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Dr. Walther Schurig
Hydrobiologisches und
Plankton-Praktikum
Hydrobiologisdies und
Plankton-Praktikum
Eine erste Einführung in das
Studium der SüPwasserorganismen
Von
Dr. Walther Sdiurig
Mit einem Vorwort von
Dr. Ridiard Wolteredt
a.o. Prof. der Zoologie and. Universität
Leipzig
Mit 215 Abbildungen im Text und 6 Tafeln
mM
1910
Verlag von Quelle & Meyer in Leipzig
Alle Rechte vorbehalten.
Altenburg
Pierersche Hofbuchdruckerei
Stephan Geibel & Co.
Zur Einführung.
(Gedanken über Hydrobiologie in der Schule.)
Dem Wunsche des Verfassers, ich möge seinem „Hydro-
biologischen und Planktonpraktikum" einige Sätze über die
allgemeine Bedeutung der Hydrobiologie anfügen, komme ich
gern nach. Es scheint ja ein wirkliches Bedürfnis nach einem
kurzen und einfachen Leitfaden wie diesem „Praktikum" vor-
handen zu sein; und da ist es wohl in der Tat nicht un-
angebracht, an den mit Absicht elementar und rein praktisch
gehaltenen Text einige theoretische Betrachtungen anzu-
schHeßen.
Vielleicht erfülle ich den Wunsch des Verfassers am besten
dadurch, daß ich die didaktische Seite unseres Gegenstandes
ein wenig zu analysieren versuche. Dabei fallen dann auf die
allgemeinen Fragen der Hydrobiologie wenigstens einige Streif-
lichter, die dem einen oder andern Leser des „ Praktikums "^
Anregung zu tieferem Eindringen in den Gegenstand geben
könnten.
Im Grunde genommen sind es ja gerade solche allgemein
biologischen Probleme, welche wie das wissenschaftliche so
auch das didaktische Interesse an dieser Lebewelt immer mehr
verstärken ; und dieses gemeinsame Wachstum der Anteilnahme
wiederum ist weiter nichts als ein Ausdruck der allgemeinen
Wendung, welche nach der Wissenschaft nun auch die Schule
zum Glück immer deutlicher vollzieht: von der bloßen Tier-
und Pflanzen bes ehr eibung zum Versuch einer Erklärung,
eines Verständnisses der belebten Natur.
Wenn wir nun irgendein Stück Leben uns und unsern
Schülern klar machen wollen , so müssen wir vor allem die
YI Zur Einführung. (Gedanken über Hydrobiologie in der Schule.)
mannigfachen Wechselbeziehungen darlegen , welche über-
all zwischen Pflanze und Tier, Pflanze und Pflanze, Tier und
Tier obwalten und das Leben der einzelnen Individuen wie
der ganzen, irgendwo zusammen hausenden Lebensgenossen-
schaft bestimmen. Solche Genossenschaften oder Biocönosen
finden wir in jedem Wald, Feld, Garten, Strand, Düne usw.,
aber nirgends bieten sich jene Wechselbeziehungen auch nur
annähernd so gut und anschaulich dar, wie in dem in sich
abgeschlossenen Lebens haus halt eines Sees oder
Teiches. Darauf ist ja schon oft, für seinen „Dorfteich" be-
kanntlich zuerst von Jun ge , hingewiesen worden ; doch gehört
schon ein recht vielseitiges und inniges Verständnis des Lehren-
den dazu, um einem solchen Mikrokosmos wirklich gerecht zu
werden. Auch die Behandlung der überaus wichtigen Be-
ziehungen vom Organismus zur unbelebten (physikalisch-
chemischen) „Umwelt" gehört hierher, ein besonders reizvolles
und lehrreiches Kapitel, das sehr gut in den Schulunterricht
eingegliedert werden kann, wie besonders Voigt gezeigt hat.
Diese Beziehungen der Organismen zu physikalisch-chemi-
schen Faktoren führen zu einer weiteren didaktisch wertvollen
Seite der Hydrobiologie hinüber, deren Behandlung nicht so
intensive Vorarbeit des Lehrers erfordert : den -Anpassungs-
erscheinungen. Auch sie können, jedenfalls soweit es sich
um lebende, leicht zu demonstrierende Objekte handelt, an
wenig Organismen so vortrefflich erläutert werden wie an den
Tieren und Pflanzen des Wassers. Zumal das rasch fließende
Wasser (Gebirgsbach, Brandung) und das ruhig stehende offene
Wasser (Planktonregion) bieten die schönsten Anpassungen
der Form und Lebensweise. Noch merkwürdiger sind solche
ja in einer dritten Zone, der Tiefsee, deren fabelhafte Ge-
schöpfe vom Lehrer wenigstens geschildert werden sollten,
um das Interesse der Kinder noch zu steigern. Doch wird
der Fang und die Demonstration lebender Organismen mit
Schwebeanpassungen oder mit all den seltsamen Einrichtungen
zum Schutz gegen Strömung und Brandung immer den Haupt-
teil dieses Unterrichtsabschnittes ausmachen ; charakteristische
Zur Einführung. (Gedanken über Hydrobiologie in der Schule.) VII
Planktonformen sind ja in jedem Teich, die letztgenannten
Anpassungen wenigstens im Gebirge und an Seen leicht zu
demonstrieren, sie sind übrigens noch lange nicht genug be-
kannt und verwertet (vgl. darüber die neueren Schriften von
Steinmann, Wesenberg u. a.).
Eine ganze Reihe weiterer Fragen drängen sich uns an
See und Teich auf und lassen sich auch gerade hier leichter
und besser als an andern Naturobjekten studieren und dar-
legen; doch kommen diese Probleme — ich denke an Art-
veränderung, Sexualität, geographische Verbreitung, Her-
kunft — gerade für die Schule einstweilen wohl weniger in
Betracht.
Nur auf einen Komplex von Erscheinungen möchte ich
noch kurz hinweisen, der nach vielerlei Seiten hin Beziehungen
und Interesse hat: die gesetzmäßige Periodizität, welche
wir im Auftreten, in der Formbildung und in der Fortpflanzung
der Wasserorganismen Jahr für Jahr beobachten können.
Diese periodischen Erscheinungen bilden in ihrer Verknüpfung
teils mit leicht zu kontrollierenden äußeren Faktoren (Tempe-
ratur, Nahrung) teils mit inneren Ursachen (Vererbung, z. B.
Eiszeitrelikte) soviel Interessantes und sind andererseits im
Laufe des Schuljahres bei reger Mitarbeit der Schüler so leicht
zu verfolgen , daß ihr Studium geeignet erscheint , etwa den
Abschluß des biologischen Unterrichts zu bilden ; eine gewisse
Selbständigkeit der einzelnen Schüler, denen die Beobachtungs-
termine und -Stationen anvertraut werden, ist natürlich dazu
notwendig. (Wenn übrigens solche Beobachtungsreihen mit
genügender Sorgfalt [in der Notierung der Temperaturen usw,
und Auszählung der Fänge] durchgeführt werden, können sie
als wissenschaftliches Material brauchbar werden : wir brauchen
dringend derartige periodische Beobachtungen von möglichst
vielen Gewässern. — )
Alle die hier angeschnittenen allgemein biologischen Fragen
gehören nun aber durchaus nur in die obersten Schulklassen.
Ihre Behandlung setzt neben einer gewissen Reife und neben
einigen physikalisch-chemischen Kenntnissen voraus, daß auf
VIII Zur Einführung. (Gedanken über Hydrobiologie in der Schule.)
einer Unterstufe des biologischen Unterrichts die Kinder schon
etwas gelernt haben, naturwissenschaftlich zu sehen, daß sie
den Bau der besprochenen Tiere und Pflanzen und ihre syste-
matische Stellung einigermaßen kennen. Auch einige tech-
nische Kenntnisse: Mikroskopieren und Präparate machen,
müssen erworben sein.
Bekanntlich bietet auch für diese Unterstufe des biologi-
schen Unterrichts gerade das Süßwasser die günstigsten, durch-
sichtigsten Objekte dar, man denke nur an Auge, Herz, Darm
der Daphniden, an Räderorgan, Kaumagen, Nephridien der
Rädertiere, an Geißeln und Chromatophoren der Flagellaten.
Ich halte es — so wie die Dinge heute liegen — für
zweckmäßig, wenn die morphologische, systematische und tech-
nische Unterweisung der jüngeren Schüler von dem allgemein
biologischen Unterricht der Oberstufe getrennt wird. Jene ist
nützlich für die Formenkenntnis des Kindes, zur Schulung
seines Auges und seiner Hand (Akkuratesse beim Präpa-
rieren); die Behandlung der allgemein - biologischen Fragen
dagegen soll die Heranwachsenden zu einem tieferen Ver-
ständnis der Lebenserscheinungen führen. Es handelt sich
also um zwei recht verschiedene Lehrziele; natürlich ist es
gleichwohl am besten, wenn der Lehrer von der elemen-
taren Art des Unterrichts allmählich zu den schwierigeren
Kapiteln übergehen kann. Da aber ein durchgehender bio-
logischer Unterricht einstweilen für die Mehrzahl der Schulen
nicht in Betracht kommt, ist wohl als die beste Lösung
zu betrachten, wenn die Unterstufe etwa zwischen dem 11.
und 13. Jahre, die Oberstufe aber erst im vorletzten und
letzten Schuljahr angesetzt wird. Die mittleren Klassen bleiben
dann — soweit Naturkunde in Betracht kommt — nach wie
vor für Physik und Chemie reserviert. Bei rechter Behand-
lung der Unterstufe werden sich immer genug Schüler finden,
die während jener Zwischenzeit ihre Sammlungen und Aquarien
weiter kultivieren, und die dann bei der Wiederaufnahme der
Biologie (und Hydrobiologie) der Klasse als Führer dienen
können. —
Zur Einführung. (Gedanken über Hydrobiologie in der Schule,) IX
Was hier vor allem gezeigt werden sollte, war, daß für
beide Lehrziele, also auf beiden Stufen des biologischen
Unterrichts die Fauna und Flora unserer Süßwässer so weit
als irgend möglich herangezogen werden sollte, natürlich
immer als integrierender Bestandteil der gesamten „Natur-
beschreibung" und „allgemeinen Biologie".
Dabei kann, soweit es sich um die Unterstufe oder auch
um die sehr eile Orientierung der älteren Schüler handelt, ein
Buch wie das vorliegende „Praktikum" vortreffliche Dienste
leisten. Es bringt außer den technischen Anweisungen eine
kurze Beschreibung der wichtigsten und häufigsten Vertreter
der Mikrofauna und -flora. Erfreulicherweise berücksichtigt
der Verfasser die Lebewelt des Ufers und die des offenen
Wassers gleichmäßig.
Für die Oberstufe des biologischen Unterrichts ist der
Lehrer — auch soweit es sich um hydrobiologische Fragen
handelt — vorzugsweise auf seine eigene Erfahrung und Über-
legung angewiesen; er ist ja in der Lage, diesen Teil seiner
Lehrtätigkeit in der mannigfachsten Art auszugestalten, je
nach seinen besonderen Neigungen und Vorstudien und auch
je nach den lokalen Verhältnissen.
Leipzig, 1. August 1910.
Prof. R. Woltereck.
Vorwort.
Im folgenden wollen wir dem Leser in kurzen Zügen einen
Überblick über einen Teil der Tier- und Pflanzenwelt des
Süßwassers zu verschaffen suchen. Auf jedes Gebilde kann
natürlich nicht eingegangen werden; es gilt vor allem, über
die einzelnen großen Gattungen der Fauna und Flora des
Süßwassers, seien es nun Anhänger der Planktonten oder
nicht, zu berichten.
X Vorwort.
Für den Systematiker ist das Buch nicht geschrieben;
es will vielmehr sich an alle diejenigen wenden, denen das
Tier- und Pflanzenleben des Süßwassers bisher fremd war,
zumal die Mikrofamia und -flora. Deshalb sind auch die Ab-
bildungen wie der Text so gehalten, daß der Leser sich m
der Kleinwelt unserer Tümpel und Gewässer zurecht zu finden
weiß. Das Buch will aber noch mehr bieten : Hat der Natur-
freund die betreffenden Planktonorganismen usw. mit den
nach den Angaben des Buches beschafften eventuell her-
gestellten Netzen gefangen, nach Vorschrift konserviert, so
belehrt es ihn auch, wie er von den Organismen ein mikro-
skopisches Dauerpräparat herzustellen hat und erläutert, was
besonders dem Laien erwünscht sein dürfte, die Herstellung
an mehreren Beispielen. So dürfte denn das Büchlein dem
Natui'freund nicht unerwünscht kommen.
An dieser Stelle sei es mir auch gestattet, der angenehmen
Pflicht der Dankbarkeit genügen zu dürfen und Herrn Uni-
versitätsprofessor Dr. R. Woltereck in Leipzig und Herrn
Prof. Dr. Otto Zacharias in Plön für die vielfachen An-
regungen und Ratschläge meinen ergebensten und aufrichtigsten
Dank zu übermitteln. Ferner danke ich dem Assistenten am
Zoologischen Institut der Universität Leipzig Herrn E. Wagler
für die Anfertigung der Cladoceren-Abbildungen und Herrn
Prof. Dr. Schmeil, der eine große Zahl von Abbildungen aus
seinen Werken freundlichst zur Verfügung stellte.
So trete das Buch seine erste Reise an; es erwerbe sich
Freunde und erwecke Interesse für die kleinen Geschöpfe der
großen Mutter Natur!
August 1910.
Dr. Walther Schurig.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Allgemeiner Teil.
§ 1. Einleitung. Was ist Plankton? 1
§ 2. Die Biologische Station zu Plön 3
§ 3. Die Biologische Station zu Lunz 6
§ 4. Die Ausrüstung des Planktonfängers 7
§ 5. Die Durchforschung kleiner Tümpel 9
§ 6. Flachnetz für Strandtümpel 9
§ 7. überflächenplanktonnetz 10
§ 8. Senknetze für Tiefenplankton 11
§ 9. Quantitativnetze 12
§ 10. Planktonmessung mittels Quantitativnetzes 13
§ 11. Schließnetze 13
§ 12. Grundnetze und Dredschen 16
§ 13. Schnuren und Leinen 17
§ 14. Senkflasche 17
§ 15. Das Mikroskop 19
§ 16. Utensilien 19
§ 17. Gebrauch des MikVoskops 20
§ 18. J'ang des Planktons 25
§ 19. Aufbewahrung des Planktons 26
§ 20. Konservierung des Planktons 27
§ 21. Mikroskopische Untersuchung kleiner lebender Objekte .... 29
§ 22. Hängender Tropfen in feuchter Kammer 29
§ 23. Anfertigung mikroskopischer Präparate 31
§ 24. Färben von Objekten 33
§ 25. Lebende Organismen und deren Färbung 34
§ 26. Intermedien und Aufhellmittel 34
§ 27. Einbetten 35
§ 28. Dauerpräparate . 35
§ 29. Beispiele 38
§ 30. Die Projektionsküvette 47
§ 31. Projektionsküvette für Dauerpräparate 49
39922
XII Inhaltsvei'zeichnis.
Seite
Spezieller Teil.
§ 32. Die Algen 51
§ 33. Kieselalgen (Diatomeen) 54
§ 34. Die Conjugaten (Desmidiaceen) G2
§ 35. Die Grünalgen oder Chlorophyceen 66
§ 36. Peridinaceen (Peridinien) 75
§ 37. Blaugrüne Algen 77
§ 38. Die Flagellaten 83
§ 39. Die Wimpei'intüsorien 85
§ 40. Die Amoeben oder Wurzelfüßler 90
§ 41. Sonnentierchen 96
§ 42. Wasserkäfer 97
§ 43. Schnabelkerfe 107
§ 44. Zweiflüglerlarven 110
§ 45. Die Geradflügler 113
§ 46. Die Süßwassermilben 118
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea) 120
§ 48. Die Rotatorien oder Rädertiere 143
§ 49. Die Strudelwürmer 152
§ 50. Süßwassei'polypen 156
§ 51. Einige wichtige Fangstätten in Sachsen 156
Namen- und Sachverzeichnis 158
Empfehlenswerte Schriften für das Weiterstudium.
X Apstein, C, Das Süßwasserplankton. Kiel und Leipzig, Lipsius & Tischer.
1896.
i, Archiv für Hydrobiologie und Planktonkunde. Herausgeg. von 0. Zacha-
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Bibliotheca Zoologica, Originalabhandlungen. Herausgeber Dr. R. Leuckart
und Dr. Carl Chun.
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2. Aufl. Hamburg, L. Graefe und Sillem.
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Herausgeg. von Prof. R. Woltereck. Leipzig, W. Klinkhardt.
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biologie und Hydrographie. Bd, I.
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Zschokke, F., Die Tierwelt der Hochgebirgsseen. Denkschrift d. Schweiz,
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Zschokke, F., Beziehungen zwischen der Tiefenfauna subalpiner Seen
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d. ges. Hydrobiol. Bd. I.
_L Zschokke, F., Die Resultate der zool. Erforschung hochalpiner Wasser-
becken seit dem Jahre 1900. Internationale Revue der ges, Hydro-
biologie und Hydrographie. Bd. 1,
Allgemeiner Teil.
§ 1. Einleitimg.
Was ist Plankton?
Homer, der sagenhafte Dichter Altgriechenlands erzählt
in seiner Odyssee von Odysseus, dem „vielgewandten"
Helden, der nach Trojas Zerstörung zehn Jahre lang durch ein
widriges Geschick von Ithaka. seiner Residenz, ferngehalten
und indes vielfach an unwirtlichen Strand verschlagen wurde.
„nXa7yj>r|", heißt es in der Odyssee, „er wurde verschlagen",
d. h. hin und her getrieben, den Meereswogen preisgegeben.
(Das Verbum, von dem diese Form abgeleitet wird, heißt
TiXaCw ich schlage). Unter Plankton nun versteht man die
Gesamtheit aller meist mikroskopisch kleinen, im Wasser
schwebenden, „flottierenden" Lebew^esen pflanzlicher und
tierischer Natur, die den Wogen keinen Widerstand entgegen-
zusetzen vermögen, die einen Spielball der Wellen repräsen-
tieren. Sowohl die Oberfläche der Seen, Teiche, Meere, wie
deren Tiefen und Grundzone beherbergt Formen mannig-
faltigster Art. Je nachdem nun eine Form, sei es Tier oder
Pflanze, nur auf das Leben in seichtem Wasser oder in offener
See angewiesen ist, wird ihr ganzer Bau auf ihre Lebensweise
deuten; lebt sie in offener See, so werden Schwebe Vorrich-
tungen sie am schnellen Untersinken hindern. Wie weise die
Mutter Natur ihre winzigen Kinder ausgestattet hat, das lernt
man so recht bei der Betrachtung des Planktons kennen.
Jeder Fluß, jeder Teich, jeder kleine Tümpel, jede Wasser-
lache, jeder Bach weist Plankton auf (wenn auch die stehen-
den Gewässer natürlich ungleich reicher an Planktonwesen
sind als fließende), vielfach gibt es sogar lokales Plankton, denn
manches interessante Lebewesen ist nur auf gewisse Gegen-
den beschränkt. Alle Meere haben „ihr Plankton" und
manche bizarre Form des Indic, des indischen Ozeans, wird
Schurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 1
2 Allgemeiner Teil.
man vergebens im Mittelmeere suchen. Nur ein See weist
kein Leben, also auch kein Plankton auf — das sogenannte
tote Meer. Gar mancher wird glauben, daß ein im sonnigen
Italien oder wenigstens in südlichen Gegenden gelegenes Ge-
wässer, der Gardasee oder einer jener anderen tiefen blauen
Seen reicher an Plankton sein müsse als ein im Norden ge-
legener See, z. B. die Seen Mecklenburgs. Im Gegenteil!
Unsere flachen „grün gefärbten" Seen beherbergen eine größere
Anzahl Planktonwesen als die tiefen, wunderbar blauen Ge-
birgsseen oder südlichen Binnengewässer.
Es wird mancher fragen: „Warum studiert man denn
neuerdings so eifrig das Plankton? Was hat man davon,
wenn man nun wirklich weiß, daß in dem oder jenem Teiche
oder See „kleine schwebende Tierchen" vorkommen?" Diese
Fragen, die früher mit mehr oder weniger mitleidigem Lächeln
nur zu oft gestellt wurden, kann man, glücklicherweise nur
ganz vereinzelt, auch heute noch hören. Sollten Sie, verehrter
Leser, eine gleiche Frage „auf der Zunge haben", so gestatten
Sie mir, daß ich Ihnen kurz folgendes erwidere:
Die Untersuchungen des Planktons sollen einen wichtigen
Einblick in die Beziehungen gewähren, die zwischen jenen
mikroskopisch kleinen und größeren Wesen des Planktons
pflanzlicher und tierischer Natur einerseits und den großen
Wasserbewohnern, vornehmlich Fischen, andererseits bestehen.
Es gilt also z. B. festzustellen, welchen Einfluß die Anwesen-
heit gewisser Pflänzchen (Algen, Bazillariaceen) auf das Ge-
deihen der Tiere ausübt oder welche Tiere, Kruster, niedere
Krebse für das Gedeihen der Fischbrut wertvoll sind, welche
Wesen vornehmlich als Nahrung für Fische, wenigstens in der
ersten Zeit, in Frage kommen. Ein Brutteich wird nur dann
einen reichen Ertrag liefern, wenn eine große Menge Plankton
sich darin findet, und so müssen die Bedingungen festgestellt
werden, unter denen ein Teich die größten Planktonmengen
hervorbringt. Magen- und Darmuntersuchungen von jugend-
lichen Fischen haben den Beweis geliefert, daß diese sich
fast ausschließlich von „lebendem Fischfutter", also Plankton,
§ 1. Einleitung. — § 2. Die Biologische Station zu Plön. 3
ernähren. Karpfen ernähren sich von kleinen Krustern, In-
sektenlarven und pflanzlichen Organismen, Plötzen (Leuciscus
rutilus) von Algen und grünen Pflanzenteilen, also weniger
von „Plankton" , Barsche von Ruderfüßern und Daphniden,
also von „lebendem Fischfutter", von Plankton, ebenso leben
von letzterem der Brachsen und Ukelei, endlich unsere „Edel-
fische", die jungen Forellen und die Felchen.
Und wovon ernähren sich nun die kleinen Kruster, das
.Jebende Fischfutter" ? Der Darminhalt dieser Geschöpfe ent-
hält hauptsächlich Kieselalgen, von denen die kleineren Formen,
Gomphonema und andere, in toto verschluckt, die größeren
aber in Teilstücken hinabbefördert werden, daneben dienen
noch feine pflanzliche Reste (Detritus) und Grünalgen diesen
Tieren, vornehmlich den Daphniden, zur Nahi-ung. Die Kiesel-
algen und Grünalgen werden also von den kleinen Krustern
verzehrt, diese wieder von den Fischen.
Um zu solchen Resultaten gelangen zu können, ist nicht
nur Kenntnis der Planktonformen, der Gattungen und Arten
(Species) zu erwerben, sondern auch der Lebensweise dieser
Formen, ihrer Stellung zu verwandten Arten und zu anderen
Geschöpfen.
Der bedeutende Aufschwung, den die Fischzucht in den
letzten Jahren genommen hat, ist in erster Linie den unermüd-
lichen Forschungen auf dem Gebiete der Süßwasserplankton-
kunde zu danken; vor allem sind es zwei wissenschaftliche
Institute, die hier bahnbrechend gewirkt haben, nämlich die
biologischen Stationen in Plön und in Lunz (Niederösterreich).
§ 2. Die Biologische Station zu Plön.
Als vor etwa 20 Jahren Otto Zacharias mit dem Plane
Tiervortrat, im Norden Deutschlands eine feste „biologische
Station" zu gründen, an der faunistische , biologische und
Planktonuntersuchungen angestellt werden sollten, da be-
gegnete man allerorts seinen Bestrebungen mit Mißtrauen und
Zweifeln. Selbst manche seiner Freunde schüttelten bedenk-
lich ihr Haupt ! Die einen und das waren die, welche unter
4 Allgemeiner Teil.
Hydrobiologie lediglich die Wissenschaft von der Fischnahrung
verstanden , die meinten , in dem Augenblicke , wo man
wisse, was der oder jener Fisch in den verschiedenen Monaten
des Jahres fresse und welche Art der Nahrung das Wachstum
befördere, werde jede weitere Untersuchung, mithin auch eine
feste Station überflüssig. Die anderen hielten eine feste
Station für ein Unding, sprachen sich vielmehr für Wander-
stationen aus. Aber unter den vielen absprechenden und
negierenden Stimmen ließ sich auch da und dort eine zu-
stimmende vernehmen. So war es in erster Linie der berühmte
Leipziger Universitätszoolog Prof. Rudolf Leuckart, der
das Projekt von Zachariasin wärmster Weise befürwortete^
und später sprach sich Prof. Carl Chun, der Nachfolger
Leuckarts, in demselben Sinne aus. Hierdurch ermutigt
ging Zacharias energisch ans Werk und es gelang ihm auch,
die für Realisierung seiner Ideen erforderlichen pekuniären
Mittel zusammenzubringen, indem er mit Erfolg an die Opfer-
willigkeit von Privatleuten und an die Munifizenz wissen-
schaftlicher Körperschaften appellierte. Aber die so beschafften
Mittel reichten nur eben aus, um das bescheidene Institut am
Großen Plöner See ins Leben zu rufen (Tafel 1). Erst viel
später (lb97) wurde dasselbe auf die Fürsprache R. Vircho w s
hin, der im Preußischen Abgeordnetenhause zugunsten der
Schöpfung von Zacharias das Wort nahm, staatsseitig mit
einer auskömmlicheren Subvention bedacht, die aber eben nur
die notwendigsten Ausgaben zu decken vermochte. Erfreulicher-
weise wurden aber der Zacharias sehen Anstalt von privater ■
Seite gelegentlich Spenden und Zuwendungen zuteil, welche
über mancherlei finanzielle Schwierigkeiten hinweghalfen.
Das Städtchen Plön liegt südöstlich von Kiel und hat
3500 Einwohner. Die Station selbst befindet sich dicht am
Nordufer des Plöner Sees, und sie gleicht in ihrem Äußeren
einem ^schmucken Jagdschlößchen. Im Erdgeschosse liegen
die Laboratorien und die Bibliothek, im Obergeschoß ist die
Wohnung des Gründers und Direktors Prof. Dr. Zacharias
gelegen, des unermüdlichen Vorkämpfers für Erweiterung des
§ 2. Die Biologische Station zu Plön. 5
naturkundlichen Unterrichts an unseren höheren Lehranstalten.
Hat doch heute schon — ^ wer hätte das vor zehn Jahren ge-
dacht! — der biologische Unterricht selbst in die Oberklassen
von etwa 80 höheren Lehranstalten seinen Einzug gehalten!
In den Sommermonaten jeden Jahres werden zu Plön von
jetzt ab besondere Ferienkurse in Hydrobiologie und Plankton-
kunde abgehalten, wobei Anfänger sowohl wie Fortgeschrittenere
ihre Rechnung finden. Jetzt ist neben der Station noch ein
25 m langer und 6 m breiter Pavillon entstanden, in dem die
Kurse abgehalten werden. Die Tafel 2 zeigt das Innere des
Pavillons während eines Ferienkursus. In den Monaten Juli
und August des verflossenen Sommers (1909) waren 40 Lehrer
aller Scfiulgattungen und aus den verschiedensten Gegenden
Deutschlands in Plön, um an diesen Kursen teilzunehmen.
Natürlich steht diese Gelegenheit, sich mit dem Süßwasserplank-
ton bekannt zu machen, auch anderen Lernbegierigen offen. Jeder,
der Interesse an biologischen Studien nimmt und die nötigen
Vorkenntnisse besitzt, ist willkommen. Das Honorar für jeden
Kursus, der drei volle Wochen (täglich von 9 Uhr morgens
bis 12 Uhr mittags) dauert, beträgt 50 Mk. Dafür werden die
gebräuchlichsten Konservierungsmittel gratis geliefert. Mikro-
skop nebst Glasutensilien muß sich jeder Teilnehmer selbst
mitbringen, nur ausnahmsweise und gegen Vergütung werden
Instrumente geliehen. Eine Fülle wissenschaftlich wert-
vollster Resultate bergen die „Forschungsberichte" der Plöner
Station, die im „Archiv für Hydrobiologie und Plankton-
kunde" veröffentlicht werden.
Das ist in ganz kurzen Umrissen eine Geschichte der
Plöner Station, der einzigen Anstalt, die sich neuerdings syste-
matisch mit der Weiterbildung von Lehrern der Naturwissen-
schaften (in hydrobiologisch-planktonischer Hinsicht!) befaßt.
§ 3. Die biologische Station Lunz.
Am Rande der Ostalpen in reichbewaldeter Gegend liegt,
von hohen Bergketten umgeben, die Stadt Lunz, südlich von
der Verbindungslinie von Linz mid Wien. Die Karthäuser
(3 Allgemeiner Teil.
hatten hier ihren Sommersitz und zwar im Schloß Seehof,
dessen romantische Lage es zu einer der berühmtesten Stätten
jener Gegend erhoben hat. In seiner Nähe breitet sich der
Spiegel des Lunzer Sees aus, oder, wie er auch heißt, des
Unteren Sees. Ein weiter Park umgibt das Schloß, von dessen
Fenstern der Wanderer einen prächtigen Blick auf schroffe
Bergriesen und auf den wunderbar gelegenen Untersee hat,
dessen Länge 1600 m, Breite zirka 600 und Tiefe 34 m beträgt.
Der Wasserspiegel liegt 167 m über dem Meere. Aber den
Seebach aufwärts — 150 m höher als der Spiegel des Unter-
sees — ist der Mittersee gelegen, 400 m lang, 150 m breit,
5 m tief mit zwar armer aber eigenartiger Fauna und Flora.
Und immer höher gehts hinauf am Seebach entlang, beinahe
400 m höher muß man steigen, um zum Obersee zu gelangen.
Seine Dimensionen sind: 600 m lang, 300 m breit und 12 m
tief. Die Seen werden durch den schon erwähnten Seebach
miteinander verbunden.
Das ganze weite Gebiet ist Eigentum eines Wiener
Patriziers Dr. Karl Kupelwieser, der, ungeachtet der be-
deutenden Kosten, hier eine mit dem modernsten wissenschaft-
lichen Komfort ausgestattete Biologische Station durch Prof.
Dr. Woltereck, den Leipziger Planktologen, errichten ließ.
Dieser Gelehrte nahm die Organisation und die ersten Arbeiten
der Station in die Hand, und heute, knapp vier Jahre nach
ihrer Entstehung, hat das jetzt unter der Leitung des Zoologen
Dr. Hans Kupelwieser jun. und des Botanikers
Dr. F. Ruttner stehende Unternehmen bereits eine ansehn-
liche Reihe wichtiger hydrobiologischer Resultate *) aufzuweisen.
Die Lunzer Station hat sich insbesondere das intensive
Studium der Lebensverhältnisse im Wasser zur Aufgabe ge-
macht, sowohl draußen im See und im Bach, als auch unter
den genau bemessenen Verhältnissen des Experiments. Für
*) Veröffentlicht in der „Internationalen Revue der gesamten Hydro-
biologie und Hydrographie" (Leipzig, Dr. W. Klinkhardt; bisher 3 Bände
erschienen), die auch das Publikationsorgan einer Reihe anderer biologischer
Stationen bildet.
§ 4. Ausrüstmng d.Planktoiifängers. — § 5. Durchforschung kleiner Tümpel. 7
letztere Zwecke sind besondere „Kulturhäuser" (Warm- und
Kalthaus) errichtet worden.
Mit der Station in Verbindung steht eine Fischzuchtanstalt,
in der die Zucht der Seeforellen, Saiblinge und anderer Salmo-
niden in größtem Maßstabe betrieben wird und die gleichzeitig
reiches Material für wissenschaftliche Untersuchungen darbietet.
Die Arbeitsplätze werden alljährlich von österreichischen,
deutschen und ausländischen Gelehrten und Studierenden be-
nützt, welche in der Station gastliche Aufnahme finden. Die
Benützung des vollständig ausgerüsteten Arbeitsplatzes sowie
eines Wohnzimmers sind unentgeltlich,
§ 4. Die Ausrüstung des Planktonfäiigers.
Hier spielt natürlich die Größe des Gewässers eine Rolle,
dessen Planktonformen untersucht werden sollen. Wer nur
kleine Tümpel, Wasserlachen auf Planktonorganismen durch-
forschen will, wird sich mit einer einfachen Ausrüstung be-
gnügen können , im Gegensatz zu dem , der die Lebewesen
großer Teiche und Seen studieren möchte und dabei sich nicht
auf die Formen der Uferzone beschränken, sondern auch der
Grundfauna, der quantitativen Verbreitung der Planktonten
sein Interesse zuwenden will. Kurz, wer größere Gewässer
untersuchen will, der braucht eine ungleich kompliziertere
Ausrüstung. Im folgenden seien die Hauptfanginstrumente
kurz beschrieben. Sämtliche Apparate sind fix und fertig in
dem Spezialinstitut für Mikroskopie und Planktonfang von
Eduard Thum, Leipzig, Johannisallee 3 zu beziehen.
§ 5. Durchforschung kleiner TümpeL
Für die Durchforschung kleiner Tümpel reicht ein Aus-
ziehstock aus starkem Messingrohr mit Ansatz aus, der mit
einem Auszug 2 m lang G Mk., mit zwei Auszügen 3 m lang
10 Mk., mit drei Auszügen 4 m lang 14 Mk. kostet.
Hinzu kommt noch ein kleines Netz aus Seidengaze, dessen
Durchmesser 10 cm beträgt und welches 1 Mk. kostet. Be-
sonders siß auf das kleine Handnetz System Woltereck auf-
g Allgemeiner Teil.
merksam gemacht, das bei Thum 6 Mk. kostet und selbst für
größere Fänge ausreicht.
Natürlich kann man sich auch selbst ein Planktonnetz her-
stellen, freilich muß man recht vorsichtig in der Wahl der
„Zutaten" sein. Da ist zunächst ein Hauptaugenmerk dem
Bügel zuzuwenden. Wer nur einen Draht oder überhaupt
Eisenbügel verwendet, wird bald recht schlechte Erfahrung
mit seinem Planktonnetz machen, denn Eisen rostet und durch
Rost wird die teure Seidengaze angegriffen. Man verwende
deshalb lediglich einen stark verzinkten Eisenbügel oder man
bestreiche sämtliche Teile des Bügels dick mit Eisenlack oder
man umwickle den Bügel mit Band, das man nachher mit
Wachs, Talg oder Paraffin durchtränkt, um eben nach Mög-
lichkeit Rostbildung zu vermeiden. (Am Mittelmeer wurden
große Stahltaue, die zum Tragen der Planktonnetze dienten,
mit Hammeltalg eingerieben und so vor dem Verrosten be-
wahrt). Außerdem kann das Seidennetz direkt an das Band
angenäht werden, kommt also mit dem Eisen überhaupt nicht
in Berührung. Die Verwendung von Seidengaze für Plankton-
netze ist nötig. Mull ist zu wenig widerstandsfähig; durch
die großen Maschen würden die kleinen Organismen sämtlich
hindurchschlüpfen. Wie schon erwähnt, ist Seidengaze nicht
billig; Seidengaze Nr. 16 liegt zirka 86 cm breit und kostet
^/2 m etwa 6,50 Mk. (Bezugsquelle: L. Walcker, Berlin SW.,
Friedrichstr. 231). Man würde aus einem Stück von 86 cm
Länge, 50 cm Breite zwei sehr gute Netze von je 43 cm Länge
und zirka 14 cm oberem Durchmesser gewinnen können, die
selbst für große Untersuchungen (Vertikalfänge) geeignet
wären, und ein Netz, dessen Länge 50 cm und dessen oberer
Durchmesser 25 cm beträgt; freilich haben zwei von den er-
wähnten Netzen einen Nachteil, sie weisen drei Nähte auf.
(Netz 1 und 3 auf nebenstehender Figur.)
Ein Handnetz aus Seidengaze Nr. 10, 15, 18, 20 (Nr. 10, 15
werden gewöhnlich für „zoologisches Plankton" benützt, Nr. 18,
20 (besonders fein!) für „botanisches"), mit Stiel zum An-
schrauben an den Ausziehstock kostet je nach Durchmesser
§ 6. Flachnetz für flaches Wasser und Strandtümpel.
9
Yon 10 — 25 cm 1 — 5 Mk. Freilich entbehren diese Netze einer
wichtigen Einrichtung, nämlich des Planktongefäßes samt
Quetschhahn. Hierunter versteht man ein kleines am spitzen
Ende des Netzes angebrachtes Gefäß aus Glas oder Messing,
in dem sich die erbeuteten Organismen
ansammeln. Dieses Gefäß ist am Boden
mit einem Ausfluß versehen, an dem ein
Stückchen Gummischlauch befestigt ist?
dessen freies Ende durch einen sogenann-
ten Quetschhahn verschlossen wird. Nach
Zu/schniü dej'S'-a.xe / 86:50 cny
"nszz--
Fig. 2. Einfaches Plankton-
netz, a Netz aus Seidengaze.
h Gefäß , in dem sich die Or-
ganismen ansammeln (mit Ab-
laufhahn).
Lösen des Quetschhahnes fließt der Inhalt des Gefäßes
heraus.
§ 6. Flachnetz für flaches Wasser und Strandtümpel.
Dieses Netz besteht ebenfalls aus Seidengaze Nr. 18 oder
20, und ist mit Stiel versehen, um an den Ausziehstock an-
10 Allgemeiner Teil.
geschraubt werden zu können. Ein kleines Gefäß sorgt für
die Aufbewahrung und Ansammlung des Planktons, das durch
Lösen des Quetschhahns entleert werden kann.
Der Anschaffungspreis eines solchen Netzes (ohne Stock)
im Durchmesser von 15 cm und einer Tiefe von 0 cm beträgt
etwa 7 Mk.
Sacknetz mit Stiel für Ausziehstock.
Der Durchmesser des Netzes beträgt 12 cm , die Länge
des Beutels 30 cm. Ein durch Quetschhahn geschlossenes
Gefäß dient der Ansammlung des Fanges. Die Preise betragen
für ein
Sacknetz aus Seidengaze Nr. 10 oder 12 6 Mk.
„ „ „ . 18 „ 20 8,50 Mk.
Damit das Netz auch an einem beliebigen Stock z. B. Spazier-
stock befestigt werden kann, liefert die Firma Thum auch
eine Stockzwinge samt Schraube für 50 Pf.
Sackiietz ohne Stiel.
Dieses Netz findet wie die großen Planktonnetze Ver-
wendung, indem man an dem Rahmen eine Schnur befestigt
und das Netz mit kräftigem Schwung aufwirft und dann lang-
sam einzieht, doch so, daß die Leine ständig straff gespannt
ist! Der Durchmesser des Netzes beträgt 12 cm, seine Länge
40 cm , Gefäß und Quetschhahn sind »vorhanden. Die Preise
sind fast die gleichen wie die der oben erwähnten Sacknetze
mit Stiel für Ausziehstock.
Die Netze sind äußerst sauber gearbeitet und besonders
dem Anfänger zu empfehlen.
§ 7. Oberflächenplanktonnetz.
Diese Netze dienen lediglich zum Fangen von Oberflächen-
plankton. Sie sind mit „Schwimmern" aus Kork versehen,
die dazu bestimmt sind, das Netz an der Oberfläche zu
halten. Sie sind mit Gefäß und Quetschhahn ausgestattet
und kosten
§ 8. Senknetze für Tiefenplankton. H
aus Seidengaze
Nr. 10 oder 12 für zoologisches Plankton 20 cm Durchmesser 75 cm lang 14 Mk.
r 15 n 16 n « » 20 „ „ 75 „ „ 16 „
„18 „ Diatomeen 20 „ „ 75 „ „ 18 ^
.20 „ „ 20 „ „ 75 „ „ 20 „
§ 8. Senknetze für Tiefenplankton.
Sie sind ähnlich ausgestattet wie die Sacknetze, sind
aber zum Schutze der Seidengaze noch mit einem Schutznetz
aus Stramin versehen. Um diese Netze Ifeichter zum Unter-
sinken zu bringen, finden sich Ösen daran, die zum Anhängen
von Gewichten dienen. Die Ringöffnung ist 20 cm groß, die
Länge 75 cm. Sie kosten mit Gefäß und Quetschhahn:
aus Seidengaze Nr. 10 oder 12 18 Mk., mit Gefäß und Wirbelhahn etwa 20 Mk.
V n T) '■'^ ry ^^ ^^ n n n V » n ^ n
n n n '■^ ^'^ n t^ n n n n ^^ n .
n « n ^^ ^'-' n n n n n ;? "^ »
Ein überaus praktisches Netz beschreibt Zacharias in
den Orientierungsblättern für Teich wirte und Fischzüchter
Nr. 2, 1896. Dieser Forscher verwendet für seine Unter-
suchungen Nr. U) der Seidengaze (von Dufour) aus dem
Geschäft von LouisWalcker in Berlin. Die obere Öffnung
des Netzes ist 20 cm im Durchmesser und ist mit einem Bügel
aus Messing versehen. Die Länge des Gazebeutels beträgt
50 cm. Einen gleich praktischen Apparat wie ihn die T h u m -
sehen Netze führen, weist auch dieser auf, denn am Ende des
kegelförmigen Gazebeutels befindet sich der sogenannte
Filtrator, der durch ein kurzes Stück Messingrohr gebildet
wird, dessen äußeres offenes Ende mit Seidengaze bedeckt ist,
die durch einen federnden Klemmring an dem Messing-
behälter festgehalten wird und leicht abgenommen werden
kann. Drei starke Schnüre sind an der Peripherie des oberen
Ringes befestigt und die freien Enden fest miteinander ver-
knotet. Hier wird nun die starke 15 m lange Planktonleme
befestigt und das freie Ende am Hinterteil des Fischerkahnes
befestigt und nun langsam gerudert. Nach Verlauf weniger
12 Allgemeiner Teil.
Minuten hebt man das Netz aus dem Wasser. Im Filtrator
wird sich jetzt Plankton angesammelt haben. Man löst die
Klemmringschraube, hebt den Gazeverschluß ab und bringt
den Fang direkt in das ßeobachtungsglas oder konserviert ihn
sogleich. Eventuell kann man mit Hülfe eines Hornspatels
etwas nachhelfen, falls sich der Fang zu schwer von, der Gaze
loslösen sollte. Spannt man die Gaze sofort wieder über den
Filtrator, so ist das Netz wiederum zum Fange fertig. Die
biologische Station Plön liefert ein Netz dieser Art für 30 Mk.,
der Filtrator aus Messing kostet allein 10 Mk.
Sämtliche bis jetzt beschriebene Netze sind sogenannte
Qualitativ netze. Um nun zu erforschen, wie reich ein Ge-
wässer in einer bestimmten Tiefe an Plankton ist, wieviel
Exemplare der einzelnen Formen in einer Wassersäule von
so und soviel Metern Höhe vorkommen, dazu bedient man sich
der Quantitativ netze, die also angeben sollen, was für
Organismen und wie viele in einer gewissen Wassermenge sich
aufhalten.
§ 9. Quantitativnetze.
Die Netze sind ähnlich gebaut wie die oben beschriebenen-
Es ist aber noch ein sogenannter Verengungskegel an der
Öffnung angebracht. Die Öffnung desselben hat 10 cm Durch-
messer. Versenkt man also das Netz in eine Tiefe von 5 m
und zieht es langsam wieder empor, so enthält es die in der
Wassersäule von 5 m Höhe und 10 cm Durchmesser ent-
haltenen Organismen. Ein Kegelaufsatz von 10 cm Öffnungs-
weite erhöht den Preis der Qualitativnetze um 3 Mk., es kostet
also ein Netz
aus Seidengaze Nr. 10 oder 12 mit Gefäß, Wirbelhahn und Aufsatz ca. 23 Mk.
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IQ Q1
» n »■*■" n n n v n n "'■ n
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n n n '"-' n n » n n n "" n
•
Zum Quantitativfang eignet sich auch eine Chiantiflasche
im Korb. Am Korb befestigt man die Senkschnure. Die
Flasche wird leer mit durchbohrtem Kork geschlossen, eine
§ 10. Planktonmessung mittels Quantitativnetzes.
13
Sl (LS röhre
gebogene, mindestens 10 mm starke Glasröhre hindurchgesteckt^
und das äußere Ende der Röhre zugeschmolzen. Hier wird die
„Reißleine" befestigt, wie es die Figur erkennen läßt. Mittelst
einer scharfen Feile feilt man vorsichtig die Glasröhre an (it)^
Zum Fang wird die
durch Bleiplatte , die
am Boden des Korbes
liegt, beschwerte Korb-
flasche mittelst der
Senkleine in bestimmte
Tiefe hinabgelassen,
und durch kurzen Riß
an der Reißleine die
eine Hälfte der Glas-
röhre bis zu H abge-
brochen. Durch das x<xe\w i^^a
eindringende Wasser ^^W/ ^^^ A.or6 .
gelangen jetzt auch
Organismen mit in die
Flasche. Wir waren
von den mit Hilfe ^i<^'^t'ifl(^sdve zum,Oiu£inlilatit^an.J.
dieser Flasche erzielten Fig. 3.
Fangresultaten wenig
zufrieden. Die Glasröhre muß ringsum scharf angefeilt
sein (i?), da sonst der Flaschenhals leicht zertrümmert
werden kann, falls die Röhre bei R nicht bricht und nun
der Kork herausgerissen wird. Wir verweisen deshalb lieber
auf die im § 14 beschriebene Senkflasche.
§ 10. Planktonmessung mittels Quantitativnetzes.
Vielfach wird es sich um vergleichsweise Bestimmung des
Planktongehaltes zweier oder mehrerer Gewässer handeln, je
reicher an Plankton ein Wasserbecken ist, um so reicher ist
der Ertrag an Fischen. Man kann also schon aus dem Ver-
gleich des Planktongehalts zweier Gewässer auf die Ergiebig-
keit beider schließen.
14 Allgemeiner Teil.
Wir versenken das oben beschriebene Quantitativnetz, das
wir mit Bleigewichten beschwert haben etwa 10 m. Bei einer
Offnungsweite von 10 cm wird also eine Wassersäule von
10 cm Durchmesser und 10 m Höhe durchgeseiht. Hat die
Öffnung des Verengungskegels 10 cm Durchmesser, so erhält
man die Formel für die Größe der Kreisfläche r^n, wobei r
den Radius des Öffnungskreises (Durchmesser 2r=10 cm)
also 5 und n = SVt oder genauer 3,1415 beträgt.
r^TT =: 5--3V7 = 78,57 qcm oder, in Quadratmetern aus-
gedrückt etwa '/i27 qm. Die Einströmungsöffnung hat also
Vi27 qm Fläche. Die durchseihte Strecke betrug 10 m also
j^ cbm. Wir müssen nun berechnen, wieviel Kubikzentimeter
Plankton wir bei unserem Fang erhalten haben. Wir
bringen deshalb den mit Chromosmiumessigsäure (s. d.) ab-
getöteten und konservierten Fang mit Alkohol in eine
Mensur, an der Teilstriche die einzelnen Kubikzentimeter be-
zeichnen, lassen mindestens 2 Stunden den Fang sich absetzen
und lesen dann ab. Gesetzt, es waren 1,5 ccm, so wüijten wir,
daß diese 1,5 ccm Plankton in der Wassersäule von 10 m
Höhe und 10 cm Durchmesser enthalten waren. Multiplizieren
wir jetzt 1,5 mit 127, so erhalten wir die Planktonmenge in
10 cbm Wasser: 1,5-127 = 190,5 (ccm). In 1 cbm ist also der
zehnte Teil Plankton enthalten, demnach 19,05 ccm.
Da nun die Planktonmenge in einem Gewässer nicht
überall die gleiche ist, so wird man, um zu einem recht ge-
nauen Resultat zu gelangen, eine mehrmalige Durchseihung
des Gewässers an verschiedenen Stellen und in verschiedenen
Tiefen vornehmen müssen und dann erst den Durchschnitt
berechnen.
Zacharias fand weiter, daß 1 ccm abgesetztes Plankton
im Durchschnitt 344 mg wiegt. Es läßt sich daraus wiederum
auf die Gewichtsmenge Plankton in einem See, Teich schließen.
In obigem Falle wären also 344 X 1,5 = 516 (mg) = zirka
V2 g Plankton. In 10 cbm demnach 516 mg X 127 = 65,532 g.
In 1 cbm also 6,55 g Plankton.
§ 11. Schließnetze. 15
§ 11. Schließnetze.
Die Schließnetze sind ziemlich kostspielig und kommen
wohl nur für solche in Betracht, die sich eingehenderen
Planktonstudien widmen wollen. Unter einem Schließnetz
versteht man ein Netz, das siqh in bestimmter Tiefe öffnet
und nach einiger Zeit oder besser nach einer bestimmten Zeit
sich wieder schließt. Will man feststellen, was für Plankton-
formen sich in einer bestimmten Tiefe aufhalten, so benützt
man das eigentlich nur für größere Tiefen berechnete Schließ-
netz. Wir nehmen an, wir sollten feststellen, was für Orga-
nismen sich in 70 — 75 m Tiefe aufhalten. Wir verwenden
dazu ein Schließnetz, das beim Hinabgleiten geschlossen ist,
in 75 m Tiefe aber sich zu öffnen vermag, während es 5 m
emporgezogen wird, geöffnet bleibt und dann sich wieder
schließt, oder geschlossen wird. Die schon mehrfach erwähnte
Firma T h u m , Leipzig, verfertigt Schließnetze, die an der Ein-
flußöffnung mit einem Ventil versehen sind, dessen Durch-
messer 10 cm beträgt, die Netzöffnung 20 cm, die Länge des
Sacknetzes 70 cm. Dieses ist mit Eimer ausgestattet, der einen
Seidengazeboden aufweist. Zwei Schnuren sind angebracht,
deren eine das Offnen und Schließen des Ventils herbeiführt.
Dieses Netz kostet 75—100 Mk.
Ungleich größer, komplizierter und damit teurer sind die
automatischen Schließnetze, die in gewisser Tiefe sich selbst-
tätig öffnen und wieder schließen. Diese Netze sind von dem
verstorbenen Ingenieur der Zoologischen Station in Neapel,
von Petersen konstruiert worden. Bei diesem Schließnetz,
dessen Rahmen beweglich ist, wird beim Emporziehen durch
eine beständig sich drehende Flügelschraube (Propeller) in
bestimmter Tiefe ein Verschluß gelöst, der das Netz öffnet
und eine gewisse vorher genau festgesetzte Strecke geöffnet
hält, dann aber sich wieder schließt. Der Süßwasserforscher
benötigt dieses Netz, das zwar sehr präzis arbeitet, aber auch
sehr teuer ist, nicht, da zu seiner Verwendung Tiefen von
mehr als 20 m erforderlich sind.
1(3 Allgemeiner Teil.
Für wirklich genaue quantitative Untersuchungen ist
übrigens das Heraufpumpen und Durchfiltrieren bestimmter
Wassermengen unerläßlich. Da das Absetzen des Fanges nur
sehr langsam vor sich geht, so bedient man sich, um ein
schnelles „Sichabsetzen" des Planktons (vor allem der un-
sichtbaren Bazillariazeen) zu ^ erzielen , der Zentrifuge (Preis
ca. 15 Mk.).
§ 12. Grundnetze und Dredschen.
Die Grundnetze fördern vielfach höchst interessante
Formen zutage. Die Schleppnetze sind mit einem dauerhaften
festen Metallrahmen ausgestattet, dessen Ränder geschärft
sind, um einerseits festsitzende Pflanzen und Tiere abzu-
schaben und andererseits Bodenproben abschürfen zu können,
die dann Aufschluß über etwa vorkommende Organismen zu
geben vermögen.
Am Rande des Metallrahmens sind lange „Schienen" an-
gebracht , um ein Umstülpen der Dredsche , das sonst leicht
möglich ist, zu verhindern. Das Netz wird aus festem
Stramin hergestellt und ist unten geöffnet. Vor Gebrauch
wird diese Öffnung zugebunden. Nach Emporkommen wird
das Netz durch Lösen des Bandes entleert. Die Breite des
Rahmens beträgt 25 cm, die Höhe 10 cm, die Länge des
Sackes etwa 80 cm. Der Preis beträgt 25 Mk.
Empfehlen möchten wir die Verwendung des Dredschen-
dreiecksrahmens , der aus Metall besteht. Die Ränder süid
ebenfalls geschärft. Ein Gewicht sorgt für regelrechtes Auf-
fallen des Netzes am Boden. Der Straminsack hat eine Länge
von zirka 60 cm. Preis 8 Mk.
Gewichte zum Beschweren der Dredschen usw. im Ge-
wicht von
200 g 60 Pf., 500 g 1,20 Mk., 1000 g 2 Mk.
Eine einfache Dredsche ist die folgende:
Wir lassen uns bei einem Klempner ein 10 cm breites,
75 cm langes starkes Stück Zinkblech abschneiden, biegen es
in Form eines Dreiecks und lassen die freien Enden zusammen-
Schurig, Praktikum.
Tafel 3,
Die Biologische Station zu Lunz. (Vergl. S. (J).
Schloß Seehof zu Lunz. (Vergl. S. 6.)
§ 13. Schnuren und Leinen. — § 14. Senkflasche. 17
löten. Dann schlagen wir im Abstand von 5 cm voneinander
15 Löcher in den untern Rand; in diesen Löchern wird der
zirka 70 cm lange Straminsack oder Leinwandsack befestigt,
an dessen unterem verschließbaren Ende eine Bleikugel an-
Fig. 4.
gehängt wird. In den im oberen Rand bei a, &, c ein-
geschlagenen Löchern befestigen wir lange Leinen, die wir in
etwa 70 cm Entfernung von der Öffnung verknoten. Hier be-
festigen wir nun die Schleppleine.
§ 13. Schnuren und Leinen.
Man verwende nur gewachste Schnuren, da diese nicht
naß, daher nicht schwer werden und sich nicht aufdrehen.
Schnur 1 für leichte Apparate 40 oder SO m lang 1,20 Mk. resp. 2,50 Mk.
„ 2 „ mittlere „ 50 „ 100 „ „ 2,75 „ „ 5,— „
„ 3 „ größere „ 50 „ 100 „ „ 4,- „ „ 7,50 „
„ 4 „ große „ 60 , 120 „ „ 5,50 „ „ 10,- „
„ 5 „ extragroße „ 100 „ 200 „ „ 12,- „ „ 22,- „
Weit besser und dauerhafter sind freilich Darmsaiten, wie
man sie als Angelschnüre verwendet.
§ 14. Senkflasche.
Diese stellt einen primitiven Apparat dar, um vom Grund
der Gewässer Organismen emporzubringen und zugleich die
Gewähr zu liefern, daß diese Organismen keiner anderen
Region entstammen, sondern nur Tiefenbewohner sind. Man
hat also eine Modifikation des Schließnetzes, insofern dieses
auch nur Organismen einer gewissen Tiefe emporbefördern soll.
Wir bedienen uns zur Herstellung einer Senkflasche einer
gewöhnlichen Blechkanne, die vor den Glasflaschen den Vor-
zug der Unzerbrechlichkeit hat, bringen einen Ring an den
Boden der Flasche an und befestigen am Hals der Flasche
Schurig, Hydrobiologischea und Planktonpraktikum. 2
18
Allgemeiner Teil.
ein Gewicht (G). Sollte die Kanne am Boden keinen Eisen-
schutzring aufweisen, so lasse man einen derartigen Ring daran
anbringen, der 1 cm über den Boden herausragen soll und
gießt nun den Boden 1 cm hoch mit Blei aus, sodaß der Ring R,
der etwa 3 cm über dem Boden ist, zugleich ein Abgleiten
des „Bleikranzes" verhindert. Ein einfacher Haken (Fenster-
haken) wird an einer festen Leine befestigt, die als Haupt-
senkleine zu dienen hat. An dem Hakenring werden aber außer-
dem zwei, je eine 1 m lange dicke
Leinen festgeknotet, deren freies
Ende um den Hals der Kanne ge-
schlungen oder am Haken befestigt
wird (Fig. 511). Senkt man nun die
Kanne ins Wasser, so wird im
CjQwidjt
Fig. 5.
Augenblick, wo der Kannenhals am Boden aufstößt, der
Haken bei R aus dem Ringe gleiten, die Flasche wird sich
umkehret! , wobei die in ihr befindliche Luft entweicht und
an deren Stelle Wasser (samt Bodenorganismen usw.) ein-
dringt. Ein Kork, dessen Durchmesser größer als die Kannen-
öffnung ist, wird kugelförmig zugeschnitten und in die Kannen-
öffnung gedrückt. Dadurch wird ein Eindringen anderer
Organismen aus anderen Regionen beim Emporziehen fast zur
Unmöglichkeit gemacht.
§ 15. Mikroskop. — § 16. Utensilien. 19
§ 15. Mikroskop.
Zu der Untersuchung des Planktons ist ein gutes Mikroskop
unerläßlich. Man scheue bei Anschaffung eines Mikroskops
eine Mehrausgabe von 20 oder 30 Mk. nicht. Vor allem sorge
man für ein gutes Stativ. Ist dieses vorhanden, so kann man
vorderhand sich mit einer kleinen Okular- und Objektiv-
ausrüstung behelfen und später die größeren Systeme nach-
kaufen. Schon die Objektive I und VII der Firma E. Leitz,
Wetzlar , lassen in Verbindung mit den Okularen 1 , 3 und 5
Vergrößerungen von 18 — 780 zu. Im § 17 geben wir eine
kurze Zusammenstellung der mikroskopischen Einrichtungen
der Firma Leitz in Wetzlar.
§ 16. Utensilien.
Unentbehrlich sind folgende Utensilien für den Plankton-
fänget :
4 Pipetten mit Gummihütchen, die zur Entnahme kleiner
Organismen dienen. (4 Weiten.)
2 Glasröhren, die zur Entnahme größerer Organismen
dienen.
2 Hornspatel.
2 Hornpinzetten.
2 spitze Metallpinzetten.
1 spitze Nadel.
1 Nadel mit Lanzettspitze.
1 Satz Uhrgläser. 2 Petrischalen. 6 Vogelnäpfchen zu
Kulturzwecken.
Im allgemeinen sei man mit der Verwendung von Pinzetten
zum Anfassen der Planktonorganismen vorsichtig, denn nur
allzuleicht werden die zarten Gebilde zerdrückt und dadurch
für die Bestimmung unbrauchbar gemacht. Vor allem ver-
meide man es, Metallgegenstände (Pinzetten usw.) mit pflanz-
lichen Organismen in Berührung zu bringen, da Metallgifte
heftig auf sie einwirken.
20 Allgemeiner Teil.
§ 17. Gebrauch des Mikroskops.
Jedes Mikroskop besteht aus zwei wichtigen Linsensystemen :
1. dem im oberen Teile des Tubus befindlichen Okular, das
beim Mikroskopieren in Augennähe ist, und
Okular
Tubus
Revolver
Objektive
Spiegel
Fig-e.
2. dem am untern Ende des Tubus befestigten (abschraub-
baren) „Objektiv" , das in nächster Nähe des Objekts-
Präparates ist.
§ 17. Gebrauch dös Mikroskop«.
21
Zu jedem Mikroskope gehören meist mehrere Objektive und
Okulare. Je größer der Linsendurchmesser beim Okular oder
Objektiv ist, desto schwächer ist die Vergrößerung und um-
gekehrt geben die kleinsten Linsendurchmesser die stärkste
Vergrößerung. Man vergleiche z. B. die Objektivlinsen 3 und 6
oder 1 und 5 und man wird nun unschwer zu sagen vermögen
mit welchem Objektive sich stärkere Vergrößerungen erzielen
lassen, mit 1 oder 3, oder 3 und 6 usw.
Mit Leitz objektiven (Firma Leitz, Wetzlar) werden in
Verbindung mit den Okularen folgende Vergrößerungen erzielt:
Okulare (Römische Ziffern). Huyghenssche
Okulare k 5 Mk.
Objektive
0
I
II
III
IV
V
Preise
Mk
Schwächere
Objektive.
1
2
3
4
12
25
45
75
18
33
60
100
22
40
70
115
26
50
80
135
30
60
105
180
40
80
130
230
15
15
15
25
25
30
30
40
60
65
75
100
150
Starke Objektive,
Deckglasdicke
0,17 mm.
Mit Fluoritsystem
5
6
7
8
9
140
200
260
300
380
180
255
335
400
500
210
300
400
450
575
250
350
450
550
700
325
460
600
700
900
420
600
780
940
1150
1 Mit Pluorit-
\ System 40 Mk.
1 desgl.
Wasserimmersion
10
10
405
535
610
745
950
1200
Homogene
Olimmersionen.
Vio
'/12
^/l6
310
435
520
415 470
555 650
700 800
575
800
950
730
1000
1250
940
1300
1680
Objektiv
1
3
6
12
45
200
26
80
350
40
130
600
'/i8 Ölimmersion
Vl2
435
800
1300
Für Planktonuntersuchungen reichen die Okulare 0, III, V
und die Objektive 1 , 3 und 6 aus. Der Preis der Okulare
schwankt zwischen 5 und 6 Mk. pro Stück, bei Leitz pro
22 Allgemeiner Teil.
Stück 5 Mk. Wer noch stärkere Vergrößerung als 600 fache
anwenden möchte, dem empfehlen wir die Anschaffung der
„homogenen Olimmersion V12", die zwar etwas teuer ist (Preis
ca. 100 Mk.), die aber eine ganz bedeutende, im allgemeinen
kaum nötige Vergrößerung (1300 fach) zuläßt, wie die oben ab-
gedruckte Tabelle ausweist. Selbstverständlich kann auch jede
andere Zusammenstellung gewählt werden, etwa Okular I, IV
und Objektiv 3 und 5 nebst Olimmersion Vio usw.
Wer schwache Vergrößerung anwendet, der achte darauf,
daß der Abstand zwischen Objekt und Objektivlinse etwa 2 cm
groß ist, bei starker Vergrößerung ist der Abstand ganz gering
(etwa 1 mm).
Ist das Mikroskop nicht mit Revolver versehen, d. h. ohne
eine Einrichtung, die das Anbringen von drei Objektiven ge-
stattet, die durch Drehen ausgewechselt sofort „in richtiger
Lage eingestellt" erscheinen, muß der Mikroskopierende also
jedesmal, wenn er eine stärkere Vergrößerung benötigt, das
eben verwendete Objektiv ab- und an seine Stelle das stärkere
Objektiv anschrauben, so wird er gut tun, auf folgendes zu
achten :
Der Anfänger möge, ohne in das Mikroskop hineinzusehen,
solange an der „groben Einstellungsschraube" drehen, bis der
Abstand zwischen Objektiv und Präparat ein ganz kleiner
(1 mm) geworden ist. Man muß dabei ständig die Ver-
minderung des Abstandes verfolgen. Scheint das Objektiv
nahe genug dem Deckglas des durch Klemmen festgehaltenen
Präparats zu sein, sodaß ein weiteres Drehen die Beschädigung
(Zerdrückung) des Präparats zur Folge haben könnte, so
schaut man jetzt in das Mikroskop hinein und hebt durch ganz
langsames Drehen der „groben Einstellungsschraube" den
Tubus, bis das Bild erscheint. Dann wird mit Mikrometer-
schraube scharf eingestellt.
Wer starke Objektive benützt, muß Deckgläser anwenden,
deren Dicke 0,17 mm nicht übersteigt.
Für schwache Vergrößerung ist der Planspiegel, für starke
der Hohlspiegel zu verwenden.
§ 17. Gebrauch des Mikroskops. 23
Man drehe den Spiegel solange bis das Bild die größte
Helligkeit erreicht hat.
Je stärker die Vergrößerung ist, umso kleiner nehme man
im allgemeinen die Blende: schwache Vergrößerungen gar
keine Abbiendung, mittlere Vergrößerung etwa 2 bis 5 mm
Blende, starke Vergrößerung kleinste Blende. Recht gut ist
eine Irisblende, deren Öffnung man durch Drehen eines
Knopfes reguliert.
Für die „homogenen Ölimmersionen" Vio, ^/i2, Vie ist die
Verwendung von Immersions-Zedernholzöl nötig. Man hebt
den Tubus (samt „Immersion") und fügt außen an die Objektiv-
linse einen Tropfen von Immersionsöl und senkt nun vorsichtig
den Tubus samt Objektiv so tief herab, daß der Öltropfen
das Deckglas berührt, sodaß jetzt der Zwischenraum zwischen
Objektivlinse und Deckglas von dem Öltropfen ausgefüllt wird.
Ehe man die Immersion anwendet, stelle man mit schwächerer
Vergrößerung das mit Immersion zu untersuchende Objekt
scharf ein, halte es mit Klemmen auf dem Objektivtisch fest
und dann erst schreite man zur Untersuchung mittels
Immersion.
Ist die Untersuchung beendet, so entferne man vorsichtig
mit Benzol das der Linse anhaftende Öl und reibe mit weichem
Leder vorsichtig nach. Ebenso verfahre man mit den Objekten
(Dauerpräparaten) ; die Deckgläser werden mit Benzol gereinigt,
das man mittelst Pinsels aufträgt.
Schulmikroskope.
Ein vortreffliches Mikroskop für Schulen (Volksschulen)
ist das Leitzsche Mikroskop: Stativ III. Objektive 3,7,
Okular I und III. Vergrößerungen 60 — 450 fach. Der Preis
des Mikroskops mit fester Säule, grober Einstellung durch
Zahn und Trieb, feiner durch Mikrometerschraube, Tubus-
auszug mit Millimeterteilung, Blendscheibe im Tisch, Plan und
Hohlspiegel stellt sich auf etwa 110 Mk. Stativ mit Iris-
blende erhöht den Preis um 15 Mk. Dasselbe Mikroskop mit
Revolver für zwei Objektive ohne Irisblende ca. 120 Mk. Mit
24 Allgemeiner Teil.
Revolver für drei Objektive, Objektive 3, 6, 8 Okular I und III,
Vergrößerung 60 — 550 fach: ca. 170 Mk.
Die Sortierung des Fanges.
Wie untersucht man nun einen Planktonfang? Der An-
fänger möge sich hüten, auf einmal zu viele Gattungen und
Arten zu bestimmen.
Zuerst fange man die größeren mit in das Netz geratenen
Tiere (Käfer und deren Larven, Zweiflüglerlarven) mittels
kleinen weitmaschigen Netzes heraus und bringe sie zur Be-
obachtung ihrer Lebensweise, Entwicklung, in gesonderte Ge-
fäße mit Wasserpflanzen. Dann schütte man den ganzen Fang
durch ein weites Planktonsieb, dessen Maschen etwa 1,5 mm
groß sind. Es werden nun alle Formen, die kleiner als 1,5 mm
sind, die Maschen passieren, die größeren, in der Hauptsache
Wasserflöhe und Hüpferlinge, Wassermilben usw. im Sieb
zurückbleiben. Diese bringt man in ein kleines Aquarium mit
Wasserlinsen und zwei oder drei „Ranken" Wasserpest, falls
man den mittels Spatels, Hornlöffels usw. aus dem Sieb ent-
fernten Fang nicht sofort mit Formol (1 Teil käufliches
Formol [40°;'üig], 10 — 12 Teile Wasserj Konservieren will. Eine
große Menge kleiner interessanter Formen, Peridineen, Des-
midiazeen, (Grünalgen usw.) Rädertiere werden sich nun in
dem „durchgesiebten" Wasser vorfinden. Jetzt gießt man
dieses durch ein Sieb aus feinster Seidengaze, (Nr. 18 oder 20)
in dem alle noch vorhandenen Planktonformen zurückbleiben
werden. Entweder bringt man mm diesen „Rückstand" in ein
etwa 6 cm hohes, 15 cm Durchmesser aufweisendes flaches
Gefäß mit Wasserlinsen und wenig Wasser (2 cm hoch) oder
man konserviert den Fang sofort mit Formol (siehe oben).
Um diese winzigen lebenden Planktonwesen zu untersuchen,
bringt man eine geringeMenge mittels Pipette in ein Uhr-
gläschen. Man nehme nur so wenig wie möglich und wende
zuerst schwache Vergrößerung (30 fache) an. Der Anfänger
hüte sich zuviel Organismen auf einmal in die Flachschale
oder das Uhrgläschen zur Untersuchung zu bringen, da er
§ 18. Der Fang des Planktons.
25
dann, besonders bei lebenden Formen, leicht den Überblick
über diese verliert. Gute Dienste dürfte anfangs schon eine
Steinheiische Lupe mit 30facher Vergröße-
rung leisten (Preis bei Leitz, Wetzlar: 10 Mk.)
Algenfäden suche man auf darauf weidende
Urtierchen ab! Hat man nun viele gleiche oder
ähnliche Arten in dem Uhrgläschen entdeckt, so
suche man diese mit einer Pipette, die man in
eine enge Spitze ausgezogen hat, heraus und
bringe sie auf einen Objektträger in ein Tröpfchen
verdünnter Glyzeringelatine (1 : 18 usw. siehe
auch § 23) oder des 3 "/o igen leicht verdunstenden
und die Schleimhäute angreifenden For-
mols. Über die Herstellung von Dauerprä-
paraten, d. h. solchen, die jahrzentelang
zur Untersuchung dienen können (wie z. B.
die käuflichen Präparate) handelt der § 20.
Ist man verhindert, einen lebenden
Fang sofort zu untersuchen, so muß man
die lebenden Formen abtöten und konser-
vieren. Da Formol sehr leicht verdunstet,
so muß man die fest durch Korkpfropf ver-
schlossene Flaschenöffnung noch mit Pa-
raffin verschließen, das schon bei etwa 55 ^
schmilzt (ähnlich wie die verkorkte Wein-
flaschenöffnung noch mit „Siegellack" ver-
schlossen wird).
§ 18. Der Fang des Planktons.
Man hüte sich das Netz zu lange bei
einem Fang im Wasser zu lassen, da meist,
zumal in planktonreichen Gewässern, die
Organismen in großer Menge sich am Boden pig. 7.
(im Eimer, Glasgefäß, Filtrator) ansammeln
und zerdrückt werden könnten. Ferner würden in Gewässern,
die reich an Detritus, ferner Bazillariazeen sind, die „Poren"
26 Allgemeiner Teil.
des Netzes verstopft werden, sodaß das Netz seiner Eigen-
schaft als Sieb verlustig gehen und nur noch als Gefäß wirken
würde, welches die Organismen des durchstrichenen Wassers
nur noch zum geringen Teil aufnähme.
Das ausgeworfene Netz soll vielmehr langsam wieder ein-
gezogen werden, wobei die Leine gespannt bleiben muß.
Will man besonders Bodenorganismen erhalten, so ver-
sehe man die Zugschnur je nach Größe des Netzes etwa 2 m
vor der Netzöffnung mit einem mindestens 2 Pfund schweren
Gewichte (1000 g 2 Mk. bei Thum, Leipzig).
§ 19. Aufbewahrung des Planktons.
Die aus dem Filtrator nach Öffnung des Quetschhahns
befreiten Organismen bringe man entweder in lange Reagens-
gläser, von denen bei 35 — 40 mm lichter Weite und 18 cm
Länge 3 Stück ca. 1 Mk. kosten oder direkt in Transport-
gläser oder Transportkannen. Die Firma A. Glaschker,
Inhaber K. L. Scholl, Leipzig, Tauchaerstraße 26, hat stets
äußerst preiswerte Aquarienartikel auf Lager, unter anderen
auch Fischtransportgläser, die man am Bindfaden trägt. Der
Preis derselben stellt sich, wie folgt:
Höhe und Durchmesser: 10X10 cm; 12X12 cm; 15X15 cm.
Preis Mk.: 0,15 0,25 0,35
Für größere Mengen Plankton sind die Transportkannen zu
empfehlen, die auch samt lebendem Inhalt versandt werden
können. Eine Kanne von
1, 2, 5, 10 1 Inhalt kostet
—,85 Mk., 1,25 Mk., 1,50 Mk., 2,50 Mk.
Wünscht man die Kanne oval, so erhöht sich der Preis. Eine
sehr starke 10 1 fassende Kanne würde dann etwa 6,50 Mk.
kosten.
Man gebe den mit Qualitativnetzen gefangenen Organismen
einige Wasserpflanzen aus dem gleichen Gewässer mit ins
Glas.
§ 20. Konservierung des Planktons. 27
§ 20. Konservierung des Planktons.
Ein einfaches Konservierungsmittel für Planktonorganismen
ist Formol. (Formaldehyd = Aldehyd der Ameisensäure,
HCOH). 100 g kosten etwa 50 Pf. bei Dr. Grübler,
Leipzig. Formol ist 40^/oig. Man bringe die Organismen in
ein Gläschen mit 4'^/oiger Formollösung. Zu 100 ccm Wasser
füge man also 10 ccm Formol zu und erhält so ein treff-
liches, leider etwas zu rasch verdunstendes Konservierungs-
mittel. Wird das Reagensglas, in dem die mit Formol konser-
servierten Organismen sich befinden, sofort verstöpselt und
dann, um völligen Luftabschluß zu erzielen mit der Öffnung
in flüssiges Paraffin getaucht, so kann man die Organismen,
die auch im Formol (Formalin) ihre Farbe beibehalten auf un-
beschränkte Zeit zu Studienzwecken aufbewahren.
2. Ein anderes Konservierungsmittel, das zugleich dem
Fixieren dient, ist Sublimat-Alkohol.
a) Sublimat ist ein starkes Gift, deshalb ist größte Vor-
sicht bei Untersuchungen mit Sublimat nötig. Sublimat ist
kein „Blutgift". Es schadet also nicht nur nichts, wenn
Sublimatlösung (1 : 1000) in eine frische Wunde kommt, im
Gegenteil wird mit Sublimatlösung getränkte Watte wie essig-
saure Tonerde bei frischen Wunden angewandt, um die Wunde
gegen Keime usw. zu schützen, da Sublimat (Quecksilber-
chlorid) eines der furchtbarsten Pflanzengifte darstellt. Schon
Lösungen 1 : 1 000 000 sind geeignet , pflanzliche Zellen zum
sofortigen Absterben zu bringen. Da Sublimat auch Metall-
gegenstände angreift, so bediene man sich bei Anwendung
des Sublimats lediglich der Glas- und Horngegenstände.
b) Auf 100 Teile Wasser nehme man sechs Teile Sublimat
(6"/oige Lösung). Von dieser Lösung nehme man einen Teil.
2. Dazu gebe man die gleiche Menge Wasser. 3. Zwei Teile
70 •'/o igen Alkohol.
c) In diesem Gemisch lasse die Objekte vier Stunden.
Darauf wird mit 70 °/oigem Alkohol ausgewaschen, indem man
die Objekte in 70*^/0 igen Alkohol legt und nach je drei
28 Allgemeiner Teil.
Stunden den Alkohol wechselt. Nach zwölf Stunden bringe
man die Objekte in 80*^/oigen Alkohol, Jetzt fügt man zwei
Tropfen von 3 "/oiger wässeriger Jodjodkaliumlösung hinzu, die
den Zweck hat , Sublimatkriställchen , die im Gewebe sich
niedergeschlagen haben, wegzubringen. Es wird zuerst eine
gelbliche Färbung auftreten, die aber bald wieder schwindet.
Man füge also solange zwei bis drei Tropfen allmählich zu,
bis die Gelbfärbung anhält. Dann sofort in 80 ^lo igen Alkohol
zurück und nach Wechseln des Alkohols in frischem 80 "/q igem
Alkohol aufbewahren,
3. Ein ausgezeichnetes Planktonkonservierungsgemisch ist
das Chrom-Osmium-Essigsäuregemisch,
Da Osmiumsäure sehr teuer ist (1 g 7 Mk., V4 g 2,25 Mk,),
so wird man, falls man nicht größere Mengen des Gemisches
benötigt, auf Herstellung des Gemisches Verzicht leisten und
sich lieber mit der käuflichen Lösung (10 g 70 Pfg.) be-
gnügen, zumal die gleiche Menge vielmals verwendet werden
kann. Für die, die sich größere Mengen herstellen möchten,
sei folgendes angegeben:
Von Chromsäure 1 g (100 g 60 Pf.), Osmiumsäure V4 g
2,25 Mk., Eisessig V2 g (100 g 35 Pf.);. 300 ccm Wasser.
Eine andere Zusammensetzung ist folgende:
15 Teile l^/oige Chromsäurelösung (wässerig),
4 Teile 2'*'oige Osmiumsäurelösung (wässerig), (l°/oig:
10 g 75 Pf.)
1 Teil Eisessig.
In dieses Gemisch bringt man den „Planktonbrei" und
läßt ihn mindestens V* Stunde darin, im übrigen je länger
umso besser!
Wir haben Plankton nur 10 Minuten mit Chrom-Osmium-
Essigsäure konserviert und zwar mit bestem Erfolg. Sämt-
liche Organismen nehmen einen schwarzbraunen Ton an. Aus
dem Gemisch entnommen, werden die Objekte etwa ^U Stunde
mit 70*^/0 igem Alkohol ausgewaschen und direkt in 80 "/o igen
übergeführt.
Wer später das eine oder das andre Objekt „schneiden"
§ 22. Hängender Tropfen in feuchter Kammer.
29
will, d. h. in Schnitte zerlegen möchte, dem empfehlen wir,
die mit obigem Gemisch konservierten Objekte, nach Aus-
waschen mit 70^/oigem Alkohol (^'4 Stunde) mit Safranin vor-
her (vor dem Schneiden) zu färben.
§ 21. Mikroskopische Untersuchung kleiner lebender Objekte.
Um kleine, schnell bewegliche Formen untersuchen zu
können, (z. B. Rotatorien, Copepoden, Daphniden usw.), die
leicht aus dem Gesichtsfeld flüchten, legt man sie in Quitten-
gelee in einen ausgehöhlten Objektträger. Man löse 5 g
Quittensamen in 100 g Wasser und bringe einen Tropfen da-
von in die Höhlung des Objektträgers. Zur Untersuchung
kann man freilich nur schwache Vergrößerung anwenden.
Quittengelee ist vielfach etwas getrübt. Man bedient sich
deshalb gern des Sirups als „Resistenzmediums" und zwar wird
ein Teil Sirup (gelber Honigsirup) und ein Teil Wasser ver-
wendet.
§ 22. Hängender Tropfen in feuchter Kammer.
Ein feuchte Kammer stellt man sich billig in folgender
Weise her:
Man schneide in der Größe eines Objektträgers mehrere
Blätter aus starkem Fließpapier und klebe sie bis 2 mm hoch
EUrierpapier-
i
/Glas\
1 I
0
Fig. 8.
aufeinander. Nachdem sie völlig getrocknet sind , schneide
man ein kreisrundes oder viereckiges Stück aus den Fließ-
papierlagen heraus, wie es die nebenstehende Figur ver-
anschaulicht. Der Durchmesser des inneren Ausschnitts muß
2 — 3 mm kleiner sein als der des zu verwendenden Deck-
30 Allgemeiner Teil.
glases. Hierauf klebt man die Fließpapierlage auf den Objekt-
träger, decke einen zweiten Objektträger darauf und beschwere
diesen, damit eine möglichst ebene Fläche auf der Oberseite
der Filtrierpapierdecke erzielt wird. Wir nehmen an, wir
wollten Rotatorien usw. längere Zeit lebend untersuchen, dann
entfernen wir den oberen Deckobjektträger, bringen in die
Mitte eines gesäuberten Deckglases ein Tröpfchen mit den zu
untersuchenden Organismen, fassen es mittels Pinzette, drehen
es vorsichtig schnell um, sodaß das Tröpfchen sich an der
Unterseite des Deckglases befindet und legen es auf die runde
Öffnung des Filtrierpapiers (B). Der Ausschnitt 0 erleichtert
das Auflegen und Wegnehmen des Deckglases. Das Filtrier-
papier wird nun solange mit Wasser benetzt, bis es völlig
durchtränkt ist.
Man kann auch Kammern, die mittels Canadabalsams auf
den Objektträger aufgeklebt werden, sogenannte Glaszellen,
deren Stärke zwischen 1 — 2 mm variiert, anwenden. Bei einem
Öffnungsdurchmesser von 10 12 15 18 mm beträgt der Preis
für ein Stück 10 12 15 18 Pf.
Zu Deckgläsern im Format 18X18 mm verwende man die
Glaszelle 15 mm. Objektivträger aus weißem Salinglas mit
fein geschliffenen Kanten, englisches Format 76X26 mm je
100 Stück 2,60 Mk.; anatomisches Format 70X35 mm 100 Stück
2,85 Mk.; Vereinsformat (sehr beliebt!) 48X28 100 Stück
2,10 Mk.
Deckgläser, quadratisch, Stärke 0,10 — 0,22 mm; (man
nehme solche von 0,17 mm Stärke!)
15X15 mm, 18X18 mm, 20X20 mm, 24X24 mm.
100 Stück: 1,25 Mk., 1,50 Mk., 2 Mk., 2,80 Mk.
Deckgläser, rund:
100 Stück: 15 mm 1,20 Mk., 18 mm 2 Mk., 20 mm 2,30 Mk.
Der Anfänger bediene sich nur der quadratischen Deck-
gläser im Format 18X18 mm.
§ 23. Anfertigung mikroskopischer Apparate.
31
§ 23. Anfertigung mikroskopischer Präparate.
Glyzerin-Gelatine.
Glyzeringelatine ist eine gallertartige Masse, die man in
den einschlägigen Geschäften (Dr. Grübler, Leipzig) käuflich
erhält. Man stellt sie sich in der Weise dar, daß man 3 g
weiße Gelatine in 15 g Wasser löst, was nach etlichen
Stunden erfolgt ist, und dann 15 g Glyzerin hinzufügt. Man
erwärme alles kurze Zeit unter beständigem Rühren mit Glas-
stab. Zu der Glyzeringelatine füge man einen Tropfen reine
Karbolsäure. (10 ^lo ige.)
Zum Gebrauch entnehme man mittels Hornspatels eine
Wenigkeit von der gallertigen Masse, bringe sie auf den vorher
gesäuberten Objektträger und erwärme
diesen vorsichtig. Die Masse zerfließt.
Jetzt ordne man die Objekte in der
Glyzeringelatine und decke dann ein er-
wärmtes Deckglas darüber. Nach Er-
starren der Glyzeringelatine wird das,
was eventuell vorgequollen ist, mittels
Skalpells oder Messers entfernt. Dann
wird das Deckglas mit Maskenlack III
umrandet (bei Dr. Grübler, Leipzig,
100 g etwa 1,25 Mk.) Hat man keine
Drehscheibe für Lackringe, die für Deck-
gläser im quadratischen Format sowieso
nicht gut verwendbar wäre, so ziehe
man eventuell unter Zuhilfenahme eines
Lineals auf dem Deckglas mittels Pinsels
einen Lackstrich (w), etwa 2 mm vom
Rande entfernt und 2 mm breit, dann
ziehe man einen parallelen Strich auf dem
Objektträger (m), wiederhole das jederseits des Deckglases und
Objektträgers und fülle den Zwischenram 7h — n mit Lack aus.
In Glyzeringelatine bette man solche Objekte ein, die man
aus 70 "/o igem Alkohol in Glyzerin übergeführt hat.
"«Kii^iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiir
'^yrc
Fig. 9.
32
Allgemeiner Teil.
1
Einbetten in Formol.
Man verdünne das käufliche 40 ^lo ige Formol (einen Teil)
mit zehn Teilen Wasser und bringe Tiere oder Pflanzen direkt
hinein (5 Minuten bis V2 Stunde (je nach Größe)! Hierauf
füge man einen Tropfen Formol auf den Objektträger, ordne
die betreffenden Organismen darin und decke ein Deckglas
darüber, an dessen Ecken man Wachsfüßchen angebracht hat.
Bei mikroskopisch kleinen Objekten (Rotatorien usw.) können
die Wachsfüßchen am Deckglas wegbleiben! Wachsfüßchen
^ stellt man in der Weise her, daß man Wachs
1 ~1 oder Plastilina weichknetet und mit jeder Ecke
des Deckglases eine kleine Menge herausschabt
(in Stecknadelkopfgröße, sonst stets eine Wenig-
keit größer, als die Objekte). Die Ränder des
Deckglases werden nun, um ein Vei'dunsten
des Formols zu vereiteln, mit venetianischem
Terpentin umgeben. Das ziemlich teure Harz
wird geschmolzen. Man läßt es dann erkalten,
bringe einen Draht in Form eines Rechtecks
und befestige den Stiel in einem Federhalter.
(Siehe Figur.) Die Rechtecksseite a b muß länger
als die Deckglasseite sein. Man erwärmt den
Draht über einer nichtleuchtenden Flamme
(Spiritusflamme) und stößt damit ins Harz, welches augen-
blicklich schmilzt. Es bleibt eine genügende Menge Harz an
der Seite ab haften. Jetzt bringt man ab an das Deck-
glas (m), nachdem man etwa hervorgequollenes Formol weg-
gewischt hat, um ein Spritzen des heißen Harzes zu ver-
meiden. Dann wird Harz auf das Deckglas (w) gebracht und
der Zwischenraum nin mit Harz verstrichen. Um sicher zu
gehen, daß keine Öffnung in der Umrandung vorhanden ist,
die ein Verdunsten des Formols ermöglichte, übe man nach
Umrandung einen leichten Druck mit dem Fingernagel auf
das Deckglas aus. Tritt ein Bläschen oder ein Tröpfchen
irgendwo an der Umrandung aus, so muß erneut mit venetia-
nischem Terpentin verschlossen werden.
Fig. 10 a.
Schurig, Pniktikuin.
Tafel 4.
Assistentenwohnung mit Warm- und Kalthaus der Biologischen Station
Liinz- Seehof (Nieder -Österreich"). (Vergl. S. 7).
Blick in das Warmhaus der Biologischen Station zu Lunz. (Vergl. S. 7]
§ 24 Färben von Objekten. 33
§ 24. Färben Ton Objekten.
(Vgl. auch: Biologische Experimente und Mikroskopische Technik von
Schur ig, Leipzig, Qielle und Meyer, Preis 2,40 Mk.)
Zum Färben von Planktonorganismen möge sich der An-
fänger stets des Hämalauns bsdienen. Man lege die Objekte
etwa 5 — 10 Minuten in das Hämalaunbad (Hämalaun 100 g
etwa 75 Pf.) Man gießt einige Tropfen in ein Uhrglas und
bringt den kleinen Kruster usw. hinein. Unter dem Mikro-
skop kontrolliert man hierauf den Fortschritt der Färbung. Die
Objekte sollen dunkelblau aber nicht schwarzblau aussehen .
Diese sind überfärbt. Man zieht die überschüssige Farbe mit
salzsaurem Wasser (1:500) oder mit l^loigem Alaunwasser
aus, wässert längere Zeit (10 Minuten bis ^'2 Stunde) mit
destilliertem Wasser oder mit Ammoniakwasser 1 : 500. Sollte
sich jetzt herausstellen, daß die Objekte zu wenig gefärbt sind,
da der Farbstoff zu stark ausgezogen wurde, so bringe man
sie in das Hämalaunbad zurück,
Boraxkarmin (100 g etwa 1,40 Mk.)
Man färbe bis zur völligen Durchdringung nnd bringe
dann die Objekte in 70 ^/o igen Alkohol, dem 2"/o Salzsäure
zugefügt wurde, [hierauf direkt in 80 "/o igen Alkohol, Die
Färbung gibt ein zartes Rot.
Safranin.
(Nach Konservierung der Objekte mit Chrom-
Osmium-Essigsäure).
Dieses Färbemittel wird vielfach dann angewandt, wenn
die Objekte mit Chrom-Osmium-Essigsäure oder Flemming-
schem Gemisch konserviert wurden. In der Hauptsache wird
sie nur für den in Frage kommen, der die Objekte später in
Schnitt Serien zerlegen will. Man löst in Wasser (100 g)
Safranin 2 g und fügt 2 g Safranin 0 zu, rühre gut um und
lege dann die Objekte in das Färbemittel ; man färbe beliebig
lange und differenziere (ziehe allmählich den Farbstoff aus
mit Alkohol. Man erhält intensiv rote Färbung.
Schur ig, Hydrobiologisches imd Planktohpraktikum. 3
34 Allgemeiner Teil.
Metliylviolett.
(N ach Chrom - Osmium- Essigsäurekonservierung.)
Schnitte durch derart konservierte Objekte können mit
Methylviolett in ganz schwacher wässeriger Lösung mehrere
Stunden gefärbt werden. Man kontrolliere jede Stunde, bis
man deutliche violette Färbung erhalten hat, wasche mit salz-
saurem 90"/cigem Alkohol (1 Teil Salzsäure 1000 Teile Alkohol)
aus und führe direkt in absoluten Alkohol über.
§ 25. Lebende Planktonorgaiiismeii.
die völlig durchsichtig sind, färbt man in der Weise, daß man
in das Wassef, in dem sich die Objekte befinden, eine winzige
Spur Methylenblau bringt, nur soviel, daß eine ganz leichte
Blaufärbmig des Wassers eintritt. Verschiedene Gewebe
nehmen den blauen Farbstoff auf, geben ihn aber rasch wieder ab.
§ 26. Intermedien nnd Aufhellmittel.
Die gefärbten (abgetöteten) Objekte werden, aus der Farb-
flüssigkeit in Wasser gebracht (10 Minuten), dann in 30 "/o igen,
50 "/o igen und schließlich in 80**/oigen je 5 — 60 Minuten, je
kleiner, umso kürzere Zeit, und nun aus 80^/oigem Alkohol
direkt in 90 ^/o igen übergeführt. Zur völligen Entfernung von
Wasser bringt man die Objekte zuerst in 96^/oigen, dann in
absoluten Alkohol, oder, da dieser sehr teuer ist, direkt aus
dem 96 '^/o igen Alkohol in Zedernöl, oder aus 90 *^/o igem Alkohol
in Bergamottöl. In jedem der angegebenen Alkohole bleiben
die Objekte, je nach Größe 5—60 Minuten. Die bis 2 mm
großen Tiere und Pflanzen läßt man bis höchstens Vi Stunde
in den Alkoholen usw., die größeren länger.
Da nun viele Objekte nicht durchsichtig genug sind, um
ein erfolgreiches Studium zuzulassen, legt man sie noch in ein
Aufhell mittel, z.B. Nelkenöl. Bei Krustern, also Krebsen
wendet man Glyzerin an. In beiden Fällen bringe man die
Objekte aus dem absoluten Alkohol direkt ins Nelkenöl oder
Glyzerin. Man kann auch in letzterem Falle die vorher ab-
getöteten Organismen aus Wasser direkt in Glyzerin bringen.
§ 27. Einbetten. — § 28. Dauerpräparate. 35
hat freilich bisweilen eine Schrumpfung der Gewebe zu kon-
statieren , weshalb man die Objekte lieber aus absolutem
Alkohol in Glyzerin oder auch in Nelkenöl überführt.
Als Zwischenmittel (Intermedium) zwischen Alkohol und
Kanadabalsam (Endmittel) verwendet man auch Zedernholzöl,
dunkelgrünes Bergamottöl, Xylol und Benzol, diese hellen auch
auf. Als Intermedium, das nicht aufhellt, kommt noch
Chloroform in Frage.
Als recht brauchbar im allgemeinen möchten wir Benzol
empfehlen.
§ 27. Einbetten.
Die Stufenfolge beim Mikroskopieren ist folgende:
1. Konservieren der Objekte.
2. Färben.
3. Auswaschen.
4. Überführen der Objekte nacheinander in 30°/oigen,
.50*^/0 igen, 70 "/o igen, 80 "/o igen, 90 «/o igen, 96°/oigen,
absoluten Alkohol.
o. Intermedium (Benzol) + absoluten Alkohol (halb und halb).
6. Intermedium. (Benzol, Nelkenöl).
7. Endmedium = Kanadabalsam.
Man bringt die Objekte aus dem Intermedium direkt in
Kanadabalsam, indem man zwei Tröpfchen auf den gereinigten
Objektträger bringt, die Objekte einlegt und mit Deckglas
{mit Wachsfüßen!) bedeckt. Sollte zu wenig Kanadabalsam
aufgeträufelt sein, so läßt man noch einen Tropfen oder mehr
unter das Deckglas treten.
In den verschiedenen Alkoholen und Intermedien bleiben
die Objekte, je nach Größe 10 Minuten bis 6 Stunden. Steck-
nadelkopfgroße Organismen läßt man bis höchstens V4 Stunde
in jedem Mittel, die anderen Objekte entsprechend lange.
§ 28. Dauerpräparate.
I. Objektträger. Englisches Format 76 X 26 oder Giessener
Format 48X28 mm.
36 Allgemeiner Teil.
IL Deckgläser: Format 15X15 oder 18X18 mm.
III. Plastilina oder Wachs.
IV. Formol: 4°/oiges (auf zehn Teile Wasser kommt ein
Teil Formol); S^/oiges (auf 13 Teile Wasser ein Teil
Formol.
V. Zehn „Vogelnäpfchen" mit aufgeschliffenem Deckel
oder acht Gläschen mit Glas- oder Korkpfropfen.
1. Gläschen: Destilliertes Wasser.
2. „ Haemalaun.
3. „ 30^/oiger Alkohol oder destilliertes
Wasser mit ^5^/o Salzsäure.
4. „ Destilliertes Wasser oder 30"/oiger
Alkohol mit 1 **/o Ammoniak.
5. „ 50 "/o iger.
6. „ TO'^/oiger.
7. „ 80 o/o iger.
8. „ 90 böiger.
9. „ 96 «/o iger.
10. „ absoluter Alkohol.
(Preis pro Gläschen mit Deckel 35 bis
60 Pf. (IV2 cm hoch, 4 cm Durch-
messer 35 Pf., 2 cm hoch 5 cm Durch-
messer 40 Pf., 2 V2 cm hoch 6 cm Durch-
messer zirka 50 Pf.)
VI. Ein Gläschen mit Nelkenöl zum Aufhellen.
VII. Ein Fläschchen mit Benzol zum Verdünnen des even-
tuell zu hart gewordenen Kanadabalsams.
Vni. Kanadabalsam.
IX. Etiketten.
X. Eine Mappe für mikroskopische Präparate.
XI. Fürs Umranden der mit Formol konservierten Objekte
venetianisches Terpentin.
XII. Nadel zum Umranden.
XIII. Spirituslampe (von 35 Pf. bis 1,50 Mk.)
XIV. Pipetten (Figur 10 b).
§ 28. Dauerpräparate. 37
Für Untersuchungen unter dem Mikroskop, z. B. Kon-
trollieren von Färbungen, Fortschritt derselben usw. eignen
sich sehr gut die Glasklötze mit Vertiefungen (Kristallschalen,
sogenannte Salznäpfchenform). Der Preis beträgt pro Stück
bei einem oberen Durchmesser der Vertiefung von
24 mm 30 mm 35 mm.
24 Pf. 40 Pf. 50 Pf.
Glasschalen mit Deckel pro Stück:
4 cm Durchmesser 20 Pf., 5 cm 24 Pf., 7 cm 30 Pf., 10 cm 36 Pf.
Mappen . . für 16 Präparate pro Stück 80 Pf.,
„ „ 32 „ „ „ 1,25 Mk.,
Schiebkästen „ 100 „ „ „ 2,25 Mk.,
Es ist stets das Format des Objektträgers anzugeben!
Sämtliche Glasartikel können aus der Fabrik wissenschaft-
licher Apparate von 0. Preßler, Leipzig, Brüderstraße 39
bezogen werden, sind aber auch in anderen einschlägigen Ge-
schäften käuflich zu erwerben. Bei den Präparatengläsern
(Vogelnäpfchenform) achte man genau darauf, daß der Deckel
luftdicht schließt, da die Alkohole leicht „verdunsten". Aus
Vorsicht umstreiche man den geschliffenen Hohlsaum im
Deckel mit Glyzerin.
Kanadabalsam beziehe man aus einer ersten Drogerie oder
von Dr. Grübler in Leipzig, Windmühlenstraße, Ecke Tumer-
straße oder A. Kolibabe in Dresden-Löbtau, Herbertstraße 9,
(wo sämtliche Artikel für Mikroskopie ständig zu haben
sind !).[
Getrübten Kanadabalsam usw. weise man zurück, sämtliche
Öle usw. müssen ganz klar sein ; da sie sonst für mikroskopische
Zwecke untauglich smd!
Wer sich genauer mit der „Mikroskopischen Technik" be-
fassen will, der wird in des Verfassers „Biologischen Experi-
menten nebst Anhang: Mikroskopische Technik" die Haupt-
punkte der mikroskopischen Technik vorfinden.- Preis 2,40 Mk.
Leipzig, Quelle & Meyer.
38 Allgemeiner Teil.
§ 29. Beispiele.
I, Anfertigung eines Dauerpräparates vom Wasserflohv
Der Anfänger beginne zuerst mit der Anfertigung von
Dauerpräparaten vom Wasserfloh, denn dieses Objekt ist
leicht zu beschaffen ; der Schaden ist nicht so groß, wenn das
Präparat mißlingt und dann erlangt der Anfänger rasch Übung
im Anfertigen von Präparaten.
Man fange zuerst einige Wasserflöhe aus dem
A Aquarium heraus (obere Öffnung der Glasröhre
vor dem Einbringen in das Aquarium mit dem
^ Daumen oder Zeigefinger schließen, die untere
Öffnung in die Nähe des Wasserflohs bringen,
giasröhre schncU den Daumen von der oberen Öffnung
abheben: der Wasserfloh wird in die Röhre mit
emporgesogen, wiederum Zeigefinger auf die
obere Öffnung und das Glasrohr herausheben);
wenn man nun ganz allmählich den Finger von
der Öffnung entfernt, so wird das in der Glasröhre
emporgestiegene und den Wasserfloh beher-
bergende Wasser langsam in ein Uhrglas heraus-
fließen; wenn dagegen sofort der Finger ab-
gehoben wird, so fließt plötzlich das Wasser
jjen heraus, „es schießt aus dem Uhrglas heraus",
dabei wird man meist vergeblich nach dem
Wasserfloh suchen. Viel einfacher zu handhaben
"i^. lOb. ^^^ ^^® Pipette, die in Abbildung 10h zur Dar-
stellung ge.bracht wurde. Man drückt vor Ein-
bringen der Pipette das Gummihütchen zusammen, bringt die
untere Öffnung ganz in die Nähe des zu fangenden Wasser-
flohs, öffnet Daumen und Zeigefinger, die das Gummihütchen
zusammengedrückt hielten — und wird nun sehen, wie der
Wasserfloh mit einer gewissen Wassermenge emporgesogen
wurde. Durch leichten Druck auf das Gummihütchen bringt
man Wasser samt Wasserfloh zum Ausfließen.
Lebendfärbung: Jetzt soll eines der Tiere lebend
§ 29. Beispiele. 39
gefärbt werden : Wir bringen es in ein Uhrgläschen niit wenig
Wasser und fügen eine geringe Menge Methylenblau dazu, doch
nur soviel, daß das Wasser ganz schwach blau gefärbt ist. Von
Viertelstunde zu Viertelstunde wird kontrolliert, wie weit die
Färbung vorgeschritten ist, oder man bringt die Tiere 2 Stunden
in eine rötlichgelbe Lösung von Neutralrot und stellt sie in
ein verdunkeltes Zimmer usw. Dann werden die Gewebe röt-
liche Färbung angenommen haben. Die sogenannte „Lebend-
färbung" ist allerdings nicht immer von Erfolgen begleitet.
Dauerpräparate: 1. Mit Alkohol konserviert,
mit Hämalaun gefärbt und in Kanadabalsam
eingeschlossen. Wir bringen drei lebende Wasserflöhe in
30 "/o igen Alkohol, lassen sie 5 Minuten darin und überführen
sie in das Färbmittel und zwar Hämalaun (3 oder 4 Tropfen
in Uhrgläschen gebracht, reicht für 5 — 10 Wasserflöhe). Nach
5 Minuten bringen wir das Uhrgläschen samt Objekten unter
das Mikroskop. Wer will, kann das Fortschreiten der Färbung
unter dem Mikroskop verfolgen! Meist wird diese Zeit (5 Mi-
nuten) genügen, um die Tiere fast schwarzblau oder besser
tiefblau zu färben. Der Anfänger färbe einen Wasserfloh
1 Minute, einen Wasserfloh 3, einen dritten 5, einen vierten
8 Minuten im gleichen Färbmittel; er wird dann leicht
unterscheiden können, wie lange er am besten färbt ; der eine
liebt einen dunkleren Ton als der andere. Wir nehmen nun
sämtliche Wasserflöhe mittels Hornspatels oder Löffels aus
dem Färbmittel und bringen sie in reines Wasser. Hier wässern
wir etwa 10 Minuten und können jetzt gut unterscheiden,
welcher Farbton uns am besten gefällt. Ist ein Tier zu
wenig gefärbt, dann bringen wir es in das Färbmittel zurück
und kontrollieren von Minute zu Minute den Fortschritt der
Färbung. Ist es zu stark gefärbt (schwarzblau), dann ent-
färben wir mit salzsaurem Alkohol (es genügen 2 Tropfen
Salzsäure in 25 ccm Wasser). In salzsauren Alkohol legen
wir die Tiere etwa 1 Minute — aus der blauen Farbe wird
eine rote. Jetzt wiedei-um wässern (5 Minuten), dann in
anunoniakalisches Wasser legen (1 Minute). Wir bringen
40 Allgemeiner Teil.
dazu 1—5 Tropfen Salmiakgeist in 25 ccm Wasser. Hierin
nehmen die Objekte wieder blaue (hellere) Färbung an. Jetzt
wässert man wieder 5 Minuten, dann direkt je 10 Minuten in
30% igen, dann in 45°/oigen Alkohol. Nach 10 Minuten in
60 "/eigen, dann wiederum nach 10 Minuten in SO°/oigen, desgl.
in OO^'/oigem, 10 Min. in 90*^/oigen und 15 Min. in 99% igen
Alkohol. Man hat sich in kleinen, durch Deckel fest verschlosse-
nen „Vogelnäpfchen" die einzelnen Alkohole hergestellt:
ca. 'iO^loigev Alkoh.
„ 45 ^lo iger ,,
„ 60% iger „
„ 80 o/o iger ,.
90 "/o iger Alkohol (1 Teil) wird mit 2 Tln. Wasser verdünnt :
90«/oiger „ (1 „ ) „ „ iTle. „
90«/oiger „ (2 Tle.) „ „ 1 „
90 o/o iger „ (ca.8 „ ) „ „ 1 „
900/ciger „ „ 900/oiger ,,
Man braucht also nur 90 "/o igen Alkohol zu kaufen, ferner für
25 Pf. 90% igen und für 25 Pf. „absoluten"; „absoluter"
Alkohol soll ;eigentlich 1 00 "/o iger Alkohol sein, in Wirklich-
keit aber erhält man wohl meist nur 99 "/o igen; „absoluter"
Alkohol ist sehr teuer: für 20 Pf. wird man selten mehr als
^/lo 1 erhalten; dagegen ist 96 ^ o iger Alkohol bedeutend billiger.
(Man füllt also ein Gläschen oder Näpfchen mit 30"/oigem,
eins mit 45%igem, eins mit 60"/oigem, eins mit 80*'/oigem,
eins mit 90 "/o igem, eins mit 96 *^/o igem und eins mit 100 ^lo igem
Alkohol. Zwei 25 ccm fassende Fläschchen füllt man mit
Wasser und bringt in das eine 1 — 5 Tropfen Salzsäure, in
das andere 1 — 5 Tropfen Salmiakgeist.)
Aus 99 "/o igem Alkohol bringt man jetzt die Wasserflöhe
in Nelkenöl, läßt die Tiere 10 Minuten darin (meist sind sie
schon nach 2 Minuten ganz „durchsichtig und aufgehellt").
Sobald sie völlig durchsichtig geworden sind, hebe man sie
mit dem Spatel heraus und bringe sie auf einen Objektträger
(säubern l) in einen Tropfen sehr dünnen Benzol-Kanadabalsam,
von dem das Benzol nach zwei Tagen verdunstet *), dann wird
ein Tropfen dicker Kanadabalsam aufgeträufelt. Man säubert
jetzt ein Deckglas, knetet Modellierwachs, bis es weich ist,
und schneidet mit jeder Ecke ein kleines Häufchen Wachs
*) Damit kein Staub darauf fällt, stülpe man eine Glasglocke darüber.
§ 29. Beispiele. 41
heraus. Sobald jede Ecke ihr „Wachsstückchen" erhalten hat,
wird das Deckglas vorsichtig aufgelegt und festgedrückt.
Ist zu wenig Kanadabalsam aufgeträufelt gewesen, dann
bringe man mittels Glasstäbchens noch ein Tröpfchen an
den Rand des Deckglases. Schließlich wird etikettiert und
die Etiketten mit Namen des Tieres, Fundstelle, Datum
und Namen des Eigentümers versehen,
II. Ein mikroskopisches Präparat von Volrox f/lobaior an-
zufertigen a) in Formol, b) in Kanadabalsam.
Die aus dem Gefäß herausgefischten lebenden Volvocineen
werden in ein Uhrschälchen mit wenig Wasser gebracht (auch
jetzt noch schwimmen sie umher!). Indes haben wir eine ge-
wisse Menge käufliches 40%iges Formol mit der 10 fachen
Menge Wasser verdünnt. Von diesem verdünnten Formol
gießen wir etwas in ein Uhrschälchen und überführen die
Volvocineen mittels einer Pipette in das Formol. (Die Pipette
hat folgendes Aussehen: Eine 12 cm lange Glasröhre, an deren
einem Ende eine 2 cm lange Spitze ausgezogen wurde, trägt
am anderen (weiten) Ende ein Gummihütchen. Man faßt nun
mittelst Daumen und Zeigefinger das Gummihütchen und
drückt es zusammen, führt die Spitze an das herauszunehmende
Objekt, in diesem Falle die Volvocineen, öffnet die Finger,
und im selben Augenblick wird das Objekt samt Flüssigkeit
in die Glasröhre eingesogen. Durch Druck auf das Gummi-
hütchen wird die Flüssigkeit samt Objekt aus der Röhre wieder
entfernt. Man kann sich die Glasröhre selbst „ausziehen",
indem man eine etwa 25 cm lange Glasröhre über einer Spiritus-
flamme (oder Licht) dreht bis die Glasröhre auf eine leichte
Biegung nachgibt, und dann rasch auszieht. Je nachdem man
eine weite Öffnung haben will oder eine haarfeine, trennt
man die beiden Hälften der Glasröhre an den betreffenden
Stellen. Man zieht die Röhre außerhalb der Flamme
auseinander!)
Nachdem man einen Objektträger gereinigt und das dazu-
gehörige Deckglas (18X18 mm) mit Wachsfüßchen versehen hat,
42 Allgemeiner Teil.
indem man Plastilina oder Wachs weich knetet, danndas Deck-
glas an den Rändern mit Daumen und Zeigefinger faßt und mit
jeder Ecke des Deckglases ein Stückchen Wachs usw. heraus-
schabt oder herausschneidet, bringt man die Objekte mittels Pi-
pette auf den Objektträger, deckt das Deckglas darüber und fügt
mit einer in eine feine Spitze ausgezogenen Pipette Formol
unter oder an das Deckglas. Sobald unter diesem keine Luft-
blasen mehr sich vorfinden, ist das Präparat fertig, um um-
randet zu werden. Man bedient sich dazu des venetianischen
Terpentins. Mit der § 23 angegebenen erwärmten Nadel wird
in venetianisches Terpentin gestoßen (es bleibt hinreichend
Harz daran haften) und in der oben beschriebenen Weise der
Rand des Deckglases verdeckt. Formol verflüchtigt leicht,
also muß man sich etwas beeilen. Man sorge dafür, daß das
Glas an dem Deckglasrand trocken ist, da sonst das Terpentin
„spritzt". Hierauf wird die eine Seite des Objektträgers mit
Etikette versehen, die den Fundort, Datum und Namen des
Objekts enthält, während die andere Seite eine Etikette mit
dem Namen und Wohnort des Besitzers trägt. Jedes Präparat
wird sofort in den dazugehörigen Präparatenkarton oder in
eine Präparatenmappe gelegt. Die mit Formol konservierten
Objekte behalten ihre Färbung bei, die Volvocineen usw. ihre
grüne Farbe!
b) In Alkohol überführte Volvocineen verlieren ihre grüne
Farbe, da Alkohol Chlorophyll „auszieht". Aus Wasser über-
tragen wir die Objekte in Haemalaun (in Uhrglas!), dem
30"/oiger Alkohol zugefügt wurde und lassen sie bis V4 Stunde
darin; wir nehmen an: es ist überfärbt worden, wir fangen
also die Volvocineen wieder heraus und bringen sie in salz-
sauren Alkohol (500 Teile 30 "/eigen Alkohol und 1 Teil Salz-
säure), beobachten unter dem Mikroskop den Fortschritt der
„Differenzierung", der Farbstoffentziehung, und bringen dann
die Objekte in 30 "/o igen Alkohol, dem l"/o Ammoniak zu-
gesetzt wurde. Aus 30 ^lo igem Alkohol werden sie in 50-, 70-,
80-, 90-, 96°/" igen Alkohol überführt und bleiben in jedem
5 Minuten, zuletzt werden sie in absoluten Alkohol gebracht
§ 29. Beispiele. 43
(5 Minuten), dann in Nelkenöl (Intermedium) , wo sie 10 Mi-
nuten verbleiben, von hier auf Objektträger in 2 Tropfen
Kanadabalsam. Wird Deckglas mit Wachsfüßchen aufgelegt
und etikettiert, so ist das Präparat, das mit Haemalaan blau
gefärbt wurde, das verlangte.
III. Ein mikroskopisches Präparat von Rädertiereii an-
zufertigen.
Wir bringen einige Rädertierchen in wenig Wasser in
ein Uhrschälchen und fügen (den 10. Teil der Wassermenge !)
Formol (40 '^lo iges) hinzu oder bringen die Tierchen in 3 *^/o iges
Formol (13 Teile Wasser, 1 Teil Formol). Sie werden dann
meist sofort fixiert sein. Ein untrügliches Fixierungsmittel
ist es freilich nicht. Gleichwohl haben wir stets mit Formol-
konservierung zufriedenstellende Präparate erzielt. In 3 **/o igem
Formol werden die Rädertiere dann eingeschlossen. Man
fügt an die Ecken des Deckglases Wachsfüßchen und drückt
das Deckglas mit leichtem Druck mittels Fingernagels fest,
saugt das hervorquellende Formol mittelst Filtrierpapiers ab
und umrandet mit venetianischem Terpentin.
Eine zweite Methode ist die, die Rädertierchen vor dem
„Fixieren" erst zu betäuben. Man bringt 1 ccm Cocain in
22 ccm Wasser und fügt dann von dieser Cocainlösung einen
Tropfen zu den in wenig Wasser im Uhrglas befindlichen
Rädertieren; die dadurch hervorgerufene Lähmung oder Be-
täubung der Tiere kann freilich auch Kontraktionen zur Folge
haben, die das Tier völlig entstellen. Man bringt sie dann
auf ein Deckglas, auf dem man vorher ein Tröpfchen Eiweiß-
glycerin verrieben hatte, in ganz wenig Wasser, dreht das
Deckglas plötzlich vorsichtig um, so daß jetzt die „Schicht-
seite" dem Boden zugekehrt ist und hält sie über eine Flasche,
die Osmiumsäure enthält (10 g einer 1 "/o igen Lösung kosten
etwa 75—80 Pf. bei Dr. Grübler in Leipzig). Man läßt die
Dämpfe 1 Minute einwirken, wäscht die Objekte mit Wasser
aus, indem man einen Wassertropfen auf das Deckglas bringt
und fügt einen Tropfen Haemalaun dazu, läßt diesen Färb-
44 Allgemeiner Teil.
Stoff 1 Minute einwirken, bringt das Deckglas in ein Uhr-
gläschen mit Wasser und kontrolliert mit schwacher
60 maliger Vergrößerung, wie die Objekte gefärbt sind. Man
kann sie nun leicht mit Pipette vom Deckglas abspülen, bringt
sie auf einen Objektträger in 1 Tropfen Glyzerin, das man
mit der 5 fachen Menge Wasser verdünnt hatte, stülpt ein
Uhrgläschen, das man auf zwei Hölzchen stellte, darüber, so
daß nun nicht nur das Wasser verdunsten kann, sondern das
Präparat gegen Staub geschützt ist. Das Wasser verdunstet
allmählich, so daß die Rädertiere in immer stärkeres Medium,
also Glyzerin, übergeführt werden, schließlich fügt man noch
1 Tropfen gewöhnliches Glyzerin hinzu und schließt mit Deck-
glas, worauf man mit Heydenreichschem Deckglaslack um-
randet und nach 10 Tagen eine neue Umrandung vornimmt.
Eine dritte Methode ist folgende:
Nachdem die Rädertiere mittels Cocains (s. o.) betäubt
worden sind, bringt man sie in ein Uhrschälchen, das einen
Tropfen Vi^/oiger Osmiumsäure enthält (10 g l'^/oige Lösung
kostet 75—80 Pf.). Man läßt die starkverdünnte Säure
höchstens 40 Sekunden einwirken und fügt dann mittels
Pipette Wasser hinzu (etwa 5 ccm), überführt die Rädertiere
mit feiner Pipette in ein anderes Uhrschälchen, das reines
Wasser enthält, läßt sie 5 Minuten darin, färbt, wie oben an-
gegeben, und überträgt sie entweder direkt auf einen Objekt-
träger (in fünffach verdünntes Glyzerin), oder in ein Uhr-
gläschen, das fünffach verdünntes Glyzerin enthält. Man läßt
das Wasser verdunsten, so daß das Glycerin immer „konzen-
trierter" wird und überführt sie nun erst in reines Glyzerin,
von dem man einen Tropfen auf einen Objektträger gebracht
hat, deckt mit Deckglas, an dem die Wachsfüßchen nicht zu
vergessen sind, und umrandet mit Heydenreichschem Deck-
glaslack (100 g. ca. 3,50 Mk.).
IV. Ein Dauerpräparat von Desniidiaceen anzufertigen.
1. Nachdem man unter dem Mikroskop bei etwa OOfacher
Vergrößerung eine Anzahl Desmidiaceen mit der Pipette aus
§ 29. Beispiele. 45
dem mit 2"/oigem Formol (1 Teil Formol auf 20 Teile Wasser)
konservierten Fang herausgefischt und sie in ein kleines Uhr-
gläsehen mit Formol gebracht hat, sortiere man die einzelnen
Formen, z. B. Cosmarium, Mikrosterias usw. und bringe sie auf
einen Objektträger in einen Tropfen 3 "^ 0 iges Formol , ordne
sie und decke mit Deckglas ohne Wachsfüße (oder nur
kleine Wachsstützen!) und umrande mit venetianischem
Terpentin.
2. Aus dem ^lebenden Fang sortiere man die einzelnen
Formen heraus, und bringe sie mittels Pipette in ein Uhr-
gläschen mit W^asser, fange dann die Vertreter einer Art
heraus und überführe sie in ein Tröpfchen Wasser auf einem
Objektträger, drehe diesen vorsichtig aber schnell um, so daß
jetzt der Tropfen nach unten gerichtet ist und halte den
Tropfen mit den Desmidiaceen über die Öffnung einer Formol-
flasche, lasse etwa 10 Minuten die Dämpfe einwirken und über-
führe die Objekte jetzt in Glyzeringelatine. Diese kann man
aber nicht so „konzentriert" verwenden, wenn man den Aus-
druck hier gebrauchen darf, sondern muß sie verdünnen. Man
löst also 1 g käufliche Glyzeringelatine in 15 g warmem
Wasser auf und träufelt von diesem verdünnten Gemisch
1 Tropfen auf ein Deckgläschen, bringt die einzelnen Des-
midiaceen hier hinein und läßt nun unter einem Glasschälchen,
das man auf zwei links und rechts neben das Deckglas ge-
legte Hölzchen umgekehrt gestellt hat, das Wasser verdunsten.
Nach einem Tag ist das Wasser verdunstet. Man reinigt nun
einen Objektträger, erwärmt ihn leicht, ordnet unter dem
Mikroskop mit feiner Nähnadel die einzelnen Desmidiaceen
auf dem Deckglas und stülpt dieses mit derSchichtseite
auf den erwärmten Objektträger. Daß man diesen nicht so
heiß werden läßt, daß die Präparate Schaden leiden, versteht
sich von selbst. Man lasse ihn nur so warm werden, daß
man ihn, ohne Schmerz zu empfinden, im Handteller halten
kann und decke dann schnell das Deckglas auf den Objektiv-
träger auf.
4(5 Allgemeiner Teil.
T. Ein mikroskopisches Präparat von dem Infusoriiim (oder
besser) Wimperling Paramaeciuni anzufertigen.
Eine Wenigkeit Heu übergießt man mit Wasser, das ver-
faulende Blätter usw. enthält und läßt den Aufguß einige Tage
stehen. Es bildet sich eine Haut an der Oberfläche (ähnlich
der „Kahmhaut" bei Essig, Wein usw.). Von dieser bringen
wir mittels Hornlöffels eine geringe Menge auf ein Deckglas,
drehen dieses um und halten es über eine geöffnete Flasche,
die 1 °/o ige Osmiumsäure enthält, so daß diese etwa 5 Minuten
auf die Paramaecien direkt einwirkt; man bringt nun einen
Tropfen Wasser darauf, läßt die Tiere „wässern" (12 Minuten)
und saugt vorsichtig unter dem Mikroskop mittels einer Spitze
Filterpapier das überflüssige Wasser weg. Dann fügt man
Olyzeringelatine darauf (1 Teil Glyzeringelatine mit 8 Teilen
warmem Wasser versetzt!). Das Wasser ist am andern Morgen
verdunstet und dabei die Glyzeringelatine immer „kon-
zentrierter" geworden. Dann wird ein Objektträger erwärmt
und darauf das Deckglas mit der Schichtseite aufgelegt. Man
kann natürlich umgekehrt die Paramaecien direkt auf Objektiv-
träger bringen, statt auf das Deckglas. Das Verfahren ist
das gleiche, nur daß zuletzt auf den leicht erwärmten Objekt-
träger (samt in Glyzeringelatine liegenden Paramaecien) das
Deckglas aufgelegt wird. Bei der Untersuchung unter Mikroskop
muß ziemlich stark abgeblendet werden.
b) Nachdem die Tiere etwa V4 Stunde den Osmium-
dämpfen (l°/oig) ausgesetzt wurden, werden sie in ein Uhr-
gläschen gespült (Vorsicht!) und dann 10 Minuten gewässert,
d. h. in W^asser liegen gelassen, hierauf in ein weiteres Uhr-
gläschen übergeführt, das Boraxkarmin enthält (1 Tropfen).
Hierin werden die mit wenig Wasser mittels fein ausgezogener
Pipette eingesetzten Paramaecien 5 Minuten gefärbt, dann
5 Minuten mit Wasser ausgewaschen, hierauf je 2 Minuten in
30ö/oigen, 45-, 60-, 80-, 90-, 96-, 99 »eigen Alkohol über-
geführt, in Benzol gebracht (5 Minuten) und schließlich in
Kanadabalsam eingebettet. Die ganze Prozedur hat bei
schwacher Vergrößerung unter dem Mikroskope zu erfolgen.
Die Paramaecien haben eine Größe von etwa ^U mm.
§ 30. Die Projektionsküvette. 47
§ 30. Die Projektionsküvette.
Eine einfache und doch recht brauchbare Projektions-
küvette ist die folgende. Wir bedienen uns dieser Küvetten
sowohl zur Vorzeigung = Demonstration von Plankton, wo die
Küvette von Hand zu Hand geht, als auch zur Projektion
lebender Planktonorganismen seit Jahren.
Man verwendet dazu zwei Glasplatten im Format 8^/2:10
oder 9X12, säubert beide und klebt auf die eine Glasplatte
mittelst Kanadabalsams einen roten 8 mm starken flachen
Gummiring auf, der für 20 Pf. in jedem Gummiwarengeschäft
käuflich ist. Der Rand ist ^Z* cm breit, der innere Durch-
messer beträgt 6 cm, der äußere also 7,5 cm. Man schneidet
zweckmäßig vor dem Aufkleben ein 2 cm breites Stück aus
dem Gummiring heraus und umstreicht nach Aufkleben der
einen Seite auf die Glasplatte, den inneren Rand ebenfalls
mit Kanadabalsam. Um ein Sichloslösen des Gummis zu ver-
eiteln, defikt man die andere Deckglasscheibe darüber und
beschwert mit 200 g. Nach 72 Stunden etwa (vielfach schon
am nächsten Tag) bestreicht man den oberen Rand des Gummi-
ringes mit Kanadabalsam und bedeckt nunmehr endgültig mit
der schon erwähnten Deckglasscheibe, beschwert jetzt mit
2 kg und schlägt neben die Ecken Nägel, um ein Herab-
gleiten der Glasscheibe unmöglich zu machen. Nach 24 Stunden
wird der Außenrand nochmals dick mit Kanadabalsam be-
strichen, um ein Austreten von Wasser zu verhüten. Am
anderen Morgen füllen wir den Zwischenraum der beiden
Glasplatten außerhalb des Ringes mit Glaserkitt oder Modellier-
wachs, sogenannter Plastilina aus, sorgen aber dafür, daß die
2 cm lange und 3 mm breite Eingangsöffnung nicht mit ver-
klebt wird. Man stelle zirka 2 mm dicke Fäden aus Kitt her
und lege sie um den Rand des Gummiringes. Hierauf drücke
man die einzelnen Kittfäden mit Hülfe einer Stecknadel vor-
sichtig fest und setze das Anfügen von Kittfäden solange fort,
bis der Zwischenraum zwischen beiden Platten vollständig
ausgefüllt ist. In diese Küvette kann man nun Plankton-
48
Allgemeiner Teil.
Organismen, Daphniden usw. in Menge hereinbringen. Man
entnimmt mittels lang und spitz ausgezogener Pipette leben-
(3/r^eM^77^e^JU^/^/C^ /kc^. 0;^.
Fig. 11.
des Plankton dem Aquarium und füllt es durch die Öffnung
der Küvette ein. Die Pipette muß eine lange Spitze haben
Schurig, Praktikum.
Tafel 5.
Das Stationsboot auf dem Untersee in Lunz. (S. S. 6).
Der Obersee zu Lunz. (Vergl. S. 6).
§ 31. Projektionsküvette für Dauerpniparate. 49
(7 cm, 2 mm dick), um die Organismen wieder herausfischen
zu können. Man kann diese Küvette ohne Gefahr von Hand
zu Hand gehen lassen, da die kompakte Ausführung ein Aus.
laufen der Flüssigkeit samt Organismen nicht zuläßt, was bei
den durch Gummiband an beiden Seiten zusammengehaltenen
Küvetten fast stets eintritt.
Der Projektionslampe im Apparat kann man die Küvette
ebenfalls längere Zeit aussetzen, ohne ein Zerspringen be-
fürchten zu müssen.
Nach Gebrauch wird die Küvette mehrfach gut mit Wasser
ausgespült und mit der Öffnung nach unten zum Trocknen
aufgestellt. Man trockne niemals etwa die feuchte Küvette
auf oder an dem Ofen.
§ 31. Projektionsküvette für Dauerpräparate.
Besonders interessante größere Planktonformen oder andere
Organismen lassen sich sehr schön in einer Dauerküvette ver-
einigen.
Wir kleben einen gleichgroßen Gummiring (7,5 cm äußerer,
6 cm innerer Durchmesser) ohne ein Stück herauszuschneiden
auf die Glasplatte auf, diesmal mit Gummi arabicum.
Nach Erhärten desselben gießen wir in den Ring Kanada-
balsam bis an den Rand, stülpen eine (auf zwei Holzklötzchen
gestellte) Petrischale oder Schüssel oder einen Teller darüber,
damit das den Kanadabalsam lösende Mittel (Benzol oder
Xylol) verflüchtigen kann, und ordnen nach einer Stunde die
Organismen in dem Balsam. (Wir haben uns vor drei Jahren
von Meeresplankton Dauerküvetten hergestellt, die heute noch
so schön sind, wie früher). Nach 36 Stunden heben wir die
bis dahin ständig darüber gestülpte Petrischale ab und gießen
frischen Kanadabalsam auf den jetzt schon ziemlich er-
härteten Kanadabalsam. Nach 72 Stunden, während deren die
Petrischale den Balsam vor dem Verstauben schützte und
andererseits das Erhärten beschleunigte, wird wiederum Kanada-
balsam aufgegossen und mit Glasscheibe bedeckt. Es darf
keine Luftblase unter der Scheibe sichtbar sein; sollte doch
Schurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 4
50 Allgemeiner Teil.
nicht genügend Balsam aufgegossen sein, dann hebe man un-
besorgt die Scheibe wieder ab (die Organismen bleiben in
ihrer Lage, da sie in hartem Balsam liegen!) und gieße hin-
reichend Balsam auf, decke mit Glasscheibe zu und lasse, falls
man zuviel Balsam „vergeudet" haben sollte, den aus den
Seiten herausquellenden Balsam wieder in das Balsamgefäß
laufen. Man beschwere jetzt die obere Platte mit einem
Zweipfundgewicht, schlage Nägel neben die Ecken, um ein
Herabgleiten der oberen Schale unmöglich zu machen und
fülle nach 24 Stunden den gesamten Zwischenraum zwischen
den beiden Glasplatten mit Kitt aus in derselben Weise, wie
wir es oben angegeben haben (§ 30).
spezieller Teil.
Im folgenden wollen wir uns die Hauptvertreter der
Planktonwesen genauer vor Augen führen. Aber nicht nur
reine Planktonten wollen wir uns betrachten, auch die
kleineren und größeren Organismen, die beim Fang ins Netz
geraten könnten, als kleinere und größere Wasserkäfer und
andere Kerbtiere usw., wollen wir in den Kreis unserer Unter-
suchungen mit einbeziehen.
§ 32. Die Algen.
Diejenigen pflanzlichen Organismen, von denen sich alles
organische Leben herleitet, die die ersten Träger des Lebens
in der Schöpfungsgeschichte der Erde darstellen, das sind die
fast nur auf den Wasseraufenthalt beschränkten Algen, Gebilde
einfachster Art , die oft nur eine Zelle repräsentieren , aber
von den ihnen gleichenden tierischen Formen, Amöben, In-
fusionstierchen usw. sich nur durch das Vermögen der
Assimilation unterscheiden; assimilieren, d. h. sich selbst
aus unorganischen Stoffen organische Nahrung bereiten. Sie
entnehmen der Luft, die in lOOUO 1 3—5 1 Kohlensäure (COg)
enthält, einen ganz geringen Teil COg und bereiten unter
Verwendung von Wasser Kohlehydrate also Stärke und
Zucker, wenn auch nur bei Anwesenheit von Licht. Überall
wo sich ein stehendes Gewässer findet leben Algen, schon
jedes Aquarium weist Algen auf, Organismen, deren Schön-
heit erst unter dem Mikroskop zur Geltung kommt. Und wie
wundersam ist deren Leben ! Gleichwohl sind auch die Algen
wählerisch in ihrer Lebensweise. Wenn der Frühling über
Spezieller Teil.
nieren
die
w
Land zieht, wenn die dicke Eisdecke geschmolzen ist, dann
weisen unsere stagnierenden Gewässer, (Gräben, Tümpel),
braune blasige Gebilde auf (Schaumblasen), die sich als aus
Millionen von winzigen Algen, Bazillariazeen, bestehend er-
weisen, die als Diatomeen bekannt sind. Je wärmer es wird,
desto mehr verändert sich das Bild der Algenflora in unseren
Gewässern : während im Sommer die grünen Farnalgen domi-
oft auf unseren Teichen einen dichten Rasen
bilden, treten, wenn sich der
Sommer seinem Ende zuneigt, die
wundervoll zierlichen an die Dia-
tomeen erinnernden Desmidiazeen
auf den Plan. Und recht wähle-
risch sind unsere Pflänzchen mit
dem umgebenden Medium! Wie
der eine Mensch das Hasten und
Treiben des Großstadtlebens jedem
anderen vorzieht — des Großstadt-
lebens mit seiner ständig wechseln-
den Unterhaltung, so sucht sich
ein anderer in dem stillen Frieden
des Waldes, auf Feld und Flur
zu erfreuen ! Auch mit den Algen
ists so! Die einen, wie unsere
Faden alge Spirogyra gedeihen am
besten in ruhigen, stehenden und nicht vereinigten Gewässern,
andere wieder in solchen, die lebhaft strömen. Schauen wir
uns nun einmal die Algen und zwar zuerst die Diatomeen hin-
sichtlich ihres Baues und ihrer Lebensweise an!
Die Diatomeen sind Organismen, deren Körper in einem
starren Kieselpanzer steckt, der aus Strichen bestehende
Zeichnungen aufweist.
Die Zellhaut ist vollständig durch Kieselsäureeinlagerung
in Gestalt von Linien, Erhöhungen in einen Kieselpanzer ver-
wandelt. Jede Diatomeenzelle wird aus zwei schachtelartig in
einander gefügten Hälften gebildet. (Vgl. Fig. 12 c).
jß^ c
Fig. 12.
Pinnularia viricJis Sm.,
a Güftelseitenansicht; h dieselbe,
Schalenseite; c Schema der Diatomeen
teilung. Vergr. 300:1. (Aus Rosen.)
§ 32. Die Algen. 53
Die Fortpflanzung geht nun einfach in der Weise vor
sich, daß die beiden Hälften auseinandergedrängt werden und
je die fehlende Hälfte durch Neubildung einer inneren (kleine-
ren) Schalenhälfte ersetzt wird. So werden die zu ergänzen-
den Schalenhälften schließlich immer kleiner, so daß die
Diatomeen, wenn die Verkleinerung eine bestimmte Grenze
erreicht hat, zur Bildung von „Auxosporen" schreiten, die drei-
mal größer sind als die ursprünglichen Zellen.
Die Auxosporenbildung kann nun auf verschiedene Weise
erfolgen, nämlich erstens dadurch , daß sich die Mutterzelle in
zwei Tochterzellen teilt, die die Schalen sprengen und dann
jede zur Auxospore sich entwickeln, zweitens dadurch, daß sich
wie bei Navtcula, zwei Diatomeen, also zwei Zellen aneinander-
legen, deren Inhalt sich je in zwei Zellen teilt, worauf je eine
Tochterzelle der einen Mutterzelle, mit je einer Tochterzelle
der anderen Mutterzelle sich zu zwei Auxosporen vereinigt,
und drittens dadurch, daß der Inhalt zweier Mutterzellen zu
einer Auxospore sich vereinigt und endlich viertens, daß sich
aus dem Inhalt einer Mutterzelle eine Auxospore entwickelt
und neue Schalen bildet.
Das Variieren der Panzerlinien ermöglicht das Bestimmen
der Diatomeen. Der Anfänger kommt schon mit einer 100 fachen
Vergrößerung gut aus, sofern es sich nur um allgemeine Be-
stimmung eines Organismus handelt, z. B. ganz allgemein als
Diatomee oder Desmidiazee usw. Für genauere Spezialunter-
suchung ist freilich eine 500 fache Vergrößerung unerläßlich.
Die Diatomeen sind oft in ungeheuren Mengen anzutreffen und
selbst wenn das Protoplasmaklümchen , das innerhalb des
Panzers sein Leben führt, längst gestorben ist, zeugt noch nach
Tausenden von Jahren das kleine Kieselhäuschen von seiner
Existenz. Von einigen Arten füllen einige Hunderttausend
einen Kubikmillimeter und doch gibt es in unseren deutschen
Landen Gegenden, die meterhoch nichts weiter als die Rudi-
mente, Skelette der Diatomeen bergen. Der Boden wird dann
als Kieselgur oder Diatomeenerde bezeichnet. So finden sich
ausgedehnte Strecken mit bedeutenden Lagern von Kieselgur
54
Spezieller Teil.
oder fälschlich „Infusorienerde" am Südrande der Lüneburger
Heide, am Vogelsberg in Hessen, ferner in Böhmen bei Franzens,
bad und in Bilin („Polierschiefer von Bilin"). Lange Zeit
diente Kieselgur zur Bereitung von Kitten, Dynamit, Wasser-
glas. So wollen wir uns denn jetzt die hauptsächlichsten Ver-
treter stark vergrößert betrachten, denn auf alle Formen (es
gibt etwa 1500 Arten!) einzugehen, würde den Raum unseres
Buches bedeutend überschreiten. Da sich viele Formen nur
durch minimale Abweichung der Linienzeichnung auszeichnen,
so wollen wir die Entzifferung dieser Formen ruhig dem
Spezialisten überlassen und uns mit der Betrachtung der
Hauptformen genügen lassen. Als Längenmaß dient der Milli-
meter. Ein Tausendstel Millimeter wird als Mikron be-
zeichnet und mit dem griechischen Buchstaben [x abgekürzt.
15 [1 sind also 15 Mikra (Mehrzahl!) oder 15 Tausendstel
Millimeter.
§ 33. Kieselalgen (Diatomeen).
1. Navicula: Die Gestalt ist, wie schon der Name sagt,
schiffchenförmig , mit Längslinie und Zentralpunkt.
(10—45 |x.) (Fig. 13.)
Navic uZcu.
Fig. 13.
Navicula.
Navicula.
]Saüicula.
1. Flächenansicht ;
2. Kantenansicht;
3. Querschnitt.
Vergr. ca 450 fach.
(Aus Schmeil.)
Pleurosigma.
Fig. 14.
§ 33. Kieselalgen (Diatomeen).
55
2.
5.
7.
Pleurosigma (Gyrosigmä) : Denken wir uns das obere Ende
von Navicula nach rechts, das untere nach links gebogen,
so haben wir das S-förmige (Sigma) Pleurosigma vor uns.
(80—180 [X.) (Fig. 14.)
Stauroneis: Ähnlich gestaltet wie Navicula, aber doppelt
so groß. Außer einer Längslinie ist noch eine Querlinie
vorhanden , wodurch die Diatomee in vier Felder geteilt
wird und so ein helles Kreuz trägt. (Fig. 15.)
Sunrella (200 [x lang, 100 fj. breit).
Fig. 16.
Stauroneis.
Fig. 15.
Epithenia.
Fig. 17.
CymbeVa.
Fig. 18.
Pinnularia: Diese Form ist symmetrisch gebaut wie Navi-
cula und Stauroneis, aber sie unterscheidet sich außer
durch die länglich-ovale Form durch die deutliche Rand-
streifung. Ein Zentralpunkt ist vorhanden. (Siehe Fig. 12.)
SurireIJa: Sie weist ovale Gestaltung auf. Randkerben
oder Randstreifung nebst Längslinien o h n e Zentralpunkt.
Epithenia: Zwiebackförmig gestaltet und durch breite
Querstreifung unterschieden von Cymbella. (20 — 150 \i lang.)
Cymhella: Verfügt außerdem über eine deutlich ausgeprägte
Längslinie mit Zentralpunkt. (35 [x lang.) (Fig. 18.)
Synedra: Repräsentiert eine lange, mit Längslinie ver-
sehene, beiderseitig sich verjüngende Nadel (Wetzstein-
56 Spezieller Teil.
form), tritt besonders im April und Mai in großen Mengen
auf in tieferen Gewässern. (200 jx lang.) (Fig. 20 u. 21.)
iiiiiiiiiiiiiiiii(ii;)iiiiiiiiiiiiiiiuiiiiii)iii/iwiiiiiiiiiiii«iiiii*iiiiiiii)(i)j/(i/iiiiiiiiiü^
llllllüilllllll(i/ui|lllitllllli<liiy|iill<f((iiiiiiuiaM)liiiiiMii»/i)iii///(»iim//iiMüii/i;iM/''^
Synedroy
Fig. 19.
9. Bhizosolenia: Ist schwer aufzufinden, erst nach Glühen
des Präparats auf Glimmer oder nach Eintrocknenlassen
ist das überaus zarte Gebilde, das zwei lange Borsten
ii*ii!miiiiy,;,nop.i|iimM,iiiiiMiiMi» ■■
h
Synedra.
a von der Seite, 6 von oben.
Fipc. 21.
bynedra pulchella, Kolonien
bildend. BhizoKolema.
Fig. 20. . Fig. 22.
jederseits trägt, wahrnehmbar. Es ist mit feinen Kerben
versehen, die den Anblick von dachziegelartig gelegten
Schuppen darbieten. (100 — 200 \i lang.)
Hhizosolenia longiscta.
■ ~^mmM&rf:f^w^ymmm>
Mhizosolenia.
Fig. 23.
10. Melosira: Bildet Zellfäden und kommt in großen Mengen
in unseren Gewässern vor.
§ 33. Kieselalgen (Diatomeen).
57
Melosira distans : weist eine lange ^ellkette auf, deren ein-
zelne Glieder fein punktiert sind, sich aber nicht deutlich
voneinander absetzen. (10—20 \i. breit, doppelt so lang.)
Melosira orichalcea
Melosira grunulata
Fig. 24.
Melosira distans
Melosira varians
Fig. 25.
Melosira varians: ebenfalls bandförmig, doch die einzelnen
Zellen durch Kerben voneinander abgesetzt. (10 — 40 \i
breit, doppelt so lang.)
11. Campyloäiscus : Tritt uns in abgerundeten und gebogenen
Platten entgegen. (Durchmesser ca. 100 }x.)
Campylodiscus.
a von der Seite. CampyloclUtu^.
Fig. 26 a.
Fig. 26 b.
12.
Cyclotella: Hat Randstrahlen, die nie bis zum Zentrum
der kreisrunden Platte reichen. (Durchmesser ca. 30 \i.)
Cyclotella oj)erculata trägt außerdem am Rande Stacheln
zwischen je zwei Randstreifen, so daß eine gewisse Ähn-
lichkeit mit einem Wasserrad vorliegt. (Durchmesser
ca. 30 }x.)
Cyclotella compta: Seligo fand von C. compta Kolonien.
58
Spezieller Teil.
Diese Form weist Randstrahlen auf, die halb so lang wie
der Radius sind, und einen Punktring auf. (Durchmesser
ca. 10—30 [JL.) (Fig. 27 u. 28.)
Cyclotella compta. Cyclotella operLulata.
Fig. 27. Fig. 28.
Cyclotella.
Fig. 29.
13. Stephanodiscus : Hat Ähnlichkeit mit Cyclotella, doch
reichen Punktstrahlen vom Rande bis zum Zentrum; an
der Peripherie, gewissermaßen an der Verlängerung der
Punktreihen sind zarte Spitzen angebracht, so daß auch
hier der Eindruck eines Schaufelrades hervorgerufen wird
(St. hanisschicmus). (Durchmesser ca. 15 fi.) (Fig. 30.)
14. Diatoma: Die Form bildet lange, beiderseits verdickt-
endende Stäbe, die zu einem aus drei Strahlen bestehen-
Stephanodiscus.
Fig. 30 a.
Diatoma,
Fig. 30 b.
Centronella.
Fig. 31.
den Stern vereinigt stehen oder in Winkelchen aneinander
gelagert sind. (Bis 75 ja lang und 3 [x breit.)
15. Centronella: Hat Ähnlichkeit mit Diatoma, doch sind die
drei Strahlen, die den Stern bilden, am Grunde um-
gebogen. (Strahlenlänge 3 {jl.)
§ 33. Kieselalgen (Diatomeen).
59
16. Asterionella: Stellt eine sternförmige, aus einer größeren
Anzahl von Strahlen als Centronella gebildete Diatomee
dar, deren einzelne Strahlen am Grunde etwas stärker
Asterionella.
Fig. 32.
Tabdlaria
(Strahlen 50— KX) u lanp).
Fig. 33.
verdickt sind als an der Spitze, die beiderseits feine Kerben
trägt. Asterionella ist eine sehr häufig vorkommende
Kieselalge, deren Strahlen durch eine Gallerthaut ver-
bunden sein können. (Strahlenlänge 40 »x.)
Ampliora
(mit Innenzahn).
Fig. 31.
ArnjoKor cc^ ovoüte
Fig. 35.
Meridion
Fig. 36.
17. Tahellaria: bildet ebenfalls ein sternförmiges Gebilde,
dessen einzelne Strahlen zwei oder drei Längsfurchen auf-
60
Spezieller Teil.
weisen können. Am Grunde zeigen sich Vorsprünge, die
gewissermaßen die Grenzscheide zwischen zwei benach-
barten Strahlen darstellen. Einzelstäbchen in der Mitte
verdickt.
U_tlu.Ul lul II iLlUllul I iJj
Fragillaria crotoninsis. Fragillaria virescens.
Fig. 37.
Frc^äLtxriou TaieUaricL
JodrajCticcu fCocctxlosa.
Fig. 38.
18. Amphora: Tonnenförmig, weist zwei Längsbänder auf mit
je einem nach innen gerichteten Zahn. (10 — 80 \i lang.)
19. 3feridion: bildet fächerförmige Kolonien und ist am Rande
ausgebogt. Die Außenseite eines Organismus ist etwa
dreimal so breit wie die Innenseite. (Längsseite 50 [x.)
Attheya.
Fig. 39.
Gomphonema acuminatum.
Fig. 40 a.
Gomphonema
Augur.
20. Fragillaria: Kolonie besteht aus Zellfäden, deren einzelne
Glieder mit der Längsseite nebeneinander liegen und oben
§ 33. Kieselalgen (Diatomeen).
61
und unten je zwei Randstreif chen tragen. (60 — 100 \l
lang, 5 JA breit.)
F. crotonensis bildet ebenfalls Bänder, doch ist jedes Glied
^c
om.
tjokon^TTiar
{Gantieri).
Fig. 40 b.
Hai-
AmphiphwCi S^£. ICocheliensis .
Fig. 41. ■ Fig. 42.
beiderseits verlängert und trägt am Ende Kerben. Liebt
krautfreies Wasser.
21. Attheya zachariasi: Diese hat das Aussehen eines
fischeies, insofern ein langer „Faden" an
jeder Ecke vorhanden ist, der die Schweb-
fähigkeit erleichtert. (20 jx lang ohne Fort-
sätze.) (Fig. 39.)
23. Amphipleura: (^VLerstreiiun^. 100 — 140 jx lang,
10 [i. breit. (Fig. 41.),
24. Eunotia: Hörnchenförmig. Vielfach sind die
Außenränder „ausgebogt" , wie Eunotia dia-
dema. (20—100 ji lang.) (Fig. 42.)
24. Achnanthes: Mittelfeld ohne Punkte. (20 bis
40 \x. lang.)
22. Gomphonema: eine Kieselalge, deren
einzelne Zellen einen außerhalb der Jdv/Uinthes l'nflata
Längsaxe gelegenen „Zentralpunkt"
aufweisen. (Länge 30 p,.) (Fig. 40.)
Somit haben wir die hauptsächlichsten Vertreter der
Kieselalgen kurz behandelt. Man stelle sich nun die Kiesel-
algen nicht etwa als flache Gebilde vor, manche, die von oben-
Fig. 43.
62
Spezieller Teil.
gesehen flach, wie Münzen aussehen, erweisen sich, von der
Seite gesehen, als ziemlich dicke Gebilde, z. B. Stephanodiscus
hantzsch'anus, dessen Dicke etwa V4 seines Durchmessers be-
trägt. Genau so verhält es sich mit Synedra, die höher ist
als breit.
§ 34. Die Conjugaten.
Eine wichtige Familie unter den Conjugaten bilden die
Desmidiaceen, die in stehenden Gewässern besonders im Sep-
tember in Menge angetroffen werden. Durch ihren Chloro-
phyllgehalt erscheinen sie grün und bilden äußerst formen-
reiche vielgestaltige Gebilde. Ihr Körper ist meist durch eine
Einschnürung, den sogenannten Isthmus, in zwei symmetrisch
gleiche, zusammenhängende Hälften geteilt, wie es die Figuren
andeuten (Ausnahme: Closterium!). Die Desmidiaceen er-
beutet man am besten mit einem kleinen Planktonsacknetz
(Stocknetz mit Gaze Nr. 18 oder 20), indem man damit die
„mulmige" Oberflächenschicht des Bodens eines Gewässers
abhebt oder einige Hände voll Algengewirr einem Gewässer
entnimmt, das von den Algen ablaufende Wasser in das
Plantonnetz abfließen läßt, hierauf die Algenmasse über dem
Netz ausdrückt und den nunmehr im Netze verbleibenden
Rückstand in ein Gläschen mit Wasser oder direkt in 2- bis
3 "/o iges Formol bringt. In dem Rückstand finden sich außer
Difflugien usw. auch Desmidiazeen in verschiedenen Spezies.
1. Cosmarium: beiderseits eingeschnürt, Rand (Außenseite).
An den Polen abgeplattet. (Länge ca. 120 [x.)
Cosmarium.
Fig. 44.
Mikroasterias.
Fig. 46a.
Mikroasterias.
Fig. 4}b.
§ 34. Die Conjugaten,
63
2. MiTiroasterias : mehr oder weniger zerschlitzt, oft völlig
rund. (Länge 80 [a.) (Fig. 45 a u. h.)
Euastrum.
Fig. 46.
Desmidium.
Fig. 48 a.
Desmidium.
(Querschnitt.)
Fig. 48 b.
Xanthidium.
Fig. 47.
Closteritim.
Fig. 50a.
Closterium.
e = Vacuole (Zell-
raum, in dem
.sich Gipskri-
stalle be-
wegen).
ch = Farbträger.
k = Kern.
Fig. 50 b.
Staurastrum.
Fig. 49.
Fig. 51.
m
'• v\v
< AfL<
Fig. 52.
Zygnema.
Einzelzelle
40 ,u lang.
Fig. 53.
64
Spezieller Teil
4.
5.
Euastrum: ein langgestreckter Organismus mit breiten
Lappen, (ca. 120 }jl lang.) (Fig. 46.)
Xanthidnim: Ähnlichkeit mit Cosmarium, doch mit Stacheln
versehen. (140 jj, lang.) (Fig. 47.)
Lesmidium: bildet Fäden. Die einzelnen Glieder weisen
beiderseits Einbuchtungen auf. Im Querschnitt sind die
Fäden dreieckig. (Fig. 48.)
Staurastrum: bildet dreieckige Sterne, deren Strahlen in
Dornen auslaufen. (Länge ca. 40 jx.) (Fig. 49.)
CJosterium: ist hörnchenförmig , eine Einbuchtung in der
Mitte ist nicht wahrnehmbar, obwohl beide Jlälften gegen-
einander abgesetzt sind. Man achte auf die am Zellrande
befindlichen Zellräume (Vacuolen), in denen sich eine körnige
Gipsmasse lebhaft bewegt {G). (Länge 150 — 400 jx.) (Fig. 50.)
Oftmals wird man Desmidien in Teilung finden, wie es in
51 bei Cosmarium zur Darstellung gebracht wurde.
Die Fortpflanzung findet nämlich erstens
in der Weise statt, daß sich die Zelle teilt
und durchschnürt, worauf jede Hälfte eine
neue Hälfte ergänzt. Oft wird man auch im
Plankton kugelige, mit Stacheln versehene
Gebilde antreffen, die Kopulationsprodukte
zweier Zellen darstellen (Fig. 52). Zwei Zellen
legen sich nebeneinander, eine gallertartige
Masse wird ausgeschieden, die beide Zellen
umgibt. Plötzlich treten aus jeder Zelle an
den Einschnürungen die Plasmamassen her-
aus und verschmelzen. Es bildet sich eine
sogenannte Jochspore oder Zygospore, die
vielfach stachelige Auswüchse zur Schau
trägt. Aus dieser Jochspore entwickelt sich
nachher ein neues Pflänzchen. Einige auf
solche Art sich fortpflanzende Algengattimgen
führen deshalb auch den Namen Zygnemeceen.
Sie bilden im Wasser grüne, unverzweigte
Sporenbildung etc.
(Aus Schmeil.) ""
Fig. 54.
Fäden. Die Teilung läßt sich unter dem Mikroskop verfolgen.
Schurig, Praktikum.
Tafel 6.
Wasserskorpion von
unten
(n. Roth).
Es wurden bei diesen
Abbildungen nur die
Beine einer Körper-
hälfte zur Darstellung
gebracht, um die An-
heftung der Beine
genauer erkennen zu
lassen. Atemröhren
wurden nicht mit
gezeichnet, nur an-
gedeutet.
Rücken-
schwimmer
(n. Roth).
Er bewegt beim
Schwimmen nur
die Hinterfüße,
während die Mit-
telfüße ruhen.
Bauchseite beim
Schwimmen nach
oben gerichtet:
Inverse Körper-
lage. Bei Corixa
(Fig. 148), bleibt
der Körper in nor-
maler Lage, beim
Schwimmen wird
das 2. und 3. Bein-
paar abwechselnd
symmetrisch be-
wegt. Zweites
Beinpaar vielfach
länger als drittes.
Bei der auf Fig. 148
abgebildeten
Form ist das
2. Beinpaar an-
nähernd so lang
wie das dritte.
Stabwanze (n. Roth).
§ 34. Die Conjugaten. (35
Recht gut läßt sich bei 1 00 f acher Vergrößerung das spiral-
förmige Chlorophyllband der Alge Spirogyra wahrnehmen, die
in nebenstehender Figur abgebildet ist. Zwei nebeneinander
stehende 6 — 8 strahlige Sterne bilden in jeder Zelle die Chro-
matophoren bei Zijgnema. Bei Spirogyra sowohl, wie bei
Zygnema tritt die Vermehrungsart der Konjugation in Er-
scheinung.
Im August läßt sich die Konjugation der Spirogyra leicht
beobachten und zwar bei etwa 200facher Vergrößerung. Wir
bringen einige Fäden des filzigen Geflechtes unter das Mikro-
skop und finden, daß oft zwei Fäden eng nebeneinander liegen.
In einzelnen Zellen hat sich das Protoplasma zu einem kuge-
ligen Gebilde kontrahiert. Je zwei neben einander liegende
Zellen von Spirogyra haben sich ausgebuchtet (Figur a) und
berühren sich schließlich, wie es die nebenstehende Figur bei &
Mougeotia.
Fig. 55.
erkennen läßt. Die Querwände schwinden und der Inhalt der
einen Zelle fließt durch den Verbindungskanal in die andere
über (c und d). Beider Zellen Inhalt verschmilzt zu einem
neuen Organismus (c). Da der Algenfaden, in den die eine
Plasmamasse übergewandert ist, später auch zerfällt und so
die zu einem Gebilde verschmolzenen Plasmamassen frei
werden, so umgibt sich die neue Zelle mit einer Membram
und bildet eine Zygospore, aus der sich allerdings sofort ein
neuer Spirogyraiaden entwickeln kann. Oft bleibt die Spore
aber im Ruhezustande bis zum kommenden Frühjahr liegen.
Die verlassenen alten Fäden schwimmen nun auf der Wasser-
oberfläche zugleich mit den blaugrünen Algen (Änahaena flos
aguae und Gloeotrichia) und bilden die sogenannte Wasser-
blüte, eine grüne schleimige Schicht.
Die spiralförmigen Chlorophyllbänder bleiben oft in der
verlassenen Zelle zurück.
Schurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 5
m
Spezieller Teil.
Fadenförmig sind auch die Arten der Gattung Mougeotia,
bei welcher das Chlorophyllband Platten bildet. Die Länge
der einzelnen Zellen beträgt Vso mm, die Breite V300 mm.
§ 35.
Hydrodyction, Wassernetz
Fig. 56.
Wassernetz. Schema.
Fig. 57.
Die Gfi'ünalgen oder Chlorophyceen.
Eine Zellkolonie bildet
Hydrodyction, das Wassernetz,
aus einzelligen Algen be-
stehend.
H. utriculatum, dessen einzelne
Maschen ein Polygon (fünf-
oder sechsseitig) bilden.
Es stoßen in jeder Ecke
drei zylindrische, oft 1 cm
lange Zellen zusammen, wie
es unsere Figur erkennen
läßt. Das Netz bildet zirka
15 cm lange grüne Säcke
aus lockerem Netzwerk.
Pediastrum, ebenfalls Kolo-
nie bildend, schwimmt
frei umher und
wird in Platten-
oder Tafelform
angetroffen.
Man kann die
Pediastrumsivien
in zwei große
Gruppen zer-
legen , nämlich
in solche, deren
Randzellen
einen Fortsatz
aufweisen :
§ 35. Die Grünalgen oder Chlorophyceen.
67
P. clathratum, und solche, deren Randzellen
zwei Fortsätze aufweisen: P. duplex^ horyanum, hiror
diaium, pertusum.
Randzellen mit einejn Fortsatz:
Pediastrnm clathratum. Im Innern finden sich größere Hohl-
räume, da die einzelnen Zellen (dreieckig) nicht zu-
Pediastrum clathratum.
Fig. 58.
Pediastrum duplex.
Fig. 59.
sammenschließen. Die Randzellen sind mit einem langen
Ausläufer, Fortsatz, versehen. (Länge 80 \i.) (Fig. 58.)
Randzellen mit zwei Fortsätzen :
Pediastrum duplex: Die Innenzellen sind von
unregelmäßiger Gestalt und vielfach aus-
gebuchtet, so daß überall kleinere und größere
Zwischenräume auftreten.
Die Randzellen weisen zwei Ausläufer,
Fortsätze auf. (100 [x.)
Pediastrum horyanum: Die Innenzellen liegen eng
aneinander, so daß kein Zwischenraum auf-
tritt. Die Randzellen sind mit zwei Fort-
sätzen versehen. (80 [x lang.)
Pediastrum hiradiaium: Kleinere Kolonie. Innere Zellen un-
regelmäßig, daher Zwischenräume. Die Randzellen sind
mit zwei Fortsätzen versehen, deren jeder gespalten ist.
Pediastrum
biradiatum.
Dui-chmesser
50 /(.
Fig. 60.
68
Spezieller Teil.
Pediastrum pertusum: Der Innenraum weist steigbügelartige
Hohlräume auf. (Länge ca. 110 [x.) (Fig. (il c.)
Pediastrum (Fig. 61c — h) stellt ein sonnenartiges grünes
Gebilde dar, mit verkürzten Strahlen, unregelmäßigen Zellen
in der Mitte; um diese herum sind die in einen oder zwei
Ausläufer oder Zipfel auslaufenden Randzellen gelegen. Bis-
weilen schickt sich eine Zelle zur Fortpflanzung an. Man sieht
« lind b = Sceriidesmus caudahis. bei h in Fortpflanzung, c — Pediastrum pertusum.
d — ff = Pediastrum horyanum (Fortpflanzung), h = Schwärmzelle, c = Dauorspore.
Fig. 61.
dann blasige Ausstülpungen an der Kolonie (d). Die Ver-
mehrung geschieht in der Weise, daß der Zellinhalt (einer
Zelle) in mehrere Schwärmzellen zerfällt, deren jede zwei
Zilien trägt (h). Nach Sprengung der Zellmembran verläßt
eine blasige Hülle, die die Schwärmsporen enthält, die alte
Zelle. Die Schwärmsporen schwimmen längere Zeit in der
jungen Zelle herum (e) und ordnen sich dann, zur Ruhe gekommen,
in einer Ebene wieder zu einem sonnenartigen Gebilde an.
(Fig. 61 f und g.)
§ 35. Die Grünalgen oder Chlorophj'Ceen.
69
Ein eigenartiges kugelförmiges Planktongeschöpfchen ist
Bichjosphaerium, dessen ovale bis kugelige Zellen peripher ge-
lagert sind, die mit einander vom Zentrum aus durch ver-
zweigte Fäden in Connex stehen und außerdem durch eine
Dictyo-
S2ihaerium.
Fig. 62.
Actinastrum.
Fig. 63.
dünne Hülle umgeben werden. (Kolonie 60 [x Durchmesser.)
(Fig. 62). _
Actinastrum, bildet lanzettliche Zellen, die büschelförmige oder
sternförmige Kolonien bilden. (20 [x lang jede Einzelzelle.)
Staurogenia. Bichteriella.
Fig. 64. Fig. 65.
staurogenia, eine Kolonie, die aus vier aneinander gelegten
Einzelzellen, von dreieckiger Gestalt besteht. Die vier
Einzelzellen bilden ein Karree. An jeder Zelle finden sich
noch „zipf eiförmige Ausläufer", die die Reste der Mutter-
zellhaut repräsentieren. Nach Schröder trifft man alle-
mal vier derartige Kolonien von einer gallertigen Hülle
umgeben. (Größe 30 (i, Einzelzelle ca. 10 \i.) (Fig. 64.)
70
Spezieller Teil.
Richteriella bildet ein aus IG Zellen, die zu je vier neben ein-
ander stehen, bestehendes Kreuz. Jede Einzelzelle trägt
zwei lange Borsten. (Größe 35 [x.) (Fig. (35.)
Oocystis Naegeli enthält zwei Zellkomplexe, die je von einer
enganliegenden Hülle umgeben werden. Beide Doppel-
zellen befinden sich wiederum in einer runden bis
eiförmigen weiten Hülle.
Oocystis
Fig. 66.
Raphidium.
Fig. 68a u. b.
Vielfach wird auch in imseren Gewässern die Gattung
Scenedesnius angetroffen, mit der Art Scenedesmus acutus. (Fig. 61 a.)
Scenedesmus acutus bildet eine grüne Zellkoloiiie, die aus meist
vier (bisweilen aber auch sechs und sieben) wetzstein-
förmigen Zellen (die beiden äußeren sichelförmig halbmond-
artig gebogen) gebildet wird, die durch eine Gallertmasse
zusammengehalten werden. Unter dem Mikroskop erscheint
diese Form bei 300 maliger Vergrößerung etwa 6 mm groß ;
etwa 3 mal so groß ist die Art Scenedesmus caudatus oder
quadricaudus, die sich von ersterer durch vier hörner-
artige Eckfortsätze unterscheidet. (Vgl. Abb. Gl a u. b.)
Hierher gehört auch die Familie der Protococcoiden, näm-
lich die Palmellaceen, von denen besonders zwei erwähnt seien,
die sich im Plankton finden könnten, RapJtidium und Cosmocladium.
§ 35. Die Grünalgen oder Chlorophyceen.
71
Volvox aureus Ehrb.
Fig. 69.
o Hälfte einer ungeschlechtlichen Kolonie mit Jungen; b Hälfte einer weiblichen
Kolonie mit reifen und befruchteten Eiern; c reifes Ei mit 4 Arbeiterinnen;
d Entwicklung der Spermien; e keimende Spore.
«, b 250fach, c, d lOOOfach, e öOOfach vergrößert. Aus Rosen.
Die Fortpflanzung geht auf zweierlei Art vor sich, nämlich geschlechtlich und un-
feschlecntlich : Im letzteren Falle teilen sich die im Innern des Kugulgebildes sich
ndenden, durch ihre ilunkelgrüne Färbung sich kenntlich machenden Kugeln in ver-
schiedene Zellen, die S'ch mit einer Hülle umgeben, sich peripher anordnen und durch
die Hülle Geißeln entsenden. Nach dem Tode der Mutterkolonie erlangen die jungen
TochterkoloniBn 'üe Freiheit. Im ersteren Falle bilden sich sowohl weibliche wie
männliche Keimzellen (Eier und Samenzellen), letztere in Bündelform, wie es Abb. 6'* d
erkennen läßt. Nach Bef ■ uchtung der Eizelle bildet sich um diese eine dicke Membran.
Nach Freiwerden aus der Mutterzelle ruht sie am Grunde der Gewässer und entwickelt
sich nach Teilung des Inhalts zu einer neuen Kolonie.
72
Spezieller Teil.
liaphidium (Fig. 68), zarte S-förmig gebogene oft zu mehreren
aneinander liegende Gebilde, und
Cosmocladium, ein verzweigter Organismus (Fig. 67).
Hier finde auch die Beschreibung der interessanten
„Wanderkolonie" Volvox Aufnahme, die zwar den „Flagellaten"
sehr nahe steht,
aber sich da-
durch von ihnen
unterscheidet,
daß bei ihnen
geschlechtliche
Fortpflanzung
stattfindet.
Wenn man
einen Plankton-
fang „durch das
Licht" betrach-
tet, so wird man,
im Sommer be-
sonders , kleine
kugelige grüne
Gebilde in hori-
zontaler Rich-
erschmelzung der Gameten ; tuUg durch daS
E „Dauerspore" ; F, G, II Entwicklung einer neuen Kolonie aus .
der Zygote. Wasscr gleiten
Die Kolonie besteht aus 16 Zellen, die eng nebeneinander ge- epVipri dip Vol-
lagert sind, und ihr stumpfes, mit zwei Geißeln versehenes Ende c , u c r ui-
der Peripherie zugewandt tragen. Zur Fortpflanzung vergrößern tTnnivtPfivt 1?« mVif
sich die Kolonien, es tritt Verdickung der äußeren Membran '^^^^-««f^c'«- -L<»^iut
auf (ß) und die jetzt frei im Innern sich findenden Einzelgebilde vPTQpViiPflpnp Ät
teilen sich mehrfach bis 16 neue Zellen entstanden sind, die vciöuiiicueiie-rt.i-
sich mit einer Hülle umgeben und die Muttermembran durch- fpn crrnßprp nnrl
brechen, nachdem die Geißeln sich gebildet haben. Bisweilen i^cu, gl uwci e uiiu
verlassen dip Einzelzellen einer solchen neuen Kolonie ihr „Haus" Irlpinprf»
und schwärmi-'>n umher. Bald vereinigen sieh je zwei miteinander ciicrio.
und verschmelzen zu einer Dauerspore (ä). Die Einzelgebilde DaS ffelblich
werden auch „Gameten" genannt. Aus der Dauerspore oder x-'cj.o gc w \jii
Zygote entwickelt sich dann eine neue Kolonie. STÜne Kuffpl-
tierchen" Volvox aureus^ nimmt eine Größe von etwa 0,4 — 0,8 mm
ein, ist also ebenso wie sein noch größerer Verwandter Volvox
glohator recht gut mit bloßem Auge wahrzunehmen. Die Bota-
niker halten Volvox für eine Pflanze, da er assimiliert, eine Fähig-
l^andorina moruin, nach PringsJieim.
Fig. 70.
.4 schwärmende Kolonie; B Bildung der Tochterkqlonio ; C Be
freiung der Gameten aus Kolonie ; I)\i ' '
§ 85. Die Grünalgen oder Chlorophyceen. 73
keit, der die Tiere entbehren. Die Zoologen andererseits be-
trachten ihn als eine Tierkolonie, da seinem Zellstaat solange er
lebt, Eigenbewegung zukommt. Die Einzelzellen sind peripher
angeordnet, das Innere der Kugel besteht aus Wasser. Jede
Zelle weist ein Geißelpaar auf und wieviel Geißelpaare vor-
handen sind, aus soviel Zellen setzt sich die Kolonie zu-
sammen (Zelle = Arbeiterin).
Eine aus vielen Hunderten von Zellen bestehende Hohl-
kugel bildet Volvox aureus^ der im Innern mehrere rundlich
ovale Tochterkugeln aufweist. Die Größe von Volvox aureus
schwankt zwischen ^'4 und */2 mm.
Die Größe eines Stecknadelkopfes hat Volvox glohator, der
in Teichen, Tümpeln vorkommt, besonders aber in kraut-
haltigen Gewässern, in mit Schilf besetzten Sümpfen. Die
Kolonie besteht aus 12 — 20000 Einzelindividuen, gleicht aber
ihrem ganzen Bau nach Volvox aureus.
Höchstens Vö mm, meist aber nur halb so groß ist die
Gattung Fudorina, deren 16 oder 32 Einzelzellen in ziemlich
großen Abständen von einander in der Gallerthülle gleich-
mäßig verteilt sind. Auch hier trägt jede Zelle zwei Geißeln.
Oval gestaltet und aus zumeist 1(3 herzförmigen Zellen
bestehend, tritt uns Pandorina moruni entgegen. Betont sei,
daß hier die Zellen nicht „Rand-
zellen" sind, die also in der Hülle ver-
teilt liegen, wie bei den vorgenannten
Volvocaceen, sondern im Mittelraum,
iminnern der Hülle einen Zellkomplex
bilden. Größe etwa ^l5 mm.
Sehr klein, etwa ^/2o mm, ist Sphac-
rella, die in flachen Wasserbecken
vorkommt und hier das Wasser oft
rot färbt, da sie einen roten Farbstoff ^^8- 76.
birgt. Die einzelnen Vertreter von Sphaerella unterscheiden sich
von FoZtJoa; dadurch, daß sie „Einzelindividuen" mit zwei Geißeln
darstellen. Der Zellinhalt ist von einer weiten Hülle umgeben,
an der er durch feine Bänder befestigt ist. Bisweilen wird
74
Spezieller Teil.
man auch rundliche ^'20 mm im Durchmesser haltende Gebilde
antreffen, die mehrere „Schwärmer" enthalten; der Zellinhalt
eines Organismus ist dann in Schwärmzellen zerfallen, durch
die sich Sphaerella fortpflanzt.
Das Fortbewegungsvermögen der Volvocaceen.
Wir sahen: Die verschiedenen Vertreter bestanden aus
einer Vielheit von Zellen, sie bildeten einen Zellstaat. Jedes
Einzelindividuum war mit Geißeln versehen, die die Hülle, die
alle zusammenhielt, durchbrachen. Wenn
nun jedes Gebilde seine Geißeln „spielen"
lassen würde, so würden die gegenseitigen
Bewegungen einander aufheben, die Kolonie
würde sich also nicht vom Fleck bewegen.
Und gleichwohl „wandert" sie, sie vermag
sogar auf Reize zu reagieren: sie flüchtet
aus dem Dunkel ins Helle, ins licht, braucht
sie es doch zur Assimilation, aber aus dem
zu grellen, direkten Sonnenlicht flüchtet sie
wiederum und sucht zerstreutes Licht auf —
Halbschatten, wie man sich durch Experi-
mente überzeugen kann.
Man bringe verschiedene Volvocaceen,
möglichst Volvox aureus und Volvox globator
in einen hohen Standzylinder mit Wasser,
dessen untere und obere Hälfte durch eine
verschiebbare Papphülse verdunkelt werden
kann. Befinden sich die Organismen in der
oberen Hälfte, und verdunkeln wir diese
durch Aufwärtsschieben der Papphülse, so werden wir die
Beobachtung machen, daß die Volvocaceen den hellen Teil des
Standzylinders aufsuchen und sich meist an die dem Licht ab-
gekehrte Seite des Glases begeben.
Wie ist nun dieses „gleiche Empfinden" bei allen diesen
Einzelindividuen, Einzelzellen möglich? Alle Einzelzellen
stehen miteinander durch feinste Plasmafäden in Verbindung,
sodaß ein Reiz gleichmäßig alle Einzelzellen trifft.
Fig. 72.
§ 36. Peridinaceen (Peridinien).
75
§ 36. Peridinaceen (Peridinien).
Die Peridinaceen stehen den Flagellaten nahe. Es
sind einzellige, äußerst zierliche mit gelbbraunen Chromato-
phoren ausgestattete Pflänzchen und kommen teilweise (be-
sonders Ceratium) sehr häufig im Süßwasserplankton vor. Der
Körper weist auf der Bauch-
seite zwei im rechten Winkel
zueinander stehende Furchen
(a, h) auf. Im Scheitelpunkt
sind zwei Geißeln befestigt,
die je in eine Furche ein-
gelagert sind. Die Vertikal-
Peridinium tabulatum
(geöffnet) (nach Steuer}.
Fig. 74.
PeridiniuiH
dnctum.
Fig. 76.
Seissel
Fig. 73.
«, 6 Tracheloinonas,
c Ceraliwn cornutum.
(400 : 1.)
Zcin^f^urxke
Peridinium cinctum (Schema).
Fig. 75.
längsfurche (siehe Abbildung) ist nur klein und birgt die „Ruder-
geißel", deren Vorderteil frei schwingt. Die Querfurche um-
gibt gürtelartig den ganzen Körper und birgt die Quergeißel.
Diese dient der Achsenbewegung, d. h. der Bewegung des
Organismus um seine Achse und reguliert die Lage beim
Schwimmen, sie dient also als Steuer. Der ganze Körper
76
Spezieller Teil.
selbst ist aus Tafeln zusammengesetzt (Peridmmm) oder stellt
eine dünne Schale dar {Gymnodinium) oder weist oft bizarre
Zacken auf Ceratium.
Peridinium trägt Panzertafeln, die wiederum von einem
feinen Netz zarter Streifen bedeckt sind. Von den be-
sonders in flachen Gewässern vorkommenden Arten von Peri-
dinium seien Peridinium tahuJatum und P. cindum genannt.
Peridinium tahulatum [Seligo) hat eine Größe von V20 mm. Der
Bau der einzelnen Arten ist beinahe übereinstimmend.
Betrachten wir P. tahulatum von der Bauchseite, so fällt
mis die ovale Ge-
staltung und vor
allem das deutlich
ausgeprägte „Fur-
chennetz" auf. Über
der Längsfurche liegt
eine viereckige Plat-
te, die sich bis ans
obere Körperende
erstreckt. Meist fin-
den sich bei P. tahu-
Jatum dort zwei End-
zacken. (Fig. 74.)
Peridinium cinctum^ das sonst gleich gestaltet ist, unterscheidet
sich nur durch die Anlage der viereckigen Platte, die
nicht bis ans obere Ende des Organismus reicht. (Fig. 76
u. 75.)
Gymnodinium puJvisculum ist, wie schon sein Name sagt, eine
nackte Peridinee, die keine Färbung aufweist. Es lebt
gern in flachen mit Schilf und Kraut bewachsenen Ge-
wässern. Seine Länge beträgt ^ko mm. (Fig. 77.)
Ceratium cornutmn (Fig. 73 c) repräsentiert eine Peridinee, die in
jedem Quadranten einen Ausläufer hat, so daß die hörnchen-
förmige bizarre Form daraus resultiert. Die Ceratien bewegen
sich kreiseiförmig. Der Panzer besteht aus Zellulosetafeln,
die zierliche Polygone tragen.
Gymnodiniuni
Fig. 77.
Verschiedene Typen von
Ceratium hirundinella.
Fig. 78.
§ 37. Blaugrüne Algen.
77
Während Ceratiuni cornutum eine mehr gedrungene Gestalt
besitzt und etwa Vs mm Länge erreicht, schwankt die Größe
von Ceratiuni hirundinella bedeutend von Vs — ^l-z mm. Dabei
ist der Körper lang gestreckt und trägt lange Fortsätze.
Auch hier ist das Vorhandensein eines netzartigen Über-
zugs zu konstatieren, der kleine Stacheln aufweist.
§ 37. Blaugrüne Algen.
Diese im Süßwasser häufig anzutreffenden Formen ent-
halten neben Chlorophyll noch einen blauen Farbstoff,
Phycocyan] die Fortpflanzung erfolgt durch Teilung des Zell-
inhaltes, also durch Spaltung, daher heißen diese Algen auch
Spaltalgen. Mitunter treten einzelne Vertreter der blaugrünen
Algen in solchen Mengen auf, "daß die Wasseroberfläche zu
blühen scheint. Man nennt deshalb die Erscheinung, die einer-
seits auf starker Vermehrung von Algen beruht, andererseits
durch das Auftreten von Gasvakuolen in den Zellfäden bedingt
wird usw., die dadurch an die Oberfläche des Gewässers ge-
tragen werden, Wasserblüte.
Von den beiden Hauptgruppen der Spaltalgen, nämlich
den rundlich gestalteten, meist isoliert lebenden Chroococcaceen,
Chroococcus.
Kg. 79.
Chroococcus.
Fig. 80.
0_ö-
Clathrocystis.
Fig. 81.
deren Zellen von einer dünnen gallertigen Membran umgeben
sind und den höheren fadenförmigen Spaltalgen, den
Nostocaceen, (Oscillarien und reinen Nostocaceen, Anahaena,
Äphanüomenon und Gloetrichia) wollen wir uns zuerst den
Chroococcaceen
zuwenden.
78
Spezieller Teil.
Chroococcus. Die Gattung weist verschiedene Arten auf, deren
Zellen zu vier bei einander liegen. Die Zellen sind rund
oder eckig und von einer Gallertmasse umgeben. Bis-
weilen wird man die eine oder andere Zelle in Teilung
begriffen finden. Die Größe ist schwankend, von V25 bis
Vi5 mm.
Clathrocystis enthält rundliche Zellen, die durch Gallerte ver-
bunden, Hohlkugeln bilden, die einen wichtigen Bestand-
teil der Wasserblüte darstellen, eventuell rein als Wasser-
blüte auftreten können. Sehr übler Geruch!
Polycystis ähnelt der Gattung Clathrocystis insofern, als die
Einzelzellen von einer gallertigen Membran umgeben
sind. Eine bestimmte
Gestalt ist den oft durch
brochenen Kolonien
nicht eigen. Ob Poly-
cystis ein Übergangssta-
dium von Clathrocystis
repräsentiert oder um-
gekehrt, bleibe dahin-
gestellt. Sicher ist, daß
sowohl Polycystis wie Clathrocystis Wasserblüte bilden und
vielfach zusammen angetroffen werden. Auch lassen sich
die Einzelmembranen bei Polycystis nur selten wahr-
nehmen.
Die Nostocaceen.
Waren die eben besprochenen blaugrünen Algen, die
Chroococaceen meist als kugelförmige Gebilde, anzutreffen,
wo die Zellen regellos verteilt sein konnten, so weisen die
Nostocaceen fadenförmige Zellagerung auf. Wir haben also
Fadenalgen vor uns. Hier unterscheiden wir wiederum zwei
große Gattungen : Oscillaria und die reinen Nostocsirten. Jene
bilden nur einfache Zellenfäden, die keine anders gestalteten
Zellen aufweisen, von den beiden abgerundeten Endzellen ab-
gesehen, sondern bei denen eine Zelle wie die andere gleich-
mäßig ausgebildet ist. Die Oscillarien, denen Eigenbewegung
Polycystis.
Fig. S2.
§ 37. "Blaugrüne Algen.
79
zukommt, bewohnen mireine Gewässer, in denen Fäulnis-
prozesse stattfinden. Die Fäden führen gleitende Be-
wegungen aus und vermögen an den
Wandungen der Glasgefäße empor-
zuklettern. Die reinen Nostocaceen
bilden zwar ebenfalls Zellfäden, doch
weisen diese verschiedene Eigen-
tümlichkeiten auf, nämlich Sporen-
wmiimimtu:mm>
Oscülaria.
Fig. 84.
und zwar Dauersporenbildung und
Grenzzellen oder Heterocysten.
Oscülaria bildet spangrüne einfache
Fäden, die in keiner galler-
tigen Hülle stecken und in senk-
rechter Stellung schwimmen. Die
Einzelzellen sind nur undeutlich
voneinander zu unterscheiden.
Die Länge eines Fadens beträgt
etwa 1,5 mm, die Dicke V'200 mm.
Spirulina ist schraubenförmig ge-
dreht.
Gallertscheiden finden sich bei Lyng-
bya; und zwar sind die einzel-
nen Zellen mit hellen Punkten ausgestattet.
u OscillaHa leptoMcha. b Oscülnria
vrinceps, c Mtkrocohus terresfris Faden-
Kolonie in selbstgebautem (Jehäuse.
Vergr. 250.
Fig. 83.
die wohl
mit den Grenzzellen der höheren Spaltalgen Ähnlichkeit
haben dürften ; so verhält es sich bei der oft anzutreffen-
den mit ^300 mm breiten, Vs mm langen Zellen versehenen
Lynghya hipunktata. (Fig. 85.)
Lynghya ochracea kommt in eisenhaltigen Gräben vor und
bildet, da in ihren Zellen Eisenocker eingelagert ist, mit
vielen anderen vereinigt, rostrote Flocken.
Nostoc erscheint in rosenkranzartigen Zellketten , die Ähnlich-
80
Spezieller Teil.
keit mit Perlenschnuren haben. Zwischen zwei Grenz-
zellen, die gewissermaßen von innen mit der Nachbarzelle
durch Nägel mit runden Kuppen verbunden zu sein
Lyn()hya.
Fig. 85.
scheinen, liegen die lebenden rundlich „ovalen Zellen, eine
hinter der anderen. Mehrere solche Zellketten sind von
einer gallertigen
kugeligen Mem-
bran umgeben und
in einander ver- .ß,;« (L.^^^ellc
Fig. 86.
J^ostoc
Fig. 87.
schlungen. Sie schwimmen als Gallertklümpchen in unseren
stehenden Gewässern umher (Figur 86). Figur 87 stellt
einen einzelnen Faden dar {Nostoc LincMi).
Andbaena flos aqua n. Seligo.
Fig. 88.
§ 37. Blaugrüne Algen. gl
Anahaena hat gleiche Zellausbildung wie Nostoc, doch fehlt die
Gallerthülle.
A. flos aguae kommt häufig im Frühjahr bei höherer Tem-
peratur als 10 '^ in unseren Teichen usw. vor. Ihre Zellen
sind rund und etwa V200 mm dick. Die Sporen sind oval
und etwa dreimal so groß als die Einzelzellen (Fig. 88 a).
Anahaena oscillario'ides kommt in kleineren mit Schilf und
Kraut bewachsenen Gewässern vor und hat etwa V200 mm
große rundliche Einzelzellen. Zwei etwa Veo mm große
länglichovale Sporen flankieren eine Grenzzelle (Fig. 88 h).
Viel größer als Anahaena oscillario'ides ist die Alge
Anahaena macrospora, Klehahn-Seligo. Jede der kugelförmigen
dunkelpigmentierten Zellen hat eine Länge von etwa
f/ioo mm. Die Sporen haben eine Länge von etwa Vss mm
bei ^'60 mm Durchmesser. Oft wird man die Wahr-
nehmung machen, daß die Hüllmembran der Grenzzellen
stark gebläht ist (Fig. 88 c).
Auf der Oberfläche des Wassers wird vom August bis
Oktober häufig eine Alge angetroffen, die dort die Wasser-
blüte bildet, es ist
Aphanizomenon flos aquae; die Einzellen sind zylindrisch, die
Grenzzellen rund, die Sporen etwa viermal so lang als eine
Einzelzelle und vielfach doppelt so breit. Die Länge jeder
<.»<.. 1*0. »E;
SjMaSS^
^p/ian.i.jome/i02z /7os aaiLoe
Fig. 89.
Einzelzelle beträgt etwa ^'lao mm. Bei Aphani^omenon
findet Flockenbildung von parallel liegenden Fäden statt,
die durch die Bewegung der Wasseroberfläche zusammen-
gefügt werden. Mitte September erfolgt die Bildung der
großen zylindrischen Sporen. Im Protoplasma der Einzel-
Sc hurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 6
82
Spezieller Teil.
Zellen sind Vacuolen nachweisbar, die Gas enthalten und
so den „Auftrieb" der Algen an die Oberfläche bewerk-
stelligen. (Fig. 90.) (Sporen- und Grenzzellenbildung selten
gleichzeitig.)
Sf^enxxellt
Äphanizomenon flos aquae.
Fig. 90.
Das gleiche gilt von
Gloeotrichid, welche kleine bis
1 mm große grüne Kugeln
bildet, die aus Einzel-
fäden bestehen, welche in
der Mitte gefaltet, stern-
artig angeordnet stehen.
Jeder Faden läuft in zwei
' spitze Enden aus. Gegen
Ende des Herbstes sinken
die Kugeln zu Boden, es
schwinden die Einzelzellen
und es bleiben nur die
Dauersporen erhalten, im
Juni entwickeln sich dar-
aus Fäden, die in der Mitte zwei Grenzzellen enthalten. (Fig. 92.)
Somit haben wir uns einen Überblick über die wichtigsten
im Plankton vorkommenden Algen verschafft. Auf die einzel-
Gloeotriehia cchinulaia.
Fig. 91.
""/ß'
Fig. 92.
nen Spezies sind wir absichtlich nicht genauer eingegangen,
da deren Kenntnis nur für den Spezialforscher von Wert ist.
§ 38. Die Flagellaten.
83
§ 38. Die Flagellaten.
Bei den Flagellaten treffen wir meist ein bis zwei, seltener
mehr Geißeln an, die aus langen Plasmafäden bestehen. Durch
„Schlagen" dieser Geißeln bewegen sich die Geißeltiere vor-
wärts. Einige dieser Formen werden freilich auch als pflanz-
liche Wesen betrachtet. Andere wieder nehmen eine Mittel-
stellung zwischen Tier und Pflanze ein. So wird z. B. das
„grüne Schönaug", Euglena viridis von den Botanikern für eine
Pflanze gehalten, von den Zoologen für ein Tier. Betrachten
wir uns das zierliche Gebilde genauer!
Euglena viridis. Seinen Namen hat es von der grünen Farbe,
die oberflächlich gelagerte scheibenförmige Chlorophyll-
körner hervorrufen. Das Tier kann seine Gestalt wie eine
Amöbe verändern. Euglena wird
in kleineren stehenden Ge-
wässern oft in Unmengen an-
getroffen. Kleinere Wasser-
becken nehmen oft infolge des
massenhaften Auftretens der
Euglenen grüne Farbe an. Die
Gestalt des Tieres ist spindel-
förmig. Am Vorderende des
quergestreiften Körpers sehen
wir die lange Geißel, kurz da-
hinter die kontraktile Vakuole
und in der zweiten Körperhälfte
den großen Zellkern.
Euglena viridis Ehrenbg.
Fig. 93.
a schwimmendes , 6 kriechendes In-
Seinen dividuum; c Vermehrungsakte mit
zwei durch Teiluna: gebildeten Indi-
Namen „Schönaug" hat das Tier viduen; d nauercyste: s< Augenfleck;
" '-' » pulsierende Vakuole; c/i 1 arb träger;
von einem roten oder braunen P dargestellte organische Masse so-
genanntes Paramylon (stärkeähnliche
Pigmentfleck, der an derVakuole ' Substanz. (Aus Rosen.)
gelegen ist. Es ist ein augenähnliches Gebilde, das auf
Helligkeit und Dunkelheit wahrscheinlich zu reagieren
vermag. Die Größe des Tieres beträgt V12 mm ungefähr.
Eine schmutzig rote Farbe weist Euglena sanguinea auf,
deren Anwesenheit durch Rotfärbung des Gewässers sich
84
Spezieller Teil.
kundgibt. Vor allen Dingen tritt die Erscheinung der
Grünfärbung infolge massenhaften Vorhandenseins von
Eiiglena viridis und der Rotfärbung durch Eugicna sanguinea
in Dorfteichen zutage.
Mit einer Geißel ebenfalls nur ausgestattet ist der Flagellat
TracJielomonas hispida Stein. Der Körper hat eine ovale Kapsel
ausgeschieden, die bei Trachelomonas hispida Stachelhöcker
trägt, während die naheverwandte Tr. lagenella deren ent-
behrt. Am Vorderende ist eine trichterförmige Öffnung,
aus der die Geißel herausragt. Den Tieren ist große Be-
weglichkeit eigen. Man bringe sie deshalb zur Unter-
suchung in Quittengelee. Die Größe, der Formen ist
Vso mm. (Fig. 73 a, h.)
Koloniebildung bei Flagellaten ist anzutreflFen bei der
Gattung
Dinobryon. In kleinen glockenförmigen Gebilden befindet sich
der Plasmaleib, von dem zwei Geißeln ausgehen, eine
längere und eine kürzere. Die Länge der
Organismen, die im Sommer zu Millionen
im Plankton angetroffen werden beträgt
Vso mm. Wie bei Euglena, so ist auch
hier ein roter Augenfleck nachweisbar,
außerdem ist das Vorhandensein von zwei
kontraktilen Vakuolen und zwei bläulich-
grünen Chromatophorenplatten zu kon-
Diplosiga.
Fig. 97.
Dinobryon sertularia. D- cylindricum. j .
Vergr. 500 : 1. Fig. 95. aatUS.
Fig. 94. Fig. 96.
statieren. Das Gehäuse weist keine Färbung auf. Im Süß
Wasser findet man aber eigenartige besenförmige Kolonien
^ 39. Die Wimperinfusorien. §5
Sobald nämlich ein Tier sich zur Fortpflanzung anschickt,
teilt sich sein Zellinhalt in zwei Teile; der eine Teil
bleibt in dem alten Gehäuse, der andere wandert an die
Mündung des Gehäuses und umgibt sich mit einem neuen
Gehäuse. Das wiederholt sich und so trifft man denn
derartige Kolonien an, die den Anschein von ineinander
gesteckten Tüten erwecken Während nun D. sertularia
besenreiserartige Kolonien bildet, sind die von D. zylin-
dricuni sowohl aus am Grunde gebogenen Einzelindivi-
duen zusammengesetzt als auch mit Verzweigungen ver-
sehen, wie sie auf nebenstehender Abbildung (Fig. 95) zur
Darstellung gebracht worden sind. Bisweilen sehen wir
im Oberteil des glockenförmigen Gehäuses ein bewegliches
Körperchen, das ebenfalls mit einer Geißel ausgestattet
ist. Es ist ein parasitisch lebender Flagellat. Ein anderer
parasitierender Flagellat ist Bodo caudatus, der in Volvo-
cineen und deren Verwandten lebt ; Bodo caudatus ist mit
zwei Geißeln ausgestattet, deren eine kurz ist.
Biplosiga freguentissima Zachariasi ist ein nur V50 mm langer
Flagellat, der auf den Algen des Planktons lebt und be-
sonders die Kieselalgen Tahellaria und Asterionella bevor-
zugt.
Anmerkung. Alle Flagellaten lassen sich gut mit Formol (1 Teil
käufliches Formol und 30 Teile Wasser) konservieren.
§ 39. Die Wimperinfusorien.
Die Wimperinfusorien weisen eine verhärtete Haut auf,
die mit reihenweise angelegten Wimpern besetzt ist, das sind
kleine Härchen, deren eines auf die Bewegung des Tieres ohne
allen Einfluß wäre, die aber gleichzeitig in Tätigkeit tretend,
nicht allein die Lokomotion bedingen, sondern auch Nahrung
aller Art mit herbeistrudeln.
Wenn wir verfaulende Stoffe enthaltende Gewässer unter-
suchen, so finden wir in dem Wasser eine unzählige Menge
winziger Tierchen, die in lebhafter Bewegung durch das Wasser
86
Spezieller Teil.
schießen: es sind Paramaecien, die über und über mit
Wimpern bedeckt sind. Seitlich ist die Mundöffnung gelegen.
An dem einen Körperende sind die Wimpern etwas stärker
entwickelt. Seine Länge beträgt Vs mm.
Kernkörperchen.
Kern.
Wimpergrube.
Mund.
Schlund.
Nahrung sbläsch en.
Kloake, aus der unverdaute
Reste ausgestoßen werden.
Paramaecium oder
Pantoffeltierchen.
B = pulsierende Vakuo-
len oder Bläschen.
Fig. 98.
Epistylis plicahiUs Ehrenherg, ein gestieltes Wimperinfusor,
bildet Kolonien. Während bei den Vorticellen der Stiel
einziehbar ist, ist der von Epistylis fest. Die Länge eines
Einzeltieres ohne Stiel beträgt etwa Vio mm, jeder Stiel ist
§ 39. Die Wimperin fusorien.
87
ca. ^/2 mm lang. Man trifft sie im Sommer weniger frei
als vielmehr auf den Copepoden aufsitzend. (Fig. 99 a.)
In Grundfängen erbeutet man oft ein Wimperinfusor,
dessen obere Hälfte fadenförmig ist, während die untere
spindelförmige Gestalt und einen Kern und zwei Vakuolen auf-
weist. Es ist Lacrymaria. (Fig. 99 b.)
Ein mikroskopisch kleines Vis mm langes, ^'25 mm hohes.
Wimperinfusor, das Ähnlichkeit mit einer Meduse hat, ist
Trichodina pedicula Ehrenherg , das zumeist parasitisch auf
Krustern lebt, aber durch seine drei Wimperkränze, deren
einer die Mundöffnung umgibt, befähigt ist, frei umher-
zuschwimmen, a '
Lacrymaria.
Fig. 99 b.
Trichodina pedicula (Seligo).
a von der Seite, 6 von oben.
Fig. 100.
Ein recht interessantes auf den ersten Blick an Difflugia
erinnerndes Gebilde ist
Coleps hirtus. Der Körper ist birnförmig und mit Wimpern
bedeckt. Seine Länge beträgt V20 mm.
Spezieller Teil.
Vielfach trifft man auch stark verflachte Wimperinfusorien
an, deren Bauchseite anders gestaltet ist als die der Bewimpe-
rung entbehrende Rückenseite, die aber sehr
starke Borsten trägt. Außerdem nehmen wir
eine in zierlichem Bogen vom Mund bis in die
Körpermitte herabführende Strudelrinne wahr,
die sowohl das Schwimmen fördert, als auch
Nahrung herbeistrudelt Auf der Bauchseite
sind ebenfalls starke Borsten nachweisbar, die,
aus mehreren Wimpern zusammengesetzt, als
Füße beim Kriechen fungieren. Sehr oft ist
Stylonichia mytilus anzutreffen, ^/s mm lang.
Man findet sie auf Wasserpflanzen als
weiße sich drehende Pünktchen. (Fig. lOl.)
Ein anderes Wimperinfusor, das in stehen-
den Gevyässern auf Algen, Wasserpflanzen
sich ansiedelt und dann wie ein weißer Belag
erscheint, ist das etwa 1 mm lange Trompetentierchen Stentor
polymorphus, dessen Kern einer Perlschnur ähnlich sieht.
Stylonichia mytilus.
Fig. 101.
Trompetentierchen
Fig. 102.
§ 39. Die Wimperinfusorien.
89
Carchesiumlolonie auf Algenfadeii.
Fig. 103.
Carchesium eingezogen,
daneben: sich streckend.
Fig. 104.
Köpfchen von Carchesium,
vergrößert (500 : 1).
Fig. 105.
90
Spezieller Teil.
Ähnlichkeit mit der oben erwähnten Epistylis hat das
Glockentierchen Carchesium polypinum. Doch ist der Stiel,
dem das glockenförmige Vio mm lange Köpfchen aufsitzt, kork-
zieherartig oder spiralig einziehbar. Man trifft die Tierchen
in Kolonien auf Algen und Krustern (selbst Fischen), wo sie
einen schimmelartigen Beleg bilden. Besonders in trüben,
mit faulenden Stoffen erfüllten stehenden Gewässern ge-
deiht es.
§ 40. Die Amoeben oder Wurzelfüßer.
Die Wurzelfüßer, jene kleinen Urtierchen, die lediglich ein
Plasmaklümpchen darstellen und vielfach in einem sclbst-
gebauten, winzigen Häuschen wohnend, angetroffen werden,
das für die Bestimmung der Art wertvoll ist, hausen auf
Algenfäden und können auch sonst im Plankton gefunden
Amoeha proteus.
Fig. 106.
DieScheinfüßchen umfließen rechts eine ein-
zellige Alge. Andere Algen (Kieselalgen)
sind schon ganz oder teilweise im "Körper
aufgenommen. \b = Nahrungsblase ; B pul-
sierendes Bläschen (Vakuole); K = Kern.
(Vergr. HO.) Aus Scnmeil.
J
Amoeha Umax.
Fig. 107.
Vier Exemplare zwischen
Spaltpilzen des Strohauf-
gusses.
500 mal vergr.
Aus Schmeil.
werden. Langsam — unendlich langsam kriechen sie auf den
Fäden umher. Ehe wir uns einige besonders interessante Ver-
treter der Amoeben betrachten , wollen wir uns ein Tierchen
seinem Bau nach vorführen und zwar die Amoeha proteus —
das Wechseltierchen.
§ 40. Die Amoeten oder Wurzelfüßer.
91
Das Wechseltierchen stellt ein Plasmaklümpchen dar.
Wir legen ein derartiges Gebilde in Wasser auf einen Objekt-
träger unter das Mikroskop, blenden das Licht ab, das der
Spiegel reflektiert, und stellen ein 5 cm hohes, 15 cm breites
Stück Pappe, das wir zweimal gebrochen haben, schirmartig
auf den Objekttisch des Mikroskops, damit dem Licht mög-
lichst wenig Zutritt gestattet ist. Nach diesen Vorbereitungen
werden wir wahrnehmen, wie die Amöbe plötzlich beweglich
wird; aus dem Körper läßt sie Füßchen, sogenannte Schein-
füßchen, Pseudopodien, hervorfließen. Wir können jetzt auch
deutlicher den Inhalt der Amöbe wahrnehmen. In einer
Arcella.
Arcella von oben.
Fig. 108.
Arcella von der Seite.
körnigen Substanz erblicken wir ein größeres rundes Gebilde,
das unverändert in seiner Gestalt verharrt, den Zellkern und
ein anderes helles Gebilde, das nach wenig Augenblicken ver-
schwindet, die pulsierende Vakuole, die die Rolle der Niere
und Lunge spielt, d. h. verbrauchte Stoffe aus dem Körper
befördert.
Von den Wurzelfüßern des Süßwassers sei zuerst eines
gedacht, des größten heimischen, der Pelomyxa palustris, die
eine Größe von etwa 2 mm erreicht. Da diese Formen be-
ständig ihre Gestalt wechseln, so heißen sie eben Wechsel-
tierchen. Die Pelomyxa stellt ein nacktes Plasmaklümpchen
dar, sie besitzt kein Haus.
92
.Spezieller Teil.
Von den Formen, die ein mehr oder weniger kunstvolles
Gehäuse tragen, seien folgende erwähnt:
Die in unseren Teichen häufig auf der Wasseroberfläche
schwimmende bräunliche Ärcella vulgaris, deren Plasmakörper
in einem halbkugellinsenförmigen Gehäuse steckt, das aus
kleinen, zierlichen „prismatischen Stäbchen" besteht. Bei
etwa ^200facher Vergrößerung ruft die Schale den Eindruck
hervor, als sei sie mit winzigen Pünktchen
besetzt. Diese Ar cell a scheidet Luftbläschen
aus, die sich im Gehäuse ansammeln und
so gewissermaßen als „Auftrieb" wirken.
Ein birn förmiges, oben abgerundetes Ge-
häuse hat Difflugia piriformis, in deren Schale
Sandkörner eingebettet
liegen.
Andere Difflugien, deren
Schale mit Sandkörpern
Difflugia
piriformis.
Fig. 109.
Difflugia acuminata.
Fig. 110.
Difflugia urceolata.
Fig. 111,
usw. bedeckt ist, und welche nur durch die Form ihres Ge-
häuses unterscheidbar sind, sind
Difflugia spiralis, deren ampullenartiges Gehäuse der I^orm
nach an die Bauten der Webervögel erinnert (Fig. 113),
Difflugia acuminata, deren Gehäuse spitz verläuft und außer
kleinen Fremdkörpern als Steinchen usw. auch leere
Schalen von Diatomeen trägt. (Fig. 110.)
Difflugia urceolata hat Ähnlichkeit mit einer Ampel. (Fig. 111.)
§ 40. Die Amoeben oder Wurzelfüßer. 93
Centropyxis erscheint wie ein winziger Seeigel, insofern seine
Schale noch stachelige Auswüchse aufweist. (Fig. 112.)
Centropyxis. Difflugia spiralis.
Fig. 112. Fig. 113.
Hatten die Difflugien ihre Schalen mit Fremdkörpern als
Sandkörnchen, Diatomeenschalen durchsetzt, ähnelten sie ihrem
Kuglypha aheoJata. Quadrula. Hyalosphenia.
Fig. 114. Fig. 115. Fig. 116.
Aussehen nach den Gehäusen der Phryganiden, Köcherfliegen,
die natürlich große Gebilde darstellen, während den Difflugien,
94
Spezieller Teil.
deren Gehäuse nie aus Kalk, sondern aus Kieselsäure oder
aus Chitin bestehen, nur eine Größe von ^/lo — Vis mm zu-
kommt, so haben andere Wurzelfüßer dünne, birnenförmige
Schalen, die der unregelmäßigen Fremdkörper entbehren.
Gehäuse mit
Cyphoderia (kriechend), Cyphoderia. Fremdkörpern.
Fig. 117 a. Fig. 117 b. Fig. 118.
Euglypha dlveolata, deren Länge ■^/i4 mm, deren Breite Vao mm
beträgt, hat eine aus ovalen Täf eichen zusammengesetzte
Schale. Bisweilen kann man die Euglyphen in anderer
Form, antreffen, im Innern ein rundes Gebilde, die Schale
mit Stacheln versehen. Wir haben hier eine „eingekapselte"
Euglypha vor uns, da sie besonders im Winter, wenn die
seichten Gewässer zufrieren, oder im Sommer, wenn sie
austrocknen, zu dieser „Ency stierung", Einkapselung, ihre
Zuflucht nimmt. Bei Euglypha alveolata ist der Rand
scheinbar „ausgebogen", bei der
Quadrula symmetrica, deren Schale, wie schon der Name sagt,
aus zierlichen Quadraten besteht und ebenfalls birnen-
förmige Gestalt aufweist, ist der Schalenrand „gerade".
Ein Ausscheidungsprodukt, wie die Schale der Muscheln aus
deren Mantel, ist die Schale der Hyalosphenia, deren Proto-
§ 40. Die Amoeben oder Wurzelfüßer. 95
plasmaleib in dem durchsichtigen Gehäuse aufgehängt ist
(Fig. 116). _
Aus kleinen, gleichgroßen Steinchen ist auch das langgestreckte
Gehäuse der Cyphoderia zusammengesetzt, das auf Abb. Ii7a
und b veranschaulicht wurde.
Tabelle.
An Algenfäden lebend, mit fingerförmigen Pseudopodien
(Ausnahme Euglypha!)
a) mit Gehäuse:
1. aus Fremdkörpern (Fig. 118) (Sandkörnchen von ver-
schiedener Größe) :
I. bim förmig, oben abgerundet : Biffhigia piriformis.
Größe ca. ^/i 5 mm ;
II. ampullenartig, Difflugiaspiralis. Größe ca. ^/lo mm;
III. ampelf örmig, Difflugia urceolata. Größe ca. ^!i 0 mm ;
IV. seeigelartig, mit Stacheln versehen, Centropyxis.
Größe ca. ^!i2 mm;
2. aus Plättchen zusammengesetzt:
I. ovale Täf eichen, Rand „ausgebogt", Euglypha
alveolata. Größe Vis mm (wenn im Winter
angetroffen oder im Sommer in ausgetrockneten
Gewässern, dann mit Stacheln versehen !). Faden-
förmige Pseudopodien.
II. quadratische Plättchen, Rand gerade, Quadrula
symmetrica. Größe ca. Vis mm.
3. flach, linsenartig, auf Wasseroberfläche, Schale
mit prismatischen Stäbchen versehen:
Ärcella vulgaris, Größe ca. Vi 2 mm breit, Vao mm
Durchmesser.
4. durchsichtig, Plasmakörper aufgehängt:
Hyalosphenia, Größe ^/i4 mm.
b) ohne Gehäuse:
1. im Schlamm lebend:
Pelomyxa, ca. 2 mm großes Plasmaklümpchen.
2. freischwimmend oder auf Algenfäden sitzend:
Amoeha proteus, ca, V2 mm groß.
96
Spezieller Teil.
§ 41. Sonnentierchen.
Prächtige Formen sind die in Sümpfen angetroffenen
HeUozoen oder Sonnentierchen, deren Körper entweder wie
das bekannte Actinosphaermm EicJihorni des Skeletts ermangeln
kann, oder eine aus Chitin bestehende Gitterkugel darstellt,
aus deren Öffnungen die Pseudopodien, die Scheinfüßchen,
ausgestreckt werden, so daß ein sonnenartiges Gebilde ent-
steht, dessen Kern im Mittel-
punkt liegt. Betrachten wir uns
das mitunter stecknadelkopfgroße
blaßmilchfarbene J^c^mospÄaermw
i \
Sonnentierchen mit einem eben
erbeuteten Infusorium.
(Aus Schmeil.)
Fig. 119.
Clathrulina.
Fig. 120.
genauer, so sehen wir, daß der Körper zwei Schichten auf-
weist, eine größere Rinden- und eine innere Markschicht.
Die Rindenschicht weist die kontraktilen Vakuolen auf, die
innere umgibt den Plasmaleib, der gitterartig erscheint und
viele Kerne enthält. Aus der inneren Kugel werden nun die
feinen Strahlen entsandt, die die Scheinfüßchen (Achsenfäden
mit Protoplasmaüberzug) repräsentieren.
§ 42. Wasserkäfer.
97
Clathrulina elegcms besitzt als Skelett eine Gitterkugel , die
sogar gestielt ist. Aus der durchbrochenen Rindenschicht
ragen die Scheinfüßchen heraus. — Vio mm groß.
Adinophrys sol hat einen Durchmesser von etwa ^20 — V30 mm.
Actinosphaerium , blaß milchfarben, etwa stecknadelkopfgroß,
2 Schichten, die äußere trägt Vacuolen, die innere ent-
hält Marksubstanz. - 1 mm.
Adinophrys hat Hornskelett, kleiner als Adinosphaerium.
Sonnentierchen (durchschnitten gedacht).
(Aus Schmeil.)
Figur 121.
§ 42. Wasserkäfer.
Höchst interessant sind die Wasserkäfer und deren Larven,
die oft in Süßwasserplanktonfängen mit angetroffen werden,
Schur ig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum.
98
Spezieller Teil.
obwohl sie keine dem Plankton zugehörigen Organismen dar-
stellen. Natürlich können wir nur die Hauptgattungen an-
führen. Diejenigen, die tiefer in die übrigens wegen ihrer
Kleinheit schwierig zu unterscheidenden Species eindringen
wollen, verweisen wir auf ein ausgezeichnetes Käferbuch, von
dem ein Band mit 40 Tafeln bereits vorliegt: Reitter,
Fauna germanica, Verlag Lutz, Stuttgart, dessen billiger Preis,
2 Mk. pro Jahr, wohl jedem die Anschaffung ermöglicht, da
jedes Jahr ein neuer Band erscheint.
Die Wasserkäfer sind in folgende Familien einzuteilen:
1. Die Halipliden mit 3 Gattungen:
a) Brychius, blaßgelb mit viereckigem Halsschild, Körper-
länge 4 mm;
b) Haliplus, blaßgelb mit trapezförmigem Halsschild, das
an der Basis am breitesten ist, Größe 4 mm;
c) Cnemidotus , rötlichgelb mit stark gewölbtem Körper
und grob punktierten Flügeldecken.
Schwimmart sämtlicher: Abwechselnde Bewegung
der Hinterbeine,
a) Von der
Gattung Brychius
lebt in Deutschland nur eine Form in langsam dahinfließen-
den Gewässern: Brychius elevatus, Größe 4 mm. Farbe blaß-
gelb, Halsschildchen viereckig, in der Mitte links
und rechts breiter (Fig. 122). Langgestreckte Flügel-
decken.
I.
^ryckius
Fig.'ja2.
Fig. 123.
Fig. 15J4.
§ 42. Wasserkäfer.
99
b) Bei der
Gattung Haliplus
finden wir das Halsschildchen trapezförmig, also an der Basis
breiter wie an der Spitze. Die Flügeldecken weisen lange
C/iemidotiu
//a-iiiolLcs anvcentu
Fig.:jl25.
Jialipm Min v! '^
■miirrnrt, \\ ,'.'. iJL'', '.#
nucrofi.
Fig. 126.
Fig. 127.
Punktstreifen auf und außerdem schwarze Zeichnungen. Die
Hauptfarbe ist entweder rostrot {H. mucronatus, 4,2 mm lang,
H. fulvus 4,2 mm lang, H. flavicollis 2,5 mm [häufig bei Köslin],
Fühler, Halsschild und Beine gelb, Körper oval) oder blaß-
gelb {II. amoenus 3,5 mm, Halsschild ohne Basalzeichnung,
Längsstreifung der Flügeldecken).
c) Die Gattung Cnemidotus
unterscheidet sich von Haliplus eigentlich nur durch die stark
gewölbte Kugelform, die breiter ist als die von Haliplus und
durch die grobpunktierten Längsstreifen der Flügeldecken.
Cnemidotus caesus, schmutzig rotgelb,
Größe 3,6 mm; überall in Deutschland an-
zutreffen.
2. Fainih'e der Hygrobüden.
Gattung Hygrohria.
Species: H. tarda. Farbe gelblich-
braun bis rostrot. Größe 9 — 10 mm. Auf
beiden Flügeldecken ist eine schwarze, zu-
sammenhängende, mit Ausläufern versehene
Färbung nachweisbar. Das Halsschild weist eine schwarze,
^U des Halsschildes einnehmende Basallinie und eine obere.
Jiy^roUa
tarda.
Fig. 128.
100
Spezieller Teil.
Liscküd,
gebogene, schwarze Grenzlinie auf. Bewegtbeim Schwim.
men die Hinterbeine abwechselnd.
3. Familie der Dytisciden.
Schwimmart: Während die Halipliden und Hygro-
biiden beim Schwimmen die Hinterbeine ab-
wechselnd bewegen, gleiten die eigentlichen Schwimmkäfer
durchs Wasser, indem sie gleichzeitig mit beiden
Hinterbeinen kräftige Stöße ausführen. Sie unterscheiden
sich von den oben erwähnten Halipliden
und Hygrobiiden in erster Linie dadurch,
daß der Kopf wenig deutlich sich vom
Körper abhebt. Der Körper (d. h. Kopf,
Brust, Hinterteil) stellt vielmehr ein ovales
Gebilde dar.
Wir wollen eine kurze Tabelle hier
folgen lassen, um die Hauptgattungen
besser unterscheiden zu können.
Nebenstehende Figur soll uns das
Schema für einen Dytisciden vorführen.
Bei den Dytisciden unterscheiden wir fünf Hauptgattungen :
I. Frage:
Ist der Käfer, der die Merkmale eines Dytisciden hat,
a) über 12 mm groß oder b) höchstens 6 mm?
Wenn a, dann muß er Schildchen (S) aufweisen und ge-
hört dann entweder den Dytisciden oder den Colymbe-
tinen oder der Gattung Äcüius an.
Wenn b, dann haben wir einen Vertreter der Hydro-
porinen oder Noterinen vor uns.
Ad a: H. Frage:
Ist das Halsschild und der Flügeldeckenrand {F) mit
gelben Rändern versehen? Wird dadurch im Hals-
schild ein dunkles, schwarzblaues Trapez eingeschlossen?
Antwort: Ja. Dytiscinen (Fig. 130).
Antwort : Nein. Colymbetinen. Cybister : Nur gelbei
/". nügeldtcKen rouid
S = Schildchen.
Fig. 129.
§ 42. Wasserkäfer.
101
Längsrand am Halsschild und Flügelrand. Farbe
dunkelgrün-schwarz (Figur 131).
Fig. 130.
Gelbrand. Dyticus marginalis.
Das Männchen nimmt soeben Luft auf. "Weibchen und Larve verzehren
eine tote Kaulquappe.
Die drei ersten Fußglieder der Vorderbeine des Männchens sind zu starken
Saugscheiben ausgestaltet. (Aus Schmeil.)
III. Frage:
Ist der gelbe Rand nur auf das Halsschild beschränkt
und ist in dem schwarzen Trapez ein gelber, hantel-
SMer lainasranä,
Qiierrcuial,, derietj/j-lü.
cuiam .McUisJuU 'Un.
Profit} n.rdcn, Unaj-
miui dUdeC fr Alt
SeLöerjRand
Fig. 131.
y^ciliui (schem.)
Fig. 132.
artig gebogener, beim Männchen breiterer Streifen vor-
handen ?
Antwort: Ja. Acilius (Figur 132).
102
Spezieller Teil.
Ad b: II. Frage:
Bestehen die Tarsen (Endgliederchen) der Vorder- und
Mittelfüße aus vier oder fünf Gliedern?
Aus 4: Hydroporinen (außerdem 1. — 3. End-
Färbung
rötlichbraun.
Körper oval.
Keine
Schildchen.
^t-fot^
glied verbreitert.)
(Schiene gebogen und
mit Fortsatz. Beim
Männchen in der
Mitte verbreiterter
Fühler).
Aus 5 : Laccophüus : ohne Strichzeichnung
auf Halsschild. Grundbewohner. Größe
3,5—4,5 mm (Figur 134).
[Größe 2,3—6 mm]
Aus 5 : Noterini: Strich-
zeichnung auf Hals-
schild :
[Größe 3,6—4,5 mm]
Note.
ras
Fükkrdes
ääntidieiis
tfUtMa ton. IiwccofJi iht
Fig. 133.
Fig. 13i.
4. Familie der Kolbenwasserkäfer: Hydrophih'den.
Hierher gehört unser großer Wasserkäfer, der etwa 4 bis
5 cm lang ist. Seine Farbe ist pechschwarz. Den Namen
hat er von den kolbenartigen Fühlern. Er schwimmt, indem
er abwechselnd die Hinter- und Mittelbeine einer Seite zu-
gleich bewegt, er „pudelt" also; er „torkelt" hin und her, wenn
dieser Ausdruck gestattet ist. (Fig. 135 auf S. 102.) Kleiner
ist Hydrous, der aber sonst seinem großen Verwandten gleicht
(1,7 cm).
5. Familie der Gyriniden.
Größe 5 — 7 mm. Metallglanz. Schildchen vorhanden.
Die Gyriniden sind bekannt als Taumel- oder Kreiselkäfer.
§ 42. Wasserkäfer,
103
Sie schwimmen äußerst schnell an der Oberfläche des Wassers
in Schleifenform, wobei der Rücken aus dem Wasser heraus-
ragt, um bei nahender Gefahr sofort dem Grunde des Ge-
wässers zuzustreben. Die Augen der Gyriniden sind je durch
Mg. 135.
Grofser Kolbenuasserkäfer.
Unter dem Blatt der Eikokon mit dem Schornstein für die Atmung.
(Aus Schmeil.)
ein Chitinband in zwei Teile geteilt, einen
oberen, der beim Schwimmen an der Wasser-
oberfläche das über ihm Geschehende wahr-
zunehmen vermag, während die untere Hälfte
das unter ihm Befindliche zu gleicher Zeit be-
obachtet.
Eigenartig ist die Gestaltung der Beine : Eikokon geöffnet.
Die Vorderbeine sind normal lang entwickelt, da-
gegen ist das zweite und dritte Beinpaar ganz ver-
kürzt, aber stark verbreitert. Die Enden ragen nur un-
merklich über den Flügelrand beiderseits heraus*
Zum Bestimmen seien folgende Merkmale angegeben:
Körperform: oval: Gyrinus. Äulonogyrus mit gelbem
Seitenrand. (Fig. 137.)
Körperform: nicht oval: Oredochilus (Fig. 138.)
104
Spezieller Teil.
Gattung Gyrinus.
Das Hinterleibsende ragt halbkugelförmig über die Flügel-
decken hervor. Das Halsschild trägt eine Querfurche. Die
Flügeldecken tragen Punktreihen, Länge 4 — 7 mm. Die
Rückenseite ist schwarz und weist Metallglanz auf. (Fig. 136.)
a
3yrmm (Oimrfvwckt
uf HahschilA
AulorioQYraS
Orectoehilui
Fig. 138.
Fig. 136. Fig. 137.
Gattung Aulonogyrus.
Äußere Körpergestalt wie Gyrinus^ doch trägt
Aulonogyrus beiderseits einen gelben Längs,
streifen. Beine gelblichbraun.
Körper blau. Halsschild grün-
lich. Länge 6 mm. (Fig. 137.)
Gattung Orectochilus.
f'lügeldecken fein punktiert
und behaart. Keine Punkt-
streifen. Flügeldecken seitlich
zusammengedrückt - abgestumpft.
Kopf dreieckig, Länge 6 mm.
Hinterleibsende ragt spitz hervor.
Larven.
Die Larven
a) der Halipliden sind 14 mm lang, mit 5 mm langem An-
hang. Der Kopf ist zusammengedrückt und hat jederseits
6 Ozellen (Augen) (Fig. 139);
*) Nach Lutz aus Reitter.
Larve von
Hah'pliis *).
Fig. 139.
§ 42. Wasserkäfer.
105
b) der Hygrobiiden sind 14 mm lang, mit drei je 8 mm langen
Endanhängen. Hinterleib 8 Segmente. Kopf und erster
Thorakalring je so groß wie die drei folgenden Ringe zu-
sammen (Körpergestalt ähnelnd dem „Zuckergast" oder
„Fischchen");
der Hydroporinen sind ca. 8 mm lang. Körper „fischchen-
äHnlich". Kopf in lange „Nase" ausgezogen. Körper un-
behaart, in langem Fortsatz endend. Zwei lange Cerci mit
Borsten (Fig. 140);
c)
Larve der
Larve von
Hydroporinen *).
Larve von Laccophilus.
Colymbetinen
Fig. 140.
Fig. 141.
Fig. 142.
d) von Laccophilus haben runden Kopf, der gegen den 10 mm
langen Körper deutlich abgesetzt ist. Lange Füße mit
Schwimmborsten. Zwei Cerci mit Borsten (vier besonders
lang!) (Fig. 141);
e) von Colymbetinen sind ca. 15 mm lang, ohne die 7 mm
langen beiden Cerci. Keine Schweb-Schwimmborsten.
Kopf pentagonartig. Jedes Segment mit Kreuzstern-
zeichnung (Fig. 142);
*) Nach Lutz aus Reitter.
106 Spezieller Teil.
f) von Acüius und Dytiscus ähnlich; beide spindelförmig; bei
Acilius Oberseite rötlich. Vorbrustring kegelförmig (sich
verjüngend). Cerci unbehaart und kurz. 3,5 cm lang;
g) von Dytiscus dem vorigen ähnlich, doch Cerci behaart.
Mächtige sichelförmige Packzangen. 5 cm lang (Fig. 130);
h) von Hydrophilus hat nicht (wie alle Schwimmkäfer) zwei
;
Larve von Acilius. Larve von Larve von Larve von
(Endstück plattenförmig.)JPr!/c?ro^/w7MS. Hydroits. Gyrinus,
Fig. U3. Fig. 144a. Fig. 144b. Fig. 145.
Klauen am Fuße, sondern nur eine. Länge 5 cm. Innen-
seite des Oberkiefers mit Höckern versehen. Beine stark,
mit Schwimmborsten versehen. Die zwei letzten Bein-
paare werden beim Schwimmen gleichzeitig bewegt;
i) von Hydrous ist in Fig. 144b zur Darstellung gebracht;
k) Larve von Gyrinus ist 12 mm lang. Hinterleib mit neun
Segmenten. Am neunten Segment vier Trachenkiemen,
beiderseits zwei, an jedem der übrigen acht Hinterleibs-
§ 48. Rhynchoten oder Schnabelkerfe. 107
Segmente jederseits nur eine Trachenkieme. Alle Trachen-
kiemen bewimpert.
§ 43. Bhynchoten oder Schnabelkerfe.
Ähnlich den oben besprochenen Gyriniden leben einige
Schnabelkerfe auf der Wasseroberfläche, andere im Wasser.
Sie haben, wie schon der Name andeutet, einen Rüssel, der
zum Saugen und Stechen bestimmt ist. Besonders die ge-
meine Ruderwanze Notonecta glauca vermag derartige Stiche zu
versetzen, daß man einen Immenstich erhalten zu haben glaubt.
Deshalb ist Vorsicht beim Fassen der Ruderwanze am Platze.
Wir unterscheiden nun
1. solche Rhynchoten, welche im Wasser umherschwimmen,
2. „ „ „ „ „ auf Pflanzen dahin-
kriechen,
3. solche Rhynchoten, welche auf dem Wasser ihr Dasein
führen,
und bezeichnen die ersten als Schwimmer, die zweiten als
Kriecher, die dritten als Läufer.
1. Schwimmer.
Hier sei zuerst der gemeinen Ruderwanze, des Rücken-
schwimmers Notonecta gedacht, der mit der Bauchseite nach
oben umherschwimmt. Die Farbe der Rückenseite ist grau-
gelb, infolge der daran befindlichen Luft im Wasser silber-
weiß, die Bauchseite schwarz.
Das etwa 2 cm lange Tier rudert mit dem dritten sehr
langen mit „Schwebborsten" reich versehenen Beinpaare, dessen
Länge der des ganzen Tieres gleichkommt. Die beiden ersten
Beinpaare dienen zum Fassen der Beute, die mit dem langen,
sehr spitzen Saugrüssel ausgesaugt wird, da sämtliche Rhyn-
choten (vielleicht mit Ausnahme von Corixa) von flüssiger oder
verflüssigter Nahrung leben.
Der kleinste Rückenschwimmer ist die 2,5 mm lange Flea
minutissima.
Eine andere Gattung der schwimmenden Schnabelkerfe ist
die Gattung Naucoris, ca. 15 mm lang. Das Körper ende von
108
Spezieller Teil.
t' z
'Wasserwanzen.
Fig. 146.
1. Rückenschwimmer oder Ruderwanze; 2. Wasserskorpion; .3. WasserlÄufer.
Naucoris, der Schwimmwanze, verläuft spitz. Brustabschnitt
deutlich durch Einschnürung vom Hinterleib getrennt.
Naiicoris (nach Roth).
Fig. 147.
Corixa (nach Roth).
Fig. 148.
§ 43. Rhynchoten oder Schnabelkerfe.
109
Die Gattung Corixa unterscheidet sich dadurch von der
vorhergehenden, daß das Körperende von Corixa abgerundet
ist. Die Länge beträgt ca. 16 mm. Das zweite Beinpaar ist
länger und dünner als das mit Schwimmborsten ausgestattete
dritte Beinpaar. Der Körper weist keine Einschnürungen auf.
Beim Schwimmen trägt Corixa die Rückenseite nach oben ge-
richtet.
2. Kriecher.
Hier sind zwei absonderliche Formen zu erwähnen. Die
eine stellt ihrem Äußeren nach ein Mittelding zwischen einer
Stabheuschrecke und einer Gottes-
anbeterin (Mantis) dar, die freilich
beide auf dem Lande leben und
helle Färbung zeigen. Dieses merk-
würdige Geschöpf heißt Banaira,
die Stabwanze. Die an die Raub-
beine der Gespenstheuschrecke er-
innernden scharfen Vorderfüße
werden zum Erfassen der Beute
benutzt und aufwärts gerichtet ge-
tragen. Wie beim Wasserskorpion,
so finden sich auch bei Ranatra
zwei lange Atemröhren am Hinter-
leibsende. Es erweckt den An-
schein, als ob nur eine Röhre vorhanden sei. 1^
Netz wird man die 4 cm langen, mit etwa 3 cm
langen Atemröhren ausgestatteten Tiere oft über-
sehen, da sie bewegungslos dasitzen und man wird
sie eher für ein Hälmchen, ein Stückchen schwarzes
Holz als für ein Tier halten. Wie die Stabheu-
schrecke bewegungslos auf dem Zweiglein sitzt oder
hängt, so finden wir auch die Stabwanzen auf den
Blättern der Wasserpflanzen sitzend, die Raubfüße
(erstes Beinpaar), zum Erfassen der Beute bereit
erhoben, Kopf und Brustteil nach unten, Hinterleib Stdbwanze.
mit Atemröhren aufwärts gerichtet getragen. '^' ^*^*
HO Spezieller Teil,
Die andere Form ist der Wasserskorpion, der leicht zu
erkennen ist. Man hat auch hin und wieder Gelegenheit, diese
Tiere fliegen zu sehen, wobei dann der rote Rücken besonders
schön hervortritt. Arn Hinterleibsende finden sich die langen
Atemröhren. Das erste Beinpaar ist zu Raubzangen um-
gewandelt, mit denen die Beute ergriffen wird. Die Eier des
Wasserskorpions erinnern ihrem Aussehen nach an kleine Süß-
wasserpolypen. Die vermeintlichen Fangarme stellen aber Luft-
leiter dar. (Fig. 146.)
3. Läufer.
Wer an stehenden oder träge dahinfließenden Gewässern
vorüberwandert, kann oft auf dem Wasserspiegel eigenartig
laufende oder hüpfende Tiere wahrnehmen, die ebenfalls der
Ordnung Schnabelkerfe zuzuzählen sind. Ich meine die
Wasserläufer mit der Gattung Hyärometra. Warum sinken
die Tiere nicht ein? Die ganze stark behaarte Bauchseite ist
fettig, verhindert also die Benetzung durch Wasser. Die
Beine werden weit gespreizt getragen und liegen förmlich der
Wasseroberfläche auf. (Fig. 146, 3.)
§ 44. Zweiflüglerlarveii.
Ganz eigentümlichen Geschöpfen begegnen wir unter den
Zweiflüglerlarven. Während die ausgebildeten Tiere lediglich
Land- und Luftbewohner sind, leben deren Larven im Wasser,
und doch gibt es eine Ausnahme: Die kleine Mücke Clunio
lebt, wie von Frauenfeld konstatierte, im Adriatischen Meere
bei Triest unter dem Meeresspiegel und zwar an der Mytilus
edulis, der Miesmuschel. Im Süßwasser treffen wir ein Heer
von Mücken- und Fliegenlarven.
Woran erkennen wir nun die Zweiflüglerlarven als solche ?
Bei ihnen fehlen die Füße, die z. B. bei Käferlarven deut-
lich ausgeprägt sind. Gleichwohl ist bei einigea Gruppen
trotz der wurmähnlichen Gestalt der Kopf mit Fühlern und
Augen ausgestattet.
Unsere Mücken sind in mehreren Gattungen und Arten
vertreten. Wenn wir den lebenden Planktonfang durch-
§ 44. Zweiflüglerlarven.
111
mustern, so werden wir meist auch glashelle, durchsichtige,
in horizontaler Lage schwebende, dann plötzlich krampfartig
zusammenzuckende Gebilde wahrnehmen, deren Kopfteil
scheinbar mit Freßzangen ausgestattet ist, die aber in Wirk-
lichkeit Fühler repräsentieren. Der Brustteil tritt durch seine
Größe hervor. Im Frühjahr sind die Larven klein, 4 mm lang,
später erreichen sie eine Länge von
16 mm. Diese Larve ist die Corethra-
Larve; eine Atemröhre am achten
Hinterleibssegment fehlt. Dafür sind
Larve der Corethra.
Fig. 150.
Fig. 151.
je zwei Luftblasen im Brustteil und am Hinterleibsende zu
bemerken.
Die Larve von Corethra ist ein arger Räuber, und nimmt
tierische Nahrung zu sich.
Stechmücke, Larve und Puppe,
Fig. 152.
112 Spezieller Teil.
Anders gestaltet sind die Larven von Culex, der Stech-
mücke. Im Frühjahr finden wir winzige, etwa 3 mm große
dunkle Larven in den Fängen, die durch ihre sonderbare Lage
schon interessieren. Schwebten die Larven der Coretlira oder
Büschelmücke in horizontaler Richtung, so schweben die
Stechmückenlarven den Kopf nach unten, das Hinterleibsende
nach oben gerichtet. Das hat seine besondere Bewandtnis:
Stechmückenlarven müssen zum Atmen an die Oberfläche
kommen, wo sie die am achten Hinterleibssegment befind-
liche Atemröhre aus dem Wasser heraussenden, Luft schöpfen
und wieder untertauchen. Die Larven der Stechmücke sind
Dixa (nach Schmidt-Schwedt). Chironymuslarve.
Fig. 153. Fig. 154.
Pflanzenfresser. (Die Fiebermücke Anopheles trägt den
Hinterleib aufwärts gerichtet, Fig. 151 a.)
Eine andere Mückenlarve ist die Dixa, die zwar auch
schwimmend angetroffen wird (sie schlägt dabei mit dem
Hinterleib), meist jedoch an Blättern von Wasserpflanzen
u-förmig gebogen gefunden wird. Am achten Hinterleibsring
sehen wir zwei Offnungen, die die Atemöffnungen der den ganzen
Körper schlauchartig durchziehenden Luftröhren darstellen.
Im Grundplankton stehender Gewässer trifft man eine
rote, in S-Form schwimmende wurmartige Larve von 20 mm
Länge an, die Chironymus-harve , deren kleiner Kopf zwei
§ 14. Zweiflöglerlarven.
113
Punktaugen trägt. Am ersten Brustring bemerkt man ferner
zwei ungegliederte Stummel, die den Anschein erwecken, als
habe das Tier Füße, auch das Endsegment
weist zwei Scheinfüße auf. Während bei
Cliironymus die drei Brustringe unverwachsen
bleiben, der Körper also aus elf Segmenten
besteht, hat die Gattung Tanypus die Brust-
ringe wie die Larve von Culex verwachsen
(Fig. 154).
Die Waffenfliegenlarven oder Stratio-
mydenlarven besitzen einen kleinen Kopf mit
zwei an Fußstummelfüße erinnernden Fort-
sätzen links und rechts. Um zu atmen,
kommen sie an die Oberfläche und breiten
die am Abdominalende befindlichen Haare zu
einem Kranze aus. Die beiden letzten Hinter-
leibssegmente sind ungefähr so lang, wie die
ersten sechs Körpersegmente (Fig. 155).
Oberflächenatmer sind die Larven von
Culex, Dixa, Stratiomys.
Hautatmer sind die Larven von Corethra,
Chironymus, Tanyims.
§ 45. Die Oeradfltigler.
I. Die Libelluliden.
a. Ohne äußere Tracheenkiemen.
I. Typus: Aeschnalarve. Großer Kopf mit vorstreck-
barer „Unterlippe" , Hinterleib lang gestreckt und
länger als drittes Beinpaar,
n. Typus: Libellulalarve. Hinterleib kurz, breit.
Drittes Beinpaar länger als Hinterleib (Fig. 158).
HI. Typus: Gomphuslarve. Unterscheidet sich von
Aeschna nur durch das lange und stark verbreiterte
Endglied des Fühlers.
b. Mit äußeren Tracheenkiemen.
I. Typus: Agrionlarve. Zarter Bau, schlank, Kopf
Schurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 8
Waffenfliegenlarve.
Fig. 155.
Blaue Wasserjungfer '(Aeschna"cyanea).
1. Mannchen; 2. leere Larvenhaut; 3. Larve mit vorgestreckter Maske
(Unterlippe). (Aus Schmeil.)
Fig. 156.
§ 45. Die Geradflügler.
lll
breiter als Mittelbrust. Drei blattartige Tracheen-
kiemen.
II. Typus : Calopteryx. Hat am Hinterende zwei lange
Kopf der Larve der blauen
Wasserjungfer, von unten gesehen.
Oben mit zusammengelegter „Unter-
lippe" = Fangmaske; unten Fang-
maske ausgestreckt. (Aus Schmeil.)
Fig. 157.
Libellenlarve.
Fig. 158.
Agrionlarve.
Fig. 159.
Calopteryx.
Fig. 160.
116
Spezieller Teil.
Chloeon-
larve.
Tracheenkiemen und einen „Mittelanhang". Drittes
Beinpaar so lang wie Abdomen. Fühler am Kopf oft
doppelt so lang wie dieser. Erstes Glied des Fühlers
= ^/s seiner ganzen Länge. Lebt nur in fließendem
Wasser.
II. Die Ephemeriden.
Am Hinterleib die letzten drei Ringe ohne Kiemen-
blätter ;
am viertletzten Ringe ein Kiemenblatt beiderseits ;
am fünft- bis zehntletzten Ringe zwei Kiemen-
blätter beiderseits.
Am letzten Segilient drei schwanzfederartige Anhänge.
Länge 1 cm.
Gemeine Eintagsfliege (Epliemera^vulgata).
Am Boden eine Larve. Links Eintagsfliege ausschlüpfend. In
der Mitte: Nochmalige Häutung, nact.dem sie der Larve ent-
^schlOpft sind. Rechts Eintagsiiiege im Fluge. (Aus Schmeil.)
Fig. 161.
§ 45. Die Geradflügler.
117
III. Perliden.
Ähneln den Ephemeridenlarven , unterscheiden sich aber
von ihnen durch das Fehlen der Kiemenblätter an den Seg-
Larven der Köcherfliege {im TFasser).
An einem Stengel: Puppe. In der Mitte Phryganea im Fluge.
Die Köcherfliegenlarven bauen sich Gehäuse, in die sie ihren weich-
häutigen Hinterleib zurückziehen können.
Fig. 162.
menten und das Vorhandensein von nur zwei Anhängen am
letzten Segment, die fast so lang sind wie das ganze Tier.
Tracheenkieme der
Larve von Ephemera.
T — Trachee oder Atem-
röhre, die einen Ast nach
der Kieme schickt.
Fig. 163.
Nemura, Larve der
Frühlingsfliege.
Fig. 164.
118
Spezieller Teil.
§ 46. Die Süßwassermilben.
Im Süßwasser finden wir ebenfalls Vertreter der arten-
reichen Unterordnung der Spinnentiere, denn diesen ähneln
die Wassermilben. Wenn wir in kleineren stehenden Ge-
wässern unser Netz auswerfen und später den Fang unter-
suchen, so werden wir meist auch einige Süßwassermilben
vorfinden. Manche sind durchsichtig und zart gebaut, andere
sind plumpe Gesellen und
undurchsichtig. Die im
Plankton sich aufhaltenden
Formen sind leicht schon
an der äußeren Form zu
erkennen.
Kennzeichen: Runder
ungegliederter Rumpf, acht
Beine der vorderen
Rumpfhälfte angeheftet.
Farbe vielfach gelb oder
purpurrot. Füße sehr lang
und meist mit langen
Schwimmborsten versehen,
besonders das vorletzte und
letzte Beinpaar (Ausnahme
die purpurrote Eylaiis,deren
letztes Beinpaar der Bor-
sten entbehrt). Diese Milbe
hat aber den Vorzug, schon
an ihrer Schwimmart er.
Sie schleppt förmlich das letzte Beinpaar
nach, indem sie es unbeweglich rückwärts
Atax.
Fig. 165.
kennbar zu sein:
beim Schwimmen
gerichtet trägt.
Hauptvertreter a) im Plankton:
Atax, gelbliche Farbe, Beine etwa 2 — 3 mal so lang als der
ovale mit dunkeln Farben bedeckte Körper. Die Mittel-
glieder des vorderen (ersten) Beinpaares sind gegen die
§ 46. Die Süßwassermilben. 119
entsprechenden des zweiten bis vierten verdickt. Einige
Arten leben in den Weichteilen der Malermuschel.
b) in Teichen.
Eylais, purpurrot. Viertes Beinpaar beim Schwimmen nach-
schleppend. Mund Ähnlichkeit mit Saugnapf. ca. 3 mm
lang.
Piona, gelb.
Hydrachna, purpurrot. Auch mit viertem Beinpaar schwimmend.
Alle Beine mit Schwimmborsten versehen. Schnabelartiger
Piona {nach Gramer).
Fig. 166.
Stechapparat. Füße der vorderen Körperhälfte ansitzend.
ca. 3 mm.
Die Larven sind sechsfüßig und leben vielfach para-
sitisch (am Hinterleibe von Nepa, dem Wasserskorpion. Größe
der Larven bis etwa l mm).
Sonderbar gebaute Formen leben noch in unseren Tümpeln,
nämlich Vertreter der Gattung Ärrenurus, deren Formen Va
bis 2 mm Länge erreichen und verschiedenste Farben, braune,
rötliche, grüne, aufweisen.
Die Augen stehen, wie die Figur erkennen läßt, weit aus-
einander. Das vierte Beinpaar weist starke Schwimmborsten auf.
Konservierung: Die Süßwassermilben sind nicht so
einfach zu konservieren. Für die durchsichtigen Formen sei
entweder Flemmingsches Gemisch (Chrom-Osmium-Essigsäure,
1 Stunde einlegen !) oder Formol 1:10 (also käufliches Formol
120
Spezieller Teil.
zehnfach verdünnt) empfohlen. Die undurchsichtigen Formen
bringe man in Könickes Gemisch. Könicke verwandte 2 Teile
gesättigte alkoholische Thymollösung, 3 Teile 100 "/o igen sog.
absoluten Alkohol, V2 Teil Eisessig, 5 Teile destilliertes
Wasser (6 Stunden einlegen). Man wäscht dann am besten
Arrenurus.
(Die Beine wurden nicht
mit zur Darstellung ge-
bracht.)
Fig. 167.
Wasserspinne.
Fig. 168.
mit 50 '^/o igem Alkohol 3 Stunden aus, hierauf bringe man die
Objekte in Glyzerin (6 Stunden) und schließe sie in Glyzerin-
Gelatine ein.
Hier sei auch der interessanten Wasserspinnen gedacht, die
in Wasserlachen häufig angetroffen werden. Den Wohnwinkel
bildet ein kleiner Taucherglocken ähnlicher Kokon.
Der Hinterleib erscheist silberglänzend (Luft). >
Die Taucherglocke ist mit Luft gefüllt.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea),
Die Krebstiere sind wohl die wichtigsten Geschöpfe des
Planktons, um so mehr als von ihrem Vorkommen die Existenz
der gesamten Fischbrut abhängt. Je mehr ein Teich kleine
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea). 121
Kruster enthält, um so besser werden die jungen Fische sich
entwickeln. Jetzt kann man in jedem Aquariengeschäft, in
jeder zoologischen Handlung „lebendes Fischfutter" käuflich
erwerben.
Im Plankton sind nun hauptsächlich niedere Krebse zu
finden, Tiere, die mit Schwimm- und Schwebeapparaten aus-
gestattet sind.
Wandern wir im Sommer an einem Dorfteich vorüber, so
werden wir gar oft sehen, daß das Wasser an Balken, die im
Wasser liegen, eine rotbraune Färbung aufweist. Mittels des
Planktonnetzes streichen wir mehrmals an dem Balken in dem
rötlich gefärbten Wasser entlang und werden dann im Netze
einen dicken Brei wahrnehmen. Dieser Brei besteht aus
Tausenden und Abertausenden von niederen Krebsen —
„Wasserläusen", wie das Volk sie nennt.
Wir wollen uns zuerst den äußerst wichtigen Copepoden
zuwenden (xottt^ [griechisch] = Ruder, ttou? == Fuß). Copepoden
sind also Ruderfüßler. Wir nennen die drei Hauptgattungen:
Cyclo piden, Centropagiden, Heterocope.
Unterscheidungsmerkmale: Die C_yclopiden tragen
wie Cyclop, e,in Auge (mit zwei Linsen beiderseits) mitten auf
der „Stirn". Der ovale Vorderkörper ist deutlich gegen den
Hinterleib abgesetzt. Hinter- und Vorderkörper sind etwa
gleich lang. Die mit Borsten versehenen Fühler, die Antennen,
sind etwa so lang wie das erste Körpersegment. Der Vorder
körper besteht aus fünf Segmenten. Aus ebenfalls fünf Seg-
menten setzt sich der bedeutend schmälere Hinterleib zu-
sammen. Bei den Männchen sind die langen Antennen zu
eigenartigen Packorganen ausgestattet, die zur Umklammerung
der Weibchen während des Begattungsaktes dienen. Die
Antennen sind nämlich beim Männchen zweimal geknickt und
zwar beide erste Antennen links und rechts. Es ist klar
daß die um die Weibchen gelegten Fühler gut zum Festhalten
der Weibchen dienen können. Die Weibchen sind an den
geraden Fühlern und an den meist anhängenden beiden ovalen
122
Spezieller Teil.
Eiersäckchen kenntlich. Derartige Weibchen wird man wohl
in jedem Planktonfang antreffen.
Das erste Segment des Vorderkörpers nimmt dessen reich-
liche Hälfte ein, die anderen vier zusammengenommen die
kleinere Hälfte.
Die Größe der Cyclopiden schwankt zwischen V2 und
4 mm. Die 2. Antennen enthalten vier Glieder. Die Anzahl
der Glieder der ersten Antennen dient zum Bestimmen der Art.
Das letzte Hinterleibssegment endet gabelförmig. Es wird des-
Cyclops.
Fig. 169.
Abdomen (Hinterleib)
eines Weibchens von
Cyclops gracilis Lillj.
Fig. 170.
halb Furca genannt. Von den Beinen sind vier Paar ständig
in Bewegung. Das letzte, fünfte Beinpaar ist rückgebildet.
Vier Furkalborsten (Fig. 170): Die zweite von innen ist am
längsten, dann folgt der Länge nach die dritte, hierauf meist
die erste und die vierte (oder 2., 1., 3., 4. Bor.ste).
I. Antennen sind aus 12 Gliedern zusammengesetzt und
reichen zurückgebogen bis zum dritten Vorderleibssegment.
Länge des bräunlichen Tieres 1,2 mm: C. serrulatus.
I. Antennen sind aus 17 Gliedern zusammengesetzt und
reichen bis zum ersten Vorderleibssegment, Länge des
grünen Tieres bis 4 mm, sehr häufig anzutreffen : C. viridis.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea).
123
Antennen sind aus 17 Gliedern zusammengesetzt. An den
letzten drei Gliedern der I. Antennen finden sich Borsten.
Gabeläste schlank, am Ende eines jeden nach außen einen
Dorn tragend : C. strenuus. (Länge 2,5 mm.)
Antennen sind aus 17 Gliedern zusammengesetzt. An den
beiden letzten Gliedern Hauttaschen. An Gabelästen
zweite Borste von innen am längsten, stärker am Grunde
als die andere. C. oithonoides. Länge 0,9 mm.
Antennen sind aus 17 Gliedern zusammengesetzt. Länge
1,2 mm. Hauttasche an den letzten zwei Gliedern. Die
Hauttasche am letzten Glied weist eine Einbuchtung auf.
Die Centropagiden weisen zwei Hauptgattungen
auf, nämlich Diaptomus und Eurytemora,
Diantomus unterschei-
det sich von Cyclops durch
den langgestreckten Vor-
derleib , den stark vex-
kürzten Hinterleib und
sehr lange Antennen.
Hatten die Weibchen der
Cyclopiden zwei Eier-
säckchen aufzuweisen, so
tragen die Weibchen, von
Diaptomus nur ein Eier-
säckchen mit sich herum.
Die Antennen weisen
Diaptomus.
(Aus Schmeil.)
Fig. 171.
2^ Glieder und mehr auf
und sind länger oder
ebensolang als der Kör-
per. Waren beim Männ-
chen von Cyclops beide
Antennen zu Greiforga-
nen „Scheren" umgestal-
tet, die das Weibchen
bei der Begattung fest-
halten sollten, so ist
bei Diaptomus nur die
rechte Antenne als
Packarm umgestaltet
ebenso der rechte fünfte Fuß, doch kommt das für die Unter-
suchung ni€ht so sehr in Betracht.
Bei Diaptomus trägt die Gabel, deren Äste breit sind, vier
fast gleichgroße Borsten und eine Außenborste^
124
Spezieller Teil.
Bei Eurytemora trägt die Gabel lange, schlanke Äste. Die
Ruderfühler, Antennen, reichen nur bis zum zweiten bis
vierten Vorderkörperabschnitt,
Drei Arten von Diaptomus seien als für Deutschland haupt-
sächlich in Betracht kommend erwähnt:
1. Diaptomus castor.
2. Diaptomus gracilis.
3. Diaptomus araciloides^
Zur Unterscheidung der drei Arten sei folgendes an-
gegeben :
Eurytemora.
Fig. 172.
Heterocope Weismanni.
Fig. 173.
Bei D. castor, der 3 mm langen prächtig rot und grünlich
gefärbten Form weist das letzte Segment, der letzte
Vorderleibsabschnitt links und rechts eine flügelartige Ver-
längerung auf, die zwei Zacken trägt.
Bei D. (fracüis^ 1,3 mm lang, läuft das letzte Segment des
Vorderkörpers in eine Spitze links und rechts aus. Glas-
hell und farblos.
Bei D. qraciloides , 1,1 mm lang, ist das letzte Segment des
Vorderkörpers nur abgerundet.
Von Eurytemora kommt nur eine Form im Süßwasser vor,
nämlich Eurytemora lacustris, dessen lange dünne Furkal-
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea). 125
äste mit feinen Härchen versehen sind und vier kürzere
Borsten tragen und eine längere Außenborste. (Fig. 172.)
Die nächste Gattung der Copepoden ist die Gattung
Heterokope , deren 2,5 mm lange Vertreter leicht durch die
drei den Furkalästen ansitzenden gefiederten Borsten
kenntlich smd. Man beachte, daß der Hinterleib nur zwei
Segmente und eine Gabel mit zwei verbreiterten Ästen ent-
hält. (Cyclops: fünf Segmente.)
Erwähnen möchten wir noch eine im Frühjahr vor-
kommende und hier in kleinen Tümpeln bisweilen angetroffene
Gattung. Sie hat Ähnlichkeit mit Cyclops, doch ist die Gattung
Canthocaniptus durch den schmalen langgestreckten Vorderleib
gekennzeichnet, von dem sich der fast ebenso breite aber sich
allmähliclT verjüngende Hinterleib nur undeutlich abhebt. Der
Vorderkörper besteht aus fünf Segmenten, von denen das erste
so lang ist wie das zweite und dritte zusammengenommen. Die
ersten Antennen sind fast so lang wie das erste Körpersegment.
Die Größe der verschiedenen Vertreter von Canthocaniptus
überschreitet kaum 1 mm. Das Weibchen trägt wie das von
JDiaptomus nur ein Eiersäckchen, mit sich herum.
Die Branchiopoden.
Die zweite Ordnung der Entomostraken bilden die Bran-
chiopoden, die Kiemenfüßler. Ihren Namen haben sie daher,
daß ein Glied des Fußes zu einem blattähnlichen Gebilde um-
gestaltet ist, das die Stelle der Kieme vertritt. Die Kiemen-
füßler und unter ihnen auch nur eine Ordnung die Wasser-
flöhe oder Cladoceren, bilden in der Hauptsache das lebende
Fischfutter. Sie sind es, die das Wasser in den Teichen durch
ihre Menge mitunter rot zu färben imstande sind. Wohl jeder
hat die hüpfenden Bewegungen der Tierchen im Wasser schon
wahrgenommen, unablässig hüpfen sie auf und nieder, sind sie
müde und hungrig geworden, so suchen sie wohl den Boden
des Gefäßes oder ein Wasserpflänzlein auf, wo sie sich nieder-
lassen und „weiden". Daß sie das Licht nicht lieben, läßt
sich durch einen Versuch sehr hübsch erweisen.
126
Spezieller Teil.
Versuch: In einen hohen Glaszylinder mit Wasser
bringen wir eine größere Menge Daphniden und stülpen über
den Glaszylinder eine die untere Hälfte desselben verdunkelnde
Hülse aus schwarzem Papier, die auch aufwärts geschoben
werden kann. Wir machen dann die Wahrnehmung, daß sich.
Bruiraum
Schema von Daphnia pulex.
(Der Darm wurde absichtlich etwas stärker gezeichnet).
Fig. 174.
falls die Hülse die untere Glashälfte bedeckt, die Wasserflöhe
nach dem unteren bedeckten Glasteil begeben. Schieben wir
nach einiger Zeit schnell die Hülse nach oben, sodaß die
obere Hälfte verdunkelt ist, so können wir beobachten, wie
sämtliche Daphniden plötzlich in die obere Glashälfte flüchten.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea).
127
Die Wasserflöhe oder Cladoceren.
Allgemeines: Betrachten wir einen Wasserfloh (Fig. 175),
so machen wir die Wahrnehmung, daß der Körper in zwei
durchsichtigen glashellen Schalenhälften eingebettet liegt (mit
wenigen noch zu besprechenden Ausnahmen!) Der bisweilen
abgerundete, hier und da spitz verlaufende Kopf trä^t ein
Daphnia pulex.
Fig. 175.
großes Fazettenauge , unter dem sich ein dunkler Fleck am
Nerv bemerkbar macht, der als „Nebenauge" bezeichnet wird.
Wir sehen ferner die gewaltigen Ruderfüße, die durch starke
Muskelbänder bewegt werden (Fig. 175). Das Herz stellt ein leb-
haft „schlagendes" Gebilde dar, das an der Rückenseite gelegen
128
Spezieller Teil.
ist. Unterhalb des Herzens (an der Rückenseite) liegt der ßrut-
raum. Sonderbar ist die Anlage des Hinterleibs, der ein
schlankes in den Schalenhälften hin- und herbewegliches Ge-
bilde darstellt, dessen Endteil vielfach aus den Schalenhälften
vorgestreckt wird und (an der Rückenseite) mit Dornen ver-
sehen ist ; der „geknickte" Hin-
terleib weist an der Umbieg-
stelle Dornen auf, die aufwärts
gebogen sind und gewisser-
maßen den Prellblock repräsen-
tieren, da bei den Bewegungen
Anmerkung: Die neben-
stehend abgebildete Daphnia pro-
curva kann den Helm auch weniger
stark gebogen tragen.
Daphnia procurva n. Poppe.
Fig. 176.
Cephaloxus.
Fig. 177.
Was die Größenverhältnisse betrifft, so beträgt die Länge von Daphnia
procurva (Weibchen) ca. 1,9 mm, Daphnia procurva (Männchen) ca. 1,2 mm,
Cephaloxus ca. 1,4 mm, Daphnia cucullata (W eihcheu) ca. 1,5— 2 mm, Daphnia
cucullata (Männchen) ca. 1 mm.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea).
129
des Darmes die im Brutraum zwischen Hinterleib und Rücken
liegenden Eier durch Quetschung usw. verletzt werden könnten.
So schützt die Natur selbst den unscheinbarsten Organismus
durch zweckmäßige Einrichtungen vor dem Untergange.
Spezielles. Betrachten
wir uns einmal die wesentlichsten
Gattungen genauer ! Da die Clado-
ceren (d. h. Astfühler, der zweite
Fühler weist Verzweigung auf) je
nach Temperatur, Jahreszeit, Me-
dium usw. Veränderungen in
ihrem äußeren Habitus sicher
unterworfen sind, und die Nach-
kommen einer nördlichen Form,
nach südlichen Gegenden versetzt,
Daphnia cucullata
n. Lilljeborg.
Fig. 178.
Cerindaphnia nach Lilljeborg.
Fig. 179.
ganz andere äußere Merkmale tragen, als^ihre nordischen Ver-
wandten, so wollen wir hier nur die Hauptgattungen vor-
führen, die für das Bestimmen der Wasserliöhe von Wichtig-
keit sind, zumal wohl nur der, der Spezialstudien obliegen will,
Anmerkung: Wie Steuer (S. 96) berichtet, sollen die Ephippien von
Daphnia cucullata im Zärich?ee eine Färbung der Wasseroberfäche „wie
loiner glänzender Staub" hervorrufen.
Schurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 9
130
Spezieller Teil.
sich eingehend mit Werken der Spezialliteratur beschäftigen
wird.
Die Gattung Daphnia enthält eine größere Anzahl Ver-
treter, die sich freilich nur durch unwesentliche Ver-
schiedenheiten auszeichnen. Die Schalen laufen am
Ende in eine Spitze aus, einen mit Haaren versehe-
nen Stachel, der bei einer Form, D. ciicuUata noch beim
Ephippium anzutreffen ist, auf das später eingegangen
werden soll.
Eigenartig ist die Ausbildung des Kopfes bei den einzelnen
Spezies. Freilich ist sie allein
noch kein typisches Unterschei-
dungsmerkmal, zumal hier ver-
schiedene Ausbildungen selbst bei
einer Spezies je nach der Jahres-
zeit angetroffen werden. Während
Ijei Baphnia ptrocurva, die besonders
in den von der mittleren Brahe
durchflossenen Seen angetroffen
wird, die helmartige Kopfbildung
nach vorn gebogen ist, wie es die
umstehende Figur 176 erkennen läßt,
ist bei Cephaloxus, der im übrigen
völlig einer Daplmide gleicht, die
„Helmspitze" nach hinten gebogen. Große Ähnlichkeit mit
diesen beiden Formen hat nun wieder eine in den norddeutschen
Seen vorkommende Form BapJmia cucullata, deren Helm gerade
aufwärts gerichtet ist. Zwischen diesen drei Formen gibt es
nun wieder eine große Anzahl, deren Frühjahrsform etwa mit
Cephaloxus Ähnlichkeit hat, deren Sommerform BapJmia cucullata
gleicht und deren Herbstform mit B. prociirva identisch zu
sein scheint.
Wir haben deshalb nur die Eigentümlichkeiten der
Gattungen unseren Lesern vorzuführen. Von den Daphniden,
die am Körperende einen Enddorn aufweisen, untersclieidet
Bosmina longirostris nach
LiVjehorg.
Fig. 180.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea). X31
sich eine Gattung, deren Körper zwar spitz endet , aber doch
nicht in einen Dorn ausläuft:
Ceriodaphnia. Diese Gattung weist einen schmalen „ein-
gedrückten" Kopf auf, dessen Vorderteil das große Auge
enthält. Als wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist aber
der Einschnitt in die Schale an den Ruderfüßen zu be-
trachten. Von dieser Gattung, deren Individuen etwa
','2 mm Länge erreichen, beleben einzelne Arten unsere
Teiche und flacheren Seen (Fig. 179).
Bosmina. Sehr häufig werden bei uns allenthalben die Ver-
treter der Gattung Bosmma angetroffen. Im Gegensatz zu
den Daphniden, deren Körper in einen Endstachel aus-
{Eubosmina) Bosmina Bosmina n. Lillj.
n. LiUjeborg. p-^ ^^
Fig. 181.
läuft, bemerken wir bei Bosmma zwei Enddorne. Außer-
dem ist noch ein typisches Unterscheidungsmerkmal zu
konstatieren, nämlich das Vorhandensein eines „Rüssels" :
Der Kopf trägt eine rüsselartige Verlängerung, wie es die
zur Darstellung gebrachte Bosmina longirostris erkennen
läßt. Die Länge der Bosminen variiert zwischen Va — 1 mm.
Während die Bosminen (seitlich gesehen) halbkugelige
bisweilen bizarre Formen annehmen, weist eine nahe ver-
wandte Gattung, die Lynceiden (Lynceus) nur eine Tapir-
nase auf, einen kurzen Rüssel. Das Körperende ist aber
ebenso wie bei Bosmina abgestumpft, weist dagegen keine
.Endfortsätze auf.
132
Spezieller Teil.
Hier sei noch einer zierlichen Form Erwähnung getan r
Diaphanosoma. Dem runden Kopf haften die monströs ent-
wickelten Ruderantennen an, die die Körperlänge oft um
ein Beträchtliches übertreffen. Der Hinterleib ist verkürzt
und ragt nicht aus dem abgestumpften Körperende her-
vor. Der Kopf des bis etwa 1 mm langen Geschöpfes ist
deutlich gegen den Körper abgesetzt. Was die Schwärm-
zeit von Diaphanosoma betrifft, so ist es interessant, die
verschieden lange Dauer derselben
feststellen zu können. Bei einer
Wassertemperatur von 14 Grad wird
man in nordischen Gewässern das
Auftreten von Diaphanosoma zu kon-
statieren vermögen. Wie Hartwig
und Wesenberg nachwiesen, ist Dia-
phanosoma in den nordischen Seen
von April bis Ende November anzu-
treffen. Dagegen fand Burckhardt,.
daß die Schwärmzeit von Diaphano-
soma im Vierwaldstättersee erst An-
fang September eintritt, daß An-
fang Oktober das Maximum, Ende Ok-
tober schon Abnahme zu verzeichnen
ist. Im November sind nur noch
wenig Formen von Diaphonasoma an-
zutreffen.
Holopediuni. Hochinteressant ist eine, dem Aussehen nach
beinahe an eine winzige Phronima erinnernde CJadocere
Holopedium. So wie Phronima, eine Meerescrustacee, wenn
sie in einem Tönnchen oder Salpengehäuse Zuflucht ge-
sucht hat, von einer Gallertkugel oder Gallerthülle um-
geben ist, so erscheint auch Holopedinm in einer Gallert-
hülle verborgen. Das etwa 2 mm große glasig durch-
sichtige Tier kommt in den Böhmerwaldseen häufig vor.
Die Ruderantennen sind je mit drei langen Schwebf ädert
versehen (Fig. 184).
Diaphanosoma.
Fig. 183.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea).
133
Hatten wir bis jetzt lediglich solche Cladoceren kennen
gelernt, deren Körper, mag er gestaltet sein wie er wolle, in
einer Schale steckt, so sollen hier noch zwei Vertreter der
schalenlosen Formen, und zwar
Polyphemiden , eine kurze Er-
wähnung finden, zwei durch ihre
Körpergestalt Interesse erregende
Geschöpfe, die zwar an vielen
Stellen vorkommen, aber doch
selten gefunden werden. Zuerst
sei der
Leptodora hyalina gedacht, deren
Größe 8 — 12 mm beträgt; es
ist also unsere größte Clado-
cere. Das völlig durchsichtige
Tier wird meist bei Planktonfängen übersehen. Wie die
Copepoden Eiersäckchen tragen, in denen die Brut mit
herumgetragen wird, so ist auch bei Leptodora ein Brut-
Holopedium (nach Lilljeborg).
Fig. 184.
Leptodora hyalina.
Fig. 185.
beutel nachweisbar, der infolge Fehlens der Körperschale
des Tieres freiliegt. Bei den bedecktschaligen Cladoceren
war der Brutraum geschützt einerseits durch die Schale
und andererseits durch Bedornung des Hinterleibes, wo-
durch verhindert wurde, daß dieser die Brut bei seinen
134
Spezieller Teil.
hastigen Bewegungen zerdrückte. Jeder See, jedes größere
abgeschlossene Becken enthält während der warmen Jahres-
zeit Leptodora, von der im Wasser nur das große Auge
infolge ihrer Dm'chsichtigkeit sichtbar ist. Der lang-
gestreckte Leib endet in drei Borsten. Zwei mächtige
Ruderfühler sorgen für die Fortbewegung des räuberischen
Tieres, das sich infolge seiner Durchsichtigkeit imd Farb-
losigkeit der Beute, ohne gesehen zu werden, zu nähern
vermag.
Ein häufiger Bewohner der Süßwasserseen, und zwar
hauptsächlich Tiefenbew^ohner, ist der etwa 5 mm lange (inkl.
3 mm langem Steuerstachel)
Bythotrephes longimanus, der ungefähr 3 m
unter dem Wasserspiegel des Plöner
Sees angetroffen wird, aber auch in
Bythotrephes longimanus.
Fig. 186.
fast allen größeren abgeschlossenen
Gew^ässern zu Hause ist. Am Vorder-
körperende ist das große Auge sicht-
bar ; er wird deshalb der Familie der
Polyphemiden zugerechnet.
Hierher gehört auch der erste Polyphemide, der V2 cm lange
Polyphemus octilus: Der Vorderkörper nimmt die eine, der
kugelförmige Leib die andere Hälfte des Körpers ein.
Biologische Eigentümlichkeiten der Cladoceren.
Betrachten wir uns das Auge eines Wasserflohs unter
dem Mikroskop bei 200facher Vergrößerung, so werden wir
das schwarze Linere von kugelförmigen, lichtbrechenden Linsen
mnrahmt sehen. Weiter werden wir deutlich wahrzunehmen
§ 47. Die Krebstiere (Cruslacea). 135
vermögen, daß ein wohlentwickelter Nerv von dem beständig
zitternden Auge aus- und nach der Mundregion zu verläuft.
An einer Anschwellung des Nerven erblicken wir ein kleines
schwarzes Pünktchen, das das Nebenauge repräsentiert.
Über die Fortpflanzung der Cladoceren seien noch einige
Worte angeführt. Wir hatten wiederholt des Schalenbrut-
raums Erwähnung getan. Hier erzeugt das Weibchen wenige,
dünnwandige Eier, die groß genug sind, um schon mit un-
bewaffnetem Auge wahrgenommen werden zu können. Diese
Eier sind die dünnschaligen Sommereier, die nicht befruchtet
sind. Es entwickeln sich aus ihnen Weibchen, die sich
wiederum ungeschlechtlich oder besser eingeschlechtlich (rein
parthenogenetisch, ohne jede Befruchtung) ver-
mehren. Das bekannte Naupliusstadium oder
die Naupliuslarve ist allen niederen Krebsen,
mit Ausnahme der Cladoceren, eigen. Bei
den höheren Krebsen, den Malakostraken (meist
größeren Formen !) ist die Zoealarve, das Zoea-
Stadium typisch. (Wir treffen „Nauplien" in
jedem Planktonfang an. Die kleinen, Va mm '^"adi^^^
großen, hastig hin- und herhuschehden Burschen Fig. i87.
sind gar nicht so leicht unter das Gesichts-
feld des Mikroskops zu bannen, da sie jede Gelegenheit wahr-
nehmen, die Flucht zu ergreifen. Sie sind mit sechs Beinen,
die sehr verbreitert sind, ausgestattet. Will man die Nauplien
längere Zeit unter dem Mikroskop lebend untersuchen, so
empfiehlt es sich, die Tierchen in einen Tropfen Quittengelee
einzulegen, wie es in Abschnitt 21 angegeben ist.)
Wenn der Herbst naht, oder Gefahr durch Austrocknen
des Gewässers bevorsteht, oder die Lebensbedingungen der-
artige werden, daß die Art unterzugehen droht, so entwickeln
sich aus den eingeschlechtlich gezeugten Eiern auch kleine
•Männchen, die die Weibchen befruchten. Jetzt entstehen keine
dünnschaligen Eier mehr im Brutraum des Weibchens,
sondern in einer dicken, Hitze und Kälte sl;andhaltenden
Schale entwickeln sich zwei Eier, oft nur eines. Man findet
136 Spezieller Teil.
die dickschaligen sogenannten Ephippien, die die Dauereier-
behälter repräsentieren, dann oftmals in Menge auf der Wasser-
ol^erfiäche schwimmend, denn im Innern findet sich Luft, Wie
gelangen nun aber die Ephippien aus dem Körper des Weib-
chens heraus ? Erst nach dem Tode des Weibchens, wenn der
Körper vollständig zerfallen ist und der Eierbeutel aller be-
engenden Bande frei ist, tragen ihn die Luftblasen in seinem
Innern an die Oberfläche. Aus den Eiern entwickeln sich im
Frühjahr wiederum Weibchen, die sich zuerst eingeschlecht-
lich = parthenogenetisch vermehren, bis wieder Männchen
auftreten. Eigentümlich ist die lange Keimfähigkeit der Dauer-
eier. Werden diese in gleichbleibender Temperatur trocken
gehalten, so werden sich nur wenige Individuen daraus
entwickeln. Anders aber, wenn wir die Winterdauereier
im Winter einfrieren lassen , im darauf folgenden Sommer
den intensivsten Sonnenstrahlen aussetzen und dann im
kommenden Frühjahr ins Wasser bringen: Hier wird sich
meist ein größerer Prozentsatz von Eiern entwickeln als im
ersten Falle.
Tabelle.
Wenn wdr uns nun die Copepoden und Cladoceren noch
einmal kurz tabellarisch nebeneinander betrachten, so kommen
wir zu folgendem Resultat:
Gattung Cyclops: Körper schlank. Ein Auge mit zwei Linsen
auf der „Stirn". Kein Herz. Ovaler, einer Birne ver-
gleichbarer Vorderkörper, aus fünf Ringen bestehend, setzt
sich deutlich von dem aus ebenfalls fünf Abschnitten be-
stehenden schmalen Hinterleib ab. Weibchen mit zwei
Eiersäckchen versehen. Beim Männchen beide ersten
Antennen zu Greiforganen umgebildet. An den Gabelästen
je vier Borsten: die dritten von außen am längsten. Länge
0,9—4 mm.
Gattung Diaptoinus: Vorderkörper langgestreckt. Hinterleib
stark verkürzt, sehr lange Antennen (Fühler). Weibchen
nur ein Eiersäckchen. Beim Männchen nur rechte erste
Antenne zum Packorgan umgestaltet. Länge 1,1 — 3 mm.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea). 137
Gattung Heterokope: Ähnlichkeit mit Cyklojjs, aber am Ende
der Gabeläste je drei Borsten, die etwa gleich lang sind.
Länge 2,5 mm.
Gattung Eurytemora : Sehr lange schmale Gabeläste mit vier
Borsten, eine fünfte, steht außen an jedem Gabelast.
Länge 1,5 mm.
Canthocamptus : Der Hinterleib setzt sich nur undeutlich vom
Vorderkörper ab. Erstes Körpersegment ^ zweitem und
dritten. Die ersten Antennen erreichen nur die Länge
des ersten Segments. Länge 1 mm.
Cladocereri.
Gattung Baphnia: Körper in Schalen steckend. Schale in
Dorn auslaufend, der mit Borsten besetzt ist.
Daphnia liyalina: gerade verlaufende Stirn. Länge 1,5—2 mm.
7). longispina: eingebogene Stirn. Länge 1 mm,
D. procurva: Helm nach vorn gebogen. Länge 1,4 bis
1,8 mm.
D. cucullaia: Helm nach oben verlängert. Länge 1 — 2 mm.
Gattung Cephaloxus: Helm nach hinten gebogen. Länge
1,4 mm.
Gattung Ceriodaphnia : Einschnitt am Rücken. Schmaler,
eingedrückter Kopf, dessen Vorderteil das große Auge
birgt. Schale ohne Dorn. Länge 0,5 mm.
Gattung Biaphanosoma : Runder Kopf. Mächtige Ruder-
antennen. Gewölbter Rücken. Leib verkürzt. Starke
Einbuchtung. Schale abgestutzt. Länge 1 mm.
Gattung Holopedium: Körper von Gallertkugel umgeben.
Füße mit langen Ruderborsten versehen. In Böhmer-
waldseen. Dutzendteich bei Nürnberg. Länge 1,6 mm.
Gattung Bosmina: Körper oft eckig, oft rundlich. Kopf mit
rüsselartiger Verlängerung versehen. Schale
mit zweiEndstacheln. Körperende abgestutzt. Länge
0,3—1 mm.
138
Spezieller Teil.
Gattung Lynccus: Körperende ebenfalls abgestutzt. Ähnlich-
keit mit Bosmina, aber kurzer „Tapirrüssel".
Gattung Pohjphenms: Körper ohne Schale. Großes Auge.
Leptodoro : durchsichtig, 8 mm lang; größte Cladocere!
JBythotrephes: 5 mm lang; 3 mm kommen auf den mächtig
entwickelten Schwanzanhang.
Blattfüße, Phyllopoden. Mit mehr als 10 Paar Füßen.
Hierher gehören zwei eigenartige Geschöpfe, die bisweilen
in großer Menge in Tümpeln usw. anzutreffen sind, nämlich
Brcmchipus und Apus cancriforinis,
welcher ersterem nachstellt. Es
ist also empfehlenswert, sie ge-
trennt in Gefäßen zu halten, in
denen sie, wenn ihnen die gewöhn-
lichen Lebensbedingungen ge-
boten werden (wenn auch selten ! !),
selbst zur Ablage von Eiern
schreiten, die bei Apus klein und
rot gefärbt sind, während die von
Branchipus blaue Färbung zeigen.
Sollen sich die Eier entwickeln,
so ist anzuraten, daß man sie in
ein anderes Gefäß mit schlammi-
gem Boden, Wasserpflanzen usw.
bringt und alles eintrocknen läßt.
Bringt man dann im kommen-
den oder übernächsten Jahre Wasser in das Gefäß, so ent-
wickeln sich Nauplien. Di'e Länge von Apus beträgt 2,3 bis
3 crti. Am Körperende finden sich zwei etwa 3 cm lange
Endborsten. Der Körper ist mit einem dicken Schild bedeckt,
der die Augen trägt. Die ziemlich stark verbreiterten blatt-
ähnlichen Beine sind zu Kiemen umgestaltet und sind bei
dem herrlich gefärbten Branchipus (grünlich), dessen Länge
1—2 cm beträgt, ständig in Bewegung. Es gewährt einen
Apus cancriforwis.
Fig. 183.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacea).
139
prächtigen Anblick, viele dieser Branchipus ruhig (meist in
Rückenlage) durch das Wasser j-udern zu sehen. Die Augen
7' ~
Ay)u§ cancriformis.
/ ^
1. von oben gesehen.
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2. von unten gesehen.
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(Aus Schmeil.)
Fig. 189.
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. .
-
von Branchipus sind gestielt. Ein Verwechseln beider Formen
ist unmöglich.
Die Farbe des Branchipus ist ein zartes Grün.
Branchipus (n. Claus).
Fig. 190.
Muschelkrebse.
Diese kleinen munteren Gesellen werden sich in Grund-
fängen oft einfinden. Der Körper steckt in einer Schale, die
der einer Muschel völlig gleicht. Die Farbe ist ein schmutziges
Gelb. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist folgendes:
140
Spezieller Teil.
Die ungefähr 2 mni langen Tierchen schwimmen ruhig durch
das Wasser, und ähneln daher eher den Wasserspinnen oder
Muschcikrehschen, \ i ■!• r >i'iri' und von
(Vergr. 20 fach.) (Aus Schmeil.^
Fig. 191.
i'esflii'ii.
Wassermilben als Krebsen: Die Wasserflöhe wie die Cy-
klopiden bewegten sich ruckweise vorwärts, die
Muschelkrebse gleich-
mäßig. Oft ruhen sie aus
und laufen dann am Boden
des Gefäßes hin oder grasen
ein Hälmchen ab. Fangen wir
mittels Pipette ein Muschel-
krebschen heraus, bringen es
in Wasser in ein Uhrglas,
dann werden wir wahrnehmen,
wie das auf der Seite liegende
Tier plötzlich seine mit langen
Borsten versehenen Antennen
aus der Schale hervorstreckt
und zu „pudeln" beginnt. An
der Rückenseite ist das Auge
als dunkler Fleck bemerkbar.
Schon durch die Vorwärtsbewegung, das ruhige Schwimmen
des nicht den eigentlichen Planktonorganismen angehörigen
Muschelkrebs.
(Vergr. 30 fach.)
(Rechte Schale ist abgelöst.)
A ■= Auge. KF = Kieferfüße.
S — Schlund. 7=1. Fühler.
D = Darm. IT = 2. Fühler.
Hl — Hinterleibsende. /.= Linke Schalen-
K = Keimstock. hälfte.
Fig. 192.
§ 47. Die Krebstiere (Crustacoa). 14J
Tierchens unterscheidet es sich von den Wasserflöhen und
Copepoden.
Sämtliche bis jetzt erwähnten Krebse waren niedere
Krebse oder Entomostraken , die nur wenig Körperringe auf-
weisen und mit Ausnalune \ on Branchipus und Apus kleiner
als 9 mm waren.
Die dem Plankton nicht angehörenden Malakostraken sind
höhere Krebse. Diese haben 20 Segmente, die freilich oft
großenteils verschmolzen sein können.
Betrachten wir zuerst die in unseren Bächen oder Wässer-
chen, in Tümpeln und Teichen vorkommenden und bisweilen
mit in einen Planktonfang geratenden höheren Krebse. Ich
sage ausdrücklich „bisweilen", denn die sogleich zu besprechen-
den Formen sind keine guten Schwimmer oder „Schweber",
wie z. B. Diaptonnis, es sind vielmehr „Schreiter" oder
„Kriecher", einfache Grundformen, die mit dem Grundnetz
oder der Dredsche . erbeutet werden , oder an Wasserpflanzen
sitzende und umherkriechende Organismen.
Wir wollen nur zwei Ordnungen von höheren Krebsen,,
die in unser Netz gelangen könnten, besprechen:
1. die Amphipoden oder Flohkrebse,
2. die Isopoden oder Wasserasseln.
Bach flohkrebs und Wasser as sei.
Untersuchen wir einen Dredschenfang und sehen wir am
Boden des Gefäßes auf der Seite liegende 1 cm lange ge-
krümmte graue Gebilde, deren Körper seitlich (von links nach
rechts) zusammengedrückt ist, und die einen kleinen Kopf
mit zwei „oberen" langen und zwei darunterliegenden kürzeren
Fühlern haben, so kann man mit Sicherheit darauf schließen,
einen Amphipoden oder Flohkrebs (nicht zu verwechseln mit
„Wasserfloh") vor sich zu haben. Die Fühler sind über die
Hälfte so lang wie der Körper. Der Hinterleib wird von sieben,
der Brustteil ebenfalls von sieben Ringen gebildet. Betrachten
wir uns den Amphipoden noch genauer, so sehen wir, daß an
142
Spezieller Teil.
jedem Segment ein Beinpaar sich findet. Der Kopf, der aus
sechs verwachsenen Segmenten zusammengesetzt ist, weist
natürlich keine Beine auf, dagegen trägt jedes der folgenden
sieben Segmente ein stark entwickeltes Beinpaar — Schreit-
oder Laufbeine, die folgenden sechs Ringe tragen kurze Bein-
paare, die am Ende gespalten sind — Spaltfüße. Von den vier
Fühlern sind die beiden
längeren, die oberen, noch
durch eine kleine Veräste-
lung zwischen drittem und
viertem Ring ausgezeich-
net. Hat der uns vorlie-
gende Krebs eine dunkel-
graue Färbung, so haben
wir Gammarus puJex vor
uns, der, auf der Seite
liegend, den Körper stän-
dig gekrümmt trägt und
dadurch sich fortbewegt,
daß der Hinterleib ziem-
lich energisch gegen die
Gammarus. Wosserassel Bi'ust eingeschlagen und
Fig, 193. Fig. 194. wiedcr ausgestreckt wird,
so wie wir es bei unserem Flußkrebs jederzeit wahrzunehmen
vermögen, wenn wir ihn aus dem Wasser nehmen und am Kopf-
brustteil frei in der Luft halten. Vielfach wird der Flohkrebs
unter Steinen im Wasser gefunden und beim Dredschen mit
emporgebracht.
Die Wasse rasseln.
Die Wasserasseln unterscheiden sich von den Amphipoden
durch den flach abgeplatteten Körper. Erschien der Körper
der Amphipoden von links nach rechts zusammengedrückt,
so erscheint der Körper der Asseln (Isopodenj einem Druck
von oben nach unten ausgesetzt gewesen zu sein, er ist also
„flach zusammengedrückt " .
Zweites Unterscheidungsmerkmal: Das erste Antennen-
§ 4&'. Die Rotatorien oder Rädertiere. 143
paar (oberes Fühlerpaar) ist kurz, nur ^3 des langen zweiten
Fühlerpaares, dessen Länge der des Körpers gleichkommt.
Drittes Unterscheidungsmerkmal: Der Kopf ist deutlich
gegen den Körper abgesetzt.
Viertes Unterscheidungsmerkmal: Der Kopf wird nach
hinten zu breiter.
Fünftes Unterscheidungsmerkmal: Den Hauptabschnitt
des Körpers (^/s) (Kopf nicht mit gerechnet) nimmt der Brust-
abschnitt ein, der aus sieben Segmenten besteht, deren jedes
ein Paar Beine aufweist, die sich weder durch Länge noch
durch Gestalt voneinander unterscheiden, weshalb auch die
Tiere Gleichfüßler == Isopoden genannt werden.
Der plattenförmige Hinterleib weist sechs Paar Beine
auf, deren jedes einen Gabelast trägt. Besonders deutlich
tritt das sechste, über den Plattenrand herausragende Bein-
paar hervor. In unseren stagnierenden Gewässern, auch in
Bächen, wird man vielfach die in Aquarien so verheerend auf-
tretende, die Wasserpflanzen vernichtende graue Wasserassel
(ÄseJlus aquaticus) antreffen, deren Länge 1,2 cm ungefähr beträgt.
§ 48. Die Rotatorien oder Rädertiere.
Zu den häufigsten Planktonformen, von den Krebstieren
abgesehen, gehören die oft bizarr gestalteten Rotatorien oder
Rädertierchen, die oft zu Millionen in stehenden oder langsam
fließenden Gewässern mit wenigen Netzzügen erbeutet werden.
Besonders in kleineren Gewässern, m Tümpeln, Wasserlachen
kann man mit einem Netzzuge schon eine ansehnliche Anzahl
Rädertierchen erbeuten, die den verschiedensten Gattungen
angehören. Die Tierchen sind den Würmern zuzuzählen,
werden aber häufig mit Infusorien verwechselt, mit denen sie
manche Ähnlichkeit aufweisen. Sind die Infusorien ein zellige
Organismen, so sind die Rädertierchen mehrzellige Geschöpf-
chen, die eine Größe von Vss — 2,5 mm aufweisen, die also mit
schwacher Vergrößerung schon gut wahrzunehmen sind. Zur
genauen Bestimmung und Untersuchung ist freilich mindestens
370fache Vergrößerung (Objektiv G, Okular III, Leitz) an-
144 Spezieller Teil.
zuwenden und für gewisse Gattungen, die nicht auf den ersten
Blick bestimmt werden können (für Hexarthra, Notholca, Amiraea
genügt schon Objektiv 3, Okular III, Leitz) geradezu unerläßlich.
Warum heißen die Tiere nun Rädertiere?
Betrachten wir uns ein lebendes Rädertierchen, z. B.
Asplanchna oder Annraea genauer, so werden wir am oberen
erweiterten Teil eine trichterartige Einstülpung wahrnehmen,
an deren äußerem Rand ein Wimperkranz sich findet, während
innen ein zweiter anzutreffen ist. Weder am Schwanzteil (so-
fern ein solcher vorhanden ist) noch am übrigen Körper läßt
sich bei den meisten Rädertierchen ein Fortbewegungsorgan
nachweisen außer dem Räderorgan. Dasselbe hat in erster
Linie freilich den Zweck, Nahrungsstolfe durch seine Be-
wegung herbeizustrudeln : hat doch das „strudelnde
Organ" bei seinen Bewegungen das Aussehen
eines rotierendenRades. Der mächtige äußere Wimper-
kranz enthält vereinzelt große Borsten. Parallel zu diesem
steht der innere zweite Wimperkranz. Bei einigen Formen
finden sich am Körperende zwei Blättchen, schwänzchenartige
Gebilde, Heftblättchen (HB), mit denen sich das Tier festhalten
kann, wobei ein oberhalb der Blättchen in Drüsen gebildeter
Klebstoff gute Dienste leistet. Leider finden sich diese Merk-
male nicht bei allen Rädertieren übereinstimmend. Die Räder-
tierchen, die sich nur im Plankton vorfinden, entbehren des
schwanzartigen, rüsselförmigen Anhangs mit den Klebblättchen.
Die Rädertierchen haben großenteils eine absonderliche Ge-
stalt. Da sind bei der einen Form lange Schwebdorne, bei einer
anderen säbelartige Ruder anzutreffen. Eine andere weist
hörnchenartige Zacken auf, die dem Tiere ein wunderliches Aus-
sehen zuteil werden lassen, und wieder eine andere erscheint
wie ein winziger Drachen, dem nur der „Schweif" fehlt. Manche
Formen haben die Gestalt von Beuteln oder von winzigen Rochen.
Alle sind aber mit Beiß- oder Zerkleinerungsapparaten ver-
sehen, mit Kauwerkzeugen, die selbst den kleineren Rädertieren
gefährlich werden. Beinahe immer wird man Gelegenheit
haben, die Augenpunkte (rötlich) wahrnehmen zu können.
§ 48. Die Rotatorien oder Rädertiere. J45
Zur genauen Untersuchung der kleinen Gebilde ist es
freilich nötig, sie in ein Medium zu versetzen, das sie am
Fortschwimmen hindert, sie aber doch fortgesetzt zwingt, den
Räderapparat und die Kauwerkzeuge in Tätigkeit zu setzen.
Wer also ein Rädertierchen irgendeiner Art in seinem Fange
vorfindet, der versetze es in ein Uhrglas, das einige Tropfen
Quittengelee enthält. Man bereitet sich dieses folgendermaßen:
5 g Quittensamen, der in jedem größeren Drogengeschäft
käuflich ist, löse man in 100 g lauem Wasser auf. Wem der
Schleim zu trübe sein sollte, der kann auch Sirup verwenden,
den er mit der doppelten Menge Wasser verdünnt, oder er
löst weiße Gelatine in Wasser auf (1:120, d. h. ein Blatt
Gelatine auf 60 g Wasser).
Um die Kauapparate zu isolieren, bringt man die Räder-
tierchen unter das Mikroskop bei etwa 12Ufacher Vergröße-
rung mid fügt ein Tröpfchen Kalilauge (käuf-
lich!) hinzu, beobachtet aber immer die ziem-
lich rasch vor sich gehende Mazerierung, Zer-
setzung der Weichteile. Dann wäscht man die
mittels feiner Pipette aufgenommenen Hartteile
in Wasser, dem eine geringe Menge 50 ^io iger
Alkohol beigefügt wurde aus, überträgt sie in
Glyzerin oder, nach mehrmaligem Auswaschen Kamverkzeuqe
mit Wasser in Formol. Man bedenke, daß i'on Asplanchna.
. Fig. 195,
man winzige kleine Gebilde vor sich hat, die
etwa 0,1 mm Länge erreichen; bei einigen Formen sind sie
freilich viel kleiner.
Die Kauwerkzeuge der Rädertiere sind zangenartige, im
Schlund oder Kopf sich findende, immer bewegliche Apparate.
Von der Kopfregion bis zum Enddarm verlaufen zwei
zarte Kanälchen, die Nierenkanäle oder Nephridien.
Lebendfärbung wird am einfachsten erreicht, indem man
die vielfach glashell durchsichtigen Formen in Wasser bringt,
dem man eine ganz geringe Menge Methylenblau zugefügt
hat und zwar nur soviel, daß eine schwache Färbung des
Wassers wahrnehmbar ist.
Schurig, Hydrobiologisches und Planktonpraktikum. 10
14(j
Sjiezieller Teil.
Folyarthra.
Fig. 196.
Betrachten wir uns nun einige Hauptvertreter der Räder-
tiere genauer!
Im Plankton der Tümpel, Teiche und Seen findet man
bisweilen in großer Menge folgende Formen :
FoJyarthra. Der Körper ist „eckig", beiderseits sind drei
blatt- oder lanzettförmige, mit feinen Zähnchen ver-
sehene Anhänge, die zum Ru-
dern dienen, nachweisbar. Als
Sinnesorgane dienen erstens zwei
Borstenbüschel, die auf Höckern
sitzen, und das große deutlich
wahrnehmbare rote Auge, das unter
den „Sinneshöckern" gelegen ist.
Manchmal trifft man Weibchen an,
an deren Körperende ein ovales Ei
klebt, das Öltröpfchen enthält, die
sich meist zu einem einzigen großen Tropfen vereinigt haben
und so ihrerseits die Schwimm- und Schwebfähigkeit des
Tieres nicht beeinträchtigen. (S. vorstehende
Figur 196.) Die Größe der Tiere beträgt etwa
Vt mm (0,14 mm). In einem Planktonfange in
der Lauer bei Leipzig fanden sich große Mengen
der JPohjartlira.
Triartlira. Das etwa Vs mm lange Tierchen wird
ebenfalls häufig im Plankton angetroffen. Die
beiden Ruderborsten links und rechts schlagen
kräftig das Wasser, so daß das Tier durch das
Wasser zu springen oder zu hüpfen scheint.
Daß die Borsten auch als Schwebeapparate
dienen und sich ihrer Länge wegen dazu be-
sonders gut eignen, ist einleuchtend. Gleich-
wohl würde das Tier bei seinen Schwimm;
bewegungen „überkippen", sich überschlagen,
wenn nicht noch ein festes Steuer vorhanden
(vonder^Sdte) wäre, das am Hinterende angebracht ist; der
Fig. 197. Körper läuft nämlich in einen langen Dorn aus.
Die Rotatorien oder Rädertiere.
147
der annähernd die gleiche Länge hat, wie die Schweb-
borsten, DeutUch sind auch die beiden Augen wahr-
nehmbar.
Synchacia. Ein kleines Rädertierchen, das seiner Form nach
auf den ersten Blick an einen Drachen erinnert, ist Syn-
chaeta. Ein eigentlicher Wimper kränz fehlt, dafür sind
ähnlich wie bei Polyarthra Höcker vorhanden, die Borsten
tragen, und zwar zwei größere, und links und rechts da-
von je zwei kleinere und außerdem eine vordere und
hintere Wimperleiste. Wie nun vielfach bei den be-
kannten Kinderdrachen links und rechts als „Ausgleichs-
Triarlhra (von vorn).
Fig. 198.
Synchaeta.
{HB = Heftblättchen.)
Fig. 199.
Organe" Quasten aus Papier sich finden, so erweckt auch
die Gestaltung der Synchaeta den Anschein, als seien
„Quasten" angebracht, denn zwei Verlängerungen treten
uns entgegen, die Wimpern tragen und als W^imperohren
bezeichnet werden. Ein rotes, großes Auge ist auch bei
Synchaeta nachweisbar. Wer in konserviertem Plankton
nach Synchaeten sucht, wird schlechte Erfahrungen machen,
da Synchaeta sich zu einem unkenntlichen Klümpchen
kontrahiert. Die Länge des Tieres überschreitet kaum
1 3 mm. (Fig. 199.)
Asplanchna hat eine langgestreckte, beutelähnliche Form. Der
Körper ist abgerundet. Deutlich läßt sich in dem durch-
10*
148
Spezieller Teil.
sichtigen, glashellen Tierchen der Wimperkranz wahr-
nehmen, der die aus Algen, winzigen Rädertierchen, In-
fusorien bestehende Beute in den Schlund hineinstrudelt,
wo sie zuerst die Kauwerkzeuge passiert, die in der
kropfähnlichen Erweiterung ständig auf- und zuklappen.
Die Speise gelangt dann in den Magen, nachdem sie ein
schlauchartiges Darmstück durchwandert hat, an dem die
„Bauchspeicheldrüsen" sichtbar sind.
Unterhalb des Magens liegt der Eier-
stock, in dem die Brut heranwächst,
denn Äsplanchna ist lebendgebärend. Am
oberen Rande sind zwei rote Punkt-
augen auf Vorwölbungen gelegen und
ein drittes Auge unterhalb am Schlünde.
Asplunchnn
Asplanchna
Notholca
priodunla.
hricfhtwelUi.
tonfjispina
Fig. 200.
Fig. 201.
Fig. 202.
Das Tier erreicht eine Länge von etwa IV2 mm, meist
wird man es 1,2 mm lang antreffen.
Notholca. Diese Form erinnert an Triarthra einerseits und
an die unten zu besprechenden Anuraeen andrerseits.
Notholca longi Spina hat, wie der Name schon sagt, vier
lange Dornen, außerdem drei kleinere. Der glockenblumen-
förmige Körper, dgr freilich im Querschnitt Dreiecksform
§ 48. Die Eotatorien oder Rädertiere.
149
ergeben würde, hat eine Länge von 0,15 mm und läuft in
einen etwa ^U mm langen Endstachel aus, außerdem sitzen
links und rechts dem Rande noch zwei etwa 0,1 mm lange
Dornen auf. In der Mitte sind zwei Dornen, deren rechter
ungefähr so lang wie der (untere) Endstachel ist und die
beiden links und rechts am Rande stehenden größeren
Stachel um ein bedeutendes überragt (er ist oft doppelt
so lang!). Auch ein Sinnesorgan, nämlich das große
Auge, das unter dem Mittelhauptdorn gelegen ist, ist
deutlich wahrnehmbar. Daß die Dornen ausgezeichnete
Nothuica acuminata.
Fig. 203.
Anuraea Cochlearis.
Fig. 204.
Schwebeorgane darstellen, ist klar. Bei der der
Schwebborsten entbehrenden Notliölca acuminata sind nur
kleine Zacken nachweisbar. An dem Körper finden sich
lange Streifen. Ein Enddorn, wie bei N. longtspma, fehlt,
doch läuft der Körper in ein flaches Endstück aus.
Anuraea. Wie wir schon oben erwähnten, hat (die dornlose
Form) NotJioJca Ähnlichkeit mit den Anuraeen, während
die mit Dornen versehene Art an Triarthra erinnert, deren
Dornen indes (abgesehen vom Enddorn) links und rechts
ausstrahlen.
So ähnelt Notholca acuminata der Anuraea cochlearis.
150
Speziellci" Teil.
Änuraea acuhta
Fig. 205.
War der Körper von Notholca acuminata aus Längsleisten
zusammengesetzt, so besteht der Körper von Anuraea
coclüearis aus sechseckigen Tafehi. Während
die Unterseite bisweilen stark, meist aber nur
wenig eingebuchtet ist, ist die Oberseite ge-
wölbt. Der löffelartigen Einbuchtung halber
heißt diese Änurace eben „cochlearis" . Am
oberen Rand sind sechs Dornen, die an die
von Notholca acuminata erinnern. Der (von
oben betrachtete) Körper fiat die Form der
Glockenblume. Er läuft in einen Dorn aus,
dessen Länge oft nur Vis. mm beträgt, vielfach
aber auch größer angetroffen wird. Der Körper
ist 0,07 mm lang.
Anuraea aculeata unterscheidet sich von
cochlearis durch die annähernd tönn-
chenförmige Gestalt, ferner durch das
Vorhandensein von zwei Enddornen,
links und rechts. Wie der von A.
cochlearis, so besteht auch
der Körper von aculeata
Ka,uaffa.ra,t/ aus Sechseckigen Tafeln und
weist an der Unterseite
ebenfalls eine Wölbung auf. Das Auge
ähnelt denen der übrigen Rädertiere.
Erwähnt sei noch, daß der Innen-
körper vorstreckbar ist, ferner, daß
abgetötetes Material nur selten eine
genaue Untersuchung der inneren Teile
zuläßt, zumal das Innere meist ge-
schrumpft ist. Der Körper von Ä. acu-
leata hat ohne die Enddornen eine
Länge von etwa 0,08 mm.
Hydatina senia. Dieses etwa 0,4 mm lange,
in Tümpeln in Menge angetroffene
Hydatina senta. Rädertierchen ist völlig durchsichtig
Fig. 206.
§ 48. Die Rotatorien oder Rjuleitiere.
151
und wurde von dem ausgezeichneten Forscher der Klein-
tierwelt Ehrenberg um 1840 als Krystallfischchen be-
zeichnet und ausführlich geschildert. Der spitz verlaufende
und in zwei Klebzehen endende Körper ist etw^as platt-
gedrückt. Die Mundüffnung ist annähernd dreieckig und
kraterartig. Der ., Kraterrand" weist Wimperkränze und
Wimperleisten auf. Deutlich ist auch der Kauapparat
sichtbar.
ByacJiionus. Diese eigenartigen Formen kennzeichnen sich wie
SlcLse
d'^hö.u
Sdzirn. mit
Accqe
J/urnbdrüyjerL
Sierstoch.
Brachionus.
Fis. 207.
TinftinTiidiuni fluoc ati Ic
Fig. 208.
Aniiraea und NothoJca durch das Vorhandensein eines starren
Panzers, der am verjüngten Ende eine Öffnung trägt, durch
die der rüsselförmige Schwanz vorgestreckt werden kann
und eingezogen wird. An ihm finden sich die schon bei
Hyfldtma erwähnten Klebzehen. Die Körperlänge beträgt
etwa 0,3 mm. Am vorderen weiten Körperende sind
mehr oder weniger deutlich (3 — 8 Fortsätze nachweis-
bar. Eine verw^andte Art ist Brachionus angularis, deren
Körper Dornen aufweist und zwar zwei lange, beiderseits
an der Schalenwandung, und zwei kleine am Körper-
152 Spezieller Teil.
ende. Die Länge von Bracltionns (nu/uhiris beträgt un-
gefähr ^h mm.
Tintinnidium fluviatih. Kein Rädertier (aber oft mit einem
solchen verwechselt) ist das Wimperinfusor Tintinnidium,
das eine Länge von V'20 mm erreicht und mit langem Fuß
in einem Gehäuse sitzt, das an Dijflugia erinnert, da
Körnchen und feste Bestandteile aller Art darauf haften.
§ 49. Die Strudelwürmer.
(Geraten beim Abkätschern von Wasserpflanzen oft ins Netz: keine
Planktonten [PlanktonAvesen]).
Allgemeines: Wenn wir unseren Fang in Augenschein
nehmen, besonders wenn w^ir das Netz durch Krautwasser hin-
durchgezogen haben, so fallen uns an der Wandung des
Glases 1 — 2 cm lange weiße oder schwarze langgestreckte
platte Gebilde auf, die ruhig in gleichmäßigem Gleiten, ohne
daß man irgendwelche Bewegungsorgane wahrnähme, sich
fortbewegen. Bringen wir ein derartiges Gebilde mittelst
Pipette in ein Uhrschälchen , so werden wir folgende Wahr-
nehmung machen:
Der ganze Körper ist mit einem dichten Wimperkleid be-
deckt, dem die Tiere den Namen „Strudelwürmer" verdanken.
Experiment: Wir legen hinter eine langsam dahin-
gleitende Turbellarie ein Körnchen Karmin oder ein solches
von Eosin usw. Wir werden dann zu konstatieren vermögen,
daß ein rotgefärbter Strudel die Bahn des Tieres anzeigt
(Eosin usw. löst sich schnell auf). Weiter werden wir meist
zwei Augenpunkte oder gar eine Augenpunktreihe feststellen
können. Der Darmkanal der einzelnen Formen ist verschieden
und nach zwei Hauptgruppen kann man die Turbellarien oder
Strudelwürmer ordnen, von denen die eine ihrer flachen Ge-
stalt wegen auch Planaria genannt wird.
Bei der einen Hauptgruppe bemerken wir den Darm-
kanal verästelt, ähnlich wie bei dem Blutegel (oder bei den
Bandwürmern der „Eierstock" oder besser Uterus!;, so wie
es die Figur des weißen Dendrocoelwn (oder anderer Planarien)
§ 49. Die Strudehvürnier. 153
erkennen läßt. An dem Vorderteil des Körpers erblicken wir
Iniks und rechts die Augen des Tieres. Weiter sehen wir
den weitverzweigten Darm, dessen Stamm bis zur Körpermitte
reicht, wo in ihn der (ausstülpbare) Schlund einmündet. Hier
tritt die Verzweigung in zwei Hauptäste ein. Sowohl am
Stamm, wie an den Hauptästen sind wieder kleine Neben-
ästchen wahrzunehmen. Der Körper verläuft spitz. Eine
Afteröffnung fehlt.
Es seien hier nur die Dendrocoelgattungen der
Länge
weißen FJanaria Denärocoelum,
grauen „ , / 2 cm.
schwarzen Polycelis erwähnt. j
Alle drei haben Ähnlichkeit mit Egeln. Für die Kon-
servierung sei noch eines nachgetragen: Es eignet sich zur
Konservierung das Zachariassche Verfahren sehr gut. Sublimat
in Wasser gelöst (1 Teil Sublimat, 10 Teile Wasser). Man
legt die Planarien in ein Uhrglas und schüttet das Sublimat-
wasser, das man am besten auf 35** erwärmt, darüber, läßt
die Tiere ^-4 Stunde darin und wässert V2 Stunde lang, führt
die Objekte in 70 ^/o igen Alkohol über und behandle weiter
nach § 20 c.
Bei dem zweiten Typus erblicken wir den Darmkanal
nicht verzweigt. Er repräsentiert vielmehr em sackartiges
Gebilde ohne Verzweigungen. Dieser stab- oder sackförmigen
Ausbildung des Darmtraktus verdankt der Typus auch den
Namen : lUiahdocoele Turb eil arten.
Wenn wir Wasserpflanzen aus dem Wasser fischen, Imden
wir oft am Stengel glasig durchsichtige 1,2 — 1,5 cm lange wie
Planarien plattgestaltete Formen, deren Mund mitten auf der
Ventralseite gelagert ist, es sind Vertreter der Gattung
Mesostoma, deren Mund, wie der Name sagt, mitten auf der
Bauchseite gelegen ist. Eine etwa 9 mm lange Form hat auf
Bauch- und Rückenseite je eine lange Leiste, die das Tier im
Querschnitt viereckig werden lassen.
Häufig wird die TurheJlaric Macrostoma, „Langmund" an-
154
Spezieller Teil.
getroffen, deren Kopfteil abgerundet ist; der Schwanz hat
spatelförniige Gestalt. Die Länge des Tieres beträgt 2 mm.
Häufig wird in unseren Gewässern die Gattung Micro-
sto m a (Kleinmund) angetroffen , die sich durch Querteilung
fortpflanzt, ohne daß sich die Teilstücke loslösen. Sie bilden
vielmehr mit dem „Mutterstück" eine Kolonie. Die Quer-
teilung erfolgt im letzten Körperdrittel (wobei zuerst die
Augen auftreten, wenn sich die Einschnürung bemerkbar macht).
Die Farbe der winzigen Formen, deren Größe etwa 1 mm be-
trägt, ist ein helles bis dunkles Braun. Wenn wir vom Boden
Rhabclocode Tu rbellarie ( Vo7'tfx). ^[esostoma.
Fis. 209. Fig. 210.
Macrostoma.
Y\s. 211.
eines stehenden Gewässers, das Laub enthält, mittels Dredsche
etwas davon heraufholen, so können wir besonders im Herbst
Kettenkolonien wahrnehmen. Bemerkenswert ist der schlitz-
förmige Mund, der blätterförmige Schlund und das Vorhanden-
sein von mehr als zwei Individuen in einer Kette.
Kleine bräunliche, nur etwa 1 — 2 mm lange Tierchen, die
in Wasserlachen angetroffen werden, sind Vertreter der Gattung
Vortex. Eine grünliche Form wird ungefähr 0,5 cm lang.
Der Kopf weist spatelartiges Aussehen auf. Der Körper läuft
in ein leicht abgerundetes Ende aus. Der Schlund oder
Pharynx hat die den Arten von Vortex eigentümliche Ge-
§ 49. Die Strudelwürmer.
K.
stalt eines Tönnchens, dem sich der sackförmige Darmtraktus
anschließt. Außer feiner Bewimperung des gesamten Körpers
sind kleine Borstenbüschel über die Körperoberfläche ver-
streut. (Siehe Fig. 209 Rhahdocoele Turhellarie Vortcx.)
Biologisches: Einer recht interessanten Erscheinung
möchten wir hier Erwähnung tun hinsichtlich des Vorkommens
einiger dendrocoeler = mit Darm- _
Verzweigungen ausgestatteter Pla-
narien. Auf dem untenstehenden
Bilde (Fig. 212— 214) sehen wir drei
Vertreter von „Bachplanarien",
wie sie in den Bächen unserer
Mittelgebirge allerorts ange-
troffen werden. Nun ist das Son-
derbare dabei, daß die Planarien
Flanaria
alpina.
Fig. 212.
Folycelis.
Fig. 213.
Flanaria
gonocephaJa.
Fig. 214.
H)/(Jra, der Süßwassevpolyp.
Fig. 215.
des Oberlaufs sich von denen des Mittellaufs unterscheiden,
und diese wieder andere Form aufweisen als die des Unterlaufs.
Planaria alpina gedeiht nur im Oberlauf der Flüsse, nahe der
Quelle. Sie hat am Kopf beiderseits eine Erweiterung, die an
das Aussehen eines Schneckenfühlers erinnert. Außerdem sind
ihr noch zwei große Augen eigen. Im Mittellauf der Flüsse
wird diese Planarie durch eine ähnlich gestaltete ersetzt, die
15(3 Spezieller Teil.
anstelle der beiden großen Augen eine Reihe Punktaugen
trägt. Gedeiht l-Janaria alpina in Wasser von unterhalb 10"
Wärme, so zieht die soeben besprochene vieläugige ^Poly-
cdis" den Mittellauf der Flüsse und Bäche mit einer Temperatur
von 14 " vor. Die dritte Form, Phman'a gonocephdla, hat einen
dreieckigen, spitz verlaufenden Kopf und nur zwei große
Augen. Sie bewohnt den Unterlauf der Bäche, wo die Tempe-
ratur des Wassers über 18*^ beträgt.
§ 50. Süßwasserpolypen.
An den in unseren Gewässern befindlichen Wasserpflanzen
bemerken wir oft kleine braune, graue oder grüne Gebilde,
deren Größe zwischen ^/a und 2V2 cm schwankt. Vielfach
schwimmen sie auch an der Oberfläche des Gefäßes. Dem
kleinen V2— 1 cm langen schlauchartigen Körper sitzen an
der Mundöffnung 6 — 8 Arme an, die einziehbar sind. An
manchen Polypen sind Knospen nachweisbar , da die Süß-
wasserpolypen sich auch (meist) durch Knospung vermehren.
Die Tierchen lassen sich leicht züchten, indem man sie in ein
kleines Gefäß mit Wasserpflanzen und klarem Wasser herein-
bringt und ihnen als Nahrung einige Wasserflöhe gibt.
§ 51. Einige wichtige Planktonfnndstätten in Sachsen.
Außer den Tümpeln und kleineren Teichen, deren es
wohl, selbst im kleinsten Dörfchen, etliche gibt, seien hier
einige recht interessante Gebiete genannt, die reiche Beute
dem Sammler versprechen. Eines aber sei besonders hervor-
gehoben :
Man versäume nicht, um Unannehmlichkeiten
mit Förstern, Aufsichtsbeamten, hoher Polizei
usw. aus dem Wege zu gehen, sich mit Erlaubnis-
karten für Planktonfang zu versehen, falls man
nicht vomBesitzer derTeiche usw. Erlaubnis zum
Fange eingeholt hat. Man wende sich zuerst an
die Ortsbehörde!
Dresden: Außer den Tümpeln, Teichen usw. in Dresdens
§ 51. Einige wichtige Süßwasserfangatätten in Sachsen. I57
näherer und weiterer Umgebung kommen in Frage die
Moritzburger Teiche, die Teiche nordwärts der R a d e -
burger Heide, in der Oberlausitz die Teiche bei Rani-
menau und Neudörfel. Vor allem aber ist in Dresden
eine reiche Fundstätte der König-Alb er t-Haten
(Ostrahafen), dessen Plankton äußerst mannigfaltig ist und dem
des Plöner Sees, was Formenreichtum anbelangt, nahe kommt.
Leipzig: Bienitz , Lauer , Tümpel bei Möckern,
(Nähe der Ziegelei), Rosentalteich, Stünzer Parkteich, Pleiße
bei Connewitz, Zweinaundorfer Teiche, Wermsdorf er Seen^
Teiche bei Grimma und Frohburg.
Freiberg: Die großen Teiche im Stadtgebiet.
Einige andere Fimdstellen sind:
Nürnberg: Dutzendteich,
Berlin-Potsdam: Havelseen,
Norddeutschland: Plöner Seengebiet.
Wer im Böhmerwald Planktonstudien obliegen will,
dem seien die Böhmerwaldseen : Teufelsee, Arbersee, Schwarzer
See als reiche 'Fundgruben interessanter Planktonwesen em-
pfohlen.
Reich an Plankton ist auch der Hirschberge r Groß-
teich in Böhmen, an dem eine trefflich geleitete hydro-
biologische Station gelegen ist.
Aber, wie schon oben erwähnt : Jeder Tümpel, jeder Teich,
jeder See hat Plankton aufzuweisen, und schon ein kleines
Gewässer enthält Material in solcher Menge, daß dem Natur-
freund Gelegenheit geboten ist, gründliche Natur- und Plankton-
studien zu treiben.
Namen- und Sachverzeichnis.
Achnanthes 61.
Acilius 101.
Aiitinastium 69.
Actinoplirys 97.
Actinospliaerium ^6.
Aeschna 118.
Ap;rionlarve 113.
Alaunwasser 83.
Alj^eu 51.
Algenfaden 56.
Ameisensäure 27.
Anmioniak 33.
Anioeben 90.
Amphipleura 61.
Amphipoden 141.
Amphora 60.
Anabaena 81.
— flos aquae 81.
Anatom. Format 30.
Anfertigung von Präpa-
raten 35.
Anuraea 149.
Aphanizomenon 81.
Apus 138.
Aquarienartikel 26.
Arcella 91.
Arrenurus 119.
Asellus 143.
Asplanchna 147.
Assimilieren 51.
Asterionella 59.
Atax 118.
Attheya 61.
Aufgußtierchen 46.
Aufhcllmittel 34.
Augenfleck 83.
Augenpunkte 146, 152.
Aulonogyrus 103.
Ausrüstung 7.
Auswaschen 34.
Auxosporen 53.
Ausziehstock 9.
Beispiele 38.
Benzol 35.
Bei'gamottöl 35.
Bilin 54.
Blattfüßer 138.
Blechkanne 18, 26.
Bleikranz 18.
Blende 23.
ßodenorganismen 18.
Bodo 84.
Boraxkarmin 33.
Bosmiua 130.
Brachionus 151.
Branchipoden 138.
Brauchipus 125, 138.
Brychius 98.
Bügel 8.
Bythotrephes 134.
Calopteryx 115.
Campylodiscus 57.
Canthocamptus 125.
Carchesium 89.
Ceutronella 58.
Centropagiden 121.
Centropyxis 93.
Cephaloxus 128.
Ceratium 76.
Ccriodaphnia 129.
Cliironymus 112.
Chitin 96.
Cliloeon 116.
Chloroform 35.
Chlorophyll 64.
Chlorophyceeu 66.
Cliromatophoren 75.
Chrom - Osmium - Essig-
säure 28.
Chroocoecus 77.
Cliromsäure 28.
Cladoceren 126.
Clathrocystis 77.
Clathrulina 97.
Closterium 64.
Clunio HO.
Cnemidotus 98.
Cocain 43.
Colymbetinen 100.
Conjugaten 62.
Corethra 111.
Corixa 108.
Cosmarium 45, 62.
Cosmocladium 70.
Crustacea 120.
Culex 111.
Cyclops 121.
Cyclotella 57.
Cymbella 55.
Daphnia 128.
Dauereier 135.
Dauerküvette 49.
Dauerpräparate 35 — 46.
Deckglasdicke 21.
Deckgläser 30.
Deck^laslack 44.
Desmidium 44, 64.
Diaphanosoma 132.
Diaptomus 123.
Diatoma 58.
Dictyosphaerium 69.
Differenzieren 33, 42.
Diitiugia 92.
Dinobryon 84.
Diplosiga 85.
Dixa 112.
Dredschen 16.
Dreiecksrahmen 17.
Durchsieben 24.
Dynamit 54.
Dytisciden 100.
Einbetten 35.
Einkapselung 94.
Einsteilungsschrau be 20.
Eisenocker 79.
Eisessig 28.
Eiweißglyzerin 43.
Eucy stieren 94.
Ephemeriden 116.
Ephippium 136.
Epistylis 86.
Epithenia 55.
Etikettieren 41.
Euastrum 63.
Eudorina 73.
Namen- und Sachverzeichnis.
159
Euglcna 83.
Euglypha 94.
Euuotia 61.
Eurytemora 124.
Eylais 119.
Färben 33.
Fauna germanica 98.
Feuchte Kammer 29.
Fixieren 43.
Fluchnetz 9.
F'lagellaten 83.
Flemming 28.
Fließpapier 29.
Flohkrebse 141.
Fluoritsystem 21.
Formol 25, 27.
Fragillaria 61.
Fraiizensbad 54.
Frühlingsfliege 117.
Gallerthülle 78.
Gallertscheide 79.
Gammarus 141.
Gasvacuolen 82.
Gebrauch des Mikro-
skops 20.
Geißeln 83.
Geißeltiere 84.
Gelbrand 101.
Geradflügler 113.
Gitterkugel 96.
Glasklötze 37.
Glasröhi-en 41.
— Ausziehen der 41.
Glaszellen 30.
Gloeotrichia 82.
Glyzerin 34.
Glyzeringelatine 25, 31.
Gomphonema 61.
Gomphus 113.
Grenzzelle 81.
Grünalgen 66.
Grundnetze 16.
Gummiband 49.
Gymnodinium 76.
Gyrinus 102.
Gyrosigma 55.
Halipliden 98, 99.
Hämalaun 33. r—
Hängender Tropfen 29.
Harz 32.
Hautatmer 113.
Heftblättchen 144.
Heliozoen 96.
Heterokope 125.
HeteroCysten 79.
Hexarthra 144.
Hohlkugeln 78.
Hohlspiegel 22.
Holopedium 133.
Homogene Immersion 21.
Horulöffel 24.
Horupinzetteu 19.
Hyalosphenia 94.
Hydatina 150.
Hydra 155.
Hydrachna 119.
Hydrodyction 66.
Hvdrometra 110.
Hydrophilus 102.
Hydroporiueu 102.
Hygrobia 99.
Immersion 21.
Infusorien 46.
Intermedium 34.
Irisblende 23.
Isopoden 141.
Jodjod kalium 28.
Käferlarven 104.
Kahmhaut 46.
Kanadabalsam 35 , 37,
39, 43, 49.
Karbolsäure 31.
Kauapparate 145.
Kegelaufsatz 12.
Kieselalgen 52.
Kieselgur 53.
Kieselpanzer 52.
Kieselsäure 53.
Kittfäden 49.
Klemmen 22.
Köchei-fliege 117.
Kohlensäure 51.
Koloniebildung 84.
Konservieren 27.
Kontraction 43.
Krebstiere 120.
Kreiselkäfer 102.
Kriecher 109.
Kugeltierchen 72.
Küvette 47.
Laccophilus 102.
Lackring 31.
Lacrymaria 87.
Läufer 110.
Leinen 17.
Leitz 19.
Leptodora 133.
Libelluliden 113.
Linienzeichnuug 54.
Linsendurchmesser 21.
Lokomotion 85.
Lunz 5.
Lynceus 131.
Lyugbya 79.
Mantis 109.
Markschicht 96.
Maskenlack 31.
Melosira 56.
Mensur 114.
Meridion 60.
Mesostoma 153.
Metallgift 19.
Metallpinzetten 19.
Methylenblau 34.
Methylviolett 34.
Microasterias 63.
Microstoma 154.
Mikrometerschraube 20.
Mikroskop 19, 20.
Mougeotia 65.
Mückenlarven 111.
Muschelkrebse 139.
Mutterzelle 53.
Mytilus 110.
Nadel 119.
Naucoris 108.
Navicula 1.54.
Nelkenöl 34.
Nemura 117.
Nepa 119.
Nostoc 78, 79.
Noteriui 102.
Notholca 144. 148.
Notonecta 107.
Objektiv 20.
Okular 20.
Oocystis 70.
Orectochilus 103.
Oacillarien 79.
Osmiumsäure 28.
Ostrahafen 157.
Pandorina 72.
Panzerlinien 53.
Paraffin 25.
Paramaecium 46, 86.
Pediastrum 67.
tdißj^ ^Ijf
160
Pelomyxa 91.
Peridineen 75.
Peridinium 76.
Perliden 117.
Petrischalen 19.
Pflanzengift 27.
Phvyganiden 93.
Pliycocyan 77.
Phyllopoden 138.
Pigment 83.
Pinnularia 55.
Piona. 119.
Pipetten 19, 25, 38.
Planaria 153.
Plankton 1.
— Aufbewahrung 26.
— Konservierung 27.
Planktonfang 7, 25.
Planktonmessung 1.3.
Planktonnetz 8.
Planspiegel 22.
Plastilina 42.
Plea 107.
Pleurosigma 55.
Plön 3.
Polierschiefer 54.
Polyarthra 146.
Polycelis 153.
Polycystis 78.
Polygon 66.
Polyphemus 134.
Protococcus 70.
Pseudopodien 91.
Quadrula 94.
Qualitativnetz 11.
Quantitativnetz 12.
Quecksilberchlorid 27.
Quergeiße! 76.
Quittengelee 29.
Rädertiero 43, 148.
Kahmen 16.
Ranatra 109.
Raphidium 70.
Keagensglas 26.
Revolver 22.
Rhabdocoele 153.
Rhizosolenia 56.
Rhynchoten 107.
Richteriella 69, 70.
Rotatorien 143.
Rudergeißel 75.
Ruderwanze 108.
Namen- und Sachverzeichni.-^
Sacknetz 10.
Safran in 33.
Salinglas 30.
Salzsäure 39.
Scenedesmus 70.
Schaumblasen 52.
Scheinfüßchen 91.
Schleppleine 17.
Schleppnetz 16.
Schließnetz 15.
Schnabelkerfe 107.
Schnuren 17.
Schön aug 83.
Schrumpfung 35.
Schulmikroskope 23.
Schwärmer 74.
Schwimmer 10.
Seidengaze 8.
Senkflasche 17.
Senknetz 11.
Sieb 24.
Sirup 29.
Skalpell 31.
Sonnentierchen 96.
Spatel 24.
Sphaerella 73.
Spirogyra 64.
Spiruli'na 79.
Stabwanze 109.
Staurastriim 64.
Staurogenia 69.
Stauroneis 55.
Stein hei Ische Lupe 25.
Stentor 88.
Stephanodiscus 58.
Stratiomys 113.
Strudelwürmer 152,
Stylonychia 88.
Sublimat 27.
Sublimatkristalle 28.
Süßwassermilben 118.
Surirella 55.
Synchaeta 147.
Synedra 55.
Tabellaria 59.
Tanypus 113.
Taumelkäfer 102.
Terpentin , venetiani-
sches 32.
Tiefenplankton 11.
Tonerde, essigsaure 27.
Trachelomonas 84.
Triarthra 146.
Trichodina 87.
Trompetentierchen 88.
Tubus 20.
Turbellarien 152.
Uberfärben 42.
Überführen 40, 42.
Ulirgläser 19.
Umranden 32.
Urtiei'chen 91.
Vacuolen 82.
Venetianisches Terpen-
tin 32.
Vereinsformat 30.
Verengungskegel 14.
Vergrößerung 21.
Vertikal furche 7.5.
Vogelnäpfchen 19.
Vogelsberg 54.
Volvox 41, 71.
Vortex 154.
"Wachs 35, 42.
Wachsfüßchen 42, 40.
Walcker 8.
Wasserasseln 141.
Wasserblüte 81.
VV'asserflöhe 126.
Wasserglas 54.
Wasserimmersion 21.
Wasserjungfer 113.
Wasserkäfer 97.
Wassernetz 66.
Wasserpest 24.
Wasserskorpion 108.
Wasserspinnen 120.
Wechseltierclien 90.
Wimperinfusorien 85.
Wimperkranz 87.
Wimperiing 46.
Wurzelfüßler 90.
Xanthidium 64.
Xylol 35.
Zedernholzöl 23.
Zellketten 80.
Zellstaat 73.
Zinkblech 16.
Zweiflüglerlarven 110.
Zwischenmittel 34.
Zygnema 64.