Full text of "Ilerda"
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AH
1 HARVARD \
COIUGE I
LJBRARV, I
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f^arbarl) College ILibrar^
FBOM THE
CONSTANTIUS FUND.
Established by Professor £. A. Sophoclbs of Harvard
University for " the purchase of Greek and Latin
books (the ancient classics) er of Arabic
books, or of books iUustrating or ex-
plaining such Greek, Latin, or
Arabic books." (Will,
dated 1880.)
Received
^ySi^.;7rr/.
j'-ol^
ILERDA
EIN BEITRAG
ZUR
KOMISCHEN KRIEGSGESCHICHTE.
VON
RUDOLF SCHNEIDER.
MIT EINER KARTE VON H. KIEPERT.
c
BERLIN.
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.
1886.
DEC 24 1B89
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MEINEM HOCHVEREHRTEN LEHRER
DR. CARL PETER
RECTOR A. D. DEB KÖNIGL. LANDESSCHULE PFORTA
GEWTOMET.
Inhalt.
Seite
Vorwort VII
Übergang des Fabius über die Pyrenäen 1
Das Lager des Fabius 4
Cäsars Ankunft. Das neue Lager. Das Gefecht bei Ilerda 7
Die Überschwemmung. Die neue Brücke 1^
Die Furt 20
Der Abmarsch der Pompejaner. Die Kapitulation .... 24
Kritik der Spezialkarten 29
Das Dreieck zwischen Ilerda, Octogesa und der Segremündung 83
Rückblick 39
^';xiXj
VIII
ders da Text und Karten sich immer im Einklang be-
finden; dieser Eindruck beruht aber auf einer Selbst-
täuschung des Verfassers, von welcher der Leser leicht
angesteckt wird. Macht man sich einmal frei, um selber
seinen eigenen Weg zu gehen, so schwinden oft die vor-
her so klaren Linien zusammen, und man findet sich gar
nicht mehr in das Bild hinein. Glückliche Einfalle und
bedenkliche Irrtümer stehen in den Schriften v. Göler's
überall dicht beieinander, man muss also nachträglich an
seinen Arbeiten die Kritik ausüben, die der Verfasser
selbst, zu seinem Schaden, anzuwenden unterlassen hat.*)
Für meine eigene Untersuchung fürchte ich weniger
den Vorwurf der Kütiklosigkeit als das Gegenteil, dass
man es dem Philologen verargen wird, über Dinge zu
urteilen, die ausserhalb seiner Sphäre liegen. Dagegen
möchte ich zu meiner Rechtfertigung anführen, dass ich
in allen geographischen, militärischen und technischen
Fragen mir überall dort Rats erholt habe, wo solcher zu
finden war; dass ich nur das aufgenommen habe, was
auch der Laie verstehen kann und dass ich nachträg-
lich Belehrung von fachmännischer Seite ebenso bereit-
willig annehmen werde, wie ich sie bisher angenommen
habe. Ich beabsichtigte nur, meine Fachgenossen über
den Verlauf dieses Feldzuges aufzuklären, sollten auch
Militärs an dieser Darstellung Gefallen finden, so ver-
danke ich dies der überaus freundlichen, Unterstützung,
die mir von militärischer Seite zu teil geworden ist.
*) Vgl. Zeitschrift für das Gymnasial wesen 1886, Jahres-
berichte (Juli-August-Heft).
Übergang des Fabius über die Pyrenäen.
Als Cäsar im Frühling des Jahres 49 v. Chr. nach
den fruchtlosen Verhandlungen mit dem Senat Rom ver-
liess, um gegen die pompejanischen Legionen in Spanien
zu Felde zu ziehen, sah er sich unterwegs durch den
Widerstand der festen Stadt Massilia aufgehalten. Er
gab nun seinem Legaten C. Fabius Befehl, schnell mit
den drei Legionen, die bei Narbo Martins (Narbonne)
im Winterquartier lagen, die Pyrenäenpässe dem Feinde
zu entreissen, andere Legionen, deren Winterlager weiter
von Spanien entfernt waren, wurden beordert nachzu-
rücken.
Es kann damals dem Fabius schwerlich bekannt
gewesen sein, dass die Pompejaner bei Ilerda, auf dem
rechten Segreufer, Stellung nehmen wollten; Fabius
wird also nicht den geraden, aber mühsamen Weg
zwischen Perpignan und Lerida eingeschlagen haben,
der am Tet aufwärts, durch den Col de la Perche ins
Segrethai führt (6 Märsche bis S6o d'TJrgel, 12 bis Le-
rida), sondern er wandte sich gewiss, da ihm Eile zur
Pflicht gemacht war, auf die bequemste aller Pyrenäen-
strassen, über den Col Pertus, die von den Römern
viel benutzt worden ist und im Mittelalter, wo sie Somme-
port genannt wurde, den Haupthandelsweg der Halb-
insel bildete.*) Die Strasse führt von Perpignan am Tet
•) A.^v. ßoon, die iberische Halbinsel, eine Monographie
aus dem Gesichtspunkte des Militairs. Berlin 1839. S. 100.
Schneider, Ilerda. 1
— 2 -
über le Boulou am Tech (1 Marsch), Bellegarde und den
Col Pertus, hinab nach la Junquera, Figueras, Bascara
am Fluvia nach Gerona (Gerunda bei den Alten) am
Ter, zusammen 4 Märsche. In V/2 Märschen erreicht
man den Pass, von da in einem Marsch Figueras und
dann in IV2 Märschen Gerona. Von Perpignan bis
Boulou zieht die Strasse durch die paradiesische Ebene
von Roussillon; kurz vor Boulou steigt man über die
erste, niedrige, rebenbepflanzte Bergzunge ins Tech-Thal;
aber nun folgt plötzliches Aufsteigen in vielen Win-
dungen, durch das enge Defilee von TEcluse (Clausura),
zum Col Pertus. Der Südabfall dagegen ist weder steil
noch wild; bei Junquera hat man bereits die eigent-
lichen Pyrenäen überstiegen, da die Hauptkette hier
zwischen Bellegarde und Junquera nur etwa eine Meile
breit ist; bei la Junquera betritt man schon die Berg-
terrasse Cataloniens. Die Höhen sind hier mit Kork-
eichen bedeckt, die Thäler angebaut. Wenn nicht der
Tech austritt, so sind bis Junquera keine Schwierig-
keiten. Die herrliche Strasse ist an gefährlichen Stellen
mit Seitenmauem versehen. Bei Junquera aber wird
der Weg schlechter, überschreitet viele Schluchten und
ßegenbetten; zahlreiche Felsblöcke in der Nähe lie-
fern das Material ihn zu verderben.
Von Gerona nach Lerida führt die direkte Route
über Vieh, Manresa und Agramunt (8 Märsche), dieser
Weg ist aber sehr beschwerlich.*) Vorzuziehen ist der
Umweg über Barcelona (3 Märsche) und von da bis
Lerida (6 Märsche). Somit erfordert dieser längste
Weg, über den Col Pertus und Barcelona nach Lerida
(13 bis 14 Märsche) nur einen, höchstens zwei Marsch-
tage mehr als die Strasse über den Col de la Perche.
*) V. Roon a. a. 0. S. 258.
— 3 —
Die Gefahren eines Pyrenäenüberganges sind selbst
in ungünstiger Jahreszeit nicht so bedeutend, wie man
sich dieselben meist denkt.*) Die Division Souham
feierte den 1. Januar 1810 im Hochgebirge, wo der Ter
entspringt, ä la belle 6toile, wie es die Franzosen nann-
ten, ohne sonderlich von der Kälte zu leiden. Nur um
die Mittagsstunden zwischen 12 und 2 Uhr meiden es
die Gebirgsbewohner, die Puertos oder Passages zu
passieren, da um diese Zeit der Wind, der oben immer
ziemlich heftig weht, sich zu ungemeiner Stärke erhöbe
und häufig die Saumtiere samt den Treibern in die Tiefe
stürze, lin Winter sollen besonders um diese Zeit die
sogenannten Congeres (Windlawinen) entstehen, die, wenn
sie den Reisenden ereilen, ihn unbedingt in Wirbehi von
Schnee ersticken. Verheerende Schneelawinen sind
kaum zu befürchten, desto furchtbarer sind die soge-
nannten Wasserlawinen (avalanches d'eau),**) welche
nach heftigen Gewittern oder plötzlich eintretender
Schneeschmelze entstehen, indem die starke Neigung
der sonst trockenen, nur mit wasserlosen Eegenspalten
versehenen Bergflächen ein allmähliches Abfliessen un-
möglich macht. Durch diese Wasserlawinen werden
jedoch natürlich mehr die Ebenen am Fusse der Pyre-
näen als die Pässe selbst gefährdet; der Übergang kann
also, bei der schwachen Verteidigung des Feindes, den
Legionen des Fabius trotz der frühen Jahreszeit keine
zu grossen Schwierigkeiten bereitet haben.
*) H. V. Brandt, über Spanien, in besonderer Hinsicht auf
einen etwanigen Krieg. Berlin 1823.
**) V. Roon, a. a. 0. S. 73.
— 4 —
Das Lager des Fabius.
Die Legaten des Pompejus hatten beschlossen, fönf
von ihren sieben Legionen bei Derda (Lerida) unter
dem Commando des Afranius und Petreius zu vereinigen,
Varro sollte mit den übrigen beiden Legionen die jen-
seitige Provinz decken^ Bedeutende Aushebungen von
Reitern und Fusstruppen in beiden Teilen Spaniens ver-
stärkten ihr Heer, und sie glaubten nicht ohne Grund,
damit die treffliche Verteidigungsstellung am Sicoris
(Segre) halten zu können, bis Pompejus cde Streitkräfte
aus dem Orient an sich gezogen habe. Cäsars Heer
war an Zahl etwa gleich stark: er hatte eine Legion
mehr, aber seine leichten Fusstruppen waren erheblich
schwächer; jedoch war er auch wieder durch seine
Reiterei den Feinden sehr überlegen. Zwar die Anzahl
war nicht sehr verschieden, aber die Brauchbarkeit: die
gallischen Reiter Cäsars zeichneten sich bei jeder Gelegen-
heit durch Geschick und Entschlossenheit aus, sie haben
sehr erheblich zum Erfolge beigetragen ; die Pompejaner
aber hatten von ihrer Reiterei wenig Vorteil, es gilt
auch von ihr, was H. v. Brandt*) von ihren Nach-
kommen zur Zeit der napoleonischen Feldzüge sagt:
„die spanische Reiterei ist höchst erbärmlich. Sie hat
im letzten Kriege fast immer nur dazu getaugt, die
eigenen Truppen umzureiten."
Die Pompejaner hatten bei Ilerda ihr Lager aufge-
schlagen, die Brücke bei der Stadt bildete ihre Verbin-
dung mit der fruchtbaren Ebene östlich von Ilerda.
*) H. V. Brandt, über Spanien. S. 92.
- 5 -
Fabins setzte gleichfalls über den Segre und schlag in
ziemlicher Entfernung von der Stadt sein Lager auf,
es scheint, er hatte vom Oberfeldherren Auftrag erhalten,
einen Entscheidungsschlag vorläufig nicht herbeizuführen.
Er sicherte sich den Zugang zum linken Ufer durch
zwei Brücken, um auch jenseits fourragieren zu können;
dabei kam es wohl hin und wieder zu unbedeutenden
Gefechten zwischen den ausgesandten Truppenteilen, im
ganzen begnttgten sich beide Teile mit der gegenseitigen
Beobachtung. Nur einmal, kurz vor Gäsars Ankunfk, als
die untere Brücke zusammenbrach, wagten die Pompe-
janer eine ernstere Unternehmung, aber ohne Erfolg.
Wir erfahren aus Gäsars Angaben nicht, wo Fabius
sein Lager aufgeschlagen habe, es ist aber Guischard"^)
gelungen, durch scharfsinnige Gombination zu ermittehi,
dass esbeiGorbins gelegen habe. Geht man von Lerida
etwa 9 km am rechten Segreufer aufwärts, so trifft man
auf die nicht unbedeutende Noguera Ribagorzana, die auf
dem Maladetta entspringt und bei Gorbins mündet. Das
Lager befand sich jedenfalls vor diesem Zuflüsse, von
Lerida aus, da Gäsar von dort in Schlachtordnung gegen
Berda anrückt (triplici instructa acie c. 41,2) ohne den
Flussübergang zu erwähnen. Auch die Marschweite
dieses Tages (10 km bis zum Fort Garden, auf dem die
Pompejaner lagerten) ist angemessen, denn die cäsa-
rischen Truppen standen lange in Gefechtsstellung und
konnten schliesslich doch noch vor Abend den 15 Fuss
breiten Graben ausheben, der die Front flir die Nacht
gegen die Feinde deckte. Hiermit stimmt femer [die fol-
gende Erwägung. Plauens (c. 40) war mit zwei Le-
*) Ch. Guischar d (nomm^ Quintus Icilius), M^moires criti-
ques et historiques sur plusieurs points d'antiquit^s militaires.
Berlin 1773. I p. 115.
— 6 —
gionen ttber die Brttcke am Lager auf das linke Segre-
ufer gegangen. Als nun diese Brücke plötzlich zn-
sammenbrachy schickte Fabius sofort zwei Legionen über
die obere Brücke nach; Afranius aber, der durch die
vorüberschwimmenden Trümmer Kunde von dem Vorfall
erhalten hatte, rückte über die Brücke bei Ilerda gegen
Plauens an. Die pompejanischen ßeiter erreichten den
Feind bald, aber die vier*) Legionen kamen erst an,
als die cäsarischen Unterstütznngstruppen auch schon
eintrafen. Letztere hatten bis zur oberen Brücke 6 km
{= 4t milia passuum) und am linken Ufer wieder abwärts
im ganzen 12 km (8 milia passuum) zurückgelegt, die
Pompejaner waren natürlich erst später ausgerückt und
konnten also bis zur selben Zeit etwa 10 km weit mar-
schieren: dies ist ziemlich genau die Entfernung vom
Fort Garden bis zur Noguera-Mündung.
Die obere Brücke befand sich also bei Termens,
6 km oberhalb Corbms, wo noch heute eine Fähre oder
Furt den Übergang über den Fluss vermittelt.**)
''') c. 40,4 legiones IUI (Dübner) i^t besser beglaubigt als
III (Nipperdey), vgl. Meusel, Jahresberichte des philol. Vereins
XI S. 182.
**) M^moires du Mar^chal Suchet, duc d'Albufera sur ses
eainpagnes en Espagne, depuis 1808 jusqu^en 1814. Berits par
hii-m^me. Paris 1828. Vgl. Atlas Blatt No. 8.
- 7
Cäsars Ankunft. Das neue Lager.
Das Gefecht bei lierda.
Zwei Tage nach dem Zusammensturz der Brücke
am Lager traf Cäsar selbst ein, und sofort nahm die
Kriegführung einen anderen Charakter an. Er befahl
die Brücke noch in der folgenden Nacht fertig zu stellen,
Hess nur 6 Cohorten zum Schutze derselben und des
zurückbleibenden Trosses im Lager, mit allen übrigen
Truppen rückte er in Schlachtordnung gegen das Lager
der Feinde an. Afranius führte zwar seine Truppen vor
das Lager, verliess aber den Hügel, auf dem er stand,
nicht; er hatte keinen Grund, seine treffliche Position
aufzugeben, um einen Kampf zu wagen, dessen Aus-
gang seine Vernichtung zur Folge haben konnte. Ver-
mutlich rechnete auch Cäsar nicht auf eine Schlacht, es
genügte ihm, seine Überlegenheit zu zeigen, um dadurch
die spanischen Völker für sich zu gewinnen, die ge-
wohnt waren, sich dem Stärkeren anzuschliessen.*)
Cäsar liess seine beiden ersten Treffen in Schlacht-
ordnung stehen, dem dritten gab er Befehl, etwa
400 passus (600 Meter) vom Fusse des feindlichen Lager-
hügels einen Graben von 15 Fuss Breite auszuheben,
der die Front des künftigen Lagers bilden sollte. Hinter
diesen Graben zog Cäsar gegen Abend seine Truppen
zurück, die Art dieser Bewegung beschreibt Guischard**)
nach Livius XXXXÜII 37, 1—4, und liess sie dort unter
Anwendung aller Sicherheitsmassregeln, welche die ge-
fährliche Stellung erforderte, ausruhen. Am folgenden
*) Guischard a. a. 0. I S. 89.
*♦) Guischard a. a. 0. I S. 237.
- 8 —
Tage vollendete Cäsar trotz der drohenden Haltung des
Feindes die drei anderen Gräben und am dritten Tage
zog er bereits den Tross und die 6 zurückgebliebenen
Cohorten in das neue Lager^ das nun auch mit einem
Walle versehen wurde.
Cäsar hatte aber mit dieser neuen Stellung, dicht
am Feind, noch nichts gewonnen, so lange den Pompe-
janem die Verbindung mit der Brücke bei Derda ver-
blieb. Er fasste also den kühnen Entschluss, sich
zwischen das Lager und die Stadt einzudrängen und den
kleinen Hügel, der fast in der Mitte dieser beiden Punkte
liegt, zu besetzen. Zu diesem Zwecke führte er drei
Legionen aus seinem Lager und liess plötzlich die Ante-
signanen einer Legion gegen diesen Hügel aürennen;
aber die Pompejaner waren wohl auf ihrer Hut. Sie
schickten schnell die Cohorten, die vor dem Lager
Wache hielten, vor, warfen die anstürmenden Ante-
signanen und brachten sogar die ganze Legion zum
Weichen. Diesen bei den cäsarischen Legionen uner-
hörten Vorgang, der auf die Truppen einen starken Ein-
druck machte, erklärt Cäsar durch die ungewöhnliche
Kampfweise, welche die pompejanischen Legionen im
Kriege gegen die spanischen Völker angenommen hatten:
sie stürmten heftig an, achteten wenig auf Reih' und
Glied, oft sprangen Einzelne aus der Linie heraus;
wurden sie mit Übermacht angegriffen, gaben sie rasch
ihre Stellung auf, um sich gegen schwächere Punkte zu
wenden. Da die Legionen nach Cäsars ausdrücklicher
Angabe diese Kampfweise von den Spaniern gelernt
hatten, ist es interessant, von einem Augenzeugen*) das
*) H. V. Brandt, über Spanien S. 43. Ganz gleich urteilt,
mit gebülirender Anerkennung der früheren Kriegsleistungen
der Spanier, H. v. Staff, der Befreiungskrieg der Katalonier,
in den Jahren 1808-1814. Breslau 1821. I S. 12.
— 9 —
folgende Urteil über die spamsehen Truppen zur Zeit
der napoleonischen Feldzüge zu vernehmen:
„Während es bei uns ein Ehrenpunkt des stehenden
Heeres ist, in geordneten und geregelten Massen dem
Feinde entgegenzueilen, entsagt der Spanier allen Banden
einer systematischen Kriegffthrung. Bei jedem ernst-
haften Widerstände flieht er in rastloser Flucht vom
Schlachtfelde, selten dass ihn seines Feindes Schwert
erreicht; oft kehrt er in stürmischer Eile zurück, um
gleich darauf aufs Neue zu fliehen. Von jenem Ehr-
gefühl, das unsere Krieger belebt, von jener erhabenen
Euhmbegierde, die sie treibt den Tod zu suchen, um
durch ihn ein neues Leben zu erringen, davon hat der
Spanier keine Ahnung." Vielleicht war auch das
spanische Sprichwort, das v. Brandt oft von Gefangenen
hörte: Lieber will ich, dass die Leute sagen: „Hier
floh er," als „hier starb er," den alten Hispaniem nicht
unbekannt. Solche Grundsätze sind freilich auf die
Dauer verderblich für eine Armee, dieses Mal aber halfen
sie den Pompejanem in der That zum Siege über die
anders geschulten Cäsarianer. Aber die Freude war
nur kurz. Ein paar Worte des Oberfeldherm ermutigten
die Truppen rasch wieder, und nun trieb die neunte
Legion die übermütigen Feinde schnell zurück und den
Berg hinan bis unter die Mauern der Stadt. Jedoch
hatten die tapferen Soldaten, im Eifer die Scharte aus-
zuwetzen, sich zu weit vorgewagt. Sie waren auf einem
schmalen Kücken vorgedrungen, und als nun die Pom-
pejaner dicht vor der Stadt sich umwandten, konnte die
Legion weder vorwärts noch rückwärts. Vor ihnen
standen die Feinde in günstiger Stellung und warfen
von oben ihre Geschosse, hinter ihnen senkte sich der
*) V. Brandt a. a. 0. S. 42.
- 10 -
sclunale Kücken, auf dem sie eben vorgedrungen waren:
der Rückzug auf dieser Linie wäre vernichtend gewesen.
So mussten denn Cäsars Soldaten notgedrungen aus-
halten. Ihre Lage verschlimmerte sich von Stunde zu
Stunde, denn die Feinde konnten sich ungehimdert aus-
dem Lager verstärken, Cäsar aber war kaum im Stande
einzelne Ermüdete abzulösen, vergebens suchte seine
Reiterei die steilen Seitenabhänge jenes Rückens zu er-^
klinmien. Endlich nach fünf schweren Stunden trieben
die Cäsarianer durch einen Angriff mit dem blanken
Schwerte die Feinde den Berg hinan, sie bekamen Luft
und konnten den Rückzug antreten, den die Reiterei,,
der es schliesslich doch noch gelungen war, den Rücken
seitlich zu erklimmen, jetzt mit Erfolg deckte.
Das Ganze dieser Ereignisse lässt sich genau auf
den Karten verfolgen, die der Marschall Suchet seinen
Memoiren beigegeben hat; die Memoiren selbst treten
ergänzend hinzu, uns ein völlig klares Bild von Lerida
und Umgebung zu liefern, wdches, von der Stadt selbst
abgesehen, durchaus den Schilderungen Cäsars entspricht.
Lerida, fast genau in der Mitte zwischen Barcelona
und Saragossa, auf dem rechten Ufer des Segre gelegen,,
ist heute eine Stadt von etwa 20000 Einwohnern, die
mühsam auf dem schmalen Räume zwischen dem Flusse
und dem Schlossberge, auf dem die alte Stadt Ilerda
lag, sich eingedrängt hat. Sie ist elend gebaut, hat
enge, krumme, finstere, schlecht gepflasterte Strassen^
und kontrastiert durch den düstem Anblick ihres Innern
sehr auffallend mit der lachenden Physiognomie der
Landschaft, in deren Mitte sie liegt Eine 196 Schritte
lange, steinerne Brücke, die aus sieben Bogen besteht,,
führt vom linken Ufer in die Stadt; sie ist im Jahre 1727
auf den Pfeilern einer Römerbrücke wieder aufgebaut,,
und bei niedrigem Wasserstande kann man noch deut-
- 11 —
lieh diese alten Unterbauten erkennen.*) Dicht bei der
Brücke, noch in der hier besonders schmalen Sta-dt, er-
hebt sich etwa 70 Meter über dem Flussspiegel der
schon erwähnte Schlossberg und dehnt sich nach rechts
hin aus; er bildet oben ein unregelmässiges Viereck,
dessen äussere Polygonseiten etwa 250 Meter messen.
Auf diesem Plateau befindet sich ein hoher Wartturm,
von weitläufigen und soliden Gebäuden umgeben, ringsum
durch Mauern und Bastionen geschützt, das ist die Cita-
delle von Lerida, der Sitz der alten Ilergeten. Der
Berg fällt nach drei Seiten steil ab, nur die Westseite,
links nach dem Fort Garden zu, ist sanft abgedacht,
von dieser Seite zieht sich auch ein schmaler Rücken,
100—150 Meter breit und fast 600 Meter lang, die
Westseite entlang, in sanfter Neigung,*) aber mit steil
abfallenden Seitenrändem, in die Ebene nördlich der
Stadt hinunter. Allein von dieser Seite her, sagt Suchet,
wäre ein regelrechter Angriflf auf die Citadelle möglich,
doch müsse der Angreifer zuvor Herr des Fort Garden
sein. Dieses Fort, welches also die Westseite der Cita-
delle deckt, liegt auf dem etwa 600 Meter von dem
Schlossberge sich erhebenden Plateau, auf welchem
Afranius und Petreius ihr Lager aufgeschlagen hatten.
Die Höhe dieses Plateaus beträgt nur 40 Meter, vom
Wasserspiegel des Segre aus gerechnet, die Länge 900 bis
1000 Meter, seine Breite im Osten 100, im Westen, von den
wiederholten Einkehlungen abgesehen, etwa 400 Meter.
Zwischen der Citadelle und dem Fort Garden (etwa
*) A. de Laborde, Voyage pittoresque et historique. Paris
1806-1820. I p. 41.
**) Den Herausgebern ist c. 45,5 ein kleiner FeUer der
Überlieferung entgangen; es muss natürlich leni fastigio heissen^
tenui ist entstanden aus leni. Vgl. B. Gall. VII 19,1.
— 12 —
600 Meter*) senkt sich dasTerrain erheblich, bildet aber fast
gerade in der Mitte wieder einen kleinen Httgel; dies ist
der Punkt, gegen den Cäsar seinen ersten Angriff richtete.
Cäsar hatte sich im Norden der Stadt und des feind-
lichen Lagers, 600 Meter vom Fusse des Fort Garden,
im Thale verschanzt. Vor ihm lag also rechts das Fort
Garden, links Uerda, dazwischen die Ebene mit dem
kleinen Hügel in der Mitte. Hier begann der Kampf,
nahe am Lager der Feinde. Bei der Verfolgung aber
kamen die Pompejaner mehr nach Osten, deshalb liefen
sie beim Angriff der neunten Legion nicht ins Lager
zurück, sondern auf die nähere Stadt zu, unter deren
Mauern jener hartnäckige Kampf stattfand.
Cäsars Absicht, den Feind von der Brücke und der
Stadt abzuschneiden, war vereitelt, und es scheint fast,
als hätte die Schlauheit der Feinde an seinem Miss-
erfolge mehr Anteil, als Cäsar zugeben möchte. Gui-
schard hält es für möglich, dass Afranius den kleinen
Hügel absichtlich unbesetzt liess, um den Feind zum
Angriff an dieser Stelle zu verlocken. So weit möchte
ich nicht gehen, aber ich glaube wohl, dass die Flucht
auf Uerda darauf berechnet war, Cäsars Soldaten in die
Falle zu locken, die oben beschriebene Kampfweise der
Pompejaner legt wenigsten diesen Gedanken sehr nahe.
Der Erfolg war zwar nicht so bedeutend, wie die Pom-
pejaner hofften und einander vorredeten, doch war es
immerhin schon etwas, von Cäsar nicht besiegt zu sein,
auf die näheren Umstände kam es dabei wenig an: im
Vergleich mit den Ereignissen in Italien durfte man
dieses Treffen schon für einen grossen Sieg ansehen.
Gleich darauf warf das Glück den Pompejanem noch
ein besseres Loos in den Schoss.
*) Cäsars Angabe c. 43,1 planicies circiter passuum CCG
ist etwas zu klein. Vgl. Suchet I pag. 116.
13
Die Überschwemmung. Die neue Brücke.
Zwei Tage nach diesem Treflfen fiel ein starkes
Regenwetter ein, der Schnee schmolz im Gebirge, und
das Hochwasser im Segre riss beide Brücken des Fabius
hinweg. Cäsar war auf dem schmalen Dreieck zwischen
Segre und Cinca abgeschnitten, die ausgesogene Gegend
konnte das Heer nicht ernähren, dazu war es kurz vor
der Ernte und demnach die Vorratskammern*) so schon
geleert, Zufuhr aus den Nachbarstaaten und aus Gallien
heranzuschaflfen war rein unmöglich, nicht einmal Fleisch
war zu haben, da die Einwohner all ihr Vieh aus Kriegs-
furcht in die Berge getrieben hatten. Die Not in
Cäsars Lager stieg von Tag zu Tage, vergeblich suchten
die Soldaten die Brücken wieder aufzubauen, die Feinde
und der Fluss vereitelten alle Bemühungen. Aus
Gallien kam eine grosse Proviantkolonne heran, sie
musste am jenseitigen Ufer stehen bleiben, fast wäre sie
dem Feinde in die Hände gefallen', doch die gallische
Eeiterbedeckung hielt sich tapfer gegen den Feind, und
so konnte sich die Kolonne mit geringem Verluste in
die Berge retten. Schon jubelten Cäsars Feinde in
Spanien und in Rom laut über seinen Untergang, da
wandte sich plötzlich das Blatt. Cäsar hatte im Lager
Kähne aus leichtem Holz und Weidengeflecht bauen
*) Die Nordafrikaner bewahren das Getreide, wie Tissot
(Recherches sur la campagne de C^sar en Afrique p. 34) bezeugt,
noch heute in Höhlen auf. Da nun Varro de re rust I 67 den-
selben Brauch für das diesseitige Spanien angibt, hat H. J. Heller
(Phil. Anz. 1885 S. 429) die feinsinnige Vermutung ausgesprochen,
es sei c. 48,5 in cavernis statt in hibernis zu lesen.
— 14 —
lassen, diese wurden mit Häuten überzogen und zu
Wagen 33 km (22 milia passuum) stromaufwärts ge-
schaflft. Ehe die Feinde es merkten, war eine Abteilung
Soldaten auf dem linken Ufer, setzte sieh auf dem an-
stossenden Hügel fest und verstärkte sich bis zu einer
Legion. In zwei Tagen war nun eine Brücke fertig,
die Proviantkolonne ward herübergezogen, und gleich-
zeitig erschienen auch zum Schrecken der Pompejaner
die gallischen Reiter Gäsars auf dem linken Ufer, das
sie bald völlig beherrschten.
Der Segre (Sicoris)*), der bedeutendste unter allen
Nebenflüssen des Ebro, der den Ebro überhaupt erst
zum Strome macht, empfängt reiche Wasservorräte durch
seine rechten Zuflüsse, besonders durch die beiden
Nogueren, während der eigentliche QueUfluss nur von
dem niedrigeren Teile des Pyrenäenrückens, der die
nördliche Thalwand der Cerdagne bildet, ernährt wird.
Er durchfliesst das bereits sehr tief eingesenkte Thal
von TJrgel und die fruchtbare Ebene unterhalb der Stadt.
Bei Organyd schliesst sich dieselbe, der Fluss durch-
rauscht einen engen Spalt, bis sich gegen Pons hin das
Thal öflöiet; nun breiten sich auf dem linken Ufer die
schönen und fruchtbaren Gefilde von Agramunt und die
Llanos del Urgel bis in die Gegend von Cervera und
im Süden bis zur Sierra de la Llena aus. Diese Land-
schaften sind jedoch nicht als die erweiterte Thalsohle
des Segre, sondern vielmehr als höher liegende, von
zahlreichen, zwar niederen aber meist scharf abgesetzten,
teilweis sogar felsigen Hügeln unterbrochene Gelände zu
betrachten. Auf dem rechten Ufer bleibt das Thal des
Segre bis gegen Balaguer hin von höheren Gebirgen
beengt. Diese bilden zwischen dem Segre und der
*) V. Roon a. a. 0. S. 208 ff.
— 15 —
Nognera Pallaresa ein sehr verwickeltes, thalreiches
Labyrinth gewaltig zerklüfteter Felsenmassen, welche
das angebautere, wegsamere, dennoch aber sehr defilee-
reiche Bergland zwischen den beiden Nogueren sowohl
an Wildheit als an Höhe übertreflfen. Von Balaguer bis
zur Mündung der Noguera Ribagorzana wird das rechte
Segreufer noch von niederem Berglande beengt; erst
hier tritt das Gebirge auch von dem rechten Ufer ganz
zurück, und macht dem wohlbewässerten und angebauten
hügeligen Gelände Kaum, welches sich unter dem Namen
der Noguera ausbreitet und eine Meile unterhalb Lerida
schliesst. Dann tritt der Segre von neuem und bis zu
seiner Mündung Mequinenza gegenüber, in ein enges
Thal, dessen Ränder zwar nicht hoch, aber steil, kahl
und felsig sind.
Die Breite des Flusses, welche im Thal von ürgel,
bei einer Tiefe von 3 — 5 Fuss, bereits 26—33 Schritte
beträgt, wächst unterhalb Balaguer bald bis zu 120,
und misst an der Brücke von Lerida 196, an der Mün-
dung, bei Mequinenza, 175 Schritte. Der Segre bleibt
auch nach seinem Eintritte in die Ebene ungemein
schnell und reissend. Sein Wasserstand ist ausser-
ordentlich ungleich. Gewöhnlich fängt das jährliche
Hochwasser in den ersten Tagen des Mai's an, wo die
Schneeschmelze im Gebirge beginnt; dann beträgt seine
Tiefe bei Lerida 6—10 Fuss, alle Furten werden un-
gangbar. Ungewöhnlich schnelle Schneeschmelze oder
anhaltende Regengüsse, die hinzutreten, verwandeln die
Ebene auf dem rechten Ufer, die Noguera, teilweise in einen
See. Bisweilen treten solche Überschwemmungen auch zu
anderen Jahreszeiten ein bei besonders starkem und an-
haltendem Regenwetter. Meist vergehen 10 bis 12 Tage
nach dem Aufhören der Ursache, bevor die Überschwem-
mungen des Segre verrinnen, die Gewässer auf ihren
— 16 —
gewöhnlichen Stand znrücksinken, und die Fürten wieder
gangbar werden. Ausserdem aber reicht auch jeder
Gewitterregen hin, den Fluss, wenn auch nur für wenige
Stunden, so anwachsen zu lassen, dass alle Verbindung
zwischen beiden Ufern gänzlich aufgehoben wird. So-
mit hat der Segre den unbeständigen und verräterischen
Charakter eines kolossalen Torrente. Die Schiffahrt ist
sehr unbedeutend, nur flache Barken können ihn be-
fahren und auch nur bis Lerida.
Ganz gleicher Art ist der Charakter des Cinca*)
(Cinga), der von den schneereichen Pyrenäenregionen
des Mont Perdu und den Gewässern, die von der be-
eisten Maladetta abfliessen, ernährt wird. In der Gegend
von Barbaströ verlässt er die pyrenäischen Vorgebirge,
durchfliesst dann, aber zwischen steilen, nicht selten
felsigen Thalrändem, eine flachere Gegend, und tritt an
der Mündung des Alcanadre aus einer breiten Thalmulde
in einen engen Erdspalt, dessen Ränder um so höher
und steiler erscheinen, je tiefer sich das Niveau des
Flusses zwischen ihnen hinabsenkt. Die Vereinigung
mit dem Segre erfolgt bei la Granja de Escarp, kaum
10 km oberhalb der Segremttndung.
Beide Flüsse haben durch ihre plötzlichen und ge-
waltigen Überschwemmungen zu allen Zeiten einen be-
deutenden Einfluss auf die Kxiegtührung in Catalonien
ausgeübt; so oft Fremdlinge eindrangen, kamen den
Cataloniem diese treuen Bundesgenossen zu Hilfe, und
sie haben ihnen wohl noch mehr genützt als die ver-
derblichen Sommermonate, Juli bis September, welche
die Spanier oft für ihre besten Generäle erklärten. So
brachte ina Jahre 1809 der Cinca den Franzosen einen
*) V. Roon a. a. 0. S. 194.
— 17 —
herben Verlust, den Suchet*) nur kurz meldet, um den
sonst so verdienten General Habert nicht tadehi zu
müssen, aber H. v. Brandt, der als Lieutenant in der
Legion de la Vistule am Feldzuge teilnahm, erzählt uns
den Hergang ganz genau. Die Brigade Habert war im
April 1809 von Saragossa abgerückt, um den General
Perena aus den Gebirgen am Cinca und Segre zu ver-
treiben. Am 15. Mai suchten die Franzosen vergebens,
den Übergang über den Cinca bei Alcolea zu erzwingen,
der Feind verteidigte das linke Ufer hartnäckig. Was
am folgenden Tage geschah, beschreibt unser Augen-
zeuge**) also: ^Am 16. Mai setzten wir uns etwas früher
wie gewöhnlich, aber dennoch erst gegen 7 Uhr auf
Pomar am Cinca in Bewegung, wo sich zwei kleine
Fähren, von denen jede etwa eine gute halbe Kom-
pagnie fassen konnte, befanden. Wir marschierten am
Ufer auf, und unter dem Schutze einiger Kanonen be-
gann man die Voltigeurs des 74. und 116. französischen
und des 2. Weichsel-Regiments und die Grenadiere des
116. Regiments, in Allem 8 Kompagnien und 50 Kü-
rassiere überzuschiflFen. Die Sache ging rasch und gut
von Statten. Die Musketier -Kompagnie unseres Regi-
ments rückte eben gegen den Fluss vor, eine halbe
Kompagnie des 1. Bataillons war bereits auf der Fähre,
als wir einen der Fährleute, der zum General geeilt
war, von diesem unter heftigen Worten mit Fusstritten
regaliert sahen. Niemand wusste sich dies zu erklären,
und erst später hörten wir, dass der alte, in seinem Ge-
schäft routinierte Fährmann den General gewarnt hatte,
nicht mehr Truppen übereetzen zu lassen, weil in Folge
*) Suchet, M^moires I p. 17.
**) Aus dem Leben des Generals der Infanterie H. v. Brandt.
Berlin 1868. I S. 62 ff.
Schneider, Uerda. 2
— 18 —
eines im Gebirge gefallenen Wolkenbruchs binnen
Kurzem das Wasser sehr steigen würde. Diese Meldung^
welche den General ausser sich gebracht, sollte sich nur
zu bald bestätigen. Das Wasser wuchs urplötzlich und
stürzte mit solcher Gewalt in das Flussbett, dass man
eilen musste, die bereits eingeschiflften Musketiere wieder
ans Land zu setzen. Die Gewalt des Stromes rollte
grosse Steine, Felsblöcke und Bäume vor sich her, riss
die Taue der Fähre wie Bindfaden entzwei und über-
schwemmte bald die beiden Ufer in dem Masse, dass
die Truppen dieselben verlassen mussten, um sich auf
den Thalrand des Flussbettes zu retten. Dabei war die
Atmosphäre über uns noch ziemlich klar, und nur nach
dem Gebirge zu war der Himmel geschwärzt und mit
leichten, kleinen Wolken bezogen." Man begreift nach
dieser Schilderung leicht, wie die hölzernen Brücken des
Fabius im Nu von dem anschwellenden Segre zertrüm-
mert werden konnten; nur eine feste Steinbrücke, wie
die bei Ilerda, vermag solcher Riesengewalt zu trotzen.
Cäsars Lage war um so peinlicher, als er die gallische
Proviantkolonne am linken Ufer vor sich sah und doch
nicht erreichen konnte. Wahrscheinlich war auch diese
Kolonne nicht über den Col de la Perche direkt ins
Segrethai, sondern über den Col Pertus hereingezogen.
Wollten die Pompejaner dieselbe abfangen, und das war
doch gewiss ihre Absicht, so mussten sie den Zug erst
aus der Bergkette, die den Llobregat vom Segre
scheidet, herauslassen, bei einem früheren Angriffe
konnte in dem defileereichen Terrain die Bedeckungs-
mannschaft ohne Schwierigkeit gegen die Überzahl der
Pompejaner standhalten und den Ihrigen den Rückzug
sichern. Dass schliesslich das Unternehmen des Afranius
doch diesen Ausgang nahm, lag nicht an der Schuld des
Feldherrn, sondern an dem Ungestüm der spanischen
-~ 19 —
Reiter und dem unerschrockenen Benehmen ihrer
gallischen Gegner.*) Statt die Feinde zu umgehen und
ihnen den Rückzug abzuschneiden, warfen sich die
Spanier sofort auf die ungeordneten Scharen, ohne den
Anmarsch der drei Legionen zu erwarten. Sie fanden
jedoch an den gallischen Reitern einen unerwarteten
und hartnäckigen Widerstand, den die Rutenischen
Bogenschützen wirksam unterstützten. Als endlich die
pompejanischen Legionen anrückten, mussten natürlich
die Gallier, die lange genug der Überzahl getrotzt hatten,
zurückweichen und zweihundert Bogenschützen dem
Feinde preisgeben, aber die Kolonne war gerettet.
Neben der Furcht vor einem Angriffe Cäsars auf das
Lager bei Ilerda, war es wohl hauptsächlich die
wackere Haltung der gallischen Reiter, welche die Pom-
pejaner veranlasste, ihr Unternehmen nunmehr ganz aufzu-
geben, sie hielten jedenfalls die Bedeckung für erheblich
stärker, als diese in Wirklichkeit war. Vielleicht hatte
auch der Dualismus in der Leitung des pompejanischen
Heeres an diesem Misserfolge seinen Anteil, genug, die
Kolonne blieb unbehelligt auf den Höhen beiCamarasa,
bis es Cäsar gelang, sie an sich zu ziehen. Camarasa
ist vom Fort Garden, bei dem Cäsars Lager sich befand,
33 V2 km entfernt, 3 km abwärts liegt auf dem rechten
Segreufer Llorens, zwischen diesen beiden Punkten
(22 milia passuum vom Lager) bewerkstelligte Cäsar
seinen Übergang, erst auf den leichten Kähnen, dann
auf der festen Holzbrücke, die ihm nun wieder den Zu-
gaiig in die reiche Ebene des linken Segreufers sicherte.
An derselben Stelle überschritt im Jahre 1645 der Graf
Harcourt den Fluss, und auch die Brücken des Grafen
Starenberg, der im spanischen Erbfolgekriege (1709) sein
*) Guischard, M^moires I p. 339.
— 20 —
Lager bei Balaguer aufgesehlagen hatte, befanden sich
dicht bei Llorens.*) Die steinerne Brücke bei Cama-
rasa, welche man bei Suchet Tafel 3 findet, ist im
Jahre 1810 von den Franzosen zerstört und seitdem,
wie es scheint, nicht wieder aufgebaut worden.
Die Furt.
Die cäsarische Reiterei hatte die Feinde bald so
eingeschüchtert, dass diese nur mit ausserordentlichen
Sicherheitsmassregeln und endlich blos noch zur Nacht-
zeit zu fourragieren wagten. Aus Massilia kamen gute
Nachrichten, die den Mut der Cäsarianer nicht wenig
hoben, die Spanier wandten sich jetzt entschieden auf
Cäsars Seite, selbst die Hilfstruppen im feindlichen
Lager wurden unsicher. Alles schien jetzt Cäsars
Sieg zu sichern. Und doch war eigentlich noch nichts
gewonnen. Noch immer standen die Pompejaner unbe-
rührt in ihrer festen Stellung, ihre Vorräte hielten noch
eine gute Weile aus und nachher konnten sie sich ohne
Gefahr hinter den Ebro zurückziehen, wo sie den Krieg
leicht bis zum Winter gegen Cäsar fortzuführen ver-
mochten. Wollte Cäsar ihnen diesen Ausweg verlegen,
so musste er unbedingt einen näheren Übergang über
den Segre schaflfen, denn ehe er über Llorens bis in die
Gegend von Lerida kommen konnte, waren die Feinde,
wenn sie sich beeilten, schon am Ebro, kaum dass die
Reiterei noch ein paar Nachzügler am Flusse hätte er-
wischen können. Er beschloss also, einen Teil des
*) Guischard, Memoires II p. 40.
— 21 —
Segre abzuleiten, um, zunächst nur für die Reiterei, eine
Furt herzustellen. An diesem Werke ward rastlos ge-
arbeitet, und es näherte sich schon seiner Vollendung,
da gaben die Pompejaner ihre Stellung auf, um sich
über eine Schiflfbrücke bei Octogesa hinter den Ebro
zurückzuziehen.
Von diesem Versuche Cäsars, künstlich eine Furt
im Flusse zu schaffen oder doch wiederherzustellen,
machen sich die meisten Leser, wie ich glaube, eine
falsche Vorstellung. Die Sache ist nicht so einfach, wie
sie dem Laien auf den ersten Blick erscheint, denn
Seitengräben, die unten wieder im Flusse münden, füllen
sich in kurzer Zeit und nehmen dann von dem stetig
nachdringenden Wasser des Flusses wenig oder gar
nichts mehr auf, sie können also das Niveau des Flusses
auch nicht herabmindern. Vegetius ist sehr im Irrtum,
wenn er ganz allgemein die Regel aufstellt: einen zu
tiefen Fluss solle man, falls er durch ebenes Terrain
fliesse, durch Gräben teilen, dann könne man ihn durch-
waten.*) Die Sachverständigen sind durchaus entgegen-
gesetzter Meinung, ja der Marschall Puysegur ist sehr
zweifehaft, ob dies Unternehmen überhaupt in so kurzer
Zeit ausführbar sei, wie sie CäS2|,r gegeben war. Seine
Bedenken widerlegt 6 ui s ch ar d**) sehr ausführlich. Vor
allen Dingen ist festzuhalten, dass Cäsars Verfahren nicht
ein Mittel ist, dass man überall anwenden kann, um
irgend einen Fluss an beliebiger Stelle gangbar zu
machen, sondern der Erfolg ist an ganz bestimmte
Eigenschaften des Flusses und seiner Umgebung ge-
*) Vegetius de re militari III 7: At cum altior fluctus nee
equitem nee peditem patitur, si per plana decurrat, ductis multi-
fariam epargitur fossis, divisusque facile transitur.
**) Guischard, M^moires II, p. 61.
~ 22 —
bunden, mit anderen Worten: derFluss muss ein starkes
Gefälle haben und das Seitenterrain muss tiefer liegen
als die Flussränder. Beide Bedingungen erftUt der Segre
zwischen Corbins und Lerida.
Fast in der Mitte dieser Strecke, 4V2 km über der
Brücke von Lerida, teilt sich der Fluss in mehrere
Arme, die durch Sand- und Kiesbänke getrennt, sich
bald mehr bald weniger von einander entfernen, bis sie
etwa 2 km tiefer sich wieder vereinen und bis zur
Brücke von Lerida zusammenbleiben: dort, also 3— 4 km
oberhalb Lerida, muss Cäsar die Furt gesucht haben.
Auf Grund sehr eingehender Berechnungen ist Guischard
zu folgenden Resultaten gelangt. Cäsar beabsichtigte
eine Furt', die durch das Hochwasser ungangbar ge-
worden war, wieder herzustellen, es galt demnach den
Wasserstand von 6 Fuss auf 372— 4 Fuss herabzu-
drücken, d. h. ein Drittel des ganzen Flusses abzuleiten.
Der Segre hat bei Corbins eine mittlere Breite von
240 Fuss, somit beträgt das Profil der abzuleitenden
Wassermenge 480 Quadratfuss, da 2 Fuss weggenommen
werden sollen. Nun fliesst der Fluss bei Corbins mit
einer Schnelligkeit von 2 Fuss in der Sekunde, also
7200 Fuss in der Stunde, das ergibt eine abzuleitende
Wassermenge von 3 406 000 Kubikfuss für jede Stunde.
— Der fruchtbare Kessel auf dem rechten Segreufer,
südwestlich von Corbins, liegt etwas tiefer als die Ufer
des Segre, und das Terrain senkt sich in der Richtong
nach Südwesten, wenn auch unbedeutend, weiter dem
Seitenarme zu, den die Noguera Kibagorzana rechtshin
entsendet und der erst unter Lerida in den Segre
mündet. Etwa in der Mitte dieses ebenen Kessels,
1000 Klaftern vom Segre, Hess Cäsar ein Bassin aus-
heben von 6 Fuss Tiefe, 700 Klaftern Breite und
— 23 -
1200 Klaftern Länge. Dann zog er vom Segre bis zum
Bassin 8 Gräben von je 30 Fuss Breite, mit 3 Fuss
Tiefe am Eingang nnd 6 Fuss Tiefe am Ausgang, in
einem Abstände von je 15 Klaftern, und durch diese
Gräben, deren Gesamtbreite also der Breite des Flusses
glich, flössen in der Stunde jene 3 456 000 Kubikfuss
Wasser ins Bassin ab. In 9 Stunden wäre das Bassin
gefüllt gewesen, darum sorgte Cäsar für dessen Abfluss
durch einen Abzugskanal von 1200 Klaftern Länge, der
in den oben erwähnten rechten Seitenarm der Noguera
Ribagorzana führte. Die sehr bedeutenden Dimensionen
dieses Baues erfordern natürlich einen erheblichen Auf-
wand von Zeit und Kräften, Guischard hält aber die
Ausführung unter den gegebenen Umständen für mög-
lich und beruft sich auf die detaillierten Berechnungen,
welche der Baron d'Arletan darüber angestellt habe.*)
Übrigens ist bei diesen Erwägungen nicht zu übersehen,
dass die Arbeiten noch nicht ganz vollendet waren, als
Cäsar die Furt benutzte, man muss also bei der Berech-
nung noch ein paar Tage zugeben, und dass femer das
stete Sinken des Hochwassers Cäsars Zweck sehr erheb-
lich förderte. Man wird vielleicht die Frage aufwerfen,
warum Cäsar nicht lieber eine zweite Brücke gebaut
habe, wenn die Schwierigkeiten, die Furt gangbar zu
machen, so gross waren. Daran hinderte ihn aber die
Nähe der gesamten feindlichen Streitmacht und zugleich
der Mangel an Holz, an dem die Umgebung von Lerida
leidet. Nachdem die Cäsarianer schon 4 Brücken und
2 Lager erbaut hatten, war gewiss schon der ganze Vorrat
aufgebraucht. Die Franzosen schafften im Jahre 1823 ihre
*) d'Arletan's Untersuchung ist mir unbekannt geblieben.
Wahrscheinlich befindet sie sich unter den Manuskripten, die
der Verfasser für Friedrich den Grossen abfasste.
— 24 —
Schanzkörbe und Faschinen zu Wagen von Pamplona
nach Lerida, 200 km weit, da sie erfahren hatten, dass
die Belagerer von Lerida in den früheren Kriegen aus
Not zu Weinreben hatten greifen müssen.*)
Der Abmarsch der Pompejaner.
Die Kapitulation.
Um Cäsar über ihre eigentliche Absicht zu täuschen,
hatten die Pompejaner zwei Legionen über den Segre
geführt und sich dort verschanzen lassen; aber jener
hatte durch seine Spione bereits sichere Kunde von dem
bevorstehenden Abmärsche erhalten und Hess darum mit
doppeltem Eifer an der Ableitung des Flusses arbeiten.*)
Fast gleichzeitig trafen die beiden Nachrichten ein, dass
die Schiffbrücke beiOctogesa vollendet sei und dass die
Furt im Segre von der Reiterei überschritten werden
könne. Sobald sich also die Pompejaner in Bewegung
setzten, waren auch schon die gallischen Reiter auf dem
linken Segreufer und hielten den Marsch der Feinde so
erfolgreich auf, dass Cäsar trotz des Aufenthaltes an der
Furt und des Umweges von 9 km (6 milia passuum) um
die neunte Tagesstunde mit seinen Legionen die Feinde
einholte. Offenbar waren die Pompejaner auf einen
Angriff gar nicht gefasst und deshalb geriet ihr Zug
*) Relation des Operations de Tartillerie fran^aise en 1823.
Paris 1835. pag. 77.
*) Guischard a. a. 0. II 36.
— 25 —
beim plötzlichen Erseheinen der gallischen Keiter fast
völlig ins Stocken: konnte doch Cäsar selbst in gleicher
Situation während des afrikanischen Feldzugs kaum
100 Passus in der Stunde zurücklegen.*) Als Cäsars
Legionen anrückten, machten die Pompejaner auf höher
gelegenem Orte Halt und erwarteten den Angriff, Cäsar
aber liess seine ermüdeten Truppen in der Ebene rasten,
erst als die Feinde Miene machten, ihren Marsch fortzu-
setzen, liess er auch seine Legionen wieder vorrücken.
So zwang er die Pompejaner schliesslich, ihren Weiter-
marsch für jetzt aufzugeben und ein Lager aufzuschlagen,
in dessen unmittelbarer Nähe er sich selbst verschanzte.
Hätten die Feinde noch fünf milia passuum an diesem
Tage weiter marschieren können, so war ihr Rückzug
über den Ebro gesichert, denn dort begannen die Berge,
deren Zugang sich leicht gegen den nachdringenden
Feind so lange verteidigen liess, bis der Übergang über
die Schiffbrücke bewerkstelligt war. Vergebens suchten
die Pompejaner in der Nacht ihren Fehler gut zu
machen, der Plan ward verraten, und das Alarmsignal
im cäsarischen Lager erschreckte sie so, dass sie den
Abmarsch aufgaben.
Von diesem Augenblicke an herrschte im pom-
pejanischen Lager völlige Ratlosigkeit, die durch die
Verschiedenheit der beiden Heerführer noch vermehrt
wurde. Noch war Rettung möglich, wenn der vor-
sichtige Afranius Zeit gewann, durch sichere Defen-
sive Cäsars Legionen, die ohne genügende Verpflegung
ausgezogen waren, zu ermüden, oder wenn Petreius
durch kühnes Wagen den Legionen den Durchgang
erzwang, mochte auch das Gepäck verloren gehen:
**) Bell. Afr. 70,1: Cum iam ad solis occasum esset et non
totos C passus in horam esset progressus.
- 26 —
aber die sich durchkreuzenden Pläne beider Feldherr»
mussten den Untergang des Heeres herbeiführen. In:
dieser ünentschiedenheit verlor man einen ganzen Tag-
und verbrachte ihn mit einer Recognoscierung, deren
Resultat bereits bekannt war, oder doch hätte bekannt
sein müssen. Für Cäsar ward dieser Tag der erste
Schritt zum sicheren Siege. Er schickte den bewährten
Celtiberen L. Decidius Saxa auf Recognoscierung aus,*)
und dieser brachte ihm die erfreuliche Kunde, dass man
durch einen zwar sehr beschwerlichen aber doch aus-
führbaren Marsch jenes Defilee, durch welches der Weg
nach Octogesa führe, vor Ankunft des Feindes erreichen
könne, vorausgesetzt, dass man diese Absicht möglichst
lange verberge und durch die Reiterei den Vormarsch
der Pompejaner wirksam verzögere. Die Feinde hatten
diesen Weg für unmöglich gehalten: es war das Unglück
der Gegner Cäsars, dass sie immer nur nach ihrer
eigenen Fassungskraft die Mittel berechneten, die dieser
grosse Mann in der Bedrängnis zu finden wusste.**}
Mit lautem Jubel und übermütigen Spottreden begleiteten
die Soldaten des Afranius die Cäsarianer, als diese mit
<iem Morgengrauen des zweiten Tages in der Richtung
auf Ilerda aufbrachen. Sie versäumten darüber ganz
ihren eigenen Abmarsch, bis sie endlich ihren Irrtum
bemerkten, als die Spitze der Feinde bereits die Höhen
über dem Lager erreicht hatte. Nun brachen sie in
aller Eile auf, aber es war schon zu spät, die gallischen
Reiter griflfen heftig an, und so erreichte Cäsar trotz
*) Saxa ward später von Cäsar sehr begünstigt und stand
bei Antonius in hohem Ansehn. Cicero nennt ihn Phil. XI
§ 12: Saxa nescio quis, quem nobis Caesar ex ultima Celtiberia
tribunum plebis dedit, castrorum antea metator, nunc, ut sperat,
urbis. Er starb als Statthalter von Syrien im Jahre 41 v. Chr»
**) Guischard a. a. 0. II 111.
— 27 —
des unwegsamen Terrains' zuerst den entscheidenden
Punkt. Seine Legionen traten den Pompejanem in
Schlachtordnung entgegen, und diese, nun von zwei
Seiten bedrängt, machten auf einem Hügel Halt. Ver-
gebens ermannten sie sich zu einem letzten Versuche,
sie schickten vier Cohorten gegen einen hohen Berg
vor, um sich den Übergang über das Gebirge zu sichern:
die galliscten Reiter waren flink bei der Hand und
hieben die ganze Abteilung vor den Augen beider Heere
zusanunen. Jetzt hätte Cäsar die ganze feindliche
Streitmacht mit einem Schlage vernichten können, aber
er hielt das ungestüme Drängen seiner Soldaten nieder,
nahm seine Truppen etwas zurück und gab dadurch den
Feinden Gelegenheit, sich in ihr Lager zurückzuziehen.
Er besetzte die Berge ringsum, schnitt dadurch den
Feinden jeden Weg zum Ebro ab und befestigte dicht
beim Lager der Pompejaner sein eigenes Lager.
Die pompejanische Armee war nunmehr verloren,
denn der Rückzug auf Tarraco oder Ilerda blieb doch,
selbst im günstigsten Falle, nur ein Mittel, die schliess-
liche Entscheidung noch auf kurze Zeit hinauszuschieben.
Afranius gab das Spiel auf, und gewiss mancher Andere
mit ihm, nur Petreius verhinderte noch die Übergabe, er
leitete in, den letzten Tagen das Heer allein, aber jetzt
war's zu spät. Das Benehmen des Petreius, sagt Gui-
schard,*) ist ein Muster von Entschlossenheit und Mut,
und man ist geneigt, diesen alten braven Kriegsmann
zu beklagen, dessen Eifer und Treue nur dazu dienten,
die schimpfliche Kapitulation seines Heeres um ein paar
*) a. a. 0. II 147. Petreius sammelte später die Beste der
pompejanischen Truppen in Afrika, nach der Schacht bei Thapsus
gab er sieb selbst den Tod.
— 28 —
Tage hinauszuschieben. Das Lager der Pompejaner
war vom Wasser ziemlich weit entfernt, die Wasserträger
wurden unterwegs von Cäsars Reitern angegriffen und
konnten nur mühsam gedeckt werden. Man mosste einen
Wall zum Wasser führen, aber während die Feldherm
diese Arbeit persönlich beaufsichtigten, fraternisierten ihre
Truppen im Lager mit den Legionaren Cäsars. Petreius
schritt entschlossen ein, und es gelang ihm wirklich, sie
durch einen neuen Fahneneid an sich zu fesseln. Er
ordnete nunmehr den Rückzug auf Ilerda an, aber die
Schwierigkeiten waren unüberwindlich, nur mühsam
konnte das Heer unter steten Verlusten 6 km (4 milia
passuum) zurücklegen. Die gallische Reiterei drängte
heftig nach, während die spanische den Pompejanem
nicht den geringsten Vorteil verschaffte. Selbst die
Kriegslist half nichts mehr, denn als die Pompejaner
plötzlich ihr Lager wieder verliessen, sassen ihnen die
gallischen Reiter doch gleich wieder auf den Hacken,
und schliesslich mussten jene an höchst ungünstiger
Stelle ihr Lager aufschlagen, das Cäsar dieses Mal mit
ganz besonderer Sorgfalt bewachte. Um Wasser zu er-
halten, schanzten sie nun die ganze Nacht und den Tag
dazu, aber sie hatten sich in der Richtung getäuscht und
mussten mit dem ganzen Heere ausrücken, um nur die
dringendste Not zu lindern. Inzwischen baute Cäsar
an einer ümwallungslinie, um sich gegen plötzliche
Überfälle zu schützen, doch seine Gegner dachten nicht
daran, sie wollten im ehrlichen Kampfe sich mit dem
Feinde messen. Cäsar wich der Schlacht nicht aus,
griflF aber nicht selber an, und so unterblieb der Kampf;
am Abend zogen beide Heere sich in ihr Lager zurück.
An dem darauf folgenden Tage suchten die Pompejaner
eine Furt im Segre zu gewinnen, aber Cäsar vereitelte
rasch ihr Vorhaben; und nun waren alle Kräfte er-
— 29 —
schöpft, sie mussten sich dem Sieger auf Gnade oder
Ungnade ergeben. Die Kapitulation erfolgte am 2. August
des Jahres 705, an demselben Tage, an dem zwei Jahre
später Pharnaces bei Zela geschlagen ward.*)
Kritik der Spezialkarten.
Für den Schluss des Feldzuges gegen Afranius
und Petreius, vom Abmärsche der Pompejaner bis
zur Kapitulation, fehlen TeiTainaufnahmen, wie sie
zum genauen Verständnis aller Einzelheiten notwendig
wären.**) Das schmale und wenig wegsame Dreieck
zwischen Lerida, Flix und Mequinenza hat
in der späteren Kriegsgeschichte nie mehr eine Rolle
gespielt und wird deshalb inmier nur beiläufig er-
wähnt, eine ausführlichere Karte sucht man vergebens.
*) Fasti Amiterni (2. Aug.) : Feriae quod eo die C. Caes. C. F.
in Hispan. citer. et quod in Ponto eod. die regem Pharnacem
devicit. Vgl. Corp. Inscript. Lat. I p. 324. Dieselbe Angabe,
ohne den Zusatz über Pharnaces, findet sich in den Fasti
Mafieiani und Fasti Antiates C.J.L. I p. 306 und p. 328. Ob
dieses Datum genau dem 10. Juni des Jahres 49 v. Chr. ent-
spreche, wage ich nicht zu entscheiden; jedenfalls kommt der
Ansatz der Wahrheit sehr nahe, weil dann die Überschwemmung
in die Mitte des Monats Mai fällt: die Zeit kurz vor der Ernte
ist für Catalonien der Ausgang desselben Monats. Vgl. Gui-
schard a. a. 0. II p. 323.
**) Die umfassenden Vorarbeiten, die Napoleon III. hat an-
fertigen lassen, sind nicht veröffentlicht worden; da inzwischen
zwanzig Jahre verflossen sind, ist ihr Erscheinen kaum noch zu
erhoffen.
— 30 -.
Guischard gründet zwar seine eingehende und wohl-
dorehdacbte Darstellung dieser letzten Ereignisse auf
sehr detaillierte Zeiehnungen des Terrains, die seiner
Untersuchung beigegeben sind, aber die Vergleichung
mit den späteren Aufnahmen zeigt, dass diese Karten
sehr unrichtig sind: sie geben von der ganzen Gegend
ein vollkommen falsches Bild. Schon die Entfernung
von Lerida bis zum Ebro ist falsch bemessen, denn
sie beträgt in Wirklichkeit 30 milia passuum, wie
V. Göler richtig bemerkt hat, nicht 20, der Text der
Commentarien steht also mit den gegebenen Verhält-
nissen im Widerspruch. Ausserdem ist aber nicht nur
die Lage der Ortschaften zu ändern, sondern auch der
Zug der Hügel- und Bergketten und demgemäss der
Lauf der Gewässer, kurzum die ganze Terraingestaltung.
Es ist natürlich, dass unter diesen Umständen Guischards
Untersuchungen trotz der scharfsinnigen Entwickelungen
im Einzelnen kein richtiges und haltbares Resultat lie-
fern konnten.
Das Kartenmaterial, mit dem v. Göler arbeitete, ist
besser, aber längst nicht so gut, wie er selber glaubte.
Es ist richtig*), dass Guischard sich durch seine unge-
nauen Karten zu falschen Schlüssen hat verleiten lassen,
aber v. Göler macht an derselben Stelle denselben
Fehler, den er bei einiger Vorsicht hätte vermeiden
können. Für ihn bildet die Grundlage: Depot de la
Guerre, Carte de la partie nord-est de FEspagne, faisant
suite ä Celle de la Carte de la France par Capitaine,
continu6e en 1822 et 1823. Diese Aufnahmen verdienen
keineswegs das Lob einer „vorzüglichen Karte," welches
*) A. V. Göler, Caesars Gallischer Krieg und Theile seines
Bürgerkrieges. Zweite Auflage von E. A. v. Göler, Tübingen
1880. II S. 55 Anm. 3.
— 31 —
ihnen v. Göler erteilt, sie sind zwar als Übersichtskarten
zu empfehlen, aber die einzelnen Blätter haben ungleichen
Wert und dürfen nur mit Kritik benutzt werden.*) Mich
wundert sehr, dass v. Göler die ünzuverlässigkeit des
betreflfenden Blattes (Saragosse fUe. 22) nicht selbst ge-
sehen hat, da doch ein Vergleich mit Tafel No. 3 bei
Suchet den Fehler der französischen Generalstabskarte
sofort aufdeckt. Auf dem Blatte „Saragosse'* laufen von
dem Bergrücken, der von la Granja östlich sich nach
Granadella hin erstreckt, zwei Hügelketten, einander
ziemlich parallel, nach Nordosten: die westliche bis Alfes,
die östliche bis Albages, dann verlieren sie sich in der
Ebene. Aus dieser Zeichnung hat v. Göler folgerichtig
geschlossen, dass das Wasser des dazwischen einge-
schlossenen Kessels nach Nordosten, der einzig oflfenen
Seite, abfliesse und in den Rio Sed münde. Dem wider-
spricht jedoch die Terraingestaltung von Alfes und Um-
gebung, die auf Suchet's Karte noch verzeichnet ist: es
fliessen nur kleine Rinnsale, die auf dem Abhänge selbst
entspringen, ins Thal hinunter, aber kein einziger
grösserer Bach. Jener Kessel schickt also sein Wasser
nicht nach Nordosten, sondern, wie auch aus Stielers
Handatlas Blatt 40 hervorgeht, nach Westen, direkt in
den Segre. Also ist die Gebirgspartie am Segre auf
der französischen Generalstabskarte falsch dargestellt, sie
kann keine fortlaufende Kette von la Granja bis Alfes
bilden.
Vermutlich hat v. Göler den Fehler seiner Karte
nicht bemerkt, weil er bei Lucan den Nachweis zu
finden glaubte, dass die Pompejaner aus der Ebene in
diesen Kessel sich hineingezogen hätten. Lucan sagt
Pharsalia IV 157 ff.:
*) V. Roon a. a. 0. S. XLVL
- 32 —
Attollont campo geminae iuga saxea rupes
Valle cavae media, tellus hinc ardua celsos
Continuat coUes, tutae quos inter opaco
Anfractu latuere viae.
Da diese Beschreibung Lucans tnit der Zeichnung
auf der französischen Generalstabskarte zusammenstimmt,
so folgerte von Göler, dass die Pompejaner in der Rich-
tung auf Grannena abgezogen sein, ihr letzter Vorstoss
aber habe sich gegen die Höhen dicht bei la Granja
gerichtet. Er legt auf das Zeugnis des Lucan einen um
so höheren Wert, weil dieser, ein gebomer Spanier,
wohl an Ort und Stelle gewesen sei.*) Dieser Schluss
ist tibereilt. Lucans Heimatsort Corduba ist von Ilerda
etwa 600 km entfernt, also ungefähr so weit wie Tilsit
von Berlin, demnach ist bei ihm eine genaue Ortskenntnis
der Umgebung von Lerida nicht vorauszusetzen, ja sie
ist durch das Zeugnis der zweiten Vita,**) dass Lucan
als Kind von acht Monaten nach Rom gebracht sei, aus-
geschlossen. Denn die Annahme, dass der Dichter in
seinem späteren Leben nach Spanien gereist sei, um
Lokalstudien anzustellen, findet in den Angaben der Vita
keinen Anhalt, und auch Sueton***) spricht nur von einer
Reise nach Athen. Wichtiger jedoch als diese indirekten
Beweise ist die Prüfung der Angaben, die Lucan sonst
über Lerida und Umgebung macht. Aus diesen Angaben
nämlich geht klar hervor, dass Lucan niemals an Ort
und Stelle war. Seine Beschreibung ist nicht allein so
verschwommen, dass die Herausgeber beim besten Willen
♦) V. Göler a. a. 0. II S. 56 Anm. 1.
**) Die Vita Lucani ex commentario antiquissimo wird dem
Grammatiker Vacca (6. Jahrhundert) zugeschrieben, ihre An-
gaben beruhen unzweifelhaft auf sehr alten und zuverlässigen
Notizen.
**♦) ReiflPerscheids Sueton p. 50—52.
— 33 —
sich nicht zurechtfinden konnten, sondern auch nachweis-
lich falsch. Wer den kleinen Hügel zwischen Lerida
und Fort Garden gesehen hat, kann unmöglich sagen
(TV 37): miles rupes oneratus in altas nititur. Diese
Situation hat der Dichter frei erfanden, und danach sind
seine anderen Angaben zu beurteilen: sie dürfen weder
zur Unterstützung und Ergänzung noch zur Widerlegung
der topographischen Mitteilungen in den Connnentarien
benutzt werden.
Das Dreieck zwischen llerda, Octogesa
und der SegremUndung.
Die einzigen Karten, welche wirklich als Grund-
lage für die topographische Untersuchung dienen
können, sind Blatt No. 40 aus Stielers Handatlas
(1 : 1 500 000) und die spanische Provinzialkarte Lerida
von Valverde (1:750000)*); weder die Franzosen,
die doch sonst so viel zur genauen Kenntnis von
Catalonien beigesteuert haben, noch die Spanier selbst,
deren Landesaufnahmen in sehr langsamem Tempo
vorrücken, haben bis jetzt diesen Terrainabschnitt (er
fehlt auch bei Coello) in grösserem Massstabe darge-
stellt. Demgemäss kann natürlich die Beschreibung der
Gegend südlich von Lerida bis zum Ebro nur in groben
Zügen gegeben werden.
*) Valverde, Atlas geogr&fico descriptivo de la Peninsula
Ib^rica Madrid. Edicion del ano 1883. No. 40.
Schneider, Uerda. 3
— 34 —
Im Südosten der Ebene von Urgel steigt bei Mont-
blanch die Sierra de Prades steil empor, daran schliesst
sich im Süden die Sierra de la Llena an, die aber bald
nach Westen umbiegt und bis zur Segremündung in
dieser Richtung fortläuft. Somit bildet also der Rücken
dieses Gebirgszuges den südlichen Abschluss der Ebene
von Urgel und gleichzeitig, wenigstens zum grossen Teil,
die Grenzlinie zwischen den Provinzen Lerida und Tarra-
gona. Der Südabhang fällt steil zum Ebro ab undlässt
bis Garcia hinunter, wo der Fluss sich nach Süden wendet,
für die Ansiedelung am Ufer keinen Raum; Fayon, Ri-
barroja, Flix und Ascö liegen auf dem rechten Ebroufer,
auf dem linken treten die kleinen Ortschaften Almatr6t
und Mayals sehr bedeutend vom Flusse zurück. Viel
sanfter ist die 'Abdachung nach Nordwesten, zum Segre
hin: ein hügeliges Plateau, von zwei parallelen Gewässern,
dem Rio Sed und dem Llobregös en Pino,*) durchschnitten,
setzt sich bis zum Flusse hin fort, gegen den die nicht
hohen, aber kahlen und felsigen Ränder steil abfallen.**)
Auf dem Plateau liegt eine nicht unerhebliche Anzahl
von Ortschaften, es sind aber bloss Dörfer und Flecken,
nur Granadella, von Albi ganz im Osten abgesehen,
macht eine Ausnahme: das ist eine Villa d. h. ein
Mittelding zwischen Dorf und Stadt***) mit 2023 Emwoh-
nem. Eine Landstrasse giebt es nicht, nur schlechte
Karrenwege und Saumpfade vermitteln die Verbindung
zwischen den Ortschaften untereinander und mit den
*) So nennt Valverde in den Erläuterungen zu seiner Karte
den bei Juncosa entspringenden und etwas oberhalb la Granja
mündenden kleinen Fluss, der auf der Karte selbst, wie auch
bei Stieler, namenlos geblieben ist.
**) V. Roon a. a. 0. S. 209.
***) Suchet, M^moires I p. 58 Anm.: Villa est plus que
puehlo (village) et moins que ciudad (cit^).
— 35 —
ferner liegenden Städten. Fttr diese Karrenwege ist
Granadella der Knotenpunkt (pueblo de etapa), von da
gehen die Wege nach den vier Hinunelsiichtungen, nach
Flix, Fraga, Lerida und Rdus, auseinander.*) Das
Terrain ist also nicht unwegsam: französiche Truppen-
abteilungen haben es während des Krieges 1808—1814
wiederholt durchschritten, aber es waren stets nur Fuss-
trnppen und Reiter, die Artillerie ist nie in diese
Gegend eingedrungen. Als Suchet nach der Erstürmung
von Lerida gegen Mequinenza vorrückte, konnte er auf
dem linken Segreufer nur ein Infanterie-Regiment vor-
schieben, die Artillerie musste über Fraga dirigiert
werden.**) Daraus erklärt es sich, dass die aufstän-
dischen Truppen der Spanier aus dem Winkel zwischen
Segre und Ebro niemals ganz vertrieben werden konnten,
obwohl die Franzosen das Land ringsum schon völlig
beherrschten; die ortskundigen Feinde fanden immer
wieder neue Schlupfwinkel, aus denen sie plötzlich her-
vorbrachen, um bald eine schwache Besatzung niederzu-
metzeln, bald einen Transport auf dem Ebro zu über-
fallen. Gegen diese Vorteile des Terrains war die
Tapferkeit der Franzosen und die Umsicht ihres Führers
machtlos.
Ich hoflfe, es ist mir gelungen auf Grund der ge-
nannten beiden Karten und mit Hilfe der beiläufigen
Bemerkungen, die in den kriegsgeschichtlichen Dar-
stellungen sich verstreut finden, ein zwar nur grobes,
aber doch richtiges und deutliches Bild desjenigen Land-
*) Vgl. die Karte von Valverde.
**) Suchet, Memoires I p. 158 und 160. Auf dem linken
Ufer führt ein Saumpfad über la Granja de Escarp nach Mequi-
nenza, man überschreitet den Segre der Festung gegenüber auf
einer Fähre. Vgl. Suchet, Atlas Blatt 6 und v. Roon a. a. 0.
S. 234.
— 36 —
Striches zu entwerfen, den die Pompejaner dorchziehen
mussten, um nach Octogesa zu gelangen.
Octogesa hat man früher vielfach für das heutige
Mequinenza, die kleine Bergfeste zwischen Segie und
Ebro, gehalten; die Lage dieser Stadt entspricht aber
den Angaben Gäsars nicht, denn vom geraden Wege
nach Mequinenza abgedrängt, der den Segre entlang
führt, kann man nicht „mit veränderter Marschrichtung
über die Berge*^ ebendahin gelangen. Suchet*) und
V. Roon**) haben nur aus Versehen die alte Ansicht
wiederholt, welche Guischard***) längst widerlegt hatte.
Man findet bei ihm auf der 8. Karte Octogesa einge-
zeichnet, dicht unter Mequinenza auf dem linken Ebro-
ufer, doch geht aus den vorsichtigen Bemerkungen im
Text hervor, dass er auf die Sicherheit dieser Angabe
verzichtet. Anders v. Göler: er ändert die nachweislich
falsche Lesart c. 61,4: Id erat oppidum positum ad
Hiberum miliaque passuum a castris aberat XX um in
XXX, und weil diese Entfernung ihn bis zum Flecken
Almatr^t führte, so erklärte er kurzweg diesen für Octo-
gesa.f ) Thatsächlich wissen wir von Octogesa weiter
nichts, als dass es eine Stadt am Ebro unterhalb Mequi-
nenza gewesen ist, deren Lage wir nicht bestimmen
können; und das ist gewiss nicht auffällig in einem
Lande, wo die verlassenen Ortschaften so häufig sind,
dass man ein eigenes Wort zu ihrer Bezeichnung ge-
bildet hat.ff ) Cäsar ist der Einzige unter den Alten,
*) Suchet, M^moires I p. 159.
**) V. Roon a. a. 0. S. 186.
*♦*) Guischard a. a. 0. II p. 82.
t) Dass dort für eine Stadt (oppidum) kein Platz sei, zeigt
ein Blick auf die Karte.
tt) Suchet, M^moires I p. 44 Anm.: on dit un despoblado.
~ 37 —
der Octogesa nennt, anch bei den Epitomatoren findet
sich der Name nicht.'*') Eine Zeit lang glaubte man
unter den Bistdmem, welche der Westgotenkönig Wamba
(672 — 681) errichtete, auch Octogesa wiederzufinden als
Ic t o g e s a zwischen Lerida und Tortosa. Leider ist diese
Angabe, die in die deutsche Ausgabe des Forcellini auf-
aufgenommen ist, falsch: jenes Bistum heisst in den
Handschriften Ictosa, nicht Ictogesa**), und ausserdem ist
diese Notiz mit den sonstigen Nachrichten über die west-
gotisehen Bistümer gar nicht zu vereinigen: Ictosa wird
in den Akten der Konzilien nirgends erwähnt und die
angegebenen Grenzen des Sprengeis passen nicht in die
ganze Beschreibung. Florez hat sich damit begnügt,
diese Schwierigkeiten hervorzuheben, Masdeu*'^*) aber hat
dämm das Bistum Ictosa überhaupt aus der Liste der
tarraconensischen Bistümer gestrichen. Somit bietet also
auch die spätere Geschichte Spaniens nicht den gering-
sten Anhaltepunkt, um die Lage des alten Octogesa zu
bestimmen. Es fragt sich, ob nicht die Geographie uns
2um Ziele führt.
Die Wege in der Ebene ändern sich im Laufe der
Zeiten nicht selten, im Gebirge jedoch sind dieselben
von der Natur vorgezeichnet und, wenn nicht eine
Xunststrasse erbaut wird, durch welche man die natür-
lichen Schwierigkeiten beseitigt, so zeigen sie selbst
nach Jahrhunderten kaum die geringste Wandelung.
Damach ist es wahrscheinlich, dass der Weg, den die
*) Dio Cassius XLI 22,1 sagt auch nur o ovy ^Acp^dviog , . .
ävaxbiQriaai ngog t€ xov "ißriQcc xai ngog Tag ixst noUig fyyo},
**) Florez, EspaSa sagrada. Theatro geographico-historico
de la Iglesia de Espana. Madrid 1756. IV p. 238.
***) Masdeu, Historia critica de Espana. Madrid 1792. XI
p. 184.
— 38 —
4
Pompejaner einschlugen, um über den Ebro zu setzen,
derselbe Karrenweg ist, welcher noch heute von Lerida
über Sudanell, Torres de Segre, Alcano und Granadella
nach Flix führt, zumal da dies die einzige Verbindung
zwischen Lerida und dem unteren Ebro ist, denn die
Strasse über Montblanch geht zur Küste, nach Reus und
Tarragona. Ist nun Granadella der Uebergangspunkt
über das Gebirge gewesen, den die Pompejaner zu er-
reichen strebten, so ist damit auch die Lage von Octo-
gesa fest bestimmt, denn von Granadella führt nur ein
einziger Weg zum Ebro, nach Flix. An dieser Stelle
war, wie ich glaube, die Schiffbrücke erbaut, und es
scheint mir eine Bestätigung dieser Annahme zu sein^
dass die Franzosen dort wiederholt den Ebro über-
schritten haben*,) niemals aber weiter oben bis Mequi-
nenza hin.**) Ich will nicht unterlassen hinzuzufügen^
dass V. Gölers ansprechende Vermutung c. 61,4 statt XX
zu schreiben XXX auch für diesen Fall zutrifft, Flix ist
von Ilerda genau 45 km entfernt (= 30 milia passuum),
hat aber vor Almatr^t den Vorzug, dass es wirklich am
Ebro liegt; es ist heute eine Villa mit 1914 Einwohnern.
Nur mit geringer Zuversicht vermag ich die Ver-
mutung auszusprechen, jenes Defilee, dessen Besetzung
den Weg nach Octogesa sicherte und von dem Cäsar
die Feinde durch Umgehung abschnitt, sei die Gegend
dicht bei Granadella. Es steht zwar dieser Ansicht, so
viel ich sehe, nichts gerade entgegen, aber die Karlen
*) Suchet, M^moires I p. 209 und p. 111.
**) Aus diesem Grunde halte ich die Möglichkeit, an Ribar-
roja zu denken für ausgeschlossen. Der Baron Stoffel, der für
Napoleon III. das Terrain aufgenommen hat, schwankte, wie
mir Herr Prof. Kiepert nachträglich mitgeteilt hat, zwischen
Ribarroja und Flix.
— 39 —
sind doch für diese Bestimmung bei weitem nicht aus-
führlich genug. Ich begnüge mich deshalb mit der Be-
merkung, dass in diesem Falle der letzte unglückliche
Verstoss der Pompejaner gegen Llardecans sich rich-
tete; die Kapitulation erfolgte nicht weit vom Segre.
Rückblick.
überblickt man zum Schlüsse noch einmal den Gang
dieses Feldzuges, der über Spanien entschied, denn
Varros Niederlage war nach dieser Kapitulation unver-
meidlich, so bemerkt man leicht auf pompejanischer
Seite eine Reihe von Fehlem, die den beiden Feldherm
Afranius und Petreius zum Vorwurf gemacht werden
müssen. Die Besetzung der Pyrenäen war wohl nicht
mehr möglich, so scheint es wenigstens, aber mit fünf
Legionen liess sich in dem günstigen Terrain des oberen
Cataloniens der Vormarsch des Fabius gewiss aufhalten,
man brauchte ihm den Eintritt in die Ebene von Urgel
nicht zu gestatten. Noch leichter war es, die grosse
Proviantkolonne aus Gallien abzufangen, denn wenn auch
das blinde Dreinfahren der spanischen Reiter, die hier
das einzige Mal und sehr zur Unzeit Mut zeigten, den
ersten Streich vereitelte, so konnte man doch sicherlich
auch dann noch mit drei Legionen jene schwache Be-
deckung bezwingen. Die Unentschlossenheit, die sich
bei dieser AflFaire zeigt und die ganz besonders in den
Tagen vom Abmarsch bis zur Kapitulation hervortritt,
~ 40 —
scheint mir den Zwiespalt zwischen den beiden Feld-
herm anzudenten^ wodurch der Erfolg aller Massregeln
vernichtet wurde. Die alte Kriegsregel, welche Scham-
horst im Eriegsrate des prenssischen Hauptquartiers zu
Erfurt vergebens wiederholte, es komme im Kriege viel
weniger darauf an, was man thue, als dass es mit ge-
höriger Einheit und Kraft geschehe, wurde von den
Pompejanem mehr als einmal verletzt. Man darf die
Schidd nicht auf einen Einzelnen wälzen, wie sehr auch
der Schein gegen Afranius sich richtet, denn es ist zu
vermuten, dass der vorsichtige Afranius zuerst an den
Ettckzug hinter den Ebro dachte und dass Petreius diesen
Ausweg so lange für schimpflich erklärte, bis es zu
spät war. Hätte man Lerida zwei Tage früher ver-
lassen, ehe also die Furt passierbar war, und die Schiff-
brücke bei Octogesa liess sich doch gewiss auch schon
früher fertig stellen, so war Cäsar genötigt, den Krieg
hinter dem Ebro von vom anzufangen, der halbe Som-
mer war für ihn verloren. Ist diese Annahme richtig,
und sie wird wohl richtig sein, da sie dem Charakter
der beiden Feldherm völlig entspricht, so hat auch
Petreius an der Niederlage seinen vollen Schuldanteil,
den seine persönliche Tapferkeit nicht aufhebt. Den
frechen Vorwurf der pompejanischen Heissspome, Afranius
habe seine Legionen verraten, wird keiil Unbefangener
zu wiederholen wagen.*) Grundlos ist auch die Behaup-
tung, dass die ünzuverlässigkeit der Tmppen Cäsars
Sieg erleichtert habe; die Legionen liessen sich wohl
einen Augenblick von Cäsar verleiten, aber sie kehrten
rasch zur alten Treue gegen Pompejus zurück und
*) Afranius nahm an den Schlachten bei Pharsalus und
Thapsus teil, floh dann nach Spanien zurück, wo er den Cäsa-
rianem in die Hände fiel und hingerichtet wurde.
— 41 —
Hessen sich durch die Milde des Siegers nicht abhalten^
scharenweise den Fahnen des Pompejus wieder zuzu-
eilen. Die Kriegsgeschichte lehrt, dass derartige Unfälle
im Kriege fast nie den Truppen zur Last fallen, son-
dern durch die Fehler der Generäle herbeigeführt werden,
deren unglückliche Opfer die Soldaten sind*) Nur die
spanischen Reiter thaten, wie schon mehrfach hervor-
gehoben ist, nicht ihre Schuldigkeit.
Von gewichtigen Beurteilem ist der ganze Kriegs-
plan der Pompejaner, Ilerda zu halten, da doch die
Pyrenäen schon verloren waren, getadelt worden.
Mommsen sagt (Rom. Gesch. HI* 381): „Für eine
Armee, die sich musste belagern lassen, war es eine
vortreffliche Stellung; aber die Verteidigung Spaniens
konnte, nachdem die Besetzung der Pyrenäenlinie ver-
säumt war, doch nur hinter dem Ebro ernstlich aufge-
nommen werden, und da weder eine feste Verbindung
zwischen Ilerda und dem Ebro hergestellt noch dieser
Fluss überbrückt war, so war der Rückzug aus der vor-
läufigen in die wahre Verteidigungsstellung nicht hin-
reichend gesichert." Mir scheint gerade aus dieser Ver-
säumnis, den Rückzug von vornherein zu sichern, hervor-
zugehen, dass die Stellung bei Ilerda eben nicht als
eine vorläufige gedacht war, sondern dazu dienen sollte,
Cäsars Einmarsch und Vordringen völlig zu verhindern.
Die pompejanischen Legaten stellten ihren Kriegsplan
fest, als L. VibuUiu« Rufus nach Spanien gekommen
war, und der war von Pompejus dahin abgeschickt,**)
es ist also wohl anzunehmen, dass der Entschluss, bei
Ilerda Stellung zu nehmen, auf den direkten Einfluss des
Pompejus zurückzuführen ist, der in Spanien sehr gut
*) Guischaxd a. a. 0. II 301.
**) c. 38,1.
Schneider, Uerda.
~ 42 -
Bescheid wusste. Und ich meine, der Plan macht
seinem Feldherrntalent alle Ehre, so sehr auch der Er-
folg dagegen spricht, denn die Umstände, welche den
schlimmen Ausgang herbeiführten, darf man ihm nicht
zurechnen: bei einheitlicher und sicherer Leitung im
pompejanischen Lager wäre es gewiss anders gekommen.
Mir scheint die Stellung, welche Afranius und Petreius
bei Herda einnahmen, derjenigen sehr ähnlich zu sein,
durch die Pompejus selbst in den Tagen vor der Schlacht
bei Pharsalus die cäsarischen Truppen hinhielt, eine
sichere Defensive, die aber jede freie Bewegung des
Feindes vollständig henunt. Ein Kampf unter gleichen
Bedingungen wird gemieden, der Verteidiger wartet ge-
duldig, bis der Gegner sich einmal eine Blosse giebt,
um dann mit überlegenen Kräften aufzutreten. Der Plan
gelang nur einmal, bei Dyrrachium; bei Pharsalus ver-
darb ihn die Ungeduld der Parteigänger, hier bei Ilerda
die Unsicherheit der Legaten und Cäsars überlegenes
Genie. Diesen letzten Faktor kann man nicht berechnen,
und daran scheiterte schliesslich die Kunst des Pom-
pejus, weshalb sie leicht geringer erscheint, als sie ist.
Wie Pompejus urteilte auch v. Roon*) über die Stellung
diesseits des Ebro: „eine Invasion auf der Segrestrasse
würde eine grosse, nicht nur materielle, sondern auch
moralische Überlegenheit von Seiten des Angreifers vor-
aussetzen; derselbe muss des Sieges gewiss sein, oder
sein Spiel steht höchst schwankend: denn eine im Innern
des Landes, etwa in der Gegend von Lerida, erlittene
Niederlage würde nicht allein die ganze Eroberung ge-
fährden, sondern auch, bei dem davon unzertrennlichen,
fortgesetzten, tagelangen Rückzuge durch die schwierigen
Defileen des Segre-Thales, notwendig den völligen Ruin
*) V. Roon a. a. 0. S. 297.
— 43 —
der Invasions-Annee herbeiftthren." Danach war also
die Rechnung des Pompejus vollkommen richtig, aber
gegen ihn kämpften Cäsar und das Glück, das seine
Freude daran zu haben scheint, geschickten und unter-
nehmenden Feldherm zu helfen, wie der Vertraute Frie-
drichs des Grossen sagt.*)
*) Guischard a. a. 0. II 123.
Druck von G. Bernstein in Berlin.
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