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Hiftorisch-politifche Slätter
für va6
Eatholifhe Deutfhland.
Des Jahrgangs 1883
Erher Sans.
Hiftorifch-politifche
Blätter
für bas
Eatholifche Deutfchland
herausgegeben
von
Edmund Förg um Frauz Binder.
(Eigentyum der Familie Görres.)
Einundneunzigfter Band.
— BE —
München 1883.
Zn Gommiffion ber Xiterarifch artiftifchen Anftalt.
BTANFORD UNIVERSITY
LIBRARIES
STACKS
pec 111969
Suhaltsverzeichniß.
1. 1882 und 1883 PIE 2)
U. Die Meffias:Crwartungen im Jslamismus
II. Vilder aus den Alpenländern.
1. Aus Nordtyrol
IV, Dreißig Jahre itifcer ee
(Sarbinal Eulen) . Hi
V. Zeitläufe.
Randgloffen zu neueren Berfautbarungen in ber
fociatpolitifgen Discuffion. IM. Die focialspolis
tifhe Schnigeljagd. — „Bis bieder und nicht
weiter.” — Die Arbeiter:, Handwerlss und Bauern-
Frage in ihren Unterfhieben .
VL Zur Naturwifienfchaft des Mittelalters . .
VII. Reifeltteratun >» 00 0 0
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17
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STANFORD UNIVERSITY
LIBRARIES
STACKS
DEC 111969
Suhaltsverzeichniß.
1. 1882 unb 1883 or. .
IL Die Meffias:Grwartungen im J6lamismus
II. Bilder aus den Alpenländern.
II. Aus Nordtyrol
IV. Dreißig Jahre irifcher re
(Sarbinal Gullen)
V. Zeitfäufe.
Randgloffen zu neueren Berlautbarungen in der
fociatpofitifgen Discuffion. II. Die focialspolis
tifhe Schnipeljagd. — „Bis Hieher und nicht
weiter.” — Die Arbeiter«, Handwerle: und Bauern-
Frage in ihren Unterfieden
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Zur Naturwifienjhaft des Mittelalters
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vI
Seite
VID. Zur Regtfertigung ber Philofophie ber Gefdichte
als einer befonderen Wiffenfchaft.
II. Die realen Probleme ber Gefgigte . 89
IK. Die Haus:Kommunionen ber Sübflaven, nament-
til) in Deflerreigelingarn Be RO
X. Das nene italienifhe Parlament . “ > 141
XL Zeitläufe,
Der Anfang bes Jahres 1883 in Paris, Berlin
und Bien u Re see 154
XIT. Nochmals zur Inquifttionsfnge 2. 165
XII. Dionyfius der Areopagite und fein Brief an ben
Apoftel Johannes auf Patmos Fun 173
XIV. Bilder aus den Alpenländern.
III. Rice und Bildung in Tyrol . 185
XV. Zur Marie-Stuart:Frage
(Gädefe. Belfer. Opik. Marcour. Breflau.
Cardauns. Eepp. Forft.) . . Ce) 208
XVL Der Anarhiften = Proceß und bie tepublifanifce
Partei . ED . . . . . 231
XVII. Beitfäufe,
Das liegt in der U? 2
XVII. Umfhau auf bem Gebiete ber fchweizerifen
Gefictsforfgung . te . . . a7
XIX. Diondfins ber Areopagite und fein Brief an ben
Apoftel Johannes auf Patmos (Schluß) . . 257
XX, Zur Rechtfertigung ber Philofophie der Gefhichte
als einer befonderen Wiffenfcaft.
IL. Die realen Probleme ber Gefgicte (Fort) 271
XXL
XXIL
XXI
XIV.
XXVL
XXVIL
XXVIIL
XXIX.
XXX.
XXAL
XXX.
XXXI
Die deutfchen Bollandiften % e
Socialwiffenfgaftlihe Literatur.
(Litienjeld. Bärenbadh. Cathrein.) .
Zeitläufe.
Die franzöifche Republik in taufend Aengften .
Nachwort über Hermann Kuhn’s Bud. . .
Umfgau auf dem Gebiete ber fehrweizerifchen
Geihigtsforfgung (Fortfegung) - .
Der Raifer im Vorarlberg ir
Zur Rechtfertigung der Rhilojophie der Gefhichte
als einer befonderen Wiffenfhaft (Schluß) .
Das erjte Lufirum im Pontififat Leo’s XIIT.
Zum Anbenfen bes 20. Gebruar unb 3. März 1878
Zur handelspolitiigen Lage Frankriihs . .
Gambetta, Heer und Repubtit in Franfreih .
Aus bem jüngiten Ztalien.
Natur: und Eittenbilder von Sebajtian Qrunner
Der teligions + philofophifgge Rüdtak des ar
teften Leo don Klenze Na .
Zur Miffionsgefgichte Afrikas Pe
Zur Agrarfrage Pr a EX . .
VL
Seite
292
301
313
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327
333
337
363
387
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415
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XLII.
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XLIV.
Siztus IV. und die Republif Zlorenz
Aus dem jüngften Italien.
Naturs und Sittenbilder von Sebaflian Brunner
Su.»
Zeitläufe.
Die irenifhe Monatsfgrift „Ut omnes unum“
und bie Anderen 2. 2 2
Umfgau auf bem Gebiete ber jweizerifhen Ges
Ihitsforfgung (Schluß) .
Die franzöfifhe Revolution in As aaa
gen zur Gegenwart . . .
Ueber Episcopus vocatus
Breußifge Rirhenpolitit von 1747 bis 1757
Die Folgen der MRS Sumaueiling in
Franfreih . a
Zeitläufe,
Die Qudget:Berhandlungen im Beuelaen Sands
tag: 1. Der Gulturfampf . .
Neue Beiträge zur Urkundenlehre.
(8. d. Buchwald)
Eins und Ausfihten.
Parlamentarifes aus Defterreih
Seite
468
476
487
502%
529
542
565
581
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XLV.
XLVI.
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XLVIIL
XLIX.
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LIV.
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LVI.
LVII.
Preußifge Kirhenpolitit von 1747 bis 1757
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Peter Reichenfperger’s Barlaments-Erfebniffe von
1848 . . . . . . . .
Studien aus dem Benebiktiners- Orden . .
Bibliothek der Linder und Völkerkunde.
1. Raulen’s Affyrien und Babylonien . .
Marquis von Favras . & . . .
Beitläufe,
Die Bubget-Verhandfungen im preußifchen Land:
tag: IL Der „Staatsfocialismug" . B
Haffner’s phifofopgifge Grundlinien. . -
Von Rom nad Ajfifi und Portiunculae . .
Micelangelo’s jüngites Gericht Per Ta }
Der Sieg des Freipanbels in der norbamerifas
nifgen Union ee
Das Beden des Mittelmeeres
Gejtändniffe Laveleye's, des Nationalölononen
Berge ha Re ae Kan
Voetifes.
I. Gebigte von . I.B.Diel . . .
IX
608
622
630
641
649
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733
Seite
LVII. Die Heiftlige Grau re 738
LIX. Micelangelo's jüngfes Geriht (Schluß) . . TA
LX. Bon Rom nad Affifi und Portinncula (Fortf,) 736
LXI. Zwei neue Converfionsfäriften.
(5. Evers. 2. v. Hammerflein.) du p 778
LXI. Dr. Rapinger über das Banernprogramm Weir
land des Grafen Ludwig von ArcosBinneberg . 788
LXIM. eitläufe.
Innerhalb und außerhalb bes Deutjhen Reiches
tags. I. Die faiferliche VBotfpaft vom 14, April.
— Die Acbeiter-Benfione-Berforgung . 7%
LKIV. Sehn ‘Jahre nad dem Wiener Kradı . . 809
LAY. Zur “zpridwärterkiteratur,
{Be Ba 1) 7 VE 7:3
LAVI. Bun hrifcen Arage.
Zutans von IOR0- IE 2 Bi
LXVIL, Bei neue Gonverfionsfhriften (Schluß) 2.839
UXVIIL Gröberzog Ludwig Salvator als Schriftfleller . 851
LXIX Aus der Schweiz.
Lifhof Mermillod. — Der Scullampf. — Die
GifenbapneVerlaatlihung 2 = 2.880
LXX. Das Ende des Winterfeldzuges bes Bilerreichis
fen Parlaments . . oo. . 876
LXXI.
LXXIL
LAXXIII.
LXXIV.
LXXVI.
LXXVII.
LXXVIIL
Beltverfehr und BWeltpoliti.
(Bon einem beutfgen Berfehröpolitifer) . .
Zur neueren beutfhen Gejdicte.
($. dv. Langwerti«Simmern) DIL dei ig
Bon Rom nad Afjifi und Portiuneula (Schluß)
Die Stelung des Opportunismus zum Gor
dalismus in Frantid . > 2 020.
Goeihe'8 Lehr: und Wanberjahre in Weimar
und Stalien ER ee en ie
Ueber neuere Schriften in ber Literatur ber Ames
tifaner.
(Die Brüder Seton) . . . . Peer)
Beitläufe.
Innerhalb und außerhalb des beutfchen Reids-
tage. II. Die Tripel-Mllianz, was fie feyn jol?
— Die Noli me tangere ber beutfhen Reprä-
fentation ne
P. Angelo Sch . =
Eeite
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967
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Blider
Durd; alle Mbern der Natur;
68 ringt umd fewfzt nad ber Berflärung,
Gntgegenjchmachtenb der Gewährung,
In Liebesangft die Greatur.
Das ift c8 wohl, was aud) ben rofenumkrängten Hele
Ienen wie ben maturfeligen modernen Menfchen nicht recht
zur Ruhe fommen läßt.
Drum fcherzten fie jo gern und nannten
Des Schmerzes tiefften Abgrund nicht.
Auguftinus und Petrarca hatten Mecht, In interiore
homine habitat veritas, Et si tuamı naturam mutabilem
inveneris, transcende et teipsum, fügt er bei; bie wandel-
bare Wahrheit, Schönheit und Güte weist bin auf die uns
wanbelbare. Yänber und Deere, Berge und Thäler, und das
Heer ber Geftirne, und aller Zauber der Natur und alle
Schönheit ihrer taufendfachen Formen und Geftalten, und aud
ber Liebreiz einer edlen Menfchenjeele ift nichts Anderes als
der Wiberfchein, den bie ewige, unwandelbare Schönheit hinein»
wirft in den Staub der Schöpfung. Da gehen die Menfchen
Yin, und bewundern und verlieren fih in der Schöpfung,
wie der Wahnfinnige, der im ben See fidh ftürzt, aus deffen
Harer Fluth die Himmelsbläue ihm entgegen winkt. Der
Himmel ift e&, dem er fucht, aber der See ift es nicht, nur
fein Spiegel. Das ift die ewige Gefcichte der Menfchheit;
mac dem Unendlichen und Emwigen zieht «8 uns hin, aber
dort ift e8 nicht, wo wir es fuchen. Quaerite quod quae-
ritis ruft barım St. Unguftin, sed non est, ubi quaeritis.
Den Himmel fuchen fie, den Tod finden fie. —
Gedanfen folcher Art zogen durch meinen Geift, als id)
„auf dem Eben” angelommen war, &8 war ein Harer, jonn«
iger Tag, fo recht ein ftiller Sonntagsnadhmittag, der eine
Weihe über das Gemüth bringt, Schen eine viertel Stunde
vorher hatte ich den fejtlich vollen Eon der Glode gehört;
als ich näher Fam, fhien das ganze Dorf ausgeftorben.
34 war allein auf weiter Alur
Und eine Sonntagsglode nur,
34 Vüder
Gejtern fah ich eine Mutter, ärmlich gekleidet, mit ihrer
beramvachfenden Tochter lange, lange da beten. Dielleicht
muß ihr Kind jept Hinaus in harten und fchweren Dienft,
„Du mußt dienen geben”, Hat ihr die Mutter gefagt; wohl
fürseine Mutter ein bitteres Wort. Nun, ibr Herren und
Fräulein ausden modernen Päbagogien, welche die Regierung
in die Dörfer nad; Tyrol fendet als Lehrer und Lehrerinen,
hut euch einmal zufammen und haltet Rath, was für Tröft:
ung und Stärkung ihr wohl diefem armen stinde mitgeben
fönnt auf feinen Weg, jo voller Mühen, Entbehrungen und
Gefahren. Welche Garantie nimmt 69 aus euren Schulen
mit, baf es wieder heimkehrt gejund an Leib und Seele,
wie 28 von ber Mutter weggegangen? Ihr lehrt es
Manderlei aus dem Minerals, Pflanzen und Thierreich,
babt ihr es auch unterrichtet in den Geheimnifjen des Himmel-
reiches? Vielleicht habtihr es jogar belehrt über die Bahnen
der Planeten; Habt ihr auch Sorge getragen, daß es nicht
abiret von jeiner Bahn, dev Bahn der Tugend ? Dieje arme
ungebildete Mutter weiß ein befjeres Mittel; fie hat ihr
Kind gelehrt, vor dem Bilde der hi. Dienftmagd täglich, das
Ichöne&ehet zu jpredhen: DO Gott! In deiner unendlichen
Weisheit haft du die Berfchiedenheit ber Stände angeorbnet,
und mich bazu beftimmt, baß ich Anderen diene. Ich, bitte
dich, gib mir die Gnade, daf ich mit meinem Stande täglic)
zufriebener werde, und erinnere mich vecht oft daran, dal;
jelbft dein Sohn nicht in, die Welt faın, um bebient zu. werde,
jondern um Anderen zu bienen. Gib mir ein gehorjames und
demüthiges Herz, damit ich meiner Herrichaft, ‚als beiner
Stellvertveterin, jhmell und pünktlich gehorde, und mag es
mir manchmal auch mod; jo jwer vorkommen, Ylöße mir
eine ehrfurdtsvolle Liebe gegen fie ein und wahre Treue,
damit ich ihren guten Namen und ihr Befigthum gewijfenhaft
wahre und befhüge u. [. f.
Mit diefem Gebete geht das Kind hinaus in bie frembe
Welt; in ihm befigt c8 einen unfichtbaven, ftarten Schild
36 Vüber
hoben wir ja, aus bem Dolte herausgemashjen und mit vielen
Verftändniffe aufgeführt, die hiftorifchen Weftzüge, bie mar
anderswo mit vielen Koften veranftaltet, nicht bloß als
Augenweibe für die Zufhauer, fondern als mit veligidfen
Ar für bie Mitwirkenden jelbft, Wenn dann am fpäten
Nachmittage die bunten Gruppen über bie Sluren hin und
in bie Berge hinein fich wieder zerftrenen, und hie und da
ein Sodler zu uns herüber tönt, jo wird es uns redit Mar,
daß unfere religiöjen Syefte auch recht eigentlich Volksfefte find.
Ein gemeinfamer Gebanfe, ein Gefühl der Erhebung und
Freude durchdringt Alle. Alles Uebrige der Art, was man
jonjt Volksfeft nennt, artet jo häufig aus, da ihm meiftens
der ideale Mittelpunkt fehlt, ein geift: und finnlofes, nicht
jelten zohes Gelage, wobei der Unterfcied in Stellung und
Bildung, der große Nik, der durch unfere heutige Gefellfchaft
geht, erft vecht empfindlich fich geltend macht, Der religiöfe
Gedanke dagegen vereinigt. Alle in dem Gemeinfamften und
Höcften, und läßt Alle, Gebildete und Ungebildete, Neiche
und Arme, Herren und Knechte, Klerus und Bolt als Brüder
fi, erkennen.
Ihr Magt, daß ber Selerus von ben Volksfeiten fich mehr
und mehr zurüdzieht, Aber das muß ja jeyn, und zwar in
bemfelben Maße, als die religisfe Fee mehr und mehr aus
Ähnen fÄwindet. Bei Spiel und Zanz hat der Klerus nichts
zu fuchen. Helfet darum Ulle dazu, denen das Wohl des
Boltes am Herzen liegt, bak wieber eine höhere Weihe feine
Fefte durKöringe; dann wird, aud der Slerus im cerfter
Meihe dabei feyn.
Uebrigens, wie forte «3 denn anders kommen? Hat
man bodh jo häufig gerade diefe fefte benügt zu tenbenziöfen
Ausfällen auf den Selerus, Wer mag es ihm dann verübeln,
wenn er, der Polemik müde, fih zurüczieht? War das od
ein wahres Bollsfeft bei der Einweihung des Denkmals von
Spinges 1, Mai 1882, ein patriotifches Feft, bei dem Wolf
und Klerus in der Liebe zum Vaterland fi einig wußten.
Biber
fe augenblidlich eine Stätte gefunden, hatten fie eine Wall-
fahrt zur HL Nothburga gemacht. Am Abend fuhren wir
zurüd; rubig lag der See da; mehr und mehr traten bie
Sterne hervor, über uns gen Norben leuchtete der große Bär,
nicht weit davon glängte ber Polarjtern herab; ftill glitt das
Schiff dahin, man hörte nichts ala das Plätjehern der Wellen
am Kiel und den leifen Nuderfchlag. Da intonirte Einer
aus der Schaar mit jeelenvoller Stimme: Ultima in mortis
hora und Alle fielen ein:
Filium pro nobis ora,
Bonam mortem impetra,
Virgo, mater, domina!
Unilltixlic hatten bie Schiffer ihre Ruder gehoben;
Alle waren bewegt von erniten Gebanfen, und weich
geftiumt,
si doleemente
Che la doleezza ancor dentro mi suona.
Mir trat jene Vifton vor die Seele, welche ber Dichter
der Göttlichen Komödie bei feiner Ankunft am Fegfenerberg
Ähildert. Ex fieht auf der See ein Schiff in jchnellem Lauf
berantommen, ohne Segel no Nuber; am Stener fteht ein
Engel mit ansgebreiteten Flügeln, dev es lenkt. Es find bie
Seelen, die von der Welt abgefhieden, nun vom Engel hinüber
geleitet werden; ihr Blid ift dankbar nad Oben gerichtet,
Palmengefänge entfteigen ihren Lippen, Im Ferdinandeim
zu Innsbrud jah ich eine Handzeihnung von Meifter Koch,
ber diefes liebliche Bild glüdlich darzuftellen wußte.
Bonam mörtem impetra Virgo, mater, domina! fang
8 lange in mir nad. Die dunklen Bergeshäupter blidten
ernft auf uns nieder, und werden, wie heute noch im Sce fth
fplegeln, wenn längft die Generation, die an feinen Ufern
Tcbt und weht, babiı gegangen ift, Wic hat der Tod gerabe
bier unter ben Freunden und Belammten am Ichenjee in
wenigen Jahren Ernte gehalten! Ich Habe noch bie alte
Sholajtifa gelannt, die dem vielbefuchten Soemmerfrijchort
40 Ziler
Jahren von Bad Kreuth her, wo der berühmte Siwerg die
Säfte zu beluftigen pflegte, bie Straße hinzog ben Ser ents
lang über Bucan, Maurad) hinab nad Jenbah und Juns«
brud, dann über den Brenner und hinein in das Land Stalien,
deifen hoher, aber von jener ber deutjhen Natur jo ganz
verfchiebener landjcaftliger Schönheit id, damals noch; feinen
Reiz abgewinnen tonnte, fo bap ih mit ftarfen Heimweh
an bie raufcenden Bäche, die bunklen Wälder und bie grünen
Matten des Speffarts und der bayerifcen und Tyrofer Alpen
zurüdpachte. Die Vegetation Jtaliens bietet nicht die weichen,
anbejtimmten Wusriffe unferer beutihen Wälder, welche Ges
miüth und Phantafie gleich jehr anregen, Alles ift beftinmt,
jcharf umgrängt, bie Karben des iumergränen Lorbeer, ber
Orange, der Eiche von metalliihen Slanze und dunffer als
unfere nörhlide Flpra. Enpreffe und Pinie bilden ftrenge
architeftonifche Formen, Kuppel und Säule; das feingefenittene
jülbergraue Blatt der Dlive exjchgint dem Deutjcen traurig
il enbüfche an jumpfigem Bade. Erft ni das Auge
ii bilden, um deren Schönheit zu erkennen, banı aber,
wenn e& bie edel gelgmwungenen Linien der, Albauerberge ers
blickt, ganz von Licht und Sounenglanz gefättigt, und bie
Abendjchatten die Spigen ber Gebirge in rofige, dann violette
Tinten tauchen, die allmählig in tiefes Blau und Schwarz
übergeben, über weldhe die füplihen Sternbilder in jtiller
Klarheit ftchen, dann begreifen wir die Sehnfucht des Norb-
länders nad Jtalien.
Bon Rainer’s, „Seehof*, wo bekanntlich, für ausreichens
des. Amjement der Gäfte geforgt ift, die mit gefüllten
Pa borthin tommen, war. damals noch, keine Epur.
rüben in der Pertisau ftand noch das alte Fürftenhaus,
das jeitbem (1851) unter der, Uegide ber Acbte von Fiecht
nen aufgebaut und mieberholt erweitert, zu einer der |chön-
sten Semmerfrifchen Nordigrols herangebläpt if. Wenn je
das Sprihwort: „Unter dem Krummjtab ift gut wohnen”
Tih, bewährt Hat, jo gilt es gewiß hier, And, die „Seejpig”
4 Neiefe wife Rirdiengefdiihtt,
jolten. Won foldyen Pächtern, deren Land zu weniger ald
dreißig Pfund Gterling eingefhätt ift, gingen indep mur
150,000 Pfund ein, während man die Deponirung einer
etwa zehnmal gröferen Summe erwartet hatte‘). Ein pres
Gender Beweis dafür, daf vice Meine Pächter nicht einmal
in der Lage find, von dem Pachtrüdftandsgefeg Gebraud
zu machen, Und do muß, wie alle einfichtigen Männer
behaupten, gerade an ber Unfruchtbarkeit diefer Glaufel das
ganze Bodengefeh Mäglih feitern. Jr der That: fchon
wehren fi die Anzeichen, dak die geheimen GSejellfchaften,
das Krebsübel der grünen Infel, ihre grumbftürzende Thäs
tigkeit mit erneuten Eifer zum Schäden von Kirche, Staat
und Gefelljhaft entfalten, und gerade aus der angebeuteten
Ealamität möglichft großen Nuten zw ziehen fuchen. One
uns unfruchtbaren Spefulationen über ben Erfolg des Agrar:
gejepes hinzugeben, jo bierorts bloß auf offenfundige Thats
jachen der Vergangenheit bingeriejen werben, vweldje den
Schlüffel zum Verftändnig der troftlofen Zuftände Irlands
darbieten. Dazu leiftet und eine foeben in Dublin ans Licht
getretene Sammlung Eoftbarer Uftenftücde vorzügliche Dienfte.
Bon 1850 bis zu feinem 1878 erfolgten Hinfceiden
ftand der CardinalsErzbifhof Paulus Eullen ar
der Spige der irifchen Hierarchie. Zn ber Propaganda zu
Nom gebildet, mit fehr umfaffenden Kenmtniffen auf dem
Gebiet der Theologie, Philofophie und Kirchengefhichte auss
gerüftet, zog er ala junger Priefter die Aufmerkfänfeit des
irifchen Epiflopates auf fich, welder ihn alsbald zum Wices
retor des irifchen College im’ Nom berief. Im Lauf ber
Zeit zum Vorfteher der Anftalt befördert, gewann er durch
Klugheit, Umficht und apoftelifchen Eifer wie die Herzen der
Studenten, jo nantentlih das Vertrauen von zwei Päpften.
Bon Gregor XVI. in Sadıen ber irijen Schulfrage wieders
holt zu Beratungen herangezogen, verbiente er fich bie
1) Tablee 1982. IT, 843,
so Neuefte ärifcge Mirhengefiglcte.
lautet bie gang und gäbe Foratel, in ‚welcher die engliihe
Gefhhäfts: und Kaufmannswelt ben Sren weit‘ won fich jabe
Yilt. Ste’gelten Afs eine andere Species. Und doch fällt
die Schuld an bem’Elend, weldjes auf den Iren laftet, micht
gung gerintgften Theil der Herrfchenden Klafje Englands zur
Loft. Den ummwiberfprechlichen Beweis für diefe Behauptung,
fünden wir in der obengenannten werthvollen Dokrmenten
Fatnmnkung, noelche man als irijche Kirchengejchichte der legten
'breigig Jahre mit Yug und Mecht bezeichnen darf.
‚Hierorts Fan nur auf bie hervorragendften Neden mb
Schriften aufmerfam gemacht werben. "Gleich; an den Spige
bes erften Bandes begegnen wir dem von der Nationalfynode
ans dem Städtchen Thurles erlaffenen Hirtenbrief Aber das
Komite zun Errichtung einer fatholifhen Univerfität,
Die Frage nad) der Schöpfung diefer' Unftalt fteht im ünnigs
fen Zufammenkang mit der Errichtung "der jogenannten
teifchen Queen's Colleges. Um den unaufhörlichen Klagen
der irifchen Stathotiten Abhilfe zu verihaffen, Kefchloh das
Rarlantent 1845 die Errichtung von brei Eollegien für Unis
‚verfilätsunterricht: zu Galway, Eork und Belfaft. Obwohl
‚glänzend botirt, fommten fie den Katholiten auch nicht: ben
geringften Nugen gewähren, ‘Sie waren confeflionslos und
dem’ Erinity-Colleg, oder deribamals'nod; ganz erclnfio.pros
teftanfifchen Staatsumiverftät von Dublin incorporict, welde
\gemäß Beftimmung "der 'Gefete die "Unduldfamfeit joweit
“treiben mußten, daß nur Schüler der Königin-Collegien: zur
Prüfung und) Gepinnung deriakademifchen Grade zugelaffen,
die’ Eleven ans Freien Schulen, wie der fatholifchen Univer-
fität im Dublin aber jansgefchloffen blieben. Daß bie Bi-
fchöfe, indem fie den katholifchen Eltern unterfägten, ihre
Sihne den genammnten confejfionslejen Anftalten anzuvers
tranen, in keiner Täufhung befangen waren, zeigten bie
Früchte, welhe Hier gegeitigt wurden. Profeffor Vericour
am Golleg, bemerft der Garbinal, jchrieb feine „Historical
Analysis of christian Civilisation“‘, welche von Jrrthümern
52 Reuefie iifße Ricgengefgigte,
Prüfungs-Commiffion fungivenden Hodfhule der Königin
(Queen’s University) getreten, {ft die neue Univerfität für
Mitglieder aller Delenntniffe geöffnet. Allerdings bes
fabt au fie zunächft fih mur mit ber Abhaltung der Prüs
fungen, aber zwifchen ihr und ihrer Vorgängerin walten
zwei hinumelweite Unterjchiebe ob, Während jene nur Gtus
denten ber obengenannten brei confefiionslojen Collegien zu
ben Staatspräfungen zuließ, ertheilt die neue Unftalt afades
mifche Grade mit jiaatlicher Unerfenming an alle und jede
Schüler, wo immer fie ihre Vorbildung genofjen haben, wo:
ferne fie nur die vorgefchriebene Staatsprüfung beftehen,
Der Bann proteftantifcher und confeffionslofer Erclufivität
ift gebrochen. Zweitens handelt bie neue Anftalt nach bem
Grundfag: Payment by Result. Wer in der Prüfung her:
vorragt, wird honorirt. Außerdem hat das Gefep eine Reihe
von Fellswihips geftiftet, welche reich botirt find und von
den Eraminatoren befleivet werben. m die Zahl ber Ice
teren wurden auch; Katholiken berufen, aber bei weiten nicht
im Berhältniß zur Zahl der überwiegend fatholijchen Benöls
terung des Landes. Ganz im Gegentgeil beging man ben uns
glaußlihen Mifgriff, einige Fellowfhips den ohnehin fon
zeich botirten Profefforen ber annod; bejtehenden confefjtonss
Tofen Gollegien zuzumeifen. Einen Nugenblid jchwankte in
Folge deffen der irifche Epifkopat zwijchen Anmahıne oder
Verwerfung ber neuen Hocdiähule, Exit die Intervention
des Garbinalpräfeften ber Propaganda hielt die Prälaten
von weiteren Schritten ab, An 8. November 1882 wurden
durch ben Kanzler Herzog von Abereorn und im Beijeyn
des Vicelönigs Earl Spencer in Dublin die Preije zum
erften Dinle unter großer eier vertheilt.") In feiner Nede
wies der Kanzler darauf hin, daß Irland zu allen Zeiten
bebeutende Männer auf allen Gebieten der höheren Gultur
hervorgebracht. Bis in die jüngfte Zeit in den Hintergrund
1) Tablet 1882, II, 776-777,
56 Reuefte trifhe Kirhengeihichtt.
int Heidenthum gechelichten Frauen felbft nach Annahme
des Ehriftentfums geftatten zu bürfen glaubten. Ihnen
stellt Ergbifhof Eulen den feligen Johannes von Britto
8. I. entgegen, welcher eher jein Leben hingab, als einem
befehrten Hinbu ein folches Zugeftändnig zu machen”);
Bevor wir vom erjten Bande Abchied nehmen, fei noch
ein vom bamaligen Wbvokaten, nachmals unter Glabjtone
zum Lorbfangler von Irland beförberten Thomas O’Hagan
ausgearbeitetes juriftijcges Gutachten über den erften Ent
wurf der 1851 dem Parlament vorliegenden Bil betreffs
Führung HiTHOFLI Her Titel erwähnt, cine Bill, die
alferbings Gefeg wurde, aber dann todtes Gefeg blieb, mm
nad zwanzig Jahren wieder von der Bildfläche des englis
chen Statutenbuchs zu verfchwinden?).
Ebenfo unbefriedigend wie der Zuftend bes trifchen
Untverfitätswejens war und ift bie Lage der dortigen Ele
mentarfäulen. In England rubte das Elementarfchuls
wefen bis 1870 ausfchließlich anf religiöfer Grundlage. Das
Unterrichtsgefeg vom Jahre 1870 hat diefes Fundament er=
chättert, aber die Elementarfchulen der einzelnen Religionss
befenntniffe bejtehen fortwährend und erhalten, wenn fie ben
Anforderungen des Staates genügen, ftaatliche Unterjtügung
in Gel®). Irland, bejfen Bevölkerung überwiegend Fatholifch
ift, mußte zu Gunften einer Minorität fih confejjion
Tofe Elementarfhulen gefallen lafjen, Es war am
31. DOftober 1831 als Mr. Stanley, der nachmalige Lord
Derby, jenen berühmten Brief fhhrieb, in welchen die Grunde
züge des für Irland beftinmten confeflionslofen Elementars
unterrichtsfuftems dargelegt wurden. Das Gefe fiel denn
auch, religionslos aus, war allen Denominationen angepaßt
1) Cullen I. 553,
2) Cullen I. 122.
3) The Nineteenth Century, December 1882, Is the Education
of 1870 a just Law? By His Eminence Cardinal Manning.
Neuete iifge Kirengefgihte,
bar); Die Ausfagen des Garbinals über die irifhen Eles
ierttarfchulen vor einem Eomite des Unterhaufes Tegem für
feirte Kermtniffe und Seeleneifer bas fchönfte Zeugnig ab.
„Schon der englifhe Philofoph Stuart Mill", bemerkte
Entinenz Eullen zum Schluß, „findet «6 unerträglich, daft
Ane Regierung vehtlih oder ihatfächlih eine vollftänbige
Gontrole über die Bildung eines Volkes befigt. Sie Befigen
und in ber That ausüben ift: Defpotismus“*).
Alles was zum Wohl und Wehe des irifchen Woltes
in Beziehung fteht, findet in diefer vorzäglihen Santmlung
feinen Wicderhall. Hierher gehören namentlich die ges
bheimen Gejellfhaften, der Krebsfhaden der grünen
Infel, gegen welde der Hirtenbrief vom Monat Mai 1862
du Felde zieht, Wie ftreng der Cardinal in diefer Beziehung
verfuhr, zeigt fein Verfahren gegen einen in Amerika vers
jGiedenen enter, deffen Leiche nach Dublin gebracht wurde,
wo aber jebe Mrcliche Feier auf Befehl des Erzbifgofs
unterbleiben mußte. Ein jenes Dokument von der Gelehr:
fainteit und dem Hirteneifer des irifchen Epiffopats bildet
das berühmte Paftorafjihreiben aller irischen Erzbijchäfe und
Biföfe vom 14. Dftober 1874°). Dasfelbe richtet fi
4) Tablet 189%, IL. 124.
Säüler
Schulen Lehrer Kutboltiche |Proteftantifhe] Total
2921 Blof fat. 441,325 Keine 441,325
2776 bloß kath. 363,887 22,838 386,725
564 Bioß proteft. Reine 64,293 64,293
1308 bloß proteft. 25,370 127,065 152,435
8 farb. u. proteft.) 10,539 10,444 20,983
7550 SiL,121 224640 | 1'005,761
2) Cullen I, 799. It is not endurable that a Government should
either in law or in fact, have a complete control over the
education of the people. To possess such a control and
actually to exert it, is to bo despotic.
3) Cullen Ill. 387615.
74 Randglojfen
läuft und nichts Rechtes werben wird, barf man bereits als
ertwiefen annehmen.
Wir haben in diefem Punkte ganze andere Sorgen als
bie Furcht vor ber gejellicaftlic übergreifenden Staats:
macht; und unfere Sorge geht dahin, ob es wohl jelbft ber
obligatoriichen Innung gelingen wird, dem Strome Einhalt
zu thun, welder bas Hanbwerk in ben Großbetrieh hineinzus
ihwenmen und alfo den gewerblichen Mittelftand gänzlich
aufzulöfen im Begriffe ift. Diefe frage ift feit Jahren
bin und her erwogen worden, Uber frappirt hat es ung
doc, als wir in einem Organ, das zu der in Wien einge:
tretenen Wendung zu Gunften obligaterifcher Inmungen
fammt Befähigungsnachweis ficher felbft jehr viel beigetragen
bat, der irenbenbotjchaft folgenden hinkenden Boten auf
bem Fuße nachgejchict jahen: „Aber aud die obligatorische
Ammung genügt allein micht, vielmehr erfhwert fie deu
Handiwerk ned; bie Goncurrenz mitbem capitaliftifchen Großs
betrieb, Um nur Ein Moment hervorzuheben: die Innungen
übernehmen zugleih aud für den Grofbetrieh die Ausbil:
bung ber Arbeitöfräfte; aber während nun ber Innungse
meifter nur gelernte, alfo theure Arbeitskräfte bejhäftigen
barf, vejp. fan, nimmt der Grofbetrieb das Gros feiner
Arbeitskräfte von der Straffe, jugendliche, weibliche, Kurz
jeder Art und Unart, Das Handwerk binden und dem con=
cerirenben Großbetrieb freie Hanb lafjen, heißt den Nuin
des Hanbwerts noch bejdleunigen” ?).
Endlich fteht die Agrars frage auch wieder auf
einem andern Blatt, Dan kann fogar Bedenken tragen, fie
als jociale frage im ftrengen Sinne des Wortes zu bes
zeichnen. Sie würde das werden, und zwar im hödhften
Grabe, wenn der Bauernftand auf der jchiefen Ebene, die
bereits betreten ift, fortfahren würde, im das nomabifivende
4) Aus ber Wiener „Monatsfhrift" im ber „Augsburger
Poftzeitumg.* 1882, „Soclalspolitiihe Bellage,” Nr. 20,
8 Reifeliteretur.
ift Hier befonders Nüdfiht genommen. Wir glauben aber aud,,
baf Nichtkatholiken zur biefem Neifeführer greifen werden; bemm
er Äft gewifienhaft, forgfäftig, ehrlich durchgeführt umb weiche
Haltig am Karten, Stadtplänen, Banoramem. Drud und Huss
Rattung find allen übrigen belichten Werfen ber Urt ebenbirtig"t),
Diefes Urtheil unterfchreibe ic mit beftem Gewwifen, und
ich Eenne das betvefiende Werk ziemlich genau. Nur eine Bemers
kung möchte ih, mir mit Bezug auf die „Neifeführer" in Allges
meinen bier al8 Wunfd erlauben: 1) Da wo «8 am Plab ift
nicht nur bie fpeziell Yathelifhen Bereine zu erwähnen, fonbern
aud) andere Gefellfpaftslofsle und Vereine anzuführen, zu denen
ber Reifende Zutritt haben Fan, infofern fie nicht ausgefproden
Lirchenfeinblich find. 2) Neben Hiftorifchen aber fhon geftorbenen
Verfönlichkeiten auch hervorragende Lebende nicht zu vergeffen,
fonberit berfelben an Ort und Stelle Emwähnung zu thum, wie
3 B. Biiöfe, Künftler, Gelehrte u, |. w. 3) Bielleiht noch
etwas mehr Sorgfalt auf bie richtige Schreibweife der Namen
zit verwenden, \wiewohl hier Differirungen nicht zu vermeiben
find, weil die Nomenklatur ber Mlpenmwelt ned lange nicht
fefteht.
Nitachtung, Gleicgültigkeit: biefe beiden gefährlichen
Keinde jo mandes achtungswerthen Strebend, welche unter Ums
fänden fhäblicher wirken Fönnen als offene Angriffe, Könnte
dem Würzburger Unternehmen von zwei Seiten broßen, bon
alatholifcher und von Tatholifcer. ICh glaube kaum, baß ber
Verleger, als er den Plan zu feiner Reifeliteratur . faßte, auf
alatholiiche Kundfcaft redinete; bafür find bie gegenwärtigen
Zeitverhäftniffe leider weniger wie je amgethan. Und body ift
auch Hier con Brefche gelegt. IH habe oben mehrere Urtheile
proteftantifher Zeitfhriften über Wörl’s „Reifeführer" angeführt,
Aber auch die „Reifebibliothel" hat ich Anerkennung zu ver
N Die jhen oben angeführte Recenfion der Kölnishen Volkszeitung
fagt: „Noch weit günfliger fönnen wie uns über ben Text aud«
Ipregen. Mejerent hat einen großen Theil ber beutfchen Alpen:
Kinder burchwanbert und ann viele Gapitel bes Buches faft von
Zeite zu Zeile controlliren,, hat aber faft nirgendwo Anlaf zu
erheblichen Musftellungen entbeiit,*
Ku Ueber Ppilofoppie
Menfchheit irgendwie eingegangen it und fo durch einen
fittlichen Akt fi erhob umd zu höherer Eultur fortgefchritten
ft, während der andere anftatt der Mufgabe jener Zeit
fh unterzuorbnen, im leeren, ungebunbenen jjreiheitstrieh
den eigenen Gelüften folgend von den Entrilungs-Eentren
fi entfernte. Die Folge Fonnte mar feyn, da nach dem
Sage: „non progredi est regredi,“ diefer Theil nicht bloß
nicht mehr auf dem Ausgangspunkt ftchen geblieben, fons
dern unter biefen gefunten ift und jo verwifberte umb ver«
ihierte. Dafr Sprechen, wie wir fpäter jehen werben, alle
Thatfachen ver Eufturentiwiciung, wie benm jo auch bie Zur
ftände der Wilden einheitlich fich viel leichter erklären laflen,
als durch alle jene Hnpothefen, welche die Menjchheit mit
ober ohne Darwin von einem Zuftand ber Thierheit, ja
der Beitialität ausgehen zu laffen').
N) Für bem gemelnfamen Musgang nad ben beiben Richtungen
(delmt gerade aud bie Thatfache zu fpreden, bafı fo Häufig
wilde Stämme, fobald fie irgendroie mit Gulturoölfern in Ber
rührung tommen, extranten, worauf [den Sheurer in feiner
„Ghronit ber Eruchen“ aufmertfam gemacht, — ja dafı
fie Im welteren felen frieblihen Gontalt fogar ausiterhen. Wäre
der Zufand ber Wibheit ber matliriihe Ausgangapuntt auch
für die Eulturuöffer, Liehe fi biefe Thatfachhe nicht wohl erklären,
keohl aber bei der Unmahme eines gemeinfanen Musgangs,
mweiher als eine Mrt-der Ambiffereng gelaht werden fan, von
bem and bie Menfchhelt nach zwei Nichtungen ih bifferene
sirte, Inden die eine durch eine fittlihe That ih erhoben
bat, bie andere aber Im Ährem leeren Mreiheitätrieb unter ben
Ausgangspuntt herabgefunfen At mund degemerirte. Diele Dikferens
weg mar un fo mehr eine phnfiihe und pfuchiläe zugtelh,
als eben die Menfaphelt im exftem enticeibensen Entwidlunger
flablsm fd) befand, Nur well diefelbe (0 mad) entgegengejehter
Mictung auselnander gegangen, fans ein unmittelbarer Gontatt
Noten Orämme mit Wbltern höherer Gulme phyfiih und pfye
Hd Werberben bringen und mise elm Serangichen berfelben
durch fentie Hebung mÄtcht Deo Spriitenthums Mönmte diefe
Grfeinungen paralgfiren (Paraguay). Wäre bapegen ber tler
„ter Geiihte, 101
Ausbildung und in Einheit mit dem Ganzen.gelangt, fo daß
trägt und jene biefes Ieheubig wieberfpiegeln.
num bie Gefejicite mir, ein biehfeitiges Ziel, fo
Lnnte man vielleicit bie gleichmäßige Verbreitung der Civili«
fation unter allen Böltern al8 das Ziel ber Gefchichte au:
fehen; aber dann wird es fich immer fragen, zu welchen
‚Ende diefe Eivilifation da fenn wird, ob, werm alle möglichen
Erfindungen gemacht find, die Bedirfniffe des Menfchen zu
Befriebigen, dann der Genuß des menjglichen Nimmerjatt fo
Ans Umenbliche fortgeht, oder ob nicht auch dieß wieder fein
Ziel Haben muß? Es ift etwas Troftlofes um ein foldes
Bloß diehjeitiges Ziel, das weder die Gefammtheit nad) Zeit
und Raum, noch weniger ben Gingelnen befriebigen. fann,
der im großen Ganzen des politifchen und focialen Bebens
gerabezu verjchwindet. Anders wird bie ganze Gefhichte
angefhauf, wenn dem Menfchen ein transcendentales Ziel
‚gefegt it, dann wird die Dafeyn mit all’ feinen Formen
and Geftaltungen bad immer als Stufe, als Baugerijte
‚einer Fünftigen Weltzeit angefehen werben können, in ber bie
‚Sejchlehter aller Länder und Zeiten erjt ihr Ziel finden
würden, Dann wird aber bie Frage, worin der Fortfchritt
ber Menfchheit Keftche, eine ganz andere Zöfung. fordern.
Aber auch noch eine andere Kolgerung ergibt fich
aus ber bisherigen Betrachtung. Hatten wir oben den
Menjchen als den Thäter ber Gejdhichte und Ährer Ent»
woidfung bezeichnet, jo ergibt fich jet, daß er aud das
Subjekt diefer Entwwillung if. Hängt au. das Eingehen
in bie Eultur wie das Fortfchreiten im ihr von der freien
That bes Menjhen ab und ift diefes in erfter Linie aller:
bings am fein Thun gekrüpft: jo ift doch dicjes jelbt in
feinem Erfolg und in feinem Ziele von anderen Momenten,
von Bedingungen abhängig, dur; bie fein Thun erft Wirk:
ange herborbringen, Bildungen erzeugen kann, und mittelft
welcher er jeine Anlagen und Kräfte erft zur Entwicklung
Bringen mag. So wenig nım der Denfch fich felot erzeugt
104 Meder Phltofophte
war aud) der-erfte Staat." „Der Staat ift jo alt als bie
Menfchheit”), Ebenfo Walter, wenn auch vorfichtiger:
„Der Staat eriftirte im Keime jhon in der erften Kamilie“?),
Aber ehenfo ang Dahlmann: „Der Staat It nranfänglic;
bie Urfamifie ift Urftaat, jede Zamilie unabhängig bargeftellt
ift Staat’), Der Grund ift, weil fon in ber erften Yas
milie die Begriffe von Necht, Sitte, Ordnung und Autorität
geweckt werben); weil ftels das Berhältniß von Obrigkeit
und Unterthanen vorhanden gewejen?).
Somit wäre der Staat wejentlich mit der Menfchheit,
weil mit der Familie und jo naturnoihiwenbig gefegt. Und
boch würde es id) fragen, ob er benn fo jchlehthin noths
wendig ift, ob er nicht erft nur unter gewifjen gejchichtfichen
Bebingungen und Vorausfeßungen ein nothwendiges Moment
in der Entwidlung der Menjchheit jei und wie und unter
welchen Verhältniffen er überhaupt evt in bie Erjcheinung
treten Fan? Wenn wir näher zufchauen, jo ift der Staat
in der That und Wirklichkeit evt ein jehr fpätes Produkt
ber Gejchichte. Jahrtaufende berfelben Fennen keinen eigents
lichen Staat, und wenn wir nur darauf hinweifen, daß bie
eigentlich hiftorifche Zeit erft mit ber Geltendmachung des
Staates eintritt, fo haben wir ungefähr auch den Zeitpunkt
feines Entftchens nicht weiter hinter ung, wenn auch feine
Entftehung, wie die der Euftur, jelbjt außerhalb der hijtos
rischen Erinnerung fällt. Fragen wir mur einmal, wie
Staaten entjtchen? Man macht fi die Antwort jehrleicht,
Man jagt: „Aus der Familie," Allerbings, aber ficher nicht,
wie die Familie aus dem Connubium von Mann und Frau ente
fteht, fondern infofern bie Familien das Material find, In der
1) Kingenreht IN. 340 u. 453,
2) Naturredht. 59,
3) Borkit $. 3.
4) Walter Le, 5) Philipps 1. c.
108 Ueber Phifofophie
ift ihre Luft, das unftäte Leben ihr Element. Debhalb aber
löfen fie fich ebenfo Leicht wieder auf, fie theilen fh; denm
8 verbindet fie feine innere organische Einheit, Selbft in
ihren Sprachen zeigt fich dieß, die fich, wie wir jehen werben,
entjeglich fehnell verändern, Anders bie „Völker“. Dieje
find wefentli von einander unterfchieben durch ein eigenz
thümliches Selbft-Bewußtfeyn, durch eine eigenthümliche,
vor Allem religiös verfchiebene Lebens: und Weltanfhauung.
An fie ift die Eultur und die Gefgichte genüpft. Sie find
gegliedert; fie treiben Aderbau und Gewerke; fie nehmen
fefte Wohnfige ein. Uber troß der fortfchreitenden Cultur
entwidlung haben fie etwas Beharrlices in fi, und gerade
darauf hin erft eine Entwidlung, So find fie aud eines
viel größeren Wiberftandes fähig und jelbjt unterworfen
werben fie oft Sieger über ihre uncultivivten mb rohen
Belleger.
Im gleicher Weife hat das Bewuftfeyn ber Völter einen
ganz bejtiummten Typus, 68 ift nicht mehr bloß die Gemeine
famfeit ber Abkunft, die einem Volke bie innere Einheit gibt,
noch weniger das bes bloßen Bebürfniffes, jondern das Des
wußtjegn der Zufanmengehörigkeit tft beftimmter,. eigens
thümlicher, als das blof patriarchalifche, indent es auf einer,
wie fhon gejagt, bejonderen und zwar zunäcft religiöfer
Weltanfhauung beruht, Ihre verfchiedenartigen Ginricht-
ungen, Sitten, Gewohnheiten und jelbjt Bejhäftigungen find
nur der Ausbruct diefes bejtimmten geiftigen, gemeinfamen
Bewuhtjeyns, woburd fich jedes Volk von bem andern unters
iheidet. Nur Völker Haben daher auch eine Gefchichte und
fomtit ‚eine mehr oder weniger reiche Grinterung, Bei ihnen
allein findet fih auch eine Entwicklung der Eultur, Sie
find. «8, bie da geihatet in der Welt und etwas Bleibendes
gegründet haben, fie find bie Träger der Gejcdichte,
Aber wie find die Völker entftanden? Wenn die „Wölter*
ft in diefer Welfe fo durdhgreifend von den Stämmen
unferfceiden, jo Mnnen unmöglih — dieh dürfte von vorne
114 Ueber PHilofophie
Feyn, weldje inmer mehr m Fortfchreiten feiner Entwictung
bie Völker Igeiftig mb fittlich Heben würde, Aber gerade das
Gegentheil ift die welthiftorifce Thatfahe. Je mehr der
‚Staat als folder aus dem Voltsthum zum Staatsthume
fich entwickelt und fi geltend macht, um fo äuferficher
mb fremder wird er bem Cinzelnen erben, und wähs
zend das bisherige enger verbundene Volksthum fich
immer mehr in die Atome zerfegt, wird der Staat bloß
Außeres Gerüfte, äußere Schugwehr, wie bie die Staatens
geihichte alter Zeiten beweist, die römifche nicht minder als
die moderne, Je mehr alfo der Staat als folder zur
Geltung kommt, um fo mehr wachen die Nectsformen und
Gefepe'), die an die Stelle der Bolfsfitte treten und mur
gu oft im Widerfpruch mit ihr ftehen. Uber um fo mehr
wird auch fein Druck gefühlt, von dem befreit zu werben die
in Utome zerfallenen Bölter verlangen.
Im Voltstyum hertfcht bie Sitte, die mit Ähm vers
wachen if. Se mehr nun diefe (zuräcgebrängt ift und
jhwindet mb fo aufhört den Leidenfchaften ein Zügel zu
jan, um jo mehr geht das Gemeinbewuftfeyn zu Grunde
and. das Gemeimvefen feinem Zerfall entgegen. An feine
Stelle aber tritt nme das herz: und verjtandslofe, weil un:
perjönliche Sefeg. "Wenn aber and; der Staat als yeiftig
fittliche Macht das Volfsbemäßtfein neir erzeugen oder ums
geftalten will, tie gegenwärtig durch das Unterrichtsmonopot,
ober tem er gan als die eigentlich göttliche Macht oder dad,
als Träger berfelben ich ausjpielt, fo Tamm dieh chen bei
ber Wandelbarteit‘ derideale, bie zu verwirklichen er beitrebt
ilyınmroauf ihn Sfelbit gorfegend zurächwirken, und ba bieh
mr onrch bie Matio ber Gewalt gejchehen Könnte, "fo ruft‘ er
jeldft damit zulegt nur Gewalt heraus und die Schule wird
zur Brutjtätte aller zerfegenden) Lelvenfhaften imd aller
Verbrechen.
1) Pessimae reipublicae plurimae loges, jagt bekanntlich Tacitus,
118 Ueber Bhileforhie
8. jo finnig barlegt, mehr nur eine Frage ber MWiffenjchaft
als der Gejhichte jeym, da diefe und in ihr die Individien
über ihn hinausftreben und. dieje Idee dev Einigung nur im
eineny Reiche anderer Drbnung realifirbav ift, tie ja audy
Platon in feiner Politeia nicht: einen bießfeits realifirbaren,
fondern einen Hbealftaat: dargeftellt!). Richt mit Unverht
jagt der jüngere Fichte: „Der wejentliche-Eharakter der Aufs
faffung ber Gefhichte won Seite der Philofophie jeit Herder
bis, Hegel fei antiindividuatiftiich und mißfenne ben abjos
Iuten Werth bes Einzelgeiftes. Da liege dann die Bedentung
der, Gejchichte Lediglich. in ver fortichreitenden Vollkonmnenheit
des Ganzen, Das Biel jei mmr ein dießfeitiges: die höchfte
Vollendung bes menjchlichen Gefammtzuftandes auf Exden’)*.
Und in ber That, injoferne von der perjönlichen That
bie Gefchichte ausgeht, hat and die Perjönlichkeit ein Necht
darauf, ein Ziel zu finden Das Inbividuum jelsit ift
„eine in der Erfcheinung wurzelnde Kdee), von der man
nicht anmehmenLaun, daß ihre Bedeutung blos darin beftche,
eine Stufe?für ein folgendes Gefchledt zu jeyn, um banıt
zu vergehen Das Individuum jelbft jucht etwas über
dem Staat und den Dieffeits der Sefhichte.
Die, Kunft, die höhere Sittlichkeit und die Philofophte
find‘ die. iyormen, in welden ber Einzelne Über diefe dich»
feitige Welt und ihre, Außeres Getriebe und Thun binans
nad Jdenlem, Ewigem ftrebt. Auch das Indiviouum will
im der Sefchichte zu feinem Mechte d. b. zu feinem Ziele
foımmen. Aber gerade bie Weltreiche, der Univerfalftant hat
hatfächlich die befondere Beftimmung, die Völferorganismen
anfzulöfen, Die Völkergeifter zu zerfegen und fo in den ifos
lirten Inbivisuen das Gefühl der Innern Leere wie des
Mangels einer inneren Gemeinjchajt hervorzurufen und damit
1) Wir kommen baranf tod) zurüich,
2) Anthropolegie I, Up, 598.
3) Humbeldt 1, c,. 2%
1 Die faotigen
durch mehr oder weriger enge, hauptjächlicd verwandtichaft-
liche Bande aneinander genüpfte, aber zuweilen aud ganz
fremde Individuen und Yamilien in fi faßte; in welchem
BVerbande bas gefammte Vermögen gemeinjchaftlic; verwaltet
wurde und bie Arbeit und der Erwerb der einzelnen Mits
glieder das Wohl der Kommunion beförberte und deren Ver:
mögensftand vermehrte. Gemeinfaftlih waren aber au
die Erhaltungstoften biefes Verbandes, ja jämmtliche Genoffen
einer Sadruga wohnten in demjelben Haufe beifanmen.
Die Angelegenheiten der Sadruga leitete mit fajt unbe
jchränkter Gewalt einer der Männer, den bie übrigen zu
diefem Aınte frei erwählten. Die Wahl konnte auf ein bes
liebiges Mitglied, auch auf das jüngfte, fallen; aber es lag
in der Natur der Sadje, nachdem das Haupt ber Familie
die meifte Erfahrung befigen muß, daß in ber Negel der
Aeltejte gewählt wurde. Die war der „Starjejhina®,
ds i. der Ulte, mit welchem Worte man auch heutzutage bei
den Slaven überhaupt dem Befiger einer größeren Macht
bezeichnet. Trob der Gemeinjchaftlichfeit unb ber großen
Gewalt bes Starjefhina gingen bie Mitglieder der Sabruga
niemals weber ihrer perjönlichen Selbftftändigkeit no ihrer
Befipfähigkeit verluftig. Un dem gemeinfamen Vermögen
bejah jedes Mitglied gleichen Antheil, überbieß konnte es
aber aud mod; Privatvermögen erwerben und darüber frei
verfügen, Die Sadruga war auch keine ftreng abgejchloffene
Gefellfhaft: der Austritt aus berfelben war ebenjo geftattet
wie der Eintritt neuer Mitgliever.
Das gemeinfhaftliche Stammgut der Sadruga galt als
das unangreifbare, unveränßerliche Eigenthum ber einzelnen
Familien und wurde im Gefeßbuche Dufhans als „Bafıh:
tim "Cut bezeichnet. Mit diefenm war für die betreffende
Familie ein volles unantaftibares Befigrecht verbunden, Das
neben gab «8 im alten Serbien noch Lehensgüter, jogenannte
„Pronia” Güter, an denen bie Belchnten nur das Nubs
alchungsrecht befaken,
De Soden
Haufes und die gleiche Obliegenheit, für bas Haus nady
Mafgabe ihrer Kräfte zu arbeiten und zu dienen. Was in
der Haus Kommunion mit gemeinjamen Kräften erworben
wird, ift gemeinfames Hausgut, von welchen bie Unterhals
tung der im Militärbienfte jtehenden Mitglieder und ihrer
Familien, fowie bie übrigen Auslagen des Haufes beftritten
werben, Der Hausvater bewahrt die Vorräthe des Haufes,
er beforgt ihren Verkauf und den Einkauf der Hausbebürfs
niffe. Wenn bie Hausgenoffen Mißtrauen in die Einficht
über Meblichkeit des Hausvaters hegen, jo Können fie vor
dem Hausvater über fein Sehahren Mechenichaft fordern und
einem aus ihrer Mitte die Mitjperre der Vorräthe und ber
Kaffe übertragen.
Bel dem Ankauf ober Verkauf von Liegenjchaften, bei
beven Bertaufhung, Verpfändung, Verpachtung oder Bejchwer
rung mit einem Servitut, fowie bei der Aufnahme eines
. Darlehens oder bei der Anlage eines Capitals für das Haus
mußte der Hausvater immer die Zuftinmung der großjährts
gen Männer des Haufes Haben. Ungegründeten Widerfprud
derfelben befeitigte die Oberbehörde. Außer dem Hausvater
und ohne defjen Einwilligung fonnte kein Hausgenoffe eine
Verbindlichkeit für das Haus übernehmen oder Schulden auf
bafjelbe contrahiren,
Der nach Hinterlegung ber nöthigen Borräthe und nady
Abzug der Auslagen oder Schulden verbliebene reine Webers
Fuß des Einkommens konnte nach freiem Ermeffen der Hause
genoffen, doch mit befonberer Berüdfictigung des Hangvaters
und ber Hausmukter, getheilt werben, Die Lepteren erhiels
ten in der Regel doppelte Untheile. Nachläffige Hausgenoffen
waren von diefer Betheiligung ausgejchloffen.
Kein Hausgenoffe darf für fih und feine Familie eine
befondere Wirthjcaft betreiben, eigene Grundftüde antaufen,
‚auf feine Nechimng Pachtungen aufnehmen, befonderes Vieh
halten oder fonft einen eigenen Erwerböjweig betreiben, ber
Äbn vom der gemeinjchaftlichen Hausarbeit abhält. Fällt ihm:
130 Die flavijgen
Zu einer foldhen Theilung war bie einflimmige Eins
willigung aller großjährigen Männer des Haufes nothwens
dig; das Grundgejep vom Jahre 1850 erleichtert bieje Bes
- bingung infoferne, als es bloß die Zuftimmung der Mehr:
zahl der Hausgenoffen verlangt, dabei aber den Familien
mitgliebern beiderlei Gefchlechts, die das 18. Lebensjahr zus
rücgelegt Haben, das Stimmrecht einräumt. Cine zwangs-
weife Theilung lonnte von ber Negierung im Interefje der
Ruhe und Orbung anbefohlen werden. Gelbftverftändlic
unterlag auch der freiwillige Theilungsakt der Ueberprüfung
und Gutheißung ber vorgefegten Behörde, Wegen blofer
Familienzwifte und wenn bie gejeßlichen Erforberniffe nicht
vorhanden waren, burfte feine Theilung ftattfinden. Unruhes
ftifter und riebensftörer waren mit Strenge zur Orbnung
zu weifen, und falls es Männer waren, nad wieberholter
fruchtlofer Ermahnung in ein Linien» Regiment oder zum
Fubrwefen der Armee einzureihen.
Trogdem Tamen zu allen Zeiten jelbft in dev Militärs
Hränge zahlreiche ungejeliche ‚ insbejondere geheime Theilun-
gen von Haus-Fommunienen vor, und 8 konnten biefe auch
durch bie jhärfiten Verordnungen nicht verhindert werben,
vielmehr jah die Negierung ji durd) den Zwang ber Thats
jachen genöthigt, jelänger jemehr von dem ftarren Fejthalten
au dem Princip der Untheilbarkeit des Hausbefiges abzulaffen.
Die Aufnahme einzelner Perfonen durch Adoption ober
ganzer Familien durch „Einfommunirung“ in eine beftehende
Haus:Kommunion war ftets erlaubt, jobald bie Aufgenommenen
alle gefeglichen Obliegenheiten wie die übrigen Hausgenofjen
übernehmen wollten. Die Aufnahme neuer Familienmitglies
der bedurfte ebenfalls der behördlichen Beftätigung. Brachten
felhe Perjonen oder Familien einen Antheil an Grundftüden
mit, jo entitand eine „Einverleibung.* Der Austritt aus
dem Verbande der Haus:Kommunion war im Allgemeinen
von der Erfüllung ber Mititärpflicht und dadurch bedingt,
daß der Nustretenbe die Erfordernifje zur Gründung eines neuen
Die jlaniidhen
zur Vertreibung ober Abwehr ber „allgemeinen Yänderplage",
des Pauperismus und bes Proletariats, dienen inne Das
Zujammenwohnen und die Gefelligteit mit Verwandten fürbere
bei der Jugend weit mehr deren Bilbung ala der Umgang
mit fremden Leuten; auch bie Begründung von Schul: und
Grziehungsanftalten fei dur; die Haus Kommunion leichter
zu beiwerkftelligen. Die Anzahl ber Gefepesübertretungen
fel in ben Familtengenoffenfhaften geringer, weil niemals
alle Hausgenoffen fehlecht feien, einander vielmehr von
üblen Thaten zurüchalten und fich gegenfeitig beauffichtigen.
Der Verbruß und bie Nachtheile mit ungetreuen und nade
täffigen Dienftboten bleiben dem Hausvater einer Kommunion
gleihfalls erfpart. Der Vorwurf größerer Unfittlichteit wirb
mit dem Hinweife abgelehnt, daß gerade in ben Haussfoms
munionen in der Megel beffere Moralität Herriche, weil hier
der ftete Verkehr der Kamilienmitglieber geheime Lafter auss
ihliege, aud bie Eheichliehungen nicht exfehtwert werden,
Dajjelbe gelte von dem iFamilientugenden der Eltern und
Kindesliebe, der Pietät gegen das Alter, dem Fein ungeduls
diger Habfüchtiger Erbe bie Tegten Tage bes Lebens vers
bittere, da ja ber Einzelne nichts erben Lönne,
Mit Nüdfiht auf die allgemeinen focialpolitifchen Vers
bältniffe fei 69 aber zum Vortheil und der Menfchenwürbe
angemejfen, wenn das egoiftifche Cinzelintereffe fich zu bes
fheiben und dem Wamiliens Intereffe unterzuorbien wife,
Die Hauss Kommunion bilde ein erwünjdtes Mittelglied
zwifchen Individuum und Gemeinde; fie fei eine Schule zur
Erziehung und Erhaltung eines tüchtigen, conferbativer.
Bauernftandes nnd die befte Schugwehr gegen bie Hus-
wüchfe des Jubividualismus, bie auf eine Atomifirung ber
Gefellfägaft abzielen, fowie gegen bie ebenfo gefährlichen
conmuniftifchen und focialiftifchen Tendenzen, denen gegenüber
fie als ein wohlgeglieberter Organismus erfcheine. So lange
bie Haus-Kommunion eriftire, gehören alle ihre Mitglieder
dem Bauernflande an, wogegen bei der Muftheilung ber
144 Sratlen,
Intereffant ift 8, die Aufnahme zu verfolgen, welde
dieje begeichnenden Stellen des minifteriellen Programms
unb der Thronrebe feitens der Mitglieder der neuen Kammer
fanden. Das Verjprechen, die waterländifcgen Jnftitutioren,
die Ruhe des Landes fammt der Freiheit der Einzelnen
Hräftig ftügen zu wollen, wurde mit frenetifchem Beifall won
dem weitaus größten Theil der Deputirten entgegengenommen.
Bei der Aufforderung des Königs, den Hader dev Parteien
zu erftiden und am WUusbau der Staatsverwaltung mit
heißem Bemühen zu arbeiten, ermannte dagegen nur bie
Nechte fih zu einer Dankesäußerung. Und zwar mit Recht,
Die Herren von ber Rechten haben geopfert, fie wollen aber
aud wifjen, wofür. „Will Jemand“, rief Depretis zur
Strabella, „in unjere Neipen eintreten, mein befcheidenes
Programm annehmen, fich einer Verwandlung unterziehen
und zum Progreffiiten werben: wie könnte ich ihn abweifen?
Auch dem Arbeiter der legten Stunde hat ber göttliche Meifter
ben ganzen Lohn verheißen, Nachdem Depretis mit Sirenenz
ftimme den Mitgliedern ber Mechten gefungen umb bdiefe den
verlodenden Tönen gefolgt find, wollen fie an ber großen
Beute auch ihrerjeits gebührenden Antheil haben. Die Auf:
forberung des Monarchen und jeines Minifters an das Pars
lament, fi, dem Ausbau des Organisnus der vaterländifchen
Iuftitutionen zu widmen, beziehen die Mitglieder der Nechten
in erfter Linie auf fi. Um jo richaltlofer glaubte die
Rechte fi biefer Hoffnung bingeben zu dürfen, als Depretis
es gerade den Bemühungen ihrer Partei zu danken hat, daß
er heute als Sieger auf dem Plan fteht.
Nicht mit Unredht haben unabhängige Blätter die
Stellung, welche der Minifterpräfident Depretis heute eins
nimmt, mit derjenigen eines Diktators verglichen. Bon ber
Kammer wurde feine Diktatur twieberholt anerfannt. Solange
das Minifterium echt republifanifche Elemente, wie Zanarbellt
und Baccarini, fammt dem chamäleomartigen Unterrichtss
minifter Baccelli in feinem Schooße befigt, kann Depretis
146 Zialien,
riums, Mardiori und SonninosSiöney, zur Befriebigung
Depretis' die nötige Stimmenzapl.
Ju ber Hand bes Herm Depretis ruhen mithin gegens
wärtig die Gefhide Italiens. Das Panier, mit welchem
er feinen Getreuen vorangeht, trägt bie Devife: Unvergüg«
licher Ausbau der ftaatlichen Injtitutionen, Schub ber reis
heit und des Nechtes. Man ftaunt ob der Wandlung, die
NH in dem alten Nevolutionär vollzogen hat. Der nämliche
Dann, ben Garibaldi in der Zahl derjenigen aufführt, welche
dem Eid Teifteten, nicht ruhen zu wollen, bis Jtalien einig,
unabhängig und Nepublik fei, übernimmt, jegt das Amt des
Beihügers alles beffen, was confervativ ift, Seitens aller
am Ruber befindlichen Parteien fühlt man es tief, dag man
auf bem betretenen Wege nur zum Nuin des Landes ver:
harren Fönnte, Aber umlehren auf ber fchiefen Bahn ift
unmöglich. Mit diabolifcger Luft wurde mehr denn vierzig
Jahre am Sturz der alten Orbnung gearbeitet, Erft ein
Vierteljahrhundert beftcht die neue Schöpfung und mit vers
einten Kräften fol nunmehr das Werk des Ausbaues der
Iuftitutionen in Angriff genommen werden. Man Lönnte
den Berfigerungen bes Deinifters Glauben fhenten, wenn
nicht gewijfe Gerüchte in ber Luft umberfhwirrten, als ob
bebeutende auswärtige Staatsmänner ihrem Ekel an bem
Treiben der Parteien in Italien unverholen Ausdrud ver:
lichen hätten, Aber bie wirfjanfte Widerlegung einer Umzs
wanblung des Her Depretis zum Beffern enthält jene
Stelle der Thronvede, in welder der Entftchung des neuen
Reiches feierlich ein Loblied gefungen wir. „Niemand,
läßt Depretis den König fprechen, „fol vergefien, von wels
em Punkte die Erhebung Jtaliens ihren Ausgang nahm.
Zu einer Zeit, in welder es Thorbeit dien, die Macht
anzurufen und zur Eroberung des Rechts der Nation auf
die Waffen zu vertrauen, ba hat ber wunderbare Zuftinkt
des ums voraufgegangenen Gejchlechts, befjen legte Mcherreite
ich mit Verehrung erblice, bie Gefchichte ber nationalen Ers
148 Yalien.
die Schulgefege haben, namentlich diejenigen, weldhe das
Volksfhulwefen betreffen, wenn bie neuen Beftimmungen
nicht allein die Kräftigung des Körpers anftreben, fondern
au der Seele eine geiftige Nichtung verleihen: denn ohne
eiöile Difeiplin (senza diseiplina eivile) Kann es unmöglich
einen nüglichen Gebrauch der Freiheit geben." Wenn au
der Senat welt Höhere Anforderungen an bie Volksfchule
machst als die Krone jammt Minifterium: fein Jdeal einer
blos „eivilen“ ober humanitären „Bildung“ ift noch immer
himmelweit entfernt von der Kuffafjung des; Christianus
alter Christus,
Mit dem allertiefften Bedauern Tiest man denjenigen
Pafjus der Thronrede, welcher fi mit den milden Stifs
tumgen befaßt, Wenige hriftliche Länder befapen bis auf
die jüngfte Zeit herab einen jo immenjen Reichtum aus
Fundationen zue Linderung aller Formen bes Elends wie
Ztalien. Vor allen übrigen Städten der Halbinfel zeichnete
fi die Hauptftadt der chriftlichen Welt aus. Nachdem das
Patrimontum ber Armen feit 1860 in Folge des gemalt:
famen Umfturzes der alten Ordnung ungehenere VBerkufte
erlitten, vernimmt das erjtaunte Stalten ans Königlichen
Munde folgende Worte: „Neue Vorfchläge bezüglich der
Woptthätigkeitsanftalten werben Ihren zugehen, um auf
Grund einer nüchternen und jtrengen Verwaltung die Wege
au bezeichnen, am bas zur Linderung des Unglüds von uns
feren Vorfahren Hinterlafjene reihe Erbe den wahrhaft Bes
bürftigen zuguwenben und an Stelle der erfchlafften und
bisweilen erniedrigenben Nächftenliebe eine väterliche Untere
ftägung treten zu Taffen, welche ftärkend und ermuthigend
wirkt." Die fatholijche Nächitenliebe fol ermiedrigen und
würdelos machen; aber das offizielle Staatsunterftügungs:
Wefen ermuthigen und ftärken! Gtüdllichermeife haben wir
biefjeits ber Berge für biefe Auffaffung der focialen Fragen
fein Berftändniß,
Auch bier verbient der Senat eine lobenbe Erwähnung,
156 Anfangs 1889.
Können: ex fei „der größte ber hervorragenden Staatsmänner
‚Eiropa’s geweien, weil ihm die Zukunft gehört Habe. So
aber ift bloß ein Fühner Abenteurer geftorben, von bem
Niemand fagen kann, was ihm bie Zukunft gebracht hätte;
vielleicht eine abermalige yluht nad San Sebaftian, nicht
vor einem Invafionsheere, fondern vor dem Bollszorn, Als
während des für frankreich tief bejhämenden Verlaufs ber
ägyptifchen Krifis der damalige Minifter frepcinet in der
Kammer fagte: „Von ihm feien Feine Abenteuer zu bejors
gen“, ba wußte Jebermann, wen ev vor bem Lande benuncire,
yür den Fall ver Noth aber hat Frankreich nicht am bem
parlamentarijchen Intrigauten, fonbern an bem faft gleiche
zeitig Hingefchtevenen General Chanzy, einem braven Soldas
ten und begabten Staatsmann, einen fehweren Berluft erlitten,
In dem Schwarm ber liberalen Leichenbitter treten for
gar Gratulanten auf, welche das deutjche Reich heglücwüns
fchen, daß es des Fahnenträgers der. franzöfifchen Nevande
nunmehr ledig fei, und bie Zondoner „Times“ jagen gerade
zu, daß durd) den Tod Gambetta's das europäische Gleiche
gewicht gejtört jei. Offenbar wohl darum, tweil mım Niemand,
mehr bem Fürften Bismarek bie Wage halten könne, Aber
die traurige Wahrheit ift die, daß nicht eine Partei, fondern
alles Bott in Frankreich die Fahne der Nevande trägt,
mern auch dicht verhüllt nach dent Nathe des Erfinders der
„Dpportunität“ und gemäß feiner Bertröftung:: „Nur Geduld,
«8 kommt jchen!" Inzwiichen unterhielt er die Nation mit
einem andern Kampfz gegen bie Kirche, Aber nicht ein
diplomatifger Schlautopf wir das Signal zur Nevande
geben, fondern die Thatjachen werben 8 thun mit Sturmes«
gebraus; möglich fogar, daß Gambetta bis dahin burch
irgendeine parlamentariiche Verfentung in's alte Eifen ges
fallen wäre,
US am Anfang des vergangenen Jahres das Auftreten
Stobelefjs in St. Petersburg und Paris eine ähnliche Auf:
zegung hervorrief, wie fie in wergrößertem Maßftabe anı
Ende des Jahres von Berlin aus wicber in Scene gefegt
Anlongs 1883,
lich nur eine Stparatvereinigung der zwei Kaifer innerhalb
bes mweitern Rahmens, der das ältere „Verhältuiß" der drei
Kaifer zu einander umfpannt. Aber wozu dann der Lärm?
Natürlich fagte fih das Publikum’: e8 fei eben wieder das
bekannte Spiel, durch welches jedesmal dann der „Krieg in
Sicht" gegeret werde, wenn ber umerfättliche Moloh des
Militärärare wieder mit neuen Mehrforberungen umgebhe;
weiter habe e8 feinen Zwed, Diepmal jollte e8 jih um eine
bedeutende Vermehrung der Artillerie handeln, weil Franfrei
und Rußland im biefer Waffe überlegen jeien, Aber wenn
das Alles jo ift, und e8 wird fo fenn: werräth fid, nicht auch
darin wieber das gefteigerte Miftrauen in bie Erhaltung
des Friebens? Und kann es denn, wenn in folder Weife
Änmer wieder der Teufel an die Wand gemalt und mit dem
Weuer gejpielt wird, enblich ausbleiben, daß der Stachel ber
Verbitierung in ben Gemüthern weiter eindringt und fchlich-
lich Jedermann den offenen Krieg einem foldhen Überfaulen
Brieben worzicht?
Ob Rußland wirklich einen Angriffstrieg gegen den
„germanifchen Weiten" yorbereitet, haben wir nicht zu unters
fuhen. Daß der Nagenhai innerhalb der flavifchen Welt
dem Siebepuntt nahe ift, verrathen auch wieder verichiedene
Symptome, die der Tod Gambetta's zu Tage gefördert bat.
Dah der Zufammenftoh fozufagen naturgejehlich erfolgen
muß, und daf dann frankreich, auch ohne Gambetta, die
günftige Gelegenheit nicht verpaffen wird, das bezweifelt
eigentlich Niemand, ürft Bismard hat diefs auch gemeint,
wenn er im Meihstag fagte: die Bajonette der Nachbarn
hätten eine" polare Richtung gegen die Bruft Deutjchlands,
Wann umd wie? darüber wird ber Verlauf bes türkifchen
Marasmus entfcheiben. Das Alles konnte alfo einen Grund
au neuer Beunruhigung nicht abgeben. Unders aber fteht
es mit ber Thatfache, dak jchlieflich auch nod die Haltbar:
keit des Bündniffes mit Defterreich, nicht von Wien, fonbern
von Berlin aus, in die öffentliche Discnffion gezogen worden
Hl. Wenn die deutfchen Neihsbürger in dem Glauben, daß
174 Dionyfins
1, Bon ber himmlijhen Hierardie (mepi zig
obgariag legergyiag — de coelesti hierarchia) oder von den
Namen, Ordnungen und Dienften der Engel in 15 Kapiteln,
Die Grundgedanken ber Schrift find folgende: Die Engel
bilden neun Chöre und drei Hierarchien. Die oberfte Hiers
arhie faßt die Seraphim, Cherubim und Throne in ich,
Die Serapbim betrachten unaufhörlih bas göttliche Wefen,
das ganz Licht umd Liebe ift, und jinb jelbft von ber glühr
endften Liebe ganz entzündet, Die Cherubim verjenken
Äh im Unblicde Gottes in feine Nathichlüffe, die Throne
in bie Betrachtung feiner geheimnißvollen, preiswürdigen
Gerichte. Die mittlere Hierarchie begreift im jich die Herre
Ihaften, welde das anordnen, was nad) Gottes Willen
zu gefhehen hat, datın die Kräfte, welde das Beichloffene
ins Werk fegen, und die Gewalten, welche biefes in feinem
Kortbeftande leiten, Die dritte Hierarchie befaßt fi mit
dem Menjchen, indem die Mächte das allgemeine Wohl
der ganzen Menjchheit wahrnehmen, die Erzengel bie eins
zelnen Völker zum Heite lenken und die Engel der perjün«
lichen Heilsführung der einzelnen Menfchen fich annehmen.
Die oberfte Hierarchie dient jomit ausfchlieflid Gott und
feiner Verherrlihung, die mittere der ganzen Schöpfung, die
unterfte ben irdifchen Vorgängen, bem einzelnen Völkern ıumd
Menfhen. Die Thätigkeiten diefer drei Hierarchien ente
foredien den drei Stufen des miftifchen Lebens, Einigung,
Erlendtung und Reinigung. Das reinigende, erleuchtende
und einigende göttliche Gnadenlicht jtrömt von den höheren
Ordnungen auf die niederen über,
Höymmen; bayın 7) wach einigen Anbentungen ein Bud über
bie Hherardie bes Befehes, d, L über bie altteflament«
liche Hierarchie. — Diefe fieben Schriften bilden, mit ben uns
nos erhaltenen vier gröheren Werten yufammen, ein vollftändigeo,
organish zufammengehöriges Syfiem ber gelammten
theolsgifhen Dogmatik,
176 Dionyfius
3. Von den göttlichen Namen (mel Ielar dro-
Karov — de divinis nominibus) in 13 Kapiteln. Die an
fh ganz unerfaßbare, weil unendliche Wejenheit Gottes,
bemerkt der Verfaffer einleitend, ift mr aus dem erfenubar,
was Gott felbjt über fi in der hi. Schrift geoffenbart und
zwar in den Namen, die er fihgegeben hat, da er zugleich
hamenlos und allnamig ift. Daher werben bier bie in ber
Schrift vorkommenden Namen und Bezeichnungen und bamit
das Wejen umb die Eigenfchaften Gottes in fehr eingehender,
Hiefs und feharffinniger Weife erläutert, Außerdent koınmt
Dionyfius auf das Böfe, deffen Urfprung und Wejen, auf
die Trinität und Erlöfung zu fprechen. Diefe Schrift ift
fein Hanptwert und enthält feine theologiihen Grundans
Ihauungen.
4. Bon der mpftifhen Theologie (meei zig
uvorızis Yeokoyiag — de mystica theologia), eine furze
Betrachtung über das göttliche Wefen, das, an fidh unerfaßbar,
unergrändlih, wunausfprechlich, weder mit bejahenben noch
verneinenden Präbdikaten erfdhöpfend und adäquat bezeichnet
werben Kanıt,
Diefe vier Schriften find dem „Mitpresbyter” Timo
thens gewidmet.
5. Was die 10 Briefe betrifft, jo find die erften vier,
an ben Therapeuten Eajus gerichtet, jehr Furze Excurfe über
verfchiedene theologische Lehrfähe, über die Umwifjenheit in
Bezug auf Gott, das Urprincip der Gottheit, über die
Menfhwerbung Gottes, Der fünfte an den Liturgen Doz
rotheus erflärt in einigen Sägen die göttliche Finfternif,
von welcher in der „miftifchen Theologie” die Nede ift; der
ebenfo Kurze fehste an den Presbyter Sofipater mahnt
diefen, nicht fo fehr polemifch gegen die falfche Lehre aufs
zutreten als Ihre vielmehr eifrig, Fräftig und lichtvoll die
Wahrheit entgegen zu ftellen. Der fiebente an ben Hiers
arden Polyfarp führt bie nämliche Mahnung etwas weiter
aus Der achte am ben Therapeuten Demophilus ift eine
178 Dionyfius
Sofipater und Doroiheus, am welde er Briefe richtete, die
Bekannten Apoftelfchüfer mit biefen Namen; c) ex berichte,
daß er mit Petrus und Jakobus „ven Ichendigmacenden
und gottaufnehmenden Leib,” d. i. die heilige Jungfrau
Maria befucht und gefehen habe; d) es jet von ihm zugleich
mit dem heibnifchen Philofophen Apollophanes die Finfterniß;,
welche bei dem Tode des Herrn eingetreten, zu Seliopolis
beobachtet worden. Dazu kommt dann €) der Brief an den
Apoftel und Evangeliften Johannes auf Patınos, woraus,
wie es den Anfchein hat, unzweifelhaft erhelle, daß der Ver
faffer ein Zeitgenoffe diefes Apoftels gewefen fei und unter
Kaifer Dontitian gelebt und gefehrichen habe.
Von diefen Meinungen geleitet, bielt man unbebentlih
ben apoftolifchen Dionyflus und Areopagiten für den Autor,
eine Meinung, weldie ben Schriften jelbft großes Anjehen
verlieh, Deffen erfreuten fte fich denn auch unbejtritten das
ganze Mittelalter hindurch in der morgenländifchen und abends
Tänbifchen Kirche; in diefer feit ber grichijche Keaijer Michael
Balbus ein Eremplar verfelben Ludwig dem Yrommen zum
Gefchente gemacht (827), und Scotus Erigena e8 dann ing
Lateinifche überfept Hatte). Berühmte griechifche Gottes:
gelehrte, wie Johannes Schthopolis, Marimus ber
Belenner, Undreas, Erzbifchof von Sreta, und die ange:
fehenften feholaftiihen Theologen, ein Hugo von St,
Victor, Alberins Magnus, Thomas von Ayuin,
Dionyfius der Carthäufer (7 1471) fhrieben Com:
mentare zu einzelnen diefer Schriften.
Nah Erfindung ber Buchdruderkunft und mit dem Ers
wachen der Srltif erhoben fih indeh bald Bedenken gegen
deren Uechihelt. Zuerit that dick Baratier, dann Laus
rentius Dalla, Erasmus von Rotterdam, Morinns,
1) Ber Ecoins Grigena hatte ber Abt Hildwin von St, Denys
‚eine Iateinifhe Meberfehung gefertigt,
und Deutung der fraglichen Stellen. Dem nichtszufagen
davon, baß er fich nirgends den Areopagiten nennt oder nur
infinuirt, er wolle für benfelben gehalten werden, fagt er
audı: a. mit feiner Silbe, daß er ein Schüler des Paulus
fe, d. i. feinen perfönlichen, münbligen Unterricht genoffen
babe, Er nennt vielmehr einen gerijfen Hierotheus feinen
hocverehrten Lehrer, welchen, wie ihm felbft, „der jelige
Paulus eine gemeinfame Sonne gewefer jel/’*), durch defjen
Schriften fie beide alfo mit der Kenntnif der göttlichen Dinge
erfüllt worden feien. b. Ucherbieß beruft er fich für feine
Lehre von der Kinbertaufe auf dasjenige, was „bie gott»
geftaltigen Lehrer, burd alte Neberlieferung bes
lehrt, auf ihm fortgepflangt haben?) Mithin gehörten
nicht einmal feine Lehrer, gejchweige denn er felbft, ber apoe
ftofifchen Zeit an, da ja diefe jhon burdh eine alte Webers
Kieferung über bie Erlaubtheit und Giltigkeit der Kindertaufe
belehrt worden find. c. Läßt fich nicht beweifen, daß mit
den fraglichen Namen die betreffenden Apoftel und Apoftele
Ihäler gemeint feien; ja e8 ergibt fich im Gegentheil aus
den Schriften felbft mit vollftändiger Sicherheit, baß z. DB.
Timothens, dem fie gewidmet find, unmöglich der Pauluss
fehüler jeyn könne. Denn der Berfaffer nennt ihn wiebers
holt feinen Mitpresbyter, fogar feinen Sohn’) und
ertheilt ihm Belchrungen, wie einem Schüler, was ninmers
mehr auf den berühmten Apofteljchäfer und Bijdof von
Ephefus fich beziehen Kann, auch wenn Dionyfius älter war
als er‘). .d, Ferner wird darin die Stelle aus dem Briefe
1) De div, nominib. 1.8.1503. 2
2) Do eccl. hierarcbia, «. 7.n. 3. $. 11.
Y)L.ecatsheo3 1. etc
4) ©o ermabnt er ihn einmals „ber hüte dich, das Allerheitigiie
auszuplaubern, fernberm achte umd ehre bie Geheimmniffe bes vers
borgenen Bottes.”" a, Timetkeus fennt nicht einmal ben Sinn
und bie @nabenträfte ber Ihrgifchen Weihegebete und muß fle
Bilder
Damit möge man bie Gaffenhauer vergleihen, wie fie
im Jahre 1849 von dem rabifalen Gefindel in Baden und
der Pfalz gebrüllt wurden.
Unbegreiflich ift «8 uns, daß Profeffor Dr. Egger bie
Verarmung des Landes Tprol zum Theil dem Klerus zur
Laft legt. Wie die? Leben die Geiftlichen vielleicht ber
fonders üppig, verpraffen fie den Schweiß; des Bolfes an
wohlbefegten Tafeln? Die einfache, ja ärmlice Lebensweife
der Tyroler Euraten ift männiglih befannt, und aud Dr.
Egger hat beffen Fein Hehl; fie haben in der Megel Mrum
den britten Theil ber Einkünfte, wie le in Deutfchland eine
proteftantiiche Duchjchnittspfarrei ihrem Inhaber bietet. Jeder
andere Stanb in Dejterreicdh ift weit beifer befolbet, feit
nenefter Zeit aud das Schmerzensfind des aufgellärten Phis
Tifters, der Schullehrer, namentlich wenn er „Schulleiter” ift,
wie man in Defterreih den Oberlehrer nennt. Auf einer
Reife durch das Salzkammergut fraf ich in den leßten Jahren
einen Guraten in der dritten Wagenklaffe; fein Lehrer das
gegen fuhr in der zweiten,
Defsiwegen, fagt man und, mehren die Geiftlihen die
Armuth, weil fie den Bauern verleiten, fhöne Kirchen zu
bauen, ımb unermübet für den Schmud bes Gotteshaufes
forgen. Das erinnert ja umwillfürlih an bie Pharifäer,
welche Maria Magdalena anflagten wegen Berjhwenbung,
als fie die Füße des Herrn mit Foftbaren Narben falbie.
Wen dieß ärgert, ber gehe eimmal mad, Thüringen oder
anderswohin, jo recht in das Herz bes Proteftantismus; da
wird er ben Pfarrer in jchönem Haufe mit wohlgepflegtem
Garten wohnen fehen, während das Haus Gottes ein Mufter
von Gejchmadlofigkeit ift, häufig verwahrlost und voll Schmuß.
Das ift mun freili, wie no gar mandhes Andere, nicht
ewangelifh, wiervohl fie fih die Evangelifhen nennen. Und
wer bie Briefe des hl. Hieronymus nachlefen wollte, ber
würde finden, bafı man es jchon damals, gerade fo wie ned)
Heute in Tyrol, als die [Gönfte Aufgabe des Geiftlicen ber
200 Ziler
Soll fie denn überall erniebrigt werben zur Hetäre im Dienfte
flügtigen Sinnenreiges, oder im beiten Falle über das Genre
fich nicht erheben dürfen? Hat do die Mündener Aus-
ftellung vom Jahre 1876 im geradezu erfchredender Weife
den Verfall der Malerei vor aller Welt fund gethan. Und
felbjt da, wo Einer oder ber Andere in der religiöjen Malerei
fi verfucht, liefert er doch nicht felten mur ein ungefundes
Probuft, feine Arbeit ift gemacht, jerlenlos, manierirt, weil
ohne tieferes Berftändnig und wahre Empfindung, und kann
dann nur dazu bienen, bie Kunft ber „Nagarener*, wie fie
geiholten wird, nicht ohne Grund in Mikachtung zu bringen.
Weil nod) wahrhaft veligiöfe Künftler, hat Tprof auch
noch ädte religiöfe Malerei. Flag Hat in feinem Studio
viel gebetet, wie einft Fra Angelico; darum muthen ums
feine Meuttergottesbilder jo fremm am. Platiner hat fich
mit Liebe im die Katholifhe Liturgie verfentt; darum find
feine Bilder auf dem Frievhofe zu Iunsbrud, und befonders
feine legte Arbeit, das Te Deum laudamus zu Jenefien fo
gedanfenvoll und tiefjinnig componirt, ausgeführt mit Bes
rüdjihtigung aller Fortfchritte der modernen Technit, ohne
doch dur Farbenglanz beftechen zu wollen, Kirchlich aufge
faßt, aber frei von archaiftifcher Manier. Als ih einmal
einen Tyroler Künftler in eine banerifche Kirche führte,
welche nach ihren arshitektonifchen Berhältniffen nicht unfhön,
feibjt originell ift, aber mit gelber Kirhenfarbe im Innern
angeftrichen nichts das Gemüth Erhebendes bot, fagte mir
diefer: „gm eine folche Kirche wirb Fein Tyroler gehen.“
Mas aber aus einem Volke wird, das der Kirche entfrembet
ift, beweist die Erfahrung.
Denn die Schule Fanın die Kirche nimmmermehr erjegen.
Wirft man einen Blit auf die Thätigfeit der liberalen Aera
in Saden der Schule, fo wird man nmeillfürlih an jenen
italienifhen Bauern erinnert, ber bes fühen Weines etwas
zu viel genoffen batte, Als er fein Thier befteigen wollte,
um nad Haufe zu reiten, fiel ex immer wieder herab; ein
gehen, um Aufklärung umter das Landvolt zu bringen. VBoll-
gepfropit mit allem möglichen Wifjenstram, das fie ohne Ver=
Händniß, nur halb und oberflächlich aufgenommen, fehiet man.
diefe arınen Gejchöpfe hinaus, wo fie einfam ftehend, oft
ohne Kenntnig des Allernoihwenbigften, was zur Führung
eines Haushaltes gehört, vielfach enttäufcht bald fi unglüds
Tich fühlen müfjen. Da denfe ich denn oft an eine Lehrerin
in einem Heinen Orte Norbigrols, die ich Tennen lernte; fie
war eine Fräftige Perfon in den mittleren Jahren, gefund
und frifh am Leib md Seele. Als Lohn für das ganze
Jahr empfängt fie dreifig Gulden, und ift nebenbei mit
Handarbeit befhäftigt. Der Eurat lobte fie anferordentlichz
im Katehismus, erzählte er, feien die Kinder vortrefflih
unterrichtet; 2efen, Schreiben und Rechnen verfiche fie au
ihnen gut beizubringen. Wer noch mehr lernen wolle, bes
merkte er, habe Gelegenheit, im benachbarten Städtchen
höhere Keuntniffe fich zu erwerben; künftigen Studenten gebe
der Gooperator bereitwillig Unterricht im ber fateinijchen
Grammatif. Ein ädhtes, praktifches Ehriftentkum, fegte er
binzu, fei die Hauptfahe in der Erziehung. Naturkunde,
Himmelskunde und der übrige Firlefanz pafle micht für das
Ihwahe Weibergehirn; es jei ohnehin nichts Nechts, was
fie lernen, und bei der Arbeit im Felde, auf der Weide, im
Walde, im Kubhftall gewännen fie mehr praftifche Kenntniffe
in der Kränters umdb Thierfunde als aus ihren Büchern.
Ich fonnte dem Leinen Tebhaften Männchen nicht gang uns
vet geben; .er wird das aus Erfahrung wohl am beiten
wifjen. Se breiter der Strom der Bildung, defte: jeichter
wird er; mb halte Bildung Üt nicht biok ein wibers
wärtiges, jondern ein Hödhit gefährliches Ding. Nur wenige.
beurtheilen fi chen wie Sofrates, bem darum bas Orakel
für den Weifeften unter den Griechen erklärte, weil erwußte,
daß er nichts wußte, „Thoren und ‚gejceibte Leute”, fügt
einmal Göthe, „find. beibe unfchädlic, aber Halbthoren und-
Halbweife find die gefährlichften.“
Bernbo nicht gerne bie Bulgata Ins, und Erasmus nie mit
dem Bolfe in befjen Sprache redete, um feinen lafeinijhen
Stil nicht zu verderben, wenn überall au an proteftane
üfhen Höfen frangöifge Sprage, Eitten, Yauten, Gärten
gepflegt wurden, italienifche Baumeifter im Herzen von Deutfchr
Ianb ihre Ehätigfeit entfalteten zu einer Zeit, als bie Mefor-
mationsperiode längft abgelaufen war, und jelbft die Pauls:
Kirche zu London im Renaiffanceftil, das Theater zu Bayreuth,
diefes Kabinetftü des Nococo, von dem taliener Bibiena
im vorigen Jahrhundert gebaut wurde, jo beweist bieh,
daß eben ber in ber Menaiffance zur Geltung gelonmene
Gebanfe, ob mit Mecht oder Unrecht, unterfuchen wir nicht,
einen: umwiberjtehlichen Neiz. für diefe Jahrhumberte Hatte, ber
in Politi, Literatur, der bildenden Kunft und im gejelle
iHaftlihen Leben feine mächtigen Wirkungen äußerte, für
Deutjhland nicht ohne Schädigung feiner Sprache, volfs=
thümlichen Kunft und Sitte. Auf Jahrhunderte hinaus hat
fie die Anfchauung ‚der Völker beftimmt, und es war das
Werk langer Zeit, vieler Kämpfe md großer Männer, bis
für deutfce Kunft in Bild und Schrift wieber ein Vers
ftändniß gewonnen ward. Wenn darum ber Tnroler Sklerus
durch eine faljche Gefhmadsrihtung vor Zeiten gefündigt
bat, jo Mage man nicht ihn allein an, alle Stände, alle
Länder find in gleicher Schul, und damals gerade jene, bie
das Monopol des guten Gejchmades zu befigen wähnten.
Sellte Einer daher den Tyroler Klerus als bildungs-
feinplich anlagen, daun werbe id; als Gegenbeiweis hindeuten
auf die Gejhichte der Bildungsanftalten ımd Literatur Tyrols,
Man zeige und anderswo ein Öyımnafinm, an dem zu gleicher
Zeit drei Männer wirkten vom Rufe eines Albert Jäger,
Beda Weber und Pius Zingerfe. Und aud) in der Gegens
wart find Männer wie der jüngft verftorbene P. Mar Heols
Taus in Hall, 6 Scufrath, Ps Flavian eben afelkft,
P. Göteftin Stampfer zu Meran, P. Bincenz Grebler, Ans
aoleti, P. Marcus zu Bogen, Direftor Milterrußner zu
234 Die Anarhiften
Theil der Anarhiften umfaßt, lehrt in feinen Hanptfägen
die Drganifation der Arbeit, das Gollektiveigenthum ber
Produktionsmittel, die Vertbeilung des Reingemwinnes auf
das Arbeitsquantum mit Berüefichtigung ungleich Ichaffender
Arbeiter und eine Staatsverfaffung, in welder die Repräs
fentanten des arbeitenden Volkes die unbeftrittene Autorität
ausüben, Das allgemeine Stimmredt wird aufgehoben,
weil fidh diefes als Handhabe der Bonrgeoifie und bes Cäs
farismus erwiefen habe, auch weil c8 der Gormuption die
Thüre öffne. Da die Anhänger diefer Gruppe aljo ben
Staat beibehalten wollen, nennen fie ji Gtatijten, ober in
den Untergruppen, im welde fie ji fpalten: Marriften,
Roffibiliften, autoritäre oder liberale Unarchiiten. Ihr poli:
tijches Kampfesmittel ift die Gewalt, ‘Sie prebigen offen
die Nevolution und die Vernichtung dev VBourgeoifie, ziehen
aber den Strafenfampf mit Barrifaden und den Sturmfhritt
der Arbeiterbataillone dem Dynamit vor.
Noch; weiter vorgefchritten ımd vadikaler als biefe rev:
Autionäre Partei der Gtatiften it bie an Anhängerzahl fehr
geringe Gruppe der eigentlichen Anarchiften. Dieje beftehen
mit Ausnahme der catilinarifhen Eriftengen, welde fih in
alle derartigen verzweifelten Semeinfchaften drängen, fajt nur
aus fanatifgen Schwärmern. Ihre Afpirationen wirben
dem gefunden Menjchenverftand unerflärbar bleiben, wenn
fie nicht auf piochologiihe Urfachen zurücgeführt werden
Könnten, Das wirthichaftliche Syitem diefer Partei ift neben-
aglih und nimmt ihre geiftige Schaffungstraft wenig in
Anfprud, Ihr ganzes Streben und Denfen tjt allein auf
die Zerftörung des Beftehenven gerichtet. Michael Bakınin,
der Stifter diefer Schule, hatte den ruffiihen Nipilismns
auf den dur; Nevolutionen gut vorbereiteten Boden Jtaliens
und Frankreichs verpflanzt. Nicht mur das augenbliclic,
Beitchende, Staat und Gefelljchaft, zu zerftören, damit fid)
aus den Trümmern deffelben eine neue Welt erhebe, fehrt
diefe Schule; mein, auch tern in der Zukunft fh irgendwo
e
ueber. Ppllojophie
Hang zum Polytheismm®, von berfelben Krankheit des Be-
wußtfenns ergriffen wie die übrigen Völker, daher mußte ihr
Monotheismus. jelbft erit grundgelegt, fortwährend gepflegt
und gehütet mb barum es jelbit gegen die übrigen Völker
ftreng abgefperrt werden, damit es dem Polytheismus nicht
erliege, Uber ed warb erhalten, damit, wen die Fülle der
Zeit gekommen, bon ihm aus ber Glaube an den Einen
Gott Und At ben Einen Erlöfer, der aud die Erwartung
ber Heiden war, allen Bölfern verfündet werde, fie alle zur
Einen ‚ Gemeinjchaft unter fi mit dem Einen Gott ges
einiget werben.
Wenn num bie Univerfalmonarien ber alten Welt die
BVölfergeifter und ie conkretes Bewußtjeyn zerjegten, fo
diente bieß gerade dazu, dem Chriftenthum ben Meg zu
Bahnen und jie für eine höhere inmere Einheit empfänglich
zu machen, nachdem jedes Volk für jich feine befondere vers
foren hatte,
Hatten mun die Völfer des Alterthuns feine Ahnung
von der Einheit des Menjchengeflechtes, gejchweige von
dem Einen Beruf derfelben zu Einem Ziele — fo bat
gerade das Chriftenthum diefe Jdee in die Welt gebracht,
indem e8 ben Böllern den Einen Gott verkündete, alle bes
zufen zu Einem Ziele und fo durd den Einen Glauben und
den Ginen Chrijtus, durch bie Eine Taufe und die Eine
Kirche zu Einer Gemeinfchaft im innerften Bewußtfeyn fie
zu verbinden gejucht. Damit hat die Kirche ihre Sendung
begonnen. und fortgefegt His zur Stunde, Die Joee ber
Katholicität in der Menfhheit durchzuführen ift ihr Beruf,
Und nicht fubjettive Jdeen, nicht eine bloße Doktrin it «6,
wobur fie diefem machzulommen fucht, fonbern es find
hödt reale Potenzen geiftiger Natur, durch; welde fie bie
Völker zur Ginheit bindet, Mögen auch die criftliden
Välter politifh und focial einander gegenüberftchen, als
Hriftliche Völter find fie nicht getrennt und ifolirt, fonbern
fie bilden bie Eine hriftliche Gottesfomilie, die Eine Fathos
im Bontififat Leo's XII 365
‚die lehten Worte ein gewifjes Mißtrauen in die
Sue römifgen Verhältniffe in den Tagen der Papit«
en dann enthält die Depefce andere Stellen,
welchen dafjelbe einen Eräftigen Ausdrud gewinnt. Mit
nr Partei, betont der Botjchafter, jet nicht zu
zehinen. As Nepräfentant derjelben wird Garibaldi bezeiche
nel, mit dem Beifügen, 68 könnten fogar Deputirte ben Arts
dag auf Yusantwortung der Mufeen des Vatikan als
Nationaleigenihum in der Kammer einbringen. Auch curfirte
das allerdings vom Gabinetschef im Minifterium ber aus
wärtigen Angelegenheiten, Melegari, als wahrheitswibrig
bezeichnete Gerücht, „dahı die italienifce Negierung beabfidhs
fige, bei dem Tode des Papftes den Hintritt durch eine
Commifjion conftatiren zu lafjen, welhe Gommifjion nach ers
folgtem Augenfein fi wieder zurüdzuzichen hätte.” Weit
ftärtere Gründe zur Beruhigung übrigens boten bem Baron
Haymerle diejenigen Erwägungen, welde jeiner Anfiht nad)
dem Eardinalscollegium ein Ausharren in ber Papftftadt felbft
unter den jhwierigften Verhältniffen empfehlen mußten. Jhnen
Tegt ex eine fo weit gehende Bedeutung bei, baf feiner Meinung
nadı die Beftrebungen der „Wegzugspartei” auch nicht die
mindefte Ausficht auf Erfolg hätten. In ihrer Zufammen:
Faffung glaubte ex diefe Momente als ebenjo viele Beruhig:
ungsgrände Binfichtlich ber Freiheit der nächiten Papftwahl
feiner Regierung mitiheilen zu follen. Wber er thut es
nicht gerabe aus BVerfrauen zur italienifchen Regierung,
jondern in objetiver Erwägung ber Thatfachen und mafe
‚gebenden Perfönlichteiten.”
Wenn diefe Befürchtungen binficgtlich neuer Vergewals
Higungen des hf. Stuhles im jenen dunklen Febrwartagen nicht
in Erfüllung gingen, dann ift das dem gläubigen Katholiken
ein verflärfter Beweis für den Schuß, welden Ehrijtus
Kirdie gerade in den gefahrmollften Augenblien zus
* Der tiefe Schmerz um den Hemgang des neunten
mifchte fi bald mit der Freude Über die Berufung
Im Bontifitar Leo's KIT, 367
‚Beiraut?), Delegat in Benevent, Titnlar-Erzbifhef von Da:
‚miette und Nuntius in Brüfjel 1843—1846, Erzbifhof von
Perugia 19. Januar 1846, wurde Gionchino Pecci am
10. Dezember 1853 mit dem Purpur betleidet und 1876-
zum Kämmerer ber römijchen Kirche berufen. In ber hodhe
‚ragenben uralten Bijchofsftabt Perugia, wo der große In=
moceng III jeine Seele aushandte und fein Nachfolger Hos
norins LIT. gewäßlt wurbe, wo nnocenz IV. wor dem une
zubigen Römervoif Schub und Nuhe juchte, wo Urban IV,
Martin IV. und der heiligmäßige Venebift XL. ftarben, ente
faltete Pecci 25 Jahre eine ebenfo ftille wie fraftvolle und-
gejegnete Wirkjamfeit. Bon feinem Seeleneifer, gepaart mit
hoher Begeifterung für Kirchliche Wiffenfhaft und tiefem
Berftändniß für die Aufgaben des Katholicismus gegenüber
ben Denkrichtungen und Strömungen der Zeit legt die 1879
zu Rom an's Licht getretene Sammlung von Atenftüden
der Bifhöfichen Amtsführung des Earvinal:Erzbifchofs Gio-
aching Pecci vollgültiges Zeugnih ab.) In diefem Wirt
ungsteeife reiften in dem hoben Prälaten jene hervorragenden
Eigenjhaften heran, welche die Welt an dem Nachfolger
Pius IX. jeit nunmehr fünf Jahren bewundert. Denn in
ber That bat der heilige Vater Leo XI. im erften Luftraum
feines Pontifitates durch feine unfterblichen Rundjchreiben
am die Ehriftenheit, die herrlichen Anreven an die aus der
ganzen Welt nad dem Batifan geeilten Schaaren frommer
Pilger, zeitgemäße Reformen auf dem Gebiete der Difeiplin,
und bie mürdevolle Haltung gegenüber gefrönten Häuptern
fi die Herzen der Kinder der Kirche, aber auch die Hochs
abtung und Bewunderung atatholijger Kreife in hohem
1) Don Pasquale de Franeiscis, Discorsi del Sommo Pontefice
Leone XIII. Roma 1832, p. 226: Adjutores stadiorum audi»
‚toribas philosophiae in Germanorum et Hungarorum collegio
‚degentibus dati sumus.
2) Sal. darüßer m. Befprehung im Katholit 1879. II, 302-320.
410 Aus Franfreig,
auf Chanzy als Nagfolger Greuy's ihre Hoffnungen gefeht;
das gefammte Heer, alle Frangofen fahen in ihm den allein
möglichen Oberfelöheren im Falle eines neuen Krieges. Seite
ber bliet man auf den Herzog von Aumale als den künftigen
Oberfelbheren, und felbft Grevy Hat einmal darauf hingebeutet,
baf biefer Prinz fein Nachfolger in der Präfibentjchaft werben
Lönne, Huherdem ift der Herzog von Ehartres ein tüchtiger
Dffizier und auf bem Punkte, zum Generaf befördert zu
werben. Der Prinz von Joinville ift noch immer einer der
tüchtigften Admirale Franfreihe; dev Herzog von Nemours
ift General außer Dienft; der Herzog von Alengon ift Ars
tifferiehanptmann; ber Herzog von Penthitvre Seeoffizier; ber
Graf von Paris Oberft der Landwehr. Dem Heere kann 28
nicht gleichgiltig jenn, ihres beften Generals beraubt zu werben.
Was man bei den Orleans'jhen Prinzen fürdtet, ift
aber gerabe ihre Stellung in der Armee, wo fie um fo bes
Tiebter und geachteter jind, als bie Republik fi jo viele
Berftöße gegen bie bewaffnete Macht zu Schulden kommen
läßt. Ueberbieß bürften die monardhifch, alfe Legitimiftifch,
und orleaniftifch gefinnten Offiziere jeßt die Mehrheit bilden,
defhalb war bei der ganzen Prätenbenten = frage ftets nur
von den Drleans’fchen Prinzen die Sprade, an bie Familie
Bonaparte date man Faum, obwohl eines ihrer Mitglieber
die Beranlaffung zu der ganzen Bewegung gegeben. Uebrigens
dient nur ein untergeorbnetes Mitglied der Bonapartejchen
Famifie als Lieutenant im Here, .
Beim Bolfe erregte die Sache viel mehr Aufmerffamfeit
und Theilnahme als die meiften Vorgänge des legten Jahres.
Einesiheils wurden durdy bie Prätendentensifrage wieberum
die ruhigen gejicherten Zuftände in Erinnerung gebracht,
welde mit monardijcer Regierung verbunden zu feyn pflegen
und von ber jehigen ‚politijchen Serfahrenheit und twirt
fSaftlien Zerrättung gar jehr abftehen. Man
gemein, daf es mit ber Republik zu Ende geht, ı
denkt man im Geheimen fon an ben Herzog we
436 2ro 6. Alenzes
Seite fteht. Denn es tft nicht denkbar, daß eine Jnftitutton,
die nur don Menfchen ausgegangen, oder mern au won
Gott gegründet, von Menfchen geändert und verborden worden,
Nihh gegen den Andrang fo ungeheurer feindficher Beftrebs
ungen von Auen und gegen die Einflüffe menfchliger Un
vollfommenheiten, welche ihr von innen entgegenmirkten, aufs
recht umd Ichensträftig erhalten haben Lönnte. Nein! Diefe
Kirche beftand, beftcht umb wird nur beftehen, weil fie von
dem Grlöfer des Menjeengefehlechtes felbft eingefeht, weil.
fie apoftoliich, fathofifch und Heilig it. Selbft dns
nur auf eine Dertlichfeit jich beziehende Epiütheion ‚Römifg*
hat eine tiefe gejhichtliche Bedeutung und man darf es nik
als einen bloßen Zufall betrachten, daß bie Fatholifche Kirche
und ibr Dberhaupt gerade in Rom ihren Sig wählten.
Denn wäre bie hriftliche Stiftung an fi) aud an einem
anderen Orte unvermüftlich geblieben, fo war doc gerade
der Unftand, da fie dem Sige der heidnifchen Weltmacht
und jelbft ihrer biutigen Verfolgung fo nahe ftand, ihrem
Gebeihen förderlich, denn er gewährte den Chriften die mächjte
BVeranlaffung und Gelegenheit, ihr Blut zu vergiehen umd
dadurch dem neuen Glauben Anerkennung und Anhänger zu
gewinnen.
„Dehhalb auch Inkpft fih der Name ‚Römifche Kirche,
lange bevor der hriftliche Glaube im römifchen Reiche zur
freien politifhen Eriften; gelangt war, an ben Begriff des
Shriftentbums und war im 3. Jahrhundert don in diefem
Sinne allgemeiner Spradgebraud. Als feierlich anerkannt
Toımmt biefe Benennung dann zumächft in einem Dekzete des
Kaijers THeodojins I, vor. Uebrigens wirb biejes religiöfe
Epithet von ben Katholiten ee
474 Dr. Erih Fang:
fgaden, wo die Perganente ber Kaifer die Gewaltzuftände fante
tieniren, wo Unterbrädung und Gewaltthat bie Stelle bes Rets
vertritt, und. bie Idee des Abjolutismus, wie fie bie arabifhe
Hertiaft des zweiten (Friedrid; verwirklidte, in all’den Tyrannem
vervielfältigt erfheint, die, Iegitim ober ilegitim, ihren mit be.
Schwert eroberten oder burn BVerbrehen gegen ihr eigenes:
Fleif und Blut erworbenen Befik mit dem Berußtfenm fejls
alten, da; fein moralifhes Band fie mit ihren Unterworfenen-
verknüpft und Furt allein fie gegen die Madje der zertretemen:
Menfcenregte fhügen Fan: worauf, fo fragen wir, follen die
BVäpfte igre Nedtspflege im dem ihmen zugehörigen Dominium
fügen, werm nicht auf Nepoten? Die Beitverhäftniffe möthigen
fie bazu; die gemißhandelten Gemeinden, die geplünberten Pilger,
das verwürtete Land flehen um Schub und Made gegen ihre
Unterdrüder; bie Staaten ber Kirche find dur das Schitma
im Berfall; Stadt für Stadt muß zurüderobert werden, To
Äft ber Felbherr, dem fie ihre Armeen geben Lönnen, der mit
mit dem Feinde paftirte, währenb bie Heere fimpfen, wo ber
Diplomat, der nit, in ber Schule Mabiavelli’s geübt, bem
Zanker des Golbes zugänglid) wäre, wo. der Lehnöträger, ber
nit unter dem Scheine des Rechtes Gewalt übt? Die Zeits
verbältnifie drängen Sirtus IV. feinen Nepoten zu: ce jendet
ben thatkräftigen Ginliano della Rovere in die Romagna, um
den Parteifämpfen ein Ende zu maden, ben Klagen bes Boltch
geredht zu werben; er gibt Girolamo bas Schwert in die Hand,
bie Golonna niederzuwerfen, unb läßt ifn Imola und Forli
erwerben, um Bollwerte gegen bie ehrgeisigen. Uebergriffe der
Republik lovenz zu faffen, deren Lenter alle Ungrönungen in dem
Staaten der Kirche fördern; er verleiht bie Präfeftur der Stabt am
Leonardo bella Rovere und das Bifariat von Senigallie und
Mondavio an den Bruder Giuliano’s, weil er glaubt, fih auf
ihre Irene ftühen zu Können. Wir wiederholen an biefer Stelle,
daß wir damit den Nepotiomus nicht retfertigen, fonderm mur-
erflären wollen; denn 28 erfheint ung unglaublih, daß eim
Mann wie Sirtus IV., ber als Drdensmann die höchfte Me
tung genießt, feines tadellofen Wandels wegen bas 2
von Perugia erält und in ganz Italien als Gelehrter
Konzelsebner geachtet üft, des Vertrauens feiner Ort
„Ut omnes unum.“ 489
‚Schon vor Ablauf bes Jahres 1880 Hat das Organ
des Profefjors Beyfchlag in Halle, des befannten Rufers
int Streit, Haben nämli die „Deutfheevangelifchen Blätter*
erklärt: „Sagen wir getroft: der Eulturfampf, wie wir ihn
‚verftchen, war, ift und wirb fenn ein heiliger Kampf, Woher
der Name ftammt ift gleichgültig; daf wir unter ‚Gultur‘
eitmas Unberes verftehen als Birdew, ift felbfiverftändlic.
Ein Heiliger Kampf! a, blieb nicht im breifigjäßrigen
Kriege die evangelifcge Sage eine Heilige, troß der wenig
‚eoangelifc gearteten Schweben-Schanren, bie für fie fochten?“ 1)
Derfelbe Mann, der biefe Worte fehrieb, beforgte aber
damals noch felber, daß fie für gemiffe Ohren wie eine
Xäfterung lingen würden. Denn, jo jagte er, „es gehört
zu den traurigften Symptomen ber Firdlichen Lage, daß in
weiten Kreifen des evangelijgen Paftorats die Sympathien
Für Rom zu Haufe find, wie bei Gelegenheit des Eulturs
Tampfs jo vielfach Hervorirat." Das jollte anders werben;
und es hat wirklich nicht zwei Jahre gebauert, bis man auf
einer freien ober Pafteral:Gonferenz mit ber Läjterung mehr
Hinter dem Berge zu halten brauchte. Schon am 13, April
1882 wurbe in einem auf der Paftoral= Eonferenz zu Neus
wieb gehaltenen und fpäter auf Verlangen der Gonferenz
gedruchten Vortrage erflärt: „Wir unfererfeits jcheuen uns
aud) Heute no night, fußend auf der Heiligen Schrift, die
Meffe, diefen Fımdamentalirrifum der römifchen Kirche, auf
welden das ganze ftolge und vielfach imponirende Gebäude
der bierarehifch gegliederten Kirde fteht, mit dem Heibel«
Herger Katechismus eine vermalebeite Abgötterei, eine Ber-
Tengnung des einigen Opfers Jefu Chrifti, und mit den
Schmaltalbif—en Artiteln ben größten fegredlichften Gräuel
„zu nennen.”
1) „Ut omnes unum“ vom 1. Januar 1881.
Lxxxx1.
„Üt omnes unum,'“ 497
‚SL Geift bie ganze Chriftenpeit auf Erden im regten Glauben
ergält. Wahr ift vielmehr, daß Lutger's Reätfertigungsichre
in ber Kirche mit vergeffen, fondern mie gelehrt worden ift.
Damit wird bie weitere Behauptung de8 Berfaffers Hinfällig,
daß aus dem gerügten Jertfum „zahllofe weitere Irrtfünmer er:
wuchjen, bie Urfüdhe großer Schäben.? Wie der Berfaffer diefe
‚zahllefen Irrtümer mit dem Verfeigungen des Herrn begüglid
der Kiche und mit der Bezeichnung derfelben als bes Leibes,
ber Braut Eprifti, als ber Säule und Grumdvefte der Wahrheit
Aeitens der Apoftel vereinigen könnte, muß ihm überlaffen bleiben.
Die Kirde,. beutet berfelbe weiter an, gab auf die Frage:
Bas muß id tun, daß ich felig werde? „die Antwort: the
bieß und das!" „Damit wurbe ber Ghrift abermals inter ein
Gefeb geftellt ; bie Kine war mit mehr eine Gemeinde ber
Glaubenden, fonbern eine Gefeßesanftalt, melde ihren Ange-
hörigen das meue Gebot vorhielt und beffen Erfüllung über
male.” Umüberlegte Worte, die einem Peofeflor der Theologie
nit in den Mund fommen jollten! Wenn bie Kirche Gchote
norhält und überwadht, fo thut fie cd nur mad dem Borbilde
isred Hauptes und Meifters, welder jprah: Wer meine Gebote
‚hält, ber ift 6, der mich liebt; forie ber Mpoftel, welche fi
unterfingen, ben Gemeinden Gebote nd Borigriften zu geben.
Paulus z.B. gebietet den Theffalonigerm, 1, 11: ftille zu fern
und mit eigenen Händen zu arbeiten; 2, 6: dem Umgang derer
zu meiben, bie unorbentli wandeln. Wenn die Kirde gebietet,
ie 5l. Saframente: zu empfangen, den Gottesbienft zu befudhen,
an beftinmmten Tagen zu faften, fo ift fie damit mod feine Ges
feßesanftalt, denm fie fordert zugleih die bem Gehorfam zu
Grunde Tiegende Liche, AS eime fichtbare Gemeinfhaft kann fie
gefehlicher Normen nit entbehren. Sobald bie Anhänger ber
‚Reform zu begrängten Sandesfirgen fi confolidirten, nahmen
‚fie biefelbe Geftalt am, wie die von ihnen befämpfte Kirche.
E much der Glaube wurde zu einem Thun gemadt; glauben
heißt dann foviel als geborgen, gewifle Lchrjäge für wahr ans
Und: zu biefem Glaube muß no. ein mannichjaches
Thum kommen, Handelt «6 fid aber mur mm ein
jo Hat e6 der Leichtfinnige bequem, Ohne Sinnesänders
„Üt omnes unum.“
walterrfgaft der Kirde, ofme fie bregen zu Rönnen, Dieje
Seßielt immer wieder den Sieg, und mußte die ale eine gött-
Ge Anerkennung ifter Gewalt geltend zu machen.” Daran
dat fie dog woßl rehtl Eine Jnftitution, die weder dur, innere
noch burd äußere Feinde, micht durd wiffenfhaftlihe nod burg
gewaltfome Mittel zu all gebracht werden Fonnte, durfte ihre
Eriftenz wohl dem Schuß des Almähtigen zufhreisen ; fie er:
probte darin mur bie Wahrfaftigteit ihres Stifters, der ihr foldhe
fünfzehmten.“ So ift’s allerdings; aber es it ganz unrebfid
geifan, wenn ber Berfaffer feinen Lefern glauben maden will,
Bei jener forberung habe aud mur Eine Seele an die Refonm
der Lehre, bes Gultus, ja au mur ber Berfafjung der Kirche
gebadt. Die Alles galt für umantaftbar. Der Reform wollte
man nur bie Sitten unterzogen, Mifbräude und Uchelftände
Bezüglich Befegung geiftliger Stellen, Ausbeutung der Gläu:
bigen dur die päpftlihe Kammer befeitigt wiffen.
„Dod nahdem anf den Goncilien zu Koftnig und Bafel
die Berfuce fo jümmerlih mißlungen waren, hatte man troß
alles Sehnens bie Hoffnung auf eine Reformation faft verloren“,
Das gerade Gegentheil ift wahr; die genannten Eoncilien Hatten
den größten Teil ihrer Aufgabe gelöst; durch die Eoncorbate
waren bie Regenten zufriebengeftellt und ein Zuftanb der Bes
friebigung in ber Rice eingetreten ; Theologie und die Maffifchen
Studien, wie fie von ben älteren Humaniften aufgefaßt und
betrieben wurden, vertrugen fih auf bas Schönfte, ja arbeiteten
fih in die Hände, E8 war eine meue Blüthezeit der hriftlicgen
Völker zu Hofe. Daß fie nidt eintrat, bewirkte Luthers
Blinder Eifer und Hodhmuth.
Der Verfaffer meint freilich: „Iener Drud und das Mif-
Tingen de8 Gegendrudts hätten bie Eprifteneit vorbereiten und
empfänglich machen follen für die grünblide Reformation, die
Gott felbft in der Kirge wirken wollte.“ Gründlis war fie
fißerli, fo grünblig, daß der ganze Bau abgetragen umd zers
teümmert und ein mewer aufgeführt wurde, der mit dem alten
Habe und Gut des Volkes vertrödelt wird. Nicht ber Meifts
bietenbe führt die Braut heim, nidt ihm wirb die Waare
zugeflagen, fondern dem Wingerfertigeren, beim gejchiekteren
Tafchenfpieler.
Wohin die Jatobiner von ihrer wilden Natur voll Blut-
durft unb Verbrechen getrieben wurben, bahin wirb bie gegen»
wärtige Generation dur) Kunft und Muge Berechnung geführt.
Das Dlendwerk ber Selbfts und Menfchenvergötterung mochte
das zur Zeit ber großen Umwälzung lebende Gefchlecht
fhrittweife von Gott ablenken und dem Abgrund zubrängenz;
die politifchen Gaufler unferer Tage find weder fo eitef
und fiegesberaufcht, noch fo unffug, aber tiefer gefunfen,
jmagvoller und Tafterhafter als ihre revolutionären Bors
fahren. Sie können fid nicht damit entfhulbigen, da ein
Slutrother Flor über ihren Mugen liegt und bie Gehfraft
verbunkelt, daß fie der Blutgeruh betäubt und beraufcht,
daß bie Begeifterung für die Speale edlen Menjchenthums
die Sicherheit ihres Trittes beeinträchtigt, bafı das fremde,
Unerwartete und Plögliche fie ftrauceln läßt. Der äußere
Menfd, wie in Gambetta, Spuller, Elemencenu, Paul Bert
und Jules Ferry, mag ja nod; in der Vollkraft prangen, ihr
ausgetrocnetes Herz ift dagegen alt genug geworben, um
jeber Ueberrafcgung, namentlich der eigenhändig fich jelbjt bes
reiteten, Stand zu halten und die Stien zu bieten. Titanen
und Riefenföhne der uralten Nacht find jene Herren, welhe
fh aus dem Nationalvermögen bas Gaftnahl rüfteten, voll:
ends nicht. Die Danton, Nobespierre u. f. w. fpielten um
ihre Zeben, die heutigen Parteien Frankreichs jpielen mar um
die volle Scüffel, deren Inhalt ihnen entgegen dampft,
Profeffor Weit wirft zu Eingang feines monumentalen
Werkes einen erläuternden Nücblik auf das feudale Franke
reich vor der Nevolution. Die alte Orbnung war burg bie
die frangöfge Reoslution. sa
dem Feind zu: „So mag ich denn aud; nicht länger Ichen,
weil fo viele meiner tapferen Brüder ben Top gefunden”.
Sprads und ftärzte fi in das bictefte Gemühl, bis er, die
Tobesiwunde in der Bruft, zu Boden fant. „Wir find
Schweiger" lautete die Antwort, welche die Tapfern eriheilten,
als man fie zur Gapitulation aufforberte. Wie Kinder weinten
die grambärtigen Männer, als ihnen der König im Gonvent
die Nieberlegung der Waffen. anbefahl, fie weinten, zerbraden
ihre Degen, aber fie gehorgten. Wie reißene Thiere ver:
folgt, wurden bie frommen Schweizer aller Bertragstreie
zum Hohn niebergemepelt, Diefes Verbredien allein, an uns
fGuldigen Männern verübt, mußte alle Welt mit Abfhen
vor einer Revolution, deren erftes Blatt mit Blut geträntt
ift, während ihr Tehtes das Zeichen der Säbelherrigaft an
Sid trägt, erfüllen.
Nicht beffer als die Schweizer waren bie eibweigernven
Priefter daran. Unter dem Vorwande, fie ber Bolkswuih zu
entziehen, wurben fie eingeferkert, während andere auf offenen
Markte mißhandelt, verwundet, ja auch getödtet wurden,
An jHlimmften erging 8 den gefangenen Prieftern während
der verhängnigvollen Septembertage. Die Morde wurden,
wie Weiß unmiderleglih barihut, von den Männern der
Orbmung, d.h. von. denjenigen, welden die Erhaltung der
Sicherheit oblag, angeftiftet. Das Geheimniß wurde durch
die Vorwürfe, die man fi im. Eonvent gegenfeitig zus
fhleuberte, gelüftet, Bifgöfe und einfade Priefter gingen
mit dem gleichen Muthe, mit derfelben bewunderungswürbigen
Standhaftigkeit in den Tod. Kein Einziger erkaufte fein
Leben mit dem Berrath an feinen religiöfen. Ucherzeugungen,
Wie man fh zur Zeit der CHriftenverfolgungen burd ein
auf dem Altar der Götter ober bes Genius eines Jmperators
geftrentes Weihraugförnlein von der Todesftrafe befreien
mochte, jo hätten die Eidweigerer th durd ein Wort das
Leben erfaufen Können, Ebenbürtig ben erhabenften Bluts
zeugen verfhmähten die Edfen jede Transaktion, jeden Schein
. er EN FR 1.2
50 Ueber Episcopus vocatus.
umfchriebener Weife, — all diefe Fragen werben ebenjowenig
für jeden Einzelnfalf beftimmt und entjdieben zu beant=
worten jeyn, als wenn jemand frägt: Warum nennt fich
Paulus einmal vocatus Ap., dann vocat. Ap. per volun-
tatem Dei, bann bloß Apost. per volunt. Dei u. drol;
oder warum nennt fi Jakobus nur Dei et Domini nostri
Jesu Christi servus, dagegen Petrus einmal Apostolus Jesu
Christi und ein andermal servus et Apostolus Jesu Christi?
Zulegt fei nur noch erwähnt, daß, wie die Bedeutung
jedes Wortes fih im Gebraude allmählich verfeieht und
abjeleift, fo auch die von vocatus. ft auch diefer Aus
druct Foum je gebraucht worden als bloßes Mlangwort, wie
das bei manden Titeln eintrat, jo erhielt der Begriff dod
einige Nebenbeziehungen. Deutlich und nahreisbar bemerkt
man bief zuerft bei Webten. So heißt Ellanod urkundlich
am 13. Jan. 808 no archipresbyter der reif. Didcefe,
dagegen am 2. Sept. 805 bereits vocitatus abbas (und
ebenjo licet indignus vocatus ab.) von Schlehberf, als
Bild. Aito der bis dahin von ihm geleiteten Abtei jenen
zum Abte feßte oder wählen Kieß. Hundt, Agilolf. Urk.Le,
©. 219. 220. cf. Meihelb. Ib, 66. So wird fih voeatus.
bisweilen ergeben als: eben erft redhtmäßig berufent).
1) Hieher Ift wohl fon zu regnen der Titel Aın’s v. Salzburg,
wenn er (ML. B. 14, 351) fdreißt: ego Arn exiguns et quasi
abortirus servus serrorum Dei indignus rocatus abba et
episcopus successor religiosissimi et famosissimi Virgilil —
ter. (L ©. 320 N.) meint, die Formel fei zu unbeflmmt
und voc. beziehe ih wahriheinlig nur auf abba, Allein dazu
iR fGmerli ein Grand vorhanden, obgleih ber Empfehlungser
brief für einen Mönd ausgeflellt war. a
überfandte Baftiani eine Gopie der befreffenden Bulle nad
Berlin:
Der Fürft Hatte mn, nad Ueberwindung einer Merge
von Schwierigkeiten, fein heißerfehntes Ziel erreicht; er Hatte
den Stuhl von Breslau beftiegen. War fein Glüd und die
Ruhe feines Gewifjens damit gefihert? König Friedrich) II.
Hatte kaum von ber Erpebition der Bullen vernommen, als
ex ben neuen Fürftbifhof feine herzlidgen, aber inhaltfchweren
Glüdtwänfce darbragte. „Entjüdt über diefes Ereigniß,”
fGrieb er ihm am 28. März 1748, „gebe ich mich der Hoff»
nung bin, daß Sie niemals vergeffen werden, daß id es bin,
dem Sie diefen Erfolg verdanfen, und daf Ste mich nie in
die Nothiwenbigkeit verfegen werden, Ihnen diefes in das
Gebächtnig zurüczurufen. Der vom Papft an Sie gerichtete
Brief ift bewunderungsioürbig; wollftändig billige ic; ihn.”
Nachdem der Momnardy feinem Günftling die heilige Pflicht,
bem Klerus mit dem Beifpiel des Anftandes, des Eifers
voranzugehen, ans Herz gelegt, forderte er von ihm „die
getoiffenhaftefte Aufmertfamfeit (la plas scrupuleuse atten-
tion), daß verbädtige und meinem Dienft wenig. ergebene
Perfönlichkeiten (in das: Domlapitel) nie aufgensntinen: wer
den" (5; 142).
"Was dem durch Kuiglie Ginft‘ met der Bifchöfliden
Mitra gefmbckten Grafen: bevorfiche, lief der erfte Brief
Friebriche nad ber Beförberung auf dem Stuhl von Bresfaw
ahnen. Scaffgotiä Hatte, ohne beim Monarchen anzufragen,
ben Papft um Verleihung des durch feine Promotion vatant
gewordenen Gamontkats am feinen Bruder erjuht. Friedrich
bezeugt ihn: fein Mipfallen darüber, weil er die Pfrände
dem Baftiani zugebagit (S, 149). Ja bereits am 2. April
Aus uns über Defernih. 387
Gomitl'8 dazu gehörte, um ben Sieg ber Liberalen vollftändig
ı machen. Dehungenhtet gelang «8, die Bisherige Viinerität
Neicherath zur Majorität umzugeftalten. Die Mehrheit
war allerdings undebeutenb, aber doc für die Aöfung ber
parlamentarifchen Aufgaben entjcheidend. Diefes Refultat
‚Hatte Graf Taaffe nicht vorausgefehen; er und feine Minifters
Gollegen wurden damit überrnfcht umd auf andere Bahnen
gebrängt, als fie hatten einfchlagen wollen. Die Sade ftand
nun fo die ziffermäßige Mojorität hatten die Nationalen
und Gonjervativen für jid, das moralifche Uebergewicht in
den Augen der Minifter die einige Stimmen weniger zählende
Mingrität. Diefes BVerhälinig blieb lange Zeit hindurch
der Ausgangspunkt: für die Schaufelpofitit des Minifter-
Präfibenten, die uns auch heute noch nicht als völlig über=
wunden gelten Tann,
‚Graf Taaffe jhten nur zu Eoncefjionen an die Nationa-
iitäten jlavijcher Zunge entjchlojfen. ° Infoferne ji foldhe
ice machen fliehen, ohne daß die confervativen Deutfchen
daran Iheilnahmen, hatte er natürfich aud; gegen ben Mit:
genuß Nichts einzuwenden. Im Principe des leitenden Staats:
Mannes waren aber Zugeftänbniffe an den Gonfervatismus
der deutjchen Bevölferung Defterreihs nicht gelegen. Hier
üft vielleicht der Ort auf eine jeltjume Anomalie aufmerfam
zu machen, bie im öfterreichifchen Parteitreiben keine geringe
Rolle jpielte. Wir Haben, wieder Lejer vielleicht jhon er:
raihen hat — das religiöje Droment im Auge,
Es ift vieleicht ein Unglüd und eine‘ Ungerechtigkeit,
dag die wahrhaft Fathelifche Gejinnung denjenigen, welde
fie hegen, Angefihts ber Verftänbigen, der fogenammten Js
telfigenz eine nota levis, eine feine Mafel aufbrüdt; an der
Thatfache felbft ijt nichts zu ändern. Nicht blof der vulgäre
‚Liberalismus wendet jid, in Defterreich achjelzudend von ber
Hatholifchen Gläubigfeit ab; fondern aud jene Elemente,
‚bie confervatio zu feyn Ba fi aber andererfeits zur
Sutelligenz zeihnen, wollen mit den Kirengläubigen nichts
aa
2. Reienfperger's „alter Parfamentarier.* 623
Dr Peler Reienfperger, der ‚ältere ber berfihinten
eonftitnirenden preufsifchen Nationslverfanumlung. Hier Hat
er alabald als feljenfejter Iurift, fchlagfertiger Rebner) und
unerjgrodener Kämpfer für Net und freiheit eine fehr
bebeitende Stellung eingenommen. Auch die preufifchen
Minifterien, wie fle fih damals in rathlofer Schwäche liei-
sando' ablösten, Haben mehr als einmal zudem patrtotifchen
Malt md Beiftand des fenrigen Mheinländers ihre Zuflucht
genommen. Er jtanb im der worderften Neihe unter ben
Führen ber „Reaktion der Rechten". Später freitih, ale
bie Roth vorüber war, und als die Umftände,die Gründung
einer „toiholichen Fraktion“, joiste im weiteren Verlauf der
‚Entwiellung bie des „Gentrums* beim preußifhen Landtag,
beides unter wejentlicfter Mitwirkung P. Neitheniperger's,
»eranlaften: da war ber nummehrige „Oppofitionsmann*
über die Uchfel angefehen, Er hat als Obertribunalrath,
Diele Jahre Tang feine Unciennetät bei dem jährlichen Ordens:
regen troden bleiben fehen.
Anderen iftes auf der alleräußerften Gegenjeite beifer
gelingen, zu Hohen Ehren zw gelangen, wie z. B. Herrn
‚Heinrih von Sybel, der beim Frankfurter Vorparlanente
gu den Ertremften zählte, ‚Ein anderes Beifpiel yolitifchen
Kharakters Hat Herr Meichenfperger in der Landtagsfigung
Som 7. Februar 1856 jelber aufzuführen, Anlaß gehabt.
Der Regierungspräftbent zu Aachen hatte in einem Wahl
erlaffebie bisherigen oppojitionellen Abgeoröneten als „Staats:
‚feinde und Zakobiner® bezeichnet: Der Ag. Neichenfperger
warf baranf in der Kanıner die Frage auf: „Waren eine
‚Freunde umbidy auch im Jahre 1848 antigonvernemental
ober Feitbe des Staates, als id; dem Umpillen der reihten
eite des Haufes gegen den damaligen Minifter des Sumern
it gab, welcher ein Vertrauensvotun von der Ber:
9 forderte, weil er — die Nevolution anerkannt
Das Boden des Mittelmeeres,
jelöft für höhere Eultur empfänglih, wurden Förderer dere
felben und Pfleger von Kunft und Wiflenfgaft. Und wie
Spanien unter ihrer Hereichaft eine Periode höhfter, mie
wieder erreichter Blüthe durchlebt hat, fo find auch, in diefer
‚Zeit die Länder der afrifantfchen Hüfte ne reich und üppig
geblieben,
Dem Türken aber verbortt das Gras unter ben Füßen;
feit ibrer Herrfchaft in Aften und Afrika, jeitbem fie nad
langem und hartem Kampfe aud bie Hauptitabt des zwar
erftarrien aber immer ehrwärbigen oftrömifchen Meiches ge:
nommen, janfen die Sübs und Oftküfte bes Mittelmeeres im
die tiefe Barbarei, bie fie heute noch gefangen hält. Nur
mäbfam wehrten mach den ehlichlagen der Grpebitionen
Karls V. gegen Tunis und Algier fpanifche und itafienijche
Flotten dem Sceraube, deffen Sig von nun am die Nordtüfte
Afrita/s wurde,
In den von ns noch zu berührenden abenbländiichen
Küften ‚des Mittelmeeres erhielt fih wie im ben morgens
ländifchen Gebieten während des Mittelalters ebenfalls reiches
Leben. Befonders entfaltete diefes feinen Glanz im fübe
lichen Frankreich, in der fonnenheigen, fangesreichen Provence.
Nidt weniger in Jtalien, wo der durch bie Kreuzzüge ere
öffnete Verkehr mit dem Driente die Handelsblüthe von
Genua, Pifa, vor Allem aber der «ftolzen Wenetia, ber
Königin der Adria, groß 309, deren HOfähriger Doge Dan-
dolo den Lateinischen Kreuzzug führte und Gonjtantinopel
einnahm. Nur das oftrönifge Neid, ficchte unter Kraftlofen
Sclbjtherrfchern feinem endlichen Schidjale entgegen; von
ihn erfchell nichts als die Erzählungen dev Kreuzfahrer
und Pilger nad dem heiligen Lande von der überjchweng-
lichen Pracht feiner Hauptftadt, die in ir, v. Hurters
quellenmäßiger Schilderung im Leben Junocenz IH. aud,
unjerm. erftaunten Auge märcenhaft ericheint.
Wir gelangen nunmehr zu den Begebenheiten, bie ben
entfcheidenden. Wendepunkt in der Bedeutung und Welt»
ftellung der Mittelmeerländer bezeichnen, die Entbetung bes
Das Beden den Mitehmeered, 71
muß über Stleinafien hinaus reichen und bort die Berbindungs-
ftrafje mit jenen Gegenden fuchen, die ohne Zweifel noch
berufen find, mady der Nieberwerfung bes Fslam eine bes
deutende Nolle in ber Gefchichte zu fpielen®. (Polit, Bes
trachtungen 0) Wie in dem bezeichneten Gonflift das fers
mächtige Großbritannien fich ftellen wird, mag einftweilen das
Halt, das es im lepten Kriege auf der Balkanhalbinfel dem
Vorbringen ber Ruffen gegen Gonftantinopel geboten, ferwie
die Befegung von Enpern erläulern. Das Folgende führt
uns unmittelbar hierauf zur, wobei wir vorgrelfend bes
merten wollen, dab es nicht jhheint, als werde England Lord
Berconsfield's Politik im Orient wieder verleugnen.
Wir müffen nad der Sübfüfte des Mittelmeeres, nach
Norrafrikn zurüdtchren. Barbaret und im Verein mit ihr
der Müftenfand haben nad Norden zu die alte Eultur vers
nichtet und zurücgedrängt; Sige des blühenditen Uderbaues
und Handelslebens, wie die ftolze Pentapotis, find heute öde
und verlaffen. Allein noch befigt die afrifanijche Norpküjte
in ihrer ganzen Breite, wie namentich Algier und neuere
dings Tunis zeigen, ausgedehnte Candftriche unerfchöpflicher
Fruchtbarkeit, alfo die wefentlichfte Bedingung einer Wieders
belebung der früheren Eultur. Dafür zeugen au die freis
lich Bis jegt theuer genug erfauften Fortfchritte in Algerien,
deren natürliche Folge Icon ein weiteres Gindringen ber
Europäer in Norbafrifa ift, mag dafjelbe bislang auch ned;
durch die früheren politiichen Verhäftniffe aufgehalten feyn,
Die Franzofen feldjt haben folden Vorbringen das
Thor geöffnet. Die von ihnen zum Staunen der Welt durd=
geführte Durhftechung der Randenge von Sucz hat mit einem
Schlage die Situation am Mittelmeere verändert, weil fie
den uralten Handelsweg mad Si» und Dftaflen von bem
Hinderniß, das die Landenge der großen und direkten Schiffs
fahrt entgegenfegte, befreiten, Db Napoleon IIT., der mit
Vorliche allen großen Joeen der franzöfifchen Sefchichte nache
ging, an diefes Ereignig weit ausfehende Pläne gefnüpft hat,
mad die Kaiferbokfehäft, 791
Bulle unt fo bebeutjamer, als bei ben bisherigen foctalen
Projekten die Form noch gewahrt wurbe, und überbief bie
in der Botjchaft im nächfte Ausficht geftellte Alters= und
InvalivensBerfiderung unmittelbar in das Nejerwatreht ver
bayerifhen Socialgejege eingreift. Allerdings wäre es Faum
mehr der Mühe werth, von derlei Mechten ber Eingelftanten,
über welche die Logik der Thatfahen nun einmal mit Siebene
meilensStiefeln hinwegfchreitet, vwiel Uufgebens zu machen,
wenn nicht ein anderer in ber Sache felber liegender Ummftand
fehr ernftlich zu beten gäbe,
Die Botjchaft bezeichnet gleich in den erften Zeilen die
zum Wohle ber Arbeiter einzubringenden Gefepvorfchläge als
etwas fpecififch Preußifces, nämlich als „Nortbildung ber
An Preußen im Unfange diefes Jahrhunderts begründeten
Reformen.” Es Aft das biefelbe Jdee, welche, um nicht
abermals den Abg. Profefjor Wagner bier vorzuführen, im
preußifchen Ubgeorbnetenhanfe von bem anerfannien Führer
der Eonfervativen, Herm von Nauchhaupt, mit ben Worten
ausgefprochen worden ift: „daß vor Allem das Königthum
der Hohenzollern unter der [hwarzsweißen Fahne den Beruf
habe, im großen Kampfe der Parteien und ber Jutereffen
zur Löfung der jocialen Frage die Initiative zu ergreifen.“
Au; das vornehmfte Organ der Nedhten verfteht bie Bots
Ichaft nicht nur als „eine machtvolle Kundgebung des pers
fönfichen Königthums“, jondern auch als eine Verlautbarung
des „jocialen Königthums“, und fie fpricht zugleich aus,
dab diefes fociale Köntgthum mar in Preußen recht eigents
li vorhanden fei. „Diefes jociale Königthum“, fagt fie,
„tan überall jeyn, wo ein Herrfchergefchleht feine übers
Tonnnene Stellung unbeftritten behauptet”, aber fie fügt bei:
„Die Bedingungen der Leiftungsfähigkeit find bei uns in
Aitfpanifge Sprihiätter, 819
Aademic, Im vorliegenden Falle reiht fi fogleih bie Stelle
ans dem erften Buche von Cicero’s Tufeulanen an: „Und es
wird niemals dem Guten etwas Schlimmes begegnen Können,
weder im Leben mod mad) dem Tode, und niemals werben deffen
Angelegenheiten von Gott bintangefeßt.“ Im Tanger Meihe fols
gen num bie Parallelfprigwörter ber werjchiebeniten Nationen;
ben Anfang madjen bie Spanier mit 8, von denen: „Wem Gott
wohl voilk, dem wirft bie Hündin Werken“ ermähnt fe; bie alten
Griechen: jagen: „Immer fallen die Würfel des Zeus glitklich“,
Plinius: „Die Gltidlihen Haben auch Dreinonatstinder.” Von
den Neulateineru werden B, von ben Deutfhen 31, ben Schwes
den 8, ben Isländern 5, bem Dänen 4, den Holländern 10,
den Tlamändern 1, ben Engländern 4, ben Branzofen 14, ben
Graubünbnern 1, den Jtalieneen 29, ben NensEatalanen 1,
den Valencianern 2, den Portugiefen 2 und von ben Basten 1
Paraleliprihwort aufgeführt: Man fieht aus dem einen Veie
fpiele, welches. aber noch lamge nicht das am reichftem mit gleiche
bebeutenben: Spriwörterm belegte ift, welche Arbeit cs fi der
emfige Berfaffer koften ließ, um aus ber Literatur aller europäi=
{hen Nationen das Gleidartige des vorhandenen Sprihmwörter-
vorrathes zufammenzubringen. Der urfprünglihe Plan bes
‚Herrn Verfaffers war, bie fämmtlihen 4300 von Valles in
feinem. „Libro de Refränes“ aufgeführten Sprigwörter in
gleiger Welfe zu behandeln, tie die 555 in biefem erften Theile
bearbeitet find, Wllein bie Zeit, welde [om bie Ausarbeitung
diefed Bruchtheils in Unfpruch genommen bat (dev Hr. Ver:
fafier arbeitete mit voller Müftigfeit am biefem erften Bande
1223 Tage und viele Stunden der Nächte), zeigte ihm, ba
die DurKführung des urfprünglichen Planes im 78. Lebensjahre
ein Ding der Unmögligkeit it. Wenn nun aud die gleiche
mäßige Bearbeitung der mod übrigen 3745 Sprichwörter bes
„Libro de Refränes“ weniger Naum und Zeit beanfprucht
hätte, ba bei gleichbebeutenden Sprichwörter immer au auf
das fon früher behandelte Spridiwort Hätte
können, wie ja fon in biefem Bande, 4.8,
wejenbeit ift Feindin der Liebe: fo ferne v
Zur irlichen frage.
im Juli 1800 gegeben wurde und mit dem 1. Januar 1801
in Kraft trat, den irifchen Handel mit dem englifen auf
gleichen Fuß au ftellen.
- Empähnen müffen wir noch, wie mutpvoll der geiftreiche
Sonathan Swift für die Jrländer im ihrer äußerften Bes
drängniß eintrat: Im Z. 1720 warf er eine Flngjchrift
unter die Maffen mit bem Titel: „A proposal for the uni-
versal use of irish manufacture in clothing and furniture
of houses, utterly rejecting and renouneing everything
wearable, that comes from England“, &s war das eine
heftige Anklagefprift gegen England, eine glühende Ber-
theibigungsfgrift für die Iren, mit praktifchen Borfhlägen,
die fegteren zu jhügen. Die Schrift erfhien anonym, ber
Oberrichter Wiitfed z0g ben Drudter vor Gericht, er ging
mit der Äußerften Parteilicgkeit vor, 11 Stunden lang war
die Jury eingefperrt, «3 wurde Fein Verbift auf „Schuldig"
erzielt; endlich gab der Statthalter angefichts der fteigenden
Erbitterung die Verfolgung auf.
Was die hohen bürgerlichen Freiheiten betrifft, deven
England fi erfreute, jo Hatte Jrland auch daran feinen
Theil, Die Alte Wilpelm’s IU., wornadh die vom Könige
angeftellten Richter während dejjen Lebzeiten unabjepbar
waren, hatte in Zrland keine Geltung und aud; die Habens-
Gorpus: Akte Karls IL, das große Palladium bürgerlicher
Freipeit, war in Jrland nicht im Kraft getreten. Wohl
hatte Irland fein eigenes Parlament, aber jo zufammen-
‚gefeht, daß «8 weit mehr die Interefien Englands als die
ber eigenen Heimath vertrat. Int Oberhaus beherrfchten
die zum größten Theile aus England herübergerufenen Bi:
ihöfe der Hockirde die Majoritkt. Das Haus der Ge-
meinen bejtand blos aus Anglifanern; den Katholiten war
bag pafjive, umd jeit 1727 auch das aktive Wahlredit ent«
30gc, und auch bie Diffenters waren feit 1704 vom Pars
Tamente ausgejälofien. Eine wirkliche Vertretung der irifchen
Bevölferung im Parlamente gab es bemmach nicht, ente
966 Zur ameritanifhen Literatur.
Familiengefhichte der jüdijhen reihen Familie der Pin
welde fogar einen ihrer Sprößlinge, dem Neopänten Bu
als Anaklet IL. (dem Gegenpapft) mit ber Ziara zu |
verfügte, Weld; eine Madt au damals fon das Geh
lernen wir am biefer Epifobe des römijhen Lebens I
Champagny's fhöne Schilderung bes antiten Aubenthur
Rom feint dem Berfaffer entgangen zu feun.
Erfreulicer ift e8, zu fehen, wie viel des Human
einer oft fo rohen und graufamen Zeit won Seite ber |
geihehen ift, am die Juben, vor ihren PBeinigern zu jö
wie gerade bebeutende jüdijhe Gelehrte, ein Benjamin T
Rabbi Nathan, der Vorgänger Burtorfs u. W,, in der ni
Nähe des Vaticand ein jhügendes Dad fanden, wo fir
Studien Ieben Fonnten. Auf Grund von Thatjaden v
es Migr. Seton, eine Neihe faljher und erfundener &
über ben angeblichen „Samatismus* ber Hierarchie zu corı
welsbe von gehäffigen Kirdenfeinden immer auf's
breitet werden.
us einher. Jh meine, fi
freunde mäßten zu den Din
fgüttem.
®