ju  nehmen,  unbeachtet  gelaffen  babe.  Dod)  fdjreibt 
ber  SBf.  bem  (Eingreifen  ber  Deutfdjen,  überhaupt  ber  in  Äfrila  in 
neuerer  3«*  fonfurrierenben  gremben,  Deutfdjen  roie  granjofen,  bie 
günftige  SBufung  ju,  anregenb  auf  bie  englifdje  ßolonialpolitif  ge* 


830  Siteraturberityt. 

wirft  ju  Ijaben.  ©ein  Urteil  iftauc^  Ijier  ein  ruhige«,  unbefangenes, 
roobl  national,  aber  frei  oon  icbergorm  c^au)}iniftif(|er  9udf^reitun^ 
bie  ganje  gefd)id)tlicf)e  ®arfteflung,  überhaupt  ba3  SBerf,  eine  matter 
of  fact-Srbeit. 

«fodj  Dorn  fünften  Sanb  ift  junädtft  (1901)  nur  ber  erfte  Seil 
erfdjienen,  unb  aud)  fein  3nl>alt  ift  rein  Ijiftorifd).  @r  be&anbelt  ftanaba 
unb  befpridjt  junädtft  bic  europäischen  ©ntbeefungen  in  Siorbamerifa 
überhaupt  bi$  jum  (Enbe  be£  16.  3al)rf}unbert8,  bann  bie  aHmöljlidfe 
©efiebelung  unb  (Eroberung  ber  iefcigen  britifdjenSJefijjungen,  bie  ja, 
abgefeljen  Don  ben  Oebieten  ber  $ubfon$bai*ftompagnie  unb  ben 
1846  burd)  ben  Dregonbertrag  üinbijicrten,  ganj  am  ©nbe  be3  18.3afc 
ljunbertS  jum  erftenmal  befugten  Sanbftridjen  fämtlidj  ben  gran* 
jofen  abgenommen  finb.  *2)ie  2)arfteffung  festlegt  mit  ber  ©roberung 
ftanabaS  burd)  bie  ©nglänber;  eine  ©efc^ic^tc  ber  eng Ufdjen  Ro* 
lonie  roirb  alfo  borau$ftd)tlitf)  ber  jroeite  Seil  be8  ©anbcS  bringen. 
2>a  ein  SBorroort  üottftänbig  feljlt,  mufj  angenommen  »erben,  bog 
ber  ganje  93anb  au£  be£  #erau8gcberS  eigener  geber  ftammt,  unb 
er  berbient  ba3  2ob,  bafj  er  ftd)  aud)  neben  ben  früheren,  md)t  ge* 
rabe  feiten  unternommenen  Söfungen  ber  Aufgabe  als  eine  flare  unb 
anfpredjenbe  3)arftellung  feigen  laffen  fann,  in  ber  befonberS  bie  8e* 
jieljungen  jnufdjen  ben  geograpfjifdjen  SSer^ältniff en  unb  ben  gefdjidjt« 
liefen  ©reigniffen  ftetS  im  Äuge  behalten  merben. 

3n  biefer  öerbinbung  liegt  überhaupt  ein  befonberer  8tei}  unb 
SBert  be8  ganzen  SBerfeS.  Sei  ber  breiten  anläge,  bie  für  ©übafrita 
unb  SPanaba  ber  fyftorifdje  Seil  gefunben  Ijat,  ift  ju  erwarten,  baji 
für  biefe  ©ebiete  nodj  eine  entfprcdjcnb  umfaffenbe  ffolonial  be* 
fdjreibung  folgen  roirb.  Oftinbien  unb  Sluftralien  fjaben  überhaupt 
norf)  feine  83erücfftcJ)tigung  gefunben ;  eS  mirb  alfo  nod)  einige  3cit 
bcrgefjen,  big  ber  Slbfdjlufc  be3  SBerfeS  erfolgt.  21  ber  man  tarnt 
fdjon  iefct  fagen,  bafj  e$  feinen  Sßlafc  in  ber  ßolomalttteratur  be* 
Raupten  Wirb,  atö  Sefe-  unb  befonberd  als  Sttadjfdjlagebudfj.  Sßaffenb 
ausgewählte  Überfi entarten  unb  *$ärtd)en  erleichtern  bem  turfori* 
fdjen  Sefer  baS  33erftänbni3,  unb  gute  Stegifter  unb  3nf)alt3überftd)tai 
ermöglichen  eine  leiste  Orientierung  bei  gelegentlichem  ©ebraud). 
fiiteraturnadjroeife  begleiten  üielfad)  ben  Sejt  ober  finb  jufammen* 
faffenb  am  Schlug  ber  Kapitel  gegeben,  unb  ift  bie  ©arftcüung  and) 
nirgenbS  fdjnmngoott,  fo  ift  fie  bod)  überaß  tlar  unb  berftänblid) 
unb  aud)  nic^t  oljne  §inroeife  auf  bie  allgemeinen  tyiftorifdjen  $»« 
fammenf}änge.    SBer  jtd)  mit  englifdjem  Sfolonialmefen  ju  befaffes 


ftolonialgefctyftte.  381 

»finföt  (unb  roer  fid)  überhaupt  für  lotoniale  Dinge  tntereffiert, 
tann  baÄ  ja  gar  nid)t  umgeben),  wirb  rooi)l  tun,  bem  SBerfe  ß.& 
9tad)tung  ju  fdjenten. 

SRadjfdjrift:  911*  bie  obige  Sefpredjung  fdjon  in  ben  $änben 
ber  Webaftion  roar,  traf  bort  ber  jroeite  Sei!  be$  bierten  99anbe3  ein. 
ffir  bringt  reoibiett  unb  erg&njt  bon  (Jgerton,  bie  Sefdjreibung  be& 
gegenwärtigen  Suftanbe«  ber  Jtapfolonie,  be$  Bafutolanbc«.  WatalS 
mit  ßulu=  unb  Ämatongalanb,  ber  neuen  IranSoaal«  unb  OranjePufc* 
folonie  unb  ber  Sßroteftorate  ffletfdjuanenlanb  unb  Sübrljobefia  (9Ra* 
fd)ona*  unb  SWatabelelanb).  Die  ffireigniffe,  meiere  jur  ©nöerleibung 
ber  ©urenftaaten  in  ba*  britifdje  ttolonialreidj  führten,  roerben  md)t 
befprodpn.  Dagegen  roirb  bie  Cntroicflung  be$  cnglifdjcn  ©nfluffe* 
in  QtntraU  unb  Dflafrifa  unb  in  Uganba  cingefyenber  bargelegt, 
Sitringftone*  Jfttigfeit  gefd)ilbert  unb  geroürbigt  unb  weiter  bie  SBirf* 
famfett  ber  britifdjenSRiffion;  aud)  bie  ©renjabmadjungen  mit$ortu* 
giefen,  Deutfdjen  unb  bem  Rongoftaat  werben  befprodjen.  WS  treiben« 
ber  gaftor  für  bie  Sudbe^nung  britifdjer  §errfdjaft  roirb  roieber^olt 
ber  Seginn  beutföer  ffolonialpoüttf  Ijerborge&oben.  Der  ©anb  fagt 
fid)  befonber*  in  ber  fflcfprcdjung  be*  ©übend  furj,  ftefjt  an  Umfang 
allen  früheren  ©änben  nad).  D.  8ch. 

Albert  Bushnell  Hart,  The  Foundations  of  American  Foreign 
Policy.    New  York,  London,  Macmillan  1901.   8°.   XI,  307  6. 

(ES  roerben  fic^  au8  ber  ©efdjidjte  nidjt  aUjuüiel  ©eifpiele  an« 
führen  (äffen,  baft  bie  öffentliche  SRetnung  über  ein  ©taatSroefen  einen 
\o  jäfjen  Umfdjroung  erfahren  Ijat,  roie  im  legten  Suftrum  in  betreff 
ber  Vereinigten  Staaten.  ®i*  jum  ©ubanifdjen  Stiege  galt  bie 
Union  als  ein  äRufter  bürgerlicher  griebfertigteit  unb  reiner  8Bol>(* 
fafptftentnridtung  unb  rourbe  al$  foldjeS  befonberS  auf  bem  europftifdjen 
Kontinent  bon  $o(itifern  üerfdjiebenfter  Sßarteifcfcattierung  gepriefen. 
Seit  ber  Srplofion  ber  äRaine  unb  ber  Offupation  ber  ^Philippinen 
fyit  jeber,  ber  fe^en  tann  unb  roiH,  flar  erfannt,  roaS  bem  tiefer 
Slictenben  (ängft  nid)t  meljr  Perborgen  mar,  ba|  e£  fid)  um  ba8 
(Smporfteigen  einer  neuen  2Be(tmad)t  ijanbelt  mit  aQ  ben  imperialen 
unb  ejpanfiöen  lenbenjen,  bie  nur  je  ben  geroattigften  Vertretern 
uniberfaler  $errfdjaft  eigen  roaren.  Die  jüngften  Vorgänge  in 
Stittelamerita  fcaben  biefeS  Urteil  festgelegt,  unb  jufammen  mit  ber 
Gattung  ber  Union  in  ber  djinefifdjen  grage  fcaben  fie  gezeigt,  bafc 


332  &teraturberid)t. 

ber  neue  (Sroßftaat  fetneSwegg  bie  Verpflichtung  füljlt,  feine  Angelegen- 
heiten immer  nad)  bem  üblichen  Schema  ber  europäifdjen  Diplomatie 
$u  erlebigen  ober  burd)  irgenb  ctroa*  anbereS  feine  ffintfdjließungen 
beeinfiuffen  ju  (äffen  al$  burd)  bie  eigenen  3ntereffen.  SBer  tyeute 
nod)  nidjt  erfannt  fyat,  bog  bie  Vereinigten  Staaten  auf  tyrem  SBege 
ju  nod)  größerer  9Wad)tfteßung  leine  anbere  @d)ranfe  anerfennen 
werben  als  bie  ber  realen  9Mad)t,  mit  bem  ift,  um  $almerfton$ 
SBort  ftu  nrieberfjolen,  über  Sßolitif  nidjt  ju  reben. 

(Sin  Umfdjroung  ber  SWeinungcn  $at  ftdj  aber  ntc^t  61og  außer« 
Ijalb  ber  Union  boßjogen.  inmitten  ber  Srfolge  gegen  ©panien 
ift  e8  ben  Amerikanern  fet&ft  roie  ©puppen  öon  ben  Äugen  gefallen, 
baß  fie,  jur  SSeltmadjt  präbeftimert,  nidjt  nur  eine  frieblid)  ertoer* 
benbe,  fonbern  bor  altem  eine  jum  $errfd)cn  beftimmte  unb  bemnad) 
erobernbe  2Rad)t  feien.  $er  impcrialiftifdjc  ©ebanfe  $at  burd)au§ 
bie  Oberljanb  belommen  unb  ift  im  gegenwärtigen  Sßrfifibenten 
gerabeju  terförpert  Damit  f)at  aber  aud)  bie  Äuffaffung  ber  eigenen 
Vergangenheit  eine  tiefgreifenbe  SBanbelung  erfahren.  SBä&renb  bie 
erbrütfenbe  SWeljrjafil  ber  Ämerifaner  bislang  bie  in  Suropa  Ijerr* 
fdjenben  Überzeugungen  über  iljr  ©taatSmefen  burdjauS  teilten  unb 
eljrlidj  bie  Anfdjauung  bertraten,  baß  bie  Orünbung  SBaff)mgton§ 
unb  SranflinS  bie  2frieben3mad)t  par  excellence  fei,  burd)  nidjtö 
emporgefommen  als  burdj  ben  SReidjtum  be$  VobenS  unb  ben  gleiß 
unb  bie  Südjtigfeit  feiner  Verooljner,  leuchtet  jefet  bie  @infid)t  auf, 
baß  bie  Union  t>on  iljrem  erften  Vcginn  an  bon  ejpanftoen  fEenbenjen 
erfüllt  mar,  unb  baß  fie  bie  ungeheuren  ©rfolge  iljrcr  auswärtigen 
$olitit  näd)ft  ber  Ounft  itjrer  geograpljifdjen  Sage  bor  allem  ber 
rücfjtd)t$tofen  (Energie  ju  banfen  fyat,  mit  ber  fie  biefen  Xenbenjen 
bie  SBege  ebnete.  $atfarf)lidj  t)at  ja  fein  Staat  in  ben  120  Sauren, 
bie  feit  ber  Aufrichtung  ber  amerifanifdjen  greiljeit  vergangen  finb, 
fo  roertüoQe  Sanberroerbungen  gemacht  mie  bie  Union,  unb  baß  ba3 
nid)t  gefd)el>en  ift  allein  Der  möge  ber  Überlegenheit  friebfertiger 
Jüdtfigfeit  ober  etroa  gelegentlich  auf  Antrieb  böfer,  tyre  ©onber* 
intereffen  oerfolgenber  ©flaüenfjaltcr,  mie  bisher  ba£  üulgäre  Rrebo 
lautete,  ba$  brängt  ftd)  je|t  immer  meljr  ben  auf  iijre  Vergangenheit 
jurücffdjauenben  amerifanifdjen  Jpiftorifem  auf  unb  nrirb  ber  Nation 
flargemadjt  als  ein  »eleg  für  bie  f)iftorifd)e  SRottoenbigfeit,  unter 
beren  äroang  bie  meitere  ffintroicflung  fid)  ju  bottjiel>en  fyat  Die 
neue,  in  ädern  mefentlidjen  ja  ganj  unbeftreitbare  ffirfenntni* 
ttrirb   ganj   felbftüerftänblid)  jum  Seitftern  ber  änfdjauungen  über 


Äolonialgeföidjte.  333 

auswärtige  <ßolitif  bei  einem  Solle,  ba$  nur  benft  um  ju  fymbeln, 
unb  ba$  bie  und  Deutfd)cn  fo  tief  eingeimpfte  ©Reibung  jttriföen 
®ete$rfamlett  unb  ßcbcn  nod)  lange  nidjt  Perfteljen  gelernt  fjat.  Der 
praftifdp  Ämerifaner  fjat  bie  $oliti!  nie  anberS  aufgefaßt  alft  ba8, 
n>a£  fte  ift,  al$  bie  ffiunft,  SWadjtfragen  ju  löfen,  unb  bie  neu  &ur 
©eltung  fommenbe  Äuffaffung  feiner  eigenen  ®efd)id)te  mirb  if>n  in 
biefer  Äuffaffung  nod)  ganj  roefentlid)  bcfeftigen. 

3n  biefem  Bufammcn^ange  betrachtet,  finb  bie  ©runblagen  ber 
amerifaniföen  auswärtigen  ^olitif  be*  *ßrofefford  «Ubcrt  ©ufljneH 
$art  pon  ber  #atParb*UniPerfitftt  (Softem)  eine  bebeutungdüoOe 
(Erfdjeinung.  Da8  Sud)  ift  teine  neue  Arbeit,  fonbern  eine  3iifam« 
menfteUung  pon  fteben  in  ben  Sauren  1896—1901  erfdjienenen  Suf* 
jäfcen,  pon  benen  fünf  juerft  in  #arper$  Magazine,  je  einer  in  ber 
Lond.  Review  bjro.  in  ber  American  Historical  Review  Peröffent* 
lidjt  würbe.  @$on  eine  Sufammenftellung  ber  Überfdjriftcn  jeigt, 
bafj  in  ber  Xat  bie  ©runblagen  ber  amerifanifdjen  auswärtigen 
<ßotitit  gejeidjnet  werben.  @ie  lauten:  1.  Die  ^Bereinigten  Staaten 
al£  SBcltmadjt;  2.  9Ui3märtige  Kriegführung  ber  bereinigten  Staaten; 
3.  ©renjftreitigfeiten  unb  ©renjf ommif Ronen ;  4.  Sin  Safjrijunbert 
Suba^oiitif ;  5.  ©ruber  3onatf>an$  Kolonien;  6.  Sie  bie  ©egrünber 
ber  Union  über  icrritorialfragen  bauten;  7.  Die  9Ronroe*Doftrin 
unb  bie  Seipe  Pon  ben  bouernben  3ntereffen.  Diefen  Äuffä&en  ift 
eine  meljr  a!£  50  Seiten  umfaffenbe  „9lrbeit3»Biograpbie  amerifanifdjer 
Diplomatie*  hinzugefügt,  bie  eine  reid)  unb  Porjüglid)  ausgewählte 
Überftcbt  über  bie  tjiftorifc^e  unb  $iftorifd)*poUtifd)e  ßtteratur  gibt. 
Sin  forgfältiger  3nbej  beföließt  ba$  ©anje.  Son  Slebenfädjlicfrin 
Ijat  fidj  ber  83f.  ferngehalten,  leinen  ber  §auptjügc  im  berüchtigt 
gelaffen. 

Der  Sf.  le^nt  c$  in  ber  Sorrebe  ab,  to  be  the  briefholder 
for  American  diplomats.  aber  in  SBirtlidjfeit  ift  feine  Arbeit  bod) 
eine  ttrt  §anbbu$,  jugcfdjnittcn  auf  bie  ©egenmart.  2Ran  tonnte 
ftd)  faum  ein  beffere*  SDtittel  benfen,  einzuführen  in  bie  großen  3eit* 
fragen  ber  amerifanifdjen  Sßolitif  unb  jmar  einzuführen  in  einer 
Seife,  bie  jebem  Sembegierigen  ben  SBeg  ju  tieferem  Serftänbnid 
beutlid)  jeigt.  Die  DarftcHung  ift  Aar  unb  anfpredjenb  unb  gefyt, 
wäljrenb  ber  33f.  Pöfltg  auf  ber  #ölje  gelehrter  Kenntnis  ftefct,  ibrem 
3tele  ftet*  mit  beftimmten  Stritten  entgegen.  3ebe  ber  bezeichneten 
fragen  mirb  im  großen  Stammen,  mit  flarer  3eid)nung  ber  (Eni* 
roicHungtricf)tung,  bod)  aber  auet)  mit  mannigfaltigem,  Pöttig  au** 


334  Siteraturberidit. 

reidjcnbem  detail  bcljanbelt.  3)aS  im  einzelnen  gu  belegen,  nmrbe 
tn  Kürje  nitf)t  möglich  fein,  bei  weiteren  Ausführungen  aber  Üeftüre 
unb  Verbreitung  beS  ffludjeS,  bie  gerabe  für  baS  beutfdje  $ubütum 
nur  bringenb  gcroünfdjt  merben  fann,  leidjt  beeinträchtigen.  $er 
SSf.  ftebt  natürlich  auf  bem  Ijerrfdjenben  imperialiftifdjen  Stanbpunft 
3Wan  mürbe  $m  unredjt  tun,  tuenn  man  tyn  als  Efjauüimft  ober, 
um  ben  ber  englifdjcn  Bunge  näljer  liegenben  SluSbrucf  gu  gebrauten, 
als  3ingo  bejeidjnen  moüte,  aber  er  ift  bod)  ber  SReinung,  ba&  «bie 
allgemeine  Xenbenj  amcrifanifd)er  Ausbreitung  auf  menfdjlidje  grefe 
§eit  gerietet"  fei,  finbet  alfo,  gleich  ©nglänbcrn  unb  SRuffen,  bie 
Ausbreitung  ber  $errfdjaft  beS  eigenen  SBolted  förberlid)  für  bir 
SBoljlfaljrt  beS  Oanjen.  Seinen  Äuffafc  über  bie  Vereinigten  Staaten 
als  SBcltmadjt  f fliegt  er  mit  ber  Slufforberung:  „üRöge  bie  amen* 
fanifdje  Station  fein  roie  Stomas  $oofer,  ber  fflegrünber  Don  San« 
necticut,  öon  bem  ein  3e^genoffe  faßte :  „©ein  Temperament  glidj 
einem  SBulIenbeißer  an  ber  Kette;  er  tonnte  feinen  $unb  lofe  (äffen 
unb  fonnte  ifjn  roieber  beranken."  #.S  SBud)  ift  in  mel)r  als 
einer  ©ejieljung  überaus  leljrreid).  D.  Seh. 

Binger  Hermann,  The  Louisiana  Purchase  and  our  title  West 
of  the  Rocky  Mountains  with  a  review  of  annexations  by  the  United 
States.     Washington,  Government  Printing  Office  1900. 

Singer  ^ermann,  Kommiffionär  ber  Union  im  3Rinifterium  beS 
Innern,  ift  ^Bearbeiter  ber  öon  biefem  SWinifterium  herausgegebenen 
großen  l)iftorifd)en  SSanbfarte  ber  bereinigten  Staaten.  Unterm 
7.  3uli  1898  berichtete  er  bem  ©taatSfctretär  beS  Snnern,  baft  biefe 
Karte  in  bejug  auf  ben  fog.  Dregonerroerb  (baS  Sanb  Dom  42.  bis 
jum  49.  Sreitengrab  roeftliif)  nom  Seifengebirge,  jefct  Oregon,  So- 
fljington,  3bal)o  unb  Seile  non  SKontana  unb  SBtjoming  umfaffenb) 
einen  gebier  enthalte,  unb  begrünbete  biefe  ©efjauptung  burd)  eine 
einge^enbe  Ijiftorifdje  Darlegung.  3)er  geiler  ift  in  ber  neuen  flu*« 
gäbe  ber  Karte  berichtigt,  unb  bie  begrünbete  Slbljanblung  liegt,  im 
Regierungsauftrag  herausgegeben,  als  99ud)  bor.  Sine  Äeprobuftion 
ber  großen  Karte:  Territorial  Growth  of  the  United  States  ift 
tf)m  beigegeben,  aufjerbem  nod)  9tad)biibungen  aroeier  Karten  auS  ben 
^a^ren  1684  unb  1710  unb  Karten  oon  SllaSfa  unb  ben  ©anbroitb* 
infein.  Sieben  fef>r  gute  $f)otograpbien  Don  amerifanifdjen  Staats- 
männern, bie  ftd)  um  bie  33ergröfeerung  ber  Union  ein  befonbereS 
93erbienft  erroorben  fjaben,  fdjmütfen  bie  Sßublifation. 


5tolontal0ef4id)te.  335 

Sie  ift  nidjt  al«  ®efd)icbt8wcrl  gearbeitet,  uttb  matt  tonnte  baljer 
an  Anlage  unb  Darfteilung  mancherlei  au«fefcen,  befonber*  unnötige« 
3urücfgreifen  unb  SBiebcrljolungcn.  Hber  ber  3nt>alt  ber  Sdjrift  ift 
in  $ot)em  ©rabe  intcreffant  unb  belc&rcnb.  £um  erftenmal  erhalten 
mir  ^ier  eine  genauere  Darlegung  ber  gwiftigteitcn  §wifd)en  ber  Union 
unb  Spanien,  bie  ftd)  an  ben  tduf  lidjen  (Erwerb  SouiftanaS  oon  gfrant* 
retdj  anfdtfoffen,  ou8  ber  Dcrfd)iebcnen  Auslegung  beS  Begriff e$ 
Souiftana  ibren  Urfprung  nahmen  unb  jur  gemaltfamen  Beftfoergret* 
fung  be$  ffüftenftricl)e«  Dom  Sabine«  bi&  jum  ^earlflufe  (ton  ber 
DejaS*  bid  jur  gloribagrenje)  burd)  bie  Ämcritaner  in  ben  Sabren 
1806  unb  1810  führten.  3um  erftenmal  mirb  aud)  nacbbrüctlid) 
geltenb  gemalt,  bafi  bie  fpöter  aufgetauchte  Bebauptung,  bie  (Er» 
merbung  Don  Souiftana  fdjlicßc  ein  Stecht  auf  bad  Oregongebiet 
(Oregon  im  weiteren  Sinne,  in  bem  be$  BertrageS  Pon  1846,  ge» 
nomtnen)  in  ftd),  jeber  Begrünbung  entbehre.  Der  SRadjmei*,  bog 
erft  Wonroe  ben  49.  Breitengrab  in  bie  eng(ifd)«amerifanifd)e  Sern* 
torialbtöfuffton  hineingeworfen  Ijabe,  unb  bafs  bie  ffinglänber,  iljren 
Borteil  rafd)  ertennenb,  ba$  neue  Argument  ftd)  aneigneten,  ift  neu 
unb  überrafdjenb.  latfftdjlid)  enthält  ber  Utredjtcr  ©ertrag  nidjt* 
über  ben  49.  Brettengrab  als  ®renjc,  fonbem  fpridjt  nur  pon  bem 
@ebiet  ber  $ubfon$baigemäffer,  bad  (Englanb  jufieljen  fofl.  <£d)t 
amerifanifd)  ift  ber  Bergleid)  jmifeben  ben  GhrwerbSfoften  ber  ertauften, 
annettierten,  eroberten  ©ebiete  unb  intern  gegenwärtigen  (Ertrags* 
werte.  Dod)  ift  eS  tntereffant  genug  ju  erfahren,  baß  für  bie  ge* 
machten  (Erwerbungen,  bie  runb  jwei  Drittel  ber  gegenwärtigen  Union 
umfaffen,  äße*  in  allem  etwas  weniger  gejault  mürbe  al£  berlgaljre** 
ertrag  ber  Winen  Don  Wontana,  nämlid)  52  WiCKonen  Dollar 
(218  WiÜionen  Wart)!  Bei  ber  (Erwerbung  Baireuty*  im  Saftre  1810 
jablte  Baiern  an  Napoleon  allein  für  bie  Domänen  35  Wiflionen 
grancS  (28  Willionen  Wart)  unb  übernahm  aufjerbem  nod)  1700000 
©ulben  (faft  3  Willtonen  Wart)  Sdjulben!  Draftifdjer  tann  man 
fid)  bie  Berfdjiebenfjeit  in  ber  Belüftung  bed  Bobend  mobl  taum 
vergegenwärtigen. 

Der  Bf.  fte&t  burd)au$  auf  bem  Boben  ber  imperialiftifeben  Wadjt* 
potttif,  ftebt  in  ifjrer  trttftigen  Durdtfübrung  bie  Sicherung  einer  glän« 
jenben  3utunft  ber  Union.  Wit  befonberer  Befriebigung  regiftrierter 
bie  Pon  jeweiligen  3citgenoffen  gegen  bie  Neuerwerbungen  geltenb 
gemachten  Bebenfen,  bie  Don  ber  weiteren  (Entmictlung  meift  in  aller* 
tüqefter  grift  atö  ööllig  hinfällig  erwiefen  würben.    Unfere  Kolonial* 


336  Siteraturberi*t. 

gegncr,  bie  nidjt  mübe  merben,  bie  alten  Xor^eitcn  in  bcljaglidjjler 
unb  fladjfter  ©reite  ju  mieberfcolen,  tonnten  burd)  bie  ßettüre  M 
Sucres  pdj  menigftend  überzeugen,  bog  fte  nichts  neue«  vorbringen, 
©efonberd  ba£  Kapitel  über  Slladta,  Don  bem  fein  biet  angefochtener 
©rmerber,  ber  ©taatdfetretär  Semarb,  jagte:  „<£3  mar  ein  guter 
{Sauf;  aber  e£  gehörte  ein  Rentenalter  baju,  um  bad  }u  äuge* 
meinem  Verfiänbnid  }u  bringen ",  fann  allen,  bie  geneigt  ftnb,  über 
ben  SBert  üon  $unberttaufenben  t>on  öuabrattilometern  Voben*  im 
&anbumbreljen  abjufprcdjen,  *jur  Settüre  empfohlen  Kerben.  Sie 
eine  offizielle  Stimme,  benn  bad  ift  bie  bed  Vf.d  in  biefer  von 
iljm  ald  Seamten  ber  Regierung  unb  im  {Regierungsaufträge  f)erai& 
gegebenen  Schrift,  über  bie  jüngfte  Vergangenheit  ber  Union  unb 
itjre  nädjfte  Brunft  fpridjt,  bafür  mögen  ju  ben  fonft  fdjon  jaljlreid) 
öorliegenben  3cugniffen  nod)  bie  Sorte  ald  Veleg  bienen,  bie  ftd) 
in  ber  jum  ©djlufje  gegebenen  Überfielt  über  bie  Hnneftionen  ber 
Vereinigten  ©taaten  finben.  (Ed  Reifet  bort:  ,3n  agrarifdjer,  inbu* 
ftrieHer,  bergmännifdjer  Sßrobuttion  finb  mir  fdjon  bad  erfte  Solf 
ber  SBett  geroorben.  Sßad)  äRuHjall  ftnb  mir  bad  reifte  aller  Softer. 
?lld  militärifdje  unb  maritime  9Kad)t  Ijaben  mir  in  biefem  3aljre  (1898) 
Säten  votlbradjt,  bie  bad  amerifanifdjc  Volt  in  bie  öorberften  Steigen 
ber  SBelt  geftcHt  l)aben.  SBad  mirb  bie  gutunft  biefer  Nation  fein? 
3fjrc  Vergangenheit  mar  grofi  unb  beifpiellod;  aber  mir  treten  jefet 
in  eine  nod)  meit  glänjenberc  Slra  ein,  meit  Ijinaud  über  alled,  loa* 
bi§  jefct  in  unferer  ®efd)idjte  vorgegangen  ift.  Unfer  $orijont  $at 
fid)  ermeitert.  SBad  bidljer  trielfadj  ein  blo&ed  3ntereffe  mar,  ift  ju 
einer  Siotmenbigteit  gemorben.  ffid  ift  unfere  Veftimmung.  Kene 
Vefifcungen,  neue  Verantmortlidjfeiten  unb  neue  änf orberungen  fielen 
und  bevor.  Unfere  Grroerbungen  in  entlegenen  äReeren  forbern  eine 
{Regierung  unb  eine  audmärtige  Sßolitit,  mie  fie  nie  juvor  in  uuferen 
Angelegenheiten  verlangt  mürbe.  S93ir  treten  in  ein  Zeitalter  ber  Kit* 
bemerbung  ein."  —  „%)a$  3al)r  1898  mirb  eine  loftbare  ©rinnerung 
für  ade  patriotifdjen  Hmeritaner  fein.  3)ie  SBelt  mirb  mit  Staunen 
unb  Vemunbem  auf  feine  ffireigniffe  flauen.  SBad  bie  «meritoner 
in  biefem  Sa^re  getan  Ijaben,  mirb  ben  Safjrljunberten  tm@cbäd)tai* 
bleiben.  3)er  3ufuuft  mirb  ed  meljr  ald  Säbel,  benn  ald  latfadje 
erfdjeinen.  3n  Krieg  unb  grieben  ftnb  unfere  Iropfjäen  fo  grojj  un& 
fo  biel,  mie  fie  munberbar  unb  gletd)  einer  Offenbarung  finb." 

2)ad  Vud)  f fliegt  mit  einer  begetfterten  Slufforbcrung  ^umS^ 
bed  SRicaraguafanald  unter  amerifanifdjer  Kontrolle,  nadjbem  juwr 


Äolomalgef*id>te.  387 

bie  gragc  aufgeworfen  ift:  „SBerben  wir  jufricben  fein  mit  unferem 
gegenwärtigen  Seftb  ober  ift  e$  in  Der  3ufunft  gefdjrteben,  bag  ©e* 
bietderroerbung  unb  Hnneftion  i&ren  Sortgang  nehmen  roerben,  bis 
mix  bie  atlanttfdjcn  3nfcln  innehaben  »erben,  bie  jefct  nod)  unter 
frember  glagge  unb  in  ben  $änben  ribalifterenber  Stationen  ben  SBeg 
na$  bem  mejifanifd^en  ®olf  unb  bem  SRifftffippi  bebro&en?"  Sie 
wenigen  3al>rc,  bie  feit  bcr  SWeberfdjrift  biefer  3tUen  berffoffen  ftnb, 
fpaben  ba£  Äanalprogramm  be8  SSf.S  in  einer  Keife  burdjgcfityrt,  bie 
feine  SBunfdjc  weit  übertroffen  bat  @ie  $aben  ftug(eid)  auf  bie  Art 
ber  flüepublif  unb  i§rer  auswärtigen  $otitif  ein  fo  grelle*  8id)t  ge» 
iporfen,  bafe,  mer  jefct  nid^t  fe&enb  geworben  ift  fid^  nid)t  behagen 
barf,  wenn  er  gu  ben  ewig  Sünben  gerechnet  wirb.  D.  Seh. 


£ift9itf*e  8<itf<brift  (Ob.  94)  92.  &.  ©*.  LV1II 


SRottjen  unb  Wadjridjteiu 

Z>ie  Qerren  Dcrf affer  erfudpn  u>ir,  Sonberabsüge  Ujrer  in 
3titfd}riften  erfdjiertenen  2luffäfee,  »elcrje  ftd?  sur  Berücfjtdjtigung 
an  toefer  Stelle  eignen,  uns  freunMidfß  ein$ufen6en. 

$te:Stebaftt4M. 


^Ogein  eines. 

3m  «erläge  ber  $löfef*en  $ud)brucferei  in  $alle  a.  6.  f>at  «.  fcettler 
ein  „3a$rbud)  ber  beutfd)en  ^iftorifdjen  Äommiffionen,  Snftitute  unb  Vereine 
be*  $eutfd>en  SReidjl«  unb  ber  beutfdjen  <Sprad)öebiete  be*  fcu*Ianbe*" 
im  greife  bon  10  9R.  erfdjeinen  laffen,  ba«  bie  Bibliographie  ic.  bon  etwa 
500  Vereinen  k.  enthält.  S)erfelbe  »erfafjer  fünbigt  au&erbem  im  Seföft* 
berlage  ein  „§iftotifer*£afdjenbudj"  jum  SorjugSprcife  öon  5  SR.  an,  ba§ 
bie  fielet  ber  ©efdjidjte  an  ben  $od)fd)ulen  mit  beutfdjer  Unterrid)t«fprad)e, 
ein  »erjet^ni«  bon  über  500  3nftituten  unb  Vereinen,  ein  Seraeiflni*  bon 
ca.  200  bifiorift&en  ßeitftbriften,  enblid)  ein  «bre&budf  namhafter  «rtfibare 
unb  Öeljrer  ber  ©efäi*te  enthalten  foU.  gür  iefetere*  ift  jebod)  ber  JBe$iig 
burd)  ben  ©utbj§anbel  au*gefdjloffen. 

S)ie  gafultäten  oon  SRancij  unb  Sifle  §aben  ftd)  bereinigt,  um  bie  btfc 
$erigen  Annales  de  l'Est  erweitert  als  Annales  de  l'Est  et  du  Nord 
erfahrnen  ju  raffen.  $er  $rei«  ber  bier  »iertelja&rS^efte  beträgt  12  gr. 
(©erger=ßebrault  &  (Sie.,  $artö). 

3m  $ejembcr  ift  ba3  erfte  £>eft  ber  neuen,  bei  $.  «lean  in  $ari* 
erfebeinenben  Revue  germanique  (Allemagne  —  Angleterre  — 
Ätas-TJnis  —  Pays-Bas  —  Scandinavie)  ausgegeben,  beren  Segrünbung 
audj  mir  mit  ftreuben  begrüben.  Qä^rltc^  follen  fünf  §efte  erfefcinen  hum 
fcbonnementtyrei*  bon  14  3fr.  für  SßariS,  16  3fr.  fonft  (einzelne  ifhnmnet 
4  3fr.).  S)a«  erfte  $eft  bringt  junädtfi  brei  ttuffäfee:  0.  Sitten  berger: 
Le  Faust  de  Goethe,  esquisse  d'une  m&hode  de  critique  impereon- 


oelle;  «.  ttfcebtülon:  La  jenewt  de  Fwii'i:  *.  Bnmt 

symbolisme  de  Bach;  bau* 

&oetftet*9Hefrf*e:  Trois  lettre» 

Hugo  von  Senger;  enbfid) 

critiques. 

3m  Setlage  Don  gii^er  n  3ema  rfc  ftt*  esse  fr*  sne  «  c 
€l)tenbetg  fjetau£gegebenes  wtmnt  3«r*rf:  er4treaem xte:  «ex  ixtt- - 
£^ünen*9Ud)ib,  Otgan  fir  cxsffce  fHivtna/ afr~ j .  m*jq»  feint  put 
Gfyitaftetiflit  be8  erfreu  $efte#  «tex  *£  ob  £  :rrj  -qrx  g*inm«A»n 
1904  9*t.  43.  —  »it  notiere»  beiLfants  ebne  »*$ele  mb  ?.  r~  nr \% : 
$te  fokalen  «nfia}ten  3ofra*  $eisrnft*  *  Saa,  ^ckttfcr  fc  b» 
tionalöfonomic  unb  Stattftif  33,  4. 

3tn  Ätdtfto  für  xulhrrgcfö**  IL  4  tauch  *:4e.  fec?  fibc  *tr 
tCimeti«  unb  ttettelotbnuvge*  bei  »efciT<tai  ^qwfcex,  £  i~?*r?sicitTt 
aber  bie  ^ortTätfamnilnng  ^erp«,  1  *t!%;b4  IL  ijw  Tum  i  ?  irren* 
fe^t  feine  «ttenmitteilungem  {bt  §et^^R  ber  ^octet  mm  *£  £nmfe 
loefen*  in  Sofern  um  bie  Stabe  bei  19  3*fe*sxfteal  n>~  "nttbtri  btf 
mangelnbe  tonUKtenjabgreujuTig  lex  Defcrtcm  sxt  ins  mfcr.  &mtm^ 
feiten  für  ba*  fMtänblergemerfte .  ,•.  eiMEf:v;it  cnüßt  tttoiJOtri 
eine  ftonjöftfäe  Hequifttiü»  bei  3**re*  17*1  tr  *s  BBma^bntgtnto 
Unter$ertf*aft. 

fcb.  ©ttad  gibt  im  ftuftrtge  ber  fcefHfex  S~tJitgmiP  ftrlES: 
funbe  „$effif*e  Slättet  für  Sottttmbf  S«^  Xaftnrr  fexu*,  «„ 
tfattli*er  2.  »anb  un»  Dorfiegt  1»*  bes  Kfceufer  fttfHäjra  frtm  Jan 
erwogt  bie  fcuÄfüitungeu  dw  6tni  ifc  boi  ^erajriiien  zftt>  *« 
Solf*  unb  »unfft  fiber  grieamfei  *r»  o»nniüjfr  fcrmntfmmn: 
$anfen*»ette  bibliogtaj>Wd>e  UberMitx  Sri  tat  San*  beipsefcr. 

«I*  eine  «tt  3a*tbu*  ertbetacu  kr.  Z  l  Xtkmun:  tn  L 
Beiträge  jur  fBeitetent»tdlss{  tt  t  ttr^^fr  ft^ 
betauSgegeben  Don  Deiftntann,  %*xwn,  fader  r  Äaafc  IStt 
fi.  D.  Gftroeber:  »efen  unb  Ur>tU(  J*  *fter: 
beren   (Entfaltung.  —  $.  tunfel:  £a*  *>  ^aui 
mobemen  ftotfcfcung.  —  H.  $etfeaurr 
($aft  Heue  Zeftament  im  £i*tr  bei  mfenster  ; 
£eil&glauben  unb  $ogua.  —  S.  t?:nt:i: 

—  d.  SReget:  G^tiftentnm  sab  «w— — J       . 

unb  Religion.  -  ».  »eis:  !<%«  «,  ^.  ""    .       >smicr" 
gemeinf4aft«biibenbe    Ätaft  lex  fc^T—  _  .1,"" 

Oefen  be«  Cttiftentum*.  -n  ••       _B 

©a«  Genealogie  umb  ^eaifl^   üh  _   _     | 

auSet^aib  Stallen*  lebesbe  7a  """^ 

$)inft^t  (etvottagenbe«  Sexf 


340  Botijen  unb  Wadjridjten. 

füllen,  gibt  ©iufto  (Solaneri  mit  feiner  Bibliografia  araldica  e  genea- 
logica,  Roma  1904,  ein  SJtodjfdjlagebudj  an  bie  §anb,  baft  ben  grfjsten 
Seil  ber  in  Stalten  erfolgten  Sßubllfationen  über  gfaralliengefdjidjte  be» 
SanbeS  umfa&t.  (S*  j^ä^lt  2056  dummem  unb  bringt  nidjt  nur  ben  Xitel 
ber  veröffentlichten  Sucher  unb  Brofdjüren,  fonbern  aud)  ben  §mmel*  auf 
(SffaQ*  unb  9luffäfce,  bie,  @enealogljdje£  betreffend  in  oerfd)iebenen  3««s 
fdjrtften  erfc&ienen  maren.  Sunt  ©cr)(uffe  ein  26  Seiten  füffenbe*  fllegifter 
ber  ®efd)led)ter,  über  welche  in  btefer  Bibliographie  fid)  fcuSfunft  (ölen 
lägt.  Br. 

(5ln  ttuffafe  Don  $.  Kenner  im  «rtfjit)  für  Gefaxte  ber  $&Uo* 
fopljie  18,  1  be&anbelt:  Äarl  Steffenjen  unb  feine  ©ef<f>td»tSp$tlofoD$ie, 
$auptfdd)lid)  auf  ®runb  ber  au8  bem  §anbfdjriftlid)en  9tad)laft,  b&u>.  ben 
Jtoüegien  bed  1888  oerftorbenen  Steffenfen  gewonnenen  %u*&üge  in  ber 
t>o\\  Balfrer  $erau*gegebenen  Schrift:  „ßur  ^§ilo|op^te  ber  ©efdjid}te* 
(Bafel  1894).  Bei  ber  SBttrbigung  ber  ©ebanfen  Steffenfen*  befärilnft 
fid)  ber  Berfaffer  barauf,  bie  im  engeren  Sinne  ptjüofopfjifdje  Literatur 
jum  Bergteidj  Ijeranjuaieljen;  fo  finb  i$m  aud)  bie  Berührungen  mit 
fBilljefm  t>.  §umbolbt  ganj  entgangen. 

Die  dettf^rift  für  ©OÄiattoijfenfdjaft  7, 10  ff.  enthält  bie  3fortfefrung 
ber  «rtifelierie  oon  ®.  o.  Betom:  3ur  SBürbigung  ber  $iftorifa>n 
@djule  ber  ^ationalöfonomie  (in  §eft  10:  6.  (Sin  2Bort  jur  Bertcibignng 
3cofd)er«;  baju  am  Snbe  be&  §efte3  unter  „Spredjfaal"  nodj  eine  $olemif 
jnrifdjen  Äünfcet  unb  Beloro  über  ba§  SBefen  ber  Xcrritoriatioirtfdjaft ; 
in  fceft  11  f.  bann  7.  ©djmoHer«  „Sdjule").  —  3n  feinem  Saljrbud)  für 
®efefegebung  2c.  28,4  oeröffentttdjt  ©.  <Sd>m  oller  einen  fleinen  fcuffafe : 
Die  Ämerifaner  (Befpredjung  be«  Sftünfterbergidjen  SBerfeÄ). 

" "  Bon  ber  ^eitfcbrift  für  bie  gefamte  <Staat«mifjenfd)aft  entölt  ba* 
(SrgünaungSfjeft  14  eine  Arbeit  Don  0.  b.  3n)iebined'5üben(orft : 
Beitrüge  jur  Se^re  oon  ben  8o&nformen.  —  VLvA  ber  3*itfd)rift  für  ba* 
6d)»ei&erijd)e  ffiedjt  45  (23),  L  notieren  mir  nadjtrüglid)  einen  HufiaJ  (afa> 
bemifdje  Äntritttrebe)  oon  3Jc.  ©über:  Die  (Sntroicfiung  be«  Staat«6egtiff*. 
?5"l,3n  ben  Bleuen  Safjrbüdjcrn  für  ba*  ftaffifäe  Altertum  ic.  13  ü  8 
öeröffentii<$t  ©.  ©gelljaaf  einen  9 uff a0  über:  DaS  ©anbbud)  ber  mittel* 
elterlichen  unb  neueren  ©efdjidjte  oon  Belom  unb  3Reinecfe.  —  %v&  ben 
fcnnaten  ber  Waturpfjilofopljte  4,  1  notieren  mir  einen  Oon  SB.  Oftwalb 
in  St.  ßouiS  gehaltenen  Bortrag:  3ur  S^eorie  ber  ©iffenfd)aft  (Älaffifi* 
fation  k.)  unb  eine  Hbljanbtung  oon  SB.  Biegan$ti:  9ceo=Bttali*imi* 
in  ber  mobernen  Biologie. 

(Sin  im  ftooembert)eft  1904  bec  <ßreuBtfd)en  Sa&rbücfcer  t>eröffentU*ter 
fluffafe  oon  gr.  ßunfce  gibt  eine  Darfteüung  unb  Äritif  oon:  Xaine* 
«fcfc$iaV«pl)itofopt)ie.  —  3n  ber  3Ronat£fd)rift  für  Stabt  unb  öanb,  Oft. 
u.  9!oo.  1904,  beljanbett  £a«$agen:  BolfÄfpradje  unb  BotfÄtum  (enge 


flOgemetne«.  341 

8ufammenge$bngfett).  -  ?(.  »arfdjauer  veröffentlicht  in  ber  8eitfo}rift 
ber  $iftorifd)en  ©efeflfdjaft  für  bie  $robinj  $ofen  feine  $ofener  antritt«* 
aorlefung:  $te  (Sporen  ber  $ofener  £anbe*gefd)idjte  (6  (Epochen  öotn 
10. 3a$r$unbert  bi*  gut  Gegenwart).  —  3n  ber  S)eutfd)en  9?unbfä)au  31, 1 
be$anbelt  &8ern$eim:  <Sntfte$ung  unb  ttebeutung  ber  beutfdrcn  Äaifer* 
Jage;  ebenbort  in  31,  1  f.  folgt  ein  Äuffafr  bon  (E.  &r$r.  b.  SRal&abn: 
5)q*  SBtrtfdjaftÄleben  ber  Wolter  unb  ber  ©eehteg  ((Entrnidlung  in  neuerer 
3rit),  unb  in  31,  2  ift  ein  Vortrag  Don  $.  Olbenberg  abgebrudt:  $ie 
Qrforfäjung  ber  altinbifdpn  Religionen  im  (^efatntgufamtnen^ang  ber  Welt* 
gion*»lffenfd)aft. 

$ie  3ettfd)rift  ffir  $$ilofop$ie  unb  pt?ilofop^ifcr)e  flritif  125, 1  brudt 
einen  »ortrag  bon  ©.  Saud)  ab  über:  <Btttltcr>feit  unb  Ihtftur.  —  $te 
*tertelja$r*fd)rift  für  wiffenfäjaftltdje  $$flofop$te  unb  ©Ökologie  28  (3),  8 
cnttyüt  bie  Sortierung  ber  Arbeit  oon  %  ©art$:  Die  ®efa>iä)te  ber  «r* 
jie^ung  in  fo^iologiid)er  tteleudjtung  (bei  ©rieben  unb  Römern).  —  3n 
ber  SRonattfdjrift  „Seutfctfanb"  Rr.  25  f.  (3, 1  f.)  ftnbet  fi*  ein  «uffa» 
Don  &t.  (Erwarbt:  (Sin  Vertreter  ber  Seleologte  unter  ben  mobemen 
Biologen  (sc.  Meinte);  ebenbort  in  9lr.  25  bemäntelt  2.  gränfel:  Die 
Stellung  ber  Sötter*  unb  (Erbfunbe  im  fceutfdjen  Reidje  (pläbiert  für 
«efierfteHung)  unb  in  9h.  26  $.  $rie«man«:  $a*  ©efen  ber  Jhiltur. 

3n  ber  »alttfdjen  TOonat*f*rift  58,  7/8  neröffentltcr)t  fr.  b.  ©rän- 
ge 11:  (Sine  bölferpfod)ologifo}e  ©tubie  (<barafteriftert  für*  Ruffen,  Angel« 
fadrfen,  &ran|ofenr  $eutfd)e  na*  #$nlfd)feiten  unb  Serfdjieben&eiten);  eben« 
bort  in  fceft  9  ftnbet  ft*  ein  Heiner  Kriftel:  Äuiturgefcbiditliäje  SRt** 
gellen  (eine  $t*fuffton  über  fcejenprojeffe  bor  50  Sauren).  —  Bu0  ber 
$olttifo>fcnt&ropologifä)en  Revue  3,8  notieren  mir  oon  8.  ©oltmann: 
Die  biologifäjen  (Brunblagen  ber  Sojiologie;  bon  (E$.  b.  (E^renfel*: 
4kf$led>t  unb  (£$arafter  (über  bai  mifogune  Qua)  oon  9t.  ©eininger); 
oon  9t  ©einberg:  Raffen  unb  $erfunft  be«  ruffifdjen  Eolfe«;  —  au* 
ber  £:fterr.«Ungarif djen  Hernie  32,  1  oon  (E.  b.  fttnltr:  Herbert  ©pencer 
unb  bie  Soziologie. 

3n  fceutfdje  (Erbe  3,5  beröffentlidjt  «.  ©lrt$  einen  tfeinen  «rtirel: 
fceutfdjtum  unb  beutfdjc  ©ef4}td)tfd)reibung.  —  (Eine  feljr  intereffante  Über» 
ftd)t  ge»Ä$rt  eine  bon  «.  Lettner  in  ber  ©eograpfyfc&en  3eitfd)rift  10, 
S/10  Dtröffentlidjte  antljropo*geograp$ifo>e  6tubie  über:  2>a*  europäifdje 
Ru&Ianb  (1.  Sie  Ratur  bed  Öanbe»;  2.  bie  gefcbiäjtltcfte  dniroidlung  unb 
i&re  (Ergebniffe;  3.  bie  ttölter;  4.  bie  Religionen;  5.  ber  Staat;  6.  ©e* 
ftebelung  unb  ©ebölferung;  7.  ber  tterfe^r).  —  3m  Qiobu*  86,  19  f.  be* 
ipri*t  R.  Äainbl:  Heuere  Arbeiten  jur  Sölterfunbe,  «ötferbef (ftretbung 
unb  Solffttunbe  oon  Gtalijien,  Rufftfd)«$olen  unb  ber  Ufraine;  ebenbort 
in  9h.  20  ff.  mögt  St,  Xf).  ^reufe  eine  „vorläufige  Mitteilung":  3)er 
Urfprung  ber  Religion  unb  Äünfte  (bei  ^erjtanern). 


342  Wotijen  unb  Hadjric&ten. 

3n  bem  &u  Stauen  erfdjeinenben  Bulletin  ber  Sociätö  Normande 
de  Geographie  1904,  2  ift  ein  intereffanter  Vortrag  be*  aud)  bei  un& 
too$lbetannten  franabTtfdjen  ©iftorlferS  ©.  531  on bei  übet  bie  polltifdje 
unb  öfononiifdje  ©nttofcflung  S)eutfd}lanb8  in  ber  neueften  £eit  abgebrudt: 
La  Situation  en  Ailemagne.  —  3n  ben  Stades  ber  Compagnie  de 
Jesus  101  (Ortober  1904)  gibt  $.  (E$*rot:  Une  revue  de  Synthese  en 
histoire  (banfendmerte  fiberftajt  über  bie  arbeiten  ber  Revue  de  Synthese 
hißtorique  na$  ben  beiben  ©eftdjtSpunften:  ftotntenbigteit  ber  ©$nn)efe 
für  bie  ©efc&ldjte  unb  i$r  (Efaratter  als  Äunfi  unb  ©iffenfdjaft  augleidft 

—  (Ebenbort  finbet  fid>  ber  Anfang  einer  ftrbeit  über:  Les  catholiqaes 
allemands  au  XIX«  siecle  (1.  Les  mariages  mixtes). 

3n  ben  Annales  de  philosophie  chrltienne  149  (Ortober  1904) 
be^anbclt  ©.  $  r  i  b  o  ft  bie  fjrage :  Le  probleme  da  progres  moral  de- 
pend-il  socialement  dun  idöal  absolu?  9fod)  bem  8erf äffet  ift  nur  in 
ber  Qottedibee  ein  rolrflidjer  moraIifd)er  gfortfdjritt  anjuerfcnncn.  —  Äu* 
ber  Revue  philosophique  346  f.  (Ottober*9cobentber  1904)  notieren  mir 
eine  9b$anblung  bon  %.  ©obernauj:  Le  parallälisme  psycho-phy- 
sique  et  ses  consequences.  —  (Sbenbort  in  9cr.  348  anafyftert  3.  S)ela^ 
bille  ben  ^Begriff:  La  vie  sociale.  —  3"  ber  Revue  de  theologie  et 
de  philosophie  1904,  4  be&anbelt  2.  $errira&  einge^enb:  Methode 
hißtorique  et  philosophie  de  l'histoire  chez  Ferdinand  Chrätien  Baut. 

—  3m  Journal  des  Savants  (September  1904)  beröffentlidjt  V.  Äam* 
banb  eine  Äbljanbhing :  ©iftor  S)uruö  (über  bie  ^mei  Sfinbe  Note» 
et  Souvenirs  gu  beffen  ©iograj>$ie). 

3m  Bibliographe  moderne  8,  1/2  Ijanbelt  Ä,  fierouj:  De  quel- 
ques ameliorations  possibles  dans  l'organisation  et  le  fonctionnement 
des  archives  provinciales.  —  3"  L'Universite'  Catholique  44  (Äoübr. 
1904)  »er öffentlich  Ä.  8*ronnet  eine  fitude  hißtorique:  La  coemo- 
gonie  bibliqne  (Äuffaffung  berfelben  im  äBedtfel  ber  3citen,  bei  ben  äirten* 
bätern,  ber  ©d)olafrif  unb  ftenaiffance  unb  ben  SRobernen). 

3ntereffante  Betrachtungen  über  The  making  of  modern  races 
bietet  $.  <E$almer*3Ritdjell  im  Oftober&eft  ber  North  American 
Review  (©ntmicflunp,  be«  Ijerrfdjenben  tuei&en  ©ölferftammea);  ebenbort 
6e$anbelt  QH).  ftarbet)  ©enung:  The  reform  of  the  Calendar.  — 
9(u*  ber  Dublin  Review  135  f.  (Dttobenftobember  1904)  notieren  mir 
einen  ftuffafc  bon  3f.  9i.  2Begg«$roffer:  Man's  place  in  the  nniverse 
(©aüace  unb  feine  (Segner);  —  femer  au«  Ezpositor  68  bon  $.  6. 
9Rargoliout$:  The  permanent  elements  of  religion ;  auft  ber  Prin- 
ceton  Theological  Review  2,  4  bon  3«  Ä  o  o  p  e  r :  Deetructive  criadem ; 
auS  ber  Bibliotheca  sacra,  Oftober  1904,  bon  «.  Äub^er:  Thebiblical 
criticism  of  the  present  day. 


Allgemeine«.  348 

3n  bei  2$eoIogtfd>en  Seitförift  „Seutftfcr  SRertur"  3a$rg.  25  ift 
tine  längere  Ärttfelferte  erfdjtenen  Aber  baft  i$ema:  Natur  unb  ©ibel, 
Anthropologie  unb  Nationalität  im  £i<9fjte  cbriftltdjer  unb  moberner  SSelt* 
anfcftauung.  —  3n  ben  Stimmen  auft  2Raria»Saad)  1904,  Nr.  9  f.  ber* 
dffentlicr>t  (£.  ©aß  mann  eine  entn>uf(ung*t>$mlo(ogifd)e  Stubte:  Saft 
SWtfet  beft  ßebenft  (pläbiert  für  ben  «ttaiiftmu«).  —  Sie  Neue  Äirdjlic&e 
Beirförift  15,  12  bringt  einen  Huffafr  üon  Nöftgen:  Sie  Neligionft* 
gefaxte  unb  baft  Neue  Seftament  (tlnmenbbarteit  ber  religionftgefdjidjti' 
Ik&en  SRetljobe  auf  ba«  Neue  Seftamem). 

»om  S^eologifdjen  3a$reftbertd)t  ift  alft  fiarfcr  ttanb  erfcfctenen  23,4: 
&ird)engefd)id)tef  bearbeitet  Don  $reufd)en,  Jfrüger,  Giemen,  Äodj, 
Äöfcler,  fcrnolb,  ©erner,  3ffel.  —  3n  ber  X^eologifcften  Ouartalfärift  87, 1 
beröffentlidjt  Sdjanj  eine  Äb$anblung:  ©efdjidjte  unb  Sogma  (nimmt 
eine  bermittelnbe  Stellung  ein). 

Ser  jefrige  Seiter  beft  ©tener  fctftorifäen  3nftltut«,  <B.  b.  Otten* 
t$ai,  l)at  jur  gfeier  beft  50 jährigen  »eftanbe*  ber  ttnftalt  eine  gefr* 
f*rift  t>er öffentlich:  Saft  Ä.  St.  Snftitut  für  öfterrei$if4e  ©efa}idjt«forfo}ung, 
1854—1904,  Sien  1904,  96  S.  <5r  gibt  einen  trefflichen  Überblid  über 
bie  ®ef$id)te  beft  Snftitut«,  feine  ©egrünbung,  Drganifation,  ße$r$tel  unb 
Unterrtcbtftbetrteb,  praftifdje  3tele  beft  ßebrfurfuft,  Näumlia^teiten  unb  ße$r* 
mittel.  Utft  Beilagen  wirb  ein  boüftänbige«  Seraeicbnt«  ber  SRltglleber 
beft  Snftitutft  (im  gan&en  bift  $eute  241  orbentlidje  unb  aufcerorbentlidje 
SRitglieber),  unb  ein  Äbbrucf  ber  erften  Statuten  üon  1854  fomte  ber  t)eute 
gültigen  Dom  3a$re  1898  gegeben.  (Sft  ift  in  ber  Xat  eine  &ef$id)te  ber 
glänjenbften  (Erfolge,  bie  #ier  an  unferen  Vugen  borüber&iebt,  unb  mit 
Necftt  barf  Dttentbal  jefrt  baft  Snftitut  alft  ben  lebenbigen  Bcittelpunft  ber 
4kfd)i4tftftubien  Dfterretd)*  beaeidmen.  <£ft  ift  erftaunltdj,  meid?  eine  Netye 
glätiftenber  Namen  baft  9Ritglieberberfteidjmft  aufmetft,  ber  befte  tteroeift  für 
bot  grofsen  (Erfolg  beft  Snftitutft;  fo  §at  eft  £)fterretd)  bie  aufgemanbten 
Vtittel  überreidjltd)  gelohnt  unb  aud)  an  unft  nad)  auftmärtft  Ijat  eft  noa) 
$etüorragenbe  ßebrfräfte,  wie  ©runner,  ßorenj,  Xangl,  abgeben  fönnen. 
Unft  Seutfcfte  im  Neid)  ba».  $reugen  tdnn  »o$l  ein  tetfe*  <Beffi$l  beft 
Neibeft  bei  ber  fiehüre  befdjleidien,  benn  o$nt  Srrage  tonnte  audj  bei  unft 
eine  ä$nlidje  Drganifation  Segen  ftiften  unb  bie  foftematifä>|>rafttfd)e 
Surd>bilbung  berer,  bie  über  baft  Uniberfttätftgiet  §inauftftreben,  förbern. 
Knberfeitft  »ollen  mir  freiließ  aud)  nid)t  bie  Sdjattenfeiten  eineft  3ubiel* 
bon  fdjulmägiger  Orgauifation  bertennen.  3m  gangen  Hegen  bie  gro&en 
Seifrungen  ber  mobernen  öfterretdjifdjen  ^iftorifer  bod)  met)r  auf  bem  ©e* 
biete  ber  gforfdjung  al*  ber  <Bef4id)tfd)reibung,  bie  einen  freieren,  inbibi« 
buefleren  SBilbungftgang  borauftfe^t.  Solche  (Sinfcbränfung  ber  ttnerfen« 
nung  barf  aber  ben  »armen  Sant  ntdjt  min  bem  für  baft,  maft  baft  öfter» 
rei((if4e  Snftitut  nia^t  nur  auf  bem  Gebiete  ber  bfterreid^ifd^en,  fonbern 


Zotigen  uitb  9tad)rid)teit. 

Die  £}erren  Üerf affer  erfudjen  wir,  Sonbera&3Üge  tijro  in 
Seitfdjriften  erfdpeitenen  2luffäfte,  n>eldje  ftd|  3ur  Berücfjtditigung 
an  fciefer  Stelle  eignen,  uns  freunMidfji  einsufenfcen. 

$te:9te*aftum. 


£ffgemehus. 

3m  Verlage  bet  Sßlöfcfdjen  $ud)brucferei  in  fcalle  a.  6.  §at  91.  ©ettlet 
ein  ,,3a$rbud)  bet  beutfdjen  $iftortf$en  Äommiffionen,  Snftitute  unb  Vereine 
be$  Seutfdjen  föeidjl«  unb  ber  beutfdjen  ©J>radjjjebiete  be*  «u«Ianbc8w 
int  greife  Don  10  2ft.  erfdjetnen  laffen,  ba«  bie  ^Bibliographie  k.  Don  etwa 
600  Vereinen  k.  enthält.  3)erfelbe  Serfaffer  fünbigt  au&erbem  im  ©clbft* 
Derlage  ein  ,,©tftotifcr*2;afäenbiidj'/  $um  Sor&ugSpreife  Don  6  2R.  an,  ba$ 
bie  Seljrer  ber  ©efätfye  an  ben  §od)fdjuten  mit  beutfä)er  UnterridjtSforacfte, 
ein  ©erjeidjni«  Don  über  500  Snftttuten  unb  Vereinen,  ein  »erjeidjni«  Don 
ca.  200  fciftorifdien  ßeitfdjriftcn,  enbltd)  ein  Äbrefjbudj  namhafter  Ärdjiöare 
unb  Sekret  ber  ©efä)id)te  enthalten  fori.  f$ür  ledere«  ift  jcbod)  ber  8ejug 
burd)  ben  SBudftanbel  auSgefdjloffen. 

$te  gafultäten  t>on  WancQ  unb  Stile  l)aben  ftd)  Dereinigt,  um  bie  bifc 
^erigen  Annales  de  l'Est  erweitert  a(3  Annales  de  l'Est  et  da  Nord 
erfäeineit  ju  laffett.  $er  <ßrei«  ber  oier  Siertelja^rggefte  beträgt  12  %i. 
0Berger*ßeDrault  &  Sie.,  $ari3). 

3m  S)esember  ift  ba«  erfte  ©eft  ber  neuen,  bei  g.  Wlcan  in  ?ariö 
erfdjeinenben  Revue  germanique  (Allemagne  —  Angleterre  — 
ÄtasUnis  —  Pays-Ba*  —  Scandinavie)  ausgegeben,  beren  ©egrünbung 
aud)  mir  mit  greuben  begrüben.  Sä^rltd)  f ollen  fünf  §efte  erfreuten  hm 
fcbonnementtyreiS  Don  14  gr.  für  $ariö,  16  3fr.  fonft  (einzelne  Wnmmtz 
4&r.).  $>a*  erfte  §eft  bringt  aunadjft  brei  Sluffäfce:  <£.  fiieftte n berger: 
Le  Faust  de  Goethe,  esquisse  dune  m£thode  de  critique  imperson- 


Ungemeine*.  389 

nelle;  Ä.  S^eDriHon:  La  jeunesse  de  Rnskin;  9.  6d)»ei$er:  Le 
symbolisme  de  Bach;  bann  unter  Notes  et  Documenta  bon  grau  (£. 
3foerfter*Riefrfcbe:  Trois  lettres  inädites  de  Friedrich  Nietzsche  a 
Hugo  von  Senger;  enblid)  eine  reichhaltige  Abteilung  Comptes  rendns 
critiqaes. 

3m  Serlage  bon  gifdjer  in  3cna  ift  ba*  erfte  $eft  einer  bon  $. 
(Ebrenberg  berau*gegebenen  neuen  ßeitfdpift  erfdjienen  unter  bem  Xitel: 
£$ünen»fcrcbtb,  Organ  für  ejatte  ©irtfd>aft*forf<bung.  Sine  gute 
a^orofteriftif  be*  erften  $efte*  ftnbet  fidj  im  ßtterarifcben  fcentralblatt 
1904  9h.  43.  —  ©ir  noHeren  beiläufig  eine  Wift&elle  bon  g.  ßiff<bifr: 
2>ie  fokalen  Auflebten  Sodann  ^einrieb*  b.  Saunen,  3abrbüd)er  für  92a« 
tionaiöfonomic  unb  ©tatifttf  83,  4. 

3m  «r*ib  für  «uiturgef djiebte  II,  4  banbelt  Ricbel  für*  Aber  bie 
fctmen«  unb  ©ettelorbnungen  ber  toeltlicben  (Gewalten,  O.  fteinemann 
über  bie  $ortrfttfammlung  $erftog  $$iHppö  IL  öon  Sommern,  g.  Sorenft 
fefrt  feine  fcltenmttteilungen  jur  Qtefdjicbte  ber  Qtn\ut  unb  be*  6djrift« 
oefen«  in  ©abern  um  bie  ©enbe  be*  19.  Sabrbunbert*  fort  (f(bilbert  bie 
mangelnbe  ftompetengabgrengung  ber  $e$örben  unb  bie  bieten  6<bnrierig» 
feiten  für  ba*  ttucbbänblergetuerbe),  fi.  Sommerfelbt  enblid)  {Gilbert 
eine  franjöfifcbe  ftequifttion  be*  3<>bre*  1761  in  ber  6d)tt>ar|burgi{d}en 
Unterberrfdjaft. 

*b.  ©traef  gibt  im  auftrage  ber  $effif*en  Bereinigung  für  öoiB* 
tunbe  „fcefflfdje  ©lätter  für  SolWfunbe"  (fietpjig,  Xeubner)  $erou«,  beren 
ftattlicber  2.  ttanb  un*  borliegt.  Hu*  ben  aablreldjen  «uff Öfen  feien  bte 
erwähnt  bie  fcu*ffibrungen  bon  @trad  über  ben  *<$inftelnen  unb  ba* 
$olf"  unb  SBunfdj  über  griedjifdjen  unb  germanifeben  Qeifterglauben. 
2>anfen*tt>erte  btbliograpbiW*  überfluten  fmb  bem  ©anbe  beigegeben. 

VI*  eine  «rt  3abrbu(b  erfdjeinen  bei  3.  g.  Sebmann  in  Wündjen : 
Beiträge  §ur  SBeiterentroidlung  ber  djriftlidjen  Sieligion, 
berau*gegeben  bon  $eif)inann,  3)orner,  (Süden  :c.  (9Rün$en  1906).  3"balt: 
fi.  b.  Sdjroeber:  SBefen  unb  Urfprung  ber  Sieligion,  ibre  SBuT&eln  unb 
beren  (Entfaltung.  —  $.  Guntel:  $a*  «Ute  Xeftament  im  £id)t  ber 
mobernen  gorfdjung.  —  91.  3)ei&mann:  (£bangelium  unb  Urdjrtftentum 
($>a*  Reue  Xefiament  im  ßiebte  ber  bjftorifdjen  gorfdjung).  —  Ä.  2>orner: 
$ril*glauben  unb  $ogma.  —  SB.  fcerrmann:  Religion  unb  ©ittlid)fett. 
—  it.  «Reber:  Sbriftentum  unb  Germanen.  —  R.  du  den:  ©tffenf<baft 
unb  Religion.  —  SB.  Stein:  Religion  unb  ©cbule.  —  ®.  Xraub:  $te 
gemeinf(baft*bilbenbe  Äraft  ber  Religion.  —  ©.  SBobbermln:  $a* 
©efen  be*  (Sbrtftentum*. 

SBa*  Genealogie  unb  §eralbif  italientfd)er  gamtlien  oetnfft,  nmren 
aufeerfcalb  Statten*  lebenbe  gorfdjer  ftumeift  auf  $omj)eo  fiitta*  in  mannet 
$>infl4t  berborragenbe*  ©etf  angetmefen.    S)tc  Süden   be*felben  au*$u* 

22* 


340  ftotijen  unb  ttadpigten. 

füllen,  gibt  ©iufto  (Eolanert  mit  feiner  Bibliografia  araldica  e  genea- 
logica,  Roma  1904,  ein  Stfadjfdjlagebudj  an  bie  $anb,  ba£  ben  größten 
Seil  ber  in  Stalten  erfolgten  $ublitattonen  über  tjfamiliengefd)td)te  be* 
ßanbe*  umfa&t.  (£3  ^ä^lt  2056  Hummern  unb  bringt  nidjt  nur  ben  Xitel 
ber  Deröffcntttdjten  Quader  unb  Brofdjüren,  fonbern  audj  ben  §lmoet3  auf 
Gffaty*  unb  ^uffä&e,  bie,  ®enealoglfd)e«  betreffend  in  üerfeftebenen  3cit= 
fdjrtften  erfajienen  roaren.  Sara  ©djluffe  ein  26  Seiten  füüenbeS  iRegifier 
ber  ©efdjledjter,  über  meldje  in  biefer  Bibliographie  fidj  fcuSfunft  $oleit 
lägt.  Br. 

(Sin  Äuffafc  öon  $.  {Renner  im  Hx$\t>  für  @efe$idjte  ber  $&ilo* 
fortie  18,  1  be^anbelt:  Äarl  Steffenfen  unb  feine  ®ef<f>td»t$p^fofoD$te, 
^auptföcrjlicr)  auf  ©runb  ber  auS  bem  $anbfd)riftlidjen  Wadjlafj,  6$©.  ben 
Äoüegien  beS  1888  oerftorbenen  ©teffenfen  gewonnenen  ttuftftüge  in  ber 
Don  Balfrer  (erausgegebenen  Schrift:  „3ur  $(ilofo^ie  ber  ©eft&t(&te" 
(Bafel  1894).  Bei  ber  SBttrbigung  ber  ©ebanfen  ©teffenfen«  6efd)ränft 
fidj  ber  Berfaffer  baraufy  bie  im  engeren  ©inne  pljitofop&ifdje  ßlterahu 
jum  Bergleid)  §eran&uftieljen;  fo  finb  iljm  au$  bie  Berührungen  mit 
fBityelm  ö.  ©umbolbt  gan$  entgangen. 

$ie  8eitfct>rift  für  Sojiahüiffenfd)aft  7, 10  ff.  entölt  bie  gfortfe|ung 
ber  «rtifeljerle  üon  ©.  ü.  Beloro:  3ur  SBttrbigung  ber  (iftorifd)en 
@d)ufe  ber  ftationalitfonomie  (in  ©eft  10:  6.  (gin  SBort  jur  Bertcibigmig 
Koffer«;  baju  am  @nbe  beS  §efte3  unter  „©predjfaal"  nod)  eine  $olemif 
$mtfdjen  Äün&et  unb  Beloro  über  ba£  SBefen  ber  Xerritorialtoirtfdjaft; 
in  fceft  11  f.  bann  7.  ©djmoHer«  „@d)ule")-  —  3n  feinem  3aljrbucf)  für 
<8efefrgebung  jc.  28,4  veröffentlicht  ©.  ©d>m  oller  einen  {leinen  ttuffafc : 
$te  «merlfaner  (Beforedjung  be«  fünfter  bergfdjen  SBerfe«). 
"^  Bon  ber  3eitfcbrift  für  bie  gefamte  ©taatSroiffenfäaft  entölt  M 
(SrgänaungSljeft  14  eine  Arbeit  Don  O.  t».  3roiebined=Sübenljorft: 
Beiträge  jur  Seljre  öon  ben  Sofjnformen.  —  $u&  ber  3*t*fd)rift  für  ba* 
<Sd)tDeifterifdje  9iecr)t  45  (28),  L  notieren  wir  nadjträgtidj  einen  fcufiafr  (ala- 
bemifdje  ÄntrittÄrebe)  öon  9R.  ©über:  $ie  (Sntrotcflung  be«  <5taat$begriff«. 
?5"l,3n  ben  tteuen  3atjrbüd)ern  für  ba*  ffaififdje  Altertum  k.  1314,  8 
veröffentlicht  ©.  ©gelfjaaf  einen  Huffafr  über:  $a3  ©anbbudj  ber  mittel» 
alterltdjen  unb  neueren  ©efdjidjte  öon  Belom  unb  3Reinede.  —  Äu*  ben 
flnnalen  ber  92aturpr)ilofop^ie  4,  1  notieren  mir  einen  uon  SB.  Oftwalb 
in  @t.  CouiS  gehaltenen  Bortrag:  3ur  Sljeorie  ber  SBtffenfc&aft  (JWafflft* 
fation  k.)  unb  eine  Hbfrutblung  t>on  SB.  Bieganäft:  Steo*Bitatt*mu$ 
in  ber  mobernen  Biologie. 

(Sin  im  ftooember^eft  1904  ber  ^reu&ifdjcn  3a&rbüdjer  öerö  ff  entließt« 
fluffafe  oon  3rr-  fünfte  gibt  eine  3)arfteÜung  unb  Äritif  öon:  XaineS 
©e^ia^töp^lofop^te.  —  3n  ber  SRonatSfdjrtft  für  Stobt  unb  8anb,  Oft. 
u.  Eoö.  1904,  beijanbelt  ©ad^agen:  Bolfdf|>ra4e  unb  Bolfötum  (enge 


Allgemeine*.  341 

3ufammenge$örigfeit).  —  Ä.  ©arfc&auer  Deröffentltdjt  in  ber  8eitfarift 
ber  $iftorifd)en  ©efeflfdpft  für  bie  $ro*mft  $ofen  feine  $ofener  antritt«* 
Dorlefung:  Sie  (fyodjen  ber  $ofener  SanbeSgefdjidjte  (6  (Sporen  Dom 
10. 3afr(unbert  bit  jut  (Gegenwart).  —  3n  ber  Seutfd)en  »unbfdjau  31, 1 
be^anbelt  Cöctn^eim:  (Sntfte^ung  unb  ©e  beutung  ber  beutfcben  Äaifer* 
jage;  ebenbort  in  81,  1  f.  folgt  ein  Äuffafr  Don  <8.  &r$r.  d.  äRalftaftn: 
5>o«  ©irtfdjaft*fek«  bet  ©öifer  unb  ber  ©eehieg  (Gnttoirfhing  in  neuerer 
3eit)„  unb  in  31,  2  ift  ein  Vortrag  Don  $.  Clbenberg  abgebrudt:  Sie 
<£rforfd)ung  ber  altinbifdpn  Religionen  im  (Befamtftufammenljang  ber  Welt* 
giontoiffenf^aft. 

Sie  3eitf4rift  für  W^optyt  unb  pWofoj>W$e  flritil  126, 1  brudt 
einen  Vortrag  Don  8.  ©aud)  ab  über:  Sittlidjfeit  unb  Jhtltur.  —  Sie 
Sierteljatrdfdjrift  für  »iffenfd)aftltc&e  $$iIofoWe  unb  ©Ökologie  28  (8),  8 
entölt  bie  Sortierung  ber  Arbeit  Don  $.  ©art$:  Die  ©ejcbid>te  ber  dr« 
&ief>ung  in  fo^iologij^er  ©eleudjtung  (bei  Kriegen  unb  Römern).  —  3n 
ber  3Ronat*f$rtft  „Seutfalonb"  Rr.  25  f.  (3, 1  f.)  finbet  tftf  «n  «uffa» 
Don  8r.  (Sr^arbt:  (Sin  Vertreter  ber  Xeleologie  unter  ben  mobemen 
Biologen  (sc.  Weinte);  ebenbort  in  9hr.  25  bemäntelt  2.  grün  fei:  Sie 
Stellung  ber  ©ölter*  unb  (Erbfunbe  im  Seutfäen  Steige  Qrfäbiert  für 
©efierfteflung)  unb  in  Rr.  26  $.  Sri  e  «man«:  Sa»  ©efen  ber  Jhtltur. 

3n  ber  ©altifcfcen  SRonat*fd)rift  58,  7/8  Deröffentltc&t  $.  D.  ©rän- 
ge!!: (Sine  Dölfer|>fnd)ologifd)e  ©tubie  (cQarattertfiert  für*  Ruflen,  Angel« 
laufen,  granjofen,  Seutfcfce  na*  $l)nltd)feiten  unb  ©erfcbieben$eiten);  eben* 
bort  in  4>efl  9  finbet  ft*  ein  Heiner  tfrtifel:  Äulturgefötd)tli(&e  W\%* 
jeüen  (eine  Sttfuffion  über  $€jenj>roaeffe  Dor  50  Sauren).  —  9ta*  ber 
$o1itififcfciit$roj>o!ogifdjen  ReDue  3,8  notieren  mir  Don  2.  ©oltmann: 
Sie  btologifd)en  (Brunblagen  ber  (Soziologie;  Don  ($$.  d.  (S^renfeU: 
4Md)le4t  unb  (£$ava?ter  (über  ba«  mifognne  8ud>  Don  R.  ©etninger); 
Don  R.  ©einberg:  Waffen  unb  fcertunft  be«  ruffifdjen  ©olfe«;  —  au« 
ber  fcfterr.«Ungarifdjen  ReDue  32,  1  Don  S.  D.  ßenter:  Herbert  Spencer 
unb  bie  Soziologie. 

3n  Seutfdje  (Erbe  3,5  Deröffentlidjt  «.  ©irt$  einen  tfeinen  tfrtiftf: 
Scutfdftum  unb  beutfdje  ©ejdjt^tfdjTeibung.  —  (Sine  jeljr  intereffante  Über» 
fiefy  geioü^rt  eine  Don  «.  ©ettner  in  ber  ©eogrartifc&en  3eitfa>rift  10, 
9/10  Deröffentlicftte  ant^ropo-geograp^tf^e  ©tubie  über:  Sa«  europ&ifdje 
Ru&lanb  (1.  Sie  Ratur  bc*  2anbe»;  2.  bie  gefdndjtüge  (Snttoidlung  unb 
ibre  fcrgebnifie;  3.  bie  ©ölter;  4.  bie  Religionen;  5.  ber  Staat;  6.  ©e» 
ftebelung  unb  ©eDblferung;  7.  ber  ©erfe^r).  —  3m  (BlobuS  86,  19  f.  te- 
ilet R.  Äainbl:  teuere  arbeiten  $ur  ©ölterfunbe,  ©ölferbefareibung 
unb  ©olttfunbe  Don  &alt&ien,  Rufftfd)«$o!en  unb  ber  Ufraine;  ebenbort 
in  9h.  20  ff.  madjt  Ä.  £b.  $reujj  eine  „Dorläufige  Mitteilung":  Set 
Urfprung  ber  Religion  unb  Äünfte  (bei  IRejilanern). 


342  borgen  unb  Haojridjten. 

3n  bcm  &u  5Roucn  erfdjeinenben  Bulletin  bei  Sociäte  Normande 
de  Geographie  1904,  2  ift  ein  intereffcmter  ©ortrag  beft  audj  bei  un& 
woljlbetannten  franaöfifujen  fcifiortfer«  ©.  ölonbel  übet  bie  politiföt 
unb  bfonomifdje  ©nrwicfhmg  S)eutfä)fonb8  in  ber  neueftenßeit  abgebrutft: 
La  Situation  en  Allemagne.  —  3n  ben  Stades  ber  Compagnie  de 
J6sus  101  (Ofto6er  1904)  gibt  $.  (E$*rot:  Une  revae  de  eynthese  en 
histoire  (bantentoerte  Überfielt  über  bie  arbeiten  ber  Revae  de  synthese 
hißtoriqae  nadj  ben  beiben  @efid)t*tmntten:  Scotwenbigfeit  ber  ©$nt$e|e 
für  bie  »efdjldjte  unb  i$r  (E^arafter  afö  Äunft  unb  ©iffenfdjaft  juglct«. 

—  (Sbenbort  ftttbet  fi<§  ber  Anfang  einer  Arbeit  über:  Lee  catholiqaes 
aUemands  au  XIX*  siede  (1.  Lee  mariages  mixtee). 

3n  btn  Annales  de  Philosophie  chrltienne  149  (Oftober  1904) 
bemäntelt  ©.  $r£boft  bie  fjrage:  Le  probleme  du  progres  moral  d6- 
pend-il  eocialement  d'un  ideal  absolu?  9cad)  bem  ©erfaffer  ift  nur  in 
ber  ©otteStbee  ein  »irfüdjer  moralifdjer  gfortfdjritt  anguertennen.  —  Äu* 
ber  Revue  philoeophique  346  f.  (Oftober*9&oöember  1904)  notieren  mir 
eine  Äb^anblung  öon  91.  ©obernauj:  Le  parallälisme  psycho-phy- 
sique  et  ses  cons£quences.  —  (Sbenbort  in  9er.  348  analnftert  3-$<Ia' 
toille  ben  ©egriff:  La  vie  sociale.  —  3n  ber  Revue  de  theologie  et 
de  Philosophie  1904,  4  be&cmbelt  2.  $errirag  einge^enb:  Methode 
historique  et  philosophie  de  l'histoire  chez  Ferdinand  Chrätien  Baur. 

—  3m  Journal  des  Savants  (September  1904)  üeröffentlidjt  Ä.  8Utn* 
banb  eine  9lb$anbtung:  »iftor  $uruü  (über  bie  ftmei  Sänbe  Note» 
et  Souvenirs  ju  beffen  Söiograt^ie). 

3m  Bibliographe  moderne  8,  1/2  tycmbelt  91.  Seroug:  De  quel- 
ques amöliorations  possibles  dans  l'organisation  et  le  fonetionnement 
des  archives  provinciales.  —  3*  L'Universite*  Catholique  44  (9tobbr. 
1904)  t>eröffentlid)t  Ä.  Begönnet  eine  fitude  historique:  La  cosmo- 
gonie  biblique  (Äuffaffung  berfelben  im  SBedrfel  ber  3«tcnr  bei  ben  Jlirdiem 
btttern,  ber  ©djolafttf  unb  ftenaiffance  unb  ben  9Robernen). 

3ntere{fante  $etrad)tungen  über  The  making  of  modern  races 
bietet  $.  C^olmer«Wlt*ellim  Oftoberfcft  ber  North  American 
Review  (Qfritmicflung  be«  $errfdjenben  nieigen  $ölferftammeft);  ebenbort 
beljanbeft  GH),  färbet)  ©enung:  The  reform  of  the  Calendar.  — 
Ku*  ber  Dublin  Review  135  f.  (Dftober»9*ODember  1904)  notieren  mir 
einen  ftuffafc  öon  3f.  8t.  ©egg»?roffer:  Man's  place  in  the  universe 
(SBattace  unb  feine  Gegner);  —  ferner  au*  Expositor  68  Don  3).  ®- 
3Jcargoliout$:  The  permanent  elements  of  religion;  auft  ber  Prin- 
ceton  Theological  Review  2,  4  öon  3«  £  o  o  p  e  r :  Destructive  critidsm  ; 
au*  ber  Bibliotheca  sacra,  Dftober  1904,  Don  «.  Äuttper:  Thebiblicai 
criticism  of  the  present  day. 


Ungemeine*.  843 

3n  bet  S$eo!ogifd)en  8eitf$rtft  „Deutfäer  SRertur"  3a$rg.  25  ift 
eine  langete  fcrtif eiferte  erf djienen  über  ba*  Styerna:  Natur  unb  83t bei, 
UntyropoloQie  unb  Nationalität  im  8id>te  djriftHc^cr  unb  moberner  SBelt« 
anfdjauung.  —  3n  ben  Stimmen  au*  SRarta*8aad)  1904,  Nr.  9  f.  »er» 
öffentlich  (E.  ©ü«monn  eine  entmi<tlung*t>$t)ftofofltW«  Stubte:  Da* 
»ätfel  be*  ßeben*  (pläbiert  für  ben  8itali*mu*).  —  Die  Neue  Äircftlldje 
8<itf djrtft  15,  12  bringt  einen  ftuffaft  Don  N 5* gen:  Sie  Religion*' 
gef$i$te  unb  ba*  Neue  Xeftament  (Änwenbbartett  ber  religton*gefc$ti$t* 
liefen  3Ret$obe  auf  ba*  Neue  Seftamem). 

8om  £$eologifd)en  3a(re*berid)t  ift  al*  ftarfer  ©anb  erföienen  23,4: 
Äird>engefd)ld)te,  bearbeitet  öon  $reufd)en,  Ärüger,  (Kernen,  Äod), 
*ö&ler,  ttrnolb,  ©erner,  3ffei.  —  3n  ber  Sfcologlfäen  Ouartalfdjrift  87, 1 
fceröffentlicfct  Sgang  eine  ttbfymblung:  <$efd)id)te  unb  Dogma  (nimmt 
eine  toermittelnbe  Stellung  ein). 

Der  je»ige  Seiter  be*  ©tener  fciftorifäen  3nftiiut8,  <B.  t>.  Otten* 
t*ai,  bat  jut  freier  be*  50  irrigen  »efianbe*  ber  «nfialt  eine  freft* 
farift  *eröffentlt$t:  Da«  St.  St.  Snftitut  für  öfierretcbtföe  ®efcbi«t*forf$ung, 
1864—1904,  Sien  1904,  96  S.  «r  gibt  einen  treffen  Überblicf  über 
bie  Gefaxte  be*  3nftitut*,  feine  ©egrfinbung,  Organifation,  fielet  unb 
Unterri*t*betrieb,  |>rattifdje  fliele  be*  Sebrturfu«,  Nättmli($teiten  unb  ße$r« 
mittel.  «(*  Beilagen  wirb  ein  öoBfiänbige*  Ser^ei^ni*  ber  TOitglieber 
be*  Snftitut*  (im  ganzen  bi*  $eute  241  orbentlidje  unb  aujjerorbentlidje 
TOtglieber),  unb  ein  ttbbrucf  ber  erften  Statuten  oon  1854  fotote  ber  Ijcute 
gültigen  Dom  Safere  1898  gegeben.  <S*  ifi  in  ber  Xat  eine  (Befdjidue  ber 
glänjenbftcn  (Erfolge,  bie  #ier  an  unferen  fcugen  oorüber&iebt,  unb  mit 
ftaftt  barf  Ottentbai  jefrt  ba*  Snftitut  al*  ben  lebenbigen  SRtttelpuntt  ber 
*efd)id)t#fhibien  fcfterrelc&*  bejeicfcnen.  d*  ift  erftaunlick  weld)  eine  Nei$e 
glfinjenber  Namen  ba*  3Ritglieberoeraeldjni*  aufmeift,  ber  befte  SBeroei*  für 
ben  großen  (Erfolg  be*  Ignftitut*;  fo  §at  e*  ßfierreid)  bie  aufgewanbten 
mittel  überreidjlid)  gelohnt  unb  aud)  an  un*  nad)  au*märt*  bat  e*  noa) 
fcertoorragenbe  Se&rfräfte,  wie  ©runner,  Soren},  £angl,  abgeben  tonnen. 
Un*  DeutfdK  im  Neia}  bft».  $reujjen  tann  mo$l  ein  leife*  Qk\m  be* 
Neibe*  bei  ber  ßettfire  befdjletäen,  benn  o$ne  grage  tonnte  aud)  bei  un* 
eine  tynüdje  Organifation  Segen  ftiften  unb  bie  fbftematifd)*|>rattifd)e 
Durd)bilbung  berer,  bie  über  ba*  Unioerfttfit^iel  $tnau*ftreben,  förbern. 
Inberfeit*  wollen  mir  freilldj  audj  nidjt  bie  Sdjattenfeiten  eine*  3uotel* 
t>on  fäuhnä&iget  Organifation  Derttnnen.  3m  ganzen  liegen  bie  großen 
Seiftungen  ber  mobemen  dfterreidjifdjen  §iftoriter  boeb  me$r  auf  bem  (De» 
biete  ber  frorfdjung  al*  ber  ®efd)id)tfd)reibung,  bie  einen  freieren,  inbioi» 
buefleren  $ilbung*gang  oorau*fefrt.  Soldje  (fctnfcbränfung  ber  ftnerten« 
nung  barf  aber  ben  wannen  Danf  nidjt  minbern  für  ba*,  wa*  ba*  öfter» 
reidjifdje  Snftttut  nid)t  nur  auf  bem  ©ebiete  ber  öfierretdjtfäen,  fonbern 


844    -  Zotigen  unb  töadjndjten. 

äugleid)  audj  unferer  gefamten  beutfdjen  <&efdnd)t8forfdjung  gefeifiet  $at. 
(SS  barf  ben  9tu$m  beauftragen,  ein  febenbigeS  unb  traftDotteS  Organ 
unferer  gefamtbeutfdien  ©iffenfdjaft  ju  fein. 

3n  ber  3eitfdjrift  für  beutfefte  SBortforfdjung  6,1  gibt  O.  Sa  ben* 
borf  eine  SReue  ©djlagroortlefe  ((Suro^äifc^ed  ©leic^getoi^t,  Sunfertum  «.)• 
—  3n  ben  Mitteilungen  ber  antfcopologifdjen  ©efeüfdjaft  in  ISien  34,  3 
veröffentlicht  9t.  Geringer:  Beiträge  jur  fcauSforfdmng  (©oSnifdjeS 
©aus,  neuere  Siteratur).  —  3n  ben  $eutfd>en  ©efcfitdjtSblättern  6,  2  be* 
$anbelt  ein  fleiner  Huffa(  Don  %f).  2ol)metyer:  U ufere  glufmamen  (i$re 
fpracr)Iidjc  ©eftimmung). 

«uS  ber  ^Beilage  ber  SRündjener  9111g.  3*3-  notieren  mir  Ijitr  Don 
S.  §armS,  13.  u.  14.  Ottober:  Über  Religion  unb  Äulturfortf  abritt  in 
Sapan  (im  Slnfdjlufj  an  baS  bei  Seemann  in  2eip$ig  aud)  in  beutfdjer 
Uberfefcung  erfdjlenene  SBudj:  Unfer  ©aterlanb  Sapan,  ein  Ouettenoudj, 
gefdjrieben  Don  Sapanern,  herausgegeben  Don  91.  ©teab);  ferner  21.  Of= 
tober:  $eutfd)tum  unb  beutfdje  @ffd»icr)tfcr)rcibunfl  (Aufgabe  ber  leiteten, 
bie  ©eroegungen  jur  Ausbreitung  beS  SDeutfd)tumS  in  ber  Vergangenheit 
nad;  allen  Seiten  $u  Derfolgen,  tote  bieS  für  bie  (Gegenwart  in  bem  @am* 
melwert  beS  ftflbeutfdjen  ©erbanbeS  „S)er  Äampf  um  baS  $eutfd)tum* 
gefd)ie§t);  auS  9£r.  268  Don  ©oltenljauer:  S)te  Äartenfammlung  ber 
Ägl.  öffentlichen  ©ibllotljet  $u  Bresben;  Er.  264  Don  H.  G^rouft:  3>a* 
Snftitut  für  öfterreid)ifd)e  (fofdjic&tSforfdmng  in  23ien  ($um  50  jft$r.  ©efianb; 
Dg(.  bie  ftotift  oben). 

3n  ber  Revue  P^dagogique,  September  1904,  ift  ein  Don  (S.  2a- 
Dif  f  e  Dor  ©d)ülern  gehaltener  ©ortrag  abgebrudt:  L'histoire  ä  Tecole.  — 
®in  «rtitcl  Don  3-  Sieben  im  ^äbagogifdjen  9ir$iD  46,  10:  3ur  ©e^ 
$anblung  ber  ÄriegSgefdjidjte  im  ©efdjtdjtSunterridjt,  ift  eine  (Smpfetyung 
ber  Don  2.  JJrobentuS  herausgegebenen  Söeltg«fct>icr>tc  beS  ftrtege*.  — 
3n  ber  3eitfa}rift  für  ©djulgeogratftfe  26, 1  f.  finbet  fidj  ein  «uffafr  Don 
£}.  3 auter:  $er  ©influfc  ber  SanbeSnatur  auf  bie  ©efdjtdjte  unb  bie 
ßultur  ber©ölfer;  ebenbort  finbet  fi<5  <*udj  ein  Kefrolog  Don  9ca(el  unb 
ein  Hrtitet:  g.  fflafte!  über  ©efcGicfttc,  ©öltertunbe  unb  Slftorifdje  ^erfpef- 
tiDe  (Dgf.  $.  3-  93,  1  ff.). 

&tut  3Sü<9rr:  SRommfen,  Heben  unb  «uffä&e.  (©erlin,  Selb* 
mann.  8  3tt.)  —  ©runS,  Vorträge  unb  Sluffäfre.  (3Ründ)en,  ©ed. 
8,50  2R.)  —  2  a  m  p  r  e  dj 1 ,  SWoberne  ©efdMdjtSttnffenfc^aft.  (ftreiburg  i. ©., 
$eöf  eiber.  2  3Ji.)  —  Mac  Murry,  Special  method  in  history.  (New 
York,  Macmillan  &  Co.)  —  ©d)roar$,  3)er  moberne  SJtoterialtSimiS  als 
2Beitanfdjauung  unb  ©cfdjl^tSJjrinaip.  (Seidig,  S)ieteridj.  2  9N.)  —  Seit* 
gefaxte.  $rSg.  D.  fcelmolt.  5.  33b.  1.  fcälfte.  ßeiftig,  ©ibl.  3nftitut. 
4  3R.)  —  ©reijfig,  $er  ©tufenbau  unb  bie  ©efefce  ber  SBeltgefdjicftte. 
(©erlin,  ©onbi.  1,50  9W.)  —  2 ort),  Wefcfdje  als  ©efd)ld)tS|>$Uofo|>$.  [$ie 


ttfte  ®eföid»te.  345 

neue  fBeitonf cfytuung.  L]  («erlitt,  Jrofcler.  1,60  SR.)  —  »r.  fcaudj, 
Satter  unb  Jtoit  (©erlin,  9tatt$er  &  ffleiäarb.  4  9R.)  —  <fclfen$an&, 
itanti  Raffentyeorie  unb  ifjre  bleibenbe  ftebeutung.  (Seidig,  Gngefmann. 
0,80  3R.)  —  Franklin,  The  socialisaüon  of  humanity:  an  analysie 
and  synthesis  of  the  pbenomena  of  nature,  life,  mind  and  society 
through  the  law  of  repetition.  (Chicago,  Kerr  &  Co.  2  $.)  —  San 
ber  Borget,  ©runbjüge  ber  ©Oftialpolitit.  [£anb»  u.  fie^rbud)  bet 
«taatSnitfJenfdjaften.  1.  fcotlg.:  »olf*»irtfd)aft*letjre.  15.  8b.]  (ßetyjig, 
$irfäfelb.  16,50  SR.)  —  3)amaf($te,  ©eftfWe  ber  Hationalötonomie. 
(3ena,  $ifdjer.  2,50  SR.)  —  Bragmans,  Het  belang  der  economische 
geechiedenis.  (Leyden,  Sijthoff.)  —  Sinbeman,  Urbegriffe  ber 
»trtWafi*wtffenf*aft  (Bresben,  ©öfcmert.  6  SR.)  —  Scherger,  The 
evolution  of  modern  liberty.  (New  York,  Longmanß,  Green  &  Co. 
1,10  $.)  —  Steinhaufen,  (i5efcr)id)tc  ber  beutföen  Äultur.  (Seidig, 
«ibliogia^.  3nftitut.  17  SR.)  —  Mariano,  Intorno  alla  storia  della 
chiesa.  [Scritü  varii.  T.  VII.]  (Firenze,  Barbera  5  fr.)  —  Sufdjin 
».  <Ebengreut$,  Allgemeine  SRünafunbe  unb  Gelbgefdjigte  be*  SRitieU 
clter«  unb  ber  neueren  geit.  [fcanbbudj  ber  mittelalterl.  u.  neueren  ®e* 
fd>td)te.  5.  ttbtlg. :  fciifStuifjentöaften  u.  Altertümer.]  (SRüntfen,  Dlben* 
bourg.  9  SR.)  —  Amherst,  A  sketch  of  egyptian  history  from  the 
earliest  times  to  the  present  day.  (London,  Methuen.  10,6  sh.)  — 
€ulenburg,  S)ie  grequenj  ber  beutfeften  Unioerfttäten  oon  iftrer  ©rün- 
bung  bi*  *ur  (Gegenwart.    (Seidig,  £eu6ner.    10  SR.) 


JMe  «eW4te. 

flu«  ben  Schrägen  jur  Alten  <Befd)idjte  4,  1  notieren  mir:  (L  5- 
Seemann  unb  ©.  Äornemann:  SRotnmfeh*  8ermä<6tm*;  SB.  6. 
ftergufan:  The  Oligarchie  revolution  at  Athene  of  the  year  103/02 
t.  Chr.,  beten  Stod)»«*  ft<ft  auf  3nf$riften  ftflfrt  unb  tuo$lgelungen  ift; 
H.  D.  ÄetamopulloS:  $ie  eigenen  bigen  Unterförtften  in  ben  bei* 
pWQtn  3freilaffung$urrunben,  wojn  %  HR.  SRetoer  in  einem  SZadjtrag 
ben  ttraud)  in  ägupten  unter  ben  $to(emftern  ftufammmenfaftt,  roo  eigen* 
tyinbtge  Unterfdjrtft  nitft  geforbert  wirb;  <E.  &.  fie^mann:  (Ein  mife« 
uerfianbene*  ®efe(  fcammurabi* ;  £$.  gabta:  La  lettre  de  Pompeius 
Propinqnus  ä  Galba  et  l'avenement  de  Vitellius  en  Germanie;  <E.  Jßatf  d): 
«rrian*  Periplas  Ponti  Eaxini,  ber  ben  3.  Äbfänitt  in  bie  Witte  aroifäen 
bie  beiben  anberen  Seile  einrüden  »iB,  bie  ©etfafjerjdmft  fcrrian*  für  ben 
ganten  $eriplut  alfo  Derteibigt,  »ad  bod)  fefcr  problematifd)  ift;  O.  fcirfdj* 
felb:  Xer  Gnbtermtn  ber  gafliföen  Stattbalterfdjaft  ttttfar*;  <S.  Ä o me- 
in an  n:  SfodjmalS  ba8  Monnmentum  Ancyranum,  ber  fid)  mit  SBilcfen 
auteinanberfe^t;  9».  Äiepert:  $er  ©irboni*-@ee,  fo  tyeft  im  Altertum 


846  9?oti*en  unb  Sfcadjridjten. 

ber  86  km  lange  <See  öftU*  bon  ^elnflutn;  £$.  Sotoloff:  3ur  Ge* 
ic^i^te  be«  3.  uor4riftlic$en3aljri)unbert*j  2.  $er  «ntiodjo*  ber  Snfc^dfteit 
öon  giian  (ift  bcr  3.  Äöntg  biefe«  ahmten«);  <£.  3f.  Seemann:  »eftärfc 
gung  ber  Söfung  eine«  Hauptproblem«  ber  antifen  Chronologie  tot  Stobo» 
najfar;  Äa^arow:  $ux  Sieligion  ber  alten  £$rafer;  SBlllridj:  3)er 
©eburt«tag  be«  fcntiocfa«  @pip$ane«;  ftrie«:  8ur  babtfonifdjen  geuer* 
poft;  (£.  gf.  Seemann:  Sßodjmat*  bie  (5 Pönologie  beft  dpemonibeiföen 
Krieges. 

3n  ber  Seitfdjrift  für  agWtifdje  Spraye  unb  *ltertum*funbe  41,  1 
ftnben  wir  arbeiten  Don  D.  8ftubenfo$n  unb  ?$.  Ana  fr:  ©eritfct  über 
bie  Ausgrabungen  bei  Stöuflr  ei  SRäläq  im  3alpe  1903;  SB.  Sri;:  Über 
baft  im  $  weiten  $aptoru«funb  üon  £a§un  enthaltene  ©otljlSbatum  be«  mitt* 
leren  ffieidje*  ber  ttgljptifd)en  ©efdjic&te ;  S.  Sßoräarbt:  @inb  bie  Beu* 
monb«bateu  ber  3fl<*$unpapt)ri  djronologifdj  ju  berwerten?;  ©.  Sri;: 
Semerfungen  ju  bcm  öorfteijenben  Huffafc ;  ß.  @et$e:  8«t  &eitlidjen  &eft» 
legung  ber  12.  Stynaftte  unb  jur  ©enufcung  ägtiptifdjer  @ottji«baten  über* 
fympt;  Ä.  ©etfce:  2>er  Warne  ©efoftrl«. 

Sei  ber  großen  ©tdjttgfeit  ber  üom  British  Museum  herausgegebenen 
Annals  of  the  kings  of  Assyria  fei  auf  bie  ©emerfungen  Don  SR.  Strecf 
tyngewtefen,  womit  biefer  bie  ntut  Aufgabe  begleitet  unb  womit  et  ber 
alten  ©ejcfiidjte  gute  Sttenfte  geleiftet  $at.  ßeitfc&rift  für  «ffüriologie 
18,  2.) 

(Sin  gro&e«  Serbienft  $at  fidj  bie  S)eutfdje  9lnt$ropologifd)e  ©efds 
fcr)aft  burd)  bie  SBafjI  einer  Äommiffion  für  prä^iftorifdje  Xijpenfarten  er- 
worben, über  beren  erfolgreiche  Xätigfeit  St.  ßiffauer  in  ber  geitfärift 
für  Senologie  berietet  (36,  5).  3ur  ^arfteüung  gelangen  in  biefem  $e* 
rldjt  Äjte  (au«  ®ron§e),  ©djeiben*  unb  Sftabnabeln;  man  fdnn  bem  nüfe* 
tieften  Unternehmen  nur  ben  beflen  Sortgang  wünfdjen.  <£benbort  fudjt 
$ub.  €>  dj  m  i  b  t :  Sroja— SJtyfene— Ungarn  au«  gleichartigen,  an  genannten 
Orten  gemachten  gfunben  barjutun,  ba&  bie  au«  Mitteleuropa  au«manbern* 
ben  Stämme  i$re  ©erat*  unb  3ierformen  in  ba«  ägäifdje  Äulturgebiet  mit* 
gebracht  $aben,  mit  anberen  £Borten,-ben  ©tnflufj  Mitteleuropa«  auf  ba* 
ägäifdje  ffulturgebiet  feft$ulegen.  $ie  ©djinibtfdje  £$efe  wirb  woftl  «Biber* 
fprud)  erfahren,  aber  fd)Iie&ltdj  bod)  burdjbringen,  ba  fie  ja  mit  bem  (fang 
ber  ©anberung  ber  Golfer  burdjau«  übereinftimmt. 

3n  ben  9*euen  3a&rbüdjern  für  ba«  flaffifc&e  Altertum,  (Befaßte  unb 
beutfdje  Literatur  1904,  9  ift  ber  ©djlujj  oon  9t.  gfrtfrfc&e«  fcuffafr:  $<r 
Anfang  be«  §eüenentum«.  SBefonber«  aufmeTtfam  mödjten  wir  nod>  madjeii 
auf  &r.  91t)«  $tuffa(:  SBarum  lehren  wir  ©riedjifdj?,  worin  mand^erlet 
Anregung  geboten  wirb. 

^)ie  ^bftanblungen  ber  ffgl.  <5ä$fifdjen  (Befeüfcbaften  ber  9Biffenf4aften 
24,  1  unb  3  enthalten  au«füt)dicfte  arbeiten  üon  ©.  $.  m  ofdjer:  tot 


ttite  ®efti$te.  347 

Sieben* unb  Weunjabl  in  ftultu*  unb  SRutbu*  ber  ©rieben,  unb  K.  SReifter: 
$oret  unb  945er  1.  Seil,  worauf  befonber*  $tngewtefen  fei. 

8weifefeo$ne  förbert  R.  SR elfter:  Beiträge  sur  grieebiftben  <£pi- 
grap$tf  unb  SHaleftologle  IV  ba*  Berftänbnt*  ber  3nfd)rift  bon  SiHgon 
(G DJ  1269)  ganj  bebeutenb;  fdjabc  nur,  ba&  fo  wenig  babei  auf  ba* 
Oefffticbtlifbe  eingegangen  wirb,  benn  e*  lohnte  fid)  wobl  &u  fragen,  wa* 
ba*  benn  für  Äriege  finb,  woburd)  Sifföon  fo  bart  bebrängt  würbe.  (Be- 
riete über  bie  Berfanblungen  ber  ftgL  @Äcr>f.  Qef.  b.  SBiff.,  $&ilolog.* 
fciftor.  Ätaffe  1904,  1.) 

9(u*  bem  SR$elntfd)en  SRufeum  für  Biologie  59,  4  notieren  wir 
g.  ©olmfen:  (Eigennamen  al*  öeugen  ber  3tamme«mif(bung  in  ©öotien ; 
%  Gonnenburg:  De  Horatio  et  Pollione;  ©.  ©djmtb:  Herodes 
*«?*  nokrtiae  (ber  im  ©egenfafr  *u  U.  Stritt,  ©eloct)  unb  $.  SJcener  biefe 
©djrift  für  eine  edjte  unb  geregte  $ertamation  au«  fpäterer  8eit  $dlt,  wo« 
mit  natürlich  gefagt  ift,  ba&  fie  nur  mit  grofjer  Borfldjt  aift  gefdjtcbtltdje 
Quelle  ju  benufren  ift);  U.  fcoefer:  $ontoftt>ölfer,  Spboro*  unb  Apollo* 
nto*  bon  8tyobo«;  $.  Leiter«:  3wei  trettftbe  3nf<brtften  au*  SRagnefta, 
unb  5$.  Sitt:  über  eine  Duelle  oon  $(utard)*  Aetia  Romana. 

3m  fcerme*  89,  4  tritt  (£.  b.  Stern:  $er  SRauerbau  infct^en  unb 
bie  Sift  be*  £$emtftoMe«,  auf  bie  Seite  Beloc**,  ber  bie  (Srft&tyung  2$ufn« 
bibe*  I  89—93  bermirft;  bie  (Srflftrung  Stern*  für  bie  (Bntfiebung  biefer 
ttnefbote  oon  ber  Sift  be*  Sbemiftofle*  beim  SRauerbau  leudjtet  burdjau* 
ein.  Seiter  befprid)t  febr  gut  %f).  £bal beim  ba«  jüngft  aufgefunbene 
Gkfefr  oon  Santo*  über  GMreibeanfauf  unb  Verteilung,  unb  e*  $anbeln 
6t.  Brafcloff  über  $atri§tat  unb  Guäftur  in  ber  römifdjen  Äaiferjelt 
unb  Ä.  Bar bt  über  (Senologie  be*  BerreÄprojeffe*. 

$ie  3abre*befte  be*  £)f*errel<bif<ben  «rcbäologtfcben  gnftitut*  in 
SBien  7,  2  entbalten  eine  IRelbe  fbrbernber  Arbeiten  oon  9t.  $eb  er  beb: 
Jank.  Sin  Beitrag  &um  epbefifeben  ÄrtemtÄtult ;  K.  b.  Bremer ftein: 
diu  (Elogium  be*  9c.  Bintciu*  (So*.  19  b.  <&$r.,  ber  ba*  3nfd)riftfragment 
Ballettino  com  anale  1899,  287  no.  9  febr  gut  bcrfteHt  unb  erläutert  unb 
baran  bortreffltdp  Bemerfungen  über  bie  $olitit  be*  ftuguftu*  am  Allein 
unb  ber  $onau  fnüpft.  3n  bem  ben  $a1)re*beften  beigegebenen  Beiblatt 
banbelt  ©.  3R.  IRamfab  au*fübrltdj  über  ßncaonia,  bann  berietet 
91.  (Bnir*  über:  fcntife  &unbe  au*  $o(a  unb  Umgebung,  unb  fB.  $eme* 
trnfiemtca  unb  3-  3in9erlc  über  einen  intereffanten  gunb  au*  Oft* 
galijien. 

$a*  ganje  2.  $eft  ber  Mitteilungen  be*  $aif.  S)eutfcben  «rd)äoiog. 
SnfKtut*,  fct*entf<be  Abteilung,  1904,  enthält  ben  Bericbt  über  bie  Arbeiten 
ftu  Vergamon  1902—1903,  worin  bie  oon  6* r ober,  «Sdjraber  unb 
Äolbe  gut  fommentterten  3nfcbriften,  welcbe  reebt  ja^lreicb  finb,  befonber* 
unfer  3ntereffe  Oerbienen. 


348  9toti*en  unb  ftadjridjten. 

3n  ber  SRnemofqne  32,  4  bringt  &unÄd)fi  £  öan  $Ule  feine  8e* 
obadjtungen  de  lapide  nuper  Athenis  in  arce  invento  pm  fcbjdjlufc. 
3)ann  veröffentlicht  3.  §.  SB.  ©trijb  einige  3nfd)riften  Don  ber  3n)'cl 
tßrote  oljne  SeroorragcnbeS  Snterejfe. 

S)ie  Comptes-rendus  de  l'Acadömie  des  inscriptions  et  bellee» 
lettree  1904,  SRc&Siini,  enthalten  ShiSgrabungS*  unb  &unbberidjte  Don 
Sagtange:  Rapport  sur  une  exploration  archäologiqae  au  Negeb, 
Don  (Sngel  unb  $.  $ari«:  Fouilles  d'Osuna  en  Espagne,  bann  bie 
Mitteilungen  einer  latcinifdjen  Snfd^rift  öon  $.  ©aucfler  au$  ftendjir* 
tltouin,  womit  ©icilibba  (auf  beut  SBege  öon  Äartljago  uadj  S^eüefte) 
befinitio  {eftgelegt  wirb,  unb  eine«  SHeilenfteind  ber  ffloute  öon  Sona  nadj 
<SteIma  öon  Magnat.  @djliefjlid)  Ijanbelt  Oppert  über  Sogdien,  roi 
des  Perses  (perfifd):  Qukudaniya),  ben  Dppert  wiebererfcnnt  in  einem 
Don  <S4etü  ebierten  Xejt,  worin  ber  ÄöntgSname  fälfdjlidj  auf  ÄoroS  be» 
$ogen  wirb. 

3n  ber  Revue  arch&>logique  1904,  ©ej>tetnber*©rto6er,  notieren 
toir  $.  goucarb:  Un  papyrus  de  Ptolemäe  III  (eine  auSgeaeldjnete 
$erfteflung  unb  Erläuterung  be*  $aj>gru*  8  in  Petri  papyri,  $b.  2); 
<£.  9Jt  a  t)  n  i  a  i :  Ä  propos  des  salutations  imperiales  de  Näron ;  8t.  $>  u  f  - 
faub:  Notes  de  Mythologie  syrienne.  IV.  Symbol  es  et  siinulacres  de 
]a  dlesee  paredre;  $.  Htonceaug:  £tude  critique  sur  la  Passio  Ti- 
pasii  veterani.  2)en  5Befcr>Iu%  madjt  bie  oortreffltdje  Revue  des  publi- 
«ations  epigraphiques  relatives  ä  Tantiquite*  romaine  Don  9t.  Sag  not 
unb  3Jt.  SöeSnier. 

S)a8  Fragment  eineS  ©dja&oerjeidniiffeg  oon  ber  *Burg  Sitzend  au£ 
ber  erften  Hälfte  be*  4.  3a$rl)unbert«  üeröffentlidjt  <£.  9t.  Brown  in 
American  Journal  of  Archaeology  8,  3.  ©benba  gibt  3-  9t.  $aton: 
Arcbaeological  news.  Notes  on  recent  ezcavations  and  discaveries 
«ine  auSgejeidjnete  Überfid)t  über  neue  &unbe. 

ftuS  ber  'Ewfieqii  aoxaioloytxT]  1904,  1/2  notieren  wir  bie  öeridjte 
über  erfolgreiche  gorfdjungen  unb  ©rabungen  üon  2.  A.  3avd-ov9iiri*: 

*Ek  Kfnftrfi  unb  Oon  ^/.  <Pilios:  \Avao*af>al  Taycov  naga  tr^v  ugnv  oSov^ 

bann   bie  nüftlidjen  unb   förbernben  ©emerfungen  oon   91.   SBil&elm: 

Eißotxa. 

9(u&  bem]  Bullettino  della  Gommissione  archeologica  comunale 
<li  Roma  32,  3  notieren  wir  ©.  ©attl:  Notizie  di  recenti  trovamenti 
di  anticbitä  in  Roma  e  nel  euburbio;  SB.  Suini:  Lacqua  Appia  e 
l'acquedotto  Appio  (continuatione  e  flne);  3).  85 ag Her i:  Scririoni 
romane  nel  Montenegro;  8.  (Santarellt:  Scoperte  archeologiche  in 
Italia  e  nelle  provincie  romane;  ©.  5Tomafetti:  II  Lago  Conrio  nel 
Jforo  Romano. 


^tmtmm 


ttlte  ®eW4te.  34fr 

3n  ber  8ierteljal)r«f*rift  für  Social-  unb  S8irtfcftaftSgefd)icftte  2,  4 
oerfudjt  (E.  (Broag:  Kollegien  unb  3roang8genoffenfd)aften  im  3.  3a$r* 
bunbert  bie  3*ü  ber  Umformung  ber  $riuatDereine  $u  SwangSoerbänbcn 
&u  befrimmen,  unb  jroar  fic^t  er  mit  föedjt  in  ber  £«&  k*A«v<t«s  beft  tturelian 
bie  6tiftungSurfunbe  ber  3n>angdt>erbänbe. 

3n  ber  Nouvelle  Revue  historique  de  droit  fran^ais  et  oranger 
1904,  5  finbet  fttft  bie  JJortfe^ung  bon  JJ.  Dcclarcuil:  Quelques  pro- 
blemes  d'histoire  des  institutions  municipales  au  temps  de  l'empire 
Romain. 

9Hd)t  unbeachtet  laffen  barf  ber  §iftorifer,  roeldjer  um  Äfrifa  unb 
ba9  bortige  ©anbalcnrei*  fid)  fümmert,  3-  3ie$cn3:  ©ef d}i$tlid) •  ter> 
fntifdje  ©tubien  jur  (Salmatianusant&ologie  fltyilologu«  63,  3). 

Die  Revue  des  questions  historiques  152  (1904,  1.  Ottober)  enthält 
einen  ausführlichen  ÄuffaJ  Don  SÄar  tröge:  Une  tentative  de  Involu- 
tion sociale  en  Afrique.    Donatistes  et  Oirconcellions. 

Hu*  ber  3eitf4tift  für  neutefiamentiidje  ©iffenfdjaft  unb  bie  Jhmbe 
beft  llrdjrifientum*  6,  2/3  notieren  mir  3.  91.  £  ramer:  Die  erfre  Äpo» 
logie  3ufrtn*.  (Sin  »erfu$,  bie  ©tttfdjrift  3uftin*  in  ifcrer  urfprüngiia)en 
Jonn  Ijerjuftellen,  mit  bem  man  roo$I  einoerftanben  ftdj  erfl&ren  tann, 
roenn  man  ftugibt,  bafs  bie  fcpologie  (I  unb  II),  wie  fte  und  jefrt  Vorliegt, 
nidjt  bat  fBert  eine«  einzigen  ©djriftfteller8  fein  fann;  0.  $ol(mann: 
Da*  ttbenbmaljl  im  UraWftentum ;  SR.  Gonrat:  Da«  fcrbredjt  im  ©a* 
iaterbrief  (3,15  —  4,7);  (J.  Giemen:  SRifyeHen  ju  ben  $au(u*aften,  ber 
übet  bie  Äompofition  unb  ben  @efcr)ic^t«roert  berfelben  fcanbelt,  unb 
Ä.  2  in  dt:  Simon  $etrud  unb  3o$anne*  SRarfuS. 

9***  9fta)er:  ©indler,  Die  ©eltanfäauung  beft  alten  Orient«. 
[Ex  Oriente  lux.  I,  1.]  (ßeipjig,  Pfeiffer.  0,90  3Ä.)  —  $ilpre<$t. 
Die  Ausgrabungen  in  Äffarten  unb  ©abglonien.  1.  2£  (Seidig,  fcinrid)*' 
©erl.  4  2R)  —  SR.  3aftrou),  Die  Religion  ©abglonien*  unb  «ff  grien«, 
©om  ©crf.  reo.  u.  »efentlicft  erweit.  Überfcfrg.  1.  33b.  ((Biegen,  Kiefer. 
10,50  92.)  —  Smith,  The  early  hiatory  of  India  from  600  B.C.  to 
the  Muhammadan  conquest  inciuding  the  invasion  of  Alexander  the 
Great.  (Oxford,  The  Clarendon  preis.  14  sh.)  —  Octtli,  Die  <0e* 
fdjio}te  3«roel8  bi*  auf  «Ueranber  ben  ©ro&en.  (Salm  u.  Stuttgart,  ©erein«* 
budjljanblg.  6  3R.)  —  $übfd)tnann,  Die  altarmenifdjen  Ortsnamen. 
"Kit  ©etträgen  jur  tjiftor.  Topographie  Armenien*.  (Strasburg,  Xrübner. 
81SR.)  —  Humatin,  TOagnefia  am  SRäanber.  (©erlin,  Weimer.  36  SR.)  — 
1$.  ©ieganb  unb  fc.  (Sdjraber,  $riene.  (©erlin,  Weimer.  50  SR.) — 
3!.  SR  elfter,  Dorer  unb  «eftäer.  1.21.  (ßeipjig,  Xeubner.  3,603».)  — 
W  r  i  g  h  t ,  The  campaign  of  Plataea  (September  479  B.  C).  (New  Haven, 
The  Tuttle,  Morchouse  &  Taylor  Company.)  —  9?  o  $  i ,    Sofrate«  unb 


360  flottiert  unb  9&adjri<$ten. 

bie  (Sttyf.  (Tübingen,  Wloty.  1,50  9R.)  -  fcotoe,  Faati  sacerdotum  p. 
r.  pablicorum  aetatis  imperatoriae.  (Seip&ig,  Xeubner.  2,80  Tt.)  — 
iBeigel,  StedjnungÄroefen  unb  ©udjfüljrung  ber  Körner,  (ÄarlÄrufo 
JBraunfdje  fcofbudjbt.  5  9K.)  —  Äornemann,  $te  neue  ttiDtu&tEpitome 
au«  Oft}r^nd)uS.  (Seidig,  $teteri*.  6  3R.)  —  Pacchioni,  Coreo  di 
diritto  romano.  Vol.  I.  La  costitimone  e  le  fonti  del  diritto.  (3mt&brua\ 
SBagner.  14  SR.)  —  2)etleffen.  3)te  ©ntbedung  be«  geruumifdjen  Hot* 
ben«  im  Altertum.  8.  (Berlin,  ©eibmann.  2,40  9K.)  —  ©arbt&aufen, 
ttuguftu«  unb  feine  Seit.  I.  ZI  3.  8b.  u.  IL  £L  3.  ©b.  (Sdilufe.)  (Seidig, 
Xeubner.  8  u.  7  2R.)  —  ©rupj),  ßutturgefdjidjte  ber  römifäen  Äaifei|eit. 
2.  ©b.  (Wunden,  Allgemeine  ©eriagggefeüfdjaft.  9  9R.)  —  O.  £fj.  @d)ulj, 
ßeben  be«  Äaifer«  fcabrian.  (Seidig,  fceubner.  4  2Ä.)  —  fcölfdjer,  2)ie 
Quellen  be«  3ofeJ>fjuS  für  bie  Seit  Dorn  (£rü  bis  jum  jübifdjen  ftriege. 
(Seidig,  Scubner.  3  92.)  —  ©rill,  $er  ?rimat  be*  $etrud.  (Tübingen, 
9Ro$r.  1,50  3ft.)  —  Sie  (mann,  StyoUinariÄ  Don  Saobicea  unb  feine 
6$ule.  (Tübingen,  3Rol)r.  9  9K.)  —  f  Suciu«,  3>ie  Anfänge  be« ^eiligem 
fuItS  in  ber  djriftlidjen  JHräje,  herausgegeben  D.  ftnrid).  (Tübingen,  3Roljr. 
12  9R.)  —  A  udriault,  La  saintete  du  IVe  et  Ve  sifccle.  (Lyon,  Vitte.) 
—  Ä  i  f>  n ,  $atrologie.  1.  Ob.  ©on  ben  Seiten  ber  fcpoftel  bift  jum  Xoleranj* 
ebift  Don  SRailanb.  [3Btfienfdjaftlic6e  fcanbbibliot&ef.  I.  9tei$e.  XXIV.] 
(^aberborn,  €<fcöning$.  4,60  SR.)  —  History  of  the  patriarchs  of  the 
coptic  church  of  Alexandria.  Fase.  1.  [Patrologia  orientalis  I,  2.] 
(Paris,  Finnin  Didot.     7  fr.) 

&toif<H<™i**M*  SM  ««*  1t«Qts  SKitfetoCfer  lis  1250. , 

$em  fcerfommen  gemäfe  mögen  unfere  Aorten  eingeleitet  fein  mit 
bem  £inn>ei$  auf  Beiträge  &ur  <8>efd)idjte  ber  römtfa>germanifd)en  $eit 
unb  jur  beutfdjen  Mltertumäfunbe.  SReben  bem  eingeben  ben  ©ermaltungS» 
beriet  über  btö  ©onner  ^roDinjiolmufeum,  ben  $.  Seiner  im  ftorrc 
foonbenabiatt  beä  (BefamiDerein*  ber  beutfdjen  ©efdH,cb,t*=  unb  Altertum«* 
Dereine  52,  11  Der  öffentlich  $at,  mag  ber  Sluffafc  Don  3-  geller  über  bie 
Verlegung  ber  praefectura  Galliarum  Don  Xricr  na  et)  SlrleS  genannt  fein: 
al*  i$r  Seitpuntt  roirb  baä  Safcr  399  auf  400  ermittelt,  roä&renb  SHommfen 
fte  einige  3af)re  fpäter,  nad)  ber  Störung  Don  Xrier  413,  kanbere  kfte 
auf«  3o^r  418  angefe&t  Ratten  cSBefibeutfdje  3eitfcb,rift  23,  2).  Heidj  an 
Heineren  Mitteilungen  ift  ba$  Horrefponben^blatt  biefer  Seitf^tift  (23, 
9/10):  $1.  D.  3)omag&eto$!i  Rubelt  über  Batavodurum,  ba§  er  im 
§eraogenbufd)  loieberjufinben  glaubt,  unb  einen  ©ol baten grabftein  in  Stier 
au«  ber  Seit  beS  fluguftuä;  äörber  Deröffentlia^t  römifefte  3nf4riften# 
bie  in  9J?aing  unb  im  benachbarten  SBeiffenau  jutage  traten;  3-  $a9en 
bejctjreibt  ein  römifdjeS  ©ranbgrab,  ba«  bei  31  ben  au  aufgebeeft  mürbe  unb 
SBruc^ftücfe  einer  $raglaterne  enthielt ;  $).  ©raeDen  ©rabfunbe  au*  frän« 


Sfritye*  Mittelalter.  351 

fif^et  3eit  bei  Steffen  im  Äretfe  ©aarburg,  bie  oteiletty  bem  7.  3a$r$unbert 
juftittoeifen  ftnb. 

%$to  Sommer  lab,  2Birtfd)aft«gefd)idjtftd)e  Unterfudpmgen  II: 
SHe  8eben«befdjreibung  ©eoerin«  al«  fulturgefdjtdjtlidje  Ouelle,  Seidig 
(3.  3-  ©eber)  1908  (74  <S.),  fudjt  ber  Grabung  be«  GhtgiMriu«  ju  ent* 
nehmen,  „»a«  fie  für  bie  Jhilturgefdjidjte  be«  6.  nadjdjriftlidjen  3a$r$unbert« 
au«gibt",  inbem  er  in  $iemlidj  bunter  3rolgc  bie  4Bunbergefd)idjten  ber 
Sita,  bie  ©«griffe  barbarus,  Romanua,  provincialie,  ben  Umfang  ber 
tßorifdjen  91u«toanberung  oon  488,  ftleibung  unb  ©dnniebetunft  ber  ©er» 
manen,  bie  Kräftigen  unb  toirtfd)aftlid)en  ©ertylltniffe  Oon  ftoritum  erörtert. 
3Benn  audj  einzelnen  3ufammenfteßungen  »ie  berjenigen  über  ben  Begriff 
barbarus  ein  gereifter  ©ert  nidjt  abgefyroAen  »erben  foü,  fo  fü$rt 
bie  ©djrift  bodj  faum  irgenbmo  über  betannte  $>tnge  Ijtnau«.  ©a«  ber 
©erfaffer  jum  ©bluffe  an  Vermutungen  über  bie  8eben«gefd)id)te  ©eüerin« 
»orbringt,  iß  $öd)ft  Problematik,  fo  bie  Annahme  eine«  Aufenthalts  in 
JHeinafien  unb  ber  fcerfunft  au«  Äfrifa.  gür  bie  festere  beruft  Sommerlab 
fid)  auf  eine  oon  „&a$lreid)en  $anbfd)riften"  gebotene  Sedart  be«$rolog«, 
über  feit  bem  (Srfäeinen  oon  2Rommfen«  Aufgabe  foüte  man  bie  $anb* 
f Triften  ntdjt  nur  jaulen:  Senc  „jatyretdjen"  Gobice«  gehören  fämtlid)  jur 
ba^erifd^öfterrei^tf^en  Älaffe  (bei  aRommfen  R),  beren  Seftarteri  o$ne  ©c* 
fidtigung  burd)  anbere  $anbfd)riften  teilte  ©ernähr  bieten.  Damit  oerlieren 
audj  bie  Erörterungen  über  bie  Urfaäen,  au«  benen  ber  ^eilige  bie  $eimat 
*erlaffen  $abe,  allen  ©alt.  SBcnn  (Seoerin  al«  „ber  erfte  Vertreter  be« 
ttuguftini«mu«  auf  beutfdpm  ©oben"  (ingefteüt  wirb,  fo  $at  ©ommerlab 
ben  ©etoei«  für  ba«  ©ortommen  foeaiftfdj  91uguftinifd)er  ©ebanten  bei 
Seuerin  jefrt  ebenfomenig  erbracbt  »ie  früher.  —  Von  2Birtfd)aft*gefct)idjte 
ift  übrigen«  in  bem  £efte  trofr  be«  einen  Xitel«  nur  ftum  geringen  Xeile 
bie  Hebe.  W.  Levison. 

Unter  bem  Xitel  >M4  langes«  $at  gferbinanb  8ot  oier  in  ben  Annale« 
du  Midi  erfcbienene  Unterfudjungen  jur  ©efdjtdjte  grrantreidj«  unter  ben 
ty&teten  Karolingern  aud)  feparat  erfdjeinen  laffen  (Xouloufe,  (Eb.  $riüat 
1904).  3n  Er.  1  meift  er  bie  Überführung  ber  Reliquien  ber  y.  &ibe« 
t>on  «gen  nad)  Gonque«  in«  3a$r  865  ober  866  unb  fpricfjt  fid)  bafür 
auf,  bafe  bie  in  $rofa  abgefaßte  fog.  >Translatio  altera«  (Acta  88.,  Oct 
m,  294  ff.)  nidjt  au«  ber  fflenaiffance,  fonbern  au«  bem  11.  3al)rljunbert 
flammt  unb  älter  ift  a(«  bie  >Translatio  metrica«  (ebenba  289  ff ).  ttbemar 
oon  dfabanai«,  beffen  ©enufrung  in  ber  Translatio  nadigetoiefen  toerben 
tonn,  $at  nad)  9h.  2  ba«  ttro)iO  ber  Abtei  ©eaulieu  (in  ßimoufin)  fiubiert, 
fi(nlidj  »ie  ifrn  ja  au*  Urfunben  oon  @.  SRartial  ju  fitmoge«  unb  Oon 
@.  Hpaxti)  ju  Ängoulhne  jur  Verfügung  ftanben;  bie  «nfidjten  Sait«  über 
fcbemar  »erben  betäm|>ft,  bocf)  ift  bie  Oon  ©aifc  in«  12.  Sabrfombert  ge> 
fe|te  ertoeiterte  Äebahion  ber  (Sfronit  in  ber  Xat  älter  unb  fttoar  na* 


352  ftotiften  unb  ftadjridjten. 

ßot  ton  ttbemar  felbft  Deifa&t.  5»r.  3  fjanbclt  über  ©arcia  Sancbo,  bat 
©tammDater  ber  ©aScogner  $er$öge,  ber  nid)t  erft  904,  fonbern  fdjon887 
nadjroeiSbar  ift;  9hr.  4  über  einen  alten  trafen  ober  §er$og  Ämatoin  Doit 
©orbeauj,  ben  mir  887  unb  906  ftnben,  unb  ber  Don  einem  gleichnamigen, 
in  einer  Urfunbe  Don  962  ober  963  auftretenben  trafen  &u  unteridjeiben 
ift.  $ie  Äuffäfre  gießen  neuen  ©etoinn  au$  ben  Urfunbenbüdjern  üon 
ßonqueä  unb  ©eaulieu  unb  werfen  mteber  einige«  ßidjt  in  bie  bunfelfte- 
^eriobe  ber  franjöfifdien  ©efdjidjte.  R.  H. 

Sieben  jtoei  fleineren  Mitteilungen  Don  ©.  D.  ©ontn  (Sunt  Partus 
Alamannorum)  unb  SB.  SeDifon  ((Sin  neuer  $tjmnu8  auf  Urftnar 
D.  fiobbeS)  bringt  ba*  9*eue  3lrd)iD  30,  1  fünf  HbfymMungen  über  »riefe 
au«  bem  9.  bis  12.  3afrr$unbert.  <E.  $erel£  legt  bar,  bafc  ein  ©rief  üt 
ber  gulbaer  ©rieffammlung,  bie  (£.  Tümmler  au$  ber  ftirdjengefdjidjte  ber 
SRagbeburger  (Senturiatoren  erfdjtoffen  Ijatte,  boUftänbig  befannt  ift  unb 
bafc  burdj  ben  ©ergleid)  beiber  ÜberliefcrungSformen  bie  eggerpierenbe 
fcätigtett  be*  3R.  3rlaciu8  gityricu*  in  einem  günfrigen  Siebte  erfdjeint. 
SR.  SRanttiu«  Veröffentlich  au«  einer  a&flnd)encr  fcanbfdjrift  ben  «rief 
eineS  ©eiftlidjen  an  ben  Äönig  au$  bem  11.  3al)rinmbert,  unb  O.fcolbet* 
<£g'ger  roeift  fdjarffmnig  nadj,  ba&  er  Don  ©ifdjof  Hermann  I.  an  ©ein* 
rid)  IV.  gerietet  toorben  ift:  1065  jum  ©tfd&of  ernannt  unb  1075  Don 
©regor  VH.  abgefegt,  roanbte  er  fid^  an  ben  Äönig  mit  ber  a(Ierbmg& 
vergeblichen  ©Ute,  i$n  nidjt  fallen  ju  laffen.  TOit  ©riefen  au*  gleicher 
Seit  fcat  e*  8t  §eibrid)  $u  tun:  forgfältig  unterfudjt  er  bie  Pönologie 
ber  in  ©runo'S  ©udj  »om  ©adjfenfrieg  jutn  Zeil  allein  überlieferten 
Schreiben  unb  tommt  babei  jum  Ergebnis,  bafe  ©runo  biejenigen  au*  ben 
Sauren  1075  unb  1076  im  n>efcntlid)en  richtig  eingereiht  tjat,  bie  ft>äteren 
Don  1077—1079  bagegen  gum  größten  Seile  falfct),  fo  baji  alfo  i&r  ¥H 
in  ©runo'3  @d)rift  nict)t  jugleid)  ber  if)nen  jufommenbe  fein  tann.  Sine 
Tabelle  am  ©djlufj  ber  Hbfanblung  bient  ber  ©eranfdjaultdjung ;  für  bie 
<£rtenntni&  Don  ©runo'S  2lrbeit8tüeife  bringt  ber  %uffa$  mistige  Auf« 
fdjlüffe.  SB.  San  gl  enblicb  unterfuebt  auf«  neue  ben  Aufruf  Don  ©tfdjöfen 
ber  SRagbeburger  IHrcbenproDina  $ur  $i(fe  gegen  bie  ©laDen  au*  bem 
Anfang  be*  12.  3aljr$unbert* ,  üieüeidjt  au$  bem  3a$re  1108.  «.  $aucf 
ljatte  i§n  al*  fjälfdjung  beaetdjnet,  al*  $u  ben  Hgitatton*mitteln  für  ben 
SBenbenfreu^ug  bc*  3a$rc*  1147  gehörig.  SRtt  SBattenbacf}  unb  ©er*borf 
tritt  Xangl  für  feine  @dMett  ein,  beftrettet  aber  feinen  offiziellen  Urforung: 
er  fei  ba*  SBerf  eine«  Dlfimifa^en  @eiftUd)en,  ber  ^öa^ften«  auf  @runb  einer 
genuffen  ©oümadtjt  feiner  fircr>Uct)en  ©orgefefcten  ge^anbelt  babe,  biefe  aber 
in  ber  §orm,  bie  er  bem  $i(feruf  gegeben,  berräa^tltcb  überfä^ritten  $abe~ 

@.  ©ellmann  Deröff entließt  im  töeuen  Ära^iD  30,  1  bie  eingefcenbe 
©efa^reibung  einer  in  <Sue$  an  ber  SRofel  aufbewahrten  $anbf$rift  atö 
bem  12. 3a^unbert.    ©on  i$rem  mannigfachen  Sn^fttt  Derbienen  i»ei 


JJrübeS  Mittelalter.  363 

bi*ber  unbefannte  ©djreiben  §inrmarft  Don  SReimS  berDorgeboben  ju 
»erben,  bagu  ein  anonymer  £raftat  auft  ber  8e**  be«  3noeftiturftreit« :  er 
fudjt  nadftumeifen,  ba&  ber  Äauf  tirdjti$er  hinter  unb  fogar  ber  ffiei&e 
unter  gemiffen  Umft&nben  alft  erlaubt  an&ufeben  fei.  $ür  bie  gleichfalls 
Mct  überlieferte  ©djrift  be*  ©ebuliu«  ©cottuS,  baft  fog.  Collectaneum, 
Dermeift  $eumann  auf  eine  fpttter  erfd)einenbe  $ublifation  über  biefen 
«utor. 

«*  WaAträge  $u  ben  in  biefer  Beitfcbrift  (93,  531)  ermähnten  Unter« 
fu<bungen  Don  $.  ©ibel  über  Sfälfdjungen  Don  äöniggurtunben  burdj 
0.  8f.  6djott  beröffentügt  i&r  Öerfaffer  jmei  Heinere  Hbbanblungen.  3n 
ber  erften  mirb  eine  Urhinbe  Otto«  II.  Dom  3abre  983  für  bie  Hbtei 
Straften  auf  gebeert  als  eine  um  bieSBenbe  be3  ll.unbl2.3abrbunbert* 
bergefteüteS&lf^ung;  in  ber  *n>eiten  fättt  neueSfiidjt  auf  bie  „tterbienfte" 
Don  3.  g.  öobmann.  8ier  fönigticbe  unb  eine  |>a>ftft<be  Urfunbe  für  fir^ 
lube  ttnftalten  im  Styeingebiet  Derbanten  bem  9Rain&er  Xribunafyr&ftbenten 
ifr  SDafein.  $er  $offnung,  nodj  einmal  einen  Index  epuriorum  gu  er» 
(alten,  motten  mir  erneut  ÄuSbrutf  geben:  bie  fött&elnacbmeife  ftnb  fo 
febr  aerftreut,  bafe  jeber  8enu(er  felbft  ber  neueften  2)ructe  ober  ftegeften» 
werfe  (Befafjr  läuft,  auf  Sortimente  fic^  ju  berufen,  bie  an  trgenbmeldjer 
oerftedten  (Stelle  al*  unedjt  gebranbmarft  ftnb  (fteue*  ÄrdjiD  30,  1). 

3m  totalen  fflabmen  ber  Beilage  &um  SabreSbcricbt  ber  (dberen 
TObo}enf*uIe  &u  ©«nabrüd  1904  Derbinbet  g.  SHerfmann  eine  @enea* 
logie  ber  fcerjöge  oon  £ot$ringen  au«  bem  §aufe  Serbun  mit  turnen  ©e* 
rifftten  über  bie  einzelnen  in  ibrer  Weibe,  oon  ©ojilin  (f  973)  bis  (Botfc 
frieb  III.  bem  ©udligen  (f  1076).  Obne  mefentlid)  neue  ffiefultate  an^u* 
ftreben,  ift  bie  ©djrift  gleidjmobl  banten«mert  alft  Beitrag  $ur  Gefdjidjte 
be*  11.  3afy$unbertft ;  fübne  fcupotbefen  ftnb  mit  bebutfamer  Borftdjt  ge* 
stieben.  (StmaS  feltfam  aber  mutet  baft  Bormort  an :  bcburfte  eft  mirflid) 
fo  bober  ©orte  über  bie  „buntle"  Seit  be*  Mittelalter«,  oon  ber  „mir 
nod)  (erglid)  menig  »iffenM?  Unfere*  fcradjten*  mtffen  mir  über  fte  bodj 
redjt  oiel,  fo  ba&  mir  nadjgerabe  Qfefabr  laufen,  un*  $u  Derlieren.  (SHe 
lotbringifdjen  Hbnen  ©ottfrteb*  Don  Bouillon.  £>*nabrüd,  3.  ©.  Äi*ling 
1904.    25  ©.    4°.) 

Hl«  lebrrekber  Beitrag  jur  ®efcbi<bte  ber  franftöftfeben  Stirbt  unter 
ftnig  WUpP  I.  (t  1108),  ber  gleubaeitig  jum  Bergleidje  mit  bem  3"*«' 
ftiturfrrtit  im  3)eutf*en  ffieiebe  aufforbert,  mag  ein  «uffafr  Don  B. 3R on ob 
angeführt  fein.  Sein  Oegenftanb  ift  ber  fünfjährige  ©treit  jroeier  Btfdiöfe 
um  baft  S3i«tum  8eauoaid  Don  1100—1104;  mit  ^ug  febenft  ber^erfaffer 
auo)  ber  ftedjtftfteHung  ber  beteiligten  Parteien  mebr  Kufmerffamteit,  alft 
fte  in  beutfeben  $>arftellungen  Don  BifcbofSma^len  ficb  Dielfacb  ftnbet  (Me^ 
moiree  de  la  soeiöte*  acadömiqae  de  l'Oiße  tome  19 ;  audj  alft  6onber- 
brutf  erfebienen  u.  b.  X.:  L'^lection  öpiscopale  de  Beauvais  1100—1104. 
9ttriftf  ^.  (Iban^ion.   1904.   26  6.    8°). 

Wtotftftr  dettf^tift  (Ob.  94)  ».  fr  «b.  LVIII.  23 


854  Motten  unb  9cad)ri$ten. 

Au8  ber  Qafy  oon  ©efpredjungen,  bir  gf.  Äeutgen*  ©ud)  «Ämter 
unb  3ünfte"  (3ena  1903)  erfahren  f>at,  fei  fjier  biejenige  Don  $.  ©onber 
notiert.  ®ic  min  eine  ©erftänbigung  über  ba&  mittelalterliche  3unftJ>roblem 
herbeiführen,  inbem  fte  teilmetfe  &u  Anfdjauungen  oon  ©.  ©cbmotter  jurüd* 
te$rt.  Äeutgen  $abe,  fo  meint  ©anber  u.  a.,  baä  ftaatlicr)c  Clement  inner* 
$alb  ber  mittelalterlichen  ©etoerbeorbnung  einfeitig  ^ertoorgelfoben;  au* 
ber  §ofred)t8tljeorte  fei  bie  berfdjroommene  Seljre  Don  bem  urfprünglidpn 
Aufgeljen  fämtlidjer  ©tabtljanbmerfer  in  ber  bifd)öflta)en  Oiknmirtfdjaft 
auSftufdjalten,  aber  immer  treffe  bie  ©eobadjtung  ju,  „ba&  biefelbe  Neigung 
jur  Umgeftaltung  öffentlicher  AbfjängigfeitÄDerfjältniffe  in  §errfd)aft*Derbfiube 
intimerer  9?atur,  meiere  auf  bem  2anbt  fct)(tc61tcr)  jur  Aufldfung  in  ein 
unenblid)  berroorrene«  (Softem  feubaler  ©eroalten  führte,  fid^  anfänglich 
aud)  in  ber  ftäbtifdjen  ©erfaffung3enturicflung  bemertbar  gemalt  $at" 
©eitere  Ausführungen  gelten  ben  angeblichen  ©rufen  ber  3unftentnridlung, 
bem  ©egriff  ber  Suuft,  &«n  SßerfeftioniSmuS  unb  ber  ©tabtnrirtfäaft,  enb* 
lieb,  bem  äunftebaratter  ber  geiftlidjcn  ©ruberfdjaften.  Die  IReaenfton  wirb 
borauSftcbtlid)  bie  Debatte  neu  beleben,  jumal  fte  nid)t  in  jebem  ©njel* 
fünfte  ber  gefdjtoffenen  Darlegung  fleutgen«  gegenüber  baft  lefrte  fBort 
gefprodjen  ju  ;fjabeu  febeint  Qaljrbua)  für  ©efefcgebung  ufro.  28,  4).  3m 
Anfdjlujj  an  ffc  mag  auf  ©.  SenelS  Anzeige  be«  ©udje*  bon  SB.  Dett» 
mering  (beitrage  jur  älteren  3unftgefd)id)te  ber  ©tabt  ©tra&burg.  Berlin 
1903)  berttriefen  fein  (3eitfcftrfft  für  bie  @efd)id)te  bc*  Oberr^einS  9c.  &.  19,4). 

3ur  ©efdjidjte  ber  ©e^tel^ungen  jrDifcr)en  Deutfdjlanb  unb  Italien  im 
früheren  Mittelalter  mag  auf  brei  Abfjanblungen  ^ingenriefen  fein.  $n 
ber  erften  bringt  ©.©djmeibler  ben  9iad|roei8,  bafe  ©enebig  im  3a$re  983 
ftet)  Otto  II.  unterwarf,  bie  Dber^ofceit  be8  9teict)eö  anerfannte  unb  feitbem 
jäfcrlid)  einen  Sin«  an  ben  Äaifer  entrichtete,  al«  beffen  fie^endmann  fto) 
ber  Doge  etblicJr)  beipflichten  mufjte;  nod)  Äonrab  II.  erljob  Anfprfidje  auf 
bie  Sreue  unb  Untertftnigfeit  ber  ©ene$taner,  bie  fie  freiließ  nidjt  aner» 
fannten,  fo  bafj  bielleicbt  feit  fceinridj  IIL,  fidjer  feit  dnbe  bc*  11.  3«^ 
t)unbert8  ©enebig  als  fouberäner  ©taat  neben  bem  ftatferreidje  auftreten 
fonnte  (Mitteilungen  be*  Snftitut*  für  öfterreidjifdje  ©ef djicbtSf orf Aung  26, 
4).  Die  Ausführungen  bon  St.  §  a  m  p  c  gelten  ben  beutfdjen  Angriffen 
auf  ba3  ßbnigretd)  ©ijitien  ju  ©egtnn  beä  13.  Sa^r^unbertS.  AuSgeljenb 
bon  mehreren  ©riefen  einer  Üßarifer  fcanbfdjrift  (bgl.  87,  349;  88,  364), 
bcrboüftänbigt  er  unfere  ftenntniS  ber  ©efrrebungen  $&iliW)*  bon  Schwaben, 
feine  SRegentfcbaftSrecbte  über  ©ijilien  jur  ©eltung  ju  bringen,  be*  gelb* 
juge*  Otto«  IV.,  ber  in  ben  Sauren  1210  unb  1211  ba*  fijilianifcbe  &ei** 
lanb  mit  letzter  TOitje  eroberte,  bi*  ju  Anfang  1212  ber  £ob  be§  ©rafen 
oon  (Selano  bie  fteiben  feiner  unter italif et) en  Anhänger  &u  liebten  begann 
(©iftorifa)e  ©iertelja^rfc^rift  1904,  4).  An  britter  (Stelle  fei  ber  ergebni* 
reiben  Unterfucbung  bon  8-  ©üterbod  gebad)t,  bie  ftd)  mit  ber  ©io« 
grapse  äatfer  griebrieb«  II.  aud  ber  geber  beö  ©ifa^ofd  Mainarbino  Don 


3frü$e«  Mittelalter.  366 

Smola  befaßt.  2luf  bie  ©puren  be«  verlorenen  ©erfe«  $atte  fdjon  %  6d)effer» 
9oid)orft  aufmerffam  gemaebt;  banf  einer  überaus  fleißigen  Umfdjau  in 
ber  italienifdjen  Literatur  fann  Qüterbod  tljre  ßal)l  öenne^reit,  namentlich 
auf  Qrunb  )toeier  Tutoren  be«  16. 3a$r$unbert«,  be«  $anbolfo  GoHenuccto 
unb  Sriflan  (Salto,  neben  benen  JBiQani  tocit  roeniger  in  ©etradjt  fommt. 
60  ergibt  fid)  sugleicb,  ber  Gfaraftcr  öon  SWatnarbino«  fBerf :  e«  be&anbelte 
&rtebrid)«  II.  fieben  öon  ber  fteburt  bl«  junt  £obe,  berüdftefttigte  öor* 
netynlid)  feinen  legten  Äamjjfjnit  ben  $ä{>ften  Tregor  DL  unb  3nnojenj  IV., 
un}tt>eifel$aft  mit  ber  Senben)  einer  Apologie,  aber  im  ganzen  &uöerlfiffig; 
feine  ttufftnbung  mürbe  ftdjerltd)  eine  roertöoüeJBereidjerung  ber  &eitgenöffi« 
fdjen  »eridjte  über  &riebridj  bebeuten  (tteueft  Ärdtfö  80,  1). 

Kaum  eine  anbere  päpftlidje  Urfunbe  bürfte  fjäufiger  ^anbfdpiftlicb, 
überliefert,  feine  öfter«  gebrudt  fein  al«  Diejenige  Urban«  IL  Dom  3a$re 
1098,  in  ber  er  ©raf  IRogcr  I.  uon  ©teilten  unb  feine  Grben  mit  ben  gfunfr 
Honen  eine«  ajjofioltfdien  Segaten  betraut  $at  So  roceft  benn  bie  erneute 
Unterfu$ung,  bie  d.  (Ja Spar  biefem  2>ofumente  geaibmet  l)at,  bie  (Er* 
innerung  an  ein  burdj  brei  3a(r$unberte  Durchgeführte«  bellum  diploma- 
ticum.  ©ie  erbringt  ben  9tad)tt>et«  feiner  <5d)tf)eit  unb  umgren&t  &ugteid) 
feine  Xragmeite  toftlpenb  be«  12.  3a$r$unbert«,  um  mit  bem  $intt>ei«  &u 
fetfiefcen  auf  ein  Mantaftifdje*  ©ebäube  fird)ltdjer  ©onberbefugniffe,  ba« 
bie  fpanifdjen  Könige  öon  «Sizilien  im  16.  Sa^unbert  auf  (ftrunb  jene« 
$riöileg«  &u  errieten  bemüht  roaren.  fcuo}  für  ben  Kanoniften  ift  bie 
ftbbanblung  Don  nidjt  geringem  3ntereffe  (Duellen  unb  gorfdjungen  au« 
itaiiemfäen  »rdtföen  unb  öibliot&efen  7,  2). 

Oliver  Joseph  Thatcher,  Studios  concerning 
Adrian  IV.  (in  The  decennial  Publications  of  the  Univeraity  of 
Chicago,  First  Series,  vol.  IV,  1903)  befeftäfttgt  fiefc  öon  neuem  mit  ber 
grage,  ob  ber  englifdje  $a|>fi  bem  englif$en  Könige  Qrlanb  öerlieften  $at, 
unb  mibmet  feine  Äb^anblung  $.  ©djeffer»öoidjorfi,  burd)  beffen  fcuffafc 
bie  6adje  für  un«  erlebigt  mar,  nidjt  aber  für  bie  (Englänber  unb  Sren. 
bie  Don  ber  Arbeit  be«  S)eutfd)en  feine  ober  ungenügenbe  Kenntni«  nahmen, 
$l>atd)er  bejaht  ebenfo  nie  ©d)effer=8old)orft  bie  Srage  unb  unterfudjt  bann 
bie  (torünbe,  bie  König  fcelnrid)  öeranlafeten,  ba«  päpftlidje  Anerbieten  ab« 
ftulelpien.  9?adj  ifyn  fiellte  fcabrian  u.  a.  bie  SBebingung,  bog  ber  König 
bie  SRedjte  be«  Kleru«  wahren,  namentlich  bie  Kupellation  an  bie  Kurie  ge« 
ftatten  folle.  %udj  X^ata^er  ftefy  in  ber  Staue  > Laudabiliter«  eine  Stil* 
Übung,  ebenfo  tote  in  bem  ©lütfmunfdifdjretben  (Aures  nostras  —  dig- 
nemini  commendatis)  §einridj«  an  ben  ¥aj>ft.  3"  oer  öterten  ©tu bie 
mirb  Gkrljo«  öon  9tetd)er«berg  Über  de  novitatibus  huius  temporis  ab* 
gebrudt,  ber  bi*  je&t  nur  jum  Seil  öeröff entließt  mar  (ögl.  MO.  Libelli 
de  Ute  111,  288  ff).  O.  C. 

Giustino  Fortunato.  La  Badia  di  Monticchio  (S.  Angelo  auf 
bem  ©erge  Solture  bei  3Kelfi)  mit  einem  Anfang   öon  71  3>ofumenten 

23* 


356  ftotigen  unb  9tac4rtd)ten. 

(1080—1673).  Srani  1904.  641  Seiten.  3)a«  Sud)  füfjrt  bie  ®ef4tyte 
ber  Übtet  Don  tyren  Anfängen  bi*  auf  bie  ©egenroart.  Der  leibenfcfoft* 
Udje  Xon  unb  bie  romanhafte  ©reite  beeinträchtigen  ben  »if|enfd^aftlid)en 
©ert  ber  Darftellung.  Die  (Säuberung  ber  <5ntfte$ung  be*  IHofüer» 
bebarf  ber  Nachprüfung.  Denn  ofjne  ben  $eroetd  &u  erbringen,  oenoirft 
ber  JBerfaffcr  faft  alle  älteren  Urfunbcn  be«  Älofter«  al«  JJälfcftungen,  bar* 
unter  audj  jroci  Äatferbiplome,  bie  bisher  öon  ma&gebenber  Seite  als  Ori- 
ginale anerfannt  ftnb.  A.  Hessel. 

*gUut  ?8fta)er:  Die  Altertümer  unferer  l)eibnifd)en  $orjeit.  5.  8b. 
3.  $eft.  (Mainj,  ü.  3abern.  8  M.)  —  Der  römtfAe  Sime*  in  ßfterreiä). 
5.  fceft.  (SBten,  fcölber.  9  M.)  —  Altmann  u.  ©ernfceim,  «u*ge* 
wählte  Urtunben  ftur  Erläuterung  ber  $erfaffung$gefd)id)te  Deutfd)lanbS 
im  Mittelalter.  3.  t>erm.  u.  öerb.  Aufl.  (Berlin,  SBeibmann.  7,40  M.)  — 
Stturgtfaje  8ibliot$ef,  Sammlung  gotteÄbienftl.  ©üdjer  au«  bem  beutfeten 
Mittelalter.  fcerauÄg.  t>.  (Sajönfelber.  1. 83b.  ffcttual6üä)er.  fljaberborn, 
@d)Bnlng(j.  4,50  M.)  —  (£onrat,  Die  Lex  romana  canonice  compta, 
römifaV*  Siecht  im  frühmittelalterlichen  Stauen.  (Amfterbam,  Kuller. 
3,60  M.)  —  8.  M.  fcartmann,  £ur  95&irtfd)aftÄgefc$ic$te  Stallen«  im 
frühen  Mittelalter,  (®ot$a,  «ßert&e*.  4  M.)  —  Äeller,  Die  7  römifefcn 
Sfaljridjter  im  bnjanttmfdjen  Zeitalter.  [£ircf}enred)t(id)e  Ab^anblungen  12.} 
(Stuttgart,  @nfe.  5,40  M.)  —  Die  hl,  Theodora,  impemtrice  de  By- 
zance.  (Paris,  Piazza.  150  fr.)  —  ®d)mib,  Die  Oftcrfeftberecfmutig 
auf  ben  britifdjen  unfein  Dorn  Anfang  be8  4.  big  jum  (Snbe  beS  8.  3kW- 
(8fcegen*burg,  SerlagSanftalt  norm.  Manj.  2  M.)  —  Caetani,  Annali 
dell'  Islam.  Vol.  I.  (Milano,  Hoepli.  40  fr.)  —  Scott,  History  of 
the  moorish  empire  in  Europe.  3  vols.  (Philadelphia  &  London, 
Lippincott.)  —  A  life  of  pope  8t.  Gregory  the  great  written  by  a 
monk  of  the  monastry  of  Whitby  (prohably  aboat  A.  D.  713).  (London, 
Art  and  Book  Co.  2  sh.)  —  Loncao,  Stato,  chiesa e  famiglia  in 
Sicilia  dalla  caduta  dell'  impero  romano  al  regno  normanno.  Parte  I. 
(Palermo,  Reber.  4  fr.)  —  Barbiellini- Amidei,  TJna  nuova 
pagina  della  storia  d'  Italia,  ossia  la  vera  fine  dell'  ultima  dinastia 
langobarda  e  l'origine  del  potere  temporale  dei  papi,  secolo  VIII  e 
IX.  (Citta  di  Castello,  Lapi.  5  fr.)  —  Meüer  D.  Änonau,  3<"> 
büd)er  be«  Deutfdjen  Sfceic^ed  unter  §einridj  IV.  u.  §etnrid)  V.  5.  (@*ün>) 
©b.:  1097—1106.  (Öcipjig,  Duncfer  &  fcumblot.  13,60  M.)  —  <5a*t>ar, 
ffioger  IL  (1101—1154)  unb  bie  ©rünbung  ber  normannifa>tfailtf*en 
Monarchie.  ©nuÄbrud,  SBagner.  25  M.)  —  Duvernoy,  Le  duc  de 
Lorraine  Mathieu  Ier  (1139—1176).  (Paris,  Picard  &  fils.)  —  Docu- 
menta relatifs  an  comte*  de  Champagne  et  de  Brie  1172—1361.  Tome  II. 
Publ.  p.  Longnon.  (Paris,  Impr.  Nationale.)  —  JHrdjeifen,  Dle©e» 
fdjicfte  be*  literarifc^en  $ortrfit3  in  Deutfdjlanb.  1.  93b.  $on  ben  fiftepen 
Reiten   bis  $ur  Mitte   be«  12.  3afyt$.    (Seidig,  fcierfemann.    5  tt.)  - 


Spätere«  Mittelalter.  357 

Qoeft,  S>ie  Ouetten  jur  ©efdjitfte  be«  $1.  ftranj  Don  «ffifi*  (®ot$a, 
$ert$e*.  4  SR.)  —  Selber,  ©efgidjte  ber  wiffenfd)aftlt*en  6tubien  im 
granjiSfanerorben  bift  um  bie  TOftte  beft  18. 3a$r$.  ©reiburg  lfd.,  fcerber. 
Ö  SR.)  —  fcaucf,  S)er  ©ebanfe  ber  päpftlidjen  ©elt^errjc^aft  bift  auf 
©ontfaj  VIEL  (Seidig,  Gbelmann.  1,60  3R.)  —  Bucalo,  La  riforma 
morale  della  chiesa  nel  medio  evo  e  la  letteratara  antiecclesiastica 
italiana,  dalle  origine  alla  fine  del  secolo  XIV.  (Palermo,  Sandron. 
3  fr.)  —  Pivano,  I  contratti  agrari  nell'  alto  medioevo.  (Torino, 
XJnione  tip.  editrice.  6  fr.)  —  Mac  Clellan,  The  oligarchy  of 
Venise.  (Boston,  Hoaghton,  Miffiin  A  Co.)  —  Lieini  e  Zdekauer, 
Libri  dell'  entrata  e  dell'  uscita  della  repubblica  di  8iena.  Fase.  I: 
Libro  dell'  anno  1226.  (Siena,  Tip.  Sordomnti.  4  fr.)  — Frati,  Storia 
docomentata  di  Caatel  S.  Pietro  deU'Emilia.  (Bologna,  Zanichelli.)  — 
Boarrienne,  Antiquus  cartalarius  ecclesiae  Bafocensis  (Li vre noir). 
T.  II.  [Soc.  de  Thiat  de  Normandie.]  (Rouen,  Lestringant.) —  Tait, 
Mediseyal  Manchester  and  the  beginnings  of  Lancaahire.  (Manchester, 
The  oniversity  press.)  —  to.  ©ommerfelb,  Beiträge  jut  Serfaffungt* 
unb  ©tänbegeWhftte  ber  Watt  »ranbenburg  im  Mittelalter.  1.  XL  (ßetyjig, 
Shtncfer  &  fcumblot.  4  SR.)  —  ©rtllnberger,  Die  Catalogi  abbatt- 
arum  ordinis  Ciaterciensis.    (SBten,  öölber.    1,25  2R.) 

^fättxes  &itUMttt  (1850-1600). 

3m  (Stra&burger  S)töaefanbiatt  1904,  ttooember,  bcftreitei  2.  Pfleger 
«offtto*  Behauptungen  über  bie  Hbtyingigteit  S)ante*  öon  $ugo  öon 
©rrafcburg  (ogl.  93,  158}  unb  roetft  bie  ©ebenfen  jurücf,  bie  SBidjael  gegen 
feine  ©ewet*fü$rung  $infi(f}tlidj  ber  «uiorfd)aft  $ugoft  für  baft  Compen- 
dium  theologicae  veritatis  geftugert  Ijatte. 

Beitrage  jur  inneren  ®efd)id)te  fJJtemont«  für  ben  Scitraum  Don 
1265—1300,  über  beren  3n$alt  man  fto)  vermöge  be*  beigefügten  Keglfter* 
leicht  orientieren  fann,  bietet  bie  $er#ffentlid)ung  öon  @t.  (£ orber o  bi 
ißamparato  in  ben  Miscell.  di  storia  Italiana,  terxa  serie  9  (1904). 

9(8  gortfcfcung  feiner  tleinen  Beiträge  ju  ben  Regelten  ber  Äönige 
Hubolf  bi«  Staxl  IV.  (ügl.  91,  355  u.  94,  177)  $anbelt  fc.  @«ro$e  na* 
rrittfdjer  Prüfung  ber  (ofalen  Überlieferung  über  bie  Vorgänge  bei  (Eolmar 
unb  Äöntg  «bolf*  burgunbifdjen  gelbaugSplan  im  fcerbft  1293  (TOirtrjeiL 
b.  Snfttt.  f.  öfierr.  ©ei*.  25,  4). 

8.  Socco:  Gnglielma  Boema  ei  i  Guglielmiti  Ijanbelt  über  bie 
einzige  Wretifdje  Belegung  be«  Mittelalter«,  bie  öon  einer  grau  au*ge* 
gangen  ift.  (Atti  della  r.  accademia  dei  lincei,  ser.  quinta,  cl.  di  sc. 
mor.,  stör,  e  filol.  vol.  8.) 

&*li$  ©uillon  mibmet  3ean  dlopinel  bit  be  Geling,  bem 
Sortfefrerbc«  Roman  de  la  Rose,  eine  @tubie($ari«u.Or(e*an«  1903). 


858  ftotfjen  unb  9tod)ri*ten. 

ßr  Ift&t  (Slopind  (aud)  Gtjojjinel  fommt  in  ben  älteren  $anbfd)riften  dot) 
tofi^renb  ber  Regierung  ^S^ilippS  be«  ©djönen  an  bie  Arbeit  ge§en  unb 
erflärt  au$  ben  (greigniffen  jener  3***  M«  Änfdjauungen  beS  $>id)ter«,  ber 
mit  au6erorbentlt($er  Schärfe  für  bie  9ce^te  be*  JBolfe«,  gegen  bie  Über» 
griffe  beS  Hbel«  unb  bie  9Jttfjbraud)e  be«  äteruS  auftritt,  (Shiiflon  be* 
Rauptet,  aber  bemeift  eS  nidjt,  bafs  ßiopinel  gerabeju  auf  ©e^eife  be* 
Äönig*  W^P  bad  3»ert  be*  ©il$elm  Don  SorriS  ooHenbete.  Sie  8e* 
$anblung  be«  Stoffes  unb  bie  Äritif  (äffen  eine  ungenügenbe  Wftorifdje 
6d)ulung  erfennen.  O.G. 

(Einige  SScmerhmgen  X$eob.  t>.  Sieben  au 8  &u  ber  gfrage  über  bat 
6$lad)tfelb  oon  Vorgarten  ftnben  fidj  in  ben  Äat&oKfäen  €>djroeijer* 
Mftttern  1904,  4. 

3ur  Äenntni*  be«  3e^cntf^ftem5  tragen  brei  Siften  au8  (gffej  Don 
1329, 1837  unb  1343  bei,  bie  Don  Hnbr.  <£lar  f  in  ber  Engl,  bist  review 
1904,  Oftober  mitgeteilt  »erben. 

(Einen  neuen  quellenmäßigen  Xegt  beS  ÄönigStoaljlgefefce*  Licet  iuris 
oom  6.  Kuguft  1338  bietet  Äarl  Seumer  im  SR.  Hrcfjto  b.  ®ef.  f.  a.  b. 
(Befö.  30, 1.  S)te  bem  93erftänbni8  be*  Serie«  geioibmeten  «u*fü$rungen 
weifen  barauf  fjin,  baf)  burdj  bie  ©orte  ex  sola  electione  est  verus  rex 
et  imperator  Romanorum  censendus  et  nominandus  nidjt,  rote  man 
tooty  angenommen  $at,  bem  ©eroäljlten  lebiglid)  infolge  ber  ÄönigSmaljl 
ein  9tec6t  auf  bie  ftüfjrung  be«  itatfertitel*  jucrfannt  ift,  fonbern  bafj  $ier 
nur  eine  ©adje  iljrem  SBefen  nad>  bejeic^net  »erben  foH:  Äaifertum  unb 
Königtum  ftnb  baSfelbe.  2)ie  treibenbe  Äraft  bei  biefer  legten  Steigerung 
be8  furfürftlicQen  unb  9ftcic$Sre($tÄ  ift  üiefleidjt  in  öalbuin  oon  Zxitx  $u 
erbliden.  —  3n  loferem  S^fammen^ang  mit  ber  Hauptfrage  fielen  bie 
8emerfungen  3cumer*  bn  0CTn  öon  §ö$lbaum  angenommenen  ©efamt* 
fdjreiben  ber  fturfürften  an  ben  Sßatft  au3  Softes  (Sammlung  (bgt.  92, 538) 
unb  bie  in  einer  Seilage  gebotene  Veröffentlichung  be*  Genfer  ©eiStum* 
Dom  16.  3uti  1338  in  gereinigter  fjorm. 

(Sin  neuer,  gegen  bie  Ausführungen  ©.  fietbinger*  (t>gl.  90,  538} 
gerichteter  Wuffafc  ?$il.  ©djneiber*  im  fcift.  3a$rbud|  25,  4  meint  in 
reidjlidj  felbftgerotffet  Seife  ber  Annahme  öon  ber  <£;tften&  einer  (Ebonit 
Äonrab*  oon  SRegenberg  jebcn  ©oben  entzogen  gu  fytben.  Vnbreaft  oon 
Siegendburg  #abe  bei  feinen  Zitaten  ftct«  bie  ironifalifd)en  2>tle  be* 
Tractatus  de  limitibus  parochiarum  Ratisponensium  im  Äuge.  Staut 
man  aud)  burdjau*  geneigt  fein  wirb,  ju  biefem  Ergebnis  ein  grofeeS 
Sfrageactdjen  &u  fefcen,  fo  ift  anberfeit*  zugeben,  ba&  ba*  &etoia)t  ber 
auft  einer  anberen  ©cfirift  Äonrab*  Ijerrüfjrenben  öelegftelle  für  bie  (Elften* 
einer  (5$rontt  bur$  einen  fjanbfd)riftlid)en  gunb  ©<$.«  erföüttert  ift.  Aber 
and?  $ier  mufs,  mie  ber  Herausgeber  beft  $ift.  %atyb.  mit  ^Rec^t  in  einer 


Spätere«  Mittelalter.  359 

fcnmerfung  betont,  erft  no$  eine  genauere  Unterfudjung  über  ben  SBert 
ber  betreffenben  $anbfdjrift  angefteflt  »erben. 

«n  ber  fcanb  !ür$lt<b  üeröffentlid)ter  öeraeicbmffe  betreibt  3of. 
Braun  8.  J.  unter  bem  Stiel  „(Rn  oerfdjnmnbener  fttrd)enfd)a$  be* 
14.  3afr$unbertt"  bie  reiben  ©eftftnbe  be*  $rager  $>omf4a$eft,  bie  audj 
t»on  ber  8fcellquienfdj»ärmerei  Äatfer  Äarl«  IV.  B^ugnid  ablegen  (Stimmen 
au«  3Raria«£aa4i  1904,  Oftober»9*ooember). 

$ie  Kenntnis  Don  ber  Sebenftbauer  be»  3Ratt1)ia8  Don  Neuenbürg 
wirb  burcft  eine  Don  %  Hlbert  in  ber  fleitfdjr.  f.  b.  ©ef*.  b.  Oberrfteinft 
9?.  gf.  19,  4  mitgeteilte  ©tttfdjrtft  Don  1864  in  toUUommener  ©eife  bt* 
reichert,  SBenn  ttlbert  freiließ  auft  bem  ©ortlaut  M.  de  N.  civie  Argen- 
tinensis  bie  Folgerung  fliegt,  bog  ber  Qfjronift  bamalft  Dermutlidj  fein 
öffentliche*  Amt  me$r  betleibet,  fonbern  im  »u$eftanbe  gelebt  $abe,  (o  fdjltc&t 
er  ^u  Doreilig:  genau  fo  nennen  tl)n  Urtunben  Don  1346  unb  1350,  t>on 
3abren  alfo,  in  benen  feine  SBtrffamfeit  als  Anmalt  beim  bifct)öflidjcn 
$ofgericbt  nicbt  ju  beftreiten  ift.  —  3>em  anberen,  einige  3a$r$e$ntc  foäter 
föreibenben  ©tra&burger  (Etjroniften ,  gafob  Xroinger  Don  tfönigft^ofen, 
gilt  bie  Arbeit  9t.  $anauer$,  bie  bei  gefeierter  3ufammenfaffung  ber 
biftfterigen  fiiteratur  bod)  nod)  für  »eitere  Sorfdjungen  ljinrcidjenb  fliaum 
Iäfet  (Revue  d'Alsace  1904,  9&oDember»2>eftember).  H.  Kaiser. 

Gin  jtoeiter  Zeil  Don  SB.  Stp^ert«  Stubien  über  bie  mettinifefce 
ftanglei  unb  i&re  älteften  ttegifter  im  14.  Sabrbunbert  (ogl.  92,  352)  gibt 
im  »efentlidjen  Beiträge  jum  SebenSgang  (errjorragenber  £an&teimitg(ieber. 
3)er  $erfonalbeftanb  ber  äanglei  ermeift  fid)  alft  ftiemlidj  umfangreid). 
(Einige  mistige  fünfte,  tote  bie  Art  ber  SRegiftrierung  u.  a.,  ftnb  t)ier  nid)t 
berütjrt,  ba  fi«  in  einer  umfaffenberen  Arbeit  fitypertö  über  bad  gefamte 
ftegifteroefen  ber  SBettiner  jener  3*tt  beljanbelt  »erben  f  ollen. 

fiebrige  Httenfrüefe  über  bie  a»ette  ©efanbtfdjaft  be*  Jtarbinalft 
«Ibornoj  in  Stauen  (1358—1367)  teilt  au*  bem  Archivio  Albornoriano 
ju  Bologna  gilippini  in  ben  8tudi  etorici  12,  3  unb  13, 1  mit. 

3n  ber  Revue  des  langues  roznanes  1904,  3uIi«Hugu(t  fefct  tötbal 
feine  Ouenenpublitation :  De'Hberations  du  conseil  communal  d'Albi 
(1372—1388)  fort  (ogl.  93,  637). 

(Sine  niebt  immer  genügenbe  Vertrautheit  mit  ber  Literatur  jeigenbe 
Arbeit  Don  ©uft.  Sommerfelbt  über  fceinrtd)  Körting  üon  Oqta  ift 
beachtenswert,  »eil  fte  burefj  8eröffentlid)ung  !}anbfd)riftltdjen  SRaterial* 
unfere  Äenntni*  oon  ber  fdjrtftfteHertfdjen  Xätigfeit  be*  bebeutenben  £beo* 
logen  unb  3urtften  ergabt.    (Vtittyeil.  b.  3nft.  f.  öftere,  ©eftf).  25,  4.) 

diner  (Epijobe  au«  bem  $unbertjä$rigen  ftriege  jmifeben  granrreid) 
unb  (Englanb  »enbet  fiefj  ß.  TOir o t  in  feinem  Äuffafr  über  tiarlft  VI. 
ioebter  Sfabeüa  ju   (Revue  d'hiet.  diplomatique  18,  4).    $ie  beiben  $u* 


360  Hotten  unb  9tad>ridjten. 

näc&ft  Deröffentlidjten  Stapittl  betjanbeln  bie  Äinbfcett  ber  ^rinjefftn  trab 
bie  iljrem  JBerlöbniS  mit  SRidjarb  II.  Don  (Bnglanb  (13%)  Doraufgefcnben 
Sfcrfymblungen. 

§.  ©teilt  bringt  im  Bibliographe  moderne  1904,  Mai*Huguft  bret 
Urfunben  Don  1376,  1398  unb  1498  jum  «bbrud,  bie  über  bie  im  «uf* 
trage  be«  (SrjbifcbofS  Don  $artö  betriebene  $apierfabrifotion  $u  ©t.  Gloub 
Äunbe  geben.  S)ie  fcwotyefe,  bafi  @t  ©loub  a(3  8rabrilation*ftätte  für 
baS  im  fpäteren  Mittelalter  aud)  anberSroo  übrigen«  al*  im  ndrbligen 
gfranfreicb  unb  in  ben  92ieberlanben  maffenljaft  Dorfommenbe  Rapier  mit 
bem  unter  einem  Äreu$  fieljenben  3Baffer$eid)en  p  anjuje^en  fei,  fter>t  aber 
trofc  ber  Don  ©tetn  beigebrachten  SBetoetegrünbe  bocb  auf  rcdjt  fdnvaaVn 
gfifeen.  H.  £. 

3n  ben  Miscell.  di  etoria  Italiana,  terza  serie  9  (1904)  ftcHt  fr. 
$eragalla  bie  tarnen  ber  Italiener  jufammen,  bie  n>ä$renb  be$  14. 
biS  16.  Safjrfrmbert*  nac§  Portugal  gebogen  fmb;  53.  $oggi  brucft  unb 
erläutert  ein  ©tabtredjt  Don  Sarpafio  au«  bem  Sa^re  1433. 

3m  ©egenfafr  ju  ©.  ©ret$ola  füfrt  $.  SB  i  bei  im  92.  Hrdjio  b. 
©ei.  f.  ä.  b.  ©efd).  30,  1  au«,  bafe  bie  Don  erfterem  aufgefunbene  §anb* 
f(f)rift  be«  »rünner  ©tabtardjtDS  (ogt.  91,  164  u.  545;  93,  159)  $toar 
möglieb  er  »eife  ba$  Slutograpb  Qo^ann«  Don  Öleinläufen  barfteüe,  ba| 
für  bte92ot»enbigleit  einer  f oldjen  Folgerung  inbeffen  teinerlei  (ftrünbe 
anjufü^ren  feien. 

3m  Äatboltt  84,8  analtoftat  Ab.  &ranj  eine  Don  einem  bagrifdjen 
©ctftlidjen  &u  Anfang  bc«  15.  3aljrljunberi8  üerfafcte  Practica  de  modo 
praedicandi,  bie  auefj  in  fulturgefdjidjtlfccjer  $infid)t  beachtenswert  ifx. 
92.  ?auluä  beljanbelt  in  ber  3eitfd)r.  f.  !at$ol.  Sfjeol.  1904,  4  ba«  ©efen 
ber  SReue,  rote  e$  fidj  in  ben  beutfdjen  ©terbebücbern  be«  auSge^enben 
Mittelalter«  barfteflt. 

(Eb.  $reUmerf  Deröffentlicbt  in  ber  Radier  Seitfcör.  f.  ®efd).  il 
9Htertum«funbe  4,  1  (gnea  ©ilDio«  ^roeite  ©efdjreibung  ©afel«  Don  1438 
unb  ftellt  i$r  Sedalint«  $u  ber  erften,  im  5.  ©anbe  be*  Concilium  Basi- 
liense  mitgeteilten  Raffung  (1433)  feft. 

3n  ben  ©ifcung*berid)ten  ber  ©efeflfdjaft  f.  ©efd).  u.  «ltertum*tunbe 
b.  OftfeeproDinjen  fflufjlanb«  au«  bem  3a$re  1903  (ffiiga  1904)  ma*t 
92t!ol.  »ufeb  Mitteilungen  über  bie  {Reife  be«  ©rieben  ßa*fari*  «anano* 
na*  SiDlanb  (1438). 

3>ie  fcanfifdjen  ©eftfjidjtSblätter,  3a$rg.  1903  (erfd).  1904)  bringen 
einen  Vortrag  Don  ®.  3)aenell  über  fcoflanb  unb  bie  §anfe  im  15. 3<tf** 
ljunbert,  in  einer  3tit,  bie  burdj  bie  ftönbigen  kämpfe  ber  lefcteren  gegen 
bie  feit  Mitte  be«  14.  3afjr$unbert«  it)r  8erfe$r«gebiet  unauftgefeftt  w 
grö&ernben  unb  bamit  bie  r)anftfct)e  $or$errfcbaft  frarl  beeintTädjtigenben 


Spätere«  Mittelalter.  361 

$oOfinber  t$r  Qkpr&ge  erhält.  —  Hüft  beut  gleiten  fcefte  oer&eid)nen  wir 
uod>  bie  3Riftjette  oon  gf.  Setzen  über  einen  gufammenftofs  5^.  gRecflen- 
fcurger  mit  £dnig  ©albemar  oon  Stönemar!  (1368)  unb  bie  gu  ben  $anfe? 
aften  gebotenen  ftadjträge  oon  9tt.  $erlbad)  unb  Ä.  ÄoJ>J>mann.  — 
Über  Königsberg  al$  $anfeftabt  fjanbelt  auf  ©runb  ber  $anfe*  unb  ber 
J>reu6tfdjen  ©tdnbeotten  auftfttfyrlidj  9K4.  8fifä)er  in  ber  ftltpreu&iföen 
SRonatÄfdjrift  1904,  3uli»©eptembcr. 

Einige  Beiträge  jur  ©efd)id)te  ber  franftöfifd)*italiemf4en  Steuerungen 
im  15.  3a1)r(unbert  enthalten  bie  Mälanges  d'archeologie  et  dhistoire 
1904,  Januar  unb  8februar*9luguft.  3m  erften  fceft  teilt  ©.  ©ourgin 
bie  Coutumes  de  Piolenc  (im  8idtum  Orange)  mit,  »ie  fie  1406  feft- 
gefteüt  mürben.  3>a$  folgenbe  fceft  bringt  als  Beitrag  }ur  Äußeren  $oliti( 
Äönig  ßubwig*  XI.  bie  üom  fTanjöfijdjcn  $of  au&  burdj  SR.  be?  ffiobertt 
an  ben  $er|og  fcerfule*  I.  oon  gerrara  gerichteten  Stepefdpn  ($oOember 
1378  bi*3uli  1380)  unb  ttufyüge  Sourgin*  auft  einem  Äameralregtfter 
be*  oattfanifdjen  Äonftftorialardjio*  für  bie  3a$re  1439—1486,  bie  ft$  auf 
bie  Äarbtnäle  franjöfifaVr  fcerfunft  be^ie^en. 

Gntfdjeibenbe  Sa^re  au»  ben  ruffifdjen  (Einigung**  unb  ©efretung** 
fämpfen,  bie  Jhrifen  Don  1471/72  unb  1480,  (Gilbert  in  ben  Mitteilungen 
b.  3nft.  f.  dfterr.  ©efdj.  25,  4  SRorifr  Öanbmeljr  oon  $ragenau. 
SÄit  1481  ift  bem  mo*!o»itif4en  ffleid)  banl  3man8  III.  Satlraft  unb 
£ä$igteit  bie  «or&errfdjaft  geft^ert. 

5)ie  Revue  des  langues  Romanes  1904,  (September^Cttober  bringt 
weitete  Kftenftücte,  bie  über  bie  Bedienungen  fttoifdjen  ©forja  unb  Magi« 
milian  I.  ßl*t  Derbreiten  (ogl.  89,  166  u.  98,  540). 

3ur  ©efdtfcftte  ber  3uben  im  foäteren  Mittelalter  üerjeidjnen  mir  auft 
ber  Revue  des  Stades  jaives  1904,  3uli*@eptember,  bie  gortfüljrung  ber 
Arbeit  oon  ©aut^ter  über  bie  3uben  in  ©urgunb  unb  ben  ©djlufc  ber 
Erteilungen  oon  Arno  Ä.  BernarbQ  über  bie  3uben  ber  ftepubfit  6an 
Marino  (ogl.  94,  181).  —  3n  ber  *Ronat*fd)rift  f.  ©efeft.  u.  S3iffenf*aft 
b.  3ubentum*  1904, 3uit»«uguft  ftanbelt  SetoinMo  über  ben  im  14.  3a$r= 
bunbert  lebenben  fcofbanfier  be*  Magbeburger  drabtfdjof*,  Samuel  oon 
Sernebttrg.  $iefetben  $efte  bringen  ben  Sdjlufe  ber  Ausführungen  oon 
Saud)  über  bie  <*tnfü$rung  be*  $ebräti$en  in  Wittenberg  (ügl.  93, 169. 
367;  94,  181).  $er  S^njerpunft  ber  ttrbeit  Oon  dato  über  bie  toixU 
toaftlifte  Betätigung  ber  Suben  im  Mittelalter  (3ult*DFtober)  liegt  im 
«efentiidjen  in  ben  früheren  3eiten. 

Jfitmt  JtiUtert  Recueil  des  historiens  des  Gaules  et  de  la  France. 
T.  XXIV,  contenant  les  enqudtes  adminsitratives  du  regne  de  saint 
Louis  et  la  chronique  de  l'anonyme  de  Bäthune.  £d.  Delisle.  (Paris, 
Klincksiek.  60  fr.)  —  O.  Gartelliert,  $eter  oon  Bragon  unb  bie 
€i|ilianifa)e  »efper.    (fceibelberg,  »inter.  6,80  SR.)  —  Acta  pontificum 


362  Nötigen  unb  Eadjridjten. 

Danica.   I.  bind  1316—1378.   Udgivet  af  Moltesen.   (Kabnhavn,  Gad.) 

—  Uebing,  Subwig  beröaüer  unb  bie  nieberr§einifdjen  ©täbte.  flSaber* 
born,  ©ct)öning$.  1,40  TO.)  —  Labande,  Bertrand  du  Guesclin  etlea 
^tats  pontiflcaux  de  France.  (Paris,  Picard.  2  fr.)  —  Monteil, 
Histoire  des  Francais  de  divers  £tats  au  XIV©  et  au  XV«  giecle. 
(Paris,  Libr.  nation.  d'äducation  et  de  r&räation.)  —  Ungebrudtc  Äften 
jur  ©efdn'd)te  ber  ¥ä>fte  oorneljmiicf)  im  15.,  16.  unb  17.  3a$r$unbett. 
#t3g.  d.  $aftor.    1.  8b. :   1376—1464.    föreiburg  i.  ©.,  §erber.    8  SR.) 

—  »of  feimann,  3>te  reigftftäbtifdje  $o(itif  tönig  föujjreäits  Don  ber 
$fal§.  flkberborn,  @d)Öning$.  2  2R.)  —  Hus,  Opera  omnia.  Tom.  1. 
Fase.  3.  ($rag,  »ilimef.  1,60  SR.)  —  florier,  Urfunblicfjc  Beiträge 
jur  ©efdjidjte  beS  bürgerlichen  9fredjtSgange8.  I.  $a*  »erfahren  be*  $of* 
geriet»  föottmeil.  (Berlin,  SBeber.  8,60  SB.)  —  Singer,  S)er  $umamft 
3afob  gfterfiettcr,  1460—1512,  $rofeffor  ber  Geologie  an  ber  Sforinaer 
Unioerfttät  unb  Pfarrer  ju  6t.  (gmmeran.    (SRaina,  Sel)rling*$auS.  1  SR) 

—  Duvernoy,  Les  ätats  ge'n&raux  des  duchös  de  Lorraine  et  de 
Bar  jusqu'ä  la  majorite"  de  Charles  in.  (1559).    (Paris,  Picard  et  fils.) 

$Uform«ttött  uttb  Gegenreformation  (1500—1648). 

§.  g.  8  i  n  g  e  r  Gilbert  in  einer  ©rof  cfjüre  (3Rain$  1904)  nadj  $.  %.  no$ 
ungebrueften  Quellen  ben  „fcumantften  3af  ob  Sfterftetter,  1460—1512", 
ber  in  fceibelberg  ftubierte,  inSbef.  ©djüler  ©tmpfeling*  war  unb  unter 
5Bert$olb  üon  §enneberg  Sßrofeffor  ber  Geologie  an  ber  UKainjer  $od)* 
fAule  unb  baneben  Pfarrer  ju  6t.  (Smmeran  bafelbft  mürbe.  ©r  ift  meber 
roiffenfcrjaftlid)  befonber«  bemerfenStoert,  nodj  potitifer)  fjerDorgcrreten.  triel* 
meljr  ein  füllet,  ber  neuen  $oetenridjtung  ungetaner,  mit  flaffifdjer  Sil* 
bung  erfüllter  ©eleljrter  unb  eifriger  6eclforger  getoefen. 

Äu3  bem  93raunfd)n>etgifd)en  HKagajin,  »uguft  1904,  fei  bter  ber 
Sluffafr  uon  91.  £  u  n  $  e  über  ben  „§umaniften  (SuriciuS  (£orbu$  in  ©raun* 
fdjmetg"  ermahnt. 

©  tt  f  e  erjäfjlt  in  ber  Bibliotheque  universelle,  September  1904,  bie 
traurigen  ©djicffale  SRargaretaS  bon  ßfterreict),  ber  Xodjter  SRarimilianÄl-, 
bie  nadj  ganj  furjer  ©f)e  jmei  ©arten,  3uan  von  Äaftilien  unb  $$ilibert  II. 
von  ©abonen,  begrub  unb  ju  beft  lederen  ftnbenfen  bie  ©ebädjtniSfirdjc 
ju  örou  1506  grünbete,  als  fie  burdj  ben  Xob  ifjre«  ©ruber*  VtyflW 
&ur  <£r&ie$ung  feiner  ttinber  unb  &ur  ©tattl)alterin  ber  ftieberlanbe  öon 
$Ragimilian  berufen  mürbe. 

©inen  fe$r  lehrreichen  »rief  ßutfccrS  an  bie  $ürfrin*9Ruttcr  SJtor* 
garete  oon  Anwalt  00m  3a$re  1519  beröffentitdjt  3Bäfd)te  in  ber  öei' 
läge  247  ber  SRündjener  allgemeinen  Bettung.  3)er  ©rief  jeigt,  bafc 
Margarete  feine  Gegnerin  8ut$er3  getoefen  ift,  mithin  bie  ffiücfficbt  auf  ffe 
audj  nicr)t  bie  Deformation  in  2)effau  öetjögert  (at. 


Reformation.  363 

3m  RoDemberbeft  1904  Don  „$eutfd)lanb"  tft  Äluge«  »arme  5Bür- 
bigung  ber  epodjemadjenben  ^fprac^gefc^ic^tli^en  Stellung  Sutber«"  al* 
be«  örünber«  eine*  allgemeinen  „proteftantifdjen  $ialette«"  unb  allgemeinen 
6d)riftfpradje  au»  ber  4.  Auflage  feiner  Äuffa&fammlung :  „Bon  Cutter 
bi«  8efpng"  abgebrudt 

2rrteben«burg  teilt  in  ben  Duellen  unb  gorf djungen  au«  italieni« 
f$en  «rdjtoen  7,  2  „3mei  Hftenftüde  jur  ©efcfji^tc  ber  fird)(i4en  Reform« 
beftrebungen  an  ber  römifdjen  Äurte*  (1536—1588)  mit:  1.  einen  Beriefet 
Weanber«  über  bie  feierltd)e  Vorlegung  unb  Beriefung  be«  Reformgut» 
agten«  ber  Reunerfommiffion  (Don  1536),  am  9.  2Äärj  1537,  au«  bem  ju« 
gleidj  bie  intereffante  Xatfadje  erbeut,  bafs  Sabolet  ein  n>otjl  meitergreifen« 
be«  ©onbetDotum  Derfafct  §atte.  2.  fönen  Überblicf  Contartni«  über  bie 
geteilten  Kuffaffungen  einer  Reiten  Unterfud)ung«tomimffton  über  bie 
tjrage,  ob  unb  inmiemeit  für  Erteilung  geiftlidjer  ©naben  Don  ber  Statarla 
<Belb  genommen  »erben  bürfe,  ebenfall«  au«  bem  3a§re  1537. 

dinen  umfangreichen  unb  bebeutfamen  Beitrag  jur  Qkfdjtä)te  unb 
ftultur  ber  Reformation«aeit  erbringt  Bauers  ttuffafc  über  „$etru* 
Caroli  unb  3c^anne«  Sabin"  im  3abrbud)  für  ©djmeiaerifdje  ©efdjtdjte 
Banb  29  (1901).  3m  TOittelpunft  ftebt  bie  Unterfucbung,  ob  Sarolt  mit 
Red)t  ober  mit  f}a|lid)er  Berleumbung  Galotn  ber  arianifdjen  Srrlefere  Der* 
bädjtigt  Gabe,  »obei  ber  Berfaffer  für  bie  fluerfennung  milbernber  Um« 
fi&nbe  für  (SaroliS  Irrtum  pläbtcrt.  3m  ganzen  will  Bäbler  ßalDtn* 
Berurteilung  feine«  Gegner«  al«  eine«  „moraltfdjen  Ungeheuer«"  biftorifä) 
nta)t  gelten  laffen,  fü$rt  (Saroli«  bäufige«  Sd)manten  in  reltgiöfen  fragen 
—  er  ift  zweimal  junt  Äat^oHjiSmu«  aurüdgefeljrt,  1587  unb  bann  1540,  — 
weniger  auf  (Efjaratterloftgteit  al«  eine  Don  Anfang  an  wahrnehmbare 
UHttetfteQung  gurüdf  unb  jeigt  Dor  allen  fingen,  bafs  Gatotn«  berühmte 
6treitfd)rift  gegen  Saroli  Don  1645,  bie  $efenfio  ©aOafH,  bie  ben  «bref* 
faten  Dernidjtet  ju  baben  fdjetnt,  „empbrenbe  UnbfHigfeiten  unb  offen* 
tunbige  Unma^rbeiten",  mitbin  nidjt«  weniger  al«  ein  objettioe«  Bilb 
Saroli«  entölt.  Basier«  Arbeit  ift  fomit  au«  für  bie  $erfönll$tett 
Sabin«  Don  nidjt  geringem  3*tereffe,  inbem  fi«  ben  rürffid)t«lofen  Äamfren 
in  Sabin  brafttfd)  fdjtlbert. 

6  t  ein  Raufen  mamt  in  ber  Beilage  ber  Utündjener  Allgemeinen 
8eitung  ftr.  223  unb  224  baDor,  bie  $rage,  ob  ber  fulturefle  Berfaü  im 
16.  3a^rbunbert  eine  Solge  ber  Reformation  war,  ju  bejahen.  ®r  weift 
in«befonbere  barauf  bin,  bafs  bie  tbeologifdjen  Berbammung«urteile  über 
bie  (Sünben  ber  Seit  mit  ber  [nötigen  Borftajt  aufzunehmen  feien,  unb 
Diele  Unfitten  ber  Seit  wie,  fl.  B.  ba«  Saufen,  bereit«  in  ftarfen  flnfäfcen 
auf  bie  Dorangebenbe  &)>od)e  jurücfroeifen. 

Srei  Xagebüdjer  über  ba«  j^onjil  Don  Orient  werben  Don  S.  SRertie 
im  5.  Sabtgang  ber  Revue  d'hist.  eceteeioetique  (nr.  4)  Seite  787—814 


364  Zotigen  unb  9tad)rid)teii. 

einer  etngeljenben  Sefpredjung  unterzogen.  @8  $anbelt  ftdj  um  bie  Scfcriften 
be«  Belgier?  Laurent  bei  $i£,  be$  granjofen  Nicola«  $faume  (Sif$of# 
Don  Serbun)  unb  be«  SJeutfdjen  3ok  Sapt.  8füfler.  Sic  foHen  im  2.  Sanb 
beS  Concilium  Tridentinum  öeröffentlidjt  ©erben,  unb  Mertte  bittet  um 
Mitteilung,  wenn  jemanb  nodj  t>on  weiterem  Material  über  bie  Serfoffer 
unb  tyre  SBerfe  Äunbe  toeifj. 

(ginige  ©riefe  beS  fäc^pf^en  Äartograp^en  §umettu8  üon  1559  oi* 
1561,   bie   $an*  Sefdjorner  im   9?euen  ^rcftit»  f.  Sä#ftf4e  ©efdj.  25, 

5.  68—81  neröffentltdjt,  beleuchten  feine  nermittelnbe  religiöfe  Stellung 
unb  bringen  audj  über  einige  anbete  Sßerfonen  (Sdjwenbt,  ßanguet)  ein- 
^elne  ftadjridjten. 

TOit  giuei  Mitgliebern  Der  gatnitie  (£ifengretn,  bie  bisher  wenig  6c= 
fannt  waren,  benen  aber  ber  J?atfjoli&i8mu8  jur  geit  ber  beginnenben 
Gegenreformation  mand)e3  &u  oerbanfen  $at,  befdjÄfttgcn  fidj  Äuffäfce  ton 
fiugtan  Pfleger.    Martin  @if engrein  ($ifior.«poltt.  Slfttter  134,  ©eft  10, 

6.  705—723),  geb.  1535  $u  Stuttgart,  wo  fein  Sater  Sürgermeiftei  unb 
Ißroteftant  geworben  war,  fonnertierte  (£nbe  ber  50  er  Sa^re  in  ©icn, 
würbe  1562  $rofeffor  in  3ngolftabt  unb  1570  Superintenbent  ber  §ocfc 
fdjuie,  als  welker  er  im  Stampf  jwifdjen  ben  Sßrofefforen  unb  ben  Qefuiten, 
fcenen  $er$og  Stlbredjt  eben  bamal*  einen  ganzen  p$ilofopl)ifd)en  ÄurfttÄ 
an  ber  llniberfität  einzuräumen  befdjlofc,  eine  fcfyolerige  Stellung  $atte. 
<£tn  Sdjlujjarttfel  fofl  folgen,  unb  audj  eine  Monographie  @ifengrein£  fteHt 
Pfleger  in  Sluafidjt;  bad  Material  ba&u  fann  aber  wo$l  nod)  nertooflfiäu* 
btgt  werben  (ögl.  jutn  SBicner  $lufent$alt  bie  Steinljerjfdjen  Nuntiatur» 
beriete  auS  3>eut(*lanb,  2.  Abteilung  I).  —  Martin«  Setter  3Bityelm 
Gifengreiu  (fcifi.  Satjrbud)  25,  4.  fceft,  S.  774—792),  geb.  um  1544  in 
Speyer,  ift  als  erfler  literartfdjer  SBiberfadjer  ber  Magbeburger  (Senturien 
Don  Sntereffe;  er  plante  ein  SBert  oon  16  Sänben,  öon  benen  aber  nur 
*wei  erfdjienen  (1566  unb  1568).  SHe  Unreife,  bie  au&  i^nen  fpridjt,  wirb 
burd)  bie  Sugenb  beS  SerfafferS,  ber  im  Blter  oon  etwa  25  Sauren  ftarb, 
einigermaßen  entfdjulbigt.  3mmer^in  ^at  er  e£  nidjt  öerbtent,  baß  er  nod) 
Don  Sanffen  nidjt  getannt  unb  mit  feinem  Setter  öerwedtfelt  wirb.     R.  H. 

3n  ber  English  hietorical  review  nr.  76  (83b.  19  S.  646—668) 
Rubelt  SBiüiam  Miller  über  ben  jiemltd)  traurigen  guftanb  ©rieben* 
lanb«  unter  ber  türfifcften  fcerrfdjaft  öon  1571—1684.  3>ie  Senetianer 
ljaben  beftänbig  erf olglofe  Slufftänbe  gegen  bie  Surfen  erregt,  bis  fie  1684, 
<mf  bie  Seite  ßfterteid)3  tretenb,  ben  Krieg  wieber  offen  begannen. 

$a«  9u4  t)on  $.  ©.  Stofebale,  Queen  Elizabeth  and  the 
Levant  Company  (London,  Frowde  1904,  10  s.  6  d.)  madjt  leinen  An* 
fprudj  auf  eine  audj  nur  annttyernb  öoUftänbige  Säuberung  ber  in  Se* 
trotzt  tommenben  Serfjältniffe.  3tn  ber  $anb  einiger  ungebrucfter  ®ofu- 
mente  au3  ben  Sauren  1593  ff.  werben  bie  bamaligen  Schiebungen  <£ng* 


Deformation.  865 

lanb*  jur  Pforte  erörtert,  namentlich  bie  ©efirebungen  be«  ©ir  dbmarb 
ttoton,  ber  feit  1590  in  Äonftantinopel  al*  «gent  ber  Königin  (£lifabet$, 
fpäter  al«  tftr  ©efanbter  bort  »irfte,  dargelegt.  3n  bem  ©ettftreit  mit 
ben  Qenetianem  unb  gfranjofen  um  bie  ©unft  ber  ©ultane  SRurab  III. 
nnb  SRefcmet  III.  fptelt  ba«  Huftreten  ©arton«  eine  mistige  Wolle;  er* 
fdjtoert  roarb  it)m  feine  Aufgabe  burdj  bie  $bl)Ängtgteit  bon  ber  Tarkey 
(Levant)  Company,  bon  ber  er  fein  ©e$alt  erhielt.  Oftne  Bmeifel  $at  bie 
Regierung  ber  Königin  moftl  erfannt,  wie  roidjtfg  e«  mar,  am  (Bolbenen 
$orn  fefter  al«  bisher  gfufe  &u  fafjen  unb  bem  fcanbel  ber  (Snglänber 
eine  polttiidje  ©runblage  41s  berfd)affen.  SBenn  baö  aud)  im  mefentlidjen 
fd)on  lange  befannt  mar,  fo  bieten  bod)  bie  in  bem  pradjtboH  au«geftatteten, 
bon  ber  Royal  Society  of  Literatare  herausgegebenen  SBerfe  mitgeteilten 
Httenftücfe  allerlei  intereffante«  detail.  Bauch. 

Die  forgfültige,  ftum  Zeil  auf  neuen  ttrdjibalien  be«  Satifan«  be* 
ntfcnbe  Unterfud)ung  bon  ftrnolb  OSfar  Weber  über  Giemen*  VHI.  unfc 
3afob  L  bon  Snglanb  im  2.  $eft  ber  Quellen  unb  gorfdjungen  (8b.  7, 
6.  268—806)  fann  baft  ungünftige  ©tlb  über  bie  $erf  on  beft  erflen  Stuart* 
in  dnglanb  nur  berftärfen.  (fctn  bolle«  3a$r$e$nt  lang,  bon  1595—1605, 
bat  3afob  ben  $apfi  burd)  Serftellung  unb  $eud)elei  getftufmt,  inbem  er 
ein  boppelte«  Spiel  fpielte  unb  ffrupelio*  balb  in  Hörn  balb  in  Snglan» 
bie  Unmaljr§ett  fagte.  Die  DarfteUung  bei  Kante  unb  Garbtner  erfährt 
manage  JBerbefierung.  ©leid)  bie  Angaben  Ogilbtyft,  be*  erften  Agenten 
Satob*  in  9tom  unb  Spanien  (1595—1596),  [xnb  ernfter  ju  nehmen,  alt 
ffianfe  meinte,  unb  gang  Unred)t  bot  Qtarbiner  mit  ber  angeblichen  Uned)t* 
$eit  eine«  töniglidjen  ©abreibend,  ba*  Drummonb  1599  nad)  Korn  6rad)te, 
unb  ba*  bie  ttnrebe  Beatiuime  Pater  unb  bie  Unterfdjrift  obseqaen- 
tiammus  filius  trug.  Dura)  foldje  SRittel,  bie  er  fpäter  glatt  ableugnete, 
hoffte  3a!ob  in  ber  Sfrage  ber  £$ronfolge  bie  Unterftüfeung  ber  Katftolifen 
Au  erhalten,  unb  nod)  nad)  feiner  2§ronbefteigung  judjte  er  in  Korn  burd) 
grobe  $ä(id)ungen  bie  Hoffnung  auf  feinen  Übertritt  ju  näfjren.  dienten* 
nabm  biefe  trügerifdje  Hoffnung  tatfäd)lid)  im  9Rftr&  1605  mit  in«  ®rab, 
unb  erft  bie  $ulberberfd)mörung  fytt  bem  Doppelf  ptel  ein  (Snbe  bereitet. 

Die  3fortfefrung  ber  Unterfudjung  bon  JB.  ©  4»  ei  fr  er  über  Qtyrtftian  IV. 
bon  Dfinemart  unb  bie  nieberbeutfd)en  ©tttbte  1618—1625  ($tftorifd)e* 
3abtbudj  25,  4.  $eft,  6.  741—753;  bgl.  $.  3.  93,  364)  befprid)t  bie  legten 
Sertytnblungen  bor  Eröffnung  be*  Kriege*  unb  legt  bar,  mie  bie  $erfd)ie* 
benfeit  ber  $anbel*intereffen  burd)  bie  polttifd)en  (Srrottgungen  nidjt  über« 
munben  »erben  tonnten. 

«inen  Beitrag  jur  ®efd)id)te  Sinbau«  in  ber  ^meiten  ^filfte  be« 
Äriege*  bringt  ber  «uffafr  oon  ?eter  ©apt.  3i  erler  über  ba«  Äapujiner * 
tloftet  in  Sinbau  unb  bie  ronfeffionellen  ©irren  ju  feiner  Seit  (1630—1649) ; 
ftreiDurger  Di&sefan«)lrd)ib  32,  6. 168—231.    Der  ftaifer  erzwang  1680 


366  Wotijen  unb  9tadjrtd)ten. 

in  ßtnbau  bie  Slufnafyne  Don  ftapu&inern  unb  ben  Sau  «ine«  ftfoftert,  unb 
ha  gleichzeitig  mit  ben  fatfertidjen  Xruppen  audj  Sefuiten  in  [bie  6tabt 
tarnen,  nahmen  bie  Reibereien  in  ben  folgenben  3<*$ren  fein  (Snbe;  nadj 
beut  SBeftfaiifdjen  grieben  aber  mußten  bie  Orben«brüber,  ba  fte  etft  nadj 
1624  i$ren  (Sinjug  gehalten  Ratten,  bie  ©tobt  urieber  Derlaffen. 

3)ie  fcerfunft  3o$annft  D.  2Bert$  ift  nodj  immer  eine  umftrittene  unb 
Don  r^etnifdjen  ßofalforfdjern  gern  be^anbelte  &rage.  (Sugen  Seder 
(2Ronat«fd)rift  be*  »ergtfdjen  ®ef*idjt3Derein*  11.  3a$rg.,  ©.  46—50) 
»tu  bie  geroöfjnlidje  Annahme,  ba6#r  in  Süttgen  (Ärei«  9leuf})  geboren 
fei,  gelten  laffen,  bringt  aber  gute  Oriinbe  baffir  bei,  bafj  er  urfprünglidj 
bürgerlid)  war,  San  28irt$  ge&ei&cn  $abt  unb,  etye  er  SReiterbienfte  na!}«, 
in  ®ummer8badj  tooljnte.  $a|tngegen  glaubt  '#erm.  fjriebr.  SRacco 
(«nnalen  be*  $ift.  SereinS  für  ben  Meberrljetn,  78.  fceft,  ©.  87—116),  bai 
er  in  Sßuffenborf  (Ärei«  ©eilen firmen)  geboren  fei  unb  feine  Sugenb  Der* 
bracht  fjabe.  $afe  roenigflen«  Sodann«  Butter  urirtlid)  bie  abiige  (glifobetb 
D.  (Streitwagen  getoefen  fei,  Ijat  erft  Dor  furjetn  (Bnnalen  $eft  75)  Äafpat 
Ä elter  gegen  (E.  D.  Dibtman  glaubhaft  gemalt.  Oibtman  bringt  je&t 
(Hnnalen  fceft  78,  ®.  80—86)  einige  anbere  Settröge;  er  Deröffentlicjt  ein 
SBilb  3o§annS  unb  ben  ®rabftein  feine«  ©ruber«,  be«  furba^erifä>n  [Ritt* 
mcifter«  ©te^an  D.  2Bert$  (f  1648). 

einen  ^übfa^en  Seitrag  ju  ben  Memoiren  SRicfielieu«  gibt  Robert 
£  a  D  o  1 1 1  e  in  ber  Revue  des  etudee  historiques,  70.  Saljrg..  ©. 449—477. 
<£r  weift  bie  $erfon  oe«  fog.  ©efretär«  ber  Memoiren,  ber  fie  gro&enteil* 
Derfafet  bat,  in  ttdjitte  be  fcarlat},  Saron  D.  ©anc»,  1631—1646  Sifa)of 
Don  ©aint=3Ralo,  nadj  unb  bringt  eine  ßeben«befd)retbung  Don  i(m. 

/*  Über  BRidjael  3fta$arin,  einen  ©ruber  be«  befannten  Staatsmannes, 
^anbelt  ©abriel  be  3Run  in  ber  Revue  d'hist.  diplomatique  nr.  4 
(18.  Sa^rg.  6.  497—530).  SRicftael  (geb.  1607  in  ffiom)  toar  $omini!aner, 
lag  mit  feinem  Sruber  in  beftänbigem  flonflitt,  madite  1642  einen  mifr 
glüclten  Serfudj,  gegen  ben  SBitlen  be«  $apfte8  unb  fjranfreidj»  $omini* 
fanergeneral  ju  toerben,  ttwrbe  enblidj  mit  $ilfe  feine«  beneibeten  unb  be* 
fe^beten  Srober«  (Srabifdjof  Don  9lij  unb  1647  ftarbinal;  im  3al)r  baroui 
ift  er  geftorben. 

"Seite  Slö^er:  $red)t,  3)ie  Serfaffer  ber  Epistolae  obscurorum 
virorom.  (©trafjburg,  Strübner.  10  3tt.)  —  §au«rat$,  fiut&er«  Seben. 
2.  8b.  (Berlin,  ©rote.  7  9R.)  —  <ßolitff*e«  SlrfltD  be«  Sanbgrafen 
Wltyp  be«  ©rofjmütigen  Don  Reffen,  §erau«gegeben  Don  ffütf.  1. 53b. 
ßtablifationen  au«  ben  ffgl.  preufe.  StaatSara^iDen.]  (Ceipjig,  ^irjel.  28$.) 
—  geftfdjrift  jum  ©ebäd)tni§  WW>  be«  Großmütigen,  Sanbgrafen  oon 
fceffen,  geboren  am  13.  9ioDember  1504.  (1504—1904.)  (Äaffel,  S)ufcoeL 
6  SR.)  —  JE ö| ler,  Seirröge  jur  Keformation«gef4ia)te.  Bibliographift 
Brentiana.   (Scrlin,  ©d^loetf^fe  &  ©o^n.   25  SR.)  —  ©  0  f  f  n  e  r ,  griebridj 


1648—1789.  367 

GtopWu*,  ein  fot$olifd>er  Äontrooerfifi  unb  Apologet  au3  ber  SRitte  be* 
16.  3a$r$unbert«,  geft.  1564.  (»reSlcm,  Äber^olj.  2  2R.)  —  Haas  all, 
The  Tudor  dynasty,  1486—1603.  [Textbooks  of  english  history.] 
(London,  Rivingtons.  2  ah.)  —  Jessopp,  William  Cetil,  Lord 
Burghley.  (London,  Jack.  42  ah.)  —  Soebl,  gur  <0efd)ia)te  be« 
Sutfenfriege*  bon  1593-1606.  IL  Seil.  ($rag,  Kostet  &  ©ieöer*.  2  SR.) 
—  Lord,  The  regency  of  Marie  de  M6dicis,  a  study  of  french  history 
from  1616.  (London,  Bell.  7,6  eh.)  —  Fearenside,  England  ander 
the  Stuarts,  1603—1688.  (London,  Clive.  2,6  sh.)  —  Godfrey, 
Social  life  under  the  Stuarts.  [(London,  Richards.  12,6  sh.)  — 
3>flrrtoä<öterr  dtjriftop^  ©eroolb.  (Sin  Beitrag  jur  ©ele$rtengefc$id>te 
ber  (Gegenreformation  unb  $ur  ©efc^ic^te  be«  ÄampfeS  um  bie  pfälaifdje 
Äur.    föreiburg  i.  ».,  ©erber.    2,60  «.) 


1648—1789. 

9 reu g  fü$rt  in  ber  fciftorifdjen «ertelja^rfdjrift  1904,  4  im  Gegen* 
1afr  inÄbef onbere  ju  SPrtbram  auft,  bafj  SRa&arin  ben  Gkbanfen,  bie  beutfdje 
Äaifetfrone  1657  für  Subioig  XIV.  ju  erringen,  weber  felbft  angeregt  nodj 
«18  einen  feften  politifcben  $lan  fonfequent  per  folgt  $abe.  öon  ernfter 
Aanbibatur  tonne  teine  SRebe  fein,  nur  öon  einem  üorübergefjenben  Qk* 
banten,  wenn  9tatbutg  unb  Satyern  aß  Äanbibaten  berfagten,  eöentuett 
gegen  $abftburg  für  granfreid)  bie  ftrone  &u  fiesem. 

3n  ben  gorfdjungen  &ur  @efd)i$te  ©aüern«  1904,  4  öerteibigt  ber* 
{elbe  Serfaffer  feine  Anficht,  bafc  ber  Äanftler  ©djmib  bon  S)öberl  er^eblid) 
«19  $olititer  unb  integrer  3Rann  überfd)äfrt  roorben  ifi,  in*befonbere  ber 
fcnfä)lu&  ©anern*  an  grantreid)  in  bem  Vertrage  oon  1670  burdjauS  nicr>t 
beut  Haren  „@nftem  @a)mtb"  jujufdpreiben  ift. 

ttadjon  jeigt  in  feinem  Sälufjartitel  über  ben  „conseil  royal  unb 
bie  $roteftanten  im  3a$re  1698"  in  gfranfreid)  (Revue  historique  86,  2), 
bog  bie  föniglidje  Defloration  Dom  18.  Dezember  1698  im  ©egenfafr  gegen 
bie  erfreuten  (Einlpitfteiferer  bie  Ausübung  eines  3n>ange6  gegen  bie  „9tai« 
belehrten",  ber  SKeffe  bei^umo^nen,  jtoar  berbot,  bafe  jebodj  aud)  §ier  nrieber 
an  einem  djaratteriftifa^en  Seifoiel  bie  praftifdje  Unaulangltdjteit  felbft  be* 
ÄbfoIuti*muÄ  eine*  fiuboig  XIV.  fid)  GerauÄfteüte,  inbem  fi<4  jum  großen 
Seil  bie  $rarjt  ber  JJntenbanten  ic.  im  Sinne  ber  frrengeren  SRidjtung 
über  biefe  föniglidje  (Entfärbung  fjinroegfefcte  unb  burdj  fonfequente  Qüter* 
eingesungen  (freiließ  bergeblidj)  bie  fefte  ©laubenSeinljeit  ju  erzwingen 
fud)te.  JBerfaffer  §ält  trofcbem  bie  JBerfudje  ber  milben  Partei  alt  einen 
Borlfiufer  fpäteter  Xoleranft  für  bebeutfam. 

Äarl  gr$r.  b.  »eifrenfiein  fteOt  in  ben  fcarfieüungen  au«  ber 
©atprifdjen  Ärieg*--  unb  §eere«gefdjic$te  $eft  13  „Sturst  2eben#abriffe  ber 


368  Wotijen  unb  9tad>rid)ten. 

bagerifdjen  Generale  unb  Dberften  unter  &urfürft  SRaj  n.  Gmanuel"  au* 
fammen. 

©untrer  jeigt  im  Eeuen  Hr*tö  für  fägfiföe  ©ef*td&te  25,  3.  4, 
baß  ,,ba«  fdjroebifdje  $eer  in  ©adtfen  1706—1707"  etttm  20000  SRann 
betrug,  öon  flarl  XII.  grunbfäfc lidj  unb  i.  q.  mit  ürf  olg  in  guter  Orbnuna, 
gehalten,  baß  naturgemäß  jeboa)  bie  lange  (Sinquartierung£&eit  unb  bie 
(Ergänzung  be$  fceereg  burdj  aroeifel§afte8  töefrutenmaterial  bie  Dualität  be* 
#eered  öermtnberte.  Sefjrreid)  tft,  baß  Äarl  17  öon  feinen  25  Regimentern 
Iebtgltdj  in  ©djroeben  ergänzen  ließ  unb  für  bie  SRefrutterung  ber  anbeten 
teine  ©adjfen  ju  nehmen  befahl. 

(£benbort  fdjilbert  ©.  fi  e  E>  m  a  n  n  ben  ergebni*lofen  „^rojeß  (1763  bfe 
1769)  gegen  t>.  fccinefen",  $riöatfefretär  Brühls  unb  Ijodjtoerbienten  SHreftor 
ber  $re£bener  ©emälbegalerie  1746—1763,  roobet  le$rreid&e  ©ettenbüde 
auf  bie  maßlofe  2Rißnrirtfd>aft  Brühls  fallen. 

©egen  0$r*  Beurteilung  be$  italienifdjen  ftirdjenpolitifer*  ©iannone 
madjt  ßanbau  in  SRr.  222  ber  $Ründjener  Allgemeinen  3eitung  geltend 
baß  baS  Plagiat  ficr)  nur  auf  bem  Berfaffer  gleichgültige  äußere  gefdjtdfc 
lidje  3)aten  belöge  unb  jubem  fid)  i-  X-  fogar  S^tate  öorfinben,  übrigen* 
bie  ©e»o$n$eit  ftrenger  Quellenangabe  im  18.  3atjr$unbert  burdjauS  feine 
allgemeine  unb  felbftöerftän  blicke  gemefen  fei.  Sine  für  je  SReplif  barauf 
Ijat  O  $  r  an  berfelben  ©teile  in  9fr.  240  t»eröffentlict>t. 

State  $ftttd)et :  §  e  u  b  a  u  m  f  ©efdjidjte  beä  beutfdjen  Bübungtoefen* 
feit  ber  SRitte  beS  17.  3a$rfnuibert«.    1.  Bb.    (Berlin,  SBeibmann.    8  SR.) 

—  S)ietr.  ©igiSmunb  ö.  BudjS  Sagebudj  (1674-1683).  1.  Bb.  fcerauS* 
gegeben  ö.  §irfdj.  (ßeipjig,  Wunder  &  §umblot.  6  9R.)  —  $aa«,  ®e* 
fcf^icfjte  beS  ©frtftentum«  in  Sapan.  II.  gortfdjritte  be€  (E$riftentum*  unter 
bem  ©uperiorat  beS  P.  <£o3mo  be  Sorte«.    (Berlin,  9lfr)er  &  So.    9  SR.) 

—  ©üb,  ßotfcar  fjrana  ö.  ©djönborn,  Bifd^of  öon  Bamberg  unb  Grj» 
bifdjof  öon  SRatnft  1693—1729.  (fcetbclberg,  ©inter.  5,20  SR.)  —  Tchi- 
8 1  i  a  k  o  v ,  Istoria  Petra  Velikago.  (8t.  Petersburg,  Volf .)  —  S  a  u  t  ai , 
La  bataille  de  Malplaquet.  [(Paris,  Ghapelot  &  Co.)  —  Acta  boruarica. 
SRünjroefen.  1.  Bb.  $ie  SDcünjöerroattung  1701—1740.  Bearbeitet  oon 
©demolier  unb  &r$ra.  ö.  ©djrötter.  (Berlin,  $areg.  14  9R.)  —  Acta  bo- 
russica.  ^ünjroefen.  Befdjretbenber  Seil.  2.  $eft.  S)a*  preuß.  flffinj* 
roefen  im  18.  Saljrbunbert  öon  grbr.  gr$r.  ö.  ©djrötter.  Befdjretbenber 
Seil.  2.  fceft.  $ie  SRünaen  au£  ber  £ett  be»  Äönig*  Sfriebrid)  IL  be* 
©roßen.  (Berlin,  $arel).  18  9R.)  —  ©.  Ärefcf  d^mar,  ßefftng  unb  bie 
Huftlärung.  (Seip^ig,  9H(3^ter.  2,50  3Ä.)  —  Sie  icriege  gdebri*«  bef 
©roßen.  §erau*geg.  öom  ©roßen  ©eneralftab.  dritter  %t\l  6.  8b. 
Seut^en.  (Berlin,  SRittler  &  ©o^n.  12,50  VI.)  —  »obitf  d^ef,  ©o4rtr«. 
(SBlen,  Xeufen«  Wadftf.  1,25  SK.)  —  Stifte,  Kriege  unter  Äaifer  3ofc|>i  IL 
(Wen,  ©eibel&©o^n.  15  9Ä.)  —  $fifter,  3>ic  amerilanif^e  Steöolution 


Heuere  ©efatdjte.  369 

1776-1788.  2  »be.  (Stuttgart,  fcotta  fflacfcf.  12  SR/)  —  <5dju>ei|CT, 
4kf$idjte  bei  Wationalöfonomtf.  IL  $$öfiofratt8mu«  non  Xurgot.  (9tat>enfV 
bürg,  «Iber.  2,80  2R.)  —  «.  $.  ßubmig,  ©et$bifdjof  8tr!el  von  »üry 
bürg  in  feiner  Stellung  jur  t$eoiogifäen  Slufflärung  unb  jur  Krdjlidjen 
»eftauration.  1.  $b.  ($aberborn,  Sd)öning$.  8  3R.)  —  Steinroalb, 
fktrräge  §ur  <Bef<W>te  ber  beutfdjen  enaugelifdjen  ©emetnbe  ju  Smgrna 
ton  1759—1904.  (Berlin,  ©aterlanb.  »erlagt  unb  Äunftanftalt.  1  SR.) 
—  S<$rempf,  (Boetftet  SebenSanfdjauung  in  ifcrer  gefd)id)tlid)en  (fcnt* 
wirflung.  1.  Xetl.  (Stuttgart,  gfrommann.  2,50  3R.)  —  Desdevises 
da  Dezert,  L'£spagne  de  l'ancien  regime.  (Paris,  Soc.  franQ. 
d'impr.  et  de  librairie.)  —  Gigas,  Spanien  orakring  1789.  (Keben- 
havn,  Gyldendal.    8  Kr.) 

Jleuerr  *Ma)i$tc  fett  1789. 

3m  September$eft  ber  Re>.  fran<?.  jetgt  $erroub,  bog  bie  8e* 
fcmptung,  bat?  SRarfeiüer  Bataillon  $abe  $ari8  fdjon  am  81.  Huguft  1792 
öerlaffen  unb  fei  beeijalb  fdjutbloS  an  ben  Septembermorben,  irrig  ift;  bie 
3Rarf  eiller  finb,  trofr  roieberf)o(ter  ttufforberung  jutn  ftbmarfd),  bit  toett 
in  ben  September  hinein  in  $arid  geblieben.  <£.  Senmarie  erjagt  bie 
romantifdje  3flud)t  beÄ  QJrafen  SRontbron,  eine*  ber  toenigen,  benen  tt  ge« 
lang,  bem  Strafgericht  über  bi§  befangenen  Don  Ouiberon  ju  entrinnen, 
im  Bnfölufc  au  eine  1815  neröffentlidjte  S*rift  9Rontbron*.  2)a#  $eft 
enttyllt  audj  eine  Webe  be*  $erautgeber*  ttularb  über  >le  patriotisme 
selon  la  Revolution  rrangaise«,  bie  fe$r  bejeidmenb  ift  für  bie  Strd* 
orangen  innerhalb  ber  franaöftfdjen  rabitalen  Parteien.  3m  Ottoberfcft 
ergänzt  S.  $cftd)amp*  bie  Mitteilungen  t>on  Qerbaur.  über  »eiblidp 
Solbaten  in  ben  KeDolutionft^eeren  burdj  Angaben  über  foldje  Solbaten 
auA  bem  Departement  ber  Sartre.  $oupe*  madjt  artenmäfeige  IRitteilungen 
über  bie  QfBberierten  au«  bem  $ars$epartement,  befonbert  aufi  Xoufon, 
bie  im  3*li  17^2  nad)  $ari*  marfdjierten  unb  an  ben  Mmpfen  beft 
10.  ttugufi  teilnahmen,  motoon  fte  ben  Bcotfärmet  eine«  6d)t»ei&er£  alft 
Sropb&e  heimbrachten;  übrigen«  mürbe  ein  3a$r  fpäter,  bei  ber  Otogen» 
refcolutten  in  Zoulon,  ber  gflfjrer  ber  föderierten  alt  »violatenr  du 
palais  de  noa  rois«  geftentt.  $erroub  berietet  bie  Sd)idfale  be# 
gtronbifrifdj  geflnnten  Sournaliften  Semaire,  ber  Dor  fcebert  bie  populäre 
«Jigur  be«  pere  Duohöne  nermanbte,  in  ber  Sdpectatftgeit.  ttaquet» 
Scabiguet  neröffentli^t  bie  mistigen  ^rotofoüe  ber  franftöfttatn  Siegle* 
rungtiommiffion  Dorn  22. 3uni  bt*  7.  3uli  1815,  über  bie  er  eine  Arbeit 
norbereitet,  bie  Gelegenheit  geben  wirb,  barauf  $urüct$ufommen. 

IReue  (Javier*  oon  1789  roerben  fcerdffeutlidjt  für  fcarou*  in  ben 
Annalee  de  l'Est  (April  1904)  unb  für  TOefc  im  3a^rbu^  ber  «c(.  für 
fiot^r.  *ef*.  «.  «Itertum*f.  (1908).    Se^tere  ^ublifarion   gibt  aud)   eine 
«MtoTtf^c  8eitf4tift  (9b.  94)  92.  0.  9t>.  LVUI.  24 


870  Hotten  unb  Kadjridjten. 

au*füljrltd)e  S)arfteüung  ber  Vorgänge  bei  ber  groeintaligen  ftbgeorbneten* 
maljl  für  ben  tiers -&at  öon  3Re&,  au*  ber  fdjlie&ltd>  Woeberer  a(*  Sieger 
Ijeröorging. 

3)ie  Revue  d'hist.  r&l.  par  le  major  gea.  de  l'armäe  (ftpril,  SRai 
u.  3uü  1904)  enthält  Hufeeidjnungen  be*  Oberften  ßeciaire  übet  bie 
Selbjüge  öon  1792  unb  1793,  an  benen  ber  ©erfaffer  juerft  unter  $iu 
mourtej,  foäter  jcitmeije  in  felbftänbigen  Äommanboftellen  teilnahm.  3ntet* 
cffant  ift  ein  3uf<"nmenfto6  ml*  bcm  töepräfentanten  $uque*noö,  ber  il>n 
mit  ber  ©uiflotine  bebrofye  unb  ju  einem  unglüdlidj  »erlaufenen  Angriff 
5»ang. 

$cr  «uffafc  t)on  föaff  aiot>idj  über  bie  ©cfefcung  bon  granffurt 
burdj  bie  grcrnjofen  im  Sabre  1796  fdjöpft  nur  au*  befannten  beutfdjen 
Oueflen  (Rev.  d'hist.  dipl.  1904,  4). 

Unter  bem  Xitel  »Autour  d'un  mariage  princierc,  jugleid)  alt 
gortfefcung  feiner  fürjltd)  ocröffentlidjten  histoire  de  Immigration  I,  be* 
ginnt  <£.  Raubet  bie  93orgefdjid)te  ber  SSermctylung  ber  Xodjter  fiub= 
»ig*  XVI.,  9Raries£ljerefe,  mit  ibtem  fetter,  bem  fcerjog  Don  fcngouleme 
(1795/96).  (£t  tonnte  bafür  bie  $a£iere  Subnrig*  XVIH.  benufcen,  übet 
beffen  ©ünftling  (b'Stoaraö)  unb  ©eliebte  (grau  to.  33albt)  er  vielerlei 
Sntereffante*  unb  $ifante*  ju  erjagen  roei&.  ©emerfen*n>ert  ift,  bafj  bie 
Soutbouen  bie  $ringeffin  gleirfj  nadj  ibrer  bura>  öfterreldjifdje  §ilfe  tx» 
folgten  Befreiung  öor  allem  gegen  ßftetreid)  einzunehmen  fucbten  unb  iljr 
bie  Sermäblung  mit  einem  bourbonifrfjen  $rtn&en  al*  SScrmäcbtni*  ibrer 
eitern  toorfpiegelten  (Revue  d.  d.  mondes,  15.  9*od.  1904). 

@in  unmittelbarer  geuge  ber  9*ebolution*äett  ift  ber  1793  gefd)riebene, 
1797  in  öraunfdjmeig  erfdjienene  9toman  L'Emigre"  bon  <5*nac  bc  SReil* 
ban,  ben  flaftmtr  ©rr^enöfi  unb  &ranj  8rund*8rentano  roieber  beraub 
gegeben  unb  erläutert  Ijaben.  ($ari*,  Ä.  gontemotng.  1904.)  @enac  be 
SReilftan  ift  1789  in  $ari*  getoefen  unb  1790  emigriert,  er  $at  bie  %n* 
fange  ber  töebolution  mttangefeben,  er  roeijj  in  fdjarfen  Umriffen  bie  $u* 
ftänbe  in  $ari*  unb  bie  (Stimmung  ber  borneljmen  Greife  $a  aeidjnen,  für 
bie  Stimmung  be*  SotteS  unb  für  bie  treibenben  Gräfte  ber  9tet>otutioit 
fe$lt  il)m  tnbeffen  ba*  »erftänbni*.  S)er  Vornan  al*  foldjer  ift  unbebe* 
tenb,  aber  er  ift  ein  treue*  ©piegelbilb  ber  Slnfdjauungen,  bie  bei  einem 
großen  Xeil  ber  Emigranten  ^errfc^ten.  911*  Sttdjter  ftebt  ber  SJerfaffet 
unter  bem  JBanne  Don  ©ertfter*  Setben  unb  ber  Nouvelle  Helofee,  nad) 
t$rem  SSorbtlbe  bot  er  feinen  Shrnian  in  ©riefform  gefdjrieben,  bie  ift» 
bequeme  ©elegenfjeit  gibt,  ja^lreirfje  $erfonen  iftre  Anraten  barlegen  ju 
laffen  unb  bie  roedjfclboHen  ©(fttdfale  Dieler  (Emigranten  in  bie  etwa* 
bürftige  $aupt$anblung  etn$ufled)ten.  G. 

Quellen  jut  @efd)i4te  be*  Zeitalter*  ber  franftäfi' 
fa^en  9? e d o t u t i o n.    Stfter  Seil :  Duellen  jur  ®ef a^i^te  ber  Kriege  dok 


»euere  QkWftt.  371 

1799  unb  1800.    ttu*  bett  Sammlungen  bed  Jh  u.  *.  ÄrtegSar<$iD*,  be# 
§*u&,  $of*  unb  @taat8ard)iD*  unb  be«  Hrdjib*  be*  ©rtferjogÄ  tllbrea>t 
in  ©ien.    herausgegeben  Don  ^ermann  $üffer.    2.  ©b.    Cuellen  jur  ©e» 
fd>id>ie  be*  Ärtege*  Don  1800.    SRit  einer  ftatte  ber  Umgebung  Don  Qenua 
unb  $lfinen  ber  ©d)laä)tfelber  Don  SRarengo  unb  $ofjenlinben.    ßeipjig, 
Seubuer.  1901.   XVII,  589  ©.  —  Über  ben  1.  »anb  (1900)  unb  ben  au« 
geineinen  <5$arafter  btefe*  toertooQen  OueflenroerfeS  fabe  tdj  85, 560  berietet. 
$er  2.  ©anb  enthält  $auptf  äa^lid)  «ften  unb  ©eridjte  jur  ©ef<bid)te  ber  genüge 
Don  SRarengo  unb  ftobenünben,  barunter  eine  Delation  3ofep$$  d.  ©tutter* 
beim  über  Starengo  in   boppelter  Raffung,  Aufzeichnungen  beä  trafen 
tL  V.  Heipperg  —  be*  fpäteren  Gemaftl*  SRarie  Soutfen*  —  über  bie 
militärifaV!)otitif4en  Vorgänge  im  3uni  unb  3utt  1800  (Sßeipperg  begleitete 
6t.  Sulien  bei  feiner  befannten  SRiffton  nad)  ?Pari*),  fpätere  Aufarbeitungen 
be*  gelbinarfd)aUeutnant*  trafen  D.  ^o^en^oüern  jut  ©efdjigte  be*  Äriege* 
Don  1800  unb  1801,  bann  ja$lreic$e  ©ertöte  Don  SRela*  an  ben  $oftrieg*rat 
(Xige)  unb  an  £$ugut,  Don  ben  dr^er^dgen  Sodann  unb  Äarl  an  Äatfer 
SJranj  u.  a.    C$ne  gerabe  fteue*  Don  erheblicher  JBebeutung  ju  bringen, 
tragen  biefe  Sortimente  bod)  roefentlidj  baju  bei,  bie  SBedjfelfäOe  in  bem 
Selbftug  Don  Vtarengo,  bie  fdjltmme  9Heberlage  Don  $o§enlinben  mit  i$rcn 
nod)  (glimmeren  folgen,  btn  ungiücfltdjen  SluSgang  be*  Kriege?  Don  1800 
überhaupt  Derftänblta^er  &u  maä)en.    ©ie  tcr)  fdjon  an  anberer  ©teile  an« 
gebeutet  t^abt,  lag  ber  ©runb  ber  öfierretdnfdjen  ftieberlage  f$liefjltd)  ntdjt 
in  btefer  ober  jener  ©erfäumni*,  obgleid)  bie  gegen  beffere  <Sinfitf)t  Der« 
fpfltete  (Eröffnung  be*  SelbjugS  1800  ferner  in*  ttcmidjt  fällt,  aud)  ntd)t 
in  biefem  ober  jenem  gu>ifd)enfan,  toie  er  bei  feiner  ©djladjt  ausbleibt,  er 
lag  $auptfäd)lid)  tooljl  in  bem  SRangel  an  entfdjloffeuem  5BiIIen  gum  ©iege 
unb  an  ber  nidjt  gtoeifelnben  guDerftdjt  auf  ben  (Erfolg  ber  eigenen  ©ad>e. 
€*  fehlte  btn  fcfterreidjern  1800  an  bem,  ma*  ein  3al?r  guDor  ba*  fcaupt* 
element  ber  ©iege  ©uiooroio*  auftgemadjt  r)atte.    tiefer  Mangel  aber  toar 
nueber  tiefbegrünbet  in  guftänben  unb  namentlid)  in  $crfonen.    SWan  lefe 
bie   ©eTidjte   be*  greifen  Cberfommanbierenben  SReia*,  ber  an  ben  eroig 
tlagenben  SKöflenborff  ber  preujjtfdjen  Kampagne  Don  1794  erinnert,  j. ©. 
ben  3flwroetbrtef  am  ©orabenb  Don  SRarengo,  ber  im  Dorau*  bie  Armee 
entigulbigt,  toenn  fte,  „Don  allen  fcu*fid)ten  einer  $tlfe  entblö&t,  nur  mit 
einer  fed)*tägigeu  Verpflegung  gefidjert,  ba*  unglüdlige  Cpfer  be«  ©tarieren 
ju  jonen  DeTpflio^tet  fein  toirb"  (@.  306),  ober  ©tutter^eim«  tterigt  über 
be*  (^eneTalfiQb*d)ef*  3aA  tlnfpradje  gteia^faOd   Dor  SRarengo,   w»o   er 
mebr  baß  Unfein  eine*  $tiefter&  ^atte,   ber  ben  Verurteilten  jutn  naben 
5obe  bereitet"  (©.  74).    Au9  folgen  ©timmungen  merben  feine  ©iege  ge« 
boren.  —  $)ie  dbition  ber  Aften,  inÄbefonbere   aber  bie  oft  $u  toirtlidjen 
ftb^anbtungcn  angemaa^fenen  Erläuterungen  beS  Herausgebers  ft"b  Dor« 
treffü*.  p   B 

24* 


372  Nötigen  unb  Nac^ritbten. 

Napoleon  I.  (Sineötograpfne  üon  Slugufi  3fournier.  l.Sb.r 
$on  Napoleond  (üeburt  bis  jur  SJegrttnbung  feiner  Älleintjerrfd>aft  über 
grranfreid).  Breite,  umgearbeitete  Stuflage,  SBien,  g.  SempSfn.  Qeipgig, 
©.  gfre^tag.  1904.  gfoumierS  Napoleon»©iograp$ie,  bie  juerft  im  3afyre 
1886  oeröffentlicr)t  mürbe,  erfdjeint  jefct  in  einer  neuen  $CuSgabe,  Don  ber 
bisher  ber  1.  »anb  öorliegt  (XII  u.  328  (5.).  Auf  ©runb  ber  beianntiidj 
faft  in«  Unermeßliche  angefcbwottencn  Napoleon*ßiteratur,  Aber  bie  ein 
Hn$ang  öon  18  Seiten  treffüdj  unterrichtet,  ift  bie  frühere  Starftettung 
einer  burdjgteifenben  Umarbeitung  unterzogen  unb  gugleid)  ber  Umfang 
ber  erften  ttuSgabe  um  etwa  ein  Viertel  ober  ein  drittel  erweitert  »orben. 
3>ie  3ugenbgefcbfd)te  Napoleons  ift  im  9lnfd)lu&  an  3Raffon*$iagi6  »Na 
poteon  inconnu«  in  ein  IjellereS  ßtdjt  gerücft;  immerhin  bütten  ber  geiftige 
(SntwidttungSgang  unb  bie  (£$arafterbilbung  unter  ber  breifadjen  (Sinwirtung 
t>on  ftorftta,  ßeftüre  unb  Neoolution  wo§t  nodj  Doller  unb  fdjärfer  IprauS* 
gearbeitet  »erben  tonnen ,  wobei  aucb  gegenüber  bem  (Stnffufe  NabnalS, 
ben  fd)on  bie  erfte  Ausgabe  betonte,  jefct  ber  befjerrfdjenbe  (£tnpu& 
NouffeauS  me§r  $ert>orge$oben  werben  mußte  (ogl.  $.  3-  77»  **  ff)-  $k 
Vorbereitung  (1794  unb  1795)  auf  ben  italtenifdjen  gelbjug  fowie  ber 
3felb$ug  t»on  1796  felbft  finb  friegSgefdjtcbtlicb  t*erooflfianbtgt,  wftljrenb  bei 
bem  figtyptifdjen  Unternehmen  Napoleons  $erwaltungStättgfeit  me$r  als 
früher  gemürbigt  ift.  93ei  bem  Naftatter  @efanbtenmorbe  fiet>t  gfoumier 
nadj  tote  cor  in  öfierrcid>ifd)en  &ufaren  bie  ©djulbigen,  unter  Berufung 
gerabe  auf  bie  oon  drifte  Veröffentlichten  SDofumente,  aber  unter  Ablehnung 
ber  oon  iljra  auS  ben  SMUinger  SJerbörSprototoüen  gezogenen  ©cbluftfolge? 
rangen.  3>ie  93orgefd)id)te  beS  Srumaire  *  ©taatSftreidjS,  fein  Verlauf 
unb  feine  ^folgen  finb  l)auptf&d)lid)  nad)  Vanbal  unb  ftularb  faft  ganj 
neu  bargefteüt.  §ür  Warengo,  inSbefonbere  für  ben  3ftarfdj  Don  2)efalg, 
wäre  nodj  fc.  $errmann  „Warengo"  (fünfter  1903)  ^eranjujte^en;  für 
bie  $olitit  narf)  ber  ®cf)lacr)t  tonnten  einige  im  ttnfjang  $um  erftenma! 
Deröffentlidjte  ©abreiben  Napoleons  an  Xattetyranb  oerwertet  »erben  (ogl. 
$.  8  91,  371  bie  Notift  über  3fournierS  ©tubie  „jut  Xertfritif  ber  ffor* 
refponbenj  Napoleons  I.").  3n  ber  «orgefdjidjte  beS  ÄonforbatS  ift  Na- 
poleons Stellung  $ur  Neligion  einge^enber  erörtert,  ©ei  allen  biefen  $er» 
ooUftänbigungen  unb  33erid)tigungen  ift  bod)  ber  Äern  ber  Arbeit  ^ournierS 
gan^  unberührt  geblieben:  jene  fluffaffung  Napoleons,  bie  bie  Witte  ffilt 
„jwifdjen  unbebingt  ntrljerrlidjenber  Sobpreifung  unb  Dernicbtenber  Ber» 
urteilung"  unb  ber  ber  Neferent  im  allgemeinen  jufrtmmt,  aud)  wenn  er  in 
(Sin^elfragen  wie  in  ber  fBertung  biefeS  ober  jeneS  GueflenjeugniffeS  Dom 
Berfaffer  zuweilen  abweist.  P.  B. 

fc.  $errmann  orientiert  in  einer  %b$anbtung  unter  bem  Eitel 
„$ie  ftorrefponbenj  Napoleons  I."  (fctftor.  3a$rb.  XXV,  1904)  cingefatb 
unb  juDertäffig  über  bie  offizielle  SluSgabe  ber  Correspondance  de  Na- 
poleon Ier  unb  baS  bei  biefer  SJeröffentlia^ung  beobadjtete  ©erfahren  fowie 


Kettete  Oeföidjte.  873 

übet  bie  Jhsblifotionen  Don  ßecefrre  utib  fkotonne;  er  Derfud)t  bann  auf 
tihrtnb  btefer  neueren  8rieffammlungen  eine  Gtjarafterifti!  ftapoleon«  unb 
namentlich  feine«  Ißoliieiregtment« ,  bie  notmenbig  fd)war&  in  fäwar$ 
ausfällt. 

%  fcarmfiäbter  beriefet  in  ber  8tfdjr.  f.  Gefcft.  b.  OberrQeinft 
S*.  fr  Wt  2  u.  4  feine  gehaltvollen  ©tubten  über  ba«  „Unter*(8lfafj  unter 
Stofoleon  L*  (Dgl.  $.  8-  93, 177):  Äonfefflonen  unb  ©tänbe;  Emigranten 
(9RaRenau»wanberung  um  1798/96,  ffifebereinwanberung  1802/06);  Jjuben; 
$eerwefen;  ©irtf^aftspolitif)-  2>ie  Mittel,  mit  benen  bie  fran§0fif$e 
Verwaltung  arbeitete,  waren  bie  be«  aufgeflärten  $efpoti«mu«  unb  gingen 
vor  allem  auf  ©egünfttgung  ber  JBoutgeoifte  unb  ©djuj  be«  Bauernfianbe«. 
9a«  «Ifafc,  ba«  bit  §ur  tBirtfc^aftStriftd  Don  1810/11  au«  gute  Seiten 
unter  Napoleon  tjatte,  ift  Dor  allem  burd)  feine  (Einrichtungen  an  grranfreidj 
gefnfipft  morben.  Über  bie  grofje  franaötffae  2Birtfd)aft«rrtft«  ton  1810/11 
bat  bann  berfelbe  SBerfaffer  in  ber  S3iertelja$r«f*r.  f.  SojtaU  u.  ©irtfdjaft*» 
gefd).  II,  <5.  659  ff.  eine  etnbringenbe,  auf  ard)iDalifd)en  ©tubien  mit' 
berut)enbe  Unterfndjung  Deröff entftdjt,  au«  ber  $erDorgel)t,  ba&  bie  in 
ifcrem  3a^rje^nt  fo  erfolgreiche  SBirtfdjaftfpolitif  Napoleon»  fdjlie&itd)  aud) 
bie  fernere  Ärifi«  jener  3at)re  wefentlicfi  mitDerurfadjt  $at.  „(£«  war  ba» 
Sert)ängni«  Napoleon*,  bafj  er,  um  P4  galten  ju  tonnen,  ba«  ttu«lanb 
ausbeuten  mufcte,  eben  ba«  Äu«lanb,  beffen  9Bo$ffianb  für  ba«  (ftebettjen 
ber  fran$öftfdjen  8olf«wirtfdjaft  notwenbig  mar." 

Urfunbltcfte  ©etttäge  unb  gforfdjungen  jur  ttefd)id)te  be«  ^rcufctfdjen 
fceere*.  $erau«gegeb.  Dom  Großen  ikneralftabe.  6.  $eft.  ©erlin  1904. 
ü.  6.  Mittler.  106  ©.  Die*  fceft  enthält  eine  bortreffltdje  Arbeit  Don 
Hauptmann  3a np  über  ben  preu&ifdjen  ftaDaQeriebienft  Dor  bem  3at)re 
1806.  Hvl\  urhinblidjer  ttrunblage  (Gilbert  ber  ©er  f  äff  er,  mie  in  ber 
preufoifdjen  Ketterei  fein  einheitliche«  Reglement  beftanb,  unb  wie  bie  ftabaU 
lerie  nadj  bem  Siebenjährigen  Üriege  au«  Mangel  an  Übung  Derftei:  bie 
fflefruten  mürben  fdjledjt  im  Weiten  au«gebübet,  mit  ber  Vorbereitung  jutn 
ftelbbienft  ftanb  e«  nod)  fcftlimmer,  bie  $ferbe  waren  fdjmad)  unb  würben 
unrationell  be(anbelt.  $>er  §auptfdjaben  war  bie  far&e  $tenffyett  ber  3n* 
länbet,  infolgebeffen  waren  bie  ©äwabronen  ftet«  fdjroadj  unb  |u  trieg«» 
mäfeigen  Übungen  faft  unfähig,  $en  beften  Seil  ber  Weiter  bilbeten  bie 
%u«iänber,  bie  Diele  3a^re  im  $ienfte  blieben.  Sie  würben  t)utnaner  be* 
(janbelt  unb  Ratten  einen  anft>rcd)enberen  $ienft  al«  bie  Snfanterifien  unb 
waren  ba$et  weniger  befertion«luftig  al«  biefe.  Unter  {Jriebrid)  ©iltjelm  II. 
würben  im  einzelnen  manche  Kerbefferungen  Derfudjt,  aber  im  groben  blieb 
•IM  beim  alten;  in«befonbere  würben  au«  ©t>arfamfeit«rüdTid)ten  Diele 
3nDaliben  unter  ber  ga&ne  behalten  unb  fo  bie  ©djlagfertigfeit  Derminbert. 
%u«  allen  biefen  Urfad>en  f)at  bie  ÄaDallerie  bei  «uerftäbt  fo  wenig  ge= 
ieiftet,  obgleich  fit  feit  bem  Siebenjährigen  ftriege  einen  t)ot)en  9hif  genofe. 

G.  R. 


374  ftottften  unb  9tad>rta)ten. 

3)er  Xugenbbunb.  ©on  Dr.  $aul  ©tettinet,  Oberleder. 
*önig*berg  i.  $r.  ffodj,  1904.  57  ©.  (2  SR.)  $er  ©erfaffet  gibt  feine 
©efdjidjte  be*  2ugenbbunbcS,  am  »enigften  feine«  3nnenleben3 ;  er  erörtert 
ben  Urfprung  beft  ©unbe«  aud  ben  literarifdj^olitifdjen  unb  äftietifdj» 
Rumänen  Strömungen  in  ÄönigÄberg  unb  feinen  ttuftgang  im  3a^re  1809; 
„bie  Stellung  ber  ©ro&en  jum  herein",  inSbefonbere  ©tein«  unb  ©neifemm«; 
bie  ©egner  be$  ©erein«  unb  bie  Kadjmirfung  ber  Don  i$nen  Verbreiteten 
Segenben  über  bie  SfreitjeitSfriege  $tnau«.  Vltbtn  ber  feljr  autgebefrten 
Literatur  ftnb  aud)  Brdjioalien  au«  Königsberg  unb  ©erlin,  t»on  benen 
einige  im  Anfang  abgebrucft  werben,  neu  herangezogen  unb  mit  ridjtigem 
Urteil  oerroertei,  fo  ba&  biefe  ©a^rift  für  bie  barin  beljanbclten  fragen 
einen  intereffanten  Seitrag  gur  ©efdjidjte  be«  Xugenbbunbe«  unb  ber 
bamit  jufammen^ängenben  Bewegungen  unb  ©eftrebungen  bilbet.    p  B 

Briefe  ber  ^rinjeffin  SBüljeim  bon$reu&en,  geb.  $rin- 
jeftfn  Marianne  Don  fteffen^omburg  an  iljren  ©ruber  ßubroig.  ©eröffent* 
ltd)t  oon  «mute  $roefa)er.  (Mitteilungen  be«  ©erein«  für  ©efflidjte 
unb  !£ütertum«funbe  $u  Hamburg  t>.  b.  4>öt)e.  VIII.  $eft.)  fcomburg 
1904.  8«  ocjie^en  bur*  2.  ©täubt  in  fcomburg.  VIII  u.  264  6.  $ie 
©ema^lin  be«  jüngften  ©ruber«  tönig  gfriebrid)  SBityelm«  III.,  be«  $rtnjen 
©lll)elm,  $rin^effin  Marianne  Don  §effen*§omburg,  ift  un«  befannt  unb 
bertraut  au«  ben  ©riefen  öon  (Stein,  (Slaufenufc  u.  a.,  bie  in  iljr  bie 
?rtnjeffm  «ar  i&xvr  bewerten,  unb  au«  bem  trefflidjen  Scben#btlbe  öon 
©aur,  ber  t$re  Xagebü^er  benufcen  fonnte  (1886).  $ie  §ier  betöffentltdjten 
©riefe,  aüefamt  beutfrt  gefa^rieben  unb  ben  Sauren  1799  bt*  1821  unb 
1836  ungehörig,  ergänzen  ba«  befannte  ©üb,  o$ne  i^m  neue  Qtyt  ju 
geben,  Sßrinaeffm  SBtl^elm  erinnert  an  Königin  fiuife,  ber  fte  aber  an 
Xiefe  be«  ©emüt«  unb  im  Grnft  ber  (Smpftnbung  bod)  »ol)l  nitftt  gleit* 
tommt.  Um  fo  mef)r  ähnelt  fte  ifjr  in  ber  Siebe  p  ber  f onnigen  §eimat  im 
©üben,  „tuo  bie  SRenfdjen  r)erjlicr)cTr  freunblidjer  unb  gef eiliger  fmb",  tmb 
ju  (Eltern  unb  ©efdjmiftero,  inSbefonbere  &u  iljren  tapferen  ©rübem,  bie 
alle  fed)&  im  ©efreiung«friege  mitfodjten,  unb  öon  benen  ber  jüngfte  bei 
©rofcgörfdjen  ben  fcelbentob  fanb.  28te  ßutfe  fdjmärmte  fie  für  fcaifet 
Süejanber  unb  gab  fcarbenberg  t)or  ©tein  ben  ©orjug.  «ber  ÄÖittgin 
Suife  füllte  fla)  al«  $reu&tn;  bei  $rinftefj  3BH$elm  bricht  gelegentlich  ein 
geroiffer  ^effif^er  $atrioti«mu«  bur4  mie  wenn  fte  ben  ©ruber  Subnrig, 
ber  1813  anfang«  mit  feiner  ©tellung  unjufrieben  mar,  aufforbert,  „tynen 
—  bat  pub  bie  $reu&en  —  ben  3)egen  öor  bie  güfee  ju  merfen"  unb  mit 
fcilfe  be»  ffurfürfien  ein  ftotyd  Reffen  ju  formieren  unb  mit  Seopolb  jn* 
fammen  Reffen  ju  erobern.  Übrigen«  ftnb  bie  ©riefe,  bie  me^r  biogra^if4* 
pfn^ologifdbed  als  angemein»$iftorifd)e£  Sntereffe  bieten,  gerabe  au«  ben 
Srretyettfttrtegen  pra^rooll;  ber  fdjöne  ©ditoung  unb  bie  eble  ©egeiftenmg 
jener  Sage  ftnben  in  tynen   einen  glcicr)  ^o^geftimmten  ÄuSbrucf.    2>it 


Heuere  Gefaxte.  375 

fgrlfiutentngen  ber  $erauftgeberin  laffen  $u  toünf<ften;  *.  Jö.  6.  50  „bie 
traurige  ©efdjtcbte  ber  lieben  guten  ftönigtn"  (1805)  betrifft  temeÄweg* 
Äönigin  fiuife,  Jonbern  bie  Äönigin-aRutter,  SBitwe  grtebrtdj  ©ityelm*  IL, 
bie  für*  Dörfer  einen  ©djlaganfafl  erlitten  (arte.  3"  einer  folgen  $ubli« 
farion  fönten  bod)  JJac^männer  (erftugegogen  »erben.  P.  B. 

(Einen  frönen  „Hrnbtfunb"  oeröffentlidjt  9Rar,  ße(mann  in  ber 
S>eutfAen  ffletnie,  3)ej.  1904:  Mitteilungen  au«  ber  älteften  «u&gabe  beft 
„Äatedji&mu«  für  teutf^e  ©olbaten"  1812,  in  ber  «rnbt  ben  ©olbaten 
ber  beutfdpn,  unter  Napoleon*  ga(ne  fämpfenben  Surften  bie  ße(re 
prebigt,  bafj  bie  $flidit  gegen  Baterlanb  unb  Nation  (ö(er  fter)c  al*  i(r 
<£a(neneib. 

&ournier$  auf  bem  legten  $iftorifertag  in  Salzburg  gehaltener 
Vortrag  (ögl.  fc.  3-  94,  205),  ber  auf  manche  bi«(er  unbenufete  Oueüe  jur 
Ökf*id)te  beft  Wiener  Äongreffeft  (tnweift,  ift  jefrt  in  ber  neuen  „Öfter* 
Tticbtfdjen  Äitnbfdiau"  (I,  3)  im  3>ru<f  erfdjienen.  9Rit  bem  Wiener  Äon- 
grefe,  inftbefonbere  mit  ber  Haltung  XaHenranbft  in  ben  italtenifdjen  $n* 
gelegensten,  befdjäftigt  ftd)  aud),  o(ne  SReueft  au  bringen,  ein  Äuffa&  Don 
QaUaorefi.    (Revue  d'hist.  dipl.  1904,  3.) 

3n  ben  Monats  blättern  ber  pommerfäen  ©ef*id)t*geienf((aft  1904 
9hr.  11  *ie(t  $.  ö.  $eter«borff  bieXatfa((e  an  ba«  ßtajt,  bafj  »ttmard 
ftct>  1841  um  ben  9taugarber  ßanbrotftpofien  beworben  (at,  aber  gegen 
feinen  ©ruber  Bern(arb  ben  förderen  jog. 

(Sine  in(altftreid)e  Jöefpredjuna,  beft  jüngft  («ausgegebenen  ©rief» 
medjfelft  |tolf*en  ©tüoe  unb  Setmoib  in  ben  3a(ren  1848—1850  Der* 
öffentlich  g.  ftr  enft  bor  ff  in  ber  3eitfc(rtft  beft  $lftorif*en  herein«  für 
Wieberfadtfen  1904.  (Er  djaratteriftert  bie  beutfdje  unb  (annoüerfdje  $oliitf 
ber  ©eiben  unb  tritt  für  eine  milbere  Beurteilung  $etmolbft  namentlid» 
ein,  o(ne  übrigens  bie  ^mpoten^  feiner  beutfdjen  $o(itif  wegleugnen  $u 
wollen. 

3n  ber  Revue  historique  (Sfcoo.,  $e$.)  fefrt  $aul  Matter  feine 
3>arfteüung  ber  beurfdjen  SReoolution  mit  ber  Säuberung  ber  Glmüfcer 
Ber(anblungen  fort.  (Er  jeigt  rüstige  ftenntnift  ber  neueren  beutfdjen 
$ublifationen,  in  ber  ttuffaffung  (alt  er  fi<(  ungefähr  an  Sobei. 

3n  ben  nadjgetaffenen  papieren  ©.  g.  St  tibi  (rluft  ber  ßeit  beft 
Srantfurter  Parlament»)  »erben  bie  «retgniffe  oon  1848/49  unb  bie  lei« 
tenben  $erfdnlid)feiten  oon  rabital«grofsbeutfdjem  ©tanbpunft  aui  betrautet. 
Se(r  Warf  beurteilt  ber  Berfafier  namentlid)  probet,  ber  alft  ber  böfe  (Keift 
Blum«  erfdKint.  (fceutfdje  »eoue,  ÄoO.,  5)ej.) 

3n  ber  Revue  des  d.  mondes  (15.  92oü.)  oerdffentlidjt  £arbn  be 
$eoini  }a(keid)e  ©riefe  oon  Offizieren  ber  Belagerun aftarmee  oon  6eba« 
ftopol.     Die  Briefe  enthalten   jum  Xeil  intereffante   Säuberungen   über 


376  ftotyeit  unb  ftadptäten. 

©trafen  unb  ©efedjte ;  bie  9tad|ridjtf  n  bebürfen  frei!tä>  im  einzelnen  bor 
$ern?ertung  einer  Prüfung. 

Auf  ©runb  beft  %uty&  bon  $aul  unb  Btftor  SRarguetitte,  une 
epoque,  gibt  (£$.  ©  e  n  o  i  ft  anfajaulidje  ^artfer  ©thmnungdbilber  auf  betn 
beginn  be8  Kriege«  Don  1870  unb  ber  Commune,  o$ne  gerabe  9?euc#  gu 
bringen.    (Revue  d.  d.  mondes.  1.  XII.) 

(Sine  [Rebe  tfönig  üarolS  in  ber  rumänifdjen  Bfabemie  toirft 
einen  fflücfblirf  auf  bie  6<ftiadjt  Don  Eifopoii*  im  3al)re  1396  unb  betyra* 
belt  fobann  eingeljenber  bie  militärtfdje  ©ebeutung  bon  5?ifopoli«  im  ftriege 
bon  1877.    (fceutfdje  ffietme,  SRob.) 

<£in  (Sfjai  Don  ©an*  $le$n  in  ber  „$>cutfd)en  ShmatftfäW 
($e&ember)  djarafterifiert  Benjamin  S)t3raeli  atö  einen  $olttiter  bon 
Mniftfer  3Rücfficf)t  öl  oft  gleit  aber  Dörfern  »lidt  für  ba«  »eale.  drffiflt  bon 
ber  3bee  be«  brttifdjen  ©eltreiajS,  forberte  er  fdfton  1877  einen  Retdj*« 
jollberetn  unb  gemeinfame  93erteibigungSetnrid)tungen  für  Kolonien  unb 
SRutterlanb. 

3n  ben  $reufe.  3a^rbüo)ern  (*Rob.)  gibt  @.  $  a  n  i  e  l  S  lefenSaerte  &ut* 
$fige  auS  ben  SRemoiren  bon  Sorb  SRobertS;  man  gewinnt  baraud  eine 
Sorfteflung  bon  bem  $ertetbigung$fbftem  in  Snbien  unb  meiere  <5d)tt>ierig* 
feit  tndbefonbere  bie  SSerfdrnielaung  ber  eurojjäifajen  £ruppe  mit  ben  diu* 
geborenen  bot. 

(Sine  ®tt&&e  ber  franaöfifdjen  Äolonialpolttü  in  Juni«  gibt  X$eobalb 
&if<fter  in  ben  ^reufcifdjen  3aljrbü($ern  (2)ej.)-  ®r  fttfrt  au«,  bajj  bie 
mirtfgaftüdje  (Sntttttflung  trofc  oder  ftufroenbungen  ftranfreiä)*  feine  &ort* 
fdjritte  gemalt  §at,  unb  bafc  bie  fran&öpWen  dinmanberer  jum  grbfcten 
Seile  aufjer  ©eamten  Spetulanten  unb  nierjt  wtrftidje  ftoloniften  finb  unb 
an  ftaty  hinter  ben  Italienern  toeit  jurücrfteljen. 

"Seite  $Sik4er:  FrayBsinet,  La  röpublique  des  Girondins. 
(Toulouse,  Sociöte*  prov.  d'^dit.)  —  Bourgeois,  La  vente*  sur  l'ar- 
restation  de  Louis  XVI  ä  Varennes.  (Paris,  Latour-Maubourg.)  — 
Talmeyr,  La  Franc-Maconnerie  et  la  Revolution  francaise.  (Paris, 
Perrin.  1  fr.)  —  Trucoo,  Gallia  contra  omnes;  l'anno  1799.  (Milano, 
Libr.  edit.  nazionale.  6  fr.)  —  De  Pötiteville,  Les  negociationi 
de  Treilhard  ä  Rastadt.  La  cestion  de  1a  rive  gauebe  du  Rhin. 
(Paris,  Croville-Morant.)  —  Aulard,  Paris  sous  le  consulat  T.  II. 
[Coli,  de  documents  relatifs  ä  l'histoire  de  Paris  pendant  la  rerolu- 
tion  fra^aiee]  (Paris,  Cerf.  7,50  fr.)  —  Grimberg,  De  diploma- 
tiska  förbindelserna  mellan  Sverige  oeb  Preufsen  1804—1808.  (Göte- 
borg, Wettergren  &  Kerber.)  —  » i  1 1  e  r  a  u  f ,  ©eftftidjte  be*  ttfctnbunbe*. 
1.53b.  (2Ründ>en,  ©ed.  12  3W.)  —  ftr$r.  b.  ©*aurot$,  3in  fltyeinbunb* 
Wefliment  ber  $er§ogf.  @äaW  Kontingente  mäfjrenb  ber  Sfetbftüge  1809—1813. 


Heuere  ©efdjicbte.  377 

v«erlin,  SRtttler  &  @o$n.  4,50  SR.)  -  «u«  ber  grranaofcnaeit.  ©rgänjgn.  &u 
ben  »riefen  unb  SUtenft.  jur  ©efd).  «reu&en*  unter  gfriebrid)  ©il$elm  III. 
$r*g.  t>.  ftflty.  (Seidig,  fcuncfer  &  fcumblot.  7,60  SR.)  —  o.  fcolleben, 
4kfc$ict)te  be*  SrüMa^dfelbpge«  1813.  1.  «b.  [®efd)idjte  ber  Befreiung«* 
triege  1813—1815.]  («erlitt,  Mittler  A  ©o$n.  12  SR.)  —  &rieberid), 
<Jkf*id)te  be«  $erbftfelbftuge*  1818.  2.  93b.  [©efäicftte  ber  Sefreiung** 
friecje  1813—1815.]  (»erlin,  SRittler  &  @ot)n.  13  SR.)  —  Bigelow, 
History  of  the  german  struggle  for  liberty.  Vol.  III.:  1815—1848. 
(New  York.  London,  Harper.)  —  ©tauf f er,  ftaroline  b.  §umbolbt  in 
iftren  «riefen  an  Äleranber  t>.  ffiennentatnfcff.  (»erltn,  Mittler  &  ©o$n. 
4,50  SR.)  -  ©äffe  I,  3.  SR.  to.  ffiabotuift.  1.  »b.  1797-1848.  (»erltn, 
3Rittler  £  6o$n.  12  SR.)  —  Theal,  History  of  South  Africa  from 
1848  to  1860.  (London,  Sonnenschein.  7,6  ab.)  —  ©djficfing,  $ie 
prmWfy  »erfaffungSurfonbe.  (Seidig,  fcirfdjfelb,  1  SR.)  —  Qhtftao 
greptag  unb  $er|og  Grnft  Don  Coburg  im  örtefmeajfel  1853—1893.  §r3g. 
v.  Rempelten,  (ßeipftig,  fcirael.  9  SR.)  —  ßbuarb  »eufj,  örtefmedtfel  mit 
feinem  ©djttler  unb  greunbc  Äarl  $einrid)  ©raf.  $r«g.  ü.  «ubbe  u.  $. 
3.  fcolfrmann.  (©tefeen,  Wider.  12  SR.)  —  SRittelfiaebt,  $er  Jtrieg 
x>on  1859,  «tStnarcf  unb  bie  öffentliche  SReinung  in  $>eutfd)lanb.  (@tutt= 
gort,  Äotta  Ha4f.  3,60  SR.)  —  fcerrmann,  fcrautenau.  (Saiba*, 
v.  Jtleinmapr  &  «amberg.  1  SR.)  —  @d)  inner,  $a«  treffen  tum 
«iumenau^repurg  am  22.  3ult  1866.  (SSien,  ©eibel  &  ©o$n.  5  SR.)  — 
Eiienmann,  Le  compromis  aastro-hongroise  de  1867.  (Paris,  Soc. 
nonvelle  de  libr.  et  d'&lition.  10  fr.)  —  Haie,  People's  war  in 
France  1870—71.  (London,  Rees.  6  *h.)  —  »arnljagen,  2)a* 
franjöfifdK  Öftrer  unter  ©ourbatt  t>om  Anbeginne  bt*  jum  ©efedjte  Don 
SUIerferel  (19.  $>e*ember  1870  bis  9.  Januar  1871).    (»erlin,  ©tfenfd)mibt. 

5  TO.)  -  ö.  ßignifr,  Hu*  brei  Kriegen.  1866-1870/71-1877/78. 
(«erlin,  SRittler  &  @o$n.  5,50  SR.)  —  $rufr,  «t*mard*  «Übung,  iljre 
Quellen  unb  i§re  Äußerungen,  («erlin,  Weimer.  3  SR.)  —  $a*t)agen, 
(Kraft  Gurttu*  als  ©ofyt  unb  ©djüler,  al*  SReifter  unb  al*  SRann.  (Seidig, 
fBaOmann.  1,80  SR.)  —  ©offe,  Hu*  ber  Sugenbjeit.  Erinnerungen. 
{Seidig,  ©runom.  5  SR.)  —  to.  $  o  f  4  i  n  g  e  r ,  Hu«  allen  Reiten.  Xipio- 
matifd)e  Streiflichter,  3ntertoiem*  unb  Erinnerungen,  («erlin,  «erlag 
kontinent.  3  SR.)  —  3oe*l,  fliege  unb  bie  Stomantir.  (Sena,  3)ieberiä>*. 
7  SR.)  —  $  i  e  t  f  $ ,  Äu«  jungen  unb  alten  tagen,    («erün,  Sontane  &  fco. 

6  SR.)  —  ©djäffle,  ttuft  meinem  fieben.  (»erltn,  fcofmann  &  Go.  20  SR.) 
—  »  ol  feien,  $ie  ©efd>id|te  eine«  ©olbatenleben*.  Slutorif.  Überfefrung. 
2  ©be.  («erlin,  ©iegi*munb.  12  SR.)  —  Paul,  Letters  of  Lord  Acton 
to  Mary  Qladstone.  (New  York,  Macmillan;  London,  Allen.)  -  El- 
ton, History  of  the  United  States  of  America.  (London,  Macmillan. 
7,6  ah.) 


396  Eortjwt  unb  Sfedjridjtcn. 

Sei  bem  großen  Sntcreffe,  ba8  in  ben  legten  Sagten  ben  Unter* 
fudjungen  über  baS  erfte  ©trafiburger  ©tabtredjt  entgegengebracht  werben 
ift,  rotrb  ein  §inn>el8  rotUfommen  fein,  bog  bie  öon  ©djilter  1698  jitm 
Slbbruc!  gebraute  mittelljodjbeutfdje  Übertragung  bor  rurjem  auf  einer 
Sfirfjerauftion  aufgetaucht  unb  Dom  ©tra&burger  ©tabtardjtö  erworben  ift. 
©te  ftammt  au$  bem  12.  Sa^r^unbert  unb  tann  atö  einzige*  3cufl™*  ber 
fymbfdjriftlidjen  Überlieferung  er^ebtidje  Sebeutung  beanfprudjen. 

3m  Streit)  für  $effifd)e  ©efdjtdjte  unb  Hltertum«!unbc  9*.  &.  4,  1 
unterfudjt  &  Setfer  „bie  ©efe^tc^te  beS  tfonbominatc«  (Reffen«  unb  Sürfc 
temberg*)  ju  Äürnbadj  bis  1598",  ber  au«  drbteilung  entftanben  ift.  dben» 
bort  öeröffentltdjt  Reifen  er  einen  Sluffafc  „$ur  Saugefd)td&te  ber  Bbtet 
©eligenfiabt." 

$$.  ßofdj  Iäfet  im  Serlage  öon  Sietor*ßaffel  bie  bereits  früher  in 
Hu8jügen  befannt  gegebene  ©unfelfdje  unb  @raf;meierfd)e  (S$ronif  unter 
bem  Xitel:  „gmet  Äaffder  <£$ronifen  beS  18.  SafjrSunbert*"  at8  Seitra& 
jur  Ort«*  unb  3famiiiengefd)lc&te  Äaffel«  crfdjeinen.  $olttif<$  ift  in«be= 
fonbere  bie  $eit  be8  Siebenjährigen  Kriege«  $ier  mit  berührt  morben. 

2tu3  ben  Mitteilungen  ber  Sereinigung  für  ©otfjaifdje  ©efdjiäjte  unb 
StttertumÄrunbe,  Sa^rgang  1904  feien  turj  ermähnt  ©(jmalb*  grefrrebe 
auf  ben  eblen  fcerjog  ©ruft  n.  öon  ©aäMen;©ot$a*Hitenburg  (1746—1804), 
ben  berühmten  tatfräftigen  gbrberer  be«  geiftigen  Seben*  in  feinem  ftmbe, 
Strenge«  2lbrt&  ber  ©efdjidjte  ber  §errnt)uter*  Kolonie  Eeubietenborf 
(nebft  einigen  ©riefen  gingen borf 3)  unb  ©djneiber«  $ubHtation  ber 
älteften  Statuten  be«  (Stymnafiumä  ju  ©otlja  öon  1563. 

3m  Sraunfdjwdger  SRagajin,  Oftober  1904,  §anbelt  Simmermann 
„über  bie  legten  läge  be*  ©ttftc«  ©anber8$eim",  bai  gleich  ber  Uniöerfttfit 
fcefmftäbt  unter  bem  tfönigreidj  ©eftfalen  1809/10  aufgehoben  mürbe. 

35en  SRat  ber  Stabt  Sernburg  in  bem  S^Wunbert  öon  1560—1650 
unterfudjt  ©u&le  in  ben  Mitteilungen  be«  Serein*  f.  Hn$aitif$e  9k* 
ftfciäjtc  10,  fceft  1,  ©.  73—91.  (£r  befäreibt  bie  burä}  ^injufügung  ber 
fteuftabt  nötig  geworbene  Serttnberung  be«  SRat«  öom  3a$re  1573,  bc= 
fpridjt  bie  einzelnen  Smter  unb  gibt  eine  üifte  ber  9frat«§erren  mit  bio* 
gra£$ifä}en  9fcoti$en. 

steine  Seitrage  jur  fädjfifäen  ©eiet)rtengejo5tdjte  im  15.  unb  16.  3afa 
t)unbert  gibt  £>.  d  lernen  roieber  im  9fcuen  Brd)iö  für  fädjfiffle  (Bef4ict)tr 
unb  ftltertum&tunbe  25,  3.  4. 

flu«  ben  SMeberlaufifcer  Mitteilungen  8,  1.  2  fei  fjier  auf  Mielfer* 
anfpredjenben  Sortrag  über  ,,3)a«  beutfdje  3)orf  mit  Befonberer  Serüdftd)* 
rigung  ber  märfifä>laufifctf4en  Ser^ältniffe"  $ingenriefen.  $a«  fceft  «** 
fjält   aufcerbem  Urbarregifter  be«  fflofter«  öor  ©üben  öon  1562  unb  157a 


fceutfcbe  ßanbfcbaften.  37fr 

(ed.  6ö$nel),  Mitteilungen  Aber  bie  $efi  bei  ©üben  Don  O.  Salier, 
über  bie  ©d)lad)t  6ei  ©udau  1818  Don  $eterfen  unb  Vorgänge  in 
©üben  in  ber  3eit  Don  1815—1819  Don  $.  3abel,  enblicf»  SSafaAenDer» 
aeidpniffe  ber  fcerrfebaft  gorft  unb  Pforten  Don  1740  unb  1746,  $erau*» 
gegeben  Don  fB.  filtert.  Äu8  ©eft  5,  6  ermahnen  mir  3«ntfaH 
«uffafr  Aber  ben  ©Argeraufftanb  in  ©üben  1604,  unb  Stiert*  SJctt* 
teilmtg  gmeier  bisher  unbefannter  ©riefe  gfriebrid}*  be*  ©ro&en  au«  beut 
3abre  1757  an  bie  ©rAfin  ©rA$(,  bie  fi$  mit  Erfolg  für  bie  gpreilaffung 
be*  ©rA$lfd>en  $riDatferretAr«  fceinefcn  Dertoanbte. 

(Eine  bantenftroerte  Sonographie  jur  ftaniifdpn  @efd)id»te  ftcllt  bar 
bie  Schrift  Don  «rt§ur  Egat«,  $er  $anft[<be  ©aien§anbel  (fcetbelberg, 
fBinter,  1904,  3,60  VI.),  bie  in  ben  „fceibelberger  «bfjanblungen  jur 
mittlem  unb  neuen  ©efdjtdjte"  als  5.  $eft  erfdjienen  ift.  $te  SJafjrt  naa> 
ber  «9aie",  ben  franaöftfdjen  Soljjentren  Don  ©ourgneuf,  ftoirmoutier  2c. 
fct  Dom  13.  bis  18.  Sa^unbert  ©ebeutung  gehabt,  wenn  fte  audj  in 
iftrem  Umfang  fe^r  gef*»anft  $at.  Sfjre  ©Iütejeit  fällt  in«  15.  3a$r* 
fjunbert,  unb  biefe  wirb  beftljalb  befonber*  einge^eub  gefd)tfbert.  (Sinige 
Starten,  bie  bie  Örtlidjfeiten  barfteflen,  fmb  beigegeben. 

$ie  «Schrift  Don  ©einriß  §i$igrat$:  $ie  Kompagnie  ber  Mer- 
chanto  Adventurers  unb  bie  englifdje  ftirdjengemeinbe  in  Hamburg  1611 
M*  1835  (fcamburg,  Ärtebel  1904),  enthält  eine  enggebrAngte  3fAAe  Don 
Waterial  über  baft  Seben  ber  (SnglAnber  in  Hamburg,  namentlid)  im 
17.  unb  18.  3afr$unbert.  ©ormiegenb  finb  bie  flräVidjen  ©er$ältnfffe 
gefdtflbert,  bie  fommergieAen  treten  &urAd.  Die  (fcngber$igfett  ber  Reinen 
englifeben  ftirdjengemeinbe,  bie  aflmA^lidje  (Sntmtcflung  be*  Gourt  ju  einer 
w&amiUengefeAfdjaft",  ber  finanzielle  ©erfaß  unb  bie  fc$He|j(i($e  «uflöfung 
mä^renb  ber  3franftofen$eit,  enblid)  bie  fpAteren  ©erfudje  einer  9?euerrta> 
rang  ftnb  bie  in  ber  Sdjrift  bauptfÄdjflcb  $erDortretenben  Momente.  Die 
Darfteuung  ift  ettoa«  ungeorbnet.  Baasch. 

$eft  21  ber  Mitteilungen  ber  ©efeAfgaft  für  Kieler  <Stabtgefäic$te 
ift  burd)  baft  Don  SRorty  Stern  herausgegebene  „&toeite  ftieler  fflentebud)" 
Aber  bie  3a$re  1487—1586  auftgefAAt.  ©ft  $anbelt  fi*  lebigtid)  um  bie 
(Eintragung  Don  SRentefäufen,  bei  benen  im  3>urd)fd)nitt  ein  3inftfufi  Don 
6%  fei  gröberen,  Don  8°/0  bei  Heineren  Kapitalien  beregnet  mirb. 

3n  ber  «Itpreu&ifdjen  SRonat*fd>rift  107,  5.  6.  bringt  ©otofen 
einige  BufflArungen  Aber  bie  Arbeiten  be«  Äöntgftberger  Ännaliften  $an* 
TOilfelbt,  eine  Diel  benufete  OueAe  für  fcennenberg«  befannte  preu&ifdje 
Sanbtafel  (Don  1595).  ©benbort  fteAt  Hinbfleif 4  bie  ttltpreufjifdje  ©iblio* 
grapbie  für  ba«  3a^r  1903  jufammen. 

Tbe  Scote  in  E&stern  and  Western  Prussia  a  seqnel  to  »The 
8cota  in  Germany .  .<  By  Th.  A.  Fischer.  Edinburgh:  Otto  Schultz* 
&  Co.   1903.    (XII  u.  244  «.,  7  ©Über.)  —  $er  ©erfaffer  biefer  Schrift. 


380  9toti&en  unb  9*ad)rid>ten. 

bie,  tbie  aucb  bcr  Xitel  jeigt,  eine  frühere  Arbeit  beftfelben  fortfett,  6e* 
$anbelt  ftunädjft  bie  fäottifdjen  ßaufleute  in  Oft«  unb  SBeftpreujjen,  wobei 
befonberg  $anftig  unb  Königsberg  in  $etrad)t  tommen.  ©ftre  baft  ftabtijdK 
Är^iö  ber  leiteten  6tabt  in  feinen  älteren  Seilen  nidjt  fo  gut  wie  ab« 
(anben  getommen,  fo  wäre  bie  ftudbeute  beS  Serfafferft,  ber  ba8  $an|iget 
unb  ÄöntgSberger  @taat*ard)iD  in  elfter  ßinie  benufct  $at,  »o^l  no4 
•größer  gemefen.  8«  untcrfdjeiben  finb  feit  beut  16.  3a$r$unbert  bie 
^etuntftie^enben  ftaufleute  (inetitor  circumforaneus  —  umfatyrenber  Spotte) 
unb  bie  ganj  angcfiebelten  @dj  orten,  bie  al«  frenibe  ©äfte  ifcren  bauernben 
SSolnififr  in  preufnfdjen  ©täbten  genommen  Ratten.  $ie  beigefügte  forte 
.geigt,  wie  jatyreid)  bie  Orte  waren,  an  benen  ©djotten  Dom  Serfaffer  nadp 
getriefen  »erben  tonnten.  2>ie  $anbel8gefd)tdjte  ttltpreufeenft  erfährt  burcn, 
iiefeS  fiapitel  manche  görberung.  $er  jweitc  Steil  bebanbelt  bie  ©Rotten, 
bie  fidj  auf  militärifcfcem,  fircblidjem  ober  fonft  einem  anberen  (Gebiete  al* 
bem  beS  §anbel8  berDorgetan  fcaben,  Don  einigen  fmb  bie  ©übniffe  bei« 
gefügt.  $er  britte  Seil  enblicf)  enthält  Urfunben  unb  Slftenfrficfe,  woran 
fid)  bann  ein  (Supplement  unb  ein  Snbex.  ftylieften.  3)er  größte  Seil  ber 
Spotten  ift  reftloö  infc  £eulfd)tum  in  ber  neuen  fcetmat  übergegangen, 
im  18.  3a$r$unbert  $at  fidj  biefer  $ro$e&  fdjneU  Dofljogen.  Aue«  in  allem 
ift  eö  bele^renbe  $ubli!ation,  beren  äußere  Vudftattung,  tote  bei  englifdjen 
tBerfen  in  bcr  Siegel,  als  eine  Dorbilblidje  be&eidjnet  werben  barf. 

A.  Seraphiin. 

2>ie  gorjdjungen  unb  Mitteilungen  jur  &efdjid)te  StirolS  unb  %ox* 
arlberg«  1,  4  enthalten  ale  wertDoÜften  ©efianbteil  einen  9fuffa(  Don 
2Bopjner  „gur  <%>efc^icx>te  be*  tirolifd)en  JBerfadjbuoV*".  b.  I).  eine«  ©e* 
ricbtSbucfceS  mit  $rotofoQenf  infcbefoubere  über  binglidje  9tedjt3gejcbÄfte. 
Verfafier  glaubt,  bafe  ber  Softener  Sanbtag  1600  bie  ^rotofoüierung  be* 
3mmobüienDerIeln:$  unb  bamit  bie  allgemeine  Anlegung  ber  (feeridjtäbüdjet 
eingeführt  ^at,  im  äufammenljange  mit  ber  fföierung  ber  Steuer  auf  ben 
bamaligen  iBefi&ftanb  ber  einzelnen  ©tänbe.  ©ben  bort  Der  öffentlich  femer 
Den  gel  ein  italienifdje«  fcagebud)  über  eine  Reife  be3  ÄarbinalS  Äofietti 
burd)  Xirol  Dom  3a$re  1644  unb  ©djönadj  Scegeften  &ur  <Bef$td)te  ber 
trafen  Don  3Rontfort  unb  SBerbenberg  im  13.  unb  14.  3a$r$unbert.  Sine 
ttrolifcfcDorarlbergifdje  Bibliographie  (teilt  Unter  firmer  jufammen. 

©ei  ber  im  3a$rc  1625  auf  »norbnung  be«  Äatfer«  fjerbinanb  IL 
•erfolgten  ©ilbung  ber  Snnerberger  §auj>tgewer!fdjaft  lieg  bie  $ier$u  be« 
fteflte  Äommiffion  bie  Don  ben  einzelnen  SRab*  unb  ftammergemerfen  be* 
•ünn**  unb  $bb*tale£  geführten  3Rarfen  in  einem  öuo}e  ^ufammenfteOen. 
«u*  biefem  teilt  fte  $nton  d.  $anfe  in  Hacfoetoinung  mit.  (Beiträge  |»r 
<&efd)icljte  ber  3nnerberger  fcauptgewerffebaft.  9Wit  8  Safein.  ©raj  1904. 
Veröffentlichungen  ber  ljiftorifdjen  ßanbeStommiffion  für  @teiermart  XIX.) 
3n  ber  Einleitung  unterrichtet  er  und  junäc^ft  über  ben  ttebraudj  biefer 


Deutfdjc  ßanbfflaften.  381 

Starten,  bie  nadj  ber  ©Übung  ber  $aul>tgeroerffdjaft  *um  Xeil  Derfämanben, 
ftum  Xeil  ftur  ©e$etdjming  beftimmter  (Srjeugniffe  btenten,  Oualitättatartett 
würben.  DanfcnÄwert  ift  aud)  bie  furje  Ü6erftd>t  übet  bte  Organifation 
unb  bie  fpäteren  Sdjtdfale  ber  §auj>tgewertfd)aft,  baran  fdjliefeen  fidj  <*u& 
ben  Sitten  unb  Urfunben  beS  Wiener  $offammerard)iDS  unb  9(be(8ardjiD& 
fomic  be*  Äbmonter  IHofterardjiDS  geköpfte  Mitteilungen  über  bie  ein* 
jetnen  ©eroerffamiiien ,  aus  becen  einer  ber  ©erfajfer  ftammt.  Der 
©erfaffer  be*  ©ucf)e8  über  bie  $au**  unb  $ofmarten  Reifet  §omeber,  nidjt 
fcormeber  (©.  251,  «nm.  1),  jur  @aa)e  felbft  wäre  auf  Saftig,  SRarfenrecftt 
nnb  3etd)enfrtm$  ju  Derroetfen.  K.  ühlirt. 

9*«'  3S&4":  fifterreidjiföe  Urbare.  I.  Hbtlg.  1.33b.  Die  lanbe*« 
fürftlidjen  Urbare  Stieben  unb  Dberöfterretdj«  au«  bem  13.  unb  14.  3a$r$. 
$r«g-  üon  Dobfd).  (»ten,  ©raumüller.  20  SR.)  —  DrauttmanS» 
borff,  ©eitrag  jur  nieberöfterreid)ifd)en  Sanbe&gefdjidjte.  (Sien,  ©tau* 
müder.  17  SR.)  —  Beiträge  jur  »edjt*gefäyid>te  Xirol*.  Seftf^rift,  $r*g. 
Dom  Ortftau9fd)uffe  be3  27.  beutfdjen  Suriftentaged.  ®nn$brud,  Sagner. 
1  SR.)  —  Die  ©unbeÄbriefe  ber  alten  Sibgenoffen  1291—1513.  Gearbeitet 
Don  Dürrer  unb  (£$rbar.  (8üri<6,  Bürger  &  gurrer.  1  SR.)  —  ©a!err 
Die  ©eftrafung  t)on  @taat*Derge$en  in  ber  fflepubüt  ber  brei  ©iinbc.  (Ein 
Beitrag  *ur  mittelatter (idjen  Sfiigegeridjtfbarfeit  unb  jur  ©efd)ia)te  ber 
Demokratie  in  ©raubünben.  (Sfjur,  ©tfiuler.  4  SR.)  —  ©eitrdge  ftur 
6t.  <&aHifa>n  ©efdjidjte.  (St.  ©allen,  gebr.  5  SR.)  —  Sdjmtblin, 
©olotfyurn«  ©laubenSfampf  unb  ^Reformation  im  16.  Saljrljunbert.  (Solo« 
tburn,  fifltft.  5  SR.)  —  ©a (lauer,  Der  ©aSfer  Stabtwedjfel  1504-1746. 
(©afel,  fcelbtng  &  2idjten$a$n.  2,40  SR.)  —  fcartmann,  Die  Bafel* 
bieterbauern  im  ©auernfrieg  Dom  3a$re  1653.    (ßieftal,  Sübin.  0,65  SR.) 

—  Hol  dt,  Journal  du  palaia  du  conaeil  so u verain  d'Alaace.  Publik 
par  Ingold.  Tome  I.  (ttolmar,  Rüffel  4SR.)  —  &e$r.  Die  dntfte§ung 
ber  Sanbetftofteit  im  ©reidgau.  (Seidig,  Dunder  &  fcumblot.  4  SR.)  — 
Xoepfe,  Die  SRatrifel  ber  UniDerfitdt  fceibelberg.  5.  Zeil,  ^ßon  1807 
bift  1846.  '$r*g.  Don  fcinfceimann.  (fceibelberg,  hinter.  25  SR.)  — 
Urfunbenbudj  ber  <5tabt  fceilbronn.  1.  ©b.  ©earb.  Don  Änupfer.  [SBürt* 
tembergifdje  ©efd)i$t*quetten.     5.  ©b]    (Stuttgart,  fto^ammer.    6  SR.) 

—  fcanbmerfer,  ©efd)id)te  ber  SBürjburger  Unioerrttfttdbibliot^et  bi* 
jur  SAfularifation.  (©ürjburg,  Stapel*  ©erlag.  2  SR.)  —  »ab ö,  ®t 
flutte  ber  tatftoUföen  J?ir$e  in  Reffen  (722—1526).  $r*g.  Don  »aid>. 
(SRaitifc  Stoiber  ©eriagtanftatt  unb  Druderei.  9,60  SR.)  —  ©öden» 
beimer,  gran*  Äonrab  SRade,  ©ürgermeifter  Don  SRain&  (1756—1844). 
(SRafatft,  SRabifter  ©erlagSanftalt.  1  SR.)  —  UrfunbenbucQ  ber  Stabt  %xitb* 
berg.  1.  ©b. :  1216— 1410.  ©earb.  Don  ^o(|.  (SRarburg,  (Slwertd  ©erlag. 
16  SR.)  —  Änipping,  S(ieberr^einif(6e  «rcf)ioalien  in  ber  ftationaU 
bibltotbef  unb  bem  9Zationalaro}iD  ju  $arid.   [Mitteilungen  ber  ftgt.  preufet= 


382  Worten  unb  $a$rid)ten. 

fdjen  SlrdfiöDertoaltung.  8.  $.]  (ßei^ig,  ^ir^el.  5  SR.)  —  Äem^SKe 
3Bo§lfa$rt«J>fIege  beS  ftölner  State*  in  beut  Safyrfjunbext  nad)  bcr  grofcen 
gunftreöolution.  (©onn,  fcanftetn.  1  9R.)  —  $aul3,  ©eleltSredjte  bei 
4?eraog8  sott  3ülid)  im  Sülidjfdjen  unb  in  »adjen.  (Hadpn,  (Srcmer.  2  91) 

—  3noentare  ber  nidjtftaatlidjen  91rd»it>e  ber  $robinj  ©cftfalen.  1.  8b. 
^cg.=83ej.  fünfter.  3.  fceft.  Ärei«  (Soelfelb.  ©carb.  t>.  6dnnifr*anem 
berg.  (9Hfinfter,  «fäjenborff.  4  3H.)  —  S)aÄfelbe.  1.  ©eibb.  Keg.*8ej. 
fünfter.  2.  ©eüjeft.  Urtunben  beS  fürfll.  @aim*$orftmarfdj«n  Urgtoet 
in  (Eoefifelb  u.  ber  $ergogl.  ©rotofdjen  Storndnenabminiftration  in  Dülmen. 
©eaTb.  d.  (S^mit-Äancnberg.  (@benba.  6  3R.)  —  $$iltt>|>{,  100  3a$rt 
^reufeifdjer  $errf$aft  im  SRünfterianbe.  (SRünfter,  ©oJ>penrat$.  2  SR.)  - 
€  unb  er,  $a3  ginanatoefen  ber  ©tabt  ©Änabrttd  oon  1648—1900. 
<3ena,  3ftfd>eT.  5,60  3R.)  —  ©  r  a  n  b  e  8 ,  S)ie  ©erfaffung  bet  äonföberatitm 
reformierter  Äirdjen  in  ftieberfadjfen.    (®üter«lo$,  ^Bertelsmann.   1,60©) 

—  SB  agner,  Cftfrieölanb  unb  ber  $of  ber  ©rflftn  Anna  in  ber  SRitte 
be3  16.  3a$r$unbert3.  («urid),  3rtiemonn.  0,60  SR.)  —  Saufen,  Borb« 
»eftbeutftfe  ©tubien.    ©efammelte  «ufffifre.   (Berlin,  ©ebr.  $aetel.  5  91) 

—  Urfunbenbu«  ber  ©tabt  Sübecf.  11.  ZI  5.  unb  6.  fifg.  (ßttbed,  üübtfe 
AMöbring.  9  2R.)  —  o.  3Roeller,  $ie  8ted)t«gefdjtd)te  ber  Snfel  fcelgo* 
lanb.  (SBeimaT,  ©ö$lau*  92ad)f.  6  SR.)  —  «Rene«  preufjifdje«  Urfunben* 
budj.  Cftpteufjifdjer  Xeü.  2.  «bt.  Urfunben  ber  ©iÄtflmer,  JHrdjen  unb 
Älöfier.  2.  ©b.  Urfunbenbudj  beS  ©igturn«  ©amlanb.  $erau*geg.  bon 
t  SBoelfö  u.  Vtaibtftal.    3.  ©eft.    (Seidig,  Wunder  &  fcumblot.  4,40  SR.) 

—  Ar  o  Um  an n,  2)a8  S)efenpon8tterf  im  §er$ogtum  Preußen.  1.  IL: 
1601-1608.  (»erlin,  <gb§arbt  &  (So.  2,40  9R.)  —•©.©$ in ibt,  ««* 
fdjidjte  be3  SDeutfdjtum*  im  ßanbe  $ofen  unter  polnifdjet  $etrfd)aft 
(©romberg,  Mittler.  5  SR.)  —  Regeeta  diplomatica  neenon  epistolaria 
hietoriae  Thuringiae.  III.  ©b.  1.  tl.  (1228—1247.)  ©earb.  bon 
fcobeneder.  (3ena,  gifdjer.  15  SR.)  —  ©äjmibt,  JhirfädjftfaV  ©treif* 
$üge.  2.  ©b.  (Seidig,  ©runoto.  3,60  SR.)  —  OpiJ,  $ie  Arten  be* 
SRuftitolbefifceä  unb  bie  fiaubemien  unb  SRarrgrof^en  in  ©djleftcn.  (©redlau, 
SRarcuS.  12  SR.)  —  5)  e  6  m  a  n  n ,  ©efd)id)te  ber  f djleftf*en  Slgraröerfafiung. 
(©trafeburg,  Srflbner.   7  SR.)  —  $r$ebaf,  ©ef($id}te  beS  beutfdien  Seit* 

fdjriftenmefenS  in  ©öfaien.  ($)cibelberg,  SBinter.  6,40  HR.)  —  $ie  Ur* 
funben  be£  Tönigl.  ©tifted  (SmauS  in  $rag.  1.  ©b.  Registrum  Slavorum. 
$r$g.  oon  Keimling  unb  ^ordefa.  ($tag,  (Jaloe.  5  9K.)  —  Urtunben*  unb 
IRegeftenbud)  beS  ehemaligen  &lariffmnenttofter3  in  ßtummau.  ^rdg.  bon 
Jtiimefd).  ($rag,  (Saloe.  8  HR.)  —  ©ra&lr  ©efcfjtrfjte  ber  beutf^ba^mi' 
f$en  ^Inftebelungen  im  ©anat.  [©eiträge  jur  beutf^bö^mifc^en  Solf^ 
funbe.  V,  2.]  ($rag,  dalüe.  2,40  Tl.)  —  ©targer,  3)ie  Äonftituicrung 
b«r  OrtSgemeinben  ftieberöfterretcf)8.  (©ien,  Wieberöfterreid)ifd)e  @tatt* 
^alterei.    1,80  SR.) 


©ermifcftte*.  383 

Sa*  Äorrefponbenjblott  be*  Qefamtberein*  bct  @efd)id)t8bereine 
(ringt  in  ber  ftobembernummer  1904  einige  bet  auf  bem  legten  ttrdjibtage 
in  San&ig  gehaltenen  ©orträge  (u.  a.  Bär  über  bat  San&iger  Staat»» 
«rrd)ib  unb  (Erwarbt  über  bie  ©auptbfafeu  ber  (Enttoidlung  be*  Berliner 
4te$.  <5taat£ard)ib6,  ber  jebcm  ©enufeer  beäfelben  nriOtommene  Orientierung 
bieten  tann). 

«uf  Anregung  bon  $rof.  ©lot  pnb  bie  Mittel  ffir  fünf  3a$re  be* 
oiüigt  »orben,  um  ein  nieberlänbifdjeS  $iftortfdje8  Snftitut  in  Otom  jur 
fbftematifgen  Surdjforfdjung  ber  italienifdjen  ttrdjibe  unb  jur  ©ejdjaffung 
von  Oueüenmaterial  für  bie  ^ollänbifdje  0ejd)id)te  ju  begrünben. 

Sie  ©abifdje  ^) t f t o r i f c^ f  Äoratniffion  t?ielt  unter  bem  ©orftfr 
Don  3Beeo)ft  am  28.  unb  29.  Ottober  1904  *u  Äarl*ru$e  i$re  28.  $lenar* 
ocrfammlung  ab.  3m  abgelaufenen  ©eridjtja^re  pnb  erfdjienen :  ber  @d)tufs 
fee*  3.  ©anbe*  ber  ftegeften  ber  SRartgrafen  bon  ©oben  unb  $ad)berg, 
beflen  ffiegifter  (ed.  ^r an! (auf er)  balbigft  nachfolgen  fofl;  ©anb  1,  2 
unb  2,1  ber  2.  Huflage  bon  Jtrieger*  $oj>ograj>Wdjcm  SBörterbud)  beft 
<BroBb*T&ogrumS  ©oben;  bie  6.  Lieferung  be*  Oberbabifcften  @ef$led)ter» 
fcud)eft  (bearbeitet  bon  Ä  i  n  b  1  c  r  unb  $t  n  o  b  I  o  dj) ;  einige  Lieferungen  beä 
b.  ©anbe*  ber  ©abifdjen  ©fogra^ten  (ed.  Arie  g  er);  al«  9Keuja$r** 
Matt  für  1904  „Sie  beutfdje  fceibenfage  im  ©rei*gau"  bon  $an$er; 
fowie  9b.  19  ber  8eitf*rift  für  bie  ©efdjidjte  bed  Obent)ein«  nebft  $eft  26 
ber  Mitteilungen  ber  $iftorifd)en  £ommiffion.  Am  frityeften  »erben 
weiterhin  ju  erwarten  fein:  bie  ftadjträge  unb  ftegifter  ju  ©anb  2  ber 
fHfeftofregeften  bon  Äonftanj,  ba«  ©tflinger  ®tabtred)t  (ed.  föober),  ein 
9fad)trag£banb  jur  $olitifd)en  Äorrefponbenj  äarl  griebridjft  bon  ©aben 
Don  Obferr  ©anb  2,  2  beft  %opo%xapW$en  ©örterbudj«,  bie  Sentoür* 
bigfeiten  beft  SRarfgrafen  ©il$eim  bon  ©aben  (ed.  b.  ©eeeft  unb  Obfer), 
bie  fjortfe&ungen  be3  Cberbabifdjen  <&efd)led)terbuaVS  unb  ber  ©abtfäen 
©iograJ>$ienf  enblid)  biegSoppelfettion  fiarlftrufc^fortfeim  ber  $tftorifc$en 
©runbfarten  ©abend.  Sie  ©earbeitung  einer  TOinj*  unb  ©elbgefdjidjte 
ber  im  Grofteraogtum  bereinigten  Territorien  ift  Dr.  3.  (£a(n  übertragen 
morben.  Sem  nfidtften  (20.)  ©anbe  ber  Oberr1>einifd)en  ötftfanft  wirb 
ein  ftegifter  über  bie  ©änbe  1—20  beigegeben  »erben. 

Ser  $anfif$e  ©efcSicfctSberein  (abreibt  auf  ©runb  einer  Stiftung 
3000  3R.  ol«  $rei«  für  ein  ©er!  über  bie  ©ef cr>i dj tc  ber  beutfajen 
®d>tffa$rt  au«  (biö  jum  1.  Ottober  1909).  «uätunft  erteilt  $rof.  Dr. 
Dt.  fcoffraann  in  Sübed.  —  «u*  bem  3a$re*berid>te  beftfelben  ©erein« 
notieren  mir,  baft  ber  6.  ©anb  beS  $anfifd)en  Urfunbenbud)d  (Dr.  ftun&e) 
unb  ber  7.  ©anb  ber  3.  Abteilung  ber  fcanferejeffe  (Sietr.  ©djäfer)  balb 
erfdpinen  »erben.  Sem  Vbfd)fufs  na$e  ift  audj  baä  ©raunfdjroeiger  3n* 
bentar  (Dt.  SRatf).   ©on  befonberem  Snterefje  roirb  e6  fein,  bafe  ber  ©er« 


884  «Kotijen  unb  Madjridjten. 

ein  nadj  Bewältigung  feines  utfprünglidjen  9lrbeit3felbe3  al«  neue  Auf* 
gäbe  in«  Äuge  fofet,  fidj  bei  <&efd)id)te  ber  beutfdjen  ©tabte  unb  8amv 
fdjaften,  fomeit  fie  bie  @ee  betrifft,  &U£Uioenben. 

$te  {Berliner  «fabemie  ber  SBlfienfdjaften  fcfcreibt  al*  $ret*au8gabe 
auS,  bie  ©efdjidjte  unb  Überlieferung  ber  SebenSbefdjreibungen 
$lutard»3  t>om  Altertum  ob  fo  roeit  $u  Verfölgen,  bajj  ber  Stammbaum 
ber  einzelnen  £ejte  HargefteHt  rotrb.  S)ie  (Sinfenbung  &at  bt«  jum  1.  fRär&. 
1905  an  bie  fttabemie  *u  erfolgen.  9tö$ere3  ift  in  ber  3>eutfd)en  8iteratar= 
jeitung  1904,  »r.  46,  (Spalte  2797  *u  finben. 

$ie  «fabemie  ber  ©tffenfdjaften  in  fBien  fieHt  als  $retdattfgofte 
,6 filier  im  Urteil  ber  beutfcfcen  ttadjmeft",  mit  befonberer  ©erüdTtccjttV 
gung  aud)  inÄbefonbere  ber  Ieftten  $e&ennien.    ?reid  2000  irr. 

Hm  10.  $e$ember  1904  ift  $rofeffor  3afob  Garo  in  ©re*lau  im 
69.  £eben£ja$re  geftorben,  einer  ber  $erborragenbften  ftenner  unb  Dar- 
fteller  ofteuropätfdjer  ©efdjtdjte  unb  ein  treuer  gfreunb  unferer  3eitfd)rift. 
SBir  erinnern  (ier  bor  allem  an  feine  fjfortfejung  ber  SRöpeUfdjen  <Befdiid)te 
$olen8,  an  feine  @tubien  §ur  ©efdjtdjte  Äatfer  €>tegmunb8  unb  beS  Äon* 
ftanjer  Äonjtl«  unb  an  feine  (Sfraratteriftit  ber  Äaiferin  Äattyartna  IL 

3m  3)e$ember  ftarb  in  ©reifSroalb  ber  treffliche  Senior  ber  pommtx- 
fdjen  2anbe8gefdjid)ie,  $rofeffor  S^eobor  $ql  (geb.  1826). 

3n  ©djlettfiabt  ftarb  am  9.  Januar  ber  ttrdjtoar  unb  ©ibltot^eCar 
Dr.  Sofcp^  ©*ng,  ber  ftdj  in  mannigfacher  Steife,  in«befonbere  burd> 
feine  forgfÄlttge  Bearbeitung  ber  ©djlettftabter  @tabtrec$te,  um  bie  görbe= 
rung  ber  elfäfftfdjeu  (Befaßte  bemüht  fjat. 


9tad)ttag  jut  £♦  #♦  94,  fe  180/81. 

«m  ®rf)iufe  ber  Eotij  über  Galmette«  Sluffafr  jur  JTritif  ber 
Memoiren  $$ilij>p«  t>on  (Sommtne*  ift  burd)  ein  SJerfe&en  bie  Angabe 
be*  <Erfd)einung*ort3  audgefaQen :  Le  moyen-Age  1904,  SRai*3uni. 


5)te  SoWefelje  «mtfcgmf  gtyittwe  *<»  §effeiu 
^-  hoffet. 


Die  jfingft  Vergangene  $eier  ber  400  jährigen  SBieberfeljr  be8 
©eburtätageS  Sanbgraf  Sßljilippä  Don  Reffen  Ijat  au£  ber  geber 
eine«  amerifantfdjen  Geologen  eine  umfangreiche  SWonograpljie 
aber  „bie  Doppelehe  be«  Sanbgrafen  ^tüpp  oon  Reffen"  gc* 
bracht,  bie  Sijentiatenarbeit  be«  3nfiruftor3  ber  Ideologie  in 
Änbooer  (2Raffad)ufett*)  SBiüiam  SBatfer  Stocftoea.1)  $a«  Sud) 
ift  in  Dielen  fünften  abfdjliefcenb;  baä  Duellenmaterial  ift  in 
umfaffenber,  über  bie  einge^enbe  öeljanblung  Don  2»aj  fienj  in 
feinem  „®riefroe$fel  Sanbgraf  $ljilipp*  mit  Sufcer"  (93t>.  1)  !jin- 
au£gef)enber  äBeite  fyerangejogen,  oft  —  bei  ber  ©rftlingSarbeit 
begreiflich  —  ein  toenig  breit  aufgetragen,  unb  Dor  allem  ber 
ganje  «gaQ"  bi«  in  bie  feinften  SSeräftelungen  hinein  bargelegt 
unb  einer  prinzipiellen  rechtlichen  Erörterung  unterzogen 
toorben.  ©njetyeiten  unb  Keine  Ergänzungen  tt>erben  nod)  ge* 
bracht  »erben  fönnen,  finb  e8  tetttoeife  fdjon 2),  aber  ber  ®efamt* 
aufriß  liegt  feft. 

SlnberS  fle^t  eä  jebod)  mit  bem  Urteil.  $ier  ift  m.  S.  nod) 
nid)t  baS  le^te  ©ort  gefprod)en.  StocfroeH  ift  im  Urteil  auger« 
orbentlid)  Dorfidjtig,  er  lägt  feine  Stellungnahme  oft  meljr  aljnen, 


*)  XVI,  374  6.    SRarburg,  Gittert.    1904.    7  SR. 

■)  8gf.  9Mt  $aulu*  in  her  ßiter.  ©eiloge  jut  Äöln.  »oittaeihmg 
1904,  $r.  39  unb  44  foroie  Hit.  miütx  im  SlrdjtD  für  Heform.*©efäid>te 
1,  $.4. 

Wtorifte  ßfitf^rift  (®b.  94)  91.  $.  »b.  LVIU.  25 


386  SB.  ßötfer, 

afc  ba&  er  fie  fagt.  2)a3  ift  cm  ÜHangel1)  feiner  fonft  tüchtigen 
Arbeit;  gerabe  btefc  Affäre,  btc  eine  über  ba3  lebigtidj  !)iftorifd)e 
Sntereffe  tjinauSgejjenbe  Sebeutung  erlangt  l)at  unb  in  getoiffem 
©inne  Slftualität  befifct,  jmingt  ju  einer  flaren  unb  eingefjenben 
Stellungnahme,  ipier  fptelen  nidjt  nur  £atfadjen  unb  Redjtfc 
entfdjeibungen  eine  RoQe,  fonbem  SBerte  fitttidjer  unb  reltgiöfer 
Srt.  Unb  e3  mirb  fid)  jeigen,  bafe  eine  SBemertung  biefer  SBerte 
nidjt  gleichgültig  ift  für  bie  ©ruppierung  unb  Äbfdjäfcung  ber 
£atfad)en,  fo  genug  fie  anberfeit«  aus  biefen  gefdjöpft  fein  mufe. 
Um  jtoei  Sßunfte  breljt  fid)  ba3  allgemeinere  „ahueHe"3ntereffe 
an  beS  Sanbgrafen  SBtgamie.  Sinmal  um  biegrage:  2Bie  tommt 
Sß&ilipp  Don  Reffen  ju  biefem  nid)t  nur  mobernen  ®mj)finben, 
fonbem  ebenfogut  bamaliger  ©taatSgefefcgebung  ungeheuerlichen, 
politifd)  unfagbar  unftugen  Stritt?  3ft  e3  lebiglid)  ©innlid)> 
feit  ober  etoaS  anbereä?  ©obann  um  bie  Srage:  3Bie  fommen 
bie  Reformatoren,  toorab  fiutyer,  ju  einer  ©uttyeifcung  ber  JBigamie? 
3ft  e8  lebiglidj  gfirftenbienerei,  tfyeologifdje  JBefd)ränftl)eit  ober 
etmaS  anbere«?  3n  RocfmeflS  Einteilung:  bie  ©efd)id)te  ber 
Soppelelje,  bie  Stellung  ber  SBittenberger  Reformatoren  jur 
3)oppelef)e,  jur  ^Beurteilung  ber  Sßolggamie  im  Reformation* 
jeitalter,  foiegelt  fid)  jene*  ©oppelintereffe  miber.  3n  ber  ®e* 
fdjid)te  ber  ©efd)idjtfd)reibung  über  bie  2)oppele^e  t>at  lange  bie 
erfte  grage  im  SSorbergrunbe  geftanben.  S)er  „@r}bube",  tote 
ber  fianbgraf  jagt,  §einridj  Don  JBraunfdjtoeig,  Ijatte  fdjon  hn 
Suli  1540  in  einer  glugfc^rift  ftlatfd),  ben  er  auf  bem  Äontoent 
mit  bem  RuntiuS  ÜHorone  in  $agenau  gehört  Ifatte,  jum  beften 
gegeben,  in  einer  glugfdjrift,  ber  alfcbalb  eine  Reifje  anberer,  immer 
beutlidjer  unb  immer  orbinfirer,  folgten,  ©er  Angriff  toon  biefer 
Seite'  mar  toorauSgefeljen  toorben.  ^^ilipp  Ijatte  fdjon  oor  86» 
fdjlufj  ber  jtoeiten  ©je  SWaterial  für  iljre  literarifdje  SBerteibigung 
fammeln  laffen,  e3  entftanb  ein  geberfrieg  jttrifdjen  Reffen  unb 
SBraunfdjmeig.  Äud)  fluider  f)at  in  ben  Stampf  eingegriffen,  in 
Ijeffifdjem  Sntereffe  fein  beifcenb  fdjarfeS  JBüdjlein  „toiber  §an* 
SBorft"  gefdjrieben,  ber  eigentliche  literarifdje  SBorfämpfer  be3  Reffen 


l)  Hnber«  (£.  »ogt  in  feiner  Anzeige  in  ber  &cfiförift  be«  fciftot. 
»erein*  für  ba«  ©rofjljeraogtum  Reffen  1904.  Sögt,  bagegen  Ä.  SBcntf  in 
ber  greftfdjtift  be3  »ereinä  für  Wftjdje  ©ef^ic^te  unb  fianbeöfunbe  1904, 
8b.  38. 


2>ie  $oppele§e  ßanbgraf  $$t(ippa  öon  Reffen.  387 

aber  tourbe  ber  SMfunger  Pfarrer  Sodann  Seifing.  3n  ber  uralten 
Hterarifdjen  gorm  eine«  Xeufetebriefe*  [tritt  er  alle  @erfid)te  über 
bie  3Bat)rt)eit  ber  ©oppelelje  ab,  (jatte  für  bie  junge  ®raut  jur 
Beruhigung  iljreä  ©eroiffenä  t>or  ber  SErauung  ein  „©üdjlein" 
Derfafjt  unb  fdjrieb  enblid)  ben  berüchtigten  SMalog  SReobult,  ber 
mit  allerlei  ©rfinben  unb  ©efreifen  bie  $Red)tm5&igteit  einer 
{Bigamie  vertrat,  Sutljer  froUte  in  eigener  ©djrift  bem  SRadj« 
toerfe  entgegentreten,  50g  aber  auf  Anraten  fein  SRanuffript  ju* 
rfirf,  unb  fein  JRücfjug  30g  ben  eine«  @utad)ten8  be3  Suftu* 
ÜKeniuS  nad)  fid).  dagegen  (am  Don  ber  ©djfreij  (§einrid) 
SuQinger  in  Sürid))  lebhafter  Sßrotefi,  bem  ber  Sanbgraf  perfön* 
lid)  entgegentreten  froHte. 

3n  allen  biefen  Erörterungen  ftef)t  bie  Sßerfon  be$  Sanb- 
grafen  im  JBorbergrunb ;  fein  ©djritt  frirb  gebilligt  ober  getabelt, 
für  erlaubt  ober  unerlaubt  erflärt.  Stld  aber  1549  bie  Sanb* 
gräftn  ßfjnftina,  <ßljUtpt>S  erfte  grau,  ftirbt,  fäüt  ba*  Ärgemi« 
be3  3ufömmenfan3  ber  beiben  (Sfyefrauen,  bie  $o(emif  gegen 
^^tlipp  unb  feine  lat  t>erftummt  aUmä&lid),  in  ben  Debatten 
über  bie  Doppelehe  aber  rücft  jefct  Sut^er  in  ben  SBorbergrunb. 
@*  ift  nid}t  untoal)rfd)einlid),  bafe  Äaifer  gerbinanb  I.,  ber  auf 
bem  §agenauer  Äonoent  ben  fflatfd)  (f.  oben)  gehört  Ijaben  mochte, 
1562  bie  Dertraultdje  Äußerung  tat:  „e*  t)ätte  nic^t  Diel  gefctyfet, 
fiuttjer  t>ätte  tyn  aud)  auf  feine  SReinung  gebraut,  aber  al3  er 
bem  Sanbgraffen  jtoet)  ©emaljl  Derftattet,  t>ätte  er  tym  nid)t  meljr 
glauben  tooQen."  SRod)  freit  fdjärfer  Ijat  ßanbgraf  SBifyelm  IV., 
jßtylippä  ©otyn,  über  Sutljer  geurteilt;  er  ift  tym  ein  „©djelm; 
benn  er  t)ätte  feinen  §errn  SSater  überrebet,  bag  er  {frei  SBeiber 
nehmen  fol!e\  unb  er  legte  ben  urfunblidjen  SRac^meid  t>or.  S)ie 
öffentliche  Sßolemif  griff  Suttjer  junädjft  nidjt  an,  bie  Don  $ort» 
leber  1617  Deröffentlid)ten  glugfdjriften  jfrifdjen  Reffen  unb 
9raunfd)freig  betrafen  ben  Sanbgrafen,  nidjt  ben  {Reformator; 
t)in  unb  mieber  begegnet  bie  Stnflage  gegen  Sutf)er,  aber  e*  ift 
bodj  nodj  im  Sa^re  1(579  bie  birette  «bleugnung  be*  SJormurfe«, 
Sutljer  fcabe  bie  $oppelel)e  gutgeheißen,  burd)  ben  ehemaligen 
(Siegener  Sßrofeffor  ©iriciuS  möglich  gefrefen,  freil  ba3  Duellen* 
material  nod)  nidjt  ber  Dffentlidtfeit  jugängltd)  mar.  ©obalb  aber 
in  bemfelben  3aljre  burd)  ben  furpfälatfdjen  HntiquariuS  Sorenj 
Seger  lateinifd)  unb  beutfd)  ber  SBittenberger  JRatfdjlag  unb  bie 
$etrat$urtonbe  publiziert  mürben,  fefct  bie  ißolemif,  junäc^ft  Don 


388  9B.  Äö$Ier, 

franjöftfdjer  ©eite,  ein.  Soffuet  in  feiner  Histoire  des  varia- 
tions  des  äglises  protestantes  fprad)  Don  ber  „©d)mad)  falfdjer 
Sßaftoren,  bie  ben  Äonlubinat  autorifieren".  ©edfenborf,  ©trobet, 
3tommel  —  biefer  benufcte  juerft  ba£  ^effifc^e  SKaterial  in 
weiterem  Umfang  — ,  öretfdjneiber,  §affencamp,  §eppe  u.  a. 
brauten  neue  ©ofumente  unb  Urfunben;  proteftantifdjer  Äpo* 
togetif  folgte  rbmifdje  ?ßolemtf  gegen  Sutfjer,  bie  julefct  1890 
8tabt>  auf  ©runb  ber  Senjfdjen  Sßublifation  feftlegte.  ©&  Der* 
bient  aber  §erau8l)ebung,  bafe  ber  proteftantifdje  Sutljerforfdjer 
SuliuS  ftöftlin  bie  ©oppelebe  als  „ben  größten  glecfen  in  ber 
SReformationSgefdjidjte"  bezeichnete,  ber  ein  „fjlecfen  aud)  im  Seben 
SutfyerS11  fei,  unb  bog  ber  SReuljerauSgeber  be8  Äöftlinfdjen  Sutljer* 
toerfeS,  Äaroerau,  biefed  Urteil  beftätigte. 

3)odj  oerfudjen  mir  felbft,  ein  Urteil  über  beä  Sanbgrafen 
Xat  tote  über  Sutt)er8  ©iUigung  ju  gewinnen.  £uoor  eine  furje 
SSergegentträrtigung  be«  XatbeftanbeS. 

3m  ©pätfommer  1539  befanben  fid)  am  Äaffeler  §ofe  in 
^Begleitung  ber  §erjogin  t>on  JRodjtifc  (Slifabett),  be$  Sanbgrafen 
©djtoefter,  bie  $ofmetfterin  Stnna  oon  ber  ©ale  unb  STOargareta, 
i^re  17  jährige  Softer,  eine  fd)lanfe,  aber  nidjt  gerabe  l)übfd)e 
©rfdjeinung.  ©ie  §ofmeifterin  ttmr  SBittoe,  ttjr  ©ruber,  6mft 
Don  SRiltifc,  ftanb  in  f)erjoglid)  fädjfifdjen  SDienften.  §ier  in 
Äaffel  mürben  bie  Sßläne  jur  @t)e  be3  Sanbgrafen  mit  bem  jungen 
§offräulein  gemalt,  tote  eS  fäeint,  in  lebiglid)  mfinblidjer  Unter» 
rebung  jtoifdjen  Sßfjilipp  unb  ber  §ofmeifterin.  9lad)  einigen 
©djtoierigfeiten  einigten  fid)  beibe,  bod)  ersten  in  beiber  3ntereffe 
jur  ©idjerfteflung  bie  ßuftimmung  ber  SBittenberger  Reformatoren, 
bie  eine  2lrt  ftaatSmännifdjer  Autorität  repräfentierten,  ttmnfdjenS* 
toert.  3>ie  SBer^anblung  mit  it)nen  führte  ber  betoätjrte  Wittib 
mann  SWartin  Sufcer;  bie  ßuftimmung  foHtc  in  ber  gorm  eine« 
fdjriftlid)en  3cuflniffc*  erfolgen;  ein  foldjeS,  toatyrfdjeinlid}  oon 
ber  #anb  beS  Ijeffifdjen  SßfarrerS  3uftu8  SBinter x),  tourbe  JBufcer 
an  SRelandjtljott  mitgegeben,  Don  biefem  mit  untoefentlidjen  #nbe* 
rungen  afyeptiert  unb  oon  Sutljer  unb  Sftelandjtljon  untertrieben: 
ber  berüchtigte  SBittenberger  3iatfd)lag  Dom  10.  ©ejember  1539, 
in  bem  bie  Reformatoren  in  getoiffen  Ausnahmefällen  eine  2)i** 


l)  $te  «utorföaf*  28tnter8  $at  fftodtotU  ©.  25  ff.  mit  bur^fdjlagenben 
©rünben  fcftgefteflt. 


$ie  3>oppele§e  ßanbgtof  $$iltpp«  Don  Reffen.  391 

SBenbungen  Dor  ber  Öffentlichkeit,  bem  Äammergeridjt  unb  fon* 
fügen  Snftanjen,  ftd)  ju  [atoteren ,  SRargarete  j.  33.  at«  con- 
cubina  aufljugeben;  benn  ba$  ®efe$  ftrafte  ben  Äonfubinat 
nid)t,  unb  biefer  mar  meiter  nidjt  anftöfetg.  S)od)  lieg  ber  Sanb- 
graf, um  eine  ©idjerfteflung  unter  allen  Umftftnben  ju  erjielen, 
fd>on  jefct  an  bie  SBittenberger  Reformatoren  ba3  Änfudjen  fteüen, 
im  Notfall  audj  öffentlich  ju  ber  S)oppelel)e  fid)  ju  befennen; 
toibrigenfaüd  merbe  er  ben  SBittenberger  SRatfd)tag  ben  juftön* 
bigen  83ef)örben  vorlegen.  Aber  bie  {Reformatoren  unb  mit  i^nen 
ber  furjad)fifd)e  §of  gingen  Don  ber  ©eljetmtyaltung  nidjt  ab, 
toaren  beftenfaOS  für  bie  .ßmeibeutigfeit  ober  gar  Verleugnung 
ju  gemimten,  auf  politifdje  Ünterftüfcung  Don  furfädjfifdjer  ©cite 
im  gafle  öffentlicher  Ungelegensten  burdj  bie  SBigamie  mar  nidjt 
ju  rennen.  Verfuge,  anbermeitig,  bei  S&riftian  III.  Don  S)äne* 
morf  unb  §erjog  Ulrid)  oon  SBürttemberg,  politifdje  ©tfifcen  ju 
finben,  fdjlugen  fef)l;  anberfetts  mar  baä  ©etyeimniä  aud)  burd) 
3meibeuttgfett  nidjt  meljr  ju  magren  —  e3  trat  ber  gaU  ein,  ben 
$f)ilipp  fdjon  bei  ber  3Ber6ung  um  bie  ©unft  ber  SBittenberger, 
in  anberem  gufammenfiange  fdjon  1534,  inä  Äuge  gefaxt  ftrtte: 
88ot  bradj  ©ifen,  mie  ber  Sanbgraf  fagte,  er  fudjte  ben  ©djufc 
be*  Staifert.  Unb  er  fanb  Ujn,  fogar  otjne  in  aller  gorm  bie 
(Jjiftenj  feiner  S)oppelel)e  jugeben  ju  muffen,  greilid)  um  ben 
befannten  $rei$  ber  SReutraütät  gegen  3ülid)  unb  ber  Unter« 
ftfifrung  ber  Äaiferlidjen  unb  SSerljinberung  ber  franjöfifdjen 
SBerbungen,  o^ne  feinen  ?ßroteftanti*mu*  preiszugeben.  95er 
Bergleid)  mit  SRorifc  Don  ©adjfen,  bem  ©unbeSgenoffen  be« 
ÄaiferÄ  im  ©djmalfalbifdjen  Äriege,  ift  gut  beobachtet1),  nur  bog 
biefer  metp  gefdjoben  mürbe,  m&^renb  ber  Sanbgraf  notgebrungen 
Snitiatioe  ergriff.  $a&  bie  ganje  i^m  unbequeme,  meil  fein  Vor* 
m&rt*br&ngen  Jjemmenbe  Stellung  im  ©djmalfalbifdjen  Qunbe  i^m 
ben  Der^ängniöDoDen  Stritt  erleichterte,  ift  Kar. 

©o  meit  in  aller  Äfirje  ber  iatbeftanb.  treten  mir  nun* 
metjr  ber  internen  Aufgabe  Der  Urteil «geroinnung  auf  ©runb 
pfedjologifdjer  Äualijfe  näfjer.  Qux  Qe'ü,  als  bie  Smpörung  ber 
©djroefter  be«  Sanbgrafen,  (Slifabetl)  Don  Stod)li$,  tyodjging, 
fdjrieb  Jöufcer  bem  gürften  bie  tröftenben  SBorte:  „©agt  man 
bann  ftl  böfe*  Don  e.  f.  g.,  meifc  idj  mol,  ba«  e$  Reifet:  audia- 

*)  Sgl.  Sogt  a.  a.  O. 


390  SB.  «ö$Ier, 

©riefen;  fie  burfte  nid)t  jum  genfter  ljinau8fel>en,  nidjt  öffentlich 
in  bcr  Jtirdje,  junt  lange  unter  ben  Seuten  fiel)  fefyen  (äffen, 
unb  menn  5ßl)itipp  fie  auf  feinen  Steifen  bei  fi$  münfdjte,  fo 
gefdjalj  ber  iranäport  bei  9fadjt  ober  in  Derljängtem  SBagen. 
SSor  ber  Dffentlid)feit  Wieb  fie  gräutein  Don  ber  ©ate. 

?(ber  bie  @ef)eiml)attung  mar  nidjt  burd)juffitjren,  unb  bamit 
naijm  ber  ganje  gaU  eine  DerIjängniäDotle  SBenbung.  ©er  Sanb* 
graf  felbft  Ijatte  Don  Slnfang  an  „fein  ©djeu",  ben  getanen 
©djritt  öffentlich  ju  befennen  unb  l)at  barum  aud)  nid)t  in  ge* 
bfiljrenber  SSeife  ba«  ©etyeimni«  gemaljrt,  toie  e3  bie  9Bittenberger 
Geologen  unb  mit  tynen  fturfad)fen  forberten.  Sßf)ilipp3  ©djmefter, 
bie  ursprünglich  Don  ber  ©oppelelje  nidjt*  gemufet  &atte  unb  bei 
ber  auf  SBunfd)  ber  §ofmetfterin  erfolgten  SRitteilung  in  beftigfte 
©rregung  geriet  —  baS  §offräulein  bünfte  fie  offenbar  nidjt 
legitim,  fie  null  fie  nidjt  nad)  ber  erften  ©attin  %ob  als  Doli* 
berechtigte  gürfttn  feljen1) — ,  liefe  in  il)rem  ©rimme  wtDorftd)tige 
Äu&erungen  entfdjfüpfen ;  furj,  bie  ©ad)e  tourbe  befannt,  unb  mer 
etma  nod)  jroeifelte,  ben  mu&te  bie  plöfcfidje  ©efangennafpne  ber 
SKutter  burd)  ^erjog  §einrid)  Don  ©adjfen  unb  feine  ©emafjtin 
Äattyarina  jur  Sefinnung  bringen.  3n  ber  Unterrebung  mit  ber 
§erjogin,  ber  hinter  ber  SBanb  Derfiecft  ein  ©efret&r  beimofjntt, 
geftanb  bie  §ofmeifterin,  itjre  Zoster  fei  ein  etyelidjeS  @emal)( 
be$  Sanbgrafen  fo  gut  mie  ©fjriftina.  §erjog  §einridj  Don 
©adjfen  Derfäumte  nidjt,  unter  Beifügung  ber  notmenbigen  Ur* 
funbenabfdjriften  biefeä  ©eftänbniä  bem  furfäd)fifd>en  §of  ju 
übermitteln.  ©aburd)  mar  biefer  Dor  eine  ganj  neue  grage  gc* 
ftellt;  benn  ÄurfadjfenS  3uftimmunÖ  ru^tc  QUf  bem  SRatfc^lage 
ber  Ideologen,  beren  oberfte  öebingung  aber  mar  ©etjeim« 
Haltung. 

@$  ift  begreiflich,  bafe  man  ben  JBerfud)  ber  2)urd^toingung 
ber  ©efyeimfjaltung  audj  jefct  nod)  machte,  obmoljt  aud)  bereits 
bie  öffentliche  9J?einung  fid)  ber  ©adje  bemächtigt  t>atte.  $ergog 
§einrid)  Don  ©adjfen  Dertufdjte  bie  ©oppelefye  feineSmegS ;  aüent* 
falben,  in  f)effifd)en  Kneipen  mie  am  erjbifdjöflidjen  §ofe  }u 
SKainj,  mar  fie  ©efprädjöftoff;  felbft  bem  franjöftföen  »önige 
fam  fie  auf  bem  Umtoege  über  $agenau  ju  O^ren.  Huf  (pfft* 
fdjer  ©eite  mürbe  nun  ber  SBerfudj  gemalt,  burd)  jmeibeurige 


*)  SBfll.  H.  6.  65. 


$ie  2)oppele$e  Sanbgraf  $$ilipp«  öon  $effen.  391 

SBtnbungen  bor  ber  Öffentlichkeit,  bem  Äammergeridjt  unb  fon* 
fügen  Snftanjen,  fid)  ju  falbieren,  SWargarete  j.  9.  als  con- 
cubina  auszugeben;  benn  bad  ®efefc  ftrafte  ben  Äonfubinat 
tiid)t,  unb  biefer  mar  weiter  nidjt  anftöfeig.  $0$  Heg  ber  Sanb* 
graf,  um  eine  ©ictyerftellung  unter  allen  Umfiftnben  ju  erzielen, 
fdjon  jefct  an  bie  SBittenberger  Reformatoren  ba$  Änfudjen  [teilen, 
im  Notfall  aud)  öffentlich  ju  ber  S)oppele!)e  fidj  ju  befennen; 
toibrigenfaHS  merbe  er  ben  SBittenberger  SRatfdjlag  ben  juftön* 
bigen  Setjörben  üorlegen.  Aber  bie  {Reformatoren  unb  mit  ifjnen 
ber  furfäc^fifc^e  §of  gingen  toon  ber  ©etyeimtyiltung  nidjt  ab, 
iparen  beftenfaQS  für  bie  ßmeibeutigfeit  ober  gar  Verleugnung 
ju  gewinnen,  auf  politifc^e  Unterftüfcung  toon  furfäd)fifd)er  ©cite 
im  gafle  öffentlicher  Ungelegensten  burdj  bie  JBtgamte  mar  nic^t 
gu  rennen.  $erjud)e,  anbermeitig,  bei  (S^riftian  III.  oon  S)äne* 
marf  unb  $erjog  Ulrid)  oon  ffifirttemberg,  potitefc^e  ©tüfcen  ju 
finben,  fd)lugen  feljl;  anberfett«  mar  baä  @et)eimni$  aud)  burd) 
3roeibeutigfeit  nid)t  meljr  ju  magren  —  e*  trat  ber  gafl  ein,  ben 
$f)t(ipp  fdjon  bei  ber  Werbung  um  bie  ©unft  ber  SBittenberger, 
in  anberem  3ufammenf)ange  fdjon  1534,  in$  Äuge  gefügt  f)atte: 
92ot  brad)  (Eifen,  tote  ber  Sanbgraf  fügte,  er  fudjte  ben  ©djufc 
be*  Äaifer*.  Unb  er  fanb  it)n,  fogar  ofyne  in  aller  gorm  bie 
Cpftenj  feiner  3)oppetef)e  jugeben  ju  muffen,  greilid)  um  ben 
befannten  5ßrei3  ber  Neutralität  gegen  3ülidj  unb  ber  Unter« 
ftifyung  ber  Äaiferlidjen  unb  Serfjinberung  ber  franjöftfdjen 
Werbungen ,  ot)ne  feinen  $roteftanti3mud  preidjugeben.  5ßer 
©ergletdj  mit  TOori^  Don  ©adtfeu,  bem  ©unbeSgenoffen  be« 
jtaiferd  im  ©djmalfalbifdjen  ftriege,  ift  gut  beobachtet1),  nur  bafe 
biefer  me^r  gefdjoben  mürbe,  mälpenb  ber  Sanbgraf  notgebrungen 
Snitiatitoe  ergriff.  $a&  bie  ganje  it)tn  unbequeme,  meil  fein  93or» 
märtäbrängen  tyemmenbe  Stellung  im  ©djmalfalbifdjen  Qunbe  i^m 
ben  toert)8ngnietooüen  Stritt  erleichterte,  ift  Kar. 

©0  meit  in  aller  Äürje  ber  Xatbeftanb.  treten  mir  nun* 
metjr  ber  internen  Stufgabe  ber  Urteilsgeroinnung  auf  ©runb 
pfodjologifdjer  Snatyfe  nä&er.  Qux  Qeit,  al*  bie  (Empörung  ber 
©djmefter  be*  fianbgrafen,  ©lifabetl)  toon  5Rod)li|},  tyoebging, 
fdjrieb  JBufcer  bem  gürften  bie  tröftenben  SBorte:  ,,©agt  man 
bann  fit  böfeä  oon  e.  f.  g.,  tt>eife  td)  mol,  ba3  e3  Reifet:  audia- 

*)  Sgl.  Sogt  a.  0.  o. 


392  2B.  ftö^ler, 

tur  et  altera  pars."1)  §eutjutage  unter  bem  (Sinbrud  bec 
SRocfroeUfdjen  ©djrift  unb  in  unbemufct  auSgletdjenber  ©timmnng 
Don  ber  Subelfeier  f)er  tonnte  man  ba£  ©ort  umfefpen.  „gtl 
SSöfcÄ"  rebet  man  nidjt  nte^r  Don  be8  Sanbgrafen  SBigamie,  im 
©egenteil:  er  mirb  gelobt,  meil  er  lieber  eine  @tje  eingeben  moflte 
als  einen  ffionfubinat,  unb  baS  au$  ©emiffenSqualen  f^erau*.2) 
Site  eine  „maljre  Sfyrenrettung  beS  flanbgrafen"  mirb  als  @r» 
gebni«  StotfroeflS  IjerauSgefteHt,  obn>of)t  er  felbft  btefe  tlare  gor* 
mulierung  nid)t  bietet:  „S)er  erfte  Öorfämpfer  beS  beutfdjen 
SgroteftanttSmuS  mar  SBigamift,  aber  er  mar  eS  in  ber  feften 
Überzeugung,  bafc  iljm  ba$  t>on  bemfelben  ©ott  jugelaffen  fei, 
ber  bie  §urerei  ftreng  beftrafe."  Unb  bod)  mögen  mir  audj 
jefct  bad  öufcerfdje  audiatur  et  altera  pars! 

2Ba$  bie  Unterfudjung  fo  überaus  fdjmierig  madjt,  tft  bie 
Xatfadje,  bafc  bie  entfdjeibenben  Unterrebungen  jmifdjen  Sanbgraf 
Sßf)iliW>  unb  ber  §ofmeifterin  oon  ber  ©ale  im  September  1539 
ju  Äaffel  mfinblid)  gefaxt  mürben,  unb  mir  über  ityren  Verlauf 
feinen  Haren  Seridjt  ^aben.    $a$  jmingt  jum  SnbijienbemeiS. 

$ie  ©emiffenäbebenfen  be3  Sanbgrafen  ate  $eud)elei  unb 
^Bemäntelung  ber  ©innlidjfeit  aufjufaffen,  ift  unmöglid).  Sie 
begegnen  Don  Anfang  an  unb  jieljen  fidj  burdj  ben  gangen  93er* 
lauf  beS  gaUeä  tynburd).  Sut^er  gegenüber  I)at  ^ß^tlipp  bie 
ftarlfte  Beteuerung  gebraucht:  [menn  3f)r  mir  nid^t  glauben 
moUt],  „fo  mollten  mir  für  eud)  breten  unb  beffen  ©ott  ju  einem 
3eugen  nehmen,  barnad)  euern  §errn  ben  Jhtrfurften  unb  moflen 
SMeng,  mie  it)r  fyören  fotlet,  erinberen,  barnad)  mef>r  Surften 
unb  ©bellen  unb  eud)  Sachen  beidjtmeiS  eroffenen  unb  bartljun, 
bafc  it)r  und  mufet  entfdjulbigt  galten,  bafe  mir  nit  allein  au$ 
Stffecttonr  fonbern  be3  ©emiffenä  falben  ju  ©ntfliefyung  emiger 
93erbamnig  biefeä  getfjan,  unb  euer  #err,  ber  SJurfurft,  mufe  el 
fagen  unb  unfer  3euge  fein".8)  ©ine  berartige  ©efdjmörung  bor 
©ott  unb  SBelt  verbietet  bie  DöHige  SluSfdjaltung  ber  ©emiffen* 
bebenfen  ate  SRottoe  ber  §anblung,  nid)t  aber  i^re  SRobifi* 
jierung  unb  Umgrenzung. 

l)  ßens,  ©riefroe«fel  1, 159. 

»)  SSfll.  ffiotfroefl  ©.  19r  SSoßt  o.  a.  £).,  A.  in  SRündjcncr  OTg.  8*8- 
Beilage  9fr.  226,  SHe^l  in  (£f)rif!l.  SBelt  1904  9ir.  39,  $orba$  in  Reform. 
Äirdjenaeitung  1904  Et.  47,  48. 

•)  Senj  1,  387. 


3Me  Stoppele*«  fionbgraf  $$ütppÄ  ^on  Reffen.  393 

@8  toirb  betont  »erben  muffen,  baf$  bie  ©etoiffenäbebenfen 
fßrobuft  eine«  pl^fifdjen  SRuind  ftnb.  Sßl)iltpp  toon  $effen 
l>atte  in  fejrueOer  $htfid)t  toll  geroirtfdjaftet,  wid)  fann  mid)  nit 
enthalten,  id)  mufc  ^urerei  ober  bofferd  bei  bem  toeibe  treiben44, 
gefleht  er  felbft.  S)ie  jügellofen  Äuäfdjroeifungen  Ratten  iljm  bte 
€typf)iliS  jugejogen,  mit  ber  fein  33ater  aud)  behaftet  getoefen 
fear.  3)ie  ftranßjeit  machte  il>m  Diel  ju  fdjaffen,  an  ben  Ringern 
brauen  SBunben  auf,  5ßl)ilipp  backte  im  3ult  1539  baran,  Iran!« 
f)eit£l)atber  bie  §auptmannfd)aft  im  ©djmalfalbifdjen  öunbe  nieher* 
gulegen1),  etoaS  öorfjer  Ijatte  er  bie  granffurter  33erf)anblungen 
aber  ben  „Änftanb"  aus  bemfelben  ©runbe  üerlaffen  muffen, 
bann  in  ©ie&en  eine  „§ol}fur"  (©uaiaffur)  burdjgemadji ,  im 
@ommer  ben  Äugöburger  ©pejialiften  Dr.  ©eteon  ©ailer  fommen 
laffen  —  baä  aHe$  unmittelbar  Dor  bem  t>erljfingni*DoUen 
©eptembermonat.  3)er  ßiiftanb  jjj  ein  Derjtoeifelter  getoefen;  bed 
Sanbgrafen  ©djtoefter  ©lifabetl)  riet  angeftdjta  beweiben,  an 
Stelle  ber  Dielen  kirnen  eine  Äonfubine  fid)  ju  galten.  ($3 
ift  fe^r  d)arafteriftifd),  baf$  ber  erfte  öon  Sßfjilipp  in«  ©ertrauen 
©ejogene  ber  Slrjt,  jener  Dr.  ©ailer,  getoefen  ift;  offenbar  ift 
fein  mebijinifdje«  Urteil  über  be«  Sanbgrafen  Ärantyett  auf  ben 
ganjen  Serlauf  nidjt  otjne  ©nflufc  getoefen.2)  3n  ber  erften 
ttugerung  bed  Sanbgrafen  über  feine  STOotioe,  einer  ffirflärung 
an  fBu$er  t>om  SRooember  1539,  ftef)t  an  ber  ©pifce  bie  ftranfc 
^eit:  „erftlidj,  ba3  id)  franef  unb  ber  francfett  ni  ml>er  fidjer,  fo 
td)  in  bem  (eben  Mibe,  tote  tfct\  unb  feine  fämtlidjen  SRotioe 
ftnb  „in  feiner  franf^eit  bebaut".8)  Äud)  9Retand)tf)on 
rebet  t>on  „urfadjen,  baoon  bie  frauen  nidjt  toiffen,  fie  aud)  nid)t 
terfte&en"  (SlodlueQ  ©.  200),  eben  bie  ©9pl>ili3  mit  tyren  folgen. 
Unb  in  Sut&erS  ©eintrat  ift  ba$  (Erfte  bie  ©ratulotion  jur  ®e> 
nefung  Don  ber  ftranf&eit.  ©o  ift  ber  ©ntfdjlufc  be«  Sanbgrafen 
ntd)t  aud  ber  fpontanen  Sinfidjt  in  bie  SmmoratitSt  fetner  8lu$* 
fd)toeifungen  erttmdjfen,  fonbern  aud  ber  brutalen  ©eroalt 
bed  p^fijdjen  JBanlerotteS  tyerauä.  S)aS  3J?ottD  ber 
ptfefifdjen  Sbljilfe  ift  ba«  aller  fritifdjen  Anfechtung  gegenüber 


*)  ffiodroeH  ©.  96. 

■)  $a«  beutet  aud)  ßenj  an  1.  327.  $r.  ©a^mafl!)  machte  mtdj  bar« 
auf  aufmerffam,  ba&  ber  Seifdjtaf  mit  einer  unberührten  Jungfrau  alft 
^eilfaingenb  galt.    Sollte  ©aller  in  biejem  ©inne  genrfrft  tjaben? 

•)  8en|  1,  863. 


894  SB.  Äö$ler, 

junädtft  cinjtfl  fcftftc^cnbe.  @8  ift  baSjenige,  bcffcn  ©puren  ftd) 
mit  ber  2Jtad)t  ber  £atfad>e  t>or  bie  entfdjetbenbe  Unterrebung 
mit  SWargaretenä  SWutter  feftlegen  (äffen,  baS  feine  3Rad)e  für 
irgenb  meiere  ©etoinnungfytoecfe  fein  fann. 

SWan  toirb  be$  Sanbgrafen  SBefenntni«  tum  @nbe  SRotoember 
1539  an  Suttyer  unb  SWelandfjtljon  entgegenhalten,  er  fyobt  au* 
©eroiffenSbebenfen,  trofc  SKatynung  ber  Sßräbifanten,  jahrelang  ntc^t 
jum  ©aframent  flehen  mögen.1)  aber  einmal  —  tyre  Stidjtig« 
feit  t>orau8gefefct  — 2)  finb  biefe  SBorte  gefagt  nadj  ber  Unter* 
rebung  mit  ber  ÜWutter,  unb  fie  fotten  bie  beiben  Sßittenbergcr 
gewinnen,  unb  fobann  mufe  man  bie  Sluffaffung  be$  Sanbgrafen 
t>om  ©aframent  in  Stedjnung  jieljen.  Sin  mal  ift  er  in  ber 
ganjen  geit  jum  ©aframent  gegangen,  aber  mann?  %l*  er  franf 
mar,  an  feiner  ©gpljilis  ferner  litt  (Anfang  1539,  f.  SRoctoefl 
@.  44),  b.  f).  aber,  als  er  ba*  Äbenbmafjl  ald  viaticum  brauste. 
816  ein  magiföe*  SJtyfterium  fielet  er  ba$  ©aframent  an,  unb  bie 
„©etoiffenSbebenfen",  bie  e3  iljn  meiben  laffen,  finb  Ängft  öor 
bem  ©eridjt  be3  §errn,  ba*  ben  untofirbig  ©ffenben  trifft.3) 
Unb  ftenn  er  nad)  ?Ibfd)lu&  ber  £>oppelef)e  jroeimal  jum  ©afra* 
ment  gel)t,  fo  fpielt  audj  ba  bie  SMagie  mit;  biefer  ©aframent* 
gang  ift,  toie  SRocftueQ  felbft  treffenb  fagt,  bie  „©otteSprobe"  auf 
baS  gemalte  Stempel.  SBon  einer  „tiefen  83erjtoetflung"  (SRod* 
toeU  ©.  6)  in  ben  Sauren  1526—1539  ift  barum  nidjt  ju 
reben.  ©etoiffenSbebenfen,  aud)  unabhängig  t>on  förderlichem 
Übetbefinben,  mögen  i^n  f)in  unb  roieber  bebrüdt  tjaben,  aber  fte 
finb  faum  allju  ferner  getoefen;  erft  mit  bem  shok  be*  pljljftfdjcn 
SRuinS  jtoingt  er  fidj  bie  ©nfidjt  ab :  fo  fann  e$  nid)t  meljr  toeiter 
gelten.  2)a$  ^fifäe  ift  baS  primäre,  baS  ©tljiföe  folgt  nadj.4) 


l)  SRodroell  6.  5. 

*)  @*  barf  nämlid)  angemerft  werben,  bafe  SBiganb  fiauje  für  baft 
3af>r  1529  einen  roteber  polten  2lbenbmaf)l«gang  $$ilipp8  angibt  (®$ront! 
1,  191> 

3)  «unb  roufetc  baburdj  nict)t  anberä  ban  $um  geriet  be*  Ferren . . . 
ju  fommen"  (Stotfroefl  ©.  5). 

4)  2Ran  barf  bei  allen  ben  Beteuerungen  $$Uipp*  ntdjt  üergeffen, 
ba|  fie  n  a  4  ber  Unterrebung  mit  ber  $ofmeifterin  fallen.  $eudjetei  finb  fi* 

.  bamit  feine$roeg$,  »oljl  aber  erft  au«  ber  p^t)fifrf)cn  töot  $erau*gewadjfen. 
9Bir$aben  au  «bereit  öor  1539  niajt  ein  ein*  ige*  3*u9ni* 
für  $f)ilipp3  @eiuiffen*bebenfen! 


$ie  Stopptet  ßanbgraf  $$ilipt>*  Don  Reffen.  395 

3)a*  totrb  nod)  beutltdjer  bei  einem  ©lief  auf  bie  Stolle  ber 
$ofmeifterin  Don  ber  ©ale  in  bem  ganzen  $anbet.  3)afe  fte  auf 
ben  ©erlauf  btffelben  entfdjeibenben  ©njTufc  gehabt  bat,  mufe 
ebenfo  ftarf  betont  frerben,  als  e3  jtoetfeKod  ift.  gBäfpenb  bie 
Zoster  bei  ber  ©rauttoerbung  überhaupt  nidjt  in  grage  tarn 
unb  „bie  ÄoHe  eines  getjorfamen  ftinbe«  fpielte",  tyat  bie  SMutter 
t^re  ©ebtngungen  gefteOt.  Unb  biefe  SBebingungen  jielten  ab  auf 
bie  (Garantie  einer  Döflig  legitimen,  rechtsgültigen  Gfp.  3uerft 
tooQte  fte  biefelbe  erft  nad)  bem  ju  ertoartenben  Xobe  ber  leiben* 
ben  Sanbgräfin  geftatten,  bann  unter  ©ürgfdjaft  für  eine  öffent* 
ltdje  Serteibigung  ber  iBigamie,  bann  unter  ©emäl>rleiftung  einer 
aud)  tpimtidjen  3uftimmun8  ber  betben  ©adtfenffirften  Sodann 
griebrid)  unb  SMorifc,  bann  alienfall«  auf  ®runb  eine«  ©utadjten* 
etlicher  ©elefjrten  über  bie  SRed>tmäfiigfeit  ber  Doppelehe  —  fte 
meiert  fdjritttoeife  jurüd,  aber  auf  ber  ©ebingung  ber  (Elje 
beirrt  fie.  Unb  ba$  ganje  93emüt)en  $t)ilippd  get)t  ba&in,  bie 
forbernbe  SWutter  jufrieben  ju  [teilen,  gfir  fid)  felbft  ift  er  über» 
jeugt:  bie  ftodjjeit  fod  unb  muß  ftattfinben;  er  I>at  fogar  fdjon 
ben  §od>jeitetoein  einfaufen  (äffen;  ad  fein  Serben  bei  ben 
SBtttenbergern,  ben  ©adjfenffirften  gefdjal)  feineStoegS  jur  ®e» 
ruljigung  feine«  Oemiffen«  (fo  aud)  SRodweU  felbft  ©.  25).  fon* 
bem  in  elfter  Sinie  gur  {Beruhigung  ber  ©djmiegermutter,  bann 
freiließ  aud)  jum  eigenen  ©djufce  Dor  ber  öffentlichen  SBeinung. 
(Er  Ipt  bie  §ofmetfterin  auf  bem  laufenben  erhalten  unb  gebangt, 
fte  ttürbe  il>re  3ufaÖen  ntdjt  galten1),  unb  unmittelbar  nad)  er* 
Ipltenem  ftonfen«  ber  ^Reformatoren  unb  ber  SinmiQigung  ber 
Sanbgräfin  <Ef)riftine  unb  ber  fäd>fifd)en  ffurfürfien  Kerben  alle 
biefe  Rapiere  ber  SRutter  Dorgelegt,  unb  jefct  erft  ber  offizielle 
Antrag  um  bie  $anb  ber  Zoster  gefteOt.  über  bie  au*  ben 
Gutachten  fpredjenbe  gorberung  ber  §eimlid)feit  ber  ©)e  machte 
bie  $ofmeifterin  fiufcig,  fie  forberte  bie  änmefen^eit  Don  Iran* 
jeugen,  barunter  2Rori&en3  Don  ©adtfen.  Äud>  auf  biefen  SBunfd) 
ging  ber  Sanbgraf  ein ;  um  9Rori$  ju  gewinnen,  rooDte  er  auf 
bie  <£rbfd>aft  bc$  fürjlicft  beworbenen  Cater*  ber  Sanbgräfin, 
fterjog  ©eorgS  Don  Soffen,  Derjid)ten  —  auf  eine  ©umme  Don 
20.000  Salem!    äRan  fiety:  Wltpp   miQ   SRargarete   tjaben, 


l)  $a*  ge$t  au*  Beilage  3  bei  Bödmen  Ijeroor. 


896  ©.  ftityler, 

fofte  e3,  toaS  ed  tooDe!  Stafe  biefe  «bfotutfjett  be*ffiotten*  aber 
lebiglid)  etyifdj  bebingt  fei  unb  nic^t  einen  ftarfen  pf$ftfd)en  Set« 
fa|  §abe,  ift  ferner  glaublich. 

SRit  ber  Auslieferung  ber  ©ofumente1)  an  bie  §ofmeifterm 
unb  iljre  gamilie,  inäbefonbere  ifjren  tatfrfifttgen  ©ruber  ©rnft 
t>on  SHiltifc,  ^atte  Wlipp  einen  ©djritt  getan,  beffen  golgen  er 
itic^t  bebaut  tjatte.  Sene  befa&en  fc§toarj  auf  toeife  bie  Urfunbe 
über  bie  legitime  @f)e  beä  Sanbgrafen  —  barauf  ttmr  eö  ber 
SHutter  angefommen  —  in  §änben.  2>aS  fonnte  jur  Stoffe 
tocrben,  fobalb  einmal  bie  Segitimitfit  biefer  ©je  angegriffen  tourbe 
t)on  irgenb  einer  Seite,  ober  etwa  Don  Sß^tlipp  felbft  Verleugnet 
werben  foQte.  3)ann  fonnte  man  mit  bem  ©egenbetneiS  auftreten, 
ben  Sanbgrafen  jur  Sßafyrljeit  jtoingen  —  man  öerfte&t  jefct, 
toarum  bie  §ofmeifterin  fdtfie&lid)  bod)  mit  ber  §eimlid)fett  ber 
<Sf)e  fidj  einberfianben  erflfiren  fonnte:  fie  toar  banf  ber  $ofu* 
mente  gegen  alle  ©oentualitäten  gebecft.  Unb  biefe  SB  äffe 
ift  gebraucht  toorben;  ber  Sanbgraf  l>at  bor  \f)t  gegittert, 
er  beugt  toor,  itp  §erabfaufen  auf  tyn  ju  fcerljinbem.  Ate  bie 
®el>eiml)altung  ber  S^c  in  ©efafjr  ftanb  unb  t>on  Zag  ju  %a% 
unmöglicher  mürbe,  jeigte  ftd),  bafe  ber  Sanbgraf  in  ber  galle 
fa&.  Alle  bie  in  jener  preffiren  Sage  getanen  ©djrttte  unb  ge* 
führten  SBer^anblungen  laffen  ben  fteten  §inblid  auf  bie  ©c^mieger- 
mutter  unb  „bie  greunbfdjaft  ber  Sßerfon"  nidjt  au£  ben  Äugen. 
2>en  Sufcerfdjen  SBorfdjtag  beS  SBiberrufS  ber  ®t>e  toeift  er  ju* 
rfid  mit  ben  Starten:  „SBaS  meinet  3r,  ba8  ber  betouften  perfon 
freunbe  bartju  jagen,  unb  toie  l)önlid>,  fd)met>eltd)  unb  Derart* 
lid)  eS  inen  unb  unS  fein  tmtrbe?  SBie  motten  toirS  bo$  gegen 
ber  perfon  freuntfdjafft  toerantnmrtenn  ?"  Unb  roenn  fd)on  bie 
ganje  greunbfdjaft  es  jufrieben  tofire,  fo  „tourbe  aud)  bie  perfon 
unb  ire  mutter  fid)  ef>er  bann  fie  in  ain  fold)8  bemittigte,  ju 
trumern  jeneigen  laffen".  2)a8  Reifet  bod):  auf  ein  Sttadjgeben 
t>on  biefer  ©eite  ift  gar  nidjt  ju  rennen,  fo  ba&  Sßtjilipp  Won 
jefct  an  ein  Sßaftieren  mit  bem  Äaifer  benft.2)  Ober  er  toeift  bie 
3umutung  ber  Süge  mit  bem  ©ebenfen  jurfief,  „toie  bi  toittoe 
toonn  ber  ©ale  unnb  tyr  bruber  .  .  .  barju  mürben  gelautet 
tjabenn,    toir   gefdjtoeigen  ber  anbern  irer  an^angenben  frunt* 


*)  6.  ßen*  1,  203. 

»)  6.  bie  Stelle  bei  ßen*  1,  186. 


$te  S>oppe!e$e  Sanbgraf  ¥$UiW>*  tum  Reffen.  897 

fdiafftV)  Df)tit  eine  SBorbefpredjung  mit  biefer  greunbfe^aft 
fann  $f)i(ipp  aud)  nid^t  ju  einer  ®ntfd|ulbigung  gegenüber  bem 
Abel  fic$  entfdjüefeen,  we3  mu&  ein  28eg  gefunben  toerben,  ber 
bie  Angehörigen  ber  ,$erfon'  nid)t  Derlei  üon  benen  jefct 
allein  Anflogen  ju  befürchten  feien44.2)  @f)e  man  alfo 
fagt:  „fem  ©etuiffen  litt  eS  nid)t,  fie  als  feine  ftonfubine  ju 
betrachten  unb  ju  erHören"8),  ober:  „er  t)at  ftd)  mit  §änben 
unb  gfi&en  bagegen  gemehrt,  bafe  manche,  bie  er  ju  {Rate  jog, 
biefe  9tebenet)e  branbmarten  unb  auf  bie  ©tufe  be*  Äonfubinat* 
Ijerabbrfiden  tooKten,  obtoof>l  er  auf  biefem  SBege  alle  ©d>erereien 
auf  eitftn  ©d>lag  loSgetoorben  loäre"4)  (toeil  ber  Äonfubinat 
feine  ftrafred)t(td)en  folgen  nad)  ftd>  30g)  —  foHte  man  fagen: 
er  fonnte  fie  gar  nidjt  al*  feine  ftonfubine  erflären,  toeii  bie 
Sertoanbten  unb  bie  SRutter  baS  nun  unb  nimmer  jugaben  unb 
ba*  SRtttet  befafeen,  i^n  jeberjett  Sögen  ju  ftrafen.  2)a»  fdjliefet 
natürlid)  eine  geroiffe  SRitterlidjfeit  unb  ©>rent>aftigfett  nidjt  auä, 
aber  felbft  StodtoeÜ  gibt  —  toenn  aud)  nur  in  einer  Änmerfung 
(©.  75)  —  ju,  bafe  bie  ©d>eu  t>or  ber  Sfige  bei  SßfjiKpp  md>t 
fo  ftarf  toar  —  feine  ©djmefter  f>at  er  belogen  — .  Unb  für 
„ein  jeülang"  toenigften«  toollte  er  ftd|  audj  ben  tarnen  Ston* 
fubine  gefallen  laffen.6) 

Ängefidjt*  biefer  entfd)eibenben  Wolle  ber  §ofmeifterin  in 
bem  ganzen  $anbe(  liegt  bie  grage  nafje:  3ft  fie  bieüeidjt  bie 
SRutter  be$  ganjen  SßrojefteS?  §at  fie,  um  bie  @f)re  i^rer  Zoster 
ju  magren,  ben  S^eplan  aufgeteilt  ? 6) 

®or  ber  SBeajtttoortung  junäc^ft  eine  ©orfrage:  SBann  taucht 
ber  $lan  einer  SBerbinbung  *ßl)ilipp$  mit  Margarete  auf?  ©eit* 
bem  §eppe  in  ber  3eitfdjrift  für  bie  Ijiftorifdje  Geologie  1852 
einen  ©rief  Sutfjer«  an  ^ß^tlipp  üon  Reffen  00m  3al)re  1526, 
ber  baS  Stjema  ber  SBigamie  be&anbette,  veröffentlichte,  ftanb  ed 
feft,  baft  feit  1526  ftdj  ber  Sanbgraf  mit  bem  ©ebanfen  ber  Sin« 


l)  Gbenba  1,  201. 
»)  dbenba  1,  208. 
*)  Mgetn.  ßeitung  *Rr.  226. 
4)  $ie&l  a.  a.  O. 
•)  fienj  1,  342. 

•)  %u$  Sogt  wirft  biefe  gtage  auf,  um  fie  allerbing»  fofort  alft 
„galt*  unn»atyFfd)einlid?M  beifeite  *u  (Rieben. 


398  SB.  ßö§ler, 

geljung  einer  ©oppele&e  trug,  ©o  aud)  Senj.1)  $iefe  Anficht 
I>at  SRocftüeU  ftarf  erfdjüttert.  SRit  oollem  ffledjt  ©er  Suttpr* 
brief  befjanbelt  baS  £l>ema  „JBigamie"  ganj  im  allgemeinen,  auf 
eine  ©pejialifierung  auf  ben  gatt  einer  lanbgräflidjen  Doppele^ 
beutet  nid)t3.  @8  toirb  fidj  um  eine  allgemeine  anfrage  bed 
Sanbgrafen  ge^anbelt  Ijaben;  ba3  Xtjcma  intereffierte  tyn,  ben 
eifrigen  Sibettefer,  unb  er  toenbet  fid)  an  bie  ©teile  um  2u£ 
fünft,  bie  bamalS  nodj  Ijddjfte  Autorität  für  üjn  mar.  2)a3  toirb 
um  fo  toat)rfd)einlid)er,  als  ba8  S^ema  in  ber  Suft  lag;  eine 
3Bod)e  nac§  bem  ©rief  an  ben  Sanbgrafen  f)at  Suttjer  über  bafr 
felbe  Zf)tma  an  ben  §errn  gu  8ieid)enbad)  im  8ogtianb,#3ofepl) 
Setoin  äRefcfdj,  getrieben,  unb  toenn  l)ier  ganj  beutlidj  (nidjt  nur 
„möglich4',  tote  Stadtteil  tütH  ©.  258)  nad)  bem  3ufammen^an8e 
Änfpielungen  auf  ba3  ©djtoarmgeiftertum  SRünjerS,  Sarlftabtf 
unb  feiner  ©enoffen  Vorliegen,  fo  ift  offenbar  ber  9lnlafe  ju  bed 
Sanbgrafen  ©djreiben  f)ier  ju  fuc^en.  ©onftige  Äußerungen 
aber,  bie  auf  eine  f r ü t) e  Äonjeption  beS  ©ebanfen* 
einer  £>oppe(t)etrat  bei  Sßl)itipp  beuteten,  ejiftteren 
nid)t.  (2)enn  eine  Säuberung  Sßl>ilipp&  an  bie  ©djtoiegermutter 
oom  Sanuar  1540  toirb  man  nid)t  batjin  rennen  bürfen.  Sßtjilipp 
fyat  bamate  gefagt,  er  Ijabe  fdjon  nor  10  Sauren  eine  Poppet 
elje  im  ©inne  gehabt;  aber  ba$  foQ  offenbar  bie  §ofmeifterin 
beruhigen,  bie  gerabe  bamatS  ©djtoierigfeiten  machte.)2)  3m  (Segen* 
teil!  @r  t)Qt  &arl£  V.  peinliche  §al«gerid)t$orbnung  mit  ber 
Xobeäftrafe  auf  SBigamie  in  feinen  Sanben  veröffentlicht,  f>at  im 
©efpräd)  mit  ben  ÜRünfterfdjen  SBiebertäufern  ibre  poltjgaraiftifcf)en 
©ebanfen  mtberlegt.  @8  toirb  alfo  uidjt  angeben,  ju  fagen:  „er 
fam  auf  ben  fdjon  früher  ertoogenen  ©ebanfen  jurücf,  burdj 
bie  @ingef)ung  einer  2)oppele^e  emiger  Serbammntö  }u  ent* 
fliegen".3)  S)er  ©ebanfe  ift  tuelmeljr  einer  afuten  Situation 
entfprungen  —  fo  fommen  toir  toon  anberer  ©eite  ju  bem  früher 
gewonnenen  (Ergebnis,  ba&  bie  pf)t)ftfdje  ©epreffton  SßljilippS  im 
Saljre  1539  ben  gangen  „gaU"  fdjuf. 

')  1,  327. 

■)  Ober  aber  biefe  Äufeerung  ift  allgemein  |u  Derfte§en :  ber  Sanb* 
graf  $at  fdjon  bor  10  Qaljren  ben  SBigamiegebanfen  a(*  folgen  (ofßt 
Ämoenbung  auf  fid))  erwogen.  3)aS  fönnen  mir  ja  für  1526  —  14  3a$re  — 
belegen.  S)a8  ballige  f onftige  ©djtoeigen  verbietet,  biefer  Äufjermtg 
©ert  beigumeffen. 

3)  SRocfroeH  <S.  6,  baju  ©.  256.    öeibe*  ftimmt  nt$t  ganj  jufammen. 


Sie  Stoppele^  Sanbgraf  ¥$tltpp«  Don  $e(fen.  399 

»bei,  fo  fragen  mir  toeiter,  l)at  benn  ber  Sanbgraf  na$  ber 
(SrfenntniS,  bafe  c8  fo  tote  btefcer  nidjt  mefjr  tDetterget>en  fönne, 
babei  Don  Dornt>erein  oorgetyabt,  SRargarete  Don  ber  ©ale  ju 
betraten?  Ober  ift  biefer  ©ebanfc  erft  ein  Sßrobuft  ber  93er« 
tjanblungen  mit  ber  §ofmeifterin,  unb  fy&ttt  ii)m  urfprfinglid)  für 
bie  t^ftipung  eines  foliberen  SebenSmanbelS  ber  ftonfubmat  ge* 
nögt?  SRodtroefl  toirft  biefe  t^age  überhaupt  nid)t  auf  unb 
nimmt  bie  Urfprünglidjfeit  be8  §eirat«ptane$  ot>ne  toeitcrcÄ  an; 
idj  glaube,  fie  mirb  nid)t  nur  aufgeworfen  werben,  fonbern  bie 
Urfprünglidjfeit  be«  §eiratöplane«  audj  Derneint  »erben  muffen. 

„Der  grofce  <ßohttfer  be*  ©d)malfatbifd)en  ©unbe*,"  fagt 
fflotfroett  (©.  92),  „toar  Diel  ju  Dorfidjtig,  um  toid>tige  ©dritte 
ju  tun,  otyne  Dörfer  bie  «Stimmung  feiner  ©enoffen  erforfdjt  ju 
t)aben.  @d)on  oor  Stnge^ung  ber  Doppelehe  ^atte  er  burdj 
©atler  bie  Stellung  Derfd^iebener  mafegebenber  Sßerfönlid|fetten 
m  ben  ffibbeutfdjen  ©täbten  ju  einer  eDentueOen  f>eimlid)en 
{Bigamie  erfunben  laffen,  aber  ofcnc  ba§  tarnen  genannt  ttmrben." 
Genauer  jugefel>en,  tritt  biefe  SBorfidft  aQerbing*  „Dor  (Eingebung 
ber  Doppelefje"  auf,  aber  erft  nad)  ber  entfd)eibenbcn  Unter« 
rebung  mit  ber  $ofmeifterin.  Da*  jeigt  bodj  toot)l,  baft  ber 
e^eplan  erft  in  biefer  Unterrebung  feftgefteQt  tourbe.  SBar  er 
toirflid)  „ber  grofce  Sßolitifer"  unb  ber  Pan  fdjon  Wngft  gefa&t, 
tyitte  er  bann  nidjt  früher  ba*  Xerrain  fonbiert? 

Aber  biefe«  Argument  ift  nidjt  jtoingenb.  SRan  Jann  ben 
„grofeen  ?ßolitifer"  im  ©inne  be*  „großen  Diplomaten"  in  Steifel 
jir&en,  aud)  fagen,  bafe  bie  (Einholung  ber  fdjttriegermfitterlidjen 
SinmiQigung  ba*  Srfte  fein  muffte  Dor  aOem  SBeiteren.  Da« 
alle*  toäre  jujugefte^en. 

9tun  aber  bat  bie  §ofmeifterin  bei  ilper  83erl>aftung  in 
Drüben  ein  eigenartige«  ©efiänbni*  gemalt.  Die  $erjogin  Don 
9lod)li$  fdjreibt  an  it>ren  ©ruber,  grau  Don  ber  ©a(e  fofle  in 
Drüben  gefagt  ^aben:  „ffi*  tonne  fie  nimant  barum  Dorbencfen, 
ba*  fie  bem  IautgroDen  ire  toedjter  eefjelid)  jugefurt  unb  beigelegt 
Ijatte,  ban  mo  ba*  nid)t  befdjeljen,  fo  Ratten  toir1)  bod) 
fünft  burd)  bie  Ringer  gefe^en,  ba*  fie  und  Don  im 
entfurt  ober  fünft  ju  fdjanben  morben  mere."  Die 
§erjogin  f)at  ba«  nid>t  glauben  tooHen,  aber  e«  mad)t  fie  ftufcig, 


l)  b.  $.  <SUfabet$  t»on  9h>d)lifr. 


400  IB.  Äö$ler, 

bog  audj  (Srnft  Don  SWiltifc  erjagte,  bte  §ofmetfterin  fyabt  gefagt, 
bafc  „fie  bod>  forge  gedopt,  too  fie  im  9Kartf>en  nidjt  gufuren, 
morbe  er  bodj  fie  und  entfuret  l)aben,  bei  und  ober 
bei  einem  man,  fo  fie  einem  üerlopt  mere,  ober 
moedjte  fünft  t>on  im  gufdjanben  morben  fein44.1)  S)a* 
Reifet  bod)  nichts  anbere«  ate:  „tvtnn  bie  §ofmeifterin  iljm  bte 
Softer  nidjt  gur  @t)e  gegeben  t>ätte,  märe  fie  it>r  mit  ®etoalt 
entfuhrt  morben  —  nnb  gmar  nidjt  etma:  mit  ©eroalt  gut  ft^e 
entführt  morben,  fonbern  fie  toürbe,  toie  bte  §ofmeifterin  gmeimal 
fagt,  Don  it>m  „gufdianben  morben  fein."  Äann  biefe  Drohung 
ber  gemaltfamen  ®ntfüt>rung  gum  Qtotdt  ber  gefd)led)tlid)en  SBer* 
einigung  aber  ein  ÜWann  gefprodjen  I>aben,  ber  toon  t>orn^eretn 
au3  fdjmerfter  ©etoiffenäbebrängniS  t>erau8  eine  (Slje  unb  nur 
eine  ®l}e  gemollt  l>at?!  §ätte  er  bie  ßtye  Don  Dorntprem 
getoottt,  fo  märe  bie  ©rotjung  ber  Sntfüljrung  ja  audj  gar  nidjt 
notmenbig  gemefen,  in  puncto  ©)e  liefe  bie  §ofmeifterin  mit  ftdj 
^anbeln.2)  ©ang  offenbar  aber  ift,  um  gunädjft  gang  allgemein 
gu  reben,  ber  Sßlan  ber  @§e  eingeführt  morben,  um  eine  unfttt« 
lidje  (Entführung  auSguf djlie&en.  Sanbgraf  Sß&ilipp  t)at  alfo  bei 
feiner  Unterrebung  mit  ber  §ofmeiftertn  urfprünglid)  SWargarete 
nur  „Ifaben"  wollen,  ri\d)t  aU  (Sfjefrau  Ijaben  motten. 

S)er  ©nmanb,  bie  SluSfage  ber  ^ofmeifterin  fei  eine  @e(6ffc 
befdjbnigung  unter  bem  3)rud  ber  SSertjaftung,  ift  nidjt  ftidjtyaltig. 
Der  Sapbgraf  felbft  ergäbt  in  feiner  Äufgeidjnung  über  jene 
Unterrebung:  „idj  modjt  fie  med  furren,  ba  toolbt  fie  gurnen 
unb  aufzerren"  (föotfmett  ©.  316).  Unb  gmar  Ijat  ^fjitipp 
ba3  gefagt,  unmittelbar  nad>bem  ber  ©igamieplan  gur  ©pradje 
gefommen  mar,  offenbar,  um  einen  ftdj  fdjürgenben  Änotett  gu 
burd)f|auen.  ÄeineSmegS  nämlid),  menn  man  unbefangen  bie 
lanbgräflidje  2Jufgeidjnung  lieft,  ftet>t  barin,  baj$  Sß&ilipp  fogleidj 
öon  ber  SBigamie  fpradj.  8113  ©nljeitSgebanfc  gieljt  fid)  t>telmef|r 
burdj  bie  Q-orberung  einer  (£t>e  feiten«  ber  SRutter.  ©te  fogt 
guerft,  innerhalb  breier  Saljre  motte  fie  iljre  Zoster  feinem 
9ftanne  geben,  motte  fie  lang  auf  Sßfjiltpp  märten  laffen.  3* 
gtoifdjen  mag  Sßtytlipp  in  ifjr  §au3  tommen,  fie  mill  bie  Softer 


*)  föocftöett  ©.  54. 

f)  ©o  ift  e8  fel)r  eftarafteriftifd),  ba&  fie  unter  ber  ©arantie  ber  £$e 
fct)lieglic^  gegen  eine  2Begfü$rung  audj  gürnt,  bod?  „nit  $u  ferr\ 


SHe  ftopptUty  ßanbgrof  W^PP*  bon  Reffen.  401 

and)  )U  iljm  bringen,  tote  ba«  bisher  fdjon  gefdjefjen  mar. 
Stirbt  $f)iliW*  SBeib,  fo  foH  er  ffc  ganj  betommen.  @rft  als 
man  fo  toeit  ge&anbelt  ijat  —  bem  Sanbgrafen  nid)t  jur  ©enüge  — , 
fotnmt  bie  ftonjeffion:  toenn  bie  ©igamie  öffentlich  berteibigt 
toirb,  „fo  ttmlbt  fie  mir  fie  folgen  (äffen",  unb  jugleid>  jene 
£>rof)ung. 

Der  toeitere  ©ntoanb:  um  Margarete  als  Äonfubine  ju  be* 
tommen,  Ijätte  e$  folget  langwierigen  Unterfyanblungen  nidjt  be* 
burft,  ift  ebenfalls  nidjt  ftidtöattig.  (£*  fteljt  feft,  bafe  <ßt)ifiw> 
üor  ber  S^e  mit  SRargarete  feinen  gefdjledjtlidjen  SBerlebr  ge* 
pflogen  Ijat  „SBir  fjaben  SWärgareten  lieb  geljabt,  aber  etjrlidj-1 
(Senj  1,  387,  ögl.  360  sub  1,  JRodmeQ  ©.  56  ff.).  (SS  ift 
Stirifdjen  ben  beiben  nidjt  über  baS  fog.  „©lau  ben  fdjtafen" 
fjinauägefommen,  ein  gemeinfameS  Seben  in  oder  3&ttlic^feit  unb 
©innlidjfeit,  aber  auf  £reu  unb  ©tauben  ber  SJer^ütung  fegueOer 
S3ermtfd)ung  —  metletdjt  ein  8teft  be£  alten  ©ijneiSaftentum*,  ber 
virgines  subintroductae.1)  ®8  ftetyt  ferner  feft,  bafe  SRutter  unb 
Semanbten  bie  $od)ter  jur  Äonfubine  ju  gut  fear  —  SBertjanb* 
fangen  toaren  alfo  für  ben  gafl  einer  berartigen  SBerbung  nidjt 
mtnber  notmenbig  als  für  ben  (EfpfaQ. 

(Snblidj,  man  fann  nidjt  fagen :  nur  bie  Slje,  nidjt  ber  Äon* 
tnbinat  fonnte  $ßt)Uipp$  ©emiffenSbebenfen  toirfltdj  beliebigen, 


*)  5ür  bie  ftormel  glauben  föfafen"  mied  mid)  $t.  S3ünfd)  (in 
auf  ben  intereffanten  ©eridjt  in  ben  „Senfroürbigteiten  be*  $an$  Don 
6<f>»eintdjen"  (&r*g-  *on  OefterleoJ  6.  33 f.:  „SBie  mir  in  bie  Kammer 
tommen,  liegen  aroet  Sunfem  mit  Jungfrauen  im  Bette,  biefer,  ber  mit 
mir  t>ortan&et,  fiel  famt  ber  Jungfer  aud)  in  ein  Bette.  3dj  fraget  bie 
Jungfrau,  mit  ber  idj  tanket,  roaS  mir  machen  wollten.  Auf  TOecffenbur* 
gifd)  fo  faget  fie,  idj  foflt  midj  ju  i$r  in  i$r  Bette  aud)  legen,  baju  idj 
mid)  nidjt  lange  bitten  lieg,  leget  mid)  mit  Hantel  unb  ftleibern,  tngleidjen 
bie  Jungfrau  audj,  unb  reben  alfo  bi*  üoQenb  &u  Sag,  jebod)  in  aflen 

(fctjren $a*   $eifeen  fie  auf  Xreu   unb   Glauben   beige« 

fd)Iafen.M  gür  bie  ©ntfte^ung  biefed  Brause*  bermieS  mid)  fcr.  SBünfd) 
auf  O.  ©Araber:  Xoten^o^eit  (1904)  6.  28.  2) ort  mirb  bei  „fta^lreicften 
Böltern  be*  Altertums  unb  ber  fteujeit"  al«  „feftfte^enbe  Sitte  ber  Braut* 
nadjt*  ber  Beifdjlaf  mit  ber  Braut  fettend  ber  Brautführer  angeführt,  eine 
Sitte,  bie  „abgeblagt"  bei  ben  <Sübflat>en  bezeugt  ift:  „3n  ber  ürinagora 
fdjlafen  bie  erfte  ^arf)t  bie  Brautführer  bei  ber  Braut,  natürlich  allcd 
in  (S(ren.M  —  Bliebe  noa^  ju  erflären,  mie  ber  ©oa^jeitsbraueö  t*on  ber 
§oä)}eit  loftgelöft  jum  ^>of brauch  würbe.  ©oUte  ba  bad  @nneidaftentum, 
bat  eine  anbere  SBurjel  ^at,  mitgefpielt  fyabtn? 

Worito*  Bcitf^itft  (Ob.  94)  K.  5-  Ob.  lviii.  26 


402  SB.  ftö^ler, 

ifjm  nrirffamen  ©d)U|  geben.  SBorauf  e$  anfam,  fear,  toenn  id) 
fo  fagen  barf,  ein  „folibeS  SJerWItniS",  ba8  bie  jügellofen  8u* 
fdjroeifungen  toerljinberte.  ©djon  ©lifabetf)  Don  SRod)U|  aber  fjatte 
gegen  biefe  als  §eil*  unb  ©djujjmittet  ben  Äonfubiriat  empfohlen: 
„er  follte  ftd)  eine  99eifd)laferin  galten  ftatt  ber  bieten  §uren" 
(Siocfteett  ©.  19).  Änberfeit^  toirb  natürlich  bie  ©&e,  nadjbem 
ber  Oebanfe  einmal  in  bie  Debatte  geworfen  toar,  als  nod) 
beffereS  ©djufcmittel  empfunben  toorben  fein,  unb  eS  madjt  Sßt>ilipp 
alle  ffifjre,  mit  allen  SMitteln  tyren  Äbfdjtufj  betrieben  ju  l)aben, 
toobei  man  nur  ba8  ©etoidjt  be$:  id}  toitt  fie  tyaben  um  jeben 
?ßrei$!  titelt  unterfdjäfcen  barf. 

Aber  toer  t)Qt  ben  ©ebanfen  an  bie  Gtye  juerft  in  bie  Debatte 
eingeführt?  $ljilipp  ober  bie  §ofmeifterin?  6$  fpric^t  manche« 
für  bie  ^ofmeifterin.  Sljr  unabläffige«  bringen  auf  bie  Glp 
tö&t  üermuten,  bafc  fie  biefelbe  jum  ©d)u$  ber  ©jre  i&rer  Softer 
auSgefpielt  l)at.  Hud)  ber  ©tolj  ber  SKutter  Aber  „tyre  Zoster, 
bie  ßanbgräfin",  ime  fie  tyn  in  2>re3ben  äu§erte,  erflärt  ftd)  t>on 
ba  au£  am  beften;  mütterliche  ©itelfeit  toäre  bann  Sttebenmotfo 
getoefen.  ÄnberfeitS  ift  nidjt  unmöglich,  bafe  Sßtjilipp,  unbefriebigt 
burd)  bie  ©etofityrung  ber  ®l>e  erft  nadj  bem  Stöbe  feinet  SBeibtf, 
bie  S)oppelel)e  proponierte;  ber  ©igamiegebanfe  als  fold^er  mar 
if)m  ja  befannt,  jefct  machte  er  als  ÄuStoeg  bie  Hntoenbung  auf 
fidj  felbft.  Stafür  fpridjt,  ba&  bie  SKutter  Siebenten  $at  über 
bie  ©rlaubt^ett  be8  ©djritteö  t>or  ®ott.  2>od>  e£  tiefeen  ftd) 
biefelben  au*  bem  bod)  immerhin  ungewohnten  SBorfdjlage  ge* 
nägenb  rechtfertigen.  SKan  hrirb  l>ier  bei  einem  non  liquet 
fielen  bleiben  muffen. 

@3  [teilt  fidj  und  ber  ganje  jpanbel  alfo  fo  bar:  fianbgraf 
Sß&ilipp,  burdj  ben  heftigen  ÄuSbrud)  ber  ©Qpt)tltÖ  ferner  erfranft, 
fdjlägt  baS  ©ettriffen;  bie  plfeftfdje  SWatytung  toirb  jur  inneren 
©nfe^r;  bie  $urentotrtfd)aft  foQ  ein  @nbe  nehmen;  in  folibem 
85erl)ältni8  tütll  er  ju  bem  §offräutein  feiner  ©d)toefter  fidj 
galten,  mit  ber  er  fdjon  Dörfer  toerfefyrt  unb  getänbelt  Ijatte  bis 
an  bie  ©renje  beS  ÄonfubhtatS,  otjne  fie  aber  Übertritten  Ijaben 
ju  fönnen  ober  ju  tooQen.  ÜWargarete  toon  ber  ©ale  foD  ©attinnen* 
rechte  genic§en,  b.  t).  bie  einjige  fein,  ber  ber  toon  ber  redjt* 
mäßigen  ©emat)Un  um  tyreS  ©teinletbenS  unb  Übeln  ©erudjeS 
abgeflogene  fid)  in  (au&erel)elidjer)  SBermifdjung  na^en  hriO.  3n 
ber  Unterrebung  mit  ber  SRutter  aber  ergeben  [xd)  ©djtmerig* 


Sie  2>oppele$e  fianbgraf  $$iltpp8  Don  Reffen.  403 

fetten;  bie  SRutter  roiü  nur  eine  ©f)e  (seil,  nad)  bem  $obe  ber 
Sanbgräfin)  ober  ba«  bid^ertge  tyarmlofere  SBerljättniS;  bie  Drohung 
einer  getoaltfamen  @ntfüt>rung  toirb  mit  ©ntrüftung  abgetoiefen. 
Snbetn  ber  Änoten  fitb  fäürjen  tuill,  fällt  ba*  SBort  Don  ber 
Doppelehe;  Don  toem  juerft,  ift  ungewife.  Da3  ©ort  bleibt  Soften, 
toirb  $rojeft;  bie  §ofmeifterin  tafet  fidj  barouf  ein;  ^ß^tüpp  Der* 
folgt  ben  Sßtan  mit  allem  feinem  Ungeftüm,  Diefleidjt  jefct  audj 
in  ber  (Srtenntniä,  bog  bie  @t>e  feinem  ©etoiffen  nodj  ein  befferer 
©djufc  fein  toerbe  a(3  ber  Äonfubinat.  Die  weitere  SBertoicflung 
fennen  mir,  bad  ©nbergebmS  ift:  au«  ber  urfprünglid)  rein  per» 
föntic^  gebauten  Affäre  ift  eine  ©taatSaftion  geworben  Don  Der* 
j)ängni£DolIften  folgen  —  Heine  Urfadjen,  grofee  SBirfungen! 

Som  ffit>arafter  be«  Sanbgrafen  au3  Derfteljt  fidj  biefer  ®ang 
ber  Dinge  leicht;  bie  SBigamie  in  biefer  Äujfaffung  ift  eine  neue 
©eftätigung  ju  ber  Don  Strfiger  in  feiner  ©ie&ener  afabemifdjen 
geftrebe  jur  $ppp*geter  mit  JRedjt  betonten  „SRaiDetät"  $l)itippa. 
©d)neü  geljt  er  bor,  aud)  eigenfinnig,  tyartnädtg  baS  Qkl  Der* 
folgenb,  oljne  ftcf)  Aber  bie  SBidjtigfeit  ber  SBenbung  Dorn  ftontnbinat 
jur  Doppelehe  ©ebanfen-  gu  madjen,  fie  überhaupt  ju  eriennen. 
(Sr  tyält  fie  für  re$t,  ntdjt  auä  purem  ®goi8mu$;  fein  ©etoiffen 
ftnbet  Stu&e  barin,  alfo  mufc  fie  redjt  fein.  SBiefleidjt  barf  man  in 
btefem  £ug  bed  Unbefangen*9?aiDen  ein  Studien  Dom  „mobernen" 
Wenden  on  $l)ilipp  fefjen.  (Sr  fefct  ftcf)  Ijintoeg  über  bie  gor* 
btrungenbeä  ©ittengefefce*  unb  ber  ©efeüfc^aft,  nid>t  in  be* 
toufetem  Übermenfdjentum  —  baju  toar  er  ju  firdjlid)  unb  im 
©etoiffen  gebunben  — ,  tootyl  aber  in  einer  genriffen,  Dielleid)t 
mc^r  unbetou&ten  alä  betou&ten  Smpftnbung  für  bie  Straft 
mcnfdjlidjiperfbnlidjen  SBoflenä.  Die  „naiDe"  Unbefangenheit  beä 
Sanbgrafen  ift,  foQ  fie  nidjt  jur  Dummheit  tjerabftnfen,  ^ßrobutt 
eines  lebhaft  tooflenben  ©eifieä. 

©e^r  vorteilhaft  unterfdjeibet  fidj  Sanbgraf  Sß&ilipp  burdj 
biefe  Unbefangenheit  Don  Sut&er.  Diefe  SBeltoffenl>eit  ift  bem 
Ideologen  fremb.  ßutfjer  i)at  bie  ganje  grage  unter  tyeologifdjem 
@eftd)t*punfte  betyanbelt.  Darin  liegt  feine  ©tfirfe  unb  jugleid) 
feine  ©d)toäd)e  —  bie  ©tärfe  in  ber  eifernen  Äonfequenj,  bie 
©d)toäd>e  in  Snfonfequenjen,  bie  bennod)  eintraten,  unb  über  beren 
C^orafter  er  fid)  nidjt  flar  getoorben  ift. 

Die  burd)  ©ufcer  ben  äBtttenbergew  übermittelte  Sitte  be* 
Sanbgrafen  t)at  Suttyer  al*  eine  «eidjtfrage  aufgefa&t,  ben  SBitten* 

26* 


404  SB.  florier, 

berger  9?atfd)lag  bementfprerijenb  als  ©eintrat.  5Da8  ift  ber 
©djlüffel  ju  feinem  ganjen  Serratien.  ©eine 
®mpfet)lung  ber  Sigamie  tjatte  ©filtigfeit  nur  innerhalb  ber 
©eid)tfpf)fire,  hmr  eine  dispensatio  pro  foro  interno  tantum, 
unb  fd)lofc  als  folrfje  jebe  ©eltung  im  öffentlichen  ftaatlidjen 
Stedjtäleben  auS.  „3n  einer  dispensatio  pro  foro  interno  tantum 
gibt  ber  ©eidjttmter  aus  ©rfinben  ber  ©eetforge  ettoaS  ju,  loa* 
fonft  öom  toeltlirf)en  ober  fird>lid)en  ©efefc  verboten  ift.  ©iefer 
Einrichtung  liegt  bie  JBorfieHung  jugrunbe,  bafc  ber  Snbjtoed 
aller  menfdjlid)en  Drbnung  ift,  bem  ©eelenljeil  ju  bienen;  toemt 
nun  ba*  arme  ©eloiffen  fo  in  9Renfd)enfa$ungen  toerftritft  ift, 
bafc  ot>ne  beten  Verlegung  fem  ÄuStoeg  an*  ber  ©ünbe  ftd> 
bietet,  barf,  ja  mufe  ber  Sßriefter  ben  Änoten  burdjljauen,  inbem 
er  bem  Sßönitenten  geftattet,  ÜÄtttel  l)eiinlid>  ju  gebrauchen,  bie 
gefeHfdjaftlftfj  Verboten,  bodj  aber  in  ©otteS  Äugen,  alfo  an  unb 
ffir  ftdj  nidjt  unredjt  finb."  ©inen  berartigen  gaD  f)at  Sutljer 
angenommen  angeftdjtS  ber  lanbgräf liefen  Srage;  bie  i^m  mit« 
geteilten  ©etoiffenSbebenfen  $f)ilipp3  ^at  er  burdjauS  emft  ge» 
nommen,  barum  bie  gorberung:  Su  fannft  unb  mufct  bidj  ent* 
galten!  überhaupt  nidjt  toeitcr  gefteüt,  fonbem  fofort  fid)  an 
bie  oorgefdjlagene  ßäfung  gemacht,  getreu  bem  ©runbfa(e,  ba§ 
ber  93eid)tDater  ba£  SBeid>tfinb  burdj  SBertoeigerung  ber  äbfolution 
nic^t  jur  aSerjtoeiflung  bringen  barf.1) 

Aber  toax  bie  Söfung  ber  ©igamie  erlaubt  bor  ©ott,  beffen 
SRunb  ber  ©richtiger  ift?  3)er  göttlidjen  SlutoritatSquellen  fennt 
öuttjer  jtuet:  bie  ©ibel  unb  baS  jftaturredjt,  jene  fpejieQe  gött* 
Itc£)c  Offenbarung,  barum  erftflaffige  Autorität,  biefer  allgemeiner, 
jebem  SWenfdjen  inä  §erj  gelegte  common  sense,  barum  jtoar 
göttlichen  UrfprungS,  aber  jtoeitflaffig.  2Bie  fielen  biefe  Äutori* 
täten  jur  ffltgamie?  Sftad)  bem  9?aturred)t  ift  bie  ©igamie  öer* 
boten:  polygamia  est  contra  naturam.  Monogamia  est  de 
lege  naturae  et  bigamia  contrariatur  legi  naturae.  über  nun 
madjt  fid(  bie  2Winbertt>ertigfett  be3  Üftaturredjtä  gegenüber  ber 
Offenbarung  geltenb,  fo  bafe  fdjon  bie  ©eftimmungen  aber  ba$ 
naturredjtlidje  ffierbot  ber  SBigamie  fdjtoanfen  fönnen.  5Da«  Siatur» 
red)t  ift  nidjt  unöeränberlid),  e3  lann  buref)  ©pejialgebote  burdj» 
brocken  toerben,  unb  biefe  ©pejialgebote  bürfen  öon  ben  ß&riften 


')  S.  bie  guten  HuSfüljrungen  fftodtotU  ©.  148  ff. 


2>ie  S)oppele$c  ßanbgraf  $$ilipp*  Don  Reffen.  405 

imterfyilb  tyrer  ©pf)Sre  angemenbet  merben,  fobalb  fie  exempla 
für  ftd>  fcaben.  3)aju  gehört  aud)  bie  $oll)gamie,  ntd)t  ober 
3.  8.  bie  eijefdjribung.  ©old|e  exempla  ftnb  bie  ®f)fn  ber 
$atriard)en  bed  Alten  Sunbed;  ba  fie  aber  nur  aud  9iot  ge* 
fdjloffen  mürben,  barf  aud)  ber  &t)rift  nur  aud  Slot  ein  jmeited 
SEBeib  nehmen  —  baljer  aud)  Don  biefer  ©ehe  t)er  bie  felbftoer* 
ftfablidje  ©oraudfefcung  für  Butler  ein  „Wotfatt"  bed  Sanbgrafen 
ift.  Äl  1  gemeine  (Einführung  ber  $otygamie  verbietet  ftd}  ba» 
mit  tum  felbft.  Unb  ebenfo  felbftoerftdnblidj  gilt  bie  Doppelehe 
aud  9totfaH  lebigltd)  innerhalb  ber  göttlichen  ©ptjäre  —  pro 
foro  interno  tantum.  3)ort  aber  ift  fie  burd)aud  redjt,  nic^t 
ettoa  bad  geringere  Übel  gegenüber  bem  größeren  ber  $ureret 
(f.  SRocftoefl  ©.  240  ff.). 

SJon  biefer  SBoraudfefcung  aud  tonnte  bie  ©)e  für  Sutyer 
nur  ald  Gtye  „one  folennitet  öffentlich«  ftrdjgangd  ober  betlagerd" 
geföloffen  »erben,  unb  fein  ärger  über  bie  {Rotenburger  gefttoität, 
oon  ber  ifpn  mal>rfd)einlid)  ein  übertriebener  ®erid)t  jugefommen 
mar,  ift  nur  forreft:  an  Dffentlidjfeit  burfte  md|td  fireifen. 
Darum  nun  aud)  bie  unerbittliche  ftonfequenj  ber  gorberung  ber 
Geheimhaltung  gegenüber  bem  nidjt  me^r  auf  jutyaltenben  Äud)' 
barmerben  ber  Sigamie  unb  bem  Drängen  bed  Sanbgrafen  auf 
Veröffentlichung.  (Sr  Ijanbelt  folgerichtig  ald  Seidjtoater,  ber 
bad  ®eid)tgef)eimnid  fd)led)tf)in  nidjt  preisgeben  barf,  ja  auf 
{Befragen  eine  in  ber  ®etd)te  gehörte  ©finbe  ableugnen  mufj.1) 
3rgenbmeldje  ©frupel  fennt  ^ier  Cutter  nid)t,  bie  Seit  mit  i^rem 
Urteil  tommt  ganj  unb  gar  nid)t  in  {Betraft,  menn  ®ott  forbert 
Dafe  burdj  bie  Hbleugnung  ber  @f)e  SDtargarete  üon  ber©ale  in 
ben  Stuf  ber  „^ure"  fommt,  fümmert  t§n  nid)t,  er  lann  bem 
Sanbgrafen  ben  9tat  geben,  um  bad  grofee  ^ßublüum  ju  t&ufdjen, 
fid)  &u  feiner  erften  grau  oor  ber  £)ffentlid)!eit  ju  galten  — 
^tlipp  Ijat  bad  fo  prompt  beforgt,  bafe  nad)  9  SRonaten  tym 
t>on  Clpiftine  ein  ©o$n  geboren  mürbe  — ;  er  tonn  enblid),  für 
ben  gaQ  einer  !aiferlid)en  grage,  bie  nur  mit  3a  ober  Stein  ju 
beantworten  märe,  ald  ^fltdjtgebot  emfc^&rfen:  toeil  bie  $erfon 
nur  bor  ©Ott  unb  nid>t  oor  ber  SBelt  (Ehefrau  märe,  muffe 
$tylipp  ein  fräftiged  9tein  erfdjallen  laffen.  „2Bad  märe  ed,  ob 
einer  fdjon  umb  beffered  unb  ber  djrifttidjen  firdjen  mitten  ein 

*)  8gL  barüber  Sobeut:  Sutfcr  unb  bie  fiüge  6.  35  f. 


406  SB.  #d$ler, 

gubte  ftargfe  lugen  tf)et!"  3)ie  $rämiffe  ßutljerä  einmal 
jugegeben,  ift  btefeö  §intt>egfefcen  über  bie  SBelt  mit  Ujrem 
moralifdjen  Urteil  einfad)  großartig  unb  ermedtt  bie  ©enrnnberung, 
bie  jeber  efptidje  ganatiämu*  berbient.  Ob  man  freilief)  biefe 
„gute,  ftatfc  2üge"  mit  9todtn>eÜ  fcöarf  bon  ber  reservatio  men- 
talis untertreiben  barf,  möchte  idj  bejroeifetn.  3)er  §intergebanfe 
bei  ber  Seugnung  ber  ©igamie  tft  Dod)  ber:  nego  bigamiam 
tibi  revelandam.  2)aS  liegt  beutlid)  in  ber  SBegrfinbung: 
tueit  bie  $erfon  nur  t>or  ©Ott  unb  nid)t  üor  ber  SBelt 
@t>efrau  tofire  —  unb  um  eine  fiüge  bor  ber  SBelt  t)anbe(t 
e£  fid)  bod)  aQeinl 

8ber  bie  §od)adjtung  bor  Sutljer  beginnt  erfdjüttert  ju 
toerben  angeftdjtS  gekniffer  Snfonfequenjen,  bie  ben  etptidjen 
ganatifer  auf  bie  ©tufe  be*  fdjmantenben  Sljarafter«  Ijerabbrütfen. 
Da*  etnjig  berechtigte  SWotib  ßutljer«  toar  in  ben  Söorten  au* 
gef proben:  „bauten  mir  bodj  bafc  gekniffen  ju  retten  tote  mir 
bcrmodjten."  ©n  §erunterftnfen  öon  ber  ipölje  biefed  ©tank 
punfteg  aber  bebeutet  fein  9lacf)geben  gegenüber  bem  Don  Sanbgraf 
Sßljilipp  ausgeübten  politifäen  S)rude.  5ßi)üipp  Ijat  gebroljt  mit 
HbfaU  an  Staifer  unb  ^ßapft,  unb  biefe  S)rof)ung  tyat  Suttjer  jur 
Siadjgiebigfcit  unb  3uftintmung  (neben  bem  anbeten  ©runbe)  be» 
toogen.  2)er  SWann  aber,  für  ben  bem  gotterlaubten  ©einträte 
gegenüber  bie  SBelt  überhaupt  nid)t  in  grage  fam,  l>atte  aud)  nidji 
in  einem  fünfte  gürftenbiener  fein  bürfen!  Hud)  mid  ni$t 
ganj  ju  feinem  ©tanbpunfte  ftimmen,  bog  er  in  ber  Sieflejion 
über  baS  Sigamieproblem  auf  ben  öffentlichen  ©fanbal  unb  bie 
®t)tbarfeit  be*  äufeeren  Sieben«  SRütffidjt  nimmt,  greüid)  unter 
(Berufung  auf  ben  Stpoftel  *ßaulu«,  a(fo  bodj  ttrieber  bie  göttliche 
Autorität,  ber  geraten  t>abe,  an  ftd>  Erlaubte«  be*  Stapften 
imflen  ju  unterlaffen.  Aber  e3  ift  offenbar  ntd)t  bie  SBibel* 
autoritfit  allein  getoefen,  fonbern  in  ber  %at  eine  gemiffe  Ängft 
bor  bem  ©fanbal.  Hnber*  toirb  ber  ©rief  unberftänblid),  ben 
Sutljer  nad)  ber  nitf)t  meljr  aufjufyaltenben  SRudjbartoerbung  ber 
©adje,  ttmljrfdjeinlid)  am  10.  Suni  1540,  an  ben  Äurffirften  ge* 
f djrieben  fcat:  „§ette  tdj  aber  geteuft,  baS  ber  fianbtgraf  foldje 
notturfft  nf)u  (engft  ^er  tool  gebüfeet  unb  bufcen  fonnte  an  anbern, 
alg  id)  nf>u  erft  erfare  an  ber  ju  ©fdjtneg,  fotte  midj  freiließ  lein 
enget  ju  folgern  ratt)  gebracht  tyaben."  SBie  fann  er  ba«  be» 
Raupten?!    SBären  bie  ©orte  o^ne  meitereS   fjinjuneljmen,  fo 


Sie  3>oWele$e  Sanbgraf  $$tttyj>*  öon  $effen.  407 

lönnte  ber  Sorttmrf  ju  raffen  Urteil«  of)ne  eingetyenbe  Prüfung 
jum  minbeften  Sutf)er  nid>t  erfpart  bleiben.  Aber  bie  Dinge 
liegen  nodj  ganj  anber«.  Sutyer  mu§  getoufet  &aben,  bafc  ber 
Sanbgraf  nidjt  nur  jTeifd)lid>e  Anfechtung  erlitten,  fonbern  in 
§urerei,  Unfeufd)l)eit  unb  (Eljebrudj  gefallen  toar,  benn  ba«  ftanb 
in  ber  Sutljer  übergebenen  Snftrultion  Sßl)ilipl>«  beutlid)  ge* 
fdjrieben!  SRocftoell  glaubt  Sutljer  entlaften  ju  fönnen  burd)  bie 
Hufclegung,  Cutter  t)abe  „l)öd)ftoal>rfd|einli$"  gemeint,  er  mürbe 
bann  bem  Sanbgrafen  geraten  fyaben,  „bie  ju  ©fdjmege"  —  eine 
und  nid)t  näf>er  6efannte  Äonfubine  $ßt>ilipp«  —  ju  e&elidjen. 
96er  ba*  ift  l>ödjft  unttmt)rfd)einlid>.  S)iefe  Ablehnung  fotnmt 
ju  foät,  benn  e«  tut  nidjt«  jur  ©a$e,  baß  Cutter  erft  jejft  t>on 
biefer  einen  Äonfubine  Sßfjilipp«  tjörte ;  bafc  ber  Sanbgraf  „foldje 
notturfft  nl>u  (engft  l>er  tool  gebfifjet  unb  bu&en  tonnte  an  anbern" 
fyat  er  nidjt,  toie  er  angibt,  „nl>u  erft  erfahren14,  fonbern  getoufct. 
Kein,  beutlid)  fyrielen  Reflexionen  ber  Sßolitif  unb  be«  öffentlichen 
©fanbal«  hinein:  „Diel  weniger  t)ätte  i$  baju  geraten,  ba« 
eine  Sßrincipiffe  unb  junge  Sanbgret>in  ba&er  tont« 
men  folte,  »eldje«  fret)lid)  ntc^t  ju  leiben  ift,  and) 
bem  ganzen  SR  ei  c^  untreglid)."  ©etoifs  ift  ba  junäc^ft 
ber  ©egenfafc  ber,  toie  er  toon  Suttjer«  ^ßrinjipien  au«  fonfequent 
mar:  eine  „(jetmHrtje  (£t>e,  ob«  gleich  für  ber  toelt  ein  une^elid) 
anfe&en  fcatte",  f>abe  i$  geftatten  tooHen;  aber  roiH  man  nidjt 
auf  eine  (Brflärung  beraten  unb  Butler«  Sorgeljen  al«  „bunfel" 
bejridjnen  (fo  Äatoerau),  fo  flimmert,  meine  id),  tran«parent 
burd|  bie  Ängft  üor  ben  folgen,  ©o  toie  ber  2>rud  ber  ?ßolitif 
bei  ber  (Erteilung  be«  gerate«  nidjt  toirfung«lo«  mar,  fo  toenig 
jefct  bei  ber  S)e«at>ouierung.  5Dod>  toie  bem  aud)  fei,  jene  SBorte 
bleiben  ein  gleden  im  Seben  Sutljer«.  2)ie  (Jrteilung  be*  ©eint- 
räte« lägt  ftd)  berftefjen,  felbft  tofirbigen,  bie  Verleugnung  ift 
^ä&lirf). 

SDte  (Erteilung  lä&t  ftd)  toerfteljen,  felbft  toörbigen  —  aber 
nidjt  billigen.  SBarum  nidjt?  SBa«  ift  ba««nft5feige  trofc  aller 
Ächtung  bor  Sutfjer«  Äonfequenj  ?  SRtdjt  foU  bie  Siebe  fein  toon 
ber  bem  ganjen  ipanbel  jugrunbe  liegenben  SWinbermertung  be« 
SBeibeä,  ba«  al«  reraedium  coneupiscentiae  fcerfdjodjcrt  toirb, 
otjne  bafe  man  e«  fragt  unb  feine  fittlidje  SBfirbe  berfidfidjtigt  — 
ba«  ift  mittelalterliche  Slnfdjauung,  bie  Sutljer  perfönlidj  nidjt 
berührt  Ijat  —  nur  ba«  Sßrinjip  feine«  $anbeln«  foQ  flargefteüt 


408  ®.  Äö$ler, 

toerben,  unb  ba£  ift:  bie  §odjfpannung  bed  S)uaü«mu*  jttifdjen 
göttlicher  unb  toeltlidjer  ©pljäre,  jmifdjen  Offenbarung  unb  9Sci> 
nunft,  Styriftentum  unb  Äultur  ober,  tote  man  formulieren  mag, 
ein  extremer  ©upranaturaliSmuS.  »Forum  separandum  esse« 
I>at  er  felbft  als  fein  ©runbprinjip  bejeidjnet  (ätocfmeH  ©.  184). 
3)ie  innerhalb  be$  forum  interaum,  ber  göttlichen,  geoffenbarten 
©ptyfire  fid)  boDjief)enben  §anblungen  Ijaben  iljr  eigene«  ©efeg, 
ba3  nadj  bem  ©efefc  ber  Sßelt  nidjt  fragt  unb  baSfelbe  ju  brM* 
fieren  ftd)  nidjt  fc^eut ;  man  barf  uid)t,  fagt  2utt>er  einmal, 
„geiftlid)  unb  toeltlidj  Stecht  ineinanber  mengen  unb  bte  fiufter« 
liefen,  vergänglichen  SRed)te  gleich  ben  tnnerlidjen,  etoigen  Siechten 
achten41  (SRodmeU  ©.  142).  „3Jton  foD  mef>r  be*  ©emiffen«, 
bann  be*  9fed)tö  achten,  benn  ba«  9ted>t  ift  ein  jeitlid)  2)mg, 
ba*  julefct  aufhören  mufc,  aber  ba*  ©etoiffen  ift  ein  etoigSMng, 

ba$  nimmermehr  ftirbet Da£  Stecht  ift  umb  be*  ©etoiffen* 

toiHen  unb  nidjt  ba*  ©etoiffen  umb*  8?ed)t*  tüiflen-  (ebba.).  ©o 
t>at  —  biefe*  ©eifpiel  bringt  ßutfyer  felbft  —  bei  einer  unter 
bier  Äugen,  pro  foro  interno,  gefdjloffenen  @lje,  toenn  ber  eine 
Seil  ba*  @l>eberfpred)en  leugnet,  bte  betrogene  ?ßerf  on  feine  $itfe 
bom  toeltlid>en  Stidjter  ju  erwarten,  benn  bie  ganje  @^e  ift  pro 
foro  exterao  null  unb  nichtig ! 

3T?it  anberen  SBorten,  ber  ©upranaturali*mu*  ift  gegenfäfc- 
lid)  jugefpifct  gegen  ben  ©taat.  3)er  ©runbfafc:  <E*  fann  ehoa* 
t>or  ©ott  redjt  fein,  toa*  e*  bor  ber  SBelt  nidjt  ift,  fetpt  ftdj 
gegen  fittlidje  ©ebote  be*  ©taate*,  mie  ba*  Sigamieberbot  beten 
eine«  ift.  2)afc  ber  ©taat  in  biefem  ffierbote  fittlid^e  gorberungen 
bertritt,  babon  ift  fär  Sutfjer  feine  Siebe;  er  fommt  nur  in  8Je* 
tradjt  al*  bie  minbertoertige  ^otenj,  bie  ju  fdjroeigen  fyat,  »o 
©ott  rebet.  dagegen  aber  reagiert  ba*  mobeme  SBehm&tfein, 
toeil  i&m  jener  3)uali*mu*,  jum  minbeften  in  jener  fd)roffen3u* 
fpifcung,  unerträglich  ift.  9ftd)t  göttliche  unb  menfd)lid>e  ©pt)äre, 
Offenbarung  unb  JBernunft,  Sfyriftentum  unb  Äultur  einanber 
entgegengefegt,  bielmeljr  einen  großen  ©efamtaufrifc  alle*  ®e» 
fdjetyen*,  ben  ba*  fromme  SBettm&tfein  al*  gottgewollten  beutet, 
in  bem  e*  nur  ®nttoitftung*ftufen  unb  ©rabunterfdjiebe,  feine 
bualiftifdjen  3)oppelfpl)ären  gibt!  3n  biefem  tfuIturmoni*mu* 
f)at  ber  ©taat  feine  ©teile,  bie  in  feinen  fittlidjen  ©eboten 
refpefttert  toerben  mufe,  uneingefdjränft,  boQtoertig. 


$te  $o|>t>ete$e  Sanbgraf  ¥&tltppa  Don  Reffen.  409 

Stotürlid)  ift  jener  fd)roffc  ©ualiSmu*  SutljerS  $robuft  einer 
(Entroidlung,  bie  bei  betn  Äpofiel  *ßaulu3  etnfe^t  unb  jum  9u8* 
bau  rineS  abgesoffenen  fird)lic§»fupranaturalen  ©efeQfc^aftö« 
foftemS  geführt  Ijatte.  ©er  SRadjioei*  ift  StocfroeH  DoQfommen 
gelungen,  bafe  Sutljer  in  fat&oliföen  Kategorien  benft.  Hber 
bennod)  —  ba$  ift  nid)t  ju  Derfennen,  toenn  e3  audj  ÄocfmeQ 
nid)t  ^erauäfpbt  —  ber  ÄartjoltjiÄmuS  fdjneibet  in  puncto 
Sigamie  beffer  ab  als  Sutljer.  $apft  ©lernen«  VII,  ber  #ein* 
rid)  Vm.  t?on  (Englanb  gegenüber  jum  SBigamieproblem  Stellung 
ju  nehmen  f)atte,  §at  bie  SWöglic^feit  einer  2)i8penfation  jur 
Doppelehe  nidjt  auSgefprodjen,  toenn  er  aud)  ädern  Hnfdjem 
na$  ton  ber  Unmöglidjfrit  berfelben  nid)t  überzeugt  toar;  fein 
flarbinal  Sajetan  Ijat  jroar  geteert,  bie  Sßoltjgamie  fei  nic^t  gegen 
ba*  Slaturgefefc  unb  in  ber  $1.  ©djrift  nirgenb*  verboten,  aber 
bamit  t>at  er  bie  3u'fiff*ft*cit  bcr  $otygamie  nod)  lange  nidjt 
behauptet,  „©enn  —  fo  ift  mit  SRedjt  gefagt  worben1)  —  neben 
ber  $t.  ©djrift  befielt  für  ben  Äatljolifen  aud)  bie  Autorität  ber 
Überlieferung  unb  ber  Ätrdje,  2)em  Äarbinal  ©ajetan  ift  aber 
nidjt  in  ben  ©inn  gefommen,  ba$  fird|lid)e  ®efe^,  meldte«  bie 
$ofygamie  aufs  ftrengfte  verbietet,  nid)t  anjuerfennen."  ©anj 
offenbar  ift  bem  Äatl)oliji$mu8  Ijier  bie  Segitimation  Don  ©taat, 
©efeQfdjaft,  Jtultur  im  9taturred)t  jugute  gefommen,  toä&renb 
Sutfpr,  toie  ba$  aud}  anbertoeitig  ju  beobachten  ift,  triel  föroffer 
bualiftifd)  benft. 

(J^arafteriftifö  nun  ift,  bafe  auf  eoangelifc^er  ©eite  bte* 
jenigen,  benen  jener  3)ua(idmu3  fid)  ju  ertoeidjen  begann,  ftd) 
gegen  bie  Sigamie  Sanbgraf  fßfjitipp*  auSgefprodjen  Ijaben,  fo 
SBuQinger  t>or  aQem,  bann  bie  ©fibbeutfdjen  ©djnepf,  Ofianber 
unb  ©renj,  obroot)!  bei  biefen  fefjr  ftarf  ber  3roeifel  an  einem 
borljanbenen  fittlidjen  SRotftanbe  beS  Sanbgrafen  mitfpielt. 

find)  $I)itipp  Don  Reffen  felbft  unb  fein  greunb  JBufcer  Der« 
fteljen  ben  Dualismus  nid)t.  HnberS  freiließ  als  jene  Zoologen. 
Die  Doppelehe  gilt  iljnen  in  geroiffen  gällen  als  erlaubt,  aber 
bann  aud;  öffentlich  erlaubt.  S)ie  fniff (ige  Untertreibung  Don 
forum  internum  unb  externum  l)at  Sßljilipp  Don  Reffen  aber' 
Ijaupt  nidjt  Derftanben,  erlaubt  ift  erlaubt;  batjer  feine  naioe  ©org« 

!)  8on  »if.  $aulu*  in  ber  fiitcrar.  Silage  ber  Äöln.  »olf^ettung 
80.  Hpril  1908. 


410  m  stritt, 

loftgfett  in  her  SBetoaljrung  be«  ®el>eimniffe8,  baljer  baS  9Ser* 
fdjtotnben  aQcr  Politiken  ©ebenfen  —  ber  9Rinifter,  Äanjter 
geige,  l)at  fie  gehabt!  — :  „t)at  bie  fad)  in  conscientia  für 
bem  almedjtigen,  etoigen,  unfterblidjen  gar  fein  not,  toaS  liegt 
bann  an  ber  verfluchten,  fobomitifdjen ,  toudjerifdjen  unb  foU- 
fof fielen  toelbt?  3ft  mir  fein  fdjredflidjer  bing  uff  erbridj  ju 
Ijorren  borfomen,  baS  ein  folety  bapferer  man  in  ben  f^n  gcrotten 
fotbt,  ba3  ju  toiberruffen,  baS  err  für  red)t  biäpenfirt  gefd)riben 
bem  notturfftigen  getutffen  jugelaffen.  ffont  ir  for  ®ot  Der« 
anbttoorbten,  waä  forest  ober  fdjeuget  irr  bie  toelbt ?!"  $a$ 
Hingt  junäc^ft  toie  bie  tieffte  ®eringfd)äfcung  ber  SBeft  jugunften 
be*  göttlichen  Urteils,  aber  ber  ©runbgebante  ift  bie  Aufhebung 
be3  SualiSmuS  jroifdjen  ©ott  unb  SBelt.  SRec^t  ift  ffledjt,  et* 
laubt  ift  erlaubt,  nidjt:  jtoar  bor  ©ott,  aber  nid)t  oor  ber  Söelt, 
unb  bamit  fommt  im  legten  ©runbe  bod)  bie  SBelt  ju  iljrem 
Stedjte,  anberS  als  bei  Sutljer.  Senn  toenn  fjier  ^ßl)ilipp  @otte$ 
®ebot  öon  ber  „foUfoffidjen"  SBcIt  of>ne  »eitere«  anerfannt  »iffen 
toiH,  fo  t)at  er  auf  ber  anberen  ©eite  bie  SBemunft  —  bal 
©belfte,  toaS  bie  SBelt  ju  bieten  Ijatte  —  at*  bie  ©ottedgabe 
getoertet,  bie  ju  gebrauten  ?ßflid)t  fei,  unb  bie  bor  ber  Offen* 
barung  nidjt  ju  oerfiummen  tyabt.1)  Offenbarung  fotooljl  lote 
SBernunft,  ©ott  fotootjl  toie  SBelt  foDen  ju  intern  Steckte  fomtnen; 
baS  Reifet  ben  ©ualiSmuö  fibertoinben;  baS  lägt  bei  Sanbgrof 
Sßf)ilipp  moberneä  Smppnben  fpüren. 

S)iefer  mobeme  3ufl  a^cr  ift  geeignet,  mit  bem  Sßehtlidjen 
feiner  2)op:pelef)e  tttotö  auSjufö^nen.  3n  feinem  geiftooQen 
Sucher  „aWartin  Sutljer  aus  bem  (Sfpifttidjen  ins  SRenfdjlidje 
fiberfefct"  l)at  (Sfptftopt)  ©djrempf  bie  Bigamie  be*  Sanbgrafen 
in  parallele  gefefct  ju  Sutfcer*  §eirat.  „Hl«  Sut^er  felbft  fu$ 
burd)  fein  9TOönd)Sgelübbe  in  einer  SBetfe  beläftigt  füllte,  bie  er 
nid)t  leiben  toollte,  meil  fie  tym  baS  Snnere  ftorte,  breite  er  bem 
Teufel,  bem  fanonifdjen  Siecht  unb  bem  Urteil  ber  fittlidjen  SBelt 
eine  Kafe,  heiratete  aß  9TOöndj  bie  SRonne  unb  überliefe  e*  greunb 
unb  geinb,  fid)  nachträglich  bamit  abjufinben.  SBarum  machte 
il)m  ^ßt)i(tpp  ba£  nid)t  nad),  eä  aud)  einem  Sutljer  überlaffenb, 
ba|   er  fid)  nachträglich  mit  feiner  ©oppelelje  fo  ober  fo  ab* 


*)  Sgl.  ben  »rief  an  Sutfcer  bei  <Snber8 :  £ut$erf  ©rtefwedrfd  8b.  6 
Hr.  1312. 


Sie  $oM>ele$e  ßanbgraf  $J>üU>|>*  öon  Reffen.  411 

ftnbe?  . . .  Aber  fßQtfipp  toar  fein  $elb  beS  ©tauben«,  fonbern 
Mofe  „eöangelifdjer  Sljrift".  Unb  ber  etoangelifäe  Sljrift  ^at  ben 
gelben  be$  ®lauben$  auft  feiner  ©pfjäre  f>erau«gelo<It,  in  bie 
©pfjäre  menfdjlidjer  {Berechnung  tjerabgejogen."  SBenn  man  toeife, 
bog  $f)ilit>p  toefentlid)  um  ber  §ofmeiftertn  toiflen  ba«  Urteil 
£utf)er£  einholte  unb  mit  Unmut  bie  ganje  baburd)  gesoffene 
Situation  trug,  wirb  man  fagen  bfirfen:  er  ift  meljr  ate  „blofc 
eoangelifdjer  ©fprift";  tofire  e$  nadj  tym  gegangen,  er  tofire  „in 
bie  ©pf)äre  menfdjttdjer  SBeredjnung"  nic^t  ^inabgejogen  toorben. 
SRan  l>at  ein  Stecht,  audj  iljn  „§elb  be*  ®lauben«"  ju  nennen. 


Stein  «Hb  ber  Jireitßifdje  ©taat 

€ine  Befpredjung  doti  ZHay  Cc^manns  Steht»StograpI}te  I— II 

$tto  $itt|e. 


greifen  ö.  ©tein.  Sott  SRaj  fiel) mann.  <&rfter  SEetI:  ©or  her  Reform 
1757—1807.  1902.  8»eiter  Seil:  $ie  Heform  1807—1808.  1903. 
ßeityig,  ©.  ©irjel. 

®S  ift  bic  reife  $ru$t  jahrelanger,  ja  tooljl  jaljrjeljntelanget 
©tubien,  bie  in  ben  beiben  SBänben  SRaj  Seemanns  über  ©tein 
Dor  und  liegt.  ©er  erftc  ®anb  begleitet  ben  gelben,  nadj  furjen 
Mitteilungen  über  $erfunft,  (Srjietyung  unb  ©tubium,  burdj  feine 
Dtelgeftaltige  Seamtenlaufbafjn  bi$  ju  betn  erften  SRinifterium 
unb  ber  ungnäbigen  (Sntlaffung  mitten  in  ber  ftrifte  Don  1806/7. 
Der  jtueite  Gilbert  bie  SBirffamfeit  beS  3teformmimfter«  6i*  ju 
ber  abermaligen  SBerbrängung  quo  betn  preufeifdjen  ©taattbienft, 
«nbe  1808.  @*  ift  bie  Sätigfeit  ©teinS  in  unb  für  $reu§en, 
bie  in  bieten  beiben  ©änben  gefdjilbert  toirb,  unb  infofern  btfoen 
fie  ein  relatio  abgesoffene«  ®anjeS,  ba$  ftd)  tooljl  fdjon  ju* 
fammenfaffenb  tofirbigen  lägt. 

2)ie  literarifdje  ©genart  Sefjmann«  ift  ja  befannt;  er  ift 
ber  SRepräfentant  eine*  ftrengen  ©titö  ber  t)iftorifd)en  ©arfteflung, 
ber  gleidjtoeit  Don  bem  ?ßati)03  XreitfdjfeS  tote  Don  bem  Stt&fonne» 
ment  2)elbrücf$  ober  Don  ber  pf^ctjoloQtfc^en  Hnatyfe  eine*  3D?arcf« 
ober  3)feinecfc  entfernt  ift;  Don  Stanfe  unb  feinen  neuen  9laty 
folgern  untertreibet  er  fidj  burd)  bie  einbringenbe  Starfteflunj 
be$  S)etail8  unb  Don  ©tybel  burd)  einen  93eifafc  Don  btaleftifdjer 
©djärfe,  ber  an  2)rotyfen  erinnert.  S)iefe  Eigenart  betoäljrt  ftdj 
aud)  tjier,  nur  bafe  ber  %on  um  ettoaS  gebampfter  erfdjeint  tote 
ettoa  im  ©djarnljorft  ober  in  bem  SBfidjlein  Dom  Siebenjährigen 


©tritt  unb  ber  preufeffdje  Staat.  413 

Äriege.  Hud)  biefc«  SBerf  ift  mit  feinem  lünftlerifdjem  JBerftanbe 
angelegt  unb  ausgeführt;  in  allen  feinen  SRa&en,  in  bem  Jon 
be*  Sortrag*  unb  in  bem  energifd)*gebrfingten  Aufbau  geigt  e£ 
ben  SWeifter  ber  ^tftorifc^en  8iograpf)ie.  SBom  fünftlerifdjen  ©tanb* 
punft  aud  beurteilt,  fteeft  nur  etnm«  judicI  ©ubftang  barin,  i$ 
fürchte,  mel>r,  a(3  bie  ©urdjfönittdlefer  toerben  verbauen  fönnen. 
Unb  bod)  tofire  e$  gu  tofinfdjen,  bafc  biefe*  JBudj  über  bie  gadj* 
(reife  f)inau£  gelefen  unb  ftubiert  mürbe,  namentlich  Don  unferen 
{fingeren  unb  filteren  Beamten.  ®3  ift  ein  ©uc$,  ba*  ben  SBer* 
toaltungSmann,  ber  feine  Stellung  in  einem  Ijötjeren  ©inne  auf« 
fafet,  in  Ijoljem  ®rabe  intereffieren  mufe. 

Der  erfte  ©nbrucl,  ben  ber  gadjmann  empfangt,  ift  ber« 
bafs  Ijier  eine  erftaunlictye  gorfd)ung«arbeit  geleiftet  ift,  bie  freiließ 
bei  ber  fc^ltc^tcn  ftnapptjeit  ber  $arfteOung  nur  Don  bem  Äun* 
bigen  nad)  iljrem  gangen  Umfang  ermeffen  roerben  (ann.  SBenn 
man  bie  SBerfe  Don  Sßerjj  unb  ©eeletj  gur  §anb  nimmt,  fo  emp* 
ftnbet  man  fofort  ben  Unterfdjieb,  ber  in  ÄudDe&nung  unb  ©rünb* 
lid)feit  ber  gorfc^ung  groifd)en  biefer  neuen  unb  jenen  filteren 
@tein»J6iograpl)ien  befielt.  S)a3  SBerf  Don  $erff  ift  ja  eigentlich 
nur  eine  SRateriatienfammlung  mit  oerbinbenbem  lejrt;  baS  Don 
©eelet),  fo  Derbienfilid)  e*  feinergeit  unb  für  einen  ÄuSlänber 
fein  mochte,  mac^t  bod)  faft  einen  bilettantenljaften  ©nbrucl  neben 
bem  ffierfe  SWaj  Seemann*.  SHIeS  irgenb  erreichbare  SWatfrial 
ift  Don  Seemann  herangezogen  unb  in  gleidjmä&ig*grünblid)er  93er* 
arbeitung  auSgenufct  toorben :  neben  ben  ^amiltenpapieren  unb  ben 
Hften  ber  ©taat$ard)ioe  audj  bie  ber  äWinifterialardjiDe,  bie  nament« 
lief)  für  ben  gmeiten  ©anb  mertooQe  ausbeute  ergeben  fcaben.  Unb 
biefe  gange  Arbeit  tyat  gum  §tntergrunb  eine  Äenntni«  Don  ben 
(Einrichtungen  be*  altpreufeifdjen  ©taateS,  toie  fie  gurgelt  nur  toenige 
©eletyrte  beftfcen  »erben.  @*  ift  ja  gum  größten  Xeil  SBerroal« 
tang*gefc§id)te ,  toorum  e*  fid)  Ijier  Rubelt;  unb  ba*  ift  ein 
©ebiet,  auf  bem  e?  fet)r  langer  unb  grünblidjer  ©tubien  bebarf, 
um  bie  Smien  fo  fein  unb  flar  gu  gießen,  toie  eS  Seemann  ge* 
tan  l)at. 

3n  mannen  Partien  freiließ,  namentlich  tut  erften  ©anbe, 
t>at  man  ba*  (Seffiljt,  bag  e*  breiterer  fachlicher  3ufamment)änge 
bebfirfte,  um  biefe  ober  jene  abminiftratioe  #anblung  in  tljr 
richtige*  Sidjt  gu  fe&en;  ber  biograpljiidje  Stammen  ift  gu  eng 
für  bie  Dermaltungflgefdjictylidje  ©urd)t>ringung  be«  ©toffe$,  bie 


414  Otto  fcinfce, 

Dielmel)r  einen  fadjlid)  abgefdjloffenen  3ufammenljang  mit  aQerlei 
SRficfblidfen  unb  8Sergleid|ungen  erforbern  tofirbe,  toäljrenb  für  ben 
SBiograpljen  bie  ©efd^äfte  nur  eben  infotoeit  Sntereffe  f)aben,  a(£ 
ber  §elb  baran  beteiligt  getoefen  ift,  fo  bafe  ba£  meifte  nur  att 
gragment  beljanbelt  »erben  fann.  Die  Schüre  totrb  baburdj 
manchmal  etioaä  ermäbenb. 

Sebe  foldje  Arbeit,  bie  barauf  ausgebt,  für  einen  (Segen* 
ftanb,  beffen  ^auptumriffe  fdjon  fo  jiemlid)  feftfteljen,  eine  er« 
fdjöpfenbe  Steoifion  unb  Verarbeitung  aUeö  erreichbaren  SKatcrialS 
oorjunetymen,  um  auf  biefe  SBeife  ben  Ijödjftmögfidjen  ©rab  Don 
©jaftljeit  ju  erreichen,  beffen  Ijiftorifdje  gorfdjung  überhaupt  fäljig 
ift,  erforbert  ein  getoiffe*  SRafe  Don  Sntfagung.  Die  müljetooOe 
Sufflärung  be3  Detaite  ergibt  nidjt  immer  einen  grofcen  unb 
glänjenben  ©etoinn  für  bie  ©efamtauffaffung;  ber  Spigone  mag 
i)ier  ben  SBorgftnger  beneiben,  ber,  aus  bem  Stoßen  fdjöpfenb, 
mit  tuctt  geringerem  Huftoanb  an  SWütye  unb  ©djarffinn,  größere 
unb  bebeutenbere  SRefultate  IjerauSfteQen  fonnte.  SBaS  aber  in 
bem  t)ier  borliegenben  ftdüt  bie  Arbeit  Seemanns  djarafterifiert, 
tft,  bafc  bodj  er  juerfi  mit  ber  grünblidjen  (Srfdjöpfung  ber  Duellen 
eine  gefdjloffene,  tfinftlerifdje  SDarfteQung  Oerbunben  l>at  @r  gef)t 
nid)t  tote  ein  Äljrenlefer  hinter  Sßerjj  l)er,  fonbern  er  Ijat  größten* 
teils  bie  ©arben  erft  felbft  gebunben.  ÄQerbingS,  bie  Don  «ßerj 
vorgelegten  SWaterialien  finb  feit  Satjrjeljnten  ber  toiffenfdjaftlidjen 
SBelt  befannt  unb  mannigfach  benufct  toorben;  fie  genügen  jur 
geftlegung  ber  $aut>tlinien.  Hud)  in  bem  ©übe  ©tein«,  knie  c* 
Seemann  jeidjnet,  erfahrnen  bie  gro&en  entfdjeibenben  Qü%t  faum 
oeranbert:  ba$  Sßeue,  ma8  er  bringt,  liegt  metjr  in  ben  Singet* 
Reiten  als  in  bem  ©efamtbübe. 

Darum  ift  e3  nidjt  leicht,  bie  naljeliegenbe  grage  ju  beant* 
toorten,  auf  bie  id)  mid)  Ijier  bei  biefem  {Referate  in  ber  $aupt« 
fad)e  bekrönten  möchte,  toa3  ba*  SBerf  Seemann«  benn  nun 
eigentlich  an  neuen  Stefultaten  bringe.  Der  Serfaffer  fcat  aber 
feinen  Sefern  bie  Orientierung  barüber  in  banfenfctoerter  SBetfe  er- 
leichtert, inbem  er  in  feinen  SBorreben  felbft  bie  tyauptfädjlidjften 
fünfte  bejeidjnet,  in  benen  feine  gorfdjungen  ju  neuen  (Ergeb* 
niffen  geführt  fjaben.  So  totrb  nidjt  unpaffenb  fein,  an  biefem 
Seitfaben  bie  ^Beantwortung  jener  grage  ju  oerfudjen. 

3unä$ft  ein  SBort  über  bie  $er fönt ic^feit.  »on  bem 
©tein  »intimec,  um  biefen  ?lu8brucf  ju  gebrauten,  erfahren  wir 


Stein  unb  ber  preujjlfdje  (Staat.  415 

nid)t  Diel.  &  ift  ba3  amtliche  Seben,  ba«  öffentliche  SBtrfen  be« 
3Kanne«r  ba«  und  Seemann  au«  ben  3I(ten  unb  ©riefen  Gilbert; 
an  rein  menfdjlidjem  detail  ift  feine  StorfteHung  nidfjt  eben  reid). 
S)aä  ift  nid)t  bie  ©d)ulb  be«  Autor«,  fonbem  e£  liegt  in  ber 
Sigentfimlid)teit  feine«  Reiben  begrünbet  Seemann  fjat  mit 
föartfidjtigem  Sifer  jebe  ©pur  per  fön  liefen  SmpfinbenS  unb 
inneren  fieben«  feine«  gelben  verfolgt,  aber  Stein  ift  in  btefer 
4>inftc^t  toenig  ausgiebig.  (Sr  ift  eine  ftreng  in  ftd)  oerfd)loffene 
9latur  Don  Anfang  an;  toenig  mitteilfam,  immer  nur  auf  Xat 
unb  SBirffamlett  gerietet,  fef>r  fparfam  in  ber  Äußerung  feiner 
©efütyle  unb  ?lnfid)ten,  fotueit  fie  nid)t  ©egenftänbe  Don  öffent* 
liebem  Sntereffe  betreffen. 

Da«  93ilb  ber  SWutter,  ba«  und  Seemann  enttoirft,  ift  Dor 
furjem  in  biefer  ßeitfdjrift1)  burd)  bie  SRitteilungen  Sllfreb  ©tern« 
au«  tyrem  83riefioed)fel  mit  SaDater  nidjt  unerheblich  bereichert 
ftorben.  Sie  erfdjeint  al«  eine  jugleid)  jarte  unb  fräfttge  ©eele, 
tiefreligiö«,  aber  Kar  unb  Derfiänbig,  aller  ©djmörmerei  abgeneigt, 
über  ©tanbe«üorurtei(e  ergaben.  Sljr  ©rief  an  ben  ftubierenben 
©of>n,  ben  fie  tym  anlä&tid)  be«  ftonflifte*  mit  feinem  $ofmeifter 
färieb  unb  ben  Seemann  mitteilt,  jeigt  ein  f)ot)e3  SWafc  natürlicher 
päbagogtfdjer  8tegierung$funft.  53on  it)r  f)at  ber  ©ot)n  offenbar 
feine  bebeutenben  (Sigenfdjaften  geerbt,  nid)t  Don  bem  toeit  minber 
tproorragenben  SBater. 

©tein  bleibt  fidj  eigentlich,  fo  lange  toir  it)n  beobachten 
lönnen,  jiemlidj  gletdj.  Sine  innere  ©ntnridlung  mit  beutlichen 
SBenbepunften  ift  faum  an  ifyn  ju  bemerfen.  Seemann  rebet 
tootjl  einmal  Don  feiner  altflugen  Spoctye,  too  er  ju  materialifti* 
fdjen  unb  fataliftifdfjen  Änficbten  geneigt  tyabe;  er  glaubt  einen 
SRartftein  in  feiner  Sntmicflung  ju  gemäßen,  toenn  er  fonfta« 
tieren  fann,  bog  er  in  einem  ©riefe  jum  erftenmal  ben  Warnen 
(Statte*  gebraust  tyabe,  toätjrenb  er  fonft  h>of)l  oon  ©orfetjung, 
©djidfal  u.  bgl.  fprid)t.  ©inen  tieferen  Sinblirf  in  ba«  Snnen- 
leben  Derfiattet  aber  bie  Überlieferung  nidfjt  SebenfaÜ«  l)at  ©tein 
leine  ©türm*  unb  ©rangperiobe  burdfjgemadjt ;  fein  Stjaratter  er« 
[djeint  frfit)  gefeftigt.  ©r  ift  Don  Anfang  an  eine  ftolje,  eigen* 
toiÜtge,  t)od)ftrebenbe  Statur  Don  religiöfer  ©runblage,  Derfdjloffen, 


')  fr  8   93,  230  ff. 


416  Otto  fcinfre, 

moralifd)  rtgoro«,  bei  allem  g*uer  be«  Temperament«  unb  be* 
SSiQen«  bod)  oon  einer  getoiffen  Äälte  in  feinem  ®efüljl«*  unb 
©Innenleben,  fpröbe  unb  ot>ne  jeben  Anflug  Don  Sentimentalität; 
aud)  feine  Verlobung«»  unb  $eirat«gefd)id)te  fjat  einen  ettoctf 
froftigen  3U9-  ®*  ift  nid)t«  Stjrifdje«  in  tym  unb  ebenfotoenig 
ettoa«  2Retap!tofifd()e«;  er  ift  ein  9Rann  ber  Karen  9BirHic^fctt, 
ber  nüfclidjen  Stätigfeit,  eine  burd)  unb  burd)  pofitioe  Statur,  ba* 
bei  religio«  unb  etf)if$  nadj  ben  Ijödjften  3^en  gerietet.  Die 
©öttinger  ©djule  ift  biefem  realtftifd&en  3U9C  feine«  SBefen* 
offenbar  entgegengekommen,  fte  t)at  i^m  aud)  bie  Vorliebe  für 
Sngtanb  unb  bie  Sfenntnt«  englifdjer  3uft5nbe  na^e  gebraut; 
unb  bie«  (Element  toerfdjmolj  fid)  bei  iljm  mit  ber  bem  ©proji 
eine«  reidj«ritterltd)en  ®efd)led)te«  trabitioneü  anfyaftenben  3U* 
neigung  ju  bem,  toa«  er  bie  alte  beutle  JBerfaffung  nannte; 
bie  fonferoattoe  9teid)«polittt  griebrid)«  be«  Orofcen,  an  bie  er 
glaubte,  tjat  if)n  in  ben  preu&ifdjen  @taat«bienft  geführt. 

®r  toar  erft,  tote  anbere  junge  SWänner  feine«  ©tanbe«,  für 
bie  Saufbaf)n  in  einem  ber  8teid)«gerid)te  beftimmt;  ba&  er  bann 
in  ben  preu&ifdjen  ©taat«btenft  eintrat,  ift  —  trofc  eine«  un« 
erhaltenen  ©efudje«  ber  Sftutter  an  griebrid)  ben  ©ro|en,  in  bem 
fte  um  bie  Aufteilung  be«  ©ol)ne«  im  auswärtigen  Dienft  bittet  — 
bod)  toofyl,  toie  Seemann  meint,  metjr  feiner  eigenen  Snittattoc 
jujufdjreiben.  3n  ber  ©elbftbiograpl)ie  jagt  er  barfiber  folgen« 
be«:  „Weine  f)ot)e  SBereljrung  für  griebrid)  ben  (Sinnigen,  ber 
burd)  bie  (Spaltung  oon  Sägern  bamal«  bie  3)antbarfeit  biefe* 
Sanbe«  unb  be«  ganjen  beulten  SBaterlanbe«  fidj  ermorben  ^atte, 
l)atte  ben  JBunfdj  in  mir  erregt,  iljm  ju  bienen,  unter  tt)m  roid) 
ju  büben."  2)a«  ift  eigentlich  alle«,  toa«  toir  öon  feinen  SRottoen 
bei  btefem  entfdjeibenben  Stritt  erfahren;  aud)  Seemann  l)at 
baräber  nidjt«  Magere«  mitzuteilen  gehabt.  SBon  bem  fpejififdjen 
Sßreu&entum  toar  ©tein  jebenfaQ«  ganj  unberührt;  unb  e«  ift 
toid)tig  getoorben,  bafe  feine  amtliche  Jätigfeit  oon  öornljerein 
unter  ©nflüffen  geftanben  fjat,  bie  fid)  in  einem  beutlidjen  (Segen* 
fafc  ju  bem  (Seifte  be«  fribericianifdjen  ^Regiment«  befanben.  <fr 
blieb  im  SBeften  unb  fein  Se^rer  mürbe  §einifc. 

©er  SRinifter  oon  pernio  toitb  bei  Seemann  mit  Siecht  ein» 
geljenb  getoürbigt ;  er  l)at  auf  ©tein  einen  fel)r  bebeutenben  6in» 
flufr  ausgeübt:  bie  93ertoaltung«tätigfeit  ©tein«  unter  bem  alten 
Regiment  folgt  grogenteil«  ber  SRidjtung,   bie  Don  $einife  an« 


©tcin  unb  ber  prcujjifdje  Staat.  417 

gegeben  toorben  ift.  Über  $eini$  §ot  bie  jüngfte  $eit  rine 
Änjaljl  Don  Äuffc^ffiffen  gebraut,  bie  fett  Seemanns  erftem  ©anbe 
nod)  burd)  bie  fc^r  bemerfenSroerten  Mitteilungen  Don  ©teinede1) 
Dermetpt  toorben  finb.  ©ie  laffen  ben  SRann  in  einem  fetjr  in« 
tereffanten  Sidjt  erfd)einen:  er  ift  ein  SBortfiufer  ber  mobemen 
SRinifter,  bie  ein  felbftänbige«  SRegierungäprogramm  Dertreten, 
gegenüber  ben  blofeen  §anblangern  ber  fribericianifd)en  Qtit,  ba* 
bei  eine  ?ßerfönlid)feit  Don  reichem  Innenleben,  eine  liebenetoürbige, 
jarte  unb  feine,  fetjr  religio«  geftimmte  Statur  Don  gro&em  SBoljU 
tooHen  unb  ftarfen  fittlidjen  ©mpftnbungen.  peinig  mar  National* 
öfonom  unb  ©tatiftifer,  t)alb  ©ele^rter,  fjalb  (Beamter;  gadjmann 
im  Sergroefen,  ber  ©d)öpfer  einer  rationellen  SBergDerttmltung  in 
$reufeen,  fpäter  aud)  birigierenber  ÜRinifter  für  bie  mefilidjen 
SßroDinjen  unb  als  foldjer  lange  3"*  Mnburd)  ber  SBorgefefcte 
©teinä.  2Ba$  iljn  aber  befonberS  intereffant  mad)t,  ba£  ift  bie 
Xatfa$e,  bog  er  bei  einer  furjen  prooiforifdjen  SBermaltung  bed 
$anbel&  unb  gabrifen»Departementö  mit  griebrid)  ben  ©ro&en  in 
einen  ftonflift  geraten  ift,  roie  er  jiemlidj  einzig  in  beffen  SRegie- 
rung$gefd)id)te  bafteljt.  @r  Dertrat  jum  Xcil  mobeme  Sbeen 
gegenüber  bem  flönig,  mar  Ijalb  unb  l)alb  fdjon  Sßljtyftofrat,  otjne 
bod)  an&  bem  ©ebanfenfreife  beS  SWerfantiltemuS  je  ganj  l>erau3* 
jutreten;  er  mar  überhaupt  fein  boftrinftrer  ©tyftematifer,  fonbem 
ein  feiner  unb  gelehrter  Sßrafttfer,  ber  auf  ©runb  eingeljenber 
ftatiftifdjer  Äenntniffe  Don  Sanb  unb  Seuten  bie  SBirtfdjaftSpolitif 
für  bie  einjelnen  *ßroDtnjen  befonberä  einrichten  moflte.  3n  Set)* 
mann«  Starftellung  fdjeint  bie  Huffaffung  burd),  bog  §eint$ 
gegenüber  bem  boftrinären  SWerfantiliSmu«  beS  ftönigS  überall 
im  9?ed)t  gemefen  fei;  id)  fann  biefe  Äuffaffung  nid)t  teilen, 
griebrid)  mar  bod|  feineäroeg*  ein  etnfeitiger  merfantiliftijdjer 
Doftrinär,  trofc  ber  fdjulmäfcigen  Ausführungen  ber  Snfiruftion 
für  ba3  ©eneral*S)ire!torium.  9lud)  er  ging  Don  einem  feljr  ge* 
nauen  ©tubium  ber  tatfädjlidjen  93er()ältniffe  aud;  er  ift  ja  ber 
©d>5pfer  einer  mett)obifd)en  $anbel$ftatiftif  geworben;  unD  man 
tohrb  fagen  bürfen,  bag  er  feine  preu&ifdjen  Staaten  in  ben  adjt* 
jiger  Sauren  bod)  motyl  beffer  fannte,  als  $eini$  roäljrenb  feiner 
proDiforifdjen  SJertoaltung  be*  ftanbelSbepartement*.   Der  eigent* 


')  SJorfdjungen    $ur    branbenburaifdjen    unb   preufeifäen  ©efdjidfte 
15,  107  ff. 

Wtoriffe  ßritfArtft  (©b.  94)  ».  fr  ©*>•  LVIII  27 


418  Otto  fcmfre, 

lidje  ßern  be«  Äonflifte«  gttrifdjen  bem  Äönig  unb  bem  äRinifter 
fdjeint  mir  barin  gu  befielen,  bafe  ber  König  bie  §anbel«fadjett 
unb  bie  gesamte  2üirtfd)aft«polittf  bi«  auf  bie  granffurter  9Refr 
ftatiftif  Ijerab  Dom  ©tanbpunfte  ber  ©taat«räfon  au«  6el>anbelte, 
$einig  bagegen  Don  einem  ptytantljropifdfcöfonotmfcljen  ©tank 
punft  unb  me^r  im  moralischen  al«  im  Politiken  ©inne.  Won 
fönnte  mit  einer  Don  Seemann  gern  gebrausten  SBenbung  fagen: 
ber  Äonflift  ragte  in  ba«  ©ebiet  ber  ©ittlidtfeit  hinein.  2)a3 
gefyt  ganj  beutlid)  au«  ben  neuerbing«  Don  ©teinecfe  Deröffent* 
listen  ©tücfen  ber  §einifcfd)en  Xagebfidjer  au&  biefer  3eit  t)a> 
Dor.  S)te  eigentliche  polttifdje  31  ber,  bie  ma&gebenbe  Stfidfidjt 
auf  bie  ©tärfe  unb  3Rad)tfteflung  be«  ©taate«,  fehlte  peinig  gang; 
er  tooütc  ben  moralifdjen  (Smpfinbungen  audj  bei  ber  ipanbelfc 
unb  SBirtföaftSpotitif  einen  entfdjeibenben  $la|j  einräumen  unb 
erwartete  aud)  im  materiellen  Seben  §eil  unb  ©egen  bauon. 
©nen  folgen  SWinifter  fonnte  griebric^  für  feine  $anbel«*  unb 
28irtfd)aft«politif  nicf)t  brausen,  jumal  toenn  Don  biefem  (Seift 
aud)  auf  bie  State  be«  Departement«  ettoa«  überging,  lote  ba« 
bei  bem  ©etjeimen  ginangrat  ftartmann  ber  gaü  getoefen  ju  fein 
föeint,  beffen  ©ntlaffung  ben  SRtnifter  auf  ba«  empfmblidjfte 
traf.  §eini$  gab  nun  ba«  $anbet$*  unb  gabrifen*S)epartement 
toicber  ab;  bie  Äonfequenj  gog  er  aber  freiließ  nidjt  au«  bem 
ftonfltft,  bag  er  nun  überhaupt  um  feine  Sntlaffung  gebeten 
l)ätte.  Sr  blieb  STOinifter;  unb  auf  bem  ©ebiete  be«  SBerg*  unb 
|>üttentoefen«,  ba«  feine  eigentliche  S)omäne  toar,  lieg  itpt  ber 
ßdnig,  ber  tt)n  perfönlid)  genug  Ijodjadjtete,  mit  DoDem  Vertrauen 
malten;  l)ier  fpielten  polittfäe  ©eftc^töpunfte  ja  laum  in  bie  8er» 
toaltung  hinein. 

Unter  griebridj«  Nachfolgern  tjat  bann  §einifc  jugleidj  al« 
birigierenber  SWinifter  über  bie  toeft lidjen  ^roDinjen  ber 
2Ronard)ie  getoaltet,  unb  tjier  ift  burd)  it)n  allmäfylitf)  ein  ganj 
neue«  ©Aftern  in«  Seben  gerufen  toorben,  bem  fid)  aud)  Stein 
mit  gangem  §ergen  unb  DoOer  $atfraft  angefdjloffen  l>at.  fiel)» 
mann  betrachtet  e«  mit  SRedjt  al«  eine  ber  SRooitäten  feine« 
JBudje«,  ba&  er  bie  eigentümliche  ©teflung  ber  toeftlid)en  $ro» 
totngen  be«  preugifdjen  ©taate«  in  bem  politifdjen  ©Aftern  grieb» 
rid)«  IL  unb  bie  Änberungen,  bie  unter  feinen  SRadrfolgern  bann 
Vorgenommen  toorben  finb,  nad)  allen  ©eiten  in«  Sid)t  gefteOt 
l)at.   Sa«  polirtfdje  Softem  griebrid)«  beruhte  in  SBtrtfdjaft  unb 


(Stein  unb  ber  preufeifdjc  (Staat.  419 

Sermattung,  in  §eere**  unb  ©teueroerfaffung  im  mefentlidjen 
auf  ben  öftlidjen  unb  in«befonbere  auf  ben  mittleren  Sßrooinjen, 
bie  aOein  einen  jufammenljängenben  ©ebietsfornplej  bilbeten.  3)ie 
$rot>injen  jenfeit  berSBefer  galten  tyanbetSpolitifö  alSÄuSlanb; 
in  einem  Seil  öon  tynen  fyrtte  man  aud)  üon  ber  Durchführung 
be«  Äantonfoftem«  Äbftanb  genommen,  SSBefcI  mar  al$  geftung 
aufgegeben  Korben,  toeit  ber  Äbnig  im  gaü  eine*  grogen  Sfriege* 
bie  Serteibigung  biefer  fianbe  fär  unmöglich  Ijielt  @s  ift  nid)t 
ganj  falfd),  obmoljl  übertrieben,  menn  Seemann  fagt:  bie  8e* 
moljner  ber  meftlidjen  Sßrooinjen  galten  ate  Sßreu&en  Reiter 
jtlaffe.  2)a3  93eftreben  toon  $einig  unb  aud)  öon  ©teilt  ging 
nun  baf)in,  biefe  „3urü(ffej}Uttg"  b*3  SBeftenS  aufgeben  unb 
bie  beiben  §älften  be8  ©taateS  enger  miteinanber  ju  öerbinben. 
©ie3  SBeftreben  Ijat  offenbar  bie  DoQe  ©tympatljie  Seemanns,  unb 
ber  %ox\,  in  bem  er  baöon  fprid)t,  ift  ntdfjt  ganj  frei  öon  Un* 
geredjtigfeit  gegen  griebrtdj  ben  ©rofeen.  SBar  e*  nidjt  politifdf) 
bod)  ein  ganj  richtiger  ®ebanfe,  auf  bem  ba8  ©Aftern  griebridjS 
beruhte?  konnte  er  fid)  nidjt  bafflr  auf  bie  (Erfahrungen  be* 
Siebenjährigen  ÄriegeÄ  unb  aud)  auf  bie  befiänbige  ®efal>r  be« 
©djmuggel«  berufen,  bie  bei  $erfteUung  eines  freien  §anbe(ft>er- 
feljr*  mit  bem  ©efien  unbermeiblidf)  mar?  Sin  mfinfdfjendmerter 
ßuftanb  mar  ja  jene  Trennung  ßeroife  nidjt,  unb  fictyerlid)  brachte 
fte  ben  ©eften  um  manche  Vorteile,  bie  mit  ber  3ugel)örigfeit  ju 
einem  großen  ©taate  oerbunben  finb ;  aber  mit  itper  JBefeitigung 
mürbe  bod)  bie  unglfidlidfje  Konfiguration  beS  ©taateS,  auf  ber  fte 
im  ©runbe  beruhte,  nidjt  gehoben,  unb  bie  (Energie  beS  mirtfdjaftS* 
Politiken  ©tyftemS,  ba3  boc$  in  ber  $auptfadje  unoerfinbert 
blieb,  mürbe  baburd)  jmeifeltoS  gefdjmädjt,  ebenfo  wie  bie  83er* 
teibigung$fäl)igfeit  beS  Staate*.  3)ie  ftraffe  ftonjentration  im 
fleineren  Äreife  —  »toujours  en  vödettec  — ,  bie  ba*  Qxtl  ber 
fribericiantfäen  Sßolitif  gemefen  mar,  mtcf)  einem  behaglicheren, 
forgloferen  ©id)au3bet)nen  unb  3«fammenfd)lie&en,  baS  bod)  meljr 
ben  menfdjlid)  fompatl)ifd)en  3been  ber  3Bof)lfa()rt  unb  ©erecfc 
tigfeit  entfpradj  als  ben  garten  SRotmenbigfeiten  einer  Sßolittf, 
bie  ftd)  nod)  immer  geruftet  galten  moQte,  eine«  läge«  mieber 
um  bie  ©jrtftcnj  beä  ©taate«  ju  fömpfen. 

Stein  mirtfdjaftlid)  betrautet,  finb  biefe  ©eftrebungen  für  bie 
meftlidjen  Sßroüinjen  ja  aQerbingd  ein  ©egen  gemefen;  ob  aber 
j.  SB.  bie  SRefruten-Äonüenti  onen,  mit  benen  man  auf  ben 

27* 


420  Otto  $tnfte, 

längft  übertminbenen  ©ebanfen  einer  SRefcutentieferung  burdj  bte 
©tänbe  loieber  jurücffam,  ate  ein  mtlitarifcfrpolitifdjer  gortfdjritt 
ju  betrauten  finb,  ift  bodf)  fe$r  jtpeifetyaft.  Stein  Ijat  fic  fpfiter 
fetbft  fef)r  fdjarf  fritifiert.  «uf  bem  ®e6iete  ber  Hf  jifetoer» 
faffung  toar  toäljrenb  ber  Stegierung  griebric^«  be3  ©rofeen 
im  SBeften  Ijin  unb  l)er  experimentiert  morben ;  eS  entfpradf)  nun 
tooljt  bem  fortgeschrittenen  hrirtfdjaf  fliegen  3uf*an&  biefer  toeft* 
tiefen  Sßrotoinjen,  bafe  ©tein  in  ber  ®raffdf)aft  SRarf  bie  Trennung 
toon  ©tobt  unb  Sanb  aufhob,  ba&  an  ©teile  ber  faft  alle  (Stegen* 
ftänbe  be3  aSerfetjr«  treffenben  ©eneralafyife  nur  etnjelne  befon* 
ber«  ertragreiche  §lrtifel  befteuert  Würben,  bafe  neben  einer  9)tot){* 
unb  ©dfjfactyfteuer  unb  einer  Zranffteuer  für  ©tobt  unb  Sanb 
aud)  eine  JMaffenfteuer  eingeführt  tuurbe;  e£  toaren  ©runbfäfce, 
bie  fpäter  ju  allgemeinerer  Äntoenbung  gelangen  f outen,  mit 
benen  man  aber  bamal«  eigentlich  nur  auf  ben  3uftanb  jurütf* 
griff,  tote  er  öor  griebridj  SBifyelm  I.  beftanben  ^atte.  ©efp 
djarafteriftifd)  ift  aud)  bie  energifd)e  gflrberung  beS  ®l>auffee* 
baueä  burdj  ©tetn :  griebridf}  ber  ©rofee  §atte  feine  &l>auffeen 
gebaut,  toeil  er  bem  geinb  nidjt  bie  ffiege  bahnen  rooflte  jur 
Sntoafton  feiner  Staaten ;  aud)  Ijier  geigt  fid),  tute  an  ©teile  ber 
polttifd)*militärifd)cn  @efid)t$punfte  ber  fribericianifdjen  Qdt  bie 
toirtfdjafttidjen  SBoljlfaljrtSbeftrebungen  ba$  Übergewicht  erlangem 
£5b  freiließ  jene  etttmS  groteäf  anmutenbe  Stngftlicfjfeit  ber  fribe« 
ricianifdjen  Sßolitif  fo  ganj  unberechtigt  mar,  mag  im  §inb(icf 
auf  ben  feftneflen  unb  völligen  3ufammenbrudj  öon  1806  ^ 
nodj  fraglich  erfd&einen.  @3  ift  ein  djarafteriftifdjer  3"9  tu  ber 
nadjfribericianifdjen  ©taatöleitung ,  bafj  jenes  toadjfam  ^altenbe 
©efü&t  ber  llnftdjerfcit,  ba3  öettm&tfein  beS  Sßrefären  in  ber 
Politiken  Sjiftenj  Sßreufeenä,  ba$  ben  ©rünber  ber  preufcifdjen 
©ro&madjt  niemals  oerlaffen  l)at,  bei  feinen  SRadjfolgern  einem 
natoen  33et)agen  am  ruhigen  unb  9 lücf liefen  99efi$  Sßlafc  gemalt 
Ijatte,  ba$  fidjerlicty  mit  ju  ben  tieferen  Urfadjen  ber  Äataftropt)« 
Don  1806  gehört. 

S)ie  Drganifation  unb  ©ermaltung  ber  toeftfalifd)en 
(SntfdjäbigungSlanbe  ift  öon  Seemann  jum  erstenmal  auf 
©runb  ber  «ften  in  fnapper  «u$fityrlid)feit  bargefteßt  toorben; 
ebenfo  bie  biätjer  burdjauö  nidjt  genflgenb  befannte  83  er  »ah 
tung  beS  «fjife*  unb  JpanbeUbepartement*  bur<$ 
©tetn.  —  (£0  ift  öon  l)ol)em  3ntereffe,  ju  feljen,  toie  Stein- 


1 


©teilt  unb  bei  preufjifdje  Staat.  421 

im  (Segenfafee  ju  §arbenberg  —  für  bic  Beibehaltung  ber  ftän« 
bifdjen  Serfaffung  in  SMünfter  unb  Sßaberborn  ein« 
tritt.  *3cf}  Ijoffe —  färeibt  er  an  ©arf  — ,  man  nrirb  bie  alte 
beutföe  SBerfaffung,  bie  auf  ©runbeigentum  gebaut  mar,  unb  bie 
ftd)  in  SBeftfalen  erhalten  l)at,  nidjt  umftürjen  unb  an  i^re  ©teile 
eine  blo&e  ©ureaufratie,  beren  UnDoQfommen&eiten  mir  lernten, 
fefcen."  „©er  Deutle  unb  in*befonbere  ber  ffieftfälinger  ift 
ganj  ju  einer  folgen  SBerfaffung  geeignet;  er  l>at  bie  jur  ©e» 
fyanblung  ber  ©efc^äftc  in  öffentlicher  SBerfammlung  nötige  SRufo 
DrbnungSliebe,  Hnt)8nglid)feit  an  formen,  §erfommen.  Der 
ttrinbige  granjofe  mu&  mit  ber  ^ßeitfdje  eine«  Subroig*  XL, 
ffiidjelieuS,  Subtoigä  XIV.  geführt  gerben;  i&n  entfdjäbigt  be* 
friebigte  ©telfeit  für  adeä  fonftige  Übel  einer  fd)ted)ten  ©ertoal* 
tung,  einmal*  bie  @ljre,  ber  Untertan  be3  größten  Äönig«  ju 
fein,  jefct  baS  Suftgebilb  ber  ©(eieffteit."  ©tein  null  eS  nidjt 
mit  ben  granjofen  galten,  benen  e$  me&r  auf  bie  ©leid^eit  at$ 
auf  bie  gretyeit  anfommt,  jonbern  mit  ben  (Snglönbern,  bie  bie 
greiljeit  ber  @leid)t)ett  Dorjieljen.  „Die  ©Übung  jmecfmöfetg  ein« 
gerichteter  ©tänbe"  —  färeibt  er  an  bie  DrganifationSfommiffion 
—  „Ijalte  id)  für  eine  gro&e  38ot)ltat  für  biefc  SßroDtnjen.  ©ie 
erhalten  eine  tuotjlt&tige,  auf  ©erfaffung  unb  gefefclidje  Orbnung 
fic$  grfinbenbe  ©erbinbung  jttrifdjen  bem  Untertan  unb  ber  SRe* 
gterung.  ©ie  belehren  jenen  über  bie  Hbftdjt  ber  lederen,  ©ie 
machen  biefe  mit  ben  SBfinfäen  unb  Hoffnungen  jener  betannt. 
©ie  Derf)inbern  bie  nrinfürlicfyen  Äbtoeid)ungen  Don  ©erfaffung 
unb  gefeilterer  Orbnung,  bie  ftd)  bie  SanbedfoQegien  bei  bem 
Drange  ber  ©efdjäfte  nidjt  feiten  ju  fdjulben  fommen  (äffen, 
unb  fie  finb  burd)  Eigentum  unb  Änf>8nglid)feit  an  baS  ©ater* 
lanb  feft  an  baS  3ntereffe  eines  fianbed  gefettet,  ba«  bem  fremben 
öffentlichen  ©eamteu  gemö^nlic^  unbefannt  ift,  oft  gleichgültig 
unb  biämeilen  felbft  Derädjtlid)  unb  öerijafet  toirb.M  ©on  folgen 
©tftnben,  bie  au£  Eigentümern  befielen,  l)abe  bie  Regierung  im 
fünfte  ber  SReDolution  nichts  ju  fürchten.  ©ielmeljr  Ijabe  fie 
ju  fürchten  Don  ber  SReuerungSfudjt  jüngerer,  Don  ber  Faunen« 
Ijaftigleit  unb  bem  9Wtetling3geift  älterer  ©eamten  fonrie  Don  ber 
ade  ©ittlidjfeit  Derfdjlingenben  3Beid>lidjfeit  unb  Don  bem  EgoiS* 
mu«,  ber  alle  ©tänbe  ergreife. 

SHan  fiet>t  au*  tiefen  Äußerungen ,  in  toeldjem  ©egenfafc 
Stein  ftd)  befanb  ju  ben  im  preu&ifdjen  ©taatStoefen  feit  einem 


422  Otto  fctnfce, 

Saljrljunbert  l)errfd)enb  geworbenen  ©runbfäfcen,  wie  fie  bamat* 
audj  §arben6erg,  ber  als  ÄabinettSminifter  mit  ber  5ra8e  &*fa§t 
mürbe,  tiertreten  f>at.  Sein  SBunber,  ba|  ©teinS  gorberung  Dom 
Äabinett  abgelehnt  würbe,  unb  bafe  bie  ©tänbe  in  SRänfter  unb 
Sßaberborn  oerfdjwanben.  @3  war  eine  unjweifeU)afte  SWieberlage 
Steint,  unb  eS  mag  woljl  fein,  bafe  er  einen  Hugenblid  ben  ®e* 
banfen  beS  SRfidtrittS  erwogen  Ijat.  ©d>on  Dörfer  trotte  er  ein« 
mal  an  ©ad,  als  er  biefem  fein  Programm  entmidelte,  bie  fo(* 
genben  bejeidjnenben  SBorte  gefdjrieben:  „3t)re,  meine  unb  jebeS 
reblid)cn  SWanneS  Sßflidjt  ift  eS,  ber  3Bal)rl)eit  getreu  ju  bleiben, 
biefe  mit  SWä&igung,  @rnft  unb  gfrfiigfeit  $u  fagen;  unb  wenn 
man  ftef)t,  bafe  aUeö  Dergeblidj  tft,  fo  jieljt  man  ftd)  Don  bem 
®efd)äft  jurüd  unb  lägt  fidj  nid)t  jur  HuSfü&rung  eines  ®e* 
bäubeS  fuhren,  baS  wegen  feiner  UnDoQfommenljeit  entroeber  Don 
felbft  jufammenftürjt  ober  ben  S)rud  unb  ben  Unwillen  Dieler 
Xaufenber  bewirft.  S)er  ©eifaQ  beS  ©ewiffenS  unb  ber  Der* 
walteten  2Renfd)en  ift  beffer  als  ber  eines  9Rinifter3.M  $a§ 
Stein  trofcbem  blieb,  erflärt  Seemann,  überjeugenb  genug,  barauS, 
ba&  bie  @ntfd)eibung  in  ber  ftänbifdjen  grage  meber  auf  einmal, 
nod)  ganj  ungweibeutig  fiel:  bie  ©adje  Würbe  bilatorifd)  be^anbelt; 
au&erbem  tjatte  ©tein  bie  Genugtuung,  bafc  in  anberen  widrigen, 
namentlich  Sßerfonatfragen  ber  SWinifter  ©djulenburg,  ber  bie 
Organisation  leitete,  auf  feine  Statfdjtage  l)örte.  Äud)  bie  Sin« 
fu^rung  beS  neuoftpreu&ifdjen  SReffortreglementS  Don  1797  gefdjal) 
mit  auf  feine  ©mpfetjlung.  Sr  fegte  femer  burd),  bafe  bie 
abminiftratioe  Trennung  Don  ©tobt  unb  2anb  aud)  f>ier  unter« 
blieb;  ber  ©teuerrat  ift  in  ben  ©ntfdjäbigungSproDinjen  nidjt 
eingeführt  toorben,  bie  Sanbfreife  mit  bem  in  einen  Sanbrat  Der* 
manbelten  2)roften  an  ber  ©pifce  umfaßten  f>ier  aud)  bie  in  bem 
Sejirf  gelegenen  ©täbte. 

2)aS  Äantonfoftem  würbe  fo,  wie  eS  mar,  in  ben  neuen 
Sßrooin  jen  eingeführt,  ©tein  fjatte  eine  Steige  Don  SJeränberungen 
Dorgef dalagen,  bie  aber  nic^t  jur  S)urd|füf)rung  gefommen  ftnb. 
@r  Ijatte  an  bem  bamaligen  §eerwefen,  an  ber  ©teQung  ber 
Slrmee  in  ©taat  unb  ®efelifd)aft  überhaupt  mot>l  mancherlei  au* 
jufefcen,  aber  ein  HareS  Programm  t>at  er  in  biefer  $inftd)t  nidjt 
formuliert.  ®r  war  für  ?tuSbet)nung  ber  S)ienftpflid)t  auf  bie 
baDon  befreiten,  unb  jugleidj  aud)  für  Serminberung  ber  $ienft< 
Seit;  anberfeitS  wollte  er  aber  für  ben  gabriföiftrift  ber  ®raf* 


(Stein  unb  bei  preu&ifdjt  Staat.  423 

fdjaft  SRarf  bod)  aud)  triebet  bie  (Ejemtion  beibehalten  totffen 
unb  fdjlug  für  bie  (Ejrimierten  eine  SBeipfteuer  toor.  3m  ©runbe 
fd>roebte  iljm  mof)l  ba*  3beal  einer  fianbmilij  üor;  baran  wirb 
er  gebaut  fjaben,  menn  er  bei  bieten  Sterfymblungen  einmal 
fiugert,  bie  SSaterlanbaoerteibigung  muffe  ju  einem  ©egenftanb 
ber  Stotionalerjie&ung  gemacht  werben.  Die  $eere$üerfaffung, 
tote  fie  mar,  t>atte  offenbar  feinen  ©eifaü  nidjt,  aber  anberfeits 
toar  er  bod)  ju  Har  unb  ju  praftifd),  um  nidjt  eingufetpn,  bafe 
bamalä,  wo  eben  bie  granjofen  fid)  in  §annooer  einnifteten,  an 
eine  Äbföaffung  beS  3Rilttari*muS  nidjt  ju  benfen  fei.  Ohr  er* 
Härte  in  biefen  Sogen,  ber  gegenwärtige  politifdje  ^uftanb  üon 
(Europa  erforbere  eine  fortbauembe  militärifdje  Slnftrengung,  um 
bie  Unabtjängigfett  ber  3Wonard)ie  ju  erhalten:  ©ic^er^eit  fei 
untätiger  a(3  3Bot>lftanb. 

©el>r  entfdjieben  fefcte  er  fid)  gegen  bie  (Einführung  ber 
Äfjife  in  il)rer  altpreu&ifd)en  ©eftalt,  ber  „Oeneralafjifc",  in 
ben  toeftffiüfd^en  Sanben  ein;  aber  auf  bie  (Entfd)eibung  biefer 
grage  t)at  er  felbft  feinen  (Einflufe  me^r  gehabt.  (Er  mar  in« 
jmifdjen  als  SRtnifter  in  baS  ©eneral^ireftorium  berufen  Sor- 
ben, ba$  mit  ber  (Einrichtung  ber  neuen  ^roöinjen  nid)t  un» 
mittelbar  befaßt  toax. 

Über  bie  Berufung  ©teing  ju  bem  äBinifterpoften  erfahren 
mir  burd)  Seemann  ein  paar  intereffante  S)etailS.  S)te  Abneigung 
be*  ÄönigS,  bie  Sttoalitäi  SBorgftebeS,  bie  SSertoenbung  ©etjme* 
für  ©tein,  bie  SBeforgniffe,  bie  man  in  ©erlin  toegen  feiner  fog. 
meftfälifdjen,  b.  I).  freieren  mtrtfdjaftlic^en  Hnföauungen  l)egte  — 
bod  aüe$  ift  jmar  nidjt  gänjfidj  neu,  aber  bodj  in  biefer  33er- 
binbung  unb  in  ber  Beleuchtung  burd|  bie  oorljergeljenbe  Amt*» 
tätigfeit  ©tein*  bur$fid)ttger  unb  Derftänblidjer,  al*  toa*  Jßerfc 
barfiber  mitteilt.  Sie  SJerroaltung  beS  9Rinifterium3 
felbft  ift  ein  fo  fdjtoteriger  unb  toertoid elter  ©egenftanb,  bafeidj 
midj  ba  auf  eine  Slnbeutung  ber  $auptpunfte  befdjrfinfen  mug: 
bie  ©aljöermaltung  mürbe  reformiert,  bie  Binnenzölle 
jmifdjen  ben  ^roüinjen  mürben  abgerafft,  mit  Ausnahme  berer 
gegen  bie  meftfälifd)en  unb  bie  polnifdjen  Sßroötnjen,  eine  Ver- 
einfachung be«  ©efdjäftSgange«  mürbe  angeftrebt  namentlich  burd) 
ftombmierung  ber  SßromnjiaI»©teuerbireftionen  mit  ben  ftammern, 
für  Oft»  unb  SBeftpreufeen  mürbe  ein  neuer  Mfjifetarif  erlaffen, 
bie  Ser^&ltntffe  Don  ©üb*  unb  SReuoftpreu&en  mürben  jefct  enb* 


424  Otto  fcinfrc, 

lidj  georbnet,  toobei  ©tein  mertoürbigertoeife  für  bie  Sinfü^rung 
eben  ber  SXfjifc  eintrat,  bie  er  im  ffieften  fo  l>eftig  befämpft 
Ijatte;  er  fal)  eben  ein,  bog  fte  l)ier  in  ben  jurücf  gebliebenen 
©tobten  beä  DftenS  ganj  angebracht  fei,  unb  au$  bie  Sefärän* 
fung  ber  ©etoerbe  auf  bie  ©tobte,  bie  bamit  Derbunben  toar,  f)at 
l)ier  feinen  SBiberfprud)  nidjt  l>erauSgeforbert.  3n  ben  §anbe& 
unb  gabrifenangetegenljeiten ,  fco  Äuntl)  einer  feiner  #auptrait* 
arbeiter  mürbe,  fjat  er  feineätoegS  umiDftljenb  getoirft.  (Er  ^iett 
an  bem  ©runbfafe  ber  JpanbelSbilanj  feft  unb  tooflte  feine  pföfe« 
lidje  Aufhebung  ber  (SinfuljrDerbote,  toenn  er  audj  meljr  Don 
anberen  Mitteln,  namentlich  Don  ber  SBerbefferung  be3  geroerb* 
liefen  Unterricht«,  erhoffte.  J)ie  ©tatiftil  erhielt  erft  burdj  ifa 
eine  befonbere  3entralftelle  in  bem  ftatiftifdjen  SBureau.  9n  bie 
©pifee  ber  ©etbinftitute  braute  er  9iiebut>r.  Daß  finb  ja  jum 
Zeil  längft  befannte  Dinge,  aber  bie  SBoüftänbigfeit,  ber  innere 
3ufamment>ang,  bie  betaiQierte  ÄuSeinanberfefcung  be8  Hergang« 
unb  ber  SRotioe  bei  biefen  ÜÄafcregeln,  ba$  ift  ba£  Steue  an  biefem 
Äapitel,  ba8  bei  einem  furjen  {Referat  aüerbing*  nid)t  too^l  jur 
Änfcfyauung  gebracht  werben  fann.  SBon  befonberem  Sntcreffe 
finb  bie  Ausführungen  über  ba«  (Simoirfen  ber  auswärtigen  33er* 
fj&Itniffe  auf  ©teinS  DepartementSDertoattung  feit  1805  unb  aber 
bie  neuen  ©tcuerplftne.  Der  SBorfd>tag  einer  Sranffteuer  für  ba« 
platte  Sanb  (1805)  unb  ber  Sßlan  einer  ©nlommenfteuer,  beibe 
a(£  Sfriegefteuern  gebaut,  bie  lefctere  im  roefentlid)en  nad)  bem 
engltfd)en  SBorbitb,  mit  ©etbftbeflaration,  triefen  ganj  neue  Sahnen 
für  bie  ginanjgefefcgebung  beS  preufeifd>en  Staates ;  fte  finb  $ier 
jum  erftenmal  bargefteflt. 

©tein  toar  feit  ber  SBertefcung  ber  preufeifdjen  SReutralitöt 
burd)  Napoleon  Don  ber  SRotmenbigfeit  beS  ÄriegeS  überzeugt; 
er  Ijat  Se^me  gegenüber  (8.  Dejember)  baS  Stellten  Don  $aug* 
toifc  bei  feiner  biplomatifdjen  SKiffion  auf  baß  fdjftrffte  Derurtcitt 
9Kan  märe  geneigt,  anjuneljmen,  ba&  er  aber  bie  SBenbung,  bie 
burdj  ben  Vertrag  Don  ©djönbrunn  eintrat,  aufs  äu&erfte  em< 
pört  gemefen  märe.  3n  einem  ©rief  an  SBinde  t>at  er  nun  aber, 
unb  jmar  balb  nad)  bem  (Ereignis,  Sanuar  180(3,  mit  über* 
rafdjenber  SKilbe  barüber  geurteilt,  fjat  namentlich  bie  ffirmerbung 
$annoDerS  als  einen  toünfdjenStoerten  3umad)3  ber  preufoifd)«! 
3Honard)ie  bejeic^net,  mät)renb  ©enfc  einmal  fagt,  bafj  er  biefe 
©rmerbung  lebhaft  gemtfebiüigt  Ijabe.    Seemann  miü  biefen  ©rief 


©tein  unb  ber  preuftfldjc  Staat.  425 

als  einen  ©efdjmidjtigungSDerfud)  für  SSinde  unb  ate  einen  Äufr 
flufe  ber  SReftgnation  erftären,  mit  ber  tyn  bie  politifdje  Unfähig« 
feit  griebrid)  SBill>elm$  III.  erfüllt  Ijabe.  SSöUtg  befriebigenb  ift 
biefe  (Srflärung  faum.  »nberfeits  (jatte  1874  ein  Ijiftorifdjer 
©ilettant,  ®uftat>  D.  Secocq,  in  einem  »rttfet  ber  3«tfcf)rift  für 
preufe.  ©efd).  unb  SanbeSfunbe  behauptet,  bafj  ©tein  mit  unter 
benen  gemefen  fei,  bie  bem  Äöntg  bie  Annahme  be8  ©d)6nbrunner 
Sertragg  geraten  Ratten.  Seemann  tyat  mol)l  rec^t,  menn  er 
biefe  oljne  jeben  QueDenbeleg  auftretenbe  S3e!jauj>tung  einfach  ab* 
toeift;  aber  eine  Unflarf>eit  bteibt  aber  bie  Stellung  ©tein*  fyier 
bod)  nod)  befielen,  SBtynlid)  bei  ben  ^Beratungen  Don  ©rauben), 
6.  Sttooember  1806,  too  ©tein,  ber  nad)  ber  Äataftroptye  Don 
3ena  bie  Äaffen  gerettet  fjatte  unb  bem  König  gefolgt  mar,  }um 
erftenmal  ju  allgemein  potittfdjen  SBer^anbtungen  ftugejogen  mürbe. 
Gä  tjanbelte  fid>  um  bie  grage  ber  t>on  Öucdjefini  unb  3aftrom 
angenommenen  erften  griebenSpräliminarien  Dom  30.  Oftober,  bie 
9lapo(eon  fpfiter  toieber  Dermorfen  l>at,  um  fie  burdj  bie  Diel  un* 
günftigeren  ©eftimmungen  beä  Charlottenburger  SBaffenftiQftanbeS 
ju  erfe$en.  3)ie  SKinifterDerfammtung  erflarte,  ba&  ?ßreufeen  ben 
Ärieg  gegen  granfretd)  nidjt  fortfegen  fdnne,  fonbem  unter  ben 
Don  2ucdjefini  unb  3aftrom  angenommenen  Qebingungen  ^rieben 
fdjltefcen  muffe.  3n  (einem  gafle  aber  bürfe  $reu£en  fi<$  gegen 
Stu&tanb  gebrauten  laffen  ober  bem  8tt>einbunbe  beitreten.  §aug« 
mi(  mar  mit  btefem  ©efdjtuffe  nidjt  jufrieben;  er  f>atte  gerabe 
ben  Seitritt  jum  Styeinbunb  empfohlen  unb  gab  feine  abmeidjenbe 
SReinung  ju  SßrotofoQ.  Sarauf  erflärte  nun  —  nad)  %u*mei£ 
bed  Äonferenjprotofoflä  —  ©djulenburg:  menn  ber  griebe  mit 
gtanfreid)  auf  ber  ©ruublage  ber  Sßrftliminarien  Dom  30.  Oftober 
nid)t  ju  erreichen  fei,  fo  foUe  man  ben  Seitritt  jum  SRljeinbunb 
anbieten,  aber  nur  in  biefem  galle  unb  unter  ber  auäbrüdlidjen 
Sebingung,  ba&  ber  SRtjeinbunb  bie  Spaltung  beä  kontinental* 
friebenö  berede  unb  nidjt  jur  Offenfioe  gegen  irgenbetne  SDIac^t 
fü^re.  SMeje  Meinung  ©d)ulenburg3  mürbe  bann  nad)  bem  Ston* 
feienjprotofoQ  Don  ber  ganjen  SBerfammlung  einmütig  befc^loffcn. 
Sefpnann  meint  nun,  eä  fei  faum  glaublid),  bafe  ©tein  einen 
folgen  UmfaU  mitgemacht  tjabc,  menn  man  aud)  annehme,  baß  er 
bamald  Don  [einer  Jfranfljcit  ftarf  mitgenommen  geroejen  märe.  ©r 
m5d)te  ein  SBerfeljen  tri  SßrotofoüjüljrerS  annehmen,  «ber  mir 
fdjrint,  bafe  biefer  3rDeifeI  Derftummen  mufe.    Seemann  fetbft  f)at 


426  Otto  $in$e, 

barauf  tyingetoiefeu,  baß  aud)  Jpaugtmj}  an  Sucdjeftni  bamalS  ge* 
fdjrieben  f)at,  er  tjabe  bie  #erren  auf  feine  ©eite  gebraut;  unb 
baß  ba3  Angebot  beS  Settritt«  jum  Styetnbunbe  für  ©teilt  (eine 
abfolute  moraltfdje  Unmögltdjfeit  toar,  ba*  betoeift  bod)  fein  83er* 
fjalten  im  3atjre  1807  bei  ber  SKiffion  be*  $rinjen  SBttyelm  nadj 
$ari«  (Seemann  II,  13ö).  Ob  fpäter  bei  ben  ^Beratungen  tum 
Öfter obe  (21.  SRoü.)  ©tetn«  SSotum  gegen  ben  Charlottenburger 
SBaffenfttÜftanb  t>on  toirtlidj  au$fd)laggebenber  SBirfung  getuefen  ift, 
toirb  man  bejtoeifeln  bflrfen ;  bie  Haltung  üon  8et>me  unb  ftöcfrifc, 
bie  mit  ber  äHinoritSt  gegen  bie  Annahme  ftimmten,  beroeift  bodj 
tooljl,  baß  ber  ftönig  fdjon  Dörfer  juv  «Meinung  entfäloffen  mar. 
«ber  t>ielleid)t  beburfte  e8  bei  feiner  Statur  einer  folgen  ©tftrfung 
gegen  bie  eigenen  fdjtofid)lid)en  Steigungen,  nrie  fte  in  bem  entfdjie» 
benen  ?tufireten  ©teinS  lag. 

ffiir  (ommen  nun  ju  ber  Reform  unb  bamit  ju  bem  $öt>e* 
punft  ber  3)arfteQung  Seemann«.  6r  l)at  tyr  eine  breite  @runb* 
tage  gegeben  in  einem  fnappen,  inljalt*  unb  gebantenreidjen  Auf* 
rife  ber  SBerfaffung  unb  SBerumltung  be3  alten  $reußenä,  ber 
fd)on  bor  bem  Srfdjeinen  be3  jtoeiten  SBanbeä  in  biefer  QtiU 
fd&rift  veröffentlicht  toorben  ift.1)  Der  3ufammenf)ang,  in  bem 
biefe  jufammenfaffenbe  Betrachtung  fonjipiert  ift,  bringt  ed  mit 
ftd),  baß  ba£  Unmoberne,  SRücfftinbige,  Unhaltbare  biefed  polt* 
ttfö'fojialen  ©tjftem«  fiärfer  l>eröortrttt  ab  ba*  SebenSfä&ige 
unb  and)  in  ber  ßufanft  gortroirfenbe.  2Ran  Dermtßt  an  ber 
gehaltvollen,  fdjarf  pointierten  ©fijje  einen  §intoei3  barauf,  baß 
biefeS  altpreußtfdje  ©tyftem  in  feiner  ©ntfteljungä*  unb  Slötejett 
bod)  ein  großer  gortfetyritt  gemefen  tt>ar,  baß  e$  moralifdje  Äräfte 
enthielt,  bie  nodj  feineSmegä  aufgebraust  ober  verrottet,  fonbem 
auc§  in  3u'unft  "°S  großer  SBirfungen  fällig  toaren.  $ier  be» 
treten  mir  aHerbmgä  eingelb,  auf  bem  e£  mel)r  auf  allgemeine 
politifd)e  Mnfidjten  unb  Überzeugungen  als  auf  betoetebare  tyfto» 
rifdje  latfadjen  anfommt.  35urd>  SebmannS  ganjeä  SBerf  geljt, 
unauägefprodjen,  aber  bod)  unfcet  fennbar,  bie  Mnfd)auung  f)in* 
burd),  baß  Preußen  nur  burd)  bie  3&een  ber  SReform  ju  neuem 
Seben  ertteeft  unb  ju  einer  großen  3iifunft  befähigt  »erben  tonnte, 
baß  ber  (Steift  beä  fribericanifd)en  ^reußenä  bei  3ena  g(cid)fam 
fein  lobeäurteil  empfangen  tjabe.    3dj  roeiß  nid)t,  ob  id)  ben  ©inn 


»)  fc.  3-  90,  385  ff. 


Stein  unb  btx  preufeifcljc  Staat.  427 

be*  SSctfafferö  bamit  richtig  beute,  aber  Wenn  ba«  ber  gall  ift,  möchte 
id)  bod)  bagegen  auäfpredjen,  bog  nod)  unenblid)  Dtel  Don  bem 
fribericanifdjen  ©taatSgeift  im  heutigen  Sßreu&en  lebt,  ba§  bie 
epodje  SBiSmarcfS  wieber  an  gmbridj  ben  ©ro&en  angelnfipft 
$at  mit  tyrer  füljnen  SHadjtpolitif,  rote  mit  iljren  wirtfdjaftlid)- 
fojiaten  ©eftrebungen,  unb  ba&  ber  ©eift  beT  ©teinfdjen  SReform 
nur  ein  SngrebienS,  nidjt  aber  ba«  eigentlich  fonftitutioe  ffile* 
ment  in  unferem  heutigen  Staate  ift.  Sie  Äatafirop&e  Don  3ena 
mar  meiner  Anficht  nad)  nid)t  ber  3ufammenbrud>  eines  lebend 
unfähig  geworbenen  Organismus,  fonbent  ein  burd)  mancherlei 
Urfadpn,  innere  wie  aufeere,  bebingter  ©djwädjejuftanb,  ber  bie 
CBiberftanbdfö^igfeit  be«  Staate«  für  ben  Moment  aufhob,  eine 
patyologifcfce  ÄriftS  gleidtfam,  au£  ber  ftd)  ber  ©taat  nid)t  allein 
burd)  bie  liberalen  Sbeen,  fonbern  aud)  burd)  bie  il>m  felbft  inne* 
tootynenbe  Sebenäfraft  unb  bie  ©tärfe  feiner  überlieferten  Snftitu» 
Honen  mieber  erhoben  t)at.  Ate  bie  eigentlich  grunblegenbe  (Spodje 
für  ben  preufeifd>en  ©taat  erfd>eint  mir  bod>  bie  ^Regierung  griebrid) 
SBilljelm*  I.  unb  griebridtf  be*  ®rofeen,  nid>t  bie  ®pod)e  ©tetn* 
unb  §arbenberg$;  bie  Stiftung  auf  ben  monardufetjen  Militär* 
unb  2Jeamtenftaat  ift  bem  preufeifdjen  SBefen  immer  geblieben,  fte 
ift  burd)  bie  SBirtungen  ber  SReformibeen  nur  mobifijiert,  nidjt 
Döflig  Don  it)rem  $iele  abgelenft  worben.  63  ift  eine  ©tjntyeje 
alter  unb  neuer  Strafte  unb  Snftitutionen,  auf  ber  unfer  heutiges 
politifefce*  fieben  beruht;  ben  fd)arfen  ©egenfafc,  in  bem  fid)  bie 
beiben  Sporen  einft  felbft  empfanben,  toie  er  etwa  in  bem  93er« 
nkf)tung£urteil  ®.  9K.  Ärnbtd  Aber  griebric^  ben  ©rofeen  ober  in 
ben  3nDrftiDen  eine«  2)orf  ober  SRarmig  gegen  bie  {Reformer  fid> 
fiu&erte,  fjaben  wir  glficflidjerweife  überrounben.  3)a3  ljiftorifd>e 
Urteil  braudjt  nidjt  ba$  ©erf  griebridjS  be3  ©ro&en  ju  Derbammen, 
um  bem  Söerfe  ©teinS  geredet  *u  werben. 

5Da3  widjtigfte  Steformprogramm  ©teinS,  bie  9taffauer 
S)enffd)rift,  fjat  Seemann  in  fe^r  einbringenber  SBeife  anaty* 
ftert.  SKit  Stecht  weift  er  barauf  t)in,  bafc  man  nid)t  erwarten  bürfe, 
baS  ganje  Sieformprogramm  ©tein£  in  biefem  ©olument  ent« 
Wtcfeit  ju  feigen,  ba£  in  ber  Jpauptfadje  nur  ber  ÜReuorbnung  ber 
SBerwaltungSorganifation  gewibmet  ift;  wenn  t)ier  nur  Don  ftän* 
bifdjer  SBerfaffung  in  ben  Sßrooinjen  bie  SRebe  ift,  fo  weift  Sei)* 
mann  aus  einer  gleichseitigen  Äu&erung  Stein«  in  einem  ©riefe 
an  $arbenberg  nad),  bafe  bie«  nur  atö  ein  Anfang,  al£  eine  Üb* 


428  Otto  fclnfce, 

fd)lag*gal)lung  gleidjfam,  gu  betrauten  fei;  bie  Abfielt  ©teilt* 
ging  fdjon  bamal*  in  lefcter  Sinie  auf  eine  Stationalreprftfentation; 
aber  er  tooflte  ba*  SSolf  gu  einer  folgen  erft  ergieljen  burdj  bie 
öffentliche  SBitffamfeit  in  Heineren  Streifen.  Jpödjft  intereffant  ift, 
tote  Setpnann  ben  ©ebanfenfrei*  unb  bamit  bie  gange  Zenbeng 
ber  3)enf jdjrift  nftt)er  befiimmt.  SBir  fetyen  l)ier  toieber,  ba&  bei 
bem  ©taat*ibeal  Stein*  bie  „alte  beutfd>e  SSerfaffung"  gugrunbe 
liegt,  toie  fte  bor  bem  Sluffommen  be*  Äbfoluti*mu*  unb  feiner 
JBegleiterfdjeinungen,  be*  3Wilitari*mu*  unb  ber  ©ureaufratie,  ge* 
toefen  mar,  ober  öielme^r  toie  er  fie  fidj'in  einem  ibealifierten  ©ilbe 
borfteUte;  aud)  bie  SBal)toertoanbtfd)aft  mit  ©nglanb  tritt  ftarf 
l)ert>or  unb  ift  Don  jeljer  bemerft  toorben;  fie  liegt  eben  in  ber 
gemeinsamen  Ablehnung  biefer  für  ba*  fontinentale  ©taatäleben 
be*  17.  unb  18. 3al)rf>unbert*  entfdjeibenben  (Srfdjeinungen :  SRili* 
tariämu*,  ?l6foluti*mu*  unb  ©ureaufratie.  aber  neu  ift,  um* 
Seemann  ^ter  nadjgutoeifen  fuc^t:  ba&  aud)  bie3been  Don  1789, 
bie  Sbeen  ber  frangöfif d)en  Äonftituante,  fet)r  »efentlidj  auf  ©tetn* 
politifdje*  3)enfen  eingetoirft  Ijaben,  ja,  ba|  fte  einen  integrieren« 
ben  SBefianbteil  feine*  Programm*  bilben.  SKan  toirb  mit  ber 
Slnfdjauung  brechen  muffen,  al*  ob  ©tein  fdjledjtroeg  ein  getnb 
alle*  grangöftfdjen  unb  infonbertyeit  ein  geinb  ber  frangöjtfdjen 
SReoolution  getoefen  fei.  ©r  toar  ein  tobfeinb  be*  ©onaparti** 
mu*,  be*  bemofratifd>en  ©äfari*mu*,  ber  auf  bem  ©runbe  einer 
oöflig  ntoelliertcn  ©efeüfc^aft  unb  einer  burd>au*  geniralifierten 
SBertoaltung  ein  burd)  repräfentattoe  formen  Abel  oerfleibete*  be*» 
potifdje*  {Regiment  organifiert  Ijatte,  ba*  eigentlich  bie  Negation  jebe* 
©taat*red)t*  toar.  über  bie  grüt^ett  ber  frangöfifdjen  9ietoo* 
tution  mit  tyren  begeiftemben  Sbealen,  mit  iljrem  (Segenfafc  gegen 
bie  Unnatur  be*  alten  ©taate*,  gegen  ?lbfoluti*mu*,  9JKlitari& 
mu*  unb  ©ureaufratie,  mit  i^ren  monard)ifd)*fonfiitutionelIen  ©er* 
faffung*ibeen,  mit  iljren  SBenfdjen*  unb  ^Bürgerrechten,  mit  ber 
nationalen  3bce  unb  bem  ©ebanfen  Don  ber  ÜÄünbigfeit  be*  Solle* 
—  biefe  ©etoegung  fanb  ein  Sdjo  in  ©tein*  ©ruft,  unb  er  ift  t&r 
in  mannen  feiner  ©orfd)läge  unb  Benennungen  gefolgt,  toenn 
aud)  biefer  ©tnflufe  nid)t  überall  gang  untierpQt  gutage  tritt, 
©o  mifdjt  fid)  in  ©tein*  Sbeen  feltfam,  fruchtbar  unb  in  fcödjft 
eigenartiger  SBeife  Sllte*  unb  SReue*,  grembe*  unb  ^eimifdje*. 
Snbcm  er  gurfiefftrebt  gu  ben  beutfdjen  ©taat*guftänben,  toie  fie 
t>or  bem  ©inbringen  be*  militärifä--bureaufratifd>en  8bfoluti*mu* 


Stein  unb  bei  preufrifdjc  Staat.  429 

beftanben  Rattert,  fud)t  er  bod)  feine*meg3  ben  Staate  unb 
©efeüfäaftSjufianb  be«  16.  unb  17.  3alpf)unbertö  fdjledjtmeg 
toieberfyerjufteden,  fonbem  er  fudjt  tyn  weiter  ju  enttiricfeln  na$ 
bem  TOufter  ber  fortgef dritten f ten  Station,  bie  jene  allgemeinen» 
tinentale  Sntmicf  fung  ntdjt  mitgemacht  t>atte,  ber  (Snglänber,  unb 
jugleid)  im  ©inne  ber  üon  ©nglanb  beeinflußten  ©trömung  in 
granfreid),  toie  fie  ettoa  burd)  SRontrtquieu  reprftfentiert  mtrb; 
bie  betnofratifdjen  Äbfiraftionen  9touffeau8  lagen  nid)t  in  ber 
Stiftung  feiner  tjiftorifdj  geftimmten  unb  auf  baS  SBirtlidje  unb 
$raftifd)e  gerichteten  Statur. 

Äud)  barauf  t)at  Seemann  mit  berechtigtem  9fcad)brucf  l)in* 
gemiefen,  bog  bie  SBeranlaffung  ber  SRaffauer  fcenffdjrift  in  einem 
8Bunfd>e  be*  gürften  Sintern  SRabjittrill  JU  fudjen,  ba&  fie  ju* 
nädjft  fftr  it)n  entworfen  ift.  3)aburd)  erltärt  fid)  manches  in  ber 
Senbenj  unb  gaffung.  üor  allem  audj  bie  ausführliche  ©efjanb» 
lung  ber  polntfcften  grage.  SBaS  ©tein  im  Äuge  Ijatte,  mar  bie 
Äonftituierung  ber  polnifdjen  Sßromnjen  ?ßreu&en£,  bie  nod)  auä 
bem  ruffifdjen  Anteil  ertyeblid)  Vermehrt  »erben  füllten,  als  eine« 
ft6nigreidj3$o(en  in  Sßerfonalunion  mit  $reu§en,  mie  anber* 
feit*  ber  ruffifdje  Anteil  als  flömgreid)  Sitauen  fonftituiert  »erben 
foHte.  3)a$  foUte  nun  ein  oon  einem  eintjeimifdjen  Statthalter 
in  lonfiitutioneflen  formen  regierter  SRationalftaat  fein,  ©tein 
Verurteilte  bie  Teilungen  Sßolen*  unb  fpradj  mit  Ijotjer  Hnerfen* 
nung  üon  ben  nationalpolitifdjen  SBeftrebungen  ber  polnifdjen 
Patrioten.  Seemann  gittert  mit  Seifofl  feine  ©orte  barüber: 
«3)ie  polnifdje  Station  ift  ftolj  auf  iljre  Nationalität,  fie  trauert, 
it)re  ©prac^e,  tyren  Kamen  erlöjdjen  ju  feljen  unb  feinbet  ben 
©taat  an,  ber  i^r  biefe*  ßeib  jufügt.  ©ie  mürbe  jufriebengeftellt 
»erben,  fie  mürbe  biefem  ©taate  anlangen,  menn  man  iljr  eine 
SBerfaffung  gäbe,  bei  ber  it)r  SRationalftolj  beruhigt  unb  i&r  ber 
Sefifc  iljrer  3nbh>ibualität  gefiebert  »irb.  3)tefe  nidjt  ju  jer* 
ftören,  fonbern  auäjubilben,  mirb  jeher  für  einen  Oeroinn  galten, 
ber  nid)t  medjanifdje  Orbnung,  fonbern  freie  Sntroidlung  unb  ®er* 
eblung  ber  eigentümlichen  Statur  jebe*  SBölferftammeS  für  ben 
ßtoed  ber  bürgerlichen  ©efeQjdjaft  t)filt."  fciefe  ©orte  ritymt 
fie^mann  ate  „ein  teure«  SBermädjtniS,  in  bem  ber  untoerfale 
®eift  be*  18.  unb  ber  nationale  be*  19.  3af>rl)unbert3,  nod)  nid)t 
jum  Sl)aut>ini«mu$  uerfteinert  unb  t»erf&lfc^t#  fidj  »unberooll 
burdjbringen".    ©enn  bamit,   »ie  bod)  »o|)l  vermutet  werben 


430  Otto  $in$c, 

mu&,  bcr  SBunfd)  Derbunben  ift,  ba&  biefed  SSermädjtnid  für  bie 
SBcr^ältniffc  ber  ©egenmart  fruchtbar  gemacht  derben  möchte, 
fo  mufc  man  bagegen  bod)  bemerfen,  baf  bte  Sßolenfrage  bei  und 
auf  einem  burdjaud  anbern  ©oben  fteljt,  als  ber  mar,  auf  ben 
(Stein  fein  8«fwnftdgebäube  gefteQt  Ijat.  gür  iljn  Ijanbelte  ed  fidj 
um  bie  fompafte  §auptmaffe  bed  alten  potnifcben  JReidjed,  fär 
und  t>anbctt  ed  fidj  in  ber  §auptfadje  um  Sßroirinjen  mit  ge* 
mtfdjter  ©prad)e  unb  gemtfdjter  SeDölferung,  unb  eine  21nmen* 
bung  bed  ©teinfdjen  ^ßrtnjipd  mürbe  bei  und  freute  eine  Unter* 
bräcfung  bed  S)eutfd)tumd  jugunften  ber  polnifd)en  Nationalität 
bebeuten,  oljne  ba&  bamit  bie  @emftf>r  für  bie  .Sufriebenftellung 
ber  pointieren  SBeoötferung  gegeben  märe,  beren  nationalpolttifdje 
SBeftrebungen  ja  über  ben  Stammen  bed  preufcifdjen  ©taated  toeit 
tjinaudreidjen. 

3)ie  Umftänbe,  unter  benen  ©tein  fein  jmeited  SRtnifte* 
rium  antrat,  ber  Sfonflift,  ber  babei  mieber  broljte,  unb  bie  Art, 
mie  er  oermieben  mürbe,  finb  Don  Seemann  jum  erftenmal  ju« 
treffenb  bargefteHt  morben.  ©d  ift  ber  Äampf  um  bte  93 e* 
feitigung  bed  Äabinettd,  um  ben  ed  fid)  babei  tyanbelt.  tiefer 
Äampf  gehört  ja  mit  ju  bem  SBef  entließen  ber  ©teinfdjen  Öeftre* 
bungen.  3n  biefen  3ufQmmen^an9  gehört  aud)  fdjon  bie  erfte 
gro&e  poütifd)e  ffiunbgebung  ©teind,  bie  belannte  ©enffdjrift  Dorn 
9D?ai  1«06,  bie  bie  JBefeitigung  bed  SWinifterd  ^augmife  unb 
ber  Äabinettdräte  Sombarb  unb  Seljme  unb  bie  Silbung  eined 
SRinifterfonfeild  forberte.  "Damals  mar  ber  Stuf  ©teind  ungegart 
öer^aflt;  ber  Äönig  Ijat,  mie  Seemann  feftfteQt  —  im  ©egenfafc 
fibrigend  ju  ber  Don  ©tein  feibft  in  feiner  Autobiographie  ge» 
äufeerten  SBermutung  — ,  nie  etmad  Don  biefer$enf|d)rift  erfahren; 
bie  Königin  unb  §arbenberg  Ratten  fie  für  ju  fdjarf  unb  rfief* 
fidjtdlod  gehalten  unb  Don  ber  Überreizung  an  ben  Ädnig  ab* 
geraten,  unb  ©tein  fjatte  fidj  gefügt.  Dann  mar  ber  Äonflift 
Dom  Dejember  I0O6  gefolgt,  ber  «nfang  3anuar  1807  ju  bcr 
(Sntlaffung  ©teind  führte.  S)er  Stern  biefed  Äonflifted  mar  eben 
bie  gorberung  ©teind  gemefen,  bafj  Setjme  entlaffen  unb  an 
©teile  ber  Äabinettdregierung  eine  SWinifterialregierung  eingerichtet 
merben  foflte,  bie  in  unmittelbarem  SBerfe^r  ber  äKinifter  mit  bem 
fiönig  geführt  mürbe.  3n  biefer  gorberung  lag  bie  tenbenj  jur 
©infct)ränhing  bed  autofratifdjen  Äbjolutismud,  unb  barum  tptt 
griebriety   Söilljelm  in.   tyr   einen   fo   jä^en   unb   nachhaltigen 


Stein  unb  ber  preufeifc^c  Staat.  4SI 

Biberftanb  entgegengefefct.  Sr  be^anbelte  ©tein  nodj  ganj  fo, 
toie  griebrid)  ber@rofje  feine  SRimfter  beljanbett  Ijatte;  ba  ©teilt 
ben  eintritt  in  ba3  Dom  Äönig  berufene  SRirnfterium  abgelehnt 
(jatte,  fot)  er  ba«  als  Ungefjorfam  unb  ©genfinn  an  unb  entliefe 
ben  SRinifter  burd)  jene  ungnäbige  ftabinettöorber  Dom  3.  Sanuar. 
ffia*  ©tein  burdjjufefcen  mi&tungen  mar,  Ijat  bann  ftarbenberg 
burd)  feine  ®efd)meibigfeit ,  allerbingS  jugleid)  aud)  burd)  baS 
©erntet,  ba*  tym  beim  flöntge  bamate  bad  Vertrauen  be* 
ftaiferä  Ätejanber  gab,  ofjne  Äonflift  ju  erreichen  Dermodjt;  er 
erlieft  am  26.  April  1807  ben  Cortrag  in  allen  toidjtigen  An* 
gelegensten  unter  Äuäfdjaltung  bed  Aabinettöratd  Setjme.  95er 
baS  toar  bod)  nur  eine  üorfibergefjenbe  JtonfteQation.  Sä  ift  eine 
übertriebene  ©ürbigung  biefer  SBenbung,  menn  Xreitfd)fe  (I,  259) 
baüon  fagt:  „3m  26.  April  1807  DoOjog  fid)  in  aller  ©tiHe 
eine  83erfaffung3t>erftnberung,  bie  folgenreiche ,  toeld)e  ber  alte 
«bfolutiSmu*  feit  ben  Zagen  griebrid)  ffiityelmS  I.  erlebt  Ijatte. 
Die  ÄabinettSregierung  mürbe  aufgehoben,  §arbenberg  als  erfter 
SRinifter  mit  ber  Seitung  ber  ausmärtigen  Angelegenheiten  fomie 
aQer  mit  bem  Kriege  }ufamment)&ngenben  ©efd)äfte  beauftragt. " 
$afc  biefe  SBanblung  nod)  feine  bauembe  mar,  bafe  fie  in  ber 
$auptfadp  nur  auf  ber  perfönltdjen  ©efcfycfltdjfett  §arbenbergS 
beruhte,  jeigte  fid)  fofort  nad)  feinem  JRficftritt,  ber  befanntlid) 
eine  ber  ©ebingungen  beS  lilfttcr  grieben«  mar.  S)a  trat  SSetyme 
m  feine  alte  ©teflung  otyne  meitereS  mieber  ein,  unb  bie  ©itua* 
tion,  bie  ©tein  beim  antritt  feinet  SRinifteriumS  Dorfanb,  mar 
nod)  eine  red)t  unflare.  6r  verlangte  audj  jefct  mieber  bie  (£nt* 
femung  SSetjmeS,  ber  König  aber  beftanb  barauf,  bafe  ber  ftabi* 
nettSrat  üorWufig  nod)  bleibe;  er  tooflte  oor  aOem  ben  Anfeuern 
aermeiben,  als  füge  er  fid)  unbebingt  bem  SBiüen  beS  SRinifterS. 
S)en  brolpnben  Äonflift  fjat  bann  ba£  S)ajtoifd)entreten  ber  ftdnigin 
ßuife  abgemanbt,  bie  ©tein  mit  bemeglid)en  Starten  befd)mor, 
no<%  einige  >Jeit  ®ebulb  ju  Ijaben,  maS  offenbar  auf  bie  Haltung 
beS  SRinifterS  nid)t  oljne  SBirfung  geblieben  ift.  Über  biefe  merf* 
tofirbige  SBenbung  finb  mir  burd)  ein  unbatierteä,  bei  Sßer|  in 
gatftmile  mitgeteilte«  Stilett  unterrichtet,  ba$  ber  Herausgeber 
nod)  nid)t  red)t  unterjubringen  gemufct  Ijat.  Qx  mar  geneigt,  ben 
Äonflift,  auf  ben  e$  fjinmeift,  in  eine  fpfttere  3eit  Su  fefeen  unb 
fyxt  allerlei  Kombinationen  baran  gefnüpft.  Seemann  fefct  ba« 
Datum  auf  ben  3.  ober  4.  Oftober.    (Er  fdjeint  fid)  babei  lebig* 


432  Otto  $tnfee, 

tief}  auf  ©eguelinS  3)entoürbigfeiten  ju  ftü^en,  aber  fdjon  Stfil)t 
()ot  barauf  tjingenriefen,  bafe  bie  mjtirifdjen  Don  tym  oerdffent* 
listen  ©tfigemannfdjen  ©riefe  nidjt  teidjt  mit  btefer  Angabe  ju 
vereinigen  finb.1)  ®S  tarn  bamalS  ju  einem  ftompromig :  Seltne 
ttmrbe  jum  flammergeridjtäpräftbenten  ernannt,  blieb  aber  nod> 
6id  jum  Sunt  1808  am  #ofe  unb  trug  bie  unbebeutenberen 
©adjen  bor;  ©tein  lieg  fid)  ba«  gefallen  unter  ber  ©ebingung, 
bafe  bie  S3ortrag3fadjen  bem  ÄabinettSrat  Don  tljm  felbft  juge* 
triefen  toerben,  fo  bafi  er  ba3  2Bid>tige  felbft  in  ben  §änben  be- 
hielt, ©rfi  mit  ber  proDiforifdjen  Sfteuorbnung  ber  SBertoaltung 
im  3uni  1808  unb  burd)  Stein«  jälje,  aber  bieämal  ma&DolIe 
gefiigfeit  fyat  alfo  bie  ÄabinettSregierung  in  ^ßreufeen  ein  Snbe 
genommen;  aber  bie  3bee  be8  foüegialifdjen  ©taatSminifterium«, 
bie  ©tein  Dorfdjtoebte,  ift  eigentlich  in  ber  SReformjeit  nie  reali* 
fiert  loorben,  mit  Ausnahme  etroa  beä  3Äinifterium$  ©otyna* 
Ältenftein,  ba«  aber  in  feiner  ©d)toäd)e  unb  Untätigfeit  nid)t 
eben  für  biefe  gorm  ber  9tcgierung8Derfaffung  jeugt.  3)ic  3«t 
unb  bie  SRatur  bed  fiönigä  forberte  einen  Sßremierminifter,  roie  e* 
©tein  unb  §arbenberg  geioefen  finb.  SRit  einer  folgen  über* 
ragenben  Stellung  eine«  (Einzelnen  aber  lieg  fid)  eine  toflegialifdje 
SKinifterregierung  bod)  nidjt  gut  Dereinigen;  unb  roenn  audj  bie 
befannte  ÄabinettSorber  Dom  3. 3uni  1814  auSbrücflid)  ben  fade* 
gialifdjen  S^arafter  beä  ©taatäminifieriumS  gegenüber  bem  ©taat** 
fanjler  fcftfteüte,  fo  jeigt  bodj  bie  JfriftS  Don  1819,  bie  neuer« 
bing$  SKeinede  unb  ©ebljarb  eingeljenb  gef djilbert  fjaben,  wie 
meit  man  in  ber  %at  Don  ber  SReatifierung  biefe«  ©ebanlen«  ba* 
mal«  no$  entfernt  mar  unb  Dorläufig  audj  geblieben  ift.  9todj 
§arbenberg«  "lobe  treten  bann  unter  griebridj  äBilljelm  IIL 
»ieber  bie  fog.  ÄabinettSminifter  auf,  bie  ben  S3erfefjr  ber 
SKinifter  mit  bem  ftönig  vermitteln,  unb  biefe  IjerDorragenbe 
Stellung  eine«  äRinifterS  tjat  aud)  unter  griebridj  SBilljelm  IV., 
toenngleid)  in  abgefd>rofid)ter  ©eftalt,  fortbeftanbeu  bi«  jur  ®e> 
rufung  be$  bereinigten  fianbtag«  1847.  ffirft  an  ber  SdjroeHe 
ber  tonftitutioneQen  @pod)e  ift  e«  alfo  eigentlich  in  $reugen  ju 
bem  Don  ©tein  fd)on  1806  geforberten  follegialifdjen  Staat«* 
minifterium  in  feiner  reinen  ©eftalt  gefommen:  ein  ©taatdmini' 
fterium,  ba«  toirflid)  eine  JBinbung  ber  perfönltdjen  Regierung«* 


l)  mü%  flu*  ber  Sranjofenieit  @.  XVIH  ff.  unb  ©.  48  ff. 


©teilt  unb  ber  preitfetfdjc  Staat.  433 

gemalt  be*  JtönigS  bebeutet,  ift  eben  ot>ne  ba$  Äorrelat  einer 
fonftttutioneflen  ÜBerfaffung  ntd^t  gut  benfbar,  menigften*  tft  e3 
prafttfc^  in  $reugen  mdjt  burd)ffil>rbar  gemefen. 

Sin  befonberS  mic^tigeö  SRobum  in  Seemann«  SBerf  tft  bie 
attenmägige Darfteflung  bergtnanjlageSßreu&enä  mäljrenb 
be3  ©teinfdjen  SRinifteriumS  unb  ber  SWittel,  bie  er  in 
Änmenbung  braute,  um  bie  ungeheure,  gan*  tDtllfürlict)  bemeffene 
ÄontrtbutionSlaft,  bie  Daru  auf  154,5  ^Millionen  bejtffert  fjatte, 
abzutragen  unb  bamit  baä  Sanb  Don  ber  feinbltdjen  ©nquartie* 
rung  ju  befreien;  benn  ber  ben  Jüftter  grteben  ergänjenbe  un* 
glücf feiige  Vertrag  &om  12.  Suli  1807,  ben  ÄaWreutfj  in  unbe- 
greiflicher SBerblenbung  gefdjloffen  Ijatte,  ga6  ja  ben  granjofen 
baS  Stecht,  baS  Sanb  fo  lange  faefe^t  ju  galten,  bis  bie  Äontribu» 
tion,  beren  #öf>e  bamalS  nod)  gar  nid)t  feftgefteQt  mar,  bejaht 
fein  mürbe.  SWan  mufcte  fid>  bei  bent  SKangel  barer  Stnfflnfte 
an  bie  Domänen  galten,  ©ie  maren  ja  üerfaffung*mä&ig  feit 
griebrid)  SBityelm  I.  un&eräugerHdj,  aber  bie  öffentliche  Meinung 
forberte  bamate  jiemlid)  allgemein  ben  Verlauf  ber  Staatsgüter, 
unb  aud)  ©tein  mar  fein  greunb  eine«  großen  Domamalbefi&eS 
(II,  178).  An  einen  fofortigen  Sßerfauf  aber  tonnte  man  bamald 
md)t  benfen,  toetl  e$  an  Ääufern  fehlte  ober  bodj  menigftenS  an 
folgen,  bie  leibliche  Angebote  gemalt  Ratten ;  fo  blieb  md)tS  übrig, 
als  eine  ©erpfänbung,  burd)  MuSgabe  Don  <ßfanbbriefen  nadj  Slrt 
ber  rttterfäaftlidjen  Ärebitinftitute ;  an  biefe  fc^lofe  fid>  ber  giSfuS 
jefct  aud)  tatfäd>lid)  an,  fo  ba&  ber  ©taat  für  feine  Domänen 
biefen  lanbfdjaftlidjen  Ärebitgenoffenfdjaften  beitrat,  um  baburd> 
tyre  ©arantie  für  bie  auf  bie  Domänen  auSgefteflten  Sßfanbbriefe 
ju  erhalten.  DaS  führte  ju  ®er!janblungen  mit  ben  ^Jrooinjial* 
lanbfdjaften,  ba  ja  biefe  natürlich  i^re  ßuftimmung  baju  ertlären 
mu&ten.  «uS  btefem  änlafe  ift  es  junädjft  jur  Berufung  beS 
fog.  oftpreu&ifdjen  ©enerallanbtagS  gefommen,  ber  im 
®runbe  nidjts  anbereS  tft,  als  baS  1788  gefdjaffene  Organ  ber 
fianbfdjaft,  b.  &.  ber  ritterfdjaftlidjen  Ärebitgenoffenfdjaft  ber  Sßro« 
mnj.  £s  fjanbelte  fid)  aber  bei  ben  ^Beratungen  jugleidj  um 
allgemeine  fianbeä*  unb  ©teuerangelegentyeiten ,  fo  ba|  bie  ur« 
fprünglidje  Äompetenj  ber  JBerfammlung  febr  erweitert  mürbe, 
©tein  t)at  ba&er  ju  biefer  SSerfammlung  aufeer  ben  eigentlich  allein 
berechtigten  SKittergutSbefifcern  aud)  Vertreter  ber  tfölmer  unb  ber 
<Srbpäd)ter  aus  ben  Domänenämtern  berufen;  Seemann  oergleidjt 

*ifU>rtf«t«  fleitfarift  (8b.  94)  91.  ft.  8b.  LVIII.  28 


434  Otto  $infee, 

biefe  ^Betätigung  ber  bürgerlichen  Elemente  mit  bem  »Double- 
ment  du  tiersc  bei  ber  Einberufung  ber  franjöfifdjen  ©enerat» 
fiftnbe,  unb  er  finbet  aud)  fonft  manche  parallelen  jtoifdjen  ber 
franjöftfdjen  Äonftituante  unb  ber  ©tellung,  bie  ©tein  btefer  oft* 
preuf$ifd)en  Sßroöinjiafoerfammlung  jumieS.  @r  Ijat  in  biefen 
SBerfyanblungen  ba3  erfte  ber  SBerfaffungSoerfpredjwtgen  ber  iltf 
formjeit  entbecft:  bem  ©enerallanbtag  mürbe  bie  SBerfidjerung 
gegeben  (31.  Sanuar  1808),  bafe  fänfttg  ein  ttnrHid)er  Sonbtag 
mit  jiuecfmägiger  SReprftfentation  ber  (anblicken  unb  ftäbtifdjen 
©gentümer  gesoffen  »erben  fofle. 

3)a$  mar  junädjfi  nur  eine  ÄuSftd)t  auf  proDinjialftänbifc^e 
SReprftfentation,  aber  an  bie  $omänenangelegenljeit  fnfipfte  ftdj 
fpäter  nodj  eine  toeitergefjenbe  Derfaffunggrecfctlidje  SJunbgebung, 
auf  bie  Seemann  ebenfalls  jum  erftenmal  tyngemiefen  l>at.  3n 
ben  SSer^anblungen  über  ben  ©efefcentnmrf  betreffenb  bie  SBer* 
äufcerung  ber  Domänen,  bie  im  Oftober  1808  ftattfanben,  ift 
befdjloffen  Sorben,  bog  babei  bie  ffinftigen  SReidjSftänbe  ber 
SKonardjie  jugejogen  »erben  foQten;  e&  ift  ba3  erfte  SÄal,  bog 
SRetdjöftänbe  in  Sßreu&en  amtlich  ermähnt  toerben,  unb  ber  &5nig 
i)at  bamalS  feinen  ?lnftofe  baran  genommen.  3J?it  SRec^t  fonnte 
alfo  ©tein  in  feiner  ©elbftbiograpfjie  fagen :  ber  ftöntg  toar  ba* 
mafö  fd)on  geneigt  jur  Silbung  oon  SReidjSftänben.  3)a3  ift 
ein«  ber  fdjönften  SRoöa  in  Seemanns  X)arfteUung.  Seiber  finb 
bie  Sften  ber  SBerfjanblungen  über  bie  (Einrichtung  Don  SleidjS* 
ftänben,  Don  benen  aud)  in  ©tcinS  fog.  polttifdjem  teftament 
bie  Siebe  ift,  aud)  bem  ©pfirfinn  Seemann«  nid)t  auffinbbar 
getoefen. 

3)en  oftyreufeifdjen  ©enerallanbtag  f>at  1808  neben  ber 
Übernahme  ber  ©arantie  für  bie  3)omfinen=Sßfanbbriefe  namentlich 
nod)  bie  3fagc  ber  ©infommenfteuer  befd)äftigt,  bie  ja  ©tein  fd)on 
1806  geforbert  tjatte  unb  bie  nun  jur  3)edung  ber  SJrieg8fd)ulben 
bienen  follte.  Huf  ©teinS  Setreiben  ift  fie,  nadj  einem  oon  bem 
ftönigSberger  Sßolijetbireftor  gretj  unb  bem  «ffeffor  3.  ®.  §off< 
mann  aufgearbeiteten,  Don  ©tein  Derbefferten  Sßlan,  trofc  beS 
SBiberftanbeS  abeliger  unb  militfirifdjer  ©lemente  in  bem  oftpreuftf» 
fd)en  ©enerallanbtag  bamal«  aud)  mirflid)  befdjloffen  toorben. 
(53  toar  bie  erfte  ©teuer  in  Sßreufeen,  bie  alle  ©tfinbe  gteidj» 
mäfeig  erfaßte;  ©tein  Ijatte  toof)l  bie  Abfielt,  ffe  fpfitcr  ju  einer 
allgemeinen  ©taatsfteuer  ju  machen;  fie  ift  aber  tat|fid)lid)  auf 


«Steht  unb  bei  preu&ifdje  Staat  435 

Oft«  unb  ffieftpreufcen  befdjränft  geblieben  unb  ift  fpöter  lieber 
öerfdjmunben.  Slud)  biefe  Sntbecfung  fjat  Seemann  ja  fdjon  früher 
in  einer  befonberen  Veröffentlichung  bem  wiffenfdjaftlidjen  $ubli« 
tum  Dorgelegt.  *) 

Irofc  aller  biefer  Änftrengungen  wollte  e*  ntdjt  gelingen, 
bie  STOtttel  jur  Aufbringung  ber  Kontribution  Ijerbeijufdjaffen,  unb 
bod)  tying  afleä  babon  ab,  bafe  man  bie  franjöfifdjen  öefafcungen 
au«  bem  Sanbe  loa  würbe.  SDiefe  üerjweifelte  Sage  erflärt  bie 
auffällige  9iad)giebigfeit,  bie  ©tein  gegenüber  ben  granjofen  be* 
wie*,  ©ie  mar  fo  grofc,  ba&  Sßerfc  nid)t  gewagt  fatte,  ade«  mit« 
juteilen,  waä  bie  Rapiere  ©teinä  barfiber  ergeben;  erft  Seemann 
bat  aber  biefe  merfmfirbige  Sßartie  Dolle«  Sidjt  Derbreitet.  Hte 
^rinj  ©illjelm  im  Siooember  1807  nadj  ?ßarte  gefanbt  mürbe, 
bot  $reufeen  Napoleon  ein  DffenftobönbniS  an,  ba*  30—40000 
9Rann  ju  feiner  Verfügung  [teilte :  felbft  uor  bem  Eintritt  in  ben 
9tyeinbunb  fdjredte  man  nidjt  jurüd.  ©tein  gab  fid)  wof)l  nidjt 
blofj  ben  Änfdjcin,  als  fei  ba*  $\d  feiner  $olitit,  mit  Napoleon 
toirflid)  in  ein  guteä  Verhältnis  ju  tommen  unb  ^ßreugen  mit 
granf  reid)*  §ilfe  mieber  in  bie  §5f)e  ju  bringen ;  er  war  bamal* 
bereit,  im  gaKe  eines  Äriege«  jWifdjen  fcfterreid)  unb  granfretd) 
ben  Jranjofen  aud)  bie  fölefifdjen  geftungen  ein jurfiumen ;  er 
toermieb  alle*,  was  „8nla|  ju  fdjäblidjen  3nfinuationen  beim 
Äaifer  Napoleon-  geben  fonnte.  Die  notmenbige  Stebuftton  ber 
entwerteten  ©djeibemönje  mufote  aus  biefem  ©tunbe  unterbleiben, 
Weil  bie  Dttupationdarmee  ein  Sntereffe  baran  Ijatte,  bafj  fie  bei« 
behalten  Würbe ;  mißliebige  ©eamte,  wie  ber  3ioilf  ommiff  ar  9D?affoto 
in  ©Rieften,  mürben  ben  granjofen  geopfert,  ©tein  moQte  fogar 
Slapoleon  gewinnen  burd)  ben  fdjmeidjetyaften  Antrag,  er  ober 
bie  Staiferin  f Otiten  Sßatenftefle  bei  bem  SHnbe  übernehmen,  ba£ 
bie  Königin  erwartete  —  eine  SBenbung,  bie  bann  bod)  banl  bem 
bofjenjollernfdjen  gamilienfiolj  Dermieben  morben  ift  — ;  ben 
8orfd)!ag  einer  btjnaftifdjen  SBerbinbung  mit  ber  gamilie  JBona» 
parte  burd)  Verheiratung  beS  Äronprinjen  mit  ber  Alteften  Xodjter 
be*  ftönigd  Sofef  mied  ©tein  aflerbingS  a  limine  ab,  er  wagte 
gar  nidjt,  mit  bem  Äönig  barüber  ju  reben;  aber  in  bemfclben 
©riefe,  ben  er  barfiber  an  ben  bringen  ©iltjelm  getrieben  f>at, 
fpridjt   er  bod)   jugleid)   bie  Hoffnung  auf  eine  Verftönbigung 

»)  *teu|.  3a^tbü«er  108, 1  ff.  (1901). 


486  Otto  fcinfce, 

mit  granfreid),  ben  äBunfdj  baju  ju  gelangen,  fo  beutfidj  aus, 
bafe  Seemann  erflärt,  jeber  SJerfudj,  fte  fortjuinterpretieren,  fei 
auSftdjtSloS. 

gnblidj  entflog  fid)  ©tein,  fetbft  nad)  Berlin  ju  gelten  tfnb 
mit  Daru  perfönlid)  über  bie  ©rmäfeigung  bec  Kontribution  ju 
unterljanbeln.  DaS  war  ein  DerJjängntöDoQer  ©djritt,  ber  ba$ 
SReformmerf  fefjr  aufgehalten  unb  ftarf  beeinträchtigt  Ijat.  ©tein 
ift  baburd)  brei  SWonate  Don  Äönigäberg  unb  Don  ber  fieitung 
ber  {Reformen  ferngehalten  morben,  fo  bag  in  biefer  3«*  ofleS 
in«  ©toden  geriet;  er  Ijat  fid)  Dor  ben  grangofen  gebemfltigt  unb 
Dielfadj  bebenflid)e  Mittel  ergreifen  muffen,  um  ba$  gute  ©er* 
ljältniS  mit  tynen  ju  maljren;  er  Ijat  ben  ungeftümen  Patrioten 
©ad  auä  ben  93er^anblungen  entfernt  unb  if)n  burdj  ben  SRefonn« 
gegner  Sog  erfefct,  ber  ben  granjofen  genehmer  mar.  Unb  mit 
bem  allem  ift  er  nid)t  jum  Qkl  gelangt.  SllS  Diplomat  mar  er 
bem  franjöfifdjen  Unterljänbler  nid)t  getoadjfen.  Daru  Ijatte  ifjm 
ÄuSftdjten  gemalt,  bie  it)n  blenbeten,  Sugeftänbniffe,  bte  ©tein 
befriebigt  Ratten,  toenn  fie  bie  Dorbeljaltene  Stattfifation  9?apo* 
leonä  gefunben  fjätten;  aber  eben  biefe  92atiftfation  blieb  fd)ltefr 
Itdj  au8  unb  ©tein  mufete  am  Snbe  einfetyen,  bog  er  ber  Düpierte 
mar,  bafe  er  ganj  umfonft  biefe  brei  SRonate  fyinburd)  bie  fd)toerften 
persönlichen  unb  polittfdjen  Opfer  gebracht  Ijatte.  Seemann  fyxt 
^ier  fetneS  Reiben  nid)t  gefront.  ®$  mad)t  in  ber  Zat  einen 
peinlichen,  faft  tragifdjen  ©inbrud,  ju  feljen,  mie  ber  ftolje,  auf« 
rechte  3Rann  in  biefer  Riefen  Situation  feinen  eigentlichen  Gf>a* 
rafter  verleugnet,  mie  er  ganj  gegen  feine  eigentlichen  ©runbfäge 
unb  bod)  fdjliefelid)  ganj  umfonft  tjanbelt.  Da«  biplomatifdje 
©efd^ief,  bie  gäljigfeit  fidj  ju  Derfteflen,  ben  ©egner  ju  überliften, 
ju  betrügen,  nad)  feinem  SBiüen  ju  lenfen,  fehlten  ij»m  doH» 
ftönbig. 

@rft  ber  fpanifdje  Slufftanb  unb  bte  ©etoegungen  in  Cfter« 
reid)  im  ©ommer  1808  tyaben  ©tein  ben  9Wut  gegeben,  roteber 
ju  feinem  eigentlichen  ©elbft  jurüdjufetjren.  Cr  unternimmt  nun 
bie  Vorbereitung  be£  VoifeaufftanbeS  im  Verein  mit  ®netjenau 
unb  ©djarntyorft.  Die  Verfyanblungen  mit  granfreid)  fegt  er 
babei  fort,  aber  nun  in  ber  auSgefprodjenen  ?lbfidjt,  Napoleon 
ju  tauften,  unter  bem  Schein  eine«  SünbniffeS  mit  tf>m  gegen 
it>n  ju  ruften,  um  fid)  im  gegebenen  äRoment  mit  feinen  ©egnern 
ju  Dereinigen.    „@oÜ  e3,"  fo  tyat  ©tein  in  jenen  lagen  einmal 


Stein  unb  ber  preugifd/e  Staat.  437 

gefragt,  „bem  Äaifer  Stopoleon  allein  erlaubt  fein,  an  bie  ©teile 
be*  Sledjt«  SBiQWr,  bec  «Jadeit  Süge  ju  fefcen?"  $amit  be- 
tennt  fld)  alfo  aud)  ©tetn  in  ber  Slot  be*  9Roment*  ju  einer 
ma<$tat>efliftifd)en  ©taat*räfon,  tote  fie  griebrid)  ber  ©ro&e  geübt 
l|at.  Seemann  bejtoeifelt,  unb  ftdjerlid)  mit  SRec^t,  bafi  ©tein* 
etyifdje  Statur  ftd)  babei  in  tyrem  (Element  gefüllt  l>abe.  (Er  toar 
bodj  too^t  fär  folc^e  Oertyittmffe  nid)t  gemalt;  er  mar  metjr  ber 
SRann  ber  inneren  Cerroaltung  unb  SReform. 

SBon  ben  grofeen  JReformfragen  toirb  bei  Seemann  junädjft 
bie  agraria e  be&anbelt.  ©eine  3)arfteQung  tjat  Ijier  neben 
ftnapp  nidjt  t)iel  SReue*  jutage  geförbert,  er  bat  bie  Dinge  nur 
metjr  in  ben  3ufammenl>ang  ber  gro&en  Politiken  ©efc^äftc  ge* 
rieft.  Steint  Anteil  an  ber  Agrarreform  ift  ja  eigentlich  nidjt 
grofe;  ba*  (Ebitt  &om  9.  Oftober  1807  fanb  er  fertig  t>or.  2e&« 
mann  Ijält  an  ber  Auffaffung  fefi,  bafe  bie  Au*bet>nung  feiner 
Geltung  auf  ben  ganzen  ©taat  ©tein*  JBerbienft  fei,  obtool)! 
aud)  biefe  äRagregel  fd>on  t>or  feiner  Anfunft  ertoogen  toorben  ift. 
2>a§  junäd)ft  nur  bie  perfönlidje  (Befreiung  ber  Sauern  eintrat, 
md)t  bie  Regulierung  ber  3)ienfi*  unb  (Eigentumdfragen  gleich 
bamit  oerbunben  mürbe,  toar  offenbar  ganj  im  ©inne  ©tein*,  toenn 
er  aud)  für  bie  oftpreufjifdjen  SJomänenbauern  bie  in  anberen  Sßro* 
toinjen  fdjon  &or  1806  burd)gefü&rte  (Eigentum*t>erleil)ung  burd)* 
au*  gebilligt  unb  beförbert  fjat,  toie  ja  aud)  fein  Anteil  an  ber 
(Emanzipation  ber  porigen  $omftnenbauern  in  SWinben  (1797)  in 
berfelben  Richtung  fidj  betoegt  l)atte.  ©eine  ©runbanftdjt  toar 
eigentlich,  baß  aud)  für  bie  Ablöfung  ber  ftienfte  unb  bie  (Ertoer* 
bung  be*  (Eigentum*  an  ben  abhängigen  #öfen  bie  gefefclid)e 
3Wöglid)feitgefd)affen  toerben  f  ollte ;  bie  Durchführung  bief  er 
Äu*einanberfefcung  felbft  tooüte  er  ber  Snitiattoe  ber  (Beteiligten 
äberlaffen.  3n  biefem  ©inne  fjat  er  fid)  in  ber  Staffauer  5)ent» 
fdjrift  au*gefprod)en  unb  ebenfo  in  bem  Sßolitifd)en  Xeftament; 
übrigen*  l)at  er  in  feiner  Autobiographie  bie  Regulierung*« 
gefe&gebung  §arbenberg*,  bie  er  nur  nadj  bem  Derfjftltni&mä&ig 
gfinftigen  (Ebift  Don  1811  beurteilt,  auf  ba*  unjtoeibeutigfte  Der« 
toorfen  als  ein  $robuft  Don  5Rcuerung*fud)t  unb  $l)antaftit,  ba* 
ben  (Bauern  me&r  ©d)aben  a(*  Stuften  gebraut  jjabe;  e*  fiet)t 
faft  au*,  al*  toolle  er  ©d)arntoeber*  fpSter  jutage  tretenben 
getftigen  fcefeft  für  biefe  ganje  ©efefrgebung  beranttoortlid)  machen. 
(Er  ^atte  babei  unjtoeifetyaft  namentlich  ba*  fd)äblid)e  (Bauernlegen 


438  Otto  fcinfce, 

im  »uge,  ba*  im  ©efotge  ber  StegulierungSgefefcgebung  eingetreten 
ift  Sit  bem  fribcrtciantfc^en  Sauernfdjufe  moflte  er  grunbläfclidi 
feft^alten,  bejeidjnenberroeife  ebenfo  unb  faft  meljr  nod)  au£  mora» 
lifdfen  alä  au$  öfonomtfc^politifc^en  SKottoen.  3)a3  toar  einet 
ber  feftett  fünfte  in  feinen  fonft  etmaä  fdjmanfenben  Änfic^ten 
in  biefer  grage.  Seemann  jitiert  einen  ©afc,  ben  ©tein  bamaß, 
fid)  fclbft  über  feine  Stellung  ju  ber  Agrarreform  SRedjenfcijaft 
gebenb,  niebergefdjrieben  l)at:  „Wut  eine  gefefclidje ©nfdjränfung 
ber  freien  SMöpofttton  über  ba3  ©igentum  totrb  bleiben  muffen, 
biejenige  nämlidj,  meiere  bem  ©gennufc  beS  Steigeren  unb  @e» 
bilbeten  ©renjen  fegt  unb  baS  Sinjie^en  beS  Sauernlanbeä  jum 
SSormertetanb  toerfjinbert4'  Starum  t>at  er  fidj  aud)  fpäter,  als  e$ 
fid}  barum  Rubelte,  biefe  ©efdjränfung  gefefclidj  ju  formulieren, 
auf  bie  ©ehe  ©d)ön$  unb  ber  Smmebiatlommiffton  gefreut,  gegen 
ben  (Snttourf  ©djroetterS  unb  be3  oftpreu&ifdjen  ^Departement*. 
Schroetter  tnollte  anorbnen,  bafe  bie  ©utäbefifcer  für  jeben  ein* 
gezogenen  ©auernljof  eine  ©übnerftefle  einrichten  foHtenf  um  bo$ 
populattonifiifd)e  Sßrinjip  ju  magren;  ©djön  moüte  eine  Sin* 
jiefjung  t>on  Sauernlanb  nur  bulben,  menn  baä  gleite  2Ra&  Don 
ßanb  in  $orm  Don  großen  ©auernfteflen  ju  freiem  ©igentum 
ausgeworfen  tofirbe.  S)a$  leuchtete  ©tein  me&r  ein ;  er  toollle  bie 
freien  rool)ü)abenben  Säuern  beä  SBefiend  in  ben  Often  Aber« 
tragen;  an  ben  SRanb  be8  ©d)roetterfd)en  ©ntmurfeS  fdjrieb  er 
breimal  fein :  Cessat  in  totum.  2)afe  er  mit  ©d)ön  im  übrigen 
feineStoegS  fibereinftimmte,  bog  e£  it)m  leineSmegä  toie  biefem 
gleichgültig  für  ben  ©taat  festen,  ob  91  ober  ©  ein  Sanbgut  be* 
fifce,  ift  ja  befannt;  er  »ar  batjer  aud>  für  ben  3nbult  ju* 
gunften  ber  WittergutSbefifcer,  ben  ©djön  t>on  feinem  inbtoibua* 
liftifdjen  gretyettsftanbpunft  au«  befämpfte. 

3ntereffant  unb  neu  ift,  tt>a8  Seemann  über  ben  SBiber* 
ftanb  be8  91bel3  gegen  bie  Ägrargefefcgebung  beibringt. 
SRamentlid)  in  ©djlefien  mar  er  feljr  ftarf,  unb  bie  SBureaufratie 
arbeitete  l)ier  jum  Seil  im  felben  ©inne.  S5ie  ©logauer  Äammer 
fudjte  baä  Dftoberebtft  gleidjfam  ber  Dffentlidjfeit  ju  ent^en; 
fie  riet  oon  einer  öffentlichen  ©ele^rung  be3  gemeinen  3KanneS 
über  bie  »bfid)t  be3  ©efefceä  ab,  um  nid)t  bie  «ufmetffamfeü 
ber  Untertanen  baburd)  erft  rcd)t  auf  ba3  ©bift  ju  lenfen.  3a, 
ber  Sanbrat  be«  Dtfauer  Äretfc^,  ©raf  §oöerben,  fdjlug  mit 
naioer    9iud}lofigfeit    Slu8fül)rung3beftimmungen    t>or,    bie  ben 


Stein  unb  ber  preuftif^e  Staat.  439 

Snfjalt  beS  ©efefceä  einfach  junicf)te  machen  follten.  Da  mar  eS 
(ein  SBunber,  menn  l>ier  unb  ba  in  ©c^tefien  bic  erbitterten  ©e* 
meinben  revoltierten.  9Rit  §i(fe  franjbfifdjen  SRilitärd  mußten 
hn  Suguft  1808  bie  ©auern  gu  ifjrer  ^flic^t  angehalten  merben 
—  in  eben  ber  3cit,  to<>  ©tetn  unb  feine  ©efinnungSgenoffen 
ben  allgemeinen  SBolfSaufftanb  gegen  bie  graujofen  planten! 
©emife  t>at  Seemann  redjt,  menn  er  in  biefer  rcformfcinblidjen 
©eftnnung  beS  Abels,  in  biefem  Dorfäfcltd>en  SWi&Derfteljen  bed 
©manjipationSgefe&eS  bie  Urfadjje  bafür  erblitft,  bafe  ©tein  nun 
aOntityltd)  eine  immer  fdjärfere  Haltung  gegen  bie  Sunfer  ein* 
natjm  unb  eine  umfaffenbe  „{Reformation  be8  Abels"  in«  Äuge 
fagte.  SBftOig  neu  ift,  ma$  Seemann  ü6er  bie  3Jerl>anblungen 
mitteilt,  bie  bie  Don  ©tein  bamal«  lebhaft  betriebene  Aufhebung 
ber  SßatrimonialgeridjtSbarfeit  beredten,  ©ie  führten 
ju  einem  immer  fdjärferen  ©egenfafce  ©tein«  gegen  ba«  Runter* 
tum.  3m  September  1808  t)at  er  bie  Hbftd)t  geäu&ert,  bafc  ber 
Abel  menigften«  großenteils  abgerafft  merben  muffe:  nur  ber 
reiche  «bei  foQte  befielen  bleiben,  ber  arme  foQte  aufhören.  Sä 
mar  bod)  mo^l  meniger  eine  SInnäfjerung  an  ben  3beenfreid  ber 
franjöfiföen  ÄeDolution,  mie  Seemann  meint,  als  an  bie  eng« 
lifdjcn  ®efeUf4aft$iuftänbe,  bie  ©tein  atö  SWufter  Dorfämebten, 
menngleid)  eine  Durchführung  biefer  Äbfidjt  in  $reuften  nur  auf 
revolutionärem  SBege,  burd)  eine  SieDolution  Don  oben,  ju  er- 
reichen gemefen  märe,  SBie  e«  fid>  mit  ber  abfielt  ©teinS  Der« 
$ält,  ben  äbel  überhaupt  nur  fo  meit  befielen  ju  laffen,  at*  er 
fid)  in  bem  geplanten  SBolfSauffianbe  ber  guten  ©adje  bienft« 
bereit  ermeifen  merbe,  barüber  finbet  fic^  aud)  bei  Seemann  nid|t* 
Stityered:  ein  Seil  ber  etnfdjlägigen  Sitten  ift  fpurloS  Derloren 
gegangen. 

S33ie  für  bie  Agrarfrage  baS  ©ud)  Don  Jtnapp,  fo  Ijat  für 
bie  SBermaltungdorganifation  ba«  Don  Smft  SWeier  eine 
Dortrefflidje  ©runblage  gelegt,  an  ber  Seemann  ntc^tö  SöefenN 
Kdjeä  ju  änbern  Dermodjt  fjat.  3mmerl>in  aber  ift  if)m  auf 
©runb  be*  neuen  ÜWaterialS,  ba«  fein  ©pürfinn  f)ier  aufgefunben 
l>at,  bie  ©rgänjung  mancher  Süden  gelungen,  bie  bisher  nod) 
geblieben  maren.  Die  midjtigfte  baDon  betrifft  bie  ®ntftel>ung 
ber  Serorbnung  Dom  24.  Siooember  1808.  2Ran  mei| 
aud  ?ßer|j  unb  ätteter,  bafe  fte  auf  einem  3mmcbiatberid)t  Dom 
23.  SloDember  1807  beruht,  ber  mit  Beilagen  begleitet  mar  unb 


440  Otto  fcinfce, 

bcr  genriffermafeen  baS  SRinifterprogramm  barftellt,  mit  bem  Stein 
fein  Amt  antrat.  SSon  biefen  Setlagen  mar  aber  bisher  nur 
eine  befannt,  bie  Sßerfc  unter  bem  Xitel  „Sßlan  ju  einer  neuen 
Organisation  bcr  oberen  ©taatsbe&örben"  abgebrucft  l>at.  fiel)* 
mann  f)at  nun  bie  bt$f)er  nidjt  bekannten  fibrigen  Seilagen  auf« 
gefunben,  bie  mit  anberen  einfdjlfigigen  Materialien  im  ©etjetmeit 
©taatäardjio  an  einer  fdjtoer  jugfinglidjen  ©teüe,  in  Abdriften, 
5um  Seil  o^ne  "Datum  unb  Unterfdjrift,  fid)  befinben  —  too,  fagt  er 
leiber  nidjt.  3)anadj  fjatte  jeber  3mmebiatberid)t  brei  Seitagen, 
unb  bie  oon  Sßerfc  mitgeteilte  ift  nidjt  ber  eigentliche  Drgamfa* 
tionSplan,  fonbern  ein  furjeS  relapitulierenbcä  ©djema  ber  neuen 
Sel>örben  unter  bem  eigentlichen  Xitel:  „Sturze  Überfielt  ber  nadj 
biefem  Sßlane  fidj  ergebenben  Setyörben  unb  be$  bei  foldjen  er« 
forberlidjen  oberen  Sßerfonalg."  3)er  DrganifationSplan  felbft, 
ben  Seemann  benufct,  ift  alfo  nodj  ungebrueft.  Sr  ift  nad>  feiner 
Angabe  bem  toefentlidjen  Snljalt  nad)  fibergegangen  in  bie  83er» 
orbnung  00m  24.  ©eptember  1808;  eS  ift  ju  hoffen,  bajj  2el)< 
mann  ityn  in  bem  ©d)lufebanbe  unter  ben  oerljei&enen  Urfunbcn 
unb  Hnaleften  mitteilen  toirb.  Sine  britte  Seilage,  beren  Sßubli* 
fation  ebenfalls  toünfdjenämert  märe,  enthält  eine  oergleidjenbe 
3ufammenfte0ung  ber  neu  oorgefd)lagenen  unb  ber  alteren  Drga« 
nifation.  3)er  Serfaffer  ber  fämtlidjen  ©tücfe  unb  tool)l  aud) 
bed  3mmebiatberid)t«  mar  Ältenftctn ;  jugrunbe  lag  babei  bie 
Sfaffauer  $enffd)rift.  SReter  tyat  in  feiner  2)arfieÜung  bie  grofee 
Surfe,  bie  jnufdjen  bem  3mmebiatberid)t  00m  23.  SRooember  1807 
unb  ber  Serorbnung  Dom  24.  SRooember  1808  oorl>anben  ift 
fiberfprungen  burdj  bie  Semerfung,  bie  Angelegenheit  l>abe  nad) 
Srftattung  be$  3mmebiatbertd)tS  monatelang  geruht.  Seemann 
erflärt  ba3  für  ein  2Hi&oerftänbni3.  (£r  madjt  intereffante  STOit* 
tetlungen  über  bie  2)tefuffion  beS  SßrojelteS  im  3>ejember  1807 
unb  3anuar  1808.  SBir  Ijören  Don  ber  anficht  beS  ÄömgS,  oon 
ben  ©utadjten  unb  Äußerungen  Seljmeä,  SottumS,  §arbenberg«, 
Äleteij1,  ©d)ön3  unb  MuerSttmlbS,  oon  ben  SReplifen  ©temä,  oon 
ber  Sntfdjeibung  be$  ftönigä,  oon  ben  Überlingen,  bie  ©tein  an 
feinem  (Sntnmrf  oornaljm.  @S  finb  intereffante  unb  mistige  ffirgän* 
jungen,  auf  bie  id)  tyier  im  einjelnen  nidjt  eingeben  fann.  SHJir 
fefjen  bann  meiter  aus  SetymannS  SDarftellung,  toie  bie  fofortige 
Ausführung  be3  Sßlaneg  unterbleiben  mu&te,  toeil  bie  öoraufc 
jetyung   bafür,   bie  ^Befreiung   ber   befehlen  ^ßrooinjen  oon  ben 


Stein  unb  ber  preu&ifdje  «Staat.  441 

granjofen,  ftd)  nid)t  erfüllte.  „Daburdj,  bog  ©tein*  {Berliner 
SRiffton  fdjeiterte, "  faßt  Seemann,  „mürbe  aud)  ber  Drganifatton«« 
plan  unausführbar",  unb  nun  trat  bte  proDtforifdje  Organisation 
Dom  Sunt  ein  mit  bem  ©enerakginanj*  unb  ^olijei^epartcment 
unb  ber  ®enera(«ftonferen},  bie  mit  einem  Sßinimum  Dan  (Beamten 
bte  Sertoaltung  für  bie  anbertljalb  bem  ftöntg  gebliebenen  Sßro« 
Drajen  in  vortrefflicher  Sßeife  beftritten  Ijat. 

„Vloä)  mebr  Dom  ®lücf  begünftigt"  mürbe  Seemann  nad> 
fetner  eigenen  Äußerung  „bei  ber  ©djilberung  bed  UrfprungeS 
ber  ©täbteorbnung  unb  ber  fie  ergänjenben  fojialen  unb 
militürifdjen  ©efe&gebung".  „$ier  fanben  fid)  gänslid)  unbefannte 
ftorrefponbenjen  unb  SßrotofoDe,  mit  beren  §ilfe  bann  bie  auf* 
fattenb  ftarfe  Anlehnung  ber  preufeifdjen  ^Reformer  an  bie  Sbeen 
Don  1789  feftgefteOt  »erben  tonnte."  «udj  biefe  »efultate  \)(ti 
Seemann  ja  fdjon  Dormeg  in  einem  Äuffafc  ber  Sßreu&.Salirbüdjer1) 
bem  ^ublifum  Dorgetegt.  3d)  mu&  Don  ben  Sinjetyeiten  §ier 
abfegen.  3dj  mitt  nur  bemerfen,  bog  bie  Sßerfon  Don  3frel),  ber 
übrigens  ftantianer  unb  Freimaurer  mar,  bebeutenb  babei  tjerDor* 
tritt;  ebenfo  aber  bie  Satfadje,  bafe  ©tetn  ber  eigentliche  inteflet* 
tuefle  Urheber  ber  ©täbteorbnung  mar.  gret)  fannte  bie  Stoffauer 
$enlfd)rift,  äuerSmalb  l>atte  fie  it)m  mitgeteilt;  er  t|at  mit  ©tefat 
in  ftönigäberg  lange  unter  einem  $a$e  gemoljnt,  unb  Seemann 
Dermutet,  ba&  eö  ju  häufiger  perfönltdjer  SRütffpradje  jmiföen 
itynen  gefommen  ift. 

Über  bie  lefcte  ftrif  i«  ber  gro&en  Sßolttil,  mit  ber  ©tein« 
jtoeite  (Sntlaffung  unmittelbar  jufammen&ängt,  t)at  Sämann  leine 
neuen  Quellen  Don  ©rljeblidjfeit  gehabt;  bie  2)arfteUung  ergebt 
ftdj  l>ter  5U  befonberer  Straft  unb  ©djönljeit,  aber  bebeutenbe 
neue  Suffcfclüffe  bringt  fie  eigentlich  nid)t  S)ie  geheime  Jforre- 
fponbenj  mit  Snglanb  unb  mit  ®raf  ©öfcen,  ber  Don  ©tetn 
nad)  Ofierreid)  gefanbt  morben  mar,  finb  nodj  immer  nid)t  ju 
ermitteln  gemefen.  3Der  $lan  be«  ffioifÄaufftanbe*  mar  bodj 
mofjl  im  ®runbe  eine  verfehlte  Sbee,  baran  mbdjte  i$  au$  ber 
StarftcUung  Seemann*  gegenüber  feft&alten;  ma«  in  ©panten 
unb  in  'Jirol  möglich  mar,  mar  e3  in  $reugen  bod)  feineSroeg«; 
e3  war  nur  bie  Heine  ©ruppe  begeifterter  fyodjfte^enber  SRänner, 
bte  biefen  ®ebanfen  jjegte.    3)er  lugenbbunb  t)at  nie  oiel  über 


0  *w*  3a*rbü$et  93,  471  ff.  (1898). 


442  Otto  $infee, 

600  SRitglieber  gejagt  (bie  ßeljmannfdje  angäbe  ift  ju  nicbrig). 
S)ie  Sauern  Maren  ütelfac^  ganj  ftumpf,  aufgebracht  gegen  bie 
franjöftfdjen  oranger,  aber  oljne  eigentliches  ©taattgefül)!.  ffiie 
tyätte  man  mit  tiefen  porigen  —  benn  ba$  toaren  fie  ja  nod) 
meift  — ,  mit  btefen  Seilten,  bie  jum  Seil  eben  bamate  toie  in 
©Rieften  gegen  if)re  ©utä^erren  revoltierten,  einen  SSolteaufftanb 
gegen  bie  grembljerrfdjaft  burdjfüfyren  tuoQen?  2)ie  3nitiatitoe 
baju  t|Stte  au3  ben  Steigen  bc$  3Solfeö  felbft  fommen  muffen, 
aber  ein  homogenes  SSolf  gab  e$  eben  in  ?ßreufcen  bamalö  nod} 
nidjt.  $a$  mirb  man  fidj  boef)  Kar  machen  muffen,  um  aud) 
bie  Haltung  be8  SönigS  nidjt  ungerecht  ju  beurteilen.  Äfler« 
bingS  Ijaben  bie  Patrioten  felbft  ja  ben  ffirfolg  tyreS  Unter* 
nehmen*  als  feljr  unfidjer  angefej>en.  2Benn  fie  (ieber  mit  ©>ren 
untergeben  als  unter  bem  SDrucf  ber  gremb^errfc^aft  toetterteben 
tooDten,  fo  bauten  fie  babei  rnefp  an  3)eutfdjlanb  als  an  Sßreu&en, 
toie  ja  namentlich  für  ©tein  ber  preufeifdje  S)ienft  überhaupt  nur 
ein  Mittel  mar,  um  für  bie  (Srtjebung,  ©rljaltung  unb  SSereblung 
ber  beutfdjen  Nation  ju  toirfen;  baS  t>at  er  bei  jeber  (Gelegenheit 
auSgefprodjen.  3>em  König  aber  fam  eS  in  erfter  Sinie  auf  bie 
(Erhaltung  beS  ©taateS  unb  feiner  Stynaftie  an;  baS  ift  ein 
©tanbpunlt,  bem  man  bodj  aud)  nidjt  jebe  ^Berechtigung  ab« 
fpredjen  fann.  SRit  aller  JBeftimmtljeit  [teilt  Seemann  feft,  ba| 
©tein,  inbem  er  auf  eigene  gauft  ®öfcen  ju  Unter&anblungen 
nad)  Öfterreid)  fdjidfte  unb  feine  Vorbereitungen  für  ben  SBoIÖ* 
aufftanb  traf,  bie  ©renje  übertritt,  bie  ber  König  eingehalten 
totffen  roollte.  ©r  meint,  ©tein  fjabe  bem  König  bann  nad)träg< 
lidj  feine  ßuftimmung  abnötigen  tu o den.  Aber  in  toetc^c  Sage 
toäre  er  gefommen,  toenn  bie  ©eüölferung  fcerfagte!  Stofc  ber 
aufftanb  bon  oben  §er  gemacht  toerben  tonnte,  toax  bodj  eine 
fefjr  fttoeifetyafte  ©adje.  Unb  bann:  meiere  Unoorfidjtigfeit  üon 
©tein,  feine  ©ebanfen  in  einem  undjiffrierten  ©riefe  ju  »erraten, 
beffen  Überbrtnger  bie  franjöfifdjen  Sinien  paffieren  mufete! 

©tein  tyat  felbft  einmal  tum  fid^  gefagt,  er  mödjte  in  biefen 
ßeiten  lieber  gltbuftter  ober  (Jonbottiere  fein  als  ©taatSminifter. 
3n  ber  ?at,  baS  biplomatifdje  ®efdjicf,  baS  bodj  audj  jur  fiettung 
eines  ©taateS  gehört,  fehlte  it)m  in  ganj  auffälligem  SRofee. 

@S  ift  mü&ig  bie  grage  P  erörtern,  ob  ©tein  oljne  baS 
Unglücf  mit  bem  aufgefangenen  öriefe  fidj  lange  an  ber  leitenben 
©teile  behauptet  Ijaben  mürbe.    3)ie  Sntfrembung  jroiftyn  iljm 


©teilt  unb  ber  preufjtfdje  Staat.  443 

unb  bem  Äönig  mar,  fett  i£>r  ©egenfafc  in  ber  grage  be£  SßolfS» 
aufftanbeft  Ijeroortrat,  immer  größer  geworben;  bie  ©egner  fdjienen 
an  Xerrain  ju  gewinnen.  Um  fo  metjr  tuar  ©tein  bebaut,  t)or 
feinem  Abgang  nod)  bie  »efentlidjften  feiner  SReformgebanfen 
gemifferma&en  programmattfef)  ju  formulieren.  Die  ©täbteorb* 
nung  mürbe  erlaffen,  bie  SBerorbnung  t>om  24.  SRoDember  über 
bie  Organisation  ber  oberen  {Beworben,  bie  in  biefer  gorm  nie« 
mala  publtjiert  unb  aud)  nidjt  ausgeführt  morben  ift,  tourbe 
Dom  ftönig  unterzeichnet,  getoiffermafeen  um  bie  ÄuÄfüljrung 
biefer  ©ebanfen  ficfjerjufiellen.  3m  übrigen  backte  ©tein  an  eine 
Sßroftamation,  bie  ba$,  loa*  nod)  ju  tun  blieb,  für  bie  dufunft 
programmmä&ig  fefttegen  foDte.  Aber  einer  foldjen  Jßroflamation 
totberftrebte  ber  ftönig;  c$  fam  nur  ju  einer  vertraulichen  3n* 
formotion  ber  ©pifcen  ber  JBernmltung.  3)iefe3  ©djriftftficf,  bat 
befanntlid)  ©d)ön  auffefcte,  ba*  fog.  „politiföe  Sefiament"  ©tein«, 
l>at  man  oft  nidjt  atö  ben  abäquaten  äu«brucf  ber  Äbfidjten 
©teinS  gelten  laffen  lootten,  man  t>at  fogar  gemeint,  ©tein  tjabe 
feinen  -Kamen  nur  ungern  baju  hergegeben.  $>iefe  Meinung,  bie 
in  Semerfungen  Don  ©d)ön  eine  ©tüfce  finbet,  teilt  Seemann 
nid)t.  ®r  meint,  ba&  aud)  ettoaige  ©ebenfen  ©tetnS  gegen  bie 
aprioriftifdje  9RotiDierung  einiger  ©äfce,  toenn  fie  toirflid)  tief 
unb  ftarf  getoefen  mären,  leidet  ju  entfpredjenben  Änberungen 
Ratten  führen  lönnen.  3n  bem  3nt)alt  be*  S)ofument*  aber 
finbet  er  burdjauS  nidjt«,  tooburd)  ©tein  mit  fidj  felbft  in  SBiber« 
fprud)  geraten  tofire,  unb  biefem  Urteil  toirb  man  jufttmmen 
muffen.  3)ie  Äbfdjaffung  ber  gut«l)errlidjen  ^ßolijei  unb  ber 
9$atrimoniatgerid)t3barfeit,  bie  Ablehnung  neuer  ©efinbeorbnungen, 
bie  ffiinrid)tung  einer  SRationalrepräientation ,  bie  Deformation 
be*  «bei«,  bie  allgemeine  ffiefjrpflidjt,  bie  gefefclidje  äRöglictfeit 
jur  Äblöfung  ber  grotyiben,  bie  fitteberbelebung  beS  religiösen 
©inneft,  bie  JBerbefferung  beSffirjieljungSöjefen«:  baä  äße*  toaren 
tmdjtige  unb  eigentümliche  gorberungen  ©tein«  getoefen. 

SBenn  mir  ben  3nt)alt  biefe*  teftamentS  mit  bem  Dergleichen, 
roaä  burd)  bie  gortfefcung  ber  {Reform  unter  ftarbenberg  Dermirf- 
lid)t  toorben  ift,  fo  muffen  mir  —  mit  einjiger  ausnähme  ber  all- 
gemeinen ©eljrpflidjt  —  ben  ©a&  au$jpred)en,  bafe  ba«,  ma^  ©tein 
geforbert  f)at,  Don  Der  SReform  nidjt  geleistet  roorben  ift,  unb  ba& 
bad,  loaä  Die  ^Reform  geleistet  tjat,  nietet  mit  bem  übereinftimmte, 
ma$  ©tein  gemoüt  trotte.   Unb  menn  mir  metter  bie  ©ntmieflung 


444  Otto  $infee, 

unfere*  preu&ifdjen  ©taat8toefen«  bis  jur  ©egentoart  $in  int 
ttuge  faffcn,  fo  toerben  toir  fügen  muffen,  ba&  fie  nidjt  eigentlich 
in  ber  SRidjtung  erfolgt  ift,  bie  Stein  eingefdjlagen  jjatte,  abge* 
fetten  ettoa  Don  bem  Sudbau  ber  ©elbftDerttmltung  in  ber  ®e{efc 
gebung  Don  1872  6iS  1883,  bte  ba«  unDoflenbete  SBerf  ©tein* 
erft  jum  Jlbfdjlufc  gebraut  l>at.  ©onft  ift  in  unferem  mobemen 
Politiken  fieben  bodj  eigentlich  toenig,  toaS  3^uSntö  ablegte  Don 
bem  fortmirfenben  ©eifte  ©teinS  unb  feiner  Staats-  unb  ©ejeü- 
fdjaftSanfdjauung ;  aud)  bie  liberalen  Parteien  bflrfen  fidj  nidjt 
o!jne  ftarfe  @infd)rfinfungen  auf  il>n  berufen.  SBaS  ©tein  Dor» 
fdjtoebte,  fear  im  ©runbe  eine  grofee  moralifd)*polittfdje  Um* 
toäljung.  (Er  tooQte  ben  ©eift  ber  greitoiÜigfett,  be«  ©entern« 
finnS  unb  beS  Politiken  $flic^tgefü()lS  an  bie  ©teile  bc* 
Staatlichen  3toange*  fejjen ;  er  tooQte  au3  bem  militfirifd)*bureau* 
frattfd^en  ©taat  ein  .  mefjr  genoffenfdjaftlid)  organifierteS,  toemt 
audj  fojial  abgeftufteS  unb  monardjifdj  DerfafeteS  ©emetnmefen 
machen,  baS  fid)  allmäl)lid)  felbft  regieren  lernen  foQte;  fein  lejjteS 
3iel  nmr  bte  JBerfötjnung  Don  3Woral  unb  Sßolitif  auf  allen 
©tufen  beS  öffentlichen  CebenS  bis  hinauf  ju  ben  grofeen  fragen 
um  Krieg  unb  ^rieben.  Unb  baS  alles  fdjtoebte  il)m  nidjt  in 
farblofen  Äbftrafttonen  Dor,  fonbern  als  baS  lebenbige  Sbealbilb 
ber  toieber^ergefteüten  unb  jeitgemfiß  fortgebilbeten  altbeutfdjen 
SBerfaffung.  3n  bem  milit8rifd)*bureaufratifd)en  ©eifte  ber  abfo* 
luten  ÜWonard)ie  fal)  er  ben  $auptgegner  feine«  ©taatSibeatt, 
aber  eS  entging  iljm,  bafe  biefer  ©eift  aus  ben  großen  3Rad)t* 
unb  SliDalitätSfampfen  ber  !ontinentaten  ©taaten  flammte  unb 
auS  ifjnen  audj  fernerhin  feine  Wahrung  fog.  $ie  auswärtige 
Sßolitif  koar  nidjt  fein  gelb ;  bie  garten  Kotöjenbigfeiten,  bie  aus 
bem  SRebeneinanber  riDalifierenber  STOädjte  entfpringen,  tyit  er 
niemals  fo  (ebenbtg  gefällt  toie  ben  inneren  organifdjen  Sit 
bungStrieb  im  ftaatlidjen  Seben.  ©r  »oute,  bajj  ber  beutfdje 
©eift  fidj  gleidjfam  Don  innen  tyerauS,  unbefummert  um  bie 
Äu&entoelt,  feinen  politifdjen  Seib  bilbe;  er  fjatte  nidjt  ein  Ijin* 
reidjenb  ftarfeS  ©efüljl  baDonr  bafe  bis  ju  einem  gemiffen  ©rabe 
alle  ©taatSDerfaffung  bei  und  auf  bem  Kontinent  burd)  bte  inter* 
nationalen  $rucf<  unb  ©pattnungSDerljfiltniffe  bebingt  ift,  bafj 
fie  fic£|  ben  gorberungen  anpaffen  mufe,  bie  aus  bem  3uftani) 
beS  europfiifcften  ©taatenfljftemS  fid)  ergeben  unb  bie  fi$  nid)t  in 
blofcer  ©ereitfe^aft  jur  Defenfioe  erfdjöpfen.    S)tefe  JBebingungen 


Stein  unb  bet  preufjtfdje  Staat.  445 

brt  polttif^cn  SebenS  aber  blieben  audj  weiterhin  ma&gebenb. 
allgemeine  $Bef)rpfItdjt  unb  ©elbftbernmltung  Ijaben  ben  preufcif  d>en 
SRititär*  unb  ©eamtenftaat  ntdjt  in  ber  SBurjel  oertoanbelt,  tüte  e$ 
©tein  tooUte.  S)a3  fpejififdje  ?ßreufeentum  fyat  ftd)  behauptet 
unb  ift  burdj  Siämarcf  ju  ber  ffi^renben  unb  geftaltenben  3Rad)t 
im  beutföen  Seben  getoorben.  Die  polttifdje  ^Regeneration  S)eutfdj* 
(anbd  ift  in  einem  ganj  anberen  @inne  erfolgt,  al8  ©tein  fie 
ftd)  gebadjt  $atte.  (£r  mar  (Srofebeutfdjer  unb  fal)  ba8  Sbeal 
in  einem  frieblid)en  3)ualiSmu3  oon  fcfterreid)  unb  $reufeen; 
aQe  preufcifdje  fßotitif  mar  il>m  nur  ein  SRittel  ju  bem  £roed, 
$eutfd)lanb  ju  lieben  unb  ftaatlid)  tpieber^erjufteHen.  (Er  er* 
fdjeint  al*  ber  <5$orfüt)rer  berer,  bie  verlangten,  bajj  Sßreufcen  in 
©eutfdjlanb  aufgebe;  barum  tooUte  er  $reufeen  auf  prinzipiell 
anbere  ©runblagen  fteUen,  als  fie  bie  grofcen  ftönige  be$ 
18.  3af)ri)unbert*  gelegt  Ratten;  er  tooUte  ben  oftelbifdjen  Staat 
fojufagen  germantfteren  burd)  JBeimifdjung  einer  ftarfen  S)ofi3 
Don  jenem  altbeutfdjen,  „toeftfülifdjen1'  SBefen,  ba3  ben  Vertretern 
bed  fpejififdjen  $reufeentum£  na$  tote  bor  1806  fo  gef&fplid) 
festen. 

9u8  ber  ®iograpt)ie  ©tein«  Hingen  und  l>eute  biefe  3Bfinf$e 
unb  Sbeale  in  geb&mpftem  Jon  entgegen,  tüte  eine  ©timme  aus 
bem  Sager  ber  Sefiegten.  SBer  tooUte  fagen,  ob  biefe  ©timme 
einft  ganj  oerljaUen  ober  ob  fie  mieber  einmal  ftärfer  anfdjtoeUen 
wirb?  3)ie  gro&beutfd)e  3bee  ift  nod)  ntd)t  ab  unb  tot,  toenn 
fte  aud)  bie  polttifcbe  gorm  getoed)felt  f>at,  unb  bie  Stiftung 
auf  bie  öolfStfimlidje  Suägeftaltung  beS  ©taateS  bübet  in 
mancherlei  ©Wattierungen  ben  ftern  be$  Programme«  ber  übe» 
ralen  Parteien,  mobei  freiließ  bad  eüoaS  altfränfifdje  ©taatt* 
unb  @efeUfd)aft8ibeal  ©teinS  ftar!  berbla&t  unb  mit  bemotrati*" 
fdjen  ober  fojialiftifdjen  garben  übermalt  roorben  ift.  2)a*  ift 
ja  aber  bie  %rt  &iftorifd)er  Sbeen,  bafe  fie  im  gorttoirfen  fid) 
felbft  toertoanbeln. 

993er  einen  Staatsmann  lebigtid)  nad>  ben  reeflen  Erfolgen 
feiner  SBirlfamfeit  beurteilt,  ber  tonnte,  jumal  menn  er  feinen 
©tanbpuntt  rein  auf  bem  ©oben  ber  preu&ifdjen  ®efd)id)te  nimmt, 
geneigt  fein,  bem  Urteil  ©aöaignacä  jujuftimmen,  ber  ©tein* 
fteformanl&ufe  nur  als  grofee  legislatorifdje  äRanifeftationen  be* 
jeidjnct,  bie  größtenteils  ju  feinem  prafttfdjen  3tel  geführt  ^aben, 
ttrityrenb  tym  §arbenberg  als  ber  eigentliche  SBoUenber  ber  bemo* 


446  Otto  $tn(e,  (Stein  unb  ber  preuftifdje  Staat. 

fratifdjen  Umbilbung  be8  ©taateä  gilt,  bie  in  ber  Sfltc^tung  ber 
allgemeinen  europäifdjen  Snüoicflung  lag.1) 

SDton  mürbe  aber  Stein  mit  einer  foldjen  ^Beurteilung  un« 
redjt  tun.  2)ie  tbeeHe  SBirfung  feiner  moralifdj*}>olitifd>en  $er* 
fönlidjfeit  ift,  toeit  über  bie  pofttiüen  Seiftungen  feines  furjen 
SRiniftertumS  IjinauS,  unenblic§  gro&  getoefen  unb  ift  bis  in  bie 
©egennmrt  ju  fpüren.  Stein  ift  e3  gemefen,  ber  bie  beutfdje 
Sbee  bem  neuen  Sßreu&en  in  bie  SBiege  gelegt  t)Qt;  er  unb  feine 
©eftnnungägen  offen  fyaben  in  Sßreu&en  einen  £>erb  nationaler 
SBeftrebungen  gefdjaffen,  ber  btcö  ^eilige  geuer  ein  falbes  3ai)f 
Ijunbert  lang  gefdjürt  Ijat  Dfjne  ©tein  l)ätte  nidjt  nur  1813 
fonbern  audj  1848  anberd  au$gefef)en;  öon  itjm  unb  feinem 
Streife  gef)t  bodj  bie  glutbetoegung  aud,  bie  ©iämarcf  getragen 
unb  in  ben  §afen  geführt  l>at,  toenn  er  aud)  jeitmeife  gegen  bie 
©trömung  fteuerte.  SBenn  und  nod)  Ijeute  bie  @podje  ber  Reform 
unb  ber  ©rfyebung  in  einem  ibealen  Sichte  erfcfjeint,  fo  fte^t 
©teinS  grofce  moralifdj*politifdje  Straft  im  SRittelpunft  biefer 
Sidjtquelle.  SRiemanb  leiftet  toielleidjt  meljr  fär  bie  SWenfdjen  ate 
ber,  toeldjer  itjnen  JBegeifterung  für  gro&e  ßiclc  einjuflö&en  wr» 
fte&t  unb  ibeale  JRic^tpunfte  für  if)r  #anbeln  gibt.  3n  foldjem 
©inne  aber  t)at  Stein  getoirft  mie  fein  anberer  unferer  Staats- 
männer, unb  ba$  ift  ba3  unbergangltd)  ©ro&e  an  it>m. 


J)  ©auaignac  Ijat  benn  audj  für  bie  autreffenbfte  SBürbtgung  Stein« 
bie  erriärt,  bie  1853  SUeranber  t>.  fcumbolbt  gegeben  fat  (Sud  @4on* 
papieren  I,  169).    34  fefce  bie  Stelle  Berber: 

©tein  war  ein  föcann  ber  raffen  £at,  mädjtig  toon  3BilIcn$fraft, 
tooH  ©djarfblid  im  einzelnen,  meift  tote  burd)  Snfotration;  fein  Staate 
mann,  aber  Diel  @ble8  fdjaffenb  unb  oeranlaffenb ;  fe^r  befdjränft  in 
gfrcitjeitSfinne  unb,  wegen  biefer  ©efdjränfung,  oft  im  SBtberfarud)  mit  (id) 
felbft,  unerfdjfltterlidj  toaxm  ber  mittelalterlichen  TOljt^e  ergeben,  bie  er  |ty 
öon  beutfdjer  ftreiljeit,  nidjt  im  SBolfSleben,  fonbern  in  ftfinbtfd)en  Äfc 
ftufungen  gef djaffen;  ungebtlbeter  als  ba%  Bettafter,  in  bem  er  lebte;  fein 
unb  ebel  öon  ©emüt,  bei  öielen  $lu$brüd)en  öon  fceftigfeit  unb  äntolrranj; 
tein  großer  Wann,  aber  oft  grofc  im  #anbeln,  Qrofteä  unb  Sfreiei 
^eröorrufenb,  um  einen  Xeil  bed  hervorgerufenen  fpäter  $u  bereuen. 


i#ti*?£lUtt* 


9fad)trag  ju  bettt  Strittet:  „$ie  2»uttet  be$  gfretymst 
ftont  ®teitt  ttttb  Satmter»   9tad>  i^rettt  Stieffeedtfel»'1 

(8b.  93,  $eft  2,  1904,  <S.  230-252.) 

Son 

Jtffteb  &tt*. 

fiU  tdj  bie  ftorreftur  ber  oben  genannten  Arbeit  erhielt,  beren 
SRanuftript  fid)  feit  bem  Januar  1904  in  ben  §änben  bei  SRebaftion 
befanb,  mar  mir  ju  meinem  ©ebauern  entgangen,  bag  ©einrid) 
gund  in  ber  Seilage  jur  allgemeinen  geitung"  Dom  31.  9Rai  1904 
(9hr.  123)  fid)  mit  bemfelben  Oegenftanb  befdjäftigt  Ijatte.  «uS  feinen 
bantenftoerten  Mitteilungen  ergibt  ftdj  nun  mit  öoQer  filarl>eit, 
toeldpft  ber  in  ben  britten  Seil  ber  »$(jt)fiognomifd)en  ftragmente" 
aufgenommenen  $orträte  baSjenige  ber  SWutter  be8  gretyerrn  Dom  Stein 
ift.  3$  war  fdjon  berfudjt  gemefen,  e8  unter  ben  „Sier  Sßrofifc 
Porträten  Don  grauen"  ju  finben,  meiere  bie  LXXXIX.  lafel  einnehmen, 
ba  nad)  bem  bajugel>örigen  leyt  SabaterS  (©.  317)  aQe  Dier  »"Damen 
Don  ©tanbe"  toaren.  3rre  machte  mid)  nur  feine  »eitere  Semerfung, 
bog  alle  Dier  „Don  bemfetben  geidjner"  gejeidjnet  feien,  jufammen* 
gehalten  mit  ber  latfadje,  bafc  ba£  jmeite  $ortrüt  nad)  ^anbfe^rift* 
liebem  (Eintrag  in  bem  ber  güridjer  ©tabtbibliotlje!  gehörigen  ©yern* 
plar  eine  güridjerin  („grau  ©dpittfjef*")  barfteüte.  «Hein  berfelbe 
geidjner  fann  feljr  n>of>l  nad)  ®d)attenriffen  gearbeitet  l)aben,  bie 
burdjaud  nid)t  fämtlid)  au8  gürid)  ju  flammen  brausen. 

3n  ber  lat  Hart  ein  Don  #einrid)  gunef  aufgewogener  »rief 
be$  befannten  Ärjte*  unb  Staturpljilofopfjen  Sodann  ®eorg  gim* 
m ermann  barüber  auf,  bafc  jmei  jener  „Dier  ^Jrofi (porttäte  Don 
grauen-  auf  Xafet  LXXXIX  ©opljie  Sa  SRodje  unb  bie  Mutter  be* 


448  tttfreb  Stern,  ftadjtrag  $u:  „Sie  SRutter  be*  gr^nt.  bom  Stein  le- 
grerer™ Dom  Stein  barfteHen.  8"nmermann  fdjreibt,  mobei  ed  fid} 
nur  um  bie  jmet  legten  Sßortrtite  jener  Xafel  (janbeln  fonn,  bem 
greunbe  Saöater  am  26.  9Nai  1777  nad)  einer  Sefpredjung  bc$  im« 
mittelbar  borauSgeljenben  SßorträtS  ber  ftarfdjin:  „SDtabame  la  ftodje 
unb  grau  öom  (Stein  au£  SRaffau  Qtott)  feljr  unangenehme  @e> 
fitster  für  mid):  S)od)  gefällt  mir  bie  lefetere  atö  ©efdjäftSfrau  ober 
Dielme^r  S^atfrau  jum  X()eit.M  Sabater  aber  Ijatte  in  feinem  SBerf 
III,  317  bom  Urbilb  jenes  bierten  ?ßorträt3  gefagt:  „Sier  tpalte  id) 
für  bie  Hügfte,  anftettigfte,  proftifd»  berftänbigfte",  unb  er  fjatte 
hinzugefügt:  „Der  ganje  Umrifc  ber  vierten,  befonber*  ber  Safe, 
jjat  ben  boQfommenen  ©fjarafter  Don  Klugheit;  obgleich  bad  ettoaS 
fitere  Äuge  (im  Silbe  nämlid))  ben  Sinbrucf  ber  ftlug^eit  fc^roä^t, 
fo  ift  er  bennodj  burdj  nid)t$  au&  bem  Umriffe  $erau8jutilgen/ 
Diefe  Efjarafteriftif  märe  e3  alfo,  bie  in  2Äaj  ßejjmannS  93io* 
grapfjie  be3  gretyerrn  Dorn  ©tein  1, 12  an  ©teile  ber  irrtümlid)  auf* 
genommenen  ju  fefcen  märe.  Sietteidjt  mirb  man  audj  jttrifdjeii 
jenem  bierten  Porträt  auf  Zafel  LXXXIX  be*  britten  fflanbc*  ber 
„?ßfjt)ftognomifd)en  Fragmente"  unb  bem  Silbe  beS  alten  Stein,  toie 
e*  ftdj  j.  SB.  bor  bem  britten  ©anbe  be*  ffierfe«  bon  3.  91.  ©cclcl): 
Lue  and  times  of  Stein  finbet,  eine  geroiffe  &f)nlid)!eit  entbeden. 


Sttcroturbcrt^t 


3ur  t^corie  unb  TOet^obit  ber  ©cfdji^te.  ®efcfti4tftp$UofopWdje 
Unterfuc&ungen  bon  &buaxb  SRekjer.  fcalle  o.  8.,  Woj  fRtemeljer.  1902. 
vm  u.  66  ©. 

3m  3aljre  1884  fjat  (gbuarb  3Ret)er  in  ber  (Einleitung  jum  erftcn 
9<mbe  feiner  ©efdjid)te  be$  Altertum«  eine  Heine  Xfjeorie  unb 
SRet^obit  feiner  SBiffenfdjaft  gegeben.  £3  mar  eine  bemerfen&merte 
Äußerung  in  einer  Qtit,  bie  nid)t  Diel  3nterefie  für  metlfobologifdje 
unb  fßrinjipienfragen  ber  #iftorie  jeigte.  SRit  gefunbem  ©hm,  mit 
magrem  f>iftorifd)en  BerftänbniS  getrieben,  Ijat  fie  iljre  SBirfung  ge- 
übt, toenn  fie  aud)  bon  ben  „Reformern"  unb  mannen  anbern,  knie 
e*  fd)eint,  überfein  mürbe.  $eute  tyerrfd)t  auf  jenem  ©ebiet  bie 
lebhafteste  Semegung.  3f)ren  Aufgang  naljm  biefe  bon  bem  ©d)äfer* 
©ot^einfdjen  Streit.  Sann  folgten  ber  £ampred)tfd)e  ©türm  unb 
3)rong  unb  bie  bon  SBinbetbanb  unb  liefert  auSgeljenben  (Erörterungen 
fotoie  bie  bezüglichen  ®egenfd)riften.  Obmol)l  ed  notmenbig  ift,  £am* 
predjt  auf  ©djritt  unb  Jritt  ju  fontroQieren  unb  ju  forrigieren,  ba* 
mit  nid)t  feine  übergeroaltige  ©erebfamfeit  bie  3ugenb  faSjiniert,  fo 
motten  mir  bod)  nie  bergeffen,  bafe  iljm  bie  ©egenmart  einen  beträft* 
liefen  Zeil  iljreS  gntereffed  für  jene  fragen  berbanlt,  unb  ifjn  nid)t 
unter  und  miffen.  Die  faQüdj  freiließ  berfeljlten  Äonftrultionen  be$ 
überaus  rührigen  unb  begabten  WutorS  Ijaben,  mie  bie  pofitibiftifdjen 
Seftrebungen  überhaupt,  bewirft,  bafc  „tynen  gegenüber  ba«  ©elbft« 
betoufetfein  ber  ljiftorifd)eu  gorfdjung  ermatte"  (SBinbelbanb,  2)ie  $^ilo« 
fop^ie  im  ©eginn  beS  20.  3afjrf)uubert8  1.  ©b.,  ©.  178).  SBenn 
er  neuerbingd  ben  bon  tym  errichteten  Sau  mieber  abzutragen  unter« 
nimmt  (bgl.  S.  SM.  $artmann,  ©ierteliafjrfd)rift   für  ©ojial»   unb 

tfflottMe  8«itf*rift  («Ö.  94)  ».  &.  LVHI.  29 


450  Siteraturberify. 

SB®.  2,  ®.  169  ff.),  fo  ift  eine  fofd&e  änerfennung  be§  eigenen  3n> 
tum$  immer  lobenswert;  nur  märe  ju  nmnfdjen,  ba&  er  feine  Sfjeo* 
rien  erft  in  allen  ifjren  ftonfequenjen  burdjbenft,  bebor  er  ftc  bem 
Sßublifum  bietet.1) 

Unter  SSenoertung  ber  feit  1884  erfdjienenen  reiben  Siterotur 
gibt  nun  2R.  in  ber  borliegenben  ©d)rift  gettriffermafeen  eine  jmeite, 
fef)r  bermetjrte  unb  umgearbeitete  Auflage  feiner  älteren  Darlegungen. 
(£§  ift  ein  fdjöneä  SeugniS  für  biefe,  bafs  bie  ®runbfiimmung,  bie 
fid)  in  ibnen  funbtat,  ftd)  aud)  jefct  behaupten  fann.  (Sine  beträft* 
lidje  (Erweiterung  ber  ®efiti)t£punfte  ift  aHerbingS  ^injugefoinmen. 
3n  eigener  energifdjer  ®ebanfenarbeit  tjat  SR.  feine  «nfdjauungen 
fortgebilbet,  bon  äugen  tjer  bie  gröfjte  Anregung  oljne  groeifel  burdj 


l)  Um  §ier  eine  feiner  neueften  Äu&erungen  &u  ber&eidjnen,  fo  fagt 
er  in  feiner  6djrift  „2Roberne  ©efdjidjtSroiffenfäaft"  (Sfreiburg  i.  S3.  1905), 
©.89  5lnm.  1:  „3)iefe  Einteilung  tote  überhaupt  ba3  ©efonberc  meinet 
gefdjidjtltdjen  Wuffaffung  Ijat  man  berfudjt  au8  allen  möglichen  Dornet  auf* 
gefieHten  ©Steinen  unb  Slnfdjauungen,  in*befonberc  aud)  au8  ber  fcomtefi, 
herzuleiten.  ©er  felbft  fdjöbferifd)  ift,  totrb  für  fold)  ptyloiogifdje*  Bemühen 
nur  ein  Säbeln  übrigfjaben.  9?id)t  auf  bem  SBegc  ber  töejeption,  $et* 
mutation  unb  Kombination  be«  fdjon  ©efteljenben  fcfjreitet  menfdjlidje* 
©Raffen  unb  bamit  bie  ©efdjidjte  bortoärtS. . . .  (Sine  irgenbroie,  bireft 
ober  tnbireft,  auSgcfprodjene  &b$ängigfeit  bon  dornte  beftreite  idj."  (13  ift 
waljrbaft  ljeraerquidenb,  bafj  Sampredjt  §ter  —  entgegen  früheren  äu&e* 
rungen,  bie  mir  bon  i$m  fyxben  fjören  muffen  —  fo  energifdj  bie  öebeu* 
tung  be»  fdjöpferifdjen  ©entu«  tyerbor§ebt.  9htr  berüdftdjtigt  er  nidjt,  bai 
im  borliegenben  Saue  ba$  thema  prob ao dum  ift,  ob  er  (Sampredjt)  ein 
foldjer  fdjöpferifdjer  ©eniuS  ift.  S)te8  fann  bodj  nur  burdj  etnm3  „Mite 
logtfdjeS  ©emüfjen*  feftgefteflt  »erben,  unb  auf  biefem  SBege  babe  idj  Sam* 
predjtö  9lbl)ängtgfeit  bon  3.  ©urd^arbt  ermittelt  ($tft.  8«tf*r.  81, 261  ff.). 
SBtn  er  ftc  beftreiten  ?  Offenbar  ntd)t ,  wie  man  au3  feinem  ©djroeigen 
über  ©urdljarbt  entnehmen  tann.  SBaft  fein  ©erpitni«  ju  dornte  betrifft, 
fo  Ijabe  id)  nie  behauptet,  ba$  er  borjugStueife  bon  biefem  abftamme,  biel* 
me^r  Sampredjt  in  biefer  ©infidjt  gegen  SBernljetm  in  ©djufc  genommen; 
f.  ©ift-  Seitfdjr.  84,  153  f.  (neuerbtugS  brücft  ftd)  Sern^eim,  £e$r6udj  ber 
fjifior.  9Ret$obe,  3.  u.  4.  Slufl.,  ©.  664  8.  1  mit  me§r  8urüdfjaltung  au$). 
ttadjbem  Sampredjt  übrigen«  a.  a.  D.  fo  fdjön  bon  ber  ©elbfiänbigfeit  be* 
©eniuä  gefprodjen,  fugt  er  fogfeidj  ©emerfungen  über  bie  ftärfere  Sebeu* 
tung  ber  fo^ialpf^ifc^en  Elemente  bei,  bie  nun  in  ber  £at  einen  $eleg 
für  bie  Hbljängigfeit  be«  menWli^en  ©etfte«  üefern:  fte  ftnb  nämlidj  bem 
Sinne  nadj  eine  ffiieberbolung.beffen,  ioaö  i(ft  in  ber  ©ift.  Scitför.  81, 
267  ff.  über  £amt>re$t  gefagt  $abe. 


Wet$obir.  451 

bte  SBinbelbanb*8ttcfertfd)en  gorfdjungen l)  erholten,  bie  und  ja  in 
ber  $at  ein  ganj  gewaltiges  ©tücf  uormärtS  in  ber  (JrfenntniS  ge« 
bracht  $aben.  (SS  öerftefjt  fid)  oon  felbft,  bafc  SR.  SampredjtS  ©qftem 
eingetyenb  fritifiert.  Sine  fürjere  «Burücfroeifung  erfährt  93rel)figS  Ifyeorie 
(ögl.  über  fie  aud)  meine  Ausführungen  in  ber  Stf^t.  für  ©ojiat* 
loiffenfdjaft  »b.  6,  @.  311  ff.  unb  Sb.  7,  ©.  794  ff).  3n  bejug  auf 
bie  „feltfamen  »töten*  uon  #elmoltS  83erfu$  begnügt  9R.  fic^  (3. 31) 
mit  einem  einfachen  ablefjnenben  <Safc.  Sei  ber  ©ntföiebenljeit,  mit 
ber  SR.  ftd)  öufjert,  unb  bem  geringen  Umfang  feiner  ©d)rift  ift  e$ 
überflüffig,  über  feine  Slnfdjauungen  im  3ufammenl)ang  }u  referieren; 
id)  befd)ränfe  midj  beSljalb  barauf,  ju  einzelnen  fünften  Stellung  gu 
nebinen.  Der  Wuffaffung,  bafc  bie  ©efd)id)t3tt>iffenfd)aft  bie  Aufgabe  habe, 
bie  fciftorifdjen  Oefefre  ju  ermitteln,  tritt  SR.  mit  gröfjter  Seftimmt« 
(jeit  entgegen  unb  te^nt  jeben  in  biefer  #infid)t  t>erfud)ten  ftompro* 
mifj  ab.2)  ©oroeit  etroa  Siegeln  fidj  beobachten  laffen,  fönnen  fte 
nur  als  IjeuriftifdjeS  Sßrinjip  bienen  (@.  27).  Sufcerorbentlid)  fom* 
patfjifdj  finb  mir  2R.3  Ausführungen  über  bie  SBidjtigfeit,  bie  bem  $u* 
faß  in  ber  @efd)id)te  jufommt.  3d)  Mte  Won  fd&ft  *n  meinem  Serri* 
torium  unb  ©tobt  ©.  94  unb  280  bie  »ebeutung  beS  äRomentS  für  bie 
®efd)id)te  ber  Snftitutionen  betont.  5Rad)träglid)  fefje  idj,  ba£  audj 
bereite  SBeilanb  in  feiner  Siebe  auf  SBaife  ©.  9  Don  ber  „SufäQig* 
leit  ber  gortbübung  beS  öffentlichen  StedjtS*  f priest.  SRan  beutet 
JöerfaffungSbtlbungen  gar  ju  gern  als  HuSbrucf  aDgemeiner  3uftänbe, 
bjro.  bauember  3Rad)töerl)ältmffe,  toäfjrenb  fte  bod)  im  fjödjften  äRa&e 


*)  «uefc  2B.  Sret)tag§  ©tubie  im  «rcfjit»  f.  foftemat.  $$tlof.  6, 129  ff. 
ftttiert  9R.  mefrM  mit  «nerfennung.  SR.  <S.  fte$t  SJretjtag  sticht  in  einem 
fo  ftarfen  ©egenfafc  ju  Widert,  toie  er  felbft  an&uneQmen  fc^eint. 

*)  ».  SR.  Stteper  wenbet  fid)  in  einem  Ärtifel  .Über  bie  SRögtidjteit 
fctftortfdjer  ©efefce"  (©eeltgerS  ©iftor.  8ierteljat)rf*rift  1903,  ©.  161  ff.) 
gegen  ©b.  3Keijer  unb  behauptet  bie  Wuffinbbarfeit  unb  <£fiften&  Ijiftortfdjer 
ttefefte.  ÄIS  ein  foldjcS  fü$rt  er  an  (©.171):  „GS  fat  nodj  nie  eine  Seit 
gegeben,  in  ber  etwa  religiöfe  SReformoerfudje  nidjt  aud)  auf  baS  politifdje 
unb  faliefclid)  gor  auf  baS  äft$etifäe  ©ebtet  übergegriffen  Ratten."  SIR.  (5. 
fann  man  gerabe  hierbei  bie  Unregelmfifeigfeit  ber  f)iftorifd)en  (Erfdjeinungen 
fonftatieren :  ber  beutjdje  $ieti$muS  be9  auSgc^enben  17.  unb  beginnen ben 
18.  3a$rl)tmbert«  ift  eine  ebenfo  lebhafte  religiöfe  Weformbetoegung  wie 
ber  engfifefte  (ögl.  fBeingarten,  3)ie  &tet>o(ution&tird)en  (Sng(anbd);  aber 
tofi^renb  biefer  bie  allergrößten  politif^en  SBirfungen  gehabt  $at,  ftnb  fit 
bei  jenem  gar  nid)t  Dor^anben. 

29* 


452  Siteraturbericfct. 

t)Oit  ber  3ufäDigIeit  ber  politifdjen  ffonfieöation  abhängig  ftnb.  Sin 
NafftfdjeS  Seifpiel  bafär  Ijaben  mir  in  ber  ®efd)id)te  bei  batjerifdjen 
Stimme  im  Shtrfürftenfotlegium.  SoHfommen  mit  Stecht  roeifi  SR. 
audj  auf  bie  Sbljängigfeit  ber  mirtfdjaftlidjen  (EntroicFlung  toon  ben 
Politiken  Momenten  §in  (©.  30;  f.  ferner  ©.  28  «nm.).  @.  50  ff. 
legt  er  treffenb  bar,  bafe  e$  bei  ber  grage  nad)  ber  fjiftorifdjen  93c* 
beutung  ber  Sßerföntidjfeit  nid)t  blof*  auf  bie  „großen  SRänner"  an« 
fommt,  fonbern  auf  aQer  bie  an  bebeutfamer  ©teile  fielen.  Ridjt 
ganj  einberftanben  bin  idj  mit  2Ä.S  ©djäjjung  bjro.  relatio  geringet 
©djäfcung  ber  3Nottoenforfd)ung  (@.  41  ff.).  3d>  mödjte  in  ber  Cr« 
Weiterung  unb  Vertiefung  berfelben  einen  ber  bebeutenbften  gort« 
fdjritte  beS  19.  3aljrt)unbert*  feljen  unb  nid)t  mit  2R.  (@.  45)  in 
einem  ftrengen  gablenöerljältniS  bie  (Ermittelung  ber  latfadjen  aK 
erften  nnb  bie  9Nottoenforfd)ung  al$  jroeiten  ©rabeS  rangieren.  @e* 
rotfe,  mir  tappen  fyier  oft  fer^r  im  Dunfeln.  Aber  mir  roünfdjen  nun 
einmal  fefjnlidjft  etmaS  Don  ben  inneren  flfräften  ber  ®efd)idjte  ju  er* 
fahren.  Die  (Ermittelung  be$  Anteils,  ber  bem  roirtfdjaftlidjen  Mo- 
ment jufommt,  j.  89.  tann  bod)  nur  auf  bem  SBege  ber  SWottoen* 
forfdjung  gefeiten.  3m  übrigen  ift  2Ä.5  äRafjnung,  ba&  mir  un£ 
ba8  Sßroblematifdje  ber  Ijiftorifdjen  ©djlüffe  gegenwärtig  galten,  burdj* 
aud  berechtigt.  ©.  1  bemertt  er:  „Die  SßrajiS  be8  #iftorifer*  folgt 
iljren  eigenen  immanenten  (Geboten,  bie  ber  ©toff  felbft  ber  ©eftoltunj 
auferlegt."  Diefe  SBaljrljeit  foHten  namentlich  aud)  alle  bie  jenigen  be« 
Ijeqigen,  roetdje  e8  unternehmen,  bie  fcerfd)iebenen  Disziplinen  gegen* 
einanber  abzugrenzen:  berartige  Serfudje  f Reitern,  menn  man  nidjt 
a(3  oberften  ©efidjtSpunft  berücffid)tigt,  bafc  ein  eigenartiger  ©toff 
aurf)  eine  eigenartige  SKetljobe  verlangt.  ©.  54  f.  bermirft  SR.  auf* 
entfäiebenfte  bie  ^Bereinigung  ber  alten  ®efd)id)te  mit  ber  ttafftfcfcen 
Sßfjilologie  unter  ber  girma  ber  „9Urertum§miffenfd)aft\  ©eine  $o« 
lemit  richtet  ftd),  tüte  man  tetdjt  crfennt,  gegen  tl.  ö.  SBilamoroifc*9WöUen« 
borf  unb  gegen  (Einrichtungen  ber  Berliner  Unioerftt&t.  Die  neuere 
(Sntroicflung  roirb  ifjm  jroeifelloS  redjt  geben.  Sgl.  Sßöfjlmann,  8u8 
Hltertum  unb  ©egenroart  ©.  34  ff.  unb  ©.  40  «nm.  2;  Hb.  Sauer, 
Sßreufeifdje  3af)rbüd)er  84  (1896),  ©.  406  ff.  unb  418;  »ronutyer, 
Deutfdje  ßiteraturjeitung  1905,  ©p.  38  ff.  SnberfeitS  ift  e*  gerabe 
bei  ber  übermiegenben  ©emeinfamfeit  be$  Dueüenmaterialö  für  alte 
©efdjidjte  unb  flaffifd)e  Sßfjilologie  begreiflich  bafj  man  eine  Iren* 
nung  nod)  nidjt  gern  jugeben  roiH,  mie  umgefeljrt  neuerbingS  bie 
©pejialifierung   auf  bem  ©ebiete  ber  „älterrumStt>iffenfd)aft"  bin$ 


ttlte  ©eföidjte.  453 

bie  ©rfdjfiefeung  neuen  DueQenftoff*  roefentlidj  geförbert  toirb.  Sie 
©iograptye  ju  ben  «p^ilologtfc^en  3)i$jiplinen"  ju  jaulen  (9R.  ©.  55), 
gef)t  bod)  nic^t  an1);  ober  e$  müfcte  und  erft  näljer  erläutert  merben, 
in  meinem  Sinne  biefe  Älaffifijierung  gemeint  fein  foO.  Sie  Sriti! 
be*  mbbxauty  be3  ©egriff«  Nationalität,  bie  3K.  ©.  32  gibt,  be* 
gegnet  fid)  mit  bem,  tt>a3  in  ben  legten  Sauren  audj  Pon  anbem 
gorfdjern,  j.  ©.  öon  SReumann  (£.  3-  90,  ©.  98),  betont  roorben  ift.  — 
©erroanbte  «njdjauungen  tuie  SW.,  freiließ  in  mancher  $inftdjt  aud) 
roieber  einen  anbem  ©tanbpunft  bertritt  SMaj  SBeber  in  feiner  816* 
fymblung  w3>ic  Dbiettibität  fojialtmffenfdjafttidjer  unb  fojialpolitifdjer 
®rtenntni$",  «rd)to  für  ©ojiahmffenfdjaft  unb  ©ojialpolitif  19,  @.  22  ff. 
S)erfelbe  wirb  fid)  ju  ber  öorliegenben  Schrift  nod)  nä§er  äußern. 
Tübingen.  G.  v.  Below. 

3talifäe  ßanbe»tunbc.     »on  $ehtri$  Kiffen,    n.  SDie  Stfibte. 
VH  unb  1004  6.    »erltn,  SBetbmannfdje  »ueftanbfang.  1902. 

©otjl  in  leiner  ffiiffenfdjaft  Ijat  bie  SBa§r!jeit,  bag  bie  tfälfte 
mel>r  ift  als  baS  ©anje,  mefjr  ©eltung  al*  in  ber  $iftorif<$en  ©eo* 
grapse,  unb  n>ol>l  in  feinem  SBerfe  ift  fte  mit  heutigerem  ©enmßt* 
fein   unb   me!>r  (Erfolg  befjerjigt  toorben  als  in  »iffen*  italifdjer 
SanbeSlunbe.    ©ntfpredjenb  bem  au*  ©trabon  entnommenen  SRotto, 
baS  er  öor  19  Zafrtxt  an  bie  ©pifee  bed  erfien  Santo  fefcte,  Bat 
«f.  jroar  alle  bie  SBiffenSgebiete  bur<$forföt,  bie  man  fennen  mu& 
um  Stalien  jur  »ömer^eit  ju  fdjilbern,  ober  ntyt  banadj  getrottet' 
au*  jebem  einen  möglidtft  maffenljaften  Stoff  aufrufen,  fonbeni 
toon  allen  Seiten  nur  bie  latfadjen  gefammclt  unb  in  tyrem  3ufanu* 
menfcange  entmicfelt,  bie  baju  bienen,  und  \M  &6en  ber  »dmer 
unb  iljrer  Seitgenoffen  in  feiner  «bfcöngigfeit  bom  italiföen  ©oben 
unb  in  feiner  ttücfnurfung  auf  i(jn  berftfinblty  unb  anfcbaulii  in 
machen,    »er  erfte  ©anb  jetgte  bie  Satur  be*  £ünbe§    in  bem  fi* 
S»ad,t  unb  Weidjrum  ber  Homer  entfaltete,  fonrie  ben  ©Barafter  ber 
»ölfer,  au*  beren  9lingen  fie  a»  enbauWoe  fifair  iJL      • 

unfewn  Bugen  ou8. 

•)  ».  SN.  Kenet  o.  o.  0.  6. 173  turnt  fci»  »«.     -*, 
■»U»  »«  eine  anbete,  We  «, Ti  Ä"^  -***  "* 
feit  bei  be* effenben  Cbjeft«  ,Ä  Ä"?  «"!?  «S 
6  ,t  ■»  *  M  bo*  »ob!  toi»»* 


454  2iteTaturbertd)t. 

Die  {Römer  roaren  ©täbtegrünber;  feit  fte  Stauen  nic^t  nur 
äu&erlid)  betjerrfdjten,  fonbern  aud)  mit  tfjrem  Seben  burdjbrangen, 
alfo  feit  bem  Sunbedgenoffenfriege,  glieberte  ftd)  faft  ganj  Stalten 
in  ©tabtbejirfe;  aud)  bie  nodj  beftefjenben  Sanbgemeinben  Ratten  mit 
wenigen  Hudnaljmen  entroeber  für  ftd)  ftäbtifc^c  SSerfaffung  ober 
roaren  in  9?ad)barfiäbten  eingemeinbet.  Ded&alb  fütjrt  ber  jmeite 
93anb  mit  SRedjt  bie  Überf djrift :  bie  ©table,  obgleid)  bie  überlieferten 
©puren  länblidjer  Sefiebelung  unb  SSerfaffung  burdjaud  nid)t  Der« 
nad)läffigt  finb.  Stterbingd  aber  ift  mit  biefem  Xitel  gefagt,  bog 
ben  eigentlichen  ©egenftanb  bed  SBerfed  Stauen  jur  geit  ber  aud* 
gebilbeten  ©töbtefultur  bilbet.  SBad  baljinter  jurüdf*  unb  barüber 
Ijinaudliegt,  roirb  in  SRücf*  unb  Sudblirfen  befjanbelt,  bie  und  eine 
fteifje  anfdjaulidj  geftalteter  ©onberbilber  bon  ber  (Entmufhmg  ein« 
jelner  Sanbfdjaften  unb  einzelner  ©tobte  bieten.  Sber  ade  biefe  8e* 
tradjtungen  führen  auf  bie  römifdjen,  nod)  genauer  gefagt:  auf  bie 
augufteifdjen  guftänbe  fjin  ober  geljen  bon  ifjnen  aud.  3Bo  aud  ber 
gotifdjen  unb  langobarbifdjen  S?\t  2atfad)en  überliefert  finb,  bie 
SRürffdjlüffe  auf  bie  römifdje  Sntroicflung  geftatten,  ba  finb  fte  ber* 
roertet.  parallelen  mit  bem  fpäteren  Mittelalter  ober  ber  SReujeit 
finb  ba  gejogen,  wo  fte  burd)  eine  d)arafteriftifdje  Übereinftimmung 
ober  Slbroeidjung  bie  antifen  33erl)ältniffe  in  ein  fyeflereS  ßidjt  fefcen. 
Snjieljenb  ift  fjier  j.  99.  bie  ^Beobachtung,  bafe  bie  Serfdjiebung  bed 
©djroerpunfted  bon  ©üben  uad)  Sorben,  bie  im  großen  für  bie 
italienifdje  ©cfdjidjte  bejeidjnenb  ift,  ji$  in  einer  einzelnen  Canbfc^aft 
roie  Jodfana  roieber&olt.  Die  borrömifdje  ©ntroicflung  ift  bargefteDt, 
foroett  ifjre  Kenntnis  erforberlidj  ift,  um  römifdje  Sßolitif  unb  römifdjed 
Seben  }u  berftetjen.  Hud)  aud  ©ebieten,  auf  benen  92.  befonberS  ju 
§aufe  ift,  roie  aud  ber  @efd)id)tc  ber  italtfdjen  ©rieben  unb  ber 
©tabtgefdjid)te  bon  Pompeji,  ljat  er  nur  fobiel  ©toff  bertDertet,  nie 
feine  aufgäbe,  nidjt  fobiel,  wie  fein  Sntereffe  erforberte. 

5Run  tjätte  ja  freilidj  audj  unter  ben  fiefern  mancher  bon  ben 
Opfern  unb  ©rieben  gern  metjr  erfahren  ald  bon  beu  Kleinbürgern 
ber  augufteifetjen  Qt'xt  Died  ©ebenfen  t)at  SR.  roor)l  erroogen;  aber 
bog  bie  augufteifdjcn  3uftanbe  ben  Sem  ber  Darfiellung  bitten 
mußten,  ergab  fid)  aud  ber  JRatur  ber  Überlieferung.  Denn  aud  feiner 
früheren  Q^xt  ift  und  bie  SJefiebelung  3taliend  annäljernb  fo  beutli$ 
unb  boOftanbig  befannt  roie  aud  ber  bed  erften  Jfaiferd.  Sud 
beffen  3eit  ftammt  bie  miffenfctjaftlid)  burd)bad)te  ©djilberung  in 
©trabond  ©eograp^ie;  unb  auf  feinen  amtlichen  papieren  berufen 


Wte  «efaicftte.  456 

bie  Sufritylungen  in  ber  9taturgefd)id)te  be«  $Iiniu*.  Sud)  bie  3n* 
fünften  geben  erfi  öon  bett  8er$filtniffen  ber  Sfatfeijett  ein  färben* 
teic^e*  unb  umfaffenbe«  SJitb.  greiltdj  Ratten  ja  nidjt  nur  bie  meiften 
Heineren  Stfibte,  fonbern  gange  Sanbfdjaften  ja  biefer  3«*  fdjon  ben 
$öfjepunft  »tyrer  SntoicNung  überfdjritten.  $e«l)alb  roäre  ein  tter* 
jerrte«  SUb  entftanben,  venu  Sf.  fidj  audj  in  ber  ftnorbnung  be* 
Stoffe«  ffreng  an  bie  Wegioneneinteüung  be*  flugufhi*  gehalten  fjätte. 
Senn  nur  im  Korben  entfpradjen  bie  augufteifdjen  Wegionen  natür* 
lieben  unb  ^iftortf^en  (Einheiten,  3m  ©üben  trennten  fie,  ma*  ge* 
fd)id)t(idj  jufammengeljdrte,  unb  bereinigten,  n>a«  etnanber  fremb  mar. 
@o  bereinigte  bie  erfte  Wegton  mit  fiatium  unb  Kompanien  ein 
Heine*  @tücf.  oon  ©amnium,  roäipenb  ber  9teft  bon  Samnium 
ftd)  auf  bie  &»eite  unb  öierte  Wegion  verteilte.  Sn  ©teile  ber 
abmintffratiDen  (Einteilung  be«  fianbe*  bot  fidj  $ier  bie  natürliche, 
bie  ftd)  aud  ber  im  erften  Sanbe  bargeffedten  pfy)ftfdjen  ©cograpfjie 
ergab.  Aber  audj  biefe  bnrfte  nidjt  »euer  burdjgefufjrt  merben,  al* 
ftd)  iljr  bie  ftiftorifdjen  Zatfadjen  bequem  fügten.  3*  &  rt)Qr  *• 
richtig,  Zibur  unb  $r&nefte  al«  (atinifdje  @täbte  ju  be^anbeln,  ob« 
gleich  fie  burd)  tyre  Sage  bem  @abtnergebirge  angehören. 

ätynlidje  ®efid)t«puntte  roie  ben  $(an  be«  ganzen  Serte«  be» 
ftintmen  bie  (Einteilung  ber  einzelnen  Sbfdjnitte.  8ud)  für  biefe  ift 
junädjft  bie  natürliche  ©(ieberung  maggebenb,  bie  in  iforen  ©runb* 
jügen  im  erften  Sanbe  bargeftettt  ift,  im  )»eiten  bid  in«  einzelne 
ausgeführt  mirb.  Seldje  natürlichen  Serfyältniffe  aber  bie  3ufammen* 
faffung  ober  Trennung  be«  Stoffe«  beftimmen,  fjängt  oon  ber  ®e* 
fd)id>te  einer  jeben  fianbfdjaft  ab;  fcier  tann  ein  Sluggebiet  eine 
(Einheit  bilben,  bort  ein  Strom  bie  Sdlter  fdjeiben,  ein  Berg  $ier 
ben  befjerrfdjenben  SRittelpuntt  einer  fianbfdjaft  abgeben,  bort  bie 
Softer  fdjeiben,  eine  Stufte  Ijier  eine  3ugabe  be«  Sinnenlanbe«  fein, 
bort  eine  Seit  für  iidj  bebeuten.  Xurcfcroeg  bient  bie  Stoffverteilung 
ba^u,  bie  8enoanbtfd)aft  roie  ben  ©egenfafr  jmiidjen  oerfdjiebenen 
3eiten  unb  toerfd)iebenen  Crten  f)erau«guarbeiten.  3U  beuten  gibt 
e«  j.  ©.,  menn  mefjrfad)  hervortritt,  mte  bie  abgelegenen  Sergfeften 
ber  Urjett,  bie  unter  romifdjer  $errfd)aft  neben  ben  jugänglid)en 
Vnfiebelungen  im  fruchtbaren  lal  oerfielen,  jur  &tit  ber  Sötter* 
manberung  roieber  Semo^ner  anlocften.  91«  jroerfmäfiig  erroeift  ftd) 
ba«  ©erfahren,  bie  Stabte  einer  t'onbfdjoft  in  ber  Weibenfolge  ju 
beljanbeln,  in  ber  fie  oon  ben  bie  £anbfd)oft  burdtfdpieibenben  Wömer* 
{tragen  berührt  werben;  benn  ber  #ug  bieier  Strogen  ift  burdjroeg 


456  Stteraturberidjt. 

Don  natürlichen  unb  gefdjidjtlidjen  Sebingungen  abhängig  unb  toirb 
in  biefer  Slb^ängtgfeit  öon  9i.  gefennjeid)net. 

8ber  nidjt  nur  bie  Umgrenzung  unb  Slnorbnung  be3  Stoffe  im 
großen,  fonbern  aud)  feine  ©idjtung  unb  Oeftaltung  im  f  leinen 
berrät  bie  2Reifterfd)aft,  bie  auf  bottenbeter  #errfd)aft  über  bte 
latfadjen  beruht  unb  fid)  babei  borjugSmeife  in  roeifer  ©elbfibe* 
fd)ränfung  bei  üjrer  S3eriuertung  funbgibt.  Su3  allen  ben  ©ebieten, 
mit  benen  e3  bie  antife  ©eogrepljie  *u  tun  $at,  au$  ber  fcenfmäler* 
funbe,  ber  (Epigraph!  unb  5RumiSmatif,  quo  ber  @efd)id)te  be$  ©taate§, 
be&  StedjtS  unb  ber  aSoIfSroirtfc^aft,  aud)  au$  ßiteratur*  unb  Shrnft- 
gefd)idjte,  entnimmt  SR.  eben  ba$,  toorin  jene  äBedtfelnurfung  jroiföen 
ber  SRatur  unb  bem  menfd)lid)en  fieben  Ijerbortritt.  SBeldje  fragen 
babei  für  tyn  maßgebenb  finb,  &eigt  bie  gebanfenreidje  Einleitung. 
Sie  Sage  unb  ber  Umfang  ber  Staftebelungen,  aud)  ber  (gemeinte* 
be&irfe,  bie  Serteilung  unb  HuSnujjung  beS  83oben$  innerhalb  unb 
au&erljalb  ber  Ortfdjaften,  bie  SBege  beS  frieblidjen  öerfefjrS  unb  ber 
feiegerifdjen  ^Bewegungen,  bie  ©egenftänbe  öon  (Einfuhr  unb  SluSfufo 
bie  Didjtigfeit  ber  SBeböllerung,  iljre  SrroerbSquetten,  aud)  bie  Art 
iljreS  SebenSgenuffeS,  bie  StedjtSftettung  ber  ©emeinben,  tljre  ©eltung 
im  ftaatlidjen,  materiellen  unb  geiftigen  Seben  werben  mit  allen 
erreichbaren  SSenn  jeidjen ,  foroeit  irgenb  möglidj,  jiffermä&ig  ber» 
beutlet. 

3ugletd).  für  bie  rcc^tltc^c  unb  roirtfdjaftlidje  Stellung  einer  ©e* 
meinbe  bejeidjnenb  ift  bie  lätigfeit  iljrer  äRünjftätten.  SBirb  ©Über 
ausgeprägt?  Ober  etroa  ©djroerfupfer?  Ober  nur  ©cfteibemünje? 
Unb  aud  melier  geit  ftammen  bie  erhaltenen  2Rünjen?  Huf  bie 
SRenge  einer  ftäbtifdjen  Sebölferung  lägt  fid)  auS  bem  Umfange  ber 
Stutnen  öon  öffentlichen  Sauten  fdjliefcen;  bor  aQem  bie  Qafyl,  bie 
im  Smpljtrtjeater  Sßlafc  t)atte,  ift  bejeidjnenb.  HnbereS  ergeben  bie 
Snfdjriften,  fdjon  bie  größere  ober  geringe  Qcfyl,  xn  ^cr  fic  ty**  unb 
ba  enthalten  fmb,  gibt  einen  Hnljalt,  bte  Sebölferung  unb  SBotjlftanb 
einer  ©emeinbe  roenigftenS  relatib  ab^ufd)ä^en.  SReljr  nodj  fagen 
bte  Berufe  unb  Innungen,  bie  auf  itjnen  ermähnt  ober  aud)  nid)t 
ermähnt  »erben. 

Slnbere  Seiten  ber  Ortägefdjidjte  treten  borjugSmeife  in  ber 
literarifdjen  Überlieferung  ljerbor.  Stoß  jmei  ©netter  SRomS  au$ 
bemfelben  bol8fifd)en  2Runi5tpium  ftammten,  ift  bon  Eicero  (auter 
unb  häufiger,  als  manchem  lieb  ift,  auSpofaunt;  aber  Seadjtung  Der« 
bient  e3  bod),  ob  ein  Ort  nur  namenlofe  SRänner  ljerborgebradjt  t>at 


Blte  ©efdjidjte.  457 

ober  audj  namhafte.  änbere  ißläjje  ftnb  mel)r  pafftb  Don  Sebeutung, 
burd)  bie  (Ereigniffe,  bie  fid)  auf  iljneu  abgefpielt  tyaben.  Sticht  jebe 
©d)lad)t  trab  jebe  Selagerung  fonnte  9i.  topograptyfd)  erörtern;  aber 
xoo  ba*  geograpbifdje  ©efamtbilb  Stnlafc  bot,  ju  einet  &rage  bet 
ftrieg*gefd)id)te  Stellung  ju  nehmen,  roie  j.  SB.  an  ber  Zrebia,  an 
ber  Ällia,  bei  Sanitär,  ba  entroidelt  er  tnapp  unb  fdjarf  feine  An* 
fdjauung. 

8ud)  folc^e  (Ereigniffe  mußte  9f.  erroäfjnen,  bie  nur  burd)  bie 
fo  Diel  umftrittene  annaliftifc^e  Überlieferung  befannt  ftnb.  SMandjer 
wirb  fid)  oielleidjt  nmnbern,  baft  ein  in  ber  Duetteufrttif  fo  erfahrener 
gorfdjer  auf  bie  überlieferten  Warnen  unb  bie  überlieferte  {Reihenfolge 
ber  römifdjen  Könige  ©ejug  nimmt,  unb  baß  er  an  ber  Ijerfömm* 
liefen  Chronologie  feftyält,  aud)  roo  bie  Steueren  fte  fonft  faft  einmütig 
tterroerfen.  Sfnbeffen  rechtfertigt  fidj  9i.$  ©erfahren  tro^I  jum  Zeil 
aud  ber  (Erwägung,  baß  bie  tjertömmlidjen  3atjlen  immerhin  einen 
Slnljalt  bieten,  roenigftenS  bie  relative  äeitfolge  ber  ©reigniffe  an« 
näfjernb  richtig  ju  beftimmen,  unb  baß  meljr  aud)  mit  ben  fdjarfftnnigen 
Kombinationen  ber  Steueren  nidjt  ju  erreichen  ift.  ÄnberfeitS  aber 
muß  in  ber  %at  gerabe  bie  intime  9lnfdjauung  be8  ©oben»,  bie  97. 
jid)  in  jahrelanger  Arbeit  erworben  bat  unb  nun  anberen  vermittelt, 
toon  einer  aKju  rabifalen  Jtritif  jurficfljalten.  993er  fid)  mit  91.  babon 
überzeugt  bat,  mie  biete  geograpf)ifd)e  latfadjen  in  ber  annaliftifd>en 
Überlieferung  treffenben  WuSbrurf  ftnben,  fann  nid)t  baran  benfen, 
etroa  mit  $ai$  bie  überlieferte  @efd)id)te  ber  älteren  $eit  einfach  für 
erfunben  ju  erflären;  er  mirb  aud)  nidjt  mit  (Ebuarb  9Ret)er  bie  S)ar« 
fleOung  biefer  Qtxt  auSfdjließlid)  auf  $iobor  aufbauen,  fonbem  bei 
SimuS  einen  Sem  echter  Jrabition  anerfennen,  ber  fid)  ou3  ber  Um« 
gebung  tenbenjiöfer  unb  romanhafter  (Erfinbungen  an  mannen  ©tetten 
beutlic^  IjerauSfdjälen  lögt. 

(Elberfelb.  Friedrich  Cauer. 

E.  J.  Chinnoek,  A  few  notes  on  Julian  and  a  translation  of 
hie  public  letters.    London,  Nutt    1901.   82  ©. 

Die  ©emerfungen  über  Julian  betreffen  bie  lejtfritil,  bie  (Ejegefe 
unb  bie  2lutl)enti)ität  ber  Schriften  be$  HaijerS.  Dabei  mieber^olt 
ber  83f.  berfdjiebene  bereits  oon  ©panfjeim  (Observationes  ad 
Juliani  imp.  or.  I)  unb  SrambS  (©tubien  &u  ben  SBerfen  gulian* 
2.  Z.  $rogr.  (Eidjftätt  1899)  borgebrafye  SRadjroeife,  bie  i^m  ent* 


458  ßiteraturberidjt 

gangen  finb.  3n  ber  Untertreibung  bet  eckten  unb  ber  unechten 
gulianbriefe  bertoirft  er  roeiSlid)  bie  rein  äußertic^^ftatiftifc^e  SRetyobe, 
tote  fie  bon  ©djtpara  (De  vita  et  scriptis  Juliani  imp.  Diss.  Bonn, 
1888)  unb  jum  Zeil  aud)  nodj  bon  Eumont  (Sur  l'authenticiti 
de  quelques  lettres  de  Julien.  Gand.  1889)  angeroanbt  mürbe, 
unb  folgt  biefen  beiben  Statoren  nur  ba,  roo  fie  inhaltliche  ©rünbc 
jur  Slbleljnung  eines  SBriefS  beibringen.  Seiber  bermertet  Gljinnod 
bie  „gulianftubten"  bon  ©dparj  (Philologus  51,  624)  unb  bie 
Recherches  sur  la  tradition  manuscrite  des  lettres  de  l'empereur 
Julien,  Bruxelles  1898,  Don  99ibej*GLumont  nid)t  unb  ebenforoenig 
bie  Efjicagoer  fciffertation  bon  SB.  6.  grance  The  emperor  Julian  ß 
relation  to  the  New-Sophistic  and  Neo  Platonism,  London  1896, 
bie  biel  neue§  ßidjt  in  biefe  fdjmierigen  fragen  gebracht  Ijaben.  Slttf* 
fallenb  ift  e$,  bafj  er  «bler*  «nftfy,  StmmianS  99erid)t  bon  bem 
tatfädjlidj  unternommenen  S3erfud)  3ulian3,  ben  ©alomonifdjen  Sempcl 
mieber  fcerjuftetten,  gelje  auf  ©regor  bon  9iaj.  jurütf  (The  Jewish 
Quarterly  Review  1893),  beipflichtet,  ftntt  gerabe  Slmmtan  für  ben 
Scfpfeiler  ber  glaubroürbigen  Irabition  ju  galten.  —  S)ie  englifdje 
Überlegung  ift  jugleid)  wortgetreu  unb  fliefsenb,  roenn  fie  audj  im 
einzelnen  nidjt  ganj  frei  ift  bon  3Wi§berftänbniffen.  gür  bie  Cr* 
Körung  Ijätte  ber  SBf.  mandjeS  in  unferem  Huffafc  „Sine  ©njtjflifa 
Sulianö  jc.  (3cttfc^r.  f.  ffirdjengefd).  16,  45  ff.)"  finben  fönnen.  Ber* 
felbe  Ijätte  tyn  roo&l  aud)  bor  bem  Irrtum  bewahrt,  99r.  62  für 
einen  Zeil  be$  leiber  nidjt  mit  überfefeten  Fragm.  epist.  ju  galten, 
in  u>eld)e$  ein  folcfjer  Spezialfall  nidjt  l)ineinpa&t.  —  Irojj  mancher 
SBerfeljen  ift  (Sl).8  Arbeit  a(8  ein  gelungener  S3erfudj,  bie  midjtigftcn 
(Erlaffe  3ulian$  leichter  berftänblid)  ju  machen,  banlbar  ju  begrüben. 
Sreiburg  i.  8.  Rudolf  Asmus. 


fceutfäe  SHtertumSrunbe.     SBon  Äari  9flfiHcntjoff.  ©rjta  83onb, 

neuer  bermeljrter  Slbbrucf,   beforgt  burdj  9Raf  föoebiger.  ©erlin,  Kcib* 

mannfäe  »wfäanblung.  1890.  —  dritter  $anb  1892.  —  Vierter  8anb, 
erfte  fcälfte  1898;  jtpeite  fcälfte  1900. 

Sejüglicf)  ber  9MülIenl}offfd)en  SUtertum&funbe  muß  id)  mid)  ju 
einer  großen  UnterlaffungSfünbe  befennen.  3)er  britte  SBanb,  bem  man 
natf)  ber  allgemeinen  9(nfünbigung  mit  befonberer  (Erwartung  entgegen* 
feljen  burfte,  braute  eine  ftarte  Enttäufdjung,  ba  er  trofc  feinet  be* 
fonbern  litetS:   „3)er  Urfprung  ber  ©ermanen11   in  SBaljrfjeit  alle* 


$eutfdje  AltertumMunbe.  459 

mögliche  anbete,  bagegen  über  bie  ©ermanen  felbft  fautn  einige  Seiten 
enthielt  So  lieg  id)  biefen  99anb,  über  ben  id)  roenig  $u  fagen  tjatte, 
ftunäd)ft  Hegen,  in  ber  Hoffnung,  au£  bem  folgenben  ©anbe  reifere 
(Ernte  }u  geroinnen.  (Ebenfo  roie  ber  britte  eine  (Enttäufdjung,  fo  f)at 
bann  in  ber  Xat  ber  bierte  SJanb  ber  Attertumdfunbe,  ber  aber  erft 
nad)  längerer  $aufe  erfdjien,  eine  l)öd)ft  erfreuliche  Überrafdjung  ge* 
bradjt.  3n  jroei  #älften  erfdjienen,  bie  jufammen  einen  ftarten  Sanb 
Don  750  Seiten  auSmadjen,  tjat  er  und  mit  einem  fefjr  roertbotten, 
eingeljenben  Kommentar  jur  Germania  be$  Zacitud  befdjenft,  unb  idj 
trage  fein  Siebenten,  biefe  beiben  $a(bbänbe  a(d  baS  roeitauS  SBcrt* 
boQfte  ber  ganjen  Altertum&funbe  ju  bejeidjnen.  2>a&  (Erfdjeinen 
biefer  beiben  SJänbe  tfi  für  baS  germanifdjc  gorfdjungSgebiet  ein  rotrt* 
lidje*  (Ereignis,  unb  fie  berlangten  baljer  baS  forgfältigfte  @tubium 
unb  eine  eingetjenbe  fritifdje  ©efpredjung.  So  fjat  ftdj  aber  audj  tyrc 
Anjetge  roieber  berjögert,  unb  idj  mu&  faft  um  (Entfdjulbigung  bitten, 
bog  id)  mit  biefer  berfpäteten  Sefpredjung  nun  überhaupt  nodj  ju 
tommen  roage. 

3d)  fdjide  junädjft  einige  SJemerfungen  über  ben  britten  93anb 
borauS.  (Er  foQte  nadj  bem  in  ber  SBorrebe  gum  (früher  erfd>ienenen) 
fünften  ©anbe  aufgehellten  Programm  „aus  ber  Stellung  unb  bem 
fpra$lid)en  JBerfjältniS  ber  älteften  fciftorifö  befannten  öölfer  beS 
mittleren  (Europa*  in  bem  Striae  bon  ben  Sßgrenäen  bis  jum  Stau« 
tofiiS  ben  Seroeid  führen,  bafs  bie  33äter  ber  ©ermanen  nid)t  fpäter 
jenen  SBo^nfi^  (sc.  baS  ©ebiet  ber  Ober  unb  (Elbe  unterhalb  beS 
©ebirgeS)  eingenommen  Jjaben  tonnen  als  bie  urberroanbten  Stämme 
ber  Stalifer  unb  ©rieben  ifjre  Sijje  in  Italien  unb  ©riedjenlanb, 
unb  auf  ©runb  ber  SRad)rid)ten  ber  {Römer  unb  ©rieben  barauf  bie 
Ausbreitung  unb  Serjroeigung  ber  ©ermanen  um  ben  Anfang  unfern 
3eitred)nung  barlegen",  tiefer  93anb  berfprad)  alfo  namentlich  für 
#tftorifer  ber  intereffantefte  unb  bebeutenbfte  ber  ganjen  Steige  ju 
roerben.  3n  SBirflidrfeit  tjanbelt  ber  ©anb  jroar  bon  jafylreidjen  83 öl* 
fem  jroifd)en  $Qrenäen  unb  RaufafuS  unb  über  ben  ÄaufafuS  fynauS, 
nur,  roie  fdjon  bemerft,  bon  ben  ©ermanen  felbft  fo  gut  roie  gar 
nidjt.  ftamentüd)  bie  EaifteDung  ber  Ausbreitung  unb  SSerjroeigung 
ber  ©ermanen  um  ben  Anfang  unferer  Zeitrechnung,  bie  fo  befonberS 
erroünfd)t  geroefen  roäre,  ift  gan$  unter  ben  lifd)  gefallen.  (Einen 
(Erfafe  bafür  gibt  nur  in  geroiffem  Sinne  bie  SBeijanblung  beS  jroeiten 
öölferfdjaftlidjen  JeUS  ber  Germania  im  bierten  Sanbe,  roo  aber 
natürlich  nur  bie  einzelnen  93iHferfd)aften  nad)  ber  ftapitelfolge  in 


460  ßtteraturberidjt. 

jerftreuten  Hnmerfungen  bejubelt  Kerben  unb  gerabe  bie  Sufammen* 
faffung  Mit*) 

3um  ^weiten  SBanbe  ber  SUtertumSfunbe  bietet  ber  brüte  infofern 
eine  ©rgänjung,  al$  er  ausführliche  Erörterungen  über  bie  geogra* 
p^ifd^e  unb  etbnologifc^e  Stellung  ber  ©armaten  unb  ©ttyben  ent* 
Ijält,  bie  man  bei  ber  Se&anblung  ber  Dfinadjbant  ber  (Sermanen 
im  jmeiten  Sanbe  Permifcte.  2R.  beftimmt  bie  ©armaten  unb  ©ftjtfjen 
als  sunt  afiatifdjen  ©pradjftamm  ber  Slrier  gehörig  unb  ben  Spaniern 
nädjft  perroanbt.  ©te  fotten  bie  legten  au£  Sften  in  Suropa  ein« 
geroanberten  3nbogermanen  fein,  aber  nidjt  UrPäter  ber  ©laroen,  beren 
Stepräf  entanten  er  Pielmebr  in  ben  Seneti  bei  lacttuS  (Germ.  Rap.  46, 
SSenebi  bei  SßlimuS,  SBenben)  fie$t  Sber  einmal  lägt  fid)  bod;  nidjt 
leugnen,  bog  unter  ben  ©armaten  bei  ben  3llten,  beren  Sprachgebrauch 
für  biefen  tarnen  in  äljnlidjer  SBeife  roie  bejüglid)  ber  Selten  im 
SBeften  ju  f djwanfen  f c^eint,  aud)  allgemein  aüe  Dftnad>barn  ber  ®er* 
manen  Perftanben  »erben,  unb  idj  glaube,  bafj  man  biefe  ©ebeutung 
aud)  für  bie  Germania  be8  $acitu§  anerfennen  mufj  unb  in  Aap.  1 
bie  ©armaten  mrf)t,  roie  2R.  roill,  nur  für  Saugen  erflären  barf. 
Slußerbem  aber  nehmen  bod)  aucb  bie  ©(amen  fpradjlid)  eine  SKittcl* 
fteQung  aroifc&en  ben  europäifdjen  unb  afiatifdjen  Snbogermanen  ein, 
gerabefo  ttrie  fie  2R.  ben  ©armaten  jufdjreibt,  unb  idj  fefje  nid^t,  tuie 
man  ba  nod)  eine  fixere  ©djeibelinie  jroifc^en  ©laroen  unb  ©armaten 
}iet)en  fann.  SBaS  Por  ädern  nötig  märe  unb  aud)  ber  9W.f  dje  Stonb, 
trofc  ber  umfangreichen  SBefjanblung  be§  öftlid)en  ffiuropa,  permiffen 
lägt,  ift  eine  präjife  Darlegung  bed  @prad)gebraud)8  ber  eilten  bis 
in£  Mittelalter  hinein  bejüglidj  ber  ©armaten  unb  ber  mit  ifjnen  ju« 
fammentyängenben  öftltcr)en  SSölfer,  unter  ©Reibung  ber  92ac^ric^ten 
Pon  felbftänbigem  SBert  Don  ben  blofj  abgeleiteten  ober  überhaupt  be* 
langlofen.  3m  britten  Sanbe  ber  StltertumSfunbe  ift  biefen  fragen 
jroar  bie  ganje  erfte  $ä(fte  geroibmet;  neben  ben  Äbf  dritten  über 
bie  ©fytljen  unb  ©armaten,  bei  benen  e8  fid)  in  ber  $auptfad)e  nur 


*)  ©ine  aufammenfafienbe  Überfielt  über  ba$  SBilb,  baS  mir  auS  beut 
fcölferfdjaftlidien  Seil  ber  Germania  Don  ber  Ausbreitung  ber  ©ernwnen 
gewinnen,  benfe  idj  in  einem  bemnädtft  ju  Deröffentlidjenben  Auffafc  ju  geben, 
unb  £tt>ar  fo,  baft  jugleid)  ber  SBerfud)  gemalt  wirb,  auS  ber  Art  ber  Hu8* 
breitung  fflücffdjlüffe  $u  gewinnen  für  bie  neuerbing«  mieber  in  3roc'ffI 
gezogene  fjrage,  ob  bie  ©ermanen  in  tyrem  fianbe  als  Ureingefeffene  ober 
als  (Singeroanberte  ju  betrauten  finb. 


Sfeutfdp  ftltertiimtfunbe.  461 

um  einen  mit  3"f ä|*n  berfel>enen  SBieberabbruc!  bon  früher  beröffent* 
listen  Hb&anblungen  2R.Ö  fjanbelt,  f)at  SRoebiger  nod)  ein  umfang* 
reidjed,  aud  ben  SR.fdjen  papieren  mofaitartig  jufammengeftelltea 
ftopitet  über  bie  alten  Diatljefen  be*  öftlidjen  (£uropa8  bor  unb  nad) 
$erobot  eingefügt,  ba$  bie  ganjen  Sffadjridjten  ber  Otiten  über  bie  oft- 
liefen  Sölfer  bor  und  aufrollt;  aber,  ttie  gejagt,  ein  roirtlid)  Hared 
©ilb  gewinnt  man  trofr  biefer  augfüljrlidjen  Darftettung  nid)t  3m 
8nfd)lu&  an  biefen  Zeil  Ijat  SRoebiger  bann  nod)  bie  befannte,  gegen 
Satob  ©rimm*  gbentifijierung  ber  ©eten  unb  ©oten  gerichtete  916* 
Ipanblung  über  bie  ©eten  unb  Daten  roieber  abgebrueft.  SRadj  9R.d 
jefct  »ol)l  allgemein  angenommener  Sluffaffung  finb  bie  ©eten  unb 
Daten  jur  tyrajifdjen  Söltergruppe  ju  rechnen,  unb  biefe  mirb  man 
mit  ben  3flt)riern  ju  einer  großen  iflr^rifc^-tc)ra^ifc^en  ©nippe  jufam« 
menfaffen  tonnen,  beren  ^Repräsentanten  bie  heutigen  Slbanefen  ftnb 
unb  bie  fprad)lid)  eine  SRittelftettung  jroifd)en  ©rieben  unb  ©lamen 
einnimmt. 

Damit  fd)liefct  ber  ben  öftlidjen  Softem  getoibmete  erfte  §aupt* 
teil  be*  britten  ©anbe«.  ©3  folgt  junädtft  ein  iutereffanter  Heiner 
Vbfdpiitt  über  bie  ©inroanberung  ber  Arier,  ber  eine  furje  Bufammen« 
foffung  ber  SR.fdjen  9nftct)ten  über  bie  Urftye  ber  3nbogermanen  (am 
obem  £)ju$  unb  3ajarteS)  unb  über  bie  §auptrid)tung  ber  SBanbe« 
rungSjüge  ber  in  Suropa  einbringenben  Sölter  gibt.  Daran  reiben 
fid)  bann  unfertige  ©tücfe  über  bie  Urbebölterung  ffiuropa«,  bei  benen 
SRoebiger  audj  einen  Äbfdjnitt  über  bie  Sigurer  eingefügt  Ijat,  bie  SR. 
aflerbingS  im  erften  SBanbe  ber  SütertumSfunbe  jur  borarifdjen  Ur* 
betoölterung  ffiuropaS  rennet,  mätjrenb  er  fjier  in  ber  freiließ  nid)t  ju 
©nbe  geführten  Unterfudjung  ju  feinem  ganj  fiebern  ffirgebniS  gelangt, 
©nblid)  ganj  am  ©nbe  bed  ®ud)e6  roirb  auf  10  Seiten  bann  audj 
roirflic^  über  ben  „Urfprung  ber  ©ermanen*  geljanbelt,  inbem  bie 
8u3bilbung  berfelben  ju  einem  neuen  eigenen  Soltdftamm  auf  ©runb 
fpradjlityr  ©etradjtung  (erfte  ßautoerfdjiebung;  bargeftettt  mirb ;  biefer 
Heine  flbfdjnitt  nebft  bem  borfjin  ermähnten  über  baS  Urbolt  büben 
bie  intereffanteften  Partien  be$  ganjen  ©anbeS.  ©«  finben  ftd)  !>ier 
eine  Steige  trefflicher  ©emertungen  über  ben  3ufammen(ang  bon 
@prad)e  unb  Station,  über  ben  ©egriff  ber  Urfpradje,  über  ©infjeit 
unb  Variation  ber  ©pracben,  bie  fefcr  beljerjigenSroert  ftnb.  Dem 
Umfange  nadj  me^r  al$  ein  Drittel  beS  ganzen  ©anbe$  füllen  bann 
guin  Schlug  nod)  bie  anhänge  aud,  in  benen  namentlich  bie  umfang« 
reidje  Äb^anblung  über  bie  SBeltfarte  unb  ©Ijorograpljie  be*  tfaiferd 


i 


462  Siteraturberidjt. 

8uguftu$  au*  einem  Vieler  UntoerfttätSprogramm  »iebet  abgebrucft 
ift  nebft  einem  fpätem  Sluffa^  über  bie  römifdje  SBeltfarte  unb  an* 
fdjliefcenben  Keinen  ©tücfen  über  alte  SSöffertafeln. 

Sftod)  bor  bem  ©rfdjeinen  be8  britten  SanbeS  ift  Dom  erften  Sanb« 
ber  Sltertumfcfunbe,  bem  einzigen,  ben  SR.  nod)  fclbft  publiziert  !>atte, 
ein  neuer  bermeljrter  Sbbrurf  erfd)ienen.  S)er  £ejt  ift  natürlich  in 
ber  $auptfad>e  unöeränbert  geblieben;  (jin$ugefommen  ift  namentlich 
eine  Don  SRoebiger  auS  Dorljanbenen  SBrudjftütfen  }ufammengefe$te 
m Einleitung ",  bie  einen  ©inblidf  in  3R.8  ©efamtauffaffung  tum  beutfdjer 
Srt  unb  ©ntroitflung  gewährt  unb  fid)  trofc  ber  fünftlidjen  Stammen* 
fügung  Dortrefflidj,  wie  auS  einem  ©uffe,  lieft.  Sie  Don  fräftigrm 
©eift  burdnueljten  ^Betrachtungen  3R.8  über  bie  Sbee  ber  Humanität, 
unter  SBürbigung  ber  ()öd)ften  SBeftrebungen  unferer  beutfdjen  ©eifteS* 
Ijeroen,  ©filier*  unb  ©oetfjeS  unb  SBitfjelm  D.  #umbolbtS,  unb  bie 
baran  gefnüpften  SDialjnungen,  ba§  aud)  baS  roefjrfjafte  Sßreufeen  tö 
fübrenber  Staat  in  ®eutfd)lanb  bie  Pflege  btefed  ©eifteS  echter  $u* 
manität,  ber  bie  roafjre  ibeeHe  ©runblage  ber  beutfdjen  Einheit  bilbc, 
ntc^t  bemadjläffigen  bürfe,  biefe  ©etradjtungen  roirb  man  nidjt  ofjne 
innere  ^Bewegung  lefen.  8n  bie  „ffiinleitung"  Ijat  SRoebiger  nodj.roei* 
tere  Heine  (Ergänzungen  im  SJorroort  gefnüpft,  unb  ferner  fyat  er  am 
©nbe  be$  99anbe$  JRadjtrftge  unb  Seridjtigungen  (bemerfenSroert 
namentlich  bie  Sßalinobie  2R.8  ju  @.  326  ff.  über  §ippard))  unb  ein 
feljr  banfen§roerte$  tarnen«  unb  ©adjregifter  tnngugefügt.  Sine  fititil 
be$  roteber  abgebrucften  2e£te§  beS  99anbe3  ift  Ijier  natürlich  nic^t 
am  Sßlajj;  id)  will  nur  im  allgemeinen  nod)  einmal  auSbrüdlid)  be* 
tonen,  \>a%  id)  mannen  ber  SW.fdjen  Auf  Rettungen  mi&trauifdj  ober 
ganz  ableljnenb  gegenüberftefje.  SlleS,  ma§  9R.  fagt,  al*  ein  SDange« 
lium  Einzunehmen  unb  als  feftfte^enbe  latfadjen  weiterverbreiten, 
wie  bieS  öfter  beliebt  wirb,  Ijalte  idj,  bei  aller  Slnerfennung,  bieoud) 
idj  ber  ©eifteSfdjärfe  unb  großen  ©eletjrfamfeit  2R.3  toüt,  gerabe  bei 
feiner  impulftDen  Sßerfönlidjfeit  für  befonberd  gefätjrlid).  SBäljrenb 
2R.  felbft  gelegentlich  atö  richtigen  ©runbfafc  für  etfjnograpf)ifd)e  gor« 
fdjungen  proflamiert,  möglidjft  nur  Don  ben  beftunterridjteten  8*uflcn 
au$jugef)en  unb  alle*  mit  i&nen  nidjt  Vereinbare  fernjuljalten  (ügL 
93b.  3,  <§.  95),  fann  er  e*  ftdj  bodj  felbft  nid)t  berfagen,  ^^pot^efen 
auf  $>gpottjefen  zu  Raufen  über  Singe,  beren  genauere  Jfunbe  un$ 
wegen  fabulöfer  Jrabition  Derfagt  ift,  unb  zuweilen  im  $atbbunfel 
förmüdj  Zu  fdjmelgen.  Sa*  nimmt  man  bei  einem  fo  geiftoollen  ©e* 
lehrten  in  Sauf;   aber  Güten  muß  man  fid)  boc^f  auf  fo  unftdjeren 


fceutfdje  SHtertuntStonbe.  463 

Crgebniffen  »eiterzubauen,  inbem  man  fte  unter  bei  SRorfe  „9R.  ljat 
feftgefteüt"  als  z»eifelSfreie  ©runblage  befcanbelt. 

Auf  ganz  anbem  feften  ©oben  fommen  mir,  roenn  mir  und  nun 
öom  erften  zum  vierten  8anbe  ber  HltertumSfunbe  »enben.  (ES  ift 
erffounlidj,  tote  eS  bem  Herausgeber  l)ier  gelungen  ift,  auS  Kollegien* 
heften  2R.S  unb  9tad)fd)riften  feiner  #örer  ein  SBerf  Ijerzuftetten,  baS 
be*  ljödtften  SobeS  roürbig  ift.  Sft  ber  ©anb  aud),  mie  gtoebiger 
betont,  burdjauS  als  geiftigeS  (Eigentum  3R.S  }u  bezeichnen,  fo  gebührt 
bod)  an  ber  gorm  bem  Herausgeber  jebenfallS  ein  ganz  roefentlidje* 
JBerbienft.  3d)  glaube  SR.  nid)t  unredjt  ju  tunp  roenn  i$  bie  93er« 
mutung  äußere,  ba&  biefer  Germania-Kommentar,  roenn  er  felbft  ifjn 
herausgegeben  Ijätte,  fdjroerlidj  eine  fo  abgerunbete  ©eftolt  gewonnen 
Ijätte. 

83orauf  geljt  bem  eigentlichen  ftommentar  eine  (Einleitung  t>on 
runb  100  Seiten  Umfang,  bie  fid)  überrafdjenb  gut  lieft,  aUeS  ein« 
fad),  Mar,  tooljlgegltebert.  SRatürlidj  bleiben  einzelne  fontroberfe 
fünfte;  aber  im  ganzen  finb  ade  mistigen  Vorfragen  Ijier  in  auS* 
gezeichneter,  laum  )u  übertreffenber  Seife  beljanbelt.  2)ie  ganze 
(Einleitung  )erfäDt  in  fünf  Sbfdjnitte.  Der  erfte  beljanbelt  Sroecf  unb 
Urfprung  ber  Germania,  wobei  audj  bie  StbfaffungSjeit  eingeljenb 
erörtert  ttrirb;  bie  öon  SR.  angenommene  politifdje  Jenbenz  für  bie 
«bfaffung  ber  ©djrift  Ijalte  id>  nidjt  für  ermiefen,  obwohl  id)  gerne 
anerfenne,  bofe  bie  Darlegung  ber  ganzen  3*itumftänbe,  auS  benen 
bie  Germania  Ijertoorging,  bortrefflid)  gelungen  ift.  3m  jmeiten  unb 
britten  9lbfd)nitt  werben  ©laubroürbigfeit  unb  Hutyentie  ber  Germania 
unb  bie  übrigen  9?ad)ridjten  ber  ftlten  über  bie  ©ermanen  erörtert. 
$ier  pflichte  id)  namentlich  ben  Ausführungen  3W.S  über  ben  ganz 
einzigartigen  Ouettenroert  ber  Germania  unb  iljre  Überlegenheit  gegen« 
über  oUen  fonftigen  Duellen  einfdjlie&lidj  Käfar  (ogl.  ©.  31  ff.  unb 
baju  meine  eigenen  früheren  Darlegungen  in  ben  ©öttinger  ©el.  Sn* 
jeigen  1882,  ©.  1227  ff.)  t>odf ommen  bei ;  id)  bemerte  nur  gegenüber 
3R.S  etmaS  }u  weit  gefjenber  ©fepfiS,  ba&  birefte  öenufcung  beS 
Bellum  Gallicum  burd)  JacituS  bod)  nid)t  moljl  ju  bezweifeln  ift; 
auger  bem  btretten  ßiiat  in  Germ.  t$ap.  28  unb  einigen  anbern  oon 
9R.  @.  17  f.  angeführten  ©teilen  möchte  id)  bafür  nod)  namentlich  auf 
bie  parallelen  in  Germ.  Kap.  38  unb  39  über  bie  ©ueben  zu  Bell. 
Gall.  IV,  1  unb  I,  37  Ijinmeifen,  bei  benen  mir  XacituS  bie  Angaben 
CäfarS  birett  im  Äuge  gehabt  zu  Gaben  fdjeint,  menn  er  fie  audjr  felbft 
mobifiziert.  3m  bierten  Äbfdjnitt  ber  Einleitung  wirb  bann  ber  leyt 


464  Stteraturbcridjt 

ber  Germania  unb  ff  ine  Überlieferung  betjanbelt;  über  ba$  gfortleben 
unb  bie  fporabifdje  ©enufcung  ber  ©djrift  in  ber  golgejeit  unb  tyre 
SBieberentbecfung  im  15.  3al)rl)unbert  wirb  für)  berichtet,  unb  baran 
fd)lie&t  ftd)  eine  eingetjenbe  fritifdje  SJefpredjung  ber  $anbfdjriften« 
Haffen,  (Enblid)  im  fünften  Hbfdjnitt  merben  Sudgaben,  Kommentare 
unb  Überfefcungen  ber  Germania  nebft  fonftigen  $itf0mitteln  ju  tyrer 
(Erflärung  jiemlidj  für}  befprod)en,  woran  SR.  nod)  einige  treffenbe 
Semerfungen  über  bie  33orbebingungen  in  fprad)tid)er  unb  biftorifdjer 
SJejieljung  }u  einem  guten  Kommentar  fnüpft. 

9n  biefe  (Einleitung  fd)lie&t  fid)  bann  at*  $auptteil  ber  Koni' 
mentar  felbft,  gut  400  Seiten  ftarl;  nad)  genauerer  Durcharbeitung 
unb  Nachprüfung,  fann  id)  midj  bem  Urteil  SRoebigerö  im  Sormort  nur 
burdjau*  anfd)lie&en,  ber  itjn  für  ben  reic^^altigften  unb  beften  aller 
Germania*$ommentare  erflärt.  (Er  ift  an  Umfang  nidjt  Ijalb  fo  ftorf 
roie  ber  ©aumftarffd)e,  fein  unmittelbarer  Vorgänger,  intjaltlid)  aber 
ganj  ungleid)  reicher  unb  roertooßer.   3R.  felbft  lobt  ©aumftarf  (ögl. 
(Einleitung  @.  94);  man  fann  moljl  fagen,  baß  er  für  beffen  Derb* 
$eit,  um  nid)t  flu  fagen  ©robtyeit,  unb  audj  für  feine  pljitologifdjc 
liftelei  eine  geroiffe  ©tjmpatljie  empfanb.    (Er  fjat  fid)  audj  Don  ben 
SJaumftarffdjen  (Erflärungen  mefjr  al$  gut  ju  feinem  eigenen  Kadjteü 
beeinfluffen  laffen,  moruuf  id)   nod)  jurücffomme.     3m  allgemeinen 
ßefjt  er  jebod)  auf  einem  ganj  anberen,  gefunberen  ©oben.    Moment« 
tidj  Don  ber  unerträglichen  Krittelei,  bie  ©aumftarf  auger  an  $erau$* 
gebern  unb  (Erflärern  ber  Germania  audj  an  lacitu*  felbft  übt,  ljält 
ftd)  SR.  faft  ganj  frei  (bgl.  unbegrünbete  SBorroürfe  gegen  Xncitu*  nur 
ettta  ©.  276  ju  Kap.  15  quietem  unb  ©.  444  )U  fSap.  36  ex  aequo). 
Seine  (Erläuterungen  jeugen  burdjroeg  Don  fd)arfem  unb  gefunbem 
Urteil  unb  Don  intenftDer  unb  ausgebreiteter  fprad)ltd)er  toie  $i(to« 
rifdjer   StenntniS.     Dag    überflüffige    (Erflärungen    ganj    Dermieben 
mären,  roirb  man  jroar,  trofe  ber  Knappheit  im  ganzen,  nidjt  be* 
Raupten  tonnen;  fo  mürbe  ic^  beifpielSroeife  ba$  (Eingeben  auf  bie 
überflüffigen  Sonjefturen  unb  Sufubrationen  ju  fo  flaren  ©teilen  wie 
ftap.  14  (exigunt  enim  prineipis  sui  liberalitate  illum  bellatorem 
equum  etc.,  ®.  268  f.)  ober  ju  8ap.  40  (pax  et  quies  tunc  tan- 
tum  nota,   tunc   tantum  amata,   ©.  473)   ober  gar  ju  Qap.  46 
(sordes  omnium  ac  torpor  procerum,  @.  512)  gern  miffen.   Aber 
im  allgemeinen  ift  bod)  bie  erfte  Sßflidjt  eine*  guten  ffommentatort, 
baß  er  feine  (Erflärung  auf  fpradjlid)  roirflid)  ©djroierige*  unb  fa<$* 
li$  ober  Ijiftorifd)  (Erläuterung3bebürftige$  befdjränft,  in  3R.«  8om* 


$eutfd)e  WltertumSFunbe.  465 

mentor  erfüllt,  unb  ebenfo  bie  anbere,  feiner  ©djmierigfeit  au$  bem 
SBege  )u  gefeit  unb  olle«  jur  (Erläuterung  $ienlid)e  möglidjft  öollftänbig 
beizubringen.  SlllerbingS  mürbe  man  aud  bem  reiben  ©djafc  Don 
SR.d  Kenntuiffen  auf  bem  ©ebiet  ber  germanifdjen  ©prägen  unb  ber 
mittelalterlichen  Überlieferung  unb  ßiteratur  gern  nodj  meljr  ©rgän* 
jungen  unb  parallelen  jur  Germania  mitgeteilt  unb  bafür  lieber 
von  bem  pl)tlologifd)en  Kleinfram  nod)  ettoaS  metjr  auSgemerjt  ge* 
feljen  fjoben.  ©erabe  roo  2R.  au$  feinen  fprad)lid)*Kterarifdjen  ©amm* 
lungen  umfangreichere  SMitteilungen  mad)t,  füfclt  man  ftd)  U)tn  &u 
befonberem  2)anfe  verpflichtet.  3$  penoeife  in  ber  Sejiefjung  nament* 
li$  auf  bie  trefflichen  föjfurfe  über  bie  gelbfrüdjte  ju  ftap.  5  @.  150  ff., 
über  Zranf  unb  ©peife  gu  Kap.  23  @.  343  ff.  unb  über  bie  23er* 
manbtfdjaftSnamen  ju  Kap.  20  ©.  320  f.,  aud)  über  bie  Kleibung 
ju  Kap.  17  ©.  291  ff.,  »o  ftd)  SR.  jugleidj  feljr  mit  ftedjt  gegen 
bte  fatfdje  SorfteQung  Pon  ber  92acft^ett  ber  ©ermanen  menbet. 

2)ie  meiften  Stellen,  an  benen  id)  ben  (Erflärungen  3R.3  bireft 
roiberfpredjen  muß,  finb  foldje,  in  benen  er  ftd>  ©aumftarffdjen  3rr* 
tümern  angefdjloffen  Ijat.  @o  Ijat  er  ftd)  in  Aap.  10  fogar  von  ber 
öaumftartfd)en  Argumentation,  baß  princeps  nidjt  ein  princeps, 
fonbern  nur  ber  princeps  bebeuten  fönne,  beren  Serfeljrtljeit  i$ 
j)inreid)enb  nadjgeroiefen  ju  baben  glaube  (©erman.  ©taatenbilbung 
®.  67),  befielen  laffen  (©.  232),  obmo&i  er  bei  Kap.  11  @.  249 
bann  felbft  anerfennt,  ba§  ed  ben  (Einen  princeps  civitatis  im  ©inne 
von  SBaifc  nie  gegeben  ljat*  3n  bemfelben  Kap.  10  fdjließt  ftd)  SR. 
nod)  jroeimal  Sauntftarffdjen  (Erflärungen  an,  bie  id)  für  falfrf)  ljalte, 
inbem  er  exigitur  ©.  228  mit  „wirb  erforbert"  überfejjt,  ftatt  „roirb 
erprobt"  (fides  exigitur),  unb  hie  in  ben  SBorten  et  hie  notum  auf 
©ermanien  ftatt  auf  9iom  bejtefjt.  3^)  notiere  ferner  üon  ©aumftarf* 
fcfcen  (Erflärungen,  bie  SR.meineS  <Erad)ten3  mit  Unrecht  afjeptiert  I)at: 
Kap.  2  ©.  125  pluris  deo  ortos  auf  Xuifto  ftatt  auf  SRannuS  belogen; 
Kap.  5  ©.148  specie  „im  cinjelnen"  ftatt  »im  9htdfeben";  Kap.  18 
(bjto.  Kap.  17)  ®.  302  libidine,  roo  fein  $Qperbaton,  fonbern  eine 
Sradjqlogie  vorliegt  (non  libidine  plures  in  matr.  dueunt,  sed  ob 
nobilitatem  pluribus  nuptiis  ambiuntur);  Kap.  24  ©.  351  quam- 
vis  als  SlbPerb  mit  audacis  Perbunben  im  ©inne  von  quantumvis 
ftatt  ber  früheren,  richtigeren  (Erflärung  als  Konjunttion:  „inbe£", 
„freilief)*;  Stap.  33  ©.  424  armis  telisque  atö  DatiP  ftatt  a(3  8b* 
lativ  (bagegen  Porter  speetaculo  beffer  als  5)otio)  unb  am  (Enbe 
be$  KapiteÖ  bie  (Erflärung  von  urgentibus  imperii  faüs  im  ^ppo- 

WoriMc  ficitfedrift  {©b.  94)  ».  fr  »b.  LVIII,  30 


466  2iteraiurberid)t. 

tijetifdjen  ©inne,  womit  fid)  weber  iam  nodj  ba§  SßröfenS  potest 
berträgt.  3>n  Stap.  5  (©.  156)  311  honor  aut  gloria  frontis  pflichtet 
2R.  SBoumftarf  bei,  bafe  aut  biSjunftto  fei  unb  bie  SBorte  fein  $en* 
biabtjoin  bilben;  bagegen  gibt  er  @.  259  bann  felbft  ju,  ba§  aut 
fogar  jur  SJerbinbung  Don  ©ijnonima  gebraust  roirb.  8fo  einer 
©teile  Aap.  30  @.  411  f.  enblid)  l)at  ftd)  2R.  burd)  bie  »aumftorl* 
fdjen  SrflärungSfünfte  berleitcn  laffen,  aud)  bie  hergebrachte  unb  ber 
§anbfd)riftlidjen  Überlieferung  am  befien  entfpredjenbe  SeSart  gegen 
eine  fdjledjtere  aufzugeben:  in  bem  einfachen  unb  Karen  Safe:  raris- 
simum  nee  nisi  Romanae  disciplinae  concessum  lieft  er  mit 
93üumftarf  ratione  ^tatt  Romanae;  benn,  fagt  Saumftarf,  unb  SR. 
glaubt  e£  U}m,  „menn  nur  ba$  römifdje  KriegSroefen  biefeS  möglich 
mad)t,  fo  fann  ber  Sau  fonft  gar  nidjt  toorfommen  unb  nidjt  bfofj 
bödrft  feiten".  5)a$  ift  eine  liftelei,  bie  ganj  auf  berfelben  $ölje 
fteljt  rote  bie  bejüglid)  prineeps  mit  bem  beftimmten  Urtifel  in 
ßap.  10  unb  11;  man  überfe&e:  roa$  fonft  feljr  feiten  unb  nur 
römifdjer  ©iSjiplin  ö  er  gönnt  ift,  roogegen  ftd)  bod)  moljl  nichts  ein* 
menben  lägt,  unb  jeber  Snftofe  berfdjroinbet,  toäljrenb  ratione  dis- 
ciplinae concessum  eine  ganj  gefdjraubte  SuSbrucföroeife  ift. 

Auf  ben  lejrt,  ben  9W.  feinen  (Erläuterungen  jugrunbe  legt,  gebe 
id)  Ijier  im  übrigen  niebt  roeiter  ein,  fonbem  bermeife  bafür  auf  einen 
befonberen  fleinen  Srtifel,  ber  bemnädrft  im  Philologus  erfcfjeinen 
mirb.  3d)  bemerfe  nur,  baß  mir  9R.8  lejtfritit  fonft  burd)roeg  auf 
befter  unb  gefunbefter  ©runblage  ju  berufen  fdjeint,  unb  bai  e& 
mir  an  fe^r  wenig  ©teilen  nötig  fdjeint,  Don  feinen  Sedarten  abju* 
meinen. 

Son  befonberem  Sntereffe  für  $iftorifer  finb  3R.8  (Erläuterungen 
ju  ben  DerfaffungSgefdjidjtlidjen  Partien  ber  Germania.  3Sa£  er 
über  Königtum,  Sßrinjipat,  Romitat,  Sbel,  Sgraröerfaffung  fagt,  oer* 
bient  natürlich  bie  eingefjenbfte  ©rroägung,  obrooljl  gerabe  in  biefen 
gragen  fid)  am  meiften  ßroeifel  unb  Sebenfen  im  fiefer  ergeben 
Werben ;  ba&  ift  aud)  beim  beften  Kommentar  nid)t  anbcrS  ju  er« 
warten.  3$  ftimme  ÜR.  burdjauS  ju  in  ber  SJetonung  ber  SBefen** 
gleidjbeit  Don  JRegnum  unb  $rin^ipat;  aud)  ben  ©ajj:  wS)er  Streit 
um  bie  grage,  meldje  gorm  bie  urfprunglidje  fei,  ift  müßig"  @.  196 
tann  id)  untertreiben  unb  benfelben  ©afe  aud)  bejüglidj  be*  ©freite* 
um  bie  Priorität  Don  civitas  unb  pagus  auf  germanifd)em  Stoben 
a(£  richtig  anerlennen.  SRur  infofem  trete  id)  allerbing*  für  bie 
Priorität  be$  pagus  (unb  jugleidj  be$  prineeps)  ein,  aW  e*  mir 


Seutföe  K(tertum*funbe.  467 

fielet  fdjeint,  bafj  bie  civitas  nidjt  erft  in  pagi  geteilt  rourbe,  fonbern 
biefe  auf  uralte  8Banberl)unbertfd)aften  aurücfgeljen.  ©erabe  auf  ber 
mit  Kämpfen  berbunbenen  SBanberfdjaft  wirb  fld)  aber  audj  bereit« 
ba3  ©ebürfniS  jur  3ufammenfaffung  Don  größeren  Äomplejen  geltenb 
gemalt  §abenr  unb  fo  fann  bie  ©runblage  ber  germanifdjen  civi- 
tates  bielfad)  fo  alt  fein  roie  bie  ber  $u  iljr  gehörigen  pagi;  anber* 
feitö  mar  aud)  mieber  ein  fpätereS  ?lu$einanberfaflen  möglid),  unb 
al£  ber  eigentliche  Slngelpunft  in  ber  germanifdjen  Staaten bilbung 
erfdjeinen  mir  bafjer  bod)  $agu£  unb  Sßrinjipat 

3d)  §alte  ferner  baran  feft,  bafs  bie  prineipes  in  ber  Germania 
M  roirflidje  obrigfeitlidje  Surften  &u  erllären  ftnb,  unb  nic^t  bloß  al£ 
primores  im  ©inne  Don  2R. ;  bafür  fdjeinen  mir  namentlich  ftap.  13 
bid  15  ber  Germania  über  bie  (Stellung  ber  prineipes  al£  ©efolgS* 
tytrren  unb  über  bie  itjnen  bargebradjten  Seiftungen  unb  ©efdjenfe 
au$fd)laggebenb.  ©ejüglidj  ber  betannten  ©teilen  in  Jfap.  12  unb 
13  über  bie  SBaljl  ber  prineipes  (eliguntur  etc.)  unb  insignis  nobi- 
litas  etc.  bleibe  id)  9W.3  (Erläuterungen  gegenüber  bei  ber  früfjer  Don 
mir  Vertretenen  Suffaffung.  Wn  legerer  ©teile  fprid>t  ber  ©d)lufs» 
fafr:  nee  rubor  inter  comites  adepici  meines  (EradjtenS  entfdjeibenb 
gegen  bie  äR.fdje  ffirflärung,  unb  eine  fo  leiste  #nberung  roie  bie 
Don  ceteris  in  ceteri  fann  bei  bem  ©tanbe  ber  Zegtüberlieferung 
ber  Germania,  roenn  fte  fadjlid)  nötig  fdjeint,  feine  ernftlidjen  93e* 
benten  erroeden.  gür  bie  Srflärung  be3  ©djlufsfafce*  oon  Kap.  12 
über  bie  SBaljl  ber  prineipes  ift  bie  entfdjeibenbe  grage,  ob  man 
e£  für  möglid)  fjätt,  bafc  e$  im  germanifdjen  ©taat  befonbere  9tid)ter* 
Prineipes  gegeben  Ijabe,  bie  nidjt  jugleid)  §eerfüt)rer  roaren,  ober 
$eerfütjrer  be3  ©aud,  bie  nidjt  jugleid)  im  ^rieben  als  Stifter  fun* 
gierten;  idj  glaube  nidjt  baran  unb  muß  batjer  babei  bleiben,  bafs 
bie  SBorte:  qui  jura  per  pagos  vicosque  reddunt  nur  baju  bienen, 
bie  §aupttätigteit  ber  Surften  im  grieben  ju  bejeidjnen.  5)ie  $i3pofi« 
tion  bon  Sap.  11  unb  12  ift  aud)  bei  biefer  Interpretation  burdjauS 
nid)t  )u  tabeln,  roie  Stopfe  unb  mit  ifjrn  2R.  behaupten:  erft  roirb  bie 
Art  ber  SBerfammtungen  gefdjilbert,  bann  tyre  ©efugniffe.  SBejüglid) 
ber  Äuffaffung  ber  centeni  comites  ftimme  itf)  ganj  mit  3R.  überein. 
SRit  Stecht  roerben  bon  iljm  natürlich  aud)  bie  beiben  Arten  bon 
comites  (SRatmannen  unb  ©efolge)  ftreng  gerieben.  3d)  bemerfe 
aber,  bafs  ba*  15.  Sapitel  nid)t  mit  2R.  auf  ba§  ©efolge,  für  ba£ 
namentlich  ber  VluSbrud  domus  et  penatium  et  agrorum  cura 
gar  nidjt  pagt,  fonbem  allgemein  auf  Üb  (ige  unb  SBorneljme  ju  be* 

30* 


46*  fiiteraturberidjt. 

jieljen  ift,  bie  Zacitug  aud)  fonft  meljrfad)  (fo  fpäter  Aap.  22)  bei 
feinen  Säuberungen  befonberS  im  Sluge  l)at. 

Hudj  ber  SW.fdjen  Suffaffung  bon  Stbcl  unb  ^rieftern  tann  i$ 
ni$t  ganj  beipflichten.  SBäljrenb  2R.  behauptet,  baß  ber  8bel  auf 
bie  tjerrfdjenben  ©efdjledjter,  bie  föniglidje  bjtu.  fürftlidje  gamitie, 
befäränft  mar  (©.  194;  ügl.  bagegen  S.  361  ju  Stop.  25  fin.I), 
glaube  id),  baß  bie  ©ntnritflung,  bie  3ft.  für  bie  fpätere  3"t  annimmt, 
uämlidj  baß  im  Sienfte  beS  Königs  ein  neuer  Abel  emmd)§,  teilmeife 
fdjon  für  bie  germanifdje  Urzeit  anjuerfennen  ift.  Sie  gamilien, 
beren  SWitglieber  unter  ben  gürften  unb  Königen  Anführer  im  Speere 
maren  unb  im  @erid)t  itjnen  al£  comites  jur  Seite  ftanben,  unb 
beren  iunge  Sprößlinge  baS  (befolge  be&  Surften  bilbeten,  biefe 
gamilien  bilbeten  nad)  meiner  Suffaffung  ben  germanifdjen  Abel  in 
taciteifdjer  3eit  (ögl.  barüber  meine  »eiteren  Ausführungen  in  ben 
©ötting.  ©eierten  «njeigen  1882  SRr.  39/40).  ffibenfo  glaube  idj, 
baß  SR.  $u  roeit  gef)t,  toenn  er  )u  Kap.  11  (©.  238)  erftärt,  „baß 
ba$  ^rieftettum  nur  eine  gunftion  mar,  unb  bog  e8  feinen  befonberen 
Sßriefterftanb  gab".  Sagegen  fpridjt  bod)  gerabe  Kap.  11,  roo  5ßriefter 
unb  Surft  beutlid)  gerieben  roerben,  unb  ebenfo  aud)  Kap.  10  unb  7. 
9iatürüd)  leugne  idj  nidjt,  baß  aud)  bie  Surften  prieftertidje  Sunt 
tionen  Ratten;  aber  ba§  jdjließt  befonbere  Sßriefter  nid)t  ou$. 

Stuf  bie  (Erläuterungen  ju  Kap.  26  über  bie  Hgrarüerfaffung  ber 
©ermanen  näfjer  einjugeljen,  tann  id)  um  fo  mefjr  unterlaffen,  ba 
SRoebiger  jugefteljt,  baß  2R.8  Anflehten  über  biefe  Singe  mefjrfad) 
gefdjroanft  Ijaben  unb  SRoebiger  felbft  roenigftenS  an  einer  ©teile 
fid)  genötigt  gefetjen  Ijat,  ftatt  ber  SarfteQung  le^ter^anb  auf  eine 
frühere  ©rflärung  2R.8  jurürfjugreifen  (©.  371);  ju  einer  feft  in  ftd) 
gefd)loffenen  Sluffaffung  ift  9M.  l}ier  eben  nidjt  gelangt.  ffiefentlidje 
Äufftärung  über  bie  Sorm  be3  ölteften  SWerbaueS,  unb  bamit  aud} 
für  Kap.  26  ber  Germania,  ljaben  bie  Unterfudjungen  @eebol}m& 
über  ÜQ%  ©Aftern  ber  ©emenglage  in  feinem  99ud)e :  Englieh  village 
Community  (ögl.  meine  Anzeige  $.  3-  57,  340  ff.)  gebraut,  auf 
ba*  id)  t)icr  nodj  einmal  tjintoeife.  —  3m  übrigen  füge  id)  nur  nod) 
einige  furje  Semerfungen  an:  Kap.  6  (©.  178)  finb  au8  ben 
120000  Mann  ber  ©ueben  bei  Caes.  B.  G.  1,  31,  bie  bort  gar 
leinen  Snfjatt  für  bie  SSeftimmung  ber  SRannfdjaft  ber  einjelnen 
®aue  geben,  be^ügtic^  ber  interpositi  teinerlei  ©djlüffe  ju  }ie$en; 
Kap.  9  (©.  218)  bebeutet  placant  einfach  „befänftigen",  Kap.  13 
(©.  265)  expetuntur  „fie  »erben  aufgefudjt"  (nidjt  „uerlangt");  ju 


3)eutf$e  Hlterturnftfimbe.  469 

Stap.  16,  Anfang  über  Dörfer  unb  $au8bau,  erlaube  td)  mir,  aud) 
ben  SR.fdjen  Erläuterungen  gegenüber  auf  meine  (Erflärung  $.  3. 
56,  524  }u  toermeifen.  Stap.  28  ift  ultro  falfc^  mit  „otyne  ©runb" 
ftott  mit  „obenein11,  „fogar"  erflärt  (@.  388;  bog  man  ftd)  ber 
germanifdjen  Abfunft  fogar  befonberS  rüfjmte,  tonnte  SRömern  mofjl 
in  ber  Xat  feltfam  erfdjetnen),  unb  bie  ebenbort  gegen  bie  germanifdje 
$erfunft  ber  Sretrirer  unb  5Rert>ier  erhobenen  (Einmenbungen  Ijalte 
td)  für  hinfällig.  Die  Annahme  uon  ber  ffiinmanberung  ber  Angeln 
unb  SBarnen  au§  Springen  nad)  bem  Sorben  (S.  465  &u  Kap.  40) 
erfdjeint  öerfefjlt;  toielmef>r  »erben  abgefprengte  leile  biefer  SBölfer» 
fäaften  erft  fpäter  bei  ber  allgemeinen  33ölferroanberung  aus  bem 
Korben  nad)  Z^üringen  gefangt  fein  (bafj  in  Wap.  1  unter  ben  @ar* 
maten  nidjt  bloß  bie  3a^gen  ju  toerftefjen  ftnb  [S.  102  f.],  fonbem 
allgemetn  bie  Ofinadjbam  ber  (Sermonen,  fyabt  id)  oben  fd)on  ge- 
legentlich berührt).  3n  Kap.  40  fann  td)  aud)  ber  Anfefcung  ber 
Snfel  ber  SRerttju*  in  ber  SKorbfee  ftatt  in  ber  Dftfee  (@.  470  f., 
bgl.  oceanus  bon  ber  Oftfee  in  SPop.  43  ©.  493)  nidjt  beipflichten. 

©eitere  Keine  tontroberfe  ffiinjel&eiten  mären  natürlich  nod)  biete 
anjufüljren;  bod)  id)  breche  biefe  fdjon  ju  meit  au&gebeljnten  ©rörte* 
rangen  ab.  Am  ffinbe  be&  vierten  SBanbeS  Ijat  ber  Herausgeber  al£ 
Anfänge  nod)  eine  Steige  bon  Heineren  Arbeiten  3H.8  au&  3?itf$riften* 
arttfeln  unb  au$  bem  9iad)(afs  jufammengeftellt,  bie  jur  (Ergänjung 
be*  Rommentard  bienen.  3m  Kommentar  felbft  ttrirb  5  uro  eilen  (fo 
@.  124,  166,  292;  bgl.  baju  ©.  600,  621,  565  ff.)  auf  biefe  «rtifel 
öermiefen,  aber  nodj  unter  $inroei&  auf  bie  betreffenben  3citfdjriften 
unb  nidjt,  roaS  natürlich  ermünfd)ter  gemefen  märe,  auf  ben  im  fofc 
genben  gegebeneu  SReubtud.  Die  Anfänge  nehmen  nod)  faft  200  ©eiten 
ein,  unb  baran  fd)lte&en  ftd)  bann  roieber  fejjr  ban!en$merte  SRegifter. 

Sum  ©djtufj  tann  idj  nidjt  umtyn,  nod)  einmal  SRoebtgerS  grofce& 
Serbienft  um  bie  3R.fd)e  AltertumSfunbe  unb  fpejiett  um  ben  vierten 
93a nb  tyer&orjufjeben.  Sei  ber  fjerborragenben  Sebeutung,  bie  bem 
Germania«J?ommentar  in  biefem  Saitbe  jufommt,  roürbe  id)  eS  für 
feljr  ermünfdjt  galten,  menn  babon  eine  befonbere  Aufgabe  öeran* 
ftaltet  würbe,  au&er&alb  be&  SRabmen*  ber  Altertumöfunbe,  unb  jmar 
mürbe  id)  empfehlen,  ba&  bie  Anfänge  bann  gang  meggelaffen  unb 
bafür  aded,  maß  baraud  für  ben  Kommentar  mirflid)  nötig  ober 
förberlidj  erfdjetnt,  in  biefen  felbft  hineingearbeitet  mürbe.  3d)  jmeifle 
nidjt,  bog  bamit  ein  $ilf8mittet  für  bie  germanifdje  AltertumSforfdjung 
Ijergefteöt  mürbe,  baä  uon  ben  beteiligten  Streifen,  #iftori!ern,  $l)ilo« 


470  Siteraturberidjt. 

logen,  ©ermaniften,  aUerfeitS  auf$  banfbarfte  begrüßt  unb  in  beit 
roeiteften  Steifen  benujjt  werben  mürbe. 

SBerlin.  L.  Erhardt. 


$ie  Germanen.  Beiträge  jur  öölferfunbe.  öon  Dr.  Snbtotg  SBUfer. 
fcifenadj  unb  Seipjtg,  Stjürtngtfdje  SfcrlagSanfialt.    IV  u.  447  6.    6  SB. 

SBilfer  tummelt  feine  SRofamunbe  toeiter.  gaft  allen  ©ebanfen, 
bie  im  borliegenben  SBerte  auftauten,  $at  ber  Sf.  bereits  früher  in 
SBerten,  9luf fäfcen,  93efpred)ungen,  Vorträgen  SluSbrucf  bertiefjen; 
aber  nrie  bisher  nod)  niemanb  an  fie  geglaubt  Ijat,  fo  bürfte  au$ 
biefe  aufammenfaffenbe  2)arfteHung  fdjroerlidj  Anhänger  finben. 
2B.  fud)t  ju  beroeifen,  bafc  bie  $eimat  ber  Snbogermanen  unb  aller 
Ijöfjeren  föultur  nirgenbS  anberS  alS  im  ffanbinabiftfjen  Sorben  liege, 
unb  bag  ftd)  Don  l)ier  auS  bie  arifdje  ober,  tote  SS.  eS  nennt,  bie 
norbeuropäifdje  SRaffe,  ber  homo  europaeue  ßinneS,  in  mehreren 
Strängen  nad}  ©übroeften,  ©üben  unb  ©üboften  ausgebreitet  Ijabc, 
um  im  ©üben  burdj  33ermifdjung  mit  anberen  {Raffen  ju  entarten. 
S)ie  erfien  Slbfdjnitte  befdjäftigen  fidj  mit  ber  Sntroicftung  be$ 
SRenfdjen  auS  bem  Äffen  unb  ber  SBilbung  ber  {Raffen;  bie  Ijödjffc* 
entroicfelte  SRaffe,  bie  Snbögermanen,  füljrt  iljn  $u  biefen;  er  ton« 
fhruiert  bie  SBanberangen  ber  einzelnen  3roeige  unb  fommt  fdjlie&lt(f> 
ju  ben  Oermanen,  beren  ffanbinabifcfce  $erfunft  er  burd)  bie  8*u8* 
niffe  ber  ©djriftftetter  unb  ber  ©pradje  über  allen  3roeifel  ergaben 
(Mt  3)enn  roo  fitfj  bie  SRaffe  am  reinften  erhalten  &at,  bort,  fo 
meint  SB.,  mufc  aud)  ifjre  #eimat  fein.  9118  $äcfelerianer  mag  SB. 
©rbaulidjeS  geleiftet  Ijaben  —  barüber  erlaube  itfj  mir  fein  Urteil  — , 
atö  ©pradjforfdjer  unb  $iftorifer  ift  er  ?ßljantafi.  33on  @prad>* 
gefefcen  unb  ©pradjenttoieflung  ljat  er  feine  ttljnung,  unb  aU  $ifto« 
rifer  feljlt  iljm  abfolut  baS  SSerftänbniS  für  Ijiftorifdje  Shritif-  $ajtt 
berührt  fid)  feine  Sogif  juroeilen  mit  ber  ßogif  Don  §olberg£  ©ra3» 
muS  montanuS  ober  ©IjafefpeareS  galftaff.  3n  ©djroeben  ftnb  JRefte 
eined  ÄupferalterS  nadjroeiSbar ;  ©djroeben  ift  nad)  ben  3cugniffen 
bon  ©d>riftftellern  be3  16.  unb  17.  3a(jrljunbert$  reid)  an  ffupfer,  — 
ergo  ift  ©djroeben  bie  $eimat  beS  SupferalterS,  unb  baS  SBort  ßupfer 
ftammt  nidjt  auS  bem  fiateinifdjen,  fonbern  lateinifd)  cuprum  ftammt 
auS  bem  ©djroebifdjen.  9Benn  jroifdjen  jroei  tarnen  ober  SBorten 
jroei  bis  brei  Sudjftaben  übereinftimmen,  roirb  fdjlanfroeg  3bentifi* 
fation  ober  Serroanbtfdjaft  angenommen,    ©o  foO  j.  ©.  baS  etruS* 


$eutf$e  «ItertumSfunbe.  471 

fifctye  aiß  „©oft"  mit  bem  norbifdjen  xeir,  ba$  bod)  Sßlurat  unb  aug 
germamfdjem  ansis  cntftanben  ift,  jufammen&ängen.  3ebe  beliebige 
ÄuSfage  ber  alten  #tftorifer  unb  ber  pl>antaftifd)en  ©efäidjtfdjreiber 
be£  16.  unb  17.  3af}rl)unbert8  wirb  für  objeftibe  latfacfte  gesotten, 
aenn  fic  ju  SB.&  <ßlane  pafct;  nirgenb*  toirb  ber  SBert  ber  Duette, 
nirgenbft  bie  grage  nad)  bem  Ijiftorifdjen  3ufammen^ange  ber  geug« 
niffe  berfd)iebener  ©djriftftetter  geprüft.  (Sri!  Olaffen  au3  bem 
17.  galjrljunbert  toirb  j.  8.  als  ©tüfce  ber  ÄuSfagen  be*  3orbane3 
u.  a.  angeführt,  roäfyrenb  er  bod)  einfadj  bie  alten  ©djriftftetter  benufct 
Ijat  $urdj  eine  ©teile  beS  SRibelungenliebeS  toirb  gejeigt,  bafj  bie 
borneljmen  Witter  ber  ätteften  germanif djen  3^it  (! !)  baS  lange  jroei«« 
fdjneibige  ©d)toert  beborjugten  (©.  272).  3lux  burd)  fold)e  SRetljobe 
tonnte  SB.  bie  SKenge  berfeljrter  Änftdjten,  bie  in  biefem  Sudje  auf« 
geftapelt  ift,  bemeifen.  S)ie  Etuinteffenj  be&  SBerfeS,  bafj  ©fanbi* 
nabien  bie  $eimat  ber  Snbogermanen  fei,  ift  burd)  ba$  jüngft  er« 
fd)ienene  ©ud)  $anfen£  »Landnäm  i  Norgec  (ffriftiania  1904) 
m.  ffi.  enbgültig  abgetan;  tyier  toirb  nadj  fefter  unb  Harer  SRet&obe 
an  ber  $anb  antl)ropologifdjer,  naturnriffenfd)aftlid)er,  futtur*  unb 
fpra$gefd()id}tiid)er  gorfdjung  *ugleid)  gezeigt,  toie  unb  auf  melden 
SBegen  ftd)  bie  ©ermanen  in  ©tanbinabien  attmäljlid)  bom  ftufjerften 
©übmeften  ber  $atbinfet  au8  ausgebreitet  Ijaben.  2)amtt  fällt  natür* 
lirf)  aud)  bie  SJefauptung  SB.3,  bafs  ©tanbinabien  bie  $eimat  ber 
flupfer»  unb  SBronjefultur,  ber  europäifdjen  ©djrift,  ber  prä$iftorifd)en 
Sunft  ber  europäifdjen  Sötfer  fei.  2)ie  ©tüfcen  biefer  Äuffaffung 
ftnb  befonberS  fd)road).  $ier  möchte  id)  nur  bie  eine  Xatfadje  er« 
wü^nen,  bie  allein  bie  ganje  $^antafterei  über  ben  runifdjen  Urfprung 
ber  europäifdjen  Alphabete  jerftört.  Rein  einjigeS  ©entmat  ber  nor« 
bifc^en  SMufeen  au8  ber  (Stein*  unb  SBronjejeit  l)at  aud)  nur  einen 
Anflug  bon  einem  Sfhtnenjeidjen.  ffirft  in  ber  mittleren  ffiifenjeit,  ba 
bie  ffirjeugniffe  römifd>er  fabri  nad)  bem  SRorben  tommen,  gelangen 
mit  i&nen  aud)  bie  Wunen  bortljin,  unb  jtoor  ftnben  ftd)  bie  früljeften 
in  3)änemart,  bon  mo  aud  fie  nad)  ©übflanbinabien  gelangen.  — 
©o  ift  nid}t$  in  bem  ganjen  SBerfe  aud)  nur  bon  leiblicher  SBraud)« 
barfeit.  £d  toirb  aud)  wie  bie  früheren  arbeiten  SB.8  eine  vox 
clamantie  in  eremo  fein,  unb  wenn  ber  nodj  geplante  fünfte  polU 
tifd)e  $auptteil  (©.  422)  auf  gleicher  Saft*  entworfen  ift,  fo  bürfen 
toir  wo^l  bie  Sitte  auSfpredjen,  bog  und  SB.  mit  ber  Veröffentlichung 
beSfelben  berfdjont. 

Seipjig.  K.  Mogk. 


472  2iteraturbertd)t. 

$ie  urfprfinglldje  Xemplerregel.  fcritifd)  unterfudjt  unb  $erauftgege&eit 
bon  Dr.  Onftab  «Sdjnfirer,  $rof.  an  ber  Untoerfit&t  ju  Jfrreiburg  i.  b. 
6#tuetj.  Sretburg  i.  53.,  Berber.  1903.  V1H  unb  157  6.  (©tublen  unb 
3>arftelhmgen  au8  bem  ©ebtete  ber  ©efdjidjte.  3m  Auftrage  bei  ©örre*» 
©efeUfdjaft  herausgegeben  öon  Dr.  $.  trauert.    3.  8anb,  1.  unb  2.  $eft) 

33on  ber  fog.  Jemplerregel  ober  bem  ©tatutenbud)  be$  ZtmptU 
DerrenorbenS  finb  jtnei  $auptrejenfionen  auf  und  gefommen,  eine 
fürjere  lateinifdje  unb  eine  im  Saufe  be$  12.  unb  13.  SoljrfmnbertS 
mit  jaljlreidjen  3ufäfccn  bermeljrte  in  altfranjöftfdjer  Sprache.  $>ie 
Slnfidjten  über  Slrt  unb  $eit  iljrer  ffintftef)ung  unb  über  ifjren  ur- 
fprünglidjen  Snljalt  gef>en  betanntlid)  roeit  auSeinanber.  Sd^nürer 
Ijat  biefem  ©egenftanbe  eine  forgfältige  unb  eingeljenbe  Untersuchung 
geroibmet,  bie  um  fo  meljr  gang  befonbere  ©eadjtung  berbient,  at&  fie 
me&rfad)  neue  ÖefidjtSpunfte  eröffnet  unb  in  genannter  Sejte^ung 
eine  befriebigenbe  Söfung  erfennen  lägt. 

2)afs  ber  und  überlieferte  lateinifdje  £eyt  ber  urfprünglidje  unb 
ber  altfranjöftfdje  ber  fpätere  ift,  »eldjem  jener  als  SSorlage  biente, 
f)at  ©d).  unabhängig  öon  ber  Sßrogrammabijanbtung  ßörnerS  (©oilja 
1901),  ber  baS  nämlidje  {Refultat  gefunben,  nad)geroiefen.  Sin 
mehreren  Seifpieten  5eigt  erf  rote  ber  um  ba*  Saljr  1180  im  9(benb« 
lanbe  fdjreibenbe  franjöfifdje  Überfejjer  flüdjtig  unb  berftänbniSlo* 
ben  lateinifdjen  $eyt  übertragen  ljat.  2ln  ber  $anb  ber  Sorrebe 
ftnbet  er,  bafe  berfelbe  jmeimal  rebigiert  roorben  ift:  bie  erfte  3fte- 
baftion  entflamme  bem  am  13.  Januar  H28  unter  bem  SBorfi&e  be$ 
päpftlidjen  ffarbinallegaten  2Rattf>äu8  öon  Stbano  im  Seifein  beS 
ljl.  9emt)arb  abgehaltenen  SSonjite  öon  $rot)e&.  9fuf  biefem  mar 
9»eifter  $ugo  b.  $agnS  quo  Serufalem,  begleitet  öon  fedjg  feiner 
OrbenSbrtiber,  erfdjienen  unb  Ijatte  über  bie  ©ntfteljung  feinet  ©TbenS 
foroie  über  bie  ©erootynbeiten,  nad)  melden  bie  Üempelbrüber  fd>on 
9  Safjre  Ijinburdj  gelebt,  münblidjen  Seriell  erftattet,  mit  bem  93er* 
langen,  ben  bittigenben  ©prud}  be3  ffonjilS  $u  erhalten.  S)ie  Sätet 
be$  Äon$il3  nahmen  ju  biefem  münblid)en  öeridjte  Stellung  unb 
entroarfen  einzelne  ©efhmmungen ,  bie  in  iljrem  auftrage  bom 
1)1.  Sernljarb  im  Slnfdjlufc  an  bie  SBenebiftinerregel  rebigiert  tturben. 
Diefe  bilbeten  bie  erfte  SRebaftion  unb  finb  als  bie  ©runblage  ber 
lemplerregel  gu  betrauten.  SRad)  einem  99efd)luffe  be£  #ongi(* 
foulten  aber  nod)  ffirgängungen  fjingufommen,  meiere  bem  ?ßapfte,  bem 
Patriarchen  öon  Igerufalem  unb  bem  DrbenStapitet  bafelbft  überlaffen 
roorben  finb;  bo$  fjabe  $apft  $onoriu8  IL  jur  Siegel  leine  Stellung 


SRtttelalter.  473 

genommen,  roof)l  aber  $atriard)  ©tepljan  t>on  3crufa(em,  ber  bie  in 
Irotje*  entworfenen  Seftimmungen  in  ber  erften  $älfte  bed  Sa&reS 
1130  mit  meitge^enben  3ufä$en  unb  nidjt  unroidjtigen  Änberungen 
burd)  ben  in  ber  Sorrebe  genannten  ©efretär  3o§anne8  SRidjaelenftS 
berfe^en  lieg,  melier  bem  Konzile  ju  XrotjeS  angemahnt  Ijatte  unb 
bie  SJefd)lüffe  bedfelben  in  ber  bom  Ijl.  SJernljarb  tym  bittierten  gönn 
nad)  %txu\akm  gebraut  unb  bem  9}arriortfjen  borgelegt  ljat.  $ier 
mürbe  bie  jroeite  SRebaftion  bolljogen  unb  mit  berfelben  blieb  ber 
lateinifdje  unb  urfprünglidje  leyt  ber  Siegel  abgefdjloffen. 

9tad)  fftftftettung  biefer  ©abläge  unternimmt  ©d).  ben  lateinifdjen 
lejrt  auf  feinen  Snfjatt  genau  gu  unterfucfcen  unb  feftjufteOen,  roeldjc* 
bie  Dom  ftonjil  befd)loffenen,  bjto.  bom  ffl.  SBernfarb  auf  @runb  ber 
Senebittinerregel  rebigierten  Seftimmungen  unb  meiere«  bie  bom 
Patriarchen  Stephan  beigefügten  3uf&6e  finb,  um  alSbann  gemäß 
bem  (Ergebnis  ber  Unterfudjung  ben  Ze^t  auf  ©runb  ber  jtoei  nod> 
Dor^anbenen  §anbfdjriften  öon  <ßariS  unb  2Ründ>en  neu  f>erau*$u* 
geben,  mobei  er  bie  bem  ffoujil  ju  Zrotye*  jugemiefenen  ©tücfe  in 
größeren  unb  bie  in  3erufalem  tynjugefommenen  in  Heineren  It)pen 
}um  Sbbrucf  gebraut  Ijat. 

SRan  mirb  e&  ®dj.  3)anf  roiffen,  bafc  er  alfo  berfabren  ift  unb 
aud)  in  ben  Sioten  unter  bem  Zegte  jeweils  auf  bie  Seiten  feiner 
Slb&anblung  bermiefen,  n>o  über  ba£  betreffenbe  ftapitet  geljanbelt 
mirb,  ebenfalls  e£  nid)t  unterlaffen  Ijot,  feiner  ©djrift  ein  $erfonen« 
unb  ©adpegifter  beizufügen.  3)od)  Rotten  mir  geroünfdjt,  baß  er 
aud)  bie  abroeidjenben  SeSarten  ber  älteften  in  ben  3abren  1613  unb 
1614  erfdjienenen  WuSgaben  be*  SWenneniuS  unb  SWiräuS,  öon  benen 
ja  alle  fpäteren  bor  ber  im  3al>re  1886  erfdjienenen  be§  Surjon 
abhängig  finb,  in  ben  SSariantennoten  angemerlt  (jätte,  benn  ber  Ab* 
Weisungen  in  biefen  älteften  S)ru<fau*gaben  ftnb  e&  nidjt  menige  unb 
jum  Xeil  ntc^t  umoefentlid>e,  bie  rootjl  bed  Änmerfen*  roert  geroefen 
mären,  ©o  lieft  man  5.  93.  in  C.  XXI  bei  ftnöpfler  ©.  680  unb 
bei  ©d).  @.  141  bie  SBorte:  habebant  enim  famuli  et  armigeri 
alba  vestimenta  nad)  bem  SKündjener  ffobej,  bie  Sßarifer  #anbfd)rift 
aber  fjat  bie  Sedart  habebant  enim  enim  famuli  etc.,  SRenneniu* 
@.  240  bagegen  lad:  habebant  enim  olim  famuli  et  armigeri 
alba  vestimenta.  Offenbar  f>at  SRenncniu*,  ber  nur  bie  5ßarifer 
$anbf$rift  getannt  unb  abgebrutft  Ijat,  baS  jroeite  enim  für  olim 
gelefen.  3)ie  Späteren  Ijabcn  alSbann  auS  biefen  ©orten  bei  9Renne* 
niu«  ein  geroidjtigc*  Argument  bafür  abgeleitet,  bafs  ber  lateinifdje 


474  2tteraturberid)t. 

lejt  einer  biet  fpäterAi  Qtxt  angehöre,  ja  einzelne  Seftimmungen 
nidjt  bor  bet  jmeiten  $ätfte  bed  12.  3aljrf)unbertd  erlaffen  »orten 
feien.  2)af$  bie  Sedart  olim  irrig  fei,  aljnte  man  nid)t.  SBer  mag 
baljer  einem  SRünter,  SBtlCen,  #abeinann  unb  SßTUfc  ed  berbenlen, 
toenn  fte  bie  Hbfaffung  ber  lateinifdjen  Regula  in  eine  biet  fpätett 
3eit  als  1130  berlegt  fjaben?  2>ie  ffirroäljnung  biefer  Sedart  unb 
eine  barauf  bejüglidje  Slnmerfung  tt>äre  um  fo  mefjr  am  ^Slafee  geroefen, 
als  roenn  man  etroa  berfudjt  fein  fo&te,  trofcbem  aud)  Surjon  in 
feiner  Sudgabe  @.  67  bad  jtoeite  enim  bed  $arifer  ffobey  nidjt  in 
olim  berroanbelt,  fonbern  geftridjen  Ijat,  ed  nidjt  für  unmöglid)  ju 
fallen,  baft  bie  bon  SKenneniud  gegebene  ©menbation  bod)  biefleity 
richtig  fein  fönnte,  bad  Sfcefultat  <&$.&,  bie  urfpünglid>e  Siegel  fei  in 
allen  ifcren  leiten  fpäteftend  1130  abgefaßt  toorben,  immerhin  nodj 
in  betreff  bed  C.  XXI  in  grage  gefteHt  bliebe. 

9tid}tdbefton>emger  bietet  bie  Arbeit  ©dj.d  eine  roefentlidje  8c* 
reidjerung  unferer  roiffenfd)aftlid)en  fienntnid  über  bie  ffintfteljttng 
unb  ben  3N)alt  ber  lateinifdjen  lemplerregel,  roeldjer  bid$er  eine 
berart  eingeljenbe  fritiföe  89eljanblung  nod)  nid)t  roiberfaljren  war, 
meiere  Seljanblung  borneljmlid)  aud)  in  einzelnen  leiten  unb  SluS* 
fü&rungen,  j.  ©.  über  bad  Sfonjil  bon  2xot)ed,  über  bie  (Setooljn* 
Reiten  ber  Sempier  bor  biefem  Konjile,  über  bie  bon  großem  (Erfolg 
begleitete  SBerbung  bed  SReifterd  #ugo  b.  ?ßat)nd  für  feinen  Orben 
im  Slbenblanbe,  über  Sem^arbd  bon  ffilairbauj,  ßönig  SJalbuind  IL, 
gulfod  bon  «njou  unb  bed  Patriarchen  @tepf>and  Ser^ältnid  jum 
Xemplerorben  bon  allgemein  Ijiftorifdjem  gntereffe  tft. 

©öbig^eim.  H.  Hagenmeyer. 

A.  Luchaire,  Innocent  III.  Rome  et  l'Italie.  Paris,  Hachetie 
et  Cie.  1904.   262  ©. 

äRerfroürbigermeife  ftnbet  ftdj  in  bem  SJudjc  nidjt  ber  geringste 
#inroeid  barauf,  bafj  weitaus  ber  größte  Seil  bereitd  in  ben  legten 
Sauren  in  ber  gorm  bon  einzelnen  Slbljanblungen  erfdjtenen  ift  9Wan 
mujj  fte  fid)  müljfam  $uf ammenfudjen ;  roenn  idj  feine  überfein  fpbt, 
fommen  ba  folgenbe  ®ru<fftetten  in  SJetradjt:  Säances  et  travaux  de 
l'acad6mie  des  sciences,  comptes-rendus  9b.  158  (1902)  @.  669  ff.; 
93b.  160  (1903)  S.  449  ff.,  »b.  161  (1904)  @.  490  ff.,  Revue  bisto- 
rique  $b.  81  @.  225  ff.  Diefe  burdjaud  tüchtigen  unb  grünblauen  8or* 
arbeiten  finb  nun  tjier  mit  ganj  geringen  tejtlidjen  Anbetungen,  aber 


Mittelalter.  475 

mit  £injufügung  einiger  neuen  Sbfdpiitte  ju  einet  abgerun beten  3>ar* 
fteUung,  bie  roo&t  t)on  bornlpretn  im  $lane  lag,  juf  ammengefügt. 
(Ein  #inroeid  auf  jene  Slb^anblungen  butfte  aber  um  fo  weniger 
fehlen,  aß  fte  burdjgeljenbd  mit  trefflichen  Hnmerfungen  berfeljen  finb, 
bie  in  bem  borliegenben  8ud)e  böüig  unter  ben  Zifd)  gefallen  finb. 
8Kdjt  ju  feinem  Sarteile,  wie  td)  befennen  mufe!  Sin  foldjed  83er* 
fahren  märe  etroa  ba  ju  billigen,  roo  eine  feffelnbe  Starfteflung  eine« 
bebeutenben  ©egenftanbed  burdj  gorttaffung  bed  gelehrten  JRüftjeuged 
einem  meiten  Seferfreife  jugfinglid}  gemalt  roerben  foQte.  darauf 
aber  mirb  ber  83f.  bei  feinem  fpröben  Stoffe  bod)  fd)roerlid>  rennen 
fdnnen.  9hir  ba*  erfte  unb  lefcte  Kapitel,  tueldje  bie  Anfänge  3nno* 
$enj'  IH  (mit  reidjlidj  breiter  Äudmalung  ber  d^remonien)  unb  feine 
tägliche,  indbefonbere  redjtfpredjenbe  Z&tigfeit  an  ber  Kurie  (mit  fefyr 
lebendDoüen  unb  aud)  biplomatifd)  intereffanten  ffiinjetyeiten  au*  eng« 
lifdjen  S^ronifen)  anfd)au(id}  fd)ilbern,  finb  Don  folgern  allgemeinen 
3ntereffe.  dagegen  bie  roirren  unb  Ijin  unb  fjer  fdjroanfenben  Kämpfe 
mit  ber  ©tobt  {Rom  unb  ben  Sofalgeroatten  bed  mittleren,  nörb liefen 
unb  ffibüdjen  Stauend  geljen  trofc  ade*  Strebend  nadj  ledbarer  3)ar* 
fteflung  fo  feljr  ind  (Einzelne,  bafe  fte  nur  ben  ©pejialforfdjer  feffeln 
roerben.  Sür  biefen  aber  mürben  fte  etft  mit  ben  flnmerfungen  bie 
rechte  Sebeutung  gewinnen,  unb  er  fielet  fid)  fo  nad)  rote  Dor  auf  bie 
Sorarbetten  angeroiefen,  in  benen  er  eine  Segrünbung  ber  einzelnen 
5fftfteaungen  finbet. 

Senn  mefjr  in  ber  Kleinarbeit  ald  in  ber  ffintroidlung  neuer  Sluf* 
faffungen  im  großen  liegt  ber  SBert  biefer  foliben  Sorfdjung,  bie 
über  bad  filtere  SJud)  Don  griebrid)  £urter  in  fe$r  Dielen  fünften 
f>inaudfommt,  jumal  ba  §urterd  annaliftifdje  Seljanblung  bed  ©toffed 
allenthalben  bie  Sufammen^änge  jerrei&t.  3ndbefonbere  mödjte  id) 
bie  eingeftreuten  ardjäologifd&en  SJemerfungen  Ijerborljeben,  meiere  bie 
Sßarflettuiig  beleben,  foroie  ben  im  Anfang  gebrauten  SRadjroeid  Don 
brei  und  erhaltenen  jeitgenöffifdjen  Silbniffen  Snnojenj'  III.,  Don 
benen  ber  SJf.  jroei  in  guter  SBiebergabe  feinem  ©udje  beigefügt  ijat, 
um  bamit  t>a^  Don  $urter  bem  SBerfe  bed  Karbinald  Saroniud  ent- 
lehnte $^antafteportrfit  geroig  enbgültig  ju  Derbröngen. 

S3ielleid}t  ift  ed  fein  blofter'Sufad,  baß  einige  Hudfefeungen  an 
ber  fritifd>en  Arbeit,  bie  id)  ju  machen  fjabe,  gerabe  bie  Äbfdjnttte 
betreffen,  bie  mir  nic^t  in  früheren,  mit  änmertungen  berfe&encn 
<Dtucflegungen  befannt  finb;  ob  fte  etroa  roeniger  grünblid)  funba* 
mentiert  finb   ald  bie   anberen?    ffid  finb  bie  Äbfdjnitte,  bie  bad 


476  2iteraturbert<$t. 

SBerljättniS  beS  SßapfteS  jum  Äirdjenftaate  unb  gu  ©ijilten  befanbetn. 
3u  @.  82  wären  jroei  ©riefe  3nnojenj'  HL  auS  bem  3aljre  1214, 
einen  ffonflift  mit  Storni  betreffend  bie  id)  in  ben  SKitteilungen  M 
3nftitut*  f.  öfterr.  ©efd)id)t8forfd).  XXIII,  553  beröffenttidjt  ^obe, 
ju  benufcen  geroefen.  @.  110  ff.  ift  bie  Sertnenbung  be$  Begriffes 
„Stauen",  ba$  $einrid)  VI.  toieber  mit  bem  Smpcrium  bereinen  will, 
unb  über  baS  ber  5ßapft  bie  ©oujeränität  beanfprudjt,  unRar  unb 
irrefüljrenb.  Qnm  Seftamente  #einrid)S  VI.  nimmt  ber  S3f.  in  ber@d)t* 
ljeitSfrage  feine  fidjere  Stellung  ein  unb  erörtert  nid)t,  ob  in  bem 
Verlorenen  Zeit  bed  SejteS  nidjt  eine  äfjnlicf)e  Serfügung  über  @po* 
leto  geftanben  f>at,  roie  mir  fte  über  Äncona  fennen.  Äudj  über  bie 
SRecfytSgrunbtage  für  bie  Snfprüdje  be$  SßapfteS  auf  biefe  beiben  ®e* 
biete  bermi&t  man  nähere  SluSfüfjrungen,  roie  mir  fte  etroa  girfer  bei« 
banten.  ©.  161  fdjeint  mir  bie  gegebene  lanbläufige  Beurteilung  M 
RanjlerS  SBalter  üon  $alear  einer  SRebifton  gu  bebürfen  (togl.  SRitt. 
b.  3nft.  f.  oft.  ©efd).  XXII,  577  ff.).  6.  192  3.  17  ift  roof}l  nur 
burefj  Srucffeljler  „<ßalerme"  aug  „©alerne-  entftanben.  @.  193  leibet 
unter  Verwirrter  ffitpronologie ;  bie  #eirat  Sriebric^ö  II.  mürbe  erft 
im  9luguft  1209  üoHjogen,  unb  banad)  Ijaben  Kämpfe  jroifdjen  Sßalfar 
unb  Eapparone  md)t  mefjr  ftattgefunben.  @.  198  ift  mit  ©Keffer* 
Soidjorft  (©.*».  ber  »ert.  «f.  1900  @.  137)  anjune^men,  bog  e3 
toornefjmlid)  bie  Slottenfunbe  geroefen  ift,  mit  ber  fid)  ber  jugenblidbe 
griebrid)  bi$  in  bie  9?ad)t  fjinein  befd)äftigte.  3m  ganjen  öermi&t 
man  gerabe  bei  ber  3)arfteflung  ber  Schiebungen  Sttwojenj'  III.  ju 
©teilten  ein  tieferes  Einbringen  unb  feinftnnigere  Sluffaffung ;  bie  ifo* 
tierte  ^Betrachtung,  ba$  Slbfeljen  üon  ben  gleichzeitigen  großen  Seit» 
ereigniffen  roirfte  l)ier  nid)t  immer  günftig;  namentlich  ber  ©djlu&beä 
StbfdinitteS,  roo  bie  Solgen  Dem  griebridjS  Sermäljlung,  ber  ©turj  be$ 
ffanjlerd,  ber  Angriff  OttoS  IV.  faum  flüchtig  geftreift  werben,  madjt 
einen  bürftigen  Sinbrucf.  ©erabe  für  bie  ftjilifdjcn  Angelegenheiten 
ift  übrigens  baS  ungebruefte  Material  nodj  nid)t  au8gefd)öpft,  fo  bafi 
eine  abfctyliejjenbe  3)arfteßung  barüber  no$  nidjt  möglich  ift. 

Die  Iüd)tig!eit  ber  Seiftung  im  allgemeinen  foüen  biefe  Sebenfen 
nid)t  in  Srage  ftetten.  ©$  märe  ba^er  aud)  geroife  ju  roünfdjen,  baß 
ber  SBf.  nod)  weitere  Kapitel  au&  ber  £eben$gefd)id)te  3nno^en^  HL 
in  äijnlidjer  SBeife  beljanbclte;  bod)  fjat  man  nidjt  ben  (Sinbrutf,  bajj 
ba&  in  feiner  äbfidjt  liegt. 

$eibelberg.  K.  Hampe. 


Mittelalter.  477 

Ouenenfammuttig  jur  ®efd)idjte  ber  beutfdjcn  9fcetd)Sberfaffung  in 
Mittelalter  unb  Sßeufteit.  ®on  ftar(  3em»er.  (OueHenfammlungen  jum 
@taat«>,  BerumltungÄ*  unb  Sötterredjt  in  Serbinbung  mit  iRefyn,  ö.  6tcngel, 
©Surfing,  geumer  borne$mlid)  jutn  afabemtfdjen  ©ebraud?  herausgegeben 
Don  $.  Xrtcpel.)    ßetpaig,  (5.  ö.  fcirfajfelb.    1904.    XV  u.  485  6. 

83on  #iftorifern  unb  SRedjtSljiftorifern  mirb  3*umer$  OueÜenfamm* 
Iung  jur  ®ef(f>id)te  ber  beutfdjen  8teid}8bcrfaffung  mit  gleid>  groger 
greube  begrübt  werben.  Sie  ift  reichhaltiger  a(0  bie  nur  ba8  Mittel« 
alter  umfaffenbe  Sammlung,  Don  Ältmann  unb  ©ernljeim,  unb  aud)  bie 
öon  $.  £).  Seemann  ift  in  ber  Äu8n>a$l  be£  bargebotenen  Stoffe8 
biet  beföräntter. 

Qu  bebauern  ift,  baß  3«  ßd)  nid^t  entfdjloffen  f)at,  auf  ben  $(an 
be$  Herausgebers  Jriepel  einjugeljen,  ber  „auf  eine  (Sammlung,  meiere 
ftd)  auf  bie  gefamte  beutföe  33erfaffung8gefdH'd)te  bejieljen  foüte,  ge» 
richtet  mar".  3-  wollte  aber  nur  bie  ®efdjid)te  ber  9teid)8berfaffung 
in  Urfunben  barftetten,  meit  bamalS  fid)  roefentlidje  SBeränberungen 
in  ben  ©runblagen  unb  bem  Stufbau  ber  SReidjSberfaffung  nofljogen 
[>aben  unb  meit  e8  erft  feit  biefer  Qe\t  im  eigentlichen  Sinne  Duellen 
brS  gteid)«ftaat8red)t8  (Sfteid)$gefefre  unb  Urteile  be8  8teid)$l)of8  mit 
reidjSgefefelidjer  ©eltung)  gebe.  3-  beginnt  bie  Sammlung  mit  ber 
3eit  ©einriß  IV. 

©3  finb  rein  praftifdje  (Erwägungen,  bie  gegen  biefe  jeittidje  83e* 
grenjung  fpredjen.  Unfere  öorlefungen  über  beutfdje  Stents*  unb  S3er* 
faffung$gefdjid)te  betyanbetn  aud)  bie  ältefte  germanifäe  $eriobe  unb 
bie  fränfifd)e  Seit.  SKan  Ijat  alfo  bei  Seranftaltung  bon  Übungen 
ben  SBunfd)  aud)  biefer  (£pod)e  quellenmäßig  ju  iduftrieren.  3Ran 
tann  ben  ©tubenten  ntdjt  jumuten,  fid)  nodj  eine  jroeite  Sammlung 
anjufdjaffen.  2)er  gebotene  Staum  mürbe  ausgereicht  ljaben,  menn 
einige  weniger  mistige  Stade,  namentlich  au&  ber  älteften  Seit,  g.  93. 
9lr.  11,  20,  23,  47,  56  ufro.,  fortgeblieben  mären. 

3d)  gebe  aber  ju,  bog  ftc^  mit  3-  über  biefe  grage  ferner  redeten 
lügt;  benn  fdjließlidj  muß  e$  bem  Slutor  frei  fielen,  ftd)  bie  ©renken 
feiner  Aufgabe  felbft  $u  fefeen.  Seijen  mir  Don  ben  geäußerten 
Siebenten  ab,  fo  tonnen  mir  ber  Sammlung  uneingefd>räntte$  Cot 
jollen*  2)ie  mit  großer  Umfielt  unb  unter  ooDer  93ef>errfdjung  beS 
SRaterial*  getroffene  8u$roofjt  ber  Urfunben  ift  im  ganjen  eine  fo 
bortrefflidje,  baß  fte  ein  tieferes  (Einbringen  in  bie  Kenntnis  ber  beut« 
fdjen  *Jerfaffung8gefäid)te  be*  SRittelalter«  unb  ber  «Reujeit  geftattet. 
Q*  wirb  tünftig  möglich  fein,  aud)  bie  ©ntroidlung  folget  BerfaffungS* 


478  «itcraturbeddjt. 

inftitutionen,  bereit  Sarftetlung  ©djmierigfeit  bietet,  j.  93.  ba3  9ied)t 
bet  SPönig$mal)l,  in  ifjren  einzelnen  ißljafen  an  ber  Jpanb  ber  mitge* 
teilten  ©tücfe  $u  ftubieren.  ©eljr  richtig  ift  e3,  bajj  3-  »M*  roidjtigften 
©tücfe  bollftänbig  mit  allem  ^ube^ör  an  trafen  unb  gformalien"  gibt 
unb  fidj  nid)t  mit  einer  3ufammeuf^ttung  bieler  8u§$üge  au£  ben 
fcerfdjiebenften  ©efejjen  unb  9lftenftücfen  begnügt. 

©eljr  praftifdj  ift  bie  ©Reibung  be8  Stoffe«  in  jroei,  audj  bc* 
f onberS  fäuflidje  Steile.  Ser  erfte  umfaßt  bie  #eit  öon  $einrid)  IV. 
bis  griebridj  HL,  ber  jmeite  leil  beginnt  mit  ber  SReformgefefcgebung 
SRajimilianS  auf  bem  SBormfer  SReidjStag  öon  1495,  enthält  nod)  bie 
9if)einbunb8afte  1806  unb  in  einem  Anfang  bie  beutfdje  SBunbeSaBe 
1815  unb  bie  SBiener  ©djlufcafte  1820. 

Sag  eine  Autorität  auf  bem  ©ebiete  ber  ffibitionen  Dom  SRange 
3.3  auf  bie  ©efjanbluug  ber  SEcjtc  bie  größte  Sorgfalt  berroenben 
mürbe,  lieg  fid)  ermatten,  ©r  gibt  im  33orroort  eingeljenb  Sluffdjluji 
über  biefe  Arbeit  ber  Seytgeftaltuhg,  unb  mir  feljen,  baß  e$  ein  mü^e* 
Dolle«  ©tücf  fritifdjer  Strbcit  mar,  ba$  £.  ljter  öoübradjt  l>at.! 

Sie  einjelnen  ©tücfe  merben  in  ctyronologifdjer  {Reihenfolge  bor- 
geführt,  ©in  alpljabetifcf)e3  3nl>alt§t>erjeid)ni$  bilbet  ben  ©djlufj.  — 
Sie  auggejeidjnete  ©ammlung  mtrb,  tüte  mir  ftdjer  Ijoffen.  fidj  all 
ein  erfolgreiches  Sftittel  jur  Steubelebung  unb  görberung  ber  üerfajfung§* 
gefd)idjtlid)en  ©tubien  an  unferen  $od)fd)ulen  bemäljren. 

Sena.  Eduard  RosenthaL 

Sie  gugger  in  ffiom.  1495—1523.  Ttit  ©tubien  *ur  ©efdfi$te  beS 
ftrdjltdjen  &inanjmcfen§  jener  Seit  bon  Dr.  9Hot)3  ©djulte.  1.  öanb: 
Starfteflung.  3Rit  einer  ttidjtbrucftafel.  XI  u.  308  <5.  2.  ©anb :  Urfunben. 
Sftit  jtvet  Sidjtbrucftafeln.  XI  u.  247  <5.  Seltytg,  Wunder  &  fcumblol 
1904. 

©3  ift  ald  ein  befonberer  ©lütfgfall  für  bie  SBiffenfdjaft  }u  be* 
grüben,  menn  ein  ©eleljrter,  ber  mehrere  gorfdjungSgebiete  be^errfdjt, 
Don  benen  eineS  fdjon  bie  burdjfdjnittlidje  ßeiftung8fäl)igteit  ijinlänglid) 
ju  beschäftigen  üermag,  fid)  eineä  6toffe$  bemächtigt,  ber  nur  bei 
foldjer  Sielfeitigfeit  ber  ftenntniffe  mie  ber  SEedjnif  erfolgreich  b** 
Ijanbelt  merben  tann.  ©o  mar  ber  33erfaffer  ber  „®efd)id)te  be* 
mittelalterlichen  $anbelS",  beffen  mirtfcf>aft$gefcf)id)tlicl)e  ©tubien  jtt 
nod)  meitere  ©ebiete  umfpannen,  bor  anbem  berufen,  bie  Sätyjfeit 
ber  gugger  in  iljrer  SBerbinbung  mit  ber  römifdjen  JKrd)e  ju  erfor« 


9teformation*jeit.  479 

fd)en  unb  auf  Orunb  feiner  bewährten  (Einfielt  in  bie  IjanbetSpolitU 
fdjen  gragen  aud)  ben  Aufgaben  ber  Äirdjengeföicfcte  geredet  ju 
»erben,  bie  mit  jenen  ©clb»  unb  SRadjtfragen  eng  berquidt  ftnb. 
SJä^renb  jebod)  ber  ®f.  betont  unb  e£  in  Anlage  unb  Ausführung 
be*  SBerfcö  betätigt,  bafj  für  if>n  ba8  3ntereffe  an  ber  eigenartigen 
GnttDicflung  be&  £anbel8$aufeS  im  Sorbergrunbe  fte$t,  bürfte  btefed 
bod)  für  einen  großen  Seil  ber  Sefer  jurüdtreten  hinter  ben  als  93er* 
anlaffung  jur  beutfdjen  Sieformation  anerfannten  Vorgängen,  bie  rote 
ba*  abto&wefen  in  erfter  Sinie,  baneben  ^frünbentyanbel,  firdjlidjeS 
39efteuerungS»efen,  päpfttidje  ginan^politif  u.  ä.  ljier  nad)  i^rer  33or« 
gefdjidjte  unb  gefamten  Snt»icflung  eine  grünblidje,  quellenmäßige 
Storftettung  erfahren;  fobann  aber  erfdjeinen  befonberS  bie  im  ÜRittel* 
punft  ber  Bewegung  ftefyenben  aRainjifdjen  unb  Sttagbeburgifdjen  SBaljt* 
unb  Äbtafjangetegenljeiten  in  neuer  Äuffaffung,  fo  bafj  man,  oljne 
ben  fonftigen  reiben  3nljatt  be8  3Jud)e$  geringjufdjäljen,  biefen  9b« 
fdjnitt  bod>  at$  ben  widjtigfien  unb  berbienftlidjften  Seil  ber  Arbeit 
Ijertoor^eben  mu§.  SBaö  aujjerbem  alleS  über  bie  ©ebeutung  ber 
Sugger,  bie  ginanjgebafyrung  ber  Äurie,  ba3  fyerrfdjenbe  ©gftem  ber 
tßfrünbenbergebung,  bor  allem  in  ©ejiefjung  auf  $eutfd)lanb  unb  ben 
europäifdjen  Sorben  unb  Often  beigebracht  »irb,  tyre  Stellung  a(£ 
$äd)ter  ber  päpftlidjen  SRünje  nrie  görberung  fünftlertfc^er  ©eftre* 
bungen  in  9tam,  il)re  Sejieljungen  ju  ber  bortigen  beutfdjen  Kolonie 
unb  tyrer  fircfylidjen  Stationalftiftung,  fann  ljier  bei  ber  Sielfeitigfeit 
ber  2)inge  faum  gefheift  »erben.  SSon  einem  »eiteren  fleferfreife 
bürfte  ja  mitunter  ba8  jur  (Erläuterung  aller  biefer  33erl)ältniffe  bei« 
gebrachte  urfunblidje  SWaterial,  bad  teil«  in  reichhaltigen  Seilagen, 
teil*  in  meljr  regeftenartigen  äbfdjnitten  be£  $ejte$  niebergelegt  iftv 
ald  ein  $emmni$  bei  ber  Schüre  be«  o^neljin  energifdje  Sufmcrf* 
famfeit  erforbernben  SudjeS  empfunben  werben,  ©erabe  biefe  gälle 
»ertboUen  OueHenmaterialS  aber,  baß  burd)  ben  Urtunbenbanb 
fd)led)terbing&  nid)t  abforbiert  »erben  fonnte,  beranlafet  ju  ber  banf* 
baren  Änerfennung,  bag  nur  ein  burdj  langjährige  ardjtoalifdje 
$ra;i£  gefdjulter  gorfdjer  in  befdjränfter  &tit  eine  foldje  SWenge  Don 
ungerichtetem  Material,  »ie  e8  in  ben  römifdjen  Mrdjtoen  aufge* 
fpeid^ert  \%  fo  erfolgreich  burdjbringen  unb  ausbeuten  fo»ie  mit  bem 
einfdjlägigen  ©eftanb  ber  beutfdjen  Duellen  hinlänglich  befruchten 
lonnte,  um  überaß  ba£  Dargebotene  nadj  feiner  Sebeutung  ju  tarn* 
*eid)nen.  SWit  Stecht  Dermalst  fid)  ber  S3f.  gegen  bie  et»aige  Qu* 
mutung    einer    erfdjöpfenben    $eranjieljung    ber   lofalgefd}id)tüd)en 


480  Stteraturbertdjt 

Siteratur,  bie  ja  befonberS  für  bic  Jätigfeit  bct  Slbla&fommiffare  ljie 
unb  ba  nod)  manche  d^araftertfttfc^c  (Sinjelljett  ergeben  ^ättc,  —  boc^ 
ljat  ber  33f.  für  einzelne  mistigere  3ufammenljänge#  mie  für  ben 
Nürnberger,  ben  9lnnaberger  Slblafs  fo  grünblidjc  Slufflärung  geboten, 
bafs  man  biefe  äbfdjnitte  aö  abfdjüefeenb  bejeidjnen  mufj  — ;  ber 
SEBcrt  biefe*  zentralen  SBerfeS  beruht  aber  tjauptfüdjltd)  barauf,  bafe 
e$  ben  lanbeftgefdjidjtHdjen  ©tubien  einen  feften  ÄuSgangSpunft,  eine 
gebiegenere  ©runblage  bietet.  Sieben  biefen  red)t  bielfeitigen  Sin* 
regungen  fommen  aber  aud)  bie  für  bie  großen  f irc^enp olitif c^en 
fragen  ma&gebenben  @eftd)t$punfte  gebüf>renb  jur  ©eltung.  S)e* 
fonberd  gelungen  ift  ber  an  ber  $anb  ber  mainjifdjen  SJeridjte  au$ 
{Rom  geführte  SRactjmeiS,  bafj  ntc^t,  ttrie  man  bisher  annahm,  ttrj* 
bifdjof  9Ubred)t  jur  Decfung  feiner  abgaben  an  bie  fturie  jenen  mit 
SSeiljilfe  ber  Sugger  Vertriebenen  Slblafe  beantragt  unb  bie  fraglichen 
10  OCX)  3)ufaten  als  <ßrei$  für  bie  ©eroä&rung  be$  «blaffe«,  att  eine 
SlbfdjlagSjaljluttg  barauf  angeboten  (jat;  btelmeljr  erging  auS  bem 
Greife  ber  finanziellen  Berater  beS  SßapfteS,  natürlich  nidjt  ofpie  fein 
Sormiffen,  menn  ba$  audj  in  Slbrebe  gefteHt  mürbe  —  bie  „ fimoniftifdje" 
Sorberung  einer  neben  ber  für  ba$  SKainjer  (SrjbiStum  fälligen  2^e 
nod)  ju  jatylenben  ©ebüljr  für  bie  Beibehaltung  ber  Stifter  SKagbe* 
bürg  unb  §alberftabt  unb  jugleid)  baS  Angebot  be$  KblaffeS,  burd> 
ben  2Hbred)t  in  bie  Sage  Perfefct  »erben  fodtc,  jene  Summe  „toieber 
hereinzubringen"  (1,  140);  bie  bem  Sßapfte  borbeljaUene  §filfte 
be3  ÄblafjertragS  [teilte  ben  befonberen  33orteil  ber  Rurie  bei  biefem 
©efdjäfte  bar,  ba§  inbeffen,  rote  aus  ben  taufmännifdjen  Urfunben 
tlärlid)  nadjgeroiefen  ttrirb,  für  SUbredjt,  aud)  rein  finanziell  betraget, 
fein  gute§  ©efdjäft  mar.  SWtt  befonberer  ©efriebigung  roirb  man 
barauf  bie  im  5.  SBapitel  gebotenen  „allgemeinen  ©emerfungen  über 
bie  finanzielle  ©eite  be$  8lbta&mefenS"  (©.  176—187)  nadflefen,  bie 
fid)  feineSroegS  auf  bie  finanziellen  gragen  bef frönten,  fonbern  in 
ernfter  unb  Don  fonfeffioneller  (Sinfeitigfeit  burdjauS  freier  SBürbigung 
ber  religiöfen  unb  ftttlidjen  ^Beziehungen  biefer  Snftitution  i^re  9e* 
beutung  für  Söller  unb  Regierungen,  iljren  ©influfc  auf  ba«  8er« 
DältniS  ber  Kurte  ju  Deutfdjlanb  unb  bie  burd)  tyre  (Entartung  $er* 
Porgerufenen  SBirfungen  nadjbrücflid)  fdjilbern. 

Snbem  id)  einige  Semerfungen  ju  ben  3Rainjifd)*$9ranbenburgi* 
fdjen  33erf>anblungen  in  SRom,  bie  auS  htm  Stammen  einer  Anzeige 
heraustreten  mürben,  im  ardjib  für  9tef.*@.  1,  375  ff.  (ufammen* 
faffe,   auf  Heinere  (Ergänzungen   aber  grunbfäfelid)  berjidjte,  ba  fte 


ffleformationftfteit.  481 

leicht  bcn  (Knbrud  einet  ber  gefamten  Anlage  be8  umfaffenben  SBerfe« 
gegenüber  unbilligen  ttritif  machen  fönnten,  möchte  id)  nur  einen  bon 
Spulte  mit  bieler  SRülje  geführten  9lad)tt>ei$  nod>  etmod  berboUftän* 
bigen:  er  jeigt  ba  an  einem  bebeutfamen  Seifpiel  (1,  22—24),  meldje 
3)ienfie  bie  gugger  bei  ber  Vermittlung  ber  finanjieflen  ©ejie^ungen 
ber  fturie  ju  ben  einzelnen  Säubern  ju  leiften  Ratten:  befonbere 
Sdjmierigfeiten  roaren  natürlich  ju  überminben  bei  ber  Übermittlung 
groger  Summen,  mie  ber  bem  Ungamfönig  bon  Hlejanber  VI.  jum 
Zfirfenfriege  jugefagten  §ilf$gelber;  bie  in  ben  Jfarpatljenlänbern 
mit  ber  bort  ljerrfd>enben  ©elbmad)t  ber  Xur^oneu  eng  berbunbenen 
Sugger  mürben  bobei  mefjrfad)  in  Änfprudj  genommen.  5)ie  jmeite 
3aljre$rate  bon  1501,  ein  drittel  bon  40000  2)ufaten,  tonnen  mir 
nun  aud)  über  bie  #anb  be$  SRuntiuS  Seonino  in  SJenebig  IjinouS 
bis  ju  ben  Empfängern  berfolgen,  banf  bem  Journal  autobio- 
graphique  be$  fpäteren  ftarbinalS  Slleonber  (tyerauÄg.  bon  $.  Cmont 
in  Notices  et  extraits  des  mscr.  de  la  Biblioth.  nat.  XXXV, 
Paris  1895,  @.  9  u.  38):  ber  einunbsroanjigjäljrige  Oelefcrte  Ijatte  fid) 
bem  Bifdjof  bon  liboli  angefd>loffen,  um  bemnädrft  Sefretär  Eefare 
SorgiaS  ju  werben  (ma8  iebod)  utc^t  gefdjalj);  am  5.  3)ejember  nun 
reifte  er  bon  Senebtg  ab  nad)  dengg  an  ber  froatifdjen  Stufte,  um 
al$  ,apoftolifd>er  SRuntiuS11  13  332l/s  5)ufaten  nadj  Ungarn  ju  über« 
bringen;  am  24.  ftejember  mar  er  juriief;  aber  fdjon  am  Sage  nad) 
feinem  Huf  brudj  tyatte  er  ftd)  lv  KangoXatg  (Caprulae,  Caorle,  Äüftenort 
an  ber  Sibenja)  bei  einem  Abenteuer  mit  einer  Dalmatinerin  „bie 
feltifdje  Ar  anfielt"  geholt;  unb  wenn  alfo  aud)  bie  päpftlitfjen  (Selber 
babei  nidjt  in  2Kitleibenfdjaft  gebogen  mürben,  fo  jeigt  ber  gafl  bod) 
aud),  um  wie  biet  praltifäer  e8  mar,  bie  CBelbbermittlung  flauf* 
leuten  anjubertrauen  unb  fid)  ber  Vorteile  beö  SBed)fetoerfeI)r8  ju 
bebienen  (1,  7). 

©ei  feiner  grünbtidjen  Unterfudjung  über  bie  bon  ben  SlugS* 
burger  2)ontinifanern  $ur  görberung  iljre&  J?ird)€nbaued  betriebenen 
Äbl&ffe  Ijebt  ber  33f.  treffen*)  fjerbor,  mie  biefe  Man  eine  intereffante 
$erfönlid)feit  anfnüpfen"  (©.  161  f.):  ber  <ßrior  Solj.  gaber  (Au- 
gastanus) t)at  in  ber  $at  in  fdjicffalfcbroerfter  ©tunbe  auf  bem 
gürftentage  ju  Köln  unb  bem  5Reid)Stage  uon  SBormS  (1520  auf  1521) 
eine  roidjtigc  Wolle  in  ber  lutljerifdjen  Angelegenheit  gcfpielt,  befon* 
berS  in  ber  grage  einer  aud)  ber  SBerbammungSbuHe  gegenüber  etma 
not)  möglichen  fd)ieb3rid)terlid)en  ©ntfdjeibung :  aber  mit  feinem  SBer* 
^ftftnid  ju  (£ra$mu$  unb  ber   iljm  bon  91.  $aulu$   „für  immer  ju* 

ttfrortfae  öeitfdjrift  (9t.  94)  ».  &.  «b.  LV1IL  31 


482  Sitcratutberidjt. 

getoiefenen"  3>en!fd)rift  Ijat  e$  beim  bod)  eine  nnbcrc  SBettxmMntt; 
aud)  in  feiner  ffritif  (#ift.  3a^rb.  XXV,  ©.  288.  Sit.  JRunbfdjau  1904, 
©p.  81)  Jjat  biefer  ben  öon  mir  gelieferten  SKadjtoeiS  ber  ööttigen 
ftitifttfe^en  ffoinjibcnj  ber  beljanbelten  eraSmifdjen  Hufföjje  ju  menig 
berüiffidjtigt,  bie  eS  ganj  unbenfbar  erfdjeinen  lögt,  bafe  gaber,  üon 
beffen  eigenem  ©til  Ijtnlänglidje  groben  borliegen,  in  SBiebergabe 
ber  öon  ©raSmuS  geäußerten  2lnftd)ten  ftdj  fo  ungejroungen  unb 
wortgetreu  in  beffen  HuSbrucföroeife  bewegt  Ijaben  fönnte.  (Sgl.  aud) 
#ift.  Sierteljaljrfarift  VII,  300  f.) 

(Snblid)  nodj  einen  SeroeiS  für  bie  Unentbeljrlid)teit  ber  gugger 
als  SRetaHfjänbler  (@.  191)  unb  Sieferanten  ber  päpftlldjen  9Rünje, 
aud)  nadjbem  ßeo  X.  itynen  1515  bie  $ad)tung  berfelben  endogen 
Ijatte  (@.  207  f.) :  im  SJejember  1516  fpridjt  ber  ?ßapp  fein  ©ebouern 
aud,  baß  fte  nidjt  meljr  fo  biet  JRoljfilber  einführen  mie  früher  unb 
wie  e$  jur  Prägung  unb  anberen  öffentlichen  unb  prtoaten  ®efd)äften 
benötigt  toerbe;  er  erfudjt  fte  um  reiflichere  Sieferung  unb  berijeifjt 
prompte  83eja!jlung  burdj  bie  quaestores  urbani  (Bembi  epp.  Leonis 
nom.  scr.  t.  XIII,  nr.  34.) 

»reälau.  P.  Kalkoff. 


Subtotg  HuguftuS,  Äönig  Don  ©agern,  unb  ba§  geitalter  ber  Siebet* 
geburt  ber  fünfte.  Eon  30$.  91  tp.  ®epj>.  3wette,  öermc^rte  unb  öet* 
befferte  Auflage.  SRit  jmei  ©iibniffen.  8tegen8butg,  SBetIag*anftalt  (üonn. 
<B.  3.  3Ran$).    1903.    XIV  u.  965  6. 

3m  ljoljen  ©reifenalter,  roo  anbere  löngft  mübe  bie  geber  au* 
ber  $anb  gelegt,  Ijat  ©epp  eine  jmeite  Auflage  feiner  Siograpljie 
fiubroig*  I.  erfdjeinen  laffen.  Sa,  bie  Arbeit  ift  berartig  angefdjrooQen, 
ifjr  Sljarafter  fo  beränbert,  ba&  man  Don  einer  Neuauflage  hum 
reben  fann.  Slber  aud)  mit  bem  ^Begriffe  Siograp^ie  beeft  fid)  ba* 
Sud)  nidjt,  roenn  mir  itjn  audj  im  JRanlefdjen  Sinne  faffen.  6. 
füllte  ftd^  burdj  be3  SönigS  legten  ffiunfdj  einft  ju  biefem  Serie 
berufen,  ber  ifjm  feine  eigene  geber  burdj  feinen  «Mutanten  übet» 
fenbete,  unb  ber  ©eglütfte  fjat  bann  feine  arbeit  mit  einer  Slrtifel« 
ferie  in  ber  „ÄugSburgcr  allgemeinen  geitung"  begonnen.  $a* 
©fijjenljafte  beSfelben  ift  benn  audj  bem  8ud)e  trofc  feiner  Erweiterung 
auf  faft  taufenb  ©eiten  Derblieben.  ®S  ift  fein  ®efd)idjtSroerf  im 
roiffenfdjaftlidjen  ©inne  gemefen  unb  ift  eS  aud)  jefct  nidjt  geworben, 
ffi«  feljlt  jebe  (Einheit  ber  Starftellung,  unb  ©.  tjätte  maljrlidj  beffer 


19.  Sa^unbert  483 

getan,  feine  tefcte  ßeben&arbeit  als  „(Erinnerungen*  ju  bejeidjnen. 
J)enn  im  ©runbe  mirb  nur  rein  SßerfönlidjeS  geboten,  barunter  freilidj 
biete«,  maS  für  ben  £ifhmfer  Don  bleibenbem  SBerte  ift.  @.  beratet 
auf  eine  !ritifd)e  $eranjie$ung  beS  bor^anbenen  gebructten  SRaterialS 
unb  gibt  faft  burdjroeg  perfönlid)  ©eljörte«  unb  ©efdjaute* ;  Ijatte  er 
bod)  bog  feltene  Otücf,  aÜ  ben  ®efd)el)niffen  ber  gefdjilberten  (Epoche 
nalje  ju  fein,  ^ätte  er  ftc^  nun  befdjränft  unb  feine  (Erfahrungen 
fljftematifd)  verarbeitet,  fo  Ijätte  er  fid)  ein  unfterbtidjeS  SBerbienft  er* 
Korben.  @o  aber  iß  ba&  93ud)  bor  allem  bod)  als  SRateriatien* 
fammtung  )u  bewerten.  3>enn  @.  lomtnt  auf  alle*  ju  fpredjen,  auf 
manche*  fogar  be£  öfteren,  fo  bog  e&  an  läftigen  SBiebcrljolungen  unb 
ben  fettfamften  SBiberfprüdjen  nidjt  mangelt.  (Sine  ganje  Steige  ber 
74  ßapitet  I)ütte  otjne  ©djaben  für  ba«  Sudj  unb  für  bie  SBiffen* 
fc^aft  ruljig  auSgefdjaltet  merben  fönnen,  jumal  menn  fte  fid)  auf  fo 
trivialem  SRibeau  bemegen  mie  j.  8.  ba$  Sfap.  9 :  „Satjeriföer  83icr* 
fport  nad)  allen  Säubern. M 

9tid)t  minber  tribiat,  baju  aber  mit  Ijodjgrabiger  perfönüdjcr 
©ereijtljeit  getrieben,  ftnb  bie  Kap.  21:  „Über  ©tubienmefen  unb 
rumuefen  S^ierfd)'  unb  22:  „£ie  SRündjner  $od)fd)ute."  Der  alte 
#a&  gegen  bie  „9torb(id)ter"  tritt  aud)  fjier  in  re$t  unfdjöner  Seife 
jutage.  S3on  unparteiifdjer  Abwägung  ber  33erbicnfte  ift  feine  Siebe, 
©ein  Urteil  über  Zfjierfd)  gipfelt  in  bem  ©afce:  „Sljierfdj  mar  bie 
perfonifijierte  (Eitelfett."  ©erabeju  ge^äffig  finb  feine  ÄuSlaffungen 
über  Döllinger.  (ES  foO  bem  33f.  geroifc  nidjt  bestritten  merben,  baß 
jener  mannen  intoleranten  ©djritt  getan  f)at;  bor  aüem  feine  geinb* 
feligfeit  gegen  ben  5ßl>ilofopI)en  *ßrantl  mar  ungerecht  unb  berroerflid). 
Aber  ©.  lägt  feinem  perfönlidjen  ©rolle  olle  3ügel  fliegen  unb  er* 
laubt  ftd)  Urteile  über  ben  gro&en  ©ele&rten,  bie  in  ein  emftfjafteS 
SJud)  nid)t  hineingeboren,  ©o  fagt  er  (310):  „Döttinger  mar  fein 
©fjriff,  »berfolgungSfüdjtig11,  bon  „grenjentofer  ©elbftüber^ebung" 
(316);  „fein  SBanfelmut  braute  iljn  um  allen  ffrebit."  „(Er  mar  böHig 
grmütloS  unb  eigentlich  oljne  jebe  religiöfe  Anlage"  (309).  3)iefe 
Schmähungen  gipfeln  in  bem  bcrljängniSboflen  ©afce:  «(Er  mar  eigent« 
lid)  ein  umgeftürjter  ©üdjer faften."  2)aS  fagt  alleS.  0uS  all  bem 
gebt  Ijerbor,  bog  biefeS  SBudj  aud)  als  SWaterialienfammtung  nur  mit 
größter  Sorftdjt  ju  benufcen  ift  unb  bie  bieten  mertboQen  SWadjridjteu 
ftetd  forgfältiger  Nachprüfung  bebürfen. 

£Ründ)en.  Du  Moulin-Eckart. 

31* 


484  Siteraturberidjt. 

<Ernfi  (Sbuarb  t>.  $txau\t.  (Sin  beutfdje«  ©otbatenleben.  Hu*  §inter= 
laffenen  Kriegstagebüchern  unb  Briefen  bon  1848  bi*  1866  aufammen* 
gefteüt  öon  $cbtoig  to.  ©roltnon,  geb.  ö.  Kraufe.  9Rtt  einem  Seglet 
»ort  bon  3.  ö.  SBerbu  bu  SBernoiS,  ©eneral  ber  Infanterie  g.  2).  fktttn, 
C.  6.  SRittier  &  ©o$n.    1901.    XI  u.  179  ©.    3,75  SR. 

Sie  @runblage  be$  borliegenben  2eben8bilbe$  bilben  fihriegötagc* 
bfidjer  unb  gamilienbriefe,  bie  bon  ber  Zoster  KraufeS  mit  fein« 
fußligem  SerftanbniB  für  bie  Eigenart  be$  Saterg  burdj  einen  ber* 
binbenben  lejt  jufammengeftellt  finb.  (Eine  eingeljenbe,  frifct)  unb 
lebenbig  gehaltene  ©djilberung  erfährt  in  ben  Jagebüdjern  beS  Mut* 
jungen  tjannoüerfdjen  SBolontärfabetten  unb  SeutnantS  ber  fdjletoig* 
ijolfteinifdje  Krieg  1848/49.  Über  ben  Setbjug  bon  1866,  an  bem 
Kraufe  aß  ljannoberfdjer  (Seneralfta&Soffi&ier  teilnahm,  unterrichten 
nur  einige  fpärlitf)e  gclbbrtcfc.  KraufeS  Anteil  an  ben  Serljanblungen 
in  ©otfja  am  24.  3uni,  über  bie  man  gern  näljer  aufgeflart  toäre, 
mirb  nidjt  berührt.  Sie  im  Anfange  mitgeteilte,  tum  Kraufe  ber» 
fafcte  £enlfd)rift,  meiere  bie  nad)  ber  9tnneyion  $annober8  jur  Stege« 
lung  be8  lünftigen  SBerljältniffeS  ber  fcannoberfdjen  Offiziere  nad) 
Serlin  entfanbte  Kommiffton  Witte  9cobember  1866  bem  ©rafen 
SBidmarcf  überreizte,  ift  längft  gebrueft;  neu  ift  nur  ba$  fdjmeidjel* 
Ijafte  Urteil,  baS  ber  preufcifdje  ÜRinifterpräftbent  über  biefe  Senf* 
fdjrift  fällte.  ®en  größten  Kaum  in  KraufeS  fiebenSbilb  (ca.80@.) 
nimmt  ba8  bereits  in  ber  ©djrift  „König  SBifljelm  auf  feinem  Krieg** 
juge  in  granfreidj  1870"  benufcte  KriegStagebud)  bon  1870/71  ein. 
Klar  tritt  In'er  jutage,  in  mie  borbilblidjer  SBeife  ber  in  SRottfeS 
©eneralftab  fpejiell  mit  bem  SWadjridjtemüefen  beauftragte  Kraufe  fid) 
ber  fdjroierigen  Stufgabe  entlebigte,  bie  $eereSteitung  ftetS  auf  bem 
fiaufenben  über  bie  jeweilige  Situation  beim  geinbe  ju  galten  (bgL 
®.  79,  108,  122,  132).  ?ludj  KraufeS  ©rief  an  feine  grau  bom 
24.  September  1870  gemährt  einen  Sinbticf  in  btefe  feine  lätigfeit. 
©in  befonbereS  3"tereffe  gewinnt  baS  lagebudj  burdj  feine  Seob* 
a^tungen  unb  Urteile  über  Suftänbe  unb  5ßfrfönltd^fcitcn  beS  ©ro&en 
Hauptquartier*,  bgl.  $.  99.  bie  Semerfungen  über  9Koltfe  (S.79, 112, 
121),  über  «JiSmarcf  (©.  111),  über  ben  Krieg  unb  grieben&fdjlui 
jnrifdjen  biefen  beiben  (@.  151)  —  audj  Kraufe  gehörte  &u  ben 
„Spießern"  ©.  128,  131)  —  unb  über  König  SBityelm  (@.  119). 
«lud)  ba£  fdjarfe  Urteil  über  baS  befabente  franjöfifdje  93otf  (@.  76, 
108,  165)  ift  bemerfenSroert. 

SBaS  bem  fieben  unb  Sfjarafterbilbe  KraufeS  feine  befonbere 
Klangfarbe  berieft,  ift  fein  bon  früher  Sugenb  auf  genährter  ©laube 


19.  3a$r$unbert.    fceutfdje  Sanbfäaften.  485 

ort  bie  Sutunft  eine$  unter  $reufsend  Ägtbc  geeinten  ©eutfdjlanb. 
„Deutfdje  Styr'  unb  ^crrtic^feit"  begeiftert  fdjon  ben  20  jährigen  3üng* 
Ihtg.  SSon  bem  hergebrachten  bannoberfd)en  SßartifulariSmud  ift  ftraufe 
ganj  frei.  S3  ftört  fcfcon  1848  fein  .beutle«  ©mpfinben4',  »önig 
Snifl  Vuguftö  gebrochene*  fceutfdj  ju  l)ören.  Später  f)at  er  roofjl 
ben  Serfudj  gemocht,  ftönig  ©eorgS  Urteil  über  $reufsen  unb  feine 
$eere&einrid)tungen  gfinfHg  ju  beeinffajfen,  freilief)  nur  um  eine  fjerbe 
Sbroeifung  ju  erfahren  (@.  66).  $ie  Cntroicflung  bon  1866  fjat 
Jhraufe  lange  borau8gefel)en.  3n  ben  Stieg  bon  1870/71  ift  er 
mit  ber  fixeren  guberfic^t  gebogen,  bog  nunmehr  „ber  Zag  bon 
Deutfdjlanb*  ©röfje,  eine  neue  #ra  feiner  SWiffton"  anbrechen  »erbe, 
unb  ben  18.  Januar  1871  feierte  er  alö  eine  (Erfüllung  feiner  teuer» 
ften  SBünfcfce. 

S)a§  bie  lodjter  unter  bie  ßaljl  ber  abgebrueften  ©riefe  audj 
fote^e  rein  menfößcfyen  3n$alt$  aufgenommen  $at,  gereift  bem 
ßebenöbilbe  nur  }um  Vorteil.  2)enn  gerabe  in  iljnen  jeigt  ftd)  bie 
Sielfeitigfeit  bon  JtraufeS  SRenfdjentum,  bie  3nnigfeit  unb  gartfcit 
feine«  gamilienfinn&,  ber  9teid)tum  feiner  tünftterifdjen  Anlagen  in 
feuern  Sichte.  @o  barf  ba8  SebenSbilb  ber  „l)er}lid)en  Zeitnahme" 
geroife  fein,  um  toeldje  b.  83erbl)  bu  JBernoiS  als  greunb  unb  Oenoffe 
be*  JBerftorbenen  in  feinem  ©egleitmort  no$  befonber*  toirbt. 

$annober.  Friedrich  Tbimme. 

$ift<rtf$*geograp$ifti'fiatiftif4e  ©efäretbung  ber  ©raffefcaften  $0lp 
unb  $iep£oI&  mit  ben  Änfidjten  ber  {amtlichen  ßtrdien  unb  ÄapeUen  beiber 
titraffefeaften.  «Rad)  ben  Quellen  bearbeitet  Don  $.  Oabe.  $annober, 
Äomm.*8erIag  bon  SR.  u.  $.  ©djaper.    2  ©be.    600  bjto.  660  6.    12  SR. 

©abe8  Arbeiten  legen  ein  berebteS  SeugniS  bafür  ab,  roa*  ber 
metljobifdje  Sammelfleijj  feminariftifd)  gebilbeter  Setter  für  bie  SofaU 
unb  Sßrobinjialgefdjicfye  ju  (eiften  bermag.  SSor  langen  Sauren  fdpn 
»ar  ©.  mit  einer  (Sefdjidjte  ber  ©tobt  Nienburg  unb  berfd)iebener 
fjopafdjer  ftlecfen  $erborgetreten.  3*frt  l)at  er  an  feinem  Sebenft* 
abenb  bie  gan^e  Summe  feine«  Sammelnd  unb  gorfdjend  in  einem 
&n>eibänbigen  ffierfe  niebergelegt,  ba$  in  feiner  Art  manne  ttnerfen* 
nung.berbient.  Da*  SBert  ift  in  ber  SEBeife  angelegt,  baß  ber  83f. 
$unäd)ft  eine  allgemeine  Überfielt  über  bie  heutigen  Cer&ältniffe  ber 
beiben  ©raffdjaften  unb  über  i&re  ®efcbid)te  gibt  (I,  3—135;  II, 
483—537)  unb  bann  in  fpejiellen  OrtSnadjrid>ten  afleS  ^ufammen« 
fofct,  toa*  über  bie  einjelnen  alpljabetifd)  angeorbneten  Orte  )u  er« 


486  Siferaturbericftt. 

mittein  mar.  ®.  Ijat  feine  äRüfje  gefreut,  um  Ijier  möglidjfte  Soll* 
ftänbtgfeit  ju  erzielen,  er  Ijat  beibe  ©raffdjaften  toieberljolt  burdp 
roanbert,  in  auSgebebntem  Wage  bei  Pfarrern,  Settern,  ©ntSbeftyern 
ufro.  (Erfunbigungen  eingebogen,  jaljlreidje  ?ßfarr*,  OrtS«  unb  Ämtfe 
regiftraturen  roie  audj  ba8  lanbfc^aftlic^e  9lrd)ib  ju  Nienburg  — 
warum  nid)t  aud)  ba8  fo  ergiebige  Ijannoberfdje  StaatSardjib?  — 
benufct  unb  eigentjänbig  fämtlid&e  SSirdjen  unb  Kapellen  beiber  ®raf« 
fdjaften  für  baö  SBerf  nadj  ber  SRatur  gejeidjnet.  9ludj  bie  Siterotur 
einfdjliefelid)  be8  gebrueften  UrfunbenmaterialS  ift  mit  Umfielt  nnb 
83erftänbni8  bewertet  morben.  2)afc  ber  83f.  ftdj  auf  ba£  befdjränft, 
ma8  innerhalb  feinet  ©efidjtSfreifeä  liegt,  b.  fj.  auf  bie  mel)r  äufeer* 
lidje  ^iftorifc^-geograp^if^ftatiftifc^e  ©efdjreibung  ber  beiben  ©raf* 
fd&aften,  aber  ein  tiefered  (Einbringen  in  bie  SRedjtö»  unb  Kultur* 
gefdjidjte  bermeibet,  iß  nur  anjuertennen:  gerabe  fo  §at  er  ein  $anb* 
unb  9iad)fdjlagebutf)  gefdjaffen,  ba3  nid>t  nur  für  praftifdje  Qmdt 
fe&r  brauchbar  ift,  fonbern  aud>  bem  gad)l)iftorifer  eine  breite  unb 
burdjgetjenbS  gefiederte  33afi8  für  ein  meitereS  Sorbringen  in  bif 
@efd)id)te  ber  ©raffdjaften  gemäljrt. 

#annober.  Friedrich  Thimme. 

Sttedlenburgifc&eS  Urfunbenbudj.  herausgegeben  bon  bem  $erefo  für 
SRecflenburgifäe  ©efäid)te  unb  SUtertum*funbe.  21.  ©b.  1386-1390. 
©djroertn,  S)rucf  unb  Sertrieb  ber  ©ärenfprungfdjen  §ofbud}bru<ferei  1903. 
441  unb  150  ©. 

S)er  21.  SBanb  beS  regelmäßig  fortfdjreitenben  UrfunbenroerfS  ift 
genau  in  ber  SBeife  feiner  unmittelbaren  SSorgänger  erfdjienen.  Cr 
umfaßt  bie  SRummern  11742—12  251  unb  bie  3al)re  1386-1390. 
gn  biefe  geit  fällt  ber  potitifdje  SRiebergang  SKedflenburgS  unb  ber 
SBerluft  ©cfyuebenS  burd)  bie  SRieberlage  be$  ftönigS  tllbred)t  bti 
Sljeroall  (24.  gebruar  1389).  ®r  felbft  geriet  in  bie  @efangenfd)aft 
ber  Königin  SWargarete,  bie  il)n  fed)§  Safjre  im  Xurm  $u  Sinb^olm 
feftfjielt.  ßange  SBertjanblungen  mürben  barauf  eingeleitet.  9luf  biefe 
Vorgänge  beuten  faum  irgenb  meiere  ©puren  in  ben  mitgeteilten 
mecflenburgifdjen  Urfunben  Ijin.  Deshalb  finb  Ijier  mit  Stecht  aud) 
d)ronifalifd)e  SRotijen  (9k.  12076,  12155—12157)  aufgenommen. 
SRur  bie  ©rfjebung  ber  KönigSfteuer  in  SRoftocf  (1389  Oft.  bis  1390 
gebr.)  tyängt  mit  ben  fcfyoebifdjen  SSertjältniffen  jufammen.  ffibenfo 
ift  bie  Slbmadjung  bom  26.  Sluguft  1390  über  bie  Regierung  in 
äRecflenburg   (SRr.  12224)   Veranlaßt   burd)   ben   3ug,   ben  ^erjog 


Seutföe  fianbfcftaften.  487 

3o$ann  Don  Stargarb  feinem  unglütflidjen  Steffen  )u  §ilfe  nadj 
Sdpocben  unternahm  (9?r.  12157).  ©onfi  ift  baS  (Ergebnis  biefeS 
©anbeS  für  bie  roeitere  ®efd}id)te  nid)t  erl)eblidj,  um  fo  bebeutenber 
ift  eS  für  bte  inneren  Serljältniffe  beS  SanbeS.  S)afür  finb  befon* 
berS  mistig  bie  jal)lreid)en  SMitteilungen  auS  berfdjiebenen  Stabt« 
büd^ern.  SRan  lonn  aber  babei  bie  grage  aufmerfcn,  ob  eS  nidjt 
Dot)ii)ie^en  ift,  biefe  im  3ufflnimenl)ange  jU  oetöff entließen  unb 
gefonbett  bon  bem  ttrfunbenbudje  IjerauSjugeben.  ÄnberSmo  ge* 
fc^ie^t  baS. 

3)ie  brei  fefp  auÄfüljrlidjen  ftegifter  jinb  roieber  mit  ber  ge« 
toolpiten  Sorgfalt  Dom  ?lrd)ibar  Dr.  Stuf>r,  Don  Dr.  Xedpn,  bom 
Brcftibrat  D.  SReqen  (f )  unb  ®el).ard)iDrat  Dr.  Orotefenb  angefertigt. 
SRan  tann  für  bie  große  SRülje,  bie  bamit  berbunben  mar,  nur  bant* 
bar  fein.  3n  bem  SBort-  unb  Sadjregifter  ftetft  eine  Unmenge  tum 
SRaterial. 

Stettin.  M.  Wehrmann. 

$ef$i$te  Don  Sommern,  8on  Vlartitt  ©eljrmann.  1.  Ob.:  8t* 
&ur  8tef otmation  (1523).  «ügememe  ©taatengefötcfcte  III.  ttbt. :  5)eutföe 
SanbeSgefötdjten,  herausgegeben  Don  Armin  Xtfle,  fünftes  ©erf.  ©ot$a, 
5.  Ä.  $ert$e*.   1904.   XI  u.  258  6. 

Sie  betannte  „@efd)idjte  ber  europüifdjen  Staaten",  roeldje  juerfl 
Don  beeren  unb  Ufert,  bann  bon  ©iefebredjt  herausgegeben  mürbe, 
ift  neuerbingS,  feitbem  Sampredjt  bie  SRebaftion  übernommen  l>at, 
etnerfeitS  burd)  Hufnaljmc  ber  aufcereuropäifdjen  Staatengefdjidjte, 
anberfeitS  burd)  bie  ber  beutfdjen  ßanbeSgefdjidjte  erweitert  morben. 
5)aS  borliegenbe  SBert  ift  baS  erfte,  roetdjeS  im  Stammen  ber  neuen 
Organifation  erfdjeint,  ift  aber  als  „fünftes  SBerf"  bejeidjnet,  roeil, 
abgefeljen  bon  ben  @efd)id)ten  größerer  beutfdjer  Staaten,  bie  in  bie 
alte  Sammlung  aufgenommen  ftnb,  bereits  bier  (anbeSgefrf)id)tlid)e 
DarfleQungen  als  Sforoßarien  ju  ber  alten  Sammlung  herausgegeben 
waren.  SRit  Siecht  bemerft  litte,  meinem  bie  fpe^iede  ßeitung  biefer 
Serie  übertragen  ift,  in  einem  ©orroort,  ha%  baS  ©ebürfniS  nad) 
folgen  Jtorftettungen,  bie  auf  bem  ©oben  ber  neueren  fritifdjen 
gorfdjung  fte&en  unb  fidj  nidjt  nur  toefentltd)  auf  bie  {Regenten* 
gefd)id}te  bejieljen,  tute  meift  bie  früheren  ßanbeSgefdjidjten,  redjt 
lebhaft  geworben  ift:  „SBeitere  ftreife  motten  JtenntniS  baoon  nehmen, 
roaS  bie  gorfdjung  ermittelt  $at,  jumal  feitbem  bie  gorberung,  bie 
^eimifdje  (Sefc^ic^te  audj  im  Unterricht  mef)r  &u  berütfftdjtigen,  leb« 


488  Siteraturberidjt. 

Ijafter  erhoben  roorben  ift,  unb  ber  ffiinjetforfdjer  im  fianbe  tote  ber 
SSertreter  ber  allgemeinen  ©cfdjidjte  emppnbet  eS  täglich  aß  SRangel, 
baß  er  ftd)  nirf)t  rafd)  unb  $uöerläffig  über  Vorgänge  unb  6reigmffe 
au8  ber  ßanbeSgefd&id&te  ju  unterrichten  oermag. "  3n  ber  Xat  % 
mie  idj  in  einem  Äuffafc  in  ben  „$ommerfd)en  3al)rbüdjern"  (9b.  1 
1900)  bargelegt  ljabe,  bie  $eimat*  unb  ßanbeSfunbe  neuerbing* 
immer  meljr  a(8  integrierenber  Zeil  be8  @efd}id)t$unterricl)t$  aud)  in 
ben  weiten  Sereid)  ber  33olf$fd)ulen  aufgenommen;  eS  ftnb  mefa» 
fadj  $anbbüd)er  für  biefen  Unterricht  erfd)ienen,  meldte  bie  ©efdjtdjte 
einzelner  Sanbeäteile  ober  Stäbte  im  2tnfdjlu|  an  bie  allgemeine 
beutle  ©efdjidjte  beljanbeln,  fei  eS  in  felbftänbigen  Siebenten,  nie 
in  ber  „QDeutfdjen  ©efdjidjte  für  ©djule  unb  §au£"  oon  Stecflenburg 
unb  SBeiganb  (Sertag  oon  Karl  SNetyer  in  §annober)  unb  in  ber 
„Saterlänbifdjen  @efdjid)te"  Don  groning  unb  SBetoer  (SSerlag  öon 
ffimil  ©el)renb  in  SBieSbaben),  ober  in  Anfängen,  rote  in  bem  „£e(r* 
budj  ber  ©efdjidjte"  oon  ©töcfel  unb  Ullridj  (®.  granfcfdjer  Serhg 
in  Wunden  unb  Seipjig)  u.  a. ;  gerabe  für  bie  Serfaffer  foldjer  Seit» 
fabeu,  meldje  ben  roeiteften  greifen  be£  Statte*  bienen  folten,  mie 
aud)  für  bie  Sel)rer,  bie  ben  Unterricht  ju  erteilen  fjaben,  ift  eS  toon 
größtem  Söcrte,  ftdj  auf  roiffenfdjafttidje  ffierte  erfterfjanb  ftü^en  ju 
tonnen,  bie  ben  «Stoff  juberläfftg  unb  in  teidjt  jugftnglidjer,  gebrun* 
gener  §orm  barbieten. 

$a£  borliegenbe  SBert  oon  SBetjrmann,  einem  ber  bew&tjrteften, 
grünblidtften  Senner  ber  pommerfdjen  ©efdjidjte,  entfprid)t  biefem 
öebürfniffe  um  fo  met)r,  ba  eS  an  einer  folgen  Storftetlung  biefer 
©efdjidjte,  rote  mir  fie  eben  d)aratterifiert  Ijaben,  bisher  fetjtt.  Komment 
l)at  ja  lange  3al)rt)unberte  red)t  abfeitS  bon  ber  centralen  Cntroidlraifl 
$eutfd)Ianb$  geftanben  unb  toenig  in  biefe  eingegriffen,  fo  bafe  ei 
bie  Sufmertfamtett  ber  allgemeinen  ®efd)id)tfd)reibung  in  nur  fe&r 
geringem  SRaße  auf  ftd)  gebogen  ljat,  unb  bie  totalen  Duellen  fliegen 
ljier  fpärlidjer  a(8  meift  in  ben  übrigen  bcutfdjen  flanben.  8u$ 
entbehrt  bie  ©efdjidjte  be$  ßanbeS  burdjtoeg  ber  einheitlichen,  großen 
ßüge,  toeldje  ba8  gntereffe  äufcerlidj  anjiel)en.  Um  Saljtfjunberte 
fpäter  in  ba3  Sidjt  ber  Überlieferung  unb  in  bie  beutfdje  ffultnr 
eintretend  l)at  fßommem  bie  Ijeroifdje  (Spodje  be$  früheren  Kittel* 
altera  taum  mit  erlebt,  unb  aud)  weiterhin  mangeln  feinen  $errfd)eni 
meift  einheitliche,  fefte,  bebeutenbe  8'\eU.  2)er  einzige  gaben,  ber 
allenfalls  ju  Verfölgen  ift,  n&mlid)  ba8  Streben  nadj  SReid)8unmütel* 
barteit  befonber*  gegenüber  ©ranbenburgS  fefjn$l)errlidjen  Hnfprü$en, 


$eutf$e  Sanbfäaften.  489 

$A(t  audj  ittdjt  immer  bie  5ßotttif  jufammen.  Srft  am  Glnbe  be* 
Mittelalters  fefet  bie  lanbe*$errlidje  Äonjentration  l)ier  ein,  roeldje 
anbenofirt*  fo  Oiel  früher  beginnt. 

Sem  Darftetter  ermadtfen  aud  aDebem  befonbere  ©djmierig* 
leiten,  aber  SB.  l)at  fte  mit  glücflid^r  $anb  fiberrounben.  (Er  meig 
burd)  jroetfmäjiige  Olieberung  be8  Stoffe«  bie  §auptpl>afen  ber  (foit* 
lonRung  fräftig  IjerauSjuIjeben  unb  fü^rt  ben  Sefer,  ofcne  ftc^  in  ba* 
Detail  ju  berlieren,  getieft  burd)  bie  jerfplitterten,  emig  roed)felnben 
Bedienungen  ber  bor*  unb  Ijinterpommerfdjen  #erjöge  jueinanber, 
&n  ben  norbifdjen  Steigen,  ju  ber  $anfa,  ju  9Recflenburg,  Sranben« 
bürg,  $olen,  bem  Deutföorben  ljinburdj.  3n  einzelnen  Kbfdjnitten 
ftnb  borjuggroeife  bie  inneren  8erl)&Itniffe,  namentlich  aud}  ber  Stübte, 
bargelegt.  SBaS  über  bie  Urjcit  befannt  ift,  fteüt  SB.  mit  borfttyiger 
3urüdf>altung  jufammen  unb  ebenfo  bie  erften  gefdjidjtlidjen  ©e* 
gebenlpiten.  Den  SBuft  bon  Sagen,  ber  fidj  um  bie  $orgefd)id)te 
gekauft  unb  burd)  bie  beljerrfdjenben  graniten  beS  16.  3al)rf)unbertd 
bid  in  bie  neuere  Seit  fortgefd)leppt  $at,  befeitigt  ber  SSf.  mit  ber 
fdpärfften  Konfequenj,  unb  aud)  weiterhin  fetyen  mir  tyn  überall  auf 
ber  SSadjt  gegen  jebe  Iofalpatriotiföe  Huäfdjreitung  unb  Übertreibung 
—  bieHeidjt  ju  rigoroS,  infofem  er  biefer  ober  jener  Ijübfdjen  dt* 
jttljlung  als  HuSbrud  ber  SSolfSftimmung  unb  *trabition  roojjl  fjätte 
Kaum  gönnen  tonnen,  bod)  mag  er  gemeint  f)aben,  ba§  alle  foldje 
SBudperblumen  gan)  ausgetilgt  werben  müßten,  um  nidjt  roteber  um 
ftcf)  ju  greifen  unb  für  geföidjtlid)  angefe^en  ju  merben.  3m 
3ntereffe  leichterer  Orientierung  unb  Beranfdjaulidmng  märe  e$  ju 
»finfdjen,  baß  833.  irgenbmo  eine  nod)  fo  furje  geograpl)ifdj*potttifd)e 
Überfielt  über  bie  berfdjiebenen  Sanbfd>aft$*  unb  #errfd)aft$gebiete 
in  unb  um  $ommem  gegeben  fjtitte,  meiere  im  Saufe  ber  Darftettung 
auftauten,  otpte  bem  Sefer  näljer  bejcidpiet  ju  merben.  §at  er  bodj 
bie  Verteilung  ber  berfdjiebenen  ffabifdjen  8$ölferfd)aften,  meiere  jur 
SBenbenjeit  in  ©etrad)t  fommen,  in  U^tboUer  Seife  bargelegt.  Der 
©influfj  ber  geograp^ifdjen  Sage  auf  bie  berfdjiebenen  Bedungen 
Cor*  unb  $interpommernS  fjätte  bielleidjt  audj  burdjroeg  ftätfer 
^erborge^oben  merben  mögen. 

3n  be*  (Einleitung  gibt  8B.  einen  fe$r  nüfelirfpn  Übetblicf  über 
bie  Duellen  unb  Bearbeitungen  ber  pommerfdjen  ©efdjidjte.  Dem 
SBunfdje,  ben  er  im  Borroorte  auäfpridjt,  ed  möge  fo  mandje  Sude 
in  Cbition  unb  fjorfdjung  namentlich  auf  bem  ©ebiet  ber  inneren 
8erf>fittniffe  in  Sanb  unb  ©tobten  balb  aufgefüllt  merben,  mirb  man 


490  £tteraturberid)t. 

fid)  lebhaft  anfdjliejjen  unb  toirb  Raffen  bürfen,  bafs  bad  üorliegenbe 
SBerf,  roeldjeS  felbft  fdjon  Piel  baju  beiträgt,  in  biefer  $htftd)t  red}t 
onregenb  ttrirfe.  SMödjte  namentlid)  au$  ba$  baljin  gerichtete  Streben 
ber  beiben  ^tftortfd^en  ßanbeSöereine,  ber  „Oefettfdjaft  für  pommer* 
fc^e  ©efd)id>te  unb  SUtertumSfunbe"  in  Stettin  unb  beS  neuerbingS 
baöon  abgeneigten  „SRügifc^^ommerfd^enOefc^ic^tgöeretiiS*  inOreijfc 
malb*@tralfunb  ebenfo  fräftige  Unterftüfcung  burdj  bie  Sßrobinj  unb 
bie  {Regierung  erhalten,  wie  e8  in  anberen  ?ßrobinjen  unfereS  Staate 
ber  5nfl  ift!  ©übet  bod),  tt>ie  in  einer  SRefolution  beS  ©efamt* 
PereinS  ber  beutfdjen  ©efdjidjtS*  unb  ältertum&pereine  auf  ber  ©enerol* 
Perfammlung  1897  treffenb  auSgef prodjen  ift,  bie  fienntniS  ber  ®e* 
fdjidjte  ber  §eimat  bie  SBorauSfefcung  für  ba$  ©efüljl  ber  gugeljörig* 
feit  jum  ©taatSganjen. 

®reif$iDalb.  E.  Bernheim. 

SßormnerfdjeS  Urtunbenbud).  $erau$gegeben  öom  Ägl.  ©taatÄardjto  gu 
Stettin.  Stettin,  $.  Eiefaminer.  S3b.  4,  2.  ttbt.  bearbeitet  Don  öeorg 
»intet.  VI  u.  257  6.    $b.  5,  1.  «bt.  bearbeitet  t>on  Dito  gehtamnra. 

288  6. 

Die  öorläufigcn  gortfefcungen  bed  ?ßommerfdjen  Urfunbenbudpt 
umfaffen  in  300  bjm.  400  SRummern  bie  3a^re  1307  bi*  1310  bjro. 
1316  inftufiPe.  2)er  93anb  4,  2.  8lbt.  beljanbelt  eine  Seit,  bie  nur  für 
Dftpommern  ffireigniffe  Pon  größerer  ©ebeutung  mit  fidj  braute, 
übrigens  audj  bter  meift  auf  frieblidjem  SBege;  nur  einmal  fpiegeln 
fid)  fricgerifdje  ffintfdjeibuugen  jnrifdjen  Sommern,  ber  SMarf  unb 
Sfammin  roiber.  2)er  Umftanb,  bafc  in  tiefe  geit  ber  Job  §erjog 
33ogi8lan>$  IV.  fällt,  madjt  fid)  an  ber  großen  Qcfyl  ber  IranSfumpte 
bemerfbar,  benn  au$  bie  Pon  feinem  ©ruber  Otto  ausgefeilten  SReu* 
beftötigungen  röerben  junt  Seil  burdj  ben  SRegierung3toed)fel  mit  bei* 
anlagt  fein.  $afs  biefe  möglidjft  Inapp  gehalten  finb,  ift  ju  billigen, 
Pielleidjt  tjätte  Ijier  aud)  eine  fummarifd)e  Slufaäfjtung  genügt;  anber* 
feitS  roirb  man  fid)  faum  mit  ber  2luffaffung  SBinterS  bejüglid)  ber 
Originalität  Pon  5Rr.  2431  unb  2432  befreunben  fönnen;  beibe  ©lüde 
finb,  roie  i§re  ©orlagen,  entfdjieben  gälfdjungen.  Sgl.  ba)u  meine 
©emerfungen  äRonatSbl.  pom.  ®efdj.  1903  Dir.  10  unb  11. 

06  bie  erhaltenen  Diplome  ljier  oüe  Perjcicfynet  finb,  lägt  fid) 
bigfjer  nidjt  überfein;  SBeljrmann,  ber  hierin  in  erfter  ßinie  fompetent 
ift,  madjt  in  biefer  §infid)t  feine  ©orbefjalte.  8lud)  ber  2>rucf,  fcin« 
ftdjtlid)  ber  ©djreibroeifc  S8eiafätfer3  ©ntnbfäfren  folgend  unter  3RH* 


S)etttfdje  ßanbfäaften.  491 

tylfe  Don  $etnemann  übermalt,  madjt  roefentlidj  ben  (gtnbrucf  ber 
ftorre&ljeit;  einige  (teine  §tüdjtigfeiten  in  ftopf angaben  unb  Quellen» 
jitaten  tun  bem  geringen  Hbbrudj.  dagegen  l)at  man  md)t  mit  Un* 
redjt  bie  ftürje  unb  teilroeife  Ungenauigleit  ber  flftegeften,  bie  in  biefer 
gorm  menig  nüfcen,  mijjfätttg  beobachtet;  e£  fefjlt  ba  au$  äugen« 
fdjeinlid)  an  einem  bcftimmten  ?ßrinjip,  ein  äRifeftanb,  ber  freiließ 
audj  roor/l  fonft  in  ben  UrfunbenauSgabcn  bemertbar  ift.  SSoDenbS 
unzulänglich  ift  ba$  9tegifter;  eS  jieljt  angeblich  ©ad)«,  $erfonen* 
unb  OrtSregifter  jufammen,  unb  ba3  fyat  $ier  roofjl  feine  ftidjljattige 
©egrünbung,  aber  (eiber  ift  Don  Aufführung  ber  „©adjen"  in  9Birf= 
(tcfyfeit  nid)td  bemertbar,  leiblich  brauchbar  ift  ba«  Sßerfonenregifter 
troj)  mancher  Surfen,  j.  39.  fe^lt  in  9fr.  2554  Henning  D.  ©tegelifr, 
in  2561  $.  D.  Sßafulent,  2566  SR.  D.  98ad)oli  ufro.,  aber  nun  gar 
ba*  DrtSberjeidjniS !  3n  einer  einjigen  Urfunbe  (9fr.  2411)  ftnb 
ein  Duftenb  ganj  unglaublicher  geiler;  roie  fann  man  ba$  Dorf 
©oltin  für  ©olbin  erflären  ober  in  9fr.  2566,  nodj  baju  im  SRegeft, 
Damgur  (b.  Ij.  Damgarbt)  für  bie  ©tabt  Damgarten?  —  Daß  fomtt 
baSÄegifter  faft  unbrauchbar  ift  fielet  feft.  Snbeffen  barf  man  bem 
8f.  bie  ©dnilb  baran  nid)t  ganj  aufbürben;  er  ift  mitten  au£  ber 
Scrtigfteflung  be$  SBerfeS  in  einen  anberen  SBirfungSfreiS  gefeftt 
roorben,  ber  if)m  Seit  unb  $ilfdmitte(  entzog ,  leiber  ein  IXnftem,  ber 
burd)  bie  ?lrd)ibpra$i$,  roie  fte  bad  ^ntereffe  be£  Dienfte*  mitbringt, 
ftd)  immer  Don  neuem  gcrabe  auf  bem  ©ebtete  ber  Urlunbenpubli« 
farionen  ferner  fühlbar  machen  muß. 

Die  erfte  Abteilung  be$  5.  99anbe8  fü^rt  und  in  bie  friegertföe 
3eit  Don  SKarfgraf  SBalbemarS  «ßeinfcerrfdjaft,  bie  fiel)  ljier  in  jaf)l' 
reidjen  Urfunben  ttriberfpiegelt;  bennod)  liegt  aud)  fjier  baS  ©djroer* 
gemixt  auf  fulturgefdjidjttidjem  ©ebiete;  man  beachte  nur  9fr.  2918, 
roorin  und  ein  #ebung3regifter  aud  allen  Dörfern  beS  gürftentumft 
Rügen  borliegt,  äfjnlic^  9fr.  2764  (9lonnent(ofter  in  Stettin).  SBa* 
bie  SoQftönbigleit  anlangt,  fo  ift  mir  ba«  gelten  eine*  JRegefteä  be* 
ju  ffotbafc  gehörigen  #immelftäbt  jum  3al)re  1314  unb  einer  Ur* 
funbe  betreff«  ©ottberg  (Urfunbenbucfc  b.  SBebel  II,  1,  66)  jum  Saljre 
1313  aufgefallen.  »ttyiggefteHt  finb  in  9fr.  2671  unb  2696  bie 
Daten  bjro.  audj  ber  «u$fteliung«ort.  SBaS  foli  in  9fr.  2767  bie 
Hnmerfung  bejüglid)  be*  ©loteto?  (Sr  ift  alter  märtifdjer  Sßroto* 
notar.  3n  9fr.  2671  Dermi&t  man  bie  Angabe,  ob  bad  Dorliegenbe 
Original  als  Satyr  ber  ©rünbung  Don  ©targarb  1243  ober  1253  nennt. 
Die  Wegeften  erfdjeinen  mir  audj  $ier  no$  reidjtid)  fnapp,  aber  bodj 


492  ßiteraturberlcftt. 

forreft;  in  3lx.  2988  tft  fiatt  ©erwarb  IV.  ©.  III.,  ber  gro&e  »et* 
fjarb,  gemeint.  S)aS  Stegifter  ift  erft  nad)  bem  2.  §albbanbe  ju  er* 
»arten;  bie  Sorgfalt  bed  8f.  bürgt  für  beffen  ®üte,  unb  feine  jefcige 
Stellung  lögt  und  aud)  bie  fernere  gortfefcung  erhoffen. 

Stettin.  van  Niessen. 

3>er  S)eutf<$e  Orben  unb  Äonrab  bon  SRafobien  1225—1286.  $on 
Dr.  »4>}cied)  b.  tfetrz^nSfi.    Seinberg  1904.    188  @.    5  3R. 

Gin  (Erzeugnis  einfeitigfter  nationalen  Voreingenommenheit  ift 
(eiber  btcfc  neuefte  ©djrift  eineS  polnifdjen  ©elefjrten  unb  gorfdjert, 
üon  meinem  eine  ftattlidje  Anzahl  ftreng  miffenfdjaftlidjer  arbeiten 
borliegt,  Dr.  SBojciedj  b.  Uetrzl)n$ti$,  be3  SMreftorS  bed  DffolinSfifdjen 
3nftitut3  in  ßemberg,  bie  etmaS  ermetterte  beutfdje  Umarbeitung  einer 
im  borigen  Saljrc  erfdjienenen  ffrafauer  Sfabemieabfjanblung.  Unb 
fo  unberfjüDt  tritt  bie  (Einfeitigteit  fcerbor,  baß  man  zweifelhaft  wer- 
ben fönnte,  ob  fjier  mirflidj  eine  emftlid)e  ©efpredjung  angebracht  ift; 
aber  ©d>meigen  mürbe  natürlidj  al$  baS  ©ngeftänbniä  ber  Unmiber* 
leglidjfeit,  al$  ftittc  ßuftimmung  aufgelegt  merben,  fo  bag  aud)  jebe 
perfönlic^e  SRücffidjtnaljme  )urücfgebröngt  merben  muß.  $a  befannt» 
lid)  unfere  Kenntnis  üon  bem  für  geroötjnltdj  als  bie  ^Berufung  be* 
fceutfdjen  OrbenS  nadj  Sßreufcen  bezeichneten  Zatfadjenzufammenljange, 
meit  bie  fdjriftflellerifdjen  Aufzeichnungen  barüber  erft  fpäterer  fttit 
angehören,  lebiglid)  auf  urfunblid)er  Überlieferung  beruht,  fo  tdnnte 
man  leicht  meinen,  bag  bie  fritijdje  Unterfudjung  barüber  ^öc^ft  ein* 
facr)  fein  müßte.  3"m  Unglücf  aber  ift  bon  ben  etnfdjlagenben  ttr* 
funben  nur  ber  Heinere  Zeil  in  unanfechtbaren  Originalen  erhalten, 
bon  ben  adermeiften  bagegen  ftnb  nur  Slbfdjriften  borljanben,  feien  e£ 
gleichzeitige  ober  jüngere,  feien  e$  amtliche  ober  anbere,  fo  baß  roeit* 
geljenber  Jfritif  Zur  unb  Zor  geöffnet  ift,  mofür  ja  fd)on  bie  idf)U 
lofen  Hbl)anbfungen  über  ben  ©egenftanb  ben  befxen  SJemeiS  liefern. 
$ier  fcfet  nun  bed  SSf-  Huffaffung  unb  SrbeitSmeife  ein.  gebe  ganze 
Urfunbe,  jebe  einzelne  ©enbung  in  einer  Urfunbe,  welche  feiner  — 
tdj  muß  eS  bodj  unummunben  au8fpred)en  —  bon  bornljeretn  bor» 
gefaßten  SWeinung,  bem,  mad  er  bemeifen  ttrifl,  miberfprid)t  ober  aud) 
nur  anberS  aufgelegt  merben  tonnte,  mirb  einfad)  für  unedjt,  für  ge* 
fälfdjt  ober  untergefdjoben  erflärt;  geljt  er  bod)  fo  toeit,  baß  er  bie 
faiferlid)e  ©djentungSbuüe  über  ftulmerlanb  unb  Preußen  t)om  SRäq 
1226  für  ein  etmaS  fpätereS,  ber  faiferlidjen  Kanzlei  burd)  Oefte^ung 
abgewonnenes  9Rad)mcrf  auszugeben  magt.    Huf  biefe  8rt  ift  bann 


fceutfdje  ßanbfc&aften.  493 

freiließ  aQet  ju  beroeifen,  toat  bemiefen  roerben  fofl:  l)ier  in  ber 
$auptfad)e,  baß  ber  ©eutfdje  Drben  ben  bauernben  Befifr  bet  iljm  nur 
jur  (Eroberung  für  bie  fßolen  übertragenen  fjeibnifdjen  ^ßreu&enlanbet 
allein  burd)  ben  fdjlimmften  Zreubrud)  fron  bem  arglofen  3Rafobier* 
(er^og  ftonrab  ju  erringen  genwfet  ljätte,  ganj  fo  tote  bie  ffiitter  fd)on 
tarier  im  Surjenlanbe  bem  Ungarntönige  gegenüber  aufgetreten  mären; 
unb  roaS  nun  babei  f>erautgefommen  ift,  eine  tritifdje,  burcfoioeg  roiffen* 
fdpaftlidje  Arbeit  iß  et  eben  nidjt.  Huf  (futietyeiten,  fo  leidet  an« 
fed)tbar  ade  auf  ben  Sem  bezüglichen  HuffteOungen  ftnb,  einzugeben, 
ift  Ijier  nidjt  ber  Ort,  nur  etroat  Hdgemetneret  mödjte  idj  nid)t  un* 
beamtet  (äffen,  dreierlei  fat  ber  SSf.  überfein:  bajt  in  ber  $olitif 
bie  bürgerliche  9Rorat  feine  ©tatt  l)at,  nidjt  bloß  bei  aOen  anberen 
»öltern  unb  Staaten,  fobalb  fte  ftd)  auf  bat  ©ebiet  ber  $o!ttif  be* 
geben,  fonbern  nid)t  toeniger  aud)  bei  ben  „bertrauent feiigen  ©latoen", 
unb  bafe  „Urfunbenfälf jungen"  im  Mittelalter  überall  in  übergro&er 
9ht}al)l  toorgetommen  ftnb,  ebenfogut  bei  ben  Sßolen  tote  bei  aßen 
tyren  roefttidjen  Siadjbarn  unb  itidjt  ettoa  blo&,  wie  et  föeincn  tonnte, 
bei  ben  „getoiffenlofen",  überatt  auf  „Setrug  unb  Senat*  autgetpn* 
ben  ßreujrittern.  —  Die  fjin  unb  roieber,  befonbert  aber  im  ©d}lufj« 
roort  beliebte,  gelinbe  gefagt:  pampljletartige  Hutbrudttoeife  bleibt 
am  beften  unbeachtet.  —  S)af$  ber  S3f.,  ber  fid)  burd)  feine  früheren 
arbeiten  auf  eine  bebeutenbe  $öf)e  roijfenfdjaftlidjer  gorfdjung  unb 
Sebeutung  aufgefdjroungen  ljatte,  nun  julefct,  oon  nationaler  93er« 
blenbung  herleitet,  fo  tief  l)at  fjinabfteigen  tonnen,  Ijat  gerabe  mid> 
auft  fdjmerjlidrfte  berühren  muffen;  bie  nad)  Sinfenbung  biefer  3^len 
erfebtenenen  polnifdjen  unb  ungarifdjen  guftimtnungen  tonnen  meine 
Suffaffung  nidjt  finbern. 

ftönigtberg  i.  Sßr.  K.  Lohmeyer. 

gtoei  Äämmeretregifter  ber  Statt  9Wga.  Sin  Beitrag  jur  beulten 
©trtfdjafttgefd>td)te.  herausgegeben  Pon  tUsgstft  *.  Jöulmertncq.  fieipjig, 
Stander  &  fcmnblot    1902.   XI  u.  279  6.    6,40  9t. 

$u  ben  mannigfachen  Veröffentlichungen  Don  Sttenmateriat  aut 
ben  füb*  unb  roeftbeutfdjcn  ©tabtberroaltungen,  bie  im  Saufe  bet 
legten  3af>r$ei)ntet  bie  ©runblagen  ber  roirtfdjaftt*  unb  oenoaltungt* 
gefd)id)tlid)en  gorftying  fo  roefentlidj  verbreitert  l)aben,  tritt  in  bem 
oorliegenben  ©anbe  ein  Seitrag  äljnlidjer  Hrt,  ber  fid)  auf  ben 
äu&erften  Offen  bet  beutfdjcn  »oloniallanbet  bejie^t.  3)er  $eraut* 
geber  beljanbelt  mit  Diel  ©rünbüdjteit  bie  Äutgabe*  unb  (Einnahme« 


494  Siteraturbertdjt. 

rcgifter  feiner  Saterftabt  für  bie  Saljre  1514—1516  unb  1555/56, 
tnbem  er  nad)  ber  üblichen  (Erörterung  ber  äußeren  SJefdjoffenljeit 
unb  inneren  (Einrichtung  ber  $anbfd)riften,  ber  (EbitionSgrunbfäfoe 
fomie  ber  Drbnung  ber  Stigifdjen  ginanjberwaltung  junäc&ft  ben 
Jejt  ber  SRegifter  abbrucft  unb  bann  in  einer  forgfamen  ^Bearbeitung 
beS  gegebenen  SRofjmaterialS  bie  Derfdjiebenen  Arten  ber  Sudgaben 
unb  (Einnahmen  bis  in  bie  ©n$elpoften  hinein  in  überfidjtlidjen  Sa* 
bellen  ber  bequemen  Senufeung  erfdjliefet.  Am  ©nbe  werben  nod)  in 
einer  befonberen  Seilage  einige  ÄatSöerorbnungen  unb  anbere  Sitten 
jur  ©tabtbermaltung  mitgeteilt.  Hüem  Änfdjein  nad)  wirb  biefe 
$ublifation  nitfjt  gerabe  jur  üuffteOung  neuer  bermaltungS*  ober 
berfaffungSgefdjidjtlidjer  ©eftc^tdpunfte  Änlafc  geben;  iljre  ©ebeutung 
wirb  öielmetjr  barin  befielen,  baß  fie  ber  wiytfd}aftSgefdjid)tlid}en 
gorfdjung  ein  wertvolles  unb  umfangreiches  Material  an  Sflotijen 
betreffe  ber  Arbeitslöhne,  SBarenpreife  u.  bgl.  m.  jur  Verfügung 
ftedt.  3^r  SBert  mürbe  fid)  DorauSfidjtlid)  in  biefer  Stiftung  nodj 
wefentlid)  erfreu,  wenn  eS  bem  Herausgeber  möglidj  wäre,  bie  in 
jiemlid)er  HuSbeljnung  üorljanbenen  JRigtfdjen  fiämmereUJRegtfier  auS 
bem  14.  unb  15.  3af}rl)unbert,  bon  benen  bisher  nur  bürftige  ÄuS* 
jüge  befannt  geworben  finb,  gleichfalls  adgemein  gugänglid)  ju 
machen. 

®r.*ßid)terfelbe.  J.  Härtung. 

$ie  dinfüljrung  ber  beutfdjen  fceraogSgefdjledjter  ÄärntenS  in  ben 
flouenifäen  ©tatmneSberbanb.  Sin  Seitrag  jur  ffledjtS*  unb  Jhiltut* 
gefdjidjte  Don  Dr.  jur.  Smtl  ©olbmattn.  (Unterfu^ungen  jur  beutfdjen 
©taatS*  unb  föedjtSgefdjUte,  herausgegeben  öon  Otto  Vierte.  68.  $eft.) 
©reSlau,  »erlag  öon  SR.  u.  §.  SRarcuS.    1903.    Xn  u.  247  6. 

3)er  S3f-  berfudjt  eine  Don  ben  bisherigen  Deutungen  ganj  ab» 
weidjenbe  ffirflärung  für  baS  befannte  fonberbare  3eremonie0  bei  ber 
ffihtfefeung  ber  färntmfd)en  ^erjage  ju  geben.  SBäljrenb  bie  bisherige 
gorfdjung  ben  Wt  am  gürftenftein  atS  #erjogSeinfe|jung,  ben 
am  fterjogSftuljl  als  $utbigung  auffaßte,  betont  Oolbmann  auf 
©runb  einer  ©teile  3o$annS  ö.  Siftring  (VI,  3),  bog  baS  SRoment 
ber  #errfd)aftSübertragung  öielmeljr  in  bie  Vorgänge  bei  biefem  ju 
berlegen  fei,  mäfjrenb  für  bie  Simonie  am  gürftenftein,  bei  ber 
angeblid)  ber  ©erjog  feineSwegS  als  $errfd)er  erfdjeine,  eine  anbere 
ffirfiärung  gefunben  werben  muffe,  allein  bie  Interpretation  jener 
©teile  ift  unrichtig.    SIS  SorauSfeJjung  beS  »concedere  feoda  vel 


öfterrei«.  495 

iudicia  exercerec  b.  t).  eben  bed  Sifcend  auf  bem  $erjogdftuljl,  fü^rt 
ber  96t  bon  Sittring  eine  feierliche  (Knfefrung  bed  #erjogd  »super 
8edem  suamc  an.  »Sedem  suam«  tann  atfo  nur  auf  ben  Surften« 
flein  belogen  merben.  9iur  $ier  tann  aud)  bie  eigentliche  $errfd>aftd- 
Übertragung  ftattgefunben  baben.  3ft  fo  fdjon  bie  erfte  ?ßrümiffe 
®.d  febr  anfechtbar,  f o  mu&  bie  jmeite,  bafs  ber  gürftenftein,  tote  ®. 
fytuptfäd)(id)  aud  fpäten  bilblidjen  Darfieüungen  ber  Qtxtmonit  aud 
beut  17.  3aljrl)unbert  fcbltefjen  $u  muffen  glaubt,  urfprünglidj  lifdj* 
form  gebabt  bobe,  um  fo  e&er  abgelehnt  merben.  33on  biefen  burcfc 
aui  unbemiefenen  SBoraudfefoungen  audge^enb  erflftrt  ber  Sf.  ben 
gürftenftein  für  einen  IjeibnifdHlaütfdJen  Sfdjaltar,  bie  Qtxmonit 
an  biefem  aber  ald  urfprünglid)  fa traten  8tt,  ber,  an  einer  Ijer* 
porragenben  ftultfttitte  ber  Ijeibnifdjen  Slowenen  vorgenommen,  ben 
3mecf  gehabt  l)abe,  ben  ftammfremben  beutfdjen  #errfd)er  in  ben 
flooenifdjen  SSoltdöerbanb  einzuführen.  3)ie  beutfrf)en  $erjoge  Ratten 
ftd)  biefer  geremonie  unterzogen,  um  bie  Slowenen  über  ben  Serluft 
ber  nationalen  ©elbftänbigteit  gemiffermafjen  Ijinmegjutäufdjen.  — 
"Den  Qemcid  für  biefe  Iljefe  fud)t  ©.  mit  einem  bebeutenben  8uf* 
roanb  an  etljnologifdjem  SWaterial  )u  füfjren.  SBenn  aud)  bereitmiüigft 
jugegeben  merben  foH,  bafc  babei  eine  ffieifje  bon  trefflichen  ffiinjel« 
beobadjtungen  gemacht  mirb  —  $.  83.  bafc  bie  ©djroertjeremome  bed 
tärntnif$en  SRitud  auf  jene  bei  ber  mittelalterlichen  Äaifertrönung 
iurüd)ufü^ren  fei  — ,  ift  ®.d  ®efamtauffaffung  bod)  teinedmegd 
als  richtig  }u  bejetdjneu.  Qd  fteljt  tyr  por  ädern  au$  bad  gemidjtige 
9ebenten  entgegen,  bafc  ber  beutfdje  SReidjdbeamte  moljl  taum  ©er* 
anlaffung  gehabt  Ijabcn  mirb',  ftd)  um  bie  Aufnahme  in  bie  Solfd* 
genojfenfdjaft  ber  mit  SBaffengeroalt  unterjochten  unb  ald  fojiat 
minbermertig  beljanbelten  ©laoen  ju  bewerben.  3)afs  biefe  ben 
fieg reichen  ©aqern  ober  granten  ald  fßaria  betrachtet  Ratten,  ift 
unbentbar.  Sie  Ausführungen  ®.d  (€.  128  ff.)  in  biefer  £inficbt 
ftnb  nidjt  befriebigenb.  ,$ad  2)unfel,  bad  über  ber  ßftrntner  $erjogd* 
einfefcung  gebreitet  liegt,  $u  bannen",  ift  bemnad)  aud)  ®.  nidjt  ge* 
glfictt.  W.  Levec  f. 

©tubien  ^ur  ®efd)fd)te  ber  3uben  in  ber  Sdjtoctj  roä^renb  bed  SRitteU 
alter*  Eon  fcugufta  ©tetnberg.  (Seilwetfe  ferner  SNffertation.  1902.) 
Süridj,  ©d)ult^6  &  (So.    1903. 

Die  Qerfafferin  Ijat  mit  anertennendmertem  Steig  bad  meit  jer» 
fheute  gebrutfte  unb  ardjioalifcbe  SRaterial  über  einen  ®egenftanb 


i 

j 


496  Slteraturbertdjt. 

t 
jufammengetragen,  ber  biSfjer  nur  in  einer  mel)r  ald  ljunbert  3al)re 
alten  Oefamtbarftellung  unb  wenigen  ©pejialarbeiten  bel)anbelt  mar. 
$er  ©toff  ift  nidjt  djronologifd)  ober  total,  fonbem  nad)  fadjlid>en 
@ejid)t$punften  gegliebert.  Sie  Einleitung  enthält  bie  erften  9ladj« 
rieten  über  ba8  Sorfommen  ber  guben  in  ber  ©djweij  (feit  bem 
13.  Saljrfjunbert)  unb  bie  urtunblidj  nachweisbaren  fJerfonennameu. 
SBejüglidj  ber  rechtlichen  Stellung  werben  3ubenfd)ufc,  geritfylidje* 
©erfahren  unb  abgaben  in8  Suge  gefaxt.  Ätt  (Erwerbajroeig  er* 
fd^eint  auger  bem  Seiten  auf  Qitö  aud)  ber  ärjttidje  Seruf,  befonber* 
in  greiburg  i.  Ü.  Sie  fojiale  Stellung  mar  wefentlid)  bie  gleite 
wie  anberwärtS  innerhalb  ber  djriftlidjen  SBelt  wä^renb  beS  fpäteren 
SRittelalterä.  3n  ber  äußeren  Oefdjidjte,  bon  meiner  ber  lefrte  86« 
fdjnitt  ein  jufammenfaffenbe$  ©üb  entwirft,  treten  brei  jeweils  burd> 
etwa  ein  falbes  3al)rt)unbert  getrennte  Sporen  pon  Verfolgungen 
ljerPor,  auf  beren  lefcte,  ju  SBeginn  beS  15.  3al)rl)unbertS,  im  8er* 
lauf  beSfelben  bie  übrigens  feinedwegS  allgemein  unb  gleichzeitig 
burdjgefüfjrte  Vertreibung  ber  3uben  auS  ber  ©djweij  folgte.  3)er 
Anfang  teilt  einige  ungebrucfte  Urfunben  aud  ben  WrdjiPen  Pon  Solo* 
tl)urn,  Sern  unb  Safel  mit.  lieferet  (Einbringen  in  einfdjt&gige 
redjta-  unb  wirtfd)aft3ljiftorifd)e  fragen  lägt  bie  at$  SRaterialfammlung 
red)t  brauchbare  Arbeit  Permiffen.  ®o  wirb  bie  für  bie  ©efdjicfjte 
beS  ftäbtifdjen  ©runbeigentumö  gewig  nict)t  unintereffante  grage  na$ 
bem  93efifered)t  ber  3uben  an  ben  Käufern,  welche  fie  bewohnten, 
laum  geftreift.  ©tatiftifdje  geftftellungen,  wie  fie  ©üdjer  für  granf» 
fürt  gegeben  &at,  ftnb  nidjt  Perfudjt;  bodj  motten  baju  bie,  wie  e$ 
fdjeint,  feljr  lücfenljaften  Duellen  nidjt  ausreichen.  93ieQetd)t  gärten 
©teuer-  unb  JRedjnungSbtidjer  mefp  SluStunft  ju  geben  Permodjt 
Hud)  bie  Srage,  wie  bie  Ärebitoert)ältniffe  nad)  Vertreibung  ber  3uben 
georbnet  worben  ftnb,  würbe  wotjl  nodj  weitere  SBeadjtung  Perbienen. 

G.  C. 

Hißtoire  de  1' Uni  versitz  de  Geneve  par  Charles  Borge*«*» 
L'acadämie  de  Calvin  1559 — 1798.  Avec  trente  portraits  höre  texte 
et  de  nombreuB68  reproductions  de  documents.  Genf,  Georg  et  Co. 
1900.   XVI,  662  6.  Sol. 

3)aS  Porltcgenbc,  Pornetjm  ausgestattete  unb  burdj  eine  große 
Hnjaljl  trefflicher  3Huftrationen  gefdjmücfte  SBerf  beruht  auf  auS* 
gebet)nten  OueÜenftubien  be§  33f.,  ber  baburd),  bog  er  ftdj  nidjt  auf 
bie  SJenufcung  ber  Perfdjiebenen  ©enfer  SlrdjiPe  befdjrftnft,  fonbem 


@Att>eift.  497 

an$  bag  in  Sonbon,  5ßari$,  Xurin  unb  mehreren  beutfdjen  ©täbten 
borlpanbene  urtunblidp  SRaterial  Ijerangejogen  Ijat,  in  ber  Sage  mar, 
mit  ber  @efd)id)te  Don  ©enf*  §od)fd}ule  jugleid)  eine  überfid)tlid)e 
SarfteÜung  unb  jutreffenbe  SBürbigung  be*  Ijerborragcnben  geiftigen 
Seben*  biefe*  Keinen  unb  babei  politifd)  fo  bebeutenben  @emein* 
roefenS  ju  geben. 

2)enn  tuenn  baSfelbe  ed  Derftanben  $at,  ofyie  $eer  unb  Sanb« 
gebiet  3af)rl)unbcrte  §inbur($  feine  ©elbftänbigfeit  gegenüber  ben  eS 
umgebenben  großen  SMilitärmädjten  ju  behaupten,  fo  lag  bie$  ni$t 
allein  in  ber  SRiDalität  ber  Unteren,  Don  benen  leine  ber  anberen  bie* 
mistige  Boffmerf  gönnte,  fonbem  oor  ädern  in  ber  ©tärfe  be3  reit* 
gidfen  Bcmu&tfeinS  ber  republitanifd)  gefmnten  ©ürgerfdjaft,  meiner 
tyre  #odjfd)ule  im  ßampfe  für  bie  Behauptung  unb  Ausbreitung  ber 
{Reformation  bie  geiftigen  SBaffen  lieferte. 

«n  ©teile  be*  feit  1536  in  ®enf  befteljenben  collfcge  de  Rive, 
an  bem  anfangt  nur  Satein  gelehrt  unb  erft  fpöter  ber  Unterricht  im 
granaöfifdjen  unb  ben  ÄnfangSgrünben  be$  ©riedjiföen  unb  $ebr&i* 
fd)eu  eingeführt  mürbe,  befdjlofc  (SalDin  namentlich  beljufS  #eranbil* 
bung  Don  ®eiftlid)en  für  bie  franjöfifd)  fprec$enben  reformierten 
©cmcinben  bie  ©rünbung  einer  leeren  Se^ranftalt.  3n  ben  Sauren 
1538—1541  f)atte  ber  Reformator  in  ©tra&burg  als  Sßrebiger  ber 
bortigen  fog.  „»elften*  @emeinbe  unb  baneben  ald  Seljrer  an  bem 
Don  3ol).  ©türm  1538  in$  Seben  gerufenen  ©pmnafium  getDirft, 
Don  bcfien  Blüte  er  fidj  fpöter  bei  einem  fütteren  Befudje  biefer 
©tabt  1556  überzeugen  tonnte.  J)ie  Qtxt,  bie  Caloin  in  ©tragburg 
)ugebrac^t  (jatte,  mar  mie  für  feine  ganje  Sntroicflung  überhaupt,  fo 
aud)  für  feine  ©djulpläne  Don  entfdjeibenbem  (Knflujfe.  äfjnlid)  mie 
bie  ©turmfdje  9nftalt  foOte  bie  Don  ifym  am  5.  3uni  1559  in  ©enf 
eröffnete  aud  einem  fiebenflaffigen  ®ljmnafium,  ber  fog.  schola  privata, 
befielen,  an  bie  fid)  bann  bie  schola  publica  für  bie  gafultfttSftubien 
anfdjlofc.  2)ie  roof>l  Don  ifjm  felbft  Derfafjten  Leges  academiae 
Geneveneis  räumen  ber  geiftlidjcn  Obrigfett  einen  entfdjeibcnb'en 
(Einfluß  auf  ben  Setrieb  bed  öffentlichen  Unterrichte  ein.  Schule, 
$od)fd)ule  unb  Kirche  follten  eine  Ginfyeit  bilben.  BemerfenSroerter* 
meife  erfolgte  bie  (Eröffnung  ber  ©enfer  Sel)ranftalt  unmittelbar  nad) 
bem  $lbfd)luffe  be$  griebenS  Don  (Sateau*(£ambrcfi$,  in  meinem  bie 
ftönige  Don  granfreid)  unb  Spanien  ftdj  jur  MuSrottung  ber  ftefeerei 
bie  #anb  reichten,  unb  bem  Srbfeinbe  ®enf8,  bem  $erjog  Don  ©a- 
Dopen,  bie  tym  Don  granfreid)  entriffenen  Sanbe  jurücfgegeben  mürben. 

$tftorif$e  8ettfttift  (»*•  94)  *.  &.  8b.  LVIII  32 


4'fH  E  heia  ün  bei  id)L 

(Ebenfo  tote  in  jenen  Zogen  bie  gefamte  ©ürgerfdjaft,  Sfcat  unb  ' 
lidjfeit  an  ber  ©pifre,  Zog  nnb  9?ad)t  an  ber  Serftärtnng  ber  SejhingS* 
tonte  arbeitete,  foflte  and)  bie  griffige  ©d>öpfnng  6alDm§,  burdj 
roeldje  bad  „proteftantifdje  SRom*  ju  ben  auswärtigen  ®laubenfc 
genoffen  in  gfranfretc^  unb  Xeutfdjlanb,  Stalten  unb  ben  Stiebet? 
lanben,  (Englanb  unb  ©d>ottlanb  in  innige  Bedienungen  trat,  jur 
ftufred)terfja(tung  feiner  ftaatlidjen  Unab&ängigfeit  bienen. 

30tt  größte  SJlüte  erreichte  bie  $odjfd)u(e,  bie  bei  CfalDtn*  lobe 
(1564)  1200©djüler  unb  300  ©tubenten  jaulte,  in  ber  jtoeiten  fcälfte 
beft  16.  3afjrf>unbcrt$,  roäfjrenb  fie  ganj  unter  bem  ©influffe  beS 
bebeutenben  9lad)folgerd  CalDinS,  33ejaS,  ftanb,  ber,  ebenfo  Staate 
mann  mie  Geologe,  ba$  ©tubium  ber  gftec^tdmtfTettfc^Qft  einführte 
unb  eine  Wnjaljl  bebeutenber  ©elefcrter  nad)  ©enf  berief,  mte  $etru3 
WamuÄ,  ben  ©cgner  ber  9lriftotelifdjen  ?ßljiiofopf>ie,  bie  <ßljilologen 
3uftu*  ©caliger  unb  Sfaac  ©afaubonuS,  bie  gurifien  $iom)&  Qotlp« 
frebu*  unb  SutiuS  SßociuS,  foroie  ben  ©taatSrecfytSleljrer  gfranj  §oU 
mann,  ber  in  feiner  1573  in  ©enf  Deröffentlid)ten  Franco-Gallia, 
bem  Politiken  SWanifefte  ber  Hugenotten,  jum  erftenmal  ba$  SReity 
ber  JBolttfouDeränität  Dcrtrat,  ein  SBerf,  ba£  feinerjeit  ebenfoöiel 
Auffegen  erregt  lj>at,  wie  SRouffeauS  200  3afpre  fpäter  erf^ienener 
oontrat  social,  Siein  SBunber,  bafs  bie  Reformierten  in  gan&  (Suropa 
ben  regften  Anteil  an  bem  ©ebenen  ber  ^oc^fc^ule  nahmen  unb 
bicfe*  Sntereffe  auf  bie  ©tabt  felbft  übertrugen,  in  ber  übrigen*  nad) 
ber  ißartl)olomäu$nad)t  eine  grofje  Änjafjl  flüchtiger  granjofen  Änf* 
nannte  unb  ©d)ufc  gefunbcn  tjatte. 

$>a$  fieben,  roeldjeS  ber  ©tubent  bamalS  in  bem  fittenfhengen 
©enf  führte,  untertrieb  fid)  gang  roefentlid)  Don  bem  in  anberrn 
UniberfitätSftäbten,  inbem  Karten*  unb  SBürfelfpiel,  fonrie  alle  3*4* 
gelage  verboten  waren,  unb  ber  Stubent  ebenfo  nrie  ber  Sürger  ber 
©erid)t*barfeit  be*  9tat$  unterworfen  mar.  Srofc  aflebem  fühlte  fidf 
bie  ^ugenb  nad)  ber  ©tabt  SaloinS,  bie  gegenüber  ben  ftrobennig^ 
gtlüften  ber  §erjöge  Don  ©aootjen  fic^  fortbauemb  im  Stiieg*piffaii) 
beranb,  bingejogen,  unb  Don  bemfelben  foibattjdpn  ®eift  »ie  bie 
Bürger  felbft  erfüllt,  bilbeten  bie  ©tubenten  eigene  afabenrifd* 
gäbnlein,  beten  Sommonbo  einmal  beutfdp  gürftenfobse  über« 
nahmen. 

£er  mit  ©aocDen  1603  abgefcbloffene  griene  »m  6t  3»*1 
iebien  eine  neue  Ära  be*  Äurcbmur.g^  fir  bie  (lesjrr  $©d>*W* 
berauMubrm  %xl  feilen.    'Allein  gerabe  bie  gezierte  SteJUmg,  wette 


@$tueia.  499 

bie  Hugenotten  feit  bem  @rlaß  be$  (SbiftS  Don  9?ante3  einnahmen, 
Derrhtgerte  bie  Scbeutung  ©enfS,  ba  e$  aufhörte,  ber  einzige  geiftige 
SRittelpunft  be3  fran^öfifdjen  EalDiniSmuS  )u  fein.  $er  3u^an^ 
ber  Se&arrung,  ber  bie  proteftantifdje  Ideologie  be$  17.  3al)rl)unbert$ 
überhaupt  fennjeidjnet,  jeigt  fid)  Dor  Willem  bei  ben  ®enfer  Sßrofefforen, 
meiere  in  unbeugfamem  ©tarrfinn  für  bie  firifte  Behauptung  be3 
Galbiniftifdjen  Sel)rbegriff3  eintraten,  ©o  fpielten  2)iobati  unb 
£rond)in  auf  ber  für  OlbenbarneDelbt  fo  Derf)ängni8DolI  geworbenen 
$orbredjter  ©ijnobe  (1618)  al$  Vertreter  bed  Dogmas  Don  ber  un* 
bebtngten  fßräbeftination  eine  IjerDorragenbe  Stolle.  ?lud)  in  ©enf 
felbfi  würbe  mit  ber  2obe3ftrafe  gegen  3rrlel)rer,  fo  1632  gegen  ben 
Pfarrer  Nicola«  9tntoine  vorgegangen.  9teben  ber  Ideologie  würben 
bie  übrigen  wiffenfd)aftlid)en  Sachet  Döflig  bernadjläfjtgt,  Jpebräifd) 
unb  ©riedjifd)  nur  mangelhaft  betrieben,  ber  juriftifdje  Seljrftul)! 
orbnungSmäßig  nidjt  wteber  befefct.  Jrofe  attebent  übte  audj  im 
17.  3at)t^unbert  ©enf  eine  große  SlnjiefjungSfraft  au3.  SRad)  rote  Dor 
mar  e$  üblid),  baß  ber  bem  reformierten  Sefenntnte  angefjörige 
beutle  l)olje  Slbel  feine  ©öljne  jum  ©tubium  baljin  fanbte.  3)ie 
Aufhebung  be3  ffibiftS  Don  9tante$  führte  eine  fo  große  Änjal)!  fran* 
jöfifdjer  gamitien  nad)  ®«if,  baß  jtd)  ber  3tat  auf  eine  ©efdjwerbe 
2ubwigS  XIV.  l)in  genötigt  fal),  benfelben  ben  Aufenthalt  ju  tünbigen. 
SemerfenSwerterweife  waren  bamalS  ©treitigfeiten  unb  §änbel  aller 
Art  unter  beutfc&en  unb  fronaöfifdjen  ©tubierenben  an  ber  Iage$* 
orbnung. 

(Sin  DoÜftänbiger  Umfdjwung  be$  Unterrid)t3n>efen&  Dofljog  fid^ 
unter  bem  ©influffe  Don  Stöbert  Sfjouet.  ber  meljr  al$  ein  §albe8 
3at>rl)unbert  juerft  als  $rofeffor  ber  Sßljilofopljie  unb  fpäter  al8 
©djolard)  Don  1669-— 1727  bie  ©eele  ber  ©odjfdjule  war.  ffiin 
afabemifdjer  ©enat  würbe  eingefefot,  bie  ©ibliotljef  reorganisiert,  ber 
auf  bie  eigentlichen  afabemifdjen  Sorlefungen  Dorbereitenbe  ©gmnaftal* 
unterri^t  Derbeffert  unb  auf  jwei  weitere  3a^re  auSgebejjnt  Sin 
©teile  ber  ©djriften  beS  «riftoteleS  würben  bie  SBerfe  Don  «BeScarte« 
unb  fioefe  befanbelt.  3)ic  Don  jpugo  ©rotiu«  unb  ^ufenborf  neu* 
gefdjaffenen  S)i8jiplinen  be&  Söller«  unb  SRaturredjtS  fanben  (Eingang. 
Gljouet  felbft  wieä  auf  bie  SBidjtigfeit  ber  tyiftorifdjen  Oueflenforfdjung 
l>in,  auf  feine  Anregung  würbe  ba*  ©taatSardjiD  fqftematifd)  georbnet. 
©autier  fdjrieb  feine  auf  urtunblidjen  ©tubien  berufyenbe,  bi£  jum 
heutigen  Jage  freiließ  nur  ljanbfd)riftlid)  Dorliegenbe  „©efdjidjte  Don 
(Senf.    «u*  biefer  ^iftorifc^en  ©djule  ging  Wallet,  ber  ©efäidjt« 

32  • 


500  ßtteraturberidjt. 

fdjreiber  DänemartS,  Ijertoor.  8tuf  bem  ©ebtetc  ber  ©eologie  unb 
SKeteorologie  roirfte  be  ©auffure  baljnbredjenb. 

$ie  fo  ju  neuer  Stute  gelangte  Äfabemie  überbauerte  in  tyrer 
bisherigen  Drganifation  bie  ©türme  ber  franjöftfdjen  SRetoolution. 
SBeldje  {Rolle  fie  im  19.  3a$rl>unbert  gefpieit  t)at,  bea&ftd)tigt  ber 
gelehrte  8f.  in  einem  bemnädjft  erfdjeinenben  jroeiten  Sanbe  feinet 
$öd)ft  anjieljenb  getriebenen  SBerfeS  barjutegen. 

Strasburg.  Hollaender. 

Kr.  Ersley,  Danmarks  Historie  ander  Dronning  Margrethe  og 
Erik  af  Pommern.  Anden  Del:  Erik  af  Pommern,  hans  kamp  for 
8önderjylland  og  Kalmarunionens  Oplösning.  Kebenhavn,  J.  Erelev. 
1901.   488  @. 

S)a8  ©ud)  GhrSletoS  über  König  Qhridj  toon  $ommem  ifi  bie  erfte 
erfdjöpfenbe  ©efamtbarfteUung  biefer  midjtigen  fßeriobe  ber  bänifd)* 
norbifdjen  ©efdjidjte.  (ES  beruht  auf  ber  öoUftänbigen  Kenntnis 
alles  einfdjlägigen  Studienmaterials,  baS  jum  bei  roeitem  größten 
Seile  jefct  gebrucft  Vorliegt.  SBir  l)aben  eS  mit  einem  SBudje  ju  tun, 
baS  mit  bem  anfprudj  auftritt,  bie  ljer!ömmlid)e  Muffaffung  über 
ftönig  Crid)  enbgüttig  befeitigt  ju  fcoben. 

SBie  @.  mit  Siedet  Ijerborljebt,  mar  eS  ber  UnionSfönigin  SRar* 
gr,etl)e  gelungen,  tyrem  ©roftneffen  @rid)  toon  Sßommern,  ben  fie  nodj 
iljreS  ©oljneS  Olaf  lobe  jum  SRadjfolger  auSerfefjen  unb  feitbem  um 
ftd)  gehabt  Ijatte,  iljre  politifdjen  ©runbfüfce  unb  Biete  $u  eigen  }u 
machen.  Cr  fudjte  bie  Don  itjr  gefdjicft  eingeleitete  ©eroinnung  beS 
#erjogtumS  ©djleSroig  nad)  iljrem  $obe  1412  ju  toollenben.  (Er  ljielt 
in  ber  UnionSpolitif  an  ber  non  i§r  begrünbeten  SSorljerrfdjaft  3)äne* 
marfS  unb  bänifdjen  SeamtentumS  in  ber  norbifdjen  Sölfergruppe 
feft.  3)a  feine  (Efje  mit  ?ßf)ilippa  Don  (Englanb  finberloS  blieb,  moQte 
er  ben  norbifdjen  Woltern,  um  bie  Sortbauer  iljrer  Union  ju  getoä^r* 
leiften,  bei  feinen  Sebjeiten  ben  Don  tym  geroünfdjten  3?ad)f olger, 
feinen  pommerfdjen  Setter  SogiSlaro,  aufbröngen.  Hud)  baS  3iel 
feineS  ©trebenS  mar  eine  fräftige  unb  felbft&errlidje  fönigli$e  SKadjt 
«udj  er  beroaljrte  ein  guteS  33er&altni§  jum  Slbel  unb  jur  ©eiftli<fc 
feit;  bie  Ausbreitung  beS  beutfdjen  (Elements  in  norbifdjen  33eroal* 
tungSämtern  begünftigte  er  aüerbingS  nidjt,  mie  feine  betben  Sor* 
ganger.  Unb  aud)  in  anberen  mistigen  Stiftungen  nerliefe  er  bie 
S9af)nen  feiner  Vorgängerin,    ©täbtemefen  unb  ©ürgerftanb  feiner 


SfonMnabien.  501 

ffieidje  fud)te  er  §u  förbern,  bcn  Serfeljr  ber  gremben  bafclbft  burd) 
erl)d$te  unb  neue  Abgaben  aufyunüfren,  nid)t  adjtenb,  bafs  et  burd) 
aüe  berartigen  SRa&regeln  bie  Privilegien  ber  §anfeftftbte  im  Korben, 
bie  er  felbft  feinerjeit  iljnen  feierlich  Derbrieft  Ijatte,  bertefete  unb  baS 
gute  S3er$ältniS  jroiföen  ifjnen  unb  bent  Korben,  ba£  ffdnigin  9Rar* 
gretlje  mit  guter  Berechnung  gepflegt  Ijatte,  auf*  ©piel  fefote.  gür 
bie  ®efd)i(^te  unb  bie  Beurteilung  ftönig  <Ericf)$  ftnb  ber  iafjrjelpite* 
lange  Äampf  mit  ben  Ijolfteimfdjen  ©rafen  um  ben  SJeftfe  be$  $er)og« 
tum*  ©djledroig  unb  ba8  83erl)ältnia  gu  ben  $anfeftäbten  Don  ber 
größten  8Bid)tigteit.  (E*  erfdjeint  baljer  gerechtfertigt,  bog  (E.  ber 
Starftellung  biefer  Angelegenheiten  etroa  bie  #älfte  feinet  SJudje*  ge* 
»ibmet  ljat. 

(Eft  ift  (E.&  Serbienft,  baß  er  aud  bem  umfangreichen,  ferner  ju 
uberfetyenben  SRaterial  jum  erftenmal  bie  leitenben  ®ebanfen  unb  95e* 
fkrebungen  beiber  Parteien  in  iljrem  9ted)t3ftreit  um  @d)le£roig  Kar 
$erau3gefd)ält  unb  jur  SarfteÜung  gebraut  $at.  (Er  jeigt,  bafc  bie 
Beroeiöfufjrung  ber  #olften  jur  ©egrünbung  ifjrer  «nfprüdje  auf  baft 
$erjogtum  im  ganjen  Serlaufe  bed  Streits  unroanbelbar  btefelbe  ge* 
blieben,  bafc  fie  burd)  tyre  Ableitung  au8  ber  gefd)id)tlid)en  (Entroicf« 
fang  ber  Stellung  ©djle&nrigS  im  14.  gafplpinbert,  roenn  fte  aud)  in 
ber  SBertfdjäfcung  mancher  latfadjen  fetylgriff,  bodj  im  gangen  ber 
Setoeidfityrung  ber  X)änen  er^eblid)  fiberlegen  mar.  (Er  Ijebt  bie 
auffaffenbe  Seränberung  Ijerbor,  meiere  ftd)  1421  in  ber  bünifdjen 
©eroei8ffil)rung  jeigt  im  Sergleid)  mit  bem  toon  ftSnig  (Ertd)  1413 
vertretenen  Äed)t$ftanbpunfte.  (Er  fud)t  ben  Urheber  berfelben  in 
bem  Könige  felbft  unb  ben  ®runb  biefe&  biS&er  ni$t  erflttrten  Um« 
fd)»ung$  in  ber  (Einfielt,  ba&  burd)  bie  fadjlid)  burd>auö  richtige  ftn« 
menbung  ber  IeljnSred)tlid)en  ©eftdjtSpunfte,  auf  benen  rote  bie  $ol* 
fleinifc^e  f o  au$  bie  bäniföe  ©eroei$fü$rung  bi«l>er  gefugt  fjatte,  eine 
ben  Mnifdjen  SBünfdjen  üorteil&afte  red)tlid)e  (Erlebigung  be$  ©treitS 
ntd)t  &u  erlangen  fein  merbe.  Die  neue  bänifdje  Ueorie,  obrooljl, 
wie  <E.  mit  Stecht  geltenb  madjt,  faftifd)  unhaltbar  unb  unrichtig, 
ttrirfte  bod)  burd)  il)re  Stürze,  ftonfequenj  unb  Sogit,  mit  ber  beftritten 
tourbe,  bafi  ©djleStoig  ein  (Erbieten  fei,  fo  fiberjeugenb,  bog  baburd) 
aucf>  ba*  oberfd)ieb«rid)terlid)e  Urteil  be£  rbmifdjen  »önig«  ©igmunb 
1424,  toetfy*  beutfdjerfeit«  fo  abfällig  beurteilt  tuirb,  begreiflich  er» 
f$eint.  (ES  ift  faum  anjunel>men,  bog  ber  ßönig,  nad)  (E.  ber  Ur- 
heber biefer  neuen  ftaatSredjtlidjcn  Softrin,  aud)  menn,  wie  (E.  mit 
ffiedjt  $ert>orl>ebt,  ber  fjiftorifdje  @inn  jener  Reiten  auf  ^olfteimfc^er 


502  fiiteraturberidjt. 

ttrie  bänifdjer  ©eite  auffattenb  gering  mar,  jtd)  ber  Unroafjrijeit  fetner 
Behauptungen  nidjt  bemüht  geroefen  fei.  ©djon  SRargret&e  Ijatte  1396 
bie  ben  $oIfien  jeljn  3al)re  jubor  Don  t^rem  ©oljne  Olaf  erteilte 
erbliche  Belebung  mit  bem  #er  jogtum  burdj  biplomatifdje  SRanöüer 
gefdjicft  ju  Derbädjtigen  unb  ju  untergraben  Derftanben.  JJür  bie 
Beurteilung  bon  Sbnig  Srid)3  (Efjarafter  aber  Ijätte  fein  Serratien 
im  Wec^t^ftreit  um  ©djleSroig,  n>ie  mir  fdjeint,  bod)  anber*  bemiertet 
toerben  foflen,  al$  e$  burcft  ©.  gefdjieljt.  3d)  tomme  barauf  fpftter 
jurücf. 

Sebod)  ©d)ieb$geridjte  unb  juriftifäe  J^eorten  Ijaben  über  bie 
Sutunft  ©djleSroig*  nidjt  entfdjieben,  fonbern  bie  SBaffen.  3m  3aljre 
1410  fdjlug  Sönig  ®rid)  jum  erftenmat  gegen  bie  $olften  loS, 
unb  feitbem  löften  Selbige  unb  Serljanblungen  einanber  ab,  bid  Dad 
(Eintreten  ber  roenbifdjen  $anfeftäbte  in  ben  Ärieg  feit  1426  btefen 
in  ert)cblic^  größeren  Ber&ältniffen  roieber  aufleben  lieg.  Bon  bem 
Behältnis  jtoifdjen  bem  Könige  unb  ben  toenbifdpn  ©tobten  rourbe 
meljr  unb  meljr  ba8  ®efd)icf  ber  $olften  abhängig.  3)ie  Ausführungen 
<£.$  über  ben  ©erlauf  be3  ßriegeö  unb  bie  tSrünbe  für  ba$  enblid)e 
Unterliegen  bed  Königs  treffen  im  roefentlidjen  ba$  Stetige. 

$er  langwierige  Sfricg,  ber  bon  3at)r  ju  galjr  fernerer  auf 
bem'  Sorben  laftete,  mürbe  ein  roid)tige3  ®lieb  in  ber  Stette  Don 
©rünben,  bie  ©djroeben  jum  Slufftanbe  beftimmten.  ©ef)r  anfdjaulid} 
unb  überjeugenb  fdjilbert  (£.  be8  ®önig$  ^Regierung  in  ©d)tt>eben 
unb  SRorroegen  überhaupt  unb  roie  fid)  au$  ber  bon  i$m  nad)  bem 
Borbilbe  feiner  Vorgängerin  befolgten  BermaltungSpolitif  bie  Dppo* 
fttion  entnridelte.  ®unfel  bleibt  jebod)  bie  Borgefdjidjte  ber  Unju* 
frieben^eit  in  Dänemarf ;  mie  e3  fam,  \>a%  fdjliejjlid)  audj  bie  bänifd)e 
Sriftofratie  if)ren  Äönig  fallen  lieg,  bafür  namentlich  ift  eine  öoü 
befriebigenbe  (Erftärung  rooljl  nidjt  möglidj. 

2)a8  Behalten  beS  SönigS,  ber  beim  9tu8brud)  be£  Äufftanbl  in 
Dänemarf  jtd)  feinen  SRegierung$pflid)ten  entjieljt  unb  nad)  gütlanb 
jurürf meiert,  djarafterifiert  ©.  (©.  377)  fo,  al$  fei  (Srid)  in  feinem 
©elbftjutrauen  unb  Sfedjtöberoufstfein  aufs  ftärffte  erfdjüttert  roorben 
baburd),  bog  bie  ©djroeben  unb  $änen  ifyt  überführten,  bie  Union 
ungefe&lid)  regiert  ju  fjaben.  ©r  nennt  ifjn  einen  geinb  politifdjer 
3roeibeutigfeiten,  fpricfyt  im  anfange  (©.  7)  Don  feiner  jugenbü$en 
Überzeugung  Dom  SRedjt  feiner  ©ad)e  unb  Dom  ©iege  ber  SBaljrljeit; 
er  be$eid)net  bag  Unrecht,  ba3  er  gegen  bie  $olften,  #anfen,  Sßorb* 
länber  unb  in  anberen  Säuen  beging,  al$  Ijeroorgegangen  auS  einem 


©tonblnabien.  508 

getotffen  natben  3beali$mu$  (©.  195),  er  erfcnnt  jtoar  an,  bog  baS 
gefd)riebene  Stecht  \otoof)l  bie  #anfen  roie  bie  $olften  für  fidj  gehabt 
$aben  (©.  435),  aber  ber  König  Ijabe  ftd)  im  Siechte  geglaubt,  gegen 
fte  dorjugeljen.  SBie  fonnte  ber  König  ba$  glauben?  (Er  t)üttt  ja 
nur  bie  erforberlidjen  Sitten,  bie  feine  Kanjlet  Dermalste,  }u  ben  tyoU 
fleinifd)en,  {janftfäen  unb  UnionSftreitfragen  burdjjulefen  brauchen, 
um  tfd)  ju  überzeugen,  bag  fein  Zun  mit  bem  ©udjftaben  beS  9ied)tft 
IcineSroegS  in  ©ntlang  ftanb.  Unb  rote  fteljt  e$  f onft  mit  bem  feinen 
®efüfjl  für  9te$t  unb  SBaljr^eit,  ba&  ©.  beim  Könige  immer  toieber 
ju  ftnben  meint?  3$  be§ie&e  midj  auf  @.S  eigene  SarfteOung.  $er 
König  überfallt  1415  in  boQem  grieben  bie  lübifdjen  Kqufleute  in 
feinen  JReidjen  unb  bcrgeroaltigt  fte  an  Sßerfon  unb  (Eigentum  (®.  17). 
©r  bricht  ben  §otften  1416  ben  ©tiUftanb,  beffen  HblaufStermin  erft 
ber  24.  3uni  mar  (©.  26).  @r  ftcflt  ben  $anfen  für  ben  gall,  bag 
fte  in  ein  ©ünbniö  mit  üjm  midigen,  ganft  neue  $ribilegien  inÄuS* 
ftd)t,  mobei  jebod)  G.  überfielt,  bag  iljnen  im  entgegengefefrten  gatt 
mit  ber  Äuffünbigung  iljrer  Sßrtoilegien  gebrofot  roirb  (©.  35).  Sr 
bricht  ben  §olften  abermals  1420  ben  Stidftanb  (©.  59).  ©r  er* 
jrotngt  bon  bem  9toe«ftlber  S)omfapitet  bie  SRüdgabe  Kopenhagens 
burdj  ha*  bei  i&m  feljr  beliebte  SRittel  ber  Drohungen  (S.  119  ff.). 
(Er  ftettt  bie  neue  ftaat8rcd)tlid)e  Doftrin  über  @d)le*roig  roa^rfc^ein* 
lid)  nur  be*l)alb  auf,  um  bie  $olften,  beren  beffereS  Sflec^t  er  auf 
bem  ©oben  ber  (ef)nöredjtlidjen  ©runbffifce  ntc^t  mit  (Erfolg  betämpfen 
tann,  mit  irgenbroeldjen  9Ritteln  inS  Unrecht  ju  fefcen  (©.  177  f.). 
Unb  ntd)t  minber  peinlidj  berühren  bie  ju  bemfelben  Qtotd  offenbar 
toeranlagten  falfdjen  bänifdjen  3eugenauSfagrn.  2>er  König  erpregt 
Don  fdjroebifdjen  83ifd)öfen  in  Kopenhagen  burd)  fdjtoere  Drohungen 
ttudfagen,  bie  feinen  Änfprüdjeu  gegenüber  bem  3)omtapitel  in  bem 
©treit  um  bie  ©cfefrung  bed  ©raftul)l3  ju  Upfafa  günftig  finb  (©.  315). 
9lud)  bem  Sunber  Kapitel  gegenüber  greift  er  ju  Srofyungen,  um 
einen  SBunfd)  burdjjufefren  (©.  384).  ®.  felbft  f)ält  ©.  322  bie  «n* 
gäbe  ber  fd)roebifd)en  SReimcfcronif  für  nid)t  unroa&rfdjeinlitf),  bag  ber 
König  fid)  an  ben  ftf)toebifd)en  ©auern,  roenn  fte  il)m  roieberljolt 
Klagen  über  feine  SJögte  dot brauten,  mit  SBort  unb  Sat  vergriffen 
l)abe.  2)ie  angeführten  ©eifpiele  aeigen  roofyl  beutlidj  genug,  roie  e$ 
mit  bem  SRedjidberougtfein  bed  Königs  beftettt  mar.  Um  fo  met>r  ift 
eft  ju  berrounbem,  bag  ®.  fein  ©tycffal  ein  tragifdje*  nennt  (©.  434, 
435).  Unb  ton  anberer  ©eite  ift  bieS  Qmpfinben  notf)  ftarf  über* 
trieben  roorben,  bag  nümlidj  fein  ©cf)icffal  im  Orunbe   „unenblid) 


J 


504  Stteraturbericftt. 

tragifd)  im  rein  antuen  ©elfte"  fei  (SR.  SRadeprang,  Sönderjydske 
Aarböger  1901,  ®.  282  ff.),  unb  wirb  bie  ©>renrettung  be*  »öma* 
ffir  gelungen  erflärt. 

Oljne  droeifel  §at  @.  burd)  fein  ©udj  juerft  einen  tiefen  (Einblid 
Vor  ädern  in  bie  inneren  83erf)ältniffe  ber  brei  norbiföen  Sötter,  üjre 
Stellung  innerhalb  ber  Union  unb  iljre  {Regierung  gemährt,  unb  barin 
möchte  id)  fein  #auptverbienft  feljen.  (Er  tyat  audj  jum  ©erftänbm* 
ber  Streitfrage  um  ©djleSmtg  mistige  Ausführungen  gegeben,  bie 
geeignet  jtnb,  ein  richtigeres  Urteil  aber  fie  unb  i^re  Vergebenen 
fßfjafen  ju  ermöglichen.  SBenn  er  aber  ald  ein  Hauptergebnis  feiner 
3)arfteDung  ermattet,  bag  bie  oft  gebrausten  Sorte  Von  Sridj*  Um 
verftanb  unb  befd)ränftem  ©lid  burd)  fie  enbgältig  miberlegt  feien 
(S.  433),  fo  tann  i$  bte§  nid)t  jugeben.  8ud)  (£.,  wenn  er  ntdjt 
voreingenommen  gewefen  märe  für  feinen  gelben,  Ijätte  ju  bem  Urteil 
gelangen  muffen,  ba8  ftd)  au3  feiner  eigenen  ©arftelhmg  ja  auf* 
brängt  unb  bem  bon  ber  bisherigen  gorfäung  über  biefen  ftönig 
abgegebenen  entfpridjt:  ein  gewalttätiger  SWenfdj,  oljne  Ädjrung  vor 
bem  9ied)t  anberer,  o^ne  (Einfielt  in  ba$,  wa8  erreichbar  unb  nüfclidj, 
ber  mit  bem  Sbeenfapital  feiner  Vorgängerin  wirtfdjaftet  unb,  wo 
er  auf  neue  ®cbanfen  verfällt,  lorfjciten  begebt,  bie  verberblid)  für 
feine  Sölfer  unb  iljn  fetbft  werben;  ber,  als  er  in  ber  altgewohnten 
SBeife  nidjt  me^r  fortfahren  fann,  nichts  beffereS  ju  tun  weift,  all 
untöniglid)  fid)  vom  ©djauplafoe  jurüdjujieljen  unb  Von  ©otlanb  au$ 
ein  fdjwungljafte3  ©eeräuberljanbmert  gegen  feine  alten  unb  neuen 
©egner  ju  beginnen. 

fliel.  DaenelL 

Ulysse  Robert,  Philibert  de  Chalon,  prince  d'Orange,  vice-roi 
de  Naplea  (18  mars  1502  —  3  aoüt  1630).  Ouvrage  aecompagnä  de 
cinq  gravures.    Paris,  Plon-Nourrit  et  Gie.    IV  u.  482  @.    1902. 

Sie  $erfönlid)feit,  bie  in  biefem  fleißigen  unb  ftoffreidjen  öudje 
gefd)i(bert  wirb,  &eigt  fein  fd)arfe8  ©epräge.  ©ie  feffelt  unfere  $uf* 
merffamteit  nidjt  fo  feljr  burd)  i$re  (Eigenart  als  burdj  iljre  gefdjidjt* 
lidje  Stellung.  S)er  ©urgunber  $l)itibert  von  ©fyalon  war  ber  (eftte 
männliche  ©profe  eineä  ©efdjledjte«,  baS  feit  bem  3aljre  1288  bie 
OberlefjnSljerrlidjfeit  über  Neuenbürg,  feit  bem  3a&re  1393  ba* 
gürftentum  Drange  befag  unb  balb  im  §eere  Von  grantreid),  balb 
in  bem  feiner  ©egner  $>ienfte  tat.  S)er  franäöfifdj*burgunbifdje  Bett» 
ftreit,  ber  aud)  ba3  §au$  Etjalon  in  SRitleibenfdjaft  jog,  veranlagte 


Sranfreid).  506 

$$ilibert*  Sater  Sodann  IV.,  breimal  bie  gatjne  ju  medtfeln.  SBenn 
fid)  ^ittbert  mit  (Entfd)iebenl)eit  auf  bie  antifranjöfifdje  Seite  fdflug 
unb  feinem  SanbeS&errn  in  ber  greigraffdjaft,  bem  fpanifäen  Könige 
nnb  nochmaligen  ftaifer  Karl  V.,  folgte,  f o  barf  man  üjn,  roie  ber  ©f. 
betont,  feinen  Verräter  an  granfreid)  nennen,  um  fo  weniger,  als 
Sfranj  I.  Don  granfreid)  fdjon  im  3af)re  1516/17  Orange  als  einftige 
Sfronbomttne  nriberredjtlid)  in  Änfprud)  genommen  unb  bem  Staupfcine 
einverleibt  Ijatte.  3>amit  mar  ba3  ftärtfte  ©anb  §erfcf>nitten,  burd) 
roeldjeS  Sßljilibert  an  grantreid)  gefnüpft  geroefen.  Da«  unpolitifdje 
unb  unbillige  SBorgeljen  beS  jungen  franjöfifdjen  ffönig*  gegen  ben 
minberjüfjrigen  (Erben  bon  Orange  fjat  fär  und  etroaS  UnberftünblidjeS 
unb  bebarf  in  feinen  SMotiDen  nod)  toeiterer  Kuftlörung.  3)er  85f. 
ftejjt  nid)t  an,  fein  Sud)  mit  bem  auffälligen  @afce  JU  fdjtiefcen :  „©er 
(fronjöitfäe)  Serluft  Stauend  unb  ber  ber  Suprematie  über  (Europa 
mar  jum  Seil  bie  golge  ber  ungerechten  (Einjietyung  beä  gürftentumö 
Orange."  (Er  legt  rooljl  bie  Betonung  auf  bie  SBorte  «jum  Seil*, 
bie  man  ftd)  gan)  nadj  belieben  auSmeffen  fann. 

S)ie  mitit&rifdje  fiaufbajjn  Sßljilibert«  DoÜjog  fid)  im  britten  3al>r» 
jefat  be*  16. 3a§ri)unbertS  auf  bem  nieberlünbifd)*fran$öftfd)en,  bem 
fpanifcfcfranjöftfdjen  unb  bem  italienifcfcen  JPriegSfdjauplafo.  @ie  faßt 
in  eine  (Epoche,  bie  fdjon  bon  großen  SReiftern  ber  ®efd)id)tfd)reibung 
gefd)ilbert  roorben  ift.  Um  neben  i^nen  befielen  ju  fönnen,  I)at  ber 
$f.  fefjr  ausgebreitete  ardjibalifdje  gorfdjungen  gemalt  unb  in  ber 
Zat  unfere  ftenntntö  ntdjt  unerljebHd)  bereichert.  @o  bejeidjnet  j.  8. 
feine  (Erjäl)lttng  bed  italienifdjen  gelbjug*  Dom  Sabre  1527/28,  ber 
jur  (Eroberung  Don  9tom  unb  jur  ©efefeung  Don  Neapel  führte,  jroar 
leinen  biftoriograpljifdjen,  aber  einen  recfjt  bemerten«n>erten  roiffen* 
fdjafttidjen  gortfd)ritt  gegenüber  SWignetö  atabemifd)  glänjenber  Star* 
Peilung.  ?luf  (Einzelheiten  einjugefyen  verbietet  ber  mir  nur  fpürlid) 
jugemiefene  Staum.1)  3)od)  rotU  id)  furj  anführen,  bog  nadj  bem  ©e* 
richte  be8  #iftorifer&  ©epulDeba  unb  anberer  fpanifd)er  Augenzeugen 
bie  fträflidje  8uberftd)t,  bie  ber  »Serteibiger  Don  5Rom  angefidjtS  be* 
^eranrüdenben  faiferlidjen  §eere$  befunbete,  balb  in&  Oegenteil  um* 
fd)lug.  ©eine  War  fei  Her  (Erfolge  Dom  Safjre  1524  Ratten,  mie  eS 
fdjeint,  ffienjo  ba  (Eeri  Derblenbet. 

l)  8«  ©•  30  Dg!,  ba*  intereffante  ©^reiben  Äarß  öon  Spanien  an 
3tyilibert  Don  ßfjalon  au«  Saragofia  bei  San  ben  8erg§,  Correspondance 
de  Margnerite  d' Au  tri  che  2,  139  9?r.  232. 


506  2tteraturberid)t. 

SRidjt  bfofc  auf  militärifäem,  audj  auf  biplomatifdjem  ©ebiete  ift 
Sßljilibert  bon  Dramen  erfolgreich  tätig  geroefen.  S)er  Übertritt  beS 
©enuefen  Hnbrea  3)oria  öon  ber  franjöfifdjen  auf  bie  faiferlidje  ©ehe 
mürbe  j.  99.  öon  ifjm  eingeleitet.  SMe  ©urgunbcr,  bie  Sfarl  V.  in 
feinem  3)ienfte  berroenbcte,  berftanben  ftd)  alle  öortrefflid)  auf  beriet 
ljeimlid)e  2Rad)enfd)aften.  Sie  jeigen,  tt>ie  tyr  ©ebieter,  eine  merN 
nmrbtge  SBifdjung  gcrmanifdjen  unb  romanifdjen  SBefenS  unb  geben 
ber  faiferlidjen  Sßolitif  il)re  eigentümliche  gärbung. 

Sonn.  Walte« 

Francis  De  Crue,  Relations  diplomatiques  de  Geneve  avec  la 
France.  Henri  IV  et  lee  döputes  de  Geneve  Chevalier  et  Chapeaaronge. 
Genf,  Jullien;  Paris,  Picard.   1901.    454  <S. 

©enf  Ijatte  roäfjrenb  ber  Kriege  ÄarlS  V.  mit  gfranj  I.  gegen* 
über  ben  ^erjögen  bon  ©aboijen  bie  Dofle  Unab^ängigfeit  erlangt. 
®urd)  ben  Slnfdjlufj  an  Sern  unb  greiburg  fudjte  unb  fanb  e$  einen 
JRüdljalt   gegenüber  etwaigen    franjöftfdjen   ?lnnejion$gelüften.    3n 
innige  Sejieljungen  trat  bie  ©tabt  EalbinS  ju  ben  Hugenotten,  benen 
fie  nad)  ber  Bartholomäusnacht  als  3ufluc6t8ort  biente.    DtidjtSbefto« 
weniger  unterzeichnete  König  £einrid)  III.,  ber  um  feinen  $rei$  baS 
ftrategifd)  fo  mistige  ©enf  in  bie  $änbe  be3  bamalS  ganj  unter 
fpanifdfjem  ©inftuffe  fteljenben  #erjog3  bon  ©aöoljen  faden   laffen 
wollte,  fOlax  1579  mit  Sern  unb   ©ototfjum  einen  Vertrag,   nadj 
meinem  bie  ©tabt  jur  ?lufred)terl)altung  ifjrer  ©elbftünbigleit  eine 
bon   granfreid)    &u   bejafjlenbe  ©cfcroeijer  ©amifon    erhalten    foflte 
SRod)  metter  ging  berfelbe  franjöfifdje  #errfd)er  Slpril  1589,  inbem 
er  burd)  ben  §errn  b.  ©anctj  mit  ©enf  ein  2)efenfib*  unb  Offenftb* 
bünbniS  gegen  ©abotjen  abfdjlojj.    3)ie  ber  ©tabt  hierbei  erroadjfenben 
JPriegSfoften  verpflichtete  fid)  granfreidj  ju  bejaljlen.    S)ie  ©ituation 
festen  fid)  für  ©enf  burd)  bie  im  tluguft  beSfelben  Saljreö  erfolgenbe 
Iljronbefteigung  $cinrid)S  IV.,  mit  bem  man  fdjon  längft  burc§  bie 
gemeinfamen  SReligionSbejieljungen  in  SBerbinbung  ftanb,  nod)  ju  ber» 
beffem.    3>nbeffen  gegen  alle  ©rtoartung  gab  ber  neue  Sfönig  jroar 
gute  SSorte,  machte  aber  ©d)toierigfeiten,   ben  Vertrag  bon  1589  ju 
betätigen.    Um  bie  Sftatififation  beS  lederen  unb  bie  SBieberbejaljlung 
ber  teils  jugunften  ber  fran^öftfe^en  föirdjen,  teils  jur  SJerteibigung 
tljrer  Vaterftabt  aufgeroenbeten  Soften  burdjjufefeen,  faljen  bie  ©enfer 
fid)  fd)lief$lidj  genötigt,  gu  nadjbrücflidjer  Vertretung  i&rer  gorberungen 
eine  flänbige  ©efanbifdjaft  am  franjöftfdjen  Jpofe  ju  unterhalten. 


Stanfreicft.  507 

$iefe  Stellung  befleibete  toon  1592/97  ber  optimtftifd)  angelegte 
5ßaul  ©fjebalier,  ber  berartig  unter  bem  ffiinfluffe  ber  geminnenben 
5J5erfönlid)feit  $einrid)3  IV.  ftanb,  ba&  er  beffen  überzeugter  Partei* 
gonget  mürbe.  Sein  Siadjfolger  hingegen  in  ben  Sauren  1597—1609, 
Cljapeaurouge,  mar  ein  nüchterner  Staatsmann,  ber  trofr  aller  freunb* 
fdjaftlidjen  8ufid)arungen  beS  ©ourbonen,  ber  e£  befanntlid)  mit  feinen 
SSrrfpredjungen  nid)t  alljugenau  nafyn,  fdjliefjlidj  bie  Überzeugung 
gewann,  baft  feine  83aterftabt  meniger  auf  bie  Unterftöfcung  grant* 
reid)8  ate  biejenige  ber  ©djmeij  ju  rennen  Ijabe. 

3mmerljin  fefcte  ber  erfte  ©efanbte  bei  bem  franjöftfdjen  Könige 
bte  Slnertennung  ber  infolge  be$  Sertraged  toon  1589  aufgenommenen 
©elbfummen  burdj.  mäfcenb  ber  jroeite  bie  ©ejaljlung  eines  gtto&en 
leite  berfelben  fomie  jur  Äbmeljr  einer  SBieberljolung  be8  1602  öon 
ben  ©atootjern  gegen  ©enf  in  ©jene  gefegten  Überrumpelung3toerfud)e$, 
ber  fog.  »escaladec,  eine  regelmäßige  ©elbunterftüfoung  jur  Unter« 
Haltung  einer  ©arnifon  erlangte.  ©benfo  öerftanb  er  eS,  feinen  in 
grantreid)  mo^nenben  ober  bafelbft  ljanbeltreibenben  SWitbürgern  eine 
8n$af)l  Don  Sßrtoilegien  au$jumirfen.  Sagegen  beftanb  $einridj  IV. 
Ijartn&dfig  barauf,  ba£  uon  ben  ©enfern  bem  #erjoge  bon  ©abogen 
mit  SBaffengemalt  abgenommene  ©ebiet  t>on  ®ej  für  Sranfreidj  ju 
behalten. 

5)urd)  bie  $epefd)en  ber  ©enfer  ©efanbten  mar  ber  S3f.#  ber  ju 
feiner  Arbeit  audj  bte  $arifer  8frd)toe  benufot  Ijat,  in  ben  ©tanb  ge* 
fefct,  ein  anfd)autid)ed  93ilb  bom  franjöfifäen  $ofe  unb  ben  an  bem« 
felben  mafegebenben  ?ßerfönltd)feiten  unter  ber  {Regierung  be$  erften 
bourbonifdjen  ffönigS  ju  entroerfen,  ebenfo  mie  er  und  in  einer  1902 
erfdjienenen,  auf  benfelben  Duellen  beruljenbcn  ttnterfudjung  »Les 
derniere  deßseins  de  Henri  I V«  über  beffen  lefrte  Sßläne  bemertenä* 
merte  Huffdjlüffe  gibt. 

(Strasburg.  Hollaender. 

L'Abbö  P.  Richard,  La  Papaute  et  la  Ligue  frani^üse.  Pierre 
d'£pinac,  archevöque  de  Lyon  (1573—1599).  Paris,  Picard ;  Lyon,  Cote. 
1901.  XXXVII  u.  672  <5. 

Unter  ben  jafjlreidjen  SBerfen,  meiere  in  grantreidj  in  ben  legten 
Jahren  über  bie  Sigue  erfdjienen  ftnb,  berbient  bie  öorliegenbe  Wo» 
grap^ie  befonbere  Seadjtung. 

$ierre  b'(£pinac,  1540  geboren,  feit  1573  ©rjbifdjof  bon  fityon, 
fptelte  1576  bei  ben  33erbanblungen  ber  3ieid)3ftänbe  ju  SloiS  al* 


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Sranfrei*.  509 

inerft  motten  ift,  ber  Beruhigung  5ranfreidj$  unb  ber  ©adje  $ein« 
ridß  IV.  Don  nid)t  geringerem  Stufen  getoefen  ift  ald  beffen  (Sieg 
Don  3Drt),  inbem  fie  ben  »Guisardsc,  ben  SRännern  ber  ©arrifaben 
unb  ber  StaatSftreidje,  bie  SWatte  ber  ©djein&eiligfeit  Dom  @efid)t 
geriffen  unb  fie  bem  ©potte  ber  Nation  preisgegeben  Ijat.  $ier 
werben  bie  aud)  fonft,  fo  in  bem  Sßamp&tet  » Anti-Ga verston  c  gegen 
ben  (Erjbifdjof  Don  Stjon  auSgefprodjenen  Slnfdjulbigungen  jufammen* 
gefaxt  unb  Derbid)tet.  Sefannttidj  Gilbert  bie  Satire  eine  ©ifcung 
ber  9ieid)$ftänbe  im  SouDre  1793.  S)ie  nadjeinanber  auftretenben 
maßgebenben  äRitgtieber  ber  Sigue  entlüden  Ijier  bie  geheimen  8e- 
»eggrünbe,  bie  fie  bei  tyrem  Zun  geleitet,  fo  au$  Spinae.  8u& 
einem  Anhänger  ber  neuen  Seigre  ift  er  ju  iljrem  erbitterten  Seinbe 
geworben;  an  biefem  OejtnnungStoedjfel  ftnb  bie  fpanifdjen  fcublonen 
unb  bie  HuSftdjt  auf  einen  Äarbinatt&ut  nid)t  unbeteiligt.  An  ber 
ftataftrop&e  be$  #erjog$  §einridj  Don  ®uife  ift  er  mitfdjulDig,  ba 
er  tfjn,  aö  er  Don  99loi$  t^abe  abreifen  rooflen,  jum  bleiben  bewogen 
fjat.  äRit  feiner  leiblichen  ©djmefter  $at  er  ein  fträflidjeS  SerljältmS 
unterhalten,  $n  folgen  ©ifer  rebet  er  ftd)  für  bie  f$(ed)te  ©adje 
ber  Sigue,  bie  er  Dertritt,  hinein,  baß  er  am  Schlug  feine*  mit 
banalen  Lebensarten  unb  lateinifdjen  Qitaten  auSgeflidten  Vortrage* 
fo  in  @d)toeiß  geraten  ift,  baß  er  bie  Serfammlung  Derlaffen  muß, 
um  ba$  #embe  ju  toedjfeln. 

Widjarb  f)at  bie  HrdjiDe  }u  SRom,  ?($ari$,  Xurin  unb  Stjon  fleißig 
benufet  unb  neben  bem  urtunblidjen  ein  reidjeS  gebruefteä  äRaterial 
unb  jtoar  außer  ben  jeitgenöffiftfcen  SRemoiren  unb  OefdjidjtSroerfen 
yri)treid)e  glug*  unb  @d)mäfjfd)riften  jener  3eit  milber  *ßarteileiben* 
fd>aft  herangezogen,  uon  betten  übrigens  aud)  bie  ©traßburger  Uni« 
DerfttätS*  unb  flanbesfbibliotfjef  eine  größere  Sammlung  befifct.  3n 
anerfennenSroerter  Steife  Ijat  er  aud)  bie  für  feinen  gelben  ungünftig 
lautenben  Angaben  und  nid)t  Dorentfyalten  unb  ift  unbefangen  genug, 
über  bie  »Histoire  universellec  Don  Ägrippa  b'Subigne  ju  urteilen : 
wS)er  fanatifdje  §ugenott  jeigt  gegenüber  bem  fanatifdpn  Siguiften 
Spinae  eine  feltene  Unparteilichkeit,"  greiltc^  betrautet  er  eS  al« 
feine  Aufgabe,  bie  gegen  <£f)arafter,  $oliti!  unb  SebenStoanbel  Spinae« 
erhobenen  Sortoürfe  ju  entträften  unb  too  iljm  bied  nidjt  möglich, 
tyn  bamit  }u  entfäulbigen,  baß  bie  meiften  feiner  3^itgenoffen  aud) 
nidjt  beffer  als  er  getoefen. 

3mmerf)in  muß  er  jugefteljen,  baß  (Efprgei)  bie  §aupttriebfeber 
feiner  $anblungen  getoefen,  baß  er  ben  föarbinal*f)ut  nadjeinanber 


510  öiteratuvberidjt. 

burd)  Vermittlung  be8  ffönigä,  be8  #erjog3  Don  SKatyenne,  burd) 
©aboljen  unb  Spanien  }u  erlangen  gefudjt  unb  um  biefc  3*1 
ju  erreichen,  in  einer  bon  il)m  felbft  berfajjten  anonymen  ©enffdjrift 
feine  Verbienfte  möglidjft  Ijerauggeftridjen  f)at  SBir  erfahren,  bajj 
(Spinae  firdjlidje  ©infünfte  jugunften  feiner  Verroanbten  öeroenbet, 
fein  unb  ber  ©einen  Vermögen  burd)  ein  toerfdjroenberifcbeS  unb 
fd)roelgerifd)e£  Seben  aufgejeljrt,  fid)  baburd)  in  ©djulbenlaft  geftürjt 
unb  aud)  ben  Orunb  }u  ber  Sfrantyeit  gelegt  fyat,  bie  i§n  in  ben 
roid)tigften  9lugenblicfen  jur  Untätigfeit  Derbammte.  S)ie  gegen  ben 
©rjbifdjof  erhobene  2infd)ulbigung  be3  SnjeftS  gab  $apfi  ©ijtu3  V. 
Veranlaffuug  ju  einer  Unterfudjung,  unb  Element  VIII.  toeigerte  jidj 
wegen  ber  ungünftigen  Veridjte,  bie  iljm  über  bie  Vereisungen  be§ 
SKrdjenfürften  ju  bem  weiblichen  ®efd)led)te  Vorlagen,  feine  Ernennung 
jum  Karbinal  ju  aofljiefjen. 

£rofe  aliebem  Ijält  ber  Vf.  iljn  unter  ben  bamaligen  franjöftfcljen 
Vifd)öfen  für  einen  ber  ad)tung£roerteften  unb  glaubt,  e£  iljm  Ijodj 
anrechnen  $u  fotten,  bafc  er  gleidjjeitig  gattifanifd)  unb  römifd)  ge* 
ftnnt  gemefen  fei,  t)or  allem  aber  als  granjofe  gefüllt  Ijabe,  oljne 
babei  bie  Vereisungen  ju  ben  Sotljringern  ju  öernadjläffigen  (siel). 
Vor  allem  aber  rüljmt  er  feinen  unbebingten  @ef)orfam  gegenüber 
bem  päpftlic^en  Stuhle  unb  feinen  Ijartnädfigen  SBiberftanb  gegen  ben 
Vearner.  S13  roürbiger  üftadjfolger  be$  SParbinalS  bon  Sottjringen 
Ijabe  er  fidj  um  bie  SRadjmelt  unb  befonberS  um  bie  Äirdje  Ijolje 
Verbienfte  ermorben. 

©o  roenig  man  fid)  mit  ber  Xenbenj  be3  SBerfeS  unb  ben 
©cfylu&folgerungen  be$  Vf.  roirb  einberftanben  erflären  fönnen,  fo  ift 
fein  Sud)  bennod)  megen  ber  Sude  be£  barin  mitgeteilten  SRaterialS 
als  ein  mertooller  Veitrag  jur  ®efd)id)te  granfreidjS  in  ben  beiben 
legten  3)e$ennten  be8  16.  3aljrl)unbert$  anjufef}en. 

©traßburg.  Hollaender. 

E.  Rodocanachi,  Les  Infortunes  d'une  petite-fille  d'Henri  IV, 
Marguerite  d'Orlöans.  Grande- Duch esse  de  Toscane  1645 — 1721.  Paria, 
Flammarion.  VII  u.  509  ©. 

SBie  man  au£  ber  ©eitenjabl  erficht,  Ijat  ber  Vf.  ben  Seben** 
fdjidffalen  feiner  #etbin  —  ber  Softer  ©aftonS  Don  Drlean*,  Sruber 
Subroigg  XIII.  —  ein  biefeö  Vud)  gemibmet.  ®3  bringt  manche 
fulturljiftorifd)  intereffante  latfadje  über  fyöfifdjeS  Seben  jener  Jage 


gfranfreid}.  511 

unb  über  bie  3uftänbe  in  granfreid)  unter  Submig  XIV. ;  e$  ift  aber 
bod)  feljr  fraglich,  ob  ber  Oegenftanb  eine  fo  breite  ©etjanblung  Der» 
bient  tjat.  SWit  roiffenfdjafttidjem  ©mft  merben  mir  in  lejt  unb  9fa» 
merfungen  über  $atfad)en  belehrt,  bie  bod)  fe^r  nebenfäd)tid)er  SRatur 
ftnb.  SWargarettje  Don  Orleans  mirb,  16  jährig,  bem  bamaligen  @rb* 
prüfen,  fpöteren  Orojfterjog  (Eoftmo  III.  pon  glorenj,  permäljlt, 
einem  feljr  unbebeutenben  SWanne,  ber  in  feiner  $infidjt  bem  (eiben« 
fdjaftlidjen  Temperamente  ber  jungen  granjöfin  genügt.  SRad)  ben 
Perfdjiebenften  ©Sfapaben  fefet  fte  1674  bie  Trennung  öon  iljrem 
©emaljle  burd),  tetjrt  in  iljre  $eimat  jurücf,  um  Ijier  juerft  im  Sflofter 
SRontmartre,  bann  in  ©t.  SWanbe  ein  nid)t&  meniger  al£  befcfjaulic^eS 
fieben  ju  führen,  für  ba3  aber  Submig  XIV.  ftetS  eine  gemiffe  SRad)* 
fid)t  jeigt.  SBäljrenb  man  fte  früher  mit  bem  #erjoge  Kart  Pon 
Sorfjringen,  bem  lürfenjieger,  in  Serbinbung  brachte,  werben  jefct 
ftammerbiener  unb  ©taflmeifter  ibre  Vertrauten.  Sud)  fonft  ift  fie 
für  tyre  Oberinnen  unb  äufpaffer  ein  ferneres  Jtreuj.  2)ie  fetjr 
milbe  Stimmung,  bie  9tobocanad)i  für  feine  $etbin  empfinbet,  äußert 
fid)  motjl  am  beften  im  Xitel  unb  im  83ud)e  felbft,  mo  er  Pon  infor- 
tunes  unb  imprudences  fpridjt.  (£3  ift  manchmal  eine  infortune, 
ba&  Sud)  (efen  $u  muffen,  unb  e$  mar  Pießeidjt  eine  imprudence 
pom  93f.,  baSfetbe  ju  fdjreiben.  0.  W. 

Lettres  de  Madame  Roland.  Publikes  par  Claude  Perroud. 
Tome  II.  1788—1793.  (Collection  de  documente  inädite.)  Paris,  Im- 
primerie  Nationale.   1902.   827  ©. 

55er  Porliegenbe  jmeite  QJanb  bicfeS  grofe  angelegten  SBerfeS 
(über  »anb  1  f.  #ift.  Seitfär.  90,  334)  entfjält  bie  ©riefe  ber  grau 
SRolanb  pom  Snfang  beS  3al)re«  1788  bis  ju  intern  lobe,  SRoPember 
1793,  alfo  au«  ber  3«*»  in  ber  ba«  politifdje  Snterejfe  Pormiegt. 
®tetd)  im  3a^re  1788  fef)en  mir  e$  mad)  werben,  um  bann  erft 
gegen  ©nbe  biefeS  bemegten  SebenS  Por  ber  großen  fieibenfdjaft, 
meiere  grau  SRolanb  für  ben  ©tronbiften  93ujot  ergriffen  t>at,  mieber 
ju  perblaffen.  @o  enthält  benn,  im  ©egenfafo  ju  99anb  1,  biffer 
jmeite  ©anb  nidjt  menig  Sntereffanted  für  ben  politifdjen  $iftorifer. 
$ter  fei  nur  auf  eine  Steige  Pou  ^Beobachtungen,  bie  ju  machen  ftnb, 
ljtngemiefen.  SBtr  lönnen.  au«  biefen  ©riefen  ben  ©rab  ber  politi* 
fdjen  ©Übung  unb  politifdjen  Stlarfjeit  grau  {RolanbS  unb  tyrer  ^artei- 
gen offen,  ber  ©tronbiften,  fefyr  genau  fennen  lernen.  SBtr  finben  iljn 
fetjr  gering.    SRidjt  ©ebanfen,  fonbem  ein  gemiffer  SRabifaliSmu* 


j 


512  2iteraturberid)t. 

be3  fcerjen*,  be«  ©efüljte  unb  —  SBorte  ftnb  ba£  (gntfdjeibenbe  bei 
biefen  o^ne  3roeifel  eljrfidjen  Staturen.  $a&  Königtum,  um  nur 
einige  SBeifpiele  ju  nennen,  erfdjetnt  SWabame  {ftolanb  al8  le  comble 
de  l'absurdite  (©.  323).  —  §öufig  finb  trafen  Stouffeau*,  urie  bie, 
bafe  Tint^ret  du  peuple  est  n^cessairement  juste,  puisqu'il  est  l'in- 
töret  g6n&ral  (©.  130).  —  SBir  muffen  jur  greiljeit  gelangen  (fdjreibt 
fte  im  3uli  1791,  ©.  317)  füt-ce  &  travere  une  mer  de  sang  — 
SBorte,  bie  fte  aUerbingS  im  Original  roieber  ftrid).  —  ©tma$  ©e* 
banfenärmered  al$  ben  Sßrogrammartifel  qui  faut-il  61ire?  (3um 
1791,  6.  293)  lägt  ftd)  foum  benten.  —  Hu$  bie  überfdjmängüdje 
Serounberung  für  StobeSpierre  gehört  Ijierljer,  meiere  natürlich  in 
bemfelben  äugenblidf  aufhört,  in  bem  er  ber  geinb  ber  ©ironbiftat 
mirb.  —  Sin  SBaterlanb  fyiben  bie  granjofen  erft  feit  ber  iftctooluiion, 
erfahren  mir  au$  bem  erften  ber  bieten  ©riefe  an  SJancal  beS  3ffart§ 
(1790,  6.  97.  W\t  SSancal  mürbe  übrigen«  bie  greunbfdjaft  an* 
®efd)äft3rücffid)ten  angefnüpft,  um  nämlid)  mit  iljm  jufammen  Sirdjen* 
gut  }u  taufen,  ein  geroinnbringenbeS  Unternehmen,  für  baS  man  balb 
ben  fdjönen  SupljemiSmuS  erfanb:  s'attacher  au  sol  de  la  Revo- 
lution). 

©eljr  intereffant  ift  folgenber  ©a|j  au8  bem  September  1789, 
ein  meiterer  ber  Dielen  Sefege  für  bie  liberale  Haltung  beS  alten 
Abels  in  bamaliger  3"*-  ®*e  SWeugeabelten,  fdjreibt  äRabame  JRolanb 
(©.  60),  finb  überall  bie  Sräger  ber  SReaftion.  »Vous  ne  voye* 
partout  que  petits  coneeillere,  petita  financiers,  que  filß  de  bou- 
langer,  de  cabaretier,  qui  sont  furieux  aujourd'hui  de  se  voir 
rapprocher  de  leurs  parente,  et  qui  crient  anathäme  &  la  Revo- 
lution.« 

©egen  tyre  ebenfo  roarm  ermiberte  Seibenfdjaft  für  Sugot  f^Qt 
grau  {Rolanb  mit  Aufbietung  aller  tyrer  fträfte  fiegreic^  angefümpft. 
31jre  ©efangenfejung  fjat  c$  iljr  ermöglicht,  bauemb  rein  }u  bleiben. 
3n  fünf  fdjönen  ©riefen  an  ®ujot  (baöon  einer  neu)  preift  fte  ftdj 
glücflidj  wegen  biefeS  ©efängniffeS,  ba$  fte  in  bie  Sage  üerfefce, 
iljrem  eiferfüdjtigen  (Satten,  ber  nid)t  an  itjre  Xugenb  glauben  wollte, 
entrüdft,  in  ©ebanfen  nur  bem  ©eliebten  leben  ju  fönnen,  otjne  bocf> 
Dom  Sßfabe  ber  Sßfüdjt  abjuroeidjen.  SBeld)  ein  ©egenftanb  für  einen 
@$illerfci)en  Monolog !  2)iefe  fünf  ©riefe  finb  roettauS  bog  ©djönfte, 
ma3  5rau  Sftolanb  getrieben  tjat;  fte  finbet  in  iljnen  untoergejjlid>e 
SBorte  ber  Seibenfdjaft  unb  ber  ©ntfagung,  ber  Sogalität  unb  ber 
Zapferfeit  im  Sngefidjt  be8  XobeS. 


grontrelcf).  513 

Hudj  für  bie  gärten  biefc*  grauen  d)arafter8  inbeffen  ftnben  mir 
in  bem  üorliegenben  ©anbe  ©eroeife.  3n  einem  aflerbing*  nid)t  ab« 
gefanbten  ©riefe  an  JRobeSpierre  au£  ben  legten  SBodjen  bor  iljrer 
Einrichtung  berfagt  fie  ftd)  nid)t  einen  ^äfiüdjen  ©eitcn^ieb  auf 
SMariesflntoinette,  bie  in  jenen  lagen  gerabe  in  tyrem  $rojefs  um 
tyr  Seben  fämpfte  (<§.  522  f.).  Hudj  ber  fritoole  Iroftbrief  an  SWon« 
tane,  ber  bon  feiner  grau  getrennt  gefangen  fag  unb  fid)  mit  eifere 
füdjtigen  ©ebanfen  quälte,  gehört  tyierljer  (©.  510). 

Über  bie  Arbeit  beS  $erau£geber£  tann  nur  ba£  ^öc^fte  2  ob, 
n>eld)e£  fdjon  bem  erften  ©anbe  jufam,  mieberljolt  »erben,  o&ne  bafj 
man  biefem  ©ajtbe  gegenüber  ba8  ©ebenten  auöjufpredjen  brauste, 
meldpd  bort  geltenb  gemadjt  mürbe  (ob  nämlidj  ber  Hbbrutf  aller 
(jier  veröffentlichten  ©riefe  lofjne).  (£3  ift  bef  onber8  auf  bie  Anfänge 
über  ben  greunbe**  unb  ©efanntenfreiS  ber  Kolanbd  §u  berroeifen 
(©.  549—793),  in  benen  eine  ungeheure,  UebeöoQe  Arbeit  ftetft. 
Der  Dorliegenbe  ©anb  enthält  übrigens  nid)t  fo  biete  unbefannte 
©riefe  mie  ber  erfte,  fonbem  unter  274  ©tücf  im  ganzen  nur  114 
boüftänbig  unb  18  jum  Zeil  neue,  ©eit  bem  (Erfreuten  bed  Serie» 
ift  ein  »eiterer,  bisher  unbefannter  ©rief  ber  grau  Stolanb  and  flidjt 
getreten;  er  ift  an  Satoatrr  gerichtet  unb  trägt  ba$  Datum  bed  20.  9to* 
ttember  1787  (öeröffentlid)t  in  ber  geitfdjrift  La  Revolution  Franc;, 
Ȋrjljeft  1903). 

greiburg  i.  ©.  Adalbert  Wahl 

Lee  Däbuts  de  la  Revolution  dana  les  departements  du  Cher  et 
de  l'Indre  (1789—1791)  par  Marcel  Bruneau.  Paris,  Hachette.  1902. 
470  6. 

Z)iefe  $robinjialgefd)id)te  bon  ©errt)  in  ben  3at>ren  1789—1791 
fteüt  einen  ungemein  mistigen  Seitrag  }u  unferer  SBiffenfdjaft  bar; 
ja,  ed  ift  rooljl  nidjt  ju  diel  gefügt,  menn  man  ba8  SBerf  als  eine« 
ber  förbernbften  bejeid&net,  bie  überhaupt  über  bie  franjöfifdje  SRebo* 
lution  gefdjrieben  roorben  fmb.  $er  ©f.,  ber  fefjr  meit  linte  fte&t 
(j.  93.  f)&lt  er  bie  ©erfafiung  Don  1791  für  eine  lebensfähige),  ift  bod) 
ganj  unb  gar  frei  Don  irgenb  roeldjer  politifdjen  Jenbenj.  5)ie  Arbeit 
ru&t  femer  auf  feljr  au8gebel)nten  ard)toalifd)en  ©tubien,  fo  bajj  man 
H)re  SRefuftate  in  ben  meiften  gälten  als  ebenfo  neu  roie  ju&erläffig 
erfennen  mirb.  Unb  fo  beftfeen  mir  benn  nun  —  für  biefe  eine 
fßrotini  —  eine  Steige  öon  gefiederten  (Ergebniffen  über  Vorgänge 
unb  ©ntmieflungen,  über  bie  gerabe  fyeutjutage  Ijeifi  geftritten  toirb. 

$Htott1$e  8ettf(*tift  (Ob.  94)  W,  fr  ©*.  LVI1I.  33 


J 


514  Stteraturberidjt. 

Sine  bcr  toidjtigften  biefer  Streitfragen,  um  auf  ein  SJeifpiel  f)in- 
juroeifen,  ift  folgenbe:  ©inb  bie  fütyrenben  SRänner  ber  Sfteoolution 
burdj  bie  Oelüfte  unb  2Radjenfd)aften  ber  Sleaftionäre  am  §ofe  unb 
unter  ben  Sßrtoilegierten  erft  ju  ifjren  roa^nfinnigen  Übertretbungen 
unb  ®reueln,  unter  benen  bie  SBelt  fjeute  nodj  leibet,  veranlagt  ober 
gar  gejnmngen  roorben  (fo  Bularb)  ober  §aben  fief}  biefe  au3  bem 
Uufcerftanb,  ber  Unbitbung  unb  ben  Seibenfcfyaften  ber  {Revolutionäre 
Don  felbft  in  eigener  notroenbiger  ffintroieftung  ergeben  (fo  ©gbel  unb 
Jaine)?  3n  aßen  einjelnen  fünften  toirb  festere  Huffaffung,  für 
©errt),  ganj  unb  gar  beftätigt.  33on  SRealtion  unb  Sntriguen  ber 
privilegierten  feine  ©pur!1)  SBir  finben  Vielmehr,  bog  festere  ftd) 
faum  toerteibigen.  SBir  beobachten  ben  tooMommenften,  ganj  unge« 
fätpbeten  Sieg  ber  {Resolution.  Stuf  ber  anberen  ©eite  fe&en  mir, 
tote  bie  ftetS  Übertreibenben  Oefefce  unb  SWaßnaljmen  ber  ffonftituante 
Don  fei  ber  überall  ben  ßroift  unb  bie  (Störung  in  bad  anfänglich 
fo  einmütige  Soll  hineintrugen  unb  fo  ben  ©runb  legten  für  bie 
fpätere  ©eroaltljerrfdjaft.  (£3  fei  in  biefem  ßufammenijang  auf  bie 
fdjtedjte  Einrichtung  ber  ©elbftoertoaltung  toertoriefen,  roeldje  überall 
bie  toaljre  SKad)t  in  bie  fleinften  33erbänbe  legte  unb  eine  üolltommene 
Hnardjie  Ijeröorrief  (gang  otjne  3utun  ber  SReattionöre),  bie  ftd)  am 
empfinblidtften  im  9lu$bleiben  ber  ©teuern  jeigte  (©.  217  ff.).  Sine 
Solge  baöon  mar  ferner  ber  öoflftänbige  3ufQnimenbrud^  aller 
Oeuvres  de  Charit^  (©pitäler,  ginbelljäufer  2c.)  unb  ungeheure« 
ffilenb  ber  »rrnen  (©.  304  ff.),  «IS  bann  bie  erfte  {Regierung  auf* 
trat,  meiere  bem  Sanbe  roteber  Opfer  jumutete  unb  in  ber  %at 
jumuten  mußte,  fanb  fte  faum  anbere  {Kittel,  um  bie  9nard)ie  }u 
befettigen,  al$  Slut  unb  ©cfjredfen. 

Sud  bem  reiben  Snljalt  ber  ©djrift  fei  nod)  folgenbed  ljeröor* 
gehoben:  33on  größtem  Sntereffe  finb  bie  Mitteilungen  über  ba* 
gunftionieren  ber  neuen  33ern>altung$mafd)tne  (paffim  unb  cor  ollem 
©.  173  ff.),  ferner  bie  über  bie  Silbung  ber  Departement*  unb 
3)tftrifte,  toeldje  unter  ben  fjeftigften  fionfüften  ber  lotalen  ^ntereffen 
bor  ftcö  ging  (©.  105  ff.).  S>er  ©erlauf  ber  SRationalgüter  (©.  245  ff.) 
fam  aud)  in  99errt)  faft  nur  bem  großen  unb  mittleren  ©runbbefifc 
jugute,  faft  gar  nidjt  bem  tteinen  ober  bortjer  beS  ßanbeö  entbehren* 


l)  Äl*  ber  Impöt  patriotiqae  befretiert  toorben,  ftnb  eS  neben  einigen 
eifrigen  fflebotutionären   in  93errt)   nur  Sßriüilegierte,   bie  t$n   bejahen 

(6.  224/225). 


3-rantreid}.  515 

ben  greifen.  3)er  ©ourgeoiS,  ber  #auptträger  ber  9tet)oIution#  roirb 
burd)  biefen  SSerfauf  ber  SRationalgüter  mit  feiner  roirtfdjaftlidjen 
Cjiftenj  ganj  unlösbar  mit  il)r  toerbunben;  er  ttrirb  in  ber  Kegel 
Safobiner.  —  Der  energifdje  SBiberftanb  be$  JHeruS  gegen  bie  3teöo* 
lution  fegt  erft  mit  ber  gituHonftitution  ein  (®.  337  ff.) ;  gegen  bie 
SJefdjlüffe  ber  9cad)t  bed  4.  Sluguft  erljob  fid)  in  Serrlj  fein  einziger 
$roteft,  gegen  bie  ffitnjieljung  be$  ffirfynguteS  nur  ganj  bereinjelte ; 
bie  ditultonftitution  aber  begegnete  fofort  einer  leibenfdjaftlidjen  Dppo* 
fitum.  $3  ift  ni$t  anberS:  ber  alte  franjöfifdje  SleruS  ift  mit  aßen 
Gfjren  untergegangen.  2>ie  materiellen  Serlufte  Ijat  er  (mit  behält« 
nttmS&ig  geringen  SuSnaljmen)  gebulbig  ertragen  unb  fidj  erft  jur 
»eljr  gefefct,  al£  e$  ftcf)  um  $öfjere  Oüter  Ijanbelte.  —  ffiertboH  ftnb 
aud)  be§  83f.  Mitteilungen  über  bie  ©rigantenfurdjt  im  Suli  1789 
unb  iljre  grofee  Sebeutung  für  bie  ffintroicFlung  ber  3)inge.  3nbeffen 
erforbert  biefeS  feltfame  ^önomen  —  eine  ber  nidjt  roenigen  im  eigent« 
liefen  ©inne  patl)ologifcf)en  (Jrfdjeinungen  ber  ftebolution  —  nod) 
befonbere  Untersuchungen,  mie  und  fürjtid)  (1904)  Sonarb  eine  für 
eine  anbete  $rot>in}  (3)aup$ine)  in  fo  muftergülttger  gönn  gc* 
boten  Ijat. 

Sticht  beipflichten  fann  idj  bem  8f.,  roenn  er  meint  (©.  351), 
bie  gibilfonftitution  erft  habt  „au$  bem  Flamen  ®aflifani8mu$  eine 
Saljrfyeit  machen  moQen":  ber  ©afltfani$mu&  mar  Dörfer  fdjon  eine 
Bereit. 

Sreiburg  i.  $.  Adalbert  Wahl. 

Le  rägime  de  la  presse  pendant  la  Revolution  fran9aise.  Tome  II. 
Par  Alma  Soederbjelm.    Paris,  Hachette.    1901.    III  u.  216  <5. 

Der  jroeite  95anb  biefer  fleißig  gearbeiteten  SRonograpljie  über  bie 
^re&berljältniffe  5ranfreid)$  roäfjrenb  ber  SReöolutionSjeit1)  ift  mit 
berfelben  Umfielt  unb  ©rünblidjfeit  berfafet,  bie  mir  am  erfteu  ju 
rühmen  Ratten.  Sie  Cerfafferin,  meiere  ein  längerer  Aufenthalt  in 
$arid  mit  ben  reiben  ©djäfcen  ber  bärtigen  Ärdjtoe  unb  ©ücfyer« 
fammlungen  vertraut  gemacht  Ijat,  unb  bie  nebenbei  bie  neuere 
Siteratur,  befonberä  ÄularbS  grunblegenbe  Etueflenfammlungen,  and* 
giebig  benufot,  tjat  fid)  ber  müfjfamen  Arbeit  unterzogen,  neben  ben 
amtlichen  Verfügungen,  ben  Älub&ertyanblungen  unb  ^Jolijeibcric^tett, 
aud)  eine  grofce  Stu^at)!  löngft  üerfdjottener  giugfd)riften  jener  ^eriobe 

!)  $.  8.   »anb  89,  @.  127. 

33* 


516  Siteraturbertdjt. 

au$  ben  Seftänben  ber  Biblioth&que  Nationale  ausgraben,  um  fo 
$u  einem  uuparteüfdjen  ©efamtbüb  ber  öffentlichen  SKeinung  unter 
ber  tfjermiborianifdjen  SReaftion  unb  bem  2)irettorium  $u  gelangen. 
Sreilid)  mufe  aud)  l)ier  lieber  ba$  fdjon  Dom  erften99anbe@efagte  wieber« 
Ijolt  werben,  bafe  wegen  Dollftänbigen  9ftangel$  an  OueHenmaterial, 
ba£  erft  müfyfam  auS  aOen  SepartementalardjiDen  aufammcngetragen 
werben  mü&te,  bie  ©oeberljjelmfdje  Arbeit  fid)  eben  mefenttid)  nur 
mit  ber  5ßarifer  Sßreffe  befdjäftigt  unb  man  in  i&r  feine  ttuSfünfte 
über  bie  iournaliftifdje  lätigfeit  in  ben  5ßrobinjen,  über  3al)l  unb 
Sebeutung  ber  Qt\t\m%tn,  über  ba£  33erl)aften  unb  SSorge^en  ber 
lofalen  Beworben  ber  treffe  gegenüber  erwarten  barf,  waS  felbjtoer* 
ftänblid)  ber  33erfafferin  burdjauS  nidjt  jum  SSorwurf  gemalt  wer« 
ben  foli. 

©efonberS  intereffant  unb  für  mannen  Sefer  bietteicbt  neu  ift 
bie  ©cfyilberung  ber  brafonifdjen  SRaßregeln,  welche  ba£  $)ireftorium, 
nad)  bem  ©taatfcftreid)  Dom  18.  gructibor,  burd)  bad  ©efefc  Dom  fol* 
genben  Jage  gegen  bie  Sßreffe  Derfügte  unb  bie  ber  jeweiligen  Sie* 
gierung  faft  DoOftänbig  freie  $anb  in  ber  ®ef)anblung  ber  gleidjfam 
bogelfrei  erftärten  Sournaliften  gewährten,  bi$  ba§  ©efefe  Dom  14.  Iljer* 
mibor  VII  (l.  äuguft  1799)  eine  gemiffe  SBanblung  f Raffte,  wobei 
bem  SMreftorium  immer  nod)  bie  33efugni$  blieb,  unliebfame  geitungfc 
fdjreiber  ju  beportieren ;  t%  war  bieS  eine  ©efugniS,  auf  beffen  prafc 
tifdje  ÄuSnufcung  ba$  SDireftorium  ebenfomentg  Derjidjtete  wie  feine 
Stadjfolger  Dom  18.  ©rumaire.  $a3  Äonfularbefret  Dom  27.  Kibofe 
VII  (17.  Januar  1800)  madjte  übrigens  ber  angeblich  nod)  &u  SRed)t 
beftefcenben  $reßfreif)eit  fo  grünbtid)  ein  @nbe,  baß  bie  Serfafferin  mit 
9ted)t  an  biefem  fünfte  ifjre  Säuberung  abgebrochen  fjat. 

3)er  fd)lid)ten,  fdjmudloS  gefdpriebenen,  aber  befto  Rareren,  burcfc 
fi tätigen  StarfteHung  ber  33erfafferin,  welcher  nur  Ijödtft  feiten  eine 
©pur  fremblänbifdjen  SuSbrucfö  anhaftet,  ift  alleS  Sob  ju  jotten. 
3)ie  paar  öerfdjreibungen  (motyt  meift  nur  Drucffe^ler)  in  $erfonen* 
namen  ober  3o^^n  anjufüjjren,  lofjnt  fid)  nidjt  R 

Alfred  Rambaud,  Jules  Ferry.  Paris,  Plön  Nourrit.  1903.  XIII 
u.  553  5. 

©djon  fjeute  fann  eS  für  ben  aufmerffamen  Seobadjter  ber  fran« 
Aöfifdjen  jeitgenöffifdjen  ©efdjictyte  faum  einem  3meifet  unterliegen, 
bog  neben  ©ambetta  fetner  unter  ben  Sorfämpfern  ber  britten  9te* 
publit  eine  fo  fefjr  in  bie  gerne  wirfenbe  Stolle  gefpielt  Ijat  wie  ber 


SronfTdd).  517 

Sotljringer  SuleS  %mt),  feiner  eine  lätigfeit  enttoicfelt  Ijat,   bie  roie 
bie  feine  nod)  auf  Sabrjeljnte  f)inau3  bie  innere  unb  äufcere  ©efd)id)te 
feineö  Saterlanbe*  in  äufeerft  mistigen  fragen  beftimmen  roirb.  919 
fflebner  aHerbingS  fteljt  er  bem  iBoltetribun,  mit  bem  er  faft  jugleid) 
bie  politifdje  Caufbaljn  aK   „unperföfjnlidjer"  Opponent  be$  fiaifer* 
reidjeS  begann,  bebeutenb  nad) ;  trog  [einer  öerporragenben  oratorifefcen 
gäljigfeiten  tyat  er  niemals  tnie  jener   bie  33olt$maffen  ju  begeiftern 
unb  Ijinjurei&en  Permod}t.    Aber  beffer  t>iedei$t  atö   ber  „«Dittator* 
Don  1870  t)at  er  e&  Perftanben,  mit  jäfjer  ©ebarrlidjfeit  einmal  ge* 
ftedte  3^1e  ju  erftreben  unb  ju  erreichen,   unb   fic^   audj  burd)  bie 
fdjnöbeften  persönlichen  Angriffe,  burd)  ben  jeitroeiligen  Serluft  jeg« 
lid&er  Popularität  nid)t  abfdjredfen  (äffen,  ba8  ©eplante  mit  Aufbietung 
aller  (Energie  in$  ßeben  ju  rufen.  SBeldje  müfrfame,  langjährige  Arbeit 
toar  eS  nidjt,   bie  geiftige  Umbilbung  bed  franjöfifdjen  Solid  burd) 
bie  neuen  Unterridjt$gefejje  porjubereiten  I  SBeldje  anbere,  unbanfbare 
Hufgabe,  feinen  SanbSleuten  neue  Abfafcgebiete  ju  erroerben  unb  iljnen 
bie  SRöglidjfeit  ju  gemäßen,   nod)   einmal  KolonifationSPerfudje  in 
größerem  URa&ftab  anjuftettenl   Aber  gerabe  biefe  (E&aratterfeftigfeit, 
biefe  3^'O^t  im  Sollen  §at  it)n  oft  unliebenSroürbig,  Ijerrifd)  er* 
fdjeinen  laffen.    ®o  ift  erf  trog  aller  feiner  öerbienfte  in  ber  3«* 
ber  JhrifW  Pon  1885,  jutn  beftgeljafcten  SDtenfdjen  in  granfreid)  ge* 
morben;  mit  feltener  (Einmütigfeit  Pon  rechts  unb  weiter  red)t3,  Pon 
lintt  unb  weiter  linfä  mit  Spott  unb  $ot  überhäuft,  mürbe  er  nid)t 
allein  Pont  äRinifterium  Derbrängt,  fonbern  felbft  Pon  feinem  Abge* 
orbnetenfijje  fjerabgefto&en  unb  auf  3al)re  f)inau3  jur  DoUftänbigen 
Untätigfeit  perurteilt.    TOan  tann  mit  SBaljrljeit  fagen,   ba&  gerabe 
feine  potitifdjen  Jugenben  tym  jur  &eit  be«  beginnenben  8Joulangi$« 
mu$  bie  AuSfidjt  auf  ben  einft  faft  fiebern  $räfibentenftul>l  ber  9te* 
publtC,  an  ©teile  (SreDgS,  geraubt  traben;   fie  Ijaben  iljm  fogar  ba£ 
fieben  gefoftet,  benn  ba3  perrfitfte  Attentat  Pom  10.  fcejember  1887 
fjat  ben  Orunb  ju  bem  $erjlciben  gelegt,  ba$  i^n  fpäter  bafyngerafft. 
Aber  eine  Genugtuung  Ijat  er  bodj  jupor  nod)  erlebt:   feine  abtrün* 
nigen  Sot^ringer  fjaben  iljn  jurücfgefüljrt  in  ben  Senat,  unb  biefe 
l)öd)fte  gefefrgebenbe  33erfammlung  granfreidjS  tjat  tyn  mit  überroie* 
genber  SWeljrljeit  an  ifjre  ©pifte  berufen;   al$  $röfibent  be$  Senat« 
ift  er  am  17.  SRärj  1893  geftorben. 

3m  Perfloffenen  Saljrjeljnt  ift  bie  irregeleitete  öffentliche  SReinung 
meljr  unb  mefcr  ju  einem  geregtem  Urteil  über  ben  Wann  jurfief* 
gefehlt,   ben   bie  SRabifalen   einft   als  ben  ,tonfinefifd)en  SSerräter" 


518  Siteraturberidjt. 

branbmarften,  inbeS  tyn  bic  Klerifalen  at£  einen  Jeufel  in  SRenfdjen» 
geftalt  bejeidjneten,  Don  ber  $öHe  berufen,   „bie  Seele  granfreid>$- 
ju  bergiften.  Sticht  nur  in  feiner  SSaterftabt  ©aint*S)ie,  am  gußc  ber 
Sogefen,  ergebt  fid)  Ijeute  fein  3)enfmal,  fonbern  audj  in  luniS  unD 
#atpl)ong  fjabeu  ifjm  jüngft  feine  banfbaren  SanbSleute  ©tanbbilber 
errietet.   3)aS  fdtfnfte  Senlmal  aber,  ba$  er  fid)  felber  geftiftet,  ba$ 
ift  bie  ftattlidje  SRei&e  berfo  f)eife  umftrittenen  UnterridjtSgefefce1),  wo* 
burd)  jebem  franjöfifdjen  Kinbe  enblidj  ba8  Stecht  auf  unentgeltlich 
erteiltes  elementares  SBiffen  errungen,  ben  (Sltern  allen,  trog  Aber* 
glauben  unb  ©eifteSträgljeit,  bie  $flid)t  auferlegt  mürbe,  bem  Staate 
nid)t  me^r  rolje,  ungebilbete  SKaffen,  fonbern  be8  SRadjbenfenS  fähige 
99ürger  ju  fteKen.    laufenbe  Don  ©djulljäufern  flehen  ftattlid),  aud) 
in  ben  tleinften  Dörfern,  ba;  §unberte  bon  Ijöfyeren  ttrijfenfdjaftlidfen 
unb  tedjnifcf)en  Setyranftalten  ftub  neu  gegränbet  ober  neu  eingerichtet 
racrben;  bem  roeiblidjen  ©efdjledjt  ift  je^t  erft,  burd)  ©rridjtung  ber 
Lycäes  de  jeunes  filles,  bie  2Röglid)feit  geboten  roorben,  fid)  Don  ber 
fnedjtenben  SBebormunbung  ber  Kirdje  ju  befreien ;  bie  SReugeftattung  ber 
franjöftfdjen  Uniberfitäten  enblid)  l)at  auf  jafjlreidje  Katfjeber  miffen* 
fdjaftlid)  gebilbete  Sebrer,  ftatt  ber  früheren  Styetoren,  gebracht,  biele 
neue  Unterrichtsfächer  eingeführt,  bem  ganjen  alabemifdjen  Unterricht 
eine  größere  SRannigfaltigfeit  unb  grei^ett  ber  Seroegung  gemährt. 
SBenn  nad)   ein  paar  SRenfdjenaltern    biefe  gerrt)fdjen  ©efefre  in£ 
Steift  unb  ©lut  ber  gefamten  Nation  fibergegangen  fein  roerben,  bann 
roirb  fein  echter  #iftorifer  mefjr  bie  ©ebeutung  be8  SKanneä  für  bie 
innere  ©efdjidjte  granfreidjS  berfennen  fönnen,  unb  toenn  ein  günftige* 
©efdjicf  bem  Sßroteftorat  über  JuniS,  ben  Kolonien  am  Senegal,  auf 
äRabagaSfar,  in  ^tnterinbien  erlaubt,  ifjren  öoflen  ölonomtfdjen  $uf* 
fdjnmng  ju  nehmen,  fo  toirb  er  aud)  ba  bie  Stolle,  bie  gerrq  beim 
(Srtoerb  biefer  auSgebefjnten  Sanbfdjaften  gefpielt,  richtig  roürbigen 
unb  faum  nod)  begreifen,   mit  meinem  Sngrimm  blinber  Sßarteimut 
iljm  biejenigen  entgegentraten,   bie  fjeute  teiltoeife  bie  ©puren  feiner 
Sßolitit  nur  roeiteroerfolgen.    Unb  felbft  btejenigen,  meiere  fidj  mit 
feinen   Kolonialplänen  nod)   immer   nid)t  ju   befreunben   Vermögen, 
fjaben  längft  ben  moralifeben  2Rut  unb  bie  (Energie  gerr^S  anerfannt, 
mit  melier  er  fid)  in  ben  Kampf  gegen  ben  SoulangiSmuS  unb  feinen 
gelben,  „ben  @aint*9lrnaub  ber  lingetSangel",  mar}  unb  nic^t  jiun 


!)  3§nen  ift  baS  ganje  jroette  ©udj  L'oßuvre  scolaire  in  bet  6djrift 
9i«  gerotbmet. 


Sronfteid).  619 

ttenigften  baju  beitrug,  bie  Spione  biefc*  $arabel>etben  über  ben  Raufen 
yt  werfen. 

(£0  ift  begreiflich,  baß  bie  Aufgabe,  ba*  ßeben  eine«  folgen 
©taatemanneö  ju  fdjilbern,  einen  @efd)idjtfdjreiber  reiben  mußte,  ber 
eJerrtj  frülje  fd)on  getannt  bat  unb  eine  ßeittang,  Kenn  aud)  erft  in 
befdjeibener  Stellung,  an  feiner  Seite  geflritten.  fllfreb  Wambaub 
ift  ald  ©djriftfteHer  aud)  in  ©eutfdjlanb  burdj  feine  ©tubien  unb 
Seiträge  jur  beutfetyen  unb  rufjtfdjen  ©efc^ic^te  im  geitalter  ber  9te? 
bofution  unb  jumeiji  roofjl  burdj  bie  mit  Smeft  Saoiffe  unb  anbeten 
iufammen  herausgegebene  Histoire  gänärale  depuis  le  quatri&me 
sfccle  jusqu'ä  nos  joure  in  12  ©änben  Ijinreidjenb  belannt;  aß 
$olitifer  Ijat  er,  nrie  man  Keift,  mehrere  Sa^re  Ijinburd)  im  ftabinett 
SReline  ba*  UnterridjtSminifterium  geleitet  unb  ift  fo,  im  engften 
Sinne  be*  Sorte«,  einer  ber  SRadjfolger  Senty*  getoefen.  SRit  $ilfe 
ber  großen  Sammlung  ber  »Discours  et  opinions  de  Jules  Ferryt, 
bie  Hf).  SRobiquet  bon  1693  bt$  1898  in  fieben  Dftaöbänben  öeranftat 
tete,  mit  3iigrunbe(egung  cine$  teilmetfe  nodj  unbetannten  SBriefroedjfelS 
beS  Serftorbenen,  aud  ber  «Julie  feiner  perfönüdjen  (Erinnerungen  unb 
benjenigen  anberer  greunbe  fdjöpfenb,  Ijat  nun  9t.  nid)t  ein  bodtom* 
raen  ausführliche«  £eben$bilb  (baju  ift  biefe  Vergangenheit  ber  ©egen* 
wart  nod)  ju  naf)e).  aber  bod)  eine  breitere  Sfijje  gegeben,  bie  bem 
unparteüfd;en  ßefer  erlaubt,  fic^  einen  richtigen  Begriff  toon  bem 
@taat*manne  &u  machen,  ber,  trofrbem  er  als  teefer  3ournalift  unb 
alS  Vertreter  Don  $arid,  auf  ber  ängerften  ßinfen  inS  polittfdje  $)a* 
fein  trat,  bod)  im  ©runbe  ein  edjt  flaat*erbaltenbe$  „SRegierungS* 
temperament"  befaß  unb  niemals  ftdj  monier  füllte,  als  wenn  er  in 
tmidjtiger  9cebe,  mefjr  aber  nod)  mit  ber  ©oüfraft  feinet  SBiflenS  bie 
entfeffetten  Strömungen  revolutionärer  Scibenfdjaft  ju  bänbigen  tyatte, 
freilief)  nidjt  burdj  ftarren  ÄonferuatiSmuS,  fonbern  baburd),  bog  er 
afle  berechtigten  Xenbenjen  ber  ©egenroart  unb  ber  nädjften  ßufunft 
in  fein  Programm  aufnahm,  um  i^nen  gegen  bie  heftige  politifdje 
Keaftion  ber  SRoljalifien  unb  Sonapartiften  unb  gegen  bie  gefttbr« 
liiere,  meil  oerborgenere,  ber  ftlerifalen  jum  Siege  ju  verhelfen. 

Sieüeidjt  Ijat  ber  Vf.  aEjufetyr  aud  feinem  Reiben  einen  „®e* 
mäßigten"  geroöbnlidjen  2)urd)fd)nitt&  gemalt1);   iebenfafl*  märe  e* 


l)  &err$  felbft  $at  Don  fid)  grfagt:  »modörö  mais  iäeolu« ;  ba«  ledere 
be*og  er  aber  ebenfo  fe^r  auf  ben  Sortfdjritt  als  auf  baS  Stille» 
fteben. 


520  2iteraturbert*t. 

münfdjenSroert  gemefen,  roenn  9t.  bie  Smpfinbungen,  bie  er  natur* 
gemäg  gegen  biejenigen  $egen  mu&te,  bie  ifjn  unb  feine  Partei  in  bat 
aHerlejjten  Sauren  Dom  @taat§ruber  entfernt  $aben,  etroaS  teeriger 
in  feine  erjäljlung  hineingetragen  fjätte;  benn  e$  Hingt  batet,  ljier  unb 
ba,  eine  gemiffe  Verbitterung  tjeroor,  bie  Dieüeidjt  bie  ©djärfe  feine« 
Urteild  beeinträchtigt,  ©o  ganj  ausgemacht  ift  e8  bod)  mofjl  nidjt, 
ba&  gerrt)  im  neuerbingö  mütenb  entbrannten  ftampf  um  bie  ©djule 
unb  um  it)re  SoSreifeung  Don  ben  geiftfidjen  Sobalitäten,  bie  feit  ber 
gaüouyfdjen  Oefefcgebung  Don  1850,  mit  $ilfe  früherer  «Staats* 
gemalten,  faft  bie  $ätfte  ber  männlichen  3ugenb  grantreidjS  (Don 
ber  meiblidjen  ganj  ju  fcfjmeigen)  unter  i§re  erjteljlidje  gudjtel  ge* 
bracht  tjaben,  —  fo  ganj  ausgemalt  ift  e8  moljl  nidjt,  fage  id>,  bafc 
gerrt)  fjeute  mit  bem  blaffen,  DerföfjnungSfeügen  Siberaltemud  feine* 
92ad)fo(ger£  unb  99iograpl)en  aufgetreten  märe.  2Ba£  Dor  20  Sorten 
nodj  nid)t  möglich  faxten,  ift  e£  jefct  gemorben :  gerri)  mar  'Dppor* 
tunift  unb  moHte  ftetö  nur  ba8  3R  ö  glidje,  um  e$  befto  fixerer 
burd}jufüt)ren.  Der  93f.  fdjeint  ganj  ju  Dergeffen,  ba&  bamatö  fdjon 
ber  päbagogifcf)  fo  tjod)  Derbiente  gerbinanb  SJuiffon,  ber  heutige 
SSeric^terftatter  ber  neuen  UnterridjtSgefefee  SombeS'  unb  (£fjaumie£, 
a(§  3)ireftor  bed  gefamten  5ßrimärunterrid)t3  bie  rechte  §anb  gerrt)S 
im  Unterrid)t$minifterium  mar.  Sr  tüttt  aud)  anfdjeinenb  gar  nid^t 
baran  benfen,  bafe  ber  Derbiente  Staatsmann,  beffen  Seben  unb  Arbeit 
er  unS  fdjübert,  ju  einer  3^it  geftorben,  mo  bie  traurige  3>re^fuS= 
Hffaire  nod)  gar  nidjt  begonnen,  mo  alfo  bie  menigften  erft  aljnen 
tonnten,  meiere  grenjenlofe  öerfumpfung  ber  fjödtften  gefeüfdjaftlidjen, 
Politiken  unb  mititürifdjen  Streife  burd)  3efuiten,  ©ominifaner  unb 
faft  bie  gefamte  SHerifei  ftattgefunben  Ijatte.  Sin  energifdjer  unb 
flar  feljenber  SKann  mie  gerrty  mürbe  jebenfaflS  meljr  ©gmpatljien 
für  baS  Sun  eineS  SBalbedMftouffeau  unb  Sriffon  a(S  für  ben  äße* 
Dertufdjenbeh  unb  ber  Sirene  ftetS  nadjgebenben  SKetine  gejeigt  Ijaben. 
3)oc^  foQ  und  biefe  SReinungSDerfäiebenfjeit  nid)t  ungeredjt  machen 
gegen  ein  fonft  red)t  geroiffenfyafteS  93udj,  baS  mofylgegtiebert  unb  retdj 
ift  an  belefyrenbem  Stoffe  unb  ba§  mir  als  einen  redjt  nüjjüdjen  Seitrag 
jur  franjöfifdjen  @efd)idjte  ber  30  3abrc,  bie  Don  1863  bis  1893 
Derfloffen,  bantbar  begrüßen.  SWur  einS  motten  mir  nod)  bebauern, 
nämlid)  bafe  neben  bem  ^otitifer  ber  2Jienfd)  fo  menig  Ijerbortritt; 
bie  30  erften  SebenSjatyre  gerrtjS  merben  auf  Dier  Seiten  abgetan, 
unb  Don  bem  ©tlbungSgang  unb  ber  ffintmicflung  biefe«  fo  hoch- 
begabten Cannes  erfährt  mau  fo  gut  mie  nichts.    Sud)  Ratten  mir 


■ 

i 


Stalten.  521 

Ijicr  unb  ba  ber  ©djilberung  9t.$  ehoaS  me&r  bramatifd}e$  Seben 
(jenmnfdjt,  eine  ©genfdjaft,  bie  fonft  franjöfifdjen  ©efdjidjtfmerfen 
nid)t  leicht  abging,  nacfygerabe  aber  —  ob  au$  Sleaftion  gegen  fru* 
Ijeren  SRi&braudj?  —  unter  ben  befferen  jumeift  gerabeju  berpönt 
fdjeint.  E. 

Relazioni  dei  Patrioti  Napoletani  col  direttorio  et  col  consolato 
«  lidea  dell*  unita  italiana  (1799—1801).  Documenti  pubblicati  e 
ülustrati  da  Benedetto  Croce.    Napoli,  L.  Pierro.    1902.    126  <5. 

Sin  Skitrog  jur  ®efcf)id)te  ber  Sßartljenopäifdjen  {Republif,  ber 
einen  lehrreichen  (Sinblicf  geroäljrt  in  bie  SBirrniffe,  in  benen  biefe 
fdjon  nadj  menigen  9Ronaten  jugrunbe  ging,  Aufgerichtet  würbe  fte 
Don  ben  liberalen  Sleapel«,  tooblbenfenben,  unerfahrenen  Sbeatiften, 
nad)  bem  ffiinjug  be$  franjöftfdjen  Oeneral*  ffiljampionnct,  eine* 
wenig  bebeutenben,  aber  eljrtid)en  SRcpublifanerS,  ber  fidj  auf8  befte 
mit  ber  neuen  {Regierung  Derfianb,  aber  bafür  in  furjem  mit  ben 
räuberifdjen  3'öiHommiffären,  bie  feinem  §eere  folgten,  berfeinbete. 
©djon  nad)  bierjeljn  lagen  (gebruar  1799)  faf)  fid)  bie  probiforifdje 
Regierung  Veranlagt,  im  Sinoerftönbnid  mit  Gfjampionnet,  eine  9b* 
orbnung  an  ba$  Direftorium  in  Sßari&  ju  fenben,  bie  um  förmliche 
Süierfennung  ber  Unabljängtgfeit  ber  SRepublif  unb  unter  ^Berufung 
auf  bie  traurige  ginanjlage  um  SRadjlaß  ber  unerfd)roinglid)en  $on* 
tributionen  nadjfudjen  follte.  Qu  biefer  Deputation  gehörte  ein  ge» 
toiffer  granceScantonio  Siala,  unb  au3  beffen  92ac^(og  flammt  ein 
Seil  ber  Rapiere,  bie  ben  ©runbftocf  ber  öorliegenben  tßublifation 
bilben.  Die  anberen  ftnb  im  9lad)laj$  eine*  feiner  greunbe,  (Eefarc 
$aribefli,  gefunben  roorben,  ber  SRitglieb  ber  proöiforifdjen  Stegie* 
Tung  mar.  SRodj  bebor  bie  Deputation  SßariS  erreichte,  Ijatte  bad 
Direftorium  einen  Sefdjlufe  gefaxt,  ber  bie  neapolitanifdjen  Patrioten 
aufS  äu&erfte  beftürjen  mufste:  Gfjampionnet  fyatte  im  Kampf  mit 
bem  oerfjafcten  ßibiltommiffär  ganpoult  ben  furjeren  gejogen,  er 
mürbe  abberufen,  projeffiert  unb  burd)  ©eneral  STOacbonalb  erfefrt, 
ber  fid)  nid)t  um  bie  ©djmerjen  ber  neapolitanifdjen  SRepublifaner 
fümmerte;  gatjpoult  lehrte  triumptyierenb  jurücf,  „bürftenb  nad)  ®o(b 
unb  Stacke".  3)riefe  5ßaribeüi3  unb  anberer  SWitglieber  ber  prooi* 
forifdjen  Regierung  an  bie  Deputation  in  $arid  fdjilbern  auSfityrlid) 
bie  ©ebrängniffe,  in  bie  fid)  bie  9tepubiif  nad)  Gfjampionnetä  Ab* 
berufung  oerfefet  fab:  auf  ber  einen  Seite  bie  unerbittlichen  ffirpref* 
fungen    unb   Kontributionen    ber   3ronjofen,    auf   ber    anberen  ber 


522  Sitftaturbericftt. 

©ürgerfrieg  in  ben  Don  ber  ©eiftlidjfeit  aufgelegten  ^roDinjen.  %m 
Sprit  mürbe  *ßartbeHi  Don  ber  proDiforifdjen  {Regierung  in  geheimer 
©enbung  nad)  SßariS  getieft,  um  bie  Deputation  münbtidj  Don  ber 
Sage  im  Sceapolitanifdjen  ju  unterrichten.  (Er  fam  aber  nur  bi$ 
©enua,  mo  jefct  infolge  ber  Weberlagen  be£  franjöftfdjen  $eere*  in 
Stalten  bie  flüchtigen  Patrioten  ^ufammenfhrömten;  bie  Deputation 
felbft  mar  Dom  SDirettorium  gar  nidjt  empfangen  morben.  Saßeqranb 
Ijatte  ifjre  SRitglieber  aufd  fdjnöbefte  bef>anbelt  unb  tynen  furjroeg 
ttjre  $äffe  jugefanbt.  Die  3Kad)u)aber  in  $ari£  moHten  ftdj  ju  i&ren 
anberen  Sorgen  nid)t  audj  nodj  mit  benen  für  ©übitalien  beloben, 
infolge  jener  SRicberlagen  mürben  bie  granjofen  au£  Neapel  jurücf* 
gerufen  unb  bamit  mar  audj  ber  partljenopäifdjen  SRepublif  ba£  lobe** 
urteil  gefprodjen.  Aber  merfroürbigermeife  faljen  bie  neapolitamfdjen 
Patrioten  gerabe  in  ber  (Entfernung  ber  granjofen  einen  neuen  $off* 
nungSjlern.  Sefreit  Don  ifjren  ^Befreiern  miegten  fie  ftdj  einen  Sugen* 
btirf  in  ber  läufdjung,  ba&  itjre  SRepublif  nun  auf  eigenen  güjjen 
fteljen,  ja  ben  Sem  einer  ganj  Stalten  umfpannenben  einheitlichen 
italienischen  Stepublif  bitben  werbe.  Sladjbem  Sleapel  bereits  gefallen 
mar  (13.  3uni),  oerfafete  $aribeHi  eine  Senffdjrift,  bie  Don  jaljlrcidjen 
Flüchtlingen  in  ©enua  unterzeichnet  mürbe,  morin  ba$  Dtreftorium 
um  Anerkennung  ber  einen  italienifdjen  SRepublif  angegangen  mürbe. 
3m  3uli  fam  er  felbft  nadj  5ßari3,  mo  audj  Siaia  jurücfgeblieben 
mar,  unb  beibe  festen  Ijier  unermüblidj  bie  lätigfeit  für  bie  @a$e 
iljreä  SaterlanbeS  fort,  ©ie  fonnten  ba$  ©djicffal  9ceapet&  nict)t  ab* 
menben,  ba8  ber  bourbonifdjen  ©djrecfenSljerrfdjaft  jurücffiel,  aber 
e£  gelang  ifjnen  menigftenä,  baS  Sog  ber  zahlreichen  Flüchtlinge  }u 
erleichtern  unb  audj  in  ben  griebenSDerljanbtungen  SRurate  mit  bem 
#of  Don  Sceapel  günftige  ©ebingungen  für  bie  Verfolgten  Patrioten 
ju  erlangen.  5ßaribelli,  ber  bisher  faum  betannt  mar,  erfdjeint  ate 
einer  ber  tätigften  unb  arfjtungSmerteften  unter  ben  Patrioten  Don 
1799.  ©3  f)at  fid)  Don  biefen  menig  UrfunblidjeS  erhalten;  um  fo 
mertDoDer  ftnb  bie  Don  93.  Eroce  mit  fritifdjer  Sorgfalt  bearbeiteten 
SRitteilungen,  benen  audj  einige  öilbniffe  beigegeben  ftnb.     W.  L. 


Wotijen  unh  Wad)ttd)teu. 


Die  Ferren  Derfaffer  erfudjen  wir,  Sonfeerabsüge  ii?rec  in 
Settfdjriften  erfcfyienenen  2luffäfee,  »eldie  jtd}  3ur  8erücffkr}tigung 
an  Wefer  Stelle  eignen,  uns  freunMidtß  einjufenöen. 

Sie  Steftaftiim. 


Jtfgent  eines. 

©neu  ©ammelpunft  für  bie  ©eftrebungen  auf  (Erforfdjung  ber  beut« 
fdjcn  JBerfaffung  beabfia^tigt  $rofeffor  Äarl  Q  eum  er  burd)  Mehrausgabe 
Reinerer  Monographien  ju  fct)affcn,  bie  unter  beut  Xitel:  Quellen 
unb  ©tubien  jur  $erfaffung3gefd)l4te  bc$  S)eutfd)en 
«eietjeö  in  Mittelalter  unb  fteujeit  im  Serlage  Don  $.  ©ötyau* 
SRadrfolgern  in  ©eimar  etfdjeinen  foflen.  Der  Segriff  ber  DteidjSDerfaffung 
wirb  fo  weit  gefaxt,  wie  bat  in  ben  legten  ©anben  ber  SBaifcfdjen  Ser- 
faffung$gefd)id)te  gefdje^en  ift;  auSgefdjloffen  bleibt  bie  eigentliche  Serri* 
toriatoerfaffung.  Die  Sammlung  wirb  in  amanglofer  golge  in  heften  Don 
etwa  8—10  ©ogen  ausgegeben. 

Z$.  ßinbner*  HettoraWrebe  „Hflgemeingefdjid)tli*e  (Sntmidlung* 
((Stuttgart,  (Sotta,  1904,  24  6.)  enthält  einige  ©etradjtungen  über  ©e$ar* 
rung  unb  Seränberung  al«  bie  beiben  (Örunbfaftoren  ber  gcfcr)icr)t(icr>en 
(SntwicHung,  über  bie  £&arafterunterfd)icbe  ber  mongolifdjen  unb  ber  tnbo* 
germamfdjen  SSölfer  k.  SBir  muffen  aber  gefteljen,  ba&  un*  bie  ßinbnerfdje 
<Befdjid)t*pljilofopl)ie  aud)  in  biefer  fonbenfierten  gorm  nidjt  intereffanter 
geworben  ift. 

3m  &iftorifd)en  Saljrbudj  26,1  veröffentlicht  «.  ßorenj  eine  TOi*= 
gelle :  Da«  Süter  be£  heutigen  jübifcfjcn  ITalenber*  (Dom  3a$re  770  n.  <£$r. 
ab).  —  Die  3eitf«rift  für  bie  oft  erreichen  Ötymnaften  55,  12  enthält 
einen  Ärtifel  Don  tt.  $uemer:  3ur  Ginfüljrung   beft  inbif<4*arabifd)en 


524  Sfcotijen  unb  ftad)rid)ten. 

ga^jlenfrrftemS  in  ftranfreid)  unb  3>eutfälanb  (im  crftcn  Viertel  be8  13.  3a$t* 
ljunbertS  burd)  Slleranbcr  bc  öilla*3)et).  —  3n  Modem  Philology  2,  3 
be$anbelt  2f.  Abbott:  The  evolution  of  tbe  modern  forma  of  the 
letters  of  our  aiphabet. 

3n  ben  3a$rbüdjcrn  für  ttationalöfonomie  unb  ©tatiftit  83  (28),  5 
ftnbet  ftdj  eine  Arbeit  Don  28.  <5b.  ^Hermann:  <SoaialtoiffenTdE»aft#  $e* 
fdjidjte  unb  Sßaturwiffenfdjaft.  SSerfaffer  erörtert  bie  ©ejte^ungen  btefer 
brei  $i$&tp(inen  jucinanbev  unb  iljre  (Sinorbnung  in  ba8  Softem  bet 
©iffenfdjaften.  (£r  fommt  ju  bem  (Ergebnis,  ba%  bie  ©oaialmtffenfdjaft 
nidjt  an  bie  Sßaturtoiffenfdjaft,  fonbern  an  bie  fjiftortfdjen  ober  £ultur= 
wiffenfdjaften  anjureifjen  ift.  —  ©benbort  folgt  eine  9JH«iefle  bon  £if« 
djt&:  3-  $•  ©a^S  3Jcetfjobologie  ber  ©irtfa)aftStoiffenfäaft  (gegen  irr* 
tümlidje  Suffaffungen  berfelben). 

3)a3  93erroaltung8ard)tb  13,  3  enthält  ein«  interejfante  bergleidjenbe 
©tubie  bon  3acob$:  3)ifferen^untte  in  ber  Organ ifation  ber  Politiken 
unb  fircrjlidjen  ©elbftberwaltung  ^reu&enS  (alte  fianbe).  —  Sin  fcuffafc 
bon  g.  Xb*nnie8  im  3a^rbuc^  für  ©efefegebung  ic.  29rl:  $ux  natur* 
miffenfct)aftlid)en  ©efeüfd)aft8le$re,  gibt  eine  ftritif  ber  §aedetfd)en  greift* 
aufgäbe  unb  ber  tljrer  Söfung  getoibmeten  einzelnen  ©Triften,  nämUd) 
einmal  ber  SBüdjer  bon  ©djaflmaber  unb  SRafeat,  bie  in  ber  unter  bem 
Xitel  „SRatur  unb  (Staat"  beröffentlidjten  Sammlung  ber  $rei*fd>riften  er« 
fdjienen  ftub,  unb  baju  ber  befonberS  beröffentlidjten  Schrift  bon  SBolt* 
mann.  —  3n  ber  Seitfdjrift  für  80 jialrotffenfdj.  8, 1  befjanbelt  ©.  ©  d)  tu  i  e  b  * 
(anb:  $ie  J>füdjologifd)cn  ©runblagen  ber  sIBtrtfd)aft. 

S)ie  ©eograpWdje  Seitfcfjrift  10,  12  enthält  ben  ©djlufe  ber  «rtifct« 
ferie  \>on  91.  Lettner:  3)a8  europäifdje  töu&lanb  (8.  2)ie  Eottetotrtf  djaft ; 
9.  $ie  materielle  unb  geifiige  Kultur).  —  $uS  ber  $olitifd)^nt^ropoiogifd)en 
Sieuue  3,  10  notieren  mir  bon  (5.  b.  Ujfalbt)t:  3>er  3ftaffentbJmS  ber  Sra* 
nier,  unb  bon  3).  ©.  SB  r  in  ton:  2)ie  Äranfljeiten  ber  Golfer;  au£  ber« 
felben  ßeitfdjrift  3,  11  bon  &  ©olbftein:  Über  bie  ©Übung  menfdtfidjer 
9ttifd)raficn  (eigentliche  2Rifd)raffen  gibt  e$  nadj  bem  Serfaffer  überhaupt 
nidjt),  unb   bon  SR.  SB  e in  ber g:   ©etyrnform  unb  ©eifteäenttoicBung. 

3m  äentralblatt  für  93ibliotfc!«wefen  22, 1  fymbelt  §.  2R eigner: 
Über  Orbnung  unb  SSermaltung  bon  Äartenfammlungen. 

3)ic  ©renaboten  63,  48  enthalten  ben  ©d)lu&  ber  Arbeit  bon  ß.  £  ein* 
mer:  3)te  ©age  bom  ©tranbfegen  unb  ba%  ©tranbredjt  an  ber  beutfdjen 
Äüftc.  —  3n  ber  «ierteljafjräfdjrift  für  »iffenfcöaftlia)e  $$ilofol>$ie  unb 
©ojiologie  28  [3],  4  fefct  $.  ®art$  feine  Arbeit  fort:  S)ie  ©cfdjttye  ber 
£r$ie§ung  in  foaiologifrfjer  SBelcudjtung  (MuSgang  beS  Altertum»).  —  3« 
©lobu*  87,3  be^anbelt  g.  ©olbftein:  $le  9Ralt$uftfcbe  Xtjeorie  unb  bie 
»ebölferung  S)eutfd)lanb8  (erftere  wirb  nad)  bem  SSerfaffer  burd>  bie  8e* 


Allgemeine*.  525 

»egung  ber  fteDölferung  in  3)eutfd)fanb,  bie  bereit«  alft  ÜbcrDölferung 
)u  bejeidjnen  fei,  in  gettriffem  Sinne  beftätigt). 

SBir  notieren  au«  ben  6ifeung*6erid)ten  ber  «fobemie  ber  ©iffen» 
ftfaften  gu  »erlin,  $$ilof.*$iftor.  fllaffe  1904,  för.  65  Don  S)i!t$ett:  Über 
bie  ©runblegung  ber  ©eifteSwiffenfdjaften ;  au«  bem  fiiterarifdjen  <S4o  7,  7 
Don  ».  Äletn:  2)a*  ©erben  ber  ©efdjidjte;  au«  ben  ©artbuTgfrtmmen 
9fr.  20  Don  §r.  3>roo£*@<6 meint :  $ie  ©efrfjirfjte  be*  beulen  Leitung«, 
»efen*  (Anzeige  be«  ©ud>3  Don  ©alomon);  au«  ber  £)fterreid)ifd)en  SRunb« 
f$au  1, 12  Don  9R.  ©internifr:  S)ie  gfrau  in  ber  Sfölferfunbe  (tyre  9*olIe 
auf  ben  frityeften  Äulturftufen). 

«u*  ber  Beilage  ber  9Rttnd>ener  ttflg.  geitung  notieren  mir  24.  $o* 
Dem  ber:  «Die  ^tlofo^if^en  giele  ber  SBtffenfdjaft  Don  D.  9tottenbad>; 
12.  aerober:  gur  tyftorifcften  ©eograJ>$te  Don  3.  $iftor  (©efpredjung 
ber  ©ü*er  Don  ©ö&,  Äretfdmter  unb  ßnttU);  13.  f.  $e&ember:  Gftuquet* 
Stades  d'histoiro  (©efpredjung) ;  1.  unb  3.  Januar:  SBityelm  D.  fcumbolbt 
über  Gfcratterftubium  unb  Sfjaraftcrbilbung  Don  9t.  $etfd)  (nadj  einer 
in  ber  neuen  $lu$gabe  ber  gefammelten  Starte  SB.  D.  fcumbolbtS  jum  erften» 
mal  abgebrudtenSRiebcrfdjrift);  12.  Qanuar:  S)ie  ©efdjidjte  be&  literarifdjen 
Porträt«  in  2>eutfd)fanb  Don  9R.  Äemmerid)  (^n^eige  beä  gleidjnamigen 
©u*e&  Don  Äirdjetfen);  25.  Januar:  S)enfmalfd)ufr  Don  §.  £ief e;  26.  3a= 
nuar:  Äriminalität  unb  SBirtfdjaft,  ein  Beitrag  jur  Se$re  Don  ber  ®efefl* 
fdjaft  Don  Ä.  fclejanbcr  (@influ&  ber  nrirtfdjaftlidjen  S3er$ältniffe  auf 
bie  Ärimlnalilat). 

Seine  HntrittSDorlefung  an  ber  UniDerfttät  Orforb  $at  <E.  $.  ftirtfr 
unter  beut  etwa*  fettfamen  Xitel  Deröffentltdjt :  A  plea  for  the  historical  tea- 
ching  o!  history  (Off orb,  Slarenbon  $re&,  1904, 30  8.).  <Sr  fefct  aufteinanber, 
bafe  baft  Stubium  ber  ®efd)id)te  an  ben  englifa^en  UniDerfttäicn  metyr  eine  ad« 
gemeine  t>iftorifcr)c  ©Übung  Dermittle,  wie  fie  etwa  ein  $oUti!er  ober  3our* 
nalift  alft  Ijtftorifdjeä  ffiüfoeug  gebraust;  bafj  bagegen  für  bie  eigentliche 
&a<ftbilbung  eine*  $iftorifer«,  ber  felbft  als  Sforfdjer  ober  UntDerfttät«le$rer 
auf  bem  Gebiete  ber  ©efdjidjte  tätig  fein  rata,  wenig  ober  gar  nidjt  geforgt 
fei.  <£ttoaft  wie  unfere  beutfdjen  biftorifdjen  ©eminare  ober  ttnftalten,  wie 
bie  foole  des  Chartes  unb  ba*  fcfterreid)tfdje  $tftorifdje  3nftitut,  fe^it  in 
Orforb  gän^lid),  unb  ber  Serfaffer  tritt  energifdj  für  bte  ttbfteflung  biefe* 
Mangel«  ein.  ttuätoärttge  Sefer  werben  in  ber  Stat  erftaunt  fein  &u  $ören, 
ba&  in  ©nglanb  nidjt  aud)  längft  berarttgeS  erfftiert,  unb  man  tonn  bem 
Serfaffer  nur  beften  ©rfolg  feiner  ©emüljungen  toünfdjen,  wenn  man  aud) 
fonft  nidjt  aüen  feinen  Ausführungen  beipflichten  mag. 

3n  üatania  ift  baS  erfte  S)eft  einer  neuen  8«itfd)rift  er(d)lenen  unter 
bem  Xitel:  Archivio  storico  per  la  Sicilia  Orientale,  mit 
einem  Sinfü^rungdauffa^  öon  5).  Siccaglione:  Per  la  storia  di  Sicilia. 
—    2>ie  Nuova  Antologia  792    enthält  einen  ttuffafc    Don  91.  Soria: 


526  ffloti&en  unb  töadjritfcten. 

Economisti  stranieri  (1.  ©.  SdjmoHer).  —  Äu8  ber  Qnarterly  Review 
«Rr.  402  ßanuar  1905)  notieren  wir  einen  biograpljtfdjen  Buffafc  über: 
William  Stubbs,  Churchman  and  historian.  —  3™  Geograpbical 
Journal  25, 1  beljanbelt  ein  Vortrag  bon  SR.  SRill:  The  present  problems 
of  geograpby.  —  ©in  ttuffaft  üon  $lubiffrent  in  ben  Archives  d'an- 
thropologie  criminelle  132  (19,12):  Les  racea  huraaines,  erörtert  ba* 
$Ber$ältm3  ber  toeißen  jur  gelben  unb  fcöroarjen  SRaffe. 

3n  ber  Seitftfrift  für  ttriffenfdjaftlidje  Geologie  48,  1  befanbelt 
§f.  Sipfiufc:  3)ie  moberne  ©elt*  unb  SebenSanfdjauung  unb  bad  ©Triften* 
tum  (laffen  ftdj  berföfjnen).  —  &u3  ben  $ljeologifd)en  ©tubien  unb  Äri* 
tifen  1905,2  notieren  mir  einen  Äuffafr  bon  ©.  3>ajer:  3BU$e(m  SBunbtS 
tßr)iIofopr)te  unb  bie  {Religion  (ausführliche  Darlegung  bon  IBunbtÄ  Stel- 
lung jnr  «Religion  unb  ifjrer  SBebeutung  für  bie  Geologie) ;  ferner  auS  ben 
^roteftantif^en  3Ronat^eften  8,  12  bie  9trtifet  bon  8.  §.  Sraafd):  Som 
©renjgebiet  amtfdjen  SRahmoiffenfdjaft  unb  X&eologie  (neuere  Siteratur) 
unb  bon  3R.  @f)riftlieb:  SRoberne  SBeltanfdjauung  unb  moberne  %%to* 
logie  bei  Seeberg,  Xrümpelmann  unb  ÄepfmS  (ber  liberale  Stjeolog  mufr 
nad)  9lu3gleidj  mit  ber  mobernen  SBiffenfdjaft  ftreben);  au«  ber  äRonatft* 
färift  „S)ie  Stubierftube"  2, 12  bon  Äuljnf  e:  3!aS  <£&ararterifttfo}e  ber  djrift* 
liefen  ^Religion,  unb  bon  3Reinf)olb:  3)ie  religion&gefdjidjtltdje  SRetftobe. 

3n  ber  9Ronat«fdjrift  für  bie  firailidje  ?rarj8  4,  12  bemäntelt 
§.  ©unfel:  giele  unb  SRetljoben  ber  alttcftamentlicftcn  Gjegefe  (@;egefe 
mu&  gefdn'ditlid)  fein).  —  3«n  Ärdjib  für  JReligionSwiffcnfdjaft  8,  1  ber» 
öffentlich  U.  SHetericfc  einen  ^luffafr:  «Kutter  erbe  (Einleitung  $u  Unter* 
fudjungen  über  „$olf$reltgion,  Serfudje  über  bie  ©runbformen  religiöfen 
S)enfcnO-  —  3n  „SRatur  unb  Offenbarung"  50,12  befjanbelt  d.  Mil- 
biger: 3>a8  SBunberproblcm  („erfenntniSfritifdje  SlpboriSmen  jum  @ren}« 
gebiet  bon  «RaturttJifienfdjaft  unb  Geologie").  —  S)ie  Revue  internationale 
de  tb^ologie  49  enthält  ben  Anfang  bon:  Notes  sur  l'anion  des  äglises 
bon  @.  9Rid)aub. 

$u«  ber  3«tf(6rift  für  Geologie  unb  Stirbt  14,  6  notieren  »ir  Ar* 
rifel  bon  (5.  S  u  dj  8 :  (Sljriftcntum  unb  flampf  um§  Stafein  (aud)  ber  (Sljrift 
mu&  fämpf  cn,  aber  im  regten  ©eiftc),  unb  bon  ?.  2  o  b  fi  e  i  n :  SBal^eit 
unb  3)id)tung  in  unferer  Religion  (auf  ben  religiöfen  Äcrn  tommt  ed  an, 
nidjt  auf  bie  bidjterifdje  fluSfdjniücfung  be«  einzelnen).  —  %on  bemfefben 
SSerfaffer,  $.  fiobftein,  enthält  bie  Revue  de  theologie  et  de  philo- 
Bophie  1904,5  einen  Sluffafr:  Catholicisme  et  pro  testen  tisine  (9Röglia> 
feit  unb  Opportunität  ityrer  SBieberbercinigung).  —  3n  ber  Revae  ebre^ 
tienne,  Dezember  1904,  beljanbelt  d.  Srufton:  Vraie  et  fausse  cri- 
tique  biblique.  —  3"  oer  Contemporary  Review  468  (3)ejember  1904) 
ift  ein  bon  91.  $arnad  in  6t.  SouiS  gehaltener  Vortrag  in  englifdjer 
Überfefeung  abgebrueft:  The  relation  between  ecclesiaatical  and  gener&I 


Allgemeine*.  527 

history.   —  3m  Expositor  62  fabelt  3.  fcenneü  über:  Harnack  and 
Loisy  on  tfae  essence  of  christianity. 

$ie  8citf*rift  für  lateinlofe  §ö$ere  ©cfculen  16,  2  f.  entölt  einen 
Shtffafc  üon  Ä.  §etnfre:  3)le  ©ee(e  her  erbfunblia^en  Konten  (in  betört 
bet  Benennung  üon  Orten  prägt  ftd)  bie  ©oflfcfeele  au*).  —  3m$umani« 
ftifdjen  ©ümnafium  15,  6  ftnbet  jlcft  ber  «nfang  eine«  «uffafce*  t>on 
O.  Saeger:  $>ie  Sufunft  be*  ©efd)id)t*unterrio5t*,  in  bem  ©erfaffer  &u» 
nädtft  eine  fiberfidtf  über  bie  bisherige  Sntroidlung  gibt.  —  3m  $äba* 
gogtfdjen  Brdjlü  47, 1  be^anbelt  3.  ©djoub^e:  2>ie  ©erroenbung  üon 
Paläontologie  unb  Urgefc$id>te  im  geogra  pljif  djen  Unterria^t  (pläbirt  für 
(Einführung  unb  gibt  ein  ©djema  eine«  berortigen  Unterridjt*).  —  3n 
School,  3anuar  1905,  gibt  9i  &.  G^olmele^:  Some  notes  on  the 
teaching  of  history  (befonbere  ©djwterigfetten  be«  ©efdjtcftt*unterrid)t* 
unb  iljre  fiberminbung). 

Steve  gMufter:  £en$,  «u*gemä$lte  Vorträge  unb  ttuffäfte.  (9er« 
lin,  fcjpebition  ber  $eutfdjen  ©üdjerei.  0,25  Tl.)  —  2Rommfen,  ©efam* 
melte  ©Triften.  I.  «btlg.:  3«tiftif«e  ©Triften.  1.8b.  (©erltn,  ©eib* 
mann.  12  3Ji.)  —  ©omper&,  (Sffato*  unb  Grinnerungen.  (Stuttgart, 
Seutfefte  ©erlag*anftalt.  7  Tl.)  —  #ird)engefd)i(ÖtHdje  Hbfcanblungen. 
$r*g.  ü.  ©bralet.  3.  9b.  (©re*lau,  «berljola.  5  Tl.)  —  Schyberg- 
80 n,  Historiska  studier.  (Stockholm,  Nordstedt.)  —  G  arof alo,  Studi 
storici.  (Noto,  Zammit.)  —  ©Immel,  $ie  Probleme  ber  ®efdjid)t*J>$üo* 
foprjie.  2.,  üöflig  üeränb.  ttufL  (ßeiftig,  Wunder  &  §umMot.  3  Tl.)  — 
9le;.  (Sorte liiert,  Über  SBefen  unb  ©Iteberung  ber  ©ef$id)t*ttriffenfd)aft. 
(Seidig,  $bf.  0,80  Tl.)  —  3au!er ,  §iftorifcbe  Seitifnten.  (»ien,  «ßidjler. 
2,40 SR.)  —  ©umplotoicft,  ©efdjidjte  ber  ©taat*ttjeorien.  (3nn*brud, 
Wagner.  12  Tl.)  —  Äalifdjer,  3mmanuel  Äant*  ©taat*Wlofop$ie. 
(©erltn,  Äalifdjcr.  2  3JI.)  —  ©auguf*,  3)a*  $Red)t*inftitut  ber  $apft- 
toafil  (fBien,  Viani.  5  Tl.)  —  ©djoen,  S)a*  taiferl.  ©tanbe*erf)ö$ung** 
redjt  unb  ber  Sfau*  {Jrtefenljaufcn.  (©erlin,  fcäring.  3  SR.)  —  Stearns, 
True  republicanism  or  the  real  and  ideal  in  politics.  (Philadelphia 
and  London,  Lippincott  Company.  1,50  $.)  —  9leubegger,  ©efdtfdjte 
ber  baüerifdjen  9lrd)iüe.  III  a.  3)te  organ.  Umgeftaltung  ber  brei  fcaupt» 
ar$iüe  in  Wunden  feit  1799.  (9Rüno}cn,  Leiermann.  3  SR.)  —  Tl.  (Sdert, 
©runbrifc  ber  $anbel*geograpfue.  2  ©be.  (Seidig,  ©öftren.  8,80  u.  8  SR.) 
—  <£(renberg,  ©rofce  ©ermögen,  tyre  (Entfteljung  unb  i^re  ©ebeutung. 
2.©b.  S)a*  ©au*  $arift  in  Hamburg.  (3ena,  &ifd)er.  3  Tl.)  —  ©d)iu» 
bele,  »efte  beutfdjen  ©oltStume*  fübiidj  ber  Alpen.  Sine  ©tubie  über 
bie  beutfd)en  ©pradtfnfefo  in  ©übtlrol  unb  Oberitalien.  (Äöln,  ©adjem. 
2  Tl.)  —  ©lot,  ©efdu$te  ber  Riebertanbe.  ©erbeutet  burd)  fcoutroum. 
2.  ©b.  ©i*  1559.  [«lagemeine  ©taatengefdjldjte.  I.  Äbtlg.  33]  (©ot^a, 
$ert^e*.    18  Tl.)  —  Seraph  im,  fitblänbifdjc  ©efa^io^te  üon  ber  „ttuf* 


528  Worten  unb  ftaajriojten. 

fegelung"  ber  Sanbe  bi$  jut  ©inberleibung  in  baS  rufltfdje  8freid).  2.  unb 
3.33b.  (9fctoal,  ßtuge.  10  3R.)  —  M'Dougall,  Landmarks  of  European 
history.  (London,  Blackie.  3,6  sh.) —  George,  Historical  geography 
of  British  empire.  (London,  Methuen.  3,6  sh.)  —  Fletscher,  In- 
troductory  history  of  England,  from  earliest  times  to  close  of  middle 
ages.  (London, Macmillan.  7,6  sh.)  —  Dragon,  L'unitä  italienne  a> 
travers  les  ages.  (Paris,  Larose.  2  fr.)  —  Fernandos  de  B^then- 
court,  Historia  genealögica  y  heraldica  de  la  monarquia  espa&ola, 
Casa  Real  y  Grandes  de  Espana.  V.  (Madrid,  Teodoro). 


Mit  QtWQtt. 

Slu«  bctn  nrieberum  (o  reiben  3n§alt  ber  Beiträge  jur  alten  (Slef  djidjte 
4,  2  notieren  mir  fi.  SB  en  ig  er:  S)a8  ©odjfefi  bc»  3eu8  in  Olümpia. 
1.  3)ieOrbnung  ber  Ägone;  §.  @d)äfer:  3He  Äu«wanberung  ber  Krieger 
unter  9$fammetid)  I.  unb  ber  ©ölbneraufftanb  in  <S(ep$anfine  unter  ftprieft 
(toeift    fft)r    getieft    bie   @efdji*tlia)feit   öon   §erobot  IIf  30—31   na*); 

0.  ©eed:  OueHenftubien  ju  be*  «riftotele«  33erfaffung«gefd)ic&te  Ät$en«. 

1.  S)ie  angebliche  SRün&reforin  ©olon«;  fj.  SBeftberg:  3ur  Sonographie 
be8  $erobot  (ibentifijtcrt  bte  3ffcbonen  beS  9lriftead  mit  ben  ©auromaten 
be«  ©crobot,  toa«  bodj  feljr  zweifelhaft  ift);  3-  ».  tßrdfcf:  §efataioä 
als  fcerobotS  Quelle  jur  ©efätdjte  Sorberaften«;  ©.  fcerrüdj:  3>ie  antife 
Überlieferung  über  ben  SJef uoauSbrudj  im  Saljre  79 ;  <K.  ftrie«:  ©rie<$ifä> 
orientalifdje  Unterfudjungen ;  g.  filier  ö.  ©ärtringen:  ©tanb  ber 
griedjifdjcn  3nfd)riftencorj>ora ;  ftränfel:  geuerpoft;  @.  ft.[ornemann]: 
S)ie  neue  StoiuSepitome ;  (£.  5.  Seemann:  ©eitere«  jur  altaffurifd)en 
Sljronologie. 

©c$r  nü^Iicft  erweift  ftdj  bie  Unterfudnmg  öon  SB.  Dealer:  SHe 
Drtfd)aften  unb  ©renken  ©altidaS  nadj  3ofep$u8  in  Beitfcftrift  be*  3)eut* 
fd)en  ^aiäftinaöereinS  28,  1  (1905). 

2tfe  Revae  des  £tudes  juives  1904,  Oftober^cjember  bringt  bie 
gottfefrung  ber  fcon  und  fdjon  früher  angezeigten  Contributions  k  la 
geographie  de  la  Palestine  et  des  pays  voisins  Don  ®.  2R  armier, 
unb  fttoar  8:  Les  territoires  d'IÜphralm  et  de  Manasse  d'apres  le  livre 
de  Jo8u£. 

<£•  g  o  f  f  e  to  gibt  in  bem  Journal  asiatique  1904,  ©eptember*Ofto6er 
einen  guten  Überblicf  über  ba8  weite  gelb  ber  flffariologie  im  3a$re  1903. 

iRac^brücflic^  fei  auf  ben  ergebnisreichen  unb  intereffanten  Vortrag 
öon  Ä.  39  rüdner:  SBann  ift  ber  SUtar  Don  $ergamon  errietet  morben? 
tyngennefen,  welker  am  93inrfelmann3*geft  ber  9lrd)äologifd)en  ©efeflfc&aft 
ju  Berlin  gehalten  unb  in  ber  SBodjenfdjrift  für  flaffif<$e  $$üologie  1906, 
3/4  abgebrueft  ift. 


«Ute  (»efgigte.  529 

3m  ©ernte«  40, 1  $anbett  ft.  SRün$er  fefcr  au«ffi$rlig  unb  grünb» 
lig  aber  «tttcu«  al«  ©efgigtfgreiber  unb  SB.  $elbig  über  bie  Gaftore« 
al«  ©gufcgötter  be«  römtfgen  ©quitatu«,  wobei  für  bie  ©efgtgte  biefer 
txuppt  ein  migtige«  unb  ftgere«  ftefultat  erhielt  wirb.  ttug  auf  bie  tote 
immer  anregenben  Sefefrügte  Don  U.  t>.  fBilamowifcsVtoellenborff 
fei  bingemtefen,  obwohl  fie  bie«mal  me$r  bte  SMgter  al«  bie  §iftortfet 
betreffen. 

3m  $bilologu«  63,  4  jeigt  ber  früfc  beworbene  ttb.  «u«felb: 
fteapolt«  unb  ©ruc^eton  in  ttleranbria  mit  guten  ©rünben,  bog  bie«  gtDci 
tarnen  für  benfetben  ©tabtteil  waren.  Stonn  folgt  bie  (Sbttion  eine« 
$eibelberger  $apuru«,  eine  griegifge  $tjpot$efenlöfgung«urfunbe  öon 
0.  91.  ©erwarb  unb  O.  ©rabenmifc. 

Slu«  bem  Styeintfgen  SRufeum  60,  1  (1906)  notieren  mir  ben  an» 
regenben  Uuffafe  tum  $.  Ufener:  Äerauno«;  gr.  Steuf}:  Ätefta«'  ©erigt 
über  bie  Angriffe  ber  $erfer  auf  Steigt  (wa«  man  über  bie  $tünberung 
be«  belegen  Heiligtum«  bürg  3Rata!a«  bei  $$otio«  lieft,  ift  auf  ba« 
Heiligtum  be«  Styoüo  in  Sibmna  $u  bejieljen,  toa«  feljr  richtig  ift  unb 
moburg  ber  oft  $ert>orgef)obene  ffiiberfprug  jwifgen  $erobot  unb  Ätefta« 
gut  gelöft  wirb);  3-  <5 unb  wall:  3eitbefttmmung  einer  Snfgrift 
(CIA  II  172  ift  htr^  nag  328  ju  fefren);  «L  t>.  2>oma«aew«ti:  3>fe 
$eimat  be«  (Eorneliu«  gfudcu«  (gegen  Gigoriu«,  ber  al«  folge  $om|>ei 
annimmt,  wirb  $ienna  in  ©attien  al«  folge  erwiefen). 

3n  ben  ©ifrung«berigten  ber  Ägl.  ^rcufeifgen  Slfabemie  ber  SBiffen- 
fgaften  1905,  1  ftnben  ftg  arbeiten  Don  it.  $arnacf:  Unterfugungen 
über  ben  apofrnpljen  SBrtefmegfel  ber  Äortntljer  mit  bem  ttpoftel  $aulu« ; 
5S.  Äolbe:  ©erigt  über  eine  Steife  in  SReffenien  mit  wertooüen  unb 
namentlig  $iftorifg  intereffanten  3nfgriftcn  unb  G.  $rebrig:  ©erigt 
über  eine  ©ereifung  bei  Snfeln  be«  ^rafijgen  gReere«  unb  ber  nörbligcn 
Spotaben  mit  einer  intereffanten  Snfgrtft  oon  ber  3n|cl  $ej>aret$o«. 

«u«  bem  reigen  Snljalt  be«  Birgit)«  für  9teligion«miffenfgaft  (8,  1) 
notieren  wir  r)icr :  O.  6g  r  ob  er:  ^perboreei;  5-  <5g  wallt):  3"r 
£eiligent>ere$rung  im  mobernen  3&am  6orien«  unb  fflorbafrifa« ;  &. 
Äauffmann:  Hltgermanifge  Religion ;  (£.  §.  ©ecfer:  3*tam;  @.ßaro: 
tteue  Sunbc  öon  $nofo«  unb  9u«grabungen  im  Öftligen  Äreta  unb 
«.  «orte:  $$rt>gifge«. 

flu«  The  Journal  of  Hellenic  etudies  24,  2  (1904)  notieren  wir 
3R.  &  £ob:  A  new  Fragment  of  the  Edictum  Diocletiani  (enthält 
VII,  30 — 18:  de  mercede  operarioram  unb  gibt  ben  griegifgen  £e$t 
Don  bem  ftapitel,  ba«  bi«$er  nur  lateinifg  befannt  war);  $.  91.  $all: 
9Htofri«*9l^obo|)i«;  *.  $.  Oppt:  The  chasm  at  Delphi;  SB.  Wt.ft am- 
f  a  t> :  The  early  Christian  art  at  Iöaura  Nova;  @.  SR.  Qarbiner: 
Further  notee  on  the  Greek  jamp. 

*tflortf<fte  8fttfd)ttft  (®b.  94)  W. fr  8b.  LVIII.  34 


580  ftotiften  unb  Wadjridtfen. 

Qn  bcr  Revue  archäologique  1904,  92obembers$e&ember  finbet  fta) 
ein  Sfaffafc  bon  3-  Sl&ty:  Malcandre  dans  l'inscription  d'Eechmou- 
nazar,  ein  83erid)t  bon  @b$em«©eij  über  bie  Ausgrabungen  in  Stallet* 
unb  bie  fdjon  oft  angegeigte,  immer  gleidj  bortreffli<$e  Revue  de  publi- 
cations  epigraphiques  relatives  ä  Tantiquite*  romaine  Don  81.  Qagnat 
unb  3R.  8e*nter. 

3n  ben  Comptes-rendus  de  l'Acadeime  des  inscriptions  et  belles- 
lettres  1904,  ©eptember*Oftober  teilen  fö.  Gagnat  eine  3nf<$rtft  aud 
jtyamiffa  (Thubursicum  Numidarum),  meiere  burd)  bie  <£rmä(nung  eine« 
prineeps  gentis  Numidarum  befonbere*  Sntereffe  beanfprudjen  barf,  unb 
$£ron  be  Sillefoffe  bier  neugefunbene  Snfdjriften  au«  Startfcgo  mit 
Don  benen  eine  roenigften*  beadjtentoert  ift.  ©euer  fjanbelt  (5*p*ran* 
bieu  auf  ©runb  einer  3nfd)rift  über  Concession  de  terrae  ä  des  Colons 
d'Orange. 

Äu8  bem  reiben  Snfealt  ber  rafd)  aufeinanber  gefolgten  $efte  1904, 
7/12  unb  1905, 1/2  be£  Bulletin  de  correepondance  hellänique  notieren 
mir  @.  ©oufin:  Inscriptions  du  sanetuaire  de  Zeus  Panamaros. 
1.  Inscriptions  en  l'honneur  des  pretres  (Buite)  unb  2.  Decrete;  9R. 
fcolleauj:  Remarques  sur  les  däcrets  trouves  dans  le  sanetuaire  de 
Zeus  Panamaros;  g.  3>ürrbad)  unb  91.  3arb6:  Fouilles  de  Delos 
exäcutäes  aux  frais  de  M.  le  Duc  de  Loubat  (mit  Dielen  Snfdjriften 
com  fflat  unb  SSolf  bon  S)eloÄ,  bie  und  $ter  befonber«  intereffteren) ; 
%  ©rainbor:  Fouilles  d'Ios;  SB.  Sollgraf f:  Fouilles  d'Argos 
(mit  bieten  JJnfaWften) ;  (£.  Gabaignac:  Inscriptions  de  Delphes.  Le 
präambule  de  l'£dit  du  maximum ;  9ft.  $  o  U  e  a  u  g :  Urole/unos  Avai- 
fiaxov  (ber  biefen  ^tolemaioS,  ben  $errfd)er  bon  XelmeffoÄ,  fe$r  maljr* 
fdjeinlitf  für  einen  ®ofm  be«  S>iabo$en  Sttfmadjud  $Ält);  ©-  SRitlet: 
Recherches  au  Mont-Atbos;  £.  SBtjarb:  Inscription  de  Beotie. 

3n  ber  Revue  des  questions  historiques  1905,  Januar  finbet  fid) 
bie  Sfortfefcung  bon  g.  9ttartroQe:  Une  tentative  de  Evolution  sociale 
en  Afrique.     Donatistes  et  Circoncellions. 

S)ie  Revue  historique  1905,  3anuar»gebruar  bringt  ben  6djlu| 
ber  trefflidjen  Überfielt  über  bie  (Srfdjeinungen  auf  bem  ©ebiet  ber  römi* 
ftfen  G)efd)id)te  in  3>eutfäVanb  unb  £>fterrei$  bon  1896  bift  1902  bon 
©.  fiiebenam. 

3n  ber  English  Historical  Review  1905,  Sanuar  fcanbelt  H.  $.  3. 
©reentbge  über  The  authenticity  of  the  twelve  tables,  inbem  ex  ft$ 
gegen  $aid  unb  ßambert  menbet  unb  beren  fcgpotyefen  ablehnt. 

3n  ben  ©ifcung«beridjten  ber  Ägl.  öager.  Stfabemte  ber  SBiffenf^aften 
SU  2Kün*en  1904,3  finbet  fid)  ein  ttuffafc  «.  fjurtm&ngler*:  3u  frö* 
$eren  %b§anb(ungenf  worin  u.  a.  feine  betannte  Datierung  be«  Xropaion 
bon  Slbamtlifft  in  bie  Äugufieifd)e  Seit  neu  geftüftt  unb  bie  neueren  ©e» 


Sitte  Gefönte.  531 

tymbfangen  bct  gfrage  (öennborf,  Stubnicjfa,  (Eidjortu«)  erörtert  unb  Warf 
abgelehnt  »erben. 

3n  beit  Rendiconti  della  r.  Accademia  dei  Lincei,  classe  di 
scienze  moraü,  Btoriche  e  fllologiche  1904,  5/6  publiziert  (£.  8  r  e  c  e  i  a 
einige  $ap$rudr  wo^u  ©.  »Hellt  einige  Boten  gibt,  unb  91.  gerta: 
Una  pergamena  greca  delU  archivio  di  stato  di  Roma  a.  b.  12.  3a$r« 
^unbert. 

Hu*  ben  Notirie  degli  ßcavi  1904,3  notieren  mir  ©.  <8$trarbtni: 
Di  una  lapide  romana  acoperta  presso  la  piassa  di  S.  Marco; 
(£.  ©rijio:  Scoperta  di  sepolcro  romano  suila  destra  del  Lamone 
(Faenza);  ©atti:  Roma.  Nuove  scoperte  nella  cittä  e  nel  suburbio; 
%  Orfi:  Siculi  e  Greci  a  Caltagirone  (Sicilia)  unb  Necropoli  greca 
di  8.  Luigi;  Ä.  Xaramelli:  Rinvenimento  di  nuove  iscrizioni  ro- 
mane  dell'  antica  Tunis  Libisonis  (Sardinia). 

Äu3  ben  Memorie  della  r.  Accademia  dei  Lincei  1903  fü&ten 
mir  an  Ä.  Saramelli:  Di  un  frammento  di  bassorilievo  romano 
con  rappresentanza  militare  scoperto  in  Torino  unb  ©.  3f.  ©amur- 
rini:  Iscrizioni  inedite  di  Capua  tratte  da  un  manoscritto  di  Alessio 
Simmaco  Mazocchi. 

Sebeutenb  unb  fruchtbar  ftnb  bie  beiben  Arbeiten  öon  (£b.  ©djroarj: 
gur  ©efättftte  be*  Sltfanajro«,  n>el$e  in  ben  9lad)rid)ten  ber  Ägl.  ©efell* 
fa)aft  ber  SBifienfäaften  au  ©öttingen,  ^ilol.^iftor.  Älaffe  1904,  4  ab* 
gebrudt  ftnb.  gür  bie  ©efc&ta^te  ber  SRartyreraften  unb  bie  ©rfenntni* 
ifre*  Iiterarif$en  <J$arafter8  erweift  fidj  al*  fef)r  nflfrltdj  ber  tfoffafc  Don 
9t  ttetfcenftetn:  Sin  ©tüd  ^eaenifdjer  Äletnliteratur  (ebenbort). 

&tut  3Sttd)fr:  Johns,  Babylonian  and  Assyrian  laws,  contractu, 
letters.  (London,  Clark.  12  sh.)  —  King,  Records  of  the  reign  of 
Tukulti-Ninib  I,  king  of  Assyria,  about  B.C.  1275.  (London,  Lazac 
&  Co.  6  sh.)  —  SB e ber,  ©an^crib,  Äönig  öon  «fforien,  705—681. 
(Seidig,  $inrtd)«'  »erlag.  0,60  SR.)—  3eremia«,  2Konot$etftifa)e 
Strömungen  innerhalb  ber  babglonifdjen  SReltgion.  (ßetyftig,  $inrtd)$' 
«erlag.  0,80  2K.)  —  6et$e,  Beiträge  jur  älteften  (Befaßte  Ägijpten*. 
2.  fcälfte.  (fietpjig,  fcinridj«'  »erlag.  16  SR)  —  dbuarb  SReger, 
ÄgWtifAe  Gfyronologie.  (»eritn,  Weimer.  11,60  SR.)  —  »erger,  SJty» 
tyifdje  £o*mograt>$ie  ber  ©riedjen.  (ßetyjtg,  fceubner.  1,80  SÄ.)  — 
Decharme,  La  critique  des  traditions  religieuses  che*  les  Grecs 
des  origines  au  temps  du  Plutarque.  (Paris,  Picard  et  Als.  7,50  fr.) 
—  Heller,  Slteranber  beröko&e  nact)  ber  6d)lad)t  bei  3(fo«  bi*  ju  feiner 
Rfictte$r  au«  Ägypten.  (SBerltn,  Gbertng.  2  SR.)  —  Sanders,  Roman 
historical  sources  and  institutions.  (New  York,  Macmillan  &  Co.)  — 
Munro,  Source  book  of  Roman  history.  (London,  Heath.  5  sh.)  — 
©enger,   fflömifdje    unb    antife   SRedjt8gcf$ic&te.     (®ra&,  Seuföner  & 

84* 


532  92oti*en  unb  9tocöri($ten. 

Subenöfto.  0,70  9tt.)  —  L^crivain,  Stades  sur  rhistoire  aaguste. 
(Paris,  Fontemoing.)  —  Florilegium  patristicum.  Ed.  Rauschen. 
Fase.  III.  Monamenta  minora  saeculi  seeundi.  (Sonn,  $anffcin. 
1,50  Wt.)  —  Ecclesiae  occidentalis  monamenta  iuris  antiquissima» 
Ed.  Turner.  Fase.  I  pars  2.  Oxford,  Clarendon  Press.  21  SR.)  — 
Allard,  Un  empereur  gaulois  au  V*  siecle.   (Paris,  Ainat.) 

^ömt^gmnotti^r  $tit  unt  frühes  tfHttttatta  tis  1250. 

3R.  ftoerne«  beröffentlidjt  al8  Vorläufer  einer  größeren  Arbeit 
einen  furjen  Überblicf  über  bie  $aHftattJ>eriobe.  <£r  (Gilbert  iljre  ©ebeu* 
tung  unb  iljre  djarafteriftifdjen  ©igentümltdjfeiten,  oljne  fid)  bo$  alljufefjr 
inß  detail  etnplaffen.  Ängemerft  fei  nod),  bafj  ftoerneS  bie  jeitlidjc 
Stauer  ber  §aü"ftattfultur  einfdjränft  auf  bo«  aefjnte  bi«  fünfte  Sa^rljunbert, 
eine  Abweisung  bon  9RonteUu8  u.  a.,  bie  natürlich  gleich  anberen  9ln« 
fe&ungen  immer  eine  §öpot§cfe  bleiben  wirb  (Xifle*  S)eutfd)e  ©efdndjtö* 
blätter  6,  4).  $er  fonftige  (Ertrag  an  Huffäfcen  jur  »orgefdjicöte  ift  Med« 
mal  gering,  immerbin  mag  auf  bie  Mitteilungen  bon  ft.  Seilmann 
über  prä^iftortfebe  ©rabftfttten  au«  ber  Stein«  unb  Sa  Senegeit  bei  SRü§fe 
Raufen  in  Springen  IjingetDicfen  fein  (9Rü§ll)aufer  ©efdjidjtSblätter  3a$r* 
gang  5). 

6ine  eingeljenbe  Stubie  bon  Ä.  b.  S)oma$aen>8H  befaßt  ftdj  mit 
ber  fjanbfdjriftlidjen  Überlieferung  ber  nieberr&einifdjen  gnfdjriften  au* 
römifa^er  Seit.  Sier  Sammlungen  »erben  befprodjen:  junfia^ft  bie  $(anlen* 
Reimer,  bann  bie  ber  Xantener  Snfdjriften  in  (Siebe,  bie  Utredjter  be* 
(Srotdj,  enblid)  bie  be3  @ttnd)  in  einer  Berliner  $anbfd)rift.  Äu«  allem 
tritt  bie  ©ebeutung  bon  $.  @roi$.  bem  ^rebiger  au  ©efel  im  17.  3afor* 
tyinbert,  für  bie  r^einifdje SUtertumSfunbe  beutltd)  entgegen;  Stomaäftentfti 
ftebt  nidjt  an,  tyn  mit  ©clefjrten  rote  Gampe  in  ©onn,  ©amanS  in  Äöln 
unb  ©reSmunb  in  SRainä  auf  eine  Stufe  ju  [teilen  (SBeftbeutfdje  geit» 
f$rift  23,  3). 

3n  ben  lebhaften  Streit  über  ben  (£&aratter  ber  altgennanifdjen  ©irt* 
fdjaftS*  unb  Sojialberfaffung  tritt  eine  ge^altbode  Stubie  bon  SR.  28 e ber 
ein.  Sie  fommt  ju  äfjnlidjen  SRefultaten  tote  fR.  ßö&fdtfeS  Darlegungen, 
le^nt  äugleidj  bie  Slnnafcmc  einer  mifsberftänblidjen  Senufcung  be«  (Jäfar 
burd)  fcacitu«  ab,  loie  g.  SRaajfaljl  fie  berfodjten  Ijatte.  «Beber  roeife  mit 
Sdjarfftnn  neue  Momente  in«  treffen  ju  fteQen.  Sein  (Ergebnis  ift,  baft 
bie  prineipes  unb  nobiles  bei*  taciteifdjen  Säuberung  ftd)  gegenüber  ben 
al$  plebs  bezeichneten  93 olf «gen offen  nidjt  in  ber  Stellung  bon  ©runb* 
Ferren  befunben  hätten;  e8  fei  unwa&rfd)einlid),  bafj  bie  fp&teren  fcb* 
$ängigtett8ber$filtniffe  unb  ©runbljerrfdjaften  auf  eine  grunbljerrHdje  Stcl* 
Iung  ber  freien  (Germanen  ^urürfjuleiten  feien  ßaljrbüdjer  für  National* 
öfonomie  unb  Stattftif  3.  ftolge  28,  4). 


3frü$e«  Mittelalter.  533 

Drei  Stubien  befdjäftigen  ftd)  mit  gf^agen  ber  beutfc&en  Serfaffung** 
gefätdjte.  3n  ber  $ifiorifd)en  8iertelja$rf*rift  1904,  4  feftt  ftd)  8.  billiger 
in  bemei*fräftiger  Äür$e  mit  $§.  $ecf  (Siertelja$r*fc&rift  für  Social-  unb 
»irtfa>iftSgef$t(&te  2,  3)  über  ben  SdjtningSroert  ber  Ewa  Chamavoram 
unb  ber  Lex  Frisionum  au&einanber.  3n  ben  Göttingifdjen  ©deinen 
«njeigeh  1904  9lr.  10  gibt  bie  Anzeige  be$  »ud|e«  öon  ß.  Senn  (I/in- 
stitution  des  avoaeries  eceläsiastiques  en  France.  $ari£  1903) 
SB.  6icfel  Gelegenheit  gu  $al)ireid)en  Mitteilungen  einer  fdjier  erbrüdenben 
SfüQe  \>on  SfaSjügen  auS  Quellen  jegli<$er  Art.  Über  Grunbberrfdjaft  unb 
Smmunttät  Ijanbelt  (S.  Stengel  in  ber  Settfänft  ber  Sabtgntoftiftung  für 
He*t«gefdjtd)te,  Genn.  Hbt.  25.  1904.  Veranlagt  ift  bie  ge^altootte  Stubie 
burdj  bie  Ausführungen  t>on  G.  See  Hg  er  (Die  fokale  unb  polüfdje  8e* 
beutung  ber  Grunbtjerrfdjaft  im  früheren  Mittelalter.  Seipatg  1903).  tttdjt 
überall  tiermag  Stengel  fte  für  beroetöfräftig  ju  galten  unb  gefdjidt  roeijj 
er  gegen  fte  anaufämpfen.  3m  Mittelpunft  bei  Erörterungen  ftct)t  bie 
Sfrage,  mie  ft$  bie  Immunität  auf  bem  Gebiete  ber  Grunbberrföaft  felbft 
entmicfelt  %abt.  Um  fie  ju  beantworten,  begleitet  ber  Serfaffer  Seeitger* 
Darlegungen  über  bie  farolingtfdje  3mmunität$gcrid)t«barfett  mit  fritifdjen 
ftnmerhmgen,  bie  bartun,  bafj  Seeliger  sticht  überall  burdjmeg  neue  Auf« 
fdtfüffe  gewinnen  tonnte.  (Sr  gefct  bann  ein  auf  Seeftgerft  SBürbigung  ber 
Smmunitdt  feit  Gnbe  be«  9.  3a$r$unbert* ;  er  betont,  bafe  Graf  unb  Sogt 
in  iljren  SBefugniffen  einanber  nebengeorbnet  feien,  betftmpft  burd)  treffenbe 
Deutung  be*  Spradjgebrau**  ber  Urfunben  bie  Änftdjt  einer  Serfdjieben* 
Ijett  in  ber  Smmunit&töftellung  ber  unfreien  unb  freien  $interfaffen. 
(Seeliger«  Weinung,  bon  einer  Steigerung  ber  Äompetenj  be$  Smmunitätd» 
gerid?t$  fönne  feine  Rebe  fein,  in  ber  gfrage  ber  Gerid)t&&uge$örigteit  ber 
Strien  fei  eine  rüdlaufenbe  Setoegung  ju  ber}eid)nen,  lefrit  Stengel  ab, 
um  ftilte&lid)  auf  bie  «uSbilbung  tjerrfdjaftUdjer  Gerid)t*barfeit  über  S3c- 
tooljner,  bie  ni$t  §interfaflen  waren,  in  gefdjloffenen  ©annfreifen  ein$u« 
ge^en.  Die  (Srgebniffe  ber  Unterfudjung  fajjt  ein  furjer  Sdjlufjabfdjnitt 
ftuf  anraten;  fie  roirb  Suftimmung  unb  audj  SBiberfprudj  erfahren,  o$ne 
burd?  festeren  iljreS  SBerte*  entfleibet  tuerben  &u  fönnen. 

(Sine  Steige  Don  Heineren  Beiträgen  $ur  Gefaxte  be«  früheren 
Mittelalters  mag  ftcr)  tyre  gufammenfaffung  ju  einer  einzigen  9?otift  ge» 
fallen  laffen.  3n  ber  #eitfdjrift  für  toiffenfdjaftli^e  Geologie  48, 1  unter* 
nimmt  g.  Gorre*  eine  (S&arafterifttf  beft  borlefcten  fpanifdjen  ©eftgoten* 
fönig*  »itisa  (700-710?)  unb  feiner  ftird)enpoUtir.  3-  Sägmüller 
be(anbelt  in  ber  (Tübinger)  fcljeologifdjen  Quartalfdjrift  87,  1  bie  <S$e 
$einrtcft*  IL  mit  Äuntgunbe.  Geftüfct  auf  bie  Gtyronif  be*  9cubolf  ©laber 
vertritt  er  bie  «nfidjt,  bafe  bie  fiegenbe  ber  völligen  3ofepl)*e$e  be«  ßaifer* 
entftanben  fei  au8  ber  öetanntfrtaft  mit  ber  3mpotenj  ber  Äaiferin,  mit 
§etnridj*  II.  (Enthaltung  Don  e^elid)em  Umgang,  obgleia^  er  feine  Ge* 
ma^Iin   bätte   berftofaen  unb  eine  anbere  etjelia^en  tonnen.    St.  ^ampe 


536  ftoti&en  unb  9?adjrui)ten. 

Sfug  bejeidmen  eS  Xangl  wie  ©ranbt,  lefcterer  im  Knfdjluf}  an  ®.  £utba 
ale  ein  bem  ^crjog  $einrid)  unb  feiner  ©emaljlfn  peTföntiä)  geäderte* 
Siecht.  £angl  entfliegt  enbltdj  ber  Annahme  (SrbenS,  bie  Snterpofation  fei 
burdj  grtebrtdj  ben  Streitbaren  erfolgt,  ben  ©oben  Bon  $.  SimonSfelb 
wirb  nod)  eine  weitere  Arbeit  $ur  $e£tgefd)idjte  beS  Privilegium  minus 
angefünbigt,  auf  bie  nadj  iljrem  ©rfdjeinen  in  ben  Hbfymblungen  ber 
SRündjener  fttabemie  aurücfaufommen  fein  toirb. 

ßubw.  oan  Saal,  Ä  (öfter  Äamp.  ©eine  (Sntwiälung  bi«  §mn 
Anfang  bc3  14.  3a$rf)unbert8,  eine  unter  t>.  b.  fto&pe  fiettung  erwadjfene 
toerbienftlidje  SRarburger  SHffertation,  jeid)net  bie  <£ntmi<Mung  beS  älteften 
beutfdjen  gifterjienfcrflofterS  at3  eine«  mirtfeftaftttgen  gnfiitut«  öon  Dorbüb* 
lidjer  ©ebeutung.  9ftd)t  burd)  Äauf,  fonbem  burd)  ©djeutong  würbe  ber  ©runb 
ju  ben  fpätcren  $ofanlagen  gelegt  unb  biefe  burdj  gefdjtdte  Manipulationen 
ju  abgefdjloffenen  ©efifcungen  au$geftattet,  auf  benen  burd)  (Sigenbetrieb 
gfinflige  wtrtfdjaftlidje  (Srgebniffe  erhielt  würben.  S>a«  13.  3at>r§unbert 
bebeutet  für  bad  Älofter  einen  weiteren  ttuffdjwung;  in  mehreren  (Stftbtcn 
fdjuf  e8  fid)  fflieberlaffungen,  bie  öome^mlid»  bem  SBofl*  unb  bem  ©ein* 
ljanbel  bienten.  ©rft  am  ®nbe  be«  13.  3a$r§unbertä  wirb  ftamp  mit  ben 
anbeten  3ifter&tenferflöftern  in  ben  allgemeinen  wtrtfdjaftlidjen  9tfebergang 
ber  firdjlidjen  Snftitutionen  tuneingeriffen,  beffen  innere  unb  aufsere  ttr» 
fadjen  ber  Berfaffer  für  Äamto  im  einzelnen  aufzeigt.  K. 

&ent  8«tt«et:  äotpp,  S)te  Körner  in  3>eutfd)ianb.  (SBielcfcIb, 
Beilagen  &  JHaftng.  4  3Ä.)  —  S)er  obergermanifa>rätifdje  ßiraeS  beft 
fflömerreiebe«.  23.  fif  g.  (fceibelberg,  fetter«.  5  9tt.)  —  Monumenta  Germaniae 
historica  (92eue  £Luart.«ttu8g.).  Auctorum  antiquissimorum  tom.  XIV. 
(Berlin,  SBeibmann.  16  3R.)  —  Ä  o  g  l  e  r  r  S)ie  legitimatio  per  rescriptam 
Don  3uftiniün  bis  jum  Xobe  Äaria  IV.  flBeimar,  ©ö$lau«  Hacöf.  3  9t.) 
—  Aspinwall,  Les  ecoles  äpiscopales  monastiques  de  l'ancienne 
pro  vi  nee  eceläsiastique  de  Bens,  da  VI«  au  XII*  siecle.  (Paris,  Soc. 
fr.  d'impr.  et  d'ödit)  —  Larson,  The  king's  household  in  England 
before  the  Norman  conquest.  (Wisconsin,  Madison.  50  cts.)  — 
Ho u das,  L'ißlamisme.  (Paris,  Dujarrio.  3,50  fr.)  —  Labourt, 
De  Timotheo  I.  Nestorianorum  patriarcha  (728—823)  et  christianorum 
orientalium  condicione  sub  chaliphis  Abbasidis.  (Paris,  Lecoffre.)  — 
Monumenta  Germaniae  historica.  (9?eue  £tuart*Äu$g )  Legum  Sectio  HI. 
Concilia.  Tom.  n.  Pars.  L  (§annot>er,  §a§n.  15  VI.)  —  Loisel, 
Essai  sur  la  tegislation  äconomiqne  des  Carolingiens,  d'apres  lea 
Capitulaires.  (Caen,  Valin.)  —  Halphen,  Becueil  des  annale* 
angevines  et  vendomoises.  [Coli,  de  textes  pour  servir  ä  l'ätnde  et  a 
l'enseignement  de Thist]  (Paris,  Picard &  fils.)  —  Darda  nelli ,  Invasioni 
arabe  in  Provensa,  Savoia  e  Piemonte  sul  finire  del  secolo  IX  e 
nel  X  secolo.    (Roma,  Forzani  e  Co.)  —  ©egiebtng,  $te  3agb  hu 


3frü$e«  Mittelalter.  535 

ber  ©ulle  $onifa&'  VIII.  TJnaxn  sanctam  feine  autoritatioe  grormel  er« 
$telt.  Über  bie«  Siel  tynau«  aber  fü$rt  bie  ©ürbigung  aller  berartigen 
lu«laffungen  unb  &ugletd)  i$rer  öanbelungen,  in  beren  ©efdjid)te  bie 
Sorte  eine«  SRifolau«  I.r  Tregor  VEL  unb  Snnocen*  IIL  bie  (Epodjen  ju- 
gleia  ifrer  »erwirfiidjung  bejei^nen.  fcaud  fefrt  ein  mit  Gregor  I.,  ber 
ft$  al«  Untertan  be«  oftrömifdpn  Jtatfer«  befannte;  feine  »eiteren  ttuft» 
ffiljrungen  »trb  man  mit  fteigenber  Anteilnahme  oerfolgen,  freiließ  audj 
bebauern,  bai  nid)t  in  gleicher  ©eife  ba«  ftuftommen  ber  3bee  ber  geift» 
Ua)en  Gemalt  be«  römif^en  »if<$of«  (ögl.  6.  3)  gefeftilbert  ift.  ©erabe  »eil 
fpealfifä}  rdmifeften  Urfprung«  unb  ftet«  bon  ben  Zapften  feftgefalten, 
möchte  fie  bodj  al«  noa)  bebeutfamer  erfdjeinen  benn  i$re  9lufna§me  in  bie 
großen  ftrdjenredjtlidjen  ftälfcijungen  be«  9.  3aljr$unbert«,  beren  (Etnflu& 
bamit  natürlich  ntdjt  unterfdjäfrt  »erben  foH  (3)er  ©ebante  ber  päpftlldjen 
©eltfcrrfcbaft  bt«  auf  SBonifa*  Vin.  ßeipjig,  H.  (Bbeimann  1904.  47  6.  4°). 

3n  ber  Seitfc^rift  be«  Serein«  für  ftieberfagfen  1904,  8  beginnt 
g.  29  id)  mann  Unterfudjungen  jur  älteren  <Befd)idjte  be«  $i«tum«  Serben, 
bie  bi«  ftur  Verlegung  ber  bifd»öfliä}en  fteftbeng  nadj  Rotenburg  im 
3«$re  1205  geführt  »erben  foHen.  $er  erfte  bi«  jefrt  oorliegenbe  Hbfdjnttt 
gibt  im  »efentfi^en  eine  ©tja>f«ltfte  bt«  *um  3a$re  1034,  fomeit  Aber» 
fympt  ba«  febr  lüdenbafte  Material  eine  folcfce  &u  bieten  geftattet.  Vlan 
möchte  münfdjen,  ba&  im  Sortgang  ber  Arbeit  aud)  ber  $erfud)  gemalt 
mürbe,  bie  ßeugnifie  über  bie  Verwaltung  be«  $i«tum«  ^ufammen^ufaffen. 

(äHetdjjeitig  beinahe  mit  ber  au«fü(rli$en  9fa$etge  be«  $ud)e«  bon 
©.  (Erben  (3>a«  Srtbilegium  $riebri4[*]  I.  für  ba«  ^erjogtum  öfterreta). 
»ien  1902)  bur$  «.  U$lirj  (ogl.  biefe  fleitfajrift  94t  147 ff.)  finb  bter 
anbere  erfdtfenen,  bie  oon  (5.  Stengel  (£iftor.  SKerteljafyrfdjrift  1906,1), 
$.  ©Breuer  (SeitfArtft  ber  ©abignuftiftung  für  »ea)t«gef$idjte,  ©crm. 
«bt  25, 1904),  St.  «ranbi  (»öttingiftfe  (Belehrten  «njelgen  1904,  Hr.  12) 
unb  3R.  Xangl  (ebenfalls  Settfdjr.  ber  ©abignpftiftung  f.  ffiea>t«gef*ta>te, 
©erm.  ftbt.  25,  1904).  @o  berfdjieben  bie  Darlegungen  im  einzelnen 
audj  fein  mögen,  fte  alle  ftimmen  überein  in  ber  ftnerfemuing  oon  (Erben« 
Unterfudjung  über  ben  SHftator  ber  Urfunbe,  augleid)  aber  in  ber  fcb» 
leftnung  feiner  X§efe,  ba«  Privilegium  minus  fei  interpoliert,  gn  furjen 
6ä£en  fagt  Sranbi  bie  Stfifcpunfte  ber  Argumentation  jufammen,  um  fte 
burdjau«  über&eugenb  al«  ungulänglid)  &u  bewerfen.  9fa«fü§rlid)er  ift  ber 
tfoffafr  oon  langl,  ber  ftunädjft  mit  ber  biplomatifcben  (Seite  bed  $rioi(eg« 
unb  feiner  burd)  einen  ®afc  in  objeftioer  Raffung  junäa^ft  auffaüenben, 
aber  Ieine«»eg«  ftngul&ren  gorm  ftä)  befä^äftigt.  @«  folgen  ttu&einanber« 
fe^ungen  über  ben  Gert  be*  $rioileg*  für  feinen  (Empfänger,  enblid)  Vor- 
legungen über  bie  oerfaffungft$iftorifd)e  Seite  oon  &riebrid)«  I.  gugeftänb* 
niffen,  ben  (Einfa^rfinfungen  ber  $eerfa$rt&  unb  ^offa^rtdpflicbten  be« 
^erjog«  unb  ber  <Be»ä$rung  be«  oielbefprodjenen  ius  affeetandi.    TOit 


536  ftottjen  unb  9todjrid)ten. 

gfug  bcjcidjncn  e$  Xangl  tote  öranbt,  lefcterer  im  fcnfdjlufc  an  <B.  £urba 
al£  ein  bem  §erjog  §einrid)  unb  feiner  ©cmaljltn  perfönltdj  geafi^rte* 
9fcä)t.  Xangl  ent$ie§t  enbltdj  ber  Annahme  Erbend,  bie  3nter|jo(ation  fei 
burdj  3friebridj  ben  Streitbaren  erfolgt  ben  ©oben  Bon  $.  6tmon£fe(b 
wirb  nod)  eine  weitere  Arbeit  $ur  £e£tgefd)id)te  be£  Privilegium  minas 
angefünbigt,  auf  bie  nadj  iljrem  (£rf djeinen  in  ben  Äbljanblungen  ber 
3Ründ)ener  Ätabemie  gurücfjufommen  fein  wirb. 

Subro.  ban  ßaal,  Ä  (öfter  Äamp.  ©eine  (Sntmlcftung  bis  8um 
Anfang  beS  14.  3a§r^unbertS,  eine  unter  b.  b.  WoppZ  Seitung  ermadjfene 
berbienftüdje  SRarburger  SKffertatton,  jeitfnet  bie  (£ntmicttung  beS  Klteften 
beutfdjen  gifterjienfcrfloftcr*  als  eine*  totrtfdjaftltdjen  3nftitut*  bon  borbilb* 
lieber  ©ebeutung.  Sfcidjt  burd)  Äauf,  fonbem  burd)  ©djenhtng  würbe  ber  ©runb 
ju  ben  fpäteren  ©of  an  lagen  gelegt  unb  biefe  burdj  gefeierte  Manipulationen 
ju  abgefdjloffenen  JBefifcungen  au8gefta(tet,  auf  benen  burdj  digenbetrieb 
günftige  toirtfdiaftlidje  (Srgebntffe  erhielt  mürben.  $)a*  13.  3a$r$unbert 
bebeutet  für  bad  Älofter  einen  ©eiteren  2luffd)umng;  in  mehreren  6tftbten 
fdjuf  e$  fid)  SWeberlaffungen,  bie  bomefynlid)  bem  SBoll*  unb  bem  ©ein* 
Ijanbel  bienten.  <£rft  am  ßnbe  bed  13.  3a$r$unbert8  wirb  ftamp  mit  ben 
anberen  Sifterjienferflöftcm  in  ben  allgemeinen  mirtfdjaftlidjen  SRiebergang 
ber  firdjltdjen  Snftitutionen  f>inetngerijfen,  beffen  innere  unb  Äufjere  Ut» 
fadjen  ber  SBtrfaffer  für  Äamp  im  einzelnen  aufzeigt.  K. 

&tut  3»üa>r :  8otpp,  $ie  Körner  in  $eutfälanb.  (SBielefelb, 
Beilagen  &  ftfaftng.  4  SR.)  —  S)er  obergermanifa>rätifd)e  Süne*  be« 
9tömerreid)e9. 23.  fif  g.  (§eibelberg,  $etterS.  5  Tl.)  —  Monamenta  Germania© 
historica  (Sfceue  £luart.sttu&g.).  Auctorum  antiqaissimorum  tom.  XIV. 
(©edin,  SBetbmann.  16  3ft.)  —  Ä  o  g  l  e  r ,  $)ie  legitimatio  per  rescriptam 
bon  3uftinian  bis  juin  2obe  Äarfö  IV.  (SBeimar,  S3ö§lau«  ftatfjf.  3  SR.) 
—  Aap  in  wall,  Lea  ecoles  gpiscopales  monastiques  de  l'ancienne 
province  ecclösiastiqae  de  Bens,  da  VIe  au  XII«  siecle.  (Paria,  Soc. 
fr.  d'impr.  et  d'ddit.)  —  Larson,  The  king's  hoasehold  in  England 
before  the  Norman  conquest.  (Wisconsin,  Madison.  50  cts.)  — 
Ho u das,  L'islamisme.  (Paris,  Dujarric.  3,50  fr.)  —  Labourt, 
De  Timotheo  I.  Nestorianoram  patriarcha  (728 — 823)  et  christianorum 
orientaliam  condicione  sub  chaliphis  Abbasidis.  (Paris,  Lecoffre.)  — 
Monamenta  Germaniae  historica.  (9taie  QuartsÄuÄg)  Legum  Sectio  HL 
Concilia.  Tom.  n.  Pars.  L  ($annober,  fcaljn.  15  VI.)  —  Loisel, 
Essai  sur  la  legislation  economiqae  des  Carolingiens,  d'apres  lee 
Capitulairea.  (Caen,  Valin.)  —  Halphen,  Recueil  des  annale« 
angevines  et  vendomoises.  [Coli,  de  textes  pour  servir  k  l'ötnde  et  a 
l'enseignement  del'hisk]  (Paris,  Picard  &  fils.) —  Dardanelli,  Invasioni 
arabe  in  Provenza,  Savoia  e  Piemonte  sal  finire  del  secolo  IX  e 
nel  X  secolo.    (Roma,  Forzani  e  Co.)  —  83  e  g  i  e  b  t  n  g ,  $te  3agb  im 


(Späteres  Mittelalter.  537 

geben  ber  faliföen  ftaifer.  (Bonn,  Sanftem.  2  SR.)  —  Xopp,  S)ie 
6ä}laä)t  an  ber  Elfter.  15.  X.  1080.  (»erlin,  ©bering.  1,50  SR.)  — 
«fitfdjo»,  gnnojena  III.  unb  dnglanb.  (SRündjen,  Olbenbourg.  4,50  9R.) 
—  Sabatier,  Examen  de  quelques  travaux  recents  sur  les  opu- 
scules  de  Saint  Francois.  (Paris,  Fischbacher.)  —  Begesta  Habs- 
burgica.  1.  ftbtlg.  S>ie  föegefien  ber  Grafen  bon  §ab*burg  Bid  1281. 
tteatb.  oon  ©teinaefer.  [^ublttatton  be*  Snftttut*  f.  dfterr.  ©efätyt** 
forfdjg.]  ßnnftbruef,  Wagner.  10  2K.)  —  Seiler,  2)er  ©etoei*  ber 
Bot»e$r.  (Sine  red)t*$tftortfdje  ©tubie  au*  bem  ©adtfenfpiegel.  (©re*lau, 
©vierter.  1,50  2R.)  —  Henry  III.  Charter  Rolls.  Vol.  1.  1226—1257. 
I:  Calendars  of  State  Papers.  (London,  Eyre  and  Spottiswoode).  — 
3unfot)ic,  «Bann  mürbe  Mitteleuropa  bon  ben  Stäben  beftebelt? 
(Äremfter,  ©lobdl.    1  SR.) 


friittts  pilteUCler  (1250-1500). 

ttnfnfipfenb  an  feine  $.  3.  91,  272  ff.  befprodjene  Sonographie  über 
ben  $af(auer  ©ifäjof  Otto  0.  Sondborf  (1254  —  1265)  bringt  Ulrt$ 
6djmtb  im  Ärdjtb  für  foftol.  Äirdjenredjt  84,4  bie  bon  bem  Genannten 
unb  (einem  feiten  Stotbfolger  3Bid)arb  b.  $erdjtoib*borf  (1280—1282) 
«(offenen  fird)lid)en  $erorbnungen  $um  Äbbrucf,  beut(ict)e  SBetoeife  für  bie 
Äefonnafcfidjten  beiber  iHrdjenfürften. 

SRaj  Girier  entwirft  in  ber  deitför.  b.  fctfdj.  herein«  f.  b.  ©cfcr>. 
SRä§ren«  unb  ©djleften*  8,  3  u.  4  ein  Seben*bilb  be*  Olmüfrer  ©tfdjof* 
ftruno  d.  Sdjauenburg,  ber  lange  &tit  auf  bie  ©efdjicfe  ber  Ottotarifdjen 
$errf$aft  mafjgebenben  (Sinfluf)  ausgeübt  §at. 

(Ein  Heiner  fcuffaft  bon  $.  be  ¥el*maefer:  Des  formes  d'asso- 
ciation  ä  Ypres  befprid)t  einige  an$ang*»eife  mitgeteilten  Urfunben  au« 
tot  pebaiger  unb  adliger  Sauren  be*  13.  Qa^r^unbertd  (Revue  de  Droit 
international  et  de  Legislation  comparee  36©  annöe,  1904). 

<£lf  Urfunben  jur  öefd)id)te  ©öljmen*  unter  ^einrieb  bon  Kärnten 
$at  6  d)  ö  n  a  d)  in  ben  Mitteilungen  be*  SSerein*  f.  @efd).  b.  $eutfdjen  in 
©ö$men  43,  2  mitgeteilt. 

SRit  Berufung  auf  ein  Schreiben  Sßapft  3oIjann*  XXII.  au*  bem 
fcnbe  be*  Sa^re*  1316  ober  Anfang  1317  teilt  $.  SR.  SBaumgartcn 
im  §tftor.  3a$rbud)  26, 1  mit,  bog  bie  Ijeut&utage  nur  in  ganj  berfdjttnn* 
benben  Säßen  erfolgenbe  Überfenbung  be*  roten  $ute*  $um  erftenmal  für 
bie  3a§re  1261  unb  1312  bezeugt  ift. 

Sieben  Dielen  literar$iftorifd)en  Arbeiten  finben  fi$  <*ud)  einige  rein 
$iftorifd)e  Unterfucftungen  in  ber  bon  ber  Societä  storica  Lombarda  bei 
ber  gentenarfeier  Petrarca*  herausgegebenen  2fefifd)rift :  Miscellanea  di 


538  Hottgen  unb  $Raä)ri#ten. 

studl  storici  e  ricerche  critico-bibliografiche  eul  Petrarca.  (Milano, 
Cogliati.     1905.    370©.) 

Srinblinge  au£  beut  SBatifanifdjen  ftrdjiD  [teilen  bie  nt<$t  gerate  mit 
(Sorgfalt  junt  Äbbrud  gebrauten  biograp$ifdjen  9iotiften  §.  8.  ©au er* 
lanb*  jur  ®efct)ic^te  be£  14.  unb  15.  3a$r$unbert*  bar.  @te  bilben 
getoifferma&en  bie  gortfefrung  ju  ben  $.  3-  89»  640  f-  «mahnten  fRit* 
Teilungen  unb  betreffen  SeDolb  Don  9?ort$of,  Supolb  Don  ©cbenourg. 
Stöbert  Don  @enf  (Giemen*  VIL),  9Wf.  ©pinelli,  ©erwarb  ©rote,  $eter  Don 
ßuna  (©enebift  XIII.),  SRarfUiuft  Don  3ng$en,  Bartholomäus  $rtgnani 
(Urban  VI.),  fceinrict)  Don  ßangenftein,  2Ratt$äu*  Don  Äratou  unb  ©obe* 
ItnuS  $erfon. 

S)te  in  ben  Annales  de  l'Est  et  du  Nord  1, 1  Deröffentltdjten 
Notes  pour  servir  ä  l'histoire  de  la  Flandre  ä  la  fin  du  XI V«  siecle 
(nod)  ntd^t  abgefdjloffen)  freuen  bie  im  erften  Jöanbe  ber  Don  8.  $roft 
herausgegebenen  Inventaires  mobiliers  et  extraits  des  coxnptes  des 
ducs  de  Bourgogne  de  la  maison  de  Valois  (1363—1477)  für  bie 
©efdjidjte  gflanbernS  enthaltenen  ftarfjridjten  gufammen. 

Qn  ber  Revue  des  langues  romanes  1904,  9toDember»$)egemDer 
folgt  toieberum  ein  ©rudjtetl  ber  Deliberations  du  conseil  communal 
d'Albi,  bie  nun  glüdlid)  bis  jum  ttoDember  1381  gebieten  ftnb  (Dgt  93, 
637  u.  94,  359). 

@.  ©ommerfelbt  teilt  in  ber  geitfdjr.  f.  ftirdjengefd).  25,  4  atoet 
©eitere,  htm  9tatt$äuS  Don  ftrafau  jugefdjrtebene  ftangelreben  mit,  bie 
nad)  i$ren  (Sing&ngen  als  Detrectant  de  vobis  unb  Venit  iudicare  ter- 
ram  furj  bejeidjnet  merben.  Snfibefonbere  bie  lefctere,  nact)  ©ommerfelbt 
frütjeftenS  1387  anftufefcenbe  dicht  tfi  bemerkenswert,  ba  in  t$r  eine  ©td* 
Iungna^me  &u  ben  religiöfen  ©irren  in  $rag  fi$  ftnbet  —  Auf  eine 
frühere,  an  biefer  ©teile  91,  546  erahnte  Arbeit  fommt  ber  gleite  »er- 
faffer  in  ben  Mitteilungen  b.  »er.  f.  ®efct).  b.  3>eutfd)en  in  ©ö$men  43,  2 
jurücf,  inbem  er  bie  «utorfdjaft  beS  9W.  für  bie  Sraftate  »De  squalori- 
bus<  unb  »speculum  aureum«  erneut  nadjjutoeifen  fudjt  unb  gegen  bie 
Don  3-  Rätter  Derfodjtene  2$efe  fid)  toenbet,  ba|  2Ratt$ä*uS  Don  Jrrafau 
ben  Üraftat  De  squaloribus  curiae  Romanae  1403  in  ben  SRonaten 
niebergefdjrieben  f>abe,  mäljrenb  beren  er  bie  töomreife  ausführte. 

3n  bem  neubegrünbeten,  Don  ber  Societa  di  storia  patria  per  la 
Sicilia  Orientale  herausgegebenen  Arcbivio  stör,  per  la  Sicilia  Orien- 
tale, anno  1,  fasc.  1  (1904)  Deröffentlidjt  &.  ©uarbione:  Documenta 
eul  secondo  assedio  di  Catania  e  sul  riordinamento  del  regno  di 
Sicilia  (1394—1396)  eine  ffietye  ungebrudter  ©rüde  au*  bem  ©taat*- 
ard)tD  $u  Palermo.  —  ©.  S  a  <£  o  r  t  e  <£  a  i  1 1  e  r :  Per  la  morte  di  Alfonso 
D'Aragona  teilt  ebenba  eine  Moria  beS  Notars  ©iulio  be  $aSquale  mit, 
bie  nidjt  ben  18.,  fonbern  ben  17.  SRoDember  1495  alS  £obeStag  angibt. 


Spätere«  Mittelalter.  539 

(Sine  ergiebige  Queue  für  bie  ©efdjicbje  ber  fcufittenfrtege  in  ben 
galten  1481/32  ftellt  ba*  in  ben  ©efdjid)t*blättern  für  Stabt  unb  Sonb 
SRagbeburg  39,  2  bon  9K.  Älinfen borg  abgebrudte  ältefie  Sfiterboger 
9iat*memorial  bar.  1431  »erben  bon  ber  Stabt  umfangreiche  Lüftungen 
getroffen,  bagegen  ifi  fie  im  folgenben  3a^ret  ba  ber  Einfall  ber  $uffiten 
in  bie  9Rar!  erfolgt  unb  bor  Bernau  abgerotefen  wirb,  an  ber  Hbtoefcr 
laum  beteiligt. 

Ster  erfte  ©anb  ebter  neuen,  bon  S.  ß  ambro*  geleiteten  unb  aud> 
au*fd>lle&ltcb,  bon  l$m  gereiften  äettfdjrift  Wog  '/Olrjrofi^a^  (Sitten 
1904)  enthält  in  ber  Kummer  bom  31.  Märj  brei  ©riefe  getftlidjer  $er* 
fönen,  bie  Union*frage  betreffenb  (1440);  in  ber  bom  30.  Sunt  eine  djto» 
mfalifdje  Äotij,  ber^ufolge  bie  (Eroberung  bon  <£p$efu*  burd)  bie  Xürfen 
bereite  1804  (nidjt  1307)  an*ufe(en  ift,  unb  ein  ©abreiben  be*  legten 
$er*og*  von  9U$en,  gfranfo  ftcciajuoli,  an  ben  SRailänber  $erftog  grran* 
ce*fo  Sforza  mit  ber  ©Ute  um  Aufnahme  in  feine  $ienfie. 

(Sine  »ertboüe  Überftdjt  Aber  bie  ©efdjidjte  be*  mittelalterlichen  ÖiU 
bungSmefen*  in  Stalten  gibt  ©iuf.  SRanacorba:  Studi  di  storia  boo- 
lastica  e  universitaria  in  ben  Stndi  storici  13,  2;  Ätt.  Simioni  ent- 
wirft im  Archivio  stör.  Lombardo,  serie  qaarta,  anno  31,  fasc.  3 
ein  Sebenftbilb  be*  SWailänber  fcumaniften  $iattino  $iatti;  SB.  b.  Selb» 
11  fr  berietet  ebenba  fefa  au*fü$rlid)  über  ein  rufftfdj  getriebene«  SBerf 
Aber  ßeonarbo  ba  Sinei  (bon  ft.  ß.  SoltinMt);  «mb  ft.  »ernarbn 
enbltd)  teilt  im  Archivio  stör.  Italiano  1904,  disp.  4  Hftenftfide  mit  jur 
6a}ulgefd)idjte  bon  ©an  SRartno  bom  15.  bi*  18.  3a$r£unbert. 

3n  ben  fclftortfaypolttifdjen  Blättern  134, 11  fudjt  tt.  ^aulu*  ben 
Somintfaner  Äntonin  bon  Slorenj  gegen  bie  Äu*fü$rungen  bon  $.  ffrotyt* 
(bgl.  92,  540)  in  Sdmfr  *u  nehmen;  im  ftatlolil  84, 10  frnbeft  «.  &ranj 
über  eine  in  mehreren  gaffungen  borliegenbe,  in  Süb»  unb  Oftbeutfcftlanb 
berbreitete  Sammlung  bon  Sonntag*«  unb  §eUtgenprebigten  be*  15. 3a$r» 
*  §unbert*,  bie  ftatt  be*  üblichen  bibtifdjen  Zegtroorte*  ober  neben  bemfelben 
je  ein  Sprichwort  al*  Sorfprudj  tragen. 

„Sriebricft  ber  Siegreiche,  Äurfürft  bon  ber  $fal*M  ift  ber  Xitel  eine* 
bon  Safob  ©ille  gehaltenen  Vortrag*,  ber  bem  Referenten  al*  Sonber» 
ab^ug  au*  bem  fcetbelberger  Sägeblatt  borliegt  (38  6.).  ©•  bietet  un*, 
vie  bie*  bei  einem  fo  genauen  ßenner  ber  pfälftifdjen  Qefdjidjte  felbftber* 
ftänblid)  ift,  eine  leben*ma$re,  au*  bem  Sollen  fdjöpfenbe  <5$arartertfttf 
be*  Sieger*  bon  Sedenfteim,  ber  ja  audj  im  ftampf  um  bie  SReidjSreform 
mit  an  erfter  Stelle  fieljt.  $er  grunbfafr»  unb  ä^arafterlofe  ©edjfel  fleiner 
ffiaubpolitif  tritt  beutlid)  $erbor,  bod>  fet)len  bem  fturfürften  aua)  lieben*« 
»erte  8&ge  nidjt,  bie  fein  ^fäljerbolf  beranlafct  $aben,  au*  bem  magrer 
unb  echter  8oir*tümltd)leit  fid)  erfreuenben  $errfd)er  gerabeftu  eine  3beal* 
geftalt  8u  biiben.  —  Sm  9tnfd)lug  an  biefe  (Efaraftenftif  erwähnen  mir 


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Spätere*  Mittelalter.  541 

Xeutfdjlanb  burdj  bie  CCC  befiegelt  würbe,  roteroo^l  fttf>  bort  im  föorb» 
heften  unb  Often  baS  alte  beutfdjredjtltdje  SlffufationSprinaip  in  ber  Äfage 
won  ftmtö  wegen,  ber  föügepflidjt  einzelner,  fortgebilbet  Ijatte.  ©c&on  früher, 
>.  8.  Don  ©inbing,  ift  vermutet  »orben,  bafc  ber  in  Deutfälanb  regierte 
fanonifdje  3nquifition$proae&  auf  ben  fräntifdjen  jurücfgcfjt.  ©djmibt  will 
nun  bie  Sorftufen  biefeS  tanonifdjen  ^rojeffe«  M3  $um  fränfifdjen  im 
einzelnen  aufbecfen.  @r  öerroeift  auf  bie  frortentipitflung  ber  farolingifdjen 
Snftitutton  in  ben  ober*  unb  mittelitalienifdjen  6tabtred)ten,  bie  unab« 
gängig  Dom  geiftlidjen  Siecht  bie  neue  ißroaejjform  auftgebilbet  t)aben.  @r 
mad)t  ed  bann  m.  <£.  mal)rfd)einlid),  bafj  ba&  fanonifdje  Stecht  —  Diel* 
leic&t  geftüfrt  burd)  bie  franaöfifdje  Hu«bilbung  unter  ¥§iltpp  II.  «uguft  — 
au8  bem  normanmfdjen  ©übitalien  ba$  (Sinfdjreiten  auf  ©runb  eine*  ©e« 
rud)ted  geköpft  (nid)t  umgetefrt,  rote  behauptet  toorben  ift)  unb  burdj  bie 
fcuÄbefymng  beS  @infd)retten«  auf  ben  gatl  bloßer  Denunziation  nad) 
lombarbif^em  SRufter  mobernifiert  l)abe.  Scnreaer. 

fjalf:  Die  Pfarramtltdjen  Slufeeidjnungen  beS  2florentiu8  Diel  ju 
6.  <J$rifiop$  in  Main*  1491—1518  (greiburgf.«.,  fcerber,  64  ©.,  1,40  9R.) 
üeröffentlidjt  na<$  einer  Hbfärift  beS  Pfarrer*  ©et>eru*  (1716—1779)  btn 
fog.  über  consuetudinum,  b.  $.  Wufeeidjnungcn  unb  Motiven  über  bie 
religiöfen  ftanblungen  bon  ber  $anb  be«  «Pfarrer«  ju  6.  <Jtjriftop$  gflo* 
rentiuS  Diel,  ©ie  geben  einen  vortrefflichen  (Sinblid  in  ba$  ßeben  unb 
{reiben  an  einer  mittelalterlichen  ^3farrfirct)e  bi$  hinein  in  bie  minutiöfen 
Stimmungen  über  bie  Bewegung  ber  8un9c  bei  (Smpfang  ber  §oftie  — 
boppelt  fdjabe  barum,  bafj  g.,  ber  ben  Xejt  audj  in  beutjdjer  Überfefrung 
gibt,  auf  crlauternbe  Hnmertongen  oerjic^tet  Ijat!  W.  K. 

3m  ttrd)it>  f.  Äulturgefdj.  III,  1  Ijanbeln  £  a  a  d  über  Hofnarren  am 
pommerfdjen  ^erjogS^ofe,  beren  erfter  unter  SBratiÄlaro  V.  (1326-1392) 
auftauet,  unb  <£rof>n  über  bie  Siebe  als  „jfrantyett",  rote  fic  u.  a.  9foi* 
cenna  unb  al*  Älaffifer  beS  GJebieteS  33ernarbu8  be  ©orbonio  auffaßt,  ber 
um  bie  SBenbe  beS  14.  3a§rljunbcrtS  *u  SKontpeflier  lehrte.  Die  töenaiffance 
Ijat  biefen  aSfetifchen  ©ebanten  bejeitigt. 

3?ene  SSftQer:  Thomas,  La  vie  priv£e  de  Guillaume  de  Noga- 
ret  (Toulouse,  Privat.)  —  Hörent,  La  bataille  de  Mons  en-Pe>ele 
(18  aoüt  1304).  (Lille,  Lefebvre-Ducrocq.)  —  Zappia,  Studi  sulla 
Vita  nuova  di  Dante.  Della  questione  di  Beatrice.  (Roma,  Loescher.) 
—  Year  Book  of  Edward  III.  Chronicles.  (London,  Eyre  and  Spot- 
tiswoode.  10  Bh.)  —  lieber,  Der  ®otte8freunb  Dom  Obcrlanb,  eine 
trfinbung  bed  Strafjburger  3o&anntterbruberä  ftitolau«  Don  üöroen.  (3nn«= 
brud,  ©agner.  24  9R.)  —  ©cftrauf ,  Die  SBtener  UniDerjität  im  TOittcl* 
alter.  (2Bien,  ^ol^aufen.  10  9R.)  —  Cessi,  Venezia  e  Padova  e  il 
Polesine  di  Rövigo.  Secolo  XIV.  (Cittä  di  Castello,  Lapi.  2  fr.)  — 
Prateui,   Listoria  di   Firenze  di   Gregorio  Dati,   dal  1380  al  1405. 


540  Hotten  unb  Hadjrtdjten. 

au«  ben  Sftamifjetmer  ®efdjtdjt«btöttern  1904,  Oftober  nodj  bie  Unter« 
fudjung  t>on  Blbert  (Jarlebadj:  $He  Sage  bom  2ßal)l  ju  $eibett>erg. 

O.  SR.  fflebtidj  Deröffcntlidjt  bie  in  tulturgefdjttyHaVr  $tnfi$t  fe$t 
bemerkn«»erten  Äufeetdmungen,  bie  fid)  in  einem  93anbe  be«  $üffelborfer 
Staat«ardjiD«  über  bie  am  8.  3uli  1481  $u  flöln  gefeierte  §o<foeit  be« 
fcerjog«  ffiityelm  IV.  Don  3üüa>öerg  mit  ber  SKarfgräfin  Sibffla,  ber 
Xodjter  «(brecht  $djtü*8,  erhalten  $aben.  (Settfcftr.  b.  Sergiföen  ©efd)idjt** 
Derein»  37.  $b.) 

Srclicc  Soffati:  Lodovico  8forza  avvelenatore  del  nipote  teilt 
eine  tlu«fage  be«  tfanjler«  S)el  $0^50  mit,  au«  ber  $erDorge$t,  bafj  ber* 
felbe  nid)t  ben  minbeften  3*°cifcl  an  ber  Sdjulb  2ftoro«  Ijegte  (Archivio 
stör.  Lombardo,  serie  quarta,  anno  81,  fasc.  3).  —  3m  Archivio  stör. 
Italiano  1JJ04,  disp.4  befdjiiejjt  «.  Scgre  feinen  Huffafc  über  ben  Äbjug 
Äönig  flarl«  VEI.  au«  Neapel  (Dgl.  93,  540  u.  94,  180). 

3m  Ärd)tD  für  Äuiturgefdjidjte  3,  1  fymbelt  @uft.  99 au 4  über  btn 
tt>al>rfd)einliä)  au«  Spanien  ftammenben  ehemaligen  3"ben  &(aDin«  SBtl* 
$elmu«  SRaimunbu«  9Rit$ribate«,  einen  fafyrenben  ©umaniften,  ber  1484/85 
als  Seljrer  be«  fcebra'ifdjen  an  ber  Kölner  $od)fd)uIe  tätig  getoefen  ift  unb 
fpäter  e8  nodj  jum  ßarbinal  gebraut  l)at.  Seine  »if[enfdjaftli<$e  Arbeit 
ift  für  bie  bamalige  Qtxt  immerhin  bemertenäroert. 

3ur  ®efd)idjte  ber  3uben  im  fpäteren  Mittelalter  oeraeidjnen  mir 
au$  ber  Revue  des  Stades  juives  1904,  Oftober=3>cjember  bie  fjortfefcung 
ber  ftbljanblung  Don  ©aut^ict  über  bie  3uben  in  ©urgunb  (Dgl.  94, 
181  u.  361)  unb  bie  Don  9R.  Äanferling  gebotenen  fleinen  beitrüge 
$ur  ©efdjidjte  ber  3uben  in  Spanien  ((JerDera,  SRabrib,  Xolebo)  mÄljrenb 
be«  14.  unb  15.  3a$r$unbert«.  —  3n  ber  3Konat«fdjrift  f.  ©efdjidjte  unb 
SBiffenfäaft  b.  3ubentum«  1904,  9*oDember=S)ejemöer  fcanbelt  SRor.  Stein* 
fdjueiber  über  Robert  Don  Hnjou  unb  fein  Sertylltnt«  jur  $ebrÄifd>en 
Siteratur  unb  &u  einzelnen  gelehrten  3^ben;  ße»in«!ij  madjt  auf  Ur* 
funbeu  $apft  Gregor«  XI.  aufmertfam,  bie  ftdj  auf  beutfdje  3uben  beftie^en. 

3n  ber  Sfeftfdpift  ber  UniDerfttät  fcreiburg  i.  SB.  jum  50  jährige« 
5Regterung«jubiIäum  be«  @ro^erjogd  griebrid)  ge$t  töidjarb  Sdjmibt  ber 
fcerfunft  be«  3nquifitton«proaeffe«  na*.  <S«  Ijanbelt  fid)  um  eine 
gform  be«  »erfahren«,  bie,  „Don  Statten  au«geljenb,  feit  bem  13.  3a$r» 
ljunbert  bie  §errfdjaft  über  bie  ßriminaljuftift  auf  htm  ganzen  europfiifdjeit 
gfeftfanb  erobert"  unb  ifp  (Bebtet  bt«  in  bie  neuefte  Seit  behauptet  fort, 
wo  fte  einer  5irt  allgemeiner  (Sntrüftung  &um  Opfer  gefallen  ift.  3>a« 
»efentlidje  G$aratterifhfum  biefe«  ^rofteffe«  ift,  bog  bie  ganjc  Verfolgung 
be«  Serbredjen«  unb  be«  Verbredjer«  —  bi«  auf  bie  narfte  Aburteilung  — 
ald  Hmt«pflidjt  in  bie  $anb  eine«  Beamten  gelegt  ift,  alfo  bie  2>ura> 
fü^rung  ber  fog.  Ofpjiatmajime.  Serfaffer  fe^t  ein  bei  ber  befannten 
©urjel  biefe«  ^ro^effe«,  bem  tanonifa^en  3nquirttion«proje6f  beffen  Sieg 


Spätere«  Mittelalter.  541 

in  Deutfdjlanb  burdj  bie  CCC  befiegelt  würbe,  wiewohl  fld)  bort  im  SRorb* 
weften  unb  Often  ba%  alte  beutfdjredjtlidje  SHfufationSprinaip  in  ber  Klage 
oon  ÄmtS  wegen,  ber  föügepfüdjt  einzelner,  fortgebilbet  fatte.  ©djon  früher, 
j.  ©.  oon  öinbing,  ift  bermutet  morben,  bafs  ber  in  Deutfd)lanb  rezipierte 
tanonifdje  3nfluifttion$proje&  auf  btn  fräntifdjen  jurüdgefjt.  ©djmibt  will 
nun  bie  Sorftufen  biefcö  fanonifd)cn  ^rojeffefc  bis  ftum  fräntifdjen  im 
einzelnen  aufbecfen.  @r  oerroeift  auf  bie  Srortentroidlung  ber  farolingtfdjen 
Snftitutton  in  ben  ober*  unb  mittelitaltenifdjen  ©tabtredjten,  bie  unab* 
gängig  bom  geiftlidjen  Siedet  bie  neue  Sßroae&form  auSgebilbet  §aben.  (Sr 
madjt  e8  bann  m.  (8.  waljrfdjeinlid),  baj$  ba£  fanonifdje  Siecht  —  biel* 
feicftt  geftü&t  burdj  bie  franjöfifc^e  ttuftbitbung  unter  ?$ilipp  II.  Huguft  — 
auS  bem  normanntfdjen  ©übitalien  baS  (Stnfdjreiten  auf  ©runb  eine«  ®e« 
rüdjteft  geköpft  (nicr)t  umgefe^rt,  wie  behauptet  morben  ift)  unb  burdj  bie 
fcuSbeljnung  be8  (ginfdjretten*  auf  ben  gratt  biober  Denunjiation  nad) 
lombarbtfdjcm  dufter  mobemifiert  Ijabe.  Schreaer. 

Sfalf:  Die  pfarramtlidjen  $ufeeid)nungen  be*  grlorentiuS  Diel  ju 
@.  0$riftop$  in  3Rain$  1491—1518  (ftrciburg  i.E.,  $erber,  64  ©.,  1,40  3R.) 
öeröffentii*t  nad)  einer  «bfa^rift  be3  Pfarrer*  ©eberu*  (1716—1779)  ben 
fog.  über  consuetudinum,  b.  $.  ?lufjeid)nungen  unb  Motiven  über  bie 
religiöfen  fcanblungen  Don  ber  §anb  be$  Pfarrer«  $u  ®.  (£(jriftop§  glo* 
rentiuS  Diel.  Sie  geben  einen  bortrefflia^en  (Sinblid  in  ba$  fieben  unb 
treiben  an  einer  mittelalterlichen  ^3farrfirct>e  bU  hinein  in  bie  minutiösen 
Skftimmungen  über  bie  Bewegung  ber  8un9c  M  (Smpfang  ber  $oftie  — 
boppelt  fdjabe  barum,  bajj  fr,  ber  btn  Xe;t  aud)  in  beutfdjer  Überfefcung 
gibt,  auf  erlöutembe  Hnmertongen  beratet  Ijat!  W.  K. 

3m  Ärdjib  f.  Äulturgefdj.  III,  1  §anbeln  $aad  über  Hofnarren  am 
pommerfa^en  ^erjogSfcofe,  beren  erfter  unter  SBrati3law  V.  (1326-1392) 
auftaudjt,  unb  Srofcn  über  bie  Siebe  als  „$rantyeit",  wie  fie  u.  a.  Äbt* 
eenna  unb  al*  Älafftfcr  be8  ©ebietcS  ©ernarbuS  be  ©orbonio  auffaßt  ber 
um  bie  SBenbe  be«  14.  3atjrf)unbert$  $u  Montpellier  lehrte.  Die  iRenaiffance 
&at  biefen  aSletiftben  ©ebanten  bejeitigt. 

Tfient  35ttd}er:  Thomas,  La  vie  privee  de  Guillaume  de  Noga- 
ret  (Toulouse,  Privat.)  —  Härent,  La  bataille  de  Monsen-Pevele 
^18  aout  1304).  (Lille,  LefebvreDucrocq.)  —  Zappia,  Studi  sulla 
Vita  nuova  di  Dante.  Della  questione  di  Beatrice.  (Roma,  Loescher.) 
—  Year-Book  of  Edward  III.  Chronicles.  (London,  Eyre  and  Spot- 
tiswoode.  10  sh.)  —  lieber,  Der  ©otteäfreunb  bom  Obertanb,  eine 
(Erfutbung  beä  ©trafjburger  3o&annttcrbrubcr8  Mifolau«  Don  Soweit.  (3nn3* 
brud,  ©agner.  24  3R.)  —  ©tfjrauf ,  Die  SBiener  Unibcrfität  im  SRittel* 
alter,  (©ien,  ^ol^aufen.  10  3R.)  —  Cessi,  Venezia  e  Padova  e  il 
Poleeine  di  Rövigo.  Secolo  XIV.  (Cittä  di  Castello,  Lapi.  2  fr.)  — 
Pratesi,  L'istoria  di   Firenze  di   Gregorio  Dati,   dal  1380  al  1405. 


542  ftotijen  unb  Wadjrtdjten. 

(Firenze,  Seeber.  5  fr.)  —  ßlein,  $)ie  centrale  gfinanjtoerroaltung  im 
S)eutfdjorben8ftaate  $reugen  am  Anfang  be&  15.  Sa^r^unbert».  (fiei^tg, 
Stander  &  §umblot.  5,40  9B.)  —  Deboat,  Joanne  d'Arc  et  I  es  vi  lies 
d'Arras  et  de  Tournai.  (Paris,  Fe>on-Vrau.)  —  Faraglia,  Storia 
della  regina  Giovanna  II  d'Angio.  (Lanciano,  Garabba.  8  fr.)  — 
Socobi,  $a«  SBeltgebäube  be*  Jtarbinat*  9Hfolau*  Don  <£ufa.  (Berlin, 
ßof)(er.  1,20  3K)  —  De  la  Vifiaza,  Los  cronistas  de  Aragon. 
(Madrid,  Hernändez.  3  pes.)  —  Labate,  Frammenti  di  cronaca 
mesBinese  del  secolo  XV.  (Messina,  Trimarchi.  1fr.)  —  Gardner, 
Dukes  and  poets  in  Ferrara.  Study  in  poetry,  religion,  politics,  of 
15  th  and  early  16  th  centuries.  (London,  Constable.  18  sh.)  — 
J.  de  Dampierre,  Essai  sur  les  sources  de  l'histoire  des  Antiiles 
francaises  (1492—1664).    (Paris,  Picard.) 

fteformafioii  unb  Gegenreformation  (1500—1648). 

$e  la  flfconcüre  macf)t  im  Correspondant  Dom  10.  Januar  1905 
als  merfwfirbige«  ©citcnftücf  ju  ben  Sdjitffalen  $ort  ÄrtfrtrS  auf  bie 
$elbenmütiae  aweijäfjrige,  fdjtte&lidj  bod)  vergebliche  franaöfifdje  Serteibtgung 
ber  Snfelfeftung  fia  SRautootfine  1512—1514  aufmerffam,  bie  1507  $ur 
bauernben  9fcieber§attung  ber  fortmäljrenben  Empörungen  ©enua«  gegen 
bie  fran&öftfdje  fterrfdjaft  angelegt  war. 

3m  Hrdjto  für  Äulrurgefdjtdjte  HI,  1  fteHt  ©.  Giemen  einige  toer* 
ftänbig  maftüott  Iobenbe  (TOeland)t$on,  ßut^er)  fomie  mafjlo*  Derurteilenbe 
Stimmen  au*  ber  9leformation8§eit  über  baS  Xanjen  jufammen. 

$er  fatl)olifdje  Geologe  6.  SR etfie  $at  fein  im  ¥roje|  $erlid)ingen 
erfiatteteS  ©utadjten  erwettert  al&  w8fteformation8gef(tjidjtf.  Streitfragen" 
(SRfindjen  1904,  VIII  u.  76  @.)  GerauSgegeben,  unb  obmofjl,  wie  et  fettft 
betont,  bie  betreffenben  fragen  längft  aufgeflärt  ftnb,  fo  wirb  man  bodj, 
um  Don  bem  SRadjweiS  ber  Unwiffen^eit  unb  Setdjtferttgfeit  be*  (Erjefuiten 
$ier  ab&ufeljen,  bie  tlare  Erörterung  einzelner  fünfte  (fo  Sutfcer  unb 
grau  Gotta,  gewiffe  SBe^ie^ungen  fiutljer*  ju  Frieda«,  (Sajetan,  SRiltty 
Butten  u.  a.)  mit  SRufren  nadjlefen.  $er  ©erfaffer  $at  rebltd)  ba*  ©eine 
ba&u  getan,  „ba8  Vertrauen  auf  gegenfeitige  ©fjrlidjfeit  unb  SRedjtlidjfeit* 
al*  ba8  SebenSelement  wiffenfdjaftlidjen  3ufamwenarbeiten*  ju  jtftrfen, 
Don  bem  ju  erwarten  ifl,  bafe  e«  ba8  umftrittene  ©renjgebtet,  ben  Xum* 
tnelplaf  toerbittember  StteinungS&erfdjtebenljetten,  nodj  weiter  einengen  wirb : 
fo  bürfte  fi<$  aeigen  (äffen,  ba&  bie  Haltung  ber  Jhirie  unb  ßutyer*  in 
ben  entfdjeibenben  erften  3a$ren  ber  Bewegung  t>ie(  einfad)er  unb  folge« 
richtiger  ober  wenigften«  öerftänblidjer  war,  atö  e*  ben  flnfdjein  Ijatte, 
folange  man  gemiffe  polttifdje  unb  perfönlidje  Qntriguen,  bit  fidj  um  bie 
^mitbeteiligten  o&ne  ifjr  3utun  ober  felbft  ifjr  ©orwiffen*  abhielten,  auf 
biefe  felbft  no*  jurücffüfjrte.  P.  Kalkoff. 


Deformation.  643 

ftalfoff  gelangt  in  feinem  gelehrten  unb  lehrreichen  <5d)(ufsauffa( 
über  „£ut$erS  römtfcften  ?ro$e&*  gu  ben  folgcnben  fcauptergebniffen :  $te 
Bannbulle  ift  bereit«  toor  t§rer  Befanntmacbung  in  9com  in  $eutfd)(anb 
bem  3n$alt  nadj  j.  B.  ©utten  befannt  getoefen.  Shtrfürft  griebrid)  Don 
€ad)fen  ift  nid)t  ein  lauer  Anhänger  ßut$er3  gemefen  (fo  SB.  ßebmann), 
fonbern  §at,  Don  »enigen  Stiftungen  abgelesen,  mit  grofter  <Befdji41td)teit 
unb  3&big?eit  bie  formen  be*  ffieicbSredjtS  für  feinen  6d)üfrling  auSgtnuftt 
unb  fid)  bireft  unb  perfönlid)  lebhaft  bei  Äarl  V.  gegen  eine  Der^örlofe 
Verurteilung  ßutferS  Derwanbt.  <&d  fat  fein  Stecht  nieftt  Übertritten, 
u>enn  er  in  ber  Bannbulle  aueö  Anhänger  Don  ttutber  namhaft  machte, 
unb  bat  bie  Unge$euerlid)feit  ber  htrialen  $ra$i$,  2ut$er  o$ne  Giber« 
legung  burd)  SRad)tft>rud)  ju  Derbammen,  felbft  in  SRom  Dcrgeblicft  ab$u* 
fteüen  Derfudjt.    (Beitf^rift  für  Äircfcngefcbidjte  25,  4.) 

$  au  lud  bemüht  ftdj.  in  ben  $iftor.*t>olit.  »lottern  136,  2  auf  bie 
großen  ©egenfäfee  bei  „(Sajetan  unb  Sutber  in  i$ren  fielen  über  bie 
$olggamie"  tynjuroetfen.  Beibe  ftnb  aüerbingft  ber  Überzeugung,  baft  bie 
$otygainie  nirgenbS  in  ber  Bibel  Derboten  fei;  aüerbingS  bat  aud)  (Eajetan 
allem  fcnfdjein  nad)  bem  $aj>ft  geraten,  ^einrieb  Vin.  DiSpenS  für  eine 
$ot>t>ele$e  anftatt  ber  ©Reibung  ju  erteilen,  aber  Don  einer  (Erlaubnis 
für  $riDat(eute  gu  ctynlicbem  ©dpitt  unb  nod)  baju  of)nt  (Erlaubnis  ber 
JHrdje  ift  bti  Gajetan  nierjt  bie  Hebe.  Die  Übereinftimmung  bleibt  jebod) 
gröfcer  als  bie  felbftDerftänblidje  Differenz,  bafe  Sut^er  Don  feinem  Kern« 
gebanren  au»,  bie  Bibel  jur  alleinigen  ©runblage  für  bie  Regulierung  be* 
©etotffenS  ju  ergeben,  bie  ©emiffen  nict>t  burd)  päpftlidje  DiSpenfe  glaubte 
binben  ober  befreien  (äffen  &u  bürfen.  Der  $roteftant  wirb  bei  biefen 
fragen  ftärfer  als  $auluS  betonen,  bafs  Sutber  mit  feiner  granbiofen 
btblifdjen  Ginfeittgfett  $ier  als  Geologe  gegen  fein  natürliche*  (Bmpftnben 
gebunben  mar. 

<E.  Sifc^er  geigt  im  ttnfd)lufs  an  eine  Arbeit  Don  O.  $ertf)e*  in 
feinem  fcuffafr  „Cutter  unb  baS  Baterunfer*  (in  ben  DeutfdMeDangelifdjen 
Blattern  1906,  1),  bafs  Cutter  »efentlidje  ©ebanfen  über  baS  Baterunfer 
in  ben  illeinen  J?ated)iSmuS  nidjt  aufgenommen  $at  fo.  B.  bafs  bat  Bater» 
unfer  Dor  allem  ein  ©emetn begebet  fein  fofle,  bie  erften  brei  Bitten 
ganj  auf  (Statt  obne  jebe  egoiftifdp  Abflaut  gerietet  fein  foQten),  unb  ba& 
ber  ©runb  hierfür  in  ber  ftarfen  ftadmrfrlung  ber  beftefcnben  Xrabitton 
auf  £ut$er*  fo  r>öct>ft  (onferDatiDen  6inn  auf  bem  Qkbiet  ber  ftbdnberung 
ber  alten  formen  &u  fudjen  ift. 

2.  Äöfcler  befpriebt  in  ben  ^roteftantifeften  Monatsheften  9,  1  bie 
Sdpiften,  bie  jur  4.  ©ftfularfeter  Don  Budinger*  (Geburtstag  erfdjienen  ftnb. 

3n  ben  Beiträgen  jur  banerifeben  5Nrcbengefcbid)te  11,  2  erj^blt 
itolbe  bie  SebenSfdjidfale  zweier  baöerifdjer  ßutberfreunbe:  beS  BrfaeiuS 
Seehofer,  ber  1623  in  3ngoiftabt  jur  öffentlichen  «bteugnung  aller  lntbe» 


544  *ott|en  mm*  Saarndnen- 

rftbea  fteaereien  anb  $mmi  SerKaanaiea  im  girier  fetal  gegajangen 
»arte,  aab  ber  grcM  ttrgnla  Don  •rambaia,  bie  arit  graftartigex  ÄU*n= 
freit  Mab  täaX  lat^eriidjeai  tHaabeataate  faatebl  bei  ber  uaipeijüni  in 
^ngolftabt  ol3  in  $er|og  tBUbelai  Don  Soja»  gegen  btefea  o$ne  jeben 
£erf*4  «Her  uber$eagang  ober  Siberlegaag  anteraoameaen  geizigen 
3»ong  idrrtftlid>ea  fkotett  einlegte. 

$*fc  3argen  oa*  Soteabnnrl  nüftt  aat  1530  ba*  Sjriaarab  erfaabra 
lmbe,  biefe*  Dielme^r  fid)  (dpa  eine  3eidntaag  Don  1480  finbet,  $etgt 
^elb^ane  im  9rannfd)meigifd)en  3Raga}in,  fcejember  1904. 

$afc  bie  Hiatoria  anabaptistiea  ber  ttäniteranex  aidjt  Don  ftonrab 
von  $ere9bad)  frerftantmi,  fonbera  eine  Döttig  merüoie  ^aropfraie  n>efent= 
lid)  poeier  ©riefe  biefeS  fyaaaniiten  fit,  jeigt  Sil*.  9  ei  er  in  ber  3*it~ 
fdnift  int  Mterlanbtiäe  ®cjd>id)te  nnb  Vitertnm^faabe  9b.  52. 

(Rnen  Brief  be*  Urbonud  9t$egiu*  Dom  14.  3nli  1538  bnuft  C 
Giemen   in  ber  Beitfarift  bei  fciftor.  Sereüt«  für  SKcberiocbfen  1904, 

6.  371  ff.  ab. 

©inen  ganj  ttngebüftriidjen  Angriff  gegen  bie  treffliche,  Don  ßaöijfe 
herausgegebene  Histoire  de  France  unternimmt  (L  Vtardjanb  mit 
einem  ttuffafr  über  ben  Vertrag  bon  §amptonconrt  1562  in  ber  Rev.  des 
qneetion*  bist  153,  6.  191—200.  2He  StarfteOung,  bie  SRariejof  in 
feinem  forgfamen  nnb  unparteiifd)en  fkrnb  über  bie  SReiigionSfriege  btef  ent 
in  ber  lefrten  Seit  me$rfadj  genannten  Vertrag  (ogL  $.  3.  93,  168.  363) 
jnteil  »erben  lä&t,  $at  ben  @rimm  9Rardxinb&  ungeredjtfertigtermetfe  er* 
regt.  ®r  befdralbigt  SRariejol,  ju  fe$r  00m  Bulletin  de  la  soc  de  l'hist. 
dn  protestantünne  francais  abhängig  ju  fein  (einer  für  bie  ®efd)id)te  ber 
franaöfifd)en  ffleligiondfriege  gang  unentbehrlichen  3eUfd)rift),  unb  Der« 
fidjert  und  barüber  fcinauS  feiner  3Ri&ad)tuncj  gegen  ba$  ganje  £abiffefd>e 
©erf :  bie  „fyrofejforen,"  bie  baxan  arbeiten,  Ratten  ftd)  burd)  „beljarrlidje 
Seftüre  Don  Sitten  unb  Sonographien"  ben  freien  ©lief  über  bat  Gtan$e 
beengt.  (Sin  ^übfa>er  Vorwurf,  roo  bod;  gerabe  bie  Marc  $erau£$ebung 
ber  aügemeinen  (gntmirflung  ein  fcauptoorjug  be«  grofjen  SBerfe*  tft! 

R.  H. 

W*  $etru£  ©anifiu*  1569  fein  fcmt  ald  $roDinjiai  ber  beutföen 
OrbenäproDUift  ber  Gtefeflfdjaft  3efu  nieberlegte,  erhielt  er  einen  9tod)f olger  in 
$aulu3  fcoffaeu*  au3  fünfter  bei  »ingerbrürf  (geb.  ca.  1525).  3$m  toibmet 
3.  SBagner  im  3.  ^>cft  beS  Pastor  bonus  (17.  Saljrg.  6.124—128)  eine 
furje  93etrad)tung,  ber  mir  entnehmen,  bafj  §ojfaeu3  bid  1581  ^roDinjial 
blieb,  fpäter  einige  Sa^re  (1591—99)  ein  gefürd)teter  »ifttotor  ber  r^einifeften 
unb  oberbeutfd)en  ^roDin^  mar  unb  1608  in  $ngolftabt  geftorben  ift.  — 
(Eine  bie  $rebigten  biefcS  §offaeu8  über  ben  ^Bu^er  ent^altenbe  $anb* 
fd)rift  ber  Vugdburger  ©ibltot^ef  tuhrb  Don  ©ein^arb  3)u^r  in  einem 
«uffafr  (8eitfd>rift  f.   Fat^ol.  X&eologie   1905,   1.  ^eft  ©.  178—190)    be- 


Reformation.  545 

fdjrieben,  ber  imübrtgen  einige  ftftenftücle  aus  ben  70  er  unb  80  er  Sauren 
beS  16.  3a$r$unbertS  über  ben  inftrulttDen  Streit  betreffs  Erlaubtet  beS 
5  pro$.*»ertragS  bei  ben  beutfdjen  Sefuiten  bringt. 

Äua)  in  bem  Sdjlu&auffafr  Don  Sujian  Pfleger  über  Wartin  Gtfen* 
grein  unb  bie  UniDerfitfit  Sngolftabt,  ber  Don  1571  bis  ju  SifengreinS  Zob 
1578  fü$rt  ($ift.«pol.  »lätter  134,  $eft  11,  6.  786—811;  Dgl.  oben 
<S.  364),  tnterefftert  namentlich  feine  Dermittelnbe  Stellung  im  Streit  ber 
gafultät  mit  ben  Sefuiten,  bie  1573  auf  einige  Seit  bie  UntDerfität  Der» 
laffen  unb  nad)  Sünd)en  überftebeln  mußten. 

Über  ben  Shirfürftentag  ju  Sü§l$aufen  1572  $anbelt  R.  3orban 
im  5.  3a$rg.  ber  Sü$t$äufer  ©efdjiitSblfitter  S.  1—5  auf  ©runb 
ardpDalifdjer  Sitten,  bie  aber  nur  für  ben  folgeren  $ergang  in  Betraft 
fommen.  —  Gbenba  S.  59—66  brudt  ft.  Soff ler  einige  Streitgebidjte 
be*  CTü&tyaufer  $rebigerS  Subroig  fcelmbolb  gegen  bie  Sefuiten  unb  Ü)re 
Xfittgteit  auf  bem  (Sicftgfelb  (1583.  93). 

(Sine  neue  Seitfdjrift,  Reuja^rSblätter  ber  »tbliotfcef  unb  beS  «rdjiDS 
ber  Stabt  Seidig,  1.  $eft  1905,  enthält  jtpei  «uffä^c  Don®uftaD  SBufi* 
mann  jur  fäc^ftfctjcn  ©efdjidjte  unter  äurfürfi  ftuguft  unb  feinen  nädjften 
WaÄjfolgern.  $er  erfte  gibt  eine  gute  Darfteflung  beS  £rt)ptocalDiniSmuS 
in  fleißig  MS  ju  bem  großen  Tumult  Jm  3a$re  1593,  mit  einem  ÄuSbltrf 
auf  baS  (Snbe  SreflS  unb  ber  »ögeltnfdjen  ©ud^anblung.  2>er  gmrtte 
fcanbelt  über  ben  Waler  fcieron^muS  Sotter  (f  1584)  unb  über  bie  Surften, 
bilber  im  Seipftiger  Rat$auS. 

9b.  87  ber  deitfdjrift  beS  »ergifdjen  ©efdjidjtSDereinS  enthält  wieber 
einige  Beiträge  auS  ber  3eit  ber  (Siegenreformation  am  Rteberr^etn. 
Salter  SBolff  $anbelt  S.  204-211  über  3o$anneS  $lange,  ben  Sit- 
begrünber  ber  bergifdjen  Smtobe  (geftorben  früfceftenS  1600),  unb  «©alter 
»böten  Gilbert  und  S.  179—203  bie  »ebrängntS  ber  Reformierten  in 
fdefel  Don  ber  (Einnahme  ber  Stabt  bur$  Spinola  (September  1614)  an 
bis  *ur  Vertreibung  ber  Spanier  bur$  bie  Rieberlänber  (1629). 

Sonographien  jur  fBettgefdn'a^te.  3n  »erbinbunft  mit  anbeten 
herausgegeben  Don  (£b.  $eöd.  XXI.  $er  falfäe  $emetruiS  Don  Xljeobor 
fcennann  $anteniuS.  Sit  91  «bbilbungen.  »ielefelb  unb  Seiptfg, 
»erlag  Don  »etyagen  unb  Älafing.  1904.  (124  S.)  ©aS  Äürje,  Änapp* 
beit  unb  intenfiDe  Sad)lid)feit  angebt,  ift  biefe  Stubie  gcrabe&u  mufter^aft. 
»on  ben  120  Seiten  berfelben,  beren  Raum  bod)  burd)  bie  Dielen  »über 
nod)  Dertür^t  toirb,  ift  nur  etwa  bie  fcälfte  bem  auf  bem  Xitel  bezeichneten 
X$ema  genribmet,  roäfcrenb  in  ber  erften  $älfte  ein  (unftDoü  Inapper  Ab* 
rifi  beinahe  ber  ganzen  rujfifdjen  ©efd)ict)te  Don  ben  Anfängen  an  bis  jur 
(Spodje  „ber  ©irren"  geliefert  ift,  unb  eS  fe$lt  faum  ein  einzige*,  micbtigeS, 
ber  Orientierung  unb  ^ufflarung  bienenbeS  Moment.  San  füftlt  burd> 
baS  ganje  ©udj  bie  fouoeräne  »e^errfdjung  beS  Stoffes,  unb  trog  aller 
ttftortfcfe  ßetttortft  (»b.  94)  91.  flf.  ©b.  LVUI.  35 


r   "•>,  t-*w*  *«*  J^Hm,  um  b<c  «nfW  mitzuteilen,   bct  er  (t*  nicftt 

•«  >m/     in  ^m  IVmrfrtu«  ©irrfal,  ba*  ja  in  ben  tt>i*tigfien  ©tücfen 

,'  n    f.'«f.r^^^  tf'tbMMfflimg  unb  wAfolgenber  ©agenbilbuug  bi*  jut 

tipp.nn.f.^«  *^»MI»  iMrten  ift,  f4offt  er  buräj  fein  gefunbe*  Urteil  unb 

#..!  «tmiflnHiin  Mmer  ber  HnMfl»  sab  natürlichen  (Erläuterungen  fo  öiel 

*«,*<   *f«  «wiDmifl  mtfgH*  Ht    Se&jtoeTftanblid)  fu&t  er  me&r  auf  ben 

„«♦UiiJHM'M  W#tl*l«i  flU  ä«f  bat  fei* finbigen  Variationen  ber  offiziellen 

ttuMiMH   IN   btt   »ffff4»  fttfMmr.    «Ifo  finb   bie  3"trigue  be*  J>oI* 

niMm  *«i«W  «»*  W*  **  3c^=iMi   mtb  bie   be*  $apfte*  au*gefdjlofftn. 

#itt  btf  Wtfür  bet  Hemm***  z+ä*x  mir  ju  fe§r  im  fcfntergrunb  gelafien. 

;|H  frffr'fT  ber  ffrfdnliÄctt  »es  ^emetriud  tommt  ber  Verfaffer  über  ein 

»<*»  Jl<j«*t  nld^t  iin**£.  ai»e  KbtigenS   bie  SRöglidjtett,  bafe  er  ber  ed)te 

#rlfl|  MWtSen.   §**%  «z*?röftlicBcii.    2Jhtifd)ef  unb  Oftrofc^Stt  unb  aud) 

«flirre  polntfdke  Slamat   Jfcil»    falfdj.    3)er  (Jalambour  über  ben   erfteren» 

tob  n  ein  „3ßi«dileär~  j«nwa,  $ätte  nid)t  gemalt  werben  tonnen,  wenn 

ft  tid}ti#  WtmS^edi   senftrte&es   gaoefen  wäre.    Sei  bent  burdjmeg  feffeln* 

Un  StfTtrag  best  9mfie£  airrö  e*    unzweifelhaft  weite  Verbreitung   ftnben. 

J.  Caro  f- 
Seif   teilt   in   >ex   3eitfar.   ber   ©efellfcf).   f.   WleÄ»ig^olfteinifcfte 
0*fo%  34,  178—1S1  einen  neuen  »eridjt  über  bie  (Einnahme  ber  geftung 
Shettenmrrg   Äteä  eterabntg)  butc$  bie  SBaHenfteiner  1627  mit. 

«ine  9omtcr  STT^ertatum  x>on  ©rnft  SBitmannS:  3)er  Sübeder  triebe 

1629  (Sonn,  Äaxi  eeorgi  IäW  bebanbelt  in  ausführlicher  unb  forgfäitiser 

Xarjfeaung,   $nm  Seil  auf  «Stunb    arciiiöaltfdjen  3Raterial8,   ben  äufeeren 

Gang  ber  &rteöen4o*rbanfrlungen  bon   ber   $olfteiirif4en  Vermittlung   im 

(September  162?  an  bf*  $um  Slbfälufe   im  3unt  1629.    S)a3  3netnanber= 

greifen  unb    ber   Erlauf    bet    bij?lomatif4en  Stttionen,    bie  Stellung  unb 

gorberttnaett  bet  berttluttttt  ^arteten  »irb  flar  herausgearbeitet;  bie  innere 

öegrünbung    iftrec  glitte    bÄttt    rootjl  bier  unb   ba  no«  üertieft  werben 

»nnen.    >^ti  ^euü^t  c4  «iebt,  bei  SSaUenftein,  ber  auf  btn  ^rieben  btängte 

unb  bur*au^    im  Witteimiitft   ber  Verbanblungen   fte^t,  auf  feine  italte* 

mf«en  «lAnt  biiMuiveifen  v<*  ^;\    *fM\4  tritt  bei  feinem  ftarten  »egen, 

u     9fTno5Ull)  übw*rtUN  ^«    Wuwfcb   beröor,   au«  je|t  no*  bie  ^ab** 

burgifefte    «oHttf    iw    ÄV1^    t||(Ä|   dnfft(J)   ^  ^uppiau  ber   fat^oliicficn 

aftion^artei  ttcoutcii  All    Uu>cu        r|||  @ebanfC|   bcT  w  gcnauerem  3uä 

k    IL         **rtCil  ^°*  »^^no«*!rtebni»  bie  beutfa^en  ^abÄburget  bctlb 

Ü     tUI>l"   l,aif   ^«»^.   unbettobet  i^re«  reiigiöfen  »ereimt- 

M?^»        "k   ,«ll^^^t,heU   «9utir.    ©aflenftein   §at   i*n   baneoib 

Sur/il^    -»^NiOK  «it«    ber  ba»erifdjen  Partei   übet   ben 

M     br  m  i  ,.         '      *  k,U,r*  Ulll«*«W  «•»«*«•  1628^  ftat  «alle«- 

S   ÜIuj r Ü  7|^M'«  *^«««Mb  VKf«nbe„,  unb  aud)  bet  be^og  M 


^Reformation.  547 

burgtfdje  6adje  (nid)t  für  bie  ber  Union  unb  be8  Äat$oli$temu$)  $erau8« 
fd)lagen  ju  fönnen  hoffte.  5)er  ganje  grieben«fd)lu&  aber,  ber  ber  Sage 
unb  ben  $ab$burgtfd)en  3ntereffen  entjpradj,  »ar  redjt  eigentlich  ba8  SBerf 
SBaHenfteinÄ,  beffen  ru&ige  Überlegenheit  und  mehrmals  in  ben  ©erl?anb* 
lungen  fiar  entgegentritt.  3n  biefer  fcinfidjt  fteüt  bie  Arbeit  Don  3Bil* 
mannö  ein  berebteS  ßeugnid  gegen  bie  ©ertleinerer  be*  (fteneraliffimul  bar. 

R.  H. 
$ie  ÄIlianjDer^anblungen  ©uftaö  fcbolfS  mit  Jhtrbranbenburg  im 
SJcai  unb  3uni  1631  erfahren  in  ben  ftorfdmngen  jur  branbenburgtfdjen 
unb  preufelfdjen  ©cfdj.  17,  341—382  burd)  3o§anne*  ßrefefcftmar  eine 
eingeljenbe  Darfieflung  auf  ©runb  ©erliner  fcra>it>alten,  burdj  bie  Gljemnifr 
ergänzt  unb  oerfdjtebentlidj  berichtigt  wirb,  ©ranbenburg  mar  banadj  an 
ber  ÜWagbeburger  Äataftrop^e  unfdnilbig;  unb  ba%  ©uftab  Äbolf  Don 
feinen  f)ot)en  gorberungen  fdjlie&lia>  ftarf  jurürfging,  $at  feinen  ©runb  in 
bem  befannten  (S&eprojeft  feiner  Xodjter  mit  bem  äurprinjen.  —  dbenba 
©.555—561  meift  Otto  ^)  eine  mann  ein  atemHd)  ooüftänbigei  (Sjemplar 
be*  So^gang«  1618  ber  älteften  berliner  Bettung  naeft.  G*  ergibt  ft*  u.  a., 
bog  ber  Herausgeber  ber  geitung  roirttid)  (rote  fefton  Opel  oennutete) 
<Jbriftop5  2frifd»mann  mar,  unb  ba&  nadj  feinem  Zob  1618  fein  ©ruber 
Seit  biefe  Jätigfeit  übernahm. 

din  erfter  %uffa&  oon  &riebric&  6 teuer:  „8"*  Äritil  ber  ftfug» 
f^riften  über  ©aflenftein«  £ob"  in  9?r.  2  ber  9Ritteü\  be*  ©eretn«  f.  ©efeft. 
ber  S)eutfdien  in  ©ö§men,  Sa^rg.  43,  ©.  141—168,  befanbeit  iunädjft 
(BorbonS  Apologie,  bie  in  bem,  ma$  fte  fagt,  meift  richtig  ift,  aber  fein 
Doüftänbige«  ©üb  bietet,  unb  befpri*t  fobann  bie  „«u«fü&rltc$e  unb  roa$r« 
fcafte  Delation",  in  ber  jtoet  Xetle  unterfdjieben  werben:  bie  ©reignifie  t>or 
bem  £obe&$uge  nadj  ©ger  ftnb  oon  einem  leibenfd)afüid)en  unb  umoaljr* 
haften  Gegner  SBaflenfteinä  befdjrteben,  wäbrenb  bie  ©orgfinge  in  <£ger 
felbft  oon  9Racbonalb,  bem  einen  ber  ÜRörber,  toer&ältntömä&ig  ruljig  unb 
watjr  gefeftilbert  werben.  —  (Sbenba  6.  168—185  beenbet  $aul  langer 
feine  Unterfudning  (ogl.  oben  ©.  188)  mit  ber  3)arfteHung  unb  ©eurteilung 
ber  (Sdjladjt  bei  3anfau  unb  iljrer  folgen.  $anadj  mirften  jur  9?ieber(age 
ber  Äafferlidjen  jufammen  bie  greller  be«  ©eneraUffhnuS  fcafcfelb  unb  ber 
Ungef)orfam  unb  bie  ©oreiligfeit  feiner  Generale. 

3)aS  erfte  $eft  ber  8ettfd)r.  f.  b.  ©efcq.  be«  Oberr^ein«  92.  &.  20 
bringt  6.103—146  ben  Sebjufc  ber  Äbfymblung  toon  Älfreb  Obermann 
über  bie  Abtretung  be«  Glfafs  an  granfrei*  im  SBeftfälifdjen  ^rieben  (ogL 
$.  3.  93,  546  f.).  $te  ©ebenfen,  bie  fitf  im  (£lfa&  gegen  ben  präliminar« 
»ertrag  00m  3a&«  1646  erfcoben,  fanben  bona*  moljl  bei  ben  fteid)«* 
ftünbeh  nid)t  aber  beim  Äaifer  ©erüdftdjtigung ;  benn  biefer  ffirdjtete,  jebe 
Änberung  mit  neuen  Abtretungen  boböburgifa^en  ©eft^e«  bellen  ^u 
muffen,  unb  ^at  ba*  Swterefje  bed  SReia^ed  gegen  baS  feine*  Kaufes  ^urüd» 

35» 


IUH  ttotl|fii  unb  Wacftvityen. 

\UU\\  taftftt.  ®o  mürbe  bev  $rtUiminart>etttag  )itnfid$  unberinbert  m 
ben  ttiiebeiHkntmuYt  wm  U,  9iM>ember  1647  unb  f  <$lie&lid>  itt$  neuen  **t* 
flfblUtKU  WNileUunfttn  aucb  in  bat  fünftem  SrriebenftütßTiiment  anf- 
tenwnmeii.  fcnberteit*  baben  aber  fowoty  ber  fraitjöfifae  GkfanMe  mt 
bit  Vaviitv  Ntfllaui\fl  nacb  wie  *ov  barait  feflgebalten,  b«fc  ^nadcadi  im 
tflh\ft  uuv  beu  tikfauttbefit  be*  Raufet  £ftemi4  beanftmufce  üb  «toten 
b*bf*  ♦**  W  bev  ftejaubte.  wie  fi$  an*  einigen  Don  Coccsumxl  am 
ösblufe  utitfleteUttw  $tucbten  ergibt,  felbjt  bertergeboben,  mab  wem  er 
*tte*btua*  mit  bem  tikbtnfen  Anette,  b«|  man  (et  ber  ttnflartet  ber 
^kiuuuitungeH  dritter  meUeity  »eb*  tettangen  ffinne,  fo  badffe  er  bnfiei 
hui  an  bt*  ^K»  ber  abringet  fHsktaer  «nb  an  bte  euuucJuiint 
ilbw  bKicnt^en  eiia>nkbe*  $feiib*friitb*,  aber  »ebbe  gcanfreüft  gfltujeuiiil&e 
*v^<  euvwbta  baut,  $i*  Stauiumtfrrtitit  ber  <nufe  fco*  Sextetten  Jtnnfc 
wivfr*  m  ben  ciöen  jtabrat  nodb  be«  Soeben  mfrerjfreaift,  nsr  otfn  :ä  ier 
tut  cm  \<^t4wii>*WKi  ttavaitaft  $*n&  entge$engeie|i  Sien  3öm»   m  *m 

^tc  tKiixtitnfttt  am  tftaf  ttidjen  §4rtgen  bc4  SOjä&rtgm  ftieyn  cet 
>cUt«  au$  au*  Xn  Eingaben,  X«  ^  *ei$el  m  ben  ÄttmL  fe*  ctöl 
$ci*ui*  *.  ^vtiann^itb  unfr  Umgegcnfc  3>  3afr9-  §.  57- 

VriUi  uu>  Umgebung  »««übt.     £«c  iatte  aen  natüriuft 

;>u  Xu  Dbtttti.  au*  >ee  £U*itam   tu»*»    snd 
V\l-    ltx>  >utC\it  Ä : ? ain •  i g  übte  M*    £uifübran&  >* 
$u*tua«i*   n  ^i?*x  Mi  *  :t<it    3cn  <£rtan  :?r*  9rnmt  ^tiefend!  Star  ant 
^buu   '<£&  «it.  >uii9  >en  \t  jjtv$tt'£:>ntt  4nb  ^ere^eit  »k. 

^iij  .*  uit  Nu  :«:i%^'C'cr  9ct'ctau:ttieii  *n  ^Sann^Bi  nns  A  Ä» 
uJl  -va  c?i\i.v,<n  xi\^  >ie  ^tv^eun^L  ^c«*  caxte4  diuaan^  zur  -« 
.<v:..^i04.u  wc)t  A'fi  «urOt.  ;<K£  vttecr  inaam.  txat  JjaenaxamBA  zw* 
^-N.%0  Nc  t*.    %^  ».  .» 4:  *   iMr    in  c'aeufter  toateie  3ihk  Iraner  -"i*^ 

;.       ..;»  At- .\  -teu  ?t  a:tö    *a  :ua  :tr   a  ^r  ieidnate  5e# , 
^Hciu  jlniiiii:        c 


in 


1648—1789.  649 

10  SR.)  —  ftrfiger,  W&W  ber  ©tofctnfltige  al*  $otttifer.  (©ie&en, 
Äider.  80  $f.)  —  f  Lettner  unb  ÄTitmb&oifc,  Sind  ©djriften  be* 
SRflnfterfdjen  SBiebertäufer*  ©ernfarb  9tot$maim.  TOit  c.  (Rnleitg.  Ü6.  bie 
aeitgefd)id)tl.  S3er$ättniffe.  (fcortmunb,  Sto^fn*.  4  SR.)  —  ©äjiefc,  WWW 
Gallieiu*  (1504—1566).  (£$ur,  Spider.  1  9R.)  -  »efosji,  <5$ronif 
1548—1563.  $t8g.  t>.  gfriebenSburg.  [Fontes  reram  auatriacarum. 
1.  ttbtlg.  Scriptorea.  9.  Ob.  1.  fcälfte.]  (SBten,  ©erolb*  6o^n.  2,90  TO.) 
—  0.  Wüller,  ftatedjitmu*  unb  icated)i*mu*ttnierria)t  im  «lbertinifd)en 
@au)fen.  (fiettyig,  fcünföe  8ttdft.  2  8K.)  —  Odom,  Mary  Stuart, 
Queen  of  Scota,  her  frienda  and  her  foes.  (London,  Bell.  7,6  eh.)  — 
Frere,  The  english  church  in  the  reignes  of  Elizabeth  and  Jamea 
1558—1625.  (London,  Macmillan.  7,5  eh.)  —  Motley,  United 
Netherlands.  History  from  death  of  William  the  Silent  to  twelve 
jreara*  truce  —  1609.  Vol.  1—3.  (London,  Murray.  3c  10,6  eh.)  — 
Bon compagn i-Ladovisi,  Le  prime  due  ambaeciate  dei  Giap- 
ponesi  a  Roma  (1585—1615).  (Roma,  Forxani  e  Co.)  —  M&noirea  de 
Godeiroi  Hermant,  docteur  de  Sorbonne,  aur  l*hietoire  eccleeiaatique 
du  XVII«  aiecle.  Publ.  p.  Gaxier.  T.  I«  (1680—1652).  (Paria,  Plön, 
10  fr.) 

1«48— 178». 

O.  TCeinarbuft  jeigt  in  ben  $orfä)ungen  jut  6ranbenburgifä)en 
«nb  preufeifapn  9efd)ia)te  17,  2,  bafc  Otto  ö.  64u>erin  bereit*  1648  auf 
tapfetbrng  bef  djrerretd)ifa)en  Sriebenftunterftanblert  Xraurmanntbotf 
vcgen  feiner  Serbienfte,  ben  Jhtrffirften  jum  SerjiaV  auf  Borpommern 
im  3nterefie  ber  (Ennftgltdjung  be*  grieben*  gebrad)t  $n  (oben,  oom  Äarfet 
un  StdcMfretyerrn  erhoben  nrarbe,  ba*  patent  jebod)  erft  1650  erhielt 
fBanan  bift  1654  nrrgenb«  Don  biefer  9tanger$dftnng  QkbTaua)  geuuuftt 
«rirb,  beibt  eine  unanigettärte  grage. 

Stolpe  anbotet  in  ben  &pmenut**3Rimat*beften  1904,  5  bem  9er« 
fmer  6ofjrcebiger  %ablontti  einen  tarjen  „HogTat>t}ifa)en  fterfut*.  3v 
Cegesfaf  $■  feinein  Biographen  Salton  »etfi  Berfaner  auf  bie  Beeilt* 
rtidftigvng  bei  |rcaftifd)en  Strien*  (in,  bie  fuft  fftr  3afrlon«li  bmrd)  feine 
Bodiebe  fir  bie  gönnen  ber  englifcften  $o4firu)e  unb  bie  Siebet fterfteanng 
ber  QtttrdK  ber  elften  frier  3a(r^unbene  nnb  bannt  Berfonben  bie  Be» 
ootjagsng  ber  Birorgie  oot  ber  $rebigt  ergab,  nnb  freut  gegen  Salto« 
fefu  b«|  beut  $ofprebiger  ein  4en>orragenbeTf  fogax  Beibmi  nberragenber 
fbdefl  an  ber  Orunbnng  ber  Berltner  ttfabemie  ber  Stnenjdpften  bod) 
nid)t  jnlonort 

$erfe£be  Berniter  teilt  in  ben  goricssngen  jnt  bianbenlrvriv'dien 
nmb  »rfwttfdyn  Beitfitajte  17,  2  bie  aflgeneiner  interefnerenben  Äb'dmm* 
«■*  |»ei  Xejtamenten  bet  treu^qigen  £olbatenfoni^4  griebtia)  £:^)efsi  L 


364f  jfatt^ggST  3B&   ^i»f^*ri|wwy- 


^■liUKStäRuis  3int  1T^  m:  sxxä  :nr*nt  iir'uiwft  '(Hülslh  st 
snfer  *mmroi  ^tnst  tos  Stisuilnag  jis  cccc  mfr 
Jec  Shttjtmocr  ^sresctcs  jdnnCd  xahtsL 

tat  %ama§  S  5n):i  -n  tim  oiüiaafc  :nr  'tceggaanar  -t.  Ä  "_ 
$i  Smracs  Jdaet  mri  äc  ge^uiuaunq  ntä  3cr  Mbbr  SsdtaK 
Her  ^ro^arrrtjöi  ^st^ittUtuuttf  »"r-  ^ctcAca  SfläeäB  L  mft  T»  .rttiJt  IL 
ecnttcrt.  3ie  )nn&  9c*l3l'l  jc  frxthutr  leä  TiÜsxfSES  smiu! jbs  Jiunf *»  tc 
sibeic^fSK  ALmftirrcttfr  jjti">f'^i*^tT?y  3nü  ^nno  tsmliiQC  4s 

3>I»  er  17>n  Bxf^r^cest  rf?i#  na  jnnrjvä$i:3»r  ] 
itrs-ernmg  3cr  iu»flt:t  fsifusr.  :r»I#  sei  fiwijfw  i~33  asi  L~3ä 
tiaje  £>ie  jaxufe  :tr^n:^ca  jcunfcset  ttmae 
3a£  Jntnicraemrt  3on  'Srnset  jftii'  »m 
xit*m  y.t  'o^iai  rimna  rrtrfhtce  dsxrimxt  Ar  Bii.ffrm  luixiäuuxce. 
vtiF  3>  *t$t  j'Tin"  tx  3ca  Jtiuu  3cr  %axnttntü  Bf  fü^iBg  ec  1735  ^e 
VcTü«nmtrtit  anncäirsea  fntqm  anr  ferrriteacuTe  ax.  Ire  Ttcnr  er 
3er  lurcnctnm^  Ar  Jtcsi'icaRran  iomnieitaifserre  snsr  jmümaei 
d&*.:;c  &fi$  TtaflUt 

line  Sfrie  ;Trvqg  and  -aKtr-j^r  lorasc  ibtr  3:.:c:r?  ä* 
j»*?ii:::^t  5;!-aii.i  )n..i!a  ut  3trrtnrsäenBt  sales:  m  fcacr  ™ir 
:•*  ^tn^rani  :er  Tenetar  Grases  tzlö  ±  ^numrti  1«.  i  4-  ifier  ~£r? 
rairt  u*  :*n:T!er  Scnttscsiöi***    s  2er  .'emcarrr  Tir  ite  ^c;«ijme  ^antJ« 

:er  oÄrr^rr^rrm    :u:  Scitutc    -.3  irer  Scini  -mar    -iiieiuuiJdr  :e 

:a    im  -ie  .tmatncu:  ::?   ,11  nm  TrraEraDrt.     ^ecoor  t  ,*r  m   fcurwmg 

j^  if{.*n:*«*i;!i:ta   .s:-    -cn   ^^nv:crnr   m    imurmirr  Benr 

juUrttr.u    ?un    .ctn   :cr.     nrrrar.     11*   Ämj'cra    t  5«iimrt   foir  .'iaecr 

a*-:at    ^cneKR.     Ter   ;&•••:• -t    "CL't  -^rGi  :c*:nier*  xrrot. 

c'rvi-j     a»e  .i!"     u  *r     -jx   n?:    er    ■Jcrr^tJ«  nro    *ca  Ifaurifen.  "är  J» 

^.   J--  •*  :.  .    »    r;:-üt    3    *en    1-smraL  Jer  Ali.   ioctftk.  ^r 


164&-1789.  561 

(Satin  1904),  6.  1—87  „©.  *.  d.  Wündftaufend  Sengte  über  feine 
SRiffion  nad)  Berlin  im  3uni  1740";  e«  Ijanbelt  fi<&  b«r  um  ben  fety* 
gefdjtagenen  Serfuä),  tfrriebrid)  ben  ©rofcen  fofort  nag  feiner  Xbron* 
befreigung  für  bie  engtifdj  *  bannöDerifdje  $artei  }u  gewinnen.  Der 
Umfang  ber  Arbeit  —  bie  fdjon  Don  2)roDfen  unb  ©rünfyigen  auftgebeu» 
teten,  jtemlto}  inhaltsleeren  öeridjte  »erben  Doflftanbtg  abgebrudt  —  fte$t 
in  (einem  SerfjfiltniS  ju  ibrem  €rgebni&:  »ir  erhalten  eine  einge^enbe 
3ergliebernng  be«  bi^lomatijgeu  Borgang*,  über  ben  bisherigen  @tanb 
ber  Sorfdjung  tommen  mir  aber  nid)t  fjinauS.  Ztekarscb. 

3n  ber  Revue  dlustoire,  reMigee  k  r&at-major  de  rarmee  (Ott 
n.  »od.  1904)  »erben  bie  genüge  be*  SRarfdjall«  Don  ©ad)fen,  fpe^ieQ 
ber  Don  1745,  befcnbelt. 

9t.  ©ourguet  fteüt  in  ber  Revue  historiqae  87,  1  „bie  Anfänge 
eine«  9HnifteriumftM,  b.  $.  be*  SRinifter*  ^oifeul,  bar  unb  *eigt,  baft 
(Tboifenl  flrine*»eg*  in  ftfamfdier  9lb$fingigtcit  Don  £fterreia)  geffanbeu, 
fonbern  bei  aller  SBertfdtfftung  be*  Wiener  ilabinett*  fia>  and)  iljm 
gegenüber  eine  feftc  unb  »ürbige  Sprache  unb  Haltung  gewahrt  fcabe: 
Gboifeut*  greftigteit  gegen  Sien  tritt  namentlich  ftutage,  a(*  er  gegen  ben 
SBunfd)  €fterreid>*  eine  fpanifefte  Sennittetung  für  einen  fran}öfifd)*eng» 
Ufdpn  §ej>aratfrieben  augejidjt*  ber  brobenben  GrfdjöDfung  &ranfreid>* 
1759  annimmt. 

Borfidjtige  unb  (e(rreia)e  fritifetje  Semerfungen  aber  bie  jfingft  bon 
Calmette*  publizierten  Mlmoires  da  dac  de  Choiaeal,  b.  $.  eine  @amm* 
Inng  Don  SRemoiren,  «einen  Starten  unb  ©riefen  (Sboifeul*,  Deröffentlidjt 
SRnret  in  ber  Revue  d'histoire  moderne  et  contemporaine  Dom 
15.  Sannar  1905.  $er  Serfaffer  neigt  ba*u,  bie  «utbentijität  ber  Don 
Soulaöie  1790  befannt  gegebenen  9Remoiren  OHpifeul*  an£unebmen,  fie 
bagegen  für  einige  je&t  beigegebene  Stfide  ju  bezweifeln.  Cr  fteüt  eine 
Steige  Don  Siberfprfia^en  jroifd)en  Sljoifeul  unb  j.  8.  »erni*  feft  unb  »etfr 
junt  6d)tufj  (»ie  ba*  auä)  Bourguet  tut)  barauf  ^in,  ba§  man  üboifeul 
bürden*  nidjt  für  einen  bltnben  „fcfierreidjer"  bal^n  bürfe. 

C.  Cb.  €o)mibt  fdulbert  in  ben  Mitteilungen  bed  Serein*  für 
©efdndjte  ber  6tabt  Reiften  6,  4  „bie  SRei&ener  SorDerbanblungen  ftum 
$ubertu*burger  ^rieben",  bie  Sritfcr)  im  Auftrage  bed  fäd)Ftidjen  Jhnrprinjen 
inftbefonbere  am  29.  HoDember  1762  mit  frriebrid)  in  SReifpn  gefübrt  bat. 

3»ei  „Unterfud)ungen  jur  ©efcfjtdjte  ber  3taat*Dertrfige  3rtebrid>* 
be*  ©toben*  teilt  itlinfenborg  in  ben  §orfd)ungen  jux  branbenburgi* 
fdpn  nnb  {rceufeifdKn  ©efdjidjte  17,  2  mit  (Ein  fdjliebiid),  »ie  Serfajjer 
geigt,  nio)t  ratifizierter  foftoertrag  jvifdjen  Preußen  unb  fturfadrien  Dom 
22.  ttjrcil  1767  eröffnet  le$rreid)e  Ginblide  in  bie  ^ibftimmung  gegen  bie 
SegieeinridKiuig  unb  bie  be^9rblid)en  Ökgeniäfe  jroifdjen  ^oflabminifrra= 
tun  sab  as4»ftrrigem  Departement.  9ebeutiam  ift  ÄitnfcnborgÄ  ftad)»ei*. 


J 


tt»>  Worten  unb  *a*rt*tett. 

*Aft  UH  tik^wj^  juv  ttNtfttit  fcititafcme  1789  Urin  $«»toltettn§ 
<*tNwtoii  mt  ^wufrro  utytic&Wfkn  »wtat  tft.  i**  mfc  9rieM4  IL  < 
Mh««  Ktfi  um*  UStf  tttfefc  im  3«tmjfc  kr  Wenftet 
um  ^vv^Uhmv^^  auf  t*um  ***  tttttoticfcfcft  frurittat 
towuH  tat   *a*  tffcx*  IT*»  ut  tat  itnpnwftttfti^ot  oic*aü*m 
vuuv^cu.  I  {Htf  a«  ^  tt*tt***itat  'trtittt  §iimto»£laBCK* 
U4U  ^uft<u  ***  w»  <$Hvtl**fc  wt*  $ttBftttcfr  ob  jmeccTe 

^a  i\iMtM«**  *t**ta   m  «*<•  taftttoat  *«mfe  mb  1TS3  ?nr  Jase 


tfetw   >c  itt*ii;*tti t  *«r,?rtt*iit«t  m  tos 
ttu.'ttgvtt  $tfr»«i  Vx  -.*  AMJUI4  ^u  '1  atornftt  aar  le 

«*)hm«     aufei^t*.    t*t!i««t«ie«   $Cen«tQ*n    »^   ^tt 

*      ^   x  ,:  t-x#i    «»    Sv-r-*    *:    "H3vt.  a»  tTrasarsast  -&*       = 

..v..Mv      ^w    i.*.    *  t.r^    :ti     *%-:*f':.sBu    .*rjtaßt    -«ar   .ob    ifa  -i!ii 

*5- %^»«v     it     :.*%    .-■;.:•.:?*•     jtn   :ot  T-:st  nrar»nwt     rwr*r 

•>v  .«.^    vk     ^    x.     ••«!<•    ^••«■•■•ütt::    *ar    i:*r^    was    er     aaBK 

^      .*i«    .  1      %r     k       .«j{t.    .  ^  •      .  •  :r  ••iu.U"*.'*  *•     -T  -TlCtr?     Zfer    -CB*    <2!2BC£ 
..»•     X«*     ^C.   •.     '•  v      .1       *      <     «jiv*     C**U: 


2     JS 


1648—1789.  568 

$rit  nf».;  Napoleon,  ber  im  allgemeinen  fiter  mar  oM  feine  OTttfdnller, 
erfaßten  feinee'iveg*  alt  frityretf. 

$.  SeOQ  »erfolgt  in  ben  Saffibüdpm  ffir  ftationaldfonoutie  nnb 
6tat$tf  3.  golge  Wr.  26  bat  3itr&fge$en  be«  bauerfid)eu  fletnbeftfct 
in  Snglanb  Don  1760  bift  1860  nnb  feine  Urfadjen. 

9*s*  9§4ef:  Osgood,  American  colonies  in  17**  Century. 
2  toIs.  (London,  Putnam.  21  eh.)  —  Do  Amaril,  Eneaio  «obre  a 
vida  e  obres  de  Hugo  de  Groot.  (Rio  de  Janeiro,  Garnier/  — 
Branet,  Correepondance  complete  de  Madame  dncheaae  d'Orleans, 
nee  princease  Palatine.  T.  L  (Paria,  Fasqoelle.)  —  Souvenirs  aar 
Madame  de  Maintenon.  T.  III  arec  introduction  par  d'Haaeson  rille. 
(Paria,  Calmann-Levy.  7,50  fr.)  —  HiefrU,  D.  Sofcnn  3etob  Cnanbt, 
4kneralftt|>eriatenbent  öon  frenften  nnb  Cbenjofftrebiger  in  ftbnigtberg. 
1668- 1772.  [6<briften  ber  @lmobaIbnmniffton  ffir  onjrrenfeiidK  Äira)en* 
gefd)i<4te.  3.]  (*dntg*berg.  Bener.  3  t)  —  «rfinbetg,  Wttiipp 
3afob  6nener.  2.  9b.:  Spener  ol*  pntt  Ideologe  «.  rrnfrL  Anatmet. 
(•orangen,  Banben^oetf  &  »uj>ixd)t-  4,60  9L)  —  Candel,  Lee  pre- 
dicatears  francais  dana  la  premiere  moitie  da  XVIII«  siede,  de  la 
regence  a  l'encyclopedie  (1716—1750,.  Taxis,  Pieard  et  fiis.)  — 
Bayet  £  Albert,  Lea  eerivains  politiquee  da  XVIII«  siecle.  Taris, 
Colin.  3  fr.)  —  Stryenski,  Le  gendre  de  Louis  XV  Don  Philippe, 
infant  d'Espagne  et  dac  de  Panne  ^Paris,  Calmann-L6Ty.  7.50  fr., 
—  6enftner,  Sadjien  nnb  ¥ren%en  im  Saffit  1741,  ingtrid)  ein  Sei« 
trag  ffir  Stete  6draeflenborf.  (Berlin,  Goering.  1,20  SR.,  —  Briefe  »en 
nnb  an  •ott^olb  (E&bratm  Seifing.  fcreg.  tum  Wunder.  1.  n.  3.  9b. 
(Seift)ig,  •Mdien.  3e  5  9L)  —  Mänoires  da  dac  de  Cboisenl  '17lt 
k  1785).  (Paris,  Plön.  7,50  fr,  —  t>.  SuDille,  SiHiam  fitt,  traf 
Den  (Efettam.  3  Bbc.  'Stuttgart,  Gott«  9adbf.  24  »,  —  3ent'6, 
flbam  Smu*.  [«eiflesViben  49.]  "Berlin,  $0fnuutn  &  lEo.  3,G0  9L}  — 
Bernflorfffdje  paniere.  &tt§geroäb(te  Briefe  nnb  ttnf^eiäfcnngen,  bie  Janrilk 
Bernftorff  betretfenb,  and  ber  3eit  1732—1835.  fcr*g-  ■-  S™»-  l  *>■• 
(Itofcenftagen,  QnlbenbaL  16,50  TL)  —  Jore,  Des  modes  de  nomiaa- 
tion  et  d'e'lection  des  maires  dans  l'ancienne  France.  Taxi«,  Bonn* 
aeaa.)  —  Safcl,  BoTgrdndrte  ber  fran$crT'd)en  Xetiolnrton.  1.  Bb.  TI» 
Dingen,  Wo^l  7  3R.;  —  Se*tpl>alen.  Xnrgoti  icjiale  fol-rrt  #:«:** 
bnrg,  JBejtftbalea.    1.20  «I.; 

3m  Ssnemnenk H  1904;  ber  R£voL  francai*e  MMntien  t :  t  r  b  am 
•  nillanme  fiber  ben  Ur prang  nnb  be  ftcm;:>*:::i;l^u  be*  Chant 
dn  d^part  2t  tfallo  fest  ff  ine  Ser:  "cnt  l;±ur.g  über  &e  3^Hncr 
Don  dagnac   fort    ?   ^.  3.  ^f  &/',    cnr   g:tt  iu^^-se  an«   z*n  ftiab* 


554  Srt^rx  xsb  3tottuS:es. 


tox  bcr  gixfajissg  lex  Sbvxbüf  sx  tc§  {*xt  9-  25ez* 
xdbvr.  3«tx  »ecs~ex^:±t  He  SrisserssgeB  &jk  €L  Sjri;3  der 
kok  XiÄgfeif  «2#  Icitgltf*  lex  SexiäCinse.  «ex*  xsjf|ifr  cx#  *eat  Sag»* 
ctstftex  xkex  «eise  fktrtligzxg  es  8ex^ftxMxx§ex  xxl  9e*t&ti&fex  a 
StBssyrzgex.  Gim  gflieibex  cos  SsMer  cx#  $jtzsar.  <L  Äsd  I793u 
«b  bc#  ftffS5e*t#ÄT:-:i£S  Sxfoxxce  extftilt  eisern  sasdcxtfäfeK  tax 
fefex  bte  R7cl2ti«?d:e  ÄrsxijafscItrrL  3st  Xejemfrerftert  ifttSftes?  2x* 
kr  »sc  bte  X&rigfeit  äusa!«  ix  fcexXoxbosse  rix  aaEStxadnfe  szl  ^ 
fixie  &i!*xx§,  •.  $.  mr  bte  xeBxKiStttnäe  $ras«§axta»  txbext  er 
dtfKrsal.  bxr4  fissfrerrefraer  xi».  fcixjrtfddnio  bic  ?ss^fir 
Sttftxtex  ber  SkoodtiM  xxb  der  xetsbfiraxittex 
fsdrte.  9 le rfcer  ersrtert  2Ke  BefzeSssgex  €L  dax6et$.  fre# 
tioxesex  9rdVr#  te§  <E«l9a*04,  |sr  9ssqtSft!irät  xxb  jxr  fce3fi*u/t  Je 
8eiFupiiBg$rrexxbe  ix  £oii*lexx,  Se}*e4xxgex,  bie;  axjiuupf  ouiüf'fiaflr. 
lixfl  bei  bex  vaffBjSex  ^alrssg  Jti^fä  ts  fixäexpol^ifiAex  *rsges  »er* 
fcfele^textes.  Settal  Dexowentiidrt  eis  Stegiüer  $■  bex  'SAex  ber  9hr*f 
Ixxtoxijjeit  xm  xxdris  ttos  fcjeraa^. 

9ffsxei«x§  'djiibext  lex  $0?  ooa  Sttasei  §s  ffcgixn 
jitfridfeex  3teflatxtiax  xxb  die  9e$ietangex  js  ^maPrrafc  bt#  $s 
bxxd^  in  September  17S3L    Sex  9erni??er  foasie  bte  9ciuftts   bex 
imrdiex  Gevtiibtex  treusten    Her.  d.  qaext.  hisc  1904,  4. 

SJ'iarb   ?e$t  ferse  fkrjffentüifcxngett  sfier  ?riexx  Box  ber 
xxb  benex  Xärigfett  is  Der  Senate  fort  vEtad.  d.  peres  <L  L  comp,   ds 
Jesas  1904.  5.  Äng.  x.  5.  Seat     SgL.  J.JK,  177.  371-  557. 

9x4  fütlas   befiraxtex  Suctuisxisn'e   bex  #egexBsxt   orixa   ist  Cor- 
wspondanfc    25.  Xejbr.  IK>4,  bte  Angeberei  is   tat  rnm^infcöat 
ber  Steooixri  jn,  sasieirriüft  bie  bejngUdje  Xan  jfiett  Her  So 
erörtert. 

<S.  X  (Mb  et#  böcä^t  eisjeäexbe  XaritellxBg  3er  SerbaxMxsgex  Öer 
bte  ^ermd^Lim-g  ber  Xodner  2udnng4  XVL  mit  fem  Sertex,  beat  ^er^s« 
soii  flnqjiLenie  '17£8 ,  bei  der  bte  mrjmlex  JtnralieitOiUriere,  miixntlh> 
fcer  ^?n^a)edj:«{  im.-cfjeit  Dem  »cdrercn  Ünimig  XVIIL  xaa  feiner  JBdtte, 
>eiiuci!.ei  merien  fanitten,  mrrt  taterefiairre  8trei^:ifttex  auf  bte  fSejie* 
fangen  ber  ^jurborten  ja  Cnerrercn  anö  StsBiosb  gegen  fabe  bei 
1H.  3tt^:ll.  ^?eacö:enÄnjert  vi  audi  ber  iu^tanfdj  nos  €rinnexxsgcx  an 
bte  edjrttfra-^at  imb  Öen  "äii;cr.:aa.t  ier  SaiglK^es  Familie  tat  iemplc 
9rtrteilungeit  oon  ^Dge iDdrtij  mib  iRjie4i:eroe4  a.  a-  BeT.  «L  d.  maute» 
15.  Xe$.  1904.  1.  anö  15.  3anaar  1^>;3      S.;L  ^».  3-  94.  3T0\ 

äan^ac  be  Rabatte  beaaitbel:  a^  $ntsb  oon  SrdrilttÜex  bsd 
religiafe  £eben  ix  "Jarx«*  ooa  lT^b»  ot*  l^c»    Corresp.  10.  Sno.  1904 . 

©.  Ätenger  »e^t  »V.ne  eru^ien  über  bte  rran^Jttfcfte  9efdQiasVt 
unter  bem  Äon;ula:  f  jtt.     &r  norcren :  v*1*  anö  5Ctttt  D-  S««ä  ß**- 


Steuere  Gefaxte.  555 

hebd.,  7.  SRai  1904);  $ie  SRarquife  Don  (Jonborcet,  geb.  ©rouäty  (Rev. 
nouv.,  15.  3uli  1904);  3>elp$ine  be  Sufttne  (ebenba,  15.  «uguft  1904); 
grau  Don  ©eaumont  (Grande  Revne,  15.  Sunt);  3)a*  X&eater  unter  beut 
Äonfulat  (ebenoa,  15.  Oft);  3)te  Salon«,  b.  §.  bie  ©emälbeauÄfteüungen 
unter  betn  Äonfulat  (Qainzaine,  16.  San.  1905);  9Raler  3>aDib  (ebenba, 
1.  $ej.  1904). 

Unter  betn  Xitel  „griebrieb,  o.  ©enfc  al*  ©iberfadjer  Napoleon«  I. 
«in  Beitrag  ju  ber  ©efdjtajte  be*  18.  Kai  1804"  §at  ber  9tealf*ul*ßber* 
leerer  Dtoj  $  flüger  eine  red)t  anfpred>enbe  Überlegung  be*  »Memoire 
sar  la  neceasite*  de  ne  paa  reconnaltre  le  titre  imperial  de  Bona- 
parte« unb  be*  »Projet  d'une  däclaration  de  Loaiß  XVIII  contre  le 
titre  imperial  usurpe"  par  Bonaparte <  al*  eine  Art  Gkbenfblatt  oerbffent* 
lict>t.  Sine  populäre  Einleitung  gibt  eine  im  mefentlidjen  richtige  Oricn« 
tierung  über  bie  einfd)lägigen  (greigniffc  unb  bie  $erfon  be»  ©erfaffer* 
ber  2>en!fd)Tiften.  Die  ftnmerfuugen  be*  Memoire  r)ätte  ber  Überfefeer 
aud)  als  ftnmerfungen  miebergeben  muffen.  W. 

Oberftleutnant  $icarb  erörtert  im  Caraet  hist.  (3>e§.  1904)  bie 
Strategie  Napoleon*  Dor  ttufterlifc. 

(So quelle  {Gilbert  auf  ®runb  ber  gefanbtfäaftlidjen  äorrefpon« 
benjen  bie  medtfetooHe  Xätigtett  Sebaftiani*  in  Äonftantinopel  Don  1806 
bi*  1808.  Anfang*  überau*  erfolgreich  mürbe  bie  Stellung  be«  ©efanbten 
burd)  ben  Umformung  Don  Xfißt  feljr  fämierig,  fo  bafe  er  e*  Dorftog,  Gnbe 
«pril  1808  bie  türfifdje  $auptftabt  $u  Derlaffen  (Revue  d'hist.  diplom. 
1904,  4). 

SHe  Sßemoiren  be«  General«  fc.  b'$autpoul  (Revue  de  Paris, 
1.  unb  15.  $oo.  1904)  betreffen  $auptf&d)lidj  ben  fpanifdjen  Srrieg  unb 
beffeit  Oreuel.  $autpoul  ift  entfdnebener  (Segnet  SRaffena*,  ber  ftd)  von 
feiner  SRaitrefje  (abe  be$errfd)en  lafjen,  bie  eigentlich  ba*  fceer  tomman? 
bierte;  er  ift  für  We$,  er$ä$lt  aber,  wie  fidj  Neffen  (Stettin  mit  ben  ge» 
raubten  fttrdjenfd)&feen  gefdjmücft  $abe.  ©erfaffer  mürbe  in  ber  Sd)ladjt 
bei  ben  ftraptlen  (Salamanca)  Derrounbet  unb  fiel  in  engfifge  (Befangen» 
fajaft,  »o  er  fefjt  $u  leiben  fcatte.  9Rit  ben  fpanifä)en  (Ereigniffen  bcfdj&f* 
rigt  fid)  aud)  rin  ftrtitel  Don  @eoffronbe@ranbmaifon  über  Saforeft 
al*  ®efanbter  Hapoleon*  in  Spanien  (Corresp.  25.  3)e*.  1904). 

3n  ber  Revue  d.  d.  mondes  (15.  San.  1905)  werben  %u*ftüge  au* 
fRemoiren  be*  ©rafenffiambuteau  Don  1809  bi*  1813  Deröffentlidjt. 
2)er  Stanbpunft  be*  Serfaffer«,  ber  juerft  fiammer$err  Kapoleon*,  bann 
9r&feft  im  SimplonsDepartement  mar,  ift  ein  etma*  fubalterner;  aber  er 
gibt  einzelne  intereffante  ftnetboten,  namentlich  über  ba«  Serbalten  be* 
äaifer*  im  Staatsrat,  mo§tn  er  t$n  §auftg  begleitete;  er  rüfcmt  mit  9tect)t 
Kapoleon*  befonbere*  Serfränbni*  für  bie  franjöftfdje  Solföfeeie. 


566  Sediat  «ab  gafrrifltffi 

Gin  8tttreg  jut  94dfidfit  ber  firoftextofitil  Sebein»!  tit  fco  faf* 
fdft  »eretottan*  über  bte  SaUCIafiM  jn  trjbwbe?  mk  Stetem* 
1810  *nb  1811  T 'Institution  canoniqae  «I  XmpottaD  Kr,  Ber.  IhL 
€e*t«Ctt  1904V 

Sie  gertfefcmng  ber  StmMen  $.  $om*'amce  mber  ISIS 
fempracbUcB  bes  Intrii  §mhM  «*  bcr  i*eitem  JrmiOeiKfHKj  ber 
bomrm    vRer.  d.  <L  mondes*  1.  Se*.  1904  ort  Ber.  bist  1906, 
mmb  gtbrmar,  Les  intrignes  ro jmlietee  de  Foucbe  et  de  Dftvevs 
Im  aecande  abdkmtion\ 


S^  Jgtbtmicrtmmermgfem  be#  •eBtxslInnvBt*  Si^dB  dl  Sesmet* 
1SB— 1S15   «rtm*.  3**».  l»t  2e*  1906,  3*s.  ab  gebt 

cs#  bmrtft  eise  *e£r  eiiKfremltAe  Sdufbexxm^  frte$#gef$aBtfittber 
beim,  ^er  Berliner  trat  met  11  3afrem  ei#  tViiufiu4rtfi»MnI  m.  erm 
9rfKBtH^e#  ^BrnttmetegtiBCct.  fitem*  le,  15gabnj^,  qt  Hftibff#  Xbs8<$  Sei 
3ema.  <ti$  £<stxixst  in  leiSery  Jtes  3fa$Laeml  bo  •ratjäeem  ms*  £a» 
■fim»  vo  er  mermraOet  nrar>c  )ob  im  bat  febertoöem 
$er$g*en5m~<ft  an)  «ü  5ta)»«teiriÄ  ts  eisest  ■or5SSftem  ^ 
mx^Xcirimtm  tm,  £:£xt.  tn  er  aberntete  : 
$ueme  £rex$  ermterb. 

(Btaex  :timr%  «1^  erieir.jt  cebeabes  *txk  Ber*  gc  *5:mi 
bem  jj*rer>&  y.  bmX  s.  im$.  tieäeV  IT.  i  Smrii  enrtTG&jeu&eje 
nt  mese  Seiten  cbytjenit  .i  jee»  iSr  Evmuii  jx  )emt  eJerbanj#  x.  C  unft 
ssä?  jiut*  abex^c&icxbea  3te*ii3rr.  box  ber  £ers  3er  ff .  yifflmeir  ftreesedB 
mir  Schier  'feieiitcuryr  Arno«  1512  ar  »rejnli-öem  rtttaj  Set 

<sjb§  beut  iiiiia  ti  m^'Ur.ie'iÜLLacc  IC  1  *ei  5ter  eamdbrt  ber 
»enefcrie  "enie  to^iem  iura  Jt  3t  Äeier  aber  »StaaniieüenE-*,  ber  136 
bee  fSaaifccr*  3er  Itoaiprf  pziz,  bes  am*  is  3em  ftsxbe  annt  sebr  bte 
3WMer  5er  $rj^ni,  *js3er3  &ie  »ae^rroex  fcüermafee»  bmat  gertniramg 
bev  ''b'imt  l^i  •♦tnLöscr^  sc  V^i  hj*^!  *xcüte» 

«2.  ea  ÄTjec**  aea:  ^jerTixfi  ^täntcS.  tst  «erstxt  mir  fmijni  n,miet> 
^iir^crt  i^.:^!r  vn  ^urs  l^T  eoe  *jtr"«r3«rae  J^5"31?  Jö*«  laä^earairÄ 
*rä;*Äe  "8>trr:"x:IiT^  ^r  rrfbr&ex  ;iorl>ert  c-  x  ^er^r#ÄjrSi  ir  Sex 
?-*riiran;«  ;sr  irzri-  x  3nii  Äe?-a.  XVC  i 

Ja  Set  £  -rnmctrre  i^er  W,?r--Jr:i2  2Käeisi  IV   aai!  3te 


Je1«  ^Tt*    ar^r.r   :t.    >:?  Smi:.*    .«rjrsr  5ar«i^.    ,roniesr  y^ebtua  Sfr 
>r-.ni4  IV.  5e!i**jje  i.\'r!  -n  ?^;-  !ranic:  vasx  tkSc  nä  est : 


Heuere  ©efd)id)te.  557 

3n  feiner  Doftorbiffertation  Le  däpartement  da  Nord  sonn  la  deu- 
xieme  Rlpnbliqne,  1848 — 1852,  6tode  leonomique  et  politique  (ßtü"e, 
fielen,  1904,  448  6.  8°),  bietet  im*  ».  *R.  ©of  f  es  eine  anfpredjenbe  unb 
burdjau*  tDiffenfdjaftlid)  veranlagte  SRonograpljte  über  bie  ölonomifdje  unb 
politiföe  (Entmtdlung  eine*  ber  reichten  unb  beDölfertften  Departement* 
grrantreid)*  unter  ber  ameiten  Wepubli!  bar.  @ie  beruht  auf  grünblidjen 
ardjiDalifcben  ftadrforfdjungen  unb  einer  genauen  Durd)ftd)t  ber  einfd)l&» 
gigen  pertobifdjen  unb  lofalen  JJlugf^riftenltteratur,  tote  benn  bie  Biblis 
flrapbie  nid)t  weniger  al*  52  Selten  umfajjt.  3rrelltd),  gan$  Doüftanbig 
lonnte  bie  Arbeit  ©offej'  fdjon  be»n>egen  nid)t  fein,  »eil  bem  Cerfaffer  bie 
(Einfloßt  in  bie  Politiken  Rapiere  be*  «r$tD*  jußille  für  jene$eriobe 
toerfagt  tourbe  (oa*  nad)  Serlauf  Don  me$r  al*  einem  falben  3a$rbunbert 
eigentlich  gegenftanb*lo*  unb  faft  Ifidjerltd)  erfdjeinen  mujj) ;  aber  ben  3to* 
nomif  djen  ÄftenfaÄjtfcln  be*  ¥ra*fetturard)iD*  ftab  eine  SRaffe  Don  giffem 
unb  Angaben  entnommen  toorben,  bie  e*  bem  SSerfaffer  erlaubt  baben,  bie 
Ärbett*frifen  jener  bewegten  Seit  in  einem  burdjau*  inbuftrieüen  ©ebiet 
auf*  genauefte  $u  fdjitbern.  Der  „öfonomifdjen  unb  fokalen  Sage"  be* 
Departement*  ift  überhaupt  ber  größere  Deil  be*  gan&en  ©u$e*  (@.  159 
bi*  328)  getoibmet,  ba*  mit  feinen  Anlagen  (im  Hnfcang)  ben  (Sinbrucf 
einer  redjt  fleißig  gearbeiteten  ©tubie  auf  ben  8e|er  madjen  wirb;  fe$r 
n>flnfd)en*»ert  mfire  e*,  eine  größere  Än$a$l  ä^nlidjer  Gingelftubien  jur 
befferen  Äenntnt*  ber  3Renfä)en  unb  ber  Dinge  in  ben  ißroDtnjen  im  8*it* 
alter  ber  gmeiten  ffiepublif  &u  befifeen,  ba  bie  meiften  ©efcr)i<^tfcr)retber  jener 
^eit  nur  ba*  Parlament  unb  bie  fcauptftabt  berüdftd)tigen.  B. 

(Eine  ban!en*werte  Überfielt  über  bie  jugÄnglidjen  $arifer  ardjiDallfdjen 
CueHen  jur  ©efd&iaVe  be*  3a$re*  1848  gibt  $.  Garon  in  ber  Revue 
d'hist  mod.  (ob.  VI,  2.) 

Da*  Sertyiltni*  j»if*en  ©i*mard  unb  SaffaQe  (Gilbert  im  »efent* 
liefen  im  8Uifd)tufi  an  $.  Onden*  Siograptye  ein  furjer  fcuffafc  Don  dmil 
Stuf  er  in  ben  Heuen  SafcbüaVrn  für  flafj.  Biologie  ufro.  1905,  1. 

ttm  Sdrfujj  feine*  Äuffaje*  „Der  Donner  ber  6d)lad)t  Don  @abotoaM 
fefct  ©ermain  öapfi  unter  Anführung  &ab(rei$er  biplomatifdjer  ftorrefpon* 
benjen  au*einanber,  bafj  Drougn  be  S^ui*  bie  preujjifdien  Hnnegionen  burd) 
Ärieg  ju  Derbinbern  »ünfdjte,  mä^renb  ftouber  unb  $rinj  Napoleon  eine 
frieblia^e  $olitif  Dertraten.  (Sin  Ärieg  gegen  ^reufjen,  um  bie  (Einigung 
Deutfdjlanb*  ju  binbern,  erflärte  ber  $rin&,  bebeute  eine  Serlefeung  be* 
S&ationalttttt*prin$ip*  unb  werbe  ganj  Deutfdtfanb  gegen  Deutfdjlanb  in 
©äffen  bringen.  Napoleon  gab  fd)liefjlid)  in  Döüiger  Wrperltd)er  unb  gei« 
fHger  Srfdjöpfung  feine  (Stntotfligung  *u  ben  preufjifdjen  Annexionen.  Der 
Serfaffer  urteilt  im  ttnfd)lufi  an  gleichzeitige  Äußerungen  fran$bftfd)er  Di» 
plomaten,  bafe  Napoleon*  $olitit  öanferott  madjen  mufite,  weil  er  feine  fron» 


660  Zotigen  unb  ftadjrlcbten. 

Don  1714  unb  1733  unb  eine  Heine  Äorreftonbenj  mit  glgen  über  einen 
EeftamentSplan  Don  1728  mit  unb  meint  IjierauS  fd^Iiegen  ju  fönnen,  bafc 
niebt  fomo&l  (Staat  unb  SBernmltung  als  $eer  unb  &ird)e  im  Mittelpunft 
ber  föniglicben  Sntereffen  geftanben  baben. 

(Einen  Dortreffltcben  Überblid  über  „bie  branbenburgifd)=l>reujiifd)e 
©etreibebanbelSpolitif  Don  1713  bis  1806"  Veröffentlicht  ©cbmoHer  au« 
bem  «Racblafe  SB.  Staubet  in  feinem  Sabrbutb  für  ®efef gebung  k.  29,  1. 
3n  Fnappen  Sügen  roirb  bie  ©egrünbung  unb  ber  fonfequente  %u«bau 
ber  grogartigen  ©oaiatyolittf  unter  ftriebrieb  SBilbehn  I.  unb  Sfriebrid)  II. 
erörtert,  bie  bura>  Verbot  ber  (Einfuhr  beS  billigeren  polnifcben  ÄomeS  bie 
überlegene  Äonfurrenj  $urücf$ielten  unb  burd)  ftaatlidje  $ornmaga$ine  eine 
boebbebeutfame  ^reiSfiabtlitftt  erhielten.  $a*  Softem  »irb  in  wefentltcben 
Seilen  feit  1786  aufgegeben,  teils  au3  grunbfä&licber  Abneigung  gegen  bie 
Äbfperrung  ber  fremben  (Einfuhr,  teil«  »eil  $reuj$en  1793  unb  1796  ttefent« 
Hebe  Seile  gerabe  berjenigen  polnifcben  ©ebicte  erniarb,  bie  bisher  burdj 
baS  GinfufjrDerbot  Don  $reuften  getrennt  gemefen  waren.  Damit  fiel  ju- 
gleicr)  bie  fojial  günftig  mirtenbe  Stabilität  ber  mittleren  ©etreibetoreife, 
unb  e3  fefrt  aunäcbft  in  ben  Seiten  ber  Neutralität  Preußen«  feit  1796  bei 
fortbauemben  europäifdjen  Kriegen  eine  @etreibe$auffe  ein,  bie  freilief)  feit 
ber  Auferlegung  ber  SRapoleonif  djen  ßontinentalfperre  einer  ebenfoldjen 
Saiffe  «ßiafr  maa>te. 

®ine  Weibe  größerer  unb  roertöoller  «uffäfce  über  8 o Itaire  Der* 
öffentlich  ©almann  ftugteid)  an  Derfcbiebenen  ©teilen:  im  Ärcbtb  für 
baS  ©tubium  ber  neueren  ©pracben  unb  Literaturen  13,  3.  4  über  „$ol* 
taire  al*  Jhritifer  Montesquieu«",  in  ber  3ettfdnift  für  bie  gefamte  Staat«* 
»iffenfebaft  61,  1  über  „Voltaire  al«  «ßolitifer*  unb  im  HrdliD  für  W^ 
fopbie  Hbtlg.  1,  Hf  2  über  „»oltatre  al«  <ß$ilofop$".  «bgefeben  Don 
ber  3uftijreform  !>at  Voltaire  ft$  über  ^olitU  niebt  füftematifä  geäußert, 
ba  ibm  bie  Äircbenpolitif  ju  weit  Doranftanb.  Sebodj  ift  er  im  ©egenfafr 
gu  Montesquieu  unb  ben  jüngeren  ein  nüchterner  ftealift  gemefen,  ber 
ftcr)  Don  Dogmatismus  unb  UtopiSmuS  freizuhalten  fuebte,  baber  aueb  j.  8. 
über  (Snglanb  ju  febr  Diel  objeftiDerem  Urteil  gelangte  als  Montesquieu 
unb  boeb  für  eine  politlfcbe  Umformung  beS  ©taateS,  allerbingS  burd) 
Sübrung  Don  oben  ^er,  eintrat.  211«  Wiofop^  ift  Soltaire  fein  bloßer 
lonfequenter  Anhänger  SocfcS,  fonbern  ber  Untergrunb  ift  ein  natoer 
JRealiSmu«  mit  einem  lebhaften  (gmpfinben  für  ben  MedjaniSmuS  ber  Stau* 
falität  getoefen.  3)er  SBerfaffer  $ebt  nod)  befonberS  $erDor,  tote  fiationär 
JBoltaireS  p^ilofopt)ifdt>e  Hnfcbauungen  getoefen  feien  unb  (im  ©inne  Don 
©trauß)  toie  ernftlicb  er  fid)  mit  ber  ©otteSibee  unb  ben  öeroeifen  für  ba« 
3)afein  ©otte«  abgemüht  babe. 

&.  fJrenSborff  bef priest  in  ben  UbbanbL  ber  Jtgl.  ©efeüfd).  ber 
85iffenfdj.  au  ©öttingen,  $$il.*$iftor.  fflaffe,  «Reue  gfolge,  8.  9b.,  ttr.  2 


1648—1789.  661 

(Berlin  1904),  @.  1—87  „©.  A.  D.  gÄünä)baufen*  ©erfaßte  über  feine 
SDWfftim  nad)  ©erHn  im  3uni  1740";  e*  fcanbelt  fid)  $ier  um  ben  fety* 
gefdjlagenen  Serfud),  frrtebrid)  ben  ©rofeen  fofort  nad)  feiner  X$ron* 
befteigung  für  bie  englifd) » tjannitoeriftfte  Partei  ju  geroinnen.  $er 
Umfang  ber  Arbeit  —  bie  fdjon  Don  3>rot)fen  unb  ©Hinsagen  ausgeben* 
teten,  giemlid)  inhaltsleeren  Steinte  »erben  DoUftänbig  abgebrueft  —  fte$t 
in  (einem  $er$ttltni£  ju  itjrem  Ergebnis:  toir  erhalten  eine  eingeljenbe 
3erglieberung  be£  btplomatifdjeu  Vorgangs,  über  ben  bisherigen  6tanb 
ber  gorfdjung  fommen  mir  aber  nidjt  ^tnauS.  Ziekurech. 

3n  ber  Revue  d'histoire,  rectigee  k  l'^tat-major  de  lärmte  (Ott. 
u.  HoD.  1904)  »erben  bie  $elb*üge  beS  9ÄarfdfaHS  Don  Saufen,  fpezieH 
ber  Don  1746,  befyxnbelt. 

A.  ©ourguet  fteUt  in  ber  Revue  historique  87,  1  „bie  Anfänge 
eine«  SRtnifteriumS",  b.  $.  beS  TOinifter*  Qtyoifeul,  bar  unb  *eigt,  bafj 
(S^otfeul  fcineSioegS  in  fffaDifäer  Ab$ängig!eit  Don  ßfterreid)  gefianben, 
fonbem  bei  aller  ©ertfd)ä&ung  beS  SBiener  Kabinett«  fi<4  *ud)  iJjm 
gegenüber  eine  fefte  unb  mürbige  Sprache  unb  Haltung  gewahrt  $abe: 
©boifeulS  greftigfeit  gegen  f8ien  tritt  namentlich  zutage,  als  er  gegen  ben 
SBunfd)  fcfterreid)«  eine  fpanifdje  Sermittelung  für  einen  franzöfifd)«eng* 
Hfdjen  (Scparatfrieben  augeftdjtS  ber  brofcenben  §rfdj8pfung  3franfreiä)S 
1769  annimmt. 

Corfidjtige  unb  lc$rreid)e  fritifdje  ©emerfungen  über  bie  jüngft  Don 
CalmetteS  publizierten  Mämoires  da  duc  de  Choiseul,  b.  §•  eine  ©amm* 
Iung  ton  SRemoiren,  Keinen  ©erfen  unb  ©riefen  S^oifeulS,  Deröffentltdjt 
SRuret  in  ber  Revue  d'histoire  moderne  et  contemporaine  Dom 
16.  3anuar  1906.  $er  Serfaffer  neigt  bazu,  bie  Authentizität  ber  Don 
Soulaöie  1790  betannt  gegebenen  ÜKemoiren  (SljoifeulS  anzunehmen,  fte 
bagegen  für  einige  jefct  beigegebene  <5tüde  zu  bezweifeln.  (Er  fteflt  eine 
Steige  oon  SBiberfprüien  jrotjcfjcn  Gljoifeul  unb  z-  33.  Pernio  feft  unb  roeift 
Zum  6d»lufc  (wie  baS  aud)  öourguet  tut)  barauf  f)in,  bafs  man  Cljotfeui 
burdjauS  nicr)t  für  einen  blinben  „Öfterreidjer"  galten  bürfe. 

O.  <£b.  @d)mibt  fdjilbert  in  ben  Mitteilungen  be«  «erein*  für 
öefd)id)te  ber  Statt  Steiften  6,  4  „bie  2Reif$ener  ©orDcrbanblungcn  zum 
$ubertu£burger  trieben",  bie  JJritfdj  im  Auftrage  beS  fäd)fifd)en  tturprinften 
inSbefonbcre  am  29.  ftoDember  1762  mit  JJriebricb  in  SReifeen  geführt  bat. 

3mei  „Unterfucbungen  zur  @efd)id)te  ber  Staat* Derträge  &debrid)S 
be*  trogen"  teilt  Älinfen borg  in  ben  gforfdjungen  zur  branbenburgi« 
fdjen  unb  preufjifdjcn  ©ef$i*te  17,  2  mit.  <£in  fdjltefelicf),  roie  ©erfaffer 
Zeigt,  nicr)t  ratifizierter  $oftö ertrag  zroifäen  ißreufjen  unb  äurfadjfen  Dom 
22.  April  1767  eröffnet  le^rreid)e  ©inblide  in  bie  SRififtimmung  gegen  bie 
SRegieeinricbtung  unb  bie  befcörbliäjen  ©egenfäfce  iroifeben  $oftabminifrra* 
Hon  unb  auswärtigem  Departement.  ©ebeutfam  ift  ftiinfenborg*  tta<bn>eiS, 


552  9»t%rx  xxd 

dcfc  im  •eaexjaf  jxr  xo&ftex  flxxaftxtr  1782  feix  i 

Spant*  xxd  $rexiex  afraejdPflfrex  vordcx  ix.  ***  ma  JrieÄtxx  IL  aflo* 

dexa*  176©  xx»  17*2  Eebfeft  in  3xftrrrJK  der  Wd^a  foiiwainfliiBuJ 

■b  SerairxxiSKBa.   axf  tfccen  rat  cxifcfcfsrjgfiift  iaaxrfäex 

ienxfe  |ct  na*  jedwa  1765  «■  bat  xxaerxxxfrtaex  ymstnfc» 

rxxgex,  17«g  ob  der  gcfteaixptex  JMirtf  5forife4xaxca*  ftftdttöe. 

■rit  $iexpLB  xoo)  vt  Sxaloxa  nd  Sraxfreüs  ixt  3a-Leirve  der  < 

nulftfoirffiaVw   Setoitax&igflrtx  Sxairirx*  jbv  $x  bixdcK. 

dofr  Sriedriä*  Ank,  ix  eixem  feaxmxex  Xcsife  tax  17»  $xm  3»rfe 

felaxft  |x  feix,  fix  reiKe*  ggismnnixdai*  ocmeien  nt 

Darax  de  9tarieaxrt  xerofrexriiivt  ix  den  Caereapootiamt  mm 
&  3xxaxr  1S06  Les  aria  donnes  t  M.  le  dm«  de  Ben?  fr.  tu  len 
ffxftigcK  £xtoig  XYL;  aixnt  quH  montsi  aar  le  tifee,  xk  et»*  1773 
feix  denfjeiaexer,  tataoller.  fnxxa  Seufexater  SoQitxt  jxr  Sure  acnes 
axfgejeftt  Hat.  fixe  DerihxxMge,  alle*  fcrtrrne  oemetdexde  tteirxxix,  nc 
eixem  ritfriy,  üttexfenex  Äenfdjen  ndt  $x  fwfiifrffx  fffraiaflrrüift^ 
i|K  Sie  Cfrf erlitt ttät,  mit  der  Boüräd  tat,  fxr  etxe  will  Brie  Suvacx^airaxt 
der  fJtjcfiöfe  xxd  fegex  die  xxtxxxxlwge  gaxfxng  der  gexejt^iea  ix  aaxfc* 
iudex  jpdndea  |x  xiiifex. 

,Xa*  uüei.ietüfdpe  @Qmxa$(xn  xnter  Ataxia  Xberrna-  Nfalaeri 
JL  Sotfe  ix  dex  Monamentx  Germania*  paedagogiea  30- 

9t  o  f  ct|  deid&ficit  ixt  %zdsia  mr  Eat&c£pd»c*  flinnaunfr  86.  1  nexx 
JKtmemetfrt  ixt  Zeitalter  der  ÄBföarxxg*  mit  der  £arftexxx$  de*  3**«»$*= 
xtsmxs.  ia*  ftircbexreiftt  der  fixfflärxng  feebextet  xxto  den  9ecfxTfer 
eixex  dc  Cigen  9rxd>  nü  der  35ergnngex$eit  xn^  niSrt  dt*  Hart  ax  des 
»^Proteftannsmn*  sxb  $am  Un^Ianbex*  xnd  aar  mithin  xaftei&xiff 
•enü^t  Hat  e*  2er  frr^Ii^ex  Srnenfdian  nur  inötreft  dxnft  dex 
|x  gemifrex  frriexreixtltcfjen  ÜJttrrfndnrn^ex.  de^ander*  xder  dex  frixcat 
xxd  da*  SJerijdlÄt*  Den  äitije  xxd  Staat. 

f$rtt»di  Mildert  ttn#nit;r::ij,  fom::*ä<fit:dj  aatfi  Scenxirex,  Rißwe 
(Egaltte  Dar  2er  3Secc Letten  Reime  des  etnd.  bist.  3xfi«%xf.  x.  &&L* 
Cft-  1S04 .  2er  $rui$  n7ar.  xai  ier  erma4  apolcgerrjdwr  Sarxefxnj  de4 
fknafier»,  ci^j:  ttr.»":::i:er  a!4  die  corneiTneir  verrtx  feixer  »Jen»  xrixcxa« 
fd>0a4  xnd  anenri  j-^n  ane  etn  editer  Cr^an#r  aber  tc^ier  xxd  tnfttig 
nafrexi)  de4  Seefrie^*  S4?«  engiirO,  ma#  iruönig  XVX  aid^t  |n  be* 
xxfex  oerjtand.  @cn^  ur^jlir/'i  5?r:r.2t,  aier  crronticneiL  xjeü  da*  die 
3Rode  Derian^tt.  lies  er  ?li  res  anderen  z~:z<z?cz  anö  Dornvieiex. 

Sic  in  der  BeTne  de  Pxris  X  3^»-  ö  3-  Der  jwcatliaiex  Soavexi» 
de  Brienne  Don  einem  l^iriüler  Si^olecn*.  Ha«re#.  der  axtl  17S4 
mit  nad)  ^in*  sing,  enthalten  im  neier.:L:i^n  ain  betaute  $ixge,  Xaxx« 
Icon4  UnfenaniT«  der  franse »":>,r*n  cpmie.  'einen  ^Irli  feixe  Übexkaex» 


1648-1789.  553 

$eit  uf».;  *RaJ>oleon,  ber  im  allgemeinen  älter  mar  al*  feine  SRttfd)ület, 
etilen  fetneftroeg*  al*  frühreif. 

$.  Cent)  nerfolgt  in  ben  3a$rbüdjern  für  ^attonalöfonomie  unb 
©tatiftt!  3.  golge  Er.  26  baS  gurfiefge^en  be*  bäuerlichen  IMeinbefl(e4l 
in  (Snglanb  t>on  1760  bi*  1850  unb  feine  Urfac&en. 

9evc  Stäket:  Osgood,  American  colonies  in  17*h  Century. 
2  vol8.  (London,  Pntnam.  21  eh.)  —  Do  Amaral,  Ensaio  sobre  a 
vida  e  obras  de  Hugo  de  Groot.  (Rio  de  Janeiro,  Garnier.)  — 
Brunet,  Correspondance  complete  de  Madame  duchease  d'Orläans, 
nie  princesse  Palatino.  T.  I.  (Paris,  Fasquelle.)  —  Souvenirs  sur 
Madame  de  Maintenon.  T.  III  avec  introduetion  par  d'Haussonville. 
(Paris,  Calmann-Levy.  7,50  fr.)  —  ttief  M,  D.  Sodann  Salob  CLuanbt, 
<8kneralfupetintenbent  Don  $reufjen  unb  Ober$ofprebiger  in  ÄönigÄbcrg. 
1668- 1772.  [6d>riften  bet  ©iniobattommiffton  für  oftpreu&ifd)e  ftirctym» 
(jefd)ic$te.  3.]  (Äönig«bergf  ©euer.  3  SR.)  —  ©rünberg,  $$iltw> 
Safob  @pener.  2.  93b.:  ©pener  al«  praft.  Geologe  u.  tird^I.  Steformer. 
(©öttingen,  ©anben$oecf  &  «upredjt.  4,60  SR.)  —  Ca n de  1,  Lee  pr4- 
dicateurs  francais  dans  la  premiere  moitie*  du  XVIII©  siede,  de  la 
regence  ä  l'encyclopeViie  (1715  —  1750).  (Paris,  Picard  et  fils.)  — 
Bayet  &  Albert,  Les  £crivains  politiqnes  du  XVIIIe  siecle.  (Paris, 
Colin.  3  fr.)  —  Stryenski,  Le  gendre  de  Louis  XV  Don  Philippe, 
infant  d'Espagne  et  duc  de  Parme.  (Paris,  CalmannLövy.  7,50  fr.) 
—  ©enftner,  6ad)fen  unb  ?reuj$en  im  Sofa*  1741,  &ug(eid)  ein  ©ei* 
trag  für  äleln*@4neu'enborf.  (©erün,  ©bering.  1,20  SR.)  —  ©riefe  Don 
unb  an  ©otttjolb  (Ephraim  Sefjing.  fcr8g.  Don  Wunder.  1.  u.  8.  ©b. 
(Keipftig,  ©öfdjen.  3e  5  SR.)  —  Memoires  du  duc  de  Choiseul  (1719 
a  1785).  (Paris,  Plön.  7,60  fr)  —  t>.  Hu  Dille,  ©ifliam  ?ittf  ©raf 
t>on  <5$at$am.  3  ©be.  ((Stuttgart,  dotta  9?acf)f.  24  ^ )  —  3entfd), 
«bam  <5mit$.  [©eifteS^elben  49.]  (©erlin,  fcofmann  &  So.  3,60  SR.)  — 
©crnftorfffdje  Rapiere.  StuSgemäljlte  ©riefe  unb  Äufeetcftmingen,  bie  Familie 
©ernftorff  betreffenb,  au«  ber  3eit  1732—1835.  $r*g.  n.  SrtiS.  1.  ©b. 
(Jropenfcagen,  ©glbenbal.  16,50  SR.)  —  Jore,  Des  modes  de  nomina- 
tion  et  d'&ection  des  maires  dans  l'ancienne  France.  (Paris,  Rous- 
seau.) —  3Baf)l,  ©orgef$i$te  ber  fran$oflfd)en  ffiebolution.  1.  ©b.  (Tü- 
bingen, SRoljr.  7  SR.)  —  SBeftp^alen,  Surgot*  fojiale  $otitit.  (ftlen** 
bürg,  fBeftpfjalen.    1,20  SR.) 

feuere  $tfd>id>U  fett  1789. 

3m  Stobemberfceft  (1904)  ber  Re>ol.  francaise  biStutiert  ß  i  e*  b  ü  mit 
ttuitlaume  über  ben  Urjprung  unb  bie  Äompofition^eit  be*  Chant 
du  de>art.  fie  Gallo  feftt  feine  ©eröffentlidutng  über  bie  3afobiner 
non  dognac   fort  (f.  §.  3-  W,  369)  unb  gibt  Hurtige  au«  ben  Älub» 


554  Kotigen  unb  ftadjridjten. 

oerljanblungen  öon  bet  ©infüljrung  ber  SRc^ublif  an  bis  jum  9.  Jljers 
int  bor.  3  od  ^  veröffentlicht  bie  (Erinnerungen  oon  (El.  S)oriato  über 
feine  2ätigfett  at*  TOtglieb  ber  fiegiSIatioe,  meift  ÄuSflüge  auft  bem  Sogo» 
graben  über  feine  Beteiligung  an  Serljanbfungen  unb  Sefdjtüffen  in 
ginanjfragen.  (Sin  Schreiben  öon  Jublet  au*  (Solmar,  6.  Hpril  1793, 
an  bad  Äonoentömitglieb  Safource  enthält  einen  nadjbrüdltdjen  ißroteft 
gegen  bie  reoolutionäre  SteunionSpolitif.  3m  3)e$emberljeft  fdjilbert  Sa« 
b  r  o  u  e  bie  Xätigteit  SacanalS  in  ber  3)orbogne  für  oolfötümltdje  unb  fo« 
jia(e  Stlbung,  b.  §.  für  bie  republtfanifdje  Sßropaganba,  inbem  er  burdj  ein 
3ournal,  burd)  SBanberrcbner  ufro.  $auptfäd)lid)  bie  Sanbfeute  über  bie 
Söotjltaten  ber  SReoolution  unb  ber  republifantfdjen  ©efefce  auftufl&ren 
fudjte.  Sloffier  erörtert  bie  ©ejie^ungen  ©I.  Sraudjet«,  be*  fonfittu- 
tioneüen  Siföof«  be*  (SaloaboS,  jur  Vhtnigipalität  unb  jut  ©e|ellfd)aft  ber 
SerfaffungSfreunbe  in  fconfleur,  Bedungen,  bie,  anfangs  öortreffüdje, 
ftdt)  bei  ber  maß  tollen  Haltung  SfaudjetS  in  firct)cnpoIitifcr)cn  fragen  der« 
f4)led)terten.  Sertal  beröffentiidjt  ein  fflegifter  &u  ben  Elften  ber  Weoo* 
iutionSgeit  im  5lrdjio  oon  ©pernato. 

Sonnefond  fdjtibert  ben  §of  oon  Neapel  ju  Seginn  ber  fron» 
iöfifeften  föeöolution  unb  bie  Sejie&ungen  ju  ftranfreid)  bi«  }U  beren  Hb* 
brud)  im  September  1792.  S)er  Serfaffer  Tonnte  bie  Serid&te  ber  fran* 
iöftfdjen  ©efanbten  benufren  (Rev.  d.  quest.  hist.  1904,  4). 

©Hart  fe&t  feine  Veröffentlichungen  über  $rieur  Don  ber  SKarne* 
unb  beffen  Xätigfeit  in  ber  Senbee  fort  (Ütud.  d.  peres  d.  1.  comp,  de 
Jesus  1904,  5.  Hug.  u.  6.  Sept.    Sgl.  $.  8-  92,  177.  371.  557). 

9uS  ttnlafs  bekannter  Sorfommniffe  ber  ©egentoart  wirb  im  Cor- 
respondant  (25.  3>ejbr.  1904)  bie  Angeberei  in  ben  fran$öfifd)en  Armeen 
ber  SReootution,  namenttid)  bie  be&üglidje  ^ät  ig  feit  ber  ßonoentÄfommiffare, 
erörtert. 

<£.  3>aubet8  $öa?ft  einge^enbe  Starfteßung  ber  Ser^anblungen  über 
bie  Sermäfjlung  ber  Softer  ßubmig«  XVI.  mit  itpem  Setter,  bem  $cr$og 
oon  Slngouleme  (1798),  bei  ber  bie  intimften  gfamilienpapiere,  namentlid* 
ber  Srieftoedjfel  jroifdjen  bem  fpäteren  Submig  XVIII.  unb  feiner  9£id)te, 
oertoertet  werben  fonnten,  wirft  intereffante  <5treiflid)ter  auf  bie  Sejte» 
jungen  ber  Sourbonen  gu  Öfterreid)  unb  SRu&lanb  gegen  (£nbe  beft 
18.  3a$r$.  ScadjtenSioert  ift  aud)  ber  SluStaufd)  oon  Erinnerungen  an 
bie  ©djrecfenfyeit  unb  ben  Aufenthalt  ber  tönigiicr)en  gomiüe  im  Xemple, 
Mitteilungen  oon  ©bgetoortlj  unb  3Rale£f)erbe$  u.  a.  (Rev.  d.  d.  mondee, 
15.  S)e$.  1904,  1.  unb  15.  Sanuar  1905.    Sgl.  $.  3.  94,  870). 

fianjac  be  Saborie  beljanbett  auf  ©runb  oon  ttrdjioaüen  ba& 
religiöfe  Ztbtn  in  $ariS  oon  1799  big  1802  (Corresp.  10.  %oO.  1904). 

@.  6  t  eng  er  fefct  feine  ©tubien  über  bie  fran$öfifd>e  @efeflfa>ft 
unter  bem  Äonfulat  fort.    2Bir  notieren :  $err  unb  grau  o.  Suarb  (Rev. 


Heuere  ©eftfictye.  565 

hebd.,  7.  3Rai  1904);  $ie  SRarquife  oon  (Sonborcet,  geb.  ©rouäty  (Rev. 
nouv.,  15.  3uli  1904);  $elp$ine  be  Gufttne  (ebenba,  15.  Huguft  1904); 
Jfrrau  Don  Seaumont  (Grande  Revue,  16.  %uni);  StaS  Sweater  unter  beut 
«onfulat  (ebenba,  15.  Oft);  $ie  ©alonS,  b.  $.  bie  ©emälbeauSfteflungen 
unter  bem  Äonfulat  (Quinzaine,  16.  3an.  1905);  SRaler  $aoib  (ebenba, 
1.  fce*.  1904). 

Unter  beut  Xitel  „Sriebtid)  o.  ©ent)  a!S  SBlberfadjer  Napoleon«  I. 
Sin  Seitrag  *u  ber  ©efdjtcfye  beS  18.  «Kai  1804"  (at  ber  9tealf$u(<0ber« 
leerer  SRaj  $f(ttger  eine  redjt  anfpredjenbe  Überfejung  be«  > Memoire 
8ur  la  necessite'  de  ne  pas  reconnaltre  le  titxe  imperial  de  Bona- 
parte« unb  beS  »Projet  d'une  däclaration  de  Louis  XVIII  contre  le 
titre  imperial  naurpe'  par  Bonaparte«  als  eine  ttrt  ©ebenfblatt  oeröffent* 
lidjt.  (Sine  populäre  (Einleitung  gibt  eine  im  toefentlidjen  richtige  Orien« 
tierung  über  bie  einfeftlägigen  (Ereigniffe  unb  bie  $erfon  beS  SerfafferS 
ber  a>enffdjriften.  $ie  Bnmertungen  beS  Memoire  Wttt  ber  Überfefcer 
aud)  alS  ttnuiertungen  toiebergeben  muffen.  W. 

Oberftleutnant  $icarb  erörtert  im  Garnet  hist  (3>e$.  1904)  bie 
Strategie  SRapoleonS  oor  ftufterlife. 

(So quelle  fdjtlbert  auf  ©runb  ber  gefanbtfdjaftlidjen  Äorrefpon* 
benjen  bie  toea^feloofle  Xätigteit  ©ebaftiantS  in  Äonftantinopel  öon  1806 
bis  1808.  Anfang*  überaus  erfolgreich  mürbe  bie  Stellung  beS  ©efanbten 
burd)  ben  Umformung  öon  Silftt  fe$r  fdjioierig,  fo  bafj  er  eS  oorjog,  (Snbe 
«pril  1808  bie  türfifd>e  fcauptftabt  *u  oerlaffen  (Revue  d'hist.  diplom. 
1904,  4). 

3>ic  Memoiren  beS  Generals  Ä.  b'fcautpoul  (Revue  de  Paris, 
1.  unb  15.  $oo.  1904)  betreffen  ftauptfäcftlict)  ben  fpamf$en  Strleg  unb 
beffen  Greuel,  fcautpoul  ift  entfeftiebener  Gegner  9Raf{enaS,  ber  fid)  Don 
feiner  SRaitrefie  Ijabe  be^errfdjen  laffen,  bie  eigentlich  baß  $eer  fomman« 
bierte;  er  ift  für  9?et),  erjagt  aber,  mie  fidj  beffen  ©atttn  mit  ben  ge» 
raubten  ÄtrdKnfdjÄfcen  gefdjmücft  $abe.  Serfaffer  mürbe  in  ber  ®c$ladjt 
bei  ben  Hrapilen  (©alamanca)  oermunbet  unb  fiel  in  englifdje  (Befangen* 
fdjaft,  mo  er  fefjr  ju  leiben  (arte.  Sftit  ben  fpanifdjen  <£reignif|en  befd)a> 
tigt  fieb,  audj  ein  Hrtifel  oon  ©eoffroöbcGJranbmatfon  über  Saforeft 
als  ©efanbter  MapolconS  in  Spanien  (Corresp.  25.  2>e$.  1904). 

3n  ber  Revue  d.  d.  mondee  (15.  San.  1905)  werben  SluSjüge  auS 
SRemoiren  beS  ©rafen  SUmbuteau  oon  1809  bis  1813  oeroffentlity. 
S)er  ©tanbpunft  beS  SerfafjerS,  ber  juerft  ftammerberr  ÄapofeonS,  bann 
$r&feft  im  <5implon*3)epartement  mar,  ift  ein  etmaS  fubalterner;  aber  er 
gibt  einzelne  intereffante  Anerboten,  namentlich  über  baS  Serbalten  beS 
ÄatferS  im  (Staatsrat,  wotjin  er  i^n  häufig  begleitete;  er  rüfynt  mit  9tcct>t 
Napoleons  befonbereS  SBerftänbniS  für  bie  franiöftfcb,e  SolfSfeele. 


556  Hotten  unb  SHa$rtd)ten. 

(Sin  Beitrag  jur  ©efdjitye  ber  Äin&enpoliti!  ftapoleonft  ift  bei  «uf- 
fa&  9ÄarmottanS  über  bie  ©a$l  OSmonb*  gitm  (Ersbtfdjof  bon  aflore*§ 
1810  unb  1811  (L'institution  canonique  et  Napoleon  I«,  Ber.  hiflt. 
<Sept.*Oft.  1904). 

$ie  fSrortfcftuitö  ber  ©tubien  $.  fcouffaljeS  über  1815  betreffen 
$auJ>tfädjU($  ben  Anteil  JJouc^S  an  ber  ^weiten  föücfberufung  ber  ©our» 
bonen  (Rev.  d.  d.  mondes,  1.  $e$.  1904  unb  Rev.  hist.  1905,  3anuar 
unb  gebruar,  Lee  intriguee  royalistes  de  Fouchö  et  de  Davout  apre« 
la  seconde  abdication). 

$ie  „SebenSertnnerungen  be*  Generalleutnants  $M§elm  b.  SB  en  frei* 
1802—1815  ($reufe.  %af)xb.  1904,  $e$.  1905,  3an.  unb  gebr.)  $etcftnen  ftcfe 
au8  burd)  eine  fc§r  anfdjaulidje  Säuberung  frieg8gefd)id)tlidjer  <Eingel* 
Reiten.  3)er  ©erfaffer  trat  mit  11  3a$ren  als  ©efrciter4?orporal  in  ein 
preufeifdjc*  Infanterieregiment,  fttmpfte,  15  jährig,  in  Hügels  ftorp*  bei 
Sena,  als  Seutnant  im  Äolbergfdjen  Regiment  bei  ©rofjbeeren  unb  2>enne* 
mifc,  roo  er  bermunbet  mürbe,  bann  in  ben  fJHeberlanben  ((Eroberung  bon 
$er$ogenbufd))  unb  als  ©tabSfapitän  in  einem  meftfälifdjen  3nfanterie*2anb* 
me$r*9tegiment  bei  Signt),  roo  er  abermals  bermunbet  mürbe  unb  ftdj  ba« 
(Eifeme  Äreuj  ermarb. 

(Einer  Iängft  als  erlebigt  geltenben  Sfrage  meifj  JJr.  Stimme  in 
ben  grorfc^.  3.  branb.  u.  preuf}.  ©efdj.  17,  2  burdj  einbringenben  (sdjarf* 
ftnn  neue  Seiten  abgugeminnen.  (Er  tommt  ju  bem  aflerbing*  u.  (E.  nodj 
nidjt  gan&  über^eugenben  ftefultat,  bafe  ber  Äern  ber  (Ergffljlung  Jhtefebed* 
bon  feiner  Petersburger  TOffton  1812  im  mefentlidjen  ria^tig  fei. 

Hu*  bem  «rcfcib  für  Jhilturgeföüfye  HI,  1  fei  $ier  er»ä$nt"Ter 
feffelnbe  fleine  Huffafc  bon  9t.  W.  SR  et)  er  über  „Strummelpeter",  ber  1845 
bie  SBanblung  ber  ^äbagogi!  jeigt,  bafs  man  in  bem  Äinbe  nia>t  meöT  bie 
greller  ber  (Strogen,  fonbern  bie  fpejtpf^en  Äinberunfitten  burd)  JBorftaltung 
beS  fdjmufctgen  SaulenjerS  ju  befttntyfen  fudjte. 

3)en  bergeblic^en  SSerfud)  ©tSmardS,  im  ©erein  mit  einigen  fonfer* 
batiben  Äbligen  im  3a§re  1847  eine  tonferbatibe  Bettung  oljne  ausgeprägte 
firdtfttfe  $artctfteHung  ju  grünben,  fdjilbert  §.  b.  $eter3borff  in  ben 
gorfd)ungen  jur  branb.  u.  preu&.  ©efd).  XVII,  2. 

3n  ber  tfontroberfe  über  „3rriebrt4  SBU$ehn  IV.  unb  bie  SRftrjtage" 
tjat  Stimme  nod)  einmal  gegen  9tod)fa$l  $u  gunften  beS  ©eneral* 
b.  ^rittmifc  baS  ©ort  ergriffen  („©eneral  b.  ^rittroife  unb  ber  18./19.  SRärj 
1848."  3forfdj.  j.  branb.  u.  preufj.  ©efaV  17,  2).  3n  Übereinftimmung  mit 
bem  Wcf.  urteilt  er,  bafj  SRadjfaljlS  iefcter  «uffafc,  „fomeit  grtebrio}  %BiU 
IjelmS  IV.  beutfdje  ^olitif  in  Srage  tommt,  menig  me&r  als  ein  fflücfftugS* 
gefegt*  ift.  M. 


teuere  ®eföid>te.  557 

3n  feiner  Doftorbiffertation  Le  departement  da  Nord  sonn  la  deu- 
xieme  Republique,  1848 — 1852,  £tode  äconomique  et  politique  (Siü"e, 
fielen,  1904,  448  6.  8°),  bietet  un«  «.  SR.  ©of  f  ej  eine  anfprecfcenbe  unb 
burdjau«  tpiffenfdjaftlid)  veranlagte  Sonographie  über  bie  ölonomifdje  unb 
politifdje  (Sntmidlung  eine«  ber  retdjften  unb  befcölfertften  Departement» 
fjranfreidj«  unter  ber  jtociten  Wepubli!  bar.  Sic  beruht  auf  grünbltdjen 
ardjtDaUfd)en  9fad)forfd)ungen  unb  einer  genauen  Durd)ftd)t  ber  einfd)l&» 
gigen  pertobifetjen  unb  lofalen  3rlugfdjriftenltteratur,  mie  benn  bie  ©iblto* 
grapbie  nid)t  weniger  al«  52  (Seiten  umfagt.  Sfretlid),  ganj  öoUftftnbtg 
tonnte  bie  Arbeit  ©offej'  fdjon  bedmegen  nidjt  fein,  »eil  bem  Qerfaffer  bie 
(Einfloßt  in  bie  polttifdjen  Rapiere  be«  Ärd)to«  ju  fiifle  für  jene  Sßeriobe 
berfagt  würbe  (»a«  nad)  Serlauf  ton  me^r  at«  einem  falben  3a§rljunbert 
eigentlid)  gegenftanb«lo«  unb  faft  Ifidjerlid)  erfdjetnen  mufe) ;  aber  ben  öfo« 
nomifdjen  ttttenfa&ftiteln  be«  ^rfffetturardjiö«  fm*  eine  Waffe  Don  giffem 
unb  Angaben  entnommen  worben,  bie  e«  bem  Serfaffer  ertaubt  $aben,  bie 
9trbeit«trifen  jener  bewegten  geit  in  einem  burdjau«  inbuftrte&en  (Bebtet 
auf«  genauefte  ju  fdjilbern.  Der  „öfonomifdjen  unb  fokalen  Sage"  be« 
Departement«  ift  überhaupt  ber  größere  Zeit  be«  ganzen  ©u$e«  (@.  159 
bift  328)  gemibmet,  ba«  mit  feinen  Anlagen  (im  Anfang)  btn  (Etnbrud 
einer  re$t  fleißig  gearbeiteten  €>tubte  auf  ben  ße|er  madjen  toirb;  feljr 
toünfd>en«roert  märe  e«,  eine  größere  ttngafjt  ätjnüc^er  (lin&elftubien  &ur 
befferen  Äenntni«  ber  9Renf$en  unb  ber  Dinge  in  ben  $rot)in&en  im  Seit* 
alter  ber  jroeiten  ftepubtit  ju  beftfren,  ba  bie  meiften  <Befd)id)tf$reiber  jener 
Seit  nur  ba«  Parlament  unb  bie  fcauptftabt  berüdftd&ttgen.  B. 

(Eine  banten«roerte  Überftdjt  über  bie  zugänglichen  $arifer  ardjtoalifdjen 
{Quellen  &ur  <Befcr)icr)te  be«  3a$re«  1848  gibt  $.  Garon  in  ber  Revue 
d'hist.  mod.  (8b.  VI,  2.) 

Da«  Serfylltni»  a»if*en  ©iSmarcf  unb  SaffaHe  (Gilbert  im  mefent* 
lidpn  im  %nfd)!ufs  an  $.  Onden«  $3iograp$ie  ein  tur^er  ttuffa(  öon  (Emil 
Stufe  er  in  ben  fteuen  Saljrbüdjern  für  flaif.  Biologie  ufro.  1905,  1. 

Am  <5d)luj$  feine«  fcuffa$e«  „Der  Donner  ber  ©djladjt  Don  @aboma" 
fefrt  Qermain  öapft  unter  Anführung  jaljlrcidjer  biplomattfdjer  Äorrefpon» 
ben$en  au«einanber,  bafj  Drouön  be  ßbui«  bie  preufjifdjen  Annexionen  burd) 
Ärieg  $u  öert/inbem  »ünfdjte,  roä^renb  fflou^er  unb  Sßrtn$  Napoleon  eine 
frteblidje  $otitif  vertraten.  (Sin  icrieg  gegen  $reufjen,  um  bie  (Einigung 
Deutfdjlanb«  ju  Ijinbern,  erttärte  ber  $rin&,  bebeute  eine  Serlefcung  be« 
HationalitatöprinAty«  unb  werbe  ganj  Dcutfdjlanb  gegen  Deutfdjlanb  in 
Gaffen  bringen.  Napoleon  gab  fd)Hej$lid)  in  nöüiger  förperlidjcr  unb  gei* 
ftiger  (Srfdjöpfung  feine  (Einwilligung  ju  ben  preufnfdjen  Annexionen.  Der 
Serfaifer  urteilt  im  Stnfölufe  an  gtei^eitige  Äußerungen  fronjöftfa^er  Di» 
ptomaten,  baft  Napoleon«  ^olitif  93anferott  maa^en  mugte,  tueil  er  feine  [ran* 


558  Wottjen  unb  Sfcadjridntn. 

äöftfdjc,  fonbern  eine  mnftifdje  europäische  8öl!erbeglüc!ung«polittf  befolgt 
$abe  (3)eutfd>e  SReoue,  Februar  1905). 

3«  ber  $eutfdjen  SReöue  (3anuar*3februar  1905)  beginnt  gfriebri* 
©urttu«  bie  Seröffentfidjung  t>on  Xagebudjnotiaen  be«  Surften  (Jljlobwig 
§  o$enlol)es©d)tfling«fürft.  2Ran  erfennt  barau«  einen  reichen,  eblen 
(Seift,  ber  bie  Vorgänge  auf  aßen  Gebieten  be«  öffentlichen  Seben«  eifrig 
verfolgte  unb  nadj  Betätigung  ftrebte.  Sreffenb  djarafterifiert  er  u.  a.  im 
3al)re  1844  bie  allgemeine  Unjufrtebenljett  in  $reufjen,  bie  burcb  gfriebricfe 
SBilljelm«  IV.  firdjlidje  Neigungen,  burc$  feine  unflare  ©altung  in  ber 
fonftiruttoneHen  Sfrage,  burd)  ba«  ©rmecfen  unerfüllbarer  Hoffnungen  $er» 
borgerufen  fei. 

3n  ber  3Ronat«fdjrift  w5>eutfdjlanb"  (Ottober  1904)  djarafteriftert  ein 
Stnonljmu«  ($.  b.  @.)  9*  oon  mit  SRante  al«  einen  9Rann,  ber  bei  allen 
feinen  SSerbicnften  nid)t  al«  großer  9Rann  gelten  fönne,  ba  er  originale 
©ebanfen  nicr)t  befeffen,  ben  ftrategifdjen  (Skbanfen  SWoltfe«  wenig  $er« 
ftänbni«  entgegengebracht  unb  bie  friegertfdjen  Erfahrungen  für  bie  Armee 
nidjt  genügenb  nufcbar  gemalt  fjabe. 

3m  leisten  $(auberton  Gilbert  %  be  la  ©orce  bie  $arifer  $or» 
gänge  be«  4.  September  1870:  bie  Aufnahme  ber  9fcadjrtd)t  ber  ©cölacftt 
bon  ©eban  im  Parlament  unb  Sßubltfum,  ben  2lbje&ung«antrag,  bie  ftat« 
toftgfeit  ber  Regierung,  bie  mürbige  Haltung  ber  tfaifertn.  2)af$  ber  Ser« 
faffer  Diele  Quellen  gittert,  madjt  ben  Sluffafc  befonber«  brauchbar  (Corresp. 
10.  3anuar  1805). 

©afton  Sonet*3Raurl):  Histoire  de  la  Liberty  de  Conscience 
en  France  depuis  l'^dit  de  Nantes  jusqu'a  Juillet  1870.  $ari«, 
$.  Hlcan.  1900.  VI,  263  ©.  3>er  »erfaff er  fteü*t  feine  gef djtdjtluften  ©tubien  in 
ben  3)ienft  eine«  prafttfdjen  3mccfe«.  Born  ©tanbpuntt  eine«  ausgeprägt 
liberalen  $roteftanti«mu«  will  er  in  bie  kämpfe  feiner  Seit  eingreifen 
—  er  fdjreibt  in  ben  aufgeregten  Xagen  be«  3)retofu«pro$effe«  —  unb  ber 
fonfeffioneHen  SSerfö^nung  unb  Slufflärung  bienen  burd)  ben  gefdjidjtlidjen 
9*ad)roet«,  bai  bie  ©adje  ber  ©cnriffen«freif)ett,  bie  übrigen«  erft  mit  grunb« 
fä^Ucr)er  Trennung  oon  flirdje  unb  ©taat  fonfequent  burdjgefüljrt  fein 
werbe,  folibarifd)  fei  mit  betn  ftaatltdjen  unb  gefellfdjaftlidjen  ©ebenen 
fjranfreidj«,  wäfjrenb  bie  religiöfe  3ntoleran$,  fei  e«  oon  firdjlidjer  ober 
bon  ftaatlict)er  ©eitc,  fid)  immer  mieber  al«  ber  böfe  öeniu«  gfranfreic^« 
erroiefen  Ijabe.  $em  apologetifdjen  unb  paränettfdjen  ßtoccf  ber  ©djrift 
mu&  man  e«  zugute  galten,  bag  bie  ftarfen  religiöfen  unb  politifdjen  SJlo* 
Übe  ber  bem  Sbeal  be«  SBerfaffer«  miberftrebenben  9Rä*te  ni$t  fo  ob* 
jeftib  geroürbigt  werben,  tüte  mir  e«  in  $eutfdjlanb  in  ber  Schule  Sftanfe« 
gelernt  §abcn,  unb  bog  bie  ©djmierigfeiten,  oon  benen,  mie  jebe  prinzipielle 
Söfung  ber  großen  firdjenpolitifdjen  Srage,  aud)  bie  bom  Söerfaffer  borgefdjla« 
gene  gebrücft  wirb,   bodj  wofjl  unterfdjäfct  werben.    &ür  bie  Orientierung, 


teuere  <0eföid)te.  559 

weniger  aflerbtng«  über  bie  ibeengefdjtdjttidje  @nt»icflung  ber  Srrage,  al« 
über  bie  (Etappen  ber  etnfajtägigen  (filefetgeaung,  bürfte  ba*  SBud)  manchem 
urtfltommen  fein  unb  tuertbotte  S)ienfte  leiften.  P.  Sakmann. 

(Sine  feid)te  Kompilation  au£  englifdjen  unb  amertfanifdjen  Äon« 
fulat&beridjten  unb  ben  lanbläufigfien  ©üdjern  fieHt  SJufimafa  $attorU 
The  foreign  Commerce  of  Japan  since  the  Restoration  1869  — 1900 
(Johns  Hopkins  Univereity  8tndies,  Serie  XXII,  tör.  9—10,  Baltimore 
1904)  bar.  3a))oni(4e  Literatur  ober  Originalberid)te  finb  gar  nidjt  be> 
nu(t,  um  fo  meljr  aber  bte  ttrtifel  ber  Encyclopedia  Britannica  über 
3a£an,  mit  fonfequcnter  falfäer  ©djreibung  be$  tarnen«  itjre*  Hutorft 
5.  Srtaflef.  »Straw-blades«  ftatt  straw-braids  (6.  18  ff.)  ift  ein  3apo- 
ni*mu*. 

&tui  9ö4er:  Rouge,  Fr£de>ic  Schlegel  et  la  genese  dn  ro- 
mantisme  allemand  (1791—1797).    (Bordeaux,   Feret  &  fils.    7,50  fr.) 

—  Chuquet,  La  legion  germanique  (1792 — 1793.)  (Paris,  Chapelot. 
7,50  fr.)  —  <£$.  2K  euer,  ^reufeen*  innere  $o(itif  in  «n*badj  unb  »an« 
Ttut$  in  ben  Sauren  1792—1797.  (öerlin,  «bering.  6  9R.)  —  Höriot 
de  Vroll,  Mämoires  d'un  officier  de  la  garde  royale  (1785—1855.) 
(Paris,  Champion.)  —  De  Plancy,  Souvenirs  du  comte  de  Plancy 
(1798—1816.)  (Paris,  Ollendorff.  7,50fr.)  —  »orlänber,  2Rarj  unb 
Äant.  (Sien,  $ernerftorfer.  1  SR.)  —  $üffer,  2>er  ftrieg  be*  3a$reS 
1799  unb  bie  jroeitc  Koalition.    2.  ((Bc^Iufe  )53b.    (@ot$a,  $ert$e«.  8  9K.) 

—  Stenger,  La  sociöte*  francaise  pendant  le  Consulat.  3.  serie: 
Bonaparte  et  sa  famille.  Le  monde  et  les  salons.  (Paris,  Perrin. 
5  fr.)  —  8auzey,  Les  Allemands  sous  les  aigles  francais.  II:  Le 
contingent  badois.  (Paris,  Chapelot  &  Co.)  —  Baftares  y  Magän, 
Napoleon  I  y  Napoleon  III,  estudio  tystörico  comparativo  entre  el 
primero  y  segundo  Imperio  francds.  (Soria,  Tejero.  4  pes.)  -  Ron- 
nal,  L'esprit  de  la  guerre  moderne.  La  manoeuvre  de  Jena.  £tude 
sur  la  Strategie  de  Napoleon  et  la  Psychologie  militaire  du  5  sept 
au  14  oct  1806.  (Paris,  Chapelot.  10  fr.)  —  Davoust,  Operations 
du  3.  corps  1806—1807.  Rapport.  (Paris,  CalmannLevy.  7,50  fr.)  — 
$of$ Raufen,  93onaparte,  Stjron  unb  bie  »titen.  (JJranffurt  a.  9R., 
SHeftermeg.  6  SR.)  —  Dorm  an,  History  of  British  empire  in  19tn 
Century.  Vol.  2:  1806—25.  (London,  Paul.  12  sh.)  —  Corio,  Mi- 
lano  durante   il  primo  regno  dltalia,  1805—1814.    (Milano,  Agnelli.) 

—  Clement,  Campagne  de  1813.  (Limoges  et  Paris,  Charles-La- 
va uzelle.  10  fr.)  —  Verga,  La  deputazione  dei  collegi  elettorali  del 
regno  dltalia  a  Parigi  nel  1814.  (Milano,  Cogliati.)  —  Nielsen, 
Norge  i  1814.  (Christiania,  Stenersen  &  Co.)  —  Grouard,  Strategie 
napoleonienne.  La  critique  de  la  campagne  de  1815.  (Paris,  Cha- 
pelot.) —  Sorel,  L'Europe  et  la  revolution  francaise.   8*  partie:  La 


560  ftotiften  unb  fflad)ri$ten. 

coalition,  les  traitös  de  1815.  (Paris,  Plon-Nourrit.  8  fr.)  —  $  e  t  e  r  ft , 
SHe  ©egtfinbung  ber  beulten. Weberei  feit  beginn  be3  19.  3a$r$unbert* 
bi*  jur  ©egrünbung  bc§  $eutf<$en  Steid)*.  2.  8b.  föena,  gifdjer.  6 SR.) 
—  Barbä,  ]£tude  historique  des  idäes  aar  la  souverainitö  en  France 
de  1815  ä  1848.  (Paris,  Pichon  et  Durand- Aurias.)  —  Ellesmere, 
Personal  reminiscences  of  the  Duke  of  Wellington.  Ed  by  Alice,. 
Coantess  of  Strafford.  (New  York,  Dutton.  8,50$.)  —  Burghersh, 
Correspondence  with  the  Duke  of  Wellington.  Ed.  by  Lady  Aveigall. 
(New  York,  Dutton.  2,50  $.)  —  Loevinson,  Giuseppe  Garibaldi  e 
la  sna  legione  nello  stato  romano  1848/49.  Parte  II.  (Roma,  Societa 
editrice  Dante  Alighieri.  2,50  fr.)  —  t>.  3wi  ebtnedsSübenfcoift, 
Eeutfdje  ©efdjidjte  t>on  ber  Huftöfung  be3  alten  bt«  jur  ©rritftung  be* 
neuen  Äaiferreic$e8  (1806—1871).  3.  ©anb.  (Stuttgart,  Gotta.  6  SR.)  — 
grfirft  ©ISmard*  ©rteftoedtfel  mit  bem  TOntfter  gr^rn.  t>.  Sd)Ietnt|  1858 
bi8  1861.  (Stuttgart,  (Sotta  9?acf)f.  3  Hl.)  —  $e3  Surften  Otto  t>.  ©i** 
mard  politifdje  SReben.  $iftorifdj*frit.  ©efamtauSg.,  beforgt  bon  $orjt 
ffotf.  13.  u.  14.  (Sd)tu&*)©b.  (Stuttgart,  ©otta  92a^f.  8  u.  6  2R.)  — 
3>ie  lejte  Operation  ber  ftorbarmee  1866.  ©om  13.  VII.  bift  sunt  (Sin» 
tritt  ber  ©affenvu^e.  (SBten,  Seibel  &  So$n.  10  SR.)  —  HaUvy,  Le 
4  septembre  1870.  Seances  dn  Corps  legislatif  et  dn  Sönat  (Paris, 
Daragon.  8  fr.)  —  Rousseau,  Histoire  abregee  de  la  guere  franco- 
allemande  (1870/71.)  (Paris,  Tallandier.  3,50  fr.)  —  Ana,  Les  armees 
de  province  en  1870 — 71.  (Toulouse,  Privat.  8  fr.)  —  Despagnet, 
La  diplomatie  de  la  troisieme  Räpublique  et  le  droit  des  gens.  (Paris, 
Larose.  8  fr.)  —  ©ufdj,  $a$  beutfdje  gro&e  Hauptquartier  unb  bie  ©e* 
tämpfung  t>on  $ari«  im  ftelbjuge  oon  1870—71.  (Stuttgart,  Gotta  SRadtf. 
2  SR.)  —  Stiävenart,  La  defense  nationale.  Souvenirs  de  la  guerre 
1870/71  dans  le  Nord-Est  (Lille,  Lefebvre-Ducrocq.)  —  Ginisty, 
Paris  intime  en  r Evolution  (1871.)  (Paris,  Fasquelle.  3,50  fr.)  — 
Spa$n,  Seo  XIII.  (SRündjen,  Äircfäetm.  4  SR.)  —  Surft  Herbert  Don 
©i3mard«  politifd)e  Sieben.  ©efamtau«g.  t>on  ^enjler.  (Stuttgart,  Spe» 
mann.  79R)—  Sturm^oefel,  8u  Äönig  ©eorg*  ©ebä^tnt«.  (Bres- 
ben, ©aenfdj.  1,50  SR.)  —  Combes  de  Les  trade,  Les  monarchies 
de  l'empire  allemand.  (Paris,  Larose.  12,50  fr.)  —  Cahnet,  La 
question  d'Orient  dans  l'histoire  contemperaine.  (Paris,  Dujarric. 
4  fr.)  —  Bellamy,  La  theologie  catholique  au  XIX©  siecle.  (Paris, 
Beauchesne.) 

penffä*  <£aitbM<tfteiL 

3n  ben  „$iftori|4en  Stubten"  §eft  40  (©erlin  1903)  üeröffentlidjt 
SBilljelm  3)ettmering,  ein  Sattler  @.  ö.  ©eloto«,  bemerfendkoerte 
„Beiträge  jur  älteren  Sunftgefdjidjte  ber  Stabt  Strasburg", 
©elom«  $olemit  gegen  SdjmoflerS  Äuffaffung  be«  mittelalterlichen  Sunft» 


fceutfcfte  Sanbfdjaften.  561 

»efen*  er$ttlt  burd)  biefe  Arbeit  totlHommene  ©tüfrlrnnfte.  $or  allem  »eift 
$ettmering  überjeugeub  nad),  ba&  bie  ©trafjburger  fünfte  nidjt,  tote 
6djmoÜer  meint,  um  bet  ©e»erbegertd)t$barfcit  mitten  begrünbet  toorben  ftnb, 
fonbern  jut  Sereinigung  bet  $anbroerf8genoffen  in  feften  »irtfdjaftltdjen 
Berbttnben  unb  *ur  Unterbrücfung  be3  freien  E&ettbewerb*.  $ie  ©dder* 
junft  §at  ma^rföeiftlid)  in  Ollerer  3cit  überhaupt  feine  OeridjtSbarfeit  be* 
fefien;  bei  ben  übrigen  Sünften  mar  bie  3uri8btttion  burd)  ben  SRagtfirat 
$um  minbeften  ftarf  befdjräntt.  S)er  $erfaffer  geigt  ferner,  bajj  ©djmoQer* 
Annahme,  bie  fünfte  Ratten  fid)  nadj  ber  »eDolution  Don  1332  bi*  in« 
15.  3a$r(unbert  einer  $o$en  Autonomie  erfreut,  nidjt  zutrifft.  SBcniget 
gelungen  fmb  3)ettmertng*  Ausführungen  über  ba«  ©ürgerreebt;  fte  leiben 
namentlich  unter  bem  SRtfjDerftänbni«  bet  ©orte*  „$u**ere".  $er  8er* 
faffer  Derfte^t  barunter  „$äufer",  loftfrenb  in  ©irflt<$feit  „$au*e§re",  b.  $. 
„$au«$alt",  gemeint  ift.  Sagegen  bürfte  ber  nict)t  unwichtige  ttadjmei*, 
bafe  Äonftafeln  unb  patrigifdje  £rinfftubengenoffenfd)aften  Derfdjiebene  Singe 
ftnb,  gelungen  fein.  fcudj  ber  (SrflttrungSDerfud)  ber  v  Diel  umftrittenen 
Skfltiffe  „©cböffel  unb  Amman",  „Ämmanmeifter  unb  @c$öffenmeifter"  Der» 
bient  JBeacfttung.  (Schabe,  bafc  bie  tüchtige  Arbeit  burc$  einige  fatale  $rucf* 
fehler,  bie  audj  am  ©djluffe  nid)t  berichtigt  ftnb,  entftettt  ift.     O.  W. 

3m  3a$rbu$  ber  ®ef.  f.  lot$ringif<&e  ®ef<$.  u.  9Utertum*funbe  15 
fteOt  (S.  aJcüfebed  bie  9lad&rid>ten  über  Soll  unb  Warft  in  3Refr  in  ber 
erften  fcälfte  beft  Mittelalters  ftufammen,  tnbem  er  befonber*  bem  Zolltarif 
Don  1227  öeadjtung  fdjenft;  §uber  unb  $au(u8  fjanbeln  über  bie 
Qeföicftte  ©aargcmttnb*  bi«  jutn  13.  3a$r$unbert,  3.  $.  ftiro}  über 
lot$ringtf$e  ßeprofenfylufer,  92.  dlimtnt  über  bie  Geföicftte  ber  2Refer 
3uben  unter  ber  fran$öftfd)en  §errfd)aft;  ©.  SB  ol  fr  am  Deröffentlio}t 
31  $apftur!unben  beft  Wttfrx  ©ejirte*  unb  @pttatard)tD*  au*  ben  Sauren 
1123—1197,  beren  Angaben  in  einem  fleinen  Sluffafr  über  bie  %mt**eit 
unb  Reihenfolge  ber  öiftWfe  unter  Äaifer  3friebrtd)  I.  ftum  Seif  bereit« 
bet  Srorfdjung  bienftbar  gemalt  werben;  $.  93.  Sauerlanb  teilt  eine 
©ittf^rift  be*  URefcer  Offoiat*  an  $apfi  Urban  V.  (1863)  mit,  in  ber  in 
eftrenber  SBetfe  ber  ße$rtätigfeit  be*  Setter«  ber  «Rejet  Somfcftufe  gebaut 
mitb;  9R.  {(amm  madjt  auf  &ioei  $amp$lete  über  ftarl  IV.  Don  8ot$* 
ringen  aufmerffam.  Ginen  nidjt  unwichtigen  Seitrag  jur  Meter  (Befdjtcbte 
im  geitolter  ber  SReoolution  enthält  enbtid)  bie  umfangreiche  Arbeit  Don 
$.  fieftpranb:  ]£lection  du  däpute'  direct  et  cahier  du  tiers  Itat  de 
la  ville  de  Metz,  in  ber  u.  ct.  jwei  (Saniert  Dom  April  unb  Cftober  1789 
jum  ttbbrurf  gebraut  »erben. 

3n  einer  118  (Seiten  umfaffenben  64rift  be^anbelt  fi.  JR ot if 4 üb 
OBetlin  1904)  bie  ©dpdfale  ber  Subengemeinben  ^u  Mainj,  Speyer  unb 
®orm*  1349—1438.  3)er  »erfaffer  (Alt  p*  **M  «**t  frei  Don  ein» 
fettiger  tluffaffung,  unb  et  empfiehlt  p^  bie  entfpredjenben  Don  i^m  nia^t 

tiftotiftft*  Reitff&Tift  (Bb.  94)  9t.  ff.  ©b.  LVIIL  36 


3o3 


^tuny«!   mtik  ^Qi^ri^ftt^i- 


^tttiiffKtttt^tctt  ^!?,dtnttte  bis  ^frnM*  #edi.  X  rasa»  ^fiftirfüitttr   6b*  C 

UÄ>  *f.N  »u.  3rrjiinffrsts  ^Buiu  £  <Ättc  ».J?  Jtt  *tBe%nflHir 

Jwt  x*i&it»  «utJt  )ntt3  Sun  *w  SBSccbflL  ti  znc  amr 

Htntitttn  jtUifltmrnrct*  3»;irtwwi  £^3t-ncQ&iaicr3iifi 

ärflÄtti  'v   ti  ^ut  .ttmtt  an$ttttc?*cid.   and   ^  Iiwt  ^■nxr   ftMcta 

3vM«t  ^?*r*\u»rr  ittriir  n  >uk!u*  iÜntc  aui^ujumr  fcnux   äc  vi  ib$ 

3tr   iirc4  4UmiJ*^g**y*  aaegfaae  ja«"*,  ti  gmia.    JTuffwuiiima  ir 

rat  3tr  ^t^Kocnsnr  £.  «MjS.    „Ihr  MüäBamq^apnnü  T*r  x« 

35fcufet~tr  *«r  iru:  itni  ^19  >*-t  totHcb  and  min  saar  *Tca  2 

£tmmtd  41t  5*r  «»    te  inttr- 

ÄnUantm^rn.  ^cntxr  ^r  fcv:c  3»  Smzrcmts  ss  ta»  jk  z 

x*  "*    yHt  ^t  Staate*  *  *  Ät  3^äet  Jt  Tztmr  aeö  : 

v^Rä^rcAtt    soest    urC1    tttit    .IK3S    Äff    ^u»    ;Ilä 

•»rt'x*  t-.it    :*  3t?arr*>    Jar  rtüDnr-  3»  Sias  ü 

«•£    T«t    ttr    r^r 

«cfcus^r  cttrttft    wä.  Ssnfitsjr   1  r.^cn    ws 


«•^t    i-.tR    -^-r    ss    ^nirrr:    irrst     y^rsfg    aa 

«ri    >:     -  -.r-it  S*  TTaacsr»    r    er  sti-ä  ru.^2   »   > 

s^     £:*--•. -v     —-Tim      5*  -.rr     ~     -rc    ,. 

1.  tr-.     f~z  :•  -^n     *     ^    i-  *n      ^.jtu::i;.    Tü*=    a»   Ära: 

ti     *C*ir-  •    .r    Nt'ir  .-     t--     rr;,Ä      s-  ^ — t     aan; 


-Trtac 


Deutfcbe  Sonbfäaften.  563 

rtgfeiten,  auf  meldje  ber  Äönig  mangels  einer  grö&eren  $auftmad)t  unb 
namentlich  infolge  feine«  öerfebiten  Romauge*  frie&.  Der  Verfaffer  aeigt, 
mit  ferner  e$  i$m  angeftd)t*  be£  reoolution&ren  Urfprungft  feiner  fönig« 
lieben  (Bemalt  mürbe,  bie  ttnerfennung  ber  mifstrauifdjen  ©täbte  ju  er- 
langen, toie  namentlich  bie  alte  ÄrönungSftabt  ttadpn  it)m  mit  Erfolg 
längere  Saljre  ^inbureb.  SBiberfianb  leiftete  unb  nur  unter  für  Ruprecht 
wenig  ehrenvollen  öebtngungcn  auf  feine  Seite  trat  Die  ©täbte  gegen 
bie  opponterenben  dürften  auftgufpielen,  ^at  StupreaV  nidjt  öerfudjt,  biet* 
met)r  burd)  ungefdjicfte  $olitit  aud)  fic  in  bie  Oppofition  getrieben,     n. 

3m  8.  $eft  ber  „Mitteilungen  ber  ^reufufdjen  Ärd)looer»oaltung" 
(S«ipaifl#  §trjel)  öerjeicbnet  9ftu$.  ftnipptng  „9Keberr$einifd)e  Ärdjioalien 
in  ber  Hationalbibltot&ef  unb  im  SRationalardjiD  *u  $ori*".  8ur  #eit 
ber  franjöfifaVn  fcerrfdjaft  ftn&  eine  gröfjere  8*1)1  öon  rbeinifeben,  nament- 
lich Kölner  Stift**  unb  ftlofterurtunben,  barunter  manage  mit  mertö  ollen 
Miniaturen,  in  bie  $arifer  SfcationalbibliotSet  überführt  toorben;  l§re  Sie* 
geften  bilben  ben  erften  fcauptteil  ber  Veröffentlichung ;  ^inju  treten  Äu*« 
jüge  au«  Urfunben  unb  $anbfd)riften,  meldte  in  geringerem  SJcafee  bie 
nieberrl)einifd)en  Bedienungen  ju  3rranlreid)  unb  Courtagen,  indbefonbere 
ben  Streit  jwifdjen  Äbolf  Don  Verg  unb  Äarl  oon  ßottjringen  1421/22, 
nriberfpiegeln,  in  tljrer  grö&eren  3a&*  ö&er  Dur$  gelegentlichen  (Srtoerb 
in  ben  Vejty  ber  ©ibliot^el  gefommen  fein  mögen.  Der  ftaebbruef  ber 
$ublifation  Hegt,  foweit  ba«  National ara^io  in  Sfrage  fommt,  auf  bem 
Überblicf  über  bie  Hften  be*  @taat*fefretariat*  beS  @roffter$ogtum*  ©erg, 
m&brenb  bie  Elften  ber  ber  fronjöfifdjen  ftepubltt  einverleibten  beiben  lintt* 
rbeinifdjen  Departement«  SRoer  unb  9tt)ein^ofeI  au«  ben  oerfebiebenen 
VHnifterien  aufammengefudjt  »erben  muffen.  Der  pteufeifdjen  Ärd)iooer* 
maltung  gebührt  ber  Danl  für  ben  Vuffa^lug  unb  9?act)roei$  biefer  ent- 
fernten Quellen  jur  rt)einifclc)en  ©efc^idjte.  K. 

JJelir.  o.  ©gröber,  Die  Verlegung  ber  ©ücbermeffe  oon  grantfurt 
a.  SÄ.  nacb  ßeipjig  (Volf8toirtfd)aftlicb,e  unb  wirtfdjaft*gefcbicbtlic$e  Hb« 
fjanblungen,  fjerauÄgegeben  oon  2B.  ©tieba.  9.  $eft.  ßeipjig,  3&t)  &  6d)unt 
1904.  83  ©.)•  gibt  eine  auf  umfafjenbe«  literarifcbe«  unb  ftatiftifaV*  TOate* 
rial  geftüfcte  Unterfudjung  über  bie  ©rünbe,  meiere  jur  Überfteblung  ber 
einft  fo  berühmten  frranffujter  öüdjermeffe  nad)  2cipjig  führten.  Die 
fcaupturfadje,  freiließ  nieftt  bie  einzige,  für  ben  Serfall  ber  JJranffurter 
(Einrichtung  erblicft  ber  Vcrfaffer  in  ber  3e>tfuttötigfeit  ber  £oijerlld)en 
JBücbertommiffion,  beren  Stücfftc^t^loftdfeit  alle«  3Raj$  überftieg.  Die  bei« 
gefügte  überfictylidje  Tabelle  6.  46  läfjt  erfennen,  ba&  feit  bem  3abrjebnt 
1671—1680  ber  ®$n>erpunft  be«  beutfeben  Vucbbanbel«  oon  granfjurt 
nact)  fieipjig  oerrücft  mar,  unb  bag  feitbem  bad  Übergemicbt  2eipjig*  an« 
bauernb  ftieg.  Von  3ntereffe  finb  aueb  bie  labeUeu  über  ba«  Ver^ältni« 
ber  in  lateinifcr)er  unb  ber  in  beutjdjer  Sprache  erfebienenen  Stteratur 
(Sab.  I  @.  28),  ba«  fid)  oon  bem  Verzahnt*  878 :  171  im  3at)re  1565  ^u 

36* 


n»    JML  ar  I«örc  T*BL  jerraa* 
-tatampi»   Üiitmui 
v  Sa* 
Jvs&sx  ml 

ta£   ar    flgif  zun    äe    ferflaaafc  -Sc    Grfäani 

SüöJitlnlini  <m:^^  IrRr  jrs  ♦tiuri  .Zrtxi  ^iaaCTi  x  Ei  jz^z  be  ter 
jufflKiiii  au  äbmucc  Srb&jjet  ■■§>  jbk  ^yiar  USB  ^aa?  Srf  v  ftfi^ 
irrairiiiniinag  a^yiajthSL 

^»unartflcIntiT-ii   ^^  *«a«p-  sc  £'iim  Sfagfessxj:  S  5 

vc   3C  rt:   -rf    Jamn§    fe:  ^Anrmwt-r  sat 

Saltos  nr  ;T    yu-fcnfes:  *t  ir  imi  ä 

iurt.  »r   »c  J*rnncrxtrr   rtrr  3s£s  Tn:auiir—    Ii'Jtl 

t*::cr4   aar.  ns  ILatTTt^inirc   ^  ^nan^f5 

Sk.;/.t?in|  3^*Ä-  oft  aachs  aa  3tzamss  rn:l:ri 

att^nsnif  nr  Hai  tue:  lanLrrm^'  ir  irr  nrjyc  Sa 

tili1  "TM   am  famSiarq    sag  re 

hsic:  ;d     Jsrr  SB? ifte. si*i sbtjxt.  tc  ixateE  a^ui^i... 

in*  ixndsm.  rsr  ?.~jer  nc  Sfrasimei  Sac  £ee§  x  tnti 
^mnnr  x  Äcr^EXfft  &tt  In.Mr  pc  fc.m'im^  aat  teanl' 
isr^vfiti?  — .— ü  sr?r  asafiafT  XrBTTi^rag-  ^mleiLi  üibiT  aa£  as  «,9tB* 
«uai .usr  *«  ferras  fc  fc^sr^e  *=:  alt:  2fc*üpnc*  19QL.  fc  9a.  2.  $.' 

a.  £tix     12z   £.     i*e    rmtBKna».    im« 

^.T^fTtcnrr  rrun  *ic  cc  im  £t2gil££bbc  &.  « 
Krfii^tsr  £  r=±u?H2.  öcy;::tL:::  SL I  nai  *e  aa#  Dfc»= 
vru±n  Zinr^rr  lgirrwgi^gr.  gfüirrrlst  ^tsEstnsasx  $l  &aaaaaiaergf 
i\:r.  t  fcs  f  fera.  *  £cn:f#:  je  C*r*i*i££  2f«  öl  iauiamueflt 
r:  rri:.:l  ac  loa  d:p.  Ssx  t«s:  fccr.f^a:  ü:  asr  Sfriaüer  oaer  ood) 
mr  :n  Cr::r.i.:hn:  nt  iT»^fiir:  £rartric£:*cm  aat  WfftiBn  3)om- 
artfc*^  xaih±z'.zzr.s+i>  in  irr»ri:  ^  xuatiäülr  Jn  afgiwifarw  OitB^eB 
fir'taftaau  cri^  r;s:t.  zzzzl  nur  rrru:p.:Ä  ?t*rrmcn  3at  1.  £ajrild: 
^I-k  cmichax  2T.r.z.:fbfr  b»  5rr:6crnf;$Ä  aKrarc  anr  aaer  ©tnnb, 
towii^  fefü^rmi.  »^fr.^c1::*»  3?;lTsn:c  rnJ  int!  acr  3^oaürrrtn, 
ist»  (EunuLomni.  Äc^tc  nni  i?.ir:ni.  $*f;fian:c  cr^  Crlfitgaag  ber  3)om* 
berrftiftsUn:  an£  ci:  Süixre  untriTtc:;:.  £or  i  deute!:  über  fcte  fiaattel« 
ainter,  Aar.  ö  übfr  t«  ferrDrrcncr.ÄTfCtc  te*  ^rir.larttd*,  Stop-  4  aber 
tit  BttLur.z  5ä  xnnbiriTrl«  u:  ^:ür;  nr?  ?:«c;£.  5Ht  (femlntnug 
i!*#tfr:   :n  fef.iiou   >t#  9^nnn#  un:  Ja;  U:irrsr*c  ani-  bte  rtfte  (&^ 


$eutf$e  fianbftaften.  566 

Suriod  ift  bafc  1350  oon  14  3>om$erren  9,  1358  tum  13: 5  bed  Streitend 
unhtnbig  maren  (6.  13>  — n. 

S)ie  ©efettfdjaft  für  bie  <&efä>id>te  bed  $roteftantidmud  in  Ofterreid) 
(at  tyr  25)ft$riged  Befte^en  burd)  einen  befonberd  reid)$attigen  unb  um- 
fangreichen »Subiffiumdbanb  1904"  bed  3alpbud)ed  gefeiert.  $ier  fei  nur 
auf  bad  ©idjtigfte  fcingewtefen:  <».  Soefdje  räumt  in  feinem  ttuffa}  über 
„bie  et>angelifo)en  ^ürfiinnen  im  $aufe  $abdburg"  mit  einigen  proteftan* 
tifd)en  £egenben  auf,  indbefonbere  bei  @d)i(berung  ber  ungarifdpn  ädnigin 
unb  festeren  niebeTlänbifc&en  6tatt$alterin  SRarie  (Sdjuxfter  Äarld  V.), 
bie  i$re  Neigung  ju  £ut$er  bod>  i>or  ben  btmaftifcfc^ab&burgiidpn  guter* 
effen  ftetd  jttrüdgefe&t  $at.  —  dbenba  geigt  £oef<fte,  bafc  aud)  $$tltwtne 
fBelfer  feinedmegd  eine  eifrige  Anfängerin  fiutljerd  geaefen  fei.  Süd 
einzige  eoangelifd)  in  ©ort  unb  Zat  gebliebene  babdburgifä>e  ftürftin 
fctflbert  ßoefdje  bie  ©ematyin  bed  öfterretdjifäen  (grtf  erjogd  3<>fcj>$,  $ala» 
bind  t>on  Ungarn,  SRarie  $orotbee  (1800—1855).  „3ur  ©efdtfdjte  ber 
Sieformation  unb  (Gegenreformation  in  3nnerdfterrei^M  t>erbffentüd)t 
2ofert$  einen  bibliogra^if^rritif^en  9tücf61icf  unb  «udfdjau,  ©eile 
berietet  über  eine  Befenntmdfdjrift  ber  6tabt  Stettr  Dom  3a$re  1597. 
3n  bie  fcoleranjjeit  führen  gtoei  arbeiten  Sfaldfbd:  „8ur  BorgefdjicSte 
ber  eüanget.*tbeo(og.  ßefjranftalt"  in  ©ien,  für  bie  ber  $lan  bereit*  un* 
mittelbar  im  3ufammen$ang  mit  bem  XoleTan&ebift  oon  1781  auftauet, 
wobei  bie  öfierreid^ifdje  Regierung  ftd)  anertennenb  loual  unb  tolerant 
geigt,  unb  „Slud  bem  ftmtdleben  bed  erften  mä$rifa>fdjlcftfd)en  £o!eran$* 
Guperintenbenten"  Bartelmud  1784 ff.  ßoefdje  publiziert  eine  »$enf* 
fdjrift  über  bie  beabftdjtigte  Befdjränhmg  ber  §reif)eiten  ber  gali&ifayn 
$roteftanten"  oon  1825.  Boffert  ge$t  ber  Unterftüfrung  nadj,  bie  öfter* 
retdj  burdj  Sudler  unb  £e$rer  oon  ber  ebangelifdjen  Stirbt  ©ürttembergd 
bid  1650  erhalten  bat. 

'gitut  Sft&ifrr:  Sdjram,  fcfterreidjifdje  Baufteine  jur  jhiltur-  unb 
@ittengefd)id)te.  (Brunn,  6elbftberlag.  2,50  SR.)  —  o.  Stobt,  Bern  im 
15.  Sabr^unbert.  (Bern,  ftrande.  5  W.)  —  TOcr^,  2)ie  mittelaltetlidjen 
Burganlagen  unb  ©erbauten  bed  Äantond  ftrgau.  1.  fifg.  (Slarau,  Sauer* 
fänber  &  (So.  5  SR.)  —  <£.  gabrtctud,  3Me  Beftfrnal)me  lobend  burdj 
bie  Körner,  [S?euja$rdblätter  ber  babifdjen  biftorifdjen  Äommiffton.  SReue 
golge.  8  ]  (fccibelberg,  ©tnter.  1,20  SR.)  —  $>ad  ffiote  Bud>  ber  Statt 
Ulm.  fcrdg.  oon  ä'ari  SRoÜwo.  [©ürttembergif^e  ©efd)id)tdqueaeu.  8.] 
(Stuttgart,  äoblftammer.  6  SR.)  —  Blätter  &ur  Erinnerung  an  ben  Über» 
gang  ber  <Sd)alfdburgf)errfd)aft  Dom  $aud  3oUem  an  bad  $aud  ©ürttem* 
berg,  ben  3.  «Rooember  1403.  (Balingen,  ©agner.  2,20  SR.)  —  {Jran- 
ji6,  Bauern  jur  SRömer^eit.  (SRegendburg,  Ruftet  6  TO)  —  3«fH, 
^efftfa^ed  Iradjtenbud).  (Harburg,  (Slroertd  Beil.  24  SR.)  —  Salden* 
feiner,  $erfonem  unb  Crtdregifter  &u   ber  SRatrifel  unb  ben  9lnnalen 


566  Xotiaen  irab  Endeten. 

bn  Uitimfitöt  ttatfarg  1527-1652  (Starbina,  Gteetti  SerL 
—  $UU  unb  StrubeuHg,  Abfingt  über  bat  3n$afft  ber 
«rtfet*  bet  9tbew»n*tat  2.  $fc.  &  $eft  Stebfr  Segäte  pat  ± 
(Äftn,  »oijfem.  4».)  —  Äreajberg,  •eW^tftbOber  aa*  ba 
laabt.  O&mn,  $aniktiL  S  «:■  —  Sattgert,  £fc  c»aage&f<Be 
berjaffttag  in  Stbetalanb  «ab  Seftralea  aaift  tbttr  getämfttliifea  fcüaufr 
hiag*  v«ifttiiUb.  ÄrteÖttwaa.  2.50  »0  —  $i»a<i,  tififtiiftlf  9c» 
$tfoaatf  $ttgett»  9tftam  $abexb<raL  ;¥abcrb*ra,  IfarijariafeStsdEczi. 
3  «.*  —  $er«L  $*atelutaaft  gefdrafctüfe  Seife,  $rJg.  o.  tStanec 
1«  $?b»  i  ^d^ctftttt  jux  sttbcxf&^ftf^b-  wcjlfBl  9elf$cteBgeT<ftnbic.  i»  90t  1 
Oträo  da»  Rodoipbo  Loagüx  De  Tita,  stträisy  itxiwnbaay  sczxpt»  et 
feboriboa  Hwaaütai  Bascfiii  ^tftfeulliaVaiigcu,  bex  $tjhic.  MamaäSfhm 
K  ^Steföittt/  v9tüit$st,  "Ä>cbettboT7f-  2  Ä-'  —  ^pacctuf,  jjuBHUDerrcfte 
9ti>floit^tdH0te  1.  iL  gemrandbarg,  9ßnum#banaig.  3,50  9.  — 
38$  a  drj  t  e  t ,  CftfrteWanb  astet  best  <Stttjis%  ber  SBaYboiitaitbcc.  ^fnrnfi, 
^remaita.  Q,t>U  ^flt;  —  Sello,  Yiittfecme  Rnlamfi  Bgwrwnwm.  $tSBtn. 
Stafette.  4  *9L  —  3$elf<&ttet,  Sabttttgöbaig  nt  jobs  3*iftr Suabf  Ttwi. 
l£ttbari$*fearg,  Aigaet.  3,50  Ä,  —  ö.  3Jtcit.  $az  tfkfibidiu.  and  Uryrr 
be*  Sasbe*  £aber.  ^teilui.  Saaaiex.  3  t.  -  ftalbecg,  gnaiana  na 
Stiege  bt*  3aürt4  1520.  J9namäbecg,  SaaiiHaitL  4  «.;  —  «oöbe. 
9htolau*  fornamami  aafr  äie  Sefocntatum  in  SetfaiL.  ^tetjaöräblfitter  aa$ 
&nbatt  2.;  $etfaa.  ^fanaans.  1  üt:  —  2:eae.  Xte  iaitteiaUexfiaiea 
§te4)eitbäuter  >tr  Stoma;  5ttdrien.  IfeuiaardfrLättec.  gräg.  ans  ber 
£iftor.  ftonmiifura  r.  &.  $itn>.  ^adjiert.  Ä]  $afle.  geadcL  1  Ä  — 
$eii>ffentiidftiitgen  aa*  taa  nirfitnicftüjL  Xtü^oaimntoe  ^a  Ihedas.  i  9a. 
1  Xt. :  SfcfüanomWxridite  bet  £iü$eje  9r»laa.  luBibiatuaat  CfettctB. 
L  IU  $i*g-  mm  3ungm$.  ,«T»üitt,  ilöeriiniv  31  f.,  —  Codas 
äipioujüQcut»-  dt  epiötüian*  rogm  Boäemiae.  Ed.  Fnetirich.  Taaä  I 
fauc.  t.  Ura^  Ktonat  T  2R.  —  ^:::t..  £re  Ämm  :a  Snaj  «ar 
je«t  5hiCcir^  IL     .^ca^  itiimac.     5  "Ä., 


?*e    nucr't?   Ser'i'aaluni    5 ■: u.r ;  3 e r    ö "t 0 rr f er  atia,    not 

^ot«"igi   Chitin   '.*<■♦>  •:-.:f,::C«ii. 

-£*   <  0  m  •«  • :?    ;  .1  -    teuere    ^  t  •  3 :  3 :  c   C  ;t * rr  •  ♦  ai*   Seit 

.i:i:<r  ^'ti  ^*ci»  v-  ^i*  ^v,nt  rrsrr.%  iteatcn'irs  :ci  31.  CTtooer  13Wr 
•Sie  ^o-fiii'uuiiKu.ii;  n  i^fi  ic.  Z'e  *t'oi'jj«  :cr  Cr^anijattoit  5er 
ji.entiaji'-jtii  ^^i'itüijti't'ii.Mi'u  2mi  tu 3  -^!n  i^Cc  T-ti^tcr«  irerfdtneaar 
;u  ^••ih:  ;«.  ..*i.  on  :tr  «Um«  ..::•;  c  iiiMrerrrsar  teilt  Sr'cram  Jet 
ikanu  rr  ^1  ?t*  .1«  c.i  i*»i.:^t^  ?tr  '•:.:*?.  3*  3-f ;  .  3*r.  ^irraae  Mx^ftana« 
r-  *    a  Au-*  ^t.     tu:  :?c  .'itiiT  jj.  jj  :■*:'„'    an  o-.rtt'JLac  :a:  Sürittter 


Bermifdjte*.  567 

bie  aagcmdnc  Einleitung  beenbet  ©  o  fe  wirb  bemnttdtft  bie  Vorarbeiten  für 
bie  Beitrage  mit  Bauern,  ?faij,  fBürttembcrg  unb  Baben  beginnen.  Bon 
ber  Äorrefponbenj  gerbinanb*  L  nn'rb  junädjft  bie  5amittenforrefj>onbenj 
mit  Hart  V.,  Margarete  *on  9fteber!anb  unb  SRarie  oon  Ungarn  1522 
bi*  1530  r>on  ©.  Bauer  unb  Qoll  herausgegeben  »erben.  92eu  be* 
föloffen  würbe  auf  «ntrag  Äeblia)*,  Bertolte  über  öfterreidjiid)e  $rfoat* 
ardjiöc  al«  „Beridjte  über  Duellenmaterial  $ur  neueren  ©cfdjtdfte  fcfter* 
reid)*"  in  jroanglofer  JJoIge  ju  oeröffentlidjen.  SSeiter  mürbe  befdtfoffeit, 
flberSbcrgcrS  Starfteüung  ber  polittfdjen Begebungen  }urifd)en  „Öfter* 
reidj  unb  ftuftfanb"  in  bie  $ublifationen  ber  ftommijfion  auf&unebmen. 

ftad)  bem  Beriet  be*  Hrcbiobireftor«  Dr.  »  a  g  n  e  r  über  bie  fcifto* 
r if  <t>e  Äommtffion  für  Kaffau  in  ben  3a$«n  1902-1904  fjat  jwar 
leine  $ub(iiation  ausgegeben  werben  tonnen,  bod)  fieljt  bie  Beenbigung 
be*  SRanuffrtyt*  für  bie  Verausgabe  beÄ  (Spfteiner  Sefabudje*  (burd) 
©agner)  $u  ermarten.  3)ie  fteuauftgabe  ber  nur  in  mangelhaftem 
X)mcf  oorliegenben  SRatrilel  ber  $o$en  @dnile  in  $erborn  bat  £ebter, 
bie  Verausgabe  einer  ©efdjidjte  ber  Abtei  9RaTienftatt  ö.2)omaru«  über- 
nommen. 

3n  Stalten  bat  fi$  eine  Bereinigung  gebilbetf  burdj  roeldje  bie  SJort* 
f ü^rung  ber  begonnenen  neuen  unb  oerbefferten  Ausgabe  oon  Sfturatori: 
Reram  italicarum  Scriptöres  unter  ber  Seitung  Oon  ttarbucci  unb  Bittorio 
Sfiorini  gefiebert  ift. 

3)te  Xeolerfdje  tfceologtfcbe  Öefellfdjaft  ju  fcaarlem 
f  d)reibt  bi*  jum  1.  Januar  1907  al*  ?rei*aufgabe  au* :  „SBie  »erhält  ftdj 
ber  <SaIoini*mu*  unferer  Sage  ju  bem  be*  16.  3at)rl^unbert*  cjinjidjtltcb 
feiner  i*el)ren?"  (Sine  in  b°üftnbifdjer,  lateinifeber,  fran&öjtfdjer,  englifdjer 
ober  beutfdjer  Spraye  (jebodj  mit  lateiniidjer  ©cbrtft)  Oerfafjte,  Ooll* 
ft  fi  n  b  i  g  e  Arbeit  roirb  eocntucll  mit  einer  ©olbenen  ^ebaille  im  ©erte 
üon  400  fi.  gefrönt  unb  gebt  in  bat  Eigentum  ber  ©efeflfebaft  über, 
ftnonmne  arbeiten  mit  üerftcgeltem  9famen*&ettet  unb  2)enffprud)  finb  gu 
rieten  an:  Fundatiehuis  van  wijlen  ten  Heer  P.  Teyler  van  der 
Hülst,  te  Haarlem. 

Um  13.  Hooember  1904  (tarb  in  $ari*  fcenri  ©allon  im  «Her 
Oon  faft  92  Sauren,  ftönbiger  Sefreta'r  ber  Acadämie  des  inecriptions 
et  belles-lettres  in  $ari*,  Berfaffer  oerfdjiebener,  ein  toenig  ju  nad^ftdj« 
tiger  reöolutionSgcfdji^tlid^er  ©tubien  über  ben  Xerreut  unb  bie  ©efcbidjte 
be*  fReOolution*tribunal*  oon  $arid. 

ihir^Iicb  öerfiarben  ber  frühere  3)ireftor  be*  tfgl.  ©crimen  $au*« 
itnb  6taat*ar<bio*  &u  Stuttgart  Dr.  Äuguft  o.  ©djlo&bcrger  im  Älter 
Oon  77  Sabren,  ber  fid)  aufeer  burd>  Arbeiten  über  5d}iHer  in*befonbere 
burd)  bie  $ublitation  be*  atoeibanbtgen  Briefroecbfel*  ber  Königin  Äat Ma- 
rina oon  SBefifalcn  (Serdme*  ©attin)  unb  Napoleon«  mit  König  {Jriebricb 


564  ^otijcn  unb  Kadjrtdjten. 

270 :  1061  im  3a$re  1765  berftfob,  bie  XabeHen  über  bie  fat$olif*e  unb 
eoangelifdje  t^cologifdje  Siteratur,  über  bie  3<*W  &cr  *n  beutfdjen  unb 
auswärtigen,  in  füb*  unb  norbbeutfdjen  ©täbten  erfd)ienenen  ©fidjer  u.a.  m., 
Sohlen,  au*  benen  ft$  ni^t  unwichtige  ©djlüffe  jieljen  (offen.  Kn. 

3lu8  ber  Seitfdjrift  ber  Gefellföaft  für  fdjleSroig  ^olftcinifcfie  <*e* 
fdjic^te  ©b.  34  fei  f)ier  neben  famtllengefd)td)tliaVn  Arbeiten  ermahnt  bie 
$ubütation  einiger  ©riefe  bed  trafen  Otto  3oadjim  b.  3Ä  o  Ufe  on  ben 
$olfteinifcftcn  Äanjler  ©rodborff  au«  bem  Sa^re  1830  (jum  Xeil  auf  $rej- 
befdjränfungen  bcjüglidj). 

Hu*  ben  ©eWidjttblättern  für  ©tobt  unb  Sanb  Magbeburg  39,  2 
erwähnen  mir  ljier  gfürfen*  Wuffafc  über  „fturfadjfen  unb  ©rofjfalje", 
b.  I).  bie  Pflege  be£  burdjauS  aufammengefcörigen  $ol&*  unb  ©al^anbelS 
@ad)fen«  im  17.  3a$r$unbert,  bie  in  einem  150  Qa^re  feftge^altenen  Hon« 
traft  mit  ber  $fännerfa>ft  bon  1665  rulmtniert;  D§iebe3  ßueflennut» 
teilung  über  bie  Überftcblung  ber  franjöfifc^cn  ©emeinbe  Mannheims  naa) 
SRagbeburg  1689  unb  enbltdj  ben  ftaaj»"*  bon9JUn&,  bog  bie  preufcifdje 
{Regierung  auf  ©runb  einer  9tunbfrage  in  ßiffabon,  SNabrtb,  ftopen^agen, 
Ämfterbam  unb  Petersburg  über  bie  ©rmöglidjung  ber  Deportation  für 
preufjifdje  ©erbreefter  1802  in  ber  £at  58  Sträflinge  na$  Sibirien  Der» 
fanbt  Ijat.    ©on  SSieb  er  gelungen  ift  ntdjt«  befannt. 

DaS  Domlapitet  bon  Zeigen  im  Mittelalter,  ©on  Äun&  b.  ©runn 
genannt  b.  ßauffungen.  (Sin  ©eitrag  jur  ©erfaffung*»  unb  ©eroal? 
tung*gefd}id)te  ber  beutfdjen  Domlapitel.  (©onberabbrud  au«  ben  „Mit- 
teilungen beS  ©erein*  für  ©efctfdjte  ber  ©tabt  SHeifeen"  1902,  6.  ©b.  2.  $.) 
Snauguralbiffertation  Seidig.  Zeigen  1902,  Drud  bon  <£.  <£.  ÄlinKcftt 
&  ©ofri.  135  ©.  Die  borliegcnbc,  au3  ber  ©djulc  ©erwarb  ©eeltgcr* 
hervorgegangene  Differtation  rei$t  ftd)  an  bie  $b$anblung  91.  ©radmannd 
über  bat  fcalbcrftäbter  Domfapitel  (^ar^eitf^rift  321)  unb  bie  baft  D«na* 
brüder  Domfiift  betreffenben  ge^altboHen  ©emerhingen  #.  ©pangenbergä 
(3Ättt.  b.  ©er.  f.  ©cfd).  "•  SanbeSI.  ju  OSnabrüd  25)  an.  fcauptqueBe 
ift  natürlid)  ber  Cod.  dipl.  Saz^  reg. ;  baneben  ift  ber  ©erfaffeT  aber  aua) 
auf  bie  Originalarten  im  DreSbener  $auptftaat8ardjib  unb  Meißener  Dom- 
ardjib  gurfidgegangen.  Die  Arbeit  ift  innerhalb  ber  gezogenen  (Strengen 
anfdjeinenb  erfdjöpfenb,  genau  unb  bor&üglid)  biöponiert.  3m  1.  Kapitel: 
„Die  einzelnen  2Kitglteber  be*  Domlapttel«"  »erben  mir  über  ©tanb, 
Än$a$l,  SBeiljegrab,  toiffenfdjaftlidje  ©ilbung  unb  Xitel  ber  Domherren, 
iljre  (Einnahmen,  9Red)tc  unb  $flid)ten,  ©efefcung  unb  (Srlebigitng  ber  Dom* 
$errenfieHcn  unb  bie  ©ifare  unterrichtet.  flap.  2  Rubelt  über  bie  Äapitel* 
ämter,  Aap.  3  über  bie  ÄorporattonSredite  be«  DomfapttelÄ,  Aap.  4  über 
bie  ©teilung  be*  DomfapitelS  ju  ©ifdjof  unb  Diöjefe.  Die  Einleitung 
ffijjiert  bie  Öeföidjte  be9  ©i*tum«  unb  ben  Urfprung  unb  bie  erfte  <5nt* 
uudlung  ber  Domfapitel  im  allgemeinen  unb  fpe&iell  bed  Meißener.  — 


5)eutfdjc  Sanbfdjaften.  566 

ftnrioft  ift,  ba&  1350  bon  14  3) om Ferren  9,  1358  Don  13:  5  bed  Schreiben* 
unhmbig  toaxtn  (6.  13).  — n. 

SHe  GefeÜfdKift  für  bie  ©efdjidjte  be*  $roteftanti*mu«  in  ©fierretd) 
bat  i$r  25  jährige«  ©cfie^en  burd)  einen  befonberS  reichhaltigen  unb  um« 
fangreidjen  „SubitäumGbanb  1904"  be£  Sabrbudje«  gefeiert,  $ier  fei  nur 
auf  ba*  Stdjtigfte  bingemiefen :  <&.  ßoefebe  räumt  in  feinem  «uffafc  über 
„bie  et>angelifd)en  SJürftinnen  int  $aufe  $ab8burg"  mit  einigen  proteftan* 
tifdjen  Segenben  auf,  tndbefonbere  bei  Säuberung  ber  ungarifeben  Königin 
unb  tyäteren  nieberlänbifd)en  @tatt$alterin  SRarte  (@a)tuefter  Starl*  V.), 
bie  i$re  Neigung  ju  Sut^er  bod)  oor  ben  bmtaftif(fcbab6burgifd)en  Snter» 
efien  ftet«  jurüdgefe&t  bat.  —  (Sbenba  jeigt  ßoeftbe,  bafe  aud)  $$iltw>ine 
«Beifer  tetnetoeg*  eine  eifrige  »nbängertn  Sutber*  gemefen  fei.  %ld 
einzige  eöangelifcb  in  ©ort  unb  Sat  gebliebene  bßbGburgifdje  ftürfttn 
fdjilbert  ßoefdje  bie  ©ema$tin  be«  öfierreid>tfd>en  fcrtferaog*  3ofcj>b,  $a(a* 
bind  Don  Ungarn,  2Rarie  $orotbee  (1800—1855).  „3ur  ©efdtfdjte  ber 
Deformation  unb  Gegenreformation  in  3nneröfterreidj"  Veröffentlicht 
£ofert$  einen  bibliogra^if^fritifc^en  ffiüdblttf  unb  3u9fä)au,  ©eile 
berietet  über  eine  ©efenntni*fdjrift  ber  Stabt  Steljr  nom  3abre  1597. 
3n  bie  Xoleran^eit  führen  jtrei  arbeiten  6fal«fpfi:  „8ur  ©orgefebiebte 
her  eoange(.*tbeo(og.  ßebranfialt"  in  ©ien,  für  bie  ber  $lan  bereits  un- 
mittelbar im  3ufammen$ang  mit  bem  Xoleran&ebitt  bon  1781  auftaucht, 
wobei  bie  öfierreidjtfdje  Regierung  fid)  anertennenb  loi^al  unb  tolerant 
&eigt,  unb  „ÄuS  bem  Ämtdieben  be$  erften  mä^rtfc^*fct)lefifc^en  £oleran$s 
©ujjertntenbenten*  ©artelmu«  1784  ff.  ßoefebe  Jmblijiert  eine  „Senf* 
febrift  über  bie  beabfic^tigte  ©efdjränfung  ber  8fretbetten  ber  galtaifdjen 
?roteftanten*  Don  1825.  ©offert  gebt  ber  Unterftüfrung  nadj,  blc  ßfter* 
Teicb  bureb  ©ütber  unb  fie^rer  Don  ber  eDangclifdjen  Stirbt  Württemberg* 
bi«  1650  erbalten  bat. 

*gUut  Sftiifrr:  ©ebram,  Öftcrrcidjifcbe  ©aufieine  jur  jhiltur-  unb 
©ittengeföidjte.  (©rünn,  SelbflDerlag.  2,50  SR.)  —  b.  Stobt,  ©ern  im 
15.  Sabtbunbert.  (©ern,  Srande.  5  9Jc.)  —  SÄeri,  3)te  mittelalterlichen 
©urganlagen  unb  ©erbauten  be«  ÄantonS  ttrgau.  1.  Sfg.  (Slarau,  Sauer* 
fänber  &  So.  6  SR.)  —  <£.  Sabrtciu«,  5)ie  ©efifcnabme  ©oben«  burd) 
bie  Körner.  [?Reujabr*blfitter  ber  babifeben  btftorifdjen  Äommiffton.  SReue 
Solge.  8.]  (fcctbelberg,  ©intcr.  1,20  9W.)  —  3)a*  ttote  ©ueb  ber  Stobt 
Ulm.  $r«g.  Don  tfarl  2RolItt>o.  [©ürttembergifebe  ©efcbid)t*queUen.  8.] 
(©tuttgart,  floblbammer.  6  SR.)  —  ©lütter  jur  Erinnerung  an  ben  Über» 
gang  ber  <Sd)alf«burgberrf(baft  &om  $aut  gottern  an  ba«  $auä  ©ürttem« 
berg,  ben  3.  SRoDember  1403.  (©alingen,  ©agner.  2,20  SR.)  —  JJran. 
*i&,  ©anern  jur  SRömcr^eit.  (SRegenSburg,  Ruftet.  6  9R.)  —  3 u f t i # 
^efpf*e«  fcraebtenbueb.  («Warburg,  (Slroert*  ©erl.  24  2R.)  —  {Jalden* 
feiner,  $erfonem  unb  Crtfregifter  ^u   ber  TOatrifel  unb  ben  ttnnalen 


566  Hotten  unb  SRadjridjten. 

bcr  Unitoerfität  Warburg  1527-1652.  («Marburg,  (lltocrt*  »ert.  7  SR.) 
—  Jille  unb  Äruberoig,  Überfielt  über  ben  9ftu)alt  bcr  fldneren 
«rdjioe  ber  g^cinprobinj.  2.  53b.  3.  ©cft.  SRebft  föegifter  $um  2.  Sbe. 
(ßöln,  »oifferte.  4  9R.)  —  Äreu$berg,  ©ef<tydjt*bilber  au*  bem  9tyein- 
lanbe.  (Sonn,  fcanftein.  3  SR.)  —  Süttgert,  $ie  ebangelifd)e  Äirdjen* 
üerfaffung  in  Sftyeinlanb  unb  SBeftfalen  nadj  ifjrer  gefdtfdjtlidjen  (Sntnrid« 
lung.  (©üter*lo$,  Sertefömann.  2,50  2R.)  —  $öünd,  (Befaßte  be* 
$efanat*  ©icgen,  ©i*tum  ^aberborn.  ($aberborn,  ©onifaciu**$ruderei. 
3  SR.)  —  $erm.  fcamelmann*  gefdjid)tU($e  SBerfe.  $r*g.  b.  f  Germer. 
1.  83b.:  ©Triften  *ur  nieberfft^fifd^wcftfal.  ©ele$rtengcfc$id>te.  2.  $eft: 
Oratio  de  Rodolpho  Langio.  De  vita,  etudiis,  itineribue,  ecriptia  et 
laboribus  Hermanni  Buschii.  [Seröffenttidjungen  ber  $iftor.  ftommifjton 
f.  SBefifalen.]  (fünfter,  flfäenborff.  2  SR.)  —  fcacctu«,  fcannoberfdje 
3Rifflon*gefditdjte.  1.  XL  ($ermann*burg,  3Riffton*ftanbIg.  2,80  SR.)  — 
2Bad)ter,  Ofifrie*!anb  unter  bem  (gtnffofc  ber  SRadjbaridnber.  (Äurid), 
grtemann.  0,60  SR.)  —  S  e  1 1  o ,  Vindiciae  Ralandi  Bremeneis.  ($remen, 
SWfeler.  4  SR.)  —  »elfdjner,  Subtoig*burg  in  §toei  3a$rt>unberten. 
(Subimg*burg,  Eigner.  3,50  TO.)  —  t>.  3>ieftr  £ur  C»efäid)te  unb  Urjcit 
be*  ßanbe*  $aber.  ((Stettin,  (Saunier.  3  3R.)  —  Äolberg,  (£rmlanb  im 
Kriege  be*  3a$rc*  1520.  (93raun*berg,  Stublotrtti.  4  9R.)  —  ©obbe, 
üRttolau*  §au*mann  unb  bie  Deformation  in  $effau.  [$Reujat)r*btötter  au* 
Anwalt.  2.]  ($ef[au,  Saumann.  18R.)  —  ßiebe,  2>ie  mittelalterlichen 
Siedjentjftufer  ber  $robinj  @ad)fen.  ßßeuja$r*btötter.  $r*g.  Don  ber 
fctftor.  Äommiffton  f.  b.  $rob.  Saaten.  29.]  (fcatte.  fcenbel.  1  SR.)  — 
$erbffentlid>ungen  au*  bem  fürftbifdjöfl.  $>iöaefanardnbe  &u  örc*lau.  2. 83b. 
1.  XI:  Sifttatfonfiberidjte  ber  SHöjefe  öre*lau.  Hrdjibialonat  Oppeln. 
1.  XL  $r*g.  t>on  Sungni^.  (©re*lau,  Überhol*.  20  SR.)  —  Codex 
diplomaticus  et  epistolaris  regni  Bohemiae.  Ed.  Friedrich.  Tomi  I 
faac.  1.  (Sßrag,  Äiondc.  1  SR.)  —  <£$totil,  $te  fiunft  in  $rag  *ur 
Seit  ffiubolf*  II.    ($rag,  ftiimac.    5  SR.) 

^ermififies. 

2>ie  nädjfte  Serfammlung  beutfdjer  $iftorifer  nrirb,  mie 
jefct  feftftety,  nidjt  in  3ena,  fonbern  in  Stuttgart  unter  @.  ö.  Selom* 
Sorfifr  Aftern  1906  ftattpnben. 

$ie  Äommiffion  für  neuere  ©efdjicfcte  Öfterrei**  tyeit 
unter  bem  Sorfifr  be*  ¥rtn$en  ftranj  öietyenftein  am  81.  Oftober  1904 
tyre  SoOoerfammlung  in  38ien  ab.  3)ie  ©efdjidjte  ber  Organtfation  ber 
öfterreidjifdjen  Sentralberroaltung  $at  nad)  bem  Xobe  Redner*  &retfd)mai)r 
ju  (Enbe  geführt.  3n  ber  Abteilung  @taat*bertrfige  ftcflt  $ribram  ba* 
SWanuffript  be*  erften  ©anbe*  ber  öfterrei^ifd)*cnglif^en  »ertrage  in  3a$re*« 
frift  in  ?lu*fia)t.  &ür  bie  öfterreidjif^^fransdrtf^eu  Verträge  $at  @*iitter 


S3ermif<bteS.  567 

bie  allgemeine  Einleitung  beenbet.  ®  o  &  wirb  bemn&dtft  bie  Vorarbeiten  für 
bie  Verträge  mit  ©anern,  ?falg,  Württemberg  unb  ©aben  beginnen.  Von 
ber  Äorrefoonbenj  fJerbinanbS  I.  wirb  *unäd)ft  bie  §amtHenforretyonbenft 
mit  Äarl  V.,  Margarete  Don  SWeberlanb  unb  SRarie  Don  Ungarn  1522 
bis  1530  Don  2B.  Sauer  unb  ©oll  herausgegeben  »erben.  9*eu  be* 
f^loffen  würbe  auf  Antrag  ffieblicbS,  ©cridjte  über  öfierreid)i|<be  ?rioat* 
ardjtbe  als  „SBeTidjte  über  OueHenmaterial  $ur  neueren  ©efdjidjte  öfter* 
reid)S"  in  jwanglofer  JJoIge  ju  Deröffentlidjen.  SBeiter  würbe  befdjloffen, 
flberSbergerS  S)arfteüung  ber  }>olitifd)en  Schiebungen  &wtfdjen  „Öfter* 
retd)  unb  föufjlanb"  in  bie  $ubli!ationen  ber  Äommijfion  aufeunebmen. 

9lad)  bem  ©erlaßt  beS  «rcbtDbireftorS  Dr.  Sag n er  über  bie  fcifto* 
rifdje  ffommiffion  für  Maffau  in  ben  Sauren  1902-1904  fjat  jmar 
leine  Sßubfifation  ausgegeben  werben  tonnen,  bod)  ftefjt  bie  ©eenbigung 
beS  «DcanuffrtytS  für  bie  Verausgabe  beS  (gpfteincr  ßefabudjeS  (bureb 
fBagner)  ju  erwarten.  $ie  WeuauSgabe  ber  nur  in  mangelhaftem 
$)rud  Dorliegenben  SRatrifel  ber  &o$en  @djule  in  &erborn  (at  £ebler, 
bie  Verausgabe  einer  ©efdjidjte  ber  Abtei  SRarienfiatt  t>.  3)omaruS  über* 
nommen* 

3n  Italien  bat  ftdj  eine  Vereinigung  gebilbet,  burdj  weldje  bie  gort- 
fü^rung  ber  begonnenen  neuen  unb  Derbefferten  HuSgabe  Don  2Äuratori: 
Reram  italicarum  ScriptAres  unter  ber  Leitung  Don  ttarbucci  unb  Sittorio 
Sfiorini  gefiebert  ift. 

$ie  Xeüierfcbe  tfceotogifdje  Öefellftbaft  ju  $aarlem 
f abreibt  bis  jum  1.  Januar  1907  als  SßrciSaufgabe  auS :  „Sie  oertyüt  fta) 
ber  GalDiniSmuS  unferer  läge  ju  bem  beS  16.  3abrl)unbertS  t)inflcr)tli<6 
feiner  üe^ren?"  (Sine  in  boüÄnbifdjer,  lateinifdjer,  fran$öjtfcber,  englifdjer 
ober  beutfdjer  @j>rad)c  (jebod)  mit  latetnifdjer  ©djrtft)  Derfafjte,  Doli* 
ftfinbige  Arbeit  wirb  eDentueH  mit  einer  ©olbencn  9RebaiHe  im  ©erte 
von  400  fl.  gefrönt  unb  gc$t  in  baS  Eigentum  ber  ©efeflfebaft  über. 
Anonyme  arbeiten  mit  Derfiegeltem  Damensattel  unb  3)enffprudj  ftn&  ju 
rieten  an:  Fundati  eh  uis  van  wijlen  ten  Heer  P.  Teyler  van  der 
Halst,  te  Haarlem. 

&m  13.  «RoDember  1904  ftarb  in  $ariS  §enri  »ailon  im  Älter 
Don  faft  92  3at)ren,  ftänbiger  Sefretär  ber  Acadämie  des  inecriptions 
et  belles-lettres  in  $ariS,  Serfaffer  Derfdtfebener,  ein  wenig  &u  naebfub» 
tiger  rcDolutionSgefdjidjtlicber  ©tubien  über  ben  Xerreur  unb  bie  ©efdjicbte 
beS  9ceoolutionStribunaIS  Don  $ariS. 

itürjlid)  Derftarben  ber  frühere  $>ireftor  beS  ßgl.  ©crimen  fcauS« 
ünb  ©taatSardjtDS  &u  Stuttgart  Dr.  Äuguft  D.  ©djlojjberger  im  Älter 
Don  77  Sauren,  ber  fid)  aufeer  burd)  arbeiten  über  ©djtfler  inSbefonbere 
burd)  bie  Sßublifatt  on  beS  $weibänbigen  ©riefwcdjfelS  ber  Königin  Äat Ma- 
rina oon  ©eftfalen  OerömeS  (Sattin)  unb  RapoleonS  mit  Äönig  <Jriebrid) 


568  Soften  aab  Soiftriajtea. 

D*a  öfirttemberg  Derbieat  genta**  ftat  sab  fßrvfeffjr  $.  £.  Salier  in 
Serben  tat  Hier  Don  €2  Softrea,  da  aller  geenab  aafeicr  3eitjo)rifr  »im 
befiea  «rbftteji  ftirr  fein  (ftoflaabiafte*)  »er!  fiber  btc  gnfftrftnng  ber  Ser= 
eratgten  Staaten  &ouonbi  ia  ber  3dt  »on  1572  bt#  1594  fonrie  bat 
Maaate  imeibonbige  Serf  aber  SKlftefm  HL  Den  Ornaten  aab  Qteorg 
griebria)  Mm  Solbetf  rnftmeab  genannt  fein  nu>gea~ 

Hat  6.  gebmor  ftarb  ia  9co|  bei  Oeograpft  $rofeftor  Sbaarb 
Stifter  tat  Älter  Don  57  Saftrea,  bau  bie  ftrftortjaie  •eogropftie  größten 
D«at  fdjalbet,  Dor  allem  für  boi  Doa  iftai  aaigefteabe  Unterneftmen  bei^Hto* 
tiMta  Krfci  ber  ifteneüftifdjea  Wjtealoaber.  Cr  ftat  bai  <£rfd)rineB  and) 
aar  ber  erftea  Stefemng  ntdjt  meftr  erlebt,  ober  fein  Programm  aab  feint 
Sorarbertea  geigen,  nrie  Dorrrejfliaj  ex  ei  pn  orgonifferea  aab  §a  fanbieren 
Derftonb. 

Dritte  Jebraar  ift  $rofeffor  Sfcaao  Oebftarbt  tat  Älter  oon 
46  Saftren  in  öerfin  geftorbea,  ber  fttft  bara)  ferne  6tabiea  jar  Stefor? 
atationigefdjuftte  (bie  GtroDantiaa  ber  beutfeften  Station  gegea  Äom,  2.  VafL 
1896),  fein  IHuft  über  SBüfteJni  D.  fcumbolbt  ali  Staatsmann  nnb  feine 
Baigabe  ber  polirtfdjea  @<ftriftea  ».  D.  fcnmbolbt*  fonrie  bnrdj  bai  Don 
tftm  fteranigegebene  fcanbbnd)  ber  bentftben  Oefdfidne  einen  gearteten 
Staaten  ali  evjiger  $orfd)er  Brie  oli  ftiftortfefter  6<ftriftfreller  erooeben  ftat. 

Gi  ftarben  ferner:  in  Sien  am  9.  Ottober  1904  ber  @errionirat 
Dr.  ftaxl  ©eftranf,  betannt  bnrdj  feine  |aftlretd)en  Arbeiten  jnr  Siener 
UniDerfitfitigef<ftia)te;  in  grreibnrg  L  Ü.  am  7.  Dttober  ber  ao.  Vrofeffor 
ber  ftedjtigefdjiifcte  Dr.  SB.  SeDec,  Don  bent  bie«  $eft  noeft  einen 
(leinen  Seitrag  bringt;  in  fcatte  a.  6.  am  27.  Dezember  ber  ©ömnaftal* 
btreftor  a.  5).  Gkft-  ftegiernngirat  $rofeffor  Dr.  $ugo  ©olpein,  bent 
mir  eine  Keifte  Don  Arbeiten  }ur  •efdntftte  bei  ftumaminrai  öcrbonlcn; 
)n  Salzburg  am  5.  Sanuar  ber  ttrcftiDbireftor  Dr.  9tiä)arb  Sdjufter  nnb 
ya  B^rbft  enb(id)  ber  frnftere  langjaftrige  Seiter  bei  ftergogt.  Knftaltifcften 
fyaA*  nnb  6taatiard)iDi  Gk$.  %rd)torat  granj  Stinbfger. 

3m  HoDemberfteft  1904  bei  9rannfcftoetgif(ften  9Raga|uti  ntibmet 
^.  3immcrmann  bem  Derftorbenen  Setter  ber  SBolfenbütteler  Sibliotftet 
Otto  D.  $einemann,  einen  mannen  Äacftruf. 


SfHi^ttgittig* 

8.  101  biefei  »anbei  ift  3-  21  d.  o.  ju  lefen:  w teilte  bie  9cene 
©rffifefte  3eitnng-  ftatt  »teilte  fie*;  6.292  3.17:  SRnffatto; 
e.  295  3. 15:  SRinberfteit  ftatt  Vteftrftett;  6.  2%  3.  5  D.  n.:  Siliani. 


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Pill  Wl».  Coup,  ffrljörtt,  fttto  fiiutr,  ß!l<i   firitiffcr,  JI1.ii  fem, 

3t{«.  Kifil«,  fHotib  Kittrt,  fumrab  Btntiilriw,  litl  3rc«rr 

Sricöridi  »tin«fif. 

116 

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"Die  ©riefe  Äönig  Srie&rtd)  ^BiH>elmc> 

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JJrürjten  GeopolÖ  ju  Vn^alM>effau 

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3«  bi              i^räi  icto  'ttuclft>nnMiiiiq. 

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REVUE 

SYNTHESE  HISTORIQU 


!ENRI  BERR 


17  fr 


rtott$fH   um*  gldröriäfrii"  M'ido.fieiirn 

WÄrinMfjnt   Otfiril'flt'ti. 

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5ür|t  dolpnlofye, 

(Beneral  p.  b.  (Bolr 
!RuD.  oon  'Bennigfen: 


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