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Full text of "Illustrierte aeronautische Mitteilungen - Monatshefte für alle Interessen der Flugtechnik 11.1907"

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Deutsche Luftfahrt 


Oberrheinischer Verein für Luftfahrt, Münchener Verein 
für Luftschiffahrt, Deutschr Luftfahrt-Verband 




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Illustrierte 

Aeronautische Mitteilungen. 

Deutsche Zeitschrift für Luftschiffahrt. 


Organ des Deutschen Luftschiffer-Verbands 
und des Wiener Flugtechnischen Vereins. 


Monatshefte 

für 

alle Interessen der Flugtechnik mit fhren Hilfswissenschaften, 
für aeronautische Industrie und Unternehmungen. 

Redigiert von Dr. H. Elias. 


Elfter Jahrgang 1907 


StraBburg i. E. 

Kommissionsverlag von Karl J. Trübner. 


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Inhalts-V erzeichnis. 


Seite 

Abercron, v., Wettfahrten Düsseldorf 1907 . 178 

--Die Düsseldorfer Ballonwettfahrten am 

8. und 9. Juni 1907 . 287 

-Der Ballon „Düsseldorf*.477 

Abstellvorrichtung, Über eine neue auto¬ 
matische — der Schreibfedern von Regi¬ 
strierapparaten usw., von K. Nimführ... 78 
Abzeichen des Deutschen Luftschiffer¬ 
verbandes .299 

Aero-Club de Belgique. 253, 257 

-Weitfahrtwettbewerb des —, von K. N. . 256 

Aero-Club de France 32,100, 141, 177, 187, 219 

-Weitfahrt des — am 19. Mai 1907 .... 254 

-Weitfahrt des — am 6. Juli 1907 .... 350 

-Internationale Weitfahrt des — am 29. 

September 1907 . 350 

A6ro-Club du Nord de la France. ... 101 

A6ro-Club du Rhone.261 

A6ro-Club du Sud-Ouest . . . .134,187, 261 

- ; Preise des — 1907 . 89, 134 

Aero-Club of St. Louis.101, 171, 187 

Aero-Club of the United Kingdom 177, 187 

-Ausstellung des —.180 

Aerologische Expedition nach Island, 

vou Hildebrandt.361 

Aeronautique-Club de France 68, 100, 141, 

177, 219 

-Landungswettfliegen des —.188 

Aeronautische Ausstellung.135 

Aeronautische Irrtümer, von K. N. . . 43 

Aeronautische Preise. 91 

Aeronautische Übersicht.492 

Aeronautisches Observatorium, Kgl. — 

Lindenberg.195 

-Aus dem Kgl. — Lindenberg, von R. A߬ 
mann .273 

Alpenkette, Die erste Überfliegung der — 
von Italien aus, von A. Pochettino .... 16 

Andree, Das Fest zum Andenken von — in 
Schweden, von R. Jäderlund ..... 328, 384 

Andrec-Plakette.210 

Antoinette-Motor, Warum der — der 
leichteste und bisher der einzig brauch¬ 
bare Motor für Flugmaschinen ist, von 

Kapitän Ferber.171 

Armee-, Marine- und Kolouial-Aus- 

stellung, Berlin 1907 . 176 

Arnulf von Bayern, S. K. H. Prinz — +, 

von K. N.421 

Asel mann, Dr. E., Die Drachenstation der 

deutschen Seewarte.196 

Aß mann, R., Aus dem Kgl. Aeronautischen 

Observatorium Lindenberg.273 

-Die Herstellung von Wasserstoffgas aus 

Calciumhydrür.326 

Astronomische Ortsbestimmung, Die 
— im Ballon und ihre Bedeutung für die 

Luftschiffahrt, von A. Markusc. 20 

Aufgaben, Die — der deutschen Luftschiffer¬ 
vereine, von Dr. K. Bamler.457 


Seite 


Aufmunterungen für Flugapparaterfinder, 

von K. N. 55 

Augsburger Verein für Luftschiffahrt, von 

H. Ziegler.31, 98 

Ausschreibung, Oberrheinischer Verein für 

Luftschiffahrt.129 

-Niederrheinischer Verein für Luftschiff¬ 
fahrt .130 

Ausstellung, Aeronautische —.135 

-Die zw'eite aeronautische — in Amerika, 

von C. Dienstbach. 295, 345 

-in Madrid 1907 . 135 

Automobilzeitung, Der Drachenflieger im 
Lichte der allgemeinen —, von Odysseus 10, 57 
Ballonfahrt, Eine nächtliche Ballonfahrt 
über den Zuidersee, von E. Milareh . . . 380 
Ballonführer-Flaggen, von Moedebeck . 52 

-von Hinterstoisser.113 

Ballons aus einfachen gummierten Stoffen, 

von Hinterstoisser. 46 

-gegen Hagelwolken, von K. N.389 

Ballonkatastrophe, Die russische — im 

Juli 1907, von E. Rosenthal.382 

Ballonmotoren, Preisausschreiben der 
Motorluftschiff-Studiengesellschaft für — . 341 
Ballonphotographie, Preisausschreiben 
für einen Wettbewerb in der —, Berliner 

Verein für Luftschiffahrt.132 

Ballonunfall des Niederrheinischen Vereins 
für Luftschiffahrt, von 0. Erbslöh .... 208 

Ballonunfälle.332 

Ballon wett fahrt, Die internationale — zu 
Berlin am 14. Oktober 1906, von Stolberg 12 

-Internationale —, Düsseldorf 1907 . . . 219 

Bamler, Hilde, Ballonw'ettfliegen in Brüssel 

am 15. September 1907 . 393 

Bamler, Dr. K., Die Aufgaben der deutschen 

Luftschiffervereine.457 

Barcelona, Semaine sportive de —, von F. 

de Paula Rojas.136 

-Die internationale Weitwettfahrt zu — 

am 2. Juni 1907, von F. de P. Rojas . . . 284 

Barlatier et Blanc.253 

Bassus, K. v., Einfache Fernrohrablesung 

für Thermometer.327 

Beherrschung der Luft in England .... 389 
Berliner Verein für Luftschiffahrt 25, 93, 137, 

301, 352, 413 

-Flugtechnischer Ausschuß des — . . . . 417 

-Preisausschreiben für einen Wettbewerb 

in der Ballonphotographie.132 

Berson, A., Wilhelm v. Bezold.105 

Bezold, Wilhelm v. —, von A. Berson ... 105 

Bier io t, Drachenflieger. 175, 252 

-Die flugtechnischen Arbeiten von M. 

Ferber.455 

Bishop, Cortland, F., Gordon-Bennet-Fliegeu 

in St. Louis (U. S. A.). 51 

Brieftauben bei Ballonfahrten, von B. 
Flöringl.278 


.,12 Al.) 


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Seite 


Brüssel, Internationale Weitwett fahrt zu —, 

15. September 1907, von K. X.344 

B üeh erb esp rech ungen.68, 101 

(Jlouth, B., Das zweite französische Militär¬ 
luftschiff „Patrie“.322 

Gong res d’aeronautique ä Milan, le troisieme, 

von G. E. 41 

(’oym, I)r. (Cm.), Die Katastrophe des Ballons 

„Thrasker“.‘282 

D am enfah rte n in» „Xiederrheinisehen Verein 
für Luftschiffahrt 44 , von E. Milarcli .... 57 

Dänemark, In—.176 

Delagrange, Der Drachenflieger .... 175, 252 
Denningho ff, P. und H. Elias, Die Form 

des Tragkörpers von Luftschiffen.108 

Deutscher L u f t s c h i ffe r v e r b a n d 73, 92, 225, 

257, 351 

-Sportskommission des —.101 

-Abzeichen des —.299 


Dienstbach, C., Die zweite aeronautische 

Ausstellung in Amerika. 295, 345 

Drachenaufstiege im Küstengebiet der 

Ostsee, von Elmar Kosenthal. 47 

-Meteorologische — in Samoa, von 

F. Linke. 74 

DracheuausStellung London 1907 .... 88 

Drachenflieger, Der—, von Delagrange . 252 

-Der —, von Bleriot.252 

-Der erste — Santos-Dumont.122 

-Der — im Lichte der „Allgemeinen Auto- 

mobilzeitung“..10, 57 

-Die —, von Hofrat Prof. G. Wellner • . 165 

-Edmond Seux .251 

-Mein —, von J. lloffmann. 2 

Drachen zum Heben von Menschen.209 

Drahtlose Telegraphie, Die Bedeutung 
der — für die Motorluftschiffahrt, von 

K. Sol ff. 82 

Dumont, Santos- von K. X.55 

Düsseldorfer, Die — Ballon Wettfahrten 1907 178, 

219, 287 , 350 

* Düsseldorf“, Der Ballon —, von Hptm. 

von Abercron.477 

Dynamischen Fliegens, Zum Studium 

des —, von Kiedol .. 54 

Ecke ne r, Dr., Weitere Versuche mit dem 

Zeppelinschen Luftschiff.439 

Ehrung, Eine — Lilienthals, von Moedebeck 56 
Elias (E.): 

An die Leser. 1 

Termino für die Simultauaufstiege 1907 . . 50 

Wiener Aeroklub. 67 

Internationale Kommission für wissen¬ 
schaftliche Luftschiffährt. 81 

Das Luftschiff de la Vaulx. 87 

P.Denninghoff und - , Die Form des Trag¬ 
körpers von Luftschiffen.108 

Die Plane Wellmaus für 1907 . 112 

Das Luftschiff' de la Vaulx.114 

Der erste Drachenflieger Santos-Dumont . 122 
Weitere Preise des Aero-Club du Sud-Üuest 134 

Ausstellung in Madrid 1907 . 135 

Gordon-Bennett- Wettfahrt 1907 . 135 

Grand Prix d‘Aviation.136 

Das Rätsel der Gebrüder Wright.173 


Seite 


Flugtechnische Übersicht.174 

Motorluftsehiff-Studiengesellschaft .... 183 

Internationale Sportausstellung, Berlin 1907 223 

Beteiligung Englands an den internatio¬ 
nalen Aufstiegen.238 

Entlastete Flugmaschinen.251 

Der große Preis des „Matin a zurückgezogen 378 

Die Expedition Wellman 1907 . 422 

D e Luftschiffahrt im Etat 1908 . 490 

Die Fahrten der „Ville de Paris“.491 

Entlastete Fluginaschiuen.250 

Episoden, Lustige und traurige — aus den 
ersten Jahren der Ballon-Aera (1785), von 

M. Leber.1‘23, 210, 335 

Erbslöh, ()., Ballonunfall des Niederrheini¬ 
schen Vereins für Luftschiffahrt.208 

-Die Fahrt des Pommern“.473 

Erforschung, Die — der höheren Schichten 
der Atmosphäre auf der Heise S. M. S. 
„Planet“, von Oberl. z. 8. Schweppe . 265, 313 

Erklärung, von A. Samuelson. 11 

-von K. X. 87 

Erledigte Wettbewerbe 92, 136, 181, 224, 257 
Esu au It-Pelteri e, Henri Farman und K.—, 

von Moedebeek.447 

Espitallier, G., Le troisieme Congres 

d’aeronautique ü Milan. 41 

-Der Lenkbare „La Ville de Paris“ ... 324 

-Die Fahrten des Luftschiffes „Ville de 

Paris“.384 

Etat, Der — des Deutschen Reichs 1907 . . . 209 

-Die Im fisch iffahrt im - 1908 . 490 

„Etoile Beige“, Weitfahrtpreis des —, von 

K. N..283 

Et rieh. Der neue Motorgleitflieger von — 

Wels, von Dr. K. Ximführ.118 

Farman, Henri — und H. Esnault-Pelterie, 

von Moedebeck.447 

Federation Aeronautique Internatio¬ 
nale .257 

-Die Konferenz der — zu Berlin am 15. 

Oktober 1906, von Moedebeck. 33 

-Zusammenkunft der — und der Commis¬ 
sion Permanente Internationale d’Aero- 

nautique in Brüssel, von K. N.301 

Feldbaus, Franz Marie (F. M. F.), Der 
Warmluftballon, eine deutsche Erfindung 

des Mittelalters. 53 

-Ein bisher unbekannt gebliebenes Luft¬ 
schiff . 53 

F erb er, F., Kapitän, Über Vortreibschrauben 121 

-Warum der Antoinette-Motor der leich¬ 
teste und bisher der einzig brauchbare 

Motor für Flugmaschinen ist.171 

-Der Wettbewerb für Flugmaschinen- 

modelle des A< ronautique-Club de France 

am 9. Juni 1907 . 333 

-Die flugtechnischen Arbeiten von M. 

Bleriot.455 

„Fernandez Duro“, Die Katastrophe des 

-von M. llollnack.479 

Fernrohrablesung, Einfache — für Ther¬ 
mometer, von K. v. Bassus.327 

Flaggen,Ballonführer—, von Hinterstoisser 113 

-Ballonführer- —, von Moedebeck .... 52 


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Seite 


Fliegens, Zum Studium des dynamischen —, 

von Riedel. 54 

Flöring, B., Brieftauben bei Ballonfahrten . 278 
Flugapparaterfinder, Aufmunterungen 

für — von K. N. 55 

Flugmasehinen, Entlastete —.251 

Flugmaschinenmodelle, Wettbewerb für 

—, London 1907. 88 

-Wettbewerb von —n, Paris 1907 .... 133 

-Wettbewerb von - n.257 

-Der Wettbewerb für — des Aeronautique- 

Club de France vom 9. Juni 1907, von 

Kapitän Ferber.333 

Flugtech ni ker, Auch ein — . ...... 393 

Flugtechnische Praxis, Aus der —, von 

R. Schelies.114 

Flugtechnische Übersicht.174 

Flugtechnischer Verein, Wiener —, von 

v. L. 67, 99, 226, 511 

Förster, A. (A. F.), Berliner Verein für Luft¬ 
schiffährt . 25, 63, 93, 137, 301, 352, 413 

Frahmsche Resonanzapparate. 56 

Französischen Klubs, Die —.209 

Französische Kriegsluftschiffe, von 

Moedebeek. 86 

Freiballon fahrten, Bemerkenswerte — 164, 

210, 2:38, 332 

Gebrauchsmuster-, Patent- und — Schau 


in der Luftschiflährt 32, 71, 192, 229, 262, 306, 


358, 418 

Gleitflieger, Wettfliegen von —, Paris 1907 133 
Gordon-Beunctt-Wcttfahrt 190 7 50, 51,90, 
135, 179, 219, 344, 462 

Gor don-Ben nett -Ballon wett fahrt, Ver¬ 
legung des Termins der —.344 

Hagel, Verwendung von Ballons gegen —, 


llarbord, Mrs. Assheton, Zweimal Uber den 

Kanal.206 

Hermann, Th., Der Luftball.359 

-Luftschifferlied.360 

Hildebrandt, Aerologische Expedition nach 

Island.361 

-u. Schleiflährt, Gordon-Bennett-Wett¬ 
fliegen .462 

Hinterstoisser, Hauptmann, Ballons aus 

einfachen gummierten Stoffen. 46 

-Ballonführer-Flaggen.113 

Hoffmann, J., Mein Drachenflieger .... 2 

Holland, Landung von Ballons in —, von 

C. F. Steinbuch.163 

H ol 1 n ac k, Die Katastrophe des Fernandez Duro 479 
Horn, Aufregende Landung eines Ballons . . 483 

Humor.104, 192 

Jäderlund, R. (R. J—d), Svenska aeronau- 

tiska Sällskapet.258 

-Das Fest zum Andenken an Andree in 

Schweden. 328, 384 

Jamestown-Ausstellung, Wettbewerbe 

bei der —.178 

Jamestown-Exposition.179 

Jaraestown-Aeronauti cal-Congress . 351 
Illustrierte Aeronautische Mittei¬ 
lungen, Die'Verteilung der Medaille der 
— für das Jahr 1906, von Moedebeek . . 186 


Seite 

Internationale Aufstiege, Beteiligung 

Englands an den —.238 

InternationaleKommission für wissen¬ 
schaftliche Luftschiflährt. 81, 198, 498 

Internationaler Luftschifferverband, 

Vorl. Bericht über die 3. Jahresversamm¬ 
lung als —, von Dr. Stade.404 

Irrtiimer, Aeronautische —, von K. X. . . • 43 

Kapferer, Henry.175 

Kartographie, Aeronautische —.163 

Kaßner, Prof. Dr. C., Zur Geschichte der 

wissenschaftlichen Luftschiflährt. 81 

Katastrophe. Die — des Ballons„Thrasher“, 

von Cm.282 

K e h 1 e r, v., Motorluftschifl-Studiengesellschaft 137 
Kindel an, Die Ballonfahrt des Herrn Kapi¬ 
tän —, von F. de P. Rojas.372 

Kölner Klub für Luftschiflährt .... 65, 225 
Konferenz der Federation Aeronautique 
Internationale zu Berlin am 15. Oktober 

1906, von Moedebeek. 33 

Konkurrenzausschreibungen, DerWert 
der — für freifliegende Modelle, von W. 

Kreß.390 

Kreß, W., Aeronautische Terminologie ... 238 
— — DerWertdcr Konkurrenzausschreibungen 

für freifliegendo Modelle.390 

Kritische Betrachtungen über die neuen 

Drachenflieger, von G. Wellner.240 

Lahm -Preis. 89,223 

Landung, Aufregende — von A. Horn . • • 483 
Lebaudy-Luftschiff, Die Versuche mit 
dem — im Jahre 1905, von Voyer .... 145 
Leher, M., Lustige und traurige Episoden 
aus den ersten Jahren der Ballon-Aera 

(1785). 123, 210, 335 

Leser, An die —, von Stolberg und Elias . . 1 

Levavasseur, Kapitän Ferber und Inge¬ 
nieur — 176 

Lied vom Luftballon, von E. Milarch .... 72 

Lilienthals, Eine Ehrung —, von Moedebeek 56 

Linke, F., Meteorologische Drachenaufstiege 

in Samoa. 74 

Literatur .... 142, 189, 230, 263, 308, 355, 511 

-Russische — aus dem Jahre 1906, von 

E. Rosenthal. 263, 357 

Lößl, v. (v. L.), Wiener FlugtechischerVerein 

67, 99, 226, 511 

-Friedrich Ritter v. — f, von Georg 

Wellner.235 

Luftball, Der —, von Th. Hermann .... 359 
Luftschiff, Ein bisher unbekannt gebliebenes 

—, von F. M. F. 53 

Luftschifferlied, von Th. Hermann ... 360 
Luftschiffertag, Der 4. deutsche — zu 
Düsseldorf am 11. September 1907 .... 300 

-Deutscher —, von Dr. Stade.407 

Luftschifferverband, Deutscher — 73,92,225, 

257, 351 

-Sportkommission des —.101 

-Abzeichen des —.299 

Luftschiffervereine, Die Aufgaben der 

deutschen —, von Dr. K. Bamler.457 

Luftschiff, Das Kriegs-, von K. X. • • 281 

-Louis Godard.164 


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VI «4« « 


Seite 


Luftschrauben, Der Wirkungsgrad von — 239 
Lustige und traurige Episoden aus den 
ersten Jahren der Ballon-Aera (1785), von 

M. Leher. 123, 210, 335 

Lüttich, Internationale Weit Wettfahrt von -- 

am 7. Juli 1907, von K. N.348 

-Die —er Wettfahrt, von l)r. Niemeyer . 484 

Madrid, Ausstellung in — 1907 . 135 

Mannheim, Wettüiegen — 1907 .... 178, 220 

Markuse, A., Die astronomische Ortsbestim¬ 
mung im Ballon und ihre Bedeutung für 

die Luftschi ffahrt. 20 

„Matin“, Preis des —. 87 

-Der große Preis des — zurückgezogen • 378 

Medaillen Vorschläge für den deutschen 
Luftschifferverband, von Moedebeck ... 201 
Meteorologische Drachenaufstiege in 

Samoa, von F. Linke. 74 

Meteorologischen, Die — Verhältnisse 

über St. Louis, von Prof. A. L. Roteh . • 194 
Milarch, K., Damenfahrten im Niederrheini- 

nischen Verein für Luftsehiffahrt. 57 

-Lied vom Luftballon. ?2 

-Eine nächtliche Ballonfahrt über den 

Zuidersee.380 

Milan, Le troisieme Congres d’Aeronautique 

ä —, von 0. E.. 41 

M i 1 i tä r 1 u ft s c h i f f e r, Vorbereitungsschulen 

für —, von Moedebeck.188 

Militärl u ft schiff. Das deutsche —, von 

Moedebeck.312 

-Das deutsche —.321 

-Das zweite französische — ..Patrie“, von 

R. Clouth.322 

Moedebeck: 

Die Konferenz der Föderation Aeronau- 
tiquc Internationale zu Berlin am 15. Ok¬ 
tober 1906. 33 

Das Gordon-Bennett-Fliegen 1907 . 50 

Ballonführer-Flaggen. 52 

Eine Ehrung Lilienthals. 56 

Französische KriegsluftschifTe. 86 

Aeronautische Terminologie.162 

Die Verteilung der Medaille der Illustrierten 
Aeronautischen Mitteilungen für das Jahr 

1906 . 186 

Vorbereitungsschulen für Militarluftsehiffcr 188 
Medaillenvorschläge für den deutschen 

Luftschifferverband.201 

Karl J. Trübner t.234 

Das deutsche Militärluftschiff.312 

Neue Versuche mit demZeppelinscheu Luft¬ 
schiff .367 

Henri Farman und R. Esnault-Pelterie . . 447 
Motorgleitflieger, Der neue — von Etrich 

Wels, von Dr. R. Ni»lführ.118 

Motorlu ftschiff- Studiengese lisch aft, 

von v. Kehler.137 

-von Elias.183 

-Preisausschreiben der — für Ballon¬ 
motoren .341 

Münchener Verein für Luftsehiffahrt, von 

Dr. H. Steinmetz. 28, 96, 182, 257 

Naturforscher, Versammlung deutscher — 

und Aerzte 1907 225 


Seite 


Neureuther, K. (K. N.): 

Erklärung. 87 

Aeronautische Irrtümer. 43 

Aufmunterungen für Fiugapparaterlinder . 55 

Santos Dumont. 55 

Verwendung von Ballons gegen Hagel . • 165 

Internationale Weitwettfahrt.253 

Weitfahrtwettbewerb des Aero-Club de 

Belgique.256 

Das K riegslulischiff.281 

Weit fahrtpreis des „Etoile Beige“.283 

Zusammenkunft der Föderation Aeronau- 
tique Internationale und der Commission 
Permanente Internationale d’Aeronau¬ 
tique in Brüssel.301 

Internationale Wettfahrt zu Brüssel, 15. Sep¬ 
tember 1907 . 344 

Internationale Weitwettfahrt von Lüttich 

am 7. Juli 1907 . m 

Ballon gegen Hagelwolken.389 

Beherrschung der Luft in England .... 389 
S. K. H. Prinz Arnulf von Bayern +• . . 421 

„Patrie“.488 

Niederrheiuischer Verein für Luftschiff¬ 
fahrt ......... . 63 

-Ausschreibung . . ..130 

-Bailonunfall des — für Luitschiffahrt von 

O. Erbslöh.208 

-Damenfahrten im —, von E. Milarch . . 57 

-Interne Wettfahrt des — für Luftschiff¬ 
fahrt .402 

NiedersäehsischerVerein für Luftschiff¬ 
fahrt, Gründung des — für Luftschiffahrt 

in Göttin gen.352 

Niemeyer, Dr., Die Lütticher Wettfahrt • • 484 
Nim führ, Dr. R., Über eine neue automatische 
Abstellvorrichtung der Schreibfedern von 

Registrierapparaten. 78 

-Der neue Motorgleitllieger von Etrich- 

Wels.118 

-Die Gleittliigc von Ingenieur Wels . . . 452 

Oberrheinischer Verein für Luftschiff¬ 
fahrt . 181, 417 

-Ausschreibung.129 

Odysseus (J. Hofmann), Der Drachenllieger 
im Lichte der „Allgemeinen Automobil¬ 
zeitung“ . 10 

Ortsbestimmung, Die astronomische — im 
Ballon und ihre Bedeutuug für die Luft¬ 
schiffahrt von A. Markuse. 20 

Ostsee, Drachenaufstiege im Küstengebiet 

der —, von Elmar Rosenthal. 47 

Patent- und Gebrauchsmusterschau in 
der Luftschiffahrt 


32, 71, 192, 229, 262, 306, 358, 418, 509 
Patente, Übersicht über die neueren aus¬ 


ländischen Patente.143 

„Patrie“, Das zweite französische Militär¬ 
luftschiff —, von R. Clouth.322 

.. ....487 

Pelterie, Henri Farman und R. Esnault —, 

von Moedebeck.447 

Personal i a 

32, 71, 104, 144, 198, 232, 263, 312, 360,420, 460, 512 
Photographie, La — en Ballon. 32 


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*»»» VII ««♦* 


Seite 


Photographischer. 3. — Wettbewerb des 

Aäronautique Club de France.218 

Photographien, 3. Wettbewerb und Aus¬ 
stellung des A6ro-Club de France von 

aeronautischen —.21.'S 

Pochettino A., Die erste Überfliegung der 

Alpenkette von Italien aus. 16 

-Capitano Ulivelli +.236 

„Pommern“, Die Fahrt des — von 0. Erbs- 

löh.473 

Posener Verein für Luftschiffahrt. 65 

Pirajou, Henri Guillon de —.• . 252 

Pilotballonaufstiege, Die Technik der 

—, von Dr. de Quervain.4J2 

„Planet“, Die Erforschung der höheren 
Schichten der Atmosphäre auf der Reise 
S. M. S. —, von Oblt. z. S. Sehweppe 265, 313 

Preisausschreiben.133 

Preis des „Matin“. 87 

Preis, Lahm- —. 89, 223 

Preise, Aeronautische —. 91 

-des A6ro-Club du Sud-Ouest 1907 ... 89 

-Weitere — des A6ro-Club du Sud-Ouest 

1907, von Elias. 134 

Prix, Grand — d’Aviation, von Elias . . 136, 176 
Pyrenäen, Eine neue Überfliegung der —, 

von F. de P. Rojas.383 

Quervain, Dr. de, Die Technik der Pilot¬ 
ballonaufstiege .492 

Real Aero-Club de Espafia.215 

Registrierapparate, Über eine neue auto¬ 
matische Abstellvorrichtung der Schreib¬ 
federn von —n, von K. Nim führ. 78 

Resonanzapparate, Frahmsche — . . . . 56 

Rettungswesen,l. Internationaler Kongreß 

für —.417 

Riedel, Fr., Zum Studium des dynamischen 

Fliegens. 54 

Risse in Wolkendecken, Zum Kapitel —, 

von H. Zwick . 56 

Rojas, F. de Paula, Semaine sportive de Bar¬ 
celona .136 

-Die Internationale Weitwettfahrt zu Bar¬ 
celona am 2. Juni 1907 . 284 

-Die Ballonfahrt des Herrn Kapitän 

Kindelän.372 

-Eine neue Überfliegung der Pyrenäen . 383 

-Ballonwettfahrt zu Valencia.403 

Rosenthal, Elmar, Draciienaufstiege im 

Küstengebiete der Ostsee. 47 

-Russische Literatur aus dem Jahre 1906 263, 357 

-Die russische Ballonkataatrophe im Juli 

1907 . 382 

Rotch, Prof. A. L. —, Die meteorologischen 

Verhältnisse über St. Louis.194 

Samuelson, A., Erklärung. 11 

Samoa, Meteorologische Drachen au fsticge in 

—, von F. Linke. 74 

Santos Dumont. 55, 122, 165, 174 


S c h e 1 i e s, R., Aus der flugtechnischen Praxis 114 
Schlepptau-Havarie, Die — bei Oberstein 
am 23 Januar 1907, von Dr. K. Wegener . 84 

Schleiffahrt, Dr. —, Gordon-Bennett-Wett- 


tiiegen 1907 . 179, 219 

-Lahm-Preis . • • ..•.223 


Seite 

Schleiffahrt, Dr.,und Hildebrandt,Gordon- 

Bennett-Wettfliegen.462 

Schrauben, Über Vortreib—, von F. Ferber 121 

Schulballons.388 

Sehweppe, Oblt. z. S., Die Erforschung 
der höheren Schichten der Atmosphäre auf 

der Reise S. M. S. „Planet“. 265, 313 

Schweizer Aero-Club.187 

Scientifie-America-, Preis des — für 

Flugmaschinen.392 

S e e w a rt e, Die Drachenstation der deutschen 

—, von Dr. E. Aselmann.193 

! Semaine sportive de Barcelona, F. d. Paula 


Rojas.136 

Seux, Drachenflieger Edmond —.251 

Simultanaufstiege, Termine für die—1907, 

von Elias. 50 

Spangenberg, Oberrheinischer Verein für 

Luftschiffahrt.418 

Sportkommission des deutschen Luft¬ 
schi fl'er verbandes, von Moedebeck .... 101 
Sportausstellung, Internationale — Berlin 

1907, Elias.223 

Sol ff, K., Die Bedeutung der drahtlosen 
Telegraphie für die Motorluftschiffahrt . . 82 

Stabilität, Über automatische —, von K. 

Steiger-Kirchhofer.503 

Stade, Dr., — Vorläufiger Bericht über die 
3. Jahresversammlung des Internationalen 

Luftschifferverbandes.404 

-Deutscher LufLschiffertag.407 

Ständige Internationale Aeronau¬ 
tische Kommission .141 

Steiger-Kirchhofer,K., über automatische 

Stabilität.503 

Steinbuch, C. F., Landung von Ballons in 

Holland.163 

Steinmetz, Dr. H., Münchener Verein für 

Lu fischlffahrt. 96, 182, 257 

Stockholm, Wettfahrt am 10. Juli 1907 in — 299 

Stolberg, An die Leser. 1 

-Die internationale Ballonwettfahrt zu 

Berlin am 14. Oktober 1906 . 12 

Studium, Zum — des dynamischen Fliegens, 

von Fr. Riedel . . . .'. 54 

Svenska, Acronautiska Sällskapet, K. J—d. 258 
Termine für die Simultanaufstiege 1907, von 

Elias.• • 50 

Terminologie, Aeronautische —, von 

Moedebeck.162 

-Aeronautische —, von Kreß.238 

Tragkörper, Die Form des —s von Luft¬ 
schiffen, von P. Denninghoff und li. Elias 108 
„Thrasher“, Die Katastrophe des Ballon —, 

von Coym.282 

Trübner, K. J. — F, von Moedebeck . • • 234 
Ulivelli, Capitano — f, A. Pochettino . . . 236 
Vaulx, Das Luftschiff de la —, von Elias 87, 114 
„Ville de Paris“, Die Fahrten des Luft¬ 
schiffes —, von G. Espitallier.384 

- Der Lenkbare „la —“, von G. Espitallier 324 

— — Die Fahrten der —.491 

Voyer, Die Versuche mit dem Lebaudy- 

Luftschiff im Jahre 1905 . 145 

Vui . 175 i 253 


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Seite 


Wasserst-offgas, Die Herstellung von — 
aus Calci um hydrür, von R. Aßmann . . . 327 
War ml u ftbal Ion, Der —, eine deutsche 
Erfindung des Mittelalters, von Franz 

Marie Feldhaus. 53 

Wegener, l)r. K., Die Schlepptau-Havarie 

bei Oberstem am 23 .Januar 1907 . 84 

-Die Fahrt des „Ziegler“ nach England, 

10.-11. April 1907 . 203 

-Dr. K., Die zweite Fahrt des Ballons 

„Ziegler“ nach England.443 

Wellinan, Die l'länc —s lur 1907. von Elias 112 

-Die Expedition — 1901, von Elias . . . 422 

..240 

Wellner, Hofrat Prof. G. —, Die Drachen¬ 
flieger .165 

-Friedrich Ritter von Lüßl +.235 

-Kritische Betrachtungen über die neuen 

Drachen liieger.240 

W eis. Der neueMotorgleitllieger von Etrich —, 

von Dr. R. Nimfiihr.118 

-Die Gleitflüge von Ingenieur —, von 

Dr. R. Nimfiihr. ..... 452 

Weitfahrt des Aero-Club de France am 

19. Mai 1907 . 2S4 

— — am 6. Juli 1907 . 350 

-Internationale —, am 29. September 1907 350 

Weit fahrtpreis des „Etoile Beige“ von 

K. S .283 

AVeitfahrt-Wettbewerb des Aero-Club de 

Belgique, von K. N.256 

Weitwettfahrt. Die Internationale — zu 
Barcelona am 2. Juni 1907, von F. de P. 

Rojas. 284 

-Internationale —, von K. N. ..253 

-internationale — von Lüttich am 7. Juli 

1907, von K. N.348 

-Internationale — zu Brüssel am 15. Sep¬ 
tember 1907, von K. N.344 


Seite 


Wettbewerbe, Erledigte —. 92 

W ettbewerb für Flugmaschinenmodelle, 

London 1907 . 88 

-von Flugmaschinenmodellen, Paris 1907 133 

Wettfahrt am 10. Juli 1907 in Stockholm • 299 

-Ballon - zu Valencia, von F. de P. Rojas 403 

Wettfahrten, Die Düsseldorfer Ballon— am 
8. und 9. Juni 1907, von Abercron .... 287 

-Düsseldorf 1907, von Abercron.178 

W r ettfliegen, Ballon—in Brüssel am 15. Sep¬ 
tember 1907 . 393 

-Mannheim 1907 . 178 

-von Gleitlliegen, Paris 1907 . 133 

Wiener Aero-Club, von Elias. 67 

Wiener Flugtechnischer Verein, von 

L. 67, 99, 226, 511 

Wissenschaftliche L u ft sc hi f fahrt. 

Internationale Kommission für — .... 81 

-Zur Geschichte der —, von Prof. C- Kaßner 81 

Wolkendecken, Zum Kapitel „Rissein—“, 

von H. Zwick . . . . •. 56 

Wright, Das Rätsel der Gebr. —, von Elias 173 

Zeppelin, Graf v. —.114 

Z e p p e 1 i n s e h e s Luftschiff, Neue Versuche 

mit dem —, von Moedebeck.367 

— — Weitere Versuche mit dem — Dr. Eckener 439 

Zeppelin und wir.380 

„Ziegler“, Die Fahrt des — nach England, 

10.—11. April 1907, von Dr. K. Wegener . 203 

-Die zweite Fahrt des Ballons — nach 

England, von Dr. Wegener.443 

-1L, Augsburger Verein für Luftschiff¬ 
fahrt . 31, 98 

Zweimal ii b e r d e n K a n a 1, von Mrs. Asshe- 

ton Harbord.206 

Zwick, H., Zum Kapitel „Risse in Wolken¬ 
decken“ .. • 56 


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illustrierte Aeronautische jVfitteiiungen. 

XI. Jahrgang. 4 * Januar 1907. ** 1. Heft. 


An die Leser ! 

Wegen bevorstehendem längeren Aufenthalt im Ausland sehe ich mich 
mit dem Schluß des X. Jahrgangs veranlaßt die Schriftleitung der Illustr. 
Aeronaut. Mitteilungen niederzulegen und . dabei gleichzeitig die Herren Mit¬ 
arbeiter zu bitten für . ihre wertvolle Unterstützung meinen ausdrücklich 
betonten Dank entgegennehmen zu wollen. 

Mit der Übernahme der Redaktion seitens des Herrn Dr. H. Elias 
in Berlin ist die Gewähr gegeben, daß diese Zeitschrift auch fernerhin dem 
Dilettantismus in ihren Spalten keinen Raum läßt und ihren, den Streit¬ 
fragen des Tages entrückten kritischen Standpunkt in Unabhängigkeit weiter¬ 
hin wahren wird. Dr. A. Stoib erg. 

Die Illustr. Aeronaut. Mitteilungen treten mit diesem Heft in das zweite 
Jahrzehnt ihres Bestehens. Das Ziel, das sie sich bei ihrer Gründung ge¬ 
steckt hatten, die Luftschiffahrt in die Richtung leiten zu helfen, daß sie die 
Bahnen zur Beherrschung des Luftmeeres ebnet, ist zum größten Teil er¬ 
reicht. Mit dem neuen Jahrzehnt beginnt auch ein neuer Abschnitt der 
Aeronautik. Die Idee der Beherrschung der Luft ist nicht mehr nur Eigen¬ 
tum einiger Phantasten und Optimisten, sie ist durch die Erfolge, die auf 
allen Gebieten der Aeronautik gerade das letzte Jahr gebracht hat, all¬ 
gemein aufgenommen worden und wird ihrer Verwirklichung zugeführt. 
Das neue Jahrzehnt erheischt demnach eine neue Aufgabe für unsere Zeit¬ 
schrift, und deren Lösung kann nicht zweifelhaft sein, so unlösbar sie auch vor 
kurzer Zeit noch schien: die Beherrschung des Luftmeeres. Wenn ich zu 
diesem bedeutungsvollen Wendepunkte die Redaktion der Zeitschrift über¬ 
nehme, so geschieht dies in dankbarem Gedenken der Arbeit meiner Vor¬ 
gänger und in vollem Vertrauen auf die fernere Mitarbeit aller unserer 
Freunde, sei es, daß sie den Luftozean erforschen, sei es, daß sie sich im 
freifliegenden Ballon durch sportliche Tätigkeit auf unsere große Aufgabe 
vorbereiten, sei es endlich, daß sie die Aufgabe selbst in Angriff genommen 
haben. Sie alle bitte ich, auch auf dem Wege der Mitteilung von Er¬ 
fahrungen unsere stolze Aufgabe ihrer Lösung näher führen zu helfen. 

Berlin SW. 47, Katzbachstr. 15. Dr. Elias. 

<K 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 1 


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2 «44 

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen. 


Mein Drachenflieger. 

Mit 9 Figuren. 

Von J. Hofmann, Regierungsrat a. D. 

Mein Drachenflieger hatte bis Juli 1906, um welche Zeit meine Mittel 
erschöpft waren und ich den Bau einstellen mußte, die aus beiden Photo¬ 
grammen (Fig. 1 u. 2) ersichtliche Gestalt gewonnen. «Ersichtlich» ist 
eigentlich ein bißchen viel gesagt. Denn ersichtlich und erkennbar für die¬ 
jenigen, die mit der Sentkerschen Maschinenfabrik, der gastlichen Herberge 
meines Drachenfliegers, zu tun haben, ist in erster Linie der Steuermann, 
ein mittelgroßer Herr, der auf dem Bilde würdig den Maßstab vertritt. 
Ferner sieht man deutlich einen vierschaufligen Propeller vorn an der 
Maschine mit seiner Welle, hinter der man mit Fug und Recht eine Dampf¬ 
maschine vermutet. Endlich sind klar zu sehen vier Räder, deren Achsen 
an den Enden schlanker Federn sitzen. Die Federn stecken in Lenkern, 
gebildet aus je zwei Röhren, die unter die Mitte der Maschine hinaufsteigen 
und dort an einer Querstange drehbar gelagert sind. Zwischen Obergestell 
der Maschine und Vorder- und Hinterkarre, die ich auch Vorder- und Hinter¬ 
beine nenne, sieht man dann noch je einen versteiften Dampfzylinder mit 
weit nach oben heraustretender Kolbenstange; und diese, meinem Patente 
100 399 entsprechende Einrichtung ermöglicht es, den Rumpf des Drachen¬ 
fliegers mit Führer und Flügeln und allem übrigen um 135 cm zu heben. 

Wie der tierische Rumpf Rückgrat, Brustbein und Rippen hat, inner¬ 
halb deren die edleren Organe geborgen sind, so hat mein Drachenflieger 
ein Fachwerk aus Stahlrohren und Stäben, das nur deshalb etwas ver¬ 
worren aussieht, weil sich die Flügelträger, die ihrerseits ebenfalls Fach- 
w T erke aus Röhren und Stahldrähten sind, seitlich eng dagegen legen. Jeden¬ 
falls sieht man hinter dem Wirrwar von Röhren und Drähten ein unten 
dickes, nach oben wurstartiges im Zickzack ansteigendes Gebilde, den 
Dampfkessel mit Überhitzer. Der im unteren Teil, dem Wasserröhrenkessel 
gebildete Dampfschaum stieg in den unmittelbar vor dem Führer liegenden 
Behälter, den Dampfsammler, wurde dort geschieden, und während das 
Wasser gleich wieder durch die außen erkennbaren Rücklaufröhren unten 
in den Kessel geführt wurde, ging der nasse Dampf oben in den schlauch¬ 
förmigen Überhitzer, lief dem Feuer entgegen bis zum Unterkessel und 
schließlich durch den Feuerraum zum Absperrventil am Führerstand und 
von da zur Propellermaschine. Der Führerstand enthält außer den für 
Lokomotiven üblichen Armaturen noch die Einrichtungen zur Bedienung der 
Hilfsmaschinen, sodaß Heben und Senken des Drachenfliegers bezw. der 
Beine, Ausbreiten und Zusammenfalten der Flügel durch je einen einzigen 
Handgriff erfolgen kann, ferner das Handrad für die Steuerung der Vorder¬ 
räder, weil der Drachenflieger auf dem Lande als Automobil laufen muß, 


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. 3 <8*v« 

und zwei Hebel für die beiden hinter der Maschine zu beiden Seiten eines 
festen lotrechten Kiels angeordneten wagrechten Flugsteuer. Die Augen, in 
denen die Flugsteuer sich drehen, sind in den Photogrammen oben hinter 



dem Führer deutlich zu sehen. Die Flugsteuer selbst, ebenso wie die 
Besegelung der Flügel sind noch nicht angebracht. 

Der Kessel wurde mit Holzkohlen geheizt und wenn das Feuer ordent¬ 
lich im Gang war, erhielt ich bei der Höchstspannung von 15 At. eine 


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Dampfüberhitzung bis zur Wärme des schmelzenden Bleis. Wenn man sich 
nun vorstellt, daß der Kessel einer etwa 30pferdigen Maschine nur 50 Liter 
Wasser enthält — die Kupferröhren, von außen 5 mm, innen 4,2 mm Durch¬ 
messer, hatten eine Gesamtlänge von 2200 m —, so kann man von Haus 

aus schon darauf rechnen, 
daß die Bedienung des 
Feuers nicht leicht ist. Der 
ungleichmäßige Dampf¬ 
bedarf beim Spiel der 
Hilfsmaschinen und die 
Aufmerksamkeit auf den 
kupfernen Überhitzer ma¬ 
chen es aber geradezu 
zur Unmöglichkeit, daß 
ein einziger Mann Kessel, 
Maschine und außerdem 
noch die Steuerung in der 
Luft besorgt. Da man nun 
jetzt Benzinmotore kaufen 
kann von einer Leichtig¬ 
keit, die vor 5 Jahren 
undenkbar schien, so beab¬ 
sichtige ich, meine Dampf¬ 
maschine gegen einen Ben¬ 
zinmotor auszuwechseln. 
Im übrigen hat der Kessel 
bei den durch Maschinen¬ 
brüche (Phosphorbronze), 
Abfliegen von Propeller¬ 
schaufeln u. dgl. vorge¬ 
kommenen Stößen, Ver¬ 
drehungen und Verbie¬ 
gungen sich so gleichgültig 
gezeigt, daß die drei Jahre, 
die ich auf den Bau von 
Kessel und Maschine ver- 
verwendete, für spätere 
größere Ausführungen viel¬ 
leicht doch nicht verloren 
sind. 

Was die Tragflächen des Drachenfliegers anlangt, so sind seitlich 
ausladende fest angebrachte Flügel, wie sie z. B. auch der Drachenflieger 
von San tos Duinont hat, ein Unding. Abgesehen von den Schwierigkeiten, 
die das Ausweichen auf der Slraße mit sich bringt, birgt jeder Windstoß 


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schon vor dem Fluge eine Todesgefahr für den Drachenflieger. Vielleicht 
ist eine kleine Abschweifung gestattet. Ich hatte im Jahre 1895 mit Unter¬ 
stützung des Fabrikbesitzers F. Gaebert in Berlin in einem Lokomotiv¬ 
schuppen der K. Werkstätte Tempelhof einen Drachenflieger mit nicht falt¬ 
baren Flügeln, der nur mich tragen sollte, gebaut und ging nach einem 
gelungenen Vorversuch Lilienthalscher Art, indem ich mit der Tragfläche 
allein vom Dache eines kleinen Fabrikgebäudes auf dem Rauhenberge her¬ 
untersprang, eines schönen Morgens daran, einen größeren Versuch zu 
machen. Der Drachenflieger wurde auf einen Rollwagen gestellt und während 
ein paar Arbeiter den Wagen schoben, sollten zwei Arbeiter auf dem Wagen 
den Drachenflieger selbst gegen alle Zufälle festhalten. Einer derselben 
stieg aber ohne meine Erlaubnis herunter, ein plötzlicher, garnicht schwerer 
Windstoß faßte den Drachenflieger, den der eine Mann nicht zu halten 
vermochte, und entführte ihn über 5 Gleise weg, wo er dann niederfiel und 
zerbrach. Dieser für den Einzelflug bestimmte Drachenflieger ist abgebildet 
in den Verhandlungen des Vereins für Eisenbahnkunde vom Oktober 1896. 

Da durch den Vorfall in Tempelhof mein Geldgeber in seinem Ver¬ 
trauen zum mechanischen Fliegen erschüttert war, so tat ich das einzige, 
was ich tun konnte, ich richtete mir selbst ein Zimmer als Werkstätte ein 
und baute nun im Maßstabe von etwa 1:10 mehrere kleine Drachenflieger, 
die alle den gleichen Dampfkessel mit Maschine, aber verschiedene Pro¬ 
peller, Flügel und Beine hatten. Diese Maschinchen waren viel weniger 
«Modelle», als der verunglückte große Drachenflieger, aber trotz vielfacher ge¬ 
lungener Freiflugversuche (s. < Österreichische Wochenschrift für den öffent¬ 
lichen Baudienst» vom 8. Juni 1901) blieb man immer noch geneigt, sie 
als Spielzeuge anzusehen, und wollte nicht zugeben, daß das, was im 
Kleinen ginge, auch im Großen gehen mußte. Es bleibt das unsterb¬ 
liche Verdienst von Santos Dumont, daß er gerade diese Einrede aus der 
Welt geschafft hat, die jedem Dynamiker, der nur mit beschränkten Mitteln 
Modelle bauen konnte, als Knüttel zwischen die Beine geworfen wurde. 

Immerhin hatten sich schließlich auf Grund meiner gelungenen Ver¬ 
suche im Kleinen drei Herren, ein englischer Ingenieur, Patrick Y. Ale¬ 
xander, Fabrikbesitzer H. W. No eile in Lüdenscheid und Freiherr 
v. Hewald, Berlin, zusammengefunden, die mich für das Weiterbauen im 
Großen flügge machten, und so darf ich nun wohl von den Flügeln weiter¬ 
reden. 

Starr am Rumpf angebrachte Flügel sind, wie gesagt, ein Unding, und 
daher hatte ich meinen Modellen Flügel gegeben, die sich wie Insektenflügel 
an den Leib legen und für den Flug rechts und links vom Rumpf aus¬ 
strecken konnten. Aber auch diese Einrichtung genügt für eine größere 
Maschine noch nicht. Um die nötige Tragfläche herauszubekommen, 
müßten die Flügel sich für den Lauf des Drachenfliegers auf der Straße 
viel zu weit nach hinten erstrecken — was bildet z. B. ein Wagen mit 
Langholz für ein Verkehrshindernis? —, es bleibt also nichts anderes übrig, 


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als noch einen Schritt weiter zu gehen und eine Unterteilung der Flügel 
einzuführen, wie sie die Vögel und Fledermäuse von Natur aus haben. 
Diesen Schritt habe ich mit Patent 143 820 gemacht. Die Sache ist aus 
den schematischen Figuren 3 bis 6 klar zu ersehen. 



Fig. 5. 


Figur 3 zeigt den ausgestreckten linken Flügel meines Drachenfliegers 
im Aufriß, Figur 4 und 5 im Grundriß; Figur 6 zeigt den fast zusammen¬ 
gefalteten Flügel im Grundriß, e ist der Rumpf der in der Pfeilrichtung 
fliegenden Maschine. An den Rumpf schließen sich zu beiden Seiten die 
Fachwerkträger der Flügel. Die Figuren zeigen nur einen Fachwerkträger 
ab cd ajbjCjd, für jeden Flügel. Die Lotrechten f tragen nach hinten die 
Ausleger g, und diese sind ihrerseits durch Stäbe k an ihren hinteren Enden 
miteinander verbunden. Am Obergurt ab cd oder am Untergurt a^c^ 
oder an beiden, oder wie gezeichnet an besonderen Stäben i, zwischen 


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beiden kann man nun wagerecht liegende Segel anbringen, die außer an 
der Vorderkante i auch noch an einer Seitenkante mit den Stäben g ver¬ 
bunden sind. Die Hinterkante und die zweite Seitenkante müssen frei 
bleiben. Man kann aber zur Erzielung glatterer und größerer Oberflächen 
noch Spriete 1 in die Diagonalen der Segel legen. Wenn nun die Maschine 
fliegt, so preßt die Luft von unten die Segel gegen die Fachwerksglieder 
k und g. Wenn aber die Maschine gelandet ist, so werden sofort durch 
eine einzige Bewegung eines Kolbens mdie Fachwerk träger durch Lenker n 
und Planetengetriebe mit Seilscheiben o p q r in der aus Fig. 6 ersicht- 
chen Weise gefaltet, sodaß die Segel, 
der Schwerkraft folgend, nach ihren 
Diagonalen schlaff herunter hängen. Das 
aus den Photogrammen ersichtliche 
bemannte Modell hat solche Fachwerk¬ 
träger nicht nur vorn, sondern auch 
hinten, sodaß die Stäbe g also zu 
Querträgern wie bei Brücken werden. 

Auch treffen auf jedes Feld statt eines 
einzigen Segels deren 12 bis 14, die 
sich beim Strecken und Einziehen der 
Flügel zwischen Parallelogramm-Netzen 
aus Bandstahl genau so selbsttätig 
spannen und falten, wie ein einziges 
Segel der Zeichnung. Aber sie sind 
handlicher und geben der Luft, über 
die der Drachenflieger hinstreicht, mehr Durchgangsstellen. 

Das bemannte Modell hat eine Oberarmlänge ab — 3,30 m; Unter¬ 
arm bc = 3,60 m; Hand cd = 3,90 m. Da der Rumpf selbst 1,50 m 
breit ist, so beträgt die Klafterung der fliegenden Maschine 1,5 + 2 (3,3 + 
3,6 + 3,9) = 23,1 m. Die Länge in der Flugrichtung ist hierbei von Vorder¬ 
kante Propeller bis Hinterkante Steuer = 8m. Dagegen beträgt die Länge 
der auf dem Lande mit zusammengefalteten Flügeln laufenden Maschine 
10 m bei 4 m Breite. 

Der Vergleich der Fig. 4 mit der Fig. 5 ergibt noch andere Eigen¬ 
tümlichkeiten der Flügel meines Drachenfliegers, nämlich außer der Falt¬ 
barkeit eine Beweglichkeit im Schultergelenk vor- und rückwärts bei gestreckt 
bleibenden Flügeln. Dies könnte gut zum Ersatz des Steuers benützt werden; 
denn ein Vogel, der etwa in der Flügellage S S nach Fig. 4 geradeaus fliegt, 
wird in der Flügellage SSj Fig. 5 sofort ansteigen und bei umgekehrter 
Bewegung fallen. Oder es können damit Rechnungsfehler bezüglich der 
Schwerpunktseinstellung ausgeglichen werden. Das ausgeführte Modell hat 
feste Schulterscheiben und dafür ein Spiel des die Dampfmaschine tragenden 
Fachwerks gegenüber dem Flügel und Beine tragenden Fachwerk, in dem 
es hängt, nach vorn und hinten. 



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Viel Zeit und Geld haben mich auch die Versuche mit Propeller¬ 
schrauben gekostet. Hätte ich die Propeller nachgemacht, die ich bei 
meinen Versuchen im Kleinen als die besten herausgefunden hatte, und zu 
denen ich nach allen Umwegen mit geringen Änderungen doch zurückkehrte, 
so wäre mir viel Ärger erspart geblieben. Wie die Propeller jetzt aussehen, 
zeigen die Photogramme. Wenn aber mein Drachenflieger für einen Benzin¬ 
motor umgebaut wird, so erhält er noch die mir unter 179114 patentierte 
Einrichtung (Fig. 7 u. 8). 



Die Schaufeln a sitzen hierbei ebenfalls auf Trägern d, die durch Fach¬ 
werke gh mit der Welle verbunden sind; aber die Träger d sind hier in 
Augen i drehbar gelagert, so daß sie von der hohlen Welle f aus während 
des Betriebes durch Längsverschiebung eines Handgriffs n mittels Hebel und 
Stangen oder, wie gezeichnet, durch einen Zapfen m mit Schraubengängen 
und in o x und p, befestigte doppelte Drahtzüge gegenüber der Propellerwelle 
verdreht werden können. Die Fig. 7 und 8 zeigen die Schaufeln a in Leer¬ 
laufstellung, jede Verschiebung des Handgriffs n nach vor- oder rückwärts 
bedingt Vor- oder Bücklauf der Maschine. Man erspart also für die Benzin¬ 
motoren die Wechselgetriebe wie bei Schiffsschrauben mit stellbaren Flügeln; 
da hier aber nur die äußersten arbeitenden Teile verstellt werden, so kann 
man sich auch ohne andere Unzuträglichkeilen die günstigsten Steigungs¬ 
winkel heraussuchen. Die Schaufeln a werden nicht eben w r ie auf der 
Zeichnung, sondern aus einem flacheren und einem steileren Kegelmantel 
von Stahlblech auf Schneide zusammengenietet. 

Der beabsichtigte Umbau der Maschine ist mit der Auswechslung 


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des Motors und der Änderung des Propellers indes noch nicht erledigt. Die 
Hilfsmaschinen für die Einstellung der Flügel und Beine, die früher mit Dampf 
betrieben wurden, und die mir Kleinkessel wie den Altmannschen nicht ge¬ 
statteten, zwingen jetzt für Benzinmotoren, wie sie das auch für Klein¬ 
wasserkessel getan hätten, zur Einschaltung einer Preßluftanlage. Die Ein¬ 
richtung soll nun nach meinem Patent 175478 — das Schema ist in Fig. 9 
dargestellt — so getroffen werden, daß die Propeller- oder Motorwelle fort¬ 
während eine Luftpumpe treibt, deren Hubgröße durch einen unter Feder¬ 
spannung stehenden Kolben mit Kulissenwerk vom Behälterdruck bestimmt 
wird. Gleichzeitig dient die über das Sicherheitsventil des Luftbehälters 
abströmmende Luft direkt oder unter Ansaugung von Außenluft zur Kühlung 
des Motors oder seines Kühlwassers. Selbstverständlich müssen auch die 
Stopfbüchsen und Kolbendichtungen der bisherigen Dampfzylinder die für 
Preßluft geeigneten Änderungen erfahren. 



Fig. 9. 

Der Betrieb wird also an Hand des Schemas, Fig. 9, sich folgender¬ 
maßen gestalten. Der Motor a pumpt unter Leerlauf des Propellers c den 
Luftbehälter f bis zur dauernden Abströmung der Preßluft über das Sicher¬ 
heitsventil f x voll; dann wird der Drachenflieger, dessen Tragflächen und 
Steuer in der Richtung der Propelleraxe liegen mögen, durch Einlassen von 
Luft durch k 2 in den oder die Zylinder g langsam um 135 cm gehoben. 
Hierauf wird der Propeller c auf Vorlauf gestellt und gleichzeitig Preßluft 
durch k, in den Zylinder m eingelassen, sodaß die Flügel mit einem Ruck 
entfaltet werden. Da die ganze Segelfläche parallel zum Boden bleibt, wird 
der Drachenflieger sehr schnell eine Geschwindigkeit von 10 bis 12 m/sec. 
erreicht haben. In diesem Augenblick werden die Luftwege für den Hub¬ 
zylinder g durch Umstellung des Hahnes k 2 umgekehrt, so daß die Beine 
hochschnellen, und die Maschine nun einem freien Fall von 135 cm über¬ 
lassen ist. Sie muß also vorschießend etwas fallen, und wenn dies nur 
ein halber Meter ist, so gewinnt sie daraus schon eine Geschwindigkeits¬ 
zunahme von etwa 3 m, fliegt somit jetzt mit 13 bis 15 m/sec. Anfangs- 

o 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 


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geschwindigkeit. Wenn man nun den Schwerpunkt der ganzen Maschine 
so zu den Flügeln legt, daß sie sich, während sie ihre Last den Flügeln 
überträgt, etwas dreht, d. h. vorn hebt und hinten senkt, genau wie es 
meine kleinen Modelle getan haben, so muß der Flug anhalten, und für 
weitere Bewegungen tritt das Steuer in Wirkung. 

Für das Landen ermäßigt man den Vortrieb der Propeller und stellt 
durch Hebung beider Hintersteuer die Drachenflügel steiler. Dann fällt der 
ganze Flieger langsam auf die Hinterbeine und halb fliegend und halb rollend 
auf die Vorderbeine. Sofort wird nun durch Umstellung von k 1 die Pre߬ 
luft im Zylinder m so gesteuert, daß die Flügel mit einem Ruck an den 
Rumpf herangezogen werden, womit der Flug beendet ist. 

Bezüglich des Verhaltens meines Drachenfliegers in Wind tmd Wetter 
verweise ich auf meine Ausführungen in der obengenannten Wochenschrift 
für den öffentlichen Baudienst. Nur das möchte ich hervorheben, daß die 
Natur den Flugtieren, insbesondere den Vögeln, viele Einrichtungen mit¬ 
gegeben hat, die ganz selbsttätig eingreifen, wenn Unheil droht. Man 
braucht sie nur mit mehr oder weniger Instinkt nachzumachen. So z. B. 
haben alle Vögel in ihrem Schwänze ungefähr wagerecht liegende Flächen, 
mit denen alle Horizontal- und Vertikalbewegungen für den Flug erzielt 
werden können. Wird nun der Vogel ahnungslos von einem seitlichen 
Windstoß überrascht, so wird er hinter seinem Schwerpunkt von viel 
mehr Luftteilchen getroffen als vor seinem Schwerpunkt. Er muß sich also 
ganz ohne sein Zutun gegen den Wind drehen, womit die Gefahr besei¬ 
tigt ist. Aus diesem Grunde habe ich meinem Drachenflieger Hintersteuer 
mit zwischenliegendem festen lotrechtem Kiel gegeben, und ich will nur 
wünschen, daß Santos Dumont sein gefährliches Vordersteuer recht bald 
verläßt. 

Dies wünsche ich erstens aus persönlicher Hochachtung und zweitens, 
weil ein Unglück, das ihm zustoßen würde, sofort wie ein Reif auf die 
ganze jetzt für die Flugmaschine erwachende Stimmung fiele. 

Dampfschiffe können versinken, Eisenbahnzüge dürfen entgleisen, Ballons 
mögen verbrennen, das stört den Glauben nicht; aber an den Schwingen 
des Icarus darf das Wachs nicht schmelzen, und jeder hält sich für befugt, 
an dessen Federn zu zupfen, ob sie noch halten. 


Der Drachenflieger im Lichte der „Allgemeinen Automobilzeitung 11 . 

Die «Allgemeine Automobilzeitung», eine schön ausgestattete Zeitschrift, Organ 
des Kaiserlichen Automobilklubs und fast sämtlicher deutscher Autlervereine sowie der 
Motorluftschiff-Studiengesellschaft, enthält in Nr. 48 vom 30. November d. Js. einen Auf¬ 
satz «Über Motorballon und Motordrachenflieger», der im Interesse der deutschen 
Technik nicht unerwidert bleiben darf. Zunächst reizt schon die sprachliche Seite 
dieses Artikels zum Widerspruch. Kaum haben sich die Verdauungsbeschwerden über 
das neugeschaffene Wort Motorballon etwas gemildert, da versucht man, den Luft¬ 
schifferkreisen ein noch neueres Wort mundgerecht zu machen: Motordrachenflieger. 


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Gehen wir den Ausführungen des Verfassers etwas nach, so finden wir, daß er 
bereits den Lilienthalschen Apparat als Drachenflieger betrachtet; dann muß natürlich, 
wenn dieser «Drachenflieger* einen Motor bekommt, der neue Apparat «Motordrachen¬ 
flieger* oder «Motoraeroplane > genannt werden. 

Wir wollen aber dabei bleiben, Flüge von erhöhten Punkten aus mit ebenen 
oder segelartig flach gebauchten wagerechten Schirmen Fallflüge oder Gleitflüge 
zu nennen, wenn außer der Schwerkraft, der Kraft des Windes und etwa eines Abstoßes 
keine weitere Kraft in Frage kommt (Lilienthal selbst nannte seine Flüge Segelflüge und 
seinen Schirm Flugsegel). Stellt man einen solchen Schirm schräg zum Winde und läßt 
ihn an einer Schnur hochgehen, so hat man das Spielzeug von jung und alt, den 
Drachen; mechanisch gesprochen, hat man zu dem vorherigen Kräfteplan noch eine 
Kraft, den Widerstand oder den Zug der Schnur, hinzugefügt. Schneidet man die Schnur 
durch, so geht der im Winde stehende Drache sofort in den Fall- oder Gleitflug über. 
Ersetzt man aber den Zug der Schnur durch den Vortrieb eines vom Drachen selbst 
getragenen Motors, so hat man den frei fliegenden Drachen oder den Drachenflieger. 
Der ist richtig auf die Welt gekommen. Der «Motordrachenflieger* aber ist eine Mi߬ 
geburt, höchstens wert, im Spiritusglase als Monstrum etikettiert aufbewahrt zu werden. 

Nun aber den technischen Teil des Artikels: «Mit dieser Art Drachenflieger wollen 
die Gebrüder Wright . . . Gleitflüge . . . selbst bei Windstille ausgeführt haben. Die 
Herren behaupten damit, daß die Schraubentätigkeit nicht allein den Vortrieb bewirkt, 
sondern daß sie mit diesem Vortrieb auch indirekt die vertikale Kraft des Windes zu 
ersetzen und dadurch einen genügend starken Auftrieb für den Drachenflieger bei relativ 
ruhiger Atmosphäre zu erzeugen vermögen. Mit anderen Worten stellen sie den Satz 
auf, durch den motorischen Vortrieb die Fortbewegung des Flugapparates und gleich¬ 
zeitig die für ein Heben desselben genügend wirksame Luftverdichtung hervorrufen zu 
können; das ist aber in Anbetracht der geringen, durch motorischen Antrieb zu erzielenden 
Geschwindigkeit eine Unmöglichkeit. . . . Um den Auftrieb und gleichzeitig den Vortrieb 
eines Motoraeroplans, sollte seine Bauart der Luftsäule auch noch so großen Widerstand 
entgegensetzen, hervorzurufen, bedarf es in Anbetracht des geringen Trägheitsmomentes 
der Luft unbedingt eines Kräftepaars. Es bedarf dazu der im Verhältnis zur Größe, 
Qualität und Eigengewicht des Flugapparates entsprechend kräftigen Komponente des 
Gegenwindes und eines ebensolchen mechanischen Vortriebes ...» usw. 

Wer dies liest und sich vergegenwärtigt, daß er eine große technische Zeitschrift 
und insbesondere das offizielle Organ der Studiengesellschaft für MotorluftschifTahrt vor 
sich hat, der liest es wieder und dann träumt er sich in die Hexenküche: 

«Ich kenn’ es wohl, so klingt das ganze Buch; 

Ich habe manche Zeit damit verloren, 

Denn ein vollkommener Widerspruch 

Bleibt gleich geheimnisvoll, für Kluge wie für Toren.* 

Wir wissen nicht, ob die Gebr. Wright bei Wind oder bei Windstille oder ob sie 
überhaupt geflogen sind. Hierüber mag die nächste Zukunft Klarheit schaffen. Aber 
wir sehen in der ganzen Auffassung des Drachenflugs ein Hexeneinmaleins, auf das ein¬ 
zugehen uns unmöglich ist. 

Wir können uns nur mit Faust trösten, aber dem Schreiber des Artikels in der 
«Allgemeinen Automobilzeitung*, der sich Aeolus nennt, möchten wir den gutgemeinten 
Rat geben, seinem Ahnherrn es gleichzutun und widrige Winde, wie die, die alle 
Mechanik höhnend aus seinen Zeilen wehen, in einem Schlauche zu verschließen. 

Odysseus. 


Erklärung. 

In Heft 11 Seite 394, Jahrgang 1906 der Illustr. Aeronaut. Mitteilungen nimmt 
Herr Herrmann Zwick (Neustadt a. Hdt.) Bezug auf eine von mir veröffentlichte Abhand- 


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lung: «Steilstehende Drachen» Jahrgang 1899, Seite 4-6 dieser Zeitschrift. Hierzu 
bemerke ich: 

Als ich die in Rede stehenden Drachenversuche anstellte und folgeweise die 
betreffende Abhandlung schrieb, war mir folgendes Prinzip noch unbekannt: «Wenn 
zwei ebene Tragflächen (Aeroplane) hinter einander angebracht sind, mit 
einem Zwischenräume, der mindestens ebenso groß ist wie die größere der beiden 
Flächen, so trägt die vordere Tragfläche mehr als das Doppelte (auf die 
Flächeneinheit bezogen) als die nachfolgende Tragfläche.» 

Gerade die von Herrn Zwick erwähnten Drachenversuche (1899) und die darauf¬ 
folgenden Experimente mit meinen Schrauben-Segelfliegern haben zur Erkenntnis des 
Richtigen mitgewirkt. Letzteres ist dargelegt in meinen zwei Schriften: «Luftwiderstand 
und Flugfrage» (in englischer und deutscher Sprache, Hamburg, Boysen & Maasch) 
und «Flight-Velocity» (nur in englicher Sprache erschienen, in gleichem Verlage). 

Meine Abhandlung: «Steilstehende Drachen» (1899 Seite 46) ist somit teils 
richtig, teils hinfällig. 

Schwerin i. M., 10. Nov. 1906. Arnold Samuelson. 

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Aeronautik. 

Die internationale Ballonwettfahrt zu Berlin 
am 14. Oktober 1906. 

Im Juliheft der «lllustr. Aeron. Mitt.» schreibt Herr General Neureuther 
am Schluß seines Aufsatzes über die Federation Aeronaulique Internationale 
Seite 253, daß die häufige Wiederholung der Notwendigkeit, die Bestim¬ 
mungen des Reglements einzuhalten, eigentümlich berühre. Dies erscheine 
nach unseren Begriffen, sobald ein Reglement einmal bestehe, als selbst¬ 
verständlich. Die meisten Leser unserer Zeitschrift werden ebenso gedacht 
haben wie General Neureuther; die letzte Wettfahrt hat aber bewiesen, 
wie sehr die Franzosen recht haben, wenn sie die Notwendigkeit das Regle¬ 
ment einzuhalten, immer wieder von neuem betonen. Die Teilnehmer an der 
Ballonwettfahrt in Berlin waren nämlich zum größten Teil nicht genügend 
über diese Bestimmungen orientiert, was ja in Anbetracht des Umstandes, 
daß dies die erste Wettfahrt in Deutschland war, nicht befremden kann. 

Da schon jetzt dem Berliner Verein für Luftschiffahrt wertvolle Preise 
für eine neue Wettfahrt zur Verfügung gestellt worden sind und demnach 
eine Wiederholung derselben in Aussicht steht, soll auf den Verlauf der 
Fahrt vom 14. Oktober näher eingegangen werden. Die Vorkommnisse bei 
derselben sind zu Nutz und Frommen der folgenden Fahrt näher zu be¬ 
leuchten, denn aus Fehlern lernt man bekanntlich am meisten. 

Der Unterzeichnete hatte erfreulicherweise Gelegenheit das Material 
über den Verlauf der Wettfahrt und der sich aus ihr ergebenden Erfah¬ 
rungen in der vorzüglich geordneten Übersicht studieren zu können, wie 
solche der Leiter der großartigen Veranstaltung, Herr Hauptmann Hilde¬ 
brandt, für den Berliner Verein für Luftschiffahrt niedergelegt hatte. 


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13 €««« 


Zunächst ergibt sich, daß die Anmeldungen meist nicht in der vor¬ 
geschriebenen Form erfolgt sind; z. B. fehlte fast durchweg die Angabe des 
Alters der konkurrierenden Führer. Nach Art. 29 [Seite 14] über die An¬ 
meldungen, ist dies aber ausdrücklich vorgeschrieben. Es soll eben ver- 
bindert werden, daß zu junge Führer sich für eine allgemeine Ballonwettfahrt 
melden. 

Ferner fehlte fast allgemein die Angabe über die von dem Führer bis 
zum Zeitpunkt der Anmeldung gemachten Aufstiege. Es wird ausdrücklich 
vorgeschrieben, daß bei der Nennung angegeben werden soll, wieviel Fahrten 
als Führer (pilote), als Gehilfe (aide) und endlich als Fahrgast gemacht 
worden sind. Besonders bemerkenswerte Fahrten sollen für sich aufgeführt 
werden. Man will eben aus diesen Angaben einen Schluß auf die Qualifikation 
des Führers ziehen können. Die Anmeldenden müssen eben bedenken, daß, 
wenn sie auch in ihrem eigenen Verein sehr bekannt sind, ein fremder 
Verein oder gar ein ausländischer Verein sich ihrer vielleicht kaum erinnert. 
Als die Commission sportif den einzelnen Herren die Fragebogen mit 
ordnungsgemäß bezeichnten Rubriken zusandte, wurden Stimmen laut die 
ihre Verwunderung darüber aussprachen, wozu man für die Nennung ihres 
Ballons die Angabe des Lebensalters und der Fahrten haben wollte! 

Weiterhin ist erforderlich, daß die Commission sportif oder der Vor¬ 
stand eines Vereins die Führerfähigkeit der einzelnen Herren bescheinigt, 
damit hierüber kein Zweifel obliegen kann. 

Es muß zugegeben werden, daß diesmal die Commission sportif von 
der Zulassung zum Wettbewerb den Bewerbern offiziell Mitteilung nicht ge¬ 
macht hat. In der Praxis ging dies aber unzweifelhaft daraus hervor, daß 
den Betreffenden Formulare zur Ausfüllung übersandt und ihnen Angaben 
über das mitzubringende Material gemacht worden sind. 

Es war in den Ausschreibungen für die Wettfahrt ein Handikap mit 
Ballast vorgesehen. Obgleich dies deutlich und klar ausgedrückt war, haben 
hinterher einige Führer vom Wettbewerb ausscheiden wollen, weil sie 
glaubten mit ihren Ballons keine Chancen zu haben. Einige Führer erklärten 
auch, sie würden mit ihrem kleinen Ballon nicht konkurrieren, wenn infolge 
des Handikaps mit Ballast den größeren Ballons plombierter Ballast mit¬ 
gegeben würde. Sobald nämlich die Fahrt in Richtung auf die See führe, 
könnten kleine Ballons mit geringem Ballast unter Umständen die Fahrt 
nicht riskieren, weil sie eventuell bei Abflauen des Windes trotz sonst 
ihnen günstigen Umständen im Wasser untergehen müßten. Größere Ballons 
könnten die Fahrt ruhig riskieren, ohne daß sie etwa solche Bedenken zu 
hegen brauchten. Wenn sie nämlich nicht mit dem verfügbaren Ballast 
auskämen, hätten sie ja nur nötig ihren plombierten Ballast anzugreifen. 
Natürlich schieden sie dann dadurch aus der Konkurrenz aus. 

Es war nur möglich sämtliche Führer zu einem Handikap nach Resul¬ 
taten zu einigen, wie es in den Bestimmungen der Federation Aeronautique 
Internationale im Kapitel 2, § 4 vorgeschrieben ist. Es muß natürlich ohne 


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weiteres zugegeben werden, daß die Gerechtigkeit dieses Handikaps eine 
sehr zweifelhafte ist. Herrscht bei der Abfahrt der Ballons starker Wind, 
der vielleicht am zweiten Tage abflaut, so sind allemal die kleinen Ballons 
im Vorteil; ist aber das Umgekehrte der Fall, nimmt also die Wind¬ 
geschwindigkeit am zweiten Tage zu, so sind die großen Ballons im Vorteil. 
Dergestalt ist es gekommen, daß diesmal der kleinste der am Start er¬ 
schienenen Ballons, der Ballon «Ernst» vom Berliner Verein für Luft- 
schiffahrt, den Preis Seiner Majestät des Kaisers gewinnen konnte, da am 
anderen Morgen der Wind sehr abgeflaut hatte. Es trat eine Drehung ein, 
welche die Ballons aus der Ostrichtung nach Süden trieb und schließlich 
direkt nach Westen, nach Berlin zu. Übrigens sei bemerkt, daß den meisten 
der Herren noch vor der Fahrt auf Grund der eingelaufenen Wetterdepeschen 
mitgeteilt werden konnte, daß am nächsten Morgen der Wind abflauen und 
Umschlagen würde. 

Von einem verunglückten Versuch des Handikaps, wie man sogar von 
sachverständiger Seite in der Tagespresse lesen konnte, kann gar keine 
Rede sein. Das gewählte Handikap war, wie nochmals betont werden muß, 
die einzige Form, der sich alle gemeldeten Ballonführer unterwerfen wollten. 
Es wird in Zukunft wohl das beste sein überhaupt kein Handicap statt¬ 
finden zu lassen und es den einzelnen Führern anheimzustellen, ob sie zu 
dem ausgeschriebenen Wettbewerb ihren Ballon für geeignet halten oder 
nicht. Sie können dann eben Ballons von einer beliebigen Größe melden. 
Man braucht dann die Ballons nicht nach Kategorien, wie sie in den Be¬ 
stimmungen der Föderation Aeronautique Internationale festgesetzt sind, zu 
dem Wettbewerb zuzulassen. 

Im fünften Kapitel der angezogenen Bestimmungen werden die Kontroll- 
mittel erläutert. Obgleich nun hier alles eingehend und klar festgesetzt ist, 
wußten verschiedene Führer nur wenig Bescheid. Vor allen Dingen ließ 
die Führung der Bordbücher zu wünschen übrig. Diese Bücher waren nach den 
Bestimmungen der Föderation Aöronautique Internationale mit genau bezeich- 
neten Rubriken versehen und wurden durch die Commission sportif den Herren 
vor der Abfahrt ausgehändigt. Durchweg ist gegen die Bestimmung ge¬ 
handelt die Einzeichnungen mit unverlöschlicher Tinte einzuschreiben. Da 
ein Tintenstift stets der Tinte gleichwertig erachtet wird, so wäre die 
Erfüllung dieser Bestimmung ein leichtes gewesen. Das einfachste wäre es 
gewesen, wenn die Commission sportif auch diese Tintenstifte geliefert hätte. 

In den Bestimmungen steht, daß die Gehilfen und Mitfahrenden die 
Angaben dieses Buches bestätigen müssen. Dies ist auch allgemein ge¬ 
schehen. 

Einen sehr wesentlichen Punkt der Bestimmungen bildet die Bestätigung 
des Landungsortes. Diese soll durch Zeugen erfolgen; wenn möglich durch 
«agents de Tautorite, magistrats, instituteurs», wie es ausdrücklich heißt. 
Bis auf wenige Fälle ist auch nach dieser Bestimmung gehandelt worden. 
Zwei Fälle sollen im allgemeinen Interesse nicht unerwähnt bleiben, weil in 


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beiden Fällen die Nichtbestätigung beinahe zur Disqualifizier.ung geführt 
hätte. In dem einen Fall war die Nichtbestätigung lediglich durch ein Ver¬ 
sehen veranlaßt worden. Die Luftschiffer waren in Rußland gelandet und 
hatten sich von dem Edelmann des Bezirks Landungsort und Kreis in ihr 
Bordbuch eintragen lassen. Dabei wurde aber übersehen, daß der Edelmann 
unter diese Eintragung seine Unterschrift zu setzen vergessen hatte. So wurde 
dem Führer schwer die richtige Bestätigung bis zu dem von der Commission 
sportif vorgeschriebenen Termin zu erlangen. Erst nach vielem Hin- und Her¬ 
depeschieren erreichte er es, daß die Bescheinigung noch rechtzeitig eintraf. 

Der zweite Fall liegt wesentlich anders. Der betreffende Herr hatte 
sich die Landung von seinem Mitfahrenden bestätigen lassen, da er der 
Ansicht war, daß derselbe bei der Fahrt unbeteiligt sei. Diese Ansicht wird 
wohl kaum von jemandem irgendwie geteilt werden können. Nach den Be¬ 
stimmungen der F. A. I. hat jeder Führer das Recht sich seinen aide oder 
Passagier selbst auszusuchen und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß 
dieser Betreffende auch an der Fahrt beteiligt ist. Von einer Nichtbeteiligung 
könnte nur dann die Rede sein, wenn jedem Ballon von der Commission 
•sportif ein Unparteiischer zugeteilt würde, gegen dessen Mitfahren der 
Führer nichts einwenden dürfte. Daß im allgemeinen wohl jedem, der die 
Fahrt mitgemacht hat und die Landung dann bestätigt, geglaubt werden 
muß, ist wohl klar. Aber ebenso klar ist es, daß man unbedingt die Fest¬ 
setzungen der Bestimmungen, nach denen der Wettbewerb ausgeschrieben 
ist, befolgen muß. Andernfalls muß die Jury ihrer Pflicht gemäß auf Dis¬ 
qualifikation erkennen. 

Es sei daran erinnert, daß selbst Se. Kgl. Hoheit Prinz Heinrich von 
Preußen bei Automobilwettfahrten sich die vorgeschriebenen Bestätigungen 
verschafft hat. Die Bordbücher sind fast durchweg in der vorgeschriebenen 
Zeit zurückgesandt worden. 

Noch ein kurzes Wort über die Gasfüllung. Die Gaswerke der Stadt 
Berlin zu Tegel hatten unter der sachgemäßen Leitung ihres Dirigenten 
Gadamer ein besonderes Rohrzuleitungsnetz gelegt, mit welchem 12 Ballons 
gleichzeitig gefüllt werden konnten. Der Durchmesser der einzelnen Haupt- 
und Nebenstränge war so bemessen, daß auch bei der gleichzeitigen Füllung 
der Ballons ein Zeitverlust nicht eintreten konnte. Da die Füllungszeit zu 
groß geworden wäre, wenn direkt unter dem Gasometerdruck, welcher in 
Tegel bis auf 200 mm gesteigert werden kann, gefüllt worden wäre, so 
wurden 3 große Exhaustoren zu Hilfe genommen, von denen ein jeder in 
der Lage war 6000 cbm Gas in einer Stunde mehrere Kilometer weit zu 
befördern. Ein 1200 cbm großer Ballon ließ sich in etwa 40 Minuten füllen. 
Dank dieser vortrefflichen Einrichtung konnte der Start vorschriftsmäßig be¬ 
ginnen und die Zwischenzeit zwischen den einzelnen Auffahrten erheblich 
abgekürzt werden. Wenn die Reihenfolge im Start nicht eingehalten wurde, 
so lag es daran, daß einige Ballons kurz vor dem Aufstieg leichte Havarien 
im Netzwerk pp. hatten. 


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Um Wohltätigkeitsanstalten eine pekuniäre Unterstützung zuteil werden 
lassen zu können wurde nicht nur den Vereinsmitgliedern, sondern auch 
dem größeren Publikum gegen Lösung von besonderen Karten der Zutritt 
zur Abwiegestelle gestattet. Es hat sich dies nicht als zweckmäßig er¬ 
wiesen, da die Ballons bei ihrem Ablassen durch die zuströmende Menge 
stark behindert wurden. In Zukunft empfiehlt es sich, einen größeren Baum 
strikte abzusperren, vor allen Dingen auch deswegen, weil unter Umständen 
durch das Wiederaufstoßen eines Korbes nach dem Ablassen Unglück her¬ 
vorgerufen werden kann. 

Die Organisation der Nachrichten hat sich ausgezeichnet bewährt. 
Es waren den einzelnen Führern zirka 20 Kuverts mitgegeben, in denen sie 
eine Depesche, an die Commission sportif gerichtet, zum Ausfüllen vorfanden. 
In fünf Sprachen war auf einem besonderen Zettel an die Finder dieses 
Kuverts die Bitte gerichtet die Depesche zum Telegraphenamt zu bringen. 
Außer der Rückerstattung der Kosten wurde den Findern noch eine Be¬ 
lohnung von 3 Mk. zuerkannt. So kam es denn, daß man über die meisten 
Ballons dauernd orientiert war. Bereits am ersten Abend kamen zirka' 
12 Depeschen in Berlin an; auch aus Böhmen liefen zahlreiche Telegramme 
ein und es war interessant zu erfahren, daß sich z. B. in der Nähe von 
Prag zwei Ballons in der Luft begegnet waren. Da eine solche Nachrichten¬ 
übermittlung sehr erhebliche Kosten macht, welche von dem Verein bei seinen 
durch den Wettbewerb veranlaßten, schon ungewöhnlich hohen Ausgaben 
kaum getragen werden konnten, so wurde es mit großem Dank begrüßt, 
daß der Berliner Lokal-Anzeiger nicht nur die Kosten für die Herstellung 
der Umschläge und Telegramme usw. übernahm, sondern auch noch die 
Telegramme und die Belohnungen bezahlte. Erst so war es möglich den in 
den Bestimmungen der Föderation Aeronautique Internationale ausgesprochenen 
Wunsch zu erfüllen, sich möglichst dauernd auch während der Fahrt über 
die Ballons zu orientieren. 

Wenn im nächsten Jahre wieder eine Wettfahrt stattfindet, so ist 
wohl kaum daran zu zweifeln, daß nach den Erfahrungen des 14. Oktober der 
Verlauf derselben ein noch besserer sein wird. S. 

Die erste Überfliegung der Alpenkette von Italien aus. 

Von Professor Dr. A. Pochettino. 

Wie die verehrten Leser dieser Zeitschrift gewiß wissen werden, ist 
der Wunsch, die Alpenkette mit dem Kugelballon zu überfliegen, sehr alt; 
seiner Ausführung haben sich bisher aber so große Schwierigkeiten und so 
viele Hindernisse in den Weg gestellt, zum Beispiel die Unbestimmbarkeit 
der Luftströmungen über dem Gebirge und deren mehrmals konstatierte 
Unbeständigkeit etc. etc., daß alle bis jetzt ausgeführten Versuche, trotz der 
vielen allbekannten Bemühungen des berühmten und tüchtigen LuftschifTers 
Spelterini, mehr oder weniger vollkommen fehlschlugen. 


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Heute ist aber die Luftreise über die Alpen im Kugelballon (wenigstens 
von Mailand aus, wofür, bei der Gelegenheit des Mailänder aeronautischen 
Wettbewerbs, von Ihrer Majestät der Königin-Witwe Margaretha von Italien 
ein Ehrenpokal ausgeschrieben worden war) eine abgeschlossene Tatsache 1 ) 
und das muß den Herren Usuelli und Crespi, Mitgliedern der Mailänder Sek¬ 
tion der «Societä Aeronauticä Italiana», zum Lobe angerechnet werden. 

Herr Usuelli hatte schon mehrmals bemerkt, daß es, wenn unter ge¬ 
wissen von ihm nicht näher beschriebenen Luftdruckbedingungen der Himmel 
auf dem Po-Tal sich fortwährend bedeckte, in der Höhe, wenigstens im 
Herbst, Luftströmungen nach Norden geben mußte, was er nach den seinen 
Anschauungen günstigen Ergebnissen der zwei von ihm zu dem Zwecke 
ausgeführten ProbeaufTahrten des 14. Oktober und des 1. November ohne 
weiteres als bewiesen betrachtete. 


Dl« Wetterlage am 11. November 1906. 

Am 10. November nachmittags schien es also dem Herrn Usuelli, daß 
die meteorologischen Bedingungen (wenigstens nach seinen Erfahrungen) 
sich für das geplante Unternehmen günstig entwickelten, und er beschloß, am 
Morgen des folgenden Tages die Auffahrt in Begleitung des Herrn Crespi 
durchzuführen. Leider konnte an der Fahrt kein meteorologisch durch- 

*) Es muß daran erinnert werden, daß am 21. Februar 1903 Dr. Emden und Prof. Dr. Heinke 
im Ballon Sohncke des Münchener Vereins für LufUchifTahrt die Zentralalpen östlich der Großglockner- 
Gruppe in etwa 7000 m Höhe überflogen. Die Landung erfolgte in Kärnten, oberhalb Rennezeg. 

Die Red. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. & 



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gebildeter Luftschiffer teilnehmen, was unbedingt für die Wissenschaft sehr 
interessant gewesen wäre; infolgedessen wurde die ganze Ausrüstung auf 
das Nötigste für eine Sporthochfahrt beschränkt. 

Unter den der Mailänder Sektion der «Societä Aeronauticä Italiana> 
gehörigen Hüllen wurde der «Cittä di Milano» genannte Ballon gewählt, der 
aus Baumwolle und von 2000 cbm Inhalt ist. Der Ballon trug nicht die 
eigene, sondern eine ganz kleine, eigentlich für den Ballon «Condor» von 
900 cbm Inhalt konstruierte Gondel, die 2(5 kg wiegt, und war mit einem 
90 m langen, 36 kg wiegenden Schlepptau versehen. Die Gondel enthielt 
außer zwei vollständigen Alpenausrüstungen für eine lange Winteralpenpartie 
noch ein mit Manometer, Gummischläuchen und Röhren versehenes, 1200 
Liter komprimierten Sauerstoff enthaltendes Gefäß, ein Fortins Quecksilber¬ 
barometer bis 100 mm, ein Aneroid, ein Richardsches Statoskop, ein 
Minimumthermometer, ein Ventilationstherrnometer und einen photo¬ 
graphischen Apparat. 

Um die unteren Luftschichten möglichst rasch zu durchfahren, wurden 
in den Ballon nur 1300 cbm Leuchtgas eingefüllt, und so viel Ballast¬ 
säcke an die Gondel gehängt, daß der Ballon um 1050 vormittags am 
11. November mit 210 kg verfügbarem Ballast (in Säcken von je 15 kg) und 
mit einem Auftrieb von rund 84 kg rasch sich in die Höhe erhob. 

Nach 40 Minuten erreichte der nun vollkommen pralle Ballon seine 
Gleichgewichtslage in einer Höhe von 4900 m; nach der Entlastung von 
einem Sack Ballast stieg der Ballon von neuem; um 1135 wurde der Ticino 
bei Tornavento in einer Seehöhe von ungefähr 5000 m und bei einer Tem¬ 
peratur von —14° gekreuzt. Die Fahrt bewahrte die west-nordwestliche 
Richtung, die sie gelegentlich der Abfahrt hatte. Indem der Ballon langsam 
weiter aufstieg, strich er an der nördlichen Seite der Biella Gegend vorüber 
und näherte sich allmählich der Alpenkette. Das inzwischen sich außer¬ 
ordentlich aufklärende Wetter ermöglichte den beiden Luftschiffern eine vor¬ 
zügliche Fernsicht: Hunderte von Hochgipfeln, unter denen ganz in der Nähe 
der «M. Rosa» und das «Matterhorn» im Norden und der «Gran Paradiso» 
in südwestlicher Richtung, Tausende von Gletschern grüßten zu den beiden 
Luftschiffern hinauf bis weithin nach den im Süden sich emporhebenden 
«Alpi Marittime». 

Die riesig ausgedehnte, vollständig vom frisch gefallenen Schnee be¬ 
deckte Gletscheroberfläche ließ nun die drohende Gefahr einer Berglandung 
unter diesen Verhältnissen deutlich erkennen. Nichtsdestoweniger ließen sich 
die beiden kühnen Mailänder Luftschiffer nicht entmutigen und sie ent¬ 
schieden sich dafür, jede Gefahr herauszufordern, um das Unternehmen zur 
Vollendung zu bringen, und entschlossen sich daher, um jeden Preis die 
Reise fortzusetzen. 

Gegen 12 Uhr waren die infolge der Höhe (5250 m) und Kälte (—15°) 
auftretenden Beschwerden bei den beiden Luftschiffern noch nicht sehr be¬ 
deutend, doch ziemlich fühlbar, besonders bei Herrn Crespi, der nach 


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wenigen Minuten die SauerstofTatmung unbedingt beginnen mußte; während 
der Regulierung des Atmungsapparates zerbrach aber eine der Atmungs¬ 
röhren, so daß nur einer der Reisenden sich deren weiter bedienen konnte; 
glücklicherweise beschränkte sich das Unwohlsein bei Herrn Usuelli 
während der ganzen Fahrt nur auf ein leichtes, infolge der Anstrengungen 
bei der Arbeit der Ballonführung verursachtes körperliches Unbehagen, das, 
nach den Beobachtungen des Herrn Usuelli selbst, durch eine kurze Atmung 
des aus dem Behälter herausfließenden Sauerstoffes immer sofort beseitigt 
war. Es muß erwähnt werden, daß Herr Usuelli ein kühner und gewandter 
Alpenbesteiger ist, welcher zum Beispiel im Mai 1903 an verschiedenen 
Bergpartien auf dem «Chimborasso» (6562 m Seehöhe) teilgenommen hat 
und damals neun Nächte auf dem Gletscher in einer Höhe von 5700 m 
zugebracht hat. 

Nach einer halbstündigen Fahrt längs der M. Rosa- und Matterhorn-Kette, 
gerade gegenüber der Grand-Combin-Gruppe, in einer Seehöhe von 5600 m 
und bei einer Temperatur von — 22°, lenkte der Ballon plötzlich von der früheren 
west-südwestlichen Flugrichtung nach Süden ab und somit schien den beiden 
Korbinsassen der Erfolg der Reise sehr aufs Spiel gesetzt zu werden. 

Da ausgeworfene, mit ein wenig Ballast beladene Papierstücke entschieden 
gegen Süd flogen, entschloß sich Herr Usuelli, noch höher zu steigen; dazu 
mußten 4 Sack Ballast (also ungefähr 60 kg) in zwei Malen geworfen 
werden; damit aber begann der Ballon wieder aufzusteigen, kam über 
6000 m und nahm die frühere west-nordwestliche Richtung wieder auf. 

Noch immer emporsteigend, wurden die Luftschiffer zu ihrer großen 
Freude gewahr, daß der Ballon gerade nach dem König der Alpen, dem 
Montblanc, zu flog; um l 10 nachmittags fuhr der Ballon über den kleinen 
Combal-See und zehn Minuten später, um 1 20 , in einer Seehöhe von 6800 m 
und bei einer Temperatur von —34° hing das Schlepptau gerade in lotrechter 
Richtung über dem Montblanc-Gipfel, in wenigen Minuten wurde die Alpen¬ 
grenze überschritten und somit die Überfliegung der Alpen vollendet. 

Es wurden noch zwei vollkommen gefrorene Sandsäcke hinausgeworfen, 
so daß nur noch 45 kg Ballast für den Abstieg zur Verfügung blieben. 
Nun erwartete Herr Usuelli, daß der Ballon aus seiner Gleichgewichtslage 
fiel, was infolge des großen Inhalts des Ballons erst nach ungefähr 
50 Minuten geschah, wie man aus folgender Tabelle ersehen kann: 


Zeit: 

J20 

J35 

1 39 

145 

151 

2 

2 10 

2 25 

Abgelesener 
Luftdruck: 

332 

327 

328 

326 

329 

325 

330 

323 

Temperatur des 
Barometers: 

—21° 

,—22° 

-22° 

—23 0 

—22" 

—24° 

-23° 

—25° 

Lufttemperatur: 

? 

—30° 

1 

-30° 

r 

? 

? 

? 

—34° 


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20 «4« 


Es wurde weiteF das Isere-Tal im Norden von Albertsville gekreuzt; 
tief im Norden erschien der Annecy-See, im Westen der Bourget-See, im 
Osten die mächtige Alpenkette, im Süden endlich die «Alpi Marittime> und 
fern — das deutlich erkennbare Mittelländische Meer! 

Nach der letzten Oszillation stieg der Ballon nun langsam bis zu 
einer Seehöhe von 6400 m herab; um 2 40 nachmittags, in einer Höhe von 
5350 m, überzeugte sich Herr Usuelli davon, daß der Ballon, wenn er. sich 
selbst überlassen würde, zu langsam herabstiege, was ihn direkt in den 
Bourget-See hätte fallen lassen. Darum zog der Führer wiederholt die 
Ventilleine, wodurch der Ballon in rascheren Fall gebracht wurde. 

In einer Höhe von ungefähr 150 m vom Boden wurden zwei Sack 
Ballast mit einem Mal ausgeworfen; der Ballon fiel noch geschwind bis zu 
45 m vom Boden, dann verringerte sich allmählich seine Geschwindigkeit, 
so daß die Gondel nur ganz leicht den Boden streifte; ein langer Ventil¬ 
leinenzug arretierte nun definitiv den Ballon in der Nähe von Aix-Les-Bains; 
es war 2 55 . 

Die Länge der ganzen Fahrt beträgt ungefähr 300 km, die in zirka 
4 Stunden zurückgelegt wurden; der Abstieg von 5200 m erfolgte in nur 
14 Minuten; der Abstiegsort liegt 85 km in westlicher Richtung vom 
Montblanc-Kettenkamm. 


Die astronomische Ortsbestimmung im Ballon und ihre Bedeutung 

für die Luftschiffahrt. 

Von Pmatdozent Dr. Adolf Marcuse-Berlin. 

Bei der viele Jahrtausende alten Seeschiffahrt gilt die fortlaufende Positions¬ 
bestimmung des Fahrzeugs als eine der wichtigsten Aufgaben der Schiffsführung. Be¬ 
kanntlich unterscheidet man in der Nautik zwischen astronomischer und terrestrischer 
Navigation, von denen erstere mit Sextant und Chronometer durch Gestirnsbeobachtungen, 
letztere mit Kompas und Log durch Besteckrechnungen und Peilungen den Schiffsort 
ermittelt. Die einzig zuverlässige Positionsbestimmung auf See ist und bleibt die astro¬ 
nomische, außer wenn man in der Nähe der Küsten auf kartographisch festgelegte Land¬ 
objekte peilen kann. 

Bei der nur wenig über hundert Jahre alten Luftschiffahrt, deren wesentliche tech¬ 
nische Entwickelung überhaupt erst in den letzten Jahrzenten gelang, galt bisher die 
fortlaufende Positionsbestimmung des Luftfahrzeugs nur als ganz nebensächliche 
Aufgabe der Ballonführung. Seit jedoch in neuerer Zeit Dauerfahrten auch über die 
Nachtstunden, Forschungsreisen in der Luft nach mehr oder weniger unbekannten Erd¬ 
regionen, ja sogar Aufstiege in lenkbaren, einer eigenen Fahrtrichtung, unabhängig von 
Luftströmungen, zugänglichen Ballons ausgeführt sind, beansprucht auch die Ortsbestim¬ 
mung in der Luft den Rang als eine der wichtigsten Aufgaben der Ballonführung. 

Entsprechend wie in der Nautik, kann man bei Fortbewegungen in der Atmo¬ 
sphäre auch eine astronomische und eine terrestrische Aeronautik unterscheiden. 
Die erstere liefert bei nicht sichtbarer Erdoberfläche die notwendigen Orientierungen 
hauptsächlich mit einem neuen, alsbald näher zu beschreibenden Höhenwinkel-messenden 
Instrumente und mit der Uhr durch Gestirnsbeobachtungen von der Gondel aus; die 
terrestrische Aeronautik arbeitet bei nach unten durchsichtiger Luft, also im Anblick der 
Erdoberfläche, kartographisch oder photogrammetrisch vom Ballon aus unter gelegent- 


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licher Zuhilfenahme des Kompasses. Das Gebiet dieser terrestrischen oder besser viel¬ 
leicht topographischen Aeronautik, bei der wir zunächst einen Augenblick verweilen 
wollen, ist aber noch ein viel ausgedehnteres. Wenn nämlich vom Ballon aus weder 
Gestirnsbeobachtungen am Himmel noch Peilungen auf die Erdoberfläche möglich sind, 
so tritt die magnetische Ortsbestimmung helfend ein, welche durch Messungen der 
erdmagnetischen Horizontalintensität in der Gondel und durch Vergleichung der hierfür 
gefundenen Werte mit den für die Erdoberfläche geltenden Isodynamenkarten den 
Ballonort, besonders in Breite, wenigstens genähert festzulegen gestattet. Diese nicht 
unwichtige Erweiterung der terrestrischen Aeronautik, welche als wertvolle Ergänzung 
der Ortsbestimmung im Ballon bei einer nach oben wie unten undurchsichtigen Luft be¬ 
zeichnet werden kann, ist vor etwa acht Jahren zuerst von Eschenhagen vorgeschlagen 
und neuerdings von Ebert-München an einem verbesserten magnetischen Instrument von 
Heydweiler weiter ausgebildet worden. Endlich verdient hier noch als wichtiger Zweig 
terrestrischer Aeronautik die trigonometrische Ermittelung der Ballonflugbahn von der 
Erdoberfläche aus durch Einstellungen an besonderen Theodoliten Erwähnung. Derartige 
Messungen sind speziell für die sehr hoch, bis 16 km und darüber steigenden Registrier¬ 
ballons von großer Bedeutung, da sie nicht nur Richtungs- und Geschwindigkeits¬ 
bestimmungen von Luftströmungen, sondern in Verbindung mit den selbsttätigen baro¬ 
metrischen Aufzeichnungen der Balloninstrumente auch genaue Höhenauswertungen 
gestatten. Ein in der Werkstatt von Bosch-Straßburg, vor etwa einem Jahre konstruierter 
Quervainscher Spezialtheodolit für Zwecke der wissenschaftlichen Luftschiffahrt mit 
großer Objektivöffnung, weitem Gesichtsfeld und mittlerer Vergrößerung hat sich aus¬ 
gezeichnet bewährt; fortlaufende Einvisierungen von Gummiballon-Tandems bis zu 16 km 
Höhe über dem Erdboden, bis fast 50 km Entfernung vom Beobachter, gelangen mit 
jenem Theodoliten. 

Nach diesen einleitenden und orientierenden Betrachtungen über das gesamte 
Gebiet der aeronautischen Ortsbestimmung soll nunmehr speziell auf das Problem der 
astronomischen Orientierung im Ballon eingegangen werden. Dieses ganz neue 
Feld der Anwendung astronomischer Meß- und Rechenkunst auf die Luftschiffahrt, diese 
sogenannte «aeronautische Astronomie», deren instrumenteile wie methodische Grund¬ 
legung seit fünf Jahren mir am Herzen liegt und die neuerdings, dank der praktischen 
Mitarbeit des Herrn Dr. A. Wegener, als ausreichend fundiert angesehen werden kann, 
befindet sich — das muß betont werden — noch immer in den Anfängen der Entwickelung. 
Frühere, gelegentliche, aber doch interessante Versuche zur astronomischen Ortsbestimmung 
im Ballon, wie sie von And ree, Berson, Elias, Favö, Lans und v. Sigsfeld 
unternommen wurden, hatten hauptsächlich deshalb nicht den gewünschten Erfolg, weil 
die Lösung der instrumenteilen Frage noch nicht ausreichend gelungen war. Es kam 
darauf an, zur Messung der Gestirnshöhen von der Gondel aus ein bequemes und doch 
genügend genaues Instrument zu benutzen, welches freihändig und ohne Rücksicht auf 
die natürliche Kimmlinie astronomische Höhen über dem Horizont zu messen erlaubt. 
Nach längeren Vorversuchen an Land und auf See empfahl ich 1901 in einer fachwissen¬ 
schaftlichen Sitzung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde, 1902 vor der internationalen 
Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt und 1904 auf dem internationalen Geo¬ 
graphenkongresse zu Washington den Butenschönschen Libellenquadranten, in 
welchem der Horizont durch eine ins Gesichtsfeld reflektierte Libellenblase bezeichnet 
wird. Das Instrument, mit einigen neuerdings angebrachten Verbesserungen, befindet sich 
u. a. im 4. Heft (1905) der «Aeronautischen Mitteilungen» in einer Abbildung dargestellt. 

Es ist ein zunächst freihändig benutzbarer Höhenwinkelmesser, der auf dem Prinzip 
beruht, daß eine Libellenblase in das Gesichtsfeld gespiegelt wird und bei richtiger Höhen¬ 
einstellung das direkt im Fernrohr anvisierte Objekt symmetrisch umspült. An einem 
Metallquadranten, dessen Kreisbogen in ganze Grade geteilt und mit Nonius ohne Lupe 
auf 2' bequem ablesbar ist, befindet sich in fester Verbindung das Fernrohr. Unter 
demselben, an einem beweglichen Alhidadenarm, sitzt die zum Einspielen zu bringende 


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Libelle, während das mit der Hand am HolzgrifT des Quadranten zu fassende Fernrohr 
auf das Gestirn gerichtet wird. Um nun Gestirn wie Libellenblase gleichzeitig im Fern¬ 
rohr zu sehen und eine symmetrische Lage der letzteren um das erstere zu erreichen, 
ist im Fernrohr unter einem Winkel von 60° ein durchlochter versilberter Metallspiegel 
angebracht, in welchem die Libellenblase, aufrecht gestellt, sichtbar wird, während durch 
die SpiegelöfTnung Fadenkreuz und Objekt gesehen werden. Man richtet also zur Höhen¬ 
messung das Fernrohr auf das Gestirn und sucht dasselbe möglichst genau in der Faden¬ 
quadratmitte festzuhalten. Darauf stellt man die Libelle mittels der großen Zahnrad¬ 
triebschraube ungefähr wagerecht ein und dreht beim nochmaligen Hineinsehen ins 
Fernrohr noch etwas an der Triebschraube, bis die Blasenenden oben und unten geich¬ 
weit von der FadenkreuzötTnung entfernt sind. Bei dieser Stellung des Alhidadenarms 
wird am Kreise des Instruments direkt die Größe des Höhenwinkels abgelesen. Die so 
am Libellenquadranten gemessenen Höhen über dem scheinbaren Horizont sind bei Sonne 
und Sternen nur für den außerordentlich konstanten Indexfehler des Instruments und 
gelegentlich bei geringen Höhen auch für Refraktion zu verbessern; nur für Mond¬ 
beobachtungen kommt noch eine kleine Parallaxenkorrektion hinzu. 

Bei Tagbeobachtungen an der Sonne wird ein neutrales Blendglas auf das Objektiv 
gesetzt; bei Nachtmessungen an Sternen müssen Libelle und Gesichtsfeld künstlich be¬ 
leuchtet werden. Die Genauigkeit, die beim freihändigen Gebrauche des Libellenquadranten 
erreicht werden kann, beträgt an Land für eine Höheneinstellung 3', auf See 5' und im 
Ballon etwa 7'; das entspricht etwa 12 km linear in m. Br., ist also für aeronautische Orts¬ 
bestimmungen völlig ausreichend. Wesentlich genauer und zugleich vielseitiger für Höhen- 
und Azimuteinstellungen wird der Libellenquadrant noch auf Stativ mit Horizontalkreis 
und Bussole montiert, gleichsam als Ersatz für ein roheres Universalinstrument benutzt. 

Diesen von mir seit fünf Jahren zur aeronautischen Ortsbestimmung vorgeschlagenen 
Libellenquadranten hat nun Dr. A. Wegener seit etwa einem Jahre bei drei Luftfahrten 
am 11. Mai, am 30. August 1905 und am 5. bis 7. April 1906 in der Gondel mit großem 
Erfolge benutzt. Die beiden ersten Fahrten fanden am Tage statt mit Sonnen- und Mond¬ 
beobachtungen, während die letzte sehr wertvolle Nachtbeobachtungen mit Sterneinstellungen 
lieferte. So ist denn die instrumentelle Seite der Frage nach astronomischen Orts¬ 
bestimmungen im Luftballon durch Einführung und Erprobung des verbesserten Libellen¬ 
quadranten im großen und ganzen als gelöst zu betrachten. Für alle näheren Einzel” 
heiten in der Konstruktion und Anwendung des Libellenquadranten muß ich auf mein 
« Handbuch der geographischen Ortsbestimmung» (Braunschweig 1905) verweisen. 

Wie steht es nun aber mit der methodischen und rechnerischen Seite jener Frage 
der aeronautischen Astronomie? Es war von vornherein klar, daß bei Anwendung des 
höhenmessenden Libellenquadranten und eines bis auf wenige Sekunden für den Tag 
die Zeit richtig einteilenden Taschenchronometers die Ortszeit und die geographische 
Breite aus Gestirnshöhen herzuleiten sind, während die geographische Länge aus 
der Vergleichung der berechneten Ortszeit mit der vom Chronometer gegebenen festen 
Zeit eines bestimmten Anfangsmeridians (z. B. Greenwich oder M. E. Z.) genau genug 
folgt. Die astronomische Theorie der Ortsbestimmung lehrt nun, daß man die Breite 
am vorteilhaftesten aus Gestirnshöhen in der Nähe des Meridians, also in Richtung 
Nord-Süd bestimmt, während die Zeit am fehlerfreiesten aus Gestirnshöhen nahe dem 
I. Vertikal, also in Richtung Ost-West am Himmel ermittelt wird. Höhenmessungen eines 
Gestirns nahe dem Ost-West-Vertikal sind also mit solchen eines anderen Gestirns in 
der Nähe des Meridians zu verbinden, wobei es, der geringeren Genauigkeit der Messungen 
im Ballon entsprechend, nicht auf Abstände bis zu 30° rechts und links von jenen beiden 
Hauptorientierungsebenen im Koordinatensystem des Horizonts ankommt. In der Nacht 
liegen die Verhältnisse für eine fast gleichzeitige Höhenmessung nahe dem Meridian und 
dem ersten Vertikal sehr günstig, da die Auswahl zweier geeigneter heller Fixsterne 
genügt. Am Tage ist die Sache jedoch nicht so einfach, da nur bei günstiger Stellung 
von Sonne und Mond, hauptsächlich um die allerdings ziemlich weit zu nehmende Zeit 


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des ersten und letzten Mondviertels herum, beide Gestirne gleichzeitig sich am Himmel 
beobachten lassen; manchmal könnte am Tage auch der Planet Venus benutzt werden. 

Diese einfachen Gesichtspunkte, die sich jedem, der in Ortsbestimmungen Er¬ 
fahrung hat, von selbst ergeben, sind auch schon in den Vorschlägen veröffentlicht 
worden, welche ich 1902 der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiff¬ 
fahrt zur Frage der astronomischen Ortsbestimmung im Ballon unterbreiten konnte. 

Allerdings wurden damals, um auch am Tage aus Sonnenbeobachtungen allein im 
Ballon eine vollständige Ortsbestimmung herzuleiten, a priori Messungen von Höhe und 
Azimut vorgeschlagen, falls nur die Sonne sichtbar sei. Auf diese Weise sollte, unter 
Benutzung von Azimut- und Höhentafeln, Breite und Zeit, je nach der Stellung der 
Sonne am Himmel vorteilhaft aus Höhe und Azimut oder umgekehrt hergeleitet werden. 
Diese theoretische Möglichkeit hat sich jedoch in der Praxis auf Grund der maßgebenden 
Untersuchungen von Herrn Wegener im Ballon leider nicht als ausführbar erwiesen, da 
Azimuteinstellungen auf die Sonne, sogar mit verschiedenen Bussolenarten versucht, 
Wegen der unaufhörlichen Ballonrotation bisher scheiterten und weil außerdem die 
Reduktion des magnetischen auf das astronomische Azimut bei unbekannter Position 
Schwierigkeiten macht. 

Deshalb muß man, wie die Beobachtungsmethoden in dieser Frage jetzt liegen, 
und da jede Versegelung, eine in der Nautik gebräuchliche Reduktion des beweglichen 
auf ein festes Observatorium, im Ballon bei nach unten trüber Luft im allgemeinen un¬ 
bekannt bleibt, betonen, daß vollständige Ortsbestimmungen im Ballon nur nachts 
mit je zwei Sternen und am Tage mit Sonne und Mond bis auf 10 — 15 km Genauig¬ 
keit gelingen, während mit der Sonne allein die Orientierung bisher noch unvollständig 
bleibt. Es hat sich jedoch auch in diesem ungünstigeren Falle gezeigt, und zwar an 
Hand der ersten systematischen aeronautischen Ortsbestimmungen von Dr. A. Wegener, 
daß sogar aus einzelnen Höhenmessungen der Sonne ein großer Nutzen für die Ballon¬ 
orientierung folgt, der unter Umständen, besonders wenn etwa durch eine Wolkenlücke 
nach unten die Fahrtrichtung festzustellen ist, von entscheidender Bedeutung für die 
Ballonführung werden kann. 

Damit komme ich nun zur rechnerischen Verwertung der aeronautisch-astrono¬ 
mischen Messungen, die im Gegensatz zur instrumentellen Frage als noch nicht ganz 
abgeschlossen betrachtet werden kann. Schon v. Sigsfeld, der kurz vor seinem für 
die gesamte Aeronautik tief beklagenswerten Tode mit mir über Ortsbestimmungen im 
Ballon verhandelte, hatte als Rechnungsmethode das auf See zu so weiter Anwendungs- 
fahigkeit gelangte Sumner-Verfahren zur Herleitung sogenannter Standlinien vorgeschlagen, 
auf das alsbald etwas näher eingegangen werden soll. Auch in den ausgedehnten, 1902 
bis 1903 zwischen Herrn Scheimpflug, Hauptmann im Wiener Militärgeographischen 
Institut, und mir gepflogenen Verhandlungen hatte die Methode der Standlinien eine 
wichtige Rolle gespielt. Scheimpflug wollte die dazu notwendige schnelle Berechnung 
der Beobachtungen mittels eines «Nautischen Rechenschiebers» (einer Nachbildung des 
Braunschen Trigonometers) ausführen, wehrend ich die zuerst von Borgen entworfene 
kurze Tabelle der Merkatorfunktion vorschlug. In diese verschiedenen theoretischen 
Reduktionsvorschläge haben nun die ebenso zielbewußt wie umsichtig ausgeführten 
praktischen Beobachtungen und Rechnungen von Dr. A. Wegener-Lindenberg bei seinen 
drei Ballonfahrten eine klärende Sichtung gebracht, indem sich im allgemeinen die 
Standlinienmethode sowie die Tabelle der Merkatorfunktion als sehr brauchbar, in 
speziellen Fällen allerdings auch die Reduktion nach besonderen Höhentafeln als prak¬ 
tisch erwies. Es bleibt also einer hoffentlich recht nahen Zukunft Vorbehalten, eine 
kurze, nur wenige Blätter enthaltende Tafelsammlung für Ortsbestimmungen im Ballon 
herauszugeben, um sie dem Ballonführer zur schnellen und sicheren Auswertung des 
Ballonortes während der Fahrt zugleich mit dem erprobten Libellenquadranten und einem 
brauchbaren Taschenchronometer einzuhändigen. 

Die Vorarbeiten zur Zusammenstellung einer ganz knappen, im Ballon selbst 


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verwendbaren Reduktionstafel sind im Gange, und ich hoffe, demnächst mit Herrn 
Dr. K. Wegencr-Frankfurt a. M. die Herausgabe einer solchen, für die Ballonführung 
dringend notwendigen Tafel zum Abschluß bringen zu können. 

Ich könnte nunmehr diese Betrachtungen schließen mit einem Hinweis auf die 
allgemeine Bedeutung der Ortsbestimmung im Ballon für die Luftschiffahrt und mit 
einem warmen Appell an alle Ballonführer, diese neue aeronautisch-astronomische Auf¬ 
gabe zu fördern. Aber ich möchte noch einiges hinzufügen, um grade das Interesse der 
Herren Ballonführer auf die wichtige, vorher erwähnte Methode der «Standlinien* und 
auf die neue, aussichtsreiche Rechnung mit Merkatorfunktionen zu lenken. Der Leser 
möge nicht fürchten, daß ich dabei etwa allzutief in die leider noch immer, wenn auch 
mit Unrecht gefürchtete Mathematik eindringe ; ich will vielmehr im Interesse auch der 
Nichtmathematiker eine ziemlich allgemeine Darstellung zu geben versuchen, die aller¬ 
dings jenen heilsamen «Zaum der Phantasie», wie ihn mathematisches Denken liefert, 
nicht ganz entbehren kann. 

Das Wesen der Sumner- oder Standlinienmethode in ihrer aeronautischen An¬ 
wendung besteht in folgendem: Wird zu einer bestimmten Zeit die Höhe eines Gestirns 
gemessen, so erhält man Daten zwar noch nicht zur Ermittelung von Länge und Breite, 
wohl aber zur Bestimmung eines Kreises auf der Erdkugel, über dessen Zentrum das 
Gestirn zur Beobachtungszeit im Zenit stand und auf dessen Peripherie der gesuchte 
Ort irgendwo liegen muß. Dieser Kreis gleicher Höhe ist ein sogenannter Sumnerkreis, 
dessen Zentrum durch die Chronometerablesung, also den Stundenwinkel, und dessen 
Radius durch die Höhenmessung d. h. die Höhe des Gestirns bestimmt wird. Wird kurz 
darauf ein zweites, in Azimut ziemlich weit vom ersten abstehendes Gestirn beobachtet, 
so erhält man einen zweiten Sumnerkreis, auf dessen Peripherie der Beobachtungsort 
ebenfalls liegen muß. Wird letzterer durch eine als fest anzunehmende Station gebildet, 
so muß er sich unbedingt in einem der beiden Schnittpunkte der beiden auf der Erd¬ 
oberfläche liegenden Sumnerkreise befinden. Zum Einträgen dieser Kreise wird zweck¬ 
mäßig die Merkator- oder Seekarte benutzt, bekanntlich eine Plattkarte mit äqui¬ 
distanten Längengraden und vom Äquator nach den Polen hin zunehmenden Breitegraden. 
In der Praxis genügt ferner an Stelle des Sumnerkreises ein so kleines Bogenstück, daß 
statt desselben eine Grade, die sogenannte Sumner- oder Standlinie in dem der Be¬ 
obachtungsstelle entsprechenden Teile der Karte gezogen werden kann. Der Beobachtungs¬ 
ort muß sich dann irgendwo auf dieser Linie befinden; konstruiert man nach einer 
zweiten Höhenmessung am Himmel eine zweite Standlinie auf der Karte, so bezeichnet 
der Schnittpunkt beider den Beobachtungsort. 

Dieselbe Merkatorkarte, bei welcher die Längengrade überall gleiche lineare Größe 
haben, die Breitegrade aber vom Äquator zu den Polen proportional der Sekanten¬ 
funktion der Breite wachsen, führt uns zu den Rechnungen mit Merkatorfunktionen oder 
Funktionen der wachsenden Breite. Der lineare Abstand irgend eines Breitenparallels 
vom Erdäquator auf einer für die Kugel mit dem Radius 1 entworfenen Merkatorkarte, 
ausgedrückt in Bogenminuten, heißt Merkatorfunktion. Dieselbe wird durch alle 
Quadranten als Funktion und Kofunktion numerisch, auf wenigen Seiten fabuliert und 
ersetzt die gewöhnlichen logarithmisch-trigonometrischen Tabellen, wobei die Rechnungen 
einfacher, sicherer und übersichtlicher werden. Um das für fast alle Ortsbestimmungen 
maßgebende sogenannte fundamentale astronomische Dreieck zwischen Pol, Zenit und 
Gestirn mit Hilfe der Merkatorfunktionen aufzulösen, geht man von den Gleichungen 
der sphärischen Trigonometrie aus und transformiert die darin enthaltenen Kreisfunktionen 
in Merkatorfunktionen. Für nähere Einzelheiten und speziell für die Anwendung der 
Merkatorfunktion zur Ortsbestimmung im Luftballon verweise ich wiederum auf mein 
«Handbuch der geographischen Ortsbestimmung* (Braunschweig 1905). 

Doch nun möchte ich zum Schluß dieser allgemeinen Ausführungen noch mit 
wenigen Worten auf die unmittelbare und mittelbare Bedeutung der astronomischen 
Bestimmung des Ballonorts für die LuftschifTahrt hinweisen. Eine zweckmäßige astro- 


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nomische Orientierung vermag, abgesehen von ihrem orientierenden Werte an sich, in 
manchen kritischen Fällen den LuftschifTer sogar vor ernsten Gefahren zu schützen, 
wenn es sich um die Bestimmung des Landungsortes handelt. Unter allen Umständen 
läßt sie ihn Gas und Ballast besser ausnützen, wenn er nicht erst zur Orientierung unter 
und nachher wieder über die Wolken zu gehen braucht. Ferner hilft die astronomische 
Ortsbestimmung dazu, eine Annäherung an das Meer und an die Landesgrenzen, bei 
nach unten trüber Luft, rechtzeitig zu erkennen. Endlich vermag der Luftschiffer aus 
der astronomischen Orientierung großen Nutzen zu ziehen, wenn der Ballon über See 
fliegt, bei Nachtfahrten nach einmal verloren gegangener Orientierung und bei einer 
Dauerfahrt über wenig bekannte Gelände, welche geographischen oder sonstigen Zwecken 
dient. Im lenkbaren Luftballon bildet sie in hoffentlich recht naher Zukunft, wie auch 
schon Graf v. Zeppelin hervorgehoben hat, ein wichtiges Hilfsmittel der Ballonführung. 

Mittelbar verhilft eine fortlaufende astronomische Ortsbestimmung im Ballon auch 
zur besseren Festlegung der Ballonflugbahn und damit zu einer gründlicheren Erkenntnis 
der oberen Luftströmungen. 

Nunmehr bin ich am Schlüsse dieser allgemeinen Betrachtungen über Wesen 
und Bedeutung der astronomischen Ortsbestimmung im Ballon angelangt; ich hoffe, daß 
meine Ausführungen die Ballonfahrer von der Wichtigkeit dieser ganzen Frage über¬ 
zeugen. Und ich schließe mit der Bitte, daß unsere, auch sonst so tätigen Vereine für 
Luftschiffahrt das bedeutsame Problem der astronomischen Ortsbestimmung im Ballon 
energisch fördern helfen, damit die Kunst, in der Luft zu navigieren, immer mehr zu 
einer sicheren, durchdachten und nutzbringenden Wissenschaft werde. 

X 

Aeronautische Vereine und Begebenheiten. 

Berliner Verein für Luftschiffahrt. 

In der 260. Sitzung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt vom 19. No¬ 
vember ergab sich zunächst als angenehme Folge der Jubiläumsfestlichkeiten die er¬ 
freuliche Tatsache, daß sich 74 neue Mitglieder (72 Herren und 2 Damen) zur Aufnahme 
gemeldet hatten. Die Mitgliederzahl ist dadurch auf 1066 gestiegen. Recht merkwürdig 
war es, daß die Mitgliederzahl 1000 gerade mit dem Namen des Kriegsministers General 
v. Einem, genannt v. Rothmaler, zusammentraf. Zum ersten Punkt der Tagesordnung 
«Bericht über die Feier des 25jährigen Bestehens des Vereins» sprach als Bericht¬ 
erstatter über die Jahresversammlung des «Deutschen Luftschiffer-Verbandes» Dr. Stade. 
Das Wesentliche von dieser Tagung am Vormittage des 14. Oktober ist im Dezemberheft 
bereits mitgeteilt worden. Nachzutragen sind noch verschiedene wichtige Anregungen, 
wie die wünschenswerte Herstellung aeronautischer Landkarten, die auch Starkstrom¬ 
leitungen zeigen, ferner die Gewinnung der großen deutschen Dampferlinien für regel¬ 
mäßige Gestattung von Aufstiegen von Ballons und Drachen zu meteorologischen Unter¬ 
suchungen an Bord verschiedener darauf einzurichtender Schiffe, die Stiftung und Her¬ 
stellung einer Verbandsmedaille zur Prämiierung aeronautischer Leistungen und eines 
Abzeichens für die Mitgliedschaft in der Föderation Aeronautique Internationale. Ge¬ 
heimrat Busley schritt hierauf zur Ueberreichung der von Mitgliedern des Vereins beim 
Ballon-Wettbewerb am 14. Oktober erworbenen, in künstlerisch ausgeführtem Silbergerät 
bestehenden Preise an die glücklichen Gewinner. Er durfte hierbei mit Genugtuung des 
Umstandes gedenken, daß von 5 dem Verein gehörigen Ballons, die am Wettbewerb teil¬ 
genommen, drei sich Prämien geholt haben. Zu Vs an der Konkurrenz beteiligt, empfing 
somit der Verein die Hälfte der Preise. Den Kaiserpreis erwarb Dr. Bröckelmann 
(Ballon «Emst»), zwei andere Preise fielen Dr. Elias (Ballon «Helmholtz») und Hauptmann 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 4e 


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v. Kehler (Ballon «Bezold») zu. Geheimrat Busley hat am Sonntag den 21. Oktober 
Sr. Majestät dem Kaiser über den Ausgang des Wettbewerbes berichten dürfen und sehr 
anerkennende Worte des Monarchen gehört, namentlich im Hinweis darauf, daß der 
Kaiserpreis von einem Berliner gewonnen worden ist. Hauptmann Hildebrapdt be¬ 
richtete noch im besonderen über den sportlichen Ausfall des Ballon Wettbewerbes. Er 
schilderte die Vorbereitungen, um in kürzester Frist und möglichst gleichzeitig so viele 
Ballons zu füllen. Das trefflich eingerichtete Tegeler Gaswerk leistete ausgezeichnete 
Hilfe. In wiederholt vorgenommenen Proben wurde festgestellt, daß es möglich sein 
würde, mittels 12 Füllrohren und unter Benutzung der drei großen Kxhausloren, die für 
gewöhnlich das in Tegel erzeugte Gas nach dem Gasometer von Wedding drücken, in 
in einer Stunde 18000 cbm zu füllen. Über die Schwierigkeit, daß 5 Ballons mehr zu 
füllen waren, als Füllrohre vorhanden, half die verschiedene Größe der Ballons hinweg. 
Es war möglich, an 5 Rohren je 2 kleinere Ballons etwa in derselben Zeit zu füllen, 
als an 7 Rohren je einen großen, und der Erfolg war dieser Einteilung so günstig, daß, 
während darauf gerechnet war, von 5 zu 5 Minuten einen Ballon steigen zu lassen, so 
daß 85 Minuten erforderlich gewesen wären, bis zur Entlassung des letzten Ballons nur 
62 Minuten vergingen. Einige Schwierigkeiten bereitete auch die Festsetzung eines allen 
Beteiligten ohne Ausnahme genehmen Handikaps. Solches nach dem Ballast zu regeln, 
entsprach nicht dem Wunsche aller Teilnehmer. Das schließlich festgestellte und von 
allen gern anerkannte Handikap gründete sich auf die beiden Momente: Erreichte Ent¬ 
fernung vom Ort des Aufstieges in der Luftlinie und Größe des Ballons. Entscheidend 
sollte also der Quotient einer Division der ersteren Größe in Kilometern durch die 
zweite Größe in Kubikmetern sein. Ob bei diesem Handikap die großen Ballons vor 
den kleinen bevorzugt sein würden, oder umgekehrt, das hing ausschließlich von der 
Wetterlage ab. Tatsächlich hat der schwache Wind und die sich am 15. Oktober ein- 
stellende Flaute die kleinen Ballons vor den großen begünstigt, ln dem einen wie in 
dem andern Falle blieb der Beobachtung und dem Kalkül des Ballonführers die Mög¬ 
lichkeit, seine Aussichten zu verbessern. Der mit dem Quotienten 831/580 gewinnende 
Ballon «Ernst» tat wohl daran, sich in niederen Regionen zu halten, weil er bei der 
Wetterlage in der Abfahrtsstunde in höheren Regionen schwächeren Wind zu linden be¬ 
fürchtete, und ähnlich hat Dr. Emden als Führer des mit dem Quotienten 423/1340 den 
2. Preis erringenden Ballons «Sohncke* operiert. Den Rekord der in der Zeit längsten 
Fahrt erreichte der Ballon «Cognac» (V. de Beauclair-Schweiz) mit 26 Stunden 20 Min. 
Für die längste Dauer der Fahrt hatte der Herausgeber der <lllustr. Aeronautischen Mit¬ 
teilungen» eine Medaille gestiftet. Im großen und ganzen, so schloß Hauptmann 
Hildebrandt seinen Vortrag, darf der Verein mit dem Ergebnis dieses ersten von ihm 
veranstalteten Wettbewerbs zufrieden sein. Es ist nur natürlich, daß nicht gleich alles 
klappen konnte; aber es ist doch auch nichts vorgekommen, was Anlaß zu Dis¬ 
qualifikationen gegeben hätte. Nur wird in Zukunft mit größerer Strenge auf den Punkt 
der internationalen Satzungen geachtet w r erden müssen, der strikte vorschreibt, daß über 
den Ort der Landung irgend eine behördliche Bescheinigung beizubringen ist. 

Die Kinematographische Gesellschaft hat den guten Gedanken gehabt, die Ballon¬ 
füllung und den Aufstieg der 17 Ballons in Tegel durch zahlreiche Aufnahmen zu be¬ 
gleiten, wobei die besonders charakteristischen Momente mit feinem Verständnis Be¬ 
rücksichtigung gefunden hatten. Die Vorführung dieser kinematographischen Bilder be¬ 
gegnete deshalb dem lebhaften Interesse der Versammlung. Wie am Tage des Aufstieges 
selbst, wurden namentlich die Momente von Beifall begleitet, wo ein Ballon sich eben 
von der Erde löste, seine Insassen Fahnen und Hüte schwenkten und Tausende wehender 
Taschentücher und geschwenkter Hüte ihnen gute Reise wünschten. Jedenfalls zollte 
die Versammlung dem Vereinsvorstand Dank, ihr dies unvergeßliche aeronautische Er¬ 
eignis nochmals in belebten Bildern vorgezaubert zu haben. 

Über sechs vom 20. Oktober bis 17. November erfolgte Vereinsfahrten berichtete 
der stellvertretende Leiter des Fahrtenausschusses, Leutnant Geerdtz. Es waren die 


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folgenden, welche mit Ausschluß der zweiten alle normalen Verlauf nahmen und in 
glatten Landungen endeten. Alle gingen von Berlin aus. 

Oktober 20. Führer Leutnant v. Auer. Mitfahrende Leutnant Freiherr v. Schlot¬ 
heim, Leutnant Graf Sponeck und Leutnant d. R. Winkler. Abfahrt 9 86 vormittags, 
Landung bei Alt-Prielipp bei Stargard um 12 40 . Zurückgelegte Kilometer 145, in der 
Stunde 42, höchste erreichte Höhe 1700 m. 

Oktober 27. Führer Dr. Flemming, Mitfahrende die Herren Liebich, Müller und 
Schubert. Abfahrt 10 6 , Landung beim bezw. im Zotzen-See bei Kratzeburg in Mecklen¬ 
burg um 1 ,0 . Zurückgelegte Kilometer 103, in der Stunde 32,5, höchste erreichte Höhe 
1200 m. 

NovemberH. Führer Oberleutnant Ritter und Edler v. Zech, Mitfahrende Herr 
und Frau v. Liebermann. Abfahrt 11, Landung in Luetz bei Parchim um 4 30 . Zurück¬ 
gelegte Kilometer 162, in der Stunde 36,6, höchste erreichte Höhe 600 m. 

November 13. Führer Hauptmann v. Müller, Mitfahrende: Leutnant v. Fiebig, 
Leutnant v. Malachowsky, Leutnant v. Neumann. Abfahrt 11*°, Landung l 45 in Kalk¬ 
witz bei Kalau. Zurückgelegte Kilometer 105, in der Stunde 43,8, höchste erreichte Höhe 
2050 m. 

November 16. Führer Leutnant v. Holthoff, Mitfahrende: Leutnant Auer v. Herren¬ 
kirchen, Rittmeister d. R. Nethe und Herr W. Schulz. Landung bei Kolberg, Stunden- 
geschvindigkeit 66 km. 

November 17. Führer Leutnant v. Neumann, Mitfahrende: Leutnant v. Goßler, 
Leutnant Freiherr v. Peutz. Landung bei Rogasen. Zurückgelegte Kilometer 261, in 
der Stunde 65,3. 

Über die an zweiter Stelle genannte, nicht normal verlaufene Fahrt berichtete 
Herr Schubert, daß sie .von vornherein durch tief herabhängende Wolken beeinträchtigt 
worden und der Ballon fast während der ganzen Zeit nicht aus den Wolken heraus¬ 
gekommen sei. Die Luftbewegung war gering, man hatte bei dem schroffen Temperatur¬ 
wechsel von 16° G. am Boden auf 0 und —2° in Höhen von 800 und 1200 m aber 
den Eindruck, wechselnden, ungewissen Windrichtungen ausgesetzt zu sein, und ging 
deshalb nach 3 Stunden zur Erde. Leider hatten sich inzwischen die Wolken noch 
tiefer herabgesenkt, so daß man die Erde oder richtiger den Spiegel eines großen Sees 
erst gewahrte, als man nicht mehr imstande war, trotz Auswerfens von fünf Sack 
Ballast innerhalb fünf Minuten, sich aus dem Wasser, in das der Korb bereits eingetaucht 
war, wieder zu erheben. Im Wasser neigte sich der Korb auf die Seite, eine Bordkante 
schöpfte Wasser, und die vier Insassen sahen sich auf die gegenüberliegende angewiesen, 
gerieten dabei aber, wie der Berichterstatter sich ausdrückle, bis zum Portemonnaie 
auch ins Wasser. Zum Glück bewährte sich der noch freischwebende Ballon als Vehikel, 
um den schwimmenden Korb nach dem Ufer hin zu ziehen. Hier angelangt, begannen 
aber erst die Schwierigkeiten der Landung; denn der Ballon brachte den Korb nicht 
mehr hoch und es erfolgte eine unangenehme Schleiffahrt am Lande auf etwa 100 m. 
Dann lag der Ballon still —, eine Landung ohne Benutzung des Schleppseiles und ohne 
Ventilzug, die aber Anspruch auf einiges Interesse erheben darf, weil sie den Ballon als 
Retter aus Wassersnot zeigt. Als ein zweites Glück hatten die durchnäßten Luftschiffer 
es zu begrüßen, daß sich unter ihnen ein Arzt befand, dessen prompte hygienische 
Maßnahmen — tüchtiger Dauerlauf — alle Teilnehmer vor Übeln gesundheitlichen Folgen, 
sogar vor einem für unvermeidlich gehaltenen Schnupfen, bewahrt haben. Nach Bergung 
des Ballons war man um bereits wieder in Berlin. 

Es folgten noch geschäftliche Mitteilungen, an erster Stelle die satzungsgemäß er¬ 
folgende Ankündigung von zwei Anträgen zur Statutenänderung. Die Beschlußfassung 
hat erst in der nächsten Sitzung zu erfolgen. Die Änderungen betreffen die Vermehrung 
der Mitgliederzahl des Vorstandes von 7 auf 8 durch Aufnahme des jetzt nicht dem 
Vorstand angehörigen Bibliothekars und den Ersatz der Bezeichnung «Fahrten-Ausschuß* 
durch «Sport-Kommission*, um hierdurch Übereinstimmung mit den Satzungen anderer 


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Mitglieder der Fedöration Aeronautique Internationale herbeizuführen. Dieser zweite 
Vorschlag begegnete mehrfachem Widerspruch aus der Versammlung. Es wurde der 
Gegenantrag gestellt, die Bezeichnung «Fahrten-Ausschuß» beizubehalten und nur in 
Klammern das Wort «Sport-Kommission» hinzuzufügen. — Zu Rechnungsprüfern wurden 
die Mitglieder Rechtsanwalt Esclienbach und Bankier Müller erwählt, und Kommerzien¬ 
rat Hermann Beermann in die Zahl der «stiftenden Mitglieder» eingereiht. Viel Inter¬ 
esse erregte die Mitteilung, daß für eine eventuelle Wiederholung eines Ballon-Wett¬ 
bewerbs bereits 12000 Mk. zu Preisen zur Verfügung gestellt seien. In welchem Grade das 
Interesse an der Aeronautik erwacht ist, davon legt u. a. auch die Ankündigung eines 
Preises von 200000 Mk. Zeugnis ab, den die Zeitung «Daily Mail», wie ausführlicher 
mitgeteilt wurde, auf eine genau \;orgezeichnete flugtechnische Leistung ausgesetzt hat. 

Am Schluß der Tagesordnung forderte Rechtsanwalt Eschenbach die einmütig zu¬ 
stimmende Versammlung auf, dem Vorstande und im besonderen den um das Gelingen 
des jüngst gefeierten Jubiläums durch Uebernahme einer ungeheuren Summe von 
Arbeit hochverdienten Männern Dank zu sagen. A. F. 


Münchener Verein für Luftschiffahrt. 

In der fünften Versammlung des Jahres 1906. die am Dienstag, den 6. November, 
abends 8 Uhr im Vereinslokal Hotel «Stachus» begann, gab zunächst der erste Vorsitzende, 
Herr Generalmajor K.Neureuther, einige geschäftliche Mitteilungen. Sodann berichtete Herr 
Prof. Dr.M. Hahn, der im Oktober an der Konferenz der «Federation Aeronautique 
Internationale» in Berlin teilgenommen hatte, über den Gang der Verhandlungen und 
ihre wichtigsten Ergebnisse. Nach einer kurzen Diskussion hielt hierauf Herr Privatdozent 
Dr. R. Emden seinen angekündigten Vortrag über die Berliner Veranstaltung und 
seine Fahrt nach Rußland. 

Der Vortragende streifte zuerst mit wenigen Worten die Ballonverfolgung durch 
Automobile, die am 10. Oktober stattfand. Die Ballons schnitten ja bekanntlich hierbei 
sehr günstig ab. Denn von den 4 Ballons, die von je 4 Automobilen verfolgt wurden, 
konnte nur einer in der vorgeschriebenen Zeit «gestellt* werden. Und auch dieser-eine Erfolg 
der Automobile war kein besonders glänzender. Denn das betreffende siegreiche Automobil 
hatte auch schon die Fahrt seines Ballons verloren und wollte die Verfolgung 
aufgeben, als seine Insassen bei einer letzten Anfrage an einen Bauern, ob er nicht 
einen Ballon gesehen habe, die überraschende Auskunft erhielten, daß der gesuchte Ballon 
bereits vor einiger Zeit ganz in der Nähe gelandet sei. So konnte der Verfolger mit 
seinem Kraftwagen noch innerhalb der vorgeschriebenen Zeit am Ballonlandungsplatz 
eintreffen. Der Führer des siegreichen Wagens war Oberleutnant de la Groix. 

Hierauf berichtete Dr. Emden noch einiges aus dem interessanten Vortrag, den 
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Miethe in der Nachmittagssitzung am Donnerstag, den 11. Ok¬ 
tober gehalten hatte, und demonslrierte der Versammlung durch einen Vergleich von vor¬ 
gelegten farbigen Photographien, die Miethe nach seinem Verfahren vom Ballon aus 
aufgenommen hatte, mit gewöhnlichen Ballonaufnahmen den Vorzug der ersteren, nament¬ 
lich in bezug auf die Beurteilung des dargestellten Geländes. Miethe hat sein Verfahren 
dadurch der praktischen Verwendbarkeit in der Luftschiffahrt sehr genähert, daß er die 
für die roten Bilder erforderliche Belichtungsdauer, die bisher nocli zu groß war, bis auf 
V*» Sekunde vermindert hat. 

Der Vortragende ging nunmehr zur Besprechung der internationalen Wett¬ 
fahrt am 14. Oktober über, an der er selbst ja als Führer des Münchener 
Vereinsballons «Sohnke» (1440 cbm) teilgenommen hat. Er schilderte zuerst 
die Diskussionen, die an den letzten Tagen vor der Fahrt in Berlin stattfanden, um die 
Frage zu entscheiden, ob und in welcher Art bei diesem Wettbewerb handikapiert werden 
sollte. Der Redner selbst bekannte sich als Gegner der Ilandikapierung, konnte aber mit 
dieser Ansicht nicht durchdringen. Denn da sich so außerordentlich verschieden große 


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Ballons — ihre Größen bewegten sich zwischen 680 und 2400 cbm — an der Wettfahrt 
beteiligen wollten, so war die Überzeugung vorherrschend, daß irgend ein Ausgleich nötig 
sei. Man einigte sich schließlich auf die «Handikapierung par le r^sultat». 

Die Ballons wurden in 2 Größenklassen eingeteilt. In der ersten Klasse wurden 
100 cbm und in der zweiten 200 cbm vom Volumen der Ballons abgezogen. Bei der 
Bewertung der Fahrleistung sollte dann die pro Kubikmeter des so reduzierten Ballon¬ 
volumens zurückgelegten Kilometer Luftlinienentfernung entscheiden. 

Die Organisation der ganzen sportlichen Veranstaltung war vorzüglich. Alles 
klappte tadellos. Da der große Tegeler Gasometer an diesem Tage mit 1000 mm Wasser 
Überdruck arbeitete und da gleichzeitig 12 Ballons an die Gasleitung angeschlossen 
werden konnten, so war es möglich, die 17 konkurrierenden Ballons in der kurzen Zeit 
von 11—3 Uhr zu füllen. 

Kolossale Menschenmengen waren an diesem Sonntag, den 14. Oktober, nach Tegel 
hinausgekommen, um dem großen «auch in Berlin noch nicht gesehenen* aeronautischen 
Schauspiel beizuwohnen. Den Aufstieg der ersten Ballons begleitete brausender Jubel, 
der dann bei den weiteren Aufstiegen immer mehr nachließ, sodaß schließlich bei der 
Abfahrt der letzten Ballons völlige Stille herrschte. Im Lauf von nur einer Stunde, von 
3—4 Uhr nachmittags, wurden alle 17 Ballons abgelassen. 

Der Münchener Ballon «Sohncke* stieg prall gefüllt als 7. um 322 Uhr auf. Ehe 
der Vortragende in die Schilderung seiner Fahrt eintrat, gedachte er mit Worten herz¬ 
lichen Dankes und der Anerkennung seines Begleiters bei dieser Fahrt, 
des Herrn Dr. Flemming (Oberarzt beim Luftschiffer-Bataillon in Berlin). Die aus¬ 
gezeichnete Mitwirkung von Dr. Flemming habe nicht wenig zu dem schönen Erfolge 
der Fahrt beigetragen. 

Während die andern Ballons alle gleich ziemlich hoch gingen, beschloß der Vor¬ 
tragende, die Tragfähigkeit der schweren kalten Bodenluftschicht auszunutzen, die für den 
Abend und die kommende Nacht zu erwarten war. Da diese nach oben meist scharf 
abgegrenzte Bodenluft aber gewöhnlich nur wenig hoch hinaufreicht, so mußte der 
«Sohncke», wenn er, um Ballast zu sparen, auf dieser schweren Luftschicht 
schwimmen sollte, so tief als möglich gehalten werden. Auch noch aus einem zweiten 
Grunde erschien das Tiefhalten Tätlich. Die Entwickelung der Luftdruckverhältnisse in 
den letzten Tagen machte einen Wetterumschlag in den nächsten 24 Stunden wahr¬ 
scheinlich. Da solcher Umschlag erfahrungsgemäß zuerst in der Höhe eintritt, so mußte 
er auch die hochfahrenden Ballons zuerst treffen. Dieser Gedankengang, dessen Richtig¬ 
keit durch den allgemeinen Verlauf der Wettfahrt erwiesen wurde, war es, der die beiden 
Insassen des «Sohncke* bewog, ihr Programm des Tieffahrens mit geradezu bewunderns¬ 
werter Energie bis zum nächsten Morgen durchzuführen. Natürlich war diese Methode, 
in einer durchschnittlichen Höhe von 80—200 m über der Erde zu fahren, bei einer 
mittleren Geschwindigkeit von 30 km in der Stunde und in einer mondlosen dunklen 
Nacht, wie sie damals herrschte, durchaus nicht ungefährlich. Der «Sohncke« kollidierte 
denn auch tatsächlich mehreremale recht unsanft mit der Mutter Erde, wobei die Luft¬ 
schiffer und, wie sich am nächsten Morgen bei Tageslicht herausstellte, auch der übrige 
Inhalt der Gondel beträchtlich durcheinander geworfen wurden. Woran der Ballon «An¬ 
stoß nahm», das konnten die beiden Herren wegen der Dunkelheit meistens nur disku¬ 
tieren, ohne sicheres Resultat. Bei einer kleinen Fahrt durch die Wipfel eines Föhren¬ 
waldes, die schon eine Stunde nach der Abfahrt die Reihe der Kollisionen eröffnete, 
wurde durch einen Ast das Aspirationspsychrometer weggerissen, sodaß leider auf 
Temperatur- und Feuchtigkeitsmessungen im weiteren Verlauf der Fahrt verzichtet 
werden mußte. 

In Bunzlau kam der Ballon in bedenkliche Nähe flammenspeiender Fabrikschorn¬ 
steine. Und gerade, als*die Luftschiffer ihrer Befriedigung darüber Ausdruck gaben, daß 
sie noch eben glatt an dieser gefährlichen Klippe vorbeigekommen waren, sahen sie 
ziemlich verblüfft fast zum Greifen nahe unterhalb der Gondel das Kreuz eines Kirch¬ 
turms vorbeigleiten. 


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30 


Natürlich verlangte die niedrige Nachtfahrt fortgesetzte und gespannte Aufmerksam¬ 
keit der beiden LuftschifTer, sodaß sie an Schlaf garnicht denken konnten. Abwechselnd 
spähte immer einer von ihnen als «Pilot» scharf in der Fahrtrichtung voraus, einen 
gefüllten Ballastsack zu sofortigem Auswurf bereit vor sich auf dem Gondelrand. Und 
wenn dann der andere im Scheine einer elektrischen Taschenlaterne alle 2—5 Minuten 
die Instrumente ablas, so mußte der «Pilot» solange die Augen schließen, um nicht ihre 
Anpassung an die Dunkelheit zu verlieren. 

Durch solche elektrischen Lichtblitze erhielten sie auch noch einmal am Abend 
Kunde von einem höher fahrenden Mitbewerber, der sich auf Anruf hin als der Schweizer 
Ballon «Cognac» (Führer V. de Beauclair) entpuppte. Das war während der Fahrt 
die letzte Kunde vom Schicksal ihrer Konkurrenten. 

Die Orientierung wurde während der Nachtfahrt durch größere Eisenbahnstationen 
mit elektrischen Lichtern ermöglicht, deren Schein schon immer weit vorher zu sehen 
war. Hierbei erwies sich die gute Ortskenntnis des Herrn Dr. Flemming, der seihst 
bewährter Führer des Berliner Vereins ist, von großem Wert. Die Fahrtrichtung war 
südöstlich. Um 4 Uhr morgens wurde Breslau passiert. Bis hierher waren von 26 mit¬ 
genommenen Sack Ballast 14 verbraucht worden. 

In den frühen Morgenstunden kam der Ballon in dichte Nebelschwaden, die be- 
bonders dadurch lästig wurden, daß sie bedeutende Mengen von Kondenswasser auf dem 
Ballon niederschlugen, das dann weiter in Gestalt schwerer großer Tropfen in die Gondel 
und auf die Luftschiffer gelangte. Es trug nicht zur Erhöhung der Annehmlichkeit bei, 
daß die Tropfen auch noch durch Ballonfarbstoff gelb gefärbt waren. 

Mit zunehmender Sonnenv.'iikung begann der «Sohncke» langsam zu steigen. Da 
nun für die folgenden Stunden keine Überraschungen zu erwarten waren, konnten sich 
jetzt die beiden Gondelinsassen abwechselnd ein wenig dem langentbehrten Schlummer 
widmen, der sich ihnen trotz der unbequemen Situation im engen Gondelkorb recht rasch 
nahte. Das Verfahren dabei war ungefähr so, daß sich der Schlafberechtigte «in einer 
Art von Halbkreis» um den mitten in der Gondel stehenden Wachenden herumlegte. 

Die Orientierung ging nunmehr infolge Verdeckung der Erde durch Wolken ver¬ 
loren. Als die Luftschiffer um 11 Uhr vormittags die Erde wieder zu Gesicht bekamen, 
glaubten sie aus dem allgemeinen Charakter des Landes und der wenigen Orte, sowie 
der Tatsache, daß sie jetzt in nordöstlicher Richtung fuhren, schließen zu können, daß 
sie nicht mehr innerhalb der deutschen Landesgrenzen wären und sich wahrscheinlich 
in Russisch-Polen befänden. Diese Annahme stellte sich dann auch als richtig heraus 
bei der Landung, die am 15. Oktober um 3 2?i Uhr nachmittags, also nach einer Fahrzeit 
von 24 Stunden 3 Minuten, hei Orlow, 20 km von der Eisenbahnstation Kutno ent¬ 
fernt, im Gouvernement Warschau, stattfand. 

Es würde den Rahmen des Berichtes überschreiten, noch alle die, teilweise ergötz¬ 
lichen, Erlebnisse zu schildern, die den beiden Luftreisenden widerfuhren, ehe sie mit 
ihrem Ballon glücklich wieder aus dem heiligen Rußland herauskamen, in das sie da¬ 
gegen immerhin noch einfach hineingelangt waren. Die Rubel mußten fleißig ins Rollen 
gebracht werden, um eine glattere Abwickelung der Heimkehr zu ermöglichen. 

Der Vortragende wußte die Schilderung dieser großen und ereignisreichen Fahrt 
so unmittelbar und lebhaft zu gestalten, daß wohl alle Zuhörer sehr befriedigt waren. 

Wie allgemein bekannt sein dürfte, ging dann nach der Entscheidung des Preis¬ 
gerichts der Ballon «Sohncke», der übrigens bemerkenswerterweise mit dieser 
Fahrt schon seine 39. glücklich vollendete, als zweiter Sieger aus der Wettfahrt 
hervor, obwohl er mit der von ihm zurückgelegten Luftlinienentfernung von 423 km und 
einer Fahrstrecke von 648 km am weitesten von allen konkurrierenden Ballons gekommen 
war. Dieses auf den ersten Blick überraschende Resultat erklärt sich da¬ 
durch, daß der 1. Preis, ein von Sr. Maj. dem Deutschen Kaiser gestifteter 
Ehrenpreis, infolge der Handikap i erung dem kleinen nurö80cbm fassenden 
Ballon «Ernst» (Führer Dr. Brökelmann) zugesprochen werden mußte. Herr Dr. 


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**>&> 31 «« 4 « 


Emden gewann also wohlverdienterweise den schönen und wertvollen 
Ehrenpreis des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, einen silbernen Ballon mit 
allegorischen Figuren, den der glückliche Sieger im Vereinslokal aufgestellt hatte. 

Der «Münchener Verein für Luftschiffahrt» der immer die wissenschaft¬ 
liche Seite der Luftschiffahrt besonders gepflegt hat, darf mit Genugtuung auf diesen 
schönen Erfolg eines seiner Führer blicken. Geht doch daraus wieder hervor, wie 
wertvoll die angewandte Wissenschaft auch für sportliche Leistungen in der Luftschiff¬ 
fahrt ist. 

Nach einer kurzen Pause berichtete dann noch Herr K. v. Bassus als Augenzeuge 
über die erfolgreichen Versuche mit dem neuesten Zeppelinschen lenkbaren Ballon, 
der sich im wesentlichen von seinen Vorgängern nur durch Stabilisatoren unter¬ 
scheidet, die das bei früheren Fahrten so lästig aufgetretene Stampfen des Ballons ver¬ 
hindern sollen. Die Vorrichtung erfüllte ihren Zweck vollständig. Der Ballon erreichte 
bei den letzten Fahrten eine maximale Eigengeschwindigkeit von 12,5 m /sec = 45 Stunden¬ 
kilometer. Es ist das die höchste bisher von Motorballons geleistete Geschwindigkeit. 

Diesem Berichte folgte noch eine lebhafte Diskussion über die zurzeit im Versuchs¬ 
stadium befindlichen Typen von lenkbaren Ballons. Danach schloß dann der I. Vor¬ 
sitzende die sehr inhaltreiche Sitzung. 

Augsburger Verein für Luftschiffahrt. 

Am 19. November 1906 veranstaltete die Vorstandschaft des Augsburger Vereins 
für Luftschiffahrt einen Vortragsabend im Saale des Hotels «Bamberger Hof». Herr 
Hauptmann Härtel, Leipzig, hatte die große Liebenswürdigkeit, dem Verein lebhaftes 
Interesse zuwendend, seine persönlich gemachten Aufnahmen der Vesuvkatastrophe in 
farbigen Photographien, durch eine große Anzahl Lichtbilder und fesselnde Wandel¬ 
panoramen vorzuführen. 

Die Bilder entsprachen durch verständnisvolles Photographieren und naturgetreue 
Malerei vollkommen der Wirklichkeit, der die Vorführung begleitende hochinteressante 
Vortrag, welcher vorzüglich aufgebaut war, wirkte äußerst anregend und belehrend. 

Prachtvoll waren die Wandelpanoramas, welche Neapel vor und nach der Kata¬ 
strophe, sowie den Lavastrom mit Boscotrecase an den Augen der Zuschauer vorbei¬ 
ziehen ließen, wie überhaupt die Vorführung die Ereignisse der Ostertage 1906 in einer 
Übersichtlichkeit und in allen Einzelheiten zeigt, die geradezu Bewunderung erregt, 
durch das allgemein verständliche Gesamtbild, aller zusammen wirkenden Faktoren, die 
uns in Wort und Bild die Wirklichkeit erkennen lassen. 

Viele der Aufnahmen waren durch die prächtigen landschaftlichen Bilder, die sie 
boten, geradezu entzückend und malerisch schön. 

In der Pause führte Herr Hauptmann Härtel einige seiner trefflichen Ballonauf¬ 
nahmen vor, auch ein paar hübsche Motive aus Oberbayern, welchen ein kunstverständiges 
Kolorit eigen war, sowie ein recht gelungenes Wandelbild von München, in welchem die 
Frauenkirche, mit dem Wahrzeichen von München, den beiden Frauentürmen, den Mittel¬ 
punkt bildeten. 

Die Gesamtaufführung war für alle Anwesenden überaus fesselnd und hochinter¬ 
essant, bei jeder Abteilung waren die Beifallskundgebungen spontan und allgemein. 

Bekanntlich erhielt Herr Haupt mann Härtel für ein Arrangement seiner Ballon¬ 
aufnahmen auf der internationalen Ausstellung in Mailand eine silberne Medaille. 

Herr Gustav Riedinger, als zweiter Vorstand, sprach Herrn Hauptmann Härtel für 
seine Bereitwilligkeit und die treffliche Vorführung, begleitet durch einen erschöpfenden 
hochinteressanten Vortrag, den Dank des Vereins aus, welcher von den Vereinsmitgliedern 
und einer großen Anzahl von Gästen durch Erheben von den Sitzen und lebhaften 
Applaus bekräftigt wurde. Heinz Ziegler. 


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Aöro-Club de France. 

L’A6ro-Club de France dans sa derni£re s^ance, au Siege, 84, Faubourg Saint- 
Honor6, a proc6d£ au ballottage et ä l’admission de MM. Prince Henri de Lign6, Comte 
Jacques d’Aubigny, Vicomte de la Houssaye, Edouard Rabourdin, Albert Bonnei de 
Mezi&res, Marcel Barllidre, Lucien Degas, E. Accary, Henri Rigaud, Philippe Richemond, 
Lucien Chauvi£re. 

Au diner qui a suivi dans les Salons du restaurant Viel, M. Ernest Arcbdeacon 
pr£sidait, en qualit6 de pr6sident de la Commission d’aviation; il avait ä ses cöt6s 
MM. Comte de Castilion de Saint-Victor, Georges Besanc r on, Victor Tatin, Capitaine 
Ferber, Paul Tissandier, Ernest Zens, Charles Levee, Lionel-Marie, Alfred Leblanc, Suzor, 
Farcot, Lucien Chauviöre, Paul Borde, Le Secq des Tournelles, James Bloch, Macquö, 
Fauber. Reynaud, Guffroy, Maurice Mailet, Omer-Decugis, Georges Le Brun, Lucien 
Degas, Bossuet, Jean de Villethiou, G. Blanchet, Georges Bans etc. 

Le Salon de TA^ro-Club, au Grand-Palais des Champs-Elysßes, est situd au rez-de- 
chauss^e, Cours la Reine, entre celui de rAutomobile-Club et celui du Touring-Ciub. 


La Photographie en Ballon. 

Le Jury du 2 rae Concours de Photographie aeronautique s’est r^uni au Siöge de 
l’A£ro-Club de France, 84, Faubourg Saint-Honore, sous la pr^sidence de M. Cailletet, 
Membre de ITnstitut; Colonel Houdaille, Commandant Puyo, Commandant Renard, Emile 
Wenz, J. Jaubert et Paul Bord6. 

Le classement est le suivant: Grand-Prix: M. Antonin Boulade (Prix Jacques 
Balsan: 500 francs especes et medaille de vermeil de la Ville de Paris); 1 er Prix: 
M. Arthur Tiberghien (Prix de S. A. I. le Prince Roland Bonaparte: 100 francs especes 
et medaille d’argent de la Ville de Paris); 2 me Prix: M. Ch. Dabonneville (Plaquette du 
Nouveau-Paris); 3 mc Prix: M. Jos6 y Luis de Villarear (Medaille du Photo-Club de Paris); 
4 me Prix: M. A. Schelcher (Medaille de la Societe Francaise de Photographie) etc. 

Mentions speciales (Estampes offertes par le Ministre de Plnstruction publique et 
des Beaux-Arts): MM. Moussard et Lefövre. 

Le troisi&me Concours est des a present ouvert pour Fannie 1907. 


Patent- and Gebraachsmasterschaa in der Lnftschiffabrt. 

Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur 
Alfred Hamburger, Wien, VII. Siebensterngasse 1. 

Österreich. 

Ausgelegt am 1. Dezember 1906, Einspruchsfrist bis 1. Februar 1907: 

Kl. 77d. Dippel Carl, Weinküfer in Flensburg:. Einrichtung zum selbsttätigen 
Horizontalstellen von Luftschiffen während der Fahrt: Von einem 
freischwingenden Pendel werden durch Vermittlung von Uebertragungsmechanismen 
die unter einem Dache über dem Ballon angebrachten Klappen selbsttätig ge¬ 
öffnet und geschlossen, sodaß ein von vorne zugeführter Luftstrom, auf diese 
Klappen einwirkend, die wagerechte Lage des Luftschiffes herstellt. 


Personalia. 

S. Exz. General der Kavallerie z. D. Graf Ferdinand v. Zeppelin ist in Anerken¬ 
nung seiner großen Verdienste um die Förderung des Luftschiffes von der Kgl. Tech¬ 
nischen Hochschule in Dresden zum Dr. ing. honoris causa ernannt worden. 

Herr Steuerinspektor Bauwerker, Vorstandsmitglied des Oberrheinischen Vereins 
für Luftschiffahrt, hat den Titel Steuerrat erhalten. 

Hauptmann v. Tscliudi erhielt bei seiner Verabschiedung den Charakter als Major 
mit der Erlaubnis zum Tragen der Uniform des Luftschiffer-Bataillons. 

Auf der internationalen Ausstellung zu Mailand erhielt Herr Hauptmann HUrtel 
(Tr. 19), Leipzig, für ein Arrangement Photographien vom Ballon aus die silberne Medaille. 


Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet 

Die Redaktion . 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 

XI. Jahrgang. -Mi Februar 1907. ** 2. Heft. 

s*. -»xafr'Äk x.-» «.-»«-'S«-»«. «■.** -a»-* «.■*■ >•. -*k.» «*k . w. >*• .>*.-**■,«.-,*• 


Aeronautik. 

Die Konferenz der F6d6ration A6ronautique Internationale 
zu Berlin am 15. Oktober 1906. 

Die Konferenz tagte um 10 Uhr vormittags im Klubhause des Kaiser¬ 
lichen Automobilklubs zu Berlin. Der Ehrenpräsident M. Cailletet, membre 
de l’Institut und der Präsident Prinz Roland Bonaparte hatten ihr Nicht¬ 
erscheinen entschuldigt. Vom Vorstande waren anwesend die Vizepräsidenten 
Geh. Reg.-Rat Professor Busley, Comte de La Vaulx und M. Fernand 
Jacobs, der Schriftführer M. Georges Besancon und der Schatzmeister 
M. Paul Tissandier. Der Berichterstatter M. Ed. Surcouf entschuldigte 
sein Nichterscheinen. Für ihn wurde Capitaine Ferber zur Unterstützung 
•von M. Besancon während der Konferenz berufen. 

Den Vorsitz übernahm Geh.-Rat Busley. Nachdem der Vorsitzende an 
die zahlreich versammelten Delegierten aller Staaten einige Worte des Will¬ 
kommens gerichtet hatte, wurde zunächst der Bericht von M. Ed. Sijrcouf 
vorgelesen, der folgendermaßen lautete: 

* Meine Herren und verehrten Kollegen! 

Mit der immer größeren Bedeutung, welche die Sports im allgemeinen 
im öffentlichen Leben der Welt sich erobert haben, wurde die Erfahrung 
gezeitigt, daß ein nicht reglementierter Sport unmöglich Fortschritte machen 
kann; nur wenn alle Anstrengungen, alle Versuche, alle Verbesserungen 
oder Rekorde eine offizielle und internationale Würdigung finden, erreicht 
der Wetteifer seine vollste Entfaltung und jede Leistung ihre höchste 
Entwickelung. 

Der Aero-Club de France hatte diese Prinzipien für sein engeres Vater¬ 
land bereits eingeführt und die Resultate derselben waren so schnell wirkende 
und derart überzeugende, daß er nicht umhin konnte, die Initiative zur 
Gründung eines Internationalen Verbandes zu ergreifen. 

Bei einer selbst nur oberflächlichen Prüfung der Resultate jener Initiative 
kann man sagen, daß bereits heute, kaum ein Jahr nach jener Initiative, 
die Resultate nicht nur derartige sind, wie die Ehrgeizigsten berechtigt 
waren, sie zu erwarten, sondern mehr noch, sie übertreffen alle Hoffnungen. 

Wenn es eines Beweises von dem Erfordernis der Notwendigkeit, 
welches sich für die Einrichtung unseres Bundes fühlbar machte, noch 
bedurft hätte, so würde die Leichtigkeit, mit weicher derselbe vor einem 
Jahre gegründet worden ist, als Sie uns die Ehre erwiesen nach Paris zu 
kommen, die wenigen Meinungsverschiedenheiten über verschiedene doch so 

lllustr. Aeronaut Mitteil. XI. Jahrg. U 


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3 * 


wichtige Punkte, die auf die Tagesordnung gesetzt waren, offenbar einen 
Beweis dafür erbringen, wie er klarer nicht sein konnte. 

Durch eine zwingende Notwendigkeit zusammengeführt, beseelt von dem 
gleichen Verlangen, das Reich menschlicher Errungenschaften zu erweitern, 
entwickelte sich unter uns unmittelbar die Übereinstimmung; es war nötig, 
daß der Titel unseres Bundes das Wort «International» enthielt, um uns 
daran zu erinnern, daß wir nicht in Versuchung kämen, zu vergessen, daß 
wir nicht alle einer und derselben Nation angehören. 

Anstatt hinter unseren Grenzpfählen zu verbleiben, wo wir alle unsere 
Kräfte auf ein gleiches Ziel richteten, aber doch die Anstrengungen unserer 
Nachbarn, offiziel wenigstens, nicht kannten, haben wir alle unsere Macht, 
unsere Intelligenz und unsern guten Willen heute zusammengefaßt; die 
Erfolge haben nicht auf sich warten lassen, und diejenigen, welche wir 
errungen, sprechen für jene, die wir berechtigt sind, zu erwarten; die Zu¬ 
kunft mit allen ihren Hoffnungen, mit allen großen Taten und mit dem 
Ruhm der LuftsehifTahrt steht uns weit offen. 

Schon am folgenden Tage, nachdem unser Bund geschlossen war, hatte 
der Aeroklub Frankreichs, wie Sie es gestern taten, ein Wettfliegen organi¬ 
siert, welches bereits auch andere Flaggen als nur die unsrigen vereinigte;* 
und gewissermaßen, als ob er das Abbild unserer internationalen Bemühungen 
sein wollte, so vereinigte Jacques Faure, der Sieger jenes Wettfliegens, in 
der Projektionslinie einer prächtigen Fahrt einige jener großen Nationen, die 
in unserem Bunde vertreten sind. 

Muß ich jetzt noch erwähnen, meine Herren, welches die organisierten 
Wettflüge waren und die seit Oktober letzten Jahres versuchten Leistungen? 

Ich werde Ihnen die versuchten Leistungen ins Gedächtnis zurückrufen, 
ich befürchte aber selbst, einige zu vergessen. 

Hier, in Deutschland, sehen wir jetzt in dieser aeronautischen Woche, 
was dem Bundesjahre die Krone aufsetzt, und wie dieses Land, welches es 
verstanden hat, die größte Zahl von Bundesvereinen hervorzubringen, seine 
Bemühungen fortsetzt, immer mit der gleichen Ruhe, mit derselben Kalt¬ 
blütigkeit, und sprechen wir es aus, mit demselben Erfolge. 

Wir haben noch in gutem Gedächtnis die wunderbaren Wettflüge, 
welche durch den belgischen Aeroklub organisiert wurden, und man weiß 
nicht, wozu man unseren Nachbarn mehr Glück wünschen soll, zu ihren 
Erfolgen oder zu ihrer Ausdauer, die nie versagt hat trotz aller Schwierig¬ 
keiten und besonders trotz aller Unregelmäßigkeiten, die sie nicht zu er¬ 
müden vermochten. 

Ihr Preis, der noch außerhalb des jetzigen Bundesjahres bleiben wird, 
ist der Wanderpreis Paris-Brüssel und Brüssel-Paris, ein Preis von 
hervorragendem Interesse. 

Der Königlich Spanische Aeroklub, dem ich zunächst den Ausdruck 
unseres Beileids sende wegen des erlittenen so grausamen Verlustes infolge 
des Todes unseres Kollegen Duro, hat Wettfliegen organisiert, die von An- 


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fang an zu Haupterfolgen führten, und er schuf gleichzeitig den Wander¬ 
preis des Marquis de Viana, der vorläufig gehalten wird durch den 
soeben erwähnten von uns betrauerten Fernandez Duro. 

Der Aeroklub von Amerika, ohne Zweifel der Benjamin unserer Bundes¬ 
klubs, hat schleunigst den aeronautischen Sport in der neuen Welt organisiert. 

Ich müßte Ihre Aufmerksamkeit zu lange in Anspruch nehmen, um 
Ihnen alle die Fahrten zu erzählen, die durch das energische Betreiben 
unserer beiden französischen Kollegen, des Grafen Henry de La Vaulx und 
des Herrn Levee, daselbst ausgeführt worden sind. 

Das Resultat des Gordon-Bennett-Preises zeigt zur Genüge, wie stolz 
Frankreich auf seinen Schüler Amerika sein kann, welcher sich bei seinem 
ersten Auftreten das Kleinod des höchsten Preises, den die Aeronautik 
jemals gekannt hat, errungen hat. 

Trotzdem unsere Kollegen aus Großbritannien sich bezüglich der 
Aeronautik in den schwierigsten Verhältnissen befinden und besonders schwer 
in bezug auf die Sicherheit ihrer Tätigkeit, so hat sich diese Tätigkeit nichts 
desto weniger als konstant erwiesen, und die Art, wie die englischen Ballon¬ 
führer sich einrangiert haben beim Kampf um den Gordon-Bennett-Preis zeigt 
zur Genüge, wie der Sportsgeist bei unseren Nachbarn jenseits des Kanals 
schon in der Rasse liegt. 

Die Italienische Aeronautische Gesellschaft, die die Seele der Wett¬ 
fahrten von Mailand war, obgleich sie sie nicht direkt organisierte, hat den 
Beweis einer bemerkenswerten Aktivität erbracht, wenn auch hier leider der 
Tod gekommen ist, um die berechtigterweise gehegten Hoffnungen zu unter¬ 
drücken, wofür ich unserer verbündeten Schwester ebenfalls den Ausdruck 
unseres tiefempfundenen Beileids sende; trotz dieses Rückschlages, der die 
weniger Tapferen wohl entmutigen konnte, hat der italienische Verein, und 
er ist ja noch dabei, die größte Anzahl von Ballonfahrten in Europa während 
unseres Bundesjahres ausgeführt. 

Die Societe Aeronautique Italienne, deren Sitz in Rom ist, hat eine 
der bestredigierten und wissenschaftlichsten Zeitschriften geschaffen. Mit 
ihren Sektionen in Mailand und Turin besitzt diese Gesellschaft ein sehr 
imposantes Material und das Werk wird gekrönt durch einen Preis, der 
ebenfalls unser Bundesjahr überleben wird; der Preis der Königin Margarete 
von Savoyen für das Überfahren der Alpen im Ballon. 1 ) 

Es ist das die gnädige Anerkennung unseres Jahreswerkes, und der 
Bund wird nicht der Pflicht ermangeln, sich der Herrscherin respektvoll zu 
nahen mit dem Ausdruck seiner hochachtungsvollsten Ehrfurcht und seiner 
rührenden Erkenntlichkeit. 

Unsere Schweizer Kameraden haben in aller Stille ihre Organisation 
vollendet und haben trotz aller Schwierigkeiten ihres Berglandes eine gute 
Anzahl Fahrten ausgeführt, welche, wie die glücklichen Völker, keine Ge- 


1) Vgl. Heft 1, 1907. 


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schichte haben, weil, dank dein Talent der Leiter dieses Aeroklubs, alle in 
der einfachsten Art geendet sind, in der rationellsten und fast stets in sehr 
wissenschaftlicher Weise. 

Um zu Ende zu kommen, bin ich auch verpflichtet, Ihnen einen Bericht 
über unsere Bemühungen in Frankreich mitzuteilen. 

Nachdem ich Ihnen vom großen Preise des Aero-Club vom letzten 
15. Oktober gesprochen habe, werde ich mich damit begnügen, Ihnen mit¬ 
zuteilen, daß in Frankreich mehr als 10 Wettfliegen durch den Aero-Club 
oder durch seine Schwestervereine organisiert worden sind, die 70 Konkur¬ 
renten gestattet haben, sich um wertvolle Preise zu bewerben, um be¬ 
neidenswerte Trophäen, die mit jedem Tage mehr die Luftschiflahrt in unserem 
Lande fester eingewurzelt haben. 

Ohne näher auf unsere Arbeit eingehen zu wollen, sei es mir doch 
gestattet, Ihnen die Preise oder Wanderpreise aufzuzählen, welche zur Fort¬ 
setzung unserer Bemühungen für das neue Jahr führen werden, es sind diese: 

Der Preis der Pyrenäen, der Preis von Bordeaux nach Pau, der Preis 
der Petite Gironde, der Preis der Gallier, der Preis Deutsch-Archdeacon für 
die Fliegekunst v ) und endlich der Preis vom M. Henry Deutsch de la Meurthe 
für Flugapparate (appareils aeronautiques ä moteur). 

Es stellen diese verschiedenen Trophäen einen Wert von etwa 100000 Frs. 
vor, die ihnen Allen angeboten und, wie wir wissen, von ihnen auch nach 
und nach werden entführt werden. 

Wenn ich zum Schluß auf das Hauptwerk unseres Bundes komme, 
auf den Gordon-Bennett-Preis, so geschieht das, weil dieser besser als alles 
andere die Idee des gemeinsamen Patrimoniums versinnbildlicht. 

Herr James Gordon-Bennett, der mit weitem Blick und bewunderns¬ 
werter Freigebigkeit allemal die Sports, welche es auch sein mögen, er¬ 
muntern wollte, hat andererseits darauf gehalten, daß diese Aufmunterungen 
immer international seien. Der Weitsichtige hatte es bald gemerkt, daß 
ein internationaler Bund sich schnell in unserem aeronautischen Sport bilden 
würde und nach Vollendung dieses Werkes, ja gewissermaßen den nächsten 
Tag darauf, setzte er den herrlichen Gordon-Bennett-Preis in die Arena, 
der durch ihn verschwendungsreich unterhalten wird für wenigstens drei 
Manifestationen. 

Unserem Aeroclub de France fiel die Ehre zu, den ersten Wettflug zu 
organisieren. Sie Alle, die Sie uns die große Freude bereitet, auf unseren 
Ruf herbeizueilen, haben es bestätigen können, daß, wenn auch die Resultate 
nicht fehlerfrei waren wie jedes Menschenwerk, unser Bemühen wenigstens 
würdig war des Gebers und Ihres Bundes. 

Zum erstenmal sah man von demselben aeronautischen Park aus 16 Luft¬ 
ballons von großem Fassungsraum sich erheben, ausfliegend zur Eroberung 
einer beneidenswerten Trophäe und entschlossen, wie sie einige Stunden 


>) Von San tos Dumont inzwischen errungen. 


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später es bewiesen haben, allen Gefahren die Stirne zu bieten, und alle 
Hindernisse zu überwinden, um zu streiten im schönsten sportlichen Kampf 
und auch im schönsten anständigen (raisonnö) Kampfe um den Preis, der 
ihnen winkte. 

Ich will die Konkurrenten nicht beglückwünschen, mein eigener Stand¬ 
punkt kann sich hierin einmal nicht verleugnen, denn das hieße anderer¬ 
seits nur wenig uns selber Glück zu wünschen; aber es sei mir gestattet 
es hier auszusprechen und meine Kollegen aus Frankreich werden mir 
gewiß nicht widersprechen, daß, wenn die Umstände, die nicht so ausge¬ 
fallen sind wie man für einen derartigen Wanderpreis sich hat träumen 
lassen, uns nicht begünstigt haben, wir doch diese Niederlage mit der 
schönsten sportlichen Entsagung getragen haben, und unser erster von Herzen 
kommender Ruf war, nachdem wir den jungen amerikanischen Sieger 
des Preises gesehen haben, nicht ein Schrei der Wut, sondern ein Wort 
der Herausforderung, denn je mehr der Preis sich von uns entfernt, um so 
schöner und sportlicher wird die Anstrengung für andere sein, um ihn zurück¬ 
zuerobern. Der Wetteifer, welcher für die Vereinigten Staaten aus dem 
Besitz des Preises Gordon-Bennett hervorgehen wird, dürfte das größte 
und schönste Resultat sein, das wir erhoffen konnten. Man kann ohne 
Furcht vor Übertreibung behaupten, daß sich nunmehr eine neue aeronau¬ 
tische Weit am Horizonte erhebt. 

Vom reinen Sportstandpunkt aus verbleibt mir nur noch Ihnen zu er¬ 
zählen von den Weltrekorden, die Ihr Bureau des Luftschifferbundes beauf¬ 
tragt ist, zu bestätigen. 

Sie werden es mir nicht glauben, meine Herren und lieben Kollegen, 
wenn ich Ihnen sage, daß ich bedauere, nicht berechtigt zu sein, Ihnen die 
Freude mitteilen zu können, daß irgend ein Weltrekord in diesem Jahre 
geschlagen sei J ), und daß die Preise, welche unsere französischen Ballon¬ 
führer schwer erkämpft haben, auch noch von uns gehalten werden. Ich 
würde befürchten, bei Ihnen ein Lächeln, gewiß aber ein sympathisches, zu 
erregen, wenn ich hinzufügte, daß es im nächsten Jahre anders sein möchte. 

Betreffend den Standpunkt der Verwaltung hat das Bureau Ihres 
Bundes nichts anderes zu tun gehabt, als die gegenwärtige Konferenz zu 
organisieren, sie hatte keine Strafe einzutragen, keinen Tadel noch irgend 
etwas dem ähnliches; die dem Internationalen Luftschifferbunde ange¬ 
hörenden Gruppen haben gezeigt, wie vortrefflich ihre sportliche Loyalität 
sie vorbereitet hatte für ein Bundeswerk. 

Ich bin zu Ende, meine Herren, mit diesem bereits zu langen Bericht, 
den ich schließen will, indem ich mich frage, welches werden die Arbeiten 
sein, welches die Kämpfe, die Fortschritte, die dem neu auftretenden Bundes- 


*) Das ist nicht ganz zutreffend hinsichtlich der Dauerfahrten ohne Fahrtunterbrechung, bei welchen 
die Gebrüder Wegner vom 5.-7. April 1906 52 Stunden unterwegs waren. Es war dies allerdings eine 
Fahrt des königlich preußischen aeronautischen Observatoriums, die wahrscheinlich nicht als Rekord bei 
unserem Bureau angemeldet worden ist (vgl. I. Ä. M., Juni 1906). M. 


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jahre die Berechtigung geben werden, das abgeschlossene Bundesjahr zu 
vergessen. 

Der Unterzeichner dieses schon allzu langen Berichtes würde der 
elementarsten Pflichten der Erkenntlichkeit ermangeln, wenn er Ihnen, 
meine Herren, nicht danken würde für die Ehre, die ihm damit erwiesen 
wurde, daß er Ihnen in einer immerhin noch unvollkommenen Weise über 
die Arbeiten eines so großartigen Werkes berichten durfte.» 

Der Bericht des Herrn Surcouf wurde lebhaft applaudiert. Nach der 
Tagesordnung kamen sodann Titel III und IV des Reglements zur 
Diskussion, welche das Wettfliegen von Luftschiffen und von aviatischen 
Flugmaschinen betreffen. Man beließ es beim alten, das Reglement bleibt 
in dieser Beziehung fakultativ so lange, bis der Fall wirklich eintritt und 
die praktischen Erfahrungen uns eine gesunde Unterlage bieten, derartige 
zukünftige Wettflüge vernünftig zu reglementieren. 

Die Schaffung eines internationalen aeronautischen Wörter¬ 
buches wurde als nützlich anerkannt und soll in die Wege geleitet werden. 

Mit Bezug auf Erleichterungen für den Eisenbahntransport 
des Materials auf Bahnen versprachen alle Vereine bei ihren Regierungen 
vorstellig zu werden. Der Deutsche Luftschifferverband konnte dar¬ 
legen, daß er seinerseits hierin bereits Konzessionen erreicht habe. Es 
handelt sich aber nun um weitere Ausdehnung solcher Vorzugstarife auch 
auf Luftschiffer anderer Nationen, was vollkommen auf Gegenseitigkeit be¬ 
ruht und für die Entwickelung der zukünftigen Luftschiffahrt von Be¬ 
deutung ist. 

Zoll-Erleichterungen. Der Vizepräsident Herr Jacobs aus Brüssel 
teilte hierbei mit, daß man in Belgien das Ballonmaterial als «wissenschaft¬ 
liches» bezeichne., und legt die Frage zur Prüfung vor, ob es nicht auch 
anderwärts in gleicher Weise den Zollbehörden gegenüber klassifiziert 
werden könne. Der Antrag wird angenommen, die Vereine sollen diese 
Frage ihren Regierungen vorlegen. 

Bei der Frage nach Hilfeleistung und Gewährung jedweder 
Erleichterung für Luftschiffer, die in einem fremden Lande nieder¬ 
gehen, hatte Professor Dr. Poeschel vom Berliner Verein den Vorschlag 
gemacht, daß der internationale Luftschifferverband oder die einzelnen 
Vereine sich mit dem Gesuch an ihre Regierungen wenden möchten, daß 
dieselben Legitimationsbriefe ausstellen möchten, die den Namen jedes Ballons 
der Vereine des Luftschifferbundes enthalten, in den Sprachen derjenigen 
Länder, wo eine Landung möglich wäre. 

In diesen Papieren solle gleichzeitig die Bitte an fremde Behörden 
zum Ausdruck gelangen, den Ballon in sein Heimatland zurückgelangen zu 
lassen und den Ballonführer, seine Reisegefährten mit allem Ballonmaterial 
ohne Schwierigkeiten die Grenze passieren zu lassen. 

Die Regierungen werden gebeten, entsprechende Verfügungen zu erlassen, 
die ein für allemal rechtsgültig sind für die Verwaltungsbeamten ihres Bereichs. 


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Diese in einem Umschläge versiegelten Papiere sind als ein Inventarium 
des betreffenden Ballons zu betrachten, der Führer hat sie bei sich zu 
führen und nur im Notfälle zu öffnen. 

Nach einer längeren Diskussion wurde eine Kommission ernannt, be¬ 
stehend aus Hauptmann Ferber (aus Paris), Ingenieur Pesce (aus Italien) 
und Professor Dr. Hahn (aus München), um den Wortlaut des internationalen 
Geleitbriefes festzusetzen, der folgendermaßen lautet: 

«Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten 
bittet die Hohen Regierungen sowie alle Beamten der Militär- und Zivil¬ 
verwaltung, welche zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf¬ 
gestellt sind, 

den Ballon.. unter Nr. in der Liste des Inter¬ 

nationalen Luftschifferverbandes eingetragen, dessen verantwortlicher Führer 
durch ein Zeugnis dieses Verbandes beglaubigt ist und dessen Passagierzahl 
höchstens .... Personen beträgt, frei passieren zu lassen und den Passagieren 
sowie ihrem Material im Bedarfsfälle Hilfe und Schutz angedeihen zu lassen. * 

Der Vorschlag wurde angenommen. Hiernach werden die Ballons des 
Internationalen Luftschifferbundes in Zukunft, wie alle Schiffe, in ein Register 
eingetragen. Man wird aus dem Stande des Registers einen vortrefflichen 
Überblick gewinnen, wie die Liebe zum Aerosport bei den verschiedenen 
Nationen wächst, und die Verhältnisse des Luftverkehrs selbst beginnen 
damit eine internationale Regelung zu erfahren. 

In bezug auf die Erziehung des Publikums zur sorgfältigen 
Behandlung von Registrierballons, die im fremden Lande nieder¬ 
fallen, und deren Rücksendung in die Heimat, meinte Professor Her¬ 
gesell, daß hierin wenig zu tun übrig bleibe. Der gute Wille sei dafür 
überall vorhanden, die Verluste von Registrierballons wären schon sehr 
selten, Ausnahmen würden immer bestehen bleiben. 

Hinsichtlich der internationalen Beziehungen, die jedem Mitglied eines 
Klubs, das vorübergehend in einem fremden Lande reist, sofort die Rechte 
der Mitglieder des verbündeten Klubs jenes Landes zuweißt, wurde alles 
Mögliche zu tun versprochen. 

Recht praktisch war die Frage der Aufstellung eines Tarifs für Flur¬ 
schaden-Abschätzung, für Landungshilfe und Materialtransport in den ver¬ 
schiedenen Ländern. Es wurde demgegenüber aber entgegengehalten, daß 
man vielfach sich die Ballonfahrt mit einem derartigen Tarif verteuern 
würde. Auch machen die Verschiedenheiten der Münze und der Kulturen 
dabei einige Schwierigkeiten. Man möchte die Militärtarife der verschiedenen 
Länder zugrunde legen. Der Bund empfiehlt die größte Zuvorkommenheit 
gegen die zu Schaden gekommenen Persönlichkeiten und den sofortigen 
Schadenersatz. 

Sodann wurde die einheitliche Ausführung einiger Teile am 
Ballon beraten und bestimmt, daß bei allen Verbands vereinen vom 
1. Januar 1907 an die Reißleine in einem 25 mm breiten, roten 


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Bande bestehen müsse. Besondere Einrichtungen für die Ventilleine fanden 
keinen Anklang. 

Bei verschiedenen Fragen wünschte Comte de La Vaulx einen Zusatz 
zum Reglement über Weitflüge, wonach für die absoluten Distanzen eine 
Toleranz von 1 / 2 0 /o zugelassen werden sollte wegen der Ungenauigkeit der 
Karten und der Schwierigkeit, den Landungsort genau zu bestimmen. Pro¬ 
fessor Hergesell teilt die Ansicht nicht und hält unsere Karten für hin¬ 
reichend genau. Man beschließt darauf, die Toleranz von J / 2 °/o in dem 
Falle zuzulassen, wo es nicht möglich ist, auch an Ort und Stelle Genaueres 
festzustellen. 

Graf Castillon de St. Victor schlägt vor, für 1907 der Frage näher 
zu treten, ob im Reglement nicht ein Paragraph aufgenommen werden sollte 
hinsichtlich des Landungspunktes eines ins Meer gefallenen und damit als 
schiffbrüchig zu betrachtenden Luftschiffers. In diesem Falle würde der 
Landungspunkt nicht der des Falles sein, sondern derjenige, wo der Ballon 
das Ufer verlassen hat. 

Herr Jacobs bittet das Bureau des Bundes, feststellen zu wollen, in 
welcher Weise die Luftschiffahrt gegenwärtig bereits der Polarforschung 
Dienste leisten kann, sei es durch Freiballons oder durch Luftschiffe, damit 
die unsinnigen, wagehalsigen Versuche unterlassen werden. Das Bureau 
will diese Frage zum Studium den technischen Kommissionen des Klubs 
vorlegen und wird hiernach einen Generalbericht erstatten. 

Major Moedebeck schlägt mit Rücksicht auf die Zunahme der Nacht¬ 
fahrten im Ballonsport und unter Hinweis auf die Gefahren bei Landungen 
auch bei Tage durch die sich mehr und mehr ausbreitenden Starkstrom¬ 
leitungen vor, daß in allen Ländern an die Bearbeitung von Spezialkarten 
für die Bedürfnisse der LuftschifTer geschritten werde, welche besondere 
Angaben für Orientierung bei Nacht und alle Starkstromleitungen enthalten. 
Oberst Schaeck betont dabei, daß in der Schweiz die Zahl der Stark¬ 
stromleitungen in so kurzer Zeit zunehme, daß solche Karten schwer kurrent 
zu erhalten seien. Major Moedebeck modifiziert seinen Antrag darauf 
dahin, daß diejenigen Geländeteile, in denen vor derartigen Gefahren sicher 
gelandet werden könne, mit bestimmten Farbentönen angelegt werden 
sollten. Hauptmann Ferber schlägt mit Rücksicht auf die zukünftige Ent¬ 
wickelung der Luftschiffahrt mit Luftschiffen vor, die Regierungen darauf 
hinzuweisen, für jene gefährlichen Starkstromleitungen die Konzession nur 
zu erteilen, falls sie kanalisiert werden. Der Bund beschließt, daß das 
Komitee der Frage näher treten soll. Das Komitee wird auch die Ver¬ 
teilung der Medaille der I. A. M. vornehmen, welche als recht geschmackvoll 
befunden und mit Beifall aufgenommen wurde. 

Zum Schluß wurde die Frage eines Abzeichens für die Clubs des 
Internationalen Luftschifferbundes dahin geregelt, daß das geschmack¬ 
volle Abzeichen des Aero-Club de France allgemein angenommen werden 
solle mit den entsprechenden Inschriftänderungen der verschiedenen Vereine 


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41 ««♦ 


und der Überschrift «Federation Aeronautique Internationale», ab¬ 
gekürzt «F. E. I.» 

Als Ort der nächsten Konferenz 1907 wurde Brüssel bestimmt. 
Dieselbe wird in der Zeit vor dem Wettkampf um den Gordon-Bennett-Preis 
wahrscheinlich Ende September oder Anfang Oktober stattfinden. 

Das Bureau wurde für das Jahr 1907 wieder gewählt. 

Der Abend versammelte die Kongreßmitglieder zu einem festlichen Diner 
in den Räumen des Kaiserlichen Automobilklubs. Moedebeck. 


Le troisi$me Congr&s d'aäronautique ä Milan. 

Le troisiftme Congrfts d'a6ronautique vient de tenir ses assises, du 22 au 28 oc- 
tobre, ä Milan, dans l’admirable cadre que lui offrait l’Exposition. II avait et£ preparft 
par la Commission permanente Internationale que le lieutenant-colonel Espitallier reprö- 
sentait au Congrfts, avec faide d’un Comit6 local pr£sid6 par M. le professeur comman- 
deur Celoria, Directeur de fobservatoire de Brdra. 

Son Altesse Royale le duc d’Aoste en avait acceptß la Presidence d’honneur. Le 
ministre italien du Commerce s’etait fait representer par M. le professeur Palazzo. Enfin 
plusieurs gouvernements etrangers y avaient envoy£ des missions officielles compos6es 
des officiers les plus öminents de leurs Services d’aftrostation: 

Espagne: colonel Vives-y-Vich, capitaine Gordejuela; 

France: commandant Bouttieaux, capitaine Voyer; 

Italie: major Moris; 

Suede: capitaine Saloman. 

Dans la seance d’ouverture, M. le professeur Celoria, apr&s avoir souhaitft la bien- 
venue aux Congressistes, a expose les rapports de lAeronautique avec toutes les 
branches de la Science, et les Services que celle-ci peut en attendre. 

Le lieutenant-colonel Espitallier, ft son tour, a rapidement compare l’etat de 1‘aero- 
nautique ft f£poque du dernier Congres, en 1900, et ft Theure actuelle, en faisant mesurer 
les grands progres realis£s. Prenant texte d'une ascension faite la veille par Son Altesse 
Royale, madame la duchesse Helene d’Aoste, l'orateur s’est fftlicite dun aussi illustre 
patronage et a constate fheureuse influence des dames sur le d6veloppement de l’aero- 
nautique qui est ft la fois une Science, un art et un sport. 

Dans cette mSme seance le Congres a elu pour son prftsident M. le professeur 
Celoria, et a completß son bureau. 

Dans les s6ances de travail qui ont suivi, on a commencd par prendre connais- 
sance des rapports relatant les travaux efTectues par la C. P. I. A., 1 ) pour donner 
satisfaction aux voeux du Congres de 1900. Nous ne citerons que les etudes sur le 
brevet d’aeronaute et le substantiel rapport oü monsieur Guillaume, sous-directeur du 
Bureau international des poids et mesures, C. P. I. A,, a resume les travaux relatifs 
a la d£termination du point en ballon, c'est-ft-dire de la position g£ographique ft chaque 
instant du voyage. Les trcs remarquables instruments crees par monsieur Fave, inge- 
nieur hydrographe en chef de la marine franyaise. sur lesquels le lieutenant-colonel 
Espitallier a fourni quelques explications complementaires, ont 6t6 consideres par les 
membres du Congres comme realisant un progrfts consid^rable pour la solution d'un 
Probleme extremement delicat. On a 6galement pr£te la plus vive attention ft Texpose 
des proced£s de Classification des formes du terrain, de la configuration des lieux habites, 
des tigures geomfttriques formees par les Elements lineaires (chemins, lignes ferrees, 
cours d’eau etc.) qui, s’ils etaient catalogues. permettraient d'identifier facilement la 

>) Commission permanente internationale. (Red) 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 6 


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r£gion au-dessus de laquelle plane le ballon. procedes auxquels leur inventeur, monsieur 
de la Valette, a donne le nom de «topomancie >. 

Aprös cet examen des travaux de la C. P. I. A., le Congres a entendu les Communica¬ 
tions de ses membres. Ces Communications ont donne lieü a d’interessantes discussions 
que nous ne pouvons malheureusement pas developper ici. Nous en citerons tout au 
moins les principaux sujets. 

Fabrication de l’hydrogene. — Memoire du lieutenant-colonel Espitallier sur l’en- 
semble des procedes et plus particulierement sur les methodefl recentes. 

Note de monsieur Jaubert sur Fhydrure de calcium (hydrolithe). 

Monsieur Schuckert, de Nürnberg, venu apres ces Communications, a pu nean- 
moins donner quelques indications sur Fhydrure de calcium qu'il fabrique egalement. 

Le major Moris a mentionne les experiences recentes de monsieur Helbig sur le 
procede de fabrication par l’aluminium, avec intervention du bichlorure de mercure. 

Slabilite des aerostats. — Memoire du capitaine Voyer, qui & expose la question 
avec son habituelle clarte et sa remarquable methode scientilique. 

Resistance de Fair. — Memoire tr£s complet de monsieur Rodolphe Soreau sur 
cette importante question. 

Monsieur Canovetti a ensuite exposö ses propres experiences et fait ressortir les 
contradictions des resultats obtenus exp£rimentalement et des formules theoriques gen§- 
ralement admises. Le Congres a exprime le voeu que les experiences soient continu£es, 
de maniere ä lixer d une fac;on indiscutable la formule pratique et la valeur de ses 
coefficients. 

Ballons dirigeables. — Le commandant Bouttieaux a fait une interessante com- 
munication sur les dernieres experiences du Lebaudy, auxquelles il a pris personnelle¬ 
ment une part si active, comme on le sait. 

Monsieur le comte Almerico da Sehio a indique les idöes generales qui Ton a guide 
dans la conception de son dirigeable et a etabli quelques points de comparaison entre 
ce ballon et ses devanciers. 

Monsieur le Dr. Amans avait envoye deux notes relatives, l’une aux formules de 
propulsion heiicoidale du colonel Renard, Fautre ä un nouvel anemomtMre de vitesse. 

Monsieur le Chevalier Pesce, enfin, a fait une communication avec projections 
sur Thistorique des dirigeables, oü Ton a et£ heureux de voir representes les ballons 
allemands Zeppelin et Parseval. 

Aviation. — Cette partie de l’aeronautique n’a pas, sans doute, donne lieu des 
Communications originales. Neanmoins eile a permis un echange de vues et d’idöes. 
En particulier il a ete donne quelques indications au sujet de l’hydroplane exp6riment6 
par monsieur Forlanini sur le lac Majeur et qui a donnö dejä des resultats fort encou- 
rageants, ainsi que sur un nouvel appareil que son inventeur, M. Bertelli, a appelö Ta^ro- 
courbe. A l’annonce du premier succes de monsieur Santos-Dumont et sur la propo- 
sition du lieutenant-colonel Espitallier, un telegramme de felicitations a et6 envoy6 ä 
l’intrepide sportman br^silien. 

Applications scientifiques. — Le colonel Vives-y-Vich, de l’armee espagnole, a fait 
un compte-rendu des resultats obtenus dans les observations de T6clipse de soleil du 
30 aoüt 1905 au moyen des ballons. Des projections ont permis de suivre utilement 
cette communication. 

Monsieur le Capitaine Scheimpflug, de Vienne, a expos6 le principe d’un trös 
interessant appareil de photogramm6trie, permettant le redressement geometral d'une 
Photographie perspective, et realisant automatiquement le lever d’un plan. 

Cette communication a ete illustree par des projections qui ont montree tout 
l’interet pratique de ce procede. 

Jurisprudence. — Monsieur Wenz, de Reims, enfin, a presente une communication 
sur les assurances, dans le cas d’accidents aeronautiques. 


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Visite de l’Exposition. — En dehors des travaux en söances, les congressistes 
ont ötö conviös ä une visite de la section aöronautique de l’Exposition et ont ötö 
unanimes k reconnaitre son importance et son interßt. 11s se sont longuement arrötös 
au stand oü monsieur Canovetti a exposö ses appareils et oü il a expliquö sur place 
ses procödös et ses möthodes; k la trös belle exposition des appareils employös k l’Ob- 
servatoire de Lindenberg pour l’exploration de la haute atmosphöre par ballons-sondes 
ou cerfs-volants; au stand du matöriel allemand de tölögraphie sans fil dont les Organes 
sont si bien groupös qu’ils röalisent certainement le minimum de poids et le minimum 
d’encombrement; k l’exposition du service militaire italien qui montre l’etat parfait 
d’organisation de la jeune brigade specialiste et les progres considörables röalisös sous 
l’habile direction du major Moris. 

Le ballon dirigeable du comte Almerico da Schio ötait pröt ä ötre gonflö. Son 
inventeur en a fait les honneurs avec la plus charmante modestie et tous les congres¬ 
sistes se sont plu k lui souhaiter un legitime suceös, couronnant tant d’ingönieux efTorts. 

Le concours de bailons, le dimanche 28 octobre, a mis en prösence 16 aörostats 
de nationales diverses; parmi ces bailons, trois ötaient pilotös par des officiers de 
la brigade specialiste italienne, ayant ä leur bord les officiers des missions officielles. 

Cette fßte avait attirö un nombreux public et a ötö trös brillante. 

Voeux et rösolntions. — Parmi les voeux et rösolutions votös par le Congrös, 
nous citerons les suivants: 

II a paru nöcessaire au Congrös de proroger les pouvoirs de la C. P. I. A. qui est 
spöcialement chargee de publier les travaux du Congres. Cette Commission a en outre 
un röle plus gönöral que les deux autres institutions internationales, 1’Association scien- 
tifique se proposant avant tout l’exploration mötöorologique de l’atmosphöre au moyen 
des bailons, et la Föderation interclubs ayant surtout pour but les rapports inter- 
nationaux et la röglementation qu’ils comportent. 

On a döcidö de conserver la C. P. I. A. avec sa composition actuelle, mais en lui 
infusant, pour ainsi dire, un sang nouveau, par l’adjonction de membres nouveaux: 
messieurs le professeur Celoria, le professeur Palazzo et les officiers faisant parlie des 
missions officielles et qui tous sont des notoriötös de l’aöronautique dans leurs pays. 
Quelques autres savants seront aussi sollicitös d’en faire partie. 

Enfin le Congrös a ömis le vceu que des röunions fröquentes soient provoquöes, 
en profitant des röunions des autres associations, de maniöre k concentrer les efTorts, 
k ötablir des öchanges fructueux d’idöes et un vöritable lien entre tous les adeptes de 
l’aöronautique. 

Telle a ötö la physionomie d’ensemble de ce Congrös oü Ton a öte unanime a 
regretter l’absence de membres eminents de l’aöronautique, absence imputable sans 
doute k l’öpoque tardive et aux röunions anterieures oü s’ötaient döjä rendus la plupart 
d’entre eux. 

L’aöronautique est internationale par son essence möme. 

Encore que ses applications militaires servent k son heureux döveloppement, 
c’est un merveilleux instrument de rapprochement des peuples; eile doit planer au- 
dessus des divisions politiques et Ton en peut voir un sür garant dans l’admirable con- 
fraternitö qui unit tous les aerostiers militaires, k quelque nation qu’ils appartiennent. 

G. E. 

Aeronautische IrrtUmer. 

In den Heften 8 und 9 (August und September) letzten Jahres behandelte Herr 
W. Kreß einige flugtechnisch irrtümliche Auffassungen, welche zweifellos ziemlich weit 
verbreitet und nebenbei sehr erstaunlich sind. Es gibt deren aber noch andere, von 
denen man gleiches sagen kann und deren Auftreten und Fortbestehen sogar bei theo¬ 
retisch-wissenschaftlich gut ausgestatteten Leuten nur dadurch erklärlich wird, daß auch 


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eine hochstehende theoretische Ausbildung nicht die Vorstellungsgabe ersetzen kann, wo 
sie fehlt. So begegnet man zuweilen der ernst gestellten Frage, ob ein mit Eigen¬ 
bewegung ausgestattetes Luftschiff nicht gegen den Wind Raum gewinnen könne durch 
Aufkreuzen im Zickzack, wie dies die Segelschiffe ausführen. Hierbei bleibt z. B. der 
Umstand unbeachtet, daß das Segelschiff sich in zwei Mitteln zugleich, der Luft und dem 
Wasser, bewegt, wobei das Wasser dem Kiel bzw. dem «Schwert * usw. den genügend 
festen Rückhalt gegen das Abtreiben in der Windrichtung bietet, damit 
der durch Abgleiten an den schräg gestellten Segelflächen in zwei Kompo¬ 
nenten zerlegte Winddruck mit der einen dieser Komponenten das Fahr¬ 
zeug in der Kielrichtung forttreibt. Ein Luftschiff dagegen, welches in 
der Luft schwebt, ohne mit irgend einem anderen Gegenstand in Verbin- 
düng zu stehen, macht alle Bewegungen der Luft genau so mit, als 
'J 1» wenn es selbst ein Bestandteil der Luftmasse wäre. Der Wind ist eben 
gar nichts anderes als eine Verschiebung der Luftmasse, in der das 
r/ Luftschiff schwebt. Verändert das Luftschiff mittels seiner Bewegungs¬ 
organe seinen Ort in der Luftmasse, so kommt es am Ende eines 
Zeitabschnitts eben dahin, wohin der Teil der Luftmasse inzwischen 
.hingekommen ist, zu welchem das Luftschiff sich innerhalb der Luft¬ 
masse hinbewegt hat. Von den drei möglichen Verhältnissen zwischen 
der Eigengeschwindigkeit eines Luftschiffes und der Windgeschwindig¬ 
keit, wie sie in Moedebecks Taschenbuch Seite 885 ff. in gründlicher 
Allgemeingültigkeit behandelt sind, steht zu der aufgeworfenen Frage der 
Fall zunächst in augenfälligerer Beziehung, in welchem die Geschwin¬ 
digkeit des Luftschiffes geringer als die Windgeschwindigkeit ist, und er möge hier in ange¬ 
paßter Form zur Erläuterung benutzt werden: Sind A, B. G usw. (Fig. 1) Punkte auf der 
Erdoberfläche und bewegt sich die Luft mit einer Geschwindigkeit und Richtung darüber 
hin. welche einen Teil ihrer Masse innerhalb einer Stunde von A nach B, von B nach 
C usw. bringt, so wird ein ohne Eigenbewegung im Anfangsmoment über B schwebendes 
Luftschiff in der gleichen Zeit nach C gelangen usw. Verfügt es über eine Eigen¬ 
geschwindigkeit, die es in einer Stunde von B bis D zu bringen vermag, so gelangt es 
bei direkt der Luftbewegung entgegengesetzter Fahrt in dieser Zeit nach D', wobei 
B D' = A D = der Differenz beider Geschwindigkeiten ist. Wird schräge Richtung, etwa 
gegen E, eingeschlagen, so verschiebt sich die ganze Bewegung wieder um den Betrag 
der Bewegung der Luftmasse und das Luftschiff gelangt in einer Stunde nach E', die in 
Richtung gegen den Wind erreichte Leistung erweist sich durch Projektion als die 
Strecke G E", das Luftschiff ist um den Betrag D' E" weiter zurückgeblieben, als bei 
direktem Anfahren gegen die Windrichtung. Wie sich die Sache bei Veränderung des 
Winkels a gestaltet, ergibt die unmittelbare Betrachtung. 

Weniger unmittelbar einleuchtend ist die Anwendung des hier gegebenen einfachen 
Bildes auf die Vorstellung von der Drachenwirkung bei Langballons. Der Umstand, daß 
bei dem als Fesselballon verwendeten Langballon die Drachenwirkung direkt zum Steigen 
beiträgt, hat zu dem Fehlschluß geführt, ein mit Eigenbewegung gegen den Wind fahrendes 
Luftschiff genieße bei schräger Aufrichtung gegen die Luftströmung auch eine weitere 
Hebung durch diese Luftbewegung, ähnlich wie bei Drachen und Fessel-Langballons. 
Wir sagen «Fehlschluß», denn bei der Drachenwirkung wird der Druck, welchen die an 
der schrägen Unterfläche auftreffende und unter Richtungsänderung abgleitende Luft auf 
die ablenkende Fläche überträgt, zerlegt in eine diese hebende Komponente und in eine 
solche, die in dem fesselnden Seil und dem Flächenmaterial aufgehoben aus der Er¬ 
scheinung ausscheidet. Bei einem in schräger Richtung aufwärts sich bewegenden Lang¬ 
ballon kommt irgend ein einseitig wirkender Luftdruck nicht vor, ein solcher Druck wird 
nur als Luftwiderstand von vorn in der Achsenrichtung wirksam. Sollte bei solcher 
Schrägaufwärtsfahrt eine Drachenwirkung durch Gegenwind entstehen, so müßte der 
Bewegungsapparat den Langballon nicht in Richtung der Längsachse nach vorwärts treiben, 


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sondern er müßte ihn unter Beibehaltung der schrägen Lage dem Wind in horizontaler 
Richtung entgegendrücken und so die Fesselung durch das Seil ersetzen (was übrigens 
zu einer labilen Lage führen und nicht lange dauern würde). Ob ein Luftschiff in wag¬ 
rechter Richtung oder schräg auf- oder abwärts unter beliebigem Winkel fährt, einen 
seitlich ablenkenden Luftdruck kann man ihm nur durch das Steuer verschaffen im 
Sinne einer Wendung, nach welcher wieder der alleinige Druck von vorn eintritt. 
Wie die Täuschung über Drachenwirkung entstehen kann, ist leicht erklärlich: In Fig. 2 
streiche der Wind mit Geschwindigkeit AB = B C — usw. per Stunde dahin. Ein 
Luftschiff, dessen Geschwindigkeit wir ein wenig größer als jene der bewegten Luftmasse 
annehmen wollen, fahre von B 
aus schräg aufwärts in Richtung 
gegen D, so wird es am Schluß 
der Stunde unter Beibehaltung 

des Winkels a nach D' gelangen. ----- 

Weil nun sein wirklich zurück- Ct«) o 6 ex /tä 

gelegter Weg die Linie B D' ist, 

so sieht es allerdings aus, als ob Drachenwirkung zur Geltung gekommen wäre. In 
Wirklichkeit aber handelt es sich nur um geometrische Aufrichtung des für horizontale 
Schrägfahrt «gegen den Wind* Dargelegten in die Vertikale. Eine ganz minimale 
Verschiebung der Ballonachse kann allerdings Vorkommen, wenn die statische Behand¬ 
lung des Fahrzeugs mittels Ballonet, Ventil und Ballast nicht ganz im Einklang steht mit 
der mechanisch bewirkten Erhebung auf der schrägen Bahn, so daß der Tragkörper 
Überschuß oder Mangel an Auftrieb im Verhältnis zu seiner Höhenlage besitzt; doch 
wäre es unrichtig, dies als Drachenwirkung anzusprechen. 

Dies führt auf eine andere, allerdings jetzt schon vielfach, aber nicht allerseits 
geklärte Sache: Man war früher verschiedentlich der Meinung, man könne den mit be¬ 
stimmter Füllung versehenen Langballon einfach als gleichbleibenden Tragkörper an¬ 
nehmen und durch den Bewegungsmechanismus allein unbedenklich die Höhenlage 
wechseln. Nimmt man diesen Tragkörper geschlossen an, so würde eine solche Anord¬ 
nung beim Aufwärtsfahren verhängnisvoll werden und wenn es ein Lenkbarer vielleicht 
ausgehalten hätte, so würde dies mehr für bewundernswerte Festigkeit der Ballonhülle, 
als für Konstruktion und Handhabung sprechen. Prall gefüllt muß ein lenkbarer Lang¬ 
ballon, wenn er seine Form beibehalten und steuerbar bleiben soll, allerdings sein 
(wenn er nicht, wie der Zeppelinsche, ein starre Außenhülle hat). Beim Aufsteigen muß 
aber seinem sich ausdehnenden Inhalt (zunächst der in einem Ballonet enthaltenen Luft 
und nach deren etwa erreichtem Verbrauch auch dem Gas) ein Ausweg bleiben. War 
der Ballon im Gleichgewicht und soll er mechanisch höher getrieben werden, so kommt 
hierfür die Vertikalkomponente der treibenden Kraft in Verwendung, was immerhin im 
Vergleich zum Wert einer entsprechenden Ballastausgabe unvorteilhaft erscheint, denn 
es geht Kraft verloren. 

Befindet sich ein Lenkbarer in hoher Luftschicht in Gleichgewichtslage und soll 
mit mechanischer Kraft allein nach abwärts gelangen, so geht dies allerdings auch ganz 
gut, erscheint aber auch nicht sachgemäß und ökonomisch. Die Vertikalkomponente der 
Triebkraft wirkt hier wie eine Ballastvermehrung. Wird die Ballonetfüllvorrichtung 
nicht in Tätigkeit gesetzt, so beginnt der Ballon bald schlaff zu werden und sich von 
selbst zu senken, sich der Steuerkontrolle teilweise zu entziehen. Ein Umsteuern zur 
Horizontallage bringt ihn dann wieder zum Steigen usw. Wird dagegen gleich mit 
stetiger Nachfüllung des Ballonets vorgegangen, so bleibt das Luftschiff zwar gut in der 
Hand des Steuernden, aber die Vertikalkomponente der schräg abwärts treibenden Kraft 
wird dazu verwendet, dasselbe in eine Höhenlage herab zu zwingen, die augenblicklich 
nicht seine Gleichgewichtslage ist. Ihr Betrag geht also wieder ohne Notwendigkeit 
verloren. 

Das besprochene Auf- oder Abwärtsfahren mit mechanischer Kraft allein, ohne 



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Regulierung des Auftriebs, kann mit jeder beliebigen Konstruktion eines lenkbaren Lang¬ 
ballons ausgeführt werden, die dagegen erhobenen Einwendungen gelten aber auch für 
jede derselben. K. N. 

Ballons aus einfachen gummierten Stoffen. 

Wer heutzutage daran geht, einen Ballon zu erwerben, sei es nun ein Privatmann 
oder ein Klub, ist es naheliegend, gründliche Vorstudien über diese Beschaffung zu 
machen. 

Ich erachte es als erste Pflicht, ein solches Material ins Kalkül zu ziehen, welches 
die persönliche Sicherheit der Luftschiffer über jeden Zweifel erhaben gewährleistet. 

Die nächste Sorge muß wohl der Kostenpunkt sein. Der Preis des Luftfahrzeuges 
muß so sein, daß die Kosten einer Fahrt keine zu große Höhe erreichen. 

Es muß eine gewisse Anzahl von Fahrten jedem Ballon zugrunde gelegt werden 
und bei jeder Fahrt etwa 100 K. vom BeschalTungskapital abgeschrieben werden, bis der 
ganze Ballon gleichsam amortisiert ist. 

Ein einfaches Beispiel wird das, was ich sagen will, beleuchten. 

Ein 1000 cbm-Ballon würde 3000 K. kosten. Die Füllung stellt sich auf zirka 
150 K., 50 K. die Landung, 50 K. der Rücktransport, ergibt als Kosten einer Fahrt 250 K. 
Hierzu muß noch als Ballonbenutzung mindestens 100 K. pro Fahrt gerechnet werden, 
sodaß sich die faktischen Kosten einer Fahrt auf 350 K. stellen. 

Ist der Ballon imstande, 30 Freifahrten zu machen, so sind die ausgegebenen 
3000 K. für die Beschaffung gedeckt, und jede weitere Fahrt wird das Anlagekapital für 
einen neuen Ballon vermehren. 

Wenn man sich nun in den Ballonfabriken, welche der eingangs erwähnten Be¬ 
dingung entsprechen, umsieht, so sei konstatiert, daß vorderhand auf der ganzen Welt 
nur einige namhafte Ballonfabriken existieren: hiervon entfallen auf Deutschland und 
auf Österreich-Ungarn eine, alle andern fast ausschließlich auf Frankreich. 

Da aber diese eine deutsche Fabrik zur Zeit nur gummierte Ballons erzeugt und 
die französischen Ballon-Etablissements nur * lackierte Hüllen in den Handel bringen, 
muß man sich gar bald für die eine oder die andere Gattung entscheiden. 

Es kann nicht der Zweck dieses kurzen Aufsatzes sein, die besonderen Vorzüge 
und Nachteile der einen oder der anderen dieser Gattungen dem Leser vorzuführen. — 
Ich will nur darauf hinweisen, daß infolge der hohen Preise des Rohgummis ein 
gummierter Ballon, welcher aus doppeltem, diagonal gelegtem gummierten Stoffe hergestellt 
ist, mehr als das dreifache Geld der lackierten Ballons derselben Dimension erfordert. 

Das gibt zu denken und selbst die unverwüstlichsten und treuesten Anhänger 
der gummierten Ballons — zu denen ich mich unbescheidenerweise rechne — können 
nicht ohne weiteres die Tatsache ignorieren, daß es vielleicht notwendig ist, wenn man 
rationell Ballonfahrten machen will, die Beschaffung lackierter Hüllen wieder ins Auge 
zu fassen, zumal die französischen Fabriken so freundlich waren, bei ihren Ballons 
auch die «aufknöpfbare» Reißbahn einzuführen, so daß wir auch bei den lackierten 
Ballons lustig reißen und ruhig landen können. 

Trotz alledem ist aber doch das Höchste unser gummierter Ballon. Durch die 
bekannte Firma Riedinger in Augsburg wurde als Normalballon für sportliche und 
wissenschaftliche Freifahrten der 1288 cbm fassende Kugelballon aus doppeltem, 
gummiertem Stoffe eingeführt. Der Durchmesser dieser Type beträgt 13,50 m. Wie 
wäre es, wenn man bei der Erzeugung der Hülle nur einfachen, gummierten Baum¬ 
wollstoff verwenden würde und nur das obere Drittel der Oberfläche, sowie die Reißbahn 
aus doppelten, aber nicht diagonal gelegten Stoffen herstellen würde? 

Ein so fabrizierter Ballon, welcher dieselbe Tragkraft wie der alte 1288 cbm-Ballon 
haben sollte, erfordert nur ein Volumen von 1000 cbm, wobei der Durchmesser des 
Ballons nur 12,5 m beträgt. 


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Das Wichtigste hierbei ist nicht, daß das Volumen kleiner, daß jede Füllung 
weniger kostet, die relative Sicherheit vollkommen garantiert ist, sondern vielmehr, daß 
die Erzeugung dieser neuen Type weniger Material erfordert, sich rascher bewerkstelligen 
läßt und weitaus einfacher sich gestaltet. 

Daraus resultiert, daß dieser neue 1000 cbm-Ballon aus einfachem gummierten 
Stoffe viel billiger sein muß, als der 1288 cbm-Ballon aus doppeltem gummierten, 
diagonal gelegten Stoffe und auch in wirtschaftlicher Hinsicht die Konkurrenz aushalten 
dürfte. 

Da ich für diese Type Reklame mache, obliegt es mir, die technische Seite dieses 
Ballons zu beleuchten. 

Ob die Festigkeit des einfachen Stoffes auch den Anforderungen, die ein erfahrener 
Luftschiffer an diesen stellt, entspricht, muß außer Zweifel sein, denn die lackierten 
Perkalballons bestehen bis zu einem Volumen von mehr als 2000 cbm Inhalt noch bis 
über den Äquator hinauf aus einfachen Stoffen und haben sich überall sehr gut bewährt 

Die Bedenken, welche ich seit meinen Versuchen vom Jahre 1892—1894 mit allen in 
Gebrauch befindlichen Ballonstoffen nicht los werden konnte, bezogen sich vornehmlich 
auf die möglichen elektrischen Ladungen gummierter Stoffe. In letzter Zeit untersuchte 
ich in dieser Richtung einfache, gummmierte gelbgefärbte Stoffe, bei Reibungen k und 
Peitschung waren elektrische Spannungen nachweisbar, jedoch nicht stärker, wie bei 
doublierten Stoffen, wo die Gummilage zwischen den Stoffen sich befindet. Einfache 
gummierte Seide allerdings läßt elektrische Entladungen mit Funkenbildung ohne 
weiteres zu. 

Es ist selbstverständlich, daß die Dauerhaftigkeit des Ballons durch die Verwendung 
einfacher Stoffe herabgedrückt wird; unbedingt müßten pro Kubikmeter Fläche 100 g Para¬ 
gummi aufgetragen werden. (Bei doppelten Stoffen gehen einige Fabriken auf 80 g Gummi 
pro Kubikmeter herab.) 

Hiermit möchte ich für sportliche und wissenschaftliche Luftschiffahrt einem 
billigen und entsprechenden Ballon aus einfachen, gummierten Stoffen die Wege ebnen! 

Jaroslaw, im Dezember 1906. Hinterstoisser, Hauptmann. 




Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre. 


Drachenaufstiege im Küstengebiet der Ostsee. 

Von Elmar Rosenthal. 

Im Sommer des Jahres 1905 unternahm ich eine Expedition in das Küsten¬ 
gebiet der Ostsee, um mit Hilfe von Drachen soweit tunlich meteorologische Beobachtungen 
aus den höheren Luftschichten zu sammeln. Über den Charakter dieser Reise möchte 
ich hier hauptsächlich vom technisch-sportlichen Standpunkt aus berichten, während ich 
mir die wissenschaftlichen Resultate nur flüchtig zu erwähnen erlauben werde. Die 
letzteren sind in einer zusammenfassenden Arbeit am 24. Jan. 1906 der St. Petersburger 
Akademie (in russischer Sprache) vorgelegt worden. Ich hoffe aber auch Gelegenheit zu 
finden, wenigstens die interessanteren Ergebnisse nächstens in deutscher Sprache an 
geigneter Stelle zu publizieren. 

Der Zweck der Reise war zunächst der, für das immer noch so wenig bebaute 
Gebiet der maritimen Meteorologie der höheren Luftschichten einige neue Bausteine 
zu sammeln, dann aber auch möglichst vergleichende Beobachtungen an der Küste und 
über dem freien Meere zu gewinnen. Der letztere Punkt scheint mir nicht unwichtig. 
Wenn man überhaupt mit der Möglichkeit rechnet, über dem Meere andere Verhältnisse 
anzutreffen als über dem Festlande und deshalb die Nützlichkeit der Schiffsbeobachtungen 


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unterstreicht, so wird es gut sein, sich gleich von vornherein darüber klar zu werden, 
worin denn eigentlich die gesuchten Unterschiede bestehen und welche Fragen zunächst 
ein spezielles Interesse erregen. Im übrigen kann meine Unternehmung nur beanspruchen, 
mit demselben Maßstabe gemessen zu werden, wie die Reise der Herren Berson und 
Elias auf der «Oihonna», ‘) ja sie muß sogar eine nachsichtigere Beurteilung erheischen, 
da ich keinen wissenschaftichen Begleiter hatte und somit allein die technische und 
meteorologische Seite der Expedition leiten mußte. Dafür kamen mir allerdings die 
maßgebenden Behörden in liebenswürdigster Weise entgegen, wodurch die mit einem 
solchen Unternehmen verbundenen Unkosten auf ein Minimum reduziert wurden. Jeden¬ 
falls konnte es sich unter den geschilderten Umständen nicht darum handeln, möglichst 
hohe und nach einem speziellen Programm auszuführende Aufstiege zu gewinnen. Die 
Verhältnisse mußten eben benutzt weiden, wie sie lagen. Ich nahm daher nur eine 
kleine Handwinde und etwa 4500 m Draht mit. Ferner hatte ich 8 Drachen Modell 
Kusnetzow *) zu meiner Verfügung. Davon waren 3 größere (mit je 3\t qm Gesamt- 
oberiläche) zusammenlegbar und 5 kleinere (3—2 qm Gesamtoberfläche) ließen sich 
ineinanderschachteln, sodaß sie wenig Raum beanspruchten und bei den zu erwartenden 
und tatsächlich vorgekommenen häufigen Transporten möglichst wenig Umstände machten. 
Die letzteren bewährten sich in der Praxis, namentlich in See, etwas besser, da ihre 
Herrichtung zum Aufstieg sehr wenig Zeit beanspruchte und ihre Konstruktion auch 
stabiler war, als die der zusammenlegbaren. Sie waren zufälligen Verbiegungen weniger 
unterworfen und flogen besser. Zu den Registrierungen diente mir ein sehr sorgfältig 
geprüfter Meteorograph, gleichfalls nach dem System von Herrn Kusnetzow, welcher 3 
Elemente, Druck, Temperatur und Feuchtigkeit, angab. Alle diese Instrumente, ferner 
ein Aßmannsches Psychrometer, ein Aneroid, ein Sextant und eine kleine Schmalkaldersche 
Bussole zu Winkelmessungen etc., waren mir vom Physikalischen Zentral-Observatoriurn 
und speziell von dessen aeronautischer Abteilung in Pawlowsk freundliehst für die 
Dauer meiner Reise zur Benutzung überlassen worden. Nicht unerwähnt darf bleiben, 
daß ich mir speziell für meine Expedition einen Diener engagierte, der sich als äußerst 
geschickt und sehr brauchbar erwies, namentlich auch für allerlei kleine, bei solchen 
Gelegenheiten unumgängliche Reparaturen. Ohne eine solche Hilfe bei den vorzu¬ 
nehmenden Operationen, während gleichzeitig verschiedene Kontrollmessungen und Beob¬ 
achtungen anzustellen sind, wäre die Arbeit für eine einzelne Person wohl kaum durcli- 
zuführen gewesen. Meine Expedition hatte den Gharakter einer Urlaubsreise und erstreckte 
sich auf den Zeitraum eines Monats, wovon allerdings einige Tage infolge von Privat¬ 
angelegenheiten der wissenschaftlichen Arbeit entzogen wurden. Von der übrig bleibenden 
Zeit erlaubten es die Witterungsverhältnisse, an 14 Tagen Aufstiege zu veranstalten, an 
welchen im ganzen 20 Aufstiege erhalten wurden. Darunter sind natürlich nur diejenigen 
verstanden, an welchen das Instrument mit hoch gesandt wurde und eine brauchbare 
Registration lieferte, während die mißlungenen Versuche nicht gezählt sind. Der 
niedrigste Aufstieg (in See) erreichte nur 220 m, der höchste 2150 m: die mittlere Höhe 
betrug rund 1000 m. 

Meine Reise richtete sich zunächst nach der an der Südküste des (mischen Meer¬ 
busens gelegenen Stadt Reval, wo die Direktion der Leuchttürme des Baltischen Meeres, 
zu der ich persönliche Beziehungen habe, ihren Sitz hat. Die erwähnte Verwaltung 
(Chef Kontreadmiral v. Wulf) stellte mir in liebenswürdiger Weise Lokalitäten und Hilfs¬ 
kräfte zum Einholen der Drachen zur Verfügung und ich konnte dort am Rande einer 
42 m hohen Uferterrasse, kaum 1 km vom Meeresstrande entfernt, zunächst 8 Aufstiege 
veranstalten. Alsdann begab ich mich an Bord des Marine-Transportdampfers «Kompaß» 
(Kapitän Bitenbinder), welcher der erwähnten Direktion unterstellt ist. Der «Kompaß» 
ist ein etwa 500 Tonnen großer Dampfschoner von 8 1 /* Knoten Fahrtgeschwindigkeit. 


•) Diese Mitteil April—Mai 190t. 
2 ) Diese Mittcil. Oktober 190'». 


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Er hatte die Aufgabe, verschiedene, an schwer zugänglichen Küstenpunkten und einsamen 
Inseln gelegene Leuchttürme mit Brennmaterial und Proviant zu versorgen, und mußte 
deshalb hauptsächlich im Rigaschen Meerbusen mehrfach hin und her kreuzen. Auch 
hier decken sich die Verhältnisse meiner Aufstiege sehr nahe mit den ersten des 
Herrn Rotch und denen der Herren Berson und Elias, da ich auf diesem Dampfer nur 
Passagier war und also den Kurs des Schiffes nicht beeinflussen konnte. Etwas störend 
war ferner der Umstand, daß ich auf dem namentlich anfangs mit verschiedenen Gegen¬ 
ständen sehr beladenen Achterdeck nicht viel Raum für meine Operationen hatte und 
außerdem die Drachenwinde in fast völligen Windschutz zu stehen kam. Das Hochlassen 
der Drachen geschah daher meist von den in ihren Davids außenbords hängenden Bei¬ 
booten aus. Im ganzen wurden zu Schiff 7 Aufstiege erhalten und ging es dabei ohne 
bedeutendere Unfälle ab. Einmal wären allerdings bei einem plötzlichen Kurswechsel 
(es war der erwähnte niedrigste Aufstieg von 220 m) Instrument und Drachen beinahe 
in die See gefallen, doch konnten sie durch rasches Einholen gerade noch gerettet werden. 
Zwei Aufstiege wurden in der Nacht bei fast völliger Dunkelheit veranstaltet, was, 
abgesehen von den Hantierungen mit Laternen bei den nötigen Ablesungen, das Mißliche 
hat, daß man die Drachen in der Luft nicht sieht und daher mitunter nicht rechtzeitig 
eingreifen kann, wenn es die Umstände erfordern. In der Tat muß das eine Mal — es 
war während einer Gewitterbildung — oben eine plötzliche Windstille relativ zur Schiffs¬ 
bewegung entstanden sein oder eine Wirbelbildung mit vertikalen Strömen einen soge¬ 
nannten «Kopfsprung» veranlaßt haben, so daß die Drachen rapide fielen, was aber erst 
nach einiger Zeit am starken Durchhängen des Drahtes bis ins Wasser bemerkt wurde. 
Durch forciertes Einholen bekam ich doch noch alles glücklich wieder an Bord. Die 
Registrierung zeigte aber, daß die Drachen ganz plötzlich bis auf nur 40 m über dem 
Wasserspiegel gefallen waren! Nach meiner Rückkehr nach Reval gelangen dort noch 
5 Aufstiege, darunter 2 an den internationalen Tagen, 2.-3. August, worauf mich leider 
meine Berufspflichten nach St. Petersburg zurückriefen und also an der Fortsetzung der 
Beobachtungen verhinderten. 

Die wissenschaftlichen Resultate der beschriebenen Aufstiege habe ich im Zusammen¬ 
hang mit den übrigen über dem Meere gewonnenen und bis jetzt publizierten Aufstiegen 
bearbeitet. Dabei zeigte sich zunächst, daß jene eigentümlichen Zonen großer Trockenheit 
in den hohen Luftschichten, die wohl zuerst von Süring unter dem Namen «obere 
Störungszone» beschrieben wurden, *) auch über dem Meere und in dessen nächster 
Nähe gar nicht selten angetroffen werden und zwar in den verschiedensten Breiten. 
Für die Entstehung dieser Bildungen glaube ich auf Grund einiger Laboratoriumsversuche 
und einiger von meinen Aufstiegen eine befriedigende physikalische Erklärung gefunden 
zu haben. Ferner gelang es zunächst auf Grund meiner eigenen über alle Tageszeiten 
verteilten Aufstiege, auch über dem Meere eine merkliche Verminderung der Amplitude 
der täglichen Temperaturschwankung mit der Höhe nachzuweisen, was wohl auf der 
spiegelnden Wirkung der Meeresoberfläche beruht, da ja Wärmeleitung und Konvektion 
hier nicht in Frage kommen. Diese Erscheinung ließ sich auch in den Aufstiegen der 
Herren Berson und Elias über dem Polarmeer und Herrn Teisserenc de Borts in den 
dänischen Gewässern nachweisen. Im allgemeinen ergab die Untersuchung der vertikalen 
Gradienten für Temperatur und Feuchtigkeit, daß die Unterschiede zwischen der Be¬ 
schaffenheit der Luft über dem Meere und dem Lande mit wachsender Höhe beständig 
abnehmen, so daß, wie es scheint, ein Ausgleich, wenigstens für die etwas genauer 
bekannten Binnengewässer, schon bei 800—1000 m oder etwas unterhalb stattfindet. Darauf 
lassen sich in Verbindung mit der Theorie der Land- und Seewinde einige thermo¬ 
dynamische Betrachtungen gründen. Auf einige weitere Folgerungen aus meinen Be¬ 
obachtungen gehe ich hier nicht mehr ein. 

Ich möchte zum Schluß noch bemerken, daß solche kleine Reisen, wie die 

') Aßmann und Berson, Wissenschaftliche Luftfahrten III. Bd. S. 151. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 7 


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vorstehend beschriebene, selbst in der nächsten Umgebung unserer Kulturländer immer 
noch sehr interessante und wichtige Beobachtungen liefern können. Die Zahl unserer 
fixen aeronautischen Stationen ist ja immer noch sehr klein und dürfte es auch wohl 
noch auf einige Zeit hinaus bleiben. Eine synoptische Untersuchung der höheren Luft¬ 
schichten wird also auch solche gelegentliche Beobachtungen immer noch mit Nutzen 
verwerten können. Andererseits wird sich die Beantwortung gewisser spezieller Fragen 
nicht immer aus dem feststehenden Programm der fixen Stationen ergeben, so daß sich 
hier dem einzelnen Gelehrten ein weites Feld zur individuellen Untersuchung des Einzel¬ 
falles bietet. Zudem sind solche Unternehmungen, wenigstens bei passender Unter¬ 
stützung durch die wissenschaftlich interessierten Institute, weder besonders kostspielig 
noch mühevoll und stehen daher der privaten Initiative durchaus offen. 


Termine für die Simultanaufstiege 1907. 

Der Präsident der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt 
schlägt für 1907 als Tage, an denen Simultanaufstiege .stattfinden sollen, die folgenden vor : 

14. Januar (mit Rücksicht auf eine russische Expedition, die sich ins Innerne 
Asiens zum Studium der totalen Sonnenfinsternis begibt und Ballons und Drachen steigen 
zu lassen beabsichtigt), 7. Februar, 7. März, 11. April, 2. Mai, 6. Juni, 4. Juli, 1. August, 
5. September, 3. Oktober, 7. November und 5. Dezember. 

Nach dem Vorschläge von Teisserenc de Bort auf der vorjährigen Tagung der 
Kommission in Mailand sollen während der Jahre 1907 und 1908 je vier 3 Tage währende 
Serien besonders gehäufter Aufstiege veranstaltet werden. Derartige Serien sind bereits 
früher nach dem Vorschläge von Hergesell in Europa ausgeführt worden, jedoch legt 
die Kommission Wert darauf, daß nicht nur Europa sich daran beteiligt, sondern daß 
sämtliche zum meteorologischen Gebiet des Atlantischen Ozeans gehörige Länder sowohl 
auf dem Festlande, als auch auf dem Ozean selbst Aufstiege ausführen. Der Staatssekretär 
des Reichsmarineamts hat die Teilnahme der deutschen Marine für alle Monate des 
Jahres außer April, Mai und Juni bereits in Aussicht gestellt. 

Der Präsident empfiehlt daher, die Aufstiegserien zu den angesetzten Terminen 
im Juli, September, November 1907 und Februar 1908 zu veranstalten. E. 


Kleinere Mitteilungen. 

Das Gordon-Bennett-Fliegen 1907. 

Der Aero Club of America teilt mit, daß für das internationale Gordon-Bennett- 
Wettfliegen im Jahre 1907 unter der Voraussetzung, daß genügend Gas von geeignetem 
spezifischen Gewicht geliefert werden kann, die Stadt Sankt Louis in Missouri in 
Aussicht genommen wird. 

Sankt Louis ist die vierte Stadt der Vereinigten Staaten von Amerika, sie hatte 
1900 eine Bevölkerung von 575 (XX) Seelen. Verschiedene Eisenbahnlinien führen zu ihr 
in 27 Stunden von New-York. Seine geographische Lage ist für Weitfahrten eine äußerst 
günstige. Das nächste große Wasser, der Golf von Mexiko, liegt 1120 km südlich. Der 
Atlantische Ozean ist nach Osten 1440 km, der stille Ozean nach Westen 3680 km entfernt. 

Die Wettfahrten selbst sind /ür den Monat Oktober in Aussicht genommen, wegen 
der um diese Zeit günstigeren Windverhältnisse. 

Nach dem amerikanischen Zolltarif sind Ballons mit 45°/o ihres Wertes zu ver¬ 
steuern, der Klub will sich aber um ein Arrangement bemühen, durch welches diese 
Zahlung für den Wettbewerb gesichert wird. 


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Der Aero Club of America will alles tun, was in seiner Macht liegt, um den Wett¬ 
bewerben fremder Nationen beizustehen und hofft damit den Wettbewerb von 1907 zu einem 
denkwürdigen in der Geschichte der Luftschiffahrt zu machen. Er hofft, daß die der 
Föderation Aöronautique Internationale angehörenden Klubs ihre Anmeldungen nicht bis 
zum letzten erlaubten Termin, dem 1. Februar 1907, hinausschieben, sondern sie so 
früh als möglich erledigen. Der Klub hofft auch, daß jeder in Wettbewerb eintretende 
Klub mit der vollen Zahl von 3 Ballons auftreten wird und daß die Zahl der Staaten 
jene von Paris im Jahre 1906 übertreffen wird. $ 


Gordon-Bennett-Fliegen in St. Louis (U. S. A.). 

Vom «Aero Club of America» lief, datiert vom 4. Januar, nachfolgender 
Brief an den Vorsitzenden des deutschen Luftschifferverbandes, Herrn Geh. 
Reg.-Rat Busley, in betreff des Gordon-Bennett-Fliegens ein: 

Geehrter Herr! 

Der Vorstand des Aeroklubs von Amerika hat sich nach sorgfältiger Prüfung der 
Umständs und der gebotenen Vorteile einstimmig für die Abhaltung des internationalen 
Wettfliegens 1907 in St. Louis entschieden. 

Wie bereits mitgeteilt wurde, ist diese Stadt, vom geographischen Gesichtspunkte 
aus betrachtet, außerordentlich günstig gelegen, indem sie nach allen Richtungen hin fern 
vom Meere liegt. Die Stadtverwaltung von St. Louis hat als Start für den Wettflug 
einen Teil ihres Stadtparks zur Verfügung gestellt, der unter dem Namen «Forest Park» 
bekannt ist. 

Dieser Platz kann derart abgeschlossen werden, daß niemand Zutritt erhält zur 
Ballonfüllung, und die Gaszufuhr wird in jeder Beziehung ausreichend sein für eine 
schnelle Füllung aller an dem Wettflug beteiligten Ballons. 

Nach diesem Platz führt ein 24"-Hauptgasrohr von einem eine Viertelmeile ent¬ 
fernten Gasometer aus, der über 4000000 Kubikfuß reines Leuchtgas enthält. Das Gas 
wird durch starke Pumpwerke herausgetrieben, damit die Füllung nach Möglichkeit in 
kürzester Zeit vollendet werden kann. Das durchschnittliche spezifische Gewicht des von 
der Laclede Gas-Company gelieferten Gases betrug im Jahre 1906: 0,43. 

Der Klub schlägt vor, den Wettflug in der Vollmondsperiode im Monat Oktober 
abzuhalten . . wahrscheinlich am 19. Oktober. 

Nach der vom Wetterbureau eingezogenen Erkundigung ist die auf Grund zahl¬ 
reicher Beobachtungen mit Drachen und Pilotenballons in den höheren Luftschichten in 
jener Jahreszeit vorherrschende Windrichtung eine östliche, nach New-York hin gehende, 
unter Vermeidung der großen Seen, südlich derselben. Gutes Wetter pflegt um diese 
Jahreszeit beständig zu sein, da gewöhnlich im Monat Oktober nur 3 bis 4 Regentage 
eintreten. Die mittlere Monatstemperatur auf dem Erdboden beträgt im Oktober etwa 
20° C. Es muß hierbei erwähnt werden, daß die größte, bisher in den Vereinigten 
Staaten ausgeführte Ballonfahrt von St. Louis aus durch John Wise 1859 gemacht 
wurde. Er landete in Jefferson County im Staate New-York. 

Der Aeroklub von Amerika ist in der Lage mitzuteilen, daß das Gas für alle 
Wettfahrer um den internationalen aeronautischen Preis kostenlos geliefert wird. Für 
besondere Preise in den Hotels wird gesorgt werden und wenn eine genügende Zahl 
von Klubmitgliedern des I. F. A. herkommt, wird es möglich sein, einen besonderen 
Fahrpreis von New-York und zurück zu erwirken. Der gewöhnliche Fahrpreis beträgt 
24,25 Dollars; wenn genug Luftschiffer sich am Wettflug beteiligen, ist es möglich, den 
Preis auf etwa 32 Dollar für Hin- und Rückfahrt herabzusetzen. 

Die DampfschilTahrtsgesellschaften von Europa nach den Vereinigten Staaten werden 
ebenfalls Erleichterungen eintreten lassen. 


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Der Aeroklub von Amerika ist dabei, Unterhandlungen zu führen zum Zwecke der 
steuerfreien Einführung der Ballons der Wettfliegenden während ihres Aufenthaltes in 
Amerika. 

Außer den alljährlich in dem internationalen aeronautischen Wettbewerb angebotenen 
Preisen werden verschiedene Körperschaften von St. Louis Preise für den zweiten, dritten 
und vierten Gewinner aussetzen, in einem Gesamtwerte von 5000 Francs. 

Für diejenigen, die Versuchsfahrten zur Vorbereitung für das internationale Fliegen 
zu machen wünschen oder die sich am «Lahms-Preise» zu beteiligen wünschen, welcher 
vom Aeroklub von Amerika nach dem 1. März 1907 ausgeschrieben wird, sind Vor¬ 
kehrungen getroffen worden, daß sie das benötigte Gas zu einem besonders herabgesetzten 
Preise erhalten. Dies gilt aber nur für Ballonführer, die vom Aeroklub von Amerika 
empfohlen sind. Die Wettbedingungen für den «Lahmspreis» werden später bekannt 
gegeben werden. Den Wettlliegern wird jedwede Erleichterung seitens der Gascompany 
zu St. Louis gewährt werden. 

Wir erinnern daran, daß nach den Vorschriften die Anmeldung zum 
Eintritt für den Wettflug für den internationalen aeronautischen Preis 
1907 mit dem 1. Februar 1907 abgeschlossen wird. 

Ihr sehr ergebener 
Cortland F. Bishop, Präsident. 


Ballonführer-Flaggen. 

Je mehr der Sport sich des Ballonfahrens bemächtigt, um so mehr treten auch 
in der Aeronautil: Sportsbedürfnisse auf. Als solche muß man u. a. die Führung be¬ 
sonderer Flaggen für Ballonführer bezeichnen, Flaggen, die im Bureau des Internationalen 
Luftschiffer-Verbandes anzumelden und einzutragen sind. Der Wimpel bleibt damit das 
Eigentum des Ballonführers, er zeigt seine Farben, er ist sein Wappen. 

Wohl dem, dessen Farben durch wiederholte Siege weltbekannt werden! Sie 
werden überall gern gesehen und freudig begrüßl. 

Im Nachstehenden geben wir die Liste der bis jetzt eingetragenen Ballonführer¬ 
flaggen: 

Victor Bacon: blau und weiß. 

Jacques Balsan: blau und rot. 

Emile Janets: rot und weiß. 

Edouard Boulenger: rot und weiß. 

Georges Dubois: rot und weiß. 

Georges Le Brun: grün und weiß. 

Andr6 Le Brun: grün und weiß. * 

Louis Godard: grün und weiß, diagonal ein weißer Stern. 

Georges Besan<;on: roter Wimpel. 

Charles Lev6e: blauer Stern auf weißem Grunde. 

Georges Baus: weiß und rosa, diagonal. 

Ernest Zens: weißer Stern auf blauem Grunde. 

Paul Tissandier: himmelblau und schwarz. 

Leon Barthou: grün und gelb. 

Georges Blanchet: schwarzes Kleeblatt auf weißem Grunde. 

Lemaire: Schachbrett schwarz und gelb. 

Comte de La Vaulx: Azurblau und schwarz. 

Cornte Adelin d'Oultremont: rot und schwarz. 

Comte Arnold de Contades: blau und gelb, gelber Stern. 

Jacques Faure: vier weiße Kugeln auf rotem Grunde. 


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Der Warmluftballon, eine deutsche Erfindung des Mittelalters. 

(Zusatz zu Seite 113—116 des Jahrgangs 1906.) 

Von Franz Marie Feldhaus. 

Bei meiner Arbeit «Was wissen wir von Berthold Schwarz»? (Zeitschrift für hi¬ 
storische Waffenkunde, Dresden 1906, Heft 3 und 4) fiel mir die Ähnlichkeit der Titel 
jener Berliner Handschrift von 1540, in der ich den Warmluftballon fand, und einer um 
50 Jahre älteren Handschrift in Frankfurt a. M. auf: 

„Inje boljet an etjn gut bub fete nu^barlficf) bmjcf) gut (genannt) baö ruft bnb fuertnerf- 
buhcf) fanten gebrad)t bon aln öetoertten meiftern bnb ber funft berflenbtgem. . . 

Die Bilderhandschrift zählt nach dem Urteil von Jähns (Geschichte der Kriegs¬ 
wissenschaften, S. 271) zu den prächtigsten ihrer Art. Auf dem Einband trägt sie einen 
Holzschnitt mit der Überschrift «DIS BVCH GEHCERT 

DE RAD ZV FRACFORT». 

Das Rüstbuch der Berliner Königlichen Bibliothek, aus dem ich hier den Warmluft¬ 
ballon wiedergab, ist eine Abschrift davon, die später im Besitz des Prinzen Moritz von 
Nassau war. 

Das Frankfurter Manuskript, 1 ) dessen Autor sich nicht nennt, enthält bereits den 
Warmluftballon mit Fesselseil und Winde. Wir können die Kenntnisse der Ballonkunst 
also in die Blütezeit der deutschen Kriegsingenieure ins 15. Jahrhundert setzen. Ich 
zweifle nicht, daß wir auch noch frühere Angaben über Feuerdrachen finden, wenn wir 
die vielen Handschriften jener Zeit durchsucht haben. 


Ein bisher unbekannt gebliebenes LuftsrhifT von 1748 findet man in einer drei¬ 
bändigen Handschrift des Gelehrten Eberhard Christian Kindermann, heute in der Königl. 
Bibliothek zu Berlin. Der 
Verfasser war Theologe 
und scheint, als er sein 
Werk mit 85 Jahren 
begann, in Berlin ge¬ 
lebt zu haben. Er gab 
ihm den stolzen Titel 
«Physica sacra* und 
sagt in der Vorrede, daß 
er seine Aufzeichnungen 
drucken lassen wollte. 

Doch dazu scheint es 
nie gekommen zu sein, 
obschon das, was Kin¬ 
dermann niederschrieb, 

origineller ist, wie ^—-n 

manch anderes physi-(^ 

■kalisches Werk aus der 
Mitte des 18. Jahrhun- C, - 
derts. Unsere Abbildung 
zeigt ein kleines Schiff 
mit Segel, Laterne und 

Fahnen. Der Luftschiffer bewegt in der Art des Ruderns zwei riesenhafte Vogelflügel. Unten 
in der Ecke des Blattes sitzt eine Frau, die bei Betrachtung des über den Wolken hin¬ 
segelnden Fahrzeuges in ein Buch die Worte schreibt: «Siehe, ist es doch noch möglich 



>) Signatur M. S. II. 40; Kntstehungszeit 1490. — Die Signatur der Berliner Abschrift ist: Cod. germ. 
fol. 94 (nicht 351, wie eine irrtümliche Notiz im Katalog sagte). 


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54 


geworden». In der Beschreibung sagt Kindermann, daß er sich auf diese Weise den 
meisten Erfolg verspräche. Bedenken wir. daß vor den Versuchen der Montgolfiers im 
Jahre 1783 die Ideen über Luftschiffe nicht allzu häufig sind, dann erscheint uns Kinder¬ 
manns Vorschlag zu einem dynamischen Fliegen, obschon er unausführbar, wie hundert 
andere, doch bemerkenswert. F. M. # F. 

Zum Studium des dynamischen Fliegens. 

Das letzte Oktoberheft der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure brachte 
die wissenswerte Mitteilung, daß das Kuratorium der Jubiläumsstiftung der deutschen 
Industrie eine Kommission für das Studium des dynamischen Fliegens berufen und die 
Bewilligung von je 25000 Ji für eine Reihe von Jahren in Aussicht genommen hat. 1 ) 
Bezweckt soll werden die experimentelle Erforschung der Mittel für die Herstellung trag¬ 
fähiger Flugvorrichtungen auf wissenschaftlicher Grundlage. Der Anfang soll mit der 
Untersuchung von Luftschrauben gemacht werden. Zur Durchführung dieser Arbeit 
wurde vor kurzem von der genannten*Kommission, deren Vorsitzender Prof. Dr. C. v. Linde ? 
München, ist, Dr. Ing. Bauersfeld berufen. 

Durch die Begründung dieses Unternehmens hat sich das Kuratorium der Jubiläums¬ 
stiftung der deutschen Industrie ein außerordentliches Verdienst um die im Werden be¬ 
griffene Luftschiffahrt und namentlich um einen Zweig derselben, die Aviatik, erworben. 
Bekanntlich hat diese Richtung noch äußerst geringe Erfolge aufzuweisen. 2 ) Es liegt 
das zumeist an der unzweckmäßigen Formgebung der Flugmaschine; man versucht 
immer und immer wieder den Körperbau des Vogels nachzubilden, wobei stets übersehen 
wird, daß die Bedingungen, unter welchen der Flug des Vogels und der des Menschen 
stattfinden kann, grundverschieden sind. Die dem Vogel nachgeahmte Flugmaschine hat 
ebensoviel Aussicht auf Erfolg, wie jene sechsbeinige, dem Pferde nachgeahmte Lokomotive, 
oder wie jenes Schiff, das dem Schwimmvogel mit seinen Schwimmhäuten nachgebildet 
worden ist. Möglichst einfach, das ist der erste technische Grundsatz, und der gehört 
vor allen Dingen bei der Konstruktion von Luftfahrzeugen beherzigt. Weiter kommt in 
Betracht, daß der Motorenfrage (im Zusammenhang mit dem auftretenden Luftwiderstand) 
zu wenig Rechnung getragen wird, obwohl man weiß, daß sie von ausschlaggebender 
Bedeutung für das Gelingen der Flugversuche ist. Man stellt an den Motor nur die 
Forderung, möglichst leicht zu sein; die Stärke (Anzahl der P. S.) des Motors nimmt 
man jedoch unbegreiflicherweise nach Gefühl an. Und an den meist zu kleinen Motoren 
scheitert sehr oft das ganze Unternehmen. Noch stiefmütterlicher wird die Luftschraube 
behandelt. Man hat jetzt, nachdem man sie schon jahrzehntelang verwendet, noch keine 
zuverlässigen Angaben über den Zusammenhang der Zahl, Größe, Gestalt, Anordnung etc. 
der Flügel mit dem Wirkungsgrad der Luftschraube. (Nur Graf Zeppelin in Deutschland 
und Walker und Alexander in England 3) haben größere Versuche mit Luftschrauben 
angestellt.) 

Mit um so größerer Freude war es daher zu begrüßen, daß endlich von technischer 
Seite aus dieses Problem aufgegriffen worden ist. Wie man aus dem Programm ersieht, 
wird mit echt deutscher Gründlichkeit ans Werk gegangen. Man ist sich der Schwierig¬ 
keit dieser Aufgabe bewußt und verfällt daher nicht in den alten Fehler, irgend ein will¬ 
kürliches Flugmaschinensystem erproben zu wollen, sondern untersucht erst jene tech¬ 
nischen Hilfsmittel bezüglich Festigkeit, Leistung usw., die für das Treiben, Tragen und 
Steuern, die Hauptfunktionen eines Luftschiffes, in Betracht kommen können. 

Daß dieses Unternehmen, wie alle Studiengesellschaften, die meisten Aussichten 
auf Erfolg hat, ist ja wohl selbstverständlich, da ihm in wissenschaftlicher und technischer 


>) Die angegebene Summe dürfte zu gering bemessen sein. 

Erst die jüngsten Versuche von Santo« Dumont berechtigen zu größeren Hoffnungen. 
: ‘) Neuerdings auch Archdeacon in Frankreich. (Red.) 


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55 «««* 


Hinsicht alle nur denkbaren Hilfsmittel zur Verfügung stehen werden. Mit Spannung 
darf man daher den Arbeiten entgegensehen. Fr. Riedel. 


Aufmunterungen für Flugapparaterfinder 

sind neuerdings, wie «La conquete de l’air» mitteilt, in sehr lobender Weise und Aus¬ 
dehnung erfolgt. 

«Le Matin» in Paris richtet für September 1908, gelegentlich der französisch¬ 
englischen Ausstellung, einen Wettbewerb für Flugvorrichtungen, schwerer als die Luft, 
ein, wobei der Weg von Paris nach London zurückzulegen ist. Die Preise sind jedenfalls 
sehr verführerisch, denn es haben hierfür bereits gezeichnet: «Le Matin» 100000 Fr., der 
Marquis de Dion 50000 Fr., ebensoviel Mr. Charley und M. Clement, an welche sich viele 
Begeisterte anschließen werden, so daß die Bewerbung zweifellos sehr lohnend für Sieger 
sich gestaltet. 

«Daily Mail» hat 10000 Pfund Sterling für einen Gleitflieger ausgesetzt, der zuerst 
die Strecke London—Manchester zurücklegen werde. Santos Dumont hat in einem Zu¬ 
stimmungsschreiben beantragt, daß zweimal Zwischenlandung zur Petroleumcrgänzung zu 
gestatten sei. Außerdem kündigte er die Stiftung einer Goldmedaille von 1000 Fr. Wert 
als besondere Gabe für den Gewinner an. Beides wurde angenommen. Unter den von 
«Daily Mail» aufgestellten Bedingungen im vorläufigen Bewerbungsreglement ist von 
Interesse, daß der Flugapparat, welcher mindestens eine Person tragen muß, sich mit 
eigenen Kräften vom Boden erheben soll, jedoch vorher, wie auch nach der Landung 
auf dem Boden sich fortbewegen darf. Schwebend hat er eine Meile direkter Entfernung 
auf einem vom Komitee zu bestimmenden Weg zurückzulegen. Die Bewerbung steht 
der ganzen Welt offen. Von der «Adams Manufacturing Compagnie» werden hierzu noch 
2000 Pfund Sterling als besonderer Preis versprochen, wenn der ganze Apparat innerhalb 
des englischen Kaisertums hergestellt sei. Für den Fall, daß der Sieger unter Benützung 
eines in England hergestellten Motors gefahren ist, setzt ihm das Journal «Auto-Car» 
ebenso einen Preis von 500 Pfund Sterling aus. 

Die Eigentümer von «Daily Graphic» und von «Graphic» bieten ferner 1000 Pfund 
dem Erfinder, der einen Flugapparat, schwerer als Luft, vorführt, welcher, mit 1 oder 
mehr Passagieren besetzt, mindestens eine Meile durchfliegt. 

Der «Automobile-Racing-Ciub de Brooklands» teilt durch seinen Vizepräsidenten 
Lord Montagu de Beaulieu mit, daß er dem ersten derartigen Apparat, welcher ohne 
Bodenberührung die ganze Länge der Rennbahn, ca. 3 Meilen, in einer Höhe zwischen 
3—50 Fuß innerhalb 10 Minuten durchfliegt, einen Preis von 2500 Pfund biete. Der 
Bewerb ist bis 31. Dezember 1907 offen. 

Dem Aeroclub ist Kunde geworden von einer ausgedehnten Bewegung gegen die 
jedem Bewerber auferlegte Bedingung, daß er Mitglied eines bekannten Luftschiffer- 
vereines sein müsse. Dies ist im Interesse der Förderung aller einschlägigen Bestrebungen 
nur als vernünftig zu begrüßen. 

Erinnert man sich an verschiedene schon vom «Aeroclub de France» etc. aus¬ 
gesetzte Preise, sowie an den seit 2 Jahren aufgestellten Preis Deutsch-Archedeacon zu 
50000 Fr. für einen geschlossenen Kilometerflug, so wird man zugeben, daß es an Er¬ 
munterung einschlägiger Bestrebungen nicht fehlt. K. N. 


Santos Dumont 

hat sich mit dem Bau seines «Aeroplane» auf ein Gebiet begeben, auf dem nicht so 
rasch ins Auge fallende Erfolge zu erreichen sind, wie mit einem «Lenkbaren» bei mäßigem 
Winde; doch hat sein Motorgleitflugapparat wie im Heft XU 190(1 beschrieben funktioniert 
und ihn durch die Luft getragen. (Der Apparat ist auf Seite 401 der «Illustrierten Aero- 


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in allgemeinen Umrissen besprochen). 

Bewegende Kraft 


«La conqudte de 
= Koeffizient 


nautischen Mitteilungen* 1906 

1’air* stellt auf Grund der Vergleichungsformel— w ~ , . ,. , 

Gewicht X Geschwindigkeit 

für Beurteilung der Leistung — die von Santos Dumont erzielten Resultate gegenüber 

den einschlägigen Versuchsergebnissen von Archedeacon, dann den Nachrichten über die 

von den Brüdern Wright erreichten Resultate, dann jenen, die bezüglich Langley von 

1896 her vorliegen. Sie gestalten sich wie folgt: 

1500 (kgmt.) 


für Archedeacon , 


420 (Kilo) X 16,6 (secm.) 


= 0,215, 


für Wright. 

für Langley. 

für Santos Dumont . . . 


1800 


450 X 10 
75 

18 X 10 
3780 


300 X 10 


= 0,40, 
= 0,58, 
= 1,25. 


Nach dem Bau der Formel ergibt sich beste Kraftausnützung, d. i. geringster 
Verlust bei dem niedrigsten Wert des errechneten Koeffizienten. Die obige Gegenüber¬ 
stellung läßt somit noch einige Vervollkommnungen an dem jüngsten der erprobten Motor¬ 
gleitflieger als wünschenswert erscheinen, was nicht hindert, dankbarst auzuerkennen, 
daß Santos Dumont seine Mittel und seine Energie zur Erstrebung neuer Erfahrungen 
und Fortschritte unermüdlich in den Dienst der großen Sache stellt. Santos Dumont hat, 
wie er «Daily Mail* mitteilte, neuerdings einen lOOpferdigen Motor bestellt, der nur 100 Kilo 
wiegen soll. K. N. 


Eine Ehrung Lilienthals. 

Anläßlich der Konferenz der « F. I. A. » hat der bekannte französische Flugtech¬ 
niker Hauptmann Ferber es sich nicht nehmen lassen, in Großlichterfelde auf dem 
Grabe des Ingenieurs Otto Lilienthal einen Kranz niederzulegen, ein Zeichen seiner 
Hochachtung und Anerkennung, die zu äußern er ein inneres Bedürfnis empfand, wie 
er sich uns gegenüber äußerte. 

Viele, sehr viele denken heute zurück an den klassischen Begründer des persön¬ 
lichen Kunsttluges, sein Andenken wird zunehmend bei uns wachsen, wenn erst einige 
weitere Jahre ins Land gegangen sein werden. 


Die Firma Friedrich Lux, G. m. b. H., Ludwigshafen hat für ihre Frahntsehen 
Resonanzapparate (Tachometer, Frequenzmesser, Phasenindikatoren. Lokomotivgeschwin¬ 
digkeitsmesser, Ferngeschwindigkeitsmesser, Umdrehungsfernzeiger für Kriegs-und Handels¬ 
schiffe etc.) auf der Reichenberger und Nürnberger Ausstellung die goldene Medaille 
und auf der Ausstellung in Mailand zwei Ehrendiplome erhalten. 


Zum Kapitel „Risse in Wolkendecken". 

Der Artikel «Uber die Abbildung von Gewässern in Wolkendecken* in der letzten 
Dezembernummer bildet die Veranlassung, hier eine Beobachtung mitzuteilen, die bisher 
nicht der Veröffentlichung wert gehalten wurde. Aus letzterem Grunde wurde auch die 
Zeit der Beobachtung leider nicht notiert; jedoch besteht über die Sache selbst kein 
Zweifel. Es war an einem nahezu windstillen Tage, als auf einem Spaziergange nörd¬ 
lich von München, bei dem Vororte Solln, meine Aufmerksamkeit auf eine merkwürdige 
Erscheinung am Himmel gelenkt wurde. Der ganze Himmel war mit einer gleichmäßig 
getönten im übrigen ganz geschlossenen Wolkendecke überzogen, nur ging quer durch 
sie von Osten nach Westen ein Spalt, durch den das reine Blau des Himmels hindurch- 


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57 «««« 


blickte. Die Wolkendecke verlor sich nicht ettoa allmählich gegen den Spalt zu, sondern 
zeigte beiderseits ziemlich scharfe Berandung. Die Erscheinung hatte Ähnlichkeit mit 
einer geborstenen Eisdecke, deren beide Teile sich soweit von einnander entfernt haben, 
daß man durch den Riß bequem in die Tiefe sehen kann. Die Beobachtung scheint 
mir der Erwähnung wert, weil in der Richtung des Risses kein Fluß läuft (der Riß war 
senkrecht zur Richtung der Isar), und vielleicht sind solche Ausnahmefälle geeignet, der 
Erscheinung auf den Grund zu kommen. Auffälligkeiten im Gelände waren in diesem 
Falle allerdings nicht vorhanden, außer vielleicht, daß zwischen München und Solln eine 
Höhendifferenz von ca. 50 m, also von Süden nach Norden, senkrecht zu dem Spalt, 
ein ziemlich starkes Gefälle existierte. Hermann Zwick. 

Der Drachenflieger im Lichte der „Allgemeinen Automobilzeitung". 

Die MotorluftschitT-Studiengesellschaft teilt uns zu dem genannten Artikel (Heft 1, 
1907, S. 10) mit, daß sie aus- dem Inhalte der «Allgemeinen Automobilzeitung» nur für 
die unter der Überschrift «Offizielle Mitteilungen der Motorluftschiff-Studiengcsellschaft 
m. b. H.» gemachten Angaben verantwortlich ist. Für die übrigen, unter dem Kopf: 
«Das Motorluftschiff, die Flugmaschine» erscheinenden Aufsätze trägt die Motorluftschiff- 
Studiengesellschaft die Verantwortung nicht. Die Red. 


Aeronautische Vereine und Begebenheiten. 

Damenfahrten im Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt 

(mit 3 Bildern). 

Von Oberlehrer Ernst Milarcli-Bonn a. Rh. 

1. Die Moseltunke. 

Glaube nicht, verehrte Leserin, daß ich die Sammlung Deiner besonderen Koch¬ 
rezepte um eine neue «Tunke» bereichern will; diese Tunke, von der die folgenden Zeilen 
berichten sollen, hat mit einer richtigen Tunke nur einen gewissen Grad von Feuchtigkeit 
gemeinsam: wenn der Luftschiffer in einen 
Wald oder in ein Wässerchen hineinfährt, so 
nennt er das eben so hübsch wie treffend 
«Eintunken», und das Ende dieses kleinen, 
reizenden Erlebnisses tunkt eben in die Mosel 
ein. — Eine Damenfahrt? Dazu gehört nicht 
mehr wie eine Durchschnittscourage, das sei 
im voraus bemerkt; den Glorienschein einer 
besonderen Leistung müssen wir unseren liebens¬ 
würdigen Korbgenossinnen im Interesse der 
Wahrheit versagen. Sie selbst empfinden und 
wollen es auch nicht anders. 

Als am 24. Februar vorigen Jahres um 
2 Uhr nachmittags ein Quadratmeter blauer 
Himmel sichtbar wurde, konnten wir dem 
liebenswürdigen Drängen unserer begeisterten 
Damen nicht mehr widerstehen: schnell zu 
Rad nach Godesberg hinaus und in die Rallon- 
hülle hinein, um Ventil und Reißbahn für die 
Damenfahrt selbst zu prüfen; nach lV#Stun- 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jalirg. 



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58 «««♦ 


den stand «Rhein» zur Abfahrt bereit, und unsere Damen kletterten über einen Stuhl 
in den Korb. «Laßt los», und «Rhein» erhebt sich, kann sich aber vom lustigen Godes¬ 
berg nicht trennen, ohne einen richtigen Studentenulk verübt zu haben; er nimmt die 
Telephonleitung des Gaswerkes mit; wir sind das aber schon gewöhnt; der Draht zur 
Reparatur liegt schon bereit. Inzwischen leuchtet die Nachmittagssonne auf, bescheint 
zauberhaft die beschneiten Kuppen des Siebengebirges und spiegelt sich in den hohen 
Fenstern der Drachenburg. Vor der Burg suchen die Rehe im Schnee ihr Futter; die 
Hunde bellen hinauf, die Korbgenossinnen antworten täuschend ähnlich; die Hühner 
gackern den großen Raubvogel da oben in der Luft ängstlich an, auch ihnen wird 
in ihrer Muttersprache geantwortet. — Inzwischen wird auch der Proviantkorb unter¬ 
sucht, und unseren beiden Damen wohlverdientes Lob gespendet: so ein Gläschen Sekt 
hoch oben in Himmelshöhen schmeckt besonders gut, auch schon nachmittags um 5 Uhr. 
Über die Ruine Altwied und etwas höher über Schloß Monrepos geht die Fahrt wieder 
ins Rheintal herunter. Aber der Ballast geht zu Ende, sodaß die Landung nahe bevor¬ 
steht; bei dem Wort «Landen» erhebt sich ein zweifacher Protest, wenigstens noch bis 
Koblenz soll die Fahrt gehen. «Schön», sagt der Führer, «das kann geschehen, aber dann 
müssen wir in die Mosel eintunken.» Begeistert wird dieser Gedanke aufgenommen. Diese 
Landungen haben den Vorzug, daß der Korb ganz sacht aufsetzt und die Insassen nichts 
von einem Stoß verspüren ; auch sinkt der Korb nicht etwa tief ein, sondern erhebt sich 
fast augenblicklich wieder aus dem nassen Element und treibt dann mit einigen Zenti¬ 
metern Tiefgang langsam ans llfer. Bei dieser Fahrt kam nun noch als interessantes 
Moment hinzu, daß geographisch die Mosel in den Rhein fällt, da wollten wir nun einmal 
als Einleitung für die Fastnachtstage unseren «Rhein» in die Mosel fallen lassen. — «Die 
Damen auf die Sitze», kommandiert der Führer, und langsam fahren wir auf das Flu߬ 
bett der Mosel zu, schäumend spritzt das Moselwasser auf; wir sind galt gelandet! Unser 
Korb treibt nun unter dem Händeringen der arn Ufer versammelten Menge auf einen 
Schleppkahn zu, dort binden wir ihn vorläufig fest: Pioniere, deren Kaserne am Ufer 
liegt, eilen uns zur Hilfe und fischen uns aus der Mosel heraus und die interessante 
Fahrt ist beendigt. Der Ballon wird entleert, verpackt und die Landungstelegramme 
gehen in der vergnügten Fassung fort: «ln der Mosel glatt gelandet!» 

2. Die Verlobungsfahrt. 

Aus dem Führer des Ballons «Rhein» und einer der Korbgenossinen ist gelegentlich 
der «Moseltunke» ein glückliches Brautpaar geworden. Zur Feier des Verlobungsfestes 
wird für den Junivollmond eine Nachtfahrt im Ballon beschlossen. Die beiden frohen 
Rheinlandstöchter, die so schneidig in die Mosel getunkt sind, haben auch den Ruhm, die 
beiden ersten Damen zu sein, die sich dem Luftballon zu einer Nachtfahrt anvertrauten. 

Zehn Minuten vor Mitternacht! «Laßt los!» Langsam, ganz sacht erheben wir uns 
in die silberne Vollmondnacht hinein. «Glück ab!» ruft man uns herauf, und wir winken 
unsere letzten Abschiedsgrüße hinunter. Da liegt nun die mondscheinbeschienene Rhein¬ 
ebene unter uns: kein Wölkchen steht am Nachthimmel, ruhig blinken die Sterne, ruhig 
fließt der Rhein, still ist’s im Städtchen unter uns; nur da, wo die schwarze Linden¬ 
wirtin Studenten und Nichtstudenten manch vollen Humpen kredenzt, dort ist noch Leben, 
unter schattigen Bäumen sitzen sie am Fuß der alten Ruine, trinken, singen und 
schwärmen nach alter guter deutscher Sitte. Alles das können wir deutlich von oben 
wahrnehmen: schweben wir doch kaum 50 Meter über der Erde hin. 

Schon grüßen von der anderen Rheinseite die Lichter von Königswinter herüber 
und hinter dem frohen Städtchen, das alle Tage Sonntag hat, tauchen majestätisch in 
edlen Linien die sieben Berge auf: voran der trotzige Drachenfels, vom Mondlicht zauber¬ 
haft beschienen, und vor uns der Rolandsbogen. Vom Klosterturm der Klosterinsel schlägt 
die zwölfte Stunde. In den Gebüschen des Klostergartens singt die Nachtigall, dazwischen 
wie ein herber Kontrast krächzen Eule und Uhu, die wohl durch die zwölf Schläge er¬ 
muntert wurden. 


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Der Mond über uns scheint so hell, daß wir nicht nur die Barometerablesungen 
ohne elektrisches Glühlämpchen machen, sondern wir sehen auch den Schatten unseres 
Ballons über den Rodderberg geheimnisvoll dahinhuschen und an einer besonders 
günstigen Stelle umgibt sich der Ballonschatten mit einem wundersamen Farbenspiel, 
es ist die Mondaureole, ein Phänomen, das sich nur ganz selten dem Luftschiflfer zeigt. 
Es ist wie im Märchen. Keiner spricht, jeder hängt sich in die Korbseile und schwärmt 
still für sich hin. 

. Die Eisenbahnzüge unter uns links und rechts vom Strome eilen rollend dahin; 
oft verschwindet für einige Sekunden das Zuggeräusch, dann war’s ein Tunnel, der die 
Lichterschlange in seinem dunklen Gange barg. Über friedliche Dörfer eilen wir hinweg, 
der Bauer ist längst zur Ruhe gegangen, ruft ihn doch der Heuschnitt am anderen 
Morgen früh zur Arbeit; Phylax bewacht draußen die Schätze der Bauernhütte; da streift 
wohl unser Schatten seine in die Vorderpfote vergrabene Schnauze; er erwacht jäh und 
bellt zweck- und ziellos in die Mondnacht hinein. «Phylax, sei still.> rufen wir be¬ 
gütigend herunter, «du störst den Bauer und den Herrn Pfarrer!» Aber er schweigt nicht, 
sein Bellen geht vielmehr in ein ängstliches Heulen über, vielleicht weil wir gerade Sand 
schütten mußten, um den Dorfkirchturm zu parieren. Hinter dem Dorf geht’s über einen 
Wald hinweg, die Halteleinen streifen die Baumkronen, das Rascheln erschreckt das ruhende 
Wild, Rehe und Kitzen treten aus auf das mondbeschienene Feld und ein Volk Hühner 
wird durch den unerwarteten Besuch aus dem vollen Kornfeld aufgescheucht. Im Teiche 
hinter dem Dorf halten die Frösche eine Konzertprobe; in den Sologesang einzelner, 
besonders begnadeter Sänger fällt von Zeit zu Zeit der gemischte Chor ein. 

Bald nach 2 Uhr kündet sich der neue Tag an durch einen matt schimmernden 
Streifen im Osten. Im Tal unter uns beginnen die Nebel zu brauen, nur einzelne Felsen 
ragen noch aus dem Gewoge heraus; bald sind auch die letzten Spitzen verschwunden 
und eine regelrechte Wolkendecke hat sich gebildet, über der wir nun einherfahren wie 
über einen weißen Teppich; wir haben das Gefühl, auf diesem wolkigen Teppich könnte 
man wandern, ohne einzusinken, und weich und mollig müsse er sein, wie das Fell des 
Eisbären. So erwarten wir das aufgehende Gestirn. Der östliche Horizont schimmert 
stufenweise in allen Schattierungen von blaßblau bis purpurrot. Rotgolden erscheint 
endlich der Sonnenball, gleichzeitig bilden sich auf dem Wolkenmeer Risse und Löcher 
wie Flüsse und Seen, es ist kein Zweifel, die Sonne behält die Oberhand und wird in 
kurzer Frist die leichte Wolkendecke zerreißen und verjagen. Unter uns aber erwachen 
mit dem ersten Sonnenstrahl die Sänger in Wald und Feld, der Kuckuck im Zweitakt 
eröffnet den Reigen, sein Ruf ist wie das Wecksignal für alle die tausend andern ge¬ 
fiederten Sänger, und bald jubiliert und tiriliert das ganze Orchester. 

Der Ballon sagt jetzt dem Rheintal ade und strebt dem vulkanischen Teil der 
Eifel zu. Da liegt unter uns der Laacher See mit seiner berühmten Abtei, eben ruft 
die Frühglocke die frommen Mönche zur ersten Messe; spiegelglatt und dunkel liegt der 
Kratersee zu unseren Füßen, kaum regen sich die Baumwipfel an seinen Ufern. Langsam, 
ganz langsam ziehen wir weiter, über die düsteren Eifelmaare hinweg, dazwischen liegen 
freundliche Dörfer, alte Ruinen und kleine Städtchen. Aus unserer Höhe erscheint uns 
alles wie Spielzeug, das aus der Schachtel entnommen und zierlich, anmutig aufgebaut 
worden. Aus der Schmiede tönt noch das lustige Kling-Klang herauf, auch noch der 
Pfiff der Lokomotive vom Bahnhof unter uns, sonst ist’s still um uns, ganz still. 

Während die Damen sich ganz dem Genießen hingeben, hat der Führer eifrig 
Beobachtungen gemacht über Temperatur, Strahlung, Feuchtigkeit, Luftdruck usw. Um 
in noch höhere Regionen aufsteigen zu können, soll eine Zwischenlandung versucht, 
eine Dame ausgesetzt und für sie neuer Ballast eingenommen werden. Der Führer zieht 
ruckweise das Ventil, wir fallen nach und nach auf 100 Meter und durcheilen an unserem 
Schleppseil von 150 Meter Länge ein Tal; fortwährend rufen wir den Bauern zu, das 
schleppende Seil zu ergreifen und festzuhalten, erst beim dritten Dorf gelingt die Zwischen¬ 
landung, handfeste Leute greifen zu und ziehen uns allmählich zur Erde, bereits ent- 


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leerte Säcke werden mit Ackererde gefüllt, dann darf die eine Dame aussteigen; der 
ganze Zwischenakt nimmt nur wenige Minuten in Anspruch. Nach einigen Minuten 
erhebt sich «Rhein» wieder und strebt schneller denn zuvor der goldenen Sonne zu. 
Es ist 11 Uhr morgens; fünf Stunden später ist der Ballon, der in höheren Luftschichten 
stärkeren Wind gefunden hat, bei der französischen Festung Verdun gelandet. 

3. Die Hochzeitsreise. 

Wer seine bessere Hälfte gelegentlich einer Ballonfahrt kennen lernt, dann als 
glücklicher Bräutigam zur Feier des Verlobungsfestes eine herrliche Mondscheinfahrt bis 
weit nach Frankreich hinein unternimmt, dem ziemt es sicherlich, auch die Hochzeits¬ 
reise im Ballon anzutreten. 

Das llochzeitsmahl ging zu Ende, die beiden Vereinsballons «Rhein» und «Essen* 
hatten ihrem Herrn und Gebieter und ihrer neuen Herrin und Gebieterin Gruß und 
Huldigung dargebracht. Der Sekt perlle in den Kelchen, die Knallbonbons knallten und 
lieferten einem jeden Hochzeitsgast eine — überraschend lustige Kopfbedeckung; die 
weisen Lebenssprüchlein, in die jede Haube eingewiekel l ist, wurden der fröhlichen 
Stimmung entsprechend kommentiert. Das Sprüchlein der Braut lautete; 

«Die Frau hört nie auf zu lieben; muß sie der Erde entsagen, nimmt sie ihre Zuflucht 
zum Himmel* (A. Dupuv). 

So war’s recht. Das war ein gutes Omen! Also nehmen wir unsere Zuflucht 
zum Himmel, steigen wir hinauf in den golden schimmernden Herbslabend, lassen war 
uns von den Strahlen der untergehenden Sonne noch eine Stunde länger erwärmen, als 
die Menschheit im Tal, und erwarten wir aus lichter Höhe den Augenblick, wo der Voll¬ 
mond silbern hinter den 
sieben Bergen auftaucht. 

Der Kremser hält 
schon vor der Tür, schnell 
wird allerseits die Toilette 
gewechselt, und dann steigt 
die ganze fröhliche Hoch¬ 
zeitsgesellschaft ein zur 
Fahrt nach Godesberg, wo 
bereits kundige und ge¬ 
schäftige Hände unseren 
«Rhein» für die Ilochzeits- 
fahrt präparieren. Unter 
Frohsinn und Lust geht 
die Fahrt durch die Dörfer 
und bald tauchen die 
schwarzen Gasometer auf 
und neben ihnen die ma¬ 
jestätische, von der Abend¬ 
sonne goldig beschienene 
Kugel unseres Hochzeits¬ 
gefährtes. 

Hei! wie das Herz klopft vor freudiger Erwartung! Ist 's doch jedesmal ein eigen¬ 
artiges Gefühl, was den enragierten LuftschitTer überkommt, wenn das lustige Gefährt 
sich im Winde leise hin- und herwiegt, wenn die Seile knarren und der Korb den undefi¬ 
nierbaren Mischgeruch von Gas, Ackererde, Ballaststaub und Hanf ausströmt. «Rhein» 
hat sich heute festlich geschmückt, wie ein Stirnband windet sich um seinen Äquator 
eine Girlande von lustigen Fähnchen in deutschen und rheinischen Farben, und die 
Gondel prangt in Myrtengrün und ist mit Efeuranken umwunden. Das Bild muß fest- 
gehalten werden. Die Hochzeitsgesellschaft gruppiert sich malerisch vor dem Ballon, ein 



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Knips — und das Bild ist fertig. Nun schnell Abschied von der lieben Mutter, all den 
guten Freunden und Freundinnen und hinein in den Korb! 

Zehn Minuten vor 7 Uhr: «Labt los!» Ruhig schweben wir hoch und winken unsere 
letzten Abschiedsgrüße herunter. Wir beschließen, tief zu bleiben, um die Herrlichkeit 
der Rheinebene auch in den Einzelheiten an diesem wunderbaren Abend genießen zu 
können. Schon kurz vor 7 Uhr befinden wir uns über dem Brühler Schloßpark, 
das Lichtmeer von Cöln leuchtet herüber, und vom Abendhimmel heben sich die Dom- 
lürme in scharfen Silhouetten ab. Hier dürfen wir wegen der Starkstromleitungen eines 
Elektrizitätswerkes keinesfalls landen. Aber das Licht schwindet von Minute zu Minute 
merklich, schon müssen die Barometerablesungen mit Hilfe der elektrischen Lampe 
gemacht werden, denn der Vollmond steht erst eben über der Ölbergspitze. 

Da erblicken wir eine Talmulde vor uns, rings von Wald umgeben, und ein kleines 

Dörfchen am Waldrand hin¬ 
gebaut. Ihm fehlen die elek¬ 
trischen Glühaugen, also dort 
schnell hinunter! Ventil und 
nochmal Ventil. — Das Schlepp¬ 
seil rauscht über die Baum¬ 
kronen, jetzt schlappt es auf 
eine Wiese herunter, Leute 
kommen gelaufen. Auf unseren 
Zuruf ergreifen sie das schlep¬ 
pende Tau und ziehen uns 
langsam zur Erde herunter. 

Die Zwischenlandung ist 
vorzüglich geglückt ; das junge 
Paar kann aussteigen und der 
Ballon ist für eine weitere 
Nachtfahrt verwendbar. Die 
braven, hilfsbereiten Bauern 
werden durch ein Geschenk 
belohnt; zwei junge lixe Bur¬ 
schen, die sich nachher als 
Diplomaten entpuppen, über¬ 
nehmen die Führung zu einem 
nahegelegenen Schloß, wo ein 
F«?- :J - Wagen zur nächsten Bahn¬ 

station und die Erlaubnis zum Benutzen des Telephons erbeten wird. 

Inzwischen verankere ich meinen Ballon, der durch den Ventilgebrauch etwa nur 
ein Zwölftel entleert ist. Am Ausgange des Dorfes steht ein kleines Kapellchen, um 
seine Grundmauern rund herum wird mehreremale das Schleppseil gelegt, die Haltetaue 
werden an einem starken Baum befestigt und der Korb mit Ziegelsteinen beschwert, bis 
sein aufstrebendes Begehren gedämpft ist. 

Nach kurzer Zeit kehren die Trabanten des jungen Paares zurück und berichten 
mit Stolz, rheinischem Humor und Dialekt von ihren Taten. Sie haben die Vorstellung 
zwischen den Gästen vom Himmel und dem Herrn Schloßverwalter übernommen, den 
Bräutigam geadelt und ihm das Prädikat Exzellenz verliehen. So baten denn, dank der 
von den kecken Burschen vorgenommenen Metamorphose, Exzellenz von so und so und 
Frau Gemahlin um die Erlaubnis, das Telephon benutzen zu dürfen, um die glückliche 
Landung heim zu berichten. Eilfertig kam der Herr Verwalter gesprungen, um den Wunsch 
der hohen Gäste zu erfüllen, und seine Liebenswürdigkeit schwand keineswegs, als sich 
die Exzellenz in den Doktortitel verwandelte. Die Verwandlungskünstler aber entschul¬ 
digten sich klassisch: «Ich dohn lewe jet dobi als jet dovon!» 



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Das Telephon brachte außerdem die sehr willkommene Nachricht zurück, daß sich 
zwei Herren sofort auf die Strümpfe machen würden, um den einsamen Führer auf der 
Nachtfahrt zu begleiten. — Da diese Ersatzpassagiere nicht vor 1 Uhr zur Stelle sein 
konnten, faßte der Führer den wohl sehr verständigen Entschluß, die überstandenen 
Strapazen des Hochzeitsfestes und die bevorstehenden der Nachtfahrt durch ein Schläf¬ 
chen auszugleichen. 

Ein zuverlässiger Mann wurde als Wache bei dem Ballon gelassen, und die alte Wirts¬ 
frau der kleinen Dorfschenke wies dem Führer neben der Gaststube ein kleines Kämmerchen 
als Schlafkabine an. Auch hier huldigte man dem Prinzip des Schwarzwälder Bauern, 
demzufolge die Luft im Schwarzwald so gut ist: Die Fenster werden nicht geöffnet. 

Nachdem die höchst notwendige Ventilation hergestellt war, legte ich mich zur 
Ruhe und verfiel in einen Halbschlummer; nebenan spielten die Bauern Karten: bum, 
bum, bum, und der höchste Trumph kam mit einem besonderen Krach auf den Tisch. 
Draußen spielte eine Ziehharmonika, und die neugierigen Dorfkinder machten sich ein 
Vergnügen, den Schlaf des angestaunten Luftschiffers durch das Kammerfensterchen zu 
kontrollieren. 

Schließlich konnte auch Freund Luna nicht unterlassen, mal nach dem rechten 
zu sehen; ich erwachte durch seine Strahlen und siehe da, voll und rund guckte er 
freundlich lächelnd hinein ins Schlafkämmerchen und heleuchtete das Zifferblatt meiner 
neben mir liegenden Taschenuhr: fünf Minuten vor 1; also ist’s Zeit zum Aufstehon und 
hinaus zur nächtlichen Fahrt. War das eine Nacht. Lau und mild, wie um die Johannis¬ 
zeit; kein, auch nicht das kleinste Wölkchen am Himmel, fast taghell, und dabei wehte 
ein leises, sanftes Lüftchen, so recht für eine ruhige Nachtfahrt geeignet. 

Die Falten in der Ballonhülle waren verschwunden; die Wärme der Mondstrahlung 
hatte das Gas so weit ausgedehnt, daß der Ballon prall da stand wie bei der Abfahrt 
vom Gasometer. — Nicht lange, so hallten Schritte und Worte durch die stille Nacht. 
Sie waren es, die erwarteten Ersatzpassagiere; das gab eine freudige Begrüßung und 
dann wurde flugs zum Werke geschritten. 

Wir bestiegen zu dritt den Korb und ließen uns dann von dem Kapellchen einer¬ 
seits und dem Baumstumpf andererseits losseilen, während wir selbst die Ziegelsteine 
bis auf den letzten aus dem Korb herausbeförderten. Dann zogen uns die freundlichen 
Bauern auf eine vor dem Dorf liegende Anhöhe, und wir erhoben uns leicht und elegant 
und winkten den erstaunten Dörflern dankbar zu. 

Nur die ersten Minuten der Fahrt erforderten noch Aufmerksamkeit, da wir einen 
Wald in mäßiger Höhe überflogen, in dem sich unser Schleppseil noch hier und da ver¬ 
fing; dann aber begann eine Vollmondnacht mit all ihren überwältigenden Reizen, wie 
sie wohl nur wenigen Ballonfahrern beschieden ist. Wir kommen uns vor, als seien wir 
durch die vertikale Trennung von der Erde auch von allem Irdischen losgelöst! Die Erde 
in friedlichem Schlummer unter uns, die Sternenpracht über uns, so halten wir Kurs auf 
den westlichen Stern des großen Bären. — In einer so himmlischen Nacht überkommt 
uns das Gefühl, wir möchten uns die Welt aus dem Sinn schlagen und vergessen, daß 
wir auf ihr sind; dazu ist die Luft so mild, noch milder wie unten, daß kein körper¬ 
liches Unbehagen unser Genießen stört. — So träumen wir uns durch die Nacht hin¬ 
durch; hier und da taucht unter uns der Lichterschein einer großen Stadt auf. Ein 
Korbgenosse hat seine Mandoline mitgebracht, so ist Frau Musika im Bunde die Vierte, 
— und als gegen 5 Uhr der Mond am westlichen Horizont ellipsenförmig untertaucht, 
und wir ihm einen letzten Dankesgruß senden für seine treue Begleitung während der 
Nacht, da taucht fast im gleichen Moment aus dem schon geraume Zeit in allen Farben 
von blaß-blau bis orange und violett schimmernden östlichen Horizont der rote Sonnen¬ 
ball auf. Auf den Wiesen unter uns bildet sich ein ganz leichter Nebelschleier, so leicht 
aber, daß das saftige Grün hindurchschimmert; der Nebel liegt tief über der Erde, denn 
hohe Bäume ragen mit ihren Kronen aus ihm heraus. — Das buntscheckige Vieh auf den 
Wiesen erhebt sich, die Morgenkühle reizt auch das dicke Fell eines Ochsen. 


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Wir nähern uns dem Silberband der Maas; am jenseitigen Ufer dehnt sich eine 
große Viehweide aus, dahinter liegt ein Brachfeld; wir beschleunigen das Fallen des 
Ballons derart, daß er über die Weide am Schleppseil fährt. Erstaunt und unwillig 
springen die Kühe und Ochsen auf und laufen Sturm gegen den unbekannten Feind; 
hier wollen wir lieber nicht landen unter so viel «Ochsen», denken wir und passen das 
Brachfeld ab. Der Wind hat sich ziemlich aufgemacht; da ist bei der Landung eine 
kleine Schleiffahrt zu erwarten. Unsere Mandoline wird hoch oben in den Seilen fest¬ 
gebunden, damit sie durch den Stoß nicht leidet. Im nächsten Augenblick sind wir auch 
schon unten. Achtung! Klimmzug! Der Korb kantet um und wird auf der Schleiffahrt 
noch zirka 10 Meter fortgerissen; dann aber liegen wir still und begrüßen uns mit einem 
fröhlichen «Glück ab»; so endete diese Hochzeitsfahrt sehr glatt im Lande der Tulpen¬ 
zwiebeln. Hilfreiche Leute waren sogleich bei der Hand trotz der frühen Morgenstunde. 
Alles Ein- und Umladen, auch an der Grenze, klappte programm- und fahrplanmäßig, und 
so saßen wir am Sonntag Mittag froh und glücklich wieder bei unseren Lieben daheim 
und konnten auf deutschem Boden die Gläser zur Feier des Sedantages erklingen lassen. 


Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt. 

Am 8. und 9. Juni 1907 wird der «Niederrheinische Verein für Luftschiffahrt» in 
Düsseldorf Ballonwettfahrten veranstalten. 

Am 8. Juni Ballonverfolgung durch Autos, Ehrenpreise für den siegenden Teil. 
Offen für deutsche Luftschiffervereine. 

Am 9. Juni internationale Weit- resp. Dauerfahrt; 3 Geldpreise, 2000, 1000 und 
500 Mark. Offen für Mitglieder der Federation internationale. 

Voraussichtlich werden noch außerdem Ehrenpreise zur Verteilung kommen, 
darunter Gemälde von ersten Düsseldorfer Künstlern. 

Aufstiegplatz und Füllverhältnisse sind ideal. 

Gleichzeitig ist in Düsseldorf eine internationale Kunstausstellung und vom 6. bis 
11. Juni die Deutsche landwirtschaftliche Wanderausstellung; letztere ist 5 Minuten vom 
Aufstiegplatz entfernt. 

Propositionen werden noch im Januar versandt. Die Teilnehmer werden für 
Füllung der Ballons nichts zu zahlen haben. 

Anmeldungen sind zu richten an Herrn Hauptmann v. Abercron, Mitglied der 
Sportkommission des Deutschen Luftschifferverbandes, in Düsseldorf. 


Berliner Verein fUr Luftschiffahrt. 

Die 261. Sitzung des Berliner Vereins für Luftscbiffahrt am 17. Dezember 1906 
begann mit der Aufnahme von 16 neuen Mitgliedern und der Schlußberatung über die 
Änderungen des § 11 der Satzungen, auf Grund deren der Vorstand, dem vermehrten 
Geschäftsumfang angemessen, künftig aus 9 statt bisher 7 Personen bestehen wird. 
Die Zahl der Beisitzer ist von 2 auf 3 erhöht, das Amt eines Bücherwarts wird künftig 
zum Sitz im Vorstand berechtigen. Diese Satzungsänderungen wurden einstimmig an¬ 
genommen, der Vorschlag, den «Fahrtenausschuß» der internationalen Übereinstimmung 
halber künftig «Commission sportive» zu nennen, ist bei dem in letzter Sitzung rege 
gewordenen Widerspruch gegen diese Änderung zurückgezogen worden. An Stelle eines 
angesagten Vortrages von Professor Dr. Süring sprach Major v. Tschudi, welcher im 
Begriff steht, nach Marokko zu übersiedeln, nachdem er auf Wunsch des Sultans von 
Marokko eine Stellung als Chef-Ingenieur dort angenommen und daher als Offizier seinen 
Abschied eingereicht hat. Major v. Tschudi, der langjährige, verdiente Organisator 
und Leiter des Fahrtenausschusses, dessen Scheiden aus dem Verein allseitig schmerzlich 
empfunden wird, hatte vor einigen Monaten an der Reise der außerordentlichen deutschen 
Gesandtschaft von Tanger nach Fez teilgenommen. Von dieser, in jedem Betracht hoch- 


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interessanten Reise wünschte er bei seinem Abschiede von dem Verein zu berichten 
und eine große Reihe von Lichtbildern vorzuführen, die während der Reise und de9 
Aufenthalts in Fez aufgenommen worden und, wie sich ergab, ganz vorzüglich sind. 
Seine Schilderungen erfreuten die zahlreiche Zuhörerschaft, darunter viele Damen, durch 
ihre Frische und Anschaulichkeit. Die für eine Gesandtschaft, der größeren Würde 
halber, 11 Tage in Anspruch nehmende Reise von Tanger nach Fez — gewöhnliche 
Sterbliche brauchen dazu nur 6 Tage — wurde, auch von den Damen und Kindern, zu 
Pferde zurückgelegt, da in Marokko noch alle Wege fehlen, nur wenige Brücken über 
die mehrfach zu kreuzenden Wasserläufe vorhanden sind und das Fahren mit Wagen 
deshalb zu den Unmöglichkeiten gehört. Die Nächte wurden regelmäßig in mitgeführten 
Zelten zugebracht, deren Aufstellung am Abend und Wiederabbruch am nächsten Morgen 
stets ziemlich viel Zeit in Anspruch nahm. Für das gesamte Gepäck der Gesandtschaft 
hatten 120 Lastmaultiere beschafft werden müssen. Die Reisetage vergingen durchaus 
angenehm und abwechslungsreich. Außer der von Tanger aus beigegebenen militärischen 
Eskorte beeiferten sich die scherilischen Behörden der berührten Landesteile, die Kaids 
und Scheichs, der Gesandtschaft Schutz anzubieten und Aufmerksamkeiten zu bezeigen, 

u. a. durch öftere Vorführungen der bekannten, phantastischen Reiterevolutionen und in 
jedem Falle durch Verstärkung des militärischen Geleiles. Der photographische Apparat 
bekam bei solchen Gelegenheiten viel zu tun, um Gruppenbilder aufzunehmen und die 
sich abspielenden, wechselvollen Lagerereignisse in Momentbildern festzuhalten. Einmal 
erschien auch eine Deputation von elf vornehmen, mohammedanischen Frauen, um aller¬ 
hand süßes Gebäck in beträchtlicher Menge als Gastgeschenk zu überreichen. Das letzte 
Nachtquartier fand wenige Kilometer von Fez und am nächsten Morgen zwischen einem 
ausgedehnten Spalier marokkanischer Truppen der feierliche Einzug in das ganz von 
einer Mauer mit vielen Toren umgebene Fez statt. Die Residenz der scherifischen Majestät 
ist im 20. Jahrhundert in ihrer den Fortschritten der europäischen Kultur noch ganz 
abgewandten Eigenart jedenfalls ein Unikum auf der ganzen Erde. Major v. Tschudi 
gab davon fesselnde Beschreibungen. Er erzählte und erläuterte das Erzählte an Bildern 
von der aus in Holzkasten eingestampftem tonhaltigen Boden bestehenden Stadt- und 
Zitadellenmauern, von den überaus engen Straßen, der guten Bewässerung der Stadt, 
den am Fluß gelegenen, früher von Turbinen betriebenen, jetzt aber still liegenden Gewehr¬ 
fabriken, dem Ghetto, in dem die zahlreichen Juden eng zusammenwohnen, den prächtig 
mit Mosaiken geschmückten Palästen des Sultans und Wohnungen der Vornehmen, den 
schönen Aussichten vom flachen Dach der Häuser auf die Stadt und die vielen Gärten 
innerhalb der Ringmauer, der schönen Umgebung mit weiten Fernsichten von einem 
500 m ansteigenden Berge der Nachbarschaft u. s. f., ebenso von den Festlichkeiten und 
Empfängen, welche der Gesandtschaft zu Ehren veranstaltet waren, und bei denen große 
Pracht entfaltet wurde. Auch der deutschen Reichspost geschah Erwähnung, die in Fez 
durch ein Kontor und eine Agentur vertreten ist. Reicher Beifall belohnte den Vor¬ 
tragenden, welcher auf Antrag des Vorstandes zum Ehrenmitglied des Vereins 
ernannt wurde. 

Ballonfahrten haben, wie hierauf der Vorsitzende des Fahrtenausschusses, 
Leutnant Geerdtz, mitteilte, die folgenden fünf seit dem 20. November statlgefunden: 

24. November. Führer: Leutnant Benecke, Mitfahrende: die Leutnants v. Bitter, 
Heller und Keller. Abfahrt von Tegel 9 30 . Dauer der Fahrt *M0 Stunden, zurückgelegte 
Entfernung 190 km (oder 52 km in der Stunde), erreichte größte Höhe 780 m. Landung 
in Tschiefer bei Neusalz a./O. 

1. Dezember. Führer: Leutnant Geerdtz, Mitfabrende: die Leutnants Freiherr 

v. Koltwitz und Freiherr v. Kraus, außerdem Freiherr v. Seideneck, der seine Führer¬ 
fahrt machte. Abfahrt 122# Dauer der Fahrt 3 Stunden, zurückgelogte Entfernung 
92,1 km (oder 30.7 km in der Stunde), größte Höhe 1200 m. Die Fahrt verlief bei 
allmählich abflauendem Winde normal. Nur hatte das Leuchtgas der Tegeler Gasanstalt, 
das sonst für unsere Zwecke recht gut ist, an diesem Tage anscheinend ein hohes 


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spezifisches Gewicht; denn der Ballon «Bezold», der sonst zu 4 Personen gut 12 Sack 
Ballast trägt, konnte nur 6 Sack miterhalten, was jedoch bei der Güte des Ballonstoffes 
nicht von Belang war; denn es wurden während der ganzen Fahrt nur 2 Sack ver¬ 
braucht. Gelandet wurde bereits in Finkenheerd bei Frankfurt a./O., in der Nähe der 
Bahnlinie Berlin—Breslau, da den Mitfahrenden an baldiger Rückkehr nach Berlin 
gelegen war. 

7. Dezember. Internationale Meteorologenfahrt. Führer: Professor Berson, Mit¬ 
fahrender: Dr. Coym. 

8. Dezember. Nachtfahrt von Bitterfeld aus. Führer: Dr. Femming, Mitfahrender: 
Herr Bohnert. Abfahrt 6 20 abends. Dauer der Fahrt 6 Stunden, zurückgelegte Ent¬ 
fernung 325 km (oder 54,2 km in der Stunde), größte Höhe 900 m, Landung in Seehof 
bei Regenwalde (Hinterpommern). Die Landung mußte, nachdem die Orientierung in 
Königs-Wusterhausen verloren war, wegen der großen Windgeschwindigkeit und der Nähe 
des Meeres bereits um 1220 nachts erfolgen. Die Luftschiffer verbrachten dann noch 
4 recht kalte Stunden im Korbe, bis es so hell geworden war, daß sie sich im Gelände 
orientieren konnten. 

17. Dezember. Nachtfahrt von Bitterfeld aus. Führer: Dr. Elias, Mitfahrende: 
Dr. Knoche, Ing. Walensky. 

Die Führerqualifikation ist auf Beschluß des Vorstandes folgenden vier Herren 
zugesprochen worden: Leutnant v. Auer, Freiherr v. Seideneck, Fabrikbesitzer Cassierer 
und Postsekretär Schubert. 

Es berichtete zum Schluß noch unter Vorführung eines «Telephot Vega*, d. i. 
eines für Ballonaufnahmen geeigneten photographischen Apparates, Direktor M. Woibiet 
aus Genf: Der im Projektionsbilde zur Erläuterung seiner Einrichtung und in natura 
vorgeführte Apparat überrascht durch seine Kürze; denn trotz Verwendung eines Objek¬ 
tivs von 70 cm Brennweite ist die Camera nur 25 cm lang. Dies Ergebnis ist Folge der 
Anwendung zweier Spiegel hinter dem Objektiv. Der Apparat gibt bei ausgezeichneter 
Schärfe des Bildes vierfache Vergrößerung. Es wurden von dem Vortragenden Bilder, 
teils durch den Projektionsapparat, teils von Hand zu Hand gehend, gezeigt, u. a. ein 
Bild des Bundespalastes in Bern, die Bewunderung erregten. Wie mitgeteilt wurde, 
waren dies Bild und mehrere wohlgelungene Ballonaufnahmen in ‘/«oo Sekunde Exposi¬ 
tionszeit hergestellt worden, ein immerhin überraschendes Resultat, wenn man die 
Schwierigkeiten erwägt, mit Teleobjektiven schnelle Momentaufnahmen zu machen. Die 
Handhabung des jedenfalls recht bequem zu hantierenden Apparates soll sehr leicht und 
für jeden mit Camera umzugehen Gewöhnten schnell zu lernen sein. Der Vortragende 
nannte den bei großer Leichtigkeit recht stabilen und lichtstarken Apparat den «Ideal¬ 
apparat für Ballonfahrten». Beiläufig sei erwähnt, daß der «Telephot Vega* auch für 
Porträtaufnahmen gut anwendbar ist, weil die große Brennweite des Objektivs Verzeich¬ 
nungen ausschließt. 

Nach Schluß der Versammlung fand zu Ehren von Major v. Tschudi ein Festmahl 
statt, bei dem es an launigen Trinksprüchen nicht gebrach, zumal das am Schluß seines 
Vortrages von dem Scheidenden gegebene Versprechen, auch in Marokko für die Inter¬ 
essen der Luftschiffahrt tätig zu sein, zu einem Hinweis herausforderte, daß jenem Lande 
andere Verkehrsmittel einstweilen noch viel nötiger wären, als Ballons. A. F. 

Kölner Aeroklub. 

In Köln hat sich ein Luftschifferverein unter obigem Namen gebildet. 


Posener Verein für Luftschiffahrt. 

Luftballontaufe. 

Der Posener Verein für Luftschiffahrt veranstaltete am Sonntag, den 2. Dezember, 
die Taufe und erste Auffahrt seines neuen Luftballons «Posen*. Der bereits drei Jahre 

llustr. Aeronaut. Mitteil. X. Jahrg. 9 


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bestehende Verein, der bisher seine Luftfahrten mit fremden Ballons unternehmen mußte, 
wurde durch das Entgegenkommen von Gönnern in die Lage versetzt, einen eigenen 
.großen Ballon anschaffen zu können. Mit diesem wurde Sonntag früh um 8 3 /4 Uhr die 
erste Auffahrt vom Kanonenplatz unternommen. Trotz der frühen Morgenstunde, wohnte 
.dem seltenen Schauspiel ein gewähltes, zahlreiches Publikum von Damen und Herren, 
darunter mehrere höhere Offiziere, der Polizeipräsident usw., bei. Um 8 '/* Uhr war der 
.1500 Kubikmeter Gas fassende Ballon gefüllt. Leutnant lllgner vom 46. Infanterie- 
Regiment, der Führer des Ballons, Bankdirektor Strohmann, Architekt Pitt und Bank¬ 
prokurist Wolff bestiegen den geräumigen Korb des Fahrzeuges, der von Soldatenhänden 
iestgehalten wurde, bis der richtige Moment durch Rede und Taufhandlung würdig gefeiert 
war. Professor Dr. Spies von der Königlichen Akademie, der stellvertretende Vorsitzende 
des Vereins für Luftschiffahrt, hielt in Abwesenheit des ersten Vorsitzenden, Hauptmanns 
Jfarck, eine Rede, in der er die Bedeutung der Luftschiffahrt für Militär, Wissenschaft 

Phot. Engelmann. 



Auffahrt des Ballons „Posen“ am 2. XII. 06 In Posen- 

und Sport in treffender Weise würdigte und auch hervorhob, daß der Kaiser ein hohes 
Interesse für die Aeronautik bekundet. In das Hoch auf den Kaiser stimmte die Ver¬ 
sammlung begeistert ein. Hierauf schritt Frau Professor Wernicke an den Ballon und 
heftete unter Glückwünschen einen Blumenstrauß an dessen Korb, indem sie gleichzeitig 
das erste Luftfahrzeug des Vereins mit dem Namen «Posen» taufte. In schönen Versen 
wünschte darauf Professor Dr. Spies dem Segler der Lüfte für heute und allezeit glück¬ 
liche Fahrt. Von den starken Armen der Marsjünger befreit, erhob sich hierauf unter 
den Klängen eines lustigen Marsches von einer Militärkapelle der Luftballon glatt von 
der Erde und entschwebte sicher und stolz in die Lüfte. Das Wetter war ruhig und die 
Sonne brach im Augenblick der Auffahrt lächelnd durch den dünnen Wolkenschleier. 
Während ein Mitfahrender im Moment der Auffahrt eine Fahne in den deutschen Farben 
entrollte, sandten die unten stehenden Damen und Herren den mutigen Luftseglern mit 
den Taschentüchern Scheidegrüße und Glückwünsche für die erste Fahrt nach. Der 
Ballon nahm den direkten Kurs nach Osten, etw r a in der Richtung des Posener Domes. 
Noch einige Zeit verfolgten ihn die Blicke der Zuschauer, bis er in weiter Ferne in den 


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Wolken verschwand. Die vier Herren gedachten bei günstiger Luftströmung die erste 
Fahrt möglichst weit auszudehnen. 

Die Landung fand nach einer wundervollen Fahr!, welche teils über den Wolken 
bei prächtiger Beleuchtung ausgeführt wurde, gegen 11 Uhr vormittags einige Kilometer 
südlich Stralkowo statt. Mit Rücksicht auf die nahe russische Grenze sahen sich die 
Fahrenden zur Landung genötigt, obgleich noch recht viel Ballast im Korbe war, der 
eine Weiterfahrt gestattet hätte. Die Teilnehmer an der Fahrt kehrten abends mit der 
Eisenbahn nach Posen zurück. 


Wiener Flugtechnischer Verein. 

Der Wiener Flugtechnische Verein hielt in dieser Saison bereits drei Vortrags¬ 
abende ab. Am 19. Oktober gab Herr k. u. k. Hauptmann Franz Hinterstoisser einen 
sehr interessanten und beifällig aufgenommenen Bericht über den Kongreß der inter¬ 
nationalen aeronautischen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt zu Mailand 
1906. — Am 16. November berichtete Herr Oberingenieur Hermann Ritter v. Lössl über 
das 25 jährige Stiftungsfest des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, zu welchem er als 
Vorsitzender und Delegierter des Wiener Flugtechnischen Vereins nach Berlin gefahren 
war. Der Vortragende äußerte sich in besonders anerkennender Weise über alle zu 
Ehren des Jubiläums und der Festgäste gebotenen Veranstaltungen und sprach schließlich 
dem Berliner Verein für die außerordentlich liebenswürdige und gastliche Aufnahme, 
welche ihm dort zuteil wurde, in seinem eigenen und im Namen des Wiener Vereins 
den herzlichsten Dank aus. — Am 21. Dezember hielt Herr Ingenieur W. Kreß einen 
Vortrag über dynamische Luftschiffahrt mit Vorführung frei fliegender Apparate und 
besonderer Berücksichtigung des Drachenfliegers. Ein illustres und zahlreiches Publikum 
verfolgte die Ausführungen und Vorführungen mit sichtlichem Interesse und stürmischer 
Applaus erscholl, als seine Apparate und Modelle mit tadelloser Präzision den Saal 
durchflogen. Stürmische und begeisterte Zurufe und warme Worte der Anerkennung 
von seiten des Vorsitzenden und der anwesenden Exzellenz Feldmarschall-Leutnant 
Ritter v. Wuitsch. dem Vorsitzenden im Militär-Technischen Komitee, belohnten den 
greisen Erfinder am Schlüsse seines Vortrages. — Dieser Vortrag bezweckte hauptsäch¬ 
lich, die Tatsache wieder in Erinnerung zu bringen, daß die Priorität des Drachenfliegens 
dem Ingenieur W. Kreß gebührt, welcher schon vor 30 Jahren freifliegende und sich 
selbständig vom Boden erhebende Modelle konstruierte und öffentlich demonstrierte. 
Im Wiener Flugtechnischen Verein hat sich ein Spezialkomitee gebildet, welches sich 
neuerlich die Aufgabe gestellt hat, die Versuche, welche seinerzeit hauptsächlich wegen 
Geldmangels eingestellt werden mußten, im großen Stile fortzusetzen und zum erwünschten 
Abschlüsse zu bringen. Es wurden bereits hohe und einflußreiche Persönlichkeiten für 
die Sache gewonnen und hofft man, daß dieses Werk auch von allerhöchster Seite aus 
kräftigst gefördert werde. — Man gibt sich hier der Hoffnung hin, daß das dynamische 
Luftschiff «System Kreß* die Flugmaschinen der Gebrüder Wright, Santos Dumont und 
anderer weit überflügeln werde. 

Dezember 1906. H. R. v. Lössl. 


Wiener Aero-Klub. 


Aus dem Jahresbericht des Wiener Aero-Klubs entnehmen wir, daß der Klub zu 
Ende 1906 82 Mitglieder, darunter 21 Ballonfahrer und 10 Führer, zählte. Die Zahl der 
Freifahrten betrug 15, an denen nur vier Mitglieder teilnahmen. Diese 15 Fahrten wurden 
von den 3 Ballons: «Helios», «Jupiter» und «Saturn» ausgeführt. Der 4. Ballon «Eros» ist 
1906 nicht aufgestiegen. Die Gesamtzeit aller Fahrten war 96 Stunden 38 Minuten, 
der gesamte zurückgelegte Weg betrug 1956 km. Die längste Fahrt dauerte 25 Stunden 
43 Minuten, die weiteste führte über 355 km. Auf der diesjährigen Berliner Wettfahrt 
gewann der Klub bekanntlich den 3. Preis. E. 


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Aöronautique Club de France. 

L’annSe 1906 aura 6t6 pour l’A^ronautique-Club de France une nouvelle occasion 
d’aflfirmer son but de vulgarisation scientifique et d’instruction populaire. Ses Conferences, 
ses fötes et concours, ses exp^riences ont obtenu un succ£s consid6rable qui s’est traduit 
par Faugmentation des adh£sions nouvelles qui ont £t£ de 247 contre 74 en 1905, les 
recettes qui se montaient il y a un an k 9500 Fr. ont atteint la somme de 13 500 Fr. 
Ces chiffres se passent de commentaires. 

Les Conferences ont obtenu le plus grand succ&s, elles ont 6t£ faites par M. le 
L. Colonel Espitallier, M. M. Archdeacon, Surcouf, Julliot, Rudaux. 

L’Aviation a 6t£ particulierement pratiquöe au parc que la Soci6t6 possäde ä 
Champlan-Padaiseau. Deux appareils sont employ£s k former les futurs aviateurs, l’un 
achete par l’Association, l’autre ofTert par M. le C.apitaine Ferber. 

Au point de vue a£ronautique, FA^ronautique-Club a organisö 4 concours et fötes 
au cours desquels 16 balllons mont6s par des membres se sont 61ev4s, d’autres ascen- 
sions isolees ont ete faites au profit des societaires qui y participent k tour de röle et 
gratuitement. Les membres ont ex6cut6 prös de 200 ascensions qui ont consomme 
150 0C0 m. c. de gaz. 

De nombreux ouvrages sont venus enrichir la bibliothöque install^e avec la salle 
de lecture au si£ge: 58 rue J. J. Rousseau. 

L'Ecole pröparatoire aux Aßrostiers militaires a vu ses 61öves passer avec succ&s 
les examens d’entröe aux A£rostiers. Plus de 8 000 cartouches ont 6t6 tir6es au fusil 
Lebel par les el&ves et de nombreux prix de tir ont 6te remport6s. 

La revue l’A^ronautique (2,50 Fr. par an) a augmente son cadre et est devenue 
revue d’a^rostation, d’aviation, de m6t6orologie et de photographie. 

Le Comite des Dames a vu son efTectiv port6 ä 40 membres gräce k l’activit6 de 
sa presidente, Madame Surcouf qui pour la premi&re fois a pilot6 elle-möme une ascen- 
sion, simplement accompagnee d’une nSophyte. 

Pour 1907 le Comite pr£pare de nombreuses fetes et concours qui ne feront que 
donner un nouvel essor k l’Association et k son oeuvre de vulgarisation. Les nouveaux 
Statuts sont envoy^s sur demande adressöe au si£ge: 58 rue J. J. Rousseau. 


Bücherbesprechungen. 

Francisco de Paula Rojas, commandante de Ingenieros. Servicio Aerostdtico Militär. 

Madrid, Imprenta del Memorial de Ingenieros 1906. 256 Seiten, groß Oktav 
mit zahlreichen Abbildungen. 

Das \or uns liegende Buch soll in erster Linie der Instruktion des spanischen 
Offizierkorps über die MilitärluftschifTahrt dienen und es hat, wie wir erfahren, sowohl 
bei der «Academia de Ingenieros del Exercito> als auch bei der «Escuela superior de 
Guerra» eine gute Aufnahme gefunden. In praktischer Weise führt der Verfasser die 
Schüler zunächst in die jedem Laien naheliegenden Fragen ein, wie man die Luftbälle 
(«globos* im Spanischen) taktisch in der Feldschlacht, im Positionskriege und in der Marine 
und für besondere technische Zwecke zum Zeichengeben, für Funkentelegraphie und als 
Lufttorpedos gebrauchen kann, welche Bestrebungen schließlich im Gange sind, um auch 
Luftschiffe in die Armeen einzuführen. Er erwähnt hierbei besonders der Versuche mit 
dem Lebaudyluftscbiff als dem zur Zeit der Bearbeitung des Buches am weitesten 
vorgeschrittenen Vertreter jener Kategorie. Schließlich bespricht er die Flugmaschine, 
besonders die angeblichen Erfolge der Gebrüder Wright. 

Des weiteren gibt er Auskunft über die bekannten Fragen, was man von einem 
Ballon aus theoretisch und praktisch sehen und beobachten kann, wobei er beim Fessel¬ 
ballon Höhen von 600 und 1000 m zugrunde legt, und endlich behandelt er die aus der 
artilleristischen Beschießung des Ballons für die Beobachter sich ergebenden Gefahren, 


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die er darin zusammenfaßt, daß man in 5000 m Entfernung vom Feinde bei 800 m Höhe 
vollständig sicher sei. Nach einer kurzen Übersicht der Geschichte der Militärluftschiff¬ 
fahrt in Frankreich, Deutschland, England, Österreich-Ungarn, Italien, Rußland, den Ver¬ 
einigten Staaten von Amerika, Japan und Spanien behandelt der Verfasser in eingehen¬ 
derer Weise die Bildung des Parque Aerostätico und der Compania de Aerostaliön in 
Guadalajara, sowie der gesamten Organisation und des Dienstes in dem Parque 6 
Establecimiento central Aerostätico. 

Es folgen nunmehr die mehr rein technischen Kapitel über die Herstellung des 
Wasserstoffes nach den verschiedenen in Spanien und im Auslande üblichen Methoden, 
seine Kompression und seine Verwendung im Kriege mit näherer Beschreibung der 
spanischen Gaswagen und Geräte. Im Kapitel über das Material für Fesselballons 
nimmt der Drachenballon v. Parseval-Sigsfeld den Hauplraum für sich in Anspruch. 
Anschließend wird der Freiballon besprochen, nachdem einleitend die Notwendigkeit ein¬ 
gehend begründet wird, daß Militärluftschiffer auch Freifahrten machen müssen und daher 
Erfahrungen in der Anfertigung von solchen Gefährten besitzen müssen. Im Anhänge 
werden Signalballons und Freiballons mit innerem Ballonet für Dauerfahrten noch ein¬ 
mal besonders eingehend technisch besprochen und eine Reihe von mehreren wichtigen 
Tabellen gegeben. 

Das Ganze ist, wie ersichtlich, recht durchdacht angeordnet, um die Schüler all¬ 
mählich von den Verheißungen des Möglichen einzuführen in die technischen Mittel, mit 
denen das Mögliche erreicht werden kann. Es wird von ganz besonderem Interesse 
sein für alle Militärluftschiffer, denen man das Studium des Werkes von Rojas nur 
bestens empfehlen kann. Moedebeck. 

Francisco de Panla Rojas, commandante de Ingenieros. Gonos-Anglas, Madrid. Im- 
prenta del Memorial de Ingenieros, 1906. Großoktav, 12 Seiten. 

Zum ersten Male liegt hier eine zusammenfassende Studie über die Technik der 
Kegelanker oder Wasseranker vor uns. Es liegt auf der Hand, daß gerade in Spanien 
dieser Frage besondere Aufmerksamkeit zugewendet wird, ist uns doch die kühne Meer¬ 
fahrt von Leutnant Herera mit dem leider zu früh verstorbenen Sportsman Duro von 
Barzelona nach Marseille noch wohl im Gedächtnis. 

Nach eingehender theoretischer Behandlung der Wasserankerfrage legt der Ver¬ 
fasser seinen Berechnungen für die Praxis eine Windgeschwindigkeit V von 20 m p. sec., 
eine Driftgeschwindigkeit v von 4 m p. sec. zugrunde. Mit dem auf diese Weise er- 

V 

haltenen Effektskoeffizienten = 5 findet er für die Konstruktion von Wasserankern 
den einfachen Satz, daß dessen Radius 7*3 des Ballonradius entsprechen müsse. Eine 
Tabelle mit Angaben für Wasserankergrößen und Wirkung für die verschiedenen Ballon¬ 
größen beschließt die lehrreiche Arbeit. Mck. 

H. Julliot, Le Dirigeable Lebaudy in den Mämoires et compte rendu des traveaux de la 
sociätä des Ingenieurs civils de France, fondäe le 4 mars 1848, Paris 1905. 
Hotel de la sociätä 19 rue Blanche. 

Der bekannte Konstrukteur des Lebaudyluftschiffes gibt in dieser wenig bekannten 
Zeitschrift einen sehr ausführlichen, interessanten Bericht über die Entstehung und 
Förderung des Lebaudyluftschiffes bis zum Jahre 1905. Die Arbeit bespricht nicht nur 
sehr eingehend die Technik des Luftschiffes mit recht klaren Bildern und die Geschichte 
seiner Auffahrten und Reisen, sondern sie entwirft auch im vierten Teil einen inter¬ 
essanten Ausblick über die «Applications pratiques* des Luftschiffes im Kriege, 
der im wesentlichen übereinstimmt mit dem in Moedebecks Taschenbuch für Flugtech¬ 
niker und Luftschiffer, 2. Auflage 1904, über das Kriegsluftschiff Gesagten. Julliot 
zaubert uns aber gleich eine ganze Flotte von 10 Kriegsluftschiffen vor Augen, von der 
er glaubt, daß sie im Kriege von ganz erheblichem Nutzen sein werde. 

Der Anfang dazu ist inzwischen bereits in die Wege geleitet worden. Man wird 


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70 €4« 


in absehbarer Zeit Julliots Prognostiken mit den Tatsachen vergleichen können. Die 
Schrift des im Vordergründe der aeronautischen Begebenheiten stehenden Mannes möchten 
wir aber allen ernsthaften Interessenten der LuftschifTahrt warm empfehlen. Sie ist rar 
und schwer zu erhalten, in einzelnen Luftschiffahrtsbibliotheken dürfte sie sich aber 
gewiß finden. # 

Georges Bl auch et, Pilot de fA 6 ro-Club de France. Le Vade-Mecum de l‘A4ronaute. 

Trait 6 pratique d’A 6 rostation sportive exposant le mutier et les tours de main 
que doivent connaitre les futurs navigateurs adriens. Prepare de Paul Adam. 
Ouvrage honorS d’une souscription du Minist£re des Travaux Publics. I re Edition, 
en vente chez l’auteur, 48 rue de Turbigo, Paris, 1907. Kleinoktav, 284 Seiten 
mit vielen Abbildungen. 

Blanchets Vademecum ist eine populär geschriebene Verführungsschrift zur 
praktischen Ausübung der Luftschiffahrt. Es steckt eine eigenartige Propaganda in 
diesem gefällig geschriebenen Buche. Der Verfasser beginnt mit den gegen die Luft¬ 
schiffahrt noch vorhandenen Vorurteilen, vom Schwindel, von den Landungsgefahren, vom 
Fallschirm, alles Dinge, die in den unklaren Vorstellungen der Laien eine Scheu vor 
der näheren Bekanntschaft mit dem Ballon hervorrufen. Alsdann geht er zur Frage 
über, was ist denn eigentlich ein Ballon? Er beantwortet alles Technische in durchaus 
leichtverständlicher, angenehmer Weise ohne Formeln. Zahlen finden sich nur so leicht 
hin, quasi zum Hausgebrauch erwähnt, sodaß doch allenfalls ein geschickter Handwerker 
daraus lernt, worauf es ankommt. Blanchet plaudert sich in dieser Art durch eine voll¬ 
ständige Ballonfahrt durch, indem er Füllung, Abfahrt, Fahrt und Landung mit allem, 
was man dazu braucht, berührt. Er vergißt selbst nicht die Ernährung im Ballon und 
die Frage, ob man während der Fahrt rauchen darf. Sehr reizvoll sind auch seine Be¬ 
merkungen über die Art, wie man die bei der Landung herbeieilenden Zuschauer be¬ 
handeln muß. Wir haben wenigstens diese von den meisten Luftschiffern in Praxi an¬ 
gewandten Grundsätze noch niemals so einfach und richtig beschrieben gefunden. 

Der Schluß handelt von dem Ballonsport, von den Wettflügen, von den Flaggen 
der Ballonführer, vom Eisenbahntransport und den Zollverbindlichkeiten und von der 
Organisation der F 6 d 6 ration Aöronautique Internationale. Ein Ausblick auf die Luft¬ 
schiffe der Zukunft beschließt das gefällig geschriebene Buch, an dem man nur das 
eine bedauert, daß sein Bilderschmuck hinter den Anforderungen eines modernen Ge¬ 
schmackes so weit zurückbleibt. Es sei im übrigen den Sportfreunden bestens empfohlen. 

__ V 

A. von Bur^sdorflt, Direktor bei den Vereinigten Köln-Roltweiler Pulverfabriken. Über 
die Berechnung einer Visiertabelle zum Schießen auf Luftballons. Sonderabdruck 
aus der Zeitschrift für das gesamte Schieß- und Sprengstoffwesen. J. F. Leh¬ 
manns Verlag, München 1906. 

Über das Schießen in die Höhe über 45° hinaus herrschen noch viele unklare 
Vorstellungen. Um so dankbarer ist es zu begrüßen, wenn der Verfasser hier in einfacher 
klarer Weise mathematisch nachweist, welche Unterschiede in der Visierung zwischen 
einem Weitschuß und einem Steilschuß vorhanden sind. Es vereinfacht sich die Aufgabe 
durch die Annahme, daß die Dichtigkeit der Luft und damit der Luftwiderstand nach 
der Höhe sich gleich bleibt und daß die Fallhöhen des steil aufsteigenden Geschosses 
nach 1, 2 3...t. Sekunden gleich groß sind denjenigen beim Weitschuß, obwohl sie 
wegen der wechselnden Luftdichten, der kleineren Querschnittsfläche und der auf die 
Schwerkraftsrichtung bezogenen Querdichte des Geschosses beim Steilschuß größer sind. 

Mit Hilfe des Sinussatzes berechnet er alsdann aus der Flugbahn des horizontalen 
Schusses unter Zugrundelegung der gleichen Flugzeiten die Entfernung X und den Ab¬ 
gangswinkel 9 des Steilschusses. 

Wenn X' und cp' Entfernung und Abgangswinkel des Weitschusses darstellen, e den 


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Visierwinkel nach dem Luftballon, so kommt der Verfasser auf die beiden folgenden ein¬ 
fachen Formeln: 


1 . sin qp = sin cp' • 

2. X = X' tang cp' 


cos €. 

cos (e qp) 


sin qp 

Zum Schluß gibt er mehrere Tabellen über die Anwendung dieser Formeln für 
das Gewehr 98 mit S-Munition und für das Gewehr 88, welche für jeden Infanteristen 
und für jeden Luftschifferoffizier von großem Nutzen sein werden, denn es ergibt sich, 
daß ohne Kenntnis dieser Visiertabellen ein Beschießen von Ballons bei Visierwinkeln 
von über 40° nur in ganz geringen Höhen bis 400 m noch einige Aussicht auf Erfolg 
hat, darüber hinaus bis zu 1800 m Entfernung wird die Anwendung richtiger Visiere ohne 
den Besitz einer solchen Tabelle geradezu unmöglich. Mck. 


Patent- nnd Gebranchsmasterschan in der Lnftschiffahrt. 

Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur 
Alfred Hamburger, Wien, VII., Siebensterngasse 1. 

Österreich. 

Ausgelegt am 1. Dezember 1906, Einspruchsfrist bis 1. Februar 1907. 
Kl. 77d. Hermann Johann, kk. Steueramtspraktikant, derzeit in Kolsterbruck bei Znalm. 
— Lenkbarer Luftballon aus Metallblech: Der Körper ist spindelförmig, 
der Vorderteil desselben ist hohl zugespitzt, um den Stirn widerstand zu verringern. 
Die Wandstärke nimmt gegen die Spitze proportional dem abnehmenden Durch¬ 
messer ab. Die weiteren Ansprüche kennzeichnen Ausführungsformen verschiedener 
Einzelheiten. 

Kl. 65b. Gambia Andr6, Seemann in Paris. Treibvorrichtung für Wasser- und 
Luftfahrzeuge u. dergl., dadurch gekennzeichnet, daß um einen mittleren Kern 
angeordnete Flügel sich von der Spitze bis zum Umfang längs einer Spirale er¬ 
strecken und in einem kreiszylindrischen den äußern Umfang bildenden Teil ihre 
Fortsetzung finden. 

Personalia. 

Major v. Parseval ist der erbetene Abschied unter Stellung z. D. genehmigt worden. 
Demselben wurde von Se. Kgl. Hoheit dem Prinzregenten der KgL Bayer. Militär- 
Verdienstorden 4. Klasse verliehen. Er übernahm die Stelle des zweiten Geschäftsführers 
der Motorluftschiff-Studiengesellschaft m. b. H. in Berlin. 

Hofrat Elmar Rosenthal, Magister, unser bekannter Korrespondent in St. Petersburg, 
ist auf längere Zeit nach der seismologischen Zentralanstalt Straßburg i. E. berufen worden. 

Professor Oddone, Unterdirektor des Ufficio Centrale di Meteorologia in Rom, ist 
auf längere Zeit zur seismologischen Zentralanstalt nach Straßburg i. E. berufen worden. 

General der Kavallerie Graf v. Zeppelin wurde vom Oberrheinischen Verein für 
Luftschiffahrt zum Ehrenmitgliede ernannt wegen seiner großen Verdienste um die Ent¬ 
wickelung des Luftschiffes. 

Herrn Rentier Otto Müller, stiftendes Mitglied des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, 
wurde das Ritterkreuz 1. Klasse des Württembergischen Friedrichsordens verliehen. 

Ingenieur Wilhelm Kreß. Seine Majestät der Kaiser hat dem bekannten Ingenieur 
und Erfinder des Drachenfliegers W. Kreß in Anerkennung seiner langjährigen und hohen 
Verdienste um die Aviatik ab 1. Januar 1907 eine Jahresrente von 2400 Kr. aus dem 
Staatsschätze huldvollst zu verleihen geruht. Ingenieur W. Kreß war der erste, welcher 
frei fliegende, sich selbständig vom Boden erhebende Drachenflieger-Modelle konstruierte 
und schon vor nahezu 30 Jahren (1878) in Wien öffentlich vorführte. 


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Dem K. und K. Hauptmann Friedrich Tauber wurde seitens des Korpskommandanten 
Feldzeugmeister Fidler für seine Leistungen als Kommandant der Feldballonabteilung 
eine lobende Anerkennung zuteil. 


1. Stimmt an das Lied vom Luftballon 
Und singt aus vollen Kehlen: 

«Uns kann fürwahr kein Erdenstaub 
Und keine Sorge quälen; 

Wenn Nebelschleier den Planet 
Und Last das Herz bedrücken, 

Dann soll uns unser Luftballon 
In Sonnenschein entrücken. — 

Valleri, Vallera, Valleri, Vallera 
In Sonnenschein entrücken. 

2. Wem vom Beruf die Seele matt, 

Wem sonst der Mut verdrossen, 

Der steige flugs zum Himmel an 
Auf luftgen Leitersprossen ; 

Wem durch die Adern matt das Blut 
Im Schneckentempo schleichet, 

Dem jauchzet froh das Herz, wenn er 
Durch blauen Äther streichet. — 

Valleri usw. 

S. Wenn wir dann hoch im Himmelsblau 
Die warme Sonne kosten, 

Dann singen wir das alte Lied: 

Wer lange sitzt, muß rosten. 

Das klingt im weiten Himmelsraum 
Ganz anders wie auf Erden, 

Drum, wer recht froh mal leben will, 
Muß Aeronaute werden. 

Valleri usw. 

4. Er braucht drum noch kein Turner sein: 
Solln keine Knochen krachen, 

Dann muß er bei der Landung fein 
Nur einen Klimmzug machen ; 

Das tut dem alten Adam gut, 

So ’n bischen Akrobaten, 

Man fühlt nach 14 Tagen noch 
Die ungewohnten Taten. 

Valleri usw. 


Wenn mild der Frühling streicht ins Land, 
Dann fahren unsre Damen; 

Ob alt, ob jung, der Führer sorgt, 

Daß heil sie wieder kamen; 

Dabei muß konstatieret sein. 

Man hör es ohne Lachen: 

«In keinem Falle nennt man das 
’ne Höhenfahrt mit Drachen.» 

Valleri usw. 

6 . Wenn sommerlich die Sonne brennt 
Auf seinem gelben Rücken, 

Dann können wir den Luftballon 
In große Höhen schicken. 

Vom Psychrometer lesen wir 
Dann ab die wahren Werte ; 

Da ist ka bissei Falschheit bei, 

So schickt’s sich für Gelehrte. 

Valleri usw. 

7. Und wenn der Wind vom Baume zaust 
Das letzte Blatt im Garten, 

Ist’s für die Matadore Zeit, 

Zum Wettbewerb zu starten. 

Da heißt es: zeige, was du kannst; 

Da gibt’s kein Wenn und Aber, 

Die Krone winkt in diesem Lauf 
Dem schnellsten Wolkentraber. 

Valleri usw. 

8 . Auch wenn der Schnee die Erde deckt, 
Und alle Menschen frieren, 

Dann steigen wir zum Himmel auf, 

Das kann uns nicht genieren. 

So fahren wir das ganze Jahr, 

Ob Winter, Herbst, ob Sommer, 

Und wenn nun einer Lust verspürt 
Zur Himmelfahrt, so komm er. 

Valleri usw. 

Bonn, Nov. 1906. E. Milarch. 


Das Lied vom Luftballon. 

Nach der Melodie : Wohlauf, die Luft geht frisch und rein. 

5 . 


- ^ - 

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet 

Die Redaktion. 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 



XI. Jahrgang. -4M! Marx 1907. ** 3. Heft. 




Deutscher Luftschiffer-Verband. 

Das erste Exemplar des Jahrbuches 1907 wurde Sr. Majestät dem 
Kaiser und König mit den Glückwünschen der deutschen Luftschiffer- 
Vereine am 27. Januar 1907 überreicht. Darauf ging dem Vorsitzenden 
des Deutschen Luftschiffer-Verbandes folgendes Schreiben des Geheimen 
Civil-Cabinets zu: 


Geheimes Civil-Cabinet 
Sr. Majestät des Deutschen Kaisers 
und Königs von Preußen. 


Berlin, den 7. Februar 1907. 


Seine Majestät der Kaiser und König haben die 
Glückwünsche der Vereine des Deutschen Luftschiffer- 
Verbandes zu Allerhöchsterem Geburtstage gern ent¬ 
gegengenommen und lassen zugleich für die Einreichung 
des neuen Jahrbuchs vielmals danken. 

Auf Allerhöchsten Befehl setze ich den Vorstand 
hiervon ergebenst in Kenntnis. 


Der Geheime Cabinets-Rat. 
In Vertretung 

v. Eisenhart. 


An den Vorstand 

des Deutschen Luftschiffer-Verbandes 

hierselbst. 


Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 


10 


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74 «««« 


Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre. 

Meteorologische Drachenaufstiege in Samoa. 

F. Linke. 

Bei der Einrichtung des Samoa-Observatoriums der Königlichen 
Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, das im Jahre 1902 
vom ersten Oberservator Herrn Dr. Tetens auf der Halbinsel Mulinuu dicht 
bei Apia erbaut ist, wurden auch Drachenexperimente mit in den Arbeits¬ 
plan aufgenommen. Herr Professor Koppen, Hamburg, hatte die Freundlichkeit, 
die Ausrüstung zu übernehmen, bei der die besondere Schwierigkeit bestand, 
daß ein sehr kleiner Etat nicht überschritten werden durfte. 

Die Ausrüstung besteht zurzeit aus: 

Drachenwinde (mit Handbetrieb) von Fr. Filler nach Angabe von 
W. Koppen , l ) 

2 Drachen meteorographen mit Anemographen nach Professor Marwin, 
Draht von Felten & Guilleaume, Carlswerk, Mülheim a./Rh., 

3 verschiedenen Malay-Drachen von W. Koppen, 

4 Diamant-Drachen von W. Koppen, 

4 zerlegbaren Kastendrachen von E. Wiechert, Göttingen, 

2 Pendel-Quadranten nach W. Koppen, 

1 Rolle zum Einholen nach W. Koppen, 

Kauschen und Verbindungsklemme. 

Die Einweihung des Unterzeichneten in der Handhabung der Drachen 
unternahm bereitwilligst ebenfalls Herr Professor Koppen, dessen außer¬ 
ordentlich anschaulicher und belehrender Bericht von 1902 das hinzusetzte, 
was die nur zweitägige Instruktion in Hamburg nicht vermochte. 

Infolge der Überlastung mit magnetischen, seismischen und meteoro¬ 
logischen Arbeiten und des Mangels an erfahrenen Hilfskräften konnten mehr 
als Vorversuche von Herrn Dr. Tetens nicht angestellt werden und auch im 
ersten Jahre meiner Tätigkeit am Samoa-Observatorium kam kein Aufstieg 
mit Registrierapparat zustande. 

Als jedoch nach Aufhören der Regenzeit Ende Mai 1906 der gleich¬ 
mäßige Südostpassat einsetzte, begann eine Periode der Drachenexperimente, 
über deren Resultate hier ein vorläufiger Bericht gegeben werden soll. 

Es war nicht meine Aufgabe, technische Neuerungen einzuführen, dazu 
fehlte durchaus die Zeit. Unter Benutzung der Erfahrungen und theoretischen 
Erwägungen anderer, besonders W. Köppens, sollten mit möglichst geringem 
Zeit- und Arbeitsaufwand einige Nachrichten über die meteorologischen Eigen¬ 
schaften höherer Luftschichten im Tropengebiet des Stillen Ozeans gewonnen 
werden. 

Als Aufstellungsort wurde eine Stelle auf der Halbinsel Mulinuu gewählt, 
an welcher der hier an der Nordseite der Insel Upolu als Ostwind auf- 

*) W. Koppen. A. d. Arch. d. D. Seewarte. 1901 Nr. 1. Taf. IV. Fig. IX. 


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75 ««4 


tretende Passat nur durch wenige Palmen geschwächt wird. Die Materialien 
wurden in einem dortselbst befindlichen Schuppen des Kaiserl. Gouverne¬ 
ments, der uns in dankenswertem Entgegenkommen zur Verfügung gestellt 
wurde, untergebracht. In der Richtung des Passat vom Drachenplatz aus 
lag die hier etwa 3 km breite Vaitelebucht, die an der andern Seite durch 
einen von Eingeborenen eng bewohnten Küstenstrich begrenzt ist. Bei den 
nicht zu vermeidenden Katastrophen fiel der Drache meist in das niedrige 
Mangrovegestrüp, welches den Fall sehr gut dämpft; einmal mußte er aus 
einem Brotfruchtbaum gelandet werden, einmal fiel er ins Meer und wurde 
mittels des Observatoriumbootes gerettet, wobei der Drache selbst zerbrach, 
der Apparat jedoch durch sofortige Behandlung mit Frischwasser und Öl 
vor dem Zerstörtwerden bewahrt werden konnte. 

Während des letzten Aufstiegs — es waren ca. 4600 m Draht mit 
6 Drachen in der Luft — erschien eine starke Regenböe, die jedoch alle 
Drachen vorzüglich überstanden. Als die Böe vorüber schien, der Zug der 
Drachen sehr nachgelassen hatte, begannen die obersten Drachen offenbar 
infolge von Vertikalströmungen zu schießen, wobei der Draht Kinken bekam 
und in einer Länge von 2950 m abriß. Wir sahen die Drachen hinter 
der Pflanzung Vaitele der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft im 
Urwald verschwinden. Es sei mir gestattet, einige Worte dieser Drachen¬ 
jagd im Urwald zu widmen. 

Die Nachsuchungen, die ich selbst sofort aufnahm, blieben zunächst 
erfolglos, bei der Böe hatte niemand die Drachen fallen sehen. Erst abends 
wurde der mittelste Drachen in der Pflanzung Vaitele fast unversehrt in 
einer Kokospalme gefunden. Am folgenden Tage zog der Gehilfe des Ob¬ 
servatoriums mit einem Samoaner auf die Suche, kam jedoch unverrichteter 
Sache mit der Meldung zurück, daß der Draht über die Pflanzung hinweg 
in den Urwald ginge und dort bei dem herrschenden Regenwetter nicht zu 
verfolgen sei. Nachdem auch ein Versuch von mir, noch am selben Tage 

den Drachen im Urwald zu finden, durch die eintretende Dunkelheit ver¬ 

eitelt w’ar, zog ich am zweiten Morgen nach der Katastrophe bei besserem 
Wetter mit gut ausgerüsteten Leuten wieder auf die Suche. Jetzt ging ich 
jedoch ganz systematisch vor. Es wurde die Richtung des Drahtes mit dem 
Kompaß festgestellt und nach dem Kompaß ein schmaler Weg mannshoch 
mit Beil und Buschmessern in den Wald gehauen. So oft es irgend möglich 
war, wurde der Draht durch die Baumkronen hindurch gesucht und darnach 
die Richtung verbessert. Es ging über Steine und Baumstämme, durch 
Bäche und Morast nur langsam vorwärts und in einer Stunde wurden nur 
700 m geschafft, dann aber sah ich plötzlich den Draht von uralten Baum¬ 
riesen schräg nach unten auf eine kleine Waldlichtung hin verlaufen, offen¬ 
bar eine alte, aufgegebene Eingeborenenpflanzung. Hier hing dann auch der 

Drache ca. 3 m hoch in Bananenstauden. Es waren nur wenige Leisten 

gebrochen, das im Drachen angebrachte Uhrwerk war unverletzt und ging, 
hatte also zwei Tage hindurch den Gang der meteorologischen Elemente 


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mitten im Urwald aufgezeichnet, eine interessante Registrierung. Der 
Drache wurde auseinandergenommen und auf dem gebahnten Wege zurück¬ 
gebracht. Später wurde dann auch der dritte Drachen von Samoanern ge¬ 
funden : Die Schnur hatte sich in einer Kokospalme verwickelt, über welcher 
der Drache ruhig in der Luft stand. Er kam ganz unversehrt wieder zurück. 
Nur die 3 Kilometer Draht mußten wir verschmerzen. 

Dabei soll hervorgehoben werden, wie vorzüglich sich die Kastendrachen 
des Göttinger geophysikalischen Instituts bewährt haben. Die Auswechselung 
zerbrochener Stäbe kann binnen weniger Minuten geschehen. Ein total 
zerbrochenes Gestell wird bei einigermaßen guter Übung des Personals in 
einem Tage wieder hergerichtet. So kommt es, daß wir jetzt nach mehr¬ 
monatlichem Experimentieren noch keinen Drachen wirklich verloren haben. 
Ein fünfflächiger Kaslendrachen von 4 1 /* qm Fläche kann bis 1500 m Draht 
von 0,8 mm tragen. Bei Benutzung von vier Drachen kann die für Hand¬ 
windenbetrieb höchste Höhe von 2000 in erreicht werden. Die Köppenschen 
Diamantdrachen wurden entweder einzeln, oder zu zweit oder dritt aneinander 
gebunden verwandt. — Sie sind stabiler als die vorigen, können aber nicht 
soviel Draht tragen. — Die Verbindung der Hilfsdrachen am Draht machte 
einiges Kopfzerbrechen, da nur eine Klemme (die Knoppsche S-Klemme) 
vorhanden war. Nach mehrfachen andern Versuchen wurde ein Verfahren 
angewandt, das sich recht gut bewährt hat. Ein etwa VI 2 m langes Ende 
weichen Kupferdrahtes von 1 mm Dicke wird nach Bildung einer einfachen 
Öse im oberen Drittel um den Draht fest herumgewunden. Diese Kupfer¬ 
drahtverbindung hat den Vorteil, daß sie gut festsitzt, ohne den Draht irgend¬ 
wie zu beschädigen, eine bequeme Befestigung des Drachens ermöglicht und 
in ca. l l 2 Minute an- oder abzumachen ist. Falls beim Einholen einmal die 
Zeit fehlen sollte, kann sie auch ohne Bedenken mit auf die Rolle gewickelt 
werden. Man kann denselben Kupferdraht bei 3 bis 4 Aufstiegen benutzen. 

In der Ausführung der Drachenexperimente wurde ich von dem Gehilfen 
A. Possin unterstützt. Zum Einholen der Drachen waren 2 bis 4 kräftige 
Samoaner notwendig. Die Reparaturen wurden von dem samoanischen Auf¬ 
seher, einem früheren Seemann, ausgeführt. Die Geschicklichkeit der Samoaner 
in derartigen feinen Handarbeiten kam uns sehr zu statten. 

Die Ausrüstung hat sich im ganzen hier in den Tropen sehr gut 
bewährt. Besonders die Winde erwies sich als sehr praktisch. Die Konser¬ 
vierung des Drahtes machte keine Mühe. Bisher ist außer dem Verlust eines 
Anemometers nur der von 3 l U km Draht zu nennen, da die Drachen alle 
intakt sind. 

Bei der Bearbeitung der Registrierungen wurde die größte Sorgfalt auf 
die Eichung der Instrumente verwandt. Leider fehlt dem Observatorium 
bisher ein Apparat, um Barometer bei verschiedenem Druck zu prüfen. Und 
in dieser Hinsicht ist eine Unsicherheit vorhanden, weshalb die folgenden 
Angaben als provisorische zu betrachten sind. Daß ein größerer Fehler des 
Barographen nicht besteht, ist durch Winkelmessungen nachgewiesen. 


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Es fanden 12 Drachenaufstiege statt, von denen 7 über 1000 m und 3 
über 2000 m Höhe erreichten. Die größte Höhe betrug 2850 m. 1 ) 

Eine eingehendere Bearbeitung der DracheneEgebnisse muß ich mir für 
später Vorbehalten. Jetzt seien nur einige Hauptpunkte hervorgehoben: 

Die Aufstiege fanden alle in der trocknen Jahreszeit (Ende Mai bis 
Anfang August) an Tagen statt, an welchen der Passat wehte. Den für diese 
Wetterlage typischen Zustand der unteren Luftschichten zu erforschen, schien 
mir am notwendigsten. Es zeigte sich, daß in allen Fällen die Temperatur 
zuerst schnell abnahm bis zu einer Höhe, die großen Schwankungen unter¬ 
worfen ist. An windschwachen Tagen ist sie in 3-bis 700 m erreicht; an 
anderen wieder in 2200 m. Nach mehreren übereinstimmenden Aufstiegen 
kann man folgende Näherungswerte als typisch ansehen: 


Höhe 

Temp. 

Gradient 

rel. Fecht. 

Windr. 

0 m 

28.5° C 

J 0.9° p. 100 m 

05 o/o 

ESE bis SE 

1300 

17.0 

i 

1 

90 °/n 




| 0.3 » » 


E bis ENE. 

2800 

13.0 

1 

6 o/o 


In der 

untersten Schicht wird bei der durchschnittlichen Maximaltempe- 


ratur heiterer Tage von 30° das indifferente Gleichgewicht erreicht, während 
beim durchschnittlichen Minimum von 22° immer noch 0.4° pro 100 m 
Temperaturgradient besteht. Die relative Feuchtigkeit wächst in dieser 
untersten Schicht gewöhnlich bis zur Kondensation. Der Wind ist, abgesehen 
von den untersten 2- bis 300 m, wo durch die Lage des Aufstiegsortes direkt 
östliche Windrichtung bewirkt wird, 8E oder ESE. Über dieser Schicht 
wurde stets eine trockene, warme Schicht gefunden, welche von der vorigen 
durch eine Inversionsschicht von ein- bis zweihundert Meter Dicke und bis 
zu 3° Temperaturumkehr getrennt war. Die relative Feuchtigkeit fiel schnell 
auf minimale Werte (6°/o!) und hatte am höchsterreichten Punkte den 
niedrigsten Betrag. Wie schon aus obiger Zusammenstellung ersichtlich, 
war dio Temperaturabnahme sehr gering. Die Zugrichtung war nördlicher, 
zwischen E und ENE, die Geschwindigkeit die gleiche. Insofern ist es 
möglich, daß diese Schicht als erste Übergangsstufe zum Antipassat — wenn 
man die unter dem Namen «rückkehrender Passat» bekannten Winde als 
Übergangsstufen zum Antipassat bezeichnen kann — aufzufassen ist. Dabei 
sei bemerkt, daß bei zweien dieser höheren Aufstiege (3. und 6. August) 
Cirren aus N resp. NNW beobachtet wurden. 

Diese Ergebnisse stimmen mit den von H. Hergesell 2 ) in der nördlichen 
Passatregion gewonnenen insofern überein, als beide Male über einer Schicht 
mit großem Temperaturgefälle und hohem Feuchtigkeitsgehalte, welche die 
Richtung des Passates hat, eine andere, auffallend trockne, mit geringem 
Temperaturgefälle und einer mehr polwärts gehenden Zugrichtung gefunden 

*) Die Beobachtungen sind in den Machrichten d. Kgl. Ges. d. VViss. zu Göttingen veröffentlicht. 

*) H. Her gesell, C. R. 1905. Jan. 30. 


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wurde. Daß in Samoa die Zwischenschicht mit Temperaturumkehr nicht so 
mächtig, das Temperaturgefälle der höhern Schicht hier größer gefunden 
wurde als im Norden, sind Unterschiede, welche durch die Lage (Samoa 
liegt unter niedrigerer Breite), die örtlichen Verhältnisse (Apia liegt auf der 
Leeseite einer Insel), vielleicht auch durch die Jahreszeit erklärt werden 
können. 

Trotz dieser aussichtsreichen und wichtigen Ergebnisse dieser ersten 
Aufstiege werden vorläufig weitere nicht erfolgen, weil die Drachenexperimente 
zuviel Zeit in Anspruch nehmen und das Observatorium, an dem nur ein 
wissenschaftlicher Beamter tätig ist, mit andern Arbeiten überlastet ist. Einen 
wirklichen Erfolg versprechen auch nur regelmäßig — auch bei schwachem 
Winde mit Ballons — angestellle Aufstiege mit verbesserter Technik (Motor¬ 
betrieb) und an der Luvseite der Insel. Solange hierfür keine Mittel vor¬ 
handen sind, erhoffe ich von weiteren Aufstiegen keine wesentliche Klärung 
der hiesigen meteorologischen Verhältnisse höherer Luftschichten. 

Apia, den 13. August 1906. 

Über eine neue automatische Abstellvorrichtung der Schreibfedern 
von Registrierapparaten für unbemannte Freiballons und eine neue 
Methode der Fixierung der Diagramme. 

Von Dr. R. NimfÖhr (Wien). 

Einer der wundesten Punkte in der Technik der Ballons-sondes-Aufstiege war bisher 
die meist unvermeidliche Zerkratzung und Verwischung der Originalkurven durch die 
auch nach der Landung nicht selten noch stundenlang zeichnenden Schreibfedern. Auch 
durch die Erschütterungen des Instrumentes beim Aufprall am Boden und dem Transport 
wurden die Originalkurven oft so sehr zerkratzt und verwischt, daß man bei der Reduktion 
der Aufzeichnungen in der größten Verlegenheit war, aus dem Wust der Linien die 
richtigen Kurven vom Aufstieg bis zur Landung des Ballons zu verfolgen. Meist war 
auch ein kürzeres oder längeres Stück der Originalkurven durch die hin- und her¬ 
schwingenden Federn derart verwischt, daß es schlechterdings unmöglich war, die be¬ 
treffenden Kurvenstücke auszuwerten. Dadurch gingen manchmal leider gerade die 
interessantesten Teile, namentlich der Temperatur- und Feuchtigkeitskurve, verloren. 
Aus diesen Gründen mußte es gewiß recht wünschenswert erscheinen, auf der Registrier¬ 
trommel nichts als die Kurven der Temperatur, der Feuchtigkeit und des Luftdruckes 
zu haben und zwar ohne jede Zerkratzung oder Verwischung. Um diesen Zweck zu er¬ 
reichen, mußte eine Anordnung getroffen werden, welche ermöglicht, daß die Schreib¬ 
federn im Augenblicke der Landung des Apparatkorbes von der Registriertrommel ab¬ 
gehoben werden und auch dauernd abgehoben bleiben. Die Abstellvorrichtung mußte 
ferner derart konstruiert sein, daß ein Versagen, so lange der Apparat in der Luft war, 
eine vorzeitige oder zu späte Auslösung so gut wie ausgeschlossen ist. Es war auch 
von vornhein klar, daß für die Betätigung der Abstellvorrichtung bloß die Schwerkraft 
in Betracht kommen konnte, denn die Schwerkraft ist ja die einzige Kraft, welche un¬ 
möglich versagen kann, so lange der Apparatkorb, getragen vom Ballon, frei in der 
Luft hängt. Es ist ersichtlich, daß die Spannung der Fesselschnur, welche den Ballon 
mit dem Apparatkorb verbindet, nie kleiner werden kann als das Gewicht des Apparat¬ 
korbes samt Instrument, so lange der Ballon eine nach oben gerichtete Geschwindigkeit 
besitzt; dasselbe gilt für den niedersinkenden Ballon, sobald der Fall gleichförmig ge¬ 
worden ist. Man kann demnach das Eigengewicht des Apparates zur Herstellung einer 


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Fig. l. — Ballons-sondes-Autograph von Bosoh-Heroesell mit automatischem 
Federnabsteller von Nlmführ. (Ansicht von unten ) 


automatisch wirkenden Federnabstellvorrichtung verwenden, welche unbedingt zuverlässig 
funktionieren muß. Dies kann am einfachsten in folgender Weise geschehen: So lange 
der Apparat am Boden aufruht, ist der Ausschaltehebel so gestellt, daß die Schreibfedern 
von der Registriertrommel abgehoben sind. Hebt man den Apparatkorb vom Boden ab, 
so wird durch Vermittlung einer im folgenden näher beschriebenen Vorrichtung eine 
Spiralfeder zurückgedrückt 
und der Ausschaltehebel so 
gedreht, daß die Federn an 
der Registriertrommel an- 
liegen. So lange der Appa¬ 
rat nun in der Luft bleibt, 
sind die Federn eingeschal¬ 
tet. Erst im Moment, wo 
der Apparatkorb am Boden 
auftriflt, und der Zug in der 
Verbindungsschnur mit den 
Ballons usw. verschwindet 
oder doch wenigstens sehr 
klein wird, tritt die Ab¬ 
stellfeder wieder in Tätig¬ 
keit und schiebt den Aus¬ 
schaltehebel der Federn zu¬ 
rück, wodurch die Schreibfedern von der Registriertrommel abgehoben werden und 
nunmehr auch dauernd abgehoben bleiben.i) 

Die Details der Konstruktion der neuen Ausschaltevorrichtung sind aus Figur 1 
deutlich erkennbar. Die Abbildung zeigt einen Registrierapp.arat System Hergesell-Bosch 
von unten. Man sieht die Abstellfeder f,. deren eines Ende an der Schraube s fixiert 
ist; das andere Ende der Feder ist durch die Öse ö des Abstellhebels gelegt. An der 
gleichen Öse ist der Faden S befestigt, der über eine Rolle r läuft. Zieht man an dem 
freien Ende des Fadens S, so wird die Federkraft überwunden ; der Ausschaltehebel 
dreht sich nach der Richtung der Rolle und die Schreibfedern liegen an der Trommel an. 
Läßt man den Faden frei, so dreht die Feder den Ausschaltehebel wieder zurück, die 
Schreibfedern werden von der Trommel abgehoben und bleiben auch dauernd abgehoben, 
so lange keine Zugkraft auf den Faden wirkt. 

Figur 2 zeigt den Apparatkorb ohne Strahlungsschutz. Aus der Zeichnung ist 
deutlich ersichtlich, in welcher Weise der Faden S mit der Schnur F verbunden ist, 
welche an den Tragballon befestigt wird. Eine nähere Beschreibung ist deshalb wohl 
nicht nötig. 

Figur 3 stellt eine photographische, vollkommen unretuschierte Kopie des Diagramms 
dar, welches mit der neuen automatischen Abstellvorrichtung bei dem internationalen 
Aufstieg vom 7. Juni 11)05 an der K. K. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 
in Wien erhalten wurde. 

Abgesehen von dem bereits erwähnten Vorteil, den eine zuverlässig funktionierende 
Abstellvorrichtung für die Erhaltung der Klarheit und Reinheit der Diagramme besitzt, 
ermöglicht die beschriebene Konstruktion auch noch eine selir wesentliche Vereinfachung 
beim Auflassen von Registrierballons. Bisher mußte man immer erst möglichst knapp 
vor dem Aufstieg den Apparat einstellen, die Zeitmarken anbringen und den Nullpunkt 
der Federnstellung fixieren. Dann wurde der Apparat in den Schutzkorb gebracht und 
dort befestigt; weiters mußte der Deckel zugebunden und versiegelt werden. Diese 
ganze Prozedur erforderte mitunter 15 bis 20 Minuten und war namentlich im Winter, 


') Den gleichen Erfolg erreicht bekanntlich Aümann durch Abheben der Federn während des Ab¬ 
stiegs vermittelst des Barographen. Red. 


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da sie naturgemäß größtenteils unter freiem Himmel erfolgen mußte, oft recht unangenehm. 
Alle diese Unannehmlichkeiten 
sind bei Verwendung der neuen 
automatischen Aus- bezw. Ein- 
schaltemethode vollkommen 
vermieden. Man kann den 
Apparat schon am Vorabend, 
ja noch früher, vollkommen 
aufstiegsbereit adjustieren. 

Kurz vor dem Aufstieg zieht 
inan vermittels eines passenden 
Schlüssels, während der Appa¬ 
rat schon im Korb ist, die Uhr 
auf, bringt den Apparatkorb 
ins Freie und legt ihn auf eine 
geeignete Unterlage. Ein paar 
Minuten vor dem Aufstieg hebt 
man den Apparatkorb an der 
in Figur 2 mit F bezeichneten 
Schnur ein wenig von de 
Unterlage ab und hält ihn l j* 
oder l / 8 Minute frei in der 
Luft; dadurch werden die Fe¬ 
dern eingeschaltet und mar¬ 
kieren die Nullstellungen. Nun 
trägt man den Apparatkorb, 
indem man ihn an einem der 
Rohre des PufTergerüstes an¬ 
faßt, zum Aufstiegsplatze. Im 
Moment des Auflassens, nach¬ 
dem die Ballons schon in der 
Luft sind, läßt man behutsam 

die Spannung der Verbindungs- Fig. 2 . - Batlons-sondes-Autograph Im Sohutzkorb. 

schnür F auf den Apparatkorb 


Landung. 


Aufstieg. 



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übergehen und gibt im selben Augenblick den Apparatkorb frei. Man erhält dadurch 
genau den Moment des Aufstiegs auf der Registriertrommel markiert. 

Die beigegebene Kopie des Originaldiagramms zeigt, wie prompt der Ausschalter 
funktioniert hat. Man ersieht, daß genau im Augenblick des Auftreffens des Apparat¬ 
korbes am Boden der Ausschalter in Aktion trat und die Schreibfedern von der Trommel 
abhob. 

Es sei nur noch kurz bemerkt, daß gleichzeitig mit der automatischen Abstell¬ 
vorrichtung auch noch eine zweite Neuerung praktisch erprobt wurde, die sich ebenfalls 
vollkommen bewährt, ja die Erwartungen sogar weitaus übertroffen hat. Ich habe ge¬ 
funden, daß die vielfachen Unannehmlichkeiten, welche die übliche Methode der Zeichnung 
der Registrierkurven auf berußtem Glanzpapier oder auf Aluminiumfolien sich vermeiden 
lassen, wenn man für die Berußung gewöhnliches photographisches Papier (Celloidin- 
papier) verwendet und dieses bei gedämpftem Tageslicht mittels einer Öl- oder Petroleum¬ 
lampe mit einer Rußschicht überzieht. Wenn man den Apparat nach der Landung 
zurückerhält, braucht man bloß die Rußschicht sorgfältig wegzuwischen und das Papier 
in der üblichen Weise zu fixieren. Man erhält dann die Aufzeichnungen als schwarz¬ 
braune Linien auf weißem Grunde. Diese neue Fixiermethode hat unter anderem den 
großen Vorteil, daß bei einer zufälligen Verwischung der Kurven vor der Fixierung des 
Rußes die Aufzeichnungen nicht unbrauchbar werden und eine Verkratzung oder Ver¬ 
wischung des Originales bei der Ausmessung der Kurven nicht eintritt. Wie man er¬ 
kennt, sind die Kurven von überraschender Feinheit der Zeichnung. 


Internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt. 

Da von mehreren Seiten gewünscht worden ist, den Serienaufstieg des April 
ausfallen zu lassen und den ersten Serienaufstieg auf den Juli des Jahres festzulegen, 
so setzt der Präsident der Kommission die Daten für die internationalen Aufstiege des 
Jahres 1907 wie folgt fest: 

14. Januar, 7. Februar, 7. März, 11. April, 2. Mai. 6. Juni, 3. 4. und 5. Juli, 
1. August, 4. 5. und 6. September, 3. Oktober, 6. 7. und 8. November, 5. Dezember. E. 

Zur Geschichte der wissenschaftlichen Luftschiffahrt. 

In den «Wissenschaftlichen Luftfahrten», Band I, Seite G, erwähnt Herr Aßmann 
eine Preisaufgabe der Königlichen Gesellschaft zu Kopenhagen vom Jahre 1809 mit folgendem 
Wortlaut: «Welche Erweiterung hat die Meteorologie und die Lehre von der Beschaffen¬ 
heit der höheren Schichten der Atmosphäre durch die bisher angestellten Experimente 
erfahren? Wie sind die Versuche mit geringeren Kosten und kleineren Luftbällen, die 
keine Person tragen, derartig einzurichten, daß daraus Gesetze über die Elektrizität der 
oberen Atmosphäre, über das Quantum des Sauerstoffs, Stickstoffs und der Kohlensäure, 
welche in einer gegebenen Höhe und in einem gegebenen Luftvolumen enthalten sind, 
über die Richtung der Winde in größerer Höhe, über die Temperatur und andere der¬ 
gleichen Verhältnisse hergeleitet werden können ?» Aus der Voranstellung der Elektrizität 
vermute ich als Verfasser oder Redaktor der Aufgabe den Physiker Örsted. Ein Fach¬ 
kollege hat, wie ich soeben an ganz versteckter Stelle finde, ähnliche Gedanken geäußert, 
und zwar nur ein Jahrzehnt später und offenbar ohne Kenntnis dieser Aufgabe. Es war 
das der geniale Meteorologe und Physiker Brandes in Breslau, der in seinen, eine Fund¬ 
grube neuzeitlicher meteorologischer Gedanken bildenden «Beiträgen zur Witterungskunde* 
(Leipig 1820) auf Seite 361—362 gelegentlich einer Besprechung der Hageltheorien folgendes 
sagt: «Zu der wichtigsten Beobachtung: welche Kälte in der Wolke selbst stattfindet, 
wird man freilich schwer gelangen können, da selbst der kühnste Luftschiffer sich nicht 
in die Gegenden wagen wird, wo Blitz und Hagel alles Leben zu zerstören drohen; aber 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. H 


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ganz unmöglich wäre es doch nicht, durch ein mit einem Luftball hinaufgeschicktes 
Sixsches Thermometer [Maximum-Minimumthermometer| die Kälte jener Wolken zu er¬ 
forschen. Solche Untersuchungen, denen die Regierungen wohl ihre Aufmerksamkeit 
schenken und ihnen einigen Kostenaufwand widmen möchten, verdienten um so eher 
der Gegenstand unserer Bemühungen zu sein, da es nicht ganz unwahrscheinlich ist, daß sie 
uns, mit Hilfe einer genaueren Kenntnis von der Natur der Hagelwetter, auch zu Mitteln, 
um sie zu mildern, führen und also für den Ackerbau großen Nutzen gewähren könnten.» 
Hierzu macht Brandes selbst in einer Anmerkung folgende Zusätze: «Es ist vielleicht 
töricht, über Dinge zu reden, die fast unausführbar scheinen; dennoch mag eine kurze 
Bemerkung über diese Untersuchung hier stehen. Wenn man einen ziemlich großen 
Luftball nur so füllte, daß seine Steigkraft hinreichte, ihn auf 4000 Fuß 
[1255 m] und nicht höher zu heben, wenn man überdies vielleicht ein lang¬ 
sames Verlorengehen der brennbaren Luft veranstalten könnte, so möchte 
es sich wohl einrichten lassen, daß der Luftball nicht allzuweit fliegen 
und man also auf seine Wiederauffindung einigermaßen rechnen könnte. 
Ein mit jenem Thermometer [dem Sixschen] ausgerüsteter Luftball könnte 
uns also in Besitz von einer der wichtigsten Erfahrungen in der ganzen 
Meteorik setzen, die es wohl verdiente, einige Luftbälle und Thermometer daran zu 
wagen. Und wollte man nicht gleich so weit gehen, so würde ein Luftball, 
an einer 1000 Fuß [315 m] langen Schnur gehalten, bei sehr niedrig gehenden 
Gewitterwolken schon einige Belehrung geben.» 

Während die dänische Gesellschaft nur fragt, wie solche Versuche einzurichten sind, 
macht Brandes gut formulierte Vorschläge über die Anwendung der unbemannten Ballons 
und der Fesselballons, denkt auch an die Wiederfindung ersterer, stellt bestimmte Auf¬ 
gaben (Beobachtungen in einer bestimmten Höhe) und begrenzt danach die Methode. 

Wie Brandes der Vater der praktischen Witterungskunde ist, so kann er auch 
derjenige der meteorologischen Forschung mit unbemannten Ballons genannt werden. 

Prof. Dr. C. Kaßner. 

Aeronautik. 

Die Bedeutung der drahtlosen Telegraphie für die Motor- 

Luftschiffahrt. 

Von K. Sol ff. 

Die mit erstaunlicher Schnelligkeit fortschreitenden Verbesserungen 
auf dem Gebiete der Motorluftschiffahrt, insbesonders der stetig wachsende 
Aktionsradius der Fahrzeuge, haben der schon oft behandelten Frage der 
Verbindung frei schwebender Ballons mit der Erde während der Fahrt 
neue Bedeutung verschafft. Hauptmann v. Sigsfeld, der, wie auf vielen Ge¬ 
bieten, so auch auf diesem bahnbrechend vorging, hatte schon bald nach 
den ersten praktischen Erfolgen der drahtlosen Telegraphie erkannt, daß 
sich hier ein Weg bot, diese Frage zu lösen. Die von ihm an Bord eines 
Freiballons angestellten Versuche, die sich allerdings nur auf den Empfang 
von elektromagnetischen Wellen beschränkten, zeigten jedenfalls, daß eine 
solche Verbindung praktisch möglich sei. Wie so vieles andere, gerieten mit 
Sigsfelds jähem Tode auch diese so gute Erfolge verheißenden Versuche 
in Vergessenheit, bis der jetzt einsetzende Aufschwung der Motorluftschiff¬ 
fahrt der Frage neue Bedeutung verlieh. 


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Es ist ja ohne weiteres klar, wie wichtig es für die praktische Aus¬ 
nutzung eines Luftschiffs, das, wie z. B. das Zeppelinsche, in der Lage ist, 
sich mehrere Tage in der Luft zu halten, sein wird, mit einer Einrichtung 
versehen zu sein, die ihm gestattet, die Resultate einer Erkundungsfahrt 
nach einer mehrere 100 km entfernten Erdstation zu übermitteln, bezw. von 
dort Befehle zu empfangen, ohne landen zu müssen. 

Sr. Exzellenz Graf von Zeppelin hat sich darum auch in richtiger 
Erkenntnis der Bedeutung dieser Frage vor kurzem an die Gesellschaft für 
drahtlose Telegraphie gewandt, um im Verein mit derselben die Vornahme 
entsprechender Versuche in die Wege zu leiten. Es ist beabsichtigt, das 
Zeppelinsche Luftschiff für die im Sommer dieses Jahres geplanten Aufstiege 
mit einer Station für drahtlose Telegraphie auszurüsten, die zunächst nur 



zum Senden elektromagnetischer Wellen eingerichtet wird. 

Insbesondere wird sich hier Gelegenheit bieten, den Einfluß der Erd¬ 
oberfläche auf die Fortpflanzung der elektromagnetischen Wellen zu unter¬ 
suchen und festzustellen, ob die Reichweite der durch keinerlei Gelände¬ 
hindernisse aufgehaltenen, sich vom Sender abschnürenden freien Wellen¬ 
züge im Luftraum verschieden ist von der am Erdboden. Das Zeppelinsche 
Luftschiff wird gerade in besonderem Maße für diese Zwecke geeignet sein, 
da hier der ganze, 128 m lange, aus Aluminium bestehende Ballonkörper 
als elektrisches Gegengewicht dienen kann, während als Antenne oder Auf- 
fangedraht ein einfacher herabhängender Bronzedraht verwendet wird, wie 
ihn schon Sigsfeld zu gleichem Zwecke gebrauchte. 

Die « Luftstation » würde also gerade das umgekehrte Bild einer «Erd¬ 
station » bieten, wie es Abb. 1 zeigt, wo bedeutet: 

A = Auffangedraht (Antenne), 

E = Empfangsapparat (Hörer), 

G = Gegengewicht (Ballonkörper). 


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Die Länge von A richtet sich je nach der zu verwendenden Wellen¬ 
länge und beträgt etwa 100—150 m. 

Es ist ohne Zweifel vorauszusehen, daß sich der «Empfang» von 
drahtlosen Depeschen mit dieser Anordnung ohne weiteres ermöglichen 
lassen wird. Die Entfernung, bis zu welcher dies durchführbar sein wird, 
ist lediglich eine Funktion der an der Sendestelle aufgewendeten Energie. 

Für das «Senden» vom Luftschiff aus kommen allerdings noch 
andere Gesichtspunkte in Betracht. Zunächst muß jede Funkenbildung, sei 
es durch schlechte metallische Verbindung einzelner Teile des angeschlossenen 
Ballonkörpers, sei es durch Induktion, wegen der Gefahr der Entzündung 
des Gases ausgeschlossen sein. Aus dem gleichen Grunde müssen auch die 
Funkenstrecke des Erregerkreises und die Bürsten der Dynamo-Maschine 
luftdicht abgeschlossen werden. Beides ist praktisch durchführbar und dürfte 
zu keinerlei Bedenken Anlaß geben. 

Als Kraftquelle zur Lieferung des nötigen Stromes stehen die beiden 
Motore von je 80 PS. zur Verfügung, von denen für die Sender-Anlage nur 
etwa 4 PS. beansprucht werden. Mit einer dadurch bequem zu erzielenden 
Leistung von 1 KW. primären Wechselstromes läßt sich eine Reichweite 
der ausgesandten Zeichen erwarten, die allen Anforderungen genügt, da bei 
gleichem Energieaufwand an der Erde sich 100 km über Land und 200 km 
über Wasser stets überbrücken lassen. 

Das Gewicht der gesamten Apparate für Senden und Empfang würde 
etwa 150 kg, also etwa so viel betragen, wie 2 Personen, was bei 11 Mann 
Besatzung, wie sie das Zeppelinsche Fahrzeug bei seinen letzten Fahrten 
mitführte, nicht sehr in Betracht kommt. 

Jedenfalls dürfte die Brauchbarkeit eines Motorluftschiffs, sowohl für 
Erkundungsfahrten, wie für reine Transportzwecke, durch die Möglichkeit, 
durch drahtlose Telegraphie mit Erdstationen in Verbindung treten zu 
können, entschieden gefördert werden, sodaß die durch den Namen «Sigsfeld» 
mit der Luftschiffahrt seit langem eng verknüpfte Funkentelegraphie berufen 
scheint, auch ihr Teil zur Förderung des neuen Verkehrsmittels beizutragen. 


Die Schlepptau-Havarie bei Oberstein am 23. Januar 1907. 

Die Ballonfahrt des Physikal. Vereins zu Frankfurt a. M. vom 23. 24. Januar 1907 
ist durch eine an und für sich nicht bedeutende, aber doch peinliche Havarie vorzeitig 
beendet worden, über welche ich hier sachlich Bericht geben möchte. 

F,s ist zu einer ausführlichen Diskussion der Havarie in der Tagespresse gekommen, 
weil einige Vertreter der großen Frankfurter Zeitungen als Mitglieder unseres Vereins 
an der Fahrt teilnahmen; 

Die Fahrt dauerte von 3 /i7 bis 10 Uhr abends; ca. 3 /4 Stunde wurde geschleppt, 
meist über offenes, verschneites Ackerland. Hierbei hat sich der Lederbeschlag vom 
Tauende gelöst und 3—4 m Tau sind ausgefasert, um an einer besonders passenden 
Stelle im Gelände hängen zu bleiben. 

Die zuletzt gemessene Fahrtgeschwindigkeit betrug 13,3 mps., soviel Wind¬ 
geschwindigkeit dürfte auch an der Unfallstelle geherrscht haben. Der Ballon wurde. 


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als er gefesselt war, ziemlich arg umhergeworfen und rasch entleert. Nach meiner 
Schätzung sind wir ca. 15—20 Minuten lang gefesselt gewesen; bis wir frei kamen, hatte 
ich 6 (!) Sack Ballast nach und nach geben lassen, um den Gasverlust auszugleichen; 
trotzdem hatten wir soviel verloren, daß der Ballon nicht stieg, als er befreit wurde, 
sondern fiel. 

Als wir festkamen, lag Oberstein dicht vor uns; wir befanden uns in einem 
schmalen Felseinschnitt, welcher für die rauschende Nahe (Abb. links unten), das Eisen¬ 
bahngeleise diesseits und ein paar Häuser jenseits gerade Platz ließ. Links wurden 
wir von einem 75 m hohen, nackten, fast senkrecht zur Bahn abfallenden Felsen (Abb. 
rechts) überragt, an dessen Fuß wir verankert waren, und gegen welchen wir nun 
mehrmals sehr energisch geschlagen wurden. Man konnte das Schlepptau nicht kappen, 
ohne damit die Bahngeleise, auf welche es vermutlich der Länge nach gefallen wäre, 
zu gefährden. Daher beschloß ich, zu warten, bis wir befreit wurden. Das Schlepptau 
hatte sich um eines der ca. 3 m hohen Doppel-T-Eisen gewickelt, welche in langer 
Reihe, durch eiserne Schwellen miteinander verbunden, nebeneinander aufgerichtet 
standen, um den Bahnkörper vor herabrollenden Felsbrocken zu schützen. 

Merkwürdig waren die Pendelungen des Ballons: wir standen sekundenlang fast 
senkrecht über dem 
Fesselungspunkte, 
mitunter wieder wa¬ 
ren wir erheblich 
unter der Horizon¬ 
talen, so daß wir den 
Bahndamm neben 
uns erblickten. Auf 
diese starke Wirbel¬ 
bildung und Misch¬ 
ung der Luft wies 
auch das beobach¬ 
tete, streng adiabati¬ 
sche Temperaturge¬ 
fälle hin. 

Einer der Mit¬ 
fahrenden wurde 
seekrank, übel wurde 
uns allen. 

Eine Weiter¬ 
fahrt war nach der 
Befreiung — ein 

Mann aus Oberstein kam auf dauernden Anruf und wickelte die ausgefransten Tauenden 
von dem] eisernen Pfahl ab, welchen sie umschlungen hielten — nicht mehr möglich, 
weil zuletzt alles im Korbe durcheinander geworfen war: Ballast, Decken und Mit¬ 
fahrende, und weil sogleich die Schleiffahrt begann. 

Der Korb zerriß eine Telephonleitung, brach darauf eine Bresche in einen Zaun 
und riß eine kleine, 4 m hohe Tanne um; nun lag das Obersteiner Spital, ein zwei¬ 
stöckiges Gebäude, vor uns; der Korb schlug gegen einen seiner Giebel, zertrümmerte 
mehrere Scheiben und schüttelte vom Dach, nochmals aufsetzend, einige Schieferplatten 
herab. Hinter dem Spital war ein Schneefeld, in welchem ich den Ballon glatt landete. 

Der Ballon war unversehrt, nicht einmal das Netz war bei dem Aufklatschen an 
die Felsen entzweigegangen. 

Die Insassen fühlten sich natürlich etwas zerschlagen, ernstlich beschädigt war 
aber niemand. Dr. Kurt Wo ge ne r. 


4- Fesselungspunkt des Ballons. 


Bahn des Sohlepptaues nach der Landung. 


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Französische Kriegsluftschiffe. 

Am 15. November 1906 hatte das neue französische Kriegsluftschiff «La Patrie» 
seine Bauhalle zu Moisson zum ersten Male verlassen, um vom Major Bouttieaux und 
Hauptmann Voyer geprüft und abgenommen zu werden. Dem Bau wohnte der Genie¬ 
leutnant Bois bei, welcher als Führer des neuen Luftschiffes bezeichnet wird. Nach 
einer Reihe von Fahrversuchen in Moisson fand am 15. Dezember 1906, um 10 Uhr 
vormittags, die freie Fahrt des KriegsluftschifTes «La Patrie» von Moisson aus nach dem 
Luftschifferpark von Chalais-Meudon hin statt, eine Fahrt von 52 Kilometer, die in 
77 Minuten glücklich zurückgelegt wurde. Es geschah hiermit zum ersten Male, daß ein 
Luftschiff in freier Fahrt nach seinem einstweiligen Bestimmungsort selbständig hinfuhr, 
ln der Gondel befanden sich Hauptmann Voyer, Leutnant Bois, Militär-Mechaniker 
Duguffroy und Mechaniker Rev. Das Luftschiff fuhr bei einem Seitenwind von angeblich 
14 m p. s. in 200 m Höhe. Es wird im Hangar zu Chalais-Meudon untergebracht, bis 
die Einrichtungen in Verdun, für das «La Patrie» bestimmt ist, fertiggestellt sein 
werden. 

Einige Stunden nach der Ankunft des Luftschiffs erschienen gegen 2 Uhr 30 Nach¬ 
mittags im Park zu Chalais-Meudon der Ministerpräsident M. Clemenceau und der 
Krigsminister Picquart, um dasselbe mit allen seinen Einrichtungen zu besichtigen. 

Am 17. Dezember, nachmittags 5 Uhr, machte «La Patrie» sodann eine Fahrt 
nach Paris gegen einen ziemlich frischen Nordwestwind. In der Gondel befanden sich, 
wie berichtet wird, Hauptmann Voyer, Leutnant Bois, Hauptmann Gaucher und noch 
ein anderer Offizier, sowie die Mechaniker Rey und Duguffroy. Das Luftschiff ver¬ 
schwand bald im Nebel, erschien jedoch plötzlich gegen 3 Uhr 10 Minuten über dem 
Grand Palais, wo ihm seitens der zusammenströmenden Zuschauer laute Ovationen ge¬ 
bracht wurden, die durch ein lautes Pfeifen der Sirene des «La Patrie» seitens der Be¬ 
satzung erwidert wurde. Es fuhr weiter nach dem Elysöe, dessen Dächer vom Personal 
des Präsidenten voll besetzt waren. Eine weitere laute Ovation wurde ihm von den 
Fenstern des Aßroclub de France aus am Place de la Concorde zuteil. In etwa 
300 m Höhe schwenkte es im großen Bogen über den Tuilerien und fuhr über das 
Palais Bourbon und das Kriegsministerium links am Invaliden-Dom vorbei, gradeaus 
nach Meudon zurück, wo es 3 Uhr 45 nachmittags vor dem Hangar niederging. Die 
Auffahrt soll in Paris einen großen Eindruck hinterlassen haben. 

Das Luftschiff ist 60 m lang und hat bei 10,3 m größtem Durchmesser einen 
Kubikinhalt von 3150 cbm, d. h. es ist um 200 cbm größer als der «Lebaudy». Es hat 
einen Motor Panhard-Vavasseur von 70 Pferdestärken, der 850 bis 1100 Umdrehungen 
macht. Die Propeller von 2,50 m Durchmesser sollen einen steileren Schraubengang 
haben, als diejenigen des «Lebaudy». 

Für den Winter ist das Luftschiff gasleer gemacht worden. In der besseren 
Jahreszeit soll eine Neufüllung erfolgen und es soll nach einigen Fahrten bei Meudon 
die Fahrt nach Verdun unternommen werden, woselbst eine Fortsetzung der Fahrt¬ 
versuche 1907 geplant wird. 

Im Monat Mai soll im Lager von Chalons auch festgestellt werden, inwieweit 
freie Ballons durch Artilleriefeuer gefährdet sind. 

Für das Jahr 1907 wird die Fertigstellung des dritten Kriegsluftschiffes «R6- 
publique» erfolgen. 

Das vierte «Democratie» ist für 1908 in Bestellung gegeben. 

Man glaubt, damit im Kriegswesen allen anderen Staaten voraus zu kommen, und 
hofft auch, daß jeder neue Bau wieder wesentliche Verbesserungen aufweisen wird. 

Das erste Lufschiff «Lebaudy» soll als Instruktions- und Übungsfahrzeug in 
Chalais-Meudon verbleiben. Mck. 


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87 . 


Das Luftschiff „de la Vaulx“ setzt unter Führung seines energischen Erbauers 
auch während des Winters seine Probefahrten fort. Das Luftschiff wurde am 20. De¬ 
zember 1906 gefüllt und durch Hinzufügen eines Vertikalsteuers, das gleichzeitig als 
Stabilisator dient, vervollständigt. Die Versuche am Tau wurden sofort wieder auf¬ 
genommen. Am 28. Dezember wurde infolge des Nichtverstehens eines Kommandos das 
Luftschiff noch festgehalten, als der Motor mit voller Tourenzahl arbeitete. Die Gondel 
schlug gegen einen Zaun und wurde leicht beschädigt, der Motor, Übertragungen etc. 
blieben völlig intakt. Die Freifahrtversuche wurden am 8. Januar 1907 mit einer Fahrt 
von etwa 10 Min., die ohne Zwischenfall verlief, aufgenommen. Der Ballon trug hierbei 
außer Benzin und Wasser noch 85 kg Sandballast, was für einen nur 725 cbm großen 
Ballon ein sehr gutes Ergebnis ist. Am 9. Januar wurden zwei Aufstiege von 15 und 
10 Minuten Dauer ausgeführt. Bei der letzten Fahrt gelang es dem Führer, wie bereits 
schon früher einmal, ohne fremde Hilfe vor der Bedienung, allerdings bei schwachem Winde, 
zu landen. Schnellfahrtversuche wurden am 17. Januar begonnen und am 27. Januar 
mit zwei Fahrten von 10 und 20 Minuten fortgesetzt. Trotzdem der Ballon bereits 
30 Tage gefüllt war, trug er noch 70 kg Ballast. Der Ballon ist noch durch eine senk¬ 
rechte Flosse in seiner Steuerfähigkeit verbessert worden. Seine vorläufig letzte Fahrt, 
die 13., machte das Luftschiff am 15. Februar, vormittags 11 Uhr. Die Tragfähigkeit 
hatte in den 58 Tagen, während welcher der Ballon die gleiche Füllung behalten hatte, 
nur um 30 kg, also von 85 auf 55 kg abgenommen. Bei den nächsten Aufstiegen, die 
nach der Überführung des Luftschiffes von Sartrouville nach St. Cyr statlfinden werden, 
gedenkt de la Vaulx Schrauben aus Holz zu versuchen. E. 


Erklärung. 

Infolge verschiedener Abhaltungen habe ich vom Artikel über die Berliner Ballon¬ 
wettfahrt vom 14. Oktober 1906 im Januarheft 1907 Seite 12 erst Kenntnis genommen, 
als das Februarheft bereits im Druck war, möchte aber, obwohl verspätet, ein Mißver¬ 
ständnis, das in Absatz 1 dort auftritt, beseitigen: An die Notwendigkeit des strikten 
Einhaltens aller einschlägigen reglementären Bestimmungen bei einer jeden Wettfahrt 
erneut zu erinnern, halte auch ich im Interesse der Sache für angezeigt und praktisch 
empfehlenswert. Dagegen ist es ein anderes Verfahren, wenn im Reglement selbst bei 
verschiedenen Abschnitten diese Notwendigkeit wiederholt betont wird, und hiergegen 
richtete sich meine Bemerkung im Juliheft Seite 253. Eine ganz konsequente Durch¬ 
führung solchen Verfahrens könnte ja ein Reglement um ein Vielfaches seines Volumens 
vergrößern, ohne dessen Wert und Nutzen zu /ordern. Ich würde der Wiederholung 
der Mahnungen im Reglement sogar die Hinzufügung eines eigenen Paragraphen vor¬ 
ziehen, der ausdrücklich die Hinweisung auf das Reglement bei jeder sportlichen Ver¬ 
anstaltung vorschreibt. Der Umfang desselben in seiner gegenwärtigen Gestalt würde 
sich hierdurch immerhin schon verringern. K. N. 

cK 


Aeronautische Wettbewerbe. 


Ausschreibungen. 

Preis des „Matin“. Wert: 100 000 Francs gegeben vom «Matin>, 50 000 Francs 
vom Marquis de Dion, 50 000 Francs von M. Clement, 50 000 Francs von M. Oharley, 
insgesamt 250 000 Francs. 

Bedingungen: Die Wettfahrt ist offen für automobile Luftschiffe oder Flug- 
maschinen, welche vollständig in Frankreich gebaut sind, der Motor einbegriffen. Die 
Summe von 250 000 Francs wird dem Eigentümer des Luftschiffes gezahlt, das als erstes 


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88 


in London anlangt, nach einer Fahrt von höchstens 24 Stunden Dauer. Start am 14. 
Juli 1908, 10 Uhr morgens, oder, wenn der Preis nicht gewonnen werden sollte, an den 
zweiten Sonntagen im August, September oder Oktober. Die Bewerberliste wird jedesmal 
30 Tage vor der Wettfahrt geschlossen. Die Bewerber müssen genügend Vorversuche 
nachweisen. Die Veranstalter übernehmen keinerlei Verantwortung. 

Ks ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Preis im Laufe des nächsten Jahres gewonnen 
wird. Die Entfernung Paris-London beträgt etwa 350 km, sodaß die Luftschiffe nur knappe 
15 km in der Stunde im Durchschnitt zu laufen brauchen. Es sei daran erinnert, daß 
Santos-Dumont bereits über 20 km leistete, und daß die «Patrie» 40 km Eigengeschwindig¬ 
keit entwickelt hat. Durch die Beschränkung der Wettfahrt auf französische Maschinen 
stellt sich das Aussclireiben als eine zielbewußte Förderung der französischen Luftschiff¬ 
fahrt dar. Ob Deutschland einmal auf diesem Wege nachfolgen wird? 


Wettbewerb für Flugmaschinen-Modelle. London 1907. Eine Ausstellung des 
Aero Club of the United Kingdom für Flugmaschinen-Modelle findet in Verbindung mit 
der Internationalen Motorwagen-Ausstellung in London in der Zeit vom 6.—13. April 1907 
in der Royal Agricultural Hall, London N., statt. Es gelangen 3 Preise, welche von 
der «Daily Mail» gestiftet sind, zur Verteilung und zwar 1. Preis £ 150 (3000 uK), 
2. Preis £ 75 (1500 Ji), 3. Preis £ 25 (500 JL). 

Bedingungen: Die Preise werden an Flugmaschinen-Modelle gegeben, welche 
flugfertig (when in flight) nicht mehr als 50 engl. Pfund (23,4 kg) wiegen. 

Maschinen, welche flugfertig weniger als 2 Pfund (0,96 kg) wiegen, erhalten den 
ersten und zweiten Preis nicht. 

Flugstrecke unter eigener Kraft mindestens 50 engl. Fuß (15,24 m). Der Flug 
braucht nicht in einer geraden Linie zu erfolgen, jedoch muß die Entfernung zwischen 
zwei Punkten der Flugbahn, von welchen einer der Startpunkt sein muß, gemessen in 
gerader Linie am Erdboden mindestens 50 engl. Fuß (15,24 m) betragen. 

Der Start darf nicht höher als 5 Fuß (1,52 m) über dem Erdboden liegen. 

Für den Start kann eine besondere (independent) Kraft gebraucht werden. 

Kein Teil der Maschine darf während des Fluges irgend eine Berührung mit dem 
Erdboden haben. 

Gas als Antriebskraft ist nicht gestattet. 

Für die Preisverteilung wird in Erwägung gezogen: Länge des Fluges, Handlich¬ 
keit (practicability), Stabilität, Steuerfähigkeit (horizontal wie vertikal), Schnelligkeit, 
Konstruktion (design), Ausführung, Abtlug, verfügbarer Auftrieb (? Red.). 

Die Jury behält sich vor, Versuche sowohl im Freien, als in einem bedeckten 
Raum ausführen zu lassen. 

Die Jury behält sich ferner vor, die Preise nicht zu verteilen, wenn ihrer Meinung 
nach kein genügend brauchbares Modell vorhanden ist. 

Einsätze oder Platzmiete werden nicht erhoben. 

Weitere Auskunft erteilt Harold E. Perrin, Aero Club, 166 Piccadilly, London W. 

Drachen-Ausstellung London 1907. Die Aeronautical Society of Great Britain 
veranstaltet im Juli d. J. eine Drachen-Ausstellung. Von Mitgliedern der Society wird 
kein Einsatz erhoben, Nichtmitglieder haben 5 Shilling zu bezahlen. Anmeldungen sind 
an die Aeronautical Society of Great Britain, 53, Victoria-Street, Westminster, London SW, 
zu richten. _ 

Preise des Aero-Club du Hnd-Ouest 1907. Kilometerpreise gegeben vom 
Klub. 25 Francs für jede angefangenen 100 km über 200 km. (Offen für Führer, die 
im Departement Gironde ihren Wohnsitz haben.) 

Preis der «Petite Gironde». Bronze im Werte von 1200 Francs. Weitfahrt. 
(Offen für Führer des Klubs.) 


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Preis Bourdeaux-Pau. Wanderpreis. Kunstgegenstand gegeben vom Präsidenten 
des Klubs C. F. Baudry. Zielfahrt. Der Sieger muß, von Bourdeaux abfahrend, näher 
als 25 km 500 m an Pau landen (Einsatz 5 Francs). 

Preis C. F. Baudry. 500 Francs für den ersten Führer des Klubs, welcher, von 
Bourdeaux abfahrend, im Auslande landet. 

Preis Toussant. Kunstgegenstand im Werte von 300 Francs. Für jede Fahrt 
werden die Anzahl der Kilometer mit der Anzahl der Personen im Korbe multipliziert. 
Der Führer des Klubs, welcher im Jahre 1907 die grüßte Punktzahl aufweist, erhält 
den Preis. 

Preis von Hannover. 1000 Francs gegeben von den Herren Hakemeyer und 
Scharf, für den ersten Führer des Klubs, welcher in einem Kreise von 150 km (Durch¬ 
messer oder Radius? Red.) um Hannover landet. Zwischenlandungen zum Aussetzen 
von Passagieren sind gestattet, Nachfüllen von Gas ist nicht erlaubt. 

Gaspreis. Silberne Medaille (vergoldet) gegeben von der Gasanstalt Bourdeaux, 
dem Führer des Klubs, welcher in Bourdeaux 1907 das meiste Gas zur Füllung ge¬ 
braucht hat. 


Lahm-Preis. Der Preis ist gestiftet zur Erinnerung an den Sieg des amerikanischen 
Luftschiffers Frank S. Lahm im Gordon-Bennett-Wettfahren 1906. 

Bedingungen: 

1. Die Teilnahme ist offen für Freiballons, Luftschiffe und Flugmaschinen. Der 
Start kann von irgend einem Orte der Vereinigten Staaten zu jeder Zeit erfolgen. Die 
Bewerber müssen anerkannte Führer sein oder mindestens 10 Fahrten gemacht haben. 
Im letzeren Falle muß der Bewerber sobald als möglich die Führerqualifikation zu er¬ 
werben suchen. 

2. Die Bewerber müssen sich beim Sekretariat des Aero-Clubs of Amerika ein- 
schreiben lassen und einen Einsatz von 1 Dollar bezahlen. Sie müssen spätestens 
1 Stunde vor der Abfahrt ihre Absicht, um den Preis zu starten, dem genannten Sekretariat 
mitteilen, unter Angabe des Abfahrtortes. Sobald als möglich, spätestens aber innerhalb 
24 Stunden, ist die vollzogene Landung telegraphisch an den Aero-Club zu melden. 

Jeder Bewerber hat folgendes anzugeben: Name und Inhalt des Ballons, Namen 
der Fahrer, Aufstiegsort, Tag und Stunde der Auffahrt, Tag und Stunde der Landung, 
Name des Eigentümers des Grundstücks, auf welchem gelandet ist, Name und Entfernung 
der nächsten Stadt oder des nächsten Dorfes, Name und Entfernung der nächsten Eisen¬ 
bahnstation. Der Landungsort muß so beschrieben sein, daß er auf einer offiziellen 
Karte mit Sicherheit gefunden werden kann. 

Die Landungsbescheinigung muß von 2 Zeugen (nicht Mitfahrenden), die bei der 
Landung zugegen waren, unterschrieben sein. Ihre Unterschrift ist von einem Notar 
oder einem Beamten mit ähnlichen Befugnissen zu beglaubigen. 

3. Der erste Sieger ist derjenige, welcher nach dem 1. März 1907 in einer Ent¬ 
fernung von mehr als 648 km vom Aufstiegsorte landet. 

Derjenige, der diese Entfernung übertrifft, wird dann zum Inhaber des Preises 
erklärt und bleibt solange im Besitz desselben, bis eine größere Entfernung erreicht ist 
Bleibt der Preis 3 Jahre lang im Besitze eines Bewerbers, so erhält er den Preis als 
dauerndes Eigentum. 

4. Der Landungsort ist diejenige Stelle, wo das Luftschiff etc. zuerst auf dem 
Boden liegen bleibt. Nach der ersten Landung ausgeführte weitere Flüge zählen nicht. 

5. Der Preis bleibt in Verwahrung beim Aero-Club of Amerika. Der Name jedes 
Siegers wird auf dem Preis eingraviert. 

6. Im übrigen gelten die Regeln der F. A. I., nach denen etwaige Streitigkeiten 

entschieden werden. E. 

lllustr. Aeronaut. Mittei]. XI. Jahrg. 12 


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Gordon-Bennett-Wettfahrt 1907. 

Beifolgende Schreiben gingen an den Vorsitzenden des deutschen Luftschiffer- 
verbands ein: 


Aero Club of America 

753 Fifth Avenue 


16. Januar 1907. 


Sehr geehrter Herr! 

Der Aero Club von Amerika hat das Vergnügen, Ihnen anzuzeigen, daß er, dank 
der Opferwilligkeit einiger Bürger von St. Louis, in der Lage ist, den Wettfahrern des 
nächsten Oktober stattfindenden Internationalen Wettfluges noch einige Ergänzungspreise 
anzubieten. Diese Preise kommen zu dem Internationalen Aeronautischen Wanderpreis 
und den dem Gewinner angebotenen 10000 Mark noch hinzu. 

Die Zusatzpreise bestehen in 4000 Mark für denjenigen, welcher die zweitgrößte 
Entfernung zurücklegt; 3000 Mark für den dritten; 2000 Mark für den vierten und 
1000 Mark für den fünften. Diese Preise werden je nach Wunsch des Gewinners in 
Geld oder in Silbergerät gewährt. 

Außerdem ist es wahrscheinlich, daß noch andere besondere Preise bei dem Wett¬ 
fliegen angeboten werden. 

Der Aero Club von Amerika teilt mit, daß er in dem Bestreben, den Wettkampf so 
international wie möglich zu gestalten, Eintrittsanmeldungen durch Kabeltelegramm bis 
zum 1. Februar 1907 entgegennimmt. Seine Kabeladresse ist «Aeromerica, New-York». 

Ihr sehr ergebener 
Cortland F. Bishop, Vorsitzender.- 


21. Januar 1907. 


Sehr geehrter Herr! 

Durch Verfügung des Staatssekretärs des Schatzamtes vom 16. Januar 1907 ist 
bestimmt, daß Luftschiffe und Ballons, die an der Gordon Bennett-Wettfahrt teilnehmen, 
zollfrei eingeführt werden dürfen. 

Die zollfreie Einfuhr ist beschränkt auf Ballons, die an Wettfahrten teilnehmen. 
Ballons zu Schaustellungen irgend welcher Art genießen keine Zollfreiheit. Eine Be¬ 
scheinigung des Konsuls der Vereinigten Staaten in der Stadt, in welcher die Ballons 
verschifft werden, muß eingereicht werden. Dieser Bescheinigung muß eine eidesstatt¬ 
liche Erklärung des Besitzers oder seines Beauftragten beigefügt sein, daß der Ballon an 
der Gordon Bennett-Wettfahrt teilnehmen wird. Diese beiden Schriftstücke müssen bei 
der Einfuhr in die vereinigten Staaten vorgezeigt werden. 

Der Aero-Club von Amerika hat die Herren Niebrugge und Day, 121, Pearl Street, 
New-York, mit der Wahrung der Interessen der Teilnehmer an der Wettfahrt beauftragt. 
Die Ballons sollen möglichst 2 Wochen vor der Wettfahrt im Hafen von New-York ein- 
treffen, damit sie mit Sicherheit St. Louis zu rechter Zeit erreichen. 

Ferner soll den Herren Niebrugge und Day 8 Tage vor der Verschiffung des 
Ballons diese mitgeteilt werden, mit Angabe des Namens des Schiffes. 

Die Ballons müssen innerhalb 6 Monaten nach ihrer Einfuhr wieder ausgeführt 
werden. Hochachtungsvoll 

Cortland F. Bishop, Vorsitzender. 


In St. Louis hat sich, wie bereits an andrer Stelle mitgeteiit, ein Aero-Club ge¬ 
bildet, der einen Ballon zur Gordon-Benett-Wettfahrt gemeldet hat. Da der Club 
nicht über ausgebildete Führer verfügt, so werden sich Herr A. Bond Lambert und zwei 
weitere Mitglieder nach Paris begeben, um die Ballonführung zu erlernen. 10 Aufstiege 
für jeden der Herren werden als genügend angesehen. Die frühere Absicht, einen aus¬ 
wärtigen Führer aufzufordern, den Ballon des Aero-Club von St. Louis, die «City of 


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91 «44« 


St. Louis», der allerdings noch nicht existiert, zu führen, hat man fallen gelassen. 
St. Louis gedenkt durch seine Mitbürger allein den Preis zu gewinnen. 

Deutschland hat 3 Ballons zur Wettfahrt gemeldet, von denen 1 Ballon der Nieder- 
rheinische Verein, die beiden anderen wahrscheinlich der Berliner Verein für Luftschiff¬ 
fahrt stellen wird. Die französischen Führer werden noch bestimmt. Spanien schickt 
dieselben Führer wie im letzten Jahre, nämlich die Herren: Leutnant Kindelan, Leut¬ 
nant Herrera, Salamanca. England sendet als Vertreter die Herren: Prof. Huntington, 
Rolls, Griffith-Brewer oder Moore-Brabazon. Italien und Belgien werden sich gleich¬ 
falls beteiligen. 

Preise werden folgende gegeben: 1. Ehrenpreis und 10 000 Mk. (gegeben von Gor- 

don Bennett), dazu 8000 Mk. 
Eintrittsgelder; 2.4000Mk.; 
3.3000Mk. (gegeben von den 
United Railways); 4. 2000 
Mk. (gegeben vonB.Nugent 
Dry Goods Company); 
5. 1000 Mk. (gegeben von 
der German-American Press 
Association). 

Die Gasanstalt in St. 
Louis (Laclede Gas Light 
Co.) will reines Kohlengas 
umsonst liefern. St. Louis 
brennt sonst Kohlengas, 
das halb mit Wassergas 
gemischt ist; bei der Misch¬ 
ung gerät viel Luft in das 
Gas, zum großen Ärger der 
Abnehmer, die für die Luft 
den vollen Gaspreis be¬ 
zahlen müssen. 

Coy vom Aero-Club New- 
York eine Freifahrt, um das Gas zu versuchen. Das nebenstehende Bild zeigt die Teil¬ 
nehmer an dieser Fahrt im Verein mit den Herren vom Vorbereitungskomitee der Wett¬ 
fahrt. Die Fahrt dauerte 3 Stunden, von 1 Uhr 30 bis 4 Uhr 30 und führte bis Cliffdall, 
111., etwa 120 km weit. Die Füllung des 1000 cbm großen Ballons «Orient» dauerte 
40 Minuten. E. 

Aeronautische Preise. 

Gordon-llennett-Wettfalirt. 19. Oktober 1907. 1. Ehrenpreis 18000 M.. 2. 4000 M., 
3. 3000 M, 4. 2000 M., 5. 1000 M. 

Düsseldorf. 8 /9. Juli 1907. Freiballon-Weitfahrt. 1. 2000 M., 2. 1000 M., 3. 500 M. 
Automobilverfolgung. 4 Ehrenpreise. 

Paris—London. Preis des «Matin». Offen für Flugmaschinen oder Luftschiffe fran¬ 
zösischer Konstruktion. 14. Juli 1908. 200000 M. 

London —Manchester. Preis der «Daily-Mail*. Offen für Flugmaschinen aller Länder. 
200000 M. 

Hierzu, wenn die Maschine ganz in England gebaut ist, 40000 M., 
wenn der Motor englischen Fabrikats ist, 10000 M. 

Paris—Ostende. Preis der Badegesellschaft, Ostende. Offen für Flugmaschinen 
aller Länder. Die Strecke muß in 24 Stunden zurückgelegt werden. 160 (XX) M. 


phot. Wm. Burton, St. Louis. 



Von links nach rechts die Herren: Alan R. Hawley, New-York, dann C. Nugent, 
St. Louis .,Acro-CIub‘\ Cortland K. Bishop, Präs. Aero-Club of America, J. C. 
Mc. Coy, New-York, K. G. Cowdery, Manager Gas Co, St. Louis, Leo Stevens, 
New-York, Aug. Post, Sehriltf. Aero Club of America, Franc S. Lahin, Paris. 

Am 1. Januar unternahmen die Herren Hawley u. Mc. 


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92 


Cap Gris-Nez— Dover oder umgekehrt. Preis Ruinart. Offen für Flugmaschinen 
aller Länder vor dem 1. Januar 1910. 10 OOÜ M 

St. Germaln—Senlis—Meaux—Melun—St. Gennain. Preis Deutsch de la Meurthe. 
Luftschiffe oder Flugmaschinen aller Länder. Wanderpreis. 3 Wettfahrten. 1 Ehren¬ 
preis, je 16000 M. 

Brookland. Preis der Automobil-Renn-Clubs von Brookland. Offen für Flugmaschinen 
aller Länder. Ein Kreisflug von 4827 Meter Länge auf der Automobil-Rennbahn von 
Brookland. 50000 M. 

Brookland. Preis des «Graphic» und «Daily Graphic». Offen für Flugmaschinen 
aller Länder. 1 Meile auf der Rennbahn von Brookland. 20 000 M. 

Großer Preis Deutsch-Archdeacon. Offen für Flugmaschinen aller Länder. Ge¬ 
schlossene Kurve von 1 km Länge. 40 (MX) M. 

Preis Arelideaeon. Wanderpreis. Vert. Santos-Dumont. Offen für Flugmaschinen 
aller Länder. Flug von 220 m Länge. Ehrenpreis. 

Preis Montagu de Beaulieu. Offen für Luftschiffe und Flugmaschinen aller Länder. 
Längste Fahrt während des Jahres 1907. 10000 M. 

Preis Barnum und Bailay. Offen für Flugmaschinen. Es muß jederzeit ein Flug 
gemacht werden können. Ein Engagement und 40OCX) M. 

Preis Lahm. Offen für Freiballons, Luftschiffe und Flugmaschinen. Weitfahrt. 
Wanderpreis. Ehrenpreis. 

Preis Pepin. Bedingungen noch nicht veröffentlicht. 800 M. 

Preise der Ausstellung der „IJgue maritiune fran^aise 44 . Bedingungen noch nicht 
veröffentlicht. ? 

Preise der „Daily-Mail 44 für Flugmaschinen-Modelle. London 1907. 1. 3000 M. f 

2. 1500 M., 3. 500 M. 

Großer Preis für Flugmaschinen. Stifter und Bedingungen bisher noch nicht ver¬ 
öffentlicht. Der Aero Club of Amerika hat die Verfügung über den Preis. 800000 M. 

E. 


Erledigte Wettbewerbe. 

Preis Bourdeaux-Pau. Der von C. F. Baudry, Präsidenten des Aero-Club du Sud- 
Ouest, gestiftete Wanderpreis für eine Zielfahrt Bourdeaux-Pau wurde am 1. Dezember 1906 
zum ersten Male von E. Loe mit einem Ballon von 700 cbm gewonnen. Der Sieger 
landete in 25 km 500 m Entfernung vom Ziel nach einer Fahrt von 2 Stunden 40 Minuten. 

Der Gordon-Bennett-Preis der «Ballons rouges» für Pilotballons von nicht mehr 
als 1 m Durchmesser, die eine Postkarte tragen müßen, veranstaltet von der französischen 
Zeitschrift «l’Auto», gelangte am 18. November 1906 zum Austrag. Es «starteten» 303 Ballons. 
Der Sieger «landete» auf der Insel 01and (Schweden) nach einer Fahrt von 1347 km Länge. 
Der zweite Sieger legte nur 615 km zurück. E. 

Aeronautische Vereine und Begebenheiten. 

Deutscher Luftschiffer-Verband. 

Dem Verbände gehören nach dem soeben erschienenen Jahrbuch 9 Vereine mit 
3185 Mitgliedern an. Die Zahl der Mitglieder hat sich gegen das Vorjahr um 442 ver¬ 
mehrt. Die Vereine sind jetzt sämtlich im Besitz eigener Ballons, die Gesamtzahl der 


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*»»» 93 «44 


Verbandsballons ist von 12 auf 17 gestiegen. Davon sind beim Berliner Verein einge¬ 
tragen 6, beim Niederrheinischen Verein 3, beim Augsburger Verein 2 und bei den übrigen 
Vereinen je 1 Ballon. Es wurden ausgefübrt vom Berliner Verein 91 Fahrten, vom 
Münchener Verein 7 Fahrten, vom Oberrheinischen Verein 12 Fahrten, vom Augsburger 
Verein 21 Fahrten, vom Niederrheinischen Verein 64 Fahrten, vom Posener Verein 
3 Fahrten, vom Ostdeutschen Verein 12 Fahrten, vom Mittelrheinischen Verein 16 Fahrten, 
vom Fränkischen Verein 8 Fahrten, insgesamt 234 Fahrten. E. 


Berliner Verein fUr Luftschiffahrt. 

Die 262. Sitzung, zugleich Hauptversammlung des Berliner Vereins für 
Luftschiffahrt, am 7. Januar, begann, nach Verlesung des Protokolls letzter Sitzung, 
mit der Aufnahme von 10 neuen Mitgliedern. Den Vortrag des Abends hielt Professor 
Dr. Süring über «Witterungsänderungen und deren Anzeichen mit Berücksichtigung der 
Ballonwettfahrt». Es gab eine Zeit, so leitete der Redner seinen Vortrag ein, wo im 
Verein für Luftschiffahrt die Meteorologie eine Hauptrolle spielte. Später trat sie gegen 
die sich an Ballonfahrten knüpfenden sportlichen Interessen etwas zurück. Bei Wett¬ 
fahrten aber, wie eine solche am 14. u. 15. Oktober stattfand, erinnert man sich gern der 
alten angenehmen Beziehungen und appelliert an die Meteorologie, um sich über die Wetter¬ 
lage und die wahrscheinliche Witterung in den Stunden der bevorstehenden Wettfahrt 
zu unterrichten. Dann regt sich bei den Teilnehmern auch der Wunsch, ein eigenes 
Urteil über Wetteraussichten zu besitzen, die Anzeichen bevorstehender Änderungen zu 
kennen und richtig deuten zu lernen. In der Tat ist es für den Luftschiffer sehr wichtig, 
sich pflichtmäßig in diese Dinge einzuleben, eigenes Urteil zu gewinnen und durch eigene 
Überlegung auf die voraussichtliche Entwickelung einer gegebenen Wetterlage richtige 
Schlüsse zu ziehen. In den meisten Fällen wird denkenden Menschen ja die zutreffende 
Beurteilung einfacher Wetterlagen in bescheidenem Maße gelingen, namentlich wenn es 
sich um Voraussage auf kürzeste Zeit handelt; allein es ist doch etwas anderes, sich 
auf einem Fahrzeug, das so unendlich abhängig vom Wetter ist, wie der Luftballon, auf 
Stunden einzuschiffen, als die günstigen oder ungünstigen Wetterchancen einer Landpartie 
zu erwägen. Am nächsten verwandt mit dem Interesse des Luftschiffers an der Witterung 
ist das des Landwirtes; aber das erstere ist umfassender und muß es sein. Denn während 
der Landwirt sich wesentlich nur für Niederschläge interessiert, prüft der Luftschiffer 
auch den Zustand der Bewölkung, Richtung und Stärke des Windes, das Aufsteigen von 
Gewittern usw. mit Aufmerksamkeit. Denjenigen unter den Interessenten der Luftschiffahrt, 
welche in diesem Sinne selbständiger in der Beurteilung des Wetters zu werden wünschen, 
zeichnete der Vortragende einige allgemeine Regeln vor: Erstens mögen sie möglichst 
viel Wetterprognosen eingehend studieren und dabei vergleichend die Wetterkarte zur 
Hand nehmen. Zweitens mögen sie sich täglich, auch wenn Ballonfahrten nicht in Aus¬ 
sicht stehen, um das Wetter kümmern, sich Rechenschaft darüber geben, wie jeweilig 
Änderungen der Witterung sich erklären, und Fragen solcher Art niemals gering achten. 
In der fortlaufenden Beobachtung des Wetters liegt das Geheimnis, wie Leute, deren 
Beruf es mit sich bringt, daß sie sich um das Wetter bekümmern, wie Schiffer, Jäger, 
Bergsteiger, auch ohne Kenntnis von der wissenschaftlichen Begründung der meteoro¬ 
logischen Vorgänge, häufig gute Wetterpropheten sind, gewissermaßen ein Gefühl für das 
Wetter erlangen. Drittens darf es dem, der kommendes Wetter wissen will, nicht ge¬ 
nügen, sich für die nächsten 1 bis 2 Tage darüber ins Klare zu setzen ; er muß zur 
Erweiterung seines Blickes die mögliche Entwickelung in den nächsten 1 bis 2 Wochen 
ins Auge fassen, sich in die Beobachtung verschiedener Wetter- und Wolkentypen ein¬ 
leben. Das verspricht umsomehr Erfolg, als sehr schroffe Witterungswechsel nicht allzu 
häufig sind und vielfach durch bestimmte kleine Erscheinungen angedeutet werden. 
Auch gestattet die Kenntnis der Wettertypen den berechtigten Schluß, daß eine Wetterlage, 


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die einer früheren, in ihrem Verlauf bekannten ähnlich sieht, auch ähnlich wie diese ver¬ 
laufen wird. Ein Beispiel aus den letzten Monaten möge dies erläutern: Am 14. Oktober 
sah die Wetterlage genau so aus, wie am 3. Oktober. Die Erfahrung gab der Voraussicht 
recht, daß in den auf den 14. folgenden Tagen das Wetter etwa ebenso verlaufen 
würde, wie in den Tagen nach dem 3. Oktober. Viertens sei den sich zu Wetterkundigen 
heranzubilden Beflissenen empfohlen, zu verschiedenen Tageszeiten täglich auch den Instru¬ 
menten Barometer und Thermometer einige Augenblicke zu widmen. Die normalen täg¬ 
lichen Schwankungen des Barometers zeigen ein Ansteigen bis 9 Uhr vormittags, ein Fallen 
bis 4 Uhr nachmittags, ein Wiedersteigen bis 9 Uhr abends und ein Wiederfallen bis 4 Uhr 
morgens. Werden diese Phasen vom Instrument beobachtet, so darf man darauf rechnen, 
daß das Wetter sich noch einige Tage hält. Das gilt indessen nur für mittlere Breiten als 
Wetterregel. In den Tropen sind die täglichen Barometeränderungen noch viel regelmäßiger^ 
sodaß man beinahe die Uhr danach stellen kann; allein es treten trotzdem Wetterumschläge 
ein. Außer dem Luftdruck hat auch der Wind seine tägliche Periode des Abflauens 
vom Mittag zum Abend, die auf Andauer des bestehenden Wetters zu schließen be¬ 
rechtigt. Ist es umgekehrt, so steht eine Wetteränderung bevor. Wohl gemerkt gelten 
diese Hausregeln nur für das bestehende gute Wetter, nicht für den Übergang von 
schlechtem zu gutem Wetter. Nach diesen allgemeinen Regeln stellte Professor Süring 
noch einige für den LuftschifTer besonders beherzigenswerte, spezielle Regeln auf. Der 
LuftschifTer studiere an den Wetterkarten vor allem den Verlauf der Isobaren. Sie geben 
ihm für die Höhe von 2000 m genau die Windrichtung an. Bis zu dieser Höhe gilt die 
bekannte Rechtsdrehung des Windes mit zunehmender Höhe. Die von der Isobare ab¬ 
weichende Windrichtung an der Erdoberfläche ist durch die Reibung der Luft am Erd¬ 
boden veranlaßt, ln Höhen von 3000 m hat die Rechtsdrehregel keine Geltung mehr, 
da sich hier der Wind ebenso häufig nach rechts als nach links dreht. Auch hierfür 
gibt die Wettfahrt vom 14. Oktober ein Beispiel an die Hand: Bis in die Nähe des Ge¬ 
birges war bei den einzelnen Ballons die Regel der Rechtsdrehung je nach der Höhe, in 
der sie segelten, zu konstatieren. In der Nähe der Sudeten aber bewirkte die vom Ge¬ 
birge veranlaßte Luftstauung ein Ablenken bald nach rechts, bald nach links selbst in 
geringeren Höhen als 3000 m. Will man mit einiger Sicherheit das für die nächsten 
Stunden bevorstehende Wetter erkunden, so achte man. besonders in der Nähe einer 
Depression, nicht bloß auf das Steigen oder Fallen des Barometers, sondern auch, wie 
es steigt oder fällt. Ist die Barometerkurve nach oben gewölbt, ist Verstärkung des 
Windes zu erwarten, ist sie konkav, Verlangsamung des Windes und besseres Wetter. 
Ist das Depressionsgebiet entfernter, so läßt langsame und gleichmäßige Änderung des 
Barometerstandes auf Änderungen in gewisser Höhe schließen. Welcher Art diese 
Änderungen sein werden, kann nur die Wolkenbeobachtung ermitteln. Auf alle Fälle 
empfiehlt es sich für den LuftschifTer angesichts einer Luftreise, sich eine Wetterkarte 
für 2000 m Höhe zu konstruieren und sich die Windkurve für diese Höhe zurechtzulegen; 
denn es ist eine feststehende Erfahrung, daß man auf 2000 m Höhe den Ballon sehr 
lange erhalten kann. Für eine ganze Zahl von Wetterlagen gibt es konstante Ballon¬ 
zugstraßen, wie durch eine Zusammenstellung der Landungsstellen im Vergleich mit dem 
jeweiligen Witterungsbilde erkennbar ist. Am häufigsten wählen die Ballons von Berlin 
aus die Straßen nach SO. oder SSO., südlich oder links der Oder, oder längs des Netze-oder 
Warthebruches nach O., oder nach NNW. zur mecklenburgischen Küste, während die Richtung 
nach W. zur Lüneburger Heide, oder nach SW. selten ist. Diese Beobachtungen haben 
praktischen Wert, z. B. wenn gewünscht wird, Skandinavien im Ballon zu erreichen, 
was nur bei einer bestimmten Wetterlage, hohem Druck im Osten, aussichtsvoll ist. 
Überaus wichtig für den Luftschiffer ist endlich die Gewöhnung an die Beobachtung des 
Wolkenhimmels und die Kenntnis der Wolkentypen, der Höhe, in der sie sich bewegen, 
sowie der Schlüsse, die sie auf das kommende Wetter gestatten. Bestimmte Regeln auf 
diesem Gebiete aufzustellen, ist allerdings kaum möglich. Professor Süring trug dieser 
Schwierigkeit dadurch in geschickter Art Rechnung, daß er eine große und erschöpfende 


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Reihe charakteristischer Lichtbilder der verschiedenen Wolken vorführte und bei jedem 
einzelnen Typ angab, welche Schlüsse die Luftschiffer auf das Erscheinen dieser Wolken¬ 
gattung zu bauen berechtigt sind. Diese Darbietung wurde mit großem Beifall auf¬ 
genommen. Sie gab in Wirklichkeit eine schätzenswerte Belehrung für den Luftschiffer, 
für die man Prof. Süring um so dankbarer sein durfte, als sie seiner langen und reichen 
Erfahrung in praktischer Luftschiffahrt Ausdruck gab. 

Zum Schluß gab der Vortragende noch an der Hand einer Karte, welche die Wege 
der 17 Ballons, die an der Oktober-Wettfahrt teilgenommen, darsellte, sehr interessante 
Mitteilungen über die wahrscheinlichen Ursachen, aus denen die Ballons gerade die Wege 
genommen, die sie, obgleich fast gleichzeitig abfahrend, so weit auseinander geführt 
haben. Bis Cottbus etwa war der Weg aller fast der nämliche, den Schwieloch-See 
kreuzten 13. Dann trat die Trennung ein, teils weil in verschiedener Höhe verschiedene 
Luftströmungen herrschten, teils aus den Ursachen, die oben als Einfluß des nahen Ge¬ 
birges gekennzeichnet sind. Die Wege einzelner Ballons, wie des «Schwaben», geben ein 
sehr verwickeltes Bild, zum Teil infolge der Berührung des Gebietes eines kleinen lokalen 
Minimums im Norden des Gebirges und seiner windstillen Zone. Die Schleifenbewegung 
eines der hiervon betroffenen Ballons gibt ein sinnfälliges Bild von der Lufibewegung in 
nächster Nähe einer Depression. 

Aus dem nun folgenden, vom Schriftführer Dr. Stade erstatteten Bericht des Vor¬ 
standes über das abgelaufene Geschäftsjahr 1906 ist zu entnehmen, daß die Zahl der 
Mitglieder am Ende des Jahres 1036 betrug. Die Einnahmen stellten sich auf Mk. 27 584, 
die Ausgaben auf Mk. 15563, sodaß ein Bestand von Mk. 12021 verblieb. Allerdings 
fehlt noch die Abrechnung über das Jubiläum. Dem Schatzmeister wurde Entlastung 
erteilt; dem Mitglied Bankier Otto Müller, der dem Verein einen 1300 cbm haltenden 
Ballon zum Geschenk gemacht, Dank votiert. Über die 1906 ausgeführten Ballonfahrten 
berichtete der Vorsitzende des Fahrtenausschusses Leutnant Geerdtz. Es fanden im 
ganzen 91 Fahrten statt, an denen 173 Herren und 6 Damen teilnahmen. 60 Fahrten 
gingen von Berlin aus, 22 von Bitterfeld, je 2 von Koblenz, Friedrichshof und Karlsruhe, 
je 1 von Oldenburg, Hannover und Breslau. 31 Fahrten waren Sonderfahrten, 37 Normal¬ 
fahrten, 17 Konkurrenzfahrten, je 2 dienten wissenschaftlichen Zwecken des aeronau¬ 
tischen Observatoriums, der Aufnahme von Ballonphotographien und der Ausbildung von 
Personal. Die bei den Ballonfahrten durchschnittlich erreichte Entfernung war 160 km, 
die durchschnittliche Fahrtgeschwindigkeit 33 km in der Stunde. 

Die Neuwahl des Vorstandes erfolgte durch Akklamation auf Vorschlag von Rechts¬ 
anwalt Eschenbach, der dem ablretenden Vorstand und im besonderen für ihre außer¬ 
ordentlichen Leistungen im letzten Jahre den Herren Hauptmann Hildebrandt und Leutnant 
Geerdtz wärmsten Dank aussprach, in den die Versammlung lebhaft einstimmte. Der 
Vorstand wird im Jahre 1907 aus folgenden Herren bestehen: Vorsitzender: Geheimrat 
Busley; stellvertretender Vorsitzender: Major Oschmann im Kriegsministerium; Schrift¬ 
führer: Dr. Stade; Vorsitzender des Fahrtenausschusses: Dr. Bröckelmann; Schatzmeister: 
Herr Richard Gradenwitz; Bibliothekar: Oberleutnant George; Beisitzer: Geheimrat Miethe, 
Professor Dr. Süring, Hauptmann Hildebrandt. 

Seit letzter Versammlung haben drei Ballonfahrten stattgefunden. Am 20. Dezember 
stieg zum 100. Male der Ballon «Süring» auf. Professor Dr. Süring hatte es sich nicht 
versagen wollen, den nach ihm benannten Ballon auf dieser Fahrt, die dessen letzte sein 
sollte, selbst zu führen. Begleiter waren die Herren von Borck und Dr. Stade. Der 
Ballon landete nach 3 16 Stunden bei Hoppenrade in der Ostpriegnitz, Entfernung 74 km, 
Stundengeschwindigkeit 23,1 km. Wie Professor Süring von dieser Fahrt berichtete, 
zeigte bei diesem Aufstieg der Ballon nur geringe Symptome seiner Amtsmüdigkeit; denn 
er ging mit 18 Sack Ballast ausgerüstet, von denen beim ersten Auftrieb nur 3 entleert 
zu werden brauchten, sogleich bis über die Wolken und blieb hier in 1100 m Höhe 
2 Stunden lang. Allerdings mußte zu dem Zweck jede Viertelstunde 1 Sack Ballast geopfert 
werden; hiermit bekundete der Ballon seine Altersschwäche. Mit 6 Sack Ballast langte 


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man nach 2 Stunden unter der Wolkendecke an, 4 davon waren noch bei der Landung 
vorhanden, die am Schlepptau so sanft und fast zögernd erfolgte, als wolle der Ballon 
so schnell dem Reich der Lüfte nicht Valet sagen, daß der vom Führer schon anbe¬ 
fohlene Klimmzug auf kurze Zeit wieder abbestellt werden mußte. Der Ballon ist, wie 
Prof. Süring versicherte, bis auf die durchlässig gewordene Hülle, in allen anderen Teilen 
noch unversehrt. Erstere zu reparieren, lohne sich aber nicht. (Zu diesem Bericht 
machte Major Groß die Bemerkung, daß es doch eine der Technik zu empfehlende Auf¬ 
gabe sei, zu versuchen, ob sich alter Ballonstoff durch einen geeigneten Firnis wieder 
gebrauchsfähig herstellen lasse. Ein im Kleinen gemachter Versuch sei außerordentlich 
gut gelungen.) 

Am gleichen Tage — 20. Dezember — stieg auch Hauptmann v. Krogh in Be¬ 
gleitung der Herren Dr. Treitschke und F. Schmidt mit dem Ballon «Helmholtz» (71. Fahrt) 
auf und landete nach 5 Stunden bei Wittenberge, Entfernung 120 km, Stundengeschwindig¬ 
keit 24 km. 

Am 30. Dezember, einem sehr kalten Tage, stieg Prof. Dr. Poeschel-Meißen in 
Begleitung der Herren Dr. Reichel und Dr. Weißwange mit dem Ballon «Ernst» (22. Fahrt) 
von Bitterfeld auf. Die Landung erfolgte nach 8& Stunden in mit einer Stunden¬ 
geschwindigkeit von 17,5 km zurückgelegter Entfernung von 140 km um 320 Uhr in 
Badorf bei Dresden. Die Fahrt war eine höchst absonderliche! Wie Prof. Poeschel be¬ 
richtete, sollte sie schon um 4 Uhr morgens beginnen, verzögerte sich aber, weil der 
Ballon mit Reif und Eis bedeckt war. Um 7 16 Uhr flügge geworden, durchbrach der 
Ballon schnell die überaus dichte, über der Erde lagernde Wolkendecke und blieb 
7 Stunden über den Wolken. Als man nach dieser Zeit, die Wolken kreuzend, wieder 
zur Erde zurückkehrte, sah man einen großen Fluß und glaubte nicht anders, als daß 
man bis zur Oder geflogen sei. Bald aber fanden die Luftschiffer, daß dem Fluß das 
charakteristische Wahrzeichen der regulierten Oder, die Buhnen, fehlten, und im nächsten 
Augenblick schon wußten sie, daß der Fluß die Elbe sei; denn a tempo erkannten die 
drei aus Meißen stammenden Herrn in geringer Entfernung die bekannten Umrisse ihrer 
Heimatstadt Meißen. Es wäre nun erfreulich gewesen, auch die Landung in Meißen zu 
vollziehen, allein wie immer gestattete der Fluß den Übergang des Ballons nicht, sodaß 
man an einem Hügel bei Lösnitz landen mußte, ganz nahe der Wohnung eines der 
Mitfahrenden! A. F. 


Münchener Verein für Luftschiffahrt. 

In der am 15. Januar 1907 stattgefundenen ordentlichen Generalversammlung des 
Münchener Vereins für Luftschiffahrt wurden folgende Herren in die Vorstand¬ 
schaft gewählt: 

I. Vorstand: Generalmajor z. D. K. Neurcuther, 

II. » Privatdozent Dr. R. Emden, 

Schriftführer: Oberleutnant A. Vogel, 

Schatzmeister: Hofbuchhändler E. Stahl, 

Vorstand der Abteilung I: Professor Dr. S. Finsterwalder, 

» » » II: Hauptmann H. Nees, 

« » » III.: Dr. H. Steinmetz; 

Beisitzer: Rechtsanwalt Hemmer, Professor Th. Kuen, Oberingenieur 
Th. Kober, Hauptmann K. Reitmeyer. 

Nach den Berichten der Abteilungsvorstände wurden 8 Freifahrten mit dem Ballon 
«Sohncke» gemacht ; bei der Wettfahrt am 14. Oktober (von Berlin aus) errang Dr. R. Emden 
mit dem «Sohncke» den 2. Preis. 

Die an den sechs Sitzungsabenden gehaltenen Vorträge wurden schon in dieser 
Zeitschrift referiert. 

Die wissenschaftliche Tätigkeit des Vereins erstreckte sich hauptsächlich auf photo- 


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grammetrische (Professor Dr. Finster walder), luftelektrische (Professor Dr. Ebert) 
und luftbakteriologische Arbeiten. Auf diesem Gebiete hat sich der jüngst hier verstorbene 
Professor Dr. Harz durch grundlegende Arbeiten hervorgetan. Er war langjähriges Mit¬ 
glied des Münchener Vereins, und Professor Ebert widmete ihm einen ehrenden 
Nachruf. 

Dann hielt Herr Professor Dr. Ebert den angekündigten Vortrag über «die Ballon¬ 
fahrt von Mailand nach dem Apennin». 

Zu der den Schluß der V. Konferenz der internationalen Kommission für wissen¬ 
schaftliche Luftschiffahrt in Mailand bildenden Ballonfahrt standen 8 Ballons zur Ver¬ 
fügung. Der größte davon gehörte dem Mailänder Kaufmann Usuelli, und der Vortragende 
konnte durch einen glücklichen Zufall an der Fahrt mit diesem 2000 cbm fassenden 
Ballon «Gitta, di Milano» teilnehmen. Der Aufstieg erfolgte am 7. Oktober, vormittags 11 Uhr, 
vom Ausstellungsplatz aus. Nur wenige Minuten konnten sich die Ballonfahrer des 
malerischen Blickes auf die Ausstellung erfreuen, dann tauchte der Ballon in eine niedrig 
liegende Wolkendecke ein. Doch war diese rasch durchflogen und bald darauf wurde 
im Norden und Westen des die ganze Poebene erfüllenden Nebelmeeres die imposante 
Kette der Schweizer und Tyroler Alpen sichtbar, überwölbt von einem tiefblauen Himmel. 
Fortgesetzte, durch Beobachtung am Statoskop regulierte Ballastausgabe ermöglichte einen 
ganz gleichmäßigen Aufstieg bis auf 5500 m. Unterdessen tauchten noch einige der 
anderen Ballons aus dem Nebelmeer auf. Einer von diesen durchbrach die Wolken¬ 
schicht genau senkrecht unter dem «Milano» und schien mit dessen Schlepptau kolli¬ 
dieren zu wollen. Eine solche Berührung könnte unter Umständen verhängnisvoll werden, 
da sich die vorhandenen Potentialdifferenzen wahrscheinlich unter Funkenbildung aus- 
gleichen würden. Später stellte sich heraus, daß immer noch einige hundert Meter Luft¬ 
raum zwischen beiden Ballons vorhanden war; ein Beweis, wie leicht man sich in der 
Schätzung vertikaler Dimensionen täuscht. Bis etwa 4000 m war der Ballon nordwest¬ 
lich geflogen. Von hier ab drehte er wieder allmählich gegen Süden, in Übereinstimmung 
mit den schon öfters in der Poebene beobachteten Luftwirbeln. Jetzt zerriß auch die 
Nebeldecke; zuerst zeigten sich die Flußläufe frei, dann wurde auch das Land bis auf 
geringe Strecken klar. Bei der jetzt herrschenden südlichen Luftströmung wurde Mai¬ 
land in einer Höhe von ca. 5000 m nochmals passiert ; die Luft war so hervorragend 
klar, daß man noch jedes Detail der Stadt, sogar des Domes, erkennen konnte. Sehr 
genußreich war auch der Blick auf das Land mit seinem aderartig verzweigten Bewässe¬ 
rungssystem in der prächtigen Umrahmung der Alpen im Norden, des Apennin und aus 
der Ferne schimmernden ligurischen Golfes im Süden. In der Nähe von Pavia wurde 
der Po gekreuzt, der aus der Höhe auch alle Einzelheiten seines Grundes erkennen ließ. 
Etwas verschwenderische Ballastausgabe ermöglichte ein 1V* ständiges Verweilen auf 
5500 m; ohne Sauerstoffatmung ist das ziemlich lange. Trotzdem stellten sich keine 
anderen physiologischen Erscheinungen ein, als Müdigkeit und ein gewisser Lufthunger 
bei hoher Pulsfrequenz. Als der Ballon zu sinken begann, konnte mit den noch übrigen 
zwei Sack Ballast der ziemlich rasche Fall natürlich nicht gebremst werden. Glücklicher¬ 
weise lag bei etwa 1200 m eine oben mit Wolken bedeckte kalte Luftschicht, infolge 
deren der Ballon nochmals seine Gleichgewichtslage erreichte. Die Landung erfolgte 
ohne Anwendung der Reißleine glatt im Tal der Trebbia im Apennin, an einem von 
Mailand 110 km (in Luftlinie) gelegenen Punkte. Der Redner schilderte zum Schluß 
sehr anschaulich die Aufregung, welche Landung, Bergung und Transport des Ballons 
zur vier Stunden entfernten Landstraße bei der Landbevölkerung, einer spanischen 
Enklave, hervorrief. 

Im Anschluß an diesen Vortrag berichtete Herr Hauptmann N e e s von einer gleich¬ 
zeitig in einem der kleineren Ballons unternommenen Fahrt. Der 900 cbm fassende 
Ballon erhob sich nur wenig über die Nebeldecke, so daß erst nach der Aufklärung am 
Nachmittag die Alpen sichtbar wurden. Er trieb langsam nach Süden gegen Certosa bei 
Pavia, kehrte dann in einer Höhe von ca. 2000 m um und flog fast den gleichen Weg 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg ^ 


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zurück, um am Ende einer Mailänder Straßenbahn bei Corsico zu landen. Die Fahrt bot 
einiges fahrtechnische Interesse. Die Ballonhülle war mit Aluminiumbronze überzogen; 
dieser zumal unter italienischer Sonne zweckmäßige Anstrich soll die erwärmende 
Wirkung der Sonnenstrahlen vermindern. Ferner war der Ballon oben und unten durch 
ein Ventil geschlossen; der Füllansatz hing neben dem Korbe, gleichfalls zugebunden 
herab. Das untere Ventil öffnete sich automatisch bei einem bestimmten Gasüberdruck. 
Kann jedoch unter Umständen hier das Gas nicht rasch genug abströmen, so muß natür¬ 
lich der (sich prall füllende) Füllansatz geöffnet oder das obere Ventil gezogen werden. 
Daß letzteres mit einer roten Leine geschieht, erhöht nicht das Sicherheitsgefühl des an 
die internationale rote Reißleine gewöhnten Fahrers. Redner hält diese Vorrichtungen, 
welche einen möglichst geringen Gasverlust bezwecken, zwar geeignet für bestimmte Fälle, 
z. B. möglichst langes Schweben in gleicher Höhe, zieht jedoch im allgemeinen die ein¬ 
fachere Anordnung unseres Freiballons vor. Dr. H. Steinmetz. 


Augsburger Verein für Luftschiffahrt. 

«Versuche mit dem Parsevalschen Motorballon» war das Thema für einen am 
9. Januar 1907 im Augsburger Verein für Luftschiffahrt gehaltenen Vortrag des Ehren¬ 
mitgliedes Herrn Major z. D. A. v. Parseval. 

Es waren zu diesem Vortrage im Saale des «Hotels zum weißen Lamm* die Mit¬ 
glieder des Vereins und als Gäste Stabsoffiziere und Offiziere des 3. Infanterie- und des 
4. Feldartilleric-Regiments erschienen. 

Ausgestellte Planzeichnungen und Tabellen der bis jetzt existierenden Motorballons 
boten eine vorzügliche Übersicht der verschiedenen Systeme. Der Vortragende erklärte 
an einer großen Zeichnung das Material, Beschaffenheit und Ausrüstung seines Motor¬ 
ballons in gründlicher Weise und ging dann zu Einzelschilderungen seiner in Berlin 
gemachten Versuchsfahrten über. Es war daraus zu entnehmen, daß diese Fahrten 
reichliche Erfahrungen in der praktischen Führung verschafften und bewiesen haben, daß 
der Parsevalsche Motorballon den Anforderungen der Leistungsfähigkeit in bezug auf 
Lenkbarkeit, Nehmen von beträchtlichen Höhen, Eigengeschwindigkeit gegen den Wind 
und ganz besonders der Möglichkeit glatter Landungen genügen wird, die verhältnis¬ 
mäßig leichte Handhabung vor Abfahrt des Motorballons und nach dessen Landungen ist 
ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Es haben sich bei diesen Versuchsfahrten ver¬ 
schiedene Verbesserungen ergeben, die sich nur bei praktischer Benützung des Motor¬ 
ballons herausstellen konnten, die jeweils sofortige Vornahme dieser Verbesserungen 
diente dazu, Störungen der freien Fahrt möglichst auszuschließen. 

Eine große Anzahl von Lichtbildern des Motorballons, denselben vor der Abfahrt, 
während der Fahrt und bei der Landung zeigend, trug wesentlich dazu bei, das Ver¬ 
ständnis für die Eigenschaften des Lenkbaren zu vervollkommnen. 

Es folgte nun noch die Vorführung vieler Aufnahmen, die gelegentlich der Wett¬ 
fahrt zur Feier des 26jährigen Bestehens des Berliner Vereins für Luftschiffahrt gemacht 
worden sind, sowie von im Ballon aufgenommenen Städte- und Landschaftsbildern voa 
Bayern und von der Schweiz, welche lebhaftes Interesse bei den Anwesenden erregten. 

Der zweite Vorsitzende, Herr Gustav Riedinger, nahm das Wort, dankte dem 
Vortragenden für seine geistvollen hochinteressanten Schilderungen, hob hervor, daß 
selbst der genialste Erfinder Schwierigkeiten zu überwinden hat, betonte die Schneidig- 
keit, welche das Einfahren mit einem Motorballon erfordert, und wünschte, daß Herr 
Major v. Parseval in Berlin neuen guten Boden finden möchte und das Entgegenkommen, 
wie es seine Unternehmungen von jeher hier in Augsburg genossen haben. 

Der Schluß der Versammlung war eine herzliche Verabschiedung. 

Heinz Ziegler. 


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Kölner Klub för Luftschiffahrt. 


In der letzten Sitzung des Kölner Aero-Klubs wurde beschlossen, den Klub von 
jetzt ab «Kölner Klub für Luftschiffahrt» zu nennen. Der erst vor zwei Monaten ge¬ 
gründete Klub zählt bereits über 70 Mitglieder, darunter mehrere Damen der hiesigen 
Gesellschaft. 

Der Mittelrheinische Verein für Luftschiffahrt in Ooblenz hatte zu dieser Sitzung 
einen Vertreter entsandt, welcher dem jungen Kölner Klub für Luftschiffahrt die Glück¬ 
wünsche des ihm befreundeten Coblenzer Vereins überbrachte. Der Mittelrheinische 
Verein hat dem hiesigen Klub bis zur Fertigstellung seines eignen Ballons, der mit den 
neuesten Verbesserungen ausgerüstet sein soll, wahrscheinlich im Monat März fertig sein 
wird, seinen eignen Ballon zur Verfügung gestellt, sodaß der Kölner Klub für Luftschiffahrt 
bereits jetzt in der Lage ist, seine Fahrten zu beginnen. Der Klub hat Verhandlungen 
mit einer hiesigen chemischen Fabrik eingeleitet wegen Herstellung von Wasserstoffgas, 
da beabsichtigt wird, auch Fahrten mit einem Wasserstoffgasballon zu unternehmen. 

In den Vorstand wurden gewählt: 

Rechtsanwalt Cornelius Menzen als Vorsitzender, 

Fabrikbesitzer Gustav Langen zum stellvertretenden Vorsitzenden, 

Dr. jur. Nourney zum Schriftführer, 

Amtsrichter Dr. Cronenberg zum stellvertretenden Schriftführer, 

Fabrikbesitzer Leopold Leven zum Schatzmeister, Köln, Kattenburg 1—3, 
Fabrikbesitzer Hans Hiedemann zum stellvertretenden Schatzmeister, 

Leutnant Zimmermann zum vorläufigen Vorsitzenden des Fahrtenausschusses. 


Wiener Flugtechnischer Verein. 

Die Flugtechnik in Frankreich wurde Freitag den 1. d. Mts. im Wiener Flug¬ 
techniker Verein in einem Vortrage des Herrn Oblt. d. R. Karl Li 11 v. Lilienbach 
besprochen. Er sagte in Kürze: Außer den Flugversuchen mit dem Drachenflieger von 
Santos-Dumont, der seinen zweiten «Raubvogel» in viel kleineren Flächendimen¬ 
sionen nahezu vollendet hat, sind heuer mehrere andere Flugmaschinen in Konstruktion 
begriffen, die ebenfalls Beachtung verdienen. Der enragierte LuftschifTer Comte de la 
Vaulx hat sich nun auch dem dynamischen Fluge zugewandt und baut im Vereine 
mit dem allen Flugtechniker Tat in einen Drachenflieger mit einer an beiden Flügel¬ 
enden ein wenig abgebogenen Fläche von 13 m Spannweite, 2 Propeller, Doppelsteuer; 
Lenker und 24 HP-Motor sind in einem zigarrenförmigen, mit Stoff überspannten Körper, 
der knapp unter der Flügelfläche in der Schwerlinie hängt. Die Versuche sollen im Mai 
im offenen Flachland, w t o gleichmäßiger Wind herrscht, beginnen. — Dieser Apparat wird 
von Tatin dadurch wissenschaftlich begründet, daß derselbe einem segelnden Vogel, wie 
der Seeschwulbe, an Gestalt am nächsten komme und auch nach mathematischer Be¬ 
rechnung, die allerdings niemals exakt sein könne, gut wurde fliegen können. — Interessant 
war es zu hören, von welchem Einflüsse die Luftdichte auf den Effekt der Flugarbeit sei. 
Bei 760 mm Barometerstand und 0° C. beträgt das Gewicht von 1 Kubikmeter Luft 
1,3 kg; aber im Sommer bei z. B. 30 9 G. und 730 mm Barometerstand wiegt die Luft 
nur mehr 1,1 kg. In demselben Maße muß auch der Nutzeffekt der Propeller und Trag¬ 
flächen um 14 V* 0 » abnehmen. Die Flugmaschine findet daher günstigeren Luftwiderstand 
im Winter und nahe dem Meeresniveau. Herr v. Lill besprach ferner die verschiedenen 
theoretischen Formeln mehrerer Flugtechniker und Gelehrten, die hauptsächlich aus dem 
Grunde nicht miteinander übereinstimmen, weil der Koeffizient des Reibungswiderstandes 
nicht genau festgestellt werden kann und außerdem je nach der Form der Flächen und 
des Flugkörpers sehr verschieden groß ist. Gegenwärtig wurden auch mit dem Drachen¬ 
flieger von Vuia, der auf einem Trycicle läuft, Abflugversuche gemacht. Bisher w*ar die 


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Anlaufgeschwindigkeit etwas zu gering. Weitere Flugmaschinen von Capitain F. Ferber, 
Bleriot, Bellami, Roux u. a. gehen der Vollendung entgegen. 

Die zahlreichen, in Frankreich, England und Amerika ausgeschriebenen aviatischen 
Preise, deren Summe schon gegen 2 Millionen Franken ausmacht, wirken gewaltig auf 
die Erfinder und Konstrukteure ein; aber es bleibt fraglich, ob dadurch die verkehrs¬ 
brauchbare Flugmaschine beschleunigt wird, denn die unbemittelten, begabten Erfinder 
können nicht mit konkurrieren und die zwei reichen Amerikaner Wright undSantos- 
Dumont hätten auch ohne Preise reüssiert. — Das Fliegen ist nur mehr eine Geld¬ 
frage ! 

Herr v. Li 11 gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, es mögen die hohen Kreise 
und maßgebenden Stellen endlich der österreichischen Erfindung des Drachenfliegers 
System Kreß ernstliche Aufmerksamkeit schenken und reichliche Förderung zuteil 
werden lassen . . . sobald wir mit einer neuerlichen Förderungsaktion uns an die Öffent¬ 
lichkeit und Finanzkreise wenden werden. 

Heute ist das Geldgeben für diese epochale Erfindung noch eine Ehre; — in 5 
bis 10 Jahren wird es nur mehr ein Geschäft sein!! 

Der Wiener Flugtechnische Verein bringt seinen Mitgliedern zur gefälligen Kenntnis, 
daß er in Smidlenys Cafe «Kugel», Wien IV., Wiednerhauptstraße 38, folgende 9 fach¬ 
technische Zeitschriften aufgelegt hat: 

1. Aöronaut, 2. Aeronautical Journal, 3. Aerophile, 4. Automobil-Zeitung, 5. Con- 
quete de l’Air, 6. Illustrierte Aeronautische Mitteilungen, 7. Revue de PAviation, 8. Scien- 
tific-American, 9. Wiener Luftschiffer-Zeitung. 

Diese Zeitschriften sind in einer verschlossenen Mappe verwahrt und werden auf 
Verlangen durch den Marqueur an Mitglieder des Vereins und sonstige Freunde der 
Flugtechnik jeweilig zur Durchsicht im Lokale ausgefolgt. v. L. 


A6ro-Club de France. 

Der A6ro-Club de France hat für seine Beteiligung an der Mailänder Ausstellung 
ein Diplom des «Grand Prix» erhalten. 


A6ronautique Club de France. 

Le 12 e diner a eu lieu le 8 janvier comme les precödents ä la Taverne du 
N&gre. Parmi les presents nous avons remarquö: M. Archdeacon ä qui les convives 
ont offert la Prösidence de la röunion, le L. Colonel Houdaille, Jaubert, membres 
d’honneur du Club, M. A. de la Hault, le sympathique träsorier de l’Aöro-Club de Belgique, 
M. M. Henri Julliot, etc. 

Naturellement l’aviation et les derniers exploits du dirigeable «Patrie» de l’ingönieur 
Julliot, ont fait les frais d’interessantes conversations. 

A la fin du diner, M. Sauniere President de l’A-C-D-F. a remis au nom du Comit£ 
une plaquette ä M. A. de La Hault en remerciement de la part active qu'il a prise aux 
fßtes aerostatiques de la saison derniöre et une mödaille ä M. Cormier au nom du Club 
Aöronautique de l’Aube pour l'ascension exöcutee ä Troyes lors de la fete de cette 
sociöte, le 14 juillet 1906. 

Enfin les convives se sont söpares en se donnant rendez-vous pour le Grand 
Banquet du Comitö des Dames de l A-C-D-F., qui aura lieu le 31 janvier au Palais d’Orsay. 

Apres avoir decide pour la premiere fois en France, d’admettre les femmes avec 
tous les droits et titres de sociötaires, EAeronautique-Club de France a cröe un Comit6 
des Dames qui donnait sont premier banquet le 31 janvier dernier au Palais d’Orsay. 
Cette jolie fßte qui avait reuni une centaine de convives a ete des plus reussies, les 

:• • , . 

• • ••«••• 


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älägantes toilettes des dames altemaient autour de la table ölögamment däcoräe avec 
les sombres habits noirs. M. le Commandant Renard presidait, il avait de ses cotös: 
Mme. Surcouf prösidente du Comitö des Dames, et Mme. Bourdon, vice-präsidente. 

A l’heure du Champagne, M. Sauniere, Präsident de l’Aero-Club de France, a donnä 
lecture d’un tölögramme des sapeurs aörostiers, anciens öläves de l’Ecole fondöe par la 
Sociätä, adressant leurs vceux respectueux au Comitä des Dames, puis il a prösentä 
les fälicitations du Comitö de Direction au Comitö des Dames pour son active propa- 
gande. Mme. Surcouf, prösidente du Comitö des Dames, a rappelö ensuite que le but du 
comitä föminin est de dävelopper chez la femme le goüt de l'Aärostation et de prouver 
que la femme n’est pas seulement apte ä parier Chiffons mais peut s’intäresser utilement 
aussi aux progräs scientifiques et sportifs. M. Archdeacon parle aussi sur le mßme 
thäme dans son allocution et aprös quelques paroles de M. Darras, le Commandant 
Renard rappelle en termes fort applaudis, le but poursuivi par TAeronautique-Club de 
France et retrace ses rapides progrös. 

Une soiröe-concert des plus brillantes s’est prolongöe jusqu’ä une heure tres avancöe. 


Aöro-Club du Nord de la France. 

Als eine Abteilung des Automobile-Club du Nord hat sich ein neuer französischer 
Luftschiffer-Verein unter obigem Namen mit 27 Mitgliedern konstituiert. E. 


Aero Club of St. Louis. 

In St. Louis hat sich ein Luftschifferverein unter obigem Namen mit etwa 70 Mit¬ 
gliedern unter dem Vorsitz von M. Dozier gebildet, dessen Hauptaufgabe die Vorbereitung 
der Gordon-Bennett-Wettfahrt ist, zu dem er einen Ballon gemeldet hat. Das Bureau 
des Klubs ist bis zur Fertigstellung des eigenen Klubhauses, gegenüber dem Forest-Park, 
in den Räumen der Business Men’s League, 704 Locust Street. E. 


Sportkommission des deutschen Luftschifferverbandes. 

Zur Pflege eines richtigen aeronautischen Sportgeistes und zur Vorübung für den 
Kampf um den Gordon-Bennett-Preis in St. Louis am 19. Oktober 1907 ist die Sport¬ 
kommission bemüht, noch vorher verschiedene Wettfliegen um Ehrenpreise in Deutschland 
zu organisieren. Dank dem Entgegenkommen der Stadt Düsseldorf hat jetzt der Nieder¬ 
rheinische Verein sein Programm für das Wettfliegen am 8./9. Juni fertiggestellt. 

In gleicher Weise schweben zurzeit Verhandlungen für ein Wettfliegen im Mai 
laufenden Jahres von Mannheim bezw. im Anschluß an das Fliegen in Düsseldorf im 
Juni von Ludwigshafen aus, für dessen Zustandekommen von seiten des Oberrheinischen 
Vereins ein starkes Interesse vorliegt. 

Anfragen für Düsseldorf sind an Hauptmann v. Abercron daselbst, Anfragen für 
Mannheim und Ludwigshafen an Major Moedebeck, Straßburg i. E., zu richten. Mck. 


Bücherbesprechungen. 

Rudolf Martin, Berlin-Bagdad, das deutsche Weltreich im Zeitalter der Luftschiffahrt 
1910—1931. Geh. 2.50, geb. 3.— M. (Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlags- 
Anstalt.) 

Der Verfasser, bereits in weitesten Kreisen durch das Werk «Die Zukunft Ru߬ 
lands» und als Nationalökonom von umfassendem Blick bekannt, entwirft in diesem Buch 
eine Reihe von Phantasiegemälden über politische, in wenig mehr als zwei Jahrzehnten sich 
vollziehende Umwälzungen, wobei die meisten der weltbewegenden Gedanken auf mili- 


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tärischem, gesellschaftlichem, technischem, wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Ge¬ 
biet, wie sie uns bis zur Jetztzeit allmählich geläufig geworden sind, in ihrer ange¬ 
nommenen Weiterentwicklung vorgeführt werden. Es handelt sich dabei nicht um ein 
planloses unvermitteltes Verirren in Ungeheuerlichkeiten; der Leser wird vielmehr an¬ 
geregt und gefesselt dadurch, daß das Unwahrscheinliche immer auf bestimmte Vor¬ 
bedingungen der Möglichkeit zurückgeführt wird, mit denen es steht oder fällt. Der 
ursächliche Zusammenhang zuweilen auch sehr heterogener Dinge wird mit gewinnender 
Darstellungskunst vor Augen geführt. Unter dieser Behandlungsart stellt sich die Be¬ 
herrschung des nach wilder Revolution neugeborenen Rußland durch einen hochbegabten 
Abenteurer, die Ausdehnung des Deutschen Reiches bis über Mesopotamien, die glatte 
Lösung einer Reihe jetzt schwebender Nationalitätenfragen, die territoriale Umgruppierung 
verschiedener Staaten und die Wandlungen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, ebenso eine 
Menge anderer Umwälzungen und Vervollkommnungen schließlich dar als Folgen einiger 
als möglich angenommenen Errungenschaften — auf dem Gebiet der LuftschifTahrt. Es 
handelt sich dabei um die Möglichkeit, das lenkbare Luftschiff und alle zugehörigen 
Betriebsmittel binnen eines knapp bemessenen Zeitraumes so zu vervollkommnen, daß 
man imstande ist, große schlagfertige Truppenmassen (ca. 800—1000 Mann per Schiff) 
durch die Luft zu senden, Luftschiffe mit Lancierrohren und mit Granaten und Torpedos 
in solcher Menge auszurüsten, daß sie ein wirksames Bombardement durchführen können, 
ferner die Schnelligkeit der so beladenen Luftschiffe auf 3—400 km per Stunde zu steigern 
und ihnen dabei einen Aktionsradius von Tausenden von Kilometern zu sichern, sie zu 
befähigen, plötzlich und überraschend, längstens innerhalb einiger Minuten einen Flug¬ 
höhenwechsel um 5-6000 m vorzunehmen, sie mit Sauerstoffapparaten für die ganze 

Besatzung auszustatten, so daß längere Fahrten in 9000 m und mehr Höhe möglich 
werden usw. Auch die Stationen, Magazine, Landungsplätze pp. sind nicht übersehen. 
Auf Annahme dieser Möglichkeiten baut sich wie angedeutet von Anfang an die Ent¬ 
wicklung der Vorgänge auf und wenn sich auch dem Leser unwillkürlich Hunderte von 
Einwürfen immer wieder aufdrängen, so gestaltet sich der Endeindruck doch dahin, daß 
wir zwar nur vom jetzigen Standpunkt der Wissenschaft und Technik aus zu urteilen 
vermögen; daß aber in manchen Einzelrichtungen ein entschieden verneinender Stand¬ 
punkt nicht gerechtfertigt wäre. In einer Richtung allerdings bleibt entschiedener Zweifel 
begründet, nämlich bezüglich des angenommenen Tempos für die erforderlichen Luft- 
schiffahrts-Errungenschaften. Da müßte sich gegenüber dem bisherigen Verlauf, besonders 
bezüglich des Wagemuts des Kapitals, schon noch sehr viel ändern. K. N. 

Prof. l)r. W. Koppen. Klimakunde. I. Allgemeine Klimalehre. Zweite verbesserte 
Auflage. Mit 7 Tafeln und 2 Figuren, 132 S. 8°. G. J. Göschensche Verlags¬ 
handlung, Leipzig 1906. 

Die in der rühmlich bekannten Göschenschen Sammlung erschienene Köppen- 
sche Klimakunde ist zwar eigentlich über unser Lob erhaben. Doch glauben wir 
manchen Lesern einen Dienst zu erweisen, wenn wir auf die zweite Auflage dieser meister¬ 
haft geschriebenen kleinen Klimatologie aufmerksam machen. Der soeben erschienene 
erste Teil behandelt die einzelnen klimatischen Elemente und die allgemeinen klima¬ 
tischen Typen und Zonen; in jeder Zeile streng wissenschaftlich zuverlässig, allen 
neuesten Untersuchungen Rechnung tragend, inhaltsreich und doch zugleich mit überle¬ 
gener Auswahl des Stoffes, und llüssig, anschaulich und allgemein verständlich geschrieben, 
stets die Beziehungen auf das organische Leben berücksichtigend. Mit besonderem Interesse 
darf gerade in letzterer Hinsicht das Neuerscheinen des zweiten, speziellen Teils er¬ 
wartet werden. . de Q. 

Gross, Major. Die Entwickelung der Motor-Luftschiffahrt im 20. Jahrhundert. 
Berlin, O. Salle, 31 Seiten. 3 Fig. 

Der am 11. Oktober 1906, anläßlich des 25. Jubiläums des Berliner Vereins für 
Luftschiffahrt gehaltene Vortrag des Herrn Major Gros, über den bereits berichtet wurde, 


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ist unter obigem Titel im Druck erschienen. In der beim Verfasser gewohnten knappen 
und eleganten Form, dabei aber in erstaunlicher Ausführlichkeit gibt der Vortrag all¬ 
gemein verständlich die Fortschritte der Motor-LuftschifTahrt. 

W. Stavenhagen, Hauptm. a. D. Über Himmelsbeobachtungen in militärischer 
Beleuchtung. Berlin, Treptow-Sternwarte, 62 Seiten. Mk. 1,50. 

Der kleine, populär geschriebene Führer am Himmel erläutert im wesentlichen die 
Schätzung der Himmelsrichtungen nach Sonne, Mond, Planeten, Fixsternen, Dämmerung 
und Zodiakallicht. Für den Luftschiffer von Bedeutung ist das Zurechtfinden am Stern¬ 
himmel, das im vorliegenden Heftchen kurz in genügender Ausführlichkeit erläutert wird. 

J. Hofmann, Reg.-Rat a. D. Sprachliches über Luftschiffahrt. Zeitschrift des All¬ 
gemeinen deutschen Sprachvereins. 22. Jahrg., Nr. 1. Januar 1907. S. 8—10. 
Der Verfasser schlägt u. a. vor, lür die kürzlich gebildeten Worte: «Motorluftschiff 
und Motorballon», das Wort «Luftschiff» zu gebrauchen, für «Flugmaschine und Flug¬ 
apparat» «Flieger» zu sagen (also Drachenflieger, Schraubenflieger etc.). Die Worte 
gehören ja schon der deutschen Sprache an und werden z. B. in Moedebecks Taschen¬ 
buch mit gleicher Bedeutung angewendet, sodaß die Bildung von Fremdwörtern und 
neuen Zusammensetzungen zum mindesten überflüssig ist. 

L’Aeronaute, Dezember 1906. M. Armengand (jeune). «Le probl&me de P Aviation et 
l’Aöroplane de M. Santos-Dumont.» 

Pläne des Drachenflieger Santos-Dumont mit Maßangaben. 

L'A6ronautique^ Januar 1907. « La construction des dirigeables scientifiques.» Ausführ¬ 
liche Beschreibung des Luftschiffes: La Ville de Paris (Deutsch de la Meurthe). 
«Un nouveau Statoscop». Der übliche abschließbare Luftraum ist mit einem 
kleinen Blasebalg aus Goldschlägerhaut verbunden, das Instrument gibt bei einer Änderung 
von 7 «° mm Druck (25 cm Höhenänderung in der Nähe des Meeresniveaus) einen Aus¬ 
schlag von 1 mm. 

I/Aeropliile, Dezember 1906. A. de Ma sfr and. «Le dirigeable militaire: Patrie » Kon¬ 
struktion und bisherige Leistungen des neuen französischen Kriegsluftschiffes. 
Januar 1907. S. 16. Ferber, les Expöriences de M. M. Solir&ne. Ein 
neuer Gleitflieger nach Lilienthalschem Prinzip. 

Meteorologische Zeitschrift, Dezember 1906. A. de Quervain. Neue Beweise für 
die Realität der oberen Inversion in 8 bis 13 km Höhe. 

Ballooning and Aeronautics. A monthly illustrated Record. Vol. 1. Nr. 1. Jan. 1907. 
London. 

Mit dem vorliegenden Heft beginnt eine monatliche englische Fachzeitschrift für 
Aeronautik zu erscheinen. Aus dem reichhaltigen Inhalt führen wir an: «The Wright 
Aeroplan» mit Abbildungen des neuesten Fliegers, die allerdings nach einem von Pro¬ 
fessor Huntington und Wainforth hergestellten Modell gegeben werden, «The Winner of 
the Krabbe Cup» (Mrs. Assheton Harbord), «The Berlin Aero Club», «Long-distance 
Ballooning» von P. Spencer, eine eingehende Beschreibung der bekannten Fahrt vom 
27.—28. November 1906 von London nach Nevy (Jura). Die Zeitschrift ist ein neuer 
Beweis dafür, daß nun auch in England ein reges aeronautisches Leben herrscht. 

The Aeronautical Journal 1907, Nr. 41. W. N. Shaw, On the Use of Kites 
in Meteoroligal Research. S. 2. Meteorologische Resultate der in England aus¬ 
geführten Drachenaufstiege. 

R. M. Baiston, The Stability of the Conic Shape in Kites and Flying 
Maschines. S. 21. E. 


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104 « 4 « 


Personalia. 

Geh. Regierungsrat Prof. Busley wurde der Kgl. Kronenorden 2. Klasse verliehen. 

Geh. Ober-Regierungsrat Prof. Dr. W. v. Bezold, Direktor des Kgl. Preuß. Meteoro- 
log. Instituts, ist von der Akademie der Wissenschaft zu St. Petersburg zum korrespon¬ 
dierenden Mitglied gewählt worden. 

Prof. Dr. W. Koppen, Leiter der Drachenstation der Seewarte, Hamburg, erhielt 
den Charakter als Admiralitätsrat. 

Ewald v. Kleist, Oberleutnant in der Schutztruppe für Südwestafrika, wurde zum 
Hauptmann befördert und in das Luftschifferbataillon versetzt. 

A. Lawrence Rotch, Direktor des Blue-Hill-Observatoriums, Boston, korrespon¬ 
dierendes Mitglied des Berliner Vereins für Luflschiffahrt, wurde zum Professor der 
Meteorologie an der Harvard-Universität ernannt. 

Major Tokunagra, unser langjähriger japanischer Mitarbeiter, welcher vor Port- 
Arthur die japanische Luftschifferabteilung geführt hat, ist nach München zum 3. bayer. 
Pionierbataillon kommandiert worden. 

llildebrandt, Hauptmann im LuftschifTer-Bataillon, unser Mitarbeiter, hat seinen 
Abschied eingereicht und beabsichtigt, sich dem Studium der aeronautischen Meteorologie 
zu widmen. 

Graf Henry de la Vaulx, unser bekannter Mitarbeiter, ist zum Officier de 
rinstruction publique ernannt worden. 

Georges Bans, unser früherer Mitarbeiter. Redakteur für Aeronautik der Zeitschrift 
«Les Sports«, ist zum Officier de rinstruction publique ernannt worden. 

Die Firma C. P. Goerz, Berlin-Friedenau, stiftendes Mitglied des Berliner Vereins 
für Luflschiffahrt, feiert ein interessantes Doppeljubiläum, nämlich das der Herstellung 
des lOOOOOsten Trieder-Binocle und das der Herstellung des 200(XX)sten Präzisions- 
Objektivs. 

PompeYen Piraud, französischer Flugtechniker, bekannt durch sein Werk: Les 
Söcrets du coup d’ailes, Paris 1903, ist am 25. Januar in Lyon gestorben. 

Leutnant Bois, Führer des Luftschiffes «La Patrie» von der 2. Kompagnie des 
25. Genie-(LuftschifTer-)Bataillons, wurde zum aeronautischen Zentral-Etablissement nach 
Meudon kommandiert. 

Hauptmann Berner, Chef der 2. Luflschiffer-Kompagnie des 25. Genie-Bataillons, 
wurde als Ordonnanz-Offizier zum Kriegsminister kommandiert. 

Hauptmann Borsehuek von der aeronautischen Versuchsstation zu Meudon wurde 
zum Kompagniechef der 2. Kompagnie des 25. Genie-Bataillons ernannt. 


Humor. 

Druckfehler. «Mon dirigeable von H. de la Vaulx» hieß ein Artikel im Dezember¬ 
heft 1906 der 111. Aer. Mitt. In der neuen englischen Zeitschrift «Ballooning and Aeronautics» 
lesen wir auf Seite 32 unten dafür: «Non-dirigible: H. de la Vaulx». 

Ein bekannter Berliner Erfinder wird im Januarheft 1907 des <Aöronautique* auf 
Seite 18, Sp. 1 unten «M. Sauswindt» genannt. 

- ^ - 

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet. 

Die Redaktion. 


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”1 

Za „Illustrierte Aeronautische Mitteilungen*. April-Heft 1907. 



(Nach einer Photugravüre von R. Dtihrkoop, Berlin-Hamburg.) 


Kommissionsverlag von Karl J. Trübner in Stnüibnrs 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 

XI. Jahrgang. *ms April 1907. *«*■ 4. Heft. 

m. •K'.ae.'är«.« ^'**'**'-mr--** ■»>€.■**■ 4? «« »•■»«■k »**:**.'*' «.-**%«& ■*■ y^T*-**. v» 

Wilhelm v. Bezold f. 

An der Bahre Wilhelm v. Bezolds trauert neben ihren älteren und 
berühmteren Schwestern, der Physik und der Meteorologie, die Wissenschaft, 
der diese Blätter mitdienen, die Aerologie. 

Es ist ein besonderes Kennzeichen bedeutender Männer, daß sie auch 
auf Schaffensgebieten, denen sie nicht den besten Teil ihres Könnens ge¬ 
widmet haben, auf Gemarkungen, die sie nur mitbeackern helfen, ihre eigene 
Fahne aufpflanzen, aus eigenem Geiste geborene Ideengänge auslösen. 

Die wissenschaftliche Heimat Bezolds war in der ersten Periode seines 
Schaffens die eigentliche Physik, vor allem die Elektrizitätslehre, die Optik 
und Farbenlehre, in der zweiten die Meteorologie, insbesondere die Gewitter¬ 
kunde und die Thermodynamik der Atmosphäre gewesen; sein Lebensabend 
gehörte neben dieser zumeist dem Erdmagnetismus. Seine allgemeine Be¬ 
deutung zu würdigen, die ihm zukommende Stellung in der Geschichte 
dieser Forschungszweige festzulegen, ist andern Vorbehalten; nicht uns ge¬ 
ziemt es, dies zu tun, und nicht diese Blätter sind geeignet, vor der Welt 
hiefür Zeugnis abzulegen. 

Von seinen thermodynamischen Studien aber, von der «Physik der 
Atmosphäre», der Wissenschaft, die gerade Bezold aus der Taufe gehoben 
hat*), führte ihn frühzeitig eine feste Brücke zur Luftschiffahrt. Nur diese 
letztere konnte ihm das reale Substrat liefern für die klaren, so einfachen 
und doch so schönen Sätze, die er gleich festen Grundmauern auf diesem 
Wissensgebiete aufrichtete. 

Hervorgerufen hat er die moderne, große aerologische Bewegung nicht. 
Dies zu betonen, war er, der fremdes Verdienst stets anerkannte, der erste. 
Aber er hat ihr, ob auch ihrer Praxis nicht näherstehend, in die Ausbildung 
ihrer Methoden nicht eingreifend, klar umschriebene Aufgaben gestellt, er 
hat ihr Fragebogen vorgelegt, die eine Beantwortung gebieterisch erheischten 
und ihren Jüngern immer wieder aus dem Gestrüpp der Einzelheiten die 
Pfade zur Forschung von größeren, umfassenderen Gesichtspunkten aus ge¬ 
wiesen. Wir können uns ihn aus unserer Wissenschaft gar nicht hinweg¬ 
denken . 

Die alte Streitfrage aller historischen Betrachtung, die dem genetischen 
Momente nachgeht, sei es auf dem Gebiete der Völker- und Staatengeschichte, 
sei es auf dem der Kultur- und Wissenschaftsentwicklung: «ob bedeutende 

♦) Die Bezeichnung €Physik der Atmosphäre» ist zuerst von Bezold in der Wissenschaft eingebürgert 

worden. 

Illustr. Aeronaut Mitteil. XI. Jahrg. 


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Männer ihre Zeit machen oder die Zeit die Männer hervorruft», wäre wohl 
längst im ersteren, näherliegenden Sinne entschieden, wenn nicht immer 
wieder ein merkwürdiges Zusammentreffen, eine auffällige gleichzeitige Pro¬ 
duktion von sich wechselseitig ergänzenden, einander zur Vollreife geradezu 
notwendigen Geistern den Betrachter solcher Entwickelungen, solcher kul¬ 
turellen oder wissenschaftlichen Geburten, stutzig machte. 

Wie so oft in der großen Welthistorie, so auch auf dem kleinen, uns 
hier beschäftigenden Gebiete. 

Keinem, der hier miterlebt hat, wird es zweifelhaft sein, wie zuerst 
die gewaltige Initiative und Energie Aßmanns den Stein ins Rollen gebracht, 
das seit Jahrzehnten schlafende Dornröschen der Luftforschung machtvoll 
geweckt, im eigentlichen Sinne ins Leben gerufen hat, wie dann neben ihm 
die Zähigkeit und der Ideenreichtum von Rotch, sowie die konsequente, auf 
breitester wissenschaftlicher Basis einsetzende, vielseitige Arbeit Teisserenc 
de Borts neue Methoden geschaffen, neue Probleme gezeitigt und Antworten 
auf sie gefunden, — in welch rastlos bauende, den Bau nach allen Seiten ver¬ 
breiternde und stützende Hand endlich die nun international gewordene 
Forschungsmethode bei Hergesell gelegt worden ist. 

Aber von diesen leitenden Namen der Aerologie ist der Name 
Wilhelm v. Bezolds nicht zu trennen. 

Zwiefach hat er hier mitgeschaffen: nach zwei verschiedenen Seiten 
hin liegen seine Verdienste um die forschende, insbesondere die meteoro¬ 
logische Luftschiffahrt. 

Die eine Hälfte seiner Mitarbeit w r ar mehr äußerlicher Art — und doch, 
wie die Dinge lagen, von großer Wichtigkeit für die praktische Möglichkeit 
einer Aerologie, zu mindest an ihrem ersten'Ausstrahlungspunkte, in Berlin. 

Weil er inneres Verständnis hatte für die Bedeutung der Aßmannschen 
Pläne, für die Möglichkeiten, die erst durch dessen neues Instrument ge¬ 
boten wurden, die Zustände der freien Atmosphäre an jedem Punkte in allen 
ihren dreien bedingenden Faktoren: Druck, Temperatur und Wasserdampf¬ 
gehalt zuverlässig festzustellen, nicht nur, wie bisher, bloß in dem ersten, 
weil er einsah, wie erst auf diesem festen Grunde weiter zu bauen war, 
stellte er sich von Anfang an mit Begeisterung auf die Seite dieser neuen 
«Höhenmeteorologie». Er förderte sie als Leiter des ihm unterstellten In¬ 
stituts, wie als Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Er tat es durch 
rege Anteilnahme an allen Vorarbeiten, durch Agitation innerhalb der Aka¬ 
demie, von der er unter anderem eine materielle Zuwendung für die ersten 
Berliner Ballonexperimente erwirkte, durch liberalste Zurverfügungstellung 
der Arbeitskraft mehrerer seiner Beamten sowie des Instrumentariums des 
Meteorologischen Instituts u. a. m. Von Bedeutung war auch, daß er seine 
freundschaftlichen Beziehungen zu Männern, wie Helmholtz, Siemens und 
anderen ersten Geistern in der Welt der Naturwissenschaften, alsbald zu¬ 
gunsten des neuen Unternehmens in die Wagschale warf und deren Interesse 
für dieses zu gewinnen wußte. 


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Dies war das äußerliche Moment. Noch fruchtbarer wurde seine 
innere Beziehung zur meteorologischen Höhenforschung. 

Durch seine Untersuchungen zur Thermodynamik der Atmosphäre hatte 
er, unter Präzisierung von teilweise neuen Grundbegriffen, wie: potentielle 
Temperatur, spezifische Feuchtigkeit, Mischungsverhältnis, zusammengesetzte 
Konvektion, die Grundlagen geschaffen, um die so wichtigen vertikalen 
Luftbewegungen scharf zu definieren, und feste Kriterien gegeben, Zustands¬ 
änderungen innerhalb einer und derselben Luftmasse, die nur aus solchen 
Bewegungen resultieren, von Mischungen verschiedenartiger Massen zu unter¬ 
scheiden. Er wies darauf hin, daß das Bild der vertikalen Temperaturver- 
teilung, wie es sich aus den Ballonaufstiegen ergab, den neueren theoretischen 
Anschauungen über die Bildung eines mittleren Zustandes in den höheren 
Schichten entspreche, während Glaishers Aufstiege noch einen unlösbaren 
Widerspruch hierzu ergeben hatten. Er zeigte, wie die Regelmäßigkeit der Tem¬ 
peraturumkehrungen in den unteren Luftschichten und deren quantitative 
Unbeschränktheit die Erdoberfläche nicht nur, wie gewöhnlich betont wird, 
zu einem Wärmereservoir für die Atmosphäre, sondern in anderem Sinne 
ebenso gut zu einer Quelle der Abkühlung für die unteren Schichten der¬ 
selben macht, und gab die Erklärung dieses scheinbaren Widerspruchs. Er 
betonte, wie wenig der Gang der vertikalen Temperaturabnahme nach den 
neueren Feststellungen in Übereinstimmung zu bringen ist mit der Kon¬ 
vektionstheorie der Zyklonen und Antizyklonen. Er machte aufmerksam 
auf die eigentümlichen Vorgänge an den Oberflächen von Wolkenschichten, 
welche infolge von Verdunstung und Strahlung entstehen, und auf die Stellung 
solcher Wolkengrenzen als einer «sekundären Erdoberfläche». 

Dies alles sind naturgemäß nur wenige Schlagworte aus seinen Be¬ 
trachtungen über diese Grundfragen der Meteorologie; eine große Reihe 
weiterer fruchtbarer Gedanken schloß sich ihnen an. Nicht alles hiervon 
ist bestehen geblieben; die regelmäßige tägliche Forschung mit Drachen, 
wie besonders diejenige in den hohen Schichten mittels Registrierballons, 
hat auch hierin in den allerletzten Jahren einige Wandlungen in den An¬ 
sichten gebracht. Aber kennzeichnend für seinen weiten Blick, seine scharfe 
Beurteilung des notwendigen Entwickelungsganges ist, daß er bereits vor 
7 Jahren, in den «Theoretischen Schlußbetrachtungen» zu den «Wissen¬ 
schaftlichen Luftfahrten», am Ende seiner Ausführungen, als wichtigstes, was 
nunmehr zu geschehen hätte, diejenige Forschung bezeichnete, die erst viel 
später einsetzend, heute wohl im Mittelpunkte des Interesses aller unserer 
Arbeiten steht — die aerologische Forschung über dem Ozean und in den 
Tropen! 

Seine Leistungen auf anderen Gebieten können hier, wie betont, nicht 
besprochen werden. Kaum streifend möchten wir nur erwähnen, wie er 
wichtige Beiträge zur Lehre von der Dämmerung lieferte, wie er, kaum der 
Meteorologie zugewendet, alsbald in Bayern den meteorologischen Dienst be¬ 
gründete und dort speziell den ersten modernen Gewitterdienst schuf, wie 


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er das preußische meteorologische Institut von Grund aus reorganisierte 
und, unter geschickter Heranziehung vorzüglicher Mitarbeiter, binnen kurzem 
zu einem vorbildlichen umgestaltete, wie er auf dem Gebiete des Erd¬ 
magnetismus den Begriff der Isanomalen des erdmagnetischen Potentials 
einführte, sich eifrigst beteiligte an den Anregungen und Plänen zu einer 
Nachprüfung der Gaußischen Theorie durch eine magnetische Vermessung 
in großartigstem Maßstabe, und den Versuch unternahm, Erdmagnetismus 
und Meteorologie durch ein engeres, inneres Band zu verknüpfen. Auf 
einem ganz anderen Felde aber war er unter allen Vorarbeitern und Vor¬ 
läufern, die Heinrich Hertz bei seiner unsterblichen Entdeckung gehabt hatte, 
nach Hertz’ eigenem Zeugnis derjenige, der dieser Entdeckung am meisten 
nahe gekommen. Vielleicht hat nur die Verlegung seiner Tätigkeit auf 
das meteorologische Gebiet ihn an der Ausführung des letzten, entscheidenden 
Schrittes in dieser Richtung gehindert. 

So ist denn mit Wilhelm v. Bezold ein ausgezeichneter Gelehrter von 
uns geschieden — zugleich aber ein vorzüglicher Lehrer, Berater und An¬ 
reger, sowie ein liebenswürdiger Mensch von feinster Geisteskultur. 

Wenn der nach ihm benannte, neueste und schönste Ballon des Berliner 
Luftschiffervereins — und wir wissen, daß diese Ehrung ihm noch im letzten 
Lebensjahre große Freude bereitet hat — stolz die hohen Schichten des 
Luftmeeres durcheilt, denen Wilhelm v. Bezolds stetes Sinnen und emsiges 
Forschen zugewendet war, so möge er Zeugnis ablegen, daß wir Luftschiffer 
ihn, der nie im Korbe eines Luftballons gesessen, dennoch stets als einen 
der unserigen betrachten, ihm allezeit, in treuem Gedenken, Verehrung und 
Dankbarkeit bewahren werden. Arthur Berson. 


cK 

Aeronautik. 

Die Form des Tragkörpers von Luftschiffen. 

Von P. Denninghoff und H. Ellas. 

Zur Ermittelung des Luftwiderstandes von elektrischen Schnellbahn¬ 
wagen wurden im Jahre 1904 von der Studiengesellschaft für elek¬ 
trische Schnellbahnen unter Leitung eines der Verfasser Versuche 1 ) 
angestellt, deren Resultate auch für die automobile Luftschiffahrt von Wert sind. 

Bei den Versuchen kam es nicht darauf an, die absolute Größe des 
Widerstandes, den verschiedene Formen bei der Bewegung in der Luft 
finden, zu ermitteln, sondern es galt vielmehr nur, Vergleichs werte 
zwischen den verschieden geformten Körpern in bezug auf ihren Luft¬ 
widerstand festzustellen. Zu diesem Zweck wurde die bereits von Newton 
angewendete Methode durch Messung der Ausschlagweiten eines im luft- 

*) Die Versuche wurden in einem Vortrag, der im Verein Deutscher Maschincn-Ingenieure am 
27. März 190G gehalten und in Glasers Annalen 1906, Band 58, Nr. 696 veröffentlicht wurde, mitgetoilt. 


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109 «44 


erfüllten Raum schwingenden Pendels, dessen schwerer Teil durch ver¬ 
schieden geformte Modelle gebildet wurde, benutzt. 



Die Modelle sind aus Holz in einfachen Formen hergestellt, wie die 
Figuren 2 zeigen. Der mittlere Teil ist bei allen Modellen derselbe und an 
diesen können genau passende Endstücke von verschiedener Form angesetzt 
werden. Durch Metalleinlagen sind die Modelle vor den Versuchen auf das 
gleiche Gewicht gebracht. Der Versuchskörper wurde an 4 Stahldrähten 
von 0,16 mm Dicke so aufgehängt, daß seine Schwingungen in einer durch 
seine Längsachse gehenden Vertikalebene erfolgen, wie die Figur 1 er¬ 
kennen läßt. Die Drähte sind oben über Rollen gelegt und von dort zu 
einer an der Wand befestigten Stellvorrichtung b geführt, durch welche die 
richtige Pendellänge, die rund 3,2 m betrug, eingestellt wird. Zum Messen 
der Pendelausschläge ist ein hölzernes Gestell mit einem Kreisbogen her¬ 
gestellt, auf dem zwei Schlitten c und f beliebig eingestellt werden können. 
Der eine dieser Schlitten trägt eine Vorrichtung zum Festhalten des Modells 
in der ursprünglichen Ausschlagstellung. Beim Beginn des Versuches wird 
das Pendel dadurch ausgelöst, daß der Stromkreis eines mit der Feststell¬ 
vorrichtung verbundenen Elektromagneten geschlossen wird. Der andere 
Schlitten dient zur Aufzeichnung der Ausschlagweite des Pendels und ist 
mit einem Papierstreifen belegt. Ein an dem Versuchskörper angebrachter 
feiner Pinsel h zieht am Ende des Ausschlages eine Linie auf dem Papier¬ 
streifen und auf diese Weise kann der Ausschlag des Pendels bei jeder 
Schwingung genau gemessen werden. 

Die Modelle wurden, nachdem sie sorgfältig auf das gleiche Gewicht 
von 1 kg gebracht waren, an den Drähten aufgehängt, von ein und dem¬ 
selben Punkt aus in Schwingung versetzt und so lange in der Pendelbewegung 
erhalten, bis die Ausschlagweite um ein bestimmtes Maß abgenommen hatte. 
Jeder Körper erleidet hierbei einen gleich großen Verlust an Arbeitsvermögen 


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110 


und die Anzahl der hierzu erforderlichen Schwingungen ist offenbar um so 
größer, je geringer der Luftwiderstand des schwingenden Körpers ist. Die 
Schwingungszahlen zweier verschiedener Körper ergeben mit großer An¬ 
näherung unmittelbar den Weg, welchen der Körper in der Luft unter 
Überwindung des Luftwiderstandes zurückgelegt hat. Die Arbeit ist in allen 
Fällen die gleiche, nämlich die festgesetzte, konstante Abnahme der Fallhöhe 
multipliziert mit dem konstanten Gewicht von 1 kg. Auf Luftschiffe an¬ 
gewendet heißt 
0 H3t dies also: die 
Zahlen zeigen den 
Weg, welcher mit 

2. \ o. 95i einer bestimmten 

^/ Arbeit relativ zur 



3 . 



umgebenden Luft 
o . 974 zurückgelegt 
wurde. Da die Ar¬ 


beit bei gleich- 

4 . ( ^ i bleibender Kraft 

des Motors pro¬ 
portional dem 
i . 062 Benzinverbrauch 
ist, so ergeben die 
Zahlen auch das 

o. <3*0* 1 . 099 Verhältnis der Ak¬ 

tionsradien bei 





gleich großen und 
i . i66 gleich starken 
Luftschiffen ver¬ 


schiedener Form. 
1 • Als Einheit ist die¬ 
jenige des an bei¬ 
den Enden halb- 
1 • 348 kugelförmig abge¬ 
rundeten Lang¬ 
ballons angenom- 
i • 588 men# Wenn die be¬ 
stimmte Abnah- 

Fig. 2. 

me der Schwing¬ 
ungsweite bei einem Modell nicht genau mit dem Ende einer Schwingung zu¬ 
sammenfiel, so ist aus den zunächst liegenden Pendelausschlägen durch 
Interpolation der noch fehlende Teil der Schwingung berechnet worden, um 
die genaue Schwingungszahl zu erhalten. Der größeren Sicherheit halber 
sind die Versuche mit jedem Modell mehrere Male und an verschiedenen 
Tagen wiederholt worden. Wenn dieselben Verhältnisse herrschten, waren 





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111 «44 


die Schwingungszahlen genau die gleichen; aber Änderungen des Barometer¬ 
standes, der Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit bewirkten sofort eine 
Änderung des Luftwiderstandes, die aus den Schwingungszahlen zu er¬ 
kennen war. Es fanden deshalb während der Versuche Beobachtungen des 
Barometers, des Thermometers und des Hygrometers statt und die Versuchs¬ 
ergebnisse wurden danach auf die gleichen Verhältnisse umgerechnet. Dabei 
zeigte sich, daß die in dieser Weise ermittelten Ergebnisse aller mit dem¬ 
selben Modell ausgeführten Versuche völlig übereinstimmten. 

In der Figur 2 sind die Grundrisse der für die Luftschiffahrt in 
Frage kommenden Versuchskörper geordnet nach der Größe ihres Luft¬ 
widerstandes aufgezeichnet und rechts neben diesen Grundrissen die ge¬ 
fundenen Verhältniszahlen angegeben. 

Der Widerstand der Drähte ist bei den Versuchen nicht berücksichtigt 
worden, was indessen unbedenklich ist, weil er an sich nur gering ist und 
weil bei allen Modellen dieselben Drähte verwendet wurden und somit der¬ 
selbe Widerstand in Abzug zu bringen sein würde. 

Die Geschwindigkeiten, für welche die gefundenen Zahlen gelten, sind 
im Maximum etwa 3,7 m. p. Sek. Eine Extrapolation auf größere Ge¬ 
schwindigkeiten ist bekanntlich nicht zulässig, sodaß das Verhältnis zwischen 
den Werten zweier Formen für andere Geschwindigkeiten verschieden aus- 
fallen wird. Daß dagegen eine Umkehrung dieses Verhältnisses eintreten 
wird, beziehungsweise daß die Reihenfolge der nach der Größe der Wege 
angeordneten Formen eine andere bei anderen Geschwindigkeiten wird, ist 
höchst unwahrscheinlich. Die gefundenen Werte ergeben daher auf jeden 
Fall einen Maßstab für die Güte der Form des Tragkörpers. Die an¬ 
gewendete Methode brachte es mit sich, daß Modelle, welche an den beiden 
Enden verschiedene Formen aufweisen, nicht untersucht werden konnten. 

Die Versuche lassen sofort erkennen, daß die besonders spitzen Formen 
allen anderen weit überlegen sind. Von den bisher gebauten Luftschiffen 
zeigen bekanntlich die französischen Kriegsluftschiffe («Le Jaune» und «Patrie») 
eine scharfe Spitze. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die guten Leistungen 
dieser Luftschiffe trotz verhältnismäßig schwacher Motoren damit im Zu¬ 
sammenhang stehen. Das Parsevalsche Luftschiff ist bekanntlich halbkugel¬ 
förmig abgerundet. Durch Ersatz dieser Halbkugel durch eine scharfe 
Spitze wird es entschieden an Geschwindigkeit gewinnen. Das Zeppelinsche 
Luftschiff hat ungefähr die Form Figur 2 Nr. 7. Die Enden sind Parabeln, 
daß diese günstige Form zur Erzielung der bekannten großen Eigenge¬ 
schwindigkeit bei sehr geringem Kraftbedarf beigetragen hat, ist wohl 
außer Zweifel. 

Das für die Form des Tragkörpers Gesagte gilt natürlich auch für 
die Gondeln, wenn auch bei diesen, wegen ihres geringen Raumes, die Form 
nicht von solcher Wichtigkeit ist. Eine gute Gondelform zeigt Figur 2, 8, 
die keine Rundungen verlangt und trotzdem nur geringen Luftwiderstand 
ergibt. 


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Zur Ermittelung des Einflusses der vorspringenden Teile an den Seiten¬ 
wänden wurden an dem Modell Figur 2, 8 schmale Kartonstreifen von 0,7 mm 

Dicke in senkrechter Richtung und 
in verschiedenen Anordnungen, die 
aus der Figur 3 hervorgehen, an¬ 
gebracht. Die in der bereits be¬ 
schriebenen Weise berechneten Er¬ 
gebnisse der mit diesen Körpern 
ausgeführten Pendelversuche geben 
die annähernden Wege bei gleicher 
aufgewendeter Arbeit neben jedem 
0 * 9/0 Modell an. Aus diesen ist zu er¬ 
sehen, daß ein Vorsprung an der 
von den beiden schrägen Flächen 
gebildeten Kante (Fig. 3, 3) am 
ungünstigsten wirkt und zwar noch 
ungünstiger als die Verbreiterung 
der Stirnflächen durch Leisten 
(Fig. 3, 2). Die 12 Leisten oder 
Schlaufen an den parallelen Seiten¬ 
wänden (Fig. 3, 8) verursachen 
0 . 963 nur eine geringe Widerstandsver¬ 
mehrung. Es ist jedoch zweck¬ 
mäßig, bei allen Luftschiffen glatte 
0 • Seitenwände durchzuführen. Im¬ 
merhin ergibt sich aber die be¬ 
ruhigende Tatsache, daß die An¬ 
bringung von Aufhängeschlaufen am Traggurt nach Figur 3, 8 den Wider¬ 
stand nur unwesentlich vermehrt, sodaß in dieser Beziehung an der üblichen 
Aufhängung nichts zu verbessern sein dürfte. 

Die Pläne Wellmanns für 1907. 

Die Expedition Wellmann kehrte, nachdem der Bau der Ballonhalle und der Zu¬ 
sammenbau des mechanischen Teiles des Luftschiffes begonnen war, im September vorigen 
Jahres nach Paris zurück. Der mechanische Teil wurde auf der Däneninsel unter Auf¬ 
sicht eines Amerikaners und zweier Norweger zurückgelassen, die Hülle wurde zur Revision 
nach Paris mitgenommen. Die Füllung der Hülle mit Leuchtgas wurde am 12. Januar 1907 
in der «Galerie des Maschines* in Paris vorgenommen. Trotzdem das Gas dauernd unter 
einem Drucke von 4—5 mm Wassersäule gehalten wurde, zeigte der Stoff nicht die ge¬ 
ringste Durchlässigkeit, was ein gutes Zeichen für seine Güte ist. Man muß dabei be¬ 
rücksichtigen, daß der Stoff 6 Monate lang in einer Kiste verpackt war und große 
Temperaturschwankungen auszuhalten hatte. Eine neue Hülle ist daher für 1907 nicht 
erforderlich. Dagegen beabsichtigt Wellmann, den Inhalt des Tragkörpers um etwa 
1000 cbm, also von 6300 auf 7350 cbm zu vergrößern, indem in seinen größten Quer¬ 
schnitt eine Bahn von 5 m Länge eingesetzt wird. 

Die Gondel, welche in Spitzbergen zurückblieb, soll nicht mehr verwendet werden. 






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113 


Die neue Gondel, aus Stahlrohr, wird 35 m lang werden und etwa 800 kg wiegen. Im 
hinteren Ende wird der Benzinbehälter, ein Rohr von 80 cm Durchmesser und 16 m 
Länge mit einem Inhalt von 4000 Liter angebracht. 

Die früheren beiden Motore werden durch einen Motor von 100 H* ersetzt, der 
zwei seitwärts angebrachte Schrauben, ähnlich dem Lebaudy-Luftschiff, treibt. 

Die Geschwindigkeit des Luftschiffes wird auf etwa 25 km pro Stunde angenommen. 
Da das Benzin für etwa 100 Stunden ausreicht, so würde der etwa 1200 km lange Weg 
zum Pol hin und zurück gemacht werden können. Für die Rückreise sind jedoch Auto¬ 
mobilschlitten vorgesehen, die, leichter als die früheren, sehr schweren, konstruiert werden. 
Außerdem werden 12 Hunde mitgenommen. 

Wellmann hofft, das neue Material bis Ende April fertig zu stellen und gedenkt 
dann sofort zum Virgo-Hafen abzudampfen. Er nimmt an, daß die Reise zum Pol, nach 
einigen VorversucheiF, diesmal endgültig im Juli oder August angetreten werden kann. 
Als Besatzung sind außer .dem Leiter noch Major Hervey, vom Wetterbureau der 
Vereinigten Staaten, Gaston Hervieu, als Aeronaut, sowie ein Mechaniker und zwei 
Luftschiffer vorgesehen. (Nach l’A6ropbile.) E. 


„ Ballonführer-Flaggen. 

Unter diesem Titel wurde im Februar-Heft 1907 der I. A. M. der Gedanke erörtert, 
ä la Jockeyklub Farben, die sich durch Flaggen ersichtlich machen sollen, auch beim 
Ballonsporte einzuführen. 

Zugleich wurde schon ein buntes Feld von 20 Ballonrennern, wenn es erlaubt ist, 
sich so auszudrücken, abgelassen und ihre Farben registriert. 

Theoretisch ist die Idee recht nett, aber der Praktiker muß sich getreu dem Sprich¬ 
wörter Eines paßt ja nicht für alle! davon fernhalten. 

Erstens bedeutet die Vermehrung der Korbausrüstung um eine neue Leine eine 
neue Gelegenheit, das ohnehin reichlich bemessene Seilwerk (Korbstricke, Appendixstricke, 
Schleiftaue, Ankerleinen, Ventilleine, Reißleinen, Psychrometerleinen etc.) in Unordnung 
zu bringen. 

Zweitens kann man die verschiedenen Farben auf eine Distanz von 500 m in der 
Regel nicht unterscheiden. Die «Farben» des einzelnen Aeronauten kommen daher als 
solche nur zur Geltung vor der Abfahrt oder — um dem Bilde treu zu bleiben — beim 
Starte und beim Einlauf, bei der Landung! Und wer beobachtet dort die Flagge ? In 
welchem Zustande «präsentieren sich die durch wiederholte Siege weltbekannten Farben 
am halbvollen, schlappen, vom Winde in den unmöglichsten Linien gezerrten Ballon? 
Hat man dort vielleicht nicht Wichtigeres zu tun, als die Fahne hochzuhalten? 

Und wenn man dann mühsam unter dem zusammengesunkenen Riesen die Flagge 
oder deren ruhmvolle Reste andächtig hervorzerrt, ist es vielleicht möglich, daß einer 
oder der andere der johlenden Bauern sich erkundigt, was eigentlich dies bunte Wimpel 
zu bedeuten habe, und man kann dann — wenn es die Zeit und der Ort gestattet — 
darlegen, warum man ein schwarzes Kleeblatt auf weißem Grunde als Wappen mit 
sich führt! 

Ich bitte ob der Abschweifung um Entschuldigung, aber es war zu verlockend! 

Wenn schon durchaus beflaggt werden muß, so ist es viel empfehlenswerter, ein¬ 
fache Seidenpapierfahnen, auf ein Pappendeckelstück geklebt, 2 m lang, 30 cm breit, an 
die Gänsefüße des Netzes zu hängen; das flattert und glänzt nicht allein bei der Abfahrt, 
sondern zeigt auch dem Ballonführer, sobald [der Ballon, so ferne der kleinen Welt, 
dahinschwebt, durch leises Rauschen und Knistern an, daß der Ballon seine Gleich¬ 
gewichtslage verloren hat oder in eine andere Luftströmung getreten ist. 

Diese Bahnen nun, welche wir schon in der Silbererschen Aeronautischen Anstalt 
im Prater anno 1890 in bunter Reihe: rot, weiß, blau etc., etc., herzustellen lernten, 

Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. lö 


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*»►» 114 




und welche eigentlich dazu dienen, die Luftströmung unterhalb des Ballons während der 
Fahrt und speziell vor der Landung zu sondieren, kann man in den Reichs- oder 
Landesfarben hersteilen and hat auf diese Weise ein Mittel, bei der Abfahrt jubelnd 
sein Vaterland zu nennen, kann während der unvergleichlichen Reise durch die Lüfte 
die Ballongrüße, die man an die farbigen Fahnen hängt, dem zum Himmel blickenden 
armseligen Erdenbewohner senden und ihm so Nachricht geben, wessen Leute Kind über 
sie hinwegschwebt. 

Und bei der Landung selbst wird es keine Fragen geben, was das schwarz-weiß-rot 
oder schwarz-gelb zu bedeuten habe. 

Jaroslaw, Februar 1907. Hinterstoisser, Hauptmann. 


Graf v. Zeppelin hat die Genehmigung erhalten, zur weiteren Förderung seiner 
Unternehmungen eine Lotterie zu veranstalten, deren Ziehung aut Mitte April 1907 zu 
Berlin festgesetzt ist. Die neue schwimmende Ballonhalle in Friedrichshafen soll im 
Spätsommer fertig werden. Auf der internationalen Sport-Ausstellung zu Berlin im Mai 
dieses Jahres beabsichtigt Graf Zeppelin ein Modell seines Luftschiffes auszustellen. 


Das Luftschiff „de la Yaulx tt , über dessen Erfolge im vorigen Hefte berichtet 
wurde, ist nun entleert und wird in die neue Halle, welche der Comte de la Vaulx in 
Saint-Cyr erbauen läßt, überführt werden. Die Hülle war 67 Tage lang gefüllt. Während 
dieser Zeit hat das Luftschiff 14 Aufstiege ausgeführt und zwar bei ziemlich strenger 
Kälte, die bis 8° unter Null betrug. Die mehrfach gezeitete Geschwindigkeit des Luft¬ 
schiffes betrug 36 km pro Stunde. Daß Comte de la Vaulx mit diesem Luftschiff imstande 
war, ohne fremde Hilfe zu landen, ist bereits erwähnt worden. (Derartige Landungen 
sind auch vom Parseval-Luftschiff im August und am 26. 10. 06 ausgeführt worden.) 
Es ist ihm außerdem gelungen, wegen einer Havarie selbst zu landen, den Schaden aus¬ 
zubessern, wieder aufzusteigen, und so auf dem Luftwege seine Halle wiederzugewinnen. 

E. 

Flugtechnik. 

Aus der flugtechnischen Praxis. 

Von R. Schelies, Hamburg. * 

Trotzdem der Aufruf an alle Freunde der Flugtechnik (111. Aer. Mitt. 
1906, Heft 6) ohne Erfolg geblieben ist, bin ich doch in der Lage, über 
weitere Experimente berichten zu können. 

Vorerst erlaube ich mir aber folgendes zu bemerken: Es ist für die 
Entwickelung der Flugmaschine von größtem Wert, daß die praktischen 
Flugtechniker, wenn schon ein korporatives Zusammenarbeiten nicht beliebt 
wird, ihre gemachten Erfahrungen von Zeit zu Zeit an dieser Stelle ver¬ 
öffentlichen. Es gehört allerdings ein gewisser Mut dazu, auch über nicht 
ganz gelungene Versuche zu berichten, da die Allgemeinheit zu sehr ge¬ 
neigt ist, in jedem halben einen Mißerfolg zu erblicken, welcher die ganze 
Sache in Mißkredit bringt, zumal, wenn der betreffende Konstrukteur nicht 
zufälligerweise Millionär ist. 

Jeder, der nicht gerade aus Reklamebedürfnis, sondern um der Sache 
selbst willen sich Flugtechniker nennt, sollte bedenken, welcher Aufwand an 




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Arbeit, Zeit und Geld dadurch gespart wird, daß gemachte Fehler sich nicht 
wiederholen. Jeder Mißerfolg zeigt, wie man es nicht machen soll. Wenn 
man die Berichte über die Erfolge der Gebr. Wright, Santos Dumont etc. 
liest, so muß man glauben, das Problem ist gelöst. Auch aus meinem 
ungeschminkten Bericht (111. Aer. Mitt. 1906, Heft 3) spricht der Opti- 


Nachdruck verboten. 



Apparat Nr. 4 a mit 3 P. 8. Motor, oa. 11 m hooh. 

mismus und trotz vieler Versuche haben wir heute noch keine praktische 
Flugmaschine. Woran liegt das? Jeder ernste Flugtechniker wird bestrebt 
sein, etwas Ganzes zu leisten. Eine Flugmaschine, die zum Aufflug vier 
Mann, eine Abflugbrücke, Anhöhe oder sonstige nicht an Bord befindliche 
Hilfsmittel braucht und beim Landen mehr oder weniger beschädigt wird, 
hat einen sehr problematischen Wert. Ehe man größere Flüge macht, muß 
man daher eine brauchbare, am Apparat angeordnete Aufflugvorrichtung 
schaffen, worauf auch alle neueren Preisausschreiben hinzielen, da die Vor¬ 
schriften dafür nur an Bord befindliche Hilfsmittel zulassen. 

Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich die sonst unverständliche 
Scheu verschiedener Konstrukteure, mit ihrem Apparat an die Öffentlichkeit 
zu treten, mit dem Mangel einer brauchbaren Aufflugvorrichtung in Zu¬ 
sammenhang bringe. 

Es gab bisher elf verschiedene Aufflugmethoden und zwar: 

1. Absprung von Erhöhungen (Lilienthal etc.), 

2. Absprung von einer Brücke (Ferber, Stefren etc.), 

3. Aufwerfen durch 2 bis 4 Mann (Wright, Schelies), 

4. Abrollen mittels Plattformwagens auf Schienen (St. Louis 1904 mehr¬ 
fach geübt, Schelies), 

5. Kippstelzen (Lehmann, Schelies), 

6. Klappstelzen auf Rädern (Hofmann, Schelies), 

7. Schleppen gegen Wind (Bellamy, Archdeacon, Ludlow), 

8. Lift-Ballon (Montgommerry, Santos Dumont etc.), 


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116 €44« 


9. Drachen Wirkung und Halteseil (Ludlow, Schelies), 

10. Abrollen von schräger Brücke (Hofmann, Schelies), 

11. Räderantrieb und Drachenwirkung (Hofmann, Vuia etc.). 

Da keine eingehenden Berichte über die Brauchbarkeit der Mehrzahl 
dieser elf verschiedenen Methoden existierten, war ich gezwungen, deren 
Wert durch kostspielige und zeitraubende Experimente zu ermitteln, und 
übergebe das Resultat, im Interesse der Sache, hiermit der Öffentlichkeit. 

Um Material zu schonen, wurde zuerst der alte Apparat Nr. 3 in 
Stand gesetzt und durch Teile von Nr. 4 ergänzt. Es sind im ganzen vier¬ 
zehn Versuche gemacht worden. Die mit 1 und 2 bezeichneten Methoden 
kamen der Konstruktion und des Apparatgewichts wegen nicht in Betracht, 
auch ist der richtige Abflugwinkel hierbei nicht sicher vorauszubestimmen. 
Aus letzterem Grunde mußte auch die dritte bei meinen Versuchen am 
18. 10. 04 und 17. 11. 04 angewandte Methode als nicht brauchbar be¬ 
trachtet werden. Um den Unterbau des Apparates Nr. 3 stabiler zu machen 
und Beschädigungen beim Landen zu vermeiden, wurden die Räder, dem 
Beispiel der Gebr. Wright folgend, beseitigt und durch Kufen aus Gasrohr 
ersetzt. Der Apparat wurde nun nach Methode 4 auf einen auf Schienen 
von der Brücke ablaufenden Plattformwagen gestellt. 

Diese Abilugmethode ist für Experimente brauchbar, wenn die 
Brücke hoch genug ist, jedoch muß man die Verbindung mit der Plattform 
des Wagens im richtigen Augenblick lösen, da sonst Malheur passiert. 
Es wurde eine rechts drehende Kurvenlinie von 110 m Länge 1 ) und zirka 
6 m Scheitelhöhe gemacht. Für die Praxis hat diese Methode aber ebenso 
wenig Wert, wie 7, 8 und 10, weil der Apparat dabei auf Hilfsmittel an¬ 
gewiesen wird, die nicht überall vorhanden sind. Daß aber Gleitkufen 
praktisch sind und das Landen angenehm machen, kann ich nach den dabei 
erhaltenen Beulen und den Beschädigungen des Apparats nicht mehr gelten 
lassen. Ich beneide die Gebr. Wright jedenfalls um das — mit dieser Kon¬ 
struktion — gehabte Glück. 

Methode 5: Einem erloschenen Patente von Lehmann 2 ) entnahm ich 
die Idee, den Apparat auf 3 Stelzen zu stellen und durch willkürliche Ver¬ 
längerung des hinteren Stelzbeines dem Apparat eine Kippbewegung nach 
vorn zu geben. Sobald der Schwerpunkt des Apparats vor den Füßen der 
beiden Vorderstelzen zu liegen kommt, legen sich alle drei Stelzen auto¬ 
matisch an den Unterbau des Apparates und dieser hätte (theoretisch) eine 
Fallhöhe von zirka 2 m unter sich Trotz vielfacher Verstellung der Flügel¬ 
und Tragflächen zur Horizontalen wollte es nicht gelingen, dieselben in die 
von der Kippbewegung bedingte Lage zu bringen, weshalb die an dem Hof- 
mannschen Modell erprobten Klappstelzen (Methode 6) versucht wurden. 
Diese unterscheiden sich von den vorigen dadurch, daß sie paarweise ver¬ 
bunden sich kreuzen und an den Füßen Räder tragen. Sie legen sich nach 

') Nach Benutzung eines Motors von 3 HI*, bereits überholt. 

*) D. U. P. 149 586. 


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117 


Auslösung einer Arretiervorrichtung ebenfalls horizontal an den Apparat und 
garantieren demselben eine entsprechende Fallhöhe. Trotzdem eine hori¬ 
zontale Anfangsbewegung des Apparats hierbei nicht zu erwarten war (der 
Hofmannsche erhält sie durch einen Schraubenpropeller) und weil diese Ein¬ 
richtung von der vorigen wenig abwich, also nicht sehr kostspielig war, 
so wollte ich untersuchen, ob die horizontale Anfangsbewegung unbedingt 
notwendig ist, um mit eigener Kraft zum Schweben zu kommen. Daraus 
wurde jedoch nichts, vielmehr überzeugte mich der Wind von der Unzweck¬ 
mäßigkeit der hohen Stelzen überhaupt. Während nämlich die Versuche 
mit den Kippstelzen bei einer Windgeschwindigkeit von 2—3 m gemacht 
wurden, wehte während dieses Experimentes eine solche von 4—5 m, wobei 
der bemannte Apparat im letzten Augenblick mehrmals umgeworfen und 
beschädigt wurde, weil der Schwerpunkt zu hoch lag. 

Methode 9: Diese von Lud.low geübte Methode beruht auf der Drachen¬ 
wirkung der beim Aufflug entsprechend schräge gestellten Flächen des 
mittels eines Halteseils verankerten Apparats. Abgesehen davon, daß dabei 
ein kräftiger Wind Vorbedingung ist, stieg der Apparat infolge seiner Breite 
nicht ohne weiteres senkrecht, sondern machte Seitenbewegungen, wobei er 
mit dem Erdboden kollidierte und einen Hilfsmann verletzte. 

Auf Erprobung der elften Methode verzichtete ich, da bei dieser ebenso 
wie bei der 4., 7. und 9. der Wind- resp. Luftdruck unter den Flügeln 
kontinuierlich wächst und demnach der zum rhythmischen Flügelschlag vor¬ 
läufig erforderliche Fall ans toß fehlt. 

Einzelne dieser Experimente werden über (lässig erscheinen, jedoch be¬ 
dauere ich nicht, sie gemacht zu haben, da sie mich mit dem Apparat ver¬ 
trauter machten und der Wert resp. Unwert der betreffenden Aufflug¬ 
methoden nunmehr feststeht; außerdem machte ich dabei eine vielversprechende 
Entdeckung — wovon ein andermal. Demnächst beginne ich mit dem Ein¬ 
bau einer Aufflugvorrichtung eigenen Systems, welche sich dem Apparat 
besser anpaßt und diesen unabhängig von Terrain und Windgeschwindigkeit 
macht. Der Flug und die glatte Landung ist Übungssache, und solange die 
erforderliche Praxis hierin fehlt, halte ich die Benutzung eines oder mehrerer 
rotierenden Radkränze als automatischen Stabilisator (Schlick) im Gegensatz 
zu andern Flugtechnikern für zweckmäßig, zumal dessen Anordnung durch¬ 
aus keine Schwierigkeiten macht, wie von Kreß angenommen wird. 

Im übrigen halte ich den Flügelflieger trotz allem als das rationellste 
System der Luftfahrzeuge und er dürfte — meiner Ansicht nach trotz seiner 
Billigkeit — stets den Schnelligkeitsrekord halten. 1 ) 

') Zu den widerspruchsvollen, aus der „Uaily-Mail“ übernommenen Zeitungsberichten, nach denen 
ich mich um den X 10 000 Preis der „Uaily-Mail“ zu bewerben gedenke, bemerke ich, daß die Redaktion 
der „Daily~Mail u dies anscheinend aus meinem Ersuchen um Übersendung der Bedingungen entnommen hat. 
Ehe ich jedoch nicht sichere Beweise der Zuverlässigkeit meines Fliegers habe, denke ich nicht an eine 
Bewerbungum den X 10 000 Preis, trotzdem meine bisherigen Erfahrungen mich dies hoffen lassen; es 
sind ja auch Preise für kleine Strecken zu holen. 


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Oer neue Motorgleitflieger von Etrich-Wels. 

Von Dr. R. Nimfiihr-Wien. 

(Nachdruck verboten.) 

Indem ich dem an mich ergangenen Ansuchen der Redaktion gerne nachkomme, 
will ich im Folgenden den Lesern der «I. A. M.» einige Mitteilungen über den neuen 
Motorgleitflieger von Etrich-Wels machen. 

Die Bezeichnung «Motorgleitflieger» besagt schon, daß es sich um einen Gleit¬ 
flieger handelt, der mit einem Motor ausgerüstet ist. Nimmt man den Motor und den 
Propeller weg, so stellt der Apparat einen typischen Gleitflieger dar, der sich auf den 
ersten Blick von dem Lilienthalscben Eindecker nur wenig zu unterscheiden scheint. 
Sieht man genauer zu, so findet man jedoch eine Reihe von Abweichungen, die sich 
durchwegs als sehr wesentliche Verbesserungen der klassischen Grundtype Lilienthals 
erweisen. Zunächst überrascht die Form der Tragfläche; sie hat die Gestalt eines Halb¬ 
mondes mit abgerundeten Ecken oder eines — Kneiferetuis. Wer in der Botanik be¬ 
wandert ist, dem gibt die Samenform der Zanonia macrocarpa *), einer javanischen 
Cucurbitacee, ein noch getreueres Abbild der Tragfläche des Etrich-Wels-Gleitfliegers. 
Neben dieser merkwürdigen Gestalt weicht die Tragfläche der neuen Gleitmaschine auch 
durch die Form der Wölbung von allen bisherigen Mustern ab. Bisher hat man immer 
nur mit parabolisch oder kreisförmig gewölbten Flächen experimentiert. Die Tragfläche 
des Etrich-Wels-Gleitfliegers besitzt nun eine doppelte Wölbung. Am Vorderrande ist sie 
nach unten zu konkav gewölbt, gegen den Hinterrand zu wird die Krümmung nach unten zu 
konvex. 

Die beiden nach rückwärts liegenden abgerundeten Enden der Tragfläche sind stark 
aufgedreht und wirken als Steuerfläche und zwar gleichzeitig als Horizontal- und Vertikal¬ 
steuer. Der Apparat besitzt außer der Tragfläche keinerlei Steuer, weder das bisher 
übliche Horizontal- noch auch ein Vertikalsteuer. Der Schwerpunkt des belasteten 
Apparates liegt nahe dem Vorderrande und in geringer Entfernung von der Unterseite 
der Tragfläche. Die eigentümliche Flügelwölbung, die stark aufgedrehten Endteile der 
Tragfläche und die erwähnte Schwerpunktslage bewirken, daß der Apparat eine voll¬ 
kommen automatische Stabilität besitzt. Die Herstellung einer derartigen Fläche, die in 
der Luft nicht kippen kann, bedeutet ersichtlich einen wesentlichen Fortschritt. Die 
Bemühungen um die Erzielung einer völlig automatischen Stabilität von Flugkörpern in 
freier Luft wurde ja bis in die neueste Zeit selbst von hervorragenden Forschern für 
nahezu aussichtslos gehalten. Man hat eben übersehen, daß die notwendige Voraus¬ 
setzung für die Erreichung einer automatischen Stabilisierung darin liegt, dem Flug¬ 
körper in der Luft eine «Führung» zu erteilen. Bisher hat man sich immer nur mit der 
statischen Führung begnügt, wie sie durch Horizontal- und Vertikalstcuer gegeben wird. 
Wirksam kann aber bloß die dynamische Führung sein. Das Prinzip der dynamischen 
Führung wurde schon von dem genialen französischen Flugtechniker P6naud gefunden. 
Schon im Jahre 1871 hat Penaud an seinem «Planophore», dem ersten freifliegenden 
Drachenfliegermodell, einen dynamischen Stabilisator angebracht, ein kleines horizontales 
etwas aufgedrehtes Steuer, das am hinteren Ende des Apparates angeordnet war. Wegen 
der großen Ausdehung der Fläche und der Form der Wölbung wird der Etrich-Wels- 
Stabilisator natürlich auch eine viel intensivere Wirkung geben als das P6naud-Steuer. 

Durch Versuche mit großen Modellen wurde die automatische Stabilität des Etrich- 
Wels-Gleiters auch experimentell erwiesen. Das fünf Meter klafternde Modell wurde 
mit Sandsäcken belastet gegen den Wind abgelassen und zeigte bei seinen Gleitflügen 
eine überraschende Stabilität. Nebenstehende Figuren 1 und 2 zeigen das .Modell im 
Fluge. Es sei speziell bemerkt, daß der Apparat dabei nicht etwa durch eine Schnur 
(wie ein Drachen) gefesselt war. Läßt man den Apparat als Drachen steigen, so erhebt 


») III. Aeron. Mitt. 1904, S. 231. 


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er sich bis zum Zenit und überfliegt diesen noch, wodurch die Leine locker wird und 
der Drachen als Gleiter weiterzieht. 

Zur Herstellung des Versteifungsrahmens der Tragfläche wurde gesplißter Bambus 
verwendet. Aus starkwandigen Bambusrohren werden Stäbe in Form eines Dreieckes 
oder Rechteckes herausgeschnitten. Die Dreiecke setzt man zu sechskantigen, die Recht¬ 
ecke zu prismatischen Stäben zusammen, leimt die Teile und bindet die Stäbe an mehreren 
Stellen mit Seide ab. Man erhält auf diese Weise ein Baumaterial, das sich durch außer¬ 
ordentlich große Festigkeit, Zähigkeit und Elastizität auszeichnet. Fig. 3 zeigt das Ge¬ 
rippe eines Motorgleitfliegers Etrich-Wels. Die Stäbe sind durchwegs aus gesplißtem 
Bambus hergestellt. (Nachdruck verboten. 


(Nachdruck verboten.) 




Fig. 1. 2 - 

Nachdem das Problem der automatischen Stabilität gelöst war, gingen Etrich und 
Wels daran, den Gleitflieger in einen Motorflieger umzuwandeln. Der Apparat wurde 
mit zwei gegenläufigen Luftschrauben und einem Benzinmotor ausgerüstet. Die Anord¬ 
nung der Propellerschrauben ist auf Fig. 3 ersichtlich. 

Die Schrauben sind so konstruiert, daß die Neigung der Flügel vermittelst eines Ge¬ 
triebes vom Führersitze aus geändert werden kann. Die Sohrauben können auf diese 
Weise stets unter dem günstigsten Neigungswinkel eingestellt werden, der einer be¬ 
stimmten Rotations- und Translationsgesctnvindigkeit entspricht. Derselbe Effekt wird 
anscheinend auch durch die sogenannten elastischen Schrauben erzielt. Der Wirkungs¬ 
grad einer gut gebauten starren Schraube muß aber wegen der glatteren Luflführung 
und der Vermeidung des Arbeitsverlusles, der auf die Deformation der Schraube ver¬ 
wendet wird, notwendig beträchtlich größer sein als bei den elastischen Stoffschrauben. 
Der Vorteil der starren Schrauben kann aber nur dann zur vollen Wirkung kommen 


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120 €<44 



wenn man gleichzeitig verstellbare Schraubenflügel anvvendet. Man darf deshalb von 
den Schrauben des Etrich-Wels-Gleiters einen recht günstigen Wirkungsgrad erwarten. 
Fig. 4 zeigt einen zweiten Motorgleitflieger der Type Etrich-Wels; derselbe wurde 

von Et rieh auf Grund der 
(Nachdruck verboten.) . , .. 

gemeinsamen Patente*) ge¬ 
baut. Die Abweichungen von 
der in Fig. 3 dargestellten 
Type beziehen sich nur auf 
einige unwesentliche Details. 
Man ersieht aus der Abbil¬ 
dung, daß zum Antrieb bloß 
eine Propellerschraube ver¬ 
wendet wird, die beträchtlich 
weiter nach rückwärts, hinter 
den Führersitz verlegt ist. 
Vor der Tragfläche ist ein 
Horizontalsteuer angeordnet, 
das um eine horizontale Axe 
verdreht werden kann. 

T ,. , Als motorische Kraft 

Fig. 3. ... 

dient ein Viertaktbenzin- 

Motor von der Pariser Firma Levavasseur. Bei einer Maximalleistung von 21 Pferde¬ 
kräften wiegt der Motor blof> 36 Kilogramm. Das Gesamtgewicht des Apparates soll 
(ohne Führer) 150 Kilogramm nicht erreichen. 


(Nachdruck verböte 



Fig. 4. 

Etrich wird mit der in Fig. 1 dargeslellten Motorgleitmaschine die Versuche in 
der Weise durchführen, daß er den Apparat, der auf Schlittenkufen montiert ist, gleich¬ 
zeitig aber auch auf Rädern lauten kann, zunächst mit halb zusammengefalfeler FUigel- 

*) Osterr. Patent 2.14 


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fläche auf ebenem Boden anlaufen läßt, um die Schraubenwirkung zu erproben. Sodann 
wird er die Fläche ganz ausspannen und versuchen, ob es gelingt, durch Aufdrehung des 
Stirnsteuers zunächst auf ganz kurze Strecken den Apparat vom Boden loszubringen. 
Diese kurzen Luftsprünge werden schließlich, wenn alles gut erprobt ist, durch passende 
Einstellung der Schraubenblätter, wodurch deren Zug und damit auch die Geschwindigkeit 
noch ein wenig vergrößert wird, in den dauernden horizontalen Flug übergehen. Die 
Flughöhe spielt vorläufig dabei natürlich keine Rolle. Ob der Apparat ein Dezimeter 
oder ein Meter hoch fliegt, ist ja für den Beweis der Flugfähigkeit gleichgültig. Durch 
eine leichte Aufdrehung des Stirnsteuers kann man den Apparat ja sofort in die Höhe 
steuern, wenn er einmal imstande ist, die kritische Schwebegeschwindigkeit zu erreichen. 

Am 24. Februar fanden bereits die ersten Versuche mit dem neuen Motorgleit¬ 
flieger statt, die außerordentlich günstige Resultate ergeben haben. Namentlich hat die 
Propellerschraube und der Verstellungsmechanismus sehr gut funktioniert. 

Es sei noch angefügt, daß die Tragfläche des Apparates rund 25 Quadratmeter 
beträgt und außerdem sind noch ca. 9 Quadratmeter Steuerfläche vorhanden. 


Über Vortreib-Schrauben.*) 

Von F. Ferber. 

Anfangs hüten sich die Erfinder von Flugmaschinen bei ihren Projekten vor nach¬ 
folgendem Problem: 

«Welches ist diejenige Schraube, die nötig ist, um mit einer Geschwindigkeit V 
ein System vorwärts zu bringen, das, um sich in der Schwebe zu erhalten, einen Druck F 
erfordert, und welche Kraft wird diese Schraube verbrauchen?» 

Man findet hierüber nirgends eine Lösung, selbst nicht in den Arbeiten der Schifls- 
baumeister, für die dieses Problem weniger dringend wird, denn ihre Werke schwimmen 
alle Male, sie konnten durch allmähliche Verbesserungen zur besten Schraube gelangen. 
Vorliegende Arbeit bezweckt, diese Lücken auszufüllen. 

Oberst Renard hatte in seiner der Akademie gemachten Mitteilung vom 23. No¬ 
vember 1903 die nachfolgende Formel für die Schraube gegeben : 

F = a • n* d 4 

T = ß n 3 d 6 

F war der Druck in Kilogrammen. T die Arbeit in Kilogrammetern, d der Durch¬ 
messer in Metern, n die Umdrehungszahl in der Sekunde. 

Diese Formeln beziehen sich nur auf die Schrauben, welche festgemacht sind. 
Die anderen Veränderlichen, nämlich: der Schraubengang, der Bruchteil des Schrauben¬ 
ganges 2 ), die Luftwiderstandskoeffizienten, der Reibungskoeffizient, sind bereits in 
den Koeffizienten a und ß enthalten. 

Es ist uns gelungen, sie selbst in die Formeln einzuführen, indem wir die Be¬ 
trachtung des Angriffswinkels zugrunde legten, welcher klar gelegt worden ist durch eine 
Konstruktion, welche wir M. Drzewiecki verdanken. 3 ; Diese gestattet, den Ausdruck 
derjenigen Kräfte aufzustellen, welche in einem zylindrischen Querschnitt wirken, unter 
Berücksichtigung der Schnelligkeit des Systems. Die über den ganzen Querschnitt aus¬ 
geführte Integration ergibt die vollständige Formel. 

Wenn die Integrale niedergeschrieben sind, ist es ratsam, sie nicht auszurechnen, 
sondern sie auf Koeffizienten zurückzuführen, welche die Erfahrung bestimmen muß; so 
wird man zugleich die Theorie und Praxis miteinander verbinden. 

*) Nach den Comptes Rendus de l’academie des Sciences zu Paris (21. Januar 1907) übersetzt von 
H. W. L. Moedebeck. 

2 ) Verhältnis der Projektion der Flügelfläche zur Kreisfläche. (Red.) 

3 ) Vergleiche die sehr lehrreiche Schrift Les oiseaux consideres comme des Aöroplanes animes. 

Essai d’une nouvelle Theorie du vol par. S. Drzewiecki. Cdermont (Oise) 1889. Mck. 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg 


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122 «« 


Man kommt auf diese Weise zu folgenden ganz allgemeinen Formeln: 

F = h (et r - a') n« d< 

T = (ß h *r + ß') n 5 d' 8 

in denen, außer den bereits erwähnten Weiten, h das Verhältnis des Schraubenganges 
zum Durchmesser und r den relativen Rücklauf bedeutet, der in der Geschwindigkeit 
V (Metersekunden) des System haftet durch die Definition: 

Geschwindigkeit der Schraube in der festen Schraubenmutter minus Geschwindig- 
Geschwindigkeit der Schraube in der Schraubenmutter [keit des Systems, 

oder V = n h d (1 — r). 

Die Koeffizienten a, a' ß, ß': 

1. sind proportional dem Koeffizienten des Luftwiderstandes; 

2. sie heben sich auf mit dem Bruchteil des Schraubenganges (man kann sie als 
proportional der Kraft von */» des Bruchteils des Schraubenganges betrachten); 

3. a, ß sind Funktionen des relativen Schraubenganges; 

4. a', ß' sind Konstanten für eine gegebene Schraube, die dem Reibungskoeffizienten 
proportional sind. 

Um diese Formeln zu prüfen, haben wir ein mit 4 Rädern versehenes Gestell ge¬ 
macht und daran einen Motor aufgehängt, der zwei Schrauben drehte. Der Motor wird 
zunächst geprüft; man mißt den Zug durch ein Gewicht, die Umdrehungszahl durch 
einen Zähler, die Geschwindigkeit durch Zeitmesser und erhält so alles, was man zur 
Prüfung der Formeln braucht. Es wurde ein sehr befriedigendes Ergebnis gefunden. 

Das. was bei diesen Formeln sehr bemerkenswert ist, ist der Umstand, daß der 
Rücklauf und infolgedessen die von ihm abhängige Geschwindigkeit nicht in den 
Koeffizienten a, a' ß. ß' erscheinen, man kann sie bestimmen durch einfache Messungen 
an einem festen Punkte, nachdem man in den Formeln r = 1 gesetzt hat; man ent¬ 
ledigt sich so jeder Schwierigkeit, die mit Messungen während der Bewegung verbunden 
sind. Nach diesen Formeln kann man das oben aufgestellte Problem lösen und daher 
fortan ein Projekt einer aerostatischen Maschine mit einiger Genauigkeit aufstellen. 


Der erste Drachenflieger Santos-Dumont. 

Im Dezemberheft 1906 bringt der «Aeronaute» die genauen Pläne des ersten Drachen¬ 
fliegers Santos-Dumont. Wenn auch Santos-Dumont diese Konstruktion bereits selbst als 




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Fig. 3. Aufsicht. 


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überholt bezeichnet, so hat dieser Flieger doch zum mindesten ein solches historisches 
Interesse, daß wir die Pläne unseren Lesern nicht vorenthalten dürfen. Fig. 1 stellt die 
Ansicht von hinten, Fig. 2 die Seitenansicht und Fig. 3 die Aufsicht dar. Das Gesamt¬ 
gewicht des Fliegers ist 300 kg, die Tragflächen haben eine Fläche von 52 qm. Die 
Fläche, welche senkrecht dem Winde ausgesetzt ist, also genau die Projektion dts 
Fliegers auf eine Fläche senkrecht zur Windrichtung, beträgt zwischen 1 und 1,5 qm. 
Bei horizontaler Flugbahn ist die Neigung der Flächen 9—10°. Die Fläche des Steuer¬ 
kastens, der bekanntlich vorn lag, beträgt 8 qm. E. 




Geschichtliches. 


Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren 
der Ballon-Aera (1785). 

Nach authentischen Berichten gesammelt von Max L eh er-Augsburg. 

(Nac hdruck verboten.) 

Die erste Luftreise, welche im Jahre 1785 unternommen wurde, war 
die berühmte Fahrt, welche Blanchard in Begleitung eines Engländers, des 
Doktor Jefferies, am 7. Januar von Dover nach Calais mit glänzendem 
Erfolge ausführte. 

Aus einem Briefe eines Augenzeugen (Douvres d. d. 7.1.) entnehmen 
wir über diese kühne Fahrt folgende Einzelheiten: «Heute (7. Jan.) um 
6 Uhr morgens», so erzählt der Berichterstatter, «da der Wind aus Nord- 
Nord-West kam, rief Herr Blanchard sofort seine Arbeiter zusammen. Man 
ließ eine Montgolfiere steigen, welche die Richtung nach Calais einschlug. 
Herr Blanchard berichtete sogleich dem Gouverneur des Schlosses, er ge¬ 
denke aufzufahren, da der Wind günstig sei, und bat ihn, die Einwohner 
durch ein Zeichen von seinem Vorhaben in Kenntnis zu setzen. In dieser 
Absicht wurden um 8 Uhr drei Kanonenschüsse abgegeben. Nun eilte alles 
herbei, um zu helfen; der Eifer und die Ordnung waren dabei derart, daß 
es schien, eine einzige Familie arbeite im vollen Einverständnis an einem 


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Werke, von dem alles abhänge. Als nun 12V 4 Uhr Blanchard seinen 
Ballon halb gefüllt hatte, ließ er den Herrn Gouverneur, um ihm eine Ehrung zu 
bezeigen, eine kleinere Luftkugel abschneiden, die der großen vorausfliegen 
sollte. Um 1 Uhr war alles zur Auffahrt bereit. Blanchard und Doktor 
Jefferies hatten ihre Sitze eingenommen, und mit größter Kaltblütigkeit und 
weithin schallender Stimme befahl nun Blanchard, die letzten Stricke zu 
lösen. Unmittelbar vor der Auffahrt herrschte unter den Zuschauern die 
tiefste Stille, aber kaum erhob sich der Ballon in die Lüfte, da ertönte 
unten ein ungeheures Freudengeschrei, und man überließ sich den törichtsten 
Ausbrüchen einer unbezähmten Freude. Es war ein großartiger, überwältigen¬ 
der Anblick, den stolzen Luftball majestätisch über die unermeßliche Meeres¬ 
fläche dahinschweben zu sehen. Blanchard blickte nun auf die frohlockenden 
Zuschauer zurück und grüßte mit einer Fahne. Wir verloren den Ball 
schon fast aus dem Gesichte, als wir ihn plötzlich sinken sahen. Uns 
schauderte bei dem Gedanken an das bevorstehende Unglück, aber alsbald 
erhob sich der Ball wieder in die Lüfte und trieb mit größter Schnelligkeit 
dahin.» — 

Über den weiteren Verlauf der Fahrt gibt uns Doktor Jefferies in 
einem Briefe aus Calais d. d. 8. Jan. eine packende Schilderung. «Der Himmel 
hat unser kühnes Unternehmen mit glänzendem Erfolg gekrönt. Ich kann 
Ihnen die Pracht und Schönheit unserer Reise nicht genug schildern. Als 
wir in der Mitte über dem Kanal dahinschwebten, genossen wir, da wir 
sehr hoch in der Luft segelten, über das benachbarte Frankreich und England 
eine Aussicht, die keine Feder zu schildern vermag. Wir hatten schon 
zwei Drittel unserer Fahrt über das Meer glücklich zurückgelegt, aber auch 
allen Ballast über Bord geworfen. Als wir noch ungefähr 2 Meilen 

von der Küste Frankreichs entfernt waren, sank der Ballon immer mehr. 
Blanchard fing nun an, die Gondel aller Zieraten zu entblößen. Als 
dies nichts nützte, warfen wir unsere beiden Anker ab, dann unsere Instru¬ 
mente, sogar die Kleider am Leibe und endlich die Hosen. Wir waren 

nur mehr 12 Fuß über der Oberfläche des Meeres und zogen nun unsere 
Wamse von Kork an, um uns über dem Wasser so lange zu halten, bis 

uns eines der vielen kleinen englischen Fahrzeuge, die unsere Fahrt ver¬ 
folgten, zu Hilfe kommen würde. Da hieß es nun wahrhaftig «Per aspera 
ad astra». Denn bei unserem drohenden Unglück fing plötzlich das Baro¬ 
meter zu sinken an, und sogleich stieg wieder unser Ball. Um 3 Uhr 
erreichten wir glücklich die Küste und hielten in Frankreich, freilich ohne 
Beinkleider, einen prächtigen Einzug. Das ganze Ufer war mit Menschen 
bedeckt, deren Jubelgeschrei zu uns heraufdrang. Wir setzten unseren Flug 
noch 4 Meilen weit fort, bis wir ganz sachte in der Mitte des Waldes von 
Felmore, unweit von Guisnes, von allem entblößt, auf Bäumen herunter¬ 
kamen, indem wir weder Seil, noch Anker, noch andere zur Landung 
nötige Gegenstände mehr zur Hand hatten. Ich suchte vor allem den 
Gipfel eines Baumes zu erhaschen, um mich daran festzuklammern. Es 


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gelang mir dies auf eine unbegreifliche Weise. Man hätte trotz der ernsten 
Situation herzlich lachen müssen, wenn man uns gesehen hätte, ohne jedes 
Kleidungsstück, Herrn Blanchard mit dem Öffnen des Ventils sich abmühend, 
und mich, den Gipfel eines majestätischen Baumes umfassend. Und da der 
Ballon über unseren Köpfen hin- und herschwebte, so hatte ich mit meinen 
Armen einen schweren Kampf auszuhalten. Es dauerte gerade 28 Minuten, 
um so viel brauchbare Luft herauszulassen, daß der Ballon sich unbeschädigt 
herunterlassen konnte. Wir hörten, wie der Wald sich bald mit Leuten zu 
Fuß und zu Pferde füllte. Auf dem Boden glücklich angelangt, wurden wir 
sofort mit den notwendigsten Kleidungsstücken versehen und gut beritten 
gemacht. Der Besitzer des naheliegenden Schlosses, M. de Sandrouin, lud 
uns dorthin ein, empfing uns aufs höflichste und bewirtete uns mit allen 
möglichen Erfrischungen. Um 9 Uhr abends fuhren wir sechspännig, »nachdem 
wir unterwegs noch eine Stunde im Schlosse des Herrn Brounot zu 
Ardingham zugebracht hatten, nach Calais ab, wo wir zwischen 1—2 Uhr 
morgens anlangten. Es war schon Ordre gegeben worden, uns ohne 
Schwierigkeit passieren zu lassen. Trotz der frühen Morgenstunde waren 
alle Straßen, durch welche wir fuhren, voll von Menschen, welche beständig 
riefen «Vive le roi! Vivent les aeronautes!» Wir stiegen beim Hause eines 
Stadtrates ab. Am Morgen war die französische Flagge auf dem Hause 
aufgezogen, desgleichen wehten die Stadtfahnen von allen Türmen. Es 
wurden sogar einige Kanonen gelöst und in allen Kirchenspielen die Glocken 
geläutet. Die Stadtobrigkeit und alle Offiziere der Besatzung erschienen, 
um uns zu beglückwünschen. Um 10 Uhr reichte man uns sogar den 
Stadttrunk und lud uns zu einer Mittagstafel auf dem Rathause ein. Vor 
Beginn derselben überreichte der Maire Herrn Blanchard eine goldene 
Kassette, auf deren Deckel ein Luftball gestochen war. Sie enthielt für 
Blanchard die Bürgerrechtsurkunde von Calais.» — 

Als besondere Merkwürdigkeit verdient angeführt zu werden, daß der 
7. Januar eben der Gedächtnistag war, an dem im Jahre 1558 die Stadt 
Calais durch den Herzog von Guise wieder an Frankreich kam, und daß 
auch däfnals der 7. Januar, wie in eben diesem Jahre, auf einen Freitag fiel. 

Doktor Jefferies, der kühne Begleiter Blanchards, war Seearzt bei der 
englischen Marine. Es gereicht ihm zur höchsten Ehre, daß er fest ent¬ 
schlossen war, sich selbst ins Meer zu stürzen, um seinen Gefährten zu 
retten, falls der Luftball noch mehr sinken würde. Daher war, als sie die 
Erde wieder berührten, ihr erstes, daß sie sich innigst umarmten. Während 
der Luftreise schrieb Blanchard 3 Briefe, den 1. an die Herzogin von 
Devonshire, welche später die gleiche Reise von Dover nach Calais machen 
wollte; den 2. an den englischen Minister William Pitt, den 3. an seinen 
Sekretär Sheldon. Alle 3 waren in einem Umschlag an den Maire von 
Calais gerichtet und als gerade der Ballon über die Stadt dahinschwebte, 
ließ Blanchard das Päckchen auf einen freien Platz herunterfallen, wo es 
gefunden und richtig bestellt wurde. Die beiden Luftschiffer wogen zu- 


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sammen 250 Pfund. Im übrigen wäre wohl keinem der beiden das Ende 
eines Ikarus beschieden gewesen, da eine Menge kleiner und großer Fahr¬ 
zeuge eine Stunde vor der Auffahrt vorausgesegelt war, teils aus Neugierde, 
teils um schnell zur Hand zu sein, wenn die Luftfahrt zu einer Seefahrt 
werden sollte. Die Engländer hatten mehr als 100.000 £ auf Blanchard ge¬ 
wettet, wovon ihm mehr als 30000 zufielen. 

Am 11. Januar hielten Blanchard und JefTeries ihren Einzug in Paris 
unter unbeschreiblichem Beifall der Bevölkerung. Die beiden Helden durften 
kaum wagen, sich öffentlich sehen zu lassen, aus Furcht, von der begeisterten 
Menge erdrückt zu werden. Der König empfing sie ungemein gnädig. Die 
Königin belohnte Blanchard auf eine ganz besondere Art. Sie war eben im 
Spiele begriffen, als die Nachricht von der glücklichen Landung in Calais 
eintraf. . «Hier ist eine Summe>, sagte sie, «mit der ich für Blanchard 
spielen werde». Sie gewann und befahl hernach, das ganze Geld in einem 
Säckchen für den kühnen Luftschiffer zu reservieren. 

Blanchard war mit seiner glänzend durchgeführten Luftfahrt Pilatre 
de Rozier zuvorgekommen, der von der französischen Regierung den spe¬ 
ziellen Auftrag erhalten hatte, «einen Versuch über das Meer zu machen>. 
Bei seiner Abreise von Paris gab ihm der Minister Calonne einen versiegelten 
Brief mit der Weisung, denselben nicht eher zu erbrechen, als bis er den 
englischen Boden erreicht hätte. Die Abfahrt sollte von Boulogne aus 
erfolgen. Dorthin strömte nun auch eine ungeheure Menge von Fremden 
zusammen, sodaß alle Quartiere überfüllt waren. Da aber am Ballon noch 
verschiedene Verbesserungen anzubringen waren, so konnte erst der 30. Januar 
als Auffahrtstag definitiv festgesetzt werden. Calonne forderte nun den 
Brief wieder zurück und machte Pilatre mit dem Inhalt desselben bekannt, 
daß er vom König mit dem Michaels-Orden und einem Jahresgehalt von 
3000 frs. bedacht worden wäre, wenn er die Reise sofort mit Erfolg durch¬ 
geführt hätte. Aber auch am 30. Januar wurde es nichts mit der Luftreise. 
Erst am 12. März stellte de Rozier zu Boulogne einen neuen (5.) Versuch 
an, der gleichfalls scheiterte. Da am Morgen Ost-Süd-Ostwind wehte, so 
traf Pilatre Anstalt zur Abreise. Allein nach Sonnenaufgang trat Nordwind 
ein. Pilatre ließ nun eine kleine Montgolfiere steigen, um zu sehen, ob 
der Wind in den oberen Regionen günstiger sei. Der Ball wurde 7 Stunden 
lang herumgetrieben und fiel endlich 6 Meilen von der französischen Küste 
nieder, wo ihn ein Fischer vom Untergang rettete. 

Mehrere Wochen verstrichen wieder, ehe Pilatre einen neuen Versuch 
wagte. Am 18. April waren Wind und Wetter außerordentlich günstig. 
Man verwendete die ganze Nacht mit der Füllung des Ballons. Am Morgen 
kündigten Kanonenschüsse an, daß heute mit der Auffahrt Ernst gemacht 
werde. Pilatre de Rozier und sein Begleiter Romain hatten bereits die 
Gondel bestiegen, und fast alle Stricke waren schon gelöst, als der Stadt¬ 
hauptmann mit mehreren Seeoffizieren herbeieilte, um die Abfahrt durch 
sein Machtwort zu verhindern, da der Wind sich plötzlich gedreht hätte, 


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und alle Anzeichen eines baldigen Sturmes wahrzunehmen seien. Unter 
diesen Umständen wäre es frevelhaft, die Erlaubnis zu einem tollkühnen 
Unternehmen zu geben, dessen Ausgang nicht zweifelhaft sein könnte. Es 
dauerte auch nicht lange, so erhob sich ein Sturm mit Blitz und Donner, 
so daß man mit Mühe den Ballon dort unterbringen konnte, wo er bereits 
seit 4 Monaten festgelegen war. 

Endlich am 15. Juni kam die Luftreise zur Ausführung, endigte aber 
mit dem tragischen Tode der beiden LuftschifTer. Einem Privatbrief aus 
Boulogne, den 15. Juni, 11 Uhr morgens, entnehmen wir folgende Einzel¬ 
heiten. «Heute früh um 5 Uhr», so heißt es, «wurden wir durch einen 
Tambour aufgeweckt, welcher den Bewohnern verkündigte, daß Pilatre de 
Bozier und sein Freund Romain sich anschickten, nach England hinüber¬ 
zufliegen. Ich eilte nun an das Meerestrfer, wo man den Luftball zurecht 
machte. Alle anwesenden Seeleute versicherten, der Wind sei günstig. 
Man ließ nach 5 Uhr einen kleinen Ballon fliegen, der aber die Richtung 
nach Amiens, also landeinwärts einschlug, was mithin keine günstige Vor¬ 
bedeutung war. Um l h7 Uhr ließ man einen zweiten fliegen, der glücklich 
England zuflog und sich bald aus dem Gesichte verlor. Nun faßten die 
beiden LuftschifTer wieder Mut. Um ^28 Uhr wurden die letzten Stricke 
gelöst, und der Ballon stieg schnell in die Höhe, begleitet von den Wünschen 
einer unermeßlichen Menge von Zuschauern, welche um 7 Uhr morgens 
durch das Zeichen von 3 Kanonenschüssen herbeigelockt worden waren. 
Der Luftball stand etwa 800' hoch, als er zu schwanken anfing und land¬ 
einwärts getrieben wurde. Nach einer halben Stunde bekam er einen Riß 
und fing plötzlich zu sinken an. M. de Maison-Forte, ein junger Ingenieur- 
Offizier, der zu Pferde war, jagte dem Orte zu, wo der Ballon niederfiel 
und kam 8 Minuten später, als er die Erde berührt hatte. Er fand einen 
Bauern, der Romain bei der Hand hielt. Romain lag in den letzten Zügen, 
während Pilatre bereits tot war. Die Körper der beiden Unglücklichen 
waren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Romain war das Rückgrat ge¬ 
brochen und zeigte am Kopfe eine tiefe Wunde bis zur glandula pinealis. 
Pilatre hatte die meisten Rippen und einen Fuß gebrochen.» 

Einem anderen Bericht entnehmen wir folgendes: «Was dem Herrn 
Pilatre de Rozier nunmehr leider widerfahren ist, wird hoffentlich den Herren 
Luftschwärmern zum warnenden Beispiel dienen. Am 6 . Juni traf Pilatre 
nach sechswöchigem Aufenthalt in England in Boulogne wieder ein. Kaum 
angekommen, versprach er seine so oft schon verschobene Luftreise zur 
Ausführung zu bringen. Natürlich mußte er die Winde zu Rate ziehen, 
und diese waren noch immer widrig. Am 14. endlich gestalteten sie sich 
günstiger. Den ganzen Tag und die darauffolgende Nacht wurde gearbeitet, 
und am 15. um 7 Uhr morgens stand alles in Bereitschaft. Da nun der 
Wind noch immer günstig war, so bestiegen Pilatre und Romain ihr Luft¬ 
schiff um 7 Uhr 5 Minuten. Majestätisch schwangen sie sich in die Luft, 
erreichten das offene Meer gar bald, und jedermann glaubte, sie wären in 


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Sicherheit. Allein schon nach einigen Minuten drehte sich der Wind. Der 
Ballon wurde eine Weile hin- und hergeschleudert und nahm zuletzt die 
Richtung nach Calais. Plötzlich sah man einen dicken Rauch aus demselben 
hervorquellen. Die brennbare Luft hatte den Luftball angegriffen, sodaß er 
Risse bekam und zu brennen anfing, ln einem Augenblick stürzten beide 
Unglückliche aus einer Höhe von 200 Klafter herab. Alles eilte ihnen ent¬ 
gegen und einige langten fast im gleichen Augenblick an, wo die Luftschiffer 
den Boden berührten. Aber diese waren bereits tot, und ihre Glieder fast 
überall zerschmettert. Herr Pilatre hinterläßt 2 Schwestern und eine un¬ 
tröstliche Braut, Herr Romain eine Witwe mit 3 unversorgten Kindern. > 
Das Schicksal Pilatres rief in Paris große Teilnahme hervor. Er war 
der erste, der am 15. Oktober 1783 es wagte, mit Marquis d’Arlandes eine 
freie Luftreise zu machen. Geboren in der Franche-Comtö, erlernte er 
zuerst die Apothekerkunst; allein da dieser Beruf ihn nicht befriedigte, so 
entfloh er heimlich nach Paris und trat da auf einen glänzenderen Schau¬ 
platz. Er hatte sich bereits durch seine physikalischen Kenntnisse einen 
Namen gemacht, als Montgolfier mit seiner Erfindung hervortrat. Er wollte 
Blanchard den Ruhm streitig machen, der einzige zu sein, welcher die Luft¬ 
reise über das Meer wagte. Während er sich in Boulogne widriger Winde 
halber mehrere Monate aufhalten mußte, wurde er mit einer jungen Eng¬ 
länderin bekannt und verlobte sich mit derselben. M. de Maison-Forte, 
welcher sich zuerst bei den Verunglückten einfand, widersprach ausdrücklich 
der Meinung und dem Vorgeben, als sei ein entstandener Brand die Ursache 
des Unglücks gewesen. Vielmehr habe er deutlich die beträchtliche Öffnung 
bemerkt, die der Ballon oben bekommen hatte, wodurch die brennbare Luft 
sich verlieren und die Maschine stürzen mußte. Der schreckliche Zustand 
der Unglücklichen rührte vom schnellen Sturz und dem schweren Fall her, 
da der Boden hart und felsig war. Herr Maison-Forte hatte Herrn Romain 
200 Louisdor angeboten, wenn er ihm seinen Platz bei dieser Reise ein¬ 
räumen wollte. Romain aber schlug zu seinem Verderben das vorteilhafte 
Anerbieten standhaft aus. Pilatre hinterließ eine Schuldenlast von mehr 
denn 800000 frs. Übrigens kannte er den schlechten Zustand seines Ballons 
und war sich wohl bewußt, daß er einer augenscheinlichen Gefahr entgegen¬ 
gehen werde. Auch hatte er nicht allein sein Testament gemacht, sondern 
dem Marquis de Maison-Forte einen Brief mit der Bitte übergeben, denselben 
dem Minister zu überreichen, wenn er sein Leben lassen sollte. Der Marquis 
erfüllte gewissenhaft den Auftrag, und man erfuhr nun, daß Pilatre in diesem 
Briefe seine Mutter und Schwestern dem Minister anempfahl und für sie 
um die Gnade des Königs flehte. — Merkwürdig ist, daß die Taschenuhren 
der beiden Verunglückten nicht im geringsten beschädigt waren und die 
Todesstunde genau anzeigten. (Forts, folgt.) 



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Aeronautische Wettbewerbe. 


Ausschreibungen. 

Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt 
Einladung 

zu einem Ballon-Wettfliegen offen für alle Mitglieder des 
Deutschen Luftschifferverbandes. 


Programm: 

1. Das Wettfliegen findet am 19. Mai 1907, nachmittags 3 Uhr, von 
der Gasanstalt Luzenberg bei Mannheim aus statt; es bezweckt eine 
Vorübung für Ballonführer des Deutschen LuftschifTerverbandes für das 
internationale Wettfliegen in Düsseldorf am 9. Juni 1907 und für das inter¬ 
nationale Gordon-Bennett-Fliegen in St. Louis U. S. A. am 19. Oktober 1907. 

2. Weit fahrt. Ohne Zwischenlandung für Ballons, welche dem Deutschen 
Luftschifferverband oder dessen Mitgliedern angehören. Zugelassen werden 
alle Ballons, die den Satzungen und dem Reglement der F. A. I. entsprechen 
von 600 cbm ab aufwärts. Handicap findet nicht statt, wie beim Gordon- 
Bennett-Fliegen. 

3. Einsatz für jeden Ballon Mk. 100.—, ganz Reugeld. 

4. Nennungen bis 15. April 1907, 12 Uhr mittags, an die Geschäfts¬ 
stelle des 0. V. f. L., Schiffleutstaden 11 in Straßburg i. Eis. 

Nennungen, für die der Einsatz bis zum Nennungsschluß nicht bezahlt 
ist, sind ungültig. Nachnennungen mit doppeltem Einsatz zulässig bis 10. Mai. 

5. P r e i s e. 4 Ehrenpreise bestehend aus hervorragenden Kunstgegenständen. 

6. Bei ungünstigem Wetter treten den Umständen gemäß Änderungen 
im Programm nach Art. 126 des Reglements der F. A. I. ein. 

7. Für Unterbringung in Mannheim sorgt auf Wunsch der Mannheimer 
Verkehrsverein ?u angemessenen Preisen. 


Das Organisations-Komitee: 


Becker 

Kriegsgerichtsrat, Schatz¬ 
meister des 0. V. f. L. 

Hildebrandt 

Hauptmann, Mitglied d. Sports¬ 
kommission d. 1). L. V. 

Picliler 

Direktor d. Städtischen Gas- u. 
Wasserwerke in Mannheim. 

Kiel 

Kaufmann, Sehatzra. d. Sektion 
Mannheim-Ludwigshafen 
d. O. V. f. L. 


Breitenbach Exc. 
Generalleutnant z. D., Vor¬ 
sitzender d. 0. V. f. L. 

KrafTt 

Hofrat, Bürgermeister von 
Ludwigshafen. 

Reiß 

Geh. Kommerz. u. Gen.-Konsul, 
Vorsitzender d. Sekt. Mannheim- 
Ludwigshafen d. 0. V. f. L. 

A. Roechling 

Kommerzienrat. 


(ierard 

Dr. phil., Vors. d. Journalisten- 
u. Schriftstellerverbandes 
Mannheim. 

Moedebeck 

Major u. Batl.-Komdr. i. Bad. 
Fuß-Artl.-Rgt. Nr. 14, Mitglied 
d. Sportskommis, d. D. L. V. 

Ritter 

Bürgermeister in Mannheim. 


Seipio 

Reg.-Assessor a. D., 1. Schriftf. 
d. Sekt, Mannh.-Ludwigsh. 
d. 0. V. f. L. 


Stolberg v. Winterfeld 

Dr. phil. Oberstu.Komm.d.2. Bad. Gren. 

Rgt. Kais. Wilh. I. Nr. 110. 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 


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130 


Ausführungs-Bestimmungen. 

1. Ballonmaterial mit lnventariums-Verzeiehnis muß spätestens bis 
13. Mai in der Gasanstalt Luzenberg bei Mannheim eintreflen, woselbst das¬ 
selbe geprüft und in einem verschließbaren Raum aufbewahrt wird. 

2. Jeder Ballon muß mindestens mit einem Barometer, einem Baro¬ 
graphen, einem Gasschlauch von 15 Meter Länge und mit einer seinem 
Auftrieb entsprechenden Anzahl Ballastsäcke ausgerüstet sein. Das spez. 
Gewicht des Füllgases in Luzenberg ist 0,42. Die Gasrohre haben 275 mm 
lichten Durchmesser. 

3. Vorschriftsmäßige Bordbücher werden den Ballonführern am Start 
ausgehändigt. 

4. Die allgemeine Wetterlage wird vor dem Abflug bekannt gegeben. 

5. Die Reihe am Start wird am 17. Mai, 8 Uhr abends, im Park-Hotel 
in Mannheim durch das Los bestimmt. 

6. Das Gas wird frei geliefert. 

7. Kostenentschädigung für den Rücktransport auf der Eisenbahn er¬ 
folgt gemäß Art. 56 Nr. 1 u. 2 des Reglements F. A. 1. 

8. Landungstelegramme sind zu richten an „Ausstellung Mannheim“. 


Die Sportskommissare: 
Becker Otto B och ringer. 

Kriegsgerichtsr., Schatzmeister 
d. 0. V. f. L. 

v. Wahlen-Jiirgass 

Major i. 2. Bad. Grenadier-Kgt. 
Kaiser Wilhelm I. Nr. 110. 


Kleinschmidt 

l)r. phil., Assistent d. nieteorol. 
Landesdienstes v. Els.-Lothr. 


Die Starter: 

Hans ('lemm August Koeehliug Wissiuann 

I)r. phil., Direktor d. Zellstoff- Kommerzienrat. Leutnant i. Niedersäebs. Futf- 

Fabrik Waldhof-Mannheim. Artl.-Rgt. Nr. 10. 

Preis-Verteilung. 

1. Die Landungsorte sind im Bordbuch amtlich zu bescheinigen. 

2. Bordbücher (Art. 139) und alle sonstigen Dokumente sind 12 Stunden 
nach endgültiger Landung dem Organisations-Komitee, unter Adresse der 
Geschäftsstelle des 0. V. f. L. in Straßburg im Elsaß, eingeschrieben einzu¬ 
senden. 

3. Etwaige [Streitigkeiten entscheidet endgültig die Sportskommission 
des Deutschen Luftschifler-Verbandes. 


Hildebrandt 

llauptmaun, Mitgl. d. Sports- 
Kommission d. D. L. V. 


Die Jury: 

Melchers 

Konsul. 


Moedebeck 

Major u. Bati.-Komm. i. Bad. 
Fuü-Artl.-Regt. Nr. 14, Mitgl- 
d. Sportskommission d. D. L. V. 


Niederrheinischer Verein fUr Luftschiffahrt. 

Bestimmungen für die Bai lon-Wett führten am S. und 9. Juni 1907 ab Düsseldorf. 

1. 8. Juni. — Ballon-Verfolgung durch Autos. 

Offen für den Deutschen Luftschiffer-Verband, den Kaiserlichen Automobil-Klub 
sowie die mit diesem im Kartell-Verband stehenden Deutschen Automobil-Klubs. 


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a) Einsatz für Ballon und Auto je 100 Mark, ganz Reugeld. 

b) Füllgas wird gratis geliefert. 

c) Kosten der Rückfahrt des Ballonführers und des Materials nach Düssel¬ 
dorf werden erstattet. 

d) Beginn der Füllung 1 Uhr. Voraussichtliche Abfahrt der Ballons und 
Automobile 3 Uhr nachmittags. 

e) Als Sieger gilt: 

Der Ballon, wenn er innerhalb einer bei der Abfahrt festzusetzenden 
Zeit nach der Landung von einem der verfolgenden Autos nicht er¬ 
reicht wird. 

Das Auto, das als erstes innerhalb dieser festzusetzenden Zeit den 
Ballon erreicht. 

Die Bestimmung der Fahrtdauer für die Ballons erfolgt den Windverhält¬ 
nissen entsprechend bei der Abfahrt. 

f) Der siegende Teil erhält einen Ehrenpreis in Silber. 

g) Die Führer der Ballons und der Automobile erhalten ein Erinnerungs¬ 
zeichen. 

2. 9. Juni. — Internationale Weit- oder Dauer-Fahrt. 

Offen für alle Vereine und qualifizierten Führer der Federation Aöronautique 
Internationale. 

a) Einsatz 200 Mark, ganz*Reugeld. 

b) Füllgas wird gratis geliefert. 

c) Beginn der Füllung 12 Uhr. Voraussichtlicher Beginn der Abfahrt 3 Uhr. 
Die Ballons folgen einander unmittelbar. Die Reihenfolge der Abfahrt 
entscheidet das Los. 

d) Die Sportkommission ist berechtigt, bei ungünstiger Windrichtung — Süd¬ 
oder Südost-Wind — an Stelle der Weitfahrt oder Dauerfahrt eine Ziel¬ 
fahrt treten zu lassen, bei der die Landung möglichst nahe an einem 
vorher vom Ballonführer im Einverständnis mit der Sportkommission zu 
bestimmenden Orte zu erfolgen hat. Die Entscheidung hierüber erfolgt 
eine Stunde vor Beginn der Ballonfüllung. 

e) Zugelassen werden alle Ballons, die den Statuten und Reglements der 
Föderation Aöronautique Internationale entsprechen, bis 2250 cbm. Ein 
Handicap findet nicht statt, wie bei der Gordon-Bennett-Fahrt. 

f) Preise: 4 Ehrenpreise. 

Die Ehrenpreise sind Gemälde erster Düsseldorfer Künstler, von Dirks, 
Essfeld, Marx, Pohle etc. 

g) Alle Teilnehmer an der internationalen Wettfahrt erhalten ein Erinnerungs¬ 
zeichen. 

Allgemeine Bestimmungen. 

1. Beide Wettbewerbe erfolgen nach den Statuten und Reglements der Föderation 
Aöronautique Internationale. 

2. Anmeldung zur Fahrt und Zahlung des Einsatzes muß bis zum 1. April 1907 
an den Schatzmeister des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt, Herrn Hugo 
Eckert, Barmen-U., erfolgt; sein. Schluß der Nennungen am 1. April 1907. 

3. Das gesamte Ballonmaterial für beide Wettbewerbe muß am 7. Juni in Düssel¬ 
dorf eingetroffen sein, zu jedem Ballon 100 Sandsäcke und ein Füllplan. Adresse: 
7. Kompagnie Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39 in Düsseldorf. Für Unter¬ 
bringung des Materials wird Sorge getragen. 

4. Bei ganz besonders ungünstigem Wetter ist eine Verschiebung auf den 
15. und 16. Juni zulässig. 

5. Betreffs Ermäßigung des Personen- und Güter-Tarifs innerhalb Deutschlands 


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sind Verhandlungen eingeleitet, desgleichen für zollfreie Einführung des Ballon- 
materials. 

Die Sportkommissare: 

v. Abercron, Hauptmann, Düsseldorf; Dr. Bamlcr, Oberlehrer, Essen (Ruhr): 

0. Erbslöh, Fabrikant, Elberfeld. 

Berliner Verein fUr Luftschiffahrt. 

Preisausschreiben für einen Wettbewerb in der Ballonphotographie. 

Veranstaltet vom Berliner Verein für Luftscbiffahrt. Offen nur für Mitglieder 
des deutschen Luftschifferverbandes. 

Preise: 

A. Verwendung einer Goerz - Anschütz - Klapp - Camera und Goerz- 
Doppel-Anastigmat Bedingung. 

1. Preis: Medaille in Gold für die beste Serie Ballonaufnahmen, mindestens 

30 Bilder enthaltend. 

2. Preis: Medaille in Gold für die beste Landschaftsaufnahme vom Ballon. 

3. Preis: Medaille in Silber für die beste Wolkenaufnahme vom Ballon. 

4. Preis: Medaille in Silber für die zweitbeste Serie Ballonaufnahmen, 

mindestens 30 Bilder enthaltend. 

5. Preis: Medaille in Silber für die zweitbeste Landschaftsaufnahme vom Ballon. 

6. Preis: Medaille in Silber für das beste Landungsbild eines Ballons. 

7. Preis: Medaille in Silber für das beste Abfahrtsbild eines Ballons. 

B. Verwendung eines Goerz - Doppel - Anastigmaten, ganz gleich 
welcher Serie an beliebiger Camera Bedingung. 

1. Preis: Medaille in Gold für die beste Landschaftsaufnahme vom Ballon. 

2. Preis: Medaille [in Silber für die zweitbeste Landschaftsaufnahme vom 

Ballon. 

Der Zweck des Preisausschreibens ist die Hebung und Förderung der sportlichen 
Ballonphotographie und die Propaganda für die Bestrebungen der deutschen Luftschiffer- 
Vereine. 

Bedingungen des Preisausschreibens: 

1. Nur Mitglieder des Luftschifferverbandes können sich an dem Wettbewerb be¬ 
teiligen mit Photographien, welche in der Zeit vom 1. April 1907 bis 31. Dezember 1907 
aufgenommen sind. 

2. Das Preisausschreiben ist anonym. Die Bilder müssen auf der Rückseite ein 
Kennwort tragen und dürfen den Namen des Einsenders nicht erkennen lassen. Der 
Sendung ist ein verschlossener Umschlag beizulegen, der außen dasselbe Kennwort tragen 
und im Innern folgende Angaben enthalten muß: 

a) Name und genaue Adresse des Einsenders. 

b) Angabe des Datums der Aufnahme. 

c) Angabe der Nummer des Apparates und des Objektives. 

d) Bezeichnung des betreffenden Motives, der Aufnahmeverhältnisse und 
der Ballonhöhe. 

3. Die Einsendung der Bilder und Negative bzw. Films mit den dazugehörigen 
Umschlägen hat in der Zeit vom 1.—7. Januar 1908 zu erfolgen. Später eingehende 
Bilder sind vom Preisbewerb ausgeschlossen. Die Einsendung hat in eingeschriebener 
Sendung zu erfolgen an: Hauptmann Hildebrandt, Charlottenburg, Kirchstraßc 2. 

4. Der Verein behält sich das nach den Satzungen ihm zustehende Verfügungs¬ 
recht über die Bilder vor, insbesondere die uneingeschränkte Veröffentlichung der preis¬ 
gekrönten Bilder und die Ausstellung aller Photographien. Die prämiierten Platten bleiben 
Eigentum des Berliner Vereins für Luftschiffahrt. Die Einsender werden deshalb ge¬ 
beten, sich für ihre Zwecke Duplikat-Negative zurückzubehalten. 


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5. Das Format der Bilder ist beliebig, Vergrößerungen sind zulässig. Die Anzahl 
der Bilder ist unbeschränkt, doch kann jedes Bild sich nur um einen Preis bewerben. 
Die Bilder können aufgezogen, dürfen aber nicht gerahmt sein. Die Serienbilder können 
auch als Diapositive eingesandt werden. 

6. Das Preisgericht haben übernommen : 

Hildebrandt, Hauptmann 

Dr. Miethe, Geheimer Regierungsrat vom 

Osch mann, Major im Kgl. Preußischen Berliner Verein, 
Kriegsministerium 

Zimmermann, Leutnant, vom Kölner Klub, 

Max Michel, Dentist, vom Fränkischen Verein. 

7. Gegen die Entscheidung des Preisgerichtes gibt es keine Berufung. Die Preis¬ 
anerkennung und Aushändigung der Medaillen erfolgt unmittelbar nach Schluß des Wett¬ 
bewerbes. 

Der Ausschuß für den Wettbewerb. 

Professor Busley, Christmann, Hildebrandt, 

Geheimer Regierungsrat Direktor der Optischen Anstalt Hauptmann. 

Vorsitzender. C. P. Goerz Aktiengesellschaft. 

Professor Dr. Miethe, 

Geheimer Regierungsrat, 

Direktor des Photo-chemischen Laboratoriums der Technischen Hochschule zu 

Charlottenburg. 

Die Ausschußmitglieder erteilen ebenfalls Auskunft, wie die Mitgliedschaft in einem 
der genannten Vereine zu erwerben ist, resp. nehmen Meldungen an. 


Wettfliegen von Gleitfliegern Paris 1907. DieSection d’Aviation desA6ronautique Club 
de France schreibt unter ihren Mitgliedern ein Wettfliegen mit Gleitfliegern aus, das bis 
30. September 1907 offen ist. Es werden Medaillen als Preise gegeben. Das Wettfliegen 
bezweckt, die günstigste Form der Tragfläche zu finden. Die Länge des Fluges, am 
Boden gemessen, ergibt die Bewertung. Die Flüge können jederzeit stattfinden, jedoch 
vor einem Mitgliede der Jury. Es ist durch dieses Mitglied, wenn möglich, folgendes 
festzustellen: Richtung und Stärke des Windes, größte Höhe des Fluges, Neigungswinkel 
der Flugbahn. 

Wettbewerb von Fliigiimschinen-Modellen Paris 1907. Die gleiche Sektion veranstaltet 
für ihre Mitglieder einen Wettbewerb von Flugmaschinen-Modellen, der in zwei Klassen zum 
Austrag gelangt. 1. Flieger mit Motor, 2. Flieger ohne Motor. Die Tragfläche muß 
mindestens 1 qm groß sein und der Flieger muß 2 kg pro Quadratmeter tragen können. 
Für noch kleinere Apparate kann eine besondere Klasse gebildet werden. Als Fläche 
rechnet die Projektion sämtlicher Flächen des Apparates auf die horizontale Ebene. 
Als Preise werden Medaillen gegeben. Als besonderen Preis für den besten Flieger gibt 
G. Voisin die kostenfreie Ausführung des Fliegers in natürlicher Größe in seiner Werk¬ 
statt (ohne Motor). Die Prüfungen finden im Juni 1907 an einem noch zu bestimmenden 
Orte statt. Die Eigentümer der Flieger haben sie selbst abzulassen, die Art und Weise 
des Ablassens bleibt ihnen freigestellt. Jedes Modell darf drei Flüge ausführen. Mel¬ 
dungen sind bis zum 20. Mai unter Beifügung einer Seitenansicht des Modells an den 
A6ronautique Club de France zu richten. Einsatz 2 Francs, 1 Francs Reugeld. Jury : 
Archdeacon, Ferber, Voisin. 


Preisausschreiben. Die Pariser Akademie der Wissenschaften hat in ihrer öffent¬ 
lichen Jahressitzung am 17. Dezember 1906 u. a. folgende auch für die Aeronautik 
wichtige Preisaufgabe gestellt: Prix Vaillant: Perfectionner, en un point important, 


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Tapplication des principes de la dynamique des fluides k la th6orie de Phölice. Der 
Preis beträgt 4000 Francs, Schlußtermin ist der Hl. Dezember 1908. 

Weitere Preise des Alro-Clnb du Sud-Ouest 1907. Preis Mayenne. 300 Francs, 
gegeben vom Vicomte Jean de Montozon, dem Führer des Clubs, welcher als erster im 
Jahre 1907 von Bordeaux aus im Departement Mavenne landet. Zwischenlandung nicht 
gestattet. 

Preis Ilautes-Pyren^es. 200 Francs gegeben von C. F. Baudry. Die gleichen 
Bedingungen wie vorher. Landung im Departement Hautes Pyr£n£es. 

Preis Gers. 200 Francs, [gegeben von C. F. Baudry. Landung im Departement 

Gers. 

Preis Haute-Vienne. 200 Francs, gegeben von C. F. Baudry. Landung im 
Departement Haute-Vienne. 

Preis Ariege. 100 Francs, gegeben von Paul Brustier. Landung im Departement 
Ariege. Erfolgt die Landung in der Gemeinde Mirepoix, so erhöht sich der Preis auf 
600 Francs. 

Preis Correze. 100 Francs, gegeben vom Vicomte Ch. de Lirac, der im Jahre 
1906 den von Baudry gestifteten Preis für eine Landung im Departement Correze gewann. 
Landung im Departement Correze. 

Wettfahrten der «Petite Gironde». Landungen möglichst nahe den Städten: 
Saintes, Angouleme, Perigueux, Agen und Mont-de-Marson. Abfahrt von Bordeaux. 
Keine Zwischenlandung. Offen für Führer des Clubs. 

Mindestens 3 Preise (Ehrenpreise) für jede Stadt, gegeben von der «Petite Gironde*. 
Die Entfernungen der Landungsorte rechnen vom Rathause der betr. Stadt aus. Ein be¬ 
sonderer Preis (Statoscop) dem Führer, der von den Siegern am nächsten dem Rathause 
einer der Städte gelandet ist. 

Preise für Landungen in bestimmten Gemeinden. Offen für Führer des 
A6ro-Club du Sud-Ouest und des Real Aero-Club de Espaiia. Abfahrt von Bordeaux. 
100 Francs (Kunstgegenstand) jedem Führer, der in den Gemeinden Saint-Girons-de 
Blaye (Gironde), Aubie-Espessas (Gironde), Atur (Dordogne), Notre-Dame (Dordogne), Saint- 
Saveur (Dordogne), Seganzac (Charente) landet. Keine Zwischenlandung. 

100 Francs jedem Führer, welcher nach mindestens 1 Std. 30 Min. in Boulliac 
(Gironde), L^ognan (Gironde). Quinsac (Gironde) landet. Keine Zwischenlandung. 

100 Francs dem ersten Führer, welcher in Paillet, Rions, Lestiac, La Roquille, 
Vayres oder Mios (Gironde), Saint-Thomas de Conne (Charente), in einem Kreise von 
6 km Radius um Chabelle d’Arcachon oder im Parc Bordelais, nahe Bordeaux, landet. 
Keine Zwischenlandung. 

100 Francs dem ersten Führer, welcher nach mindestens 1 Std. 30 Min. in 
Parempuyre (Gironde) landet. 

100 Francs dem ersten Führer, welcher nach mindestens 2 Stunden in Jarnac- 
Champagne (Charente-Inf6rieure) landet. 

Diese Preise, die mit wenigen Ausnahmen nur für Führer des Aero-Club du 
Sud-Ouest bestimmt sind, scheinen für unsere deutschen Führer wenig Interesse zu 
haben, da eine Bewerbung ihrerseits ausgeschlossen ist. Sie zeigen uns aber, mit welcher 
Energie und welchen Mitteln die Franzosen ihre Vorherrschaft in der Aeronautik zu er¬ 
halten und auszudehnen versuchen. Die genannten Preise des französischen Klubs haben 
einen genannten Geldwert von 6600 Francs, außerdem sind noch 18 Ehrenpreise 
vorhanden, deren Wert nicht angegeben ist. Die Kilometerpreise, sowie etwaige zweite 
etc. Landungspreise, von denen verschiedene jedem Führer, der eine bestimmte Aufgabe 
löst, gegeben werden, sind hierbei nicht mitgezählt. In Deutschland existiert unseres 
Wissens kein derartiger Preis, der nur für deutsche Führer offen ist. Sollen wir Deutsche 
nicht von den Franzosen lernen und mit allen Mitteln unsere Führer auf die großen inter¬ 
nationalen Wettkämpfe vorbereiten? Bei den meisten Sportfahrten, die in Deutschland 


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aiisgeführt werden, sind die Fahrer und Führer, um einen Ausdruck des «A6rophile> 
anzuwenden, nur «flaneurs de l’atmosph^re». Bestimmte Aufgaben, die eine Weiterbildung 
des Führers bezwecken und bewirken, werden dabei nicht gelöst. Ob es nötig ist, den 
Anreiz so weit zu treiben, wie es der A£ro-Club du Sud-Ouest getan hat, soll hier nicht 
untersucht werden. Empfehlenswert wäre es aber, wenn alle deutschen Luftschiffer- 
vereine jährlich etwa folgende Preise vergeben würden: Ein Preis für die weiteste Fahrt, 
ein Preis für die Fahrt von längster Dauer, ein Preis für die beste Zielfahrt. Diese 
Preise sind nur für Führer offen. Weiterhin: Ein Preis für die größte Anzahl Ballon¬ 
kilometer in einem Jahr, ein Preis für die größte Anzahl Ballonstunden in einem Jahr. 
Diese letzteren Preise sind für alle Mitglieder offen. Eine angenehme Abwechselung 
können sich auswärtige Mitglieder von Luftschiffervereinen, besonders solche, welche 
auf dem platten Lande wohnen, durch Stiftung von Landungspreisen für ihre Gemeinde 
verschaffen. Ein Besuch im Ballon auf dem Lande pflegt immer willkommen zu sein. 
Daß durch Preise ein vermehrtes Interesse für das Ballonfahren eintreten wird, ist ohne 
Zweifel. Viel wichtiger aber, als dieses bloße Interesse, ist das Vertiefen der Führer, 
welche sich um die Preise bewerben wollen, in die Probleme der Ballonführung, in in- 
strumentelle und meteorologische Aufgaben. Dies schafft einen dauernden Nutzen, der 
sich auch auf anderen Gebieten der Luftschiffahrt bemerkbar machen wird. Elias. 


Aeronautische Ausstellung. — Gelegentlich der Jamestown Weltausstellung, 
welche am 26. April 1907 in Norfolk, Virginien. eröffnet wird, ist auch eine aeronautische 
Ausstellung beabsichtigt, die Ballons, Luftschiffe, Flugmaschinen, bzw. Modelle davon, 
sowie deren Zubehör umfassen soll. Das Ausstellungsgut kann zollfrei eingeführt werden. 
Während der Ausstellung sollen Wettbewerbe jeder Art abgehalten werden, deren Be¬ 
dingungen noch bekannt gegeben werden. 

Herr Leopold Leven, Köln, Hohenzollernring 34, ist zum stellvertretenden Kom¬ 
missar der Jamestown - Weltausstellung für das Deutsche Reich, Belgien 
und Holland ernannt. 

Herr Leopold Leven hat speziell die «sportliche» Vertretung der drei in Frage 
kommenden Länder übernommen. 

Alle Anfragen sowie Anmeldungen in allen sportlichen Zweigen sind an die oben 
bezeichnete Adresse zu richten. 


Ausstellung in Madrid 1907. In Madrid findet vom 4.—19. Mai 1907 eine vom 
Kgl. Automobil-Klub und der Radfahrer- und Automobil-Vereinigung veranstaltete Sport¬ 
ausstellung statt, welche auch als Gruppe 10. Luftschiffahrt enthalten wird. Der Preis 
für den Quadratmeter Ausstellungsfläche schwankt in dieser Gruppe zwischen 20 und 
25 Pesetas (16—20 Mark). Anmeldungen an den Sekretär des Organisationskomitees der 
1. Internationalen Ausstellung für Automobile, Fahrräder und Sport, 70, Rue de Alcalä, 
Madrid. _ E. 

Gordon-Bennett-Wettfahrt 1907. 

Zu der Wettfahrt haben nunmehr folgende Vereine bzw. Verbände je 3 Ballons 
gemeldet: 

Aero-Club de France, 

Aero Club ot the United Kingdom, 

Real Aero Club de Espana, 

Deutscher LuftschifTer-Verband, 

Aero Club of America. 

Die englischen und spanischen Führer haben wir bereits im letzten Heft genannt, 
nunmehr sind auch die amerikanischen Führer bestimmt. Es sind dies F. S. Lahm, der 
augenblickliche Inhaber des Preises, J. C. Mc. Cov u. A. R. Hawley. 


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Die Meldung Italiens zu der Wettfahrt ist verspätet (11. Febr.) eingelaufen. Des 
weiteren hat noch der österr. Leutnant QuoYka gemeldet. Da Österreich aber bisher 
nicht der F. A. 1. beigetreten ist, so wird diese Meldung, ebenso wie die italienische, 
der Sportkommission der F. A. I. zur Entscheidung vorgelegt werden. 

Der AufTahrtplatz im Forest Park erscheint sehr günstig. Die Anlage ist so ge¬ 
troffen, daß von einem 4000000 Kubikfuß*) (113000 cbm) großen Gasometer ein Haupt¬ 
rohr von 24 Zoll (61 cm) Durchmesser zum Füllplatz führt. Das Hauptrohr zerteilt sich 
in 16 Rohre, an deren Enden die Füllschlauche angelegt werden. Die ganze Anordnung 
ähnelt sehr derjenigen bei der Berliner Wettfahrt 1906. E. 


Semaine sportive de Barcelonne. 

Sous le patronnage du journal sportif de Barcelonne «El mundo Deportivo» et 
d’accord avec le «Real Aero-Club de Espana» on a Pidee de faire ä Barcelonne, pendant 
une des premieres semaines de juin prochain, une semaine sportive semblable ä celles 
de Monaco, Spä, Ostende etc. 11 y aura Sport maritime, automobilisme, courses — et 
comme clou de ces f£tes un concours international de ballons libres. On dispose pour 
organiser ces fötes sportives dTin montant de pesetas 125000 desquelles 26000 seront 
destinees ä Pa^rostation pour d6cerner quelques valables prix et pour payer le gaz de 
l’bclairage pour gonller les ballons, ayanl aussi le dbsir de payer les frais des transports 
en Espagne de tous les ballons qui voudront prendre part au concours. 

Francisco de Paula Rojas. 


Grand Prix d'Aviation. 

Der «Grand Prix d'Aviation» (50000 Francs), gegeben von den Herren Deutsch de 
la Meurthe für den ersten Kreisflug von 1 km Länge, ausgeführt durch ein Aeroplan, 
wird in diesem Frühjahr stark umstritten werden. Es haben sich bereits bei der Com¬ 
mission d’Aviation de l’Aero-Club die Herren Sanlos-Dumont, Jean Florencie und Leon 
Delagrange einschreiben lassen. Die Bedingungen für den genannten Wettbewerb werden 
auf Verlangen zugesandt. Adresse: Aero-Club de France; 84, Faubourg St. Honorö. 

Der neue Drachenflieger Santos-Dumont ähnelt im Aussehen sehr dem ersten, 
jedoch befindet sich das Steuer jetzt hinten, nicht mehr vorn, wie früher. Florencie 
will mit einem Flügelflieger starten, Delagrange mit einem Drachenflieger, der den 
Fliegern von Voisin und Archdeacon (111. Aeronaut. Mitt. 1905, S. 345 ff.) ähnelt. Der letzt¬ 
genannte Flieger wiegt bei (X) qm Tragfläche incl. 50 P. S. Antoinette-Motor nur 275 kg. 

E. 


Erledigte Wettbewerbe. 

Die Medaille der Societe meteorolique de Franee für 1906 ist dem Comte Hadelin 
d’Oultremont für seine ausgezeichneten meteorologischen Beobachtungen im Ballon im 
Jahre 1906 zuerkannt worden. E. 


Aeronautische Vereine. 

Motorluftschiff-Studiengesellschaft. 

Für die wissenschaftlichen Fragen, deren Bearbeitung in dem Rahmen der Motor- 
luftschiff-Studiengesellschaft liegt, sind nunmehr innerhalb der einzelnen Gruppen des 
technischen Ausschusses in ihren Sitzungen Programme aufgestellt worden, und zwar 
über folgende Punkte: 

*) 1 Kubiktuß = 28316 ccm. 


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Durcharbeitung des internationalen statistischen Materials, sowohl des 
vorhandenen als des neueinlaufenden in den verschiedenen für 

die MotorluftschifTahrt wesentlichen Beziehungen. 

Einrichtung mehrerer Stationen zur Beobachtung von Pilotenballons 

mittels Theodoliten. 

Luftwiderstandmessungen an Modellballons.. 

Messungen über Druckverteilung an Modellballons. 

Messungen der Geschwindigkeitsverteilung der Luftströmung an Modell¬ 
ballons . 

Untersuchungen über die Stabilität verschiedener Ballonformen .... 


Messungen von Gastemperaturen im Innern von Ballons ..... . 1 

Stoff- und Materialprüfungen. ) 

Aufstellung eines Preisausschreibens für Ballonmotore.j 

Propellerversuche. S 


von der mete¬ 
orologischen 
Gruppe. 


von der 
dynamischen 
Gruppe. 


vo n der K 
struktions- 
gruppe. 
von der 
Masehinen- 
gruppe. 


Berliner Verein für Luftschiffahrt. 

Die 263. Sitzung des «Berliner Vereins für Luftschiffahrt» am 11. Februar brachte 
zunächst die Aufnahme von 13 neuen Mitgliedern in den satzungsgemäßen Formen. 
Darauf sprach Hauptmann v. Krogh über den Parsevalschen Motorballon. Der Vor¬ 
tragende begann damit, die drei verschiedenen Systeme zu erläutern, welche zurzeit 
gleichen Anteil an dem öffentlichen, der Motorluftschiffahrt zugewandten Interesse bean¬ 
spruchen, dem «starren», durch ein Aluminiumgerüst in festen Formen gehaltenen Luft¬ 
schiff des Grafen Zeppelin, dem «halbstarren» Lebaudvschen und dem «unstarren» 
Parsevalschen Motorballon. «Halbstarr» heißt das Lebaudysche Luftschiff, weil zwar die 
gasgefüllte Hülle nicht wi$ bei Zeppelin über ein Gerüst von Aluminiumträgern gespannt, 
sondern in praller Form nur durch einen Überdruck ihres Gasinhaltes gegen den 
äußeren Luftdruck erhalten wird, aber doch eine Trägerkonstruktion vorhanden und 
zu einer Grundfläche für die Hülle ausgebildet ist. «Unstarr» dagegen darf das Parse- 
valsche Luftschiff mit Recht genannt werden, weil nicht nur seine langgestreckte zylindrische 
Hülle ausschließlich durch inneren Überdruck prall in der Form erhalten wird, sondern 
auch grundsätzlich jedes starre Stück, jede Versteifung und Verstrebung durch Holz¬ 
oder Metallteile möglichst vermieden ist. Nur die Gondel und der in ihr untergebrachte 
maschinelle Teil bilden hiervon natürlich eine Ausnahme. Die Systeme Lebaudy und 
Parseval machen Gebrauch von dem «Ballonet», einem Luftsack, der mit Hilfe eines 
Ventilators mit Luft aufgepumpt werden kann und dazu bestimmt ist, alle Gasverluste 
des Ballons auszugleichen und diesem die Form zu erhalten. Die Gestalt der in dem 
Ballon angebrachten, etwa V« von dessen Volumen haltenden Ballonets ist der Ballonform 
angepaßt. Die Vorteile der Unstarrheit des Parsevalschen Luftschiffes scheinen erheblich, 
wenn erwogen wird, daß die Landung eines starren Vehikels immer gefährlich ist. Auch 
ist der Umstand wichtig, daß dies Luftschiff im ungefüllten Zustande zusammengerollt, 
samt Gondel und Maschine in einem einzigen Eisenbahnwaggon oder in zwei Land¬ 
fuhrwerken transportiert und ohne große Mühe und Arbeit gefüllt und zum Aufstieg ge¬ 
bracht werden kann. Die Länge des Parsevalschen Ballons ist 48 m, sein Querschnitt 
vom Durchmesser 9 m. Um den vorn halbrunden, hinten spitz zugehenden Ballon 
läuft, ähnlich wie beim Drachenballon, ein Gurt, an dem die aus Aluminium und Stahl¬ 
rohren bestehende Gondel an ihrem vorderen und hinteren Ende an starken Drahtseilen 
aufgehängt ist. Durch zwei an der Seite der Gondel entlang über Rollen laufende Seile 
ist die Möglichkeit gegeben, die Gondel etwas nach vorwärts oder rückwärts zu ver¬ 
schieben und hierdurch eine Veränderung der Lage des Schwerpunktes des Luftschiffes 
herbeizuführen, bzw. der auf den Kopf hebend wirkenden Schraubenbewegung entgegen¬ 
zuwirken und Drehung zu verhüten. Von den beiden Ballonets, deren sich der Parse- 
valsche Motorballon bedient, liegt das eine im Kopf, das andere im hinteren Teil dei* 
Hülle. Sie sind durch einen Schlauch miteinander verbunden, der von der Gondel aus 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 18 


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durch den Ventilator mit Luft versehen wird. In dem Schlauch befindet sich ein von 
der Gondel aus einstellbares Ventil, durch das beliebig Luft in das vordere oder hintere 
Ballonet geleitet werden kann. Hierdurch ist verschiedene Belastung der Hülle vorn oder 
hinten ermöglicht und ein Mittel gegeben, das Luftschiff schräg nach oben, horizontal 
oder schräg nach unten gerichtet einzustellen, somit alle die bisherigen Mittel des Auf- 
und Absteigens, Ballast und Ventil, teilweise überflüssig zu machen. An den Seiten 
des Motorballons, und zwar am hinteren Ende desselben, befinden sich je zwei horizon¬ 
tale und eine vertikale, der Stabilisierung der Bewegung dienende Flächen, die als 
Luftkissen konstruiert sind, durch den Ventilator aufgepumpt und mit Bambusstäben ver¬ 
steift werden können, wenn die Versteifung durch Leinen nicht genügt. Ähnlich ist das 
Steuerruder ausgebildet. Auch die hinter der Gondel angebrachte Schraube gehorcht bis 
zu einem gewissen Grade dem durchgeführten Grundsatz der Unstarrheit; denn ihre 
Flügel werden durch Stofflächen gebildet, die sich mittels eingelegter Stahlseile erst bei 
der Drehung in die Schraubenform einstellen. Der in der Gondel möglichst entfernt von 
der Hülle angebrachte Explosionsmotor hat eine dem 2800 cbm haltenden Ballon mehr 
als entsprechende Stärke von 90 HP. Seine Hauptwelle geht senkrecht nach oben. Die 
4,2 m im Durchmesser haltende Schraube wird durch ein doppeltes Kegelgetriebe bewegt. 
Ihre oben dargelegte Unstarrheit bewahrt sie bei der Landung vor Beschädigung, welcher 
starre Schrauben sehr leicht ausgesetzt sind. Sie hängt bei abgestopptem Motor schlaff 
herunter. Hinter der Schraube ist der Kühler, dahinter der Benzinvorratsbehälter angeordnet. 
Am vorderen Ende der Gondel ist die Stelle für das auf eine Trommel aufgelegte 
Schlepptau. Das Gesamtgewicht des Parsevalschen Motorballons ist einschließlich eines 
Benzinvorrates von 100—200 kg pp. 2000 kg, erlaubt somit eine Belastung bis zu 800 kg 
einschließlich einer Bemannung von 3—4 Erwachsenen. Einige Stunden bis höchstens 
ein halber Tag genügen, um das Luftschiff zur Fahrt fertig zu stellen. 

Nach diesen an zahlreichen Lichtbildern trefflich erläuterten Darlegungen gab 
Hauptmann v. Krogh eine gleichfalls von vielen interessanten photographischen Auf¬ 
nahmen begleitete Schilderung, der im ganzen 11 Aufstiege mit dem Parsevalschen Luft¬ 
schiff, die zwischen dem 26. Mai und 27. Oktober vorigen Jahres stattgefunden haben. 
Sie zeigten ein fesselndes Bild der sich mit jeder folgenden Fahrt mehrenden Sicherheit 
in der Beherrschung des neuen Luftvehikels, zugleich aber auch ein getreues Bild von 
den unsäglichen Mühen und Gefahren, den unvorhergesehenen Schwierigkeiten und 
Zwischenfällen ärgerlicher Art, die mit der Erprobung verbunden waren, überall jedoch 
siegreich überwunden und zu gutem Ende geführt wurden. Der Schauplatz der Fahrten 
war der Tegeler Schießplatz, doch dehnten sich einige Fahrten zeitlich und örtlich er¬ 
heblicher aus. Schon bei der ersten Auffahrt, die sich vorsichtig in geringer Höhe hielt, 
wurde das befriedigende Funktionieren der oben beschriebenen Einrichtung zur lang¬ 
samen Erhebung durch Schrägstellung des Ballons in kleinem Winkel zur Horizontalen 
als der Voraussicht vollkommen entsprechend festgestellt. Der Ballon fuhr zunächst am 
Schleppseil, dem Steuer gehorchend, flott im Kreise herum und erreichte, nachdem er 
sich bis zu 200 m erhoben hatte, den vereinbarten Platz. Die zweite Fahrt erfolgte ohne 
Benutzung des Schleppseiles. Es wurde über dem Schießplatz eine 8 beschrieben, wobei 
die Steuerung zwar aufs sicherste funktionierte, aber erhebliche Verstärkung des Steuers 
als notwendig erkennen ließ. Später ging bei Versagen der Bremse das ganze Schleppseil 
über Bord, dessenungeachtet gelang die Landung sehr gut an der vereinbarten Stelle. 
Bei der dritten Auffahrt am 14. Juni herrschte schlechtes Wetter und ein Wind von 
etwa 6 m. Man stieg nur 50 m hoch; es ging schön und glatt, nur setzte die Gondel 
bei der Landung zweimal hart auf, ohne daß eine Beschädigung eintrat. Am nächsten 
Tage gab es anfangs eine recht flotte Fahrt gegen den Wind, sodaß man sich auf eine 
größere Fahrt vorbereitete, als unvorhergesehen der Schlauch sich in der Schraube 
verfing, infolge dessen der Motor abgestellt werden und zur glatt vor sich gehenden 
Landung geschritten werden mußte. Am 26. Juli ging der Motorballon unter Einstellung 
eines Winkels von 10° Hott in die Höhe und stieg bis zu 1500 m, wo das Hinaufrücken 
des Manometers bis auf 40 mm zum Ziehen des Ventils nötigte. Beim langsamen Fallen 


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zeigte sich der Motor bei geringer Tourenzahl dem starken Winde nicht mehr gewachsen, 
und der Ballon trieb ab. Von 500 m ab kam er in schnelles Fallen und trotz Auswerfens 
von 140 kg Ballast ziemlich unsanft zur Erde; doch war nichts zerbrochen, die forcierte 
Hochfahrt machte indessen einige Reparaturen notwendig. Am 16. August war alles für 
eine Geschwindigkeitsmessung vorbereitet, das Wetter so günstig als möglich; doch gab 
es bei der Rundfahrt eine Havarie am Schlauch, die zur glatten Landung am Schleppseil 
nötigte. Anfänglich glücklicher war die Fahrt am 18. August, an der nach einer Kreis¬ 
fahrt von 700 m an den Ausgangspunkt zurückgekehrt wurde. Leider gab es dann in¬ 
folge Durchbrennens der Kuppelung des Motors einen Zwischenfall und einen kleinen 
Brandschaden an Bord, der mit der erforderlichen Ruhe und Umsicht im Handumdrehen 
gelöscht war. Bei dem etwas schneller als gewöhnlich erfolgenden Abstieg zog kurz vor 
der Landung am Schleppseil dieses die Gondelwand kaput, wobei es sich schließlich 
in die Steuerleine verfing. Das Steuer hielt den vermehrten Druck indessen aus, und 
man kam nicht weit von der vereinbarten Stelle zu Boden. Eine nächste Fahrt fand in 
Gegenwart des Inspekteurs der Verkehrstruppen statt. Der Ballon flog nachmittags 6 Uhr 
von der S. 0.- zur N. W.-Ecke des Tegeler Schießplatzes. Alles klappte sehr schön, ob¬ 
gleich es einmal einen Knall gab, weil ein Tauende in das Zahnrad an der Welle geraten 
war. Der Zwischenfall hatte aber keine Folgen. Es konnte mit ganzem Erfolg die 
sichere Steuerung des Ballons in Auf- und Abstieg durch die Ballonets vorgeführt, 
auch konnte am bestimmten Platz gelandet werden. Die letzte Fahrt ging am 27. Ok¬ 
tober bei stark böigem Südwind vor sich. In 200 m Höhe war eine Windgeschwindigkeit 
von 8 m festgestellt. Der Ballon nahm die Richtung gegen die Jungfernheide. Nach 
einer Fahrt von 500—700 m gegen den Wind wurde gewendet und mit seitlichem Wind 
in gerader Linie zum Schießplatz zurück und an dessen Nordostkante entlang gefahren. 
Bei 200 m geriet man jedoch in Wolken und verlor die Richtung, da ein Kompaß nicht 
mitgenommen war. Als man die Erde wieder sah, befand man sich in der Nähe des 
Nordufers des Tegeler Sees. Da Sandsäcke an Bord, suchte man durch Ballastauswerfen 
wieder in die Höhe zu kommen, was auch gelang, sodaß nach kurzer Zeit der Schie߬ 
platz wieder erreicht wurde. Als man hier zur Landung schritt, indem man bei stets 
laufendem Motor den Ballon über den nachgeeilten Mannschaften gegen den immer 
stärker werdenden Wind über den Schießplatz hielt, geriet die Reißleine in das obere Zahn¬ 
radgetriebe und brachte den Motor zum Stoppen. Sofort trieb der Ballon in nördlicher 
Richtung ab und fiel. Hierbei mußte wegen der Gebäude von Tegel Sandballast 
geschüttet werden, welches leider ein Versanden des Motors zur Folge hatte. Der 
bei einem Motorballon unangebrachte Sandballast war ausnahmsweise an diesem Tage 
mitgenommen worden, da bei dem starken Auftrieb des Ballons die vorhandenen Wasser¬ 
säcke nicht ausgereicht hatten. Der nunmehr als Freiballon behandelte Ballon erreichte 
eine Höhe von 1000 m und trieb schnell in nördlicher Richtung ab. Als man dies aus 
dem abnehmenden Geräusch von unten entnehmen konnte, wurde das Ventil gezogen, 
das Schleppseil klar gemacht und bereits in der Dunkelheit nach kurzer Schleiffahrt in 
der Nähe von Velten gelandet. So endeten die Versuche in 1906, sie sollen im Frühjahr 
und Sommer wieder aufgenommen werden. Es dürfte anzuerkennen sein, daß sie nicht 
nur in außergewöhnlich großer Zahl — 11 gegen 3 Versuche, die in der ersten Versuchs¬ 
kampagne mit dem «Lebaudy» gemacht wurden — glücklich durchgeführt worden sind, 
sondern daß sie auch bis zu einem hohen Grade die Tüchtigkeit des Parsevalschen Luft¬ 
schiffes erwiesen haben. 

Der Vortrag war in allen seinen Teilen von der gespanntesten Aufmerksamkeit 
der Zuhörerschaft begleitet worden. Man gewann den Eindruck, daß Allen bewußt war, 
aus dem Anhören dieses ersten Rechenschaftsberichts über Versuche mit dem Par¬ 
sevalschen Luftschiff eine Erinnerung fürs Leben geschenkt erhalten zu haben, die 
künftig vielleicht recht wertvoll sein wird, wenn die weitere Entwickelung den Hoff¬ 
nungen recht gibt, welche auf diese Erfindung zu setzen die Welt voll berechtigt 
scheint. Jedenfalls galt der allseitig gespendete Beifall ebenso sehr dem an den kühnen 
und gefahrvollen Versuchen in vorderster Reihe beteiligten Berichterstatter, als der er- 


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sichtlich die theoretische Voraussicht des Erfolges praktisch bestätigenden, genialen 
Erfindung. Der Vorsitzende, Geheimrat Busley, gab daher nur dem allgemeinen Empfinden 
Ausdruck, als er für den ebenso klaren, als fesselnden und interessanten Vortrag in 
beredten Worten dankte. 

Es folgte die Vorlage des Jahrbuches des Deutschen Luftschiffer-Verbandes für 
1907. Aus den ihm das Geleite in die Öffentlichkeit gebenden Worten des Vorsitzenden 
war zu entnehmen, daß die Milgliederzahl des Verbandes sich im vergangenen Jahre 
um 420 vermehrt hat und z. Z. 4200 beträgt. Dank der regen Tätigkeit aller dem Ver¬ 
bände ungehörigen Vereine ist ein erheblicher Aufschwung zu verzeichnen, der sich 
namentlich in der Zahl der den Vereinen im ganzen zur Verfügung stehenden Ballons 
zeigt, der von 12 auf 17 (darunter 3 Privalballons) gestiegen ist. Neu dem Verbände 
hinzugelrelen ist der Elberfelder Verein. Neu in das Programm des Verbandes aufge- 
nominen sind die Fliege des Brieftaubentluges und an wissenschaftlichen Betätigungen 
lufteleklrische Messungen und Beobachtungen über die Verbreitung der Ionen in den 
oberen Luftschichten. 

Nach Ausrangierung von zwei der älteren Vereinsballons soll alsbald Ersatz, zu¬ 
nächst für einen Ballon, beschafft werden. Die Versammlung beschloß in diesem Sinne, 
da die Finanzen des Vereins es erlauben. Ersatz für den andern Ballon wird für den 
nächsten Herbst in Aussicht genommen. 

Eber 4 seil letzter Versammlung unternommene Ballon - Freifahrten berichtete 
hierauf der Vorsitzende des Fahrtenausschusses Dr. Bröckelmann. Es handelte sich um 
folgende Aufstiege: 

15. Januar. (Ballon «Helniholtz». 72. Fahrt) Teilnehmer: Dr. v. Manger als Ballon¬ 
führer, Herr und Frau La Quiante. Aufstieg um 11 30 IJhr, Landung um 2 4$ Uhr bei 
Waltersdorf in Schlesien. Zurückgelegte Entfernung 192 km oder 50,4 km in der Stunde 
Maximalhöhe 2200 m. 

1. Februar. (Ballon «Bezold*. 14. Fahrt) Teilnehmer: Leutnant HolthotT von Fa߬ 
mann als Führer, Leutnants der Reserve Winkler und Wunderlich. Aufstieg um 130 Uhr. 
Landung bei Radeberg um 730 Uhr. Zurückgelegte Entfernung 180 km oder pro Stunde 
30 km. Maximalhöhe 2400 m. 

2. Februar. (Ballon «Ernst*. 22. Fahrt). Teilnehmer; Fabrikbesitzer Gassi rer, als 
Führer Dr. Knoch. Aufstieg abends 8 Uhr in Billerfeld, Landung am 3. Februar mittags 
Vs 12 Uhr in Londorf bei Gießen. Zurückgelegle Entfernung in der Luftlinie 200 km. 
Maximalhöhe 1500 m. 

11. Februar. (Ballon «Bezold», 15. Fahrt). Teilnehmer: Leutnant v. Neumann als 
Führer. Leutnants v. Tümpling, v. Posern, Nehring. Abfahrt: 2&0Uhr. Zwischenlandung 
5 Uhr in Globsow bei Fürstenberg. Weiterfahrt der Herren Leutnants v. Neumann und 
v. Posern am nächsten Morgen um 6 55 Uhr. Landung um 9§Q Uhr in Quilow bei Anklam. 

Uber die Fahrten ad 1 und 3 berichteten die Teilnehmer noch besonders. Am 
15. Januar wurde bei böigem Winde abgefahren. Nach 25 Minuten war der Ballon in 
den Wolken verschwunden. Über denselben glaubte man eine ganz andere Windrichtung 
zu bemerken und ging zu genauerer Orientierung aus 2200 m wieder herunter. Beim 
Anblick der Erde konnte festgestellt werden, daß man sich in der Nähe der Oder be¬ 
finde. Man beschloß, am Schlepptau weiter zu fahren, hatte dabei aber 4 mal das Un¬ 
glück. hängen zu bleiben, bald an Telegraphendrähten, bald an Bäumen, bis zuletzt sich 
das Netzwerk des Ballons in einer Weide verfing und man in mooriger Umgebung zur 
Landung genötigt war. Fahrt und Landung waren bei dem winterlichen Weller recht 
beschwerlich. Unter erschwerenden Umständen verlief auch die Nachtfahrt des Ballons 
..Ernst" von Billerfeld aus. Der Ballon stieg mit WNW-Richtung sehr schnell bis zu 
350 m und verschwand für einige Zeit in den Wolken ; doch erschien die Erde später 
wieder und erlaubte die Beobachtung, daß man über Halle, Merseburg und Weissenfels 
wegflog. Man hielt längere Zeit den Ballon absichtlich in geringer Höhe über dem 
Erdboden und blickte auf eine unübersehbare weiße Schneedecke hinab. Höher gehend, 
kam man bei 400 m in ein dichtes Schneegestöber und flog nun stundenlang, ahnungs- 


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los, wohin man getrieben wurde. Um 3 Uhr nachts befand sich der Ballon über einer 
großen Stadt. Es war Halle, wie auf Anruf festgestellt wurde, das man vor 4 Stunden 
bereits gekreuzt hatte. Der Wind war somit herumgegangen und hatte den Ballon zurück¬ 
geführt. Um 4ö° Uhr war man über Erfurt, Höhe 500 m. später 720 und 000 m hoch. 
Beim Wiederherabgehen kam der Ballon in Berührung mit schneebeladenen Fichten, die 
ihre Schneelast auf ihn ausschütteten, sodaß 4 Sack Ballast geopfert werden mußten, um 
ihn wieder hoch zu bringen. Neues starkes Schneetreiben, das den Wunsch zu landen 
nahelegte. Doch war es hierfür noch zu linster. und man beschloß, Tagesanbruch ab¬ 
zuwarten und inzwischen höher zu gehen. Oben lichtete sich das Gewölk, und als die 
Sonne aufgegangen war, sah man sich über einer waldigen Gegend und ermittelte, daß 
der Ballon wieder in der Richtung WNW. llog. Um 10 Uhr zeigten sich Dörfer, um 
7* 12 Uhr befand man sich oberhalb * eines zur Landung einladenden Talkessels. Man 
hätte es kaum glücklicher tretTen können; denn nach minutenlangem sanften Herab¬ 
gleiten kam der Ballon 2 m über dem Erdboden zur Ruhe, nur 5 Minuten von einer 
Eisenbahnstation entfernt. Obgleich in der Luftlinie nur 200 km von Bitterfeld entfernt, 
hatten die Luftschiffer den Eindruck, daß sie infolge wiederholten llmspringens des 
Windes mindestens die dreifache Entfernung zurückgelegt hatten. — Noch wurde vom 
Vorstandstische aus milgeteilt, daß eine Beteiligung der deutschen LuflschitTahrt an dem 
St. Louis-Wettbewerb am 19. Oktober dieses Jahres beabsichtigt sei. Es stehe zu hotten, 
daß dieser internationale Wettbewerb 17—20 Ballons umfassen werde. A. F. 


Ständige Internationale aeronautische Kommission. 

In der Sitzung am 4. März 1907 hat die ständige internationale aeronautische 
Kommission folgende Ehrenpräsidenten gewählt: 

Prince Roland Bonaparte, Präsident der Föderation aeronautique internationale, 
Professor Hergesell, Präsident der internationalen Kommission für wissenschaftliche 
LuftschitTahrt, Professor Celoria, Direktor des astronomischen Observatoriums von Brera, 
Präsident des Mailänder aeronautischen Kongresses. 

Das Bureau der Kommission setzt sich wie folgt zusammen: 

Präsident: Guillaume, Directeur-Adjoint du Bureau international de Poids et 
Mesures. Vize-Präsidenten: Professor Aßmann, Chanute, Drziewiecki, Lt-Colonel Espitallier, 
Major Moris, Commandant Paul Itenard. Berichterstatter: Surcouf. Schriftführer: Che- 
valier Pesce, Capitaine Voyer. Schatzmeister: G. Besan^on. 

Aöro-Club de France. 

Le diner de PAero-Club de France, dans les Salons de V Automobile-Club, a ötö 
des plus brillants. M. Löon Bart hon, directeur du cabinet duMinistredes 
travaux publics, prösidait, avant ä ses cötös M. M. Santos-Dumont et C. F. Baudry, 
President de rAöro-Club du Sud-Ouest, Henry Julliot, ingönieur du ballon Patrie, comte 
Henry de La Vaulx, Georges Besan<;on, Ernest Archdeacon, Capitaine Ferber, Frank Lahm, 
Victor Tatin, Louis Bieriot, Maurice Mailet, Paul Tissandier, Paul Borde, Georges Bans etc. 

On a causö Aviation et Aörostation, et Von a portö des toasts aux laureats des 
dernieres grandes öpreuves. ^ 

Aöronautique-Club de France. 

Le 23 fevrier 1907 a eu lieu ä l’Hotel des Soeietes Savantes, TAssemblee gönörale 
annuelle de l’Aöronautique-Club de France (siege, 58, rue J.-J. Rousseau), sous la prö- 
sidence de M. le Commandant Renard. 

De nombreux soeiötaires parmi lesquels nous avons remarque la plupart des 
membres du Comitö des Dames, assistaient ä cette röunion. M. Sauniere, president-fon- 
dateur, a prösente le rapport moral de I’annöe ecoulöe qui se rösume ainsi: Candidats 
admis en 1906: 182 dont 37 dames, I’annee 1905 avait donnö 78 admissions. Quatre 
fßtes ou concours aerostatiques ont ete organisös ainsi qu’un certain nombre d’ascen- 


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142 €^44 


sions isolees representant un total de 17 (XX) metres cubes de gaz consomm6. De leur 
cöte les membres ont execute 98 ascensions pour 250 voyageurs et 87 000 metres cubes 
de gaz. Tous ces chiffres sont en progression considörable sur 1905. 

Parmi ces derni£res ascensions, il faut noter spöcialement celle de M me Surcouf 
accompagnee de M ,lc Gache qui partirent seules le 23 aoüt pour la premi£re fois. 

Au concours de Milan, seuls les pilotes de FA-C-D-F. ont ligure et remporl6 de 
nombreux prix. 

La question «Aviation» a fait aussi Fobjet de la sollicitude du Comitä qui a fait 
construire par M. Voisin un aeroplane modele Chanute avec lequel les membres execu- 
tent des planements chaque jour plus consid£rables. un deuxifcme appareil a öte ofTert 
a la section d’aviation par M. le capitaine Ferber. 

Le concours de photographie aöronautique a röuni plus de 300 epreuves, les prin- 
cipaux laureats ont 6t6 MM. Daillard, Tiberghien, Mottart, etc. A PEcole pr£paratoire 
aux A6rostiers militaires les cours tres instructifs ont permis aux öleves de passer avec 
succ£s les examens pour Fentree aux aerostiers ä Versailles. 

Apres avoir rappelt la formation de la flotte a6rienne fran<;aise de guerre gräce 
au dirigeable de M. Julliot, membre de la Sociölö, M. Sauniere a annonce les prochaines 
experiences du dirigeable «Ville de Paris * construit pour M. Deutsch de la Meurthe par 
M. Surcouf, il a ensuite adresse ses remerciments au president de l’assemblee. M. le 
comte Renard, ainsi qu’ä tous ses collaborateurs du Comit£ de Direction, au Comite des 
Dames et ä sa p residente M™e Surcouf. 

Apr£s cet interessant exposö, le trSsorier, M. Gritte, a presente son rapport sur 
les operations financieres de Fexercice qui se chitTrent par un total de recette de 
19038 frs contre 9 (153 frs donnö par Fannie pröcßdente, soit une augmentation 
de 9385 frs. 

M. le Commandant Renard dans un magistral discours trös applaudi a fdlicite la 
Societö pour ses initiatives heureuses, ses progres et ses succ&s, tout en lui pr£disant 
une nouvelle ere de prosp£ritö. Des plaquettes ont et6 remises ä M me Surcouf et ä 
M llc Gache en souvenir de leur ascension, et des recompenses ä MM. Thomassin, Letor- 
trois, Touny, Fouilletet, Chauveau, Barberon, Dauphin, Razet, Chamaillö, Cormier, Ri- 
beyre, Maison, etc. Ont ötö elus membres du Comite MM. Bacon, Brett, R. Aubrv, 
Amiol, Griffig. 

Dans sa söance du 25 fevrier, le Comite de Direction de FA6ronautique-Club de 
France, röuni au siöge, 58, rue J.-J. Rousseau, a proc6dö ä FSleclion de son bureau 
pour 1907 qui se trouve ainsi composö: president M. J. Sauniöre, vice-prösidents MM. 
Roger, Aubry, V. Bacon, Piötri, tresoriers MM. Gritte et Cormier, secrötaires MM. Amiel 
et Brett, membres MM. Griffie, Mäison, Mottart, Ribeyre. 

Le Comite a approuvö ensuite le regiement du concours de modales röduits d’appa- 
reils d’aviation ouvert entre les membres de la Section d’aviation et pour lequel 
M. Voisin offre comme prix la construetion gratuite et grandeur nature du meilleur 
appareil. Les membres du Jury sont MM. Archd6acon, le capitaine Ferber et G. Voisin. 

3* 

Literatur. 

„Cavete! 64 von Emil Sandt. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. W. Es wäre 
eine sehr undankbare Aufgabe, alle die Publikationen der jüngsten Zeit, welche die von 
Jules Verne begründete Gattung des naturwissenschaftlichen Romans bis zur uferlosen 
Ausartung in das Sensationellste verfolgen, zu lesen und auf ihren eigentlichen Gehalt 
hin zu prüfen. Eine verschleierte und unklare Basis in bezug auf die physikalischen Vor¬ 
aussetzungen ist dabei noch in den Kauf zu nehmen, wenn wenigstens der Idee und 
möglichen Weiterentwicklung einer Aufsehen erregenden Erfindung in verständnisvoller 
Weise dabei Rechnung getragen wird. 

Ein Meisterwerk, das die zuletzt genannten Vorzüge in sich schließt, war «See¬ 
stern 1906», ihm reiht sich der kürzlich erschienene Roman «Cavete! Eine Geschichte, 
über deren Bizarrerien man nicht ihre Drohungen vergessen soll» als zeitgemäße Luft- 


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kapuzinade fortleitend an. Der Verfasser nennt sich Emil Sandt. Er verfolgt in diesem 
Buche an der Hand zweier Helden, des Erlinders Fritz Rusart und seines «Speer¬ 
trägers» Attila von Schwind, denen in der Figur der Brigitte Mendelsohn eine rassige 
Frau zur Seite steht, die Entwickelung der großen Erfindung des lenkbaren Luftschiffes 
auf die moderne Kultur. Rusart ist der Typus eines genialen Deutschen, eines Welt¬ 
beglückers. Wie der warmherzige, aber zu unfruchtbarer kosmopolitischer Schwärmerei 
neigende Mann, der alles umwerten will, durch den deutschen Kaiser selbst zur einzig 
richtigen realen und nationalen Politik in dem Augenblick, wo sein Freund Attila von 
Schwind als Opfer englischer Machenschaften zugrunde geht, zurückgeführt wird, das ist 
mit feiner Psychologie und tüchtiger Dialektik geschrieben. So bleibt Rusarts Erfindung, 
um die sich die Völker, sowohl ihre Regierungen als die großkapitalistischen Vereini¬ 
gungen reißen, dem Vaterlande erhalten und gesichert. Die Beurteilung, welche Sandt 
«die sogenannte internationale Solidarität» an allerhöchster Stelle dabei finden läßt, ist 
von nicht gewöhnlichem Interesse und paßt ausgezeichnet auf die gegenwärtige Frage 
der Flugschiffahrt und gewisse tatsächliche Verhältnisse überhaupt. 

Es gibt keinen Stand, der von der vollkommenen Lösung der Motorluftschiffahrt 
nicht eine völlige Umwälzung und Neugestaltung aller Verhältnisse für sich erwarten 
könnte. Es würde zu weit führen, wenn wir die unbegrenzten Möglichkeiten, die sich 
den Blicken der Häupter der Regierungen, der Professoren, Offiziere, Großindustriellen, 
Rheeder u. s. f. durch die vollkommene Lösung des Problems der Motorluftschiffahrt zu 
entschleiern beginnen, hier im einzelnen verfolgen wollten. Der Verfasser führt uns Ver¬ 
treter dieser Stände in seinem Romane nebeneinander vor und läßt sie ihre Hoffnungen 
beziehungsweise Befürchtungen in breiterer Form selbst aussprechen. Nur so weit es 
die Wehrkraft der Staaten anlangt, seien hier die Ansichten des Verfassers mit seinen 
eigenen Worten wiedergegeben. Er sagt: «Der Kampf war das Instrument und die Hand¬ 
habung dieses Instrumentes war der Niederschlag der Erfahrung aller Vergangenheiten 
gewesen. Es gab Grundsätze in der Strategie, Sätze als einzig richtig erkannt, weil er¬ 
probt: wohin flogen sie! Die bitterernste Aufgabe des Aufklärungsdienstes, wie wurde 
sie zum Spiel!» Man vergleiche hierzu auch die Aussprüche von Autoritäten auf dem 
Gebiete der Militärluftschiffahrt. H. W. L. Moedebeck z. B. widmet in seinem Buche 
«Die Luftschiffahrt» der «Zukunft» des Luftschiffes eine Reihe von Kapiteln und be¬ 
handelt es eingehend als Waffe sowie Erkundigungsfahrzeug in einem Zukunftskriege. 
Ebenso weist er darauf hin, daß es auch bei Zerstörungen von Anlagen im Innern des 
feindlichen Landes und beim Kampfe um befestigte Stellungen und Festungen seine 
Rolle schon spielen wird. Daß das Luftschiff in Frankreich bereits unter die Bestand¬ 
teile der nationalen Rüstung mit eingegliedert wurde, ist eine altbekannte Tatsache, 
zu der sich «die romanhafte Utopie» bereits verdichtet hat. Wie steht es aber nun bei 
uns in Deutschland? Sandt sagt darüber im wesentlichen folgendes : «Solange die Sache 
im Stadium der Versuche, der Proben geblieben war, hatte man mit regem Interesse von 
den kleinen Fortschritten oder den großen Fehlschlägen Kenntnis genommen.» Und 
weiterhin heißt es: «Wenn der Fehlschlag erwiesen war, hatte man sich mit tiefem, er¬ 
lösendem Atemzuge dem alt gewohntenLeben wieder zugewandt». Was gewisse, bis zum 
Aeußersten opferwillige Erfinder dabei gelitten haben, ist mit diesen knappen Worten 
auch treffend umschrieben! Die Gefahr, die große Erfindung an das Ausland ganz zu 
verlieren, kleidet Sandt in das Wortspiel ein: «Wird er (der Erfinder) «von Einem» ge¬ 
hindert, «der Andrö» empfängt ihn mit offenen Armen». Der Staat muß der zweite sein, 
der sofort nach dem Erfinder in die Schranken tritt. Aber es ist deutsch, sagt der Ver¬ 
fasser, «je größer und offener eine Sache daliegt, um so mehr genieren wir uns, zuzu¬ 
fassen. Und erst wenn andere bei der besten Arbeit sind, stürzen wir uns in Angst 
und Gier auf den Rest!» Und weiterhin: «Die Erfindung bedarf keiner Prüfung. Sie hat 
ihre Gebrauchsfähigkeit selbst bewiesen. Und von ihrer Lebensfähigkeit ist sogar jede 
Xormalintelligenz überzeugt». 

Die Bedeutung des Buches «Gavete» liegt weniger in dem Umstand, daß es das 
Interesse des Lesers in regster Spannung haltende Ereignisse vorführt, als vielmehr darin, 
daß es ein gewichtiges und hochernstes Wort an die Nation richtet, bei der beginnenden 
Entwicklung der Motorluftschiffahrt mit den anderen Staaten zum mindesten gleichen 
Schritt zu halten, Rat und Tat dafür einzusetzen, vor allem zur Kräftigung der Macht¬ 
mittel des Vaterlandes, zumal wir Deutsche einen Rusart in Wirklichkeit haben! Ich 
denke, der Inhalt des Buches hält, was sein Titel verspricht: den Weckruf ,,Cavete“! 

Dr. A. Stolberg. 


Übersicht Uber die neueren ausländischen Patente. 

Frankreich. 

361915. 15. November 1905. AIWrique-Hippolyte Tassel, Frankreich. Systeme de pro- 
pulsion applicable ä la navigation aerienne. (Antrieb durch Aspiration und Rückstoß.) 


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361979. 8. Dezember 1905. M. Charles Halmas, Frankreich. Machine volante. (Luftschiff, 
welches sich um eine horizontale Achse drehen kann, um als Drachen zu arbeiten.) 

368 940. 28. Juli 1906. Henry Nhepley Bootli, England. Perfectionnements aux machines 

aeriennes (Rotierende Flügel). 

30. August 1906. Desire Nival, Frankreich. Helicoptere. (Schraubenflieger 
mit beweglicher Schraube.) 

369 704. 12. September 1906. Jean-Jerome-Paul Le Grand, Frankreich. Automobiles 

a^riens ä trolleys. (Luftschiffe und Drachenflieger mit Stromzuführung durch 
Trolleys.) 

369823. 18. September 1906. Cayetano Lopez Fils, Algerien. Aeroplane. (Flügelflieger.) 
309S55. 3. Juli 1906. Joseph Maes, Beigrien. Aeronef plus lourd que Fair. (Schrauben¬ 
flieger mit Spiralschraube.) 

369937. 22. September 1906. Antoine-Padoue Filippi, Frankreich. Perfectionnements ä une 
surface cFascension applicable aux appareils destines a pouvoir s'elever, se sou- 
tenir et se diriger dans Fair (Besondere Form einer Schraubenfläche). 

England. 

23235/1905. 11. November 1905. Reginald Mansfield Baiston, Mereworth (Kent). Im- 

provements in or relating to Kites and similar Apparatus for Aerial Flight. 
(Zusammenlegbarer Drachen.) 

1747/1906. 23. Januar 1906. Paul de Monterolfler, Paris. Propelling and Supporting 
Arrangement and ils Applications for Navigation of the Air and Waler. (Eine neue 
Antriebsart, im wesentlichen Rückstoß.) 

60331906. 13. März 1906. Charles Ebenezer Rlchardson, Sheffield (Derby), lmprove- 
ments in Kites. (Kieldrachen.) 

Vereinigte Staaten von Nord-Amerika. 

836224. 20. November 1906. Ezra Stoltzfus, Cap, Pens. Air-Ship. (Luftschiff mit 
Wendeflügeln.) 

S36513. 20. November 1906. Paul and Pierre Lebaudy, Paris. Air-Ship. (Das be¬ 
kannte Lebaudysche Luftschiff mit sehr ausführlichen (12 Blatt) Konstruktionseinzel¬ 
heiten.) 

H36577. 20. November 1906. John F. Harris Frackville, Pens. Air-Ship. (Phantastische 
Luftschiffkonstruktion.) E. 

Personalia. 

Seine Kpl. Hoheit Prinz. (Jeortr von Bayern hat die Ehrenmitgliedschaft des Augs- 
burger Vereins für Luftschiffahrt anzunelnnen geruht. 

Generalmajor Brug, der erste Kommandeur der bayr. Luftschifferabt., wurde von 
S. M. dem Kaiser der Rote Adlerorden II. Klasse verliehen. 

Major a. D. v. Parseval wurde zum Ehrenmitglied des Augsburger Vereins für 
Luftschiffahrt ernannt. 

Fabrikbesitzer Ammst Rledinsrer und Rentner Heinz Ziegrier, unser Mitarbeiter, 
wurden zu stiftenden Mitgliedern des Augsburger Vereins für Luitschiffahrt ernannt. 

Hauptmann Nees, Kommandeur der bayr. LuftscbitTerabt., ist der kgl. preußische 
rote Adlerorden 4. Klasse verliehen worden. 

Professor Dr. Hergresoll wurde von S. M. dem König von Italien das Kommandeur- 
kreuz des Ordens der Italienischen Krone verliehen. 

Paul Bordl», Mitglied der wissenschaftlichen Kommission des Aero-Club de France. 
Vize-Präsident der Soci6te fran^aise de Navigation a^rienne, ist zum Officier de Plnstruc- 
tion publique ernannt worden. 

Prinz Roland Bonaparte, Präsident der F. A. I., ist zum Mitglied der Acad6mie 
des Sciences gewählt worden. 

Hauptmann Hildebrandt, Lehrer im Luftschiffer-Batl., ist der nachgesuchte Ab¬ 
schied bewilligt worden. 



Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel . 
rflle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet 

Die Redaktion. 


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illustrierte Aeronautische Jffitteilungen. 

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XI. Jahrgang. -Mi Hai 1907. x* 5. Heft. 



Aeronautik. 


Die Versuche mit dem Lebaudy-Luftschiffe im Jahre 1905. 

Von 

Voyer, capitaine du gönie, 

mit Erlaubnis des Verfassers übersetzt durch H. W. L. Moedebeck. 

Einleitung. 

Nachfolgender Bericht des Kapitäns Voyer erschien im Februarheft 1907 
der «Revue du genie». Der Verfasser war einer der Hauptbeteiligten bei 
allen diesen Versuchen, sein Bericht hat daher vollen Anspruch darauf, als 
authentisch betrachtet zu werden. 

Der großen Liebenswürdigkeit des Hauptmanns Voyer verdanken wir 
es, daß sein Bericht übersetzt in der deutschen Fachliteratur Aufnahme 
finden durfte. Bei unseren Lesern wird dieses nur innerlich zum Ausdruck 
gelangende Dankgefühl sich umsetzen in eine besondere Hochachtung für 
den in schlichter, wahrer Weise berichtenden, hochintelligenten französischen 
Genieoffizier. 

Unseren Praktikern, die gerade jetzt vor gleichen Versuchen stehen wie 
damals die Herren Lebaudy, werden die gemachten Erfahrungen zugute 
kommen, indem sie ihnen manchen Fingerzeig geben werden, was sie zu 
machen und was sie zu vermerken haben, denn mag auch manches den 
verschiedenen Bauarten gemäß anders bei ihnen sein, vieles bleibt doch 
für alle Luftschiffe gemeinsam. 

Allgemein interessant für Alle wird es sein, aus dem Berichte zu er¬ 
fahren, ein wie vortreffliches Luftschiff der Lebaudyballon 1905 bereits 
gewesen ist, und wie ausgezeichnet sich seine Besatzung bewährt hat. 

H. W. L. Moedebeck. 

Die Motorluftschiffahrt, die bisher ein Gebiet für Wissenschaft und Sport 
geblieben war, ist nunmehr eingetreten in das der militärischen Verwendung; 
die Versuche von 1905 bewiesen, daß das beachtenswerte Fahrzeug des 
Ingenieurs Julliot eine Maschine vorstellt, welche im Kriegsfälle berufen ist, 
wertvolle Dienste zu leisten. 

Die Herren Lebaudy erhielten auch im Jahre 1906 vom Staate den 
Auftrag auf ein zweites Luftschiff <Patrie», dessen Abnahmeversuche letzten 
November stattgefunden haben. In seiner Gesamtheit dem ersten gleich, 
aber ein wenig stärker, schneller und mit verschiedenen, aus den Versuchen 
hervorgegangenen Verbesserungen ausgestattet, hat der Ballon <Patrie» ganz 
besonders zufriedenstellende Resultate gezeitigt und kann von nun ab als 
Typ eines Kriegsluftschiffes gelten. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 19 


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146 «««« 


Wir behalten uns vor, später einige Details über diese letztere Maschine 
zu geben, mit der im Laufe dieses Jahres wahrscheinlich neue Versuche 
unternommen werden, und beschränken uns zunächst auf die im Jahre 1905 
mit dem ersten Luftschiff «Lebaudy» ausgeführten Fahrten. 

I. Beschreibung des Ballons Modell 1904—1905. 

Nach der Fahrt von Moisson nach Paris und dem bei der Landung 

in Chalais einge¬ 
tretenen Unfall 
am 20. Nov. 1903 
wurde die stark 
mitgenommene 
Hülle nicht mehr 
instand gesetzt. 1 ) 

Julliot benutzte 
die Neuanferti¬ 
gung, um Form 
und Inhalt abzu¬ 
ändern. Verbesse¬ 
rungen verschie¬ 
dener Art wurden 
außerdem nach 

und nach am Luftschiffe angebracht. Ohne auf Einzelheiten dieser Umän¬ 
derungen einzugehen, wollen wir den Ballon beschreiben, so wie er im 
Jahre 1905 versucht worden ist. 

Die neue Hülle war, wie die erste, aus zwei Baumwollagen zusammen¬ 
gesetzt, zwischen denen eine Kautschukschicht lag, und deren eine gelb 
_ Nachdruck verboten gefärbt war. Man 

hatte jedoch dem 
innen liegenden 
Stoff eine zweite 
Kautschukschicht 
gegeben, um ihn 
einmal dichter zu 
machen, dann 
aber auch, um ihn 
gegen die Wir- 

Fig. 2. — Das Lebaudy-Luftschiff von untenher gesehen. kuilg Unreinen 

Wasserstoffes zu 

schützen, das die alte Hülle stark angegriffen hatte. 2 ) Endlich verbesserte 

1) Vergl. I. A. M. Januar 1904. 

2 ) Dieser Fall tritt stets ein, venu die Wasserst offdarstcllung auf nassem Wege mittels ver¬ 
dünnter Schwefel sä nie geschieht und infolge zu schneller Gasentwicklung und dann nicht gründlicher 
Waschung, Abkühlung und Trocknung des Gases saure WusserdUmpfe in die Hülle mit ein geführt werden. 

Der Übersetzer. 




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147 «44 


man gleichzeitig die Gasfabrikation zu Moisson und gelangte so dazu, der¬ 
selben ihre schädlichen Elemente zu nehmen. 

Das Volumen des Ballons war auf 2950 cbm gebracht worden, sein 
Durchmesser im Hauptquerschnitt betrug 10,30 m; seine Länge 57,75 m; 
sein Längenverhältnis war demnach 5,6. Der Vorderteil hatte beinah 
dieselbe Form wie der erste Ballon; aber das Hinterteil war viel bauschiger 
geworden und endete in einer ellipsoiden Kalotte, die dazu bestimmt war, 
die Stabilisatorenflächen zu tragen. Diese, dem Ballonstoff direkt ange¬ 
hefteten Flächen bestanden aus einer großen Horizontalfläche von 22 qm, 
die mit dem Namen «Schmetterling* (papillon) bezeichnet wurde und den 
Zweck hatte, die longitudinale Stabilität zu sichern, und in einer verhältnis¬ 
mäßig wenig entwickelten vertikalen Fläche, die nur als Stütze für die 
erstere diente. 

Das Horizontalruder, einfach hintenhin gesetzt und in Höhe der Platt¬ 
form, war bis an das äußerste Ende des Pfeilschwanzes gesetzt worden 
(queue empennee) vor das Vertikalruder. Man hatte ihm anfangs die Form 
eines liegenden V gegeben; später aber wurde dieses V ersetzt durch eine 
einfache Ebene. Schließlich wurde der vordere Teil der elliptischen Platt¬ 
form mit einem Windfang versehen, der aus gespanntem Taft gebildet wurde, 
um das Eintreten von Luft zwischen Plattform und Ballon während der 
Fahrt zu beseitigen. 

II. Versuche im Jahre 1905 zu Moisson. 

Die Anordnungen, die vorangehen, wurden im Laufe des Jahres 1904 
versucht und verliefen zufriedenstellend. 

Zu Beginn des Jahres 1905 beschlossen die Herren Lebaudy, nachdem 
sie gebeten und erlangt hatten, daß ihre Versuche unter Teilnahme von 
Offizieren stattfänden, 1 ) mit ihrem Ballon eine Fahrt in Etappen nach dem 
Osten zu unternehmen. Es war das ein vollkommen neuer Vorschlag und 
er war ein wenig gewagt: es schien auch nötig, zuvor in Moisson selbst 
zu einigen Probefahrten und zu Versuchen über die Verankerung zu schreiten. 

Am 4. Juni fand die erste Auffahrt, genannt Regulierungsfahrt (de 
röglage), statt; am 11. Juni eine dreimalige Auffahrt, um verschiedene Lan¬ 
dungsmethoden zu studieren; am 27. Juni eine Dauerfahrt, bei welcher der 
Ballon 3 Stunden 11 Minuten in der Luft gehalten wurde, bei einem Ballast¬ 
verbrauch von ungefähr 200 kg. Bei diesen verschiedenen Fahrten verließ 
das Luftschiff nicht die Umgegend von Moisson. Die an den Fahrten teil¬ 
nehmenden Offiziere wurden überrascht durch die vollständige Solidität 
der verschiedenen Teile des Luftschiffes, das sich wie ein starrer Block fort¬ 
schob, infolge der vollkommenen Regelmäßigkeit des Ganges des Motors 
und der Schrauben, infolge Abwesenheit des Schlingerns in allen Gang- 

>) Die vom Kriegsminister bezeichneten Offiziere waren : Major Bouttieaux, Chef des Zentral- 
Etablissements des Materials der Militär-Luftschiffahrt (Stellvertreter Hauptinanu Voyen und Major Wiart, 
Chef des Laboratoriums für Versuche in der Militär-Luftschiffahrt. Bei allen Auffahrten des Ballous 
„Lebaudy“ im Jahre 1905 hat wenigstens einer dieser Offiziere in der Gondel Platz genommen. 


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arten ! ) und den LuftschifTern das Gefühl einer Schiffahrt auf ruhigem Wasser 
gab, endlich infolge der Sicherheit des Manövrierens seitens der Bemannung 
(Herr Juchmes als Führer und Herr Rey als Mechaniker), die drei Jahre 
hindurch bei früheren Versuchen geübt worden war. 

Es war auch wichtig, zu studieren, wie man in freier Luft dieses Luft¬ 
schiff von 17 m Höhe und fast 60 m Länge, das dem Winde quer eine enorme 
Fläche bot, festmachen konnte: bisher hatte niemand gewagt, ein Luftschiff 
in freiem Felde zu verankern. Man konnte nicht daran denken, den Ballon 
jedesmal von seiner Gondel zu trennen, um ihn leichter unterzubringen: 
die Vielseitigkeit der Organe, die beide miteinander verbanden, war gegeben, 
die Abtakelung und besonders die Auftakelung vor der folgenden Abfahrt 
wären viel zu kompliziert gewesen. Man mußte das Ganze, wie es war, 
kampieren, und stets mit der Spitze gegen den Wind. 


Zu diesem Zwe¬ 
cke versah man 
den vorderen Teil 
der Plattform mit 
einer Anzahl von 
Metallseilen, die 
ein Netz von Gän¬ 
sefüßen bildeten 
und schließlich in 
ein einziges star¬ 
kes Hanftau aus¬ 
liefen: dieses, 
nach vorn ver¬ 
längert in die lon¬ 
gitudinale Sym- 
metrieebene des 
Ballons, mußte an 

Fig. 3. — Gondel des Lebaudy-LuftsohifTes. c l 

einem festen 

Piketpfahl oder an einem Baume von hinreichender Größe befestigt werden. 

Ebenso liefen seitlich Leinen von der Plattform herab, die, an anderen 
Piketpfählen befestigt, verhindern sollten, daß der Ballon unter Einwirkung 
von Windstößen sich seitlich bewegte. Endlich wurde die stark belastete 
Gondel selbst am Erdboden solide festgemacht. 

Aber die Windrichtung konnte sich während der Dauer der Verankerung 
ändern. So sah man die Möglichkeit voraus, das ganze Luftschiff um die 
unter der Gondel befindliche Spitze der Pyramide zu drehen. Man beschrieb 
sodann vom ersten Befestigungspunkte ab einen Kreisbogen um jenen Punkt 


Nachdruck verboten. 



*) Das Schlingern wurde damals als größter Nachteil der Luftschiffe angesehen und vor kurzem 
noch hatte Oberst Renard in einer am 6. Juni 1904 der Akademie eingereichten Note die Aufmerksamkeit 
auf die Bedeutung des störenden Krslftepaars gelenkt und auf das Vorhandensein einer „kritischen 
Geschwindigkeit“ geschlossen, der man sich nicht nähern dürfe. 


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der Pyramide und machte von vornherein mehrere Picketpfahle am Umfang 
dieses Kreisbogens fest. Analoge Vorkehrungen wurden für die seitlichen 
Befestigungspunkte getroffen und für diejenigen der Gondel. So konnte man, 
sobald der Ballon nicht mehr seine Spitze dem Winde zukehrte, seine Stel¬ 
lung schnell verändern, indem man die Haltepunkte wechselte. 

Die in der Ebene von Moisson ausgeführten Verankerungsversuche an 
wenig vor Wind geschützten Orten bewiesen die Brauchbarkeit der ange¬ 
nommenen Anordnungen. Allemal zeigten sie die Notwendigkeit, jedesmal 
die Schrauben abzunehmen, die leicht den Boden berührten und sich ver¬ 
letzten, sobald der Ballon hin und her wiegte; besondere Maßregeln wurden 
getroffen, daß ihre Montierung ohne Schwierigkeiten vonstatten ging. Noch 
mehr, man erkannte die Unmöglichkeit, das Luftschiff sich selbst zu über¬ 
lassen unter Bewachung von wenigen, wie man es bei einem Kugelballon 
tut: man mußte dauernd etwa 50 Menschen bei ihm lassen, die teils auf 
die Haltetaue, teils auf die Zugtaue vorn und hinten verteilt wurden. 

Trotz alledem war man sich schließlich ganz klar darüber, daß bei 
sehr schlechtem Wetter das Luftschiff in betreff seines Materials ernsten 
Beschädigungen ausgesetzt sein konnte. 

Die Herren Lebaudy ließen sich durch diese Bedenken nicht abhalten 
und beschlossen nach Beendigung der Vorversuche die Abfahrt in die Gegend 
des Ostens. 


III. Die Fahrt in Etappen gegen Osten. 

Die von vornherein gewählten Etappen waren Meaux und das Lager 
von Chalons; von letzterem Punkte aus sollte der Ballon eine unserer großen 
Festungen erreichen, Verdun oder Toul. Vorbereitungen waren in beschränkter 
Weise getroffen worden: Herr Julliot und Herr Juchmes hatten die Ortschaften 
für die Verankerung des Luftschiffes als günstig bezeichnet; Gaswagen mit 
komprimiertem Wasserstoff waren zur Nachfüllung nach Meaux und nach 
dem Lager von Chalons entsandt worden; einige Angestellte von Moisson 
mußten dem Lenkbaren im Automobil und mit der Eisenbahn folgen. Hin¬ 
sichtlich der Piketpfähle, der nötigen Leinen für die Verankerung und der 
Wache für den Ballon rechnete man auf die lokalen Hilfsquellen. 

Erste Etappe von Moisson nach Meaux. 

Die Abfahrt von Moisson war am 3. Juli festgesetzt. Um 3 Uhr morgens 
verließ das Luftschiff seine Halle: das Wetter war schön; der Wind sehr 
schwach auä südlicher Richtung. Die Bemannung setzte wie allemal sich 
zusammen aus Herrn Juchmes und Herrn Rey; an ihrer Seite nahm der 
Verfasser dieses Berichts in der Gondel Platz. Der Ballon trug 280 kg 
Ballast. 

Nach Regelung des Gleichgewichts auf 80 m Höhe und nachdem ein 
großer Kreis um die Ballonhalle gefahren war, brachte der Führer um 
3 Uhr 43 Min. die Spitze in Richtung gegen Osten. Man mußte beinahe 


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150 ^44 


sogleich 70 kg Sand abwerfen, um noch gerade 
über die Hochebenen zu kommen, welche das 
rechte Ufer der Seine begrenzen. Nachdem wir 
dieser Sorge ein für allemal überhoben, ver¬ 
folgten wir mit gleichbleibender Geschwindigkeit 
unseren Weg gemäß der vorher auf der Karte 
eingezeichneten Linie. Als wir den Bogen der 
Oise im Süden von Pontoise überflogen hatten, 
waren wir gegen 4 Uhr 46 Min. über der Patte- 
d'Oie von Herblay, d. h. wir hatten 39 km in 
63 Minuten zurückgelegt oder 37 km in der 
Stunde. Um 5 Uhr erreichten wir den lac 
d’Enghien; Paris rechts lassend, traten wir bald 
darauf ein in die Ebene von Gonesse. Unsere 
Stellung, gemessen im Süden von Compaus-la- 
Ville um 5 Uhr 46 Min., zeigte uns, daß wir in 
der zweiten Stunde 36 km durchmessen hatten. 
Während dieser Zeit hatte der Ballon bei tadel¬ 
loser Stabilität, durch die Sonne nach und nach 
erwärmt, die Höhe von 400 m überschritten; 
gegen 6 Uhr erhob er sich bis auf 480 m. 

Wir bekamen Fühlung mit unserem Ziel 
und die Türme der Kathedrale von Meaux, welche 
wir von weitem bemerkt hatten, näherten sich 
uns sehr schnell: man mußte an die Landung 
denken. Diese vollzog sich langsam und regel¬ 
recht durch das abwechselnde Manöver des 
Gasventils und des Ventilators; um 6 Uhr 15 Min. 
fuhren wir in geringer Höhe über die Kathedrale, 
wobei der größeren Sicherheit wegen ein wenig 
Ballast ausgeworfen wurde. Endlich um 6 Uhr 
20 Min. erreichten wir den von vornherein für die 
Landung bestimmten Platz in einer der Gasanstalt 
benachbarten Ebene, wo uns ein Beamter aus 
Moisson mit einigen in aller Eile zusammen¬ 
gebrachten Einwohnern und ein Journalist er¬ 
warteten. M. Juchmes warf ihnen sein Schlepp¬ 
tau zu und wir berührten sehr sanft die Erde 
bei noch 180 kg Ballast in der Gondel. 

Der Ballon wurde darauf sofort nach der 
Reitbahn der 4. Husaren transportiert, woselbst 
er mittels Leinen und Piketpfählen, die man bei 
einem Unternehmer gefunden hatte, verankert 



wurde und wohin die Gaswagen zur Nachfüllung gebracht worden waren. 


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Fahrt da» Lebandy-Lufteohllfea von Moltson naoh dem Lager von Chaione. 



•*** 151 €4« 


Eine Abteilung von 30 Kavalleristen und etwa 20 Zivilisten bildeten die 
Wachtmannschaft. 

Diese Fahrt von 95 km in 2 Stunden 37 Minuten war ein schöner 
Erfolg für das Lebaudy-Ballonschifl. Die Entfernung war beinahe die doppelte 
derjenigen der Etappe Moisson—Paris, die derselbe Ballon im Jahre 1903 
durchmessen hatte. Die Fahrt endete vollkommen regelrecht: Die Lenkbar¬ 
keit war von bemerkenswerter Sicherheit; und es war ein geradezu einziger 
Eindruck von Macht, welchen dieses BallonschilT den Reisenden bot, indem 
es genau über die sich folgenden Richtungspunkte hinüberfuhr, die einer 
nach dem andern am Horizonte erschienen. 

Zweite Etappe: von Meaux nach Jouarre. 

Der Tag in Meaux und die erste Nacht im Ballonlager verliefen ohne 
Unfall. Am folgenden Morgen, den 4. Juli, hatten sich indes die Witterungs¬ 
verhältnisse vollständig geändert: dem bisherigen schönen Wetter war ein 
trüber Himmel gefolgt, der so unglücklich wie möglich in dieser warmen 
Jahreszeit für die vertikale Stabilität des Ballons war; außerdem mußte ein 
Wind aus Nordost von ungefähr 8 m p. s., der sehr merklich der Reise¬ 
richtung entgegengesetzt war, den Marsch des Lenkbaren ganz außergewöhn¬ 
lich verlangsamen; schließlich hatte der Nachttau die Hülle beschwert und 
die Menge des verfügbaren Ballastes verringert. 

Unter diesen so ungünstigen Umständen konnte man nicht daran denken, 
das Lager von Chalons zu erreichen; nichtsdestoweniger entschied man sich 
dafür, die Reise nach Osten fortzusetzen, da es ja frei stand, auf dem Wege 
eine Zwischenstalion zu wählen. 

Der Ballon verließ seinen Ankerplatz um 4 Uhr 38 Min. morgens, an Bord 
befand sich Major Bouttieaux. Bevor man die Schrauben in Tätigkeit ge¬ 
bracht hatte, wurde er heftig gegen Südwest abgetrieben, und die der Ab¬ 
fahrt beiwohnende Menge konnte einen Augenblick glauben, daß er nach 
Paris zurückkehrte. Aber bald nachdem die Schrauben in Bewegung kamen, 
drückte der Führer auf sein Steuerruder und der Lenkbare richtete sich 
über seinen Lagerplatz zurückkehrend frei weg nach Osten. Er erreichte 
Trilport, dann Changis; von unten ist das Schauspiel, das dieser gegen 
einen starken Wind kämpfende Ballon bietet, interessant, der ohne merk¬ 
bares Schlingern 1 ) ihn überwindet und sich doch noch seinem entfernten 
Ziele nähert. Unglücklicherweise erschöpft sich wegen des Wechsels von 
Sonnenschein nnd Schatten der Ballast an Bord sehr schnell und die Luft- 
schiffer entschließen sich, bei La Ferte sous Jouarre zu halten, wo sie die 
nötigen Hilfsmittel für eine Verankerung zu finden hoffen. Die Landung er¬ 
folgt um 5 Uhr 25 Min. am Rande des Waldes von Septs-Sorts (in der Ge¬ 
meinde Jouarre), wo man sich daran macht, den Ballon festzulegen. 

*) Es scheint anfangs, daß die Schlingerbewegungen unabhängig sein müssen von der Richtung 
und Geschwindigkeit des Windes. In der Praxis ist dein nicht so: Das Schlingern ist vielmehr ausge¬ 
prägt, wenn man gegen den Wind führt, und es vermehrt sich mit der Geschwindigkeit des letzterem 


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Das Lager bei Jouarre. Es fanden sich sehr bald Piketpfähle und 
Leinen, und zahlreiche Steinbrucharbeiter boten sich für die Bewachung des 
Lenkbaren an; man bildete zwei Ablösungen, eine für den Tag, eine für die 
Nacht. Man konnte ja nicht daran denken, vor dem nächsten Tage abzu¬ 
fahren, denn man mußte zur Nachfüllung des Ballons neue Gaswagen von 
Meudon her nachkommen lassen. 

So improvisiert es auch war, so war das Lager doch regelrecht 
organisiert. Der Ort war sogar ziemlich gut geschützt: Bäume auf drei 
Seiten und auf der vierten ein leicht ansteigendes Gelände. Der Lenkbare 
war daher weniger sehr schwerem Wetter ausgesetzt. 

In der Nacht vom 4. zum 5. Juli kam ein Sturm, begleitet von heftigen 
Windstößen und Wirbeln, die den Ballon gleichzeitig auf allen Seiten an- 

Naehdruck verboten. pac kten: 70 Stein¬ 
brucharbeiter 
reichten kaum 
aus, ihn zu halten, 
und die Bean¬ 
spruchungen, die 
er dabei zu er¬ 
tragen hatte, be¬ 
wiesen von neuem 
die Gediegenheit 
aller seiner Ein¬ 
richtungen. 

Die folgende Nacht war der Wind einem Kegen gewichen: er fiel in 
solcher Menge, daß die Hülle vollständig durchnäßt wurde bis zur Plattform, 
deren Taft selbst große Wasserflecken hatte, und daß der Schmetterling 
hinten sich unter dem auf ihm angesammelten Wassergewicht niederbog, 
obgleich er gut gesteift war.*) 

Bei Tagesanbruch mußte man zur Beseitigung dieses Organs schreiten, 
da sein Stahlgestell verbogen war : eine im Feldlager recht unbequeme 
Arbeit, die den Lenkbaren der wirksamsten Stabilisationsfläche beraubte. 

Dritte Etappe: von Jouarre nach dem Lager von Chälons. 

Unterdessen waren am Abend des 5. Juli die Gaswagen angekommen 
und am 6. Juli, nachdem der Schmetterling abgenommen war, gab es keinen 
triftigen Grund mehr, der gegen die Fortsetzung der Fahrt geltend gemacht 
werden konnte. Nach erfolgter Nachfüllung konnte der Ballon, trotzdem er 
ganz durchnäßt war, 210 kg Ballast heben. Das Wetter war sehr nebelig, 
der Wind kam schwach aus Nordwest. 

Die Abfahrt fand um 7 Uhr 55 Min. morgens statt (Passagier: Haupt¬ 
mann Voyer). Der Nebel ist so dicht, daß man sich tief halten muß, um 

V) Dieser Übelstand konnte gut vermieden werden, wenn man in den Stoff des Schmetterlings 
einige Löcher zum Abfluß des Wassers gemacht hiitte: cs ist das einer der vielen Umstünde, welche 
diese Expedition zu einer in ihrer Art einzig lehrreichen gemacht haben. 



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die Erde nicht aus dem Gesicht zu verlieren; der Horizont ist noch sehr 
beschränkt und aus Sorge, uns zu verlieren, beschließen wir, dem Tal der 
Marne zu folgen. 

Wir kommen daher nacheinander vorbei an Nogent-l’Artaud (8 Uhr 33 Min.), 
südlich von Chäteau-Thierry (8 Uhr 55 Min.), an Dormans (9 Uhr 30 Min.), 
wo wir Feldartillerie-Batterien kreuzten, die von dem Lager von Chälons 
zurückkamen. Das Fehlen des Schmetterlings hat zur Folge, daß der 
Ballon ein wenig schlingert und gleichzeitig rollt. Der Führer ist daher ge¬ 
nötigt, die Fahrt zu mäßigen; unsere Geschwindigkeit beträgt im Mittel 
29 km in der Stunde. 

Nachdem wir gegen 10 Uhr 20 Min. nördlich von Epernay vorbei ge¬ 
kommen waren, drehen wir uns über Ay und Bouzy dem Berglande von 
Reims zu, auf dem 
eine drohende 
Wolke liegt; 1 ) da¬ 
rauf richten wir 
uns nach rechts 
auf die Baracken 
des Lagers von 
Chälons, wo wir 
um 11 Uhr 20 Min. 
eintrelfen. Von 
allen Seiten her¬ 
beieilende Solda¬ 
ten ergreifen die 
Haltevorrich¬ 
tungen und brin¬ 
gen die Gondel 
zur Erde. 

Wir hatten 98 km in 3 Stunden 25 Minuten durchflogen: es war das 
gleichzeitig die längste Fahrt und die längste Fahrtdauer die bisher ein 
Lenkbarer gemacht hat. Wir hatten während der Fahrt 175 kg Ballast 
ausgegeben. 

Die Strandung des Ballons. 

Der Ballon wurde beim Gehölz 22 verankert, dessen verkümmerte 
Tannen grade noch die Gondel schützten. Man war sofort dabei, Leinen, 
Piketpfähle, Sandsäcke usw. herbeizubringen ; ein Aufgebot von 50 Infan¬ 
teristen wurde für den Wachtdienst kommandiert. Die Ruhe der Atmosphäre 
nahe am Erdboden schien um diese Zeit volle Sicherheit zu gewährleisten: 
eine Ruhe, so groß, daß die Orientierung des verankerten Lenkbaren ganz 
belanglos erschien. In Erwartung der Ankunft von Sandsäcken waren drei 
Mann in die Gondel gesetzt worden, um sie zu belasten. 

*) Diese Wolke überschüttete das Automobil mit Regen, welches uns in geringem Abstande folgte. 

Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 20 


Nachdruck verboten. 



Fig. 6. — Strandung des Lebaudy-Luftschiffes In den Bäumen des Quartier- 
National im Lager von Chälons am 6. Juli 1905. 


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Plötzlich gegen 3 Uhr 55 Min. kommt einer der unvorhergesehenen Wind¬ 
stöße, für die das Lager von Chälons so häufig der Schauplatz ist, begleitet von 
einem strömenden Hegen, über den Ballon und erfaßt ihn von der Seite. 
.Juchmes wollte ihn mit der Spitze dem Winde entgegenstellen und löste 
das vordere Haltetau, welches an einer Tanne angebunden war. In dem¬ 
selben Augenblicke ließen die Leute, welche die anderen Leinen hielten, 
erschreckt durch das Ungestüm des Windstoßes und durch die plötzlichen 
Sprünge des Ballons, einer nach dem andern los; alle Piketpfähle rissen aus. 
Der Lenkbare war sehr bald nur noch am vorderen Haltetau gehalten, das 
man um einige Tannen zu wickeln im Begriffe war, aber noch nicht be¬ 
festigt hatte; die Personen, welche dort noch anpackten, waren unfähig, es 
zu halten. Der Ballon entwischte, er raste mehrere hundert Meter flach 
über den Erdboden, zerstörte hierbei die Telegraphenleitung der Römerstraße 

Nachdruck verboten. lin d strandete 

schließlich auf den 
Bäumen des Quar¬ 
tier-National, auf 
denen er zerriß. 

Die 3 Soldaten 
kamen ganz und 
heil aus der Gon¬ 
del, die im übrigen 
mit samt ihrem 
Inhalt unbeschä¬ 
digt war. Die Hülle 
war sehr beschä¬ 
digt, sie über¬ 
deckte vollständig 
die Bäume und 

war nur mit größter Mühe unter Zuhilfenahme von Gugumusleitern wieder 
abzuheben; an der Plattform und am Flächenschwanze (queue empennee) 
waren mehrere Röhren gebrochen. 

Die Fahrt nach Osten war hiermit zu Ende. Der Lenkbare hatte 
210 km in 3 Etappen durchflogen; er war mehr als 84 aufeinander folgende 
Stunden außerhalb jedes bedeckten Raumes gefüllt geblieben. Das ist ein 
recht bemerkenswertes Resultat, wenn man bedenkt, daß der Versuch voll¬ 
ständig neu war, und daß die Verankerung jedesmal unter Zuhilfenahme 
von in aller Eile zusammengebrachten improvisiertem Material geschah, daß 
das zur Ballonwache genommene Personal an Ort und Stelle zusammen¬ 
gebracht wurde und vollständig ungeübt war. Das Fahrzeug hatte seine 
gediegene Ausführung bewiesen, indem es bei Jouarre einen heftigen Sturm 
Überstand; es würde selbst dem Windstoß im Lager von Chälons wider¬ 
standen haben, wenn die Leute es hätten halten können. Die für dasselbe 
unglückliche Etappenstraße war übrigens so schlecht wie nur möglich in 


Fig. 7. 


Plattform des Lebaudy-LuftschifTes nach der Strandung 
in den Bäumen am 6- Juli 1905. 


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155 


Anbetracht des Mangels an Schutzstellen ] ) und der Häufigkeit der Windstöße; 
das Lager von Chälons ist • traurigerweise berühmt bei den Luftschiflern 
durch die Zahl der Unfälle, welche dort den Ballons, auch den Kugelballons 
zugestoßen sind. 

Ein Lenkbarer, der eine Armee im Felde begleitete, würde sich ohne 
Zweifel unter besseren Verhältnissen befinden als der Lebaudy-Ballon während 
der Reise, über die wir soeben berichtet haben; denn man könnte eine 
Luftschiflerkompagnie für ihn bereit halten, die mit seiner Behandlung geübt 
ist und ein vollständiges wohldurchdachtes Verankerungsmaterial bei sich hat. 
Nichtsdestoweniger ist es sehr wünschenswert, für die Luftschiffe der Zukunft 
so zahlreich als möglich Häfen einzurichten, 2 ) wo sie Schutz finden werden 
gegen Unwetter. 

IV. Füllung lind Fahrten in 
Toul. 

Nach dem Unfall im Lager 
von Chälons beschlossen die Herren 
Lebaudy, das Material des Lenk¬ 
baren auszubessern und ihre Ver¬ 
suche fortzusetzen, indem sie dies¬ 
mal als Ausgangspunkt eines un¬ 
serer befestigten Lager im Osten 
nahmen. Nach einer vorausge¬ 
gangenen Erkundung wählten sie 
die Festung Toul und baten den 
Kriegsminister, eine der Reitbahnen 
des Artilleriequartiers auf dem 
Plateau de la Justice für die Auf¬ 
nahme des Ballons einzurichten. 

Länge und Breite dieser Reitbahn 
waren ausreichend, jedoch die Höhe 
nicht, und man mußte innen und 
außen eine tiefe Rinne im Boden 
ausschachten und gleichzeitig eine 
alte Hütte niederreißen. Der Kriegs¬ 
minister bewilligte das eingereichte Fig. 8. - Zur Ballonhülle umgeänderte Artillerle- 
_ Reitbahn In Toul. 

>) In Frankreich sind, wie mir nach meinem Vortrage über die Notwendigkeit der Beschaffung 
besonderer aeronautischer Landkarten auf dem internationalen aeronautischen Kongreß in Mailand mit¬ 
geteilt wurde, von seiten der Militärluftschiffahrt bereits seit Jahren aeronautische Spezialkarten vor¬ 
handen, welche auch die Schutzstcllen für Ballonlandungeu bei verschiedenen Winden kennzeichnen, 
dasselbe, was ich in meinem Vortrage, ohne von diesen bereits vorhandenen Einrichtungen Kenntnis 
gehabt zu haben (s. I. A. M., 1906, Heft 8), empfahl. Die Karten werden geheim gehalten. Ein ent¬ 
sprechender Vorschlag wurde von mir bereits im Jahre 1888 gemacht und findet sich veröffentlicht in der 
Zeitschrift des Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt. 1888. S. 278. Moedebeck. 

*) Ein derartiger Vorschlag wurde zuerst von dem Wiener Ingenieur Josef Popper gemacht. Man 
findet näheres darüber in der Zeitschrift des Deutschen Vereins zür Förderung der Luftschiffahrt.' 1888. S. 2:38. 

Moedebeck. 



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156 


Gesuch und der Geniedienst der Festung wurde mit der Einrichtung der 
Reitbahn beauftragt. 

Andererseits transportierte M. Juchmes sein Material auf dem Land¬ 
wege vom Lager von Chälons nach Toul und richtete sich zur Wieder¬ 
herstellung desselben in einer unbenutzten Räumlichkeit des Artilleriequartiers 
ein. Die Herren Lebaudy ließen ihr Personal aus Moisson kommen, ihren 
WasserstofTapparat, eine Lokomobile, eine Dynamomaschine, Pumpen usw. 

Die Arbeiten wurden allerseits eifrigst betrieben, und am 4. Oktober 
war der Lenkbare von neuem gefüllt und untergebracht. Eine Abteilung 
Luftschiffer, unter Kommando von Leutnant Bois, war nach Toul komman¬ 
diert, um ihn zu handhaben. Es handelte sich weder um eine Fahrt in 
Etappen noch um Verankerungen; der Ballon sollte in der Umgegend der 
Festung Toul umherfliegen und jedesmal nach seinem Unterkunftsraum 
zurückkehren. Man setzte sich in die Hypothese eines Lenkbaren, der sich 
in ein befestigtes Lager zurückgezogen, von hier Erkundungen macht. 

Die erste Ausfahrt fand am 8. Oktober statt und war nur eine ein¬ 
fache Versuchsfahrt (ascension de röglage). Sie hatte indes das Eigen¬ 
artige, daß sie bei einem sehr schlechten Wetter unternommen wurde (Regen 
und starker Wind aus Nordwest) und daß der Lenkbare den Kriegsminister 
begrüßte, der sich im Militärhospital befand. 

Fahrt von Toul nach Nancy und zurück. 

Bei der zweiten Auffahrt, am 12. Oktober, nahm man sich vor, Nancy 
zu erreichen. Der Wind kam aus Nordost; der Himmel war wolkig. Der 
Ballon fuhr vom Manöverfelde de la Justice (Höhe 250 m) um 7 Uhr 30 Min. 
morgens mit 415 kg Ballast ab; an Bord befanden sich Major Jullien, der 
Chef des Geniewesens der Festung, Hauptmann Voyer, 1 ) die Herren Juchmes 
und Rey. 

Der Lenkbare flog um 7 Uhr 44 Min. über die Stadt Toul, dann über 
Fort Gondreville; er überquerte darauf den Wald von Haye, indem er fast 
die große Straße von Nancy entlang fuhr. Gegen 8 Uhr 44 Min., gerade 
als er die Fonds-de-Toul überschreitet, versagt das Steuer: durch den Bruch 
eines Nietes hat sich die Mutter der Stellschraube gelockert; glücklicher¬ 
weise ist die Instandsetzung leicht und in wenigen Minuten bringt der 
Mechaniker alles wieder in Ordnung. Während dieser Zeit ist der Ballon 
über den Wald abgetrieben worden; bald aber setzen wir unsere Fahrt auf 
Nancy fort; um 9 Uhr 9 Min. sind wir in Höhe 650 m, nahe den Kasernen 
Blandan. 

Plötzlich äußert M. Rey die Befürchtung, zu wenig Öl zu haben, wenn 
die Fahrt sich zu lange ausdehnt: es ist vorsichtig umzukehren. Der Lenk¬ 
bare macht einen Halbkreis und nimmt fast denselben Kurs wieder auf wie 
vorhin. Nunmehr durch den Wind begünstigt, fährt er mit größerer Ge- 

*) llauptnmnn Voyer nahm an allen Auffahrten von Toul aus teil, die wie immer von Juchmfes 
und Rey ausgeführt wurden. 


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157 


schwindigkeit: der Wald von Haye ist um 9 Uhr 28 Min. überflogen; um 
9 Uhr 40 Min. sind wir nördlich Toul beim Fort Saint-Michel. Schließlich 
drehen wir uns gegen das Plateau de la Justice, indem wir unter ab¬ 
wechselndem Ventilzug und Einpumpen von Luft niedergehen. Nachdem 
wir um das Übungsfeld einen Kreis be- ' Nachdruck verboten, 

schrieben haben, landet der Ballon ohne 
Schwierigkeiten um 9 Uhr 51 Min.; er hat 
noch 315 kg Ballast. 

Die Fahrt hat im ganzen 2 Stunden 
21 Minuten gedauert; die durchfahrene 
Entfernung betrug 52 Kilometer. Bei den 
Auffahrten um Toul, die Erkundungsfahrten 
waren, hat man nicht danach gestrebt, große 
Geschwindigkeiten zu erreichen. 

Erkundung in der Nordwest- 
Gegend. 

Am 17. Oktober führte der Lenkbare 
bei schwachem Nordwinde und diesigem 
Wetter eine Erkundung gegen Norden und 
Nordwesten der Festung aus; an Bord Fi f u , ü d ,7im P ?ov?.Ä twiÄiiJ y itu U To’u 0 i hl ' r '' 
waren Hauptmann Richard vom Stabe von 

Toul, ausgerüstet mit einem telephotographisehen Apparat, und Leutnant Bois, 
Führer der Luftschifferabteilung. Die Abfahrt erfolgte um 8 Uhr 10 Min. 
morgens. 

Der Ballon fuhr am Berg Saint-Michel entlang, nahm Richtung gegen 
Norden und fuhr auf Fort de Bouvron zu, das er um 8 Uhr 55 erreichte. 
Sodann drehte er gegen Westen und fuhr über das Werk de la Cloche, 
auf das ein Sandsack von 10 kg herabgeworfen wurde, der ein Geschoß 
darstellen sollte; derselbe fiel auf den Wall. 

Nachdem das Dorf Lagney erreicht war, kehren wir gegen Süden um, 
nacheinander die Forts de Lucey, de Bruley und d’Ecrouves überfliegend, 
von denen Hauptmann Richard Aufnahmen macht. Um 9 Uhr 32 Min. 
nähern wir uns Fort Domgermain; der Ballon dreht gegen Nordost und 
landet um 9 Uhr 42 Min. auf dem Übungsplätze de la Justice. 

Wir sind 28 km in einer Stunde 32 Minuten durchflogen; die Ge¬ 
schwindigkeit ist absichtlich verhältnismäßig gering gewesen, um das Herab¬ 
werfen der Geschosse und die Aufnahme der Photographien zu begünstigen. 

Erkundung in der Süd-West-Region. 

General Pamard, Kommandeur der 39. Infanteriedivision, hatte den 
Wunsch geäußert, eine Auffahrt zu machen, die für den 19. Oktober morgens 
festgesetzt wurde. Der General war begleitet von Kapitän Magny, dem 
Ordonnanzoffizier des Generals Papuchon, Gouverneur von Toul. 



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Der Ballon fuhr um 7 Uhr 55 Min. bei Südwind und wolkigem Himmel 
mit 395 kg Ballast. Zunächst nach Süden haltend, überfliegt er hinter¬ 
einander die Dörfer Gve, Crezilles, Bagneux, dann macht er eine Drehung 
gegen Westen über dem Bahnhof von Barisey, um sich auf Vannes-le-Chätel, 
auf Fort Pagny-la Blanche-Cöte zu richten. Um 9 Uhr 43 Min. schwebt er 
über der Batterie von UrufTe, auf die ein Simulakergeschoß gerichtet wird; 
letzteres fällt 1 Meter von dem anvisierten Punkt entfernt nieder. 

Um 9 Uhr 47 Min. überquert der Lenkbare Fort Pagny-la Blanche-Cote, 
dann nimmt er durch eine neue Wendung die nordwestliche Richtung auf, 
indem er Dorf Gibeaumeix, Fort de Blenod, die Batterie von Charmes, das 
Dorf und das Fort Domgermain (Höhe 590) überfliegt. 

Nach dem Übungsplätze de la Justice zurückgekehrt, beschreibt der 
Ballon unter langsamem Niedergehen große Kreisbahnen, um 9 Uhr 26 Min. 
setzt sich die Gondel sanft auf die Erde auf. 

Bei dieser Auffahrt, die zwei Stunden 31 Minuten dauerte, war der 
Ballastverbrauch nur 90 kg (inbegriffen das Gewicht des Simulakergeschosses); 
die durchflogene Entfernung betrug 48 km. 

Verschiedene Auffahrten. 

Nach den drei nunmehr berichteten Erkundungsfahrten hat der Lenk¬ 
bare vom 21. Oktober bis 7. November fünf Auffahrten von geringerer 
Ausdehnung um die Stadt Toul gemacht, Auffahrten, an denen verschiedene 
Offiziere teilnahmen, deren Aufzählung man in der dieser Arbeit beigegebenen 
Tabelle finden wird. 

Besonders erwähnt sei die Auffahrt am 24. Oktober, bei welcher der 
Kriegsminister M. Berteaux den Ballon bestieg, und die vom 7. November, 
an welcher General Michal, der Kommandierende des 20. Armeekorps, sich 
beteiligte. 

Die Höhenfahrt. 

Bei den vorigen Versuchen und selbst ganz allgemein bei den bisher 
mit Lenkbaren angestellten Probefahrten hatte man niemals versucht, eine 
große Höhe zu erreichen. Um sehr hoch zu steigen, muß man in der Tat 
viel Ballast abwerfen und gleichzeitig viel Gas verlieren, und man zieht im 
Gegenteil vor, Ballast und Gas sich so lange als möglich zu erhalten. 

Außerdem sind die lenkbaren Ballons meistens arm an Ballast wegen 
der zahlreichen und gewichtigen Maschinen, welche sie zu befördern haben 
(Motor, Propeller, Stabilitäts- und Lenkungsfläche usw.). Endlich könnte 
die Landung aus einer großen Höhe eine gewisse Unsicherheit bieten, 
wenn man nicht sicher war, den Ballon beständig bis zur Landung unter 
Druck halten zu können. 

Aber die Höhe, die vom aeronautischen oder sportlichen Standpunkte 
aus erst in zweiter Linie in Frage kommt, ist im Gegensatz hierzu von 
großer Bedeutung vom militärischen Gesichtspunkte aus. Das in der Tat 


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159 €*«♦ 


sicherste Mittel für ein KriegsluftschifT, um den Schüssen des Feindes zu 
entgehen, besteht darin, daß es ziemlich hoch steigt, damit die Geschosse 
wenig Wahrscheinlichkeit haben, es zu erreichen. Es scheint, daß zu diesem 
Zwecke der Ballon sich mindestens 800 m hoch halten muß, und sobald 
er eine Gefahrszone überqueren muß, möglichst zwischen 1000 und 1500 m 
Höhe. 

Wir beabsichtigen nicht, hier mit einem Worte diese Frage zu berühren, 
die so neu und so kompliziert ist wie jene der Verwundbarkeit eines Lenk¬ 
baren. Dieses Fahrzeug hat für sich seine Beweglichkeit in den drei 
Dimensionen, gegen sich seine Sichtbarkeit und seine Empfindlichkeit. Es 
ist bisher kein Versuch gemacht worden, um die Höhe zu bestimmen, bei 
welcher es eine hinreichende Sicherheit besitzt; es ist daher sehr schwer, 
sie gegenwärtig zu bestimmen. 

Anderseits ist sicher, daß die Bemannung sich bemühen wird, den 
Schüssen des Gegners zu entrinnen, nicht allein durch Fahren in einer großen 
Höhe, sondern auch * indem sie verschiedene und veränderliche Mittel aus¬ 
nutzt, sei es, daß sie die Gefahrszone umfährt, sei es, daß sie dieselbe so 
schnell als möglich überquert mit horizontalen und vertikalen Bewegungen des 
Ballons in der Absicht, das Richten des feindlichen Feuers zu erschweren, 
sei es, daß sie nächtliche Ausfahrten macht usw. Alle diese Mittel, überlegt 
und geordnet, werden in Zukunft die Taktik des Lenkbaren darstellen. 

Durch diese Betrachtungen geleitet, beschlossen die Herren Lebaudy, 
ihre Versuchsreihe zu Toul mit einer Fahrt zu beschließen, welche die 
Möglichkeit darlegte, daß sie derartige Höhen mit ihrem Lenkbaren erreichen 
könnten. 

Dieser Aufstieg fand am 10. November bei einem sehr nebligen Wetter 
und einem schwachen Wind aus Nordwest statt. Der Ballon erhob sich 
um 9 Uhr 18 Min. morgens, er trug 495 kg Ballast. Auf 200 m über dem 
Plateau de la Justice begann er in den Nebel einzutauchen ; doch erblickten 
wir noch die Erde durch Lücken hindurch. Aber je mehr Ballast wir aus¬ 
warfen, um zu steigen, um so mehr verdichteten sich die Wolken um uns, 
und auf 800 m Höhe sind wir vollkommen in einen dichten Nebel einge¬ 
hüllt. Bei der Unmöglichkeit zu sehen, gegen welchen Punkt wir losfahren, 
begnügen wir uns damit, Kreise zu fahren. 

Um 10 Uhr erreichen wir die Höhe von 1370 m über dem Meeres¬ 
niveau (1120 m über de La Justice); um diese Höhe zu erreichen, haben 
wir 320 kg Ballast ausgeworfen. Es bleiben uns noch 175 kg, die uns 
gestatten würden, unseren Aufenthalt zwischen 1000 und 1500 m Höhe 
längere Zeit auszudehnen, wenn nicht der Wunsch, zu erkennen, nach 
welcher Richtung hin wir verschlagen werden, uns veranlaßt hätte, bald 
niederzugehen. 

Um 10 Uhr 25 Min. sehen wir die Erde von neuem und befinden uns 
im Südosten von Toul. Wir kehren sofort zurück nach La Justice, indem 
wir zugleich fortfahren, allmählich niederzugehen, was sich in großen um 


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160 «44« 


den Übungsplatz herum beschriebenen Kreisbahnen vollzieht. Endlich um 
10 Uhr 58 Min. berührt die Gondel die Erde; es sind noch 155 kg Ballast 
vorhanden. 

Im allgemeinen ist diese Hochfahrt, die einige, welche ohne Zweifel 
die Einrichtungen des Lebaudy-Luftschiffes schlecht kannten, als unmöglich 
oder gefährlich hielten, unter den günstigsten Umständen verlaufen: Die 
Auffahrt durch wechselweisen Ballastwurf und Auslassen von Gas (denn der 
Ballon war ganz vollgefüllt mit Gas abgefahren); die Niederfahrt, indem 
fortgesetzt der innere Druck mittels des Ventilators erhalten wurde, dessen 
Ergiebigkeit sich bei dieser Gelegenheit als vollständig hinreichend erwiesen 
hat. Es ist nur bedauerlich, daß am betreffenden Tage das Vorhandensein 
von Wolken unter 1000 m Höhe die Luftschiffer behindert hat, eine wirk¬ 
liche Erkundung in einer Zone auszuführen, für die man ohne Zweifel zu¬ 
geben muß, daß in ihr der Lenkbare schwerlich erreicht werden wird von 
feindlichen Geschossen. 

V. Zusammenfassung und Schlußbetrachtung. 

Überblicken wir noch einmal das Übungsjahr 1905 des Lebaudy-Luft- 
schiffes; man kann drei Abschnitte in demselben unterscheiden: 1. Vor¬ 
versuche zu Moisson; 2. eine Fahrt in Etappen von Moisson nach dem Lager 
von Chälons; 3. Auffahrten um Toul. 

Die Fahrt nach Osten hat durch ihre Neuheit und durch ihre unvor- 
herzusehenden Ereignisse ein ganz besonderes Interesse geboten; sie hat 
die Möglichkeit erbracht, daß man in Etappen einige 100 km fahren und 
den Lenkbaren unter freiem Himmel verankern kann, unter der Bedingung, 
daß man allemal einen sehr geschützten Ort wählt und eine tätige Über¬ 
wachung ausübt, die ein zahlreiches Personal benötigt. Die Auffahrten in 
Toul haben gestattet, die Aufgabe näher zu bestimmen, die ein Luftschiff, 
das einer Festung zugeteilt ist, erfüllen könnte; vor allem ein Werkzeug 
der Erkundung, wird der Lenkbare die Annäherungsarbeiten des Feindes 
beobachten, die Einrichtung seiner Parks und seiner Reserven. Er wird 
die Photographien der Werke und feindlichen Batterien beibringen; selbst 
über die Linie der Einschließung hinaus wird er, wenn erforderlich, seine 
Nachforschungen fortsetzen oder aber er wird der Festung die Verbindungen 
nach außen sichern. Wird er auch eine offensive Rolle spielen, indem er 
Sprengkörper auf den Feind wirft? Diese Frage wird viel besprochen. 

Wie dem auch sein möge, die mit dem Lebaudy-Ballon ausgeführten 
Versuche haben bewiesen, daß man von heute ab auf die Dienste eines 
Lenkbaren dieser Art im Falle einer Mobilmachung rechnen könnte, und es 
schien der Augenblick gekommen zu sein, die Schaffung einer Kriegsluft¬ 
schifflotte (flotte aerienne de guerre) einzuleiten, eine Schöpfung, die der 
Verwirklichung entgegengeht durch Vollendung einer neuen Einheit (Luft¬ 
schiff «La Patrie») im Jahre 1906. 


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Tabelle der mit dem Luftschiff Lebaudy in Toul im Jahre 1006 ausgefuhrten Auffahrten. 


^ 161 



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Es sei uns zum Schluß gestattet, einen Gesamtblick auf das Werk 
der Herren Lebaudy und Julliot zu werfen. Ihr Ballon wurde im Jahre 1902 
erbaut und im November desselben Jahres versucht (Jahr der beiden 
Katastrophen von Severo und von Bradsky). Die Versuche wurden im Jahre 
1903 fortgesetzt und endeten mit der Fahrt Moisson—Paris—Chalais. 

Im Jahre 1904 führte der mit einer neuen Hülle versehene Aerostat 
zahlreiche Auffahrten um Moisson herum aus. Endlich im Jahre 1905 haben 
die Versuche stattgefunden, von denen wir berichtet haben. Das sind also 
vier Jahre ununterbrochener Versuche, beständiger Verbesserungen und 
mehr und mehr ausgedehnter Fahrten. Bedient durch eine gewandte Be¬ 
mannung, die selbst fortschreitend mehr Übung erlangt hat, führte der 
Ballon insgesamt von 1902 bis 1905 79 Auffahrten aus, ohne daß dabei 
jemals eine Person zu Schaden gekommen ist. Das ist eine für einen 
Lenkbaren einzige Laufbahn. 

Ein für die Wissenschaft also interessantes Werk, das zugleich so nütz¬ 
lich ist für die nationale Verteidigung, macht die größte Ehre gleichzeitig 
demjenigen, der es erfunden hat, wie denjenigen deren, unerschöpfliche Frei¬ 
gebigkeit die Ausführung desselben ermöglicht hat. 


Aeronautische Terminologie 

von 

H. W. L. Moedebeck. 

Die plötzlich hervortretende rege Anteilnahme weiter Kreise an der 
Entwickelung der Luftschiffahrt hat eine Verwirrung aeronautischer Begriffe 
hervorgerufen, gegen welche wir aus Liebe zu unserer Muttersprache nicht 
schnell genug Front machen müssen. 

Wenn aus Laien plötzlich aeronautische Schriftsteller werden, ist es 
ganz natürlich, daß diese zunächst alle Begriffe durcheinander werfen. 
Ich halte es als eine Pflicht der älteren Fachgenossen, dem uns sehr will¬ 
kommenen Nachwuchs mit Aufklärung zur Hand zu gehen. 

Wir kennen eine Flußschiffahrt, eine Seeschiffahrt und nennen 
daher das, was wir betreiben, allgemein 

LuftschifFalirt (Aeronautik). 

Sie teilt sich in: 


Aerodynamische Aeronautik und Aerostatische Aeronautik. 


I. Flugschiffahrt. 

II. Ballonschiffahrt. 

Diese umfaßt: 

Diese umfaßt: 

a) Flugapparate (Flugmaschinen) 

a) Ballons, die im Luftstrom 

für einzelne Menschen, 

treiben (Luftballons), 

b) Flugschiffe für mehrere Men¬ 

b) Ballonschiffe, die Eigenbewe¬ 

schen, 

gung besitzen (Motorluftschiffe), 


letztere beide (b) werden allgemein zusammengefaßt 
durch den seit mehr als 2 Jahrhunderten überkommenen Namen: 

Lu ftschiffe. 


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163 4 *** 


Nach der besonderen Bauart unterscheidet man: 


I. 

1. Flügelflieger (Schwingenflieger), 

2. Schraubenflieger (Segelradflieger), 

3. Drachenflieger, 

als einfache Formen 

Flug-Technik 

heißt die Beschäftigung mit jedem der 
welche zusammengefaßt werden durch 

Luftschifl 


II. 

1. pralle Ballonschiffe, 

2. halbstarre Ballonschiffe, 

3. starre Ballonschiffe 

Ballon-Technik 

beiden großen Teile der Luftschiffahrt, 
das Wort 
-Technik. 


Ich möchte diese Vorschläge, sofern von berufener Seite nicht noch 
bessere deutsche Ausdrücke gefunden werden, zur allgemeinen Annahme 
und Einbürgerung empfehlen. Die Worte «Ballon» und «Technik» sind schon 
als deutsche Worte unserem Sprachschatz zugeführt worden; alle übrigen 
sind deutsche Stammworte. 

(Wir stellen diese Ausdrücke zur Diskussion und bitten die Herren 
Fachgenossen um ihre Äußerung. Red.) 


Landung von Ballons in Holland. 

Nachdem ich erfahren hatte, daß in Holland ein Gesetzantrag in die Kammer 
Eingang gefunden hat, der jedem in Holland landenden Luftschiffe 1000 Gulden oder 
bloß 3 Monate Gefängnis auferlegen will, habe ich mich sofort bei dem betreffenden 
Ministerium danach erkundigt. 

Der Herr Sekretär des Niederländischen Automobilklubs verwies mich an die 
Redaktion der Zeitung «De Nieuwe Courant*, die genaueres über die Sache wissen sollte. 
Bei dieser Zeitung erfuhr ich dann das folgende: Im Juli oder August vorigen Jahres 
schrieb Herr Bernard Canter in der Zeitung «De Nieuw'e Courant» ein Feuilleton, in 
welchem er die langsame Behandlung eines Gesetzentwurfes bei den holländischen 
Ministerien parodierte. Als Beispiel nahm er eine fingierte Gesetzgebung aus der Luft- 
schifTahrt. Das Feuilleton war voll Witz, wurde jedoch in England nicht begriffen und 
in vollem Ernst aufgefaßt. «De Nieuwe Courant» hat diesem Bericht dann in englischen 
Zeitungen bald energisch widersprochen. Dasselbe geschah ein wenig später auch in 
Frankreich und jetzt wird die alte Geschichte in Belgien, Deutschland, Dänemark und 
der Schweiz wieder aufgenommen. Die Sache war eine Boutadc und der Bericht ganz 
unwahr. 

Damit erklärt und erledigt sich diese Frage hoffentlich nun vollständig. 

s’Gravenhage. C. F. Steinbuch, 

Chefredakteur des «de Auto*. 

Aeronautische Kartographie. 1 ) 

(Aus l’Aerophile, revue tcchnique de la Loeomotion aerienne, besondere Beilage der Märznummer.) 

• 

Seeleute, Radfahrer, Automobilisten haben bereits ihre Spezialkarten; die Luft¬ 
schiffer rufen nach den ihrigen, das war durchaus notwendig. 

Auf den Vorschlag des Majors Moedebeck Jmt die Internationale Kommission 
für wissenschaftliche Luftschiffahrt kürzlich empfohlen, für die Luftschiffahrt Karten an¬ 
zufertigen, welche alle für die Luftfahrer vom Korbe aus ganz besonders sichtbaren Punkte 

») Vgl. I. A M. 1906. S. 299. 


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enthalten sollen: Krümmungen der Flußläufe, große Fabriken, Kreuzungspunkte von Eisen¬ 
bahnen. Auch die in der Nacht leuchtenden Punkte müßte man bezeichnen, wie große 
Lichtanhäufungen, große elektrisch erleuchtete Bahnhöfe usw. Diese Karten würden ohne 
allzu erhebliche Kosten auszuführen sein, indem man auf bereits vorhandene Karten in 
konventionellen Zeichen die verschiedenen, für die Luftschiffer wichtigen Anhaltspunkte 
in Farbe aufdruckt. 

Welcher kartographische Verleger wird hierin mit gutem Beispiel vorangehen? 


Aeronautische Übersicht. 

Bemerkenswerte Freiballonfahrten. Am 21. 2. 07. führte Mrs. Assheton Harbord 
ihre erste Kanalüberquerung im Ballon aus. Um 10 Uhr 50 Min. abends verließ die «Nebula» 
außer mit Mrs. Harbord, der Besitzerin des Ballons, noch mit Mr. Pollock, dessen fünfte 
Kanalüberquerung diese Fahrt war, «bemannt» den englischen Boden bei Chelsea und 
landete am anderen Vormittag 9 Uhr 30 Min. bei Stavollet, nahe Spa noch mit 5 Sack 
Ballast. Bereits 3 Tage später stieg die schneidige Dame mit Mr. Griffith Brewers im 
Ballon «Lotus», diesmal um 1 Uhr mittags, von der gleichen Stelle aus auf, wieder mit 
der Absicht, über den Kanal zu gehen. Auch diesmal glückte es, und der Ballon landete 
nach 3 Stunden 40 Min. bei Marquise, nicht weit von Boulogne. 

Alfred Leblanc vom A6ro-Club de France, der in diesem Jahre um den Gordon- 
Bennett-Preis starten wird, stieg am 16. März, 6 Uhr abends, in St.-Cloud in Begleitung 
von M. Mix mit seinem Ballon «Limousine» auf und landete am nächsten Morgen 7 50 
auf Rügen, nicht weit von Bergen. Es wurden gesichtet Soltau, Schwerin, Güstrow, 
Greifswald. Die Länge der Fahrt beträgt über 1000 km. 

Die erste Überquerung der Nordsee von einem in Deutschland aufgestiegenen 
Ballon wurde am 11. April ausgeführt. Der mit Dr. Wegener und A. Koch bemannte 
Ballon war am 10. April abends 8 10 in Bitterfeld aufgestiegen. Die Überfahrt über die 
See, auf welcher Nebel lag, dauerte 7 Stunden. Die Landung erfolgte nahe Leicester um 
4 *° nachmittags. _ 

Luftschilf Louis Godard. Louis Godard ist nach dem «A6rophile» im Begriff, «für 
einen benachbarten und befreundeten, an der Nordgrenze Frankreichs liegenden Staat», 
ein Luftschiff zu erbauen, welches, den Plänen nach, an die Lebaudy-Luftschiffe erinnert. 
Der Tragkörper ist vorn spitz, hinten abgerundet und hat eine Länge von 60 m, sein 
größter Querschnitt hat 10,60 m Durchmesser und liegt 24,50 m von der Spitze entfernt. 
Streckungsverhältnis demnach: 1 : 5.6. Der Inhalt beträgt 3750 cbm. Am hinteren 
Ende ist ein Stabilisator angebracht, der als Zylinder, welcher das Ende am Äquator um¬ 
faßt, ausgebildet ist. Vertikale Flächen sind am Ende in der gleichen Form wie bei 
«Patrie» vorgesehen. Das Ballonett faßt 625 cbm und wird durch einen besonderen 
Motor von 6 P. S. aufgeblasen. Ein Träger unter dem Ballon von 33 m Länge trägt 
an einem Ende das Steuer; an diesem Träger ist V 3 der Nutzlast aufgehängt, die übrigen 
8 /s sind an der Hülle direkt angehängt. Die Gondel, ebenfalls als Träger ausgebildet, 
von 20 m Länge, enthält 2 Motoren von je 60 P. S. Je eine Schraube von 7 m Durch¬ 
messer ist am vorderen und hinteren Ende der Gondel angebracht. Die Schrauben laufen 
mit 225 Touren und entgegengesetztem Drehsinn. 

Die Gewichte verteilen sich folgendermaßen: 


Gesamtgewicht des Luftschiffes. 2890 kg 

Benzin für 10 Stunden. 360 » 

5 Personen, Instrumente usw. 425 * 

Ballast. 450 * 


3750 cbm Wasserstoff zu je 1,1 kg Auftrieb . . . 4125 kg 


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Das Luftschiff soll beim Laufen der beiden Motore 14 m/sec., beim Laufen eines 
Motors noch 10 m/sec. Eigengeschwindigkeit nach Godards Ansicht haben. 

Der Ballon Santos-Dumont, welcher auf der Weltausstellung in St.-Louis s. Z. 
beschädigt wurde, ist von seinem Inhaber nicht reklamiert worden und wurde vor 
kurzem von einem amerikanischen Kaufmann für 80 Dollar (320 M.) käuflich erworben. 
Sic transit gloria mundi. E. 

Verwendung: von Ballons gegren llagel. Die nicht ganz befriedigenden Ergebnisse 
des sogenannten «Hagelschießens» mußten den Wunsch nach kräftiger wirkenden Mitteln 
nahe legen. Es tauchte daher der Gedanke auf, mittels kleiner Ballons Explosions¬ 
körper bis in die Hagelwolken zu bringen und so eine Störung in der Schichtenlagerung 
zu erreichen, welcher das Entstehen der Hagelkörner zuzuschreiben ist. Die Herren 
Capitaine Marga und Adh6mar de la Hault haben sich hierzu geeignete Ballons paten¬ 
tieren lassen. Diese sind bimförmig, das dünnere, kegelförmige in Spitze auslaufende 
Ende nach oben gerichtet, bestimmt, die Luft im Aufstieg leicht zu durchdringen 
und zugleich die Ansammlung von Niederschlägen zu vermeiden. Die Ballons haben 
ca. 2 l jz cbm Inhalt bei einem Durchmesser am Äquator des unteren halbkugelförmigen 
Teils von 1,6 m, wiegen 1 7* kg und haben ca. 2 7* kg Auftrieb, sodaß noch 1 kg Spreng¬ 
stoff mit Zeitzünder, angehängt am Appendix des runden Unterteils, gehoben werden 
können. Ob eine wesentliche Unterstützung der Wirkung der «Hagelgeschütze» oder etwa 
ein Ersatz derselben zu erreichen ist, bleibt abzuwarten. K. N. 

<K 

Flugtechnik. 

Die Drachenflieger. 

Hofrat Prof. Georg Wellner in Wien. 

Endlich — nach einer langen Reihe von Mißerfolgen — kann die 
Aviatik auf eine bedeutsame Leistung hinweisen; Santos Dumont auf 
seinem Drachenflieger ist wirklich geflogen, wie Hunderte von staunenden 
Zuschauern bezeugen können. Was die Flugtechniker seit Jahren ausgedacht 
und ausgerechnet haben, was aber von der großen Menge immerfort be¬ 
zweifelt wurde, beginnt sich jetzt zu bewahrheiten. 

Die Möglichkeit des dynamischen Fluges ist dargetan; der Bann 
gebrochen und deshalb ist es auch geboten, dieser Tatsache nicht unwillig 
und scheu auszuweichen, sondern ihr klaren Auges entgegenzublicken. 

Was sind die Drachenflieger? Es sind Schrägflächen, welche 
durch Treibschrauben (Propeller) keilförmig in die Luft vorwärts¬ 
bewegt werden, wobei verdichtete, unter den Flächen sich zu¬ 
sammenschiebende Luft den hebenden Auftrieb schafft 

Die Drachenflieger erscheinen solcherart als eine Umkehrung der im 
Winde stehenden, vom Winde getragenen Drachen. Bei den Drachenfliegern 
erzeugt der Vorwärtsflug einen künstlichen Wind, welcher mittels der Flügel¬ 
flächen das Fahrzeug in der Höhe zu erhalten hat. Das rasche Fliegen ist 
nötig, um Tragkraft zu gewinnen; der Anflug, dessen Ausführung von vorn¬ 
herein eine große Geschwindigkeit voraussetzt, wird auf diese Weise 


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schwierig, denn ein langsames schrittweises Ausprobieren ist unmöglich; 
jeder Flugversuch gleicht einem gefahrvollen ungewissen Sprunge in die Luft. 

Dieser Übelstand ist der wesentliche Grund dafür, daß bei den zahlreich 
auftauchenden Projekten von Drachenfliegern ein Fiasko dem anderen folgte 
und daß das Mißtrauen gegen die dynamischen Flugmethoden auch bei 
Fachgenossen und Technikern so festen Fuß zu fassen vermochte. 

Kleine Modelle flogen allerdings recht schön und zeigten zufrieden¬ 
stellende Ergebnisse, so jene von Tatin und Riehette in Paris, Maxwell, 
Edison und Langley in Amerika, Hargrave in Australien, Hofmann in 
Berlin, Kreß in Wien; sobald aber ein großer, bemannter Drachenflieger 
gebaut und losgelassen wurde, gab es einen Unfall mehr minder bedenk¬ 
licher Art. Es dürfte zweckdienlich sein, diese Drachentliegerversuche in 
ihrer geschichtlichen Reihenfolge aufzuzählen. 

Maxims Riesenflugmaschine aus dem Jahre 1890 hatte 4500 kg 
Gewicht, eine Haupt- und 5 Paar Nebenflächen von zusammen 500 m 2 
Ausmaß, eine 360pferdige Verbunddampfmaschine und 2 gegenläufige Pro¬ 
peller von 5,4 m Durchmesser, 4,8 m Steigung und 375 Touren. 

Als das Fahrzeug auf einer eigens hierfür gebauten Rollbahn das 
erstemal herunterfuhr, durchbrach es die oberen Schutzschienen, stieg in 
die Luft sich aufbäumend empor, kippte bald und zerbrach. 

Das Jahr 1896 brachte Aders «Avion», einen für das französische 
Kriegsministerium gebauten, schön ausgestatteten Fledermausflieger mit 
2 vornangebrachten vierflügligen Propellern. Der Apparat zerschellte bei 
der ersten Probe am Marsfelde bei Paris. 

Am 18. August 1896 stürzte der geniale Otto Lilienthal, nachdem 
ihm viele Gleitflüge vorher gelungen waren, nächst Berlin aus der Höhe 
herab und starb. 

Im Jahre 1898 ereilte seinen Nachfolger Pilcher in England das¬ 
selbe Schicksal. 

Im Jahre 1901 versinkt Kreß mit seinem Drachenflieger, welcher 
drei hintereinander befindliche gewölbte Tragflächen besaß und mit einem 
Wasserbote verbunden war, im Tullnerteich bei Wien. 

1903 geht das bemannte Luftschiff Langleys wegen ungenügender 
Balance im Potomakfluß unter. 

Erst dem jungen, kühnen und reichen Brasilianer Santos Dumont, 

welcher im Jahre 1901 mit seinem 
Zwergballon Nr. VI durch einen Flug 
um den Eiffelturm in Paris 100 000 
Franks gewonnen hatte, glückte es am 
12. November 1906, im Parke von 
Bagatelle bei Paris mit seinem einfach 
gebauten Raubvogel in 21 Sekunden 
eine Wegstrecke von 220 m in freiem 
Fluge durch die Luft zurückzulegen und 



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167 €4^ 


den hierfür ausgesetzten Preis (Grand Prix d’Aviation) von 50 000 Franks 
zu erreichen. (Fig. 1.) 

Der Drachenflieger (s. Aprilheft S. 122) hatte zwei den Zellendrachen 
nachgebaute, schräg auseinander gestellte Flügel aus Bambus mit Leinwand¬ 
überzug, je 5,64 m lang, durchschnittlich 3,35 m breit (die Flächenpaare 
2,35 m übereinander) mit einem Gesamtausmaß von 80 m 2 , ferner einem 
50pferdigen Antoinettemotor von 72 kg Gewicht, welcher unmittelbar (ohne 
jegliche Übersetzung) den zweiflügeligen Propeller (von 2 m Durchm., 8 kg 
schwer, aus Stahlrippen mit Aluminiumblechbelag hergestellt) in Umlauf 
setzte; das ganze Fahrzeug einschließlich des Fahrers wog 300 kg und 
w r ar montiert auf einem Wagengestell und Laufrädern, mit welchen zum 
Behufe der nötigen Anfangsgeschwindigkeit ein entsprechender Anlauf von 
etwa 200 m auf glattem Erdboden genommen wurde. Die Flughöhe über 
der Rasenfläche des Parkes betrug 3 bis 4 Meter. Neben dieser Leistung 
von Santos Dumont verdienen weiters die Arbeiten der Brüder Orville und 
Wilbur Wrigh t in Ohio, Nordamerika, hervorgehoben zu werden. Dieselben sind 
wegen einer noch als Geheimnis gehüteten selbsttätigen Steuer- und Sicher¬ 
heitsvorrichtung mit ihren Doppeldeckdrachenfliegern von etwa 46 m 2 
Fläche bisher nicht vor die Öffentlichkeit getreten, es ist ihnen jedoch, wie 
jetzt von mehreren Seiten beglaubigt wird, gelungen, schon in den Jahren 
1904 bis 1906 Freiflüge von mehr als viertelstündiger Dauer mit Geschwin¬ 
digkeiten von 15—17 Sek./m und über Flugstrecken bis zu 10 Kilometern 
auszuführen. 

Die Flugtechnik steht ohne Zweifel an einem entscheidenden 
Wendepunkte, denn das laufende Jahr 1907 wird viele Drachen¬ 
flieger verschiedener Konstruktion bringen; hervorragend schöne 
und weite Flüge werden voraussichtlich erzielt werden. Mehrere Preise 
sind ausgesetzt, unter anderen jener von Archdeacon von 50000 Franks 
für eine Flugbahn von 1 Kilometer mit einer Wendung hin und zurück ; 
und immer zahlreicher werden die Anmeldungen der Bewerber, deren 
Namen: Santos Dumont, Wright, Ferber, Ader, Archdeacon, 
Bleriot, Vuia, De Dion, Lagrange, Farmann u. a. m. erfolgver¬ 
sprechend klingen. Allerdings dürfte bei den Versuchen manche Havarie, 
vielleicht auch ein böser Unfall dazwischentreten. 

Bevor nun an eine weitere Beurteilung und Erörterung der Eigen¬ 
schaften und Bestandteile der Drachenflieger geschritten werden soll, ist 
es am Platze, die für diese dynamischen Flugmaschinen geltenden 
Gleichungen zu entwickeln und einer näheren Prüfung zu unterziehen. 

Heißen wir: 

F die tragenden Schrägflächen in m 2 
a den Elevationswinkel derselben 
v die Fluggeschwindigkeit in Sekündenmetern 
T das spezifische Gewicht der Luft 
g die Beschleunigung der Schwere, 


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dann ist der beim Vorwärtsfluge (siehe Figur 2) an der Fläche geweckte 
Normaldruck gemäß den aerodynamischen Grundgesetzen: 


D = F ~v 2 m sin a 


( 1 ) 


Hierin bedeutet m einen Faktor, wel¬ 
cher von der Beschaffenheit, Wölbungsart 
und Form der Flügelflächen abhängig ist 
und erfahrungsgemäß einen Wert zwischen 
1,5 und 4,5 zu haben pflegt. 1 ) 

Der Quotient ^ stellt sich für mittlere Luft¬ 
verhältnisse auf rund = ! / R 

Die Vertikalkomponente des Flächen¬ 
druckes : D cos a entspricht für den hori¬ 
zontalen Schwebeflug des Drachenfliegers 
in gleichbleibender Höhe dem zu tragenden Gewichte des Luftfahrzeuges : 
G, sodaß hierfür der Ausdruck lautet: 

G = F —v 2 m sina cosa.(2) 

g v } 



Die Horizontalkomponente des Normaldruckes: Dsina = Gtga ist 
eine den Flug hemmende Kraft, welche durch die Wirkung der Luftschrauben 
besiegt werden muß. 

Außerdem ist jedoch auch noch jener Stirnwiderstand zu überwinden, 
den die Querschnittsflächen des Fahrers, des Fahrzeuges, des Motors, der 
Flügelkan.ten, Stäbe etc. (insgesamt mit f in m 2 bezeichnet) darbieten und 

welcher die Größe hat: f^v 2 . Der gesamte Horizontalwiderstand des 


Drachenfliegers beträgt somit: K=Gtga f—v 2 .... (3) 

Nennen wir ferner: N die Effektivleistung des Motors in Pferdestärken 
und ri den Wirkungsgrad der Triebschraube (des Propellers) d. h. das Ver¬ 
hältnis der wirklich ausgeübten Repulsion gegenüber der aufgewendeten 
motorischen Kraft, so läßt sich ferner für den Drachenflieger im Beharrungs¬ 
zustande seiner Vorwärtsbewegung die notwendige zu verrichtende 
Arbeit in Sekundenmeterkilogrammen schreiben: 


Kv = 75 n N = (Gtg et + flv*) v. (4) 

Als Beispiel zur Erläuterung der Formeln sei der Drachenflieger von 
Santos Dumont benutzt. 

Hierfür ist: G = 300, F = 80, tga = ! / 6 , v = 10, ferner schätzungsweise 
wegen der vielen Kanten und Unebenheiten des Fahrzeuges f = 3,2 und 
wegen der hohen Tourenzahl und ungünstigen Lage der Schraube rj = 0,5. 
Jeder Quadratmeter Flügelfläche trägt ^=3,75 Kilogramm; der Faktor m 
ergibt sich aus der Gleichung (2) : m = 1,8, welche Ziffer der Konstruktion gut 


i) Näheres hierüber lindet man im Aufsatze des Autors: Der dynamische Flug in der Fest- 
tehrift der k. k. techn. Hochschule Brünn 1899. 


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entspricht; ferner ist G tg a = 300 • 1 le = 50 kg, f-^v 2 = 3,2 • -y ' 100 = 40 kg, 
folglich der Horizontalwiderstand des Fahrzeuges K = 50-]-40 —90 kg und 
die erforderliche Arbeit des Motors nach Gleichung (4)N = — Pferde¬ 

stärken. 

Man ersieht aus diesen Zahlen, daß die motorische Kraft bei diesem 
Drachenflieger mehr als ausreichend war; auch dürften während des statt¬ 
gehabten Fluges die 2 m im Durchmesser betragenden Luftschrauben nicht 
mit 1000 bis 1500 Touren (welche dem Antoinettemotor den Vollwert von 
50 Pferdestärken verleihen würden), sondern nur mit etwa 800 Touren in 
der Minute umgelaufen sein. Das Fahrzeug von Santos Dumont ist hin¬ 
sichtlich der Konstruktion und der Betriebsökonomie noch sehr verbesserungs¬ 
fähig und könnte insbesondere die hemmende Zuschlagsfläche f, beziehungs¬ 
weise der schädliche Stirnwiderstand f^-v 2 von 40 kg gut auf die Hälfte, 
also auf 20 kg herabgebracht werden. Ausschlaggebend für das Ge¬ 
lingen des Flugs war zweifelsohne der vorzügliche, kräftige und 
dabei sehr leichte Motor, bei welchem auf jede Pferdestärke das un¬ 
glaublich kleine Gewicht von nur f =1,55 kg entfällt. 

Auf Grund obiger Formeln (1) bis (4) fällt es nicht schwer, die Drachen¬ 
flieger untereinander zu vergleichen und auf ihre Güte zu prüfen, beziehungs¬ 
weise die Leistungsfähigkeit irgend eines neuen Projektes mit großer Wahr¬ 
scheinlichkeit im voraus zu bestimmen, sobald die erforderlichen Daten, 
insbesondere jene über das Gewicht, die Tragflächen und die Motorleistung 
vorliegen. 

Santos Du¬ 
mont baut für den 
heurigen Wettbe¬ 
werb zum Behufe 
eines rascherens Flie- 
gens einen neuen 
Drachenflieger, 
dessen Flugspann¬ 
weite von 12 auf 
11 m reduziert und 
dessen Flügelbreite 
auf 0,6 m, also ge¬ 
genüber der jetzigen 
Konstruktion mehr 
als viermal schmäler 
gemacht werden soll. 

Der auf 80 Pferde 

{ * 

verstärkte Motor wird oberhalb in der Mitte eingebaut, die Treibschraube 
vorn angebracht und statt des langen quadratischen Schnabelsteuers, welches 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg 22 



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beim Fluge am 12. November zerbrochen war, kommt ein rückwärtiges 
Zellensteuer. An Stelle der Bambusstäbe tritt Mahagoniholz mit Metallver¬ 
steifungen. (Siehe Fig. 3 und 4.) Nach meiner Meinung ist obige Ver¬ 
schmälerung der Flügelbreite allzu weit getrieben und dürfte die Tragfähig¬ 


keit schädigen. 


Neben dem Brasilianer treten, wie 
schon erwähnt wurde, im heurigen Jahre 
viele hervorragende Flugtechniker mit 
Drachenfliegern auf den Plan, und schon 
in kurzer Zeit dürfte man von bedeu¬ 
tenden Erfolgen der dynamischen Flug¬ 
methode zu hören bekommen. Die Er¬ 
kenntnis ihres Wesens und ihrer Wich¬ 
tigkeit wird erfreuliche Triumphe feiern. 
Es wäre aber verfrüht, den Dra¬ 
chenfliegern die Zukunft der Luft¬ 
schiffahrt zuzuerkennen, denndie- 
ser Gattung von Fahrzeugen haften 
große, in ihrem Wesen gelegene, 
somit nicht wegzubringende Mängel 
an. Die Stabilität und Steuerung des 
Fluges ist nicht sicher genug; der An¬ 
flug ist gefahrvoll und umständlich, weil schon von vornherein eine große 
Geschwindigkeit erreicht sein muß, bevor die Flugmaschine sich vom Erd¬ 
boden abzuheben vermag. Ebenso erscheint das Landen des rasch dahin 
sausenden Fliegers bedenklich; ein ruhiges und langsames Emporsteigen in 
die Luft, ein Schwebendbleiben an Ort und Stelle, ein sanftes Niedersinken ist 
undenkbar. Die Sicherheit des Betriebes verlangt aber gebieterisch 
die unbedingte Beseitigung aller dieser Übelstände; und es ist auch 
gar nicht schwer, gründliche Abhilfe zu schaffen, wenn man im Rahmen 
der einfachen Möglichkeiten Umschau hält und einen zielbewußten Entschluß 
faßt. Die Flugtechniker mögen die Drachenflieger sein lassen und 
sich den Schrauben- Rad-, und Ringfliegern zuwenden! 

Diese Gattung dynamischer Luftschiffe ist für den gewünschten Zweck 
ganz vorzüglich geeignet; ein langsames, schrittweises Ausproben der Fahr¬ 
zeuge bis zu einer zufriedenstellenden Vollkommenheit, ein langsames Auf- 
und Niederschweben ist möglich; ausgezeichnete Sicherheit und Stabilität 
ist vorhanden. 1 ) 

Die Bedingungen für das Ansteigen in die Luft, hervorgebracht durch 
das Tragvermögen raschbewegter schräger Flügelflächen, sind bei den Rad¬ 
fliegern im Prinzip die gleichen, wie bei den Drachenfliegern. Hat man es 



*) Ich verweise hier auf zwei dieses Thema behandelnde Aufsätze in den Illustr. Aeronaut. Mit¬ 
teilungen : «Wert und Bedeutung der Radflieger für die Luftschiffahrt» 1901, Heft 2, und «das Ringflieger¬ 
system > l'.*03. Heft 7. 


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einmal dahin gebracht und gelernt, auf dynamischem Wege in der Luft zu 
stehn und zu schweben, dann wird sich das Hinzufügen einer seitlichen 
raschen Fortbewegung spielend leicht, wie von selbst ergeben. 

Der Autor spricht seine feste Überzeugung dahin aus, daß 
bei Lösung des aeronautischen Problems der endliche Sieg den 
Radfliegern zufallen wird. 

Warum der Antoinette-Motor der leichteste und bisher 
der einzig brauchbare Motor für Flugmaschinen ist. 

Von Kapitän Ferber (de l’artillerie franyaise). 

Ich glaube, es wird nicht lange dauern, dann werden meine Landsleute 
mir die Fähigkeit zuerkennen, die Entwickelung der Dinge zu durchschauen 
und mich dieser Entwickelung mit der größten Schnelligkeit anzupassen. So 
hat sich mir beim Lesen der Berichte über die Versuche Lilienthals in 
deutschen Zeitschriften die Überzeugung aufgedrängt, daß das Problem des 
Fliegens in allernächster Zeit gelöst werden kann, 1 ) und daß es daher meine 
Pflicht wäre, die Versuche aufzunehmen. So habe ich lediglich durch die 
Beschreibung der Benzinmotoren vor etwa 10 Jahren den bestimmten Ein¬ 
druck gewonnen, daß diese Motoren den Keim der leichten Motoren in sich 
tragen, 2 ) und daß es daher unnütz wäre, meinerseits an ihrem Aufbau für 
die Flugmaschinen mitzuarbeiten. 3 ) So habe ich, als ich vor etwa 3 Jahren 
die Bekanntschaft von Mr. Levavasseur machte, begriffen, daß ich den Kon¬ 
strukteur des Motors der Zukunft vor mir hatte, und daß ich diesem genialen 
Erfinder mit allen meinen Kräften helfen müßte. 

Zu dieser Zeit besaß Mr. Levavasseur bereits einen Motor von 80 P. S., 
der in einem Boot untergebracht war, das unter dem Namen «Antoinette I» 
seitdem berühmt geworden ist. 4 ) 

Das Boot lief immer als erstes durchs Ziel, da es sehr viel Kraft bei 
nur geringem Gewicht aufwies. Dieses Kennzeichen machte mich aufmerk¬ 
sam. Als ich Levavasseur deswegen ansprach, antwortete er mir, daß der 
Motor deswegen so leicht wäre, weil er ihn im vergangenen Jahre speziell 
für eine Flugmaschine konstruiert hätte. 

Das war die Lösung: Levavasseur hatte den Motor bewußtermaßen 
leicht gebaut, im Gegensatz zu den meisten anderen Konstrukteuren, welche 
noch heute fest dabei bleiben, ihn möglichst schwer zu halten. 

Ich brauchte nicht viel Zeit, um mich zu überzeugen, daß Levavasseur 
nicht nur ein guter Konstrukteur, sondern auch ein äußerst guter Physiker 

*) Weil nur durch die Berichte der Zeitungen es möglich war, den Koeffizienten des Widerstandes 
der Luft zu berechnen und zu konstatieren, daß er 10 mal größer war, als die Gelehrten bisher annahmen. 

*) Weil er alles vermeidet, was an der Dampfmaschine schwer ist und Platz wegnimmt: Feuerung, 
Kessel, Wasser, Kohle. 

3) Weil die Automobilkonstrukteure es von selbst tun mußten. 

4 ) Nach einem wohlbekannten Beispiel in der Automobilindustrie nannte Levavasseur nach der 
Tochter des ersten Kapitalisten, der ihn unterstützt hatte (Mr. Gastambide), aus Dankbarkeit seine 
Motoren: Antoinette. 


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172 £44« 


ist, der während dreier Jahre die Theorie und Praxis des Benzinmotors 
experimentell studiert hatte. 

Daher stammt seine außerordentliche Geschicklichkeit bei der Berechnung 
der Abmessungen, sodaß trotz großer Leichtigkeit alle Teile immer noch 
mit genügender Sicherheit arbeiten: Gußeisen mit nur 1,5 kg, Stahl mit 
10 kg, Bronze und Aluminium mit 2 kg pro Quadratmillimeter. 

Einer der Gründe der Leichtigkeit ist die Zahl der Zylinder. Bekannt¬ 
lich wächst die Leistung eines Motors mit dem Quadrat des Zylinderdurch¬ 
messers, während sich das Gewicht mit der dritten Potenz vergrößert. Daher 
sind mehrere kleine Zylinder vorteilhafter als ein großer. Bei 8 Zylindern 
bleibt außerdem das Drehmoment konstant, die Maschine arbeitet erschütte¬ 
rungsfrei und das Schwungrad kann fortfallen. Das letztere ist reine Ge¬ 
wichtsersparnis. Das ist aber nicht der einzige Vorteil. Da nämlich immer 
2 Zylinder im Betrieb sind, braucht nur die Zündung eingeschaltet zu werden 
und der Motor läuft an. Seine Regulierfähigkeit ist derart, daß er zwischen 
60 und 1500 Umdrehungen in der Minute variiert werden kann, lediglich 
durch Veränderung der Vorzündung. 

Alles in allem arbeitet es sich mit dem Motor fast wie mit einer 
Dampfmaschine. Diese Illusion wird dadurch noch verstärkt, daß man durch 
einen Hebeldruck den Motor rückwärts laufen lassen kann. Durch diesen 
Hebel wird die Nockenwelle um ein bestimmtes Stück verschoben. Es ist 
klar, daß diese Anordnung im besonderen für Motorboote von Wert ist, 
da die Vorrichtung zum Rückwärtslaufen, die viel Platz wegnimmt, fortfällt. 

Ein weiteres Kennzeichen des Antoinette-Motors ist die Anordnung 
seiner Zylinder in V-Form. Je zwei aufeinanderfolgende Zylinder sind so 
versetzt, daß sie an derselben Kurbel angreifen können. Die Hauptwelle 
hat demnach nur 5 Lager und 4 Kurbeln, sodaß der Motor von 8 Zylindern 
wenig mehr Platz als ein solcher von 4 Zylindern beansprucht. 

Der Motor läuft mit Benzin, Petroleum, ja sogar mit Wasserstoff, 1 ) 
wobei eine bisher geheim gehaltene Art der Verbrennung angewendet wird. 
Er besitzt keinen Vergaser, sondern für jeden Zylinder ein Zuführungsrohr, 
welches die Verteilung des Brennstoffes besorgt. Eine besondere Pumpe 
für das Benzin vervollständigt die Maschine. 2 ) 

Die Zündung wird durch Induktionsströme bewirkt, welche durch 
Akkumulatoren und eine Spule erzeugt werden, die 700 Funken per Sekunde 
gibt. Magnetzündung hat sich nicht bewährt, da die Spannung sich zeit¬ 
weilig so bedeutend steigerte, daß die Isolationen versagten und alle Zylinder 
gleichzeitig zündeten. 

Diese Einzelheiten setzte mir Levavasseur auseinander und ich war 
derartig von der Richtigkeit seiner Ideen überzeugt, daß ich sofort einen 


M Wasserstoff als Brennstoff hat ein Erbauer eines Luftschiffes (Hänlein, Red.) vorgeschlagen, der 
richtig bemerkte, daü, anstatt das (las durch Diffusion aus seinem Ballon entweichen zu lassen, es besser 
ist, dasselbe zum Treiben des Motors zu benutzen. 

*) Eine Beschreibung des A.ntoinctte-Motors geben wir im nächsten Heft (Red.). 


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Motor von 24 P. S. bei ihm bestellte, obwohl diese Type noch im Versuchs¬ 
stadium war. Santos Dumont ist meinem Beispiel bald durch einen Motor 
von doppelter Kraft gefolgt, und sein Versuch ist ja, wie bekannt, nicht 
zum wenigsten durch den Motor gelungen. Bei seinem neuen Modell ver¬ 
doppelt er noch einmal die Stärke des Motors, um hohe Geschwindigkeiten 
zu erreichen, die ja erst wirklich interessant sind. 

Ich habe Levavasseur gefragt, ob jetzt, da er solche Erfolge erzielt 
hat, er nicht fürchtete, daß sein Motor nachgebaut würde. Er hat ruhig 
mit den Achseln gezuckt und mir erwidert: «Da meine Erfindung in allen 
Staaten, Deutschland einbegriffen, patentiert ist, so werde ich voraussichtlich 
alle Prozesse gewinnen. Aber ich habe besseres vor. Sobald meine Nach¬ 
ahmer ihre Maschinen auf den Markt bringen und mit viel Mühe die 
Schwierigkeiten der Einzelkonstruktionen überwunden haben werden, bringe 
ich einen neuen Typ heraus, der noch weniger wiegen wird, als der jetzige.» 

Er hat mir seine Idee anvertraut, sie ist ausgezeichnet, und dieser 
geniale Mann wird ausführen, was er versprochen hat. (übersetzt: eiu*.) 

Das Rätsel der Gebrüder Wright. 

Der bekannte englische LuftschifTer C. S. Rolls hatte bei seiner Anwesenheit in 
Amerika kürzlich Gelegenheit, die Gebrüder Wright zu sprechen, und sendet daraufhin 
an die englische Zeitschrift «Ballooning and Aeronautics» folgenden Brief: 

«Während meiner Anwesenheit in Amerika besuchte ich die Gebrüder Wright. Ich 
sprach außerdem mit einigen völlig unparteiischen Leuten, welche die Flüge der Wrights 
gesehen hatten. Mein Eindruck ist der, daß ich fest davon überzeugt bin (quite con- 
vinced), daß sie sogar mehr erreicht haben, als in den Zeitungen veröffentlicht wurde. 
Für mich ist der Grund des Schweigens völlig klar. Es ist ja wahr, daß die Maschine 
durch zahlreiche Patente geschützt ist, aber, wenn ein einziges Mal die Versuche öffent¬ 
lich gemacht würden und Photographien von dem Flieger genommen würden, so wäre 
es für jeden, der sich mit Flugtechnik beschäftigt hat, ein leichtes, die Maschine nach¬ 
zubauen, und es würde endlose Prozesse und viel Geld kosten, die Erfinderrechte 
durchzufechten. Es ist demnach einfacher und sicherer, die Konstruktion für sich zu 
behalten, um so das Nachbauen zu verhindern, als sich darauf zu verlassen, daß die 
Patente aufrecht erhalten werden können. Diese Gründe gelten natürlich nur augen¬ 
blicklich ; sobald die Maschine an eine Regierung oder eine kapitalkräftige Gesellschaft 
verkauft ist, werden sie hinfällig. 

Diese merkwürdigen Menschen sind äußerst bescheiden, und es ist sehr schwer, 
etwas aus ihnen herauszubringen, aber als ich sie drängte, versicherten sie mir, daß 
diese Maschine die Strecke des «Daily-Mail Preises» leicht bewältigen könne. Ein sehr 
interessantes Moment teilten sie mir mit, was die persönliche Leistung beim Fliegen 
anbelangt. Sie hatten gefunden, daß die körperliche Anstrengung ungeheuer groß ist. 
Die Überwachung des Gleichgewichtes, die Höhensteuerung, die Seitensteuerung, die 
Überwachung der Vergasung, der Zündung und Geschwindigkeit des Motors, alle diese 
Dinge beanspruchen die Kräfte des Körpers und des Geistes auf das Äußerste. Anfangs 
waren sie nach einem Fluge von 1 Meile (l s /4 km) am Ende ihrer Kräfte angelangt, 
aber durch Übung konnten später auch viel größere Strecken zurückgelegt werden. 

Nach dem Vorstehenden scheint es möglich, meint Mr. Rolls, daß man eine 
Maschine bereits hersteilen kann, welche die Strecke des «Daily-Mail Preises* leisten kann, 
ehe der Mensch so weit geübt ist, um die Führung der Maschine auszuhalten.» 


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So weit Mr. Rolls. Der Brief bringt, was die Beweise für den Flug anbelangt,, 
yiichts Neues. Von unparteiischen Leuten sind die Flüge der Wrights schon oft bezeugt 
worden, aber noch von keinem Fachmann. Die Gründe, weswegen die Wrights ihre 
Maschine geheim halten, sind verständlich, sie wollen sich als gute Geschäftsleute eben 
nicht nur das Neue, Patentierte, an ihrer Maschine bezahlen lassen, sondern auch das 
längst Bekannte, und überlassen es dann ihrem Abnehmer, sich mit den Nachahmern 
ihres Apparates auseinander zu setzen. Wenn sie wirklich so viel erreicht haben, wie 
behauptet wird, so ist ihnen das Geschäft zu gönnen, auch wenn an ihrem Apparat 
nichts Neues wäre. 

Die Bauart der Maschine ist es aber nicht, was uns interessiert. Früher oder später 
werden andere Flugtechniker das Gleiche, wenn auch vielleicht auf einem anderen Wege 
erreichen. Was uns aber interessiert, ist: Wie weit sind die Wrights geflogen? Unter ge¬ 
flogennatürlich verstanden: selbständiger Abflug ohne fremde Hilfe mit nur an Bord befind¬ 
lichen Mitteln ohne Benutzung von Absprungmitteln. Es handelt sich hierbei um das 
eigenste Interesse der Wrights, nämlich um ihre Priorität. Und es gibt ein einfaches 
Mittel, um diese einwandfrei festzustellen. Die Wrights verpflichten einen Sachverstän¬ 
digen oder besser eine Kommission auf Geheimhaltung alles dessen, was Bauart der 
Maschine anbelangt, evtl, unter Festsetzung der höchsten Konventionalstrafen, und führen 
ihre Versuche vor dieser Kommission aus, die nur die Ergebnisse der Versuche ver¬ 
öffentlicht und mit ihrem Namen verantwortlich zeichnet. Kann diese Kommission über 
gelungene größere Versuche berichten, so wollen wir gerne die Fähigkeiten der Wrights 
anerkennen, eher aber nicht! Elias. 

Nach Schluß der Redaktion erfahren wir von unserem Korrespondenten in St. Louis, 
Herrn Dr. SchleifTarth, noch folgendes: Die Gebr. Wright suchten, wie amerikanische 
Zeitungen melden, den Vorsitzenden des Aero Club of Amerika, Mr. Bishop, auf, um sich 
bei ihm über die Bedingungen des großen, in Amerika ausgesetzten Preises für Flug¬ 
maschinen zu erkundigen. Nach längeren Irrfahrten in New-York fanden sie ihn end¬ 
lich am Abend im Klubhause des Aero Klub. Auf Befragen teilten sie Mr. Bishop mit. 
daß sie ein Angebot von einem Syndikat haben und außerdem mit zwei Regierungen in 
Unterhandlung stehen. Die Bauart ihrer Maschine wisse außer ihnen kein Mensch. Sie 
hätten keine Zeichnungen. Die verschiedenen Teile sind von verschiedenen Arbeitern 
angefertigt worden; den Zusammenbau hätten sie eigenhändig vorgenommen. Übrigens 
ist die Maschine nach ihrem langen Fluge, über 24 Meilen (ca 40 km), zerstört worden. 
«Wir haben sie völlig im Kopfe>, sagte einer der Brüder. 

Wir haben nichts hinzuzufügen. E. 


Flugtechnische Übersicht. 

Santos-Dumont arbeitet mit Energie weiter. Die Tragflächen seines zweiten 
Fliegers (Nr. 15) sind ebenso wie die des ersten angeordnet (111. A. M. 1907, S. 122). 
Die Breite der Flächen von Ende zu Ende ist 11 m, ihre Länge 0,60 m. Die Gesamt¬ 
tragfläche hat 14 m*. Das Höhensteuer ist hinter den Tragflächen in einer Entfernung 
von 4,00 m angeordnet und hat eine Breite von 3,00 m bei einer Länge von 0,60 m. 
Die Zugschraube von 2,00 m Durchmesser, welche ein Antoinette-Motor von 100 P. S. 
antreibt, ist vor den Tragflächen angebracht. Als Seitensteuer sind 2 Flächen an der 
vorderen Zelle vorgesehen. Das Gewicht des Apparates ist 280 kg. Die rechte Seite dieses 
Fliegers ist am 27. März bei einem Versuch völlig zerbrochen. Santos-Dumont setzte daher 
seinen ersten Apparat, Nr. 14 bis, wieder instand und unternahm mehrere Versuche. Am 
2. April wurde der Apparat herausgebracht, da aber der Wind zu stark war und bis 
zum Abend nicht nachließ, mußte auf Versuche verzichtet werden. Am 4. April war der 
Wind günstig. Der Flieger erhob sich auf etwa 1,50 bis 2 m, flog 50 bis 60 m weit, 
hatte dann aber eine Gleichgewichtstörung, sodaß er nach links kippte und zu Boden 


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stürzte. Santos-Dumont blieb hierbei völlig unverletzt, auch die Flugmaschine ist nur 
sehr wenig beschädigt worden, ein Beweis für die Richtigkeit der Ansicht Köppens, daß 
der Mensch in einem Flugapparat völlig sicher ist. 

Henry Kapförer hat bei Voisin einen Apparat bauen lassen, der einem Hargrave- 
Drachen mit ungleich breiten Zellen gleicht. Die Tragflächen haben bei beiden Zellen 
eine Länge von 1,20 m und sind schwach gewölbt. Die Breite der Vorderzelle ist 11 m, 
die der Hinterzelle 4,00 m. Der Zwischenraum zwischen den Zellen ist etwa 2,50 m. 
Zwischen den Flächen der Hinterzelle befindet sich das Seitensteuer. Außer diesen 
Tragflächen besitzt der Flieger noch einen vorderen Stabilisator, ähnlich dem Apparat 
Santos-Dumont Nr. 14 bis, dessen horizontale Flächen von 4,00 m Breite in einer Ent¬ 
fernung von 2,10 m von der Vorderkante der Vorderzelle entfernt sind. Die horizontalen 
Flächen haben zusammen 42 qm. Die Schraube von 1,60 m Durchmesser befindet sich 
dicht hinter der Vorderzelle und ist direkt mit einem 20—25 P. S. starken, luftgekühlten 
Buchetmotor, der mit 1200—1300 Touren läuft, gekuppelt. Zum Anlaufen sind zwei neben¬ 
einander unter dem Motor Hegende Räder an Puffyfedern vorgesehen. Am 1. März 
wurde ein Versuch unternommen, der jedoch infolge einer Havarie am Motor zu keinem 
Erfolge führte. 

Der Drachenflieger Delagrnnge, der bereits in der vorigen Nummer kurz erwähnt 
wurde, ähnelt in der Ausbildung als Hargrave-Drachen dem vorhergehenden. Der Flieger 
ist ebenfalls aus der Werkstatt Voisin hervorgegangen. Wie uns unser französischer 
flugtechnischer Mitarbeiter, Capitaine Ferber, mitteilt, hat die Vorderzelle eine Breite von 
10 m, eine Länge von 2 m; die Hinterzelle eine Breite von 8 m, eine Länge von 1,50 m. 
Die Flächen sind ebenfalls leicht gewölbt, Schraube und vorderer Stabilisator sind wie 
beim Drachenflieger Kapfärer. Die Gesamtlänge des Fliegers ist 13 m. Zum Antrieb 
der Schraube von 2,30 m Durchmesser ist ein 50 P. S. Antoinette-Motor eingebaut. Das 
Gewicht des ganzen Fliegers beträgt bei 60 qm Fläche nur 275 kg. Den ersten Versuch 
mit diesem Flieger machte G. Voisin am 28. Februar. Nach einem Anlauf von etwa 50 m 
brach der Flieger dicht hinter der Vorderzelle durch. Infolge des Gewichts des Motors 
kippte der Apparat hinten herunter, die Schraube berührte den Boden und zerbrach. 
Bereits am 30. März wurde ein neuer Versuch gewagt. Auch diesmal hatte G. Voisin 
in der Gondel Platz genommen. Bei einem kurzen Probeflug von etwa 10 m erwies sich 
der Flieger seitlich als nicht ausbalanciert. Das Gleichgewicht konnte jedoch leicht 
durch Anbringen eines Gewichtes hergestellt werden. Beim Hauptversuch erhob sich 
dann der Flieger nach etwa 150 m glatt vom Boden und durchflog in etwa 2—3 m Höhe 
eine Strecke von 60 m. Die Landung war sehr schön und leicht. 

Yuia hatte nach langen Versuchen endlich einen kleinen Erfolg. Sein Flieger, 
der nur eine Fläche hat, an welcher die Schraube und das Steuer befestigt sind, und 
deren Neigung geändert werden kann, wiegt mit dem Führer nur 275 kg, allerdings ist 
der Führer außerordentlich leicht (56 kg). Am 2. März erhob sich der Apparat nach 
einem Anlauf von 90 m auf einen Augenblick. Bei einem zweiten Versuch wurden etwa 
4 m in einer Höhe von 1 -1,50 m in der Luft zurückgelegt. Ein dritter Versuch glückte 
noch besser. Es gelang, den Apparat etwa 10 m weit in einer Höhe von 1,50—2 m 
über dem Boden zu halten. Die Landung bei diesem letzten Versuch war etwas hart, 
sodaß die Räder zerbrachen. 

Bl£riots Drachenflieger hat eine Tragfläche, welche fast die gleiche Form wie 
der Flieger von Etrich-Wells (I. A. M., 1907, S. 118) hat. Die Spannweite der Fläche 
ist 7,80 m, die Oberfläche 13 m 2 . Das Steuer ist vorn in einer Entfernung von 4,50 m 
von der Tragfläche angebracht. Die Schraube befindet sich hinter der Tragfläche, hat 
einen Durchmesser von 1,60 m und wird von einem 24 P. S. Antoinette-Motor ange¬ 
trieben. Um den Flächen möglichst wenig Luftreibupg zu geben, ist das Gestell oben 
und unten mit Pergamentpapier bezogen. Zum Transport können die Flächen hochge¬ 
klappt werden. Das Gesamtgewicht des Fliegers ist 260 kg. Ein erster Versuch wurde 
am 2. April in Bagatelle unternommen. Nach Durchlaufen von etwa 30 m berührte die 


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Schraube den Boden und wurde beschädigt. Ein zweiter Versuch am 5. April gab ein 
besseres Resultat. Nach einem Anlauf von etwa 100 m hob sich der Apparat etwa 
60 cm und flog 5—6 m. Beim Landen, das Blöriot willkürlich herbeiführte, zerbrach 
die Achse der Anlaufräder. Dieser, wenn auch kurze Versuch hat dennoch gezeigt, daß 
die Konstruktion sehr geschickt ist, denn der schwache Motor zusammen mit der geringen 
Tragfläche hat das Gewicht des Apparates gut gehoben. 

In Dänemark hat ein Ingenieur Ellehammer eine Flugmaschine gebaut, die zwei 
Flächen über einander besitzt. Die untere Fläche hat fast die Form eines Malay-Drachens, 
die obere die Form von Vogelflügeln. Das Gewicht des Fliegers soll 243 kg betragen 
und wird durch einen Motor von 18 P. S. gehoben. Für später ist ein solcher von 
36 P. S. projektiert. Die Schraube ist vorn. Das Gleichgewicht versucht Ellhammer da¬ 
durch automatisch zu erreichen, daß der Motor beweglich aufgehängt ist und als Pendel 
arbeitet. Dieses Pendel ist mit einer Steuerfläche verbunden, die demnach entsprechend 
der Stellung des Pendels automatisch eingestellt wird. Der Apparat ist bemannt bereits 
eine kurze Strecke geflogen. 

Capitaine Ferber und Ingenieur Levavasseur, der Konstrukteur der Antoinette- 
Motoren, haben ebenfalls einen Flieger konstruiert, der aber noch nicht versucht ist. 
Seine Tragfläche beträgt 25 m*, Gesamtgewicht 500 kg, Antoinette-Motor von 100 P. S. 

E. 

3* 

Aeronautische Wettbewerbe. 

Ausschreibungen. 

Armee-, Marine- und Kolonial-Ausstellung Berlin 1907. Bei der vom 15. Mai bis 
5. September a. er. in Berlin stattfindenden Armee-, Marine- und Kolonial-Ausstellung 
arrangiert der Berliner Verein für Luftschiffahrt eine Aeronautische Abteilung. Photo¬ 
graphien, die sich auf die Luftschiffahrt beziehen, sind aufgezogen einzusenden und 
müssen bis zum 5. Mai in den Besitz des mit dem Arrangement betrauten Herrn 
Direktor Christmann, Friedenau bei Berlin, Rheinstrasse 45, gelangt sein. 
Bei Ballonaufnahmen ist außer der Angabe des dargestellten Gegenstandes auch die 
Höhenangabe, die Angabe des benutzten Apparates und Objektives erwünscht. Alle an¬ 
deren auf Aeronautik und Aviatik bezüglichen Gegenstände (Modelle und Zeichnungen 
von Luftschiffen und Flugmaschinen, Instrumente, Utensilien usw.) sind an Herrn 
Regierungsrat Hofmann, Berlin N., Reinickendorferstraße 2, anzumelden. 

Grand PrLx de PAvlalion. 50000 Fr., gegeben von Deutsch de la Meurthe und 
Ernest Archdeacon. 

Apparate. Art. 1. Zur Bewerbung werden bemannte Flugmaschinen aller Systeme 
und jeder Größe zugelassen, die kein Gas zum Tragen nötig haben und während des 
Fluges keine Verbindung mit dem Erdboden haben. 

Meldungen. Art. 2. Vorläufige Meldungen sind verpflichtend (obligatoires); sie 
werden nur gültig, wenn sie im Sekretariat des Aöro-Olub de France gemacht werden 
und wenn folgende Bedingungen erfüllt werden: 

Art. 3. Jeder Bewerber hat einen Einsatz von 50 Fr. für jeden Versuchstag zu 
bezahlen, die Anzahl der Versuche an jedem Tage kann beliebig sein. Der Einsatz ver¬ 
fallt, wenn der Bewerber nicht erscheint. 

Art. 4. Die Meldung und die Zahlung des Einsatzes hat so frühzeitig zu erfolgen, 
daß die Unparteiischen spätestens am Abend vor dem Versuch benachrichtigt w’erden 
können. Dieser Termin kann früher angesetzt werden, wenn das Versuchsfeld weit von 
Paris entfernt ist. 


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Art. 5. Es gelten nur Versuche, die zwischen Sonnenauf- und Untergang’ statt¬ 
finden. 

Art. 6. Die Unparteiischen erscheinen nur, wenn der Bewerber bei der Meldung 
durch Zeugen nachweist, daß er bereits Versuche ohne Unfall ausgeführt hat. In diesem 
Punkte gibt es gegen die Entscheidung der Kommission keine Berufung. 

Art 7. Nur ein Bewerber wird an einem Tage zugelassen. Beanspruchen mehrere 
denselben Tag, so werden die folgenden nach der Reihenfolge der Meldungen an den 
darauffolgenden Tagen zugelassen. 

Versuchsfeld. Art. 8. Der Bewerber darf, damit Reklamationen möglichst ver¬ 
mieden werden, das Versuchsfeld selbst aus wählen und sowohl den Start- und Landungs¬ 
punkt, als auch den Wendepunkt bestimmen. Die Entfernung zwischen diesen beiden 
Punkten muß mindestens 500 m betragen. 

Art. 9. Das Versuchsfeld soll nicht weiter als 40 km von Paris entfernt sein. Ist 
die Entfernung größer, so haben die Bewerber die Reisekosten der Unparteiischen zu 
tragen. In jedem Fall muß der Versuch in Frankreich stattfinden. 

Der Flug. Art. 10. Der Flug kann nur in Anwesenheit der vom A6ro-Club ein¬ 
gesetzten Kommission stattfinden. Die Unparteiischen haben den Abflug festzustellen, 
ebenso, daß die Wendung um den vorher festgesetzten Punkt, 500 m von der Abflug¬ 
stelle entfernt, ausgeführt wurde. Kann der Bewerber nicht am Abflugsorte landen, so 
hat er einen Gegenstand hinabzuwerfen, der nicht weiter als 25 m vom Abflugsort ent¬ 
fernt fallen darf. Die Unparteiischen haben ferner festzustellen, daß die Flugbahn nirgends 
tiefer liegt als die Abflugstelle. 

Art. 11. Die Kommission kann bestimmte Maßnahmen zur Verhütung von Un¬ 
glücksfällen vorschreiben, übernimmt aber keinerlei Verantwortung für irgend einen 
Schaden, der bei den Versuchen angerichtet wird. 

Dauer des Wettbewerbes. Wird der Preis innerhalb 5 Jahren, vom 1. Oktober 
190*1 an gerechnet, nicht gewonnen, so verfällt die Ausschreibung. E. 


Aero Club of 8t. Louis, ln der letzten Sitzung des «Aero Club of St. Louis», 
am 5. April, wurde die Stiftung von Preisen von insgesamt 5000 Dollars beschlossen für 
Ballonschiffe und Flugmaschinen. 

Die Bedingungen für den Gewinn der Preise wird das Komitee der Board of 
Directors des Aero Club demnächst bekannt geben. 

Man beabsichtigt, die Bewerbung auf die Zeit der Gordon-Bennett-Fahrt zu legen, 
um dem Tage hiermit noch eine besondere neue Weihe zu geben. 

_ Dr. C. W. Schleiffarth. 

Aero Club of the United Kingdom. Northcliffe Cup. Wanderpreis im Werte von 
100 £. (2000 Mk.), gegeben von Lord Northcliffe. Der Preis ist offen für Mitglieder des 
Aero Club of the United Kingdom und wird für die weiteste Fahrt in irgend einem Flug¬ 
fahrzeug im Jahre 1907 gegeben, welche vorher angemeldet ist. Bleibt ein Inhaber 
24 Monate lang im Besitz des Preises, so geht der Preis in sein Eigentum über. Die 
Fahrt muß in Großbritannien ihren Anfang nehmen. 

Harbord Cup. Gegeben von Mrs. Assheton Harbord. Zielfahrt, offen für Mitglieder 
des Aero-Club of the United Kingdom. Start am 25. Mai 1907, 4 Uhr nachmittags, in 
Ranelagh, Barnes. Meldeschluß: 22. Mai 1907. Einsatz 5 sh. 


Aero-Club de France. Die Frühjahrswettfahrten des Klubs finden am 23. Mai 1907 
zur Einweihung der Vergrößerungen des Parks in Saint-Cloud statt. Der Club schreibt 
für 1907 einen Wettbewerb für Photographien aus, dessen Bedingungen wir im nächsten 
Heft bringen werden. _ 

Der A6ronautique-Clnb de France veranstaltet am 28. April 1907 eine Zielfahrt 
für seine Mitglieder, zu der 6 Ballons zugelassen werden. Es werden 200, 100, 75 und 

Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 23 


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178 


50 Fr. als Preise gegeben. Die Abfahrt findet vom Park des Clubs Maisons-Laffitte statt. 
Die Bedingungen für einen Postkarten-Wettbewerb folgen im nächsten Heft. 


Wettbewerbe bei der Jamestown-Ausstellung. 

Ausstellung sollen folgende Wettbewerbe stattfinden: 


Bei Gelegenheit der Jamestown- 


25. Mai 1907: 

1. Juni: 

15. Juni: 

3. August: 

17. August: 

24. August: 

7. September: 
14. September: 
12. Oktober: 

2. November: 

3. November: 

16. November: 
Außerdem sollen 


Wettfahrt zwischen Luftschiffen (Motorballons) und Automobilen. 
Wettfahrt zwischen Luftschiffen. 

Weitfahrt für Freiballons. 

Dauerfahrt für Freiballons. 

Verfolgung eines Freiballons durch andere Freiballons. 
Wettbewerb von Flugmaschinen. 

Zielfahrt für Freiballons. 

Wettbewerb von bemannten Flugmaschinen. 

Wettbewerb von Fesselballons und Drachen. 

Wettfliegen von Drachen. Erreichung der größten Höhe. 
Wettfliegen von Drachen. Erreichung des besten Winkels. 
Hochfahrt für Freiballons. 

noch Wettbewerbe für Mongolfieren, für das Werfen von Ge¬ 


schossen aus dem Ballon usw. stattfinden. 


E. 


Wettfahrten Düsseldorf 1907. 


Der Melde- und Nennungsschluß für die Düsseldorfer Wettfahrten ist auf den 
1. Mai verlegt worden. Der Einsatz für Automobile beträgt 50 M. 

Am 8. Juni werden voraussichtlich 4 Ballons starten, welche von Automobilen 
verfolgt werden. Vom Berliner Verein startet Herr Dr. Cassirer im Ballon «Emst* 
(680 cbm). Das Panzerautomobil von Ehrhardt, sowie ein neu konstruiertes ungeschütztes 
Auto mit Maschinengewehr, gleichfalls von Ehrhardt, nehmen an der Verfolgung teil. 
Für das internationale Wettfliegen am 9. Juni sind genannt: 

Berliner Verein für Luftschiffahrt. 1 Ballon 

Freiherr v. Hewald (Berliner Verein) . . . • 1 » 

Oberrheinischer Verein für LuftschifTahrt . . 1 * 

Augsburger » » * . . 1 > 

Mittelrheinischer » * * . . 1 » 

Niederrheinischer * * » . . 2 » 

Cölner Club für Luftschiffahrt. 1 » 

Herr v. Beauclair (Schweizer Verein f. L.) . . 1 » 

A6ro-Club de France voraussichtlich .... 2 * 

Die zollfreie Einfuhr der ausländischen Ballons ist genehmigt. In den Hotels 
sind 40 Zimmer reserviert; darauf bezügliche Wünsche sind an Herrn Oskar Erbslöh, 
Elberfeld, Hofau zu richten. Da die landwirtschaftliche und deutschnationale Kunstaus¬ 
stellung gleichzeitig in Düsseldorf stattfinden, ist frühzeitige Bestellung dringend geboten. 

v. Abercron. 


Wettfliegen Mannheim 1907. 

Für das Wettfliegen in Mannheim, an dem sich 8 Ballons des D. L. V. beteiligen 
werden, hat Se. Kgl. Hoheit der .Großherzog von Baden allergnädigst einen Ehrenpreis 
in Gestalt eines kostbaren Pokals gestiftet. Der Protektor des Vereins, Fürst von Hohenlohe- 
Langenburg, Statthalter von Elsaß-Lothringen, hat den zweiten Preis in Gestalt eines 
kostbaren Kunstgegenstandes geschenkt. Einen weiteren Preis wird der Vorsitzende der 
Sektion Mannheim-Heidelberg-Ludwigshafen des Oberrheinischen Vereins für Luftschiffahrt, 


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179 


Geh. Kommerzienrat und Generalkonsul Reis, stiften. Ferner hat die Stadt Mannheim 
einen wertvollen Silberpreis gegeben. 

Bis 15. April, mittags, waren nachfolgende Nennungen eingegangen: 

1. Berliner V. f. L. Ballon «von Tschudi», Führer Dr. Ladenburg. 

2. Ni ederrheinischer V. f. L. Ballon «Düsseldorf», Führer Hauptmann 

v. Abercron; Ballon «Ersatz Barmen», Führer unbestimmt. 

3. Kölner Klub. Ballon «Köln», Führer unbestimmt. 

4. Fränkischer V. f. L. Ballon «Franken», Führer unbestimmt. 

5. Augsburger V. f. L. Ballon «AugustalL», Führer voraussichtlich Dr. Schmeck. 

6. Oberreinischer V. f. L. Ballon «Cognac», Führer noch unbestimmt, Ge¬ 

hilfe Bankier Guy er; Ballon «Straßburg*, Führer unbestimmt. 

Da einige Vereine noch nicht geantwortet haben, ist es möglich, daß noch Nach¬ 
nennungen eintreten werden. 

Jamestown Exposition. 

The Executive Committee of the Jamestown Aeronautic Congress respectfully in- 
vites inventors of flying devices, and other aeronautic material, to communicate with 
the Secretary, at 12 East 42nd Street, New York City, with the Object in view of exhi- 
biting models at the Jamestown Exposition, at Norfolk, Virginia, April 26th to November 
30th, 1907. 

The Exposition Company will pay transportation on aeronautic exhibits, which 
are approved by the Committee, and same will, of course, enter the United States free 
of duty under bond. The Committee will supply proper papers and will give instructions 
as to the manner of shipping so as to secure free transportation and free entry into 
the United States under bond. 

As the time is getting very short now before the date of opening, it is urged that 
those who desire te exhibit communicate immediately with the Committee. 

A building is now being erected devoted exclusively to aeronautics. Never before 
in the history of Expositions has a special building been set aside for theexploitation 
of aerial locomotion. 

Adjoining this building is the aerodrome for airships and balloons. Balloon, 
airship and aeroplane flights, races and competitions will take place during the entire 
Exposition. 

A Congress will be held at the Exposition the latter part of October, just after 
the Gordon-Bennett International Aeronautic Cup Race at St. Louis on October 19th. 

In writing, one should give full Information, stating the number of packages 
necessary to contain the material, the size of same, weight, etc. 

Adress Communications to 

Ernest La Rue Jones, Secretary, 

Jamestown Aeronautical Congress, 

12 East 42nd Street, New York. 

Qordon-Bennett-Wettfliegen 1907. 

Nunmehr sind auch die französischen Führer zum Teil bestimmt. Frankreichs 
Farben werden vertreten von den Herren Rene Gasnier und Alfred Leblanc. Der dritte 
Führer wird noch bestimmt. 

Der Aero Club of St. Louis arbeitet mit der Business Men’s League of St. Louis 
zusammen, um während des kommenden Gordon-Bennett-Wettbewerbs in jeder Hinsicht 
alle Vorbereitungen zu treffen. Es sind schon ermäßigte Eisenbahn- sowie Hotelpreise 
gesichert. Auch wurde der Zolltarif auf Ballons und Zubehör, wie bereits früher mit¬ 
geteilt, durch diese Vermittlung aufgehoben. 


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Es werden zurzeit an alle aeronautischen Vereine der verschiedenen Länder von der 
Business Men’s League of St. Louis angefertigte Landkarten gratis versandt. Dieselben 
enthalten außer Auskunft der verschiedenen Entfernungen, betreffend Einzelheiten über 
frühere Ballonfahrten, Windrichtungen und Temperaturverhältnisse in der Umgehung von 
St. Louis in den Oktober-Monaten der vergangenen Jahre, noch einiges von Wichtigkeit 
über den Gordon-Bennett-Wettbewerb. 

Das Interesse für die Luftschiffahrt ist in Sl. Louis zurzeit ungeheuer groß. Die 
Ballonwettfahrt bildet das Tagesgespräch und liefert Stoff auf allen Gesellschaften, 
Bällen usw. Prof. Rotch hielt am 9. März einen mit großem Beifall aufgenommenen 
Vortrag über Luftschiffahrt. Am 17. März stieg ein Berufsaeronaut auf und landete bei 
Sorento. 111., in etwa 80 km Entfernung von St. Louis. 

Im Februar-Heft 1900 der «Illustr. Aeronaut. Mitteil.», Seite 50, findet sich übrigens eine 
Angabe, unsere Einwohnerzahl betreffend. Ich möchte mir die Berichtigung er¬ 
lauben, daß St. Louis jetzt, laut offizieller Berechnung der Stadtbehörde, an 720000 Seelen 
zählt. 

Zwei amerikanische Ballonführer, Mr. Alan R. Hawley vom Aero Club of America 
und Mr. J. C. Mc. Coy, letzterer in seinem Ballon «America», werden im April von 
St. Louis aus, wenn möglich gleichzeitig, die Fahrt um den Preis des Leutnants Frank 
P, Lahm, des Siegers im vorjährigen Gordon-Bennett-Fliegen, unternehmen. Letzterer 
soll als Gast eingeladen werden, den Auffahrten beizuwohnen, wird aber wegen seiner 
dienstlichen Ptlichten auf Fort Worth in Texas wohl kaum abkömmlich sein. 

Im Osten der Vereinigten Staaten regt sich bereits allenthalben die Begeisterung 
für das Gordon-Bennett-Fliegen. Man nimmt im allgemeinen an, daß die Fahrten im 
Oktober in die Richtung nach Osten führen werden. Im Westen bekümmert man sich 
bisher sehr wenig um diese interessante Wettfahrt. 

l)r. C. W. Schleiffarth, St. Louis. 

Der Vorstand des internationalen Luftschifferverbandes gibt bekannt, daß er zu 
seinem Bedauern sich veranlaßt gesehen hat, die Zulassung der italienischen Be¬ 
werber um den Gordon-Bennett-Wettpreis 1907 ablehnen zu müssen, weil die Anmeldung 
derselben nach Nennungsschluß erfolgt ist. 

Der Vorstand ist dabei von dem Grundsätze ausgegangen, daß das angenommene 
Reglement, welches nunmehr bereits über ein Jahr in Geltung ist und bekannt sein muß, 
unter allen Umständen Beachtung finden muß. 

Wir schließen uns voll und ganz dem Standpunkte des Vorstandes an. Es wäre 
gefährlich, für die Zukunft einen Präzedenzfall in der Nichtbeachtung unseres Reglements 
zu schaffen. 

Ausstellung des Aero Club of the United Kingdom London 1907. 

Auf der Londoner Ausstellung für Flugmaschinen-Modelle sind etwa 130 Modelle 
eingeliefert worden, die, nach den ersten Berichten zu urteilen, wesentlich Neues nicht 
aufweisen. Die große Menge von Flügelfliegern überrascht. Sehr gut erscheinen die 
von A. V. Roe eingegangenen 5 Flieger, die im allgemeinen den französischen aus den 
Werkstätten von Voisin hervorgegangenen Maschinen ähneln, im einzelnen aber wesent¬ 
liche Unterschiede aufweisen. Als Antriebsmittel sind dabei gedrehte Gummischnüre 
gewählt. Eins der Modelle flog bei guter Stabilität 40 m. Wenn die Ausstellung auch 
keine technischen Fortschritte, die unmittelbar für die Aviatik ausgenutzt werden können, 
bringen wird, so hat sie hoffentlich doch einen großen Erfolg aufzuweisen, insofern als 
sie das Laienelement aus der Flugtechnik, wenigstens in England, für lange Zeit aus- 
schalfen wird. Unter den Ausstellern befinden sich nämlich viele Empiriker, die ihre 
völlig unreifen Ideen ausgeführt hatten und nun sehen mußten, daß lediglich mit Ideen 
die flugtechnische Frage nicht gelöst werden kann, sondern daß auch Kenntnisse dazu 
gehören. Wenn dieser Erfolg wirklich erzielt wird, so kann man die Veranstaltung von 


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ähnlichen Ausstellungen in anderen Ländern nur mit Freuden begrüßen. Einen ausführ¬ 
lichen Bericht über die einzelnen Flieger werden wir in einem der nächsten Hefte 
bringen. g 

Erledigte Wettbewerbe. 

Preise Tdr meteorologische Beobachtungen im Ballon. Der Preis des Prinzen 
Roland Bonaparte für die besten meteorologischen Beobachtungen im Ballon im Jahre 1906 
wurde dem Gomte Hadelin d’Oultremont, die vergoldete silberne Medaille des A6ro-Club 
de France für meteorologische Beobachtungen Paul Tissandier zugesprochen. Den seiner 
Zeit vom Aöro-Club de France gestifteten Preis für die besten meteorologischen Be¬ 
obachtungen während des vorjährigen Gordon-Bennett-Fliegens erhielt Comte de la 
Vaulx. E 

Aeronautische Vereine. 

Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt. 

Sektion Mannheim-Ludwigshafen. Nach einer einleitenden Beratung am 
2. März d. J., bei welcher Herr Bürgermeister Ritter und Herr Reg.-Assessor Scipio 
aus Mannheim sowie Herr Hofrat Kr afft und Herr Direktor Lux aus Ludwigshafen mit 
dem von Straßburg herübergekommenen Major Moedebeck die Verhältnisse der Gas¬ 
füllung für aeronautische Zwecke besichtigten und beurteilten, wurde unter Heran¬ 
ziehung der Mannheimer Gesellschaft für das Fesselballon-Unternehmen der Entschluß 
gefaßt, eine Sektion Mannheim-Ludwigshafen des Oberrheinischen Vereins für Luftschiff¬ 
fahrt zu begründen. In den Sektionsvorstand wurden gewählt: Geh. Kommerzienrat 
Generalkonsul Reis, Mitglied der I. Kammer, 1. Vorsitzender, Oberst v. Winterfefd 2. Vor¬ 
sitzender, Reg.-Assessor Scipio und Konsul Melchers als Schriftführer, Kaufmann Kiel 
als Schatzmeister. In den Vorstandsausschuß wurden außerdem u. a. gewählt die Herren 
Hofrat KrafTt, Bürgermeister Ritter, Otto Böhringer, J. Aug. Raichle, Fabrikant Carl 
Lanz. 

Am 16. März fand in Mannheim eine Vorstandsitzung statt, an welcher die Stra߬ 
burger Vorstandsmitglieder Generalleutnant z. D. Breitenbach Exz. 1. Vorsitzender, 
Universitätsprofessor Dr. Thiele 2. Vorsitzender, Kriegsgerichtsrat Becker Schatzmeister 
und Major Moedebeck teilnahmen. Hierbei wurde das Verhältnis der Sektion Mann¬ 
heim-Ludwigshafen zum Mutterverein beraten und bestimmt, ebenso die Organisation 
eines Wettfliegens am 19. 5. 07 von Mannheim aus. Im Anschluß hielt Major Moedebeck 
einen öffentlichen Vortrag im Saale des Friedrichsparkes über die Genüsse der Luftschiff¬ 
fahrt und ihre Zukunft. Im Anschluß fanden zahlreiche Beitrittserklärungen statt. 

Die Sektion hielt am 8. April bei reger Beteiligung ihre erste Hauptversamm¬ 
lung im großen Saale der Rheinischen Hypothekenbank. Der Statutenentwurf kam zur 
Annahme. Bei dem Interesse, das der Sektion auch von Heidelberger Seite entgegen¬ 
gebracht wurde, beschloß man, auch Heidelberg einzubeziehen und der Sektion entsprechend 
den Namen Mannheim-Heidelberg-Ludwigshafen zu geben. Zur Beschaffung eines 
eigenen Ballons wurde eine besondere Kasse gegründet, der durch Ausgabe von Anteil¬ 
scheinen bereits erhebliche Mittel zuflossen. In den Vorstand wurden wieder gewählt: 
Geh. Kommerzienrat Karl Reiß als 1. Vorsitzender, Oberst v. Winterfeld als 2. Vor¬ 
sitzender, Wilhelm Scipio als 1. und Konsul Melchers als 2. Schriftführer, Hermann 
Riel als Schatzmeister. Der Ausschuß wurde erheblich erweitert und verschiedene 
Unterausschüsse gebildet, denen die Organisation des am Pfingstsonntag stattfindenden 
Wettfliegens zur Aufgabe fällt. Die Gruppe hat z. Z. 106 Mitglieder. 


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w 182 ««« 


Sektion Freiburg i. B. Am 13. April, abends, hatte Herr Hauptmann Spangen¬ 
berg vom Feldartillerie-Rgt. 76 zwecks Gründung einer neuen Sektion des Vereins 
in Fr ei bürg i. Br. eine zahlreiche Versammlung nach dem Hörsaal des Physikalischen 
Instituts berufen. Unter den Anwesenden bemerkte man u. a. die Vertreter der Stadt, 
der Universität und der Garnison. Zugegen waren ferner: Professor Dr. Hergesell, 
der Vorsitzende der internationalen Kommission für wissenschaftliche LuftschilTahrt, und 
Hauptmann a. D. Hildebrandt, Beigeordneter im Vorstande des Berliner Vereins für 
LuftschilTahrt. Den mit Beifall aufgenommenen Vortrag über «Ballonfahren und 
Ballonführen», unter Vorführung vieler Lichtbilder, hielt Major Moedebeck vom 
Badischen Fußartillerie-Rgt. Nr. 14. 

Geheimrat Hofrat Himstedt, Prorektor der Universität, und Herr Oberst v. Bailer, 
Inspekteur der 8. Festungs-Inspektion, haben sich bereit erklärt, den Vorsitz in der 
Sektion Freiburg zu übernehmen. 


Münchener Verein für Luftschiffahrt. 

In der 2. Sitzung des Münchener Vereins für LuftschilTahrt, Donnerstag den 
10. Februar, berichtete Herr Oberpostassessor R. Bietschacher über die Ballonfahrt 
am 26. November 1906. Teilnehmer waren die Herren Intendanturrat Schedl (als 
Führer), Rentier Dierlamm, Rechtsanwalt Dr. Hemmer und der Vortragende. 

Nach mehrtägigem Regen erfolgte die Auffahrt 920 früh bei gutem Wetter. Der 
Ballon flog zuerst in ca. 150 m Höhe über den nördlichen Teil der in leichten Dunst 
gehüllten Stadt. Bei der Föhringer Brücke wurde die Isar passiert, und die bisher 
schwache West-Südwestströmung von einem etwas kräftigeren Luftzug in rein östlicher 
Richtung abgelöst. Die Luft war sehr klar geworden und gewährte eine prächtige Fern¬ 
sicht auf die Alpen vom Allgäu bis zum Salzkammergut. Bei einer Fahrthöhe von ca. 200 
bis 300 m konnte das unten liegende Land genau beobachtet werden; besonders auf¬ 
fällig war die allgemeine Flucht, welche das Nahen des Ballons unter dem Geflügel her¬ 
vorrief. In 400 m Höhe wurde bei Gars der Inn erreicht; der Ballon folgte dem sich 
hier nach Osten wendenden Flusse einige Zeit auf dem rechten oder linken Ufer, bis ihn 
Ballastausgabe aus dem Bannkreis dieses Gewässers befreite. Bei Burghausen gelangte 
man an die Grenze. Den Anblick der charakteristischen oberösterreichischen Gehöfte 
nahm hier eine sich zu Wolken verdichtende Dunstschicht. Doch trat bald wieder Auf¬ 
klärung ein, und von der wärmenden Sonne gehoben, überflog der Ballon den Hausruck 
in 1500 m Höhe. Bei Wells wurde die Traun, bei Ernsthofen die Enns gekreuzt. Zwei¬ 
mal konnten die Ballonfahrer das Spiegelbild ihres Fahrzeuges im Wasser erblicken. 
Nach etwa 5 Stunden Fahrt kam die Donau in Sicht; bei Wallsee berührte man den 
zwischen Ulm und Wien südlichsten Punkt des Flusses, ohne ihn selbst zu überschreiten. 
Trotz günstiger Wind- und Witterungsverhältnisse wurde jetzt in Hinsicht auf die kurzen 
Tage die Landung beschlossen. Nach kräftigem Ventilziehen kam der Ballon in flotten 
Bodenwind, landete aber glücklich nach mehrmaligem Aufsetzen bei Landfriedstätten bei 
Ybbs. Die mittlere Geschwindigkeit hatte 46,5, die höchsterreichte 66 Stundenkilometer 
betragen. 

In der 3. Sitzung, am 5. März, hielt Herr Professor Dr. Ebert einen Vortrag über 
das Thema: «Der Freiballon im elektrischen Felde der Erde*. Bisher war man sich über 
die Störungen, welche ein Freiballon im Erdfelde hervorbringt, im unklaren. Zwar wurde 
die Lösung dieser Frage schon auf theoretischem Wege versucht, doch entspricht die 
Voraussetzung, der Ballon verhalte sich wie langgestrecktes Rotationsellipsoid, zu wenig 
den tatsächlichen Verhältnissen, urW auf diesem Wege einwandsfreie Resultate zu er¬ 
halten. Redner hat daher in Gemeinschaft mit Dr. Lutz das Problem experimentell 
behandelt. 

Mit Hilfe einer Hochspannungsbatterie (der —Pol war zur Erde abgeleitet) wurde 


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183 <444 


zwischen zwei Metallplatten, deren eine mit der Erde in leitender Verbindung stand, 
ein elektrisches Feld von -f- 400 V hergestellt. Mit einem zweckmäßig konstruierten 
Ausflußkondensator konnte an jedem Punkte des Feldes das vorhandene Potential ge¬ 
messen werden. Die Flächen gleichen Potentials liegen hier, wie im Erdfeld, parallel 
der Grundfläche; nur am Rande dieses begrenzten Feldes traten Unregelmäßigkeiten auf. 
In dieses Feld wurde dann ein kleines Modell des Münchener Ballon «Sobncke* in 
natürlichen Größenverhältnissen eingeführt, und nun mit dem Ausflußkondensator wieder 
die Flächen gleichen Potentials abgetastet. Das Ballonmodell war aus Metall hergestellt, 
da sich auch der wirkliche Ballon mit Korb usw. als Leiter verhält. Es ergaben sich 
folgende drei Fälle: 1. Das Ballonmodell ist ungeladen; dann behielt nur eine Niveau¬ 
fläche, etwa in der Mitte des ganzen Ballonsystems gelegen, ihre normale Gestalt. Alle 
anderen bogen sich nach oben oder unten um das Modell herum und wurden in der 
Nähe des Modells stark zusammengedrängt. 2. Das Ballonmodell ist negativ geladen; 
alle elektrischen Niveauflächen biegen dann über das Modell aus; unter ihm bleibt ein 
Raum mit dem Nullpotential. 3. Das Ballonmodell hat positive Ladung; der größte Teil 
der Niveaulinien biegt sich oben über den Ballon weg; ein anderer Teil bleibt unterhalb, 
jedoch stark deformiert, sogar gekreuzt; ungestörte Flächen sind hier, wie bei 2, nicht 
mehr vorhanden. 

Beim Freiballon wird meistens Ladung vorhanden sein. Die Atmosphäre ist 
positiv elektrisch; pro Meter steigt ihr Potential um ca. 200 V. So lange also der Ballon 
leitend mit der Erde verbunden ist, wird er sich der Luft gegenüber negativ elektrisch 
verhalten, und zwar mit um so höherer Spannung, in je höhere Schichten der Atmosphäre 
er hinaufragt. Daher vermehrt beim Aufsteigen das ausgelegte Schlepptau die negative 
Ladung ganz wesentlich. Eine positive Ladung bekommt der Ballon beim Sandauswerfen; 
durch Reibung wird nämlich der herabfallende Sand elektronegativ und hinterläßt auf 
dem Ballon die äquivalente positive Elektrizitätsmenge. Es ergibt sich also aus den Ver¬ 
suchen des Redners, daß die bisherigen Potentialmessungen zu falschen Werten führen 
mußten, da man nicht das tatsächlich vorhandene, sondern ein vom Ballon gestörtes 
Feld fixierte. 

Es ist für die Potentialmessung folgendes zu beobachten: Der Ballon soll bei der 
Messung sich in der Gleichgewichtslage befinden und das Schlepptau eingezogen sein; 
nur dann ist das Nichtvorhandensein einer Eigenladung möglich. Die Messung selbst 
muß an einem Punkt zwischen Ballon und Gondel ausgeführt werden, durch den die 
ungestörte Niveaufläche geht, oder es müssen die Messungen mit einem im speziellen 
Fall zu bestimmenden Reduktionsfaktor korrigiert werden. Eine ausführliche Mitteilung 
der Versuche und Resultate soll in der Zeitschrift: «Beiträge zur Physik der freien 
Atmosphäre* erscheinen. Dr. H. Steinmetz. 

Motorluftschiff-Studiengesellschaft, 

Das erste Jahrbuch der M. St. G. über die Tätigkeit der Gesellschaft von der 
Gründung bis Ende März 1907 ist erschienen. Die Ziele der Gesellschaft dürften allge¬ 
mein bekannt sein und finden auch in ihrem Nainen bereits ihren erschöpfenden 
Ausdruck. Die Gesellschaft wurde am 31. Juli 1906 als G. m. b. H. gegründet und 
umfaßt z. Z. 87 Gesellschafter mit einem Stammkapital von 1000000 M., die die Ge¬ 
sellschafter mit je 10000 M. bzw. einem vielfachen davon gezeichnet und schon zum 
Teil eingezahlt haben. Das erste Jahr war im wesentlichen vorbereitenden Arbeiten 
gewidmet, im besonderen der Organisation und der Aufstellung des Programms für die 
vorzunehmenden Untersuchungen und Versuche. 

Als Ehrenpräsident wurde S. H. Prinz Ernst von Sachsen-Altenburg gewählt, der 
Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Staatssekretär a. t) f( Exzellenz von Hollmann, sein Ver¬ 
treter Geh. Baurat Dr. E. Rathenau. Diese beiden Herren sind gleichzeitig die Vorsitzenden 
des Arbeitsausschusses. Als Geschäftsführer sind, wie bekannt, die Herren v. Kehler und 


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v. Parseval angestellt, außerdem für Luftschiffversuche Herr v. Krogh und als Ingenieur 
Herr Kiefer. 

Die Ausführung der Versuche liegt in der Hand eines technischen Ausschusses, 
der sich in Gruppen eingeteilt hat, über deren Programm im wesentlichen bereits in 
Heft 4 berichtet wurde. Im einzelnen ist aus den Programmen folgendes zu erwähnen : 

a) Programm der meteorologischen Gruppe: 

1. Statistische Darstellung der Luftströmungen in der Nähe der Erdoberfläche 
nach Richtung und Geschwindigkeit, getrennt nach geographischen Bezirken, die 
mindestens Zentraleuropa umfassen müssen; 2. die Strömungen der höheren 
Luftschichten, ebenfalls nach Richtung und Geschwindigkeit dargestellt; 3. Ab¬ 
lenkung und Geschwindigkeitsänderung der Luftströmungen nach der Höhe; 
4. Schichtungen der Luft, Luft wogen: 5. vertikale Luftbewegungen; 6. Wirbel¬ 
bewegungen der Luft; 7. Wolkenbildung in Beziehung zu Luftbewegungen, 
Böen; 8. Gewitter und deren Gefahren für das Luftschiff; 9. Niederschläge, 
besonders Rauhreif und Glatteisbildung in den Wolken; 10. Studien zur Auf¬ 
stellung einer Witterungsprognose für die höheren Luftschichten, insbesondere 
Vorhersage der Windverhältnisse in verschiedenen Schichten ; 11. astronomische 
und andere Ortsbestimmungen bei unsichtbarer Erde; 12. wissenschaftliche 
Beobachtungen im Motorballon. 

Zur Gewinnung von reichhaltigem statistischen Material, besonders zu 2. 
und 3. aus der Nähe von Berlin, werden fünf Stationen eingerichtet, auf denen 
die Windgeschwindigkeiten in höheren Schichten mittels Visierungen von Pilots¬ 
ballons festgestellt werden. Diese Stationen sollen nach Vorschlag des Bericht¬ 
erstatters, Geh. Regierüngsrat Prof. Dr. Aßmann-Lindenberg, in Reinickendorf- 
West, Potsdam (Meteorol.-magn. Observatorium), Eberswalde (Forstakademie), 
Lindenberg (Aeronaut. Observatorium), Nauen (Telefunkenstation) angelegt 
werden. Weitere Stationen zwischen Eberswalde und Lindenberg und Linden¬ 
berg und Potsdam werden voraussichtlich erforderlich werden. 

b) Als Arbeiten über dynamische Fragen werden die folgenden vorgeschlagen: 

1. Luftwiderstandsmessungen an Luftschiffmodellen zur Bestimmung der 
günstigsten Form und zur Ermittelung der erforderlichen Maschinenleistung; 
2. Messungen über die Druckverteilung am Modellballon, Bestimmung des Druck¬ 
mittelpunktes der Windkräfte (Lage der Resultierenden der Windkräfte zum 
Ballon, Red.), als Grundlage für die statische Berechnung der Hülle; 3. Mes¬ 
sungen der Geschwindigkeitsverteilung der Luftströme am Ballon, beisp. zur 
Ermittelung der besten Aufstellung des Propellers : 4. Untersuchungen über die 
Stabilität der verschiedenen Ballonformen gegen Gleichgewichtsstörungen aller 
Art ; Einfluß der Lage des Druckmittelpunktes (? Red.) und des Schwerpunktes, 
sowie des Ortes der Propelleraufstellung; 5. Untersuchung über die günstigste 
Form von Propellern. 

Zur Durchführung der Versuche schlägt der Berichterstatter, Prof. Prandl- 
Göttingen, vor, eine Versuchsstation nach Art der Schiffsmodell-Schleppanstalten 
einzurichten, jedoch mit dem Unterschiede, daß das Modell feststeht, die Luft 
dagegen bewegt wird. Als größte Relativgeschwindigkeit von Modell und Luft 
wird 20 m/Sec. angenommen. 

Major a. D. v. Parseval schlägt für ähnliche Untersuchungen, nämlich für 
die Untersuchung des Einflusses 1. der Form der Enden; 2. der Verlängerung 
bzw. Verkürzung des Zylinders auf den Widerstand; 3. für die Untersuchung 
des Zusammenhanges zwischen Geschwindigkeit und Widerstand; 4. für die 
Untersuchung der Stabili^ bewegter Ballons eine Schleppstation in der neuen, 
70 m langen Ballonhalle vor. 

c) Die Materialprüfungen sollen sich erstrecken auf: 

1. Ballonstoffe jeder Art in bezug auf Elastizität und Festigkeit in Schuß 


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185 


und Kette, unter Verwendung verschiedener Dichtungs- und Farbstoffe, desgl. 
auf die Gasdurchlässigkeit (Dichtigkeit) dieser Stoffe; 2. Stahl- und Alu¬ 
miniumrohre, Bambus, Holz in bezug auf Festigkeit jeder Art; 3. Dräht- und 
Hanfseile, sowie der Zubehörteile dazu usw. auf Zugfestigkeit. 

Bei allen Prüfungen sollen die genauen Gewichte festgestellt werden. 

Soweit angängig, sollen die Prüfungen durch das Königl. Material-PrÜfungs- 
Amt vorgenommen werden. 

d) Die Messung von Gastemperaturen im Ballon bzw. die Konstruktion eines 
Thermometers für diese Zwecke gedenkt Prof. Dr. Hergesell zu übernehmen. 

e) Brauchbare Ballonmotoren sollen durch ein besonderes Preisausschreiben ge¬ 
wonnen werden, das an anderer Stelle dieser Zeitschrift veröffentlicht werden wird. 

f) Die Bestimmung des Wirkungsgrades von Luftschrauben, in erster Linie 
der ParsevaFschen Schraube, soll durch Messung der Geschwindigkeit der 
Schraube relativ zur Luft (v), der Zugkraft der Schraube (p) und der dabei 
aufgewendeten Arbeit (A) geschehen. Der Wirkungsgrad ist dann, da die von 

der Schraube geleistete sekundliche Arbeit p.v ist: E = ~-• Die Messung 

der einzelnen Größen bietet keine Schwierigkeit, v wird durch ein Anemo¬ 
meter irgend welcher Art, p durch eine Feder. A bei Anwendung eines Elektro¬ 
motors aus Spannung und Stromstärke bestimmt. Die Schraube zieht dabei 
einen Wagen, dessen Geschwindigkeit durch Bremsen reguliert werden kann. 
Mit diesem Apparat soll dann noch der Effekt von verschiedenen Kraftüber¬ 
tragungen (Zahnräder, Ketten, Treibseile usw.) untersucht werden. 

Die bisherigen Fahrten haben folgende Abänderung des Luftschiffes als nötig erwiesen: 

1. Das Steuer und die mit demselben verbundene vertikale, starre Fläche er¬ 
halten einen Stahlrohrrahmen mit doppeltem Überzug aus gummiertem Stoff. Das als 
Luftmatratze gebaute vertikale Steuer hat sich nicht hinreichend starr erwiesen. 2. Das 
vordere Ende des Ballons wird verlängert und erhält eine Spitze. 3. Die Verbindungs¬ 
leine zwischen den Luftsäcken, welche durch ihre Spannung die Öffnung des Haupt¬ 
ventils bewirkt, wird mittels einer bedeutend erhöhten Zahl von Auslautleinen mit der 
Oberfläche der Luftsäcke verbunden, um eine energischere und verlässigere Wirkung zu 
erreichen. 

Nach Fertigstellung dieser Abänderungen sollen dann die Fahrtversuche fortge¬ 
führt werden. 

Als Vorversuche, welche im wesentlichen die Ermittelung etwa noch vorhandener 
Mängel, sowie der Einübung des Personals dienen, sind längere Fahrten geradeaus 
geplant. Bei diesen Fahrten soll die Eigengeschwindigkeit mittels eines Anemometers, 
vorteilhaft Stauscheibe, gemessen werden. Derartige Messungen, die unseres Wissens 
zum ersten Male im Luftschiff ausgeführt werden, geben entschieden die einwandfreiesten 
Resultate, da nur die Eigengeschwindigkeit des Luftschiffes auf das Anemometer einzu¬ 
wirken vermag. Alle anderen Messungsarten, welche von einem festen Punkte der Erd¬ 
oberfläche aus vorgenommen werden, und die auch geplant sind, benötigen zur Reduktion 
der gefundenen Werte immer der genauen Kenntnis der Windgeschwindigkeit für den 
Ort, an dem sich das Luftschiff gerade befand, und die mit völliger Sicherheit nie zu 
ermitteln sind. Hoffentlich wird auch bei anderen Luftschiffen die Eigengeschwindigkeit 
später nur durch den Anemometer bestimmt; anders gewonnene Resultate sollten über¬ 
haupt nicht anerkannt werden. 

Die Bestimmung der Wendefähigkeit des Luftschiffes in der horizontalen, wie in 
der vertikalen Ebene ist weiterhin geplant. Es ist beabsichtigt, für später Höhensteuer 
am Luftschiff anzubringen, bzw. die seitlichen Stabilisatoren da/.u umzuhauen. Nach 
vollkommener Erprobung wird unter Verlängerung der Fahrten dann zu Dauerfahrten 
und Weitfahrten übergegangen werden. Zurzeit erscheint eine Fahrt Berlin—München 
als das höchste mit dem jetzigen Material Erreichbare. Nächtliche Fahrten, sowie Fahrten 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^ 


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über 1500 m sollen anschließen. Von militärischer Bedeutung sind die geplanten Ver¬ 
suche, mit Stationen auf dem Boden Nachrichten zu tauschen und Ziele durch herab¬ 
geworfene Körper zu treffen. Die Fahrten sollen vorerst nur bei günstiger Witterung 
ausgeführt werden, was durchaus anzuerkennen ist. Erst wenn das Personal mit dem 
Luftschiff völlig vertraut geworden ist, wird die Bekämpfung ungünstiger Witterungs¬ 
verhältnisse ins Auge gefaßt werden. 

Das Programm, das sich die M.-St.-G. gestellt hat, ist, wie man sieht, recht um¬ 
fangreich. Die Namen der Mitarbeiter geben eine ausreichende Gewähr, daß die ein¬ 
zelnen Punkte des Programms in wissenschaftlicher Strenge behandelt werden, sodaß 
die Resultate für lange Zeiten die Grundlagen aller Luftschiffkonstruktionen bilden 
werden. Besonders erfreulich ist, daß die ganze Arbeit sich ohne jede Geheimniskrämerei 
vollzieht, und daß die Gesellschaft als ein durchaus uneigennütziges Unternehmen die 
Luftschiffahrt lediglich im Interesse der Allgemeinheit fördert. E. 


Die Verteilung der Medaille der Illustrierten Aeronautischen 
Mitteilungen fUr das Jahr 1906. 

Die Medaille der Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen ist für das 
vergangene Jahr 1906 nach sorgfältiger Prüfung der hervorragendsten aero¬ 
nautischen Leistungen wie folgt verteilt worden: 

Die silberne Medaille erhielt Herr Victor de Beauclair für die 
beste Dauerfahrt während des Berliner Wettfliegens am 14. Oktober 1906. 
Herr de Beauclair führte den schweizer Ballon «Cognac». 

Eine bronzene Medaille wurde zuerkannt: 

1. Herrn Dr. Kurt und Dr. Alfred Wegener für die längste bisher 
bekannte Dauerfahrt von Berlin aus am 5., 6. und 7. April 1906, 
welche 52 Stunden 32 Minuten dauerte und mit einer Landung im 
Spessart endete, nachdem die LuftschifTer vorher beinahe Schweden 
erreicht hatten. (Vgl. I. A. M. 1906 S. 205.) 

2. Herrn Celestino Usuelli für seine Ballonfahrt über die Alpen von 
Mailand bis in die Nähe von Aix-les-Bains am 11. November 1906 
in Begleitung von Herrn Crespi. Diese Fahrt ist die beste und 
kühnste Gebirgsfahrt des vorigen Jahres. (Vgl. I. A. M. 1907 S. 16.) 

3. Herrn Leutnant Emilio Herrera für seine im Verein mit dem 
leider zu früh verstorbenen Herrn Jesus Fernandes Duro unter¬ 
nommene wohlvorbereitete kühne Meerfahrt am 2. AprU 1906 von 
Barcelona nach Salces. 

Um das Andenken des Herrn Duro, des Begründers und der 
Seele des Real Aero Club de Espana, zu ehren, wird eine gleiche 
Medaille, dem Verstorbenen gewidmet, dem Club überreicht werden. 

4. Dem Kaiserl. meteorologischen Landesdienst von Elsaß- 
Lothringen für den höchsten Registrierballonaufstieg. Am 3. Mai 
1906 wurde die Höhe von 24 200 Meter erreicht. 

5. Dem Königl. Preußischen Aeronautischen Observatorium 
in Lindenberg für den höchsten Drachenaufstieg. Am 20. November 
1906 wurde die Höhe von 6250 Meter erreicht. 


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Aus ausländischen Vereinen. 

Schweizer Aero-Club. Im Jahre 1906 wurden 15 Fahrten ausgeführt, an welchen 
37 Passagiere teilnahmen und deren Gesamtlänge 1310 km ist. Der Gasverbrauch hierbei 
war 25900 cbm. Der Aufschwung des Schweizer Aero-Club ist unverkennbar. In den 
Jahren seit seiner Gründung 1901 —1905 hatte er insgesamt nur 14 Fahrten mit 
23400 cbm Gas ausgeführt. 

Aero Club of the United Kingdom. Die Jahresversammlung des Klubs wurde am 
20. März er. in den Klub-Räumen abgehalten. Nach dem vom Vorsitzenden gegebenen 
Bericht hat sich der Klub im letzten Jahre sehr gut entwickelt; die Anzahl der gemachten 
Ballonfahrten übersteigt die jedes früheren Jahres. Die große Munifizenz der britischen 
Presse durch Stiftung von Preisen etc. wurde besonders anerkannt. Patrik Y. Alexander 
hat einen Apparat geschenkt, der zur Untersuchung von Luftwiderständen etc. dient und 
aus einer langen Röhre besteht, durch welche vermittelst eines elektrisch betriebenen 
Ventilators ein Luftstrom gesaugt werden kann. Der Vorstand setzt sich aus den fol¬ 
genden Herren zusammen: Griffith Brewer, Emest Bucknall, Frank H. Butler, Vize- 
Admiral Sir Charles Campbell, Col. J. E. Capper, Arthur Cory-Wright, Capt. Corbet, 
Prof. A.-K. Huntington, R. K. Micklethwaite, J. T. C. Moore-Brabazon, C. F. Pollock, 
P. Paddon, Hon. C. S. Rolls, Viscount Royston, J. Lyons Sampson, G. T. Sharp, Stanley 
Spooner, Roger W. Wallace. Im Jahre 1907 sollen 12 Klubfahrten statttinden, welche 
vom Crystal Palace ausgehen und an denen Mitglieder, die zum ersten Male fahren, für 
1 X, solche, die schon gefahren sind, für 2 £ teilnehmen können. Im laufenden Jahre 
werden 3 Preise, davon 2 an Wettfahrten, zum Austrag gelangen. 

Aero-Club du Sud-Ouest. Am Februar-Diner, das am 14. Februar stattfand, nahmen 
35 Personen teil. Der Vorsitzende C.-F. Baudry dankte im besonderen der Presse von 
Bordeaux, welche jederzeit großes Entgegenkommen und Interesse für die Luftschiffahrt 
durch Zuwendungen aller Art bekundet hatte. Beim Klub, der nunmehr 186 Mitglieder 
zählt, sind 8 Ballons eingetragen, 4 Klubballons (1200, 1000, 700, 530 cbm) und 4 Privat¬ 
ballons (1630, 900 und 2 zu 800 cbm). 

A£ro-CIub de France. Der Vorstand des «A6ro-Club de France» setzt sich für 
die Jahre 1907 und 1908 wie folgt zusammen : 

Präsident: Herr L. P. Cailletet, Mitglied des Instituts; Vizepräsident: Herren Comte 
de la Vaulx, Henri Menier, Jacques Balsan; Schriftführer: Herr Georges Besan<;on; 
Schatzmeister: Herr Comte de Castillon de Saint .Victor; Beisitzer: Herren Abel Ballif, 
L6on Barthou, Jacques Faure, Deutsch de la Meurthe, Joseph Vallot. 

Das große Diner des Winters hatte fast hundert Teilnehmer in den Räumen des 
Automobil-Klubs, Place de la Concorde, vereint. 

Herr L. P. Cailletet, Mitglied des Instituts, hatte den Vorsitz. Außerdem waren 
noch anwesend: die Herren Georges Besanpon, Comte de Castillon de Saint Victor, Henri 
Deutsch de la Meurthe, L6on Barthou, Jacques Faure, Etienne Giraud, Santos-Dumont, 
Henri Julliot, Emest Archd6acon, Capitaine Ferber, Frank S. Lahm, Maurice Mailet, 
Comte Hadelin d’Oultremont, Victor Tatin, Paul Tissandier, Commandant Paul Renard, 
Bl&riot, Delagrange, Edouard Surcouf, Emile Carton, Georges Bans etc... 

Auf die baldige Wiederherstellung des Vicepräsidenten des A6ro-Club, des Comte 
de la Vaulx, wurde ein Glas geleert. % 

Von den beim April-Diner, das ebenfalls im Automobil-Klub stattfand, anwesenden 
Herren nennen wir: Emest Archdäacon, Comte de Castillon de Saint Victor, Santos- 
Dumont, Henry Julliot, Georges Besangon, Frank P. und Frank S. Lahm, Capitaine 
Ferber, Ren6 und Pierre Gasnier, Alfred Leblanc, L6on Delagrange, Maurice Mailet. E. 

Aero Club of St. Louis. Als am ersten Tage dieses Jahres die Prüfungskom¬ 
mission des Aero Club of America (bestehend aus Präsident Cortland F. Bishop, Sekretär 
Augustus Post, J. C. Mc. Coy und Alan R. Hawley) St. Louis besuchte, um durch Probe¬ 
fahrten zu ermitteln, ob diese Stadt ihre Versprechungen betreffs Qualität und Lieferung 


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des nötigen Gases, sowie die Vorbereitung eines passenden aeronautischen Feldes für 
den nächsten Gordon-Bennett-Wettbewerb auch erfüllen könnte, bestand ein Aero Club 
nur in der Phantasie einiger leitender Bürger der Stadt St. Louis. 

Nachdem St. Louis dann alleAngestellten Proben glänzend bestanden hatte und 
zum Ort der im kommenden Oktober abzuhaltenden Wettfahrten gewählt worden war, 
gingen in den nächsten Tagen schon so zahlreiche Mitglieds-Anmeldungen ein, daß airt 
29. Januar 1907 zur festen Gründung eines «Aero Club of St. Louis>, sowie zur 
Wahl des Vorstandes und der Direktoren und zur Annahme der Satzungen geschritten 
werden konnte. 

Mit nur 37 Mitgliedern an dem Abend der ersten Versammlung hat der Klub 
seine anfangs bestimmte Grenze von 300 Mitgliedern schon überschritten, so daß in der 
nächsten Versammlung diese Zahl auf 400 Mitglieder erweitert worden ist. Die Höchst¬ 
zahl soll jedoch mit 400 Mitgliedern für immer beschlossen sein. 

Die Satzungen des Aero Club of St. Louis sind denen des Aero Club of America 
hachgebildet und unterscheiden sich nicht im wesentlichen von ihnen. Nur insofern, als 
die Mitgliederzahl des ersteren noch z. Z. auf 400 beschränkt ist, auch ist das Eintritts¬ 
geld auf 10$, der jährliche Beitrag auf dieselbe Summe bestimmt. 

Der Vorstand besteht aus den folgenden Herren: L. D. Dozier, Präsident; F. D. 
Hirschberg, Schatzmeister; J. W. Kearney, Sekretär, nebst D. R. Francis, D. C. Nugent 
und G. H. Walker als Vizepräsidenten. Hierzu kommen die Direktoren, zum Teil aus 
dem Vorstand gewählt, mit Hinzunahme weiterer einflußreicher Bürger der Stadt. 

Die Mitglieder des Klubs schließen in ihre Reihen nur die leitenden Geschäfts¬ 
leute von St. Louis, die Präsidenten der ersten Vereine, der Banken, sowie mehrere 
Millionäre ein. 

Gegenüber dem aeronautischen Felde im Forest Park hat der Klub auch schon 
ein stattliches Klubhaus eingerichtet. Auch ist Mr. Alan R. Hawley of N. Y. ermächtigt 
worden, in Paris unter seiner Aufsicht einen Ballon anfertigen zu lassen, der vermutlich 
«City of St. Louis* getauft werden wird, sowie beim Wettbewerb letzteren zu führen. 
Mr. Albert B. Lambert of St. Louis hat sich ebenfalls nach Paris begeben, um sich für 
sein Amt als Begleiter des Mr. Hawley bei der Wettfahrt vorzubereiten. 

Dr. C. W. Schleiffarth, St. Louis. 

Landungswettfliegen des A6ronautique-Club de France. 

Am 28. April hat der A^ronautique-Club vom Parc du Chäteau zu Maison-Lafitte 
aus ein lehrreiches Landungswettfliegen mit Ballonverfolgung organisiert. Die Sport¬ 
kommissare hatten als Landungsort Gometz-la-Ville bestimmt. Am Start erschienen 
4 Ballons: «Libellule», Führer M. Maison, «Styx», Führer M. Cormier, «Luciole*, Führer 
M. Ribeyre und «Cvrano*, Führer M. Lassagnac. 

Das Resultat war folgendes: M. Maison landete bei Etr6chy, M. Cormier bei 
Chieure-au-Bois, M. Ribeyre einen Kilometer von Gometz-la-Ville, M. Lassagnac zu 
Boutreville bei Gometz. 

Der Ballon «Luciole* (Ribeyre) wurde durch einen Radfahrer, der Ballon «Cyrano* 
durch ein Automobil gefangen genommen. 

• Die ausgesetzten Preise, 200, 100, 75 und 50 Frs. werden für die beiden letzteren 
Ballonführer wahrscheinlich ausfallen. 


Vorbereitungsschulen für Militärluftschiffer. 

Der Aeronautique-Club de France und der Aöro-Club du Rhone et du Sud-Est 
und andere französische Vereine haben bekanntlich auch die Vorbereitung junger Leute 
für den Luftschifferdienst in der Armee in ihr Programm mit vielem Erfolge aufgenommen. 
Alljährlich werden die Schüler durch eine vom Kriegsministerium bestimmte Kommission 


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von Offizieren geprüft und alsdann in die Luftschiffertruppen eingereiht. Dieses Ver¬ 
fahren scheint sich sehr bewährt zu haben, der Andrang bei den Vereinen wird von 
Jahr zu Jahr stärker. Der Aöro-CIub du Rhöne et du Sud-Est teiH mit, daß er in diesem 
Jahre 32 Schüler habe, die bis Ende Januar jeden Freitag von 8 1 /* bis 10 Uhr abends 
theoretisch unterwiesen wurden und nunmehr praktisch in den Seilerarbeiten, dem Nähen 
und Firnissen von Ballons unterrichtet werden. Letzteres fand am 15. März und 
15. April im Park von Villeurbanne Sonntag morgens statt an einem Ballon von 900 cbm. 
Hiernach beginnen die Übungen im Füllen und Handhaben des Ballons am 28. April, 
worauf wieder theoretische Kurse einmal wöchentlich über Fahren mit dem Ballon und 
besonders über Planlesen sich anreihen. Der Gouverneur von Lyon, General Gallieni, 
welcher diese Vorbereitungsarbeiten außerordentlich fördert, hat für den Unterricht in 
der militärischen Topographie einen Offizier kommandiert. 

Die französische LuftschifTertruppe erhält auf diese Weise ein vortreffliches Material 
von Freiwilligen. Es wäre zu erwägen, ob nicht auch der deutsche Luftschifferverband 
in ähnlicher Weise zur Verbreitung fachtechnischer aeronautischer Kenntnisse in der 
Nation beitragen könnte. Er erzieht damit gleichzeitig ein der Sache ergebenes Unter¬ 
personal, welches für den Betrieb unserer Wettfahrten uns bislang gefehlt hat und uns 
in Zukunft recht nützlich werden kann. $ 

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Literatur. 

Meteorologische Zeitschrift. März 1907. J. M. Pernter, Das Ende des Wetter¬ 
schießens. Die internationale Expertenkonferenz für das Wetterschießen in Graz 
hatte sich 1902 bereits dahin ausgesprochen, daß ein Einfluß des Schießens auf 
Hagelfälle unwahrscheinlich sei. Trotzdem wurde das Schießfeld in Steiermark 
bis Ende 1904 beibehalten und die Versuche fortgeführt, allerdings mit negativem 
Erfolg. In Italien wurden von Prof. Pochettino bis 1906 gleichfalls Versuche aus¬ 
geführt, sowohl mit den sogenannten Wetterschießkanonen, als auch mit Raketen, 
deren Ladung von 8 kg in der Wolke explodierte. Ein Erfolg war nicht zu kon¬ 
statieren, so daß sowohl Österreich wie Italien auf Grund streng exakter Unter¬ 
suchungen erklären, daß das moderne Wetterschießen wirkungslos ist, wie es auch 
von vornherein wahrscheinlich war. Trotzdem sind die Gläubigen aber noch nicht 
überzeugt und es werden in Belgien jetzt mit Ballons (s. dieses Heft an anderer 
Stelle) die Versuche von neuem begonnen. 

Nils Eckholm (Stockholm), Über die unperiodischen Luftdruck¬ 
schwankungen und einige damit zusammenhängende Erscheinungen 
(Fortsetzung aus Heft 1). Über diese wichtige Untersuchung wird später im Zu¬ 
sammenhänge berichtet werden. 

A. Woeikow, Das aerodynamische Institut in Koutchino bei Moskau 
Meteorologische Vorzüge der Lage des Instituts und Angabe der Höhen von Ballons- 
sondes mit Temperaturen. 

Das Wetter. Februar 1907. M. Kaiser, Historische Entwickelung unserer 
Kenntnis der Land- und Seewinde auf der Erde und Darstellung der 
gegenwärtigen Theorien (Fortsetzung). Enthält die vertikale Ausdehnung der 
Seebrise nach Ballonfahrten und Drachenbeobachtungen. 

Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. 1907, Heft 3. P. Perlewitz, 
Hohe Drachenaufstiege in Hamburg und auf der Kieler Bucht am 
4. Januar 1906. Mitteilung der Registrierungen von 2 hohen gleichzeitigen Auf¬ 
stiegen (Hamburg 5500 m, Kiel 4570 m). Es ist sehr bedauerlich, daß die Zu¬ 
standskurve für die Temperatur nicht in dem üblichen Maßstabe (1° = 100 m) ge¬ 
zeichnet ist. 


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Comptes-Rendus 1907 N° 3. P. Tsoucalas et J. Vlahavas, Sur les hölices de 
propulsion. Theorie der Schrauben. 

1907 N° 5. P. Tsoucalas et J. Vlahavas, Etüde comparative des 
hälicoptöres et des aeroplanes. Die Verfasser gelangen auf theoretischem 
Wege zu dem Resultat, daß die Hebekraft des Drachenfliegers (aöroplane) die Hälfte 
derjenigen des Schraubenfliegers ist, bei beiden die günstigste Anordnung (Flächen¬ 
neigung), den gleichen Arbeitsaufwand und die gleiche Schraube vorausgesetzt. 
Dabei ist außerdem bei dem Schraubenflieger die Tragfläche, also ein gewisses 
Gewicht nicht nötig. Um die gleiche Hebekraft hervorzubringen, ist bei der günstigsten 
Anordnung die Arbeit des Schraubenfliegers T (h61icopt6re) 

T (h61icopt£re) = 0,353 (T aßroplane). 

Nimmt man nicht die günstigsten Verhältnisse, sondern die eines tatsächlichen ge¬ 
flogenen Drachenfliegers mit 70 m* Tragfläche, Neigungswinkel der Flächen 10°, 
Widerstandsflächen 1 m*, so ergibt sich 

T (hSlicopt&re) = 0,026 T (aßroplane). 

Die gesamte Arbeit (Schwebearbeit und Bewegungsarbeit) eines Schraubenfliegers, 
welcher sich mit der gleichen Geschwindigkeit bewegt, wie der Drachenflieger des 
genannten Beispiels, ist 

T (h61icopt£re) = 0,057 T (aäroplane). 

L’Aßrophile. Februar 1907. Ferber, De la rapidit^ avec laquelle les aviateurs 
s’orientent vers l’avenir. Pläne und Maße der Flieger Santos-Dumont, Ferber- 
Levavasseur, Bleriot. 

Masfrand, Le dirigeable „de la Vaulx“. Aufstiege des Luftschiffes de la 
Vaulx, mit Fahrtkurven. 

A. Bazin, Sur les helices sustentives. Der Verfasser gelangt zu dem 
Schlüsse, daß Hebeschrauben nur mit sehr kleinen Umdrehungsgeschwindigkeiten 
mit Vorteil angewendet werden können. 

L’Aäronaute. Januar 1907. H. Mangon, Note sur la dätermination du point 
d’attache d’un cerf-volant. 

Jansen, Le Walang-Kopok. Walang-Kopok ist der javanische „fliegende 
Hund“. Seine Flugweise wird kurz besprochen. 

Februar 1907. Robert Esnault-Pelterie, Communication faite ä la 
Soci6t6 frangaise de Navigation aärienne. I. Teil. Wir berichten über diese 
außerordentlich interessante und wichtige Mitteilung später im Zusammenhänge. 

J. Ambroise Farcot, AGromoteurs. Ein neuer Motor für Luftschiffahrts¬ 
zwecke mit Luftkühlung. 

La Revue de TAviation. Februar 1907. Berty, Ernest Archdäacon et son ceuvre. 
Die flugtechnischen Arbeiten Archdeacons, mit Abbildungen. 

G. A. Lenoir, l’Aviation ä travers les Ages (Fortsetzung). Geschichte 
der Flugtechnik. Versuche von Benoir. 

Harry Ashton-Wolff, Les Argonautes de l’Air. Würdigung Lilienthals. 

März 1907. Lenoir, l’Aviation ä travers les Ages (Fortsetzung). Flug¬ 
technische Arbeiten von Leonhardi da Vinci. 

Berty, rAviation du Mois. Beschreibung und Versuche der Flieger Santos 
Dumont II, Florencie, Barlatier et Blanc, Kapferer, Delagrange. 

L’A6ro-Revue. Bulletin mensuel de l’Aero-Club du Rhone et du Sud-Ouest. Red. Antonin- 
Boulade. Jahrg. 1, Heft 1, Januar 1907. 

Eine neue französische Zeitschrift, deren Redakteur der bekannte aeronautische 
Photograph A. Boulade ist..Aus dem Inhalt führen wir an: E. Seux, Sur les 
Röcentes Expöriences d’aviation, eine kurze flugtechnische Übersicht, 
A. Boulade, Aöronautes! Attention! Warnung vor Starkstromleitungen und 
Befürwortung von „aerographischen Karten“, Echos et Nouvelles. 


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Februar 1907. A. Boulade, La Stabilitö verticale des Aörostats et 
lesStatoskop. I. Teil. Über die Arbeit wird, sobald sie vollständig erschienen 
ist, berichtet werden. 

Die beiden vorliegenden Hefte enthalten, wie man es bei dem bekannten Re¬ 
dakteur der A6ro-Revue nicht anders erwarten konnte, vorzügliche aeronautische 
Photographien. 

BallooningandAeronautlcs. März 1907. Griffith Brewer, WindEddies. Windwirbel 
an Häusern und Brücken und ihre Gefahren bei der Abfahrt von Frei-Ballons. 

April 1907. May-Harbord, Two Cross-Channel Trip. Beschreibung von 
2 Fahrten über den Kanal ; näheres an anderer Stelle dieses Heftes. 

J. Arthur William, Some Light Metals. Zwei neuere leichte Metalle, 
Zisium und Ziskon, werden mit Magnalium, Aluminium, Zink und Bronze ver¬ 
glichen. Bemerkenswert ist die hohe Festigkeit von Ziskon, welches im Mittel 
eine Bruchfestigkeit von (11.31 Tomp. zoll*) bei einem spezifischen Gewicht von 
nur 3,35 hat. 

The Aero-Club Exhibition. Beschreibung der bemerkenswertesten Flieger¬ 
modelle mit Abbildungen. 

Persival Spencer, War Balloon Experience. Verwendung von Fessel¬ 
ballons im Kriege der Holländer gegen die Atchinesen auf Sumatra 1890. 

Bulletin des Schweizer Aero-Klub. Heft 3, Februar 1907. Schaeck, Automobiles 
contre Ballon. Am 17. Juni vorigen Jahres fand von Zürich aus eine Ballon¬ 
verfolgung durch Automobile statt, bei welcher kein Automobil den Ballon in der 
festgesetzten Zeit erreichte, trotzdem der Wind nur sehr schwach war. Es war folgende 
Idee zugrunde gelegt: «Die Neutralität und das Interesse der Schweiz fordern, daß 
im Kriege Ballons kriegführender Mächte, welche auf Schweizer Boden landen, 
gefangen genommen und Depeschen und Brieftauben einbehalten werden. Die Ver¬ 
folgung der Ballons wird durch Automobile bewirkt.* Hieran knüpft Oberst Schaeck 
interessante Betrachtungen über die völkerrechtliche Stellung von Ballons und 
ihres Inhaltes, auf welche wir noch zurückkommen werden. 

E. Schar, Sur le probl^me du vol des oiseaux. Der Verfasser be¬ 
trachtet den Vogelflügel als vertikal wirkendes Ruder und glaubt hieraus den Flug 
der Vögel erklären zu können. Die Arbeiten von Marey, Lilienthal usw. haben 
bereits gezeigt, daß diese Art der Erklärung nicht richtig ist. 

Fahrtenkarte des Schweizer Aero-Klubs. Karte der Schweiz mit den 
eingetragenen Fahrtkurven der Vereinsballons. 

La iocomotion automobile. 1907, Heft 1. Le dirigeable „Patrie“ par E. G. Kon¬ 
struktionseinzelheiten des französischen Kriegsluftschiffes. 

The Automotor Journal. 1907, Nr. 7, S. 208. The Tani Aeroplane Model. Be¬ 
schreibung mit sehr ausführlichen Photographien eines neuen englischen Drachen¬ 
fliegermodells. Es sind drei übereinander liegende Tragflächen vorgesehen, von 
denen die untersten die schmälsten, die obersten die breitesten sind. Von den 
zwei Schrauben ist die eine, entsprechend der Zugrichtung der Halteleine des 
Drachens, nach vom und unten gerichtet, die andere treibt. Die Steuerung ge¬ 
schieht mittels des letzteren Propellers. 


Personalia. 

Generalmajor Nausestor, Kommandeur der I. Fußartillerie-Brigade in Berlin, lang¬ 
jähriges Mitglied des Oberrheinischen Vereins für LuftschifTahrt in Straßburg i. E., ist am 
2. April gestorben. Derselbe hat der Entwickelung der Luftschiffahrt fortgesetzt ein reges 
Interesse entgegengebracht. 

Wentrup, Hauptmann und Kompagniechef im Eisenbahnregiment Nr. 1, ist als 
Lehrer in das Luftschifferbataillon versetzt worden. 


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Schriftsteller A. Förster, unser langjähriger Mitarbeiter, feierte am 22. März seinen 
70. Geburtstag. Wir beglückwünschen den Jubilar, der sich eine jugendliche Frische, 
Elastizität und Arbeitsfreudigkeit bewahrte, die wir ihm auch für seinen ferneren Lebens¬ 
weg wünschen, auf das herzlichste. 

Oberst Aim6 Laussedat, membre de Tlnstitut, einer der ersten Förderer der 
Militär-LuftschifTahrt in Frankreich, der auch ganz besondere Verdienste auf dem Gebiete 
der Entwickelung der Fernphotographie aufzuweisen hat, ist am 18. März im Alter von 
88 Jahren gestorben. 

Leutnant Franck P. Lahm, der vorjährige Gewinner des Gordon-Bennett-Preises, 
erhielt von Herrn James Gordon-Bennett eine goldene Erinnerungs-Medaille. 

Professor Hergesell, der Präsident der Internationalen Kommission für wissen¬ 
schaftliche Luftschiflahrt, wurde während der Anwesenheit S. M. des Kaisers in Stra߬ 
burg i. E. am Sonntag den 28. April abends beim Kaiserlichen Statthalter zum Diner 
befohlen und hielt im Anschluß an dasselbe Seiner Majestät einen Vortrag mit Licht¬ 
bildern über die Reise S. H. des Fürsten Albert von Monaco nach Spitzbergen und über 
die wissenschaftlichen Ergebnisse der Fahrt. 

S. Majestät der Kaiser nahmen den Vortrag allergnädigst mit großem Beifall auf. 


Patent- nnd Gebrauchsnmsterschau in der Luftschiffahrt. 

Mitgetcilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur Alfred Ham¬ 
burger, Wien, VH, Siebensterngasse 1. 

Auskünfte in Patentangelegenheiten werden Abonnenten dieses Blattes unentgeltlich erteilt. Gegen die 
Erteilung unten angeführter Patentanmeldungen kann binnen zweier Monaten Einspruch erhoben werden. 

Deutsches Kelch. 

Ausgelegt am 25. März 1907, Einspruchsfrist bis 25. Mai 1907. 

Kl. 77 h. Johannes Paul, Berlin, Wichmannstraße 21. — Zigarrenförmiger Luftballon 
mit im Innern angebrachten Versteifungsringen. 


Humor. 

Nachklänge zu den Berliner, zugleich Vorklänge zu den Düsseldorfer Wettfahrten. 

Sieg der Luftballons. Ballon Wettfahrten. 

Das Luftschiff in Verbindung 
Mit Autos andrerseits, 

Welch eine liebe Erfindung 
Von neugeartetem Reiz. 

Es wendet vom Menschengewimmel 
Das Auge sich in die Höh’, 

Wir starren steil in den Himmel, 

Und nicht mehr auf die Chaussee. 

Beim ersten Male ging alles 

Zu glimpflich von der Hand: 

Die Chronik des Unglücksfalles 
War wenig interessant. 

Jedoch für kommende Zeiten 
Erkenn’ ich jubelnd eins: 

Es wachsen die Möglichkeiten 
Des Überfahrenseins. 

TöfT-töfT-ball-ball-hurraaaaah!!! 

Gottlieb. 


- <§r 

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel . 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet 

Die Redaktion . 


Kommt wie’n Pfeil vom Bogen 
Über Berg und Tal 
Der Ballon geflogen 
(Denn es klappt manchmal). 

Ihm gehört die Weite, 

Steigt zum Himmel fast; 

Leider macht er Pleite, 

Wenn’s dem Wind nicht paßt. 

Mit dem Wind geht’s sausend, 

Aber wird der knapp, 

Fährt er statt 3000 
Nur 300 ab. 

Schwebt in höh’rer Sphäre, 

Plump und unten klar, 

Wie’s die Montgolftere 
Anno Toback war. 

Ist es sonderbar nicht, 

Daß, wo alles prompt 

Steigt, nur’s Luftschiff gar nicht 

In die Höhe kommt? 

Aus («Der Tag*). C a 1 i b a n. 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 


XI. Jahrgang. 


-Mi Jnnl 1907. ** 


6. Heft. 




Aerologie. 


Die meteorologischen Verhältnisse über St. Louis. 

Von Prof. A. L. Rotch, 

Direktor des Blue Hill-Observatoriums (V. St. A.). 

In dem Rundschreiben des Präsidenten des Aero Club of America, 
das Gordon-Bennett-Wettfliegen betreffend, welches im Februarhefte 1907 ver¬ 
öffentlicht war, ist ausgeführt, daß die Beobachtungen, welche das Wetter¬ 
bureau der Vereinigten Staaten mittels Drachen und Pilotballons angestellt 
hatte, eine Strömung von West nach Ost über St. Louis ergeben hätten. 
Diese Tatsache ist nun längst durch Beobachtung des Wolkenzuges bekannt, 
im übrigen aber, und auf diese Feststellung muß besonderer Wert gelegt 
werden, hat nicht das staatliche Wetterbureau, sondern mein Observatorium 
die Atmosphäre über St. Louis mittels Registrierballons erforscht. Unter 
der Beihilfe der Weltausstellung 1904 haben meine Assistenten, die Herren 
Clayton und Fergusson, die ersten Registrierballons in Amerika während des 
Herbstes 1904 aufgelassen, und derartige Versuche sind auf meine Kosten 
mit Unterstützung der Smithsonian Institution während der folgenden 2 Jahre 
fortgeführt worden. Da die Beobachtungen ein aktuelles Interesse haben 
wegen der von St. Louis ausgehenden internationalen Wettfahrt, lasse ich 
die für die Bewerber wichtigen Ergebnisse folgen. 

Zur Verwendung bei den Aufstiegen gelangten die in Europa wohlbe¬ 
kannten Aßmannschen Gummiballons, welche mit Wasserstoff gefüllt wurden 
und einen Barothermographen nach Teisserenc de Bort trugen. Zum 
Herunterbringen des Instruments nach dem Platzen des Ballons wurde der 
übliche Fallschirm angewendet. Im ganzen wurden während der Jahre 1904, 
1905, 1906 56 Ballons aufgelassen, von denen 53 glücklich gefunden und 
zurückgeschickt wurden, gegen eine kleine Belohnung für den Finder. Die 
Aufzeichnungen von Druck und Temperatur waren gut auswertbar, sodaß 
aus der Zeitdauer des Aufstiegs sowie der Entfernung des Landungsplatzes 
von St. Louis die mittlere Windrichtung und Geschwindigkeit berechnet 
werden konnte. 

Die Aufstiege wurden in 4 Gruppen nach der Höhe eingeteilt, woraus 
die Luftbewegung in verschiedenen Höhen sich ergibt. Die Zahlen in der 
Figur stellen die Nummern der Gruppen dar und entsprechen der ersten 
Spalte der Tabelle. Gruppe 1 umfaßt die Aufstiege, deren Maximalhöhe 
geringer als 5000 m war, die größte Höhe lag bei Gruppe 2 zwischen 5000 
und 10000 m, bei Gruppe 3 zwischen 10000 und 15000 m, bei Gruppe 4 
über 15000 m. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 25 


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194 


Gruppe 

Anzahl 

der 

Aufstiege 

Mittlere 
Max.-Höhe 

m 

Mittlere 

Höhe 

* 

m 

Mittlere 

Entfernung 

km 

Mittlere 
Geschwindig¬ 
keit 
m p. s. 

Mittlere 

Richtung 

nach 

4 

9 

15 778 

7 900 

189 

21 

S 81° E 

3 

16 

12 342 

6 170 

249 

25 

S 85° E 

2 

13 

7135 1 

3 570 

163 

17 

S 87° E 

1 

8 

3 520 

1760 

67 

11 

S 79° E 


Man ersieht hieraus, daß die Geschwindigkeit und demnach auch der 
zurückgelegte Weg bis zur dritten Schicht wächst, darüber aber abnimmt 
und daß die Ballons in der untersten Schicht am meisten südlich (S 79° E), 
in der zweiten Schicht dagegen fast rein nach E (S 87° E) gingen. Es waren 
natürlich im einzelnen große Abweichungen von den Mitteln der Richtung 
und Geschwindigkeit. So z. B. flog in der untersten Schicht, in welcher 
sich die Ballons bei der Wettfahrt wohl meist aufhalten werden, der am 
23. November 1904 aufgelassene Ballon, der eine Höhe von 2300 m er¬ 
reichte, 89 km mit 23 m p. s., während am nächsten Tage in nur wenig 
größerer Höhe ein Ballon dieselbe Richtung nahm, aber 144 km weiter kam. 
Die kleinste Geschwindigkeit wurde am 17. Mai 1906 beobachtet, nämlich 

5 m p. s., bei einer Rich¬ 
tung nach N E und einer 
Flugstrecke von nur 24 km, 
trotzdem der Ballon sich bis 
auf 4500 m erhob. In der 
Schicht 3 flogen 2 Ballons, 
deren Maximalhöhe etwa 
11000 war, an aufeinander¬ 
folgenden Tagen mit einer 
mittleren Geschwindigkeit von 
45 m p. s. und zwar der eine 450 km nach E, der andere 378 km nach 
S E. Da dies das Mittel der Geschwindigkeiten aus den verschiedenen 
Schichten ist, so ist die Geschwindigkeit von 45 m p. s. in der Maximal¬ 
höhe wahrscheinlich bedeutend überschritten worden. Derartige Geschwindig¬ 
keiten sind, wie Messungen der Geschwindigkeit von Cirruswolken, die am 
Blue Hill-Observatorium vorgenommen wurden, zeigen, im Winter über den 
Vereinigten Staaten nichts Seltenes. 

Es sei noch erwähnt, daß die mittlere Temperatur für Saint Louis im 
Oktober 15° C. beträgt, die Temperatur in 3000 in wird etwa 0°, in 5000 m 
ungefähr — 10° betragen. Obgleich so große Höhen von bemannten nicht 
erreicht werden können, dürfte es doch interessieren, daß im Januar 1905 
in einer Höhe von 14830 m — 79° C. von einem unserer Ballons registriert 
wurden. Es ist dies die niedrigste Temperatur, die je in der Atmosphäre beob¬ 
achtet wurde. Im Juli desselben Jahres wurden in 13750 m —-59° registriert. 



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Kgl. Aeronautisches Observatorium Lindenberg. 

Von seiten des Kgl. Aeronautischen Observatoriums Lindenberg erhalten wir nach¬ 
stehende Übersicht der daselbst im Jahre 1906 ausgeführten Aufstiege. 

I. Am Observatorium selbst wurden 1906 im Rahmen der täglichen Arbeiten mit 
Drachen und Kugelballons 519 Aufstiege ausgeführt, wobei alle Probe-Experimente, 
welche noch nicht 500 m Höhe erreichten, Versuche mit neuen oder umgebauten Drachen 
und Ballons usw. nicht mitgezählt sind. 


Die Aufstiege verteilen sich über die einzelnen Monate in nachstehender Weise : 



Jan. 

Febr. 

r~l 

März j 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Sept. 

Okt. 

Nov. 

Dez. 

J ahr 

Mit Drachen . . . . 

44 

33 

37 

29 

19 

22 

14 

28 

29 

30 

4P 

33 

362 

> Ballons. 

0 

8 

11 

19 

30 

11 

31 

14 

13 

6 

4 

10 

157 

Zusammen . . 

44 

41 

48 

48 

49 

33 

45 

42 

42 

36 

48 

43 

519 


Wenn man die erreichten Höhen betrachtet, wobei dann nur jeder Tag einmal 
mit der größten während der 24 Stunden erreichten Höhe eingestellt ist, ohne Rücksicht 
darauf, ob während dessen 1 oder mehrere (bis zu 6) Aufstiege unternommen wurden, 
so ergibt sich das nachstehende Bild: 


Mittlere Höhe: 

Jan. 

Febr. 

März 

April 

Mai 

Juni 

~“j 

Juli 

Aug.| Sept. 

Jokt. 

Nov. 

Dez. 

Jahr 

Drachenaufstiege . . . 

2383 

2939 

2285 

2862 

2283 

2848 

2449 

2885 

3102 

^2978 

*30-11 

2379 

2708 

Zahl der Tage . . 

31 

22 

24 

16 

14 

19 

n 

22 

19 

27 

27 

27 

259 

Ballonaufstiege .... 

— 

1831 

1980 

2459 

2322 

2463 

2512 

2477 

2326 

2439 

2047 

1580 

2322 

Zahl der Tage . . 

0 

6 

i 

7 : 

! 14 

i 

17 

1 

11 

20 

9 

11 

4 

•3 | 

4 

106 

Gesamtmittel. 

2383 

2702 

2216 

2674 

2305 

2707 

2489 

2766 

2818 

2908 

2942 

2276 

2596 

Maximalhöhe. 

3900 

5600 

l 

58105105 

i 

4110 

6040 

3910 

4400 

5100 

4960 

6250 

6010 

6250 


Nach Stufenwerten von 1000 zu 1000 m wurden erreicht (Zahl der Tage): 


Höhe 

Jan. 

Febr. 

März 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Sept. 

Okt. 

Nov. 

Dez. 

Jahr 

<1000m 

2 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 

0 

1 

2 

4 

10 (3°/o) 


12 

8 

13 

6 

14 

11 

10 

3 

5 

6 

6 

12 

106 (29°/o) 

2—3000 

7 

10 

14 

16 

10 

8 

14 

16 

14 

10 

9 

8 

136 (3J°/o) 

3—4000 

,>4000iii 

101 

o ! 10 

> 

/ 

% 

5 ] 

> 

4 !“ 

> 

8 I 

> 

6 ) 

> 

O) 

> 

8 Jl3 

5) 

D* 

75 l 113 

3 8 j(31°/o) 

davon 














>* 5000 m 

0 

2 

2 

1 

0 

1 

1 

0 

0 

1 

0 

3 

1 

1 

11 


Fünf Aufstiege (an fünf verschiedenen Tagen) Überschritten <li<“ Höhe von 6000 m, 
davon drei allein im November, je einer im Juni und Dezember. 


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II. An bemannten Ballonfahrten wurden fünf ausgeführt, worüber die nachstehende 
Tabelle nähere Auskunft gibt; sie fanden sämtlich von Berlin aus statt. 


Datum 

Ballon 

Insassen J 

Dauer! 

1 

Länge 

Größte 

Höhe 

Landungsort 

4. Januar 

«Helmholtz» 

Berson, Coym 

h m 

8 51 

263 km 

6512 m 

Doderlagc bei 
Deutsch-Krone. 

1. März 

«Brandenburg* 

» > 

7 07 

380 > 

5515 » 

Tuliszkow, Kr. 
Kouin, Kuss.-Polen. 

5.-7. April 

ohne Namen 

K. Wegener u. 
A. Wegener 

52 32 

1310 > 

3775 » 

Laufach bei 
Aschaffenburg. 

14.—15. Okt. 

«Brandenburg» 

K. Wegener u. 
Kleinschmidt 

2132 

375 » 

3485 * 

Olbernheim, Kgr. 
Sachsen. 

7.-8. Dez. 

«Bezold» 

Berson, Coym 

24 04 

415 » 

1490 » 

Mönkebude, am 
Stettiner Haff. 


III. Registrierballon-Aufstiege (durchweg Gummiballons mit Fallschirm) fanden 
statt 21, davon im Juli. Oktober und Dezember je 3, im März, Mai und September je 2, 
in den übrigen Monaten je 1. 


Zwei Ballons sind bis jetzt noch nicht gefunden bzw. gemeldet worden; unter den 
gemeldeten erreichte der Ballon vom 4. Oktober mit 19 760 m die größte Höhe. 

IV. Außerhalb des Observatoriums wurden noch von Beamten desselben entweder 
aus Anlaß von Urlaubsreisen — jedoch mit materieller und sachlicher Unterstützung des 
Observatoriums —, oder in direkt dienstlicher Mission nachstehende Aufstiegsreihen 
ausgeführt: 

a) Vom 2. Januar bis 8. Februar d. Js. machte Herr K. Wegener auf dem Gipfel 
des Brocken mit einer Handwinde eine Reihe von 29 Drachenaufstiegen in 
geringere Höhen, die dem Studium einer Spezialfrage (Temperatur-Verhält¬ 
nisse an der Oberfläche winterlicher Stratus-Schichten) gewidmet waren. 

b) Zwischen dem 1. und 15. August d. Js. führte Herr Coym an Bord des 
schwedischen Vermessungsschiffes «Skagerrack» in der Ostsee südlich von 
Schonen, im Sund, Kattegat und Skagerrack 8 Drachenaufstiege aus, deren 
höchster 3030 m erreichte. 

c) Vom 5. September bis 4. Oktober d. Js. schickten die Herren Berson und Coym 
vom Platze der Ausstellung zu Mailand 18 Registrierballons empor, von 
denen 17 wieder gefunden wurden und nur einer (vom 12. IX.) bis heute 
fehlt. Die erreichten Maximalhöhen waren 19000 m am 5. und 18 200 m 
am 23. September. 

Die ausführlichen Ergebnisse aller vorstehend unter I. bis IV. aufgezählten Arbeiten 
werden gegen Ausgang des Sommers d. Js. im zweiten Bande der Publikationen des 
Observatoriums veröffentlicht w'erden. 

Die Drachenstation der Deutschen Seewarte. 

Die Erforschung der höheren Luftschichten auf der Drachenstation der Deutschen 
Seewarte hat auch in den beiden letzten Jahren 1 ) ihren regelmäßigen Fortgang genommen. 
An windstillen Tagen w r ar es zwar immer noch nicht möglich, ein Instrument empor¬ 
zusenden, da auch in diesen beiden Jahren keine Fesselballons dazu verwandt wurden. 
Eine Erweiterung des Programms hat jedoch insofern stattgefunden, daß im Verein mit 
dem Hamburger Physikalischen Staatslaboratorium an den internationalen Termintagen 
Registrierballons aufgelassen wurden. 

*) Uber die Tätigkeit auf der Station in den Jahren 1903 und 1901 wurde im Heft 3 des IX. Jahr¬ 
ganges (1905) dieser Mitteilungen berichtet. 


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Die Technik der Drachenaufstiege, die natürlich auf jeder Drachenstation ihren 
besonderen Entwickelungsgang nimmt, ist in vielen Beziehungen vervollkommnet. In¬ 
folge der größeren Übung der Arbeiter hat die Form und Bauart der Drachen eine größere 
Präzision erhalten; 1 ) die schwer herzustellenden notwendigen Drahtsplissungen in der 
Drachenleine werden jetzt so sicher angefertigt, daß im Jahre 1906 ein Abreißen infolge 
mangelhafter Splissung nicht mehr vorgekommen ist. Die Abreißvorrichtungen, die bei 
zu starkem Zuge zum Abwerfen der Nebendrachen dienen, funktionieren jetzt in jeder 
Beziehung mit großer Sicherheit. Mit Erfolg wurden auch im letzten Halbjahre kleinere 
geflügelte Drachen (4 '/* m* Fläche ; vgl. Anm. 2) des auf der Station üblichen Modells 
«Diamant» als Nebendrachen benutzt, da bei schwachen Winden der Zug derselben zum 
Heben des Drahtes genügte (der erreichte Höhenwinkel litt nur unbedeutend, da man 
unter Umständen einen Nebendrachen mehr anhängte), bei Sturm jedoch der Zug nur 
selten so stark wurde, daß überhaupt ein Abreißen von Nebendrachen eintrat. 

Das Einholen der Drachen fand, wie auch früher, mit einem einpferdigen Spiritus¬ 
motor statt, der gegenwärtig freilich, nach vierjährigem Dienst, bedenklich an Altersschwäche 
leidet; mit Sehnsucht wird daher der bereits bewilligte dreipferdige Elektromotor erwartet, 
mit dessen Hilfe fast in allen Fällen eine solche Geschwindigkeit im Einholen zu erzielen ist, 
daß Unfälle, wie plötzliches Herabfallen der mit Rauhreif beschwerten Drachen etc., in 
Zukunft vermieden werden können. Als registrierendes Instrument wurde stets das in 
fast jeder Beziehung vortreffliche Marvin-Instrument benutzt. In letzter Zeit wurden 
jedoch auch wiederholt Versuche ausgeführt mit einem neuen Dracheninstrument von 
Bosch in Straßburg i. E., das den großen Vorteil hat, daß es nur wenig mehr als l /s so 
teuer ist wie jenes. 

Ein schwerer Schlag traf die Drachenstation Ende November 1906, als eine 
elektrische Bahn fertiggestellt wurde, die gerade nach den Richtungen hin, nach welchen 
infolge der vorherrschenden Winde die meisten Aufstiege stattfinden, etwa 200° im Um¬ 
kreis verläuft. Die oberirdische Leitung dieser Bahn ist nämlich mit sehr hochgespanntem 
Wechselstrom geladen, der bekanntlich große Widerstände leicht überwindet; es wirkt 
daher ein mit der Hand gefaßtes, den fortfliegenden Drachen nachschleifendes Drahtende 
unfehlbar tödlich, falls zufällig ein Kontakt des Drahtes mit jener Leitung eintritt. Es 
durften deshalb seit Ende November nur selten Aufstiege gemacht werden. Sofort ein¬ 
geleitete Unterhandlungen haben den Erfolg gehabt, daß dieser Übelstand durch An¬ 
bringen von Schutzdrähten noch im April dieses Jahres beseitigt sein wird, so daß dann die 
Arbeit der Drachenstation im früheren Umfange wieder aufgenommen werden kann. 

Über die Erfolge der Tätigkeit an der Drachenstation wird wohl am besten ein 
Überblick gewährt durch Wiedergabe eines Auszuges aus den Tabellen, wie sie in den 
Jahresberichten der Deutschen Seewarte veröffentlicht sind: 


Drachenaufstiege im Jahre 1905 und 1906*) 


1905 






Juli 

Aug. 

Sept. 

Okt. 

Nov. 

Dez. 

Zahl der Aufstiege . . 

23 

22 

24 

21 

21 

20 

14 

17 

18 

19 

15 

19 

Davon A 3000 m . . 

2 

6 

3 

7 

4 

4 

9 

4 

0 

5 

1 

2 

Davon >. 4000 m . . 

0 

0 

0 

1 

3 

1 

1 5 

i 1 

2 

0 

0 

i 

0 

0 

Mittlere Höhe (m) . . 

1309 

2265 

1845 

2526 

2092 

2249 

3144 

2536 

2248 

2300 

11844| 

1891 

Größte Höhe (m) . . . 

3360 

3940 

3820 

4550 

4100 4330 

4580 

4800 

2040 

3410 

3500 

3570 


*) Begünstigt wurde das Erreichen dieses Zieles dadurch, daß man auf der hiesigen Drachenstation 
nach Durchprobieren mehrerer anderer Modelle endgültig zu einem bestimmten, dem Modell «D. Seewarte 1904» 
(Diamantdrache mit Flügeln), übergegangen ist. Ich verweise hier auf die Be>chreibung der Drachenstation 
und ihrer Einrichtung von Herrn Prof. Koppen in den «Annalen der Hydrographie etc.» 1906, Heft 2. 

*) Vergl. die Tabellen für 1903 und 1904, Heft 3, Jahrgang IX (1905) dieser Mitteilungen. Wegen zu 
Schwachen oder ausnahmsweise zu starken Windes mußten an ’/i aller Tage die Drachenaufstiege ausfallen. 


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1906 

Jan. 

Febr. 

(März 

April 

Mai 

Juni 

| Juli 

[ Aug. 

Sept. 

Okt. 

Nov. | 

Dez. 

Zahl der Aufstiege . . 

21 

21 

21 

16 

21 

20 • 

17 

18 

13 | 

20 

18 

— 

Davon >. 3000 m . . 

2 

1 

2 

1 

1 3 

8 

3 

1 

8 | 

| 

5 

8 

7 

— 

Davon > 4000 m . . 

1 

• 

0 

0 

1 

0 

1 

2 

0 

1 1 

0 

1 

1 

1 


Mittlere Höhe (m) . . 

2080 

1994 

2095 

164-2 

1810 

2447 

2070 

I 2713 

1 2685 

2520 

2044 

1 

i 

i 

Größte Höhe (m) . . . 

5500 

3050 

3000 

f 

| 5000 

3780 

| 4650 

3750 

, 4220 

3910 

4000 

4080 



Zum Schluß möge noch erwähnt werden, daß in diesen beiden Jahren 5 mal 
Blitzschlag beim Drachenaufstieg statlfand; der gesamte ausgelassene Draht wurde jedes¬ 
mal völlig vernichtet, niemals jedoch erlitten die an der Winde beschäftigten Personen 
ernstlichen Schaden. 

Eine wesentliche Erweiterung erfuhr, wie schon erwähnt, die Tätigkeit der 
Drachenstation durch Übereinkommen mit dem Hamburger Physikalischen Staatslabora¬ 
torium über gemeinsames Auflassen von Pilot- und Registrierballons, vorzugsweise an 
den internationalen Termintagen. 

In Verwendung kam dabei, abgesehen von den ersten Versuchen, ein mit Wasser¬ 
stoff gefüllter Gummiballon mit aufgesetztem Fallschirm; als registrierende Instrumente 
wurden solche von Bosch-Hergesell, Teisserenc de Bort und Thierry benutzt. Zur Ver¬ 
folgung der Ballons wurde zuerst ein vorhandener älterer Theodolit, im Laufe des letzten 
Jahres aber der Spezial-Theodolit von A. de (Juervain benutzt. Der letztere hat sich 
vorzüglich bewährt; es wurde damit einmal das Platzen des Ballons in einer Höhe von 
9700 m und 21 km horizontaler Entfernung deutlich beobachtet. 

Während bei den Drachenaufstiegen die Aufzeichnung mit Methylviolett auf einem 
mit entsprechendem Koordinatensystem bedruckten Papier stattfindet, wird bei den 
hiesigen Ballonaufstiegen eine berußte Glimmerplatte mit darunter befindlichem photo¬ 
graphischen oder Lichtpauspapier benutzt. Die Auswertung der bei den Drachenauf¬ 
stiegen erhaltenen Aufzeichnungen geschieht infolge des Koordinatennetzes genau genug 
durch Abgreifen mit dem Zirkel, dagegen wird zur Auswertung der Ballon-Meteoro- 
gramme der Apparat von Baron K. v. Bassus benutzt, der unzweifelhaft dabei manche 
nicht zu unterschätzende Vorteile bietet. 

Die Hauptergebnisse der Registrierballonaufstiege sind von Herrn Dr. Perlewitz in 
einer Abhandlung im Jahrbuch der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten für 1906 
dargestellt. Diejenigen der Drachenaufstiege erscheinen täglich in den Wetterberichten 
der Seewarte. Eine zusammenfassende Bearbeitung der Windrichtungen wird nächstens 
in den «Annalen der Hydrographie etc.» veröffentlicht werden; eine größere Arbeit, die 
namentlich die Temperaturverteilung darstellt, wird für das «Archiv der Deutschen See¬ 
warte» vorbereitet. Dr. E. Aselmann. 


Internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt. 

Termin 1907. 

Über die großen Internehmungcn bei den wissenschaftlichen Simultanaufstiegen 
in diesem Jahre teilt der Präsident der I. K. f. w. L. folgendes mit: 

Abgesehen von den Aufstiegen, welche von den bekannten Stationen in Europa 
und Amerika vonslatten gehen werden, werden bei den Serienaufstiegen Anfang Juli 
1907 noch verschiedene Expeditionen tätig sein, um sich an der Erforschung der Atmo¬ 
sphäre zu beteiligen. Im hohen Norden wird der Fürst von Monaco wiederum Experi- 


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199 «444 


mente veranstalten, während weiter südlich, zwischen Island und Norwegen, die deutsche 
Marine ein 1 Schiff für Ballonaufstiege aussenden wird. Noch weiter südlich, etwa in der 
Breite der Hebriden, wird eine weitere deutsche Expedition, unter Führung des Haupt¬ 
manns Hildebrandt, tätig sein. Weiter wird die französische Marine ein Schiff zur Er¬ 
forschung der freien Atmosphäre in die Gegend der Azoren entsenden; endlich werden 
die Herren Teisserenc de Bort und Rotch auf ihrer Jacht «Otaria» noch weiter südlich 
in der Gegend der Passatwinde und Kalmen Aufstiege veranstalten. Es schweben ferner 
noch Verhandlungen, die eine Beteiligung der italienischen Marine im Mittelmeer be¬ 
zwecken. Über die Bemühungen, noch weitere Aufstiegstationen, wie in einem früheren 
Zirkular angedeutet worden ist, für unsere Zwecke zu gewinnen, hoffe ich später im 
günstigen Sinne berichten zu können. 

Da es für einige der im Atlantischen Ozean geplanten Expeditionen nicht möglich 
sein wird, zur vorgeschlagenen Zeit, nämlich den 3. bis 5. Juli, am Platze zu sein, wird 
es sich als notwendig erweisen, die Zeit des grossen Serienaufstieges zu verschieben. 
Es ist hierfür die 4. Woche des Juli, nämlich die Tage vom 22. bis 27. Juli, in Aussicht 
genommen, mit der Maßgabe, daß der 23., 24. und 25. Juli als Haupttage gelten sollen. 
Äußerst wünschenswert sind auch Aufstiege an den Vor- und Nachtagen. Ich bitte des¬ 
halb sämtliche Teilnehmer, an unseren großen Serienaufstiegen womöglich in der ganzen 
4. Woche Aufstiege zu veranstalten, oder, wenn dies nicht ausführbar sein sollte, an 
den eben genannten Haupttagen. Die internationalen Augustaufstiege sollen dann in 
Wegfall kommen und dafür am 4. Juli ein gewöhnlicher kleiner internationaler Aufstieg 
erfolgen. 

Die Daten für die nächsten internationalen Aufstiege des Jahres 1907 sind dem¬ 
gemäß nunmehr folgende : 

6 . Juni, 4. Juli, 22., 23., 24., 25., 26. und 27. Juli, 4., 5. und 6. September, 3. Ok¬ 
tober, 6., 7. und 8. November und 5. Dezember. 

Die Wolken- und Bergstationen werden gebeten, an den neuen Terminen in ge¬ 
wohnter Weise ihre Beobachtungen anzustellen und vor allen Dingen den großen Serien¬ 
aufstieg des Monats Juli durch intensive Messungen zu unterstützen. 

Übersicht Uber die Beteiligung an den internationalen Aufstiegen. 

3. Mai. 

Trappes. Papierballon 13730 m. — Oxshott. Drachenaufstieg 1320 m. — Peters- 
field. (Mr. Ch. J. P. Cave) Drachenaufstieg 2150 m. — Ucele. (Service m£teorol.) Gummi¬ 
ballon 16970 m. — Guadalajara. Papierballon 2060 m. — Rom. Kein Aufstieg. — 
Zürich. Gummiballon 10 800 m. — Straßburg. (M. I.) Gummiballon 24200 m; Visierung 
von Pilotballons an den Vor- und Nachtagen. — Strnßburg. (Oberrh. Ver. f. Luftsch.) 
Bemannter Ballon 2560 m. — Hamburg. Drachenaufstieg 3400 m; Gummiballon 4580 m. 
— Lindenberg. Drachenaufstieg 3990 m; Gummiballon 11570 m.— Barmen. Bemannter 
Ballon 2 600 m. — München. (Met. Zentr.-Stat.) Gummiballon, noch nicht gefunden. — 
München. (Baron v. Bassus). Gummiballon 13210 m. — Wien. Gummiballon 10000 m; 
Bemannter Ballon 4000 m; (4. Mai) Bemannter Ballon 4120 m. — Pawiowsk. Drachen¬ 
aufstieg 4240 m ; Registrierballon 12 300 m. —Koutehino. Registrierballon 10000 m. — 
Alexandrowsk. (Murman-Expedit.) Drachenaufstieg 2740 m. — Blue Hill. Drachenaufstieg 
2530 m. — St. Louis (Missouri). (Mr. A. L. Rotch). Registierballon 10 300 m. — Mount 
W'eather (Virginia, U. S. A.). Drachenaufstieg 1510 m. 

7. Juni. 

Trappes. Registrierballon, noch nicht gefunden. — Uccle. Gummiballon 15690 m. — 
Guadalajara. Gummiballon, die Registrierungen wurden verwischt. — Mailand. (Aus¬ 
stellung). Registrierballon 23 800 m; (Brigata Specialisti) Bemannter Ballon 3230 m. — 
Zürich. Gummiballon 13 720 m. — Straßbnrg. Gummiballon 17 230; an den Vor- und 
Nachtagen Visierung von Pilotballons. — Straßburg. (Oberrh. Ver. f. Luftsch.) Bemannter 


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Ballon 1700 m. — Hamburg. Gummiballon 14 500 m. — Lindenberg. Drachenaufst, 
4740 in; Gummiballon 17 770 m. — Godesberg. (Niederrh. Ver. f. Luftsch.) (6. Juni). 
Bemannter Ballon 4530 m. — München. (M. Z.) Gummiballon ca. 16 000 m. — Wien. 
Gummiballon 6790 m; (8. Juni) Bemannter Ballon 2830 m. — Pawlowsk. Drachenaufst. 
3900 m; Registrierballon 11000 m. — Kontchino. Registrierballon 16 700 m. — Alexan- 
drowsk. Drachenversuche mißlungen. — Blue Hill. Drachenaufstieg 1470 m. — Mount 
Weather. Drachenaufstieg 1640 m. 

4., r>^ 6. Juli. 

Trappes. 4. Juli, Papierballon 15170 m; 5. Juli, Papierballon 14 290 m ; 6. Juli, 
Papierballon 13 760 m. — Oxshott. Kein Aufstieg wegen zu schwachen Windes. — Ueele. 
5. Juli, Gummiballon 15 680 m. — Guadalajara. 4. Juli, Papierballon 2950 m; 5. Juli, 
Papierballon 8010 m; Bemannter Ballon 3950 m; 6. Juli, Papierballons, Registrierungen 
wurden verwischt. — Rom. 5. Juli, Aufstieg des bemannten Ballons unmöglich geworden. 

— Pavia. 4. Juli, Registrierballon 4630 m. — Mailand. 5. Juli, Reg.-Ballon noch nicht 
gefunden. — Zürich. 5. Juli, Gummiballon 12 570 m. — Straßburg. 4. Juli, Gummiballon 
8150 m; 5. Juli, Gummiballon 22 240 m; 6. Juli, Gummiballon 17 090 m. — Hamburg. 
4. Juli, Gummiballon 9600 m; 5. Juli, Drachen 670 m ; Gummiballon 10 740 m; 6. Juli, 
Drachen 630 m; Gummiballon 13 200 m. — Lindcnberg. 4. Juli, Drachen 2320 m, 
Gummiballon 12 590 m; 5. Juli, Drachen 2650 m; Gummiballon 8590 m; 6. Juli, Drachen 
3500 m. — Godesberg. 5. Juli, Bemannter Ballon 3000 m. — München. (Met. Z.) 4. Juli; 
Gummiballon 16 650 m; 5. Juli, Gummiballon 19 000 m; 6. Juli, kein Aufstieg wegen 
ungünstiger Witterung. — München, (v. Bassus), 5. Juli, Gummiballon 19 500 m. — Wien. 
4. Juli, Bemannter Ballon 3960 m; 5. Juli, Gummiballon 3450 m; Bemannter Ballon 
7410 m ; 6. Juli, Gummiballon 4950 m. — Pawlowsk. 4. Juli, Drachen 520 m; Registrier¬ 
ballon, noch nicht gefunden; 5. Juli, Registrierballon, noch nicht gefunden; 6. Juli, Drachen 
3880 m ; Registrierballon 18100 m. — Kontchino. 5. Juli, Drachen 450 m ; Registrierballon 
18 500 m; 6. Juli, Drachen 1160 m. — Blue Hill. Kein Aufstieg wegen zu schwachen 
Windes. — Mount Weather. 4. Juli, Drachen 1070 m; 6. Juli, Drachen 2030 m. 

2. August. 

Trappes. Papierballon 16 140 m. — Ueele. Gummiballon 18 840 m. — Guadala¬ 
jara. Papierballon 10750 m. — Pavia. Registrierballon 14870 m.— Zürich. Gummiballon 
13 600 m; Vor- und Nachtag Pilotballons 7000 m. — Straßburg. Gummiballon 19 200 m; 
Vor- und Nachtage Pilotballons. — Hamburg. Drachen 3020 m; Gummiballon 1440 m. 
Lindcnberg. Drachen 2950 m; Gummiballon 10 880 m. — München. (Met. Z.) Gummi¬ 
ballon 14 970 m. — München, (v. Bassus) Gummiballon 13 450 m. — Wien. Gummi¬ 
ballon 7770 m; Bemannter Ballon 4230 m; (l. Aug.) Bemannter Ballon 7240 m. — 
Pawlowsk. Drachen 2230 m; Registrierballon, noch nicht gefunden. Am 1. Aug. Drachen¬ 
aufstiege a bord du bäteau militaire dans le lac de Ladoga, 1930 m. — Kontchino. Registrier¬ 
ballon 2750 m. — Jekaterinburg. (Meteorol. Observat.), 1. Aug., Drachen 2380 m. — 
Jacht des Fürsten von Monaco, bei Spitzbergen, Gummiballon 4240 m; 3. Aug. Drachen 
320 m. — Blue Hill. Kein Aufstieg wegen zu schwachen Windes. — Mount Weather. 
Drachen 1200 m. 

6. September. 

Trappes. Papierballon 15 350 m. — Ueele. Gummiballon, keine Registrierung. — 
Petersfleld. Drachen 470 m. — Brighton, South Coast (Ms. S. H. R. Salmon). Drachen 
1000 m. — Guadalajara. Papierballon 12 200 m. — Mailand. Registrierballon 15 330 m. 

— Zürich. Gummiballon 12 200 m; Vor- und Nachtag Pilotballons 12 000 m. — Stra߬ 
burg. Gummiballon 19 240 m; Vor- und Nachtag Pilotballons. — Hamburg. Drachen 
3910 m; Gummiballon 13 980 m. — Lindenberg. Drachen 4790 m; Gummiballon 13 890 m. 

— München. (Met. Z.) Gummiballon 11 730 m. — Wien. Bemannter Ballon 6170 m. — 
Pawlowsk. Drachen 1100 m; Registrierballon 9400 m. — Kontchino. Registrierballon 
16 000 m. — Blue Hill. Drachen 3140 m. — Mount Weather. Drachen 1380 m. 


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4. Oktober. 

Trappes. Keine Nachricht. — Uccle. Gummiballon 13 970 m. — Brighton. Drachen 
1000 m. — Guadalajara. Papierballon, Uhr des Instrumentes stehen geblieben; Pilot¬ 
ballon 7000 m. — Mailand. Registrierballon 12 600 m; 5. Oktober, Lago Maggiore. 
Registrierballon 10 270 m. — Zürich. 5. Oktober, 3 Fesselballonaufstiege bis ca. 1500 m. 
— Straßburg. Gummiballon 13 830 m. — Hamburg. Drachen 1400 m; Gummiballon 
13 220 m. — Lindenberg. Drachen 3950 m; Gummiballon 19 760 m. — München. (Met. Z.) 
Gummiballon 8330 m. — Wien. 5. Oktober, Bemannter Ballon 2460 m. — Pawlowsk. 
Drachen 3000 m; Registrierballon, noch nicht gefunden. — Kontchino. Registrierballon, 
noch nicht gefunden. — Kasan. Drachen 1300 m. — Blue Hill. 6. Oktober, Drachen 
2710 m. — Mount Weather. 5. Oktober, Drachen 1690 m. 

8. November. 

Trappes. Keine Nachricht. — Uecle. Gummiballon 12 800 m. — Guadalajara. 
Papierballon 3420 m; Pilotballon. — Pavia. Registrierballon 23 890 m. — Zürich. 
Gummiballon ca. 12 000 m; Nachtag Pilotballon 9000 m. — Straßburg. Gurnmiballon, 
noch nicht gefunden; Vor- und Nachtag Pilotballons. — Hamburg. Drachen 3560 m, 
Gummiballon 16 700 m. — Lindenberg. Drachen 6010 m; Gummiballon 18 610 m. — 
München. (Met. Z.) Gummiballon 11 630 m. — Wien. Bemannter Ballon 4160 m; 7. November, 
Bemannter Ballon 2560 m. — Pawlowsk. Drachen 1490 m; Registrierballon noch nicht 
gefunden. — Koutchino. Kein Aufstieg. — Blue Hill. Kein Aufstieg. — Mount Weather. 
Drachen 1610 m. 

s*> 

Aeronautik. 


Medaillen -Vorschläge 
für den deutschen Luftschiffer-Verband. 


Gelegentlich der Tagung des deutschen LuftschifTer-Verbandes zu 
Berlin am 14. Oktober 1906 wurde der daselbst gewählten Sportkommission 


der Auftrag zuteil, die Frage zur 
Schaffung einer Medaille in die Wege 
zu leiten, indem zunächst bis 1. April 
Vorschläge zu solchen gesammelt 
und in der Verbandszeitschrift ver¬ 
öffentlicht werden sollten. Das Be¬ 
dürfnis nach solchen kleinen Kunst¬ 
werken kann selbstredend erst mehr 
in die Erscheinung treten, sobald der 
deutsche Luftschiffer-Verband mehr 
den Wettflügen zwischen Ballons als 
dem schönsten aeronautischen Sport 
oder besonderen Rekordflügen erhöhte 
Beachtung schenken wird. 

Bisher liegen uns fünf Entwürfe 
von aeronautischen Medaillen vor. 

Abbildung 1 zeigt einen auf der 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 



Klippe sitzenden Adler, der erschreckt 

26 


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202 


zu einem zwischen Wolken fliegenden Ballon emporblickt. Den Hinter¬ 
grund bildet das endlose weite Meer. Das Motiv ist gefällig entworfen, 
aber es ist nicht gerade neu. 

Abbildung 2 zeigt einen auf einem Hengst über die Wolken jagenden 
kühnen Jüngling, der den König der Lüfte, den Adler, überholt hat. OfTen- 




Abb. 2. Abb. 3. 

bar will der Künstler damit andeuten, daß der Mensch als Beherrscher der 
irdischen Kraft nunmehr sich auch zum Herrn der Luft gemacht hat. Die 
Darstellung will uns nicht recht gefallen, weil wir die Empfindung haben, 
daß der Jüngling hinten von der Kruppe des Pferdes abgleitet. Wer sich 



uHS am 


Abb. 4. 


Abb. 5. 


nackt auf nacktem Pferde befindet, muß sich in der vorgestellten Lage an 
der Mähne festhalten und außerdem noch sich mit Ober- und Unterschenkel 


am Pfcrdeleibe gut fest klemmen. Eine derartige Darstellung, verbunden mit 
dem Ausdrucke des Triumphes des Jünglings über den Erfolg, wäre lebendiger 


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**►* 203 «m« 


und besser gewesen. Vielleicht versteht der Künstler sich dazu, sie nach 
dieser Richtung hin zu verbessern. 

Abbildung 3 stellt eine geschmackvolle Rückseite vor. 

Obige drei Entwürfe stammen von Herrn Bildhauer Alb. Mor. Wolff 
in Berlin und sind uns durch die Firma A. Werner & Söhne, Berlin SW 13, 
Alexandrinenstraße 14, eingesandt worden. 

Abbildung 4 stellt einen eigenartigen Entwurf vor, der den Kampf der 
Naturgewalten im Sinne der altgermanischen Vorstellungen vorführt. 

Im Hintergründe schwebt der Ballon, im Vordergründe stürmt Thonar 
auf seiner schwarzen Mähre heran, erzürnt den blitzbringenden Hammer 
Miölnir gegen den Ballon schwingend, begleitet von kläffenden und heulenden 
Wölfen. 

Aber Freia, die Förderin der Kultur, tritt ihm in den Weg, sie wehrt 
den verhängnisvollen Schlag ab und hält auch die Wölfe ab. 

Die germanische Auffassung ist bestechend. Die Ausführung dramatisch. 

Abbildung 5 zeigt uns ein ruhigeres Bild: Der Vergleich der alten und 
der neuen Zeit. Der alte Wächter auf dem höchsten Turm schaut mit 
seinem treuen Gehilfen, dem Hunde, erstaunt auf den aus der Tiefe empor¬ 
steigenden, an ihm vorüberfliegenden Ballon. 

Die letzten beiden Entwürfe sandte die Firma L. Chr. Lauer, G. m. b. H., 
Nürnberg, Berlin SW, Ritterstraße 46. © 


Über die Nordsee. 

Die Fahrt des «Ziegler» nach England 10.—11. April 1907. 

Von Dr. K. Wegen er. 

Die 6. meteorologische Ballonfahrt des Physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M., 
welche anläßlich des internationalen Termins vom April 1907 stattfand, hat dadurch 
allgemeineres Interesse erregt, daß sie mit einer Landung in England endete. Bisher ist 
es noch keinem Ballon gelungen, von Deutschland aus den Kanal, geschweige denn die 
Nordsee, zu überfliegen. 

Indessen würde man es einer meteorologischen Fahrt nicht gerade zum Verdienst 
anrechnen können, daß sie ein rein sportlich, bzw. allgemein menschlich erstrebenswertes 
Ergebnis, und dies obendrein nur durch Zufall gefunden hätte. 

Die Bedeutung der Fahrt für den Meteorologen liegt vielmehr, ganz abgesehen 
von den angestellten Beobachtungen, darin, daß das Experiment genau so verlief, wie 
meteorologische Überlegungen dies hatten voraussehen lassen, und daß man so durch 
eine glänzende Übereinstimmung zwischen Erwartung und Erfolg ein experimentum 
crucis erhielt für die Richtigkeit der meteorologischen Voraussetzungen: es war, dies 
mag im vorhinein betont werden, nicht ein blinder Glückszufall, daß die Fahrt nach 
England führte und dort endete, vielmehr stand das Ergebnis vor Beginn geradezu 
mit Notwendigkeit fest. Ein Tiefdruckgebiet lag über dem Kanal; die Bewölkung zeigte 
uns, daß wir uns in seinem Bereich befanden. Ferner wiesen die Wetterkarten der 
vergangenen Tage darauf hin, daß das Tiefdruckgebiet nach SE ziehen würde. Es war 
zwar nicht ganz ausgeschlossen, daß wir in ungünstiger Richtung, etwa nach NW, auf die 
Nordsee kommen, und uns so wenigstens in den Schein einer Gefahr begeben konnten; 
aber mit großer Sicherheit konnten wir auf dauernde Linksdrehung unseres Kurses 
rechnen, darauf also, daß wir England erreichen würden. 


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Als der Ballon um 8 Uhr 10 Min., in dunkler Nacht, von Bitterfeld aus mit 1440 cbm 
Wasserstoff vollgefüllt, und mit 32 Sack Ballast belastet, aufstieg, war es bei der hohen 
Geschwindigkeit und dem westnordwestlichen Kurse, welchen wir sogleich verfolgten, 
klar, daß wir spätestens am nächsten Morgen die Nordseeküste erreichen würden. 

So stand denn der Plan einer Überfahrt bei der Abfahrt schon fest. Die Person 
des mitfahrenden Herrn Koch aus Frankfurt gab die Gewähr, daß von dieser Seite 
keine Schwierigkeiten erhoben werden würden. 

Unangenehm wurde uns das Überfliegen des Harzes; nicht nur wurden dadurch 
naturgemäß einige Ballastopfer bedingt, sondern es wurde auch aufreibend für uns, 
ununterbrochen einen Hügelrücken nach dem anderen vor uns in die Höhe wachsen zu 
sehen, und darauf gefaßt zu sein, mit dem Schlepptau und dem Korbe in die Baum¬ 
kronen aufzusetzen. Bei der hohen Windgeschwindigkeit ging es natürlich ohne energische 
Wirbelbildung der Luft über den engen Tälern nicht ab. Am stärksten w T aren zu unserer 
Überraschung die Vertikalbewegungen auf der Leeseite des Gebirges, als wir uns schon 
über flacherem Land befanden. Am NW-Abhange des Harzes gelang es uns, endlich 
Orientierung zu bekommen. Während wir bisher nur aus dem raschen Vorbeihuschen 
der Lichter auf eine hohe Geschwindigkeit und nach den Beobachtungen des Kompasses 
auf WNW-Richtung geschlossen hatten, erkannten wir nunmehr Alfeld a. d. Leine und 
später Hameln a. d. Weser. Merkwürdigerweise wurden unsere Kompaßbeobachtungen 
durch die wahren Örter des Ballons durchweg bestätigt, während die Kompalibestimmungen 

im Freiballon sonst auch 
nach meinen Beobach¬ 
tungen nicht gerade 
immer als sehr zuver¬ 
lässig gelten dürften. 
Wir flogen in geringer 
Höhe in der völlig 
finsteren Nacht in der¬ 
selben Richtung und 
Geschwindigkeit weiter, 
sodaß wir um 5 Uhr 23 
morgens mit Beginn der 
Dämmerung an der hol¬ 
ländischen Küste stan¬ 
den, am Nordausgange 
der Zuidersee. Die 
letzten Stunden waren wir in einer gleichmäßigen Höhe von 250 m geflogen, indem 
wir auf der schweren Bodenschicht schwammen, welche sich durch die Ausstrahlung, 
der Erde während der Nacht gebildet hatte. Es war Tag geworden, als wir dann zum 
letzten Male auf viele Stunden über Land fuhren, und zwar über die Südspitze von Texel : 
die brausende Nordsee lag nun unter uns auf voraussichtlich 7—8 Stunden. 

Das «Amsterdamer Handelsblatt» vom 11. April aber meldete mittags seinen 
Lesern unter der Überschrift «Luchtballon naar zee gedreven», daß ein Luftballon durch 
den «krachtigen Oostenwind» zur Nordsee getrieben sei, und schloß «Hoogstwaarschijnlijk 
zal de ballon in de Nordzee terecht körnen». 1 ) 

Über der See kam der Ballon langsam ins Steigen unter der wärmenden Wirkung 
der Sonnenstrahlen, bis er schließlich in einer Höhe von ca. 2000 m im Gleichgewicht 
war. Um 9 Uhr schloß sich unter uns eine Nebeldecke dichter und dichter zusammen 
und entzog uns den Anblick der schäumenden See und der schwer arbeitenden und 
mit einem Wall von Schaum umgebenen Schiffe, welche wie zierliches Spielzeug unter 

l ) Diese Notiz hatte wohl mehrere Zeitungen veranlaßt, am Abend mitzuteilen, daß ein Ballon ins 
Meer getrieben sei. 



- Fahrt des Dr. K. Wegener vom 10.—11. April 1907. 

■ Fahrt der Mrs. Harbord vom 21. Febr. 1907. 

— — — — Fahrt der Mrs. Harbord vom 25. Febr. 1907. 


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üns fortzogen. Wir nahmen nun keine Bewegung mehr wahr, sondern standen scheinbar 
über dem Wolkenteppich still. Kurz vor 12 Uhr tönte anstatt des gleichmäßigen bis¬ 
herigen Brausens der See dumpfes Donnern zu uns herauf. Wir schlossen daraus, daß 
wir über der englischen Küste standen. Zwecks Orientierung ließen wir deshalb den 
Ballon fallen, sobald er sinken wollte. Als es unter uns licht wurde (12 Uhr 4 Mittags) 
und wir aus den Wolken herauskamen, stellten wir fest, daß wir in der Landschaft 
Norfolk den von Osten nach Westen laufenden Teil der Nordküste entlang flogen. Die 
Drehung nach links, welche wir erwartet hatten, war also wirklich erfolgt. 

Dieselben Gründe, die eine Fahrt nach England möglich machten, ließen nun aber 
auch eine Weiterfahrt, etwa nach Irland, bedenklich erscheinen. Die gleichmäßige Links¬ 
drehung mußte sich nach dem, was wir von der Wetterlage wußten, mehr oder weniger 
gleichmäßig fortsetzen, sodaß wir darauf rechnen konnten, südlich von Irland auf den 
Atlantischen Ozean zu kommen. Der andere Ausweg über dem schmalen Inselland 
einen Hochaufstieg auszuführen, um so wenigstens den Ballast im Sinne der simultanen 
aeronautischen Aufstiege auszunutzen, war aus dem Grunde nicht unbedenklich, weil 
erfahrungsgemäs der Ostwind nicht in größere Höhen hinaufreicht, und über ihm oft 
genug schon ein frischer W- oder SW-Wind gefunden wurde. Bei der Unmöglichkeit 
aber, über der geschlossenen Wolkendecke eine derartige, der bisherigen fast entgegen¬ 
gesetzte Bewegung rechtzeitig bzw. überhaupt zu erkennen, hätte ein Hochaufstieg nur 
zuleicht mit einer Katastrophe in der See enden können. So schien der Landungs¬ 
entschluß in England zweckmäßig. Wir überflogen noch in einer Stunde die von Sand¬ 
bänken durchzogene Wasserwüste des Wasb, wobei wir dicht über einem Feuerschiff 
weggingen, und landeten nach niedriger Fahrt über die englische Gartenlandschaft 
(sogenannte «negative* Fahrt: der Ballast war ja ohnehin verloren) mit einer sehr 
flotten Schleiffahrt, nachdem wir die Stadt Leicester überflogen hatten, in einem Vororte 
Anderby, südwestlich derselben, um 4 Uhr 20 Min. (mitteleuropäische Zeit) nachmittags. 
Die Fahrt hatte also 20 Stunden 10 Min. gedauert. 

So interessant aber das Ergebnis der Fahrt als experimentum crucis in wissen¬ 
schaftlicher, und als neue Leistung in sportlicher Beziehung, sein mag, so sei doch 
auch einmal auf den Gegensatz zwischen Sport und Wissenschaft hingewiesen. Aus 
Rücksicht auf den sportlichen Charakter der Fahrt, welcher die Voraussetzung für diese 
gebildet hatte, wurde die Landung bei Leicester erforderlich, denn alles, was in sport¬ 
licher Beziehung erreicht werden konnte, war erreicht und jeder Schritt weiter hätte 
das gerade Erworbene wieder aufs Spiel gesetzt, ohne weiteren Gewinn bringen zu können. 
Wir wären mit ziemlicher Sicherheit bei einer Fortsetzung der Fahrt südlich Irland 
auf die See getrieben, und ob wir dann jemals wieder Land gesehen hätten (Westfrank¬ 
reich oder Spanien), war zweifelhaft. Der Führer war daher durch die Rücksicht auf 
das Blut und Gut, das seinen Händen anvertraut war, trotz der noch vorhandenen großen 
Ballastmengen, genötigt, in England zu landen. Das wissenschaftliche Interesse hingegen 
hätte vielleicht gerade hier erst begonnen, wo es sich um ein Umfliegen einer Depression 
handelte. Der Sport will eben doch schließlich nur die vorhandenen Erfahrungen aus¬ 
nutzen, die wissenschaftliche Forschung hingegen soll diese schaffen und erweitern: ein 
innerer Gegensatz, über welchen man sich nicht wird hinwegtäuschen können. Der Physi¬ 
kalische Verein muß sich aber, da es ihm zu selbständigerem Arbeiten an Mitteln fehlt, in 
der bisherigen Weise zufrieden geben, nur nebenbei der Wissenschaft zu dienen, und 
wenigstens kleine Beiträge zur Erforschung der Atmosphäre zu liefern, wo ihm selbständige 
rein wissenschaftliche Forschung aus finanziellen Gründen versagt ist. 

Aber selbst ein Ergebnis, wie das vorliegende, wird man nicht oft erreichen 
können. Der Mitfahrende wird in der Begel nicht die erforderliche meteorologische 
Schulung besitzen, um der Situation überlegen gegenüber zu stehen. So wird bei ihm 
stets sehr viel mehr persönlicher Mut und Unternehmungslust notwendig sein zur Über¬ 
windung schwieriger Lagen, als bei dem Führer, und nur zu häufig wird dieser auf 


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*»»» 206 


die Durchführung eines vielleicht aussichtsreichen Planes verzichten müssen, weil der 
Mitfahrende eine Gefahr scheut, oder ihr unwissend gegenübersteht. 

Das wissenschaftliche Ergebnis der Fahrt wird in der Meteorologischen Zeitschrift 
veröffentlicht werden. 

Zweimal über den Kanal. 

Von Mrs. Assheton Harbord, mit Genehmigung der Verfasserin übersetzt von Josephine Elias. 

Ich hatte schon lange Zeit, eigentlich schon seit meiner ersten Ballonfahrt, den 
glühenden Wunsch, im Ballon über den Kanal zu fliegen, und dieser Wunsch wurde un¬ 
widerstehlich, als ich Besitzerin eines dieser famosen Fahrzeuge geworden war. Der 
Kanal und seine Überfliegung hatten wirklich solche Gewalt über mich bekommen, daß 
mein Ehrgeiz darin gipfelte, die erste meines Geschlechtes zu sein, welche in der Nacht 
im eigenen Ballon den Kanal kreuzte. 

Aber zu diesem Wagnis braucht man kräftigen Wind, der auch beständig bleibt, 
und dem es nicht einfällt, seine Richtung unterwegs zu ändern, und einen nach Rußland 

auf der einen Seite, oder auf die Scilly- 
Inseln nach der anderen Seite zu treiben. 
Am 20. Februar endlich schienen Wind¬ 
richtung und Geschwindigkeit günstig, 
so daß ich meinen Ballon füllen ließ 
und alle Kleinigkeiten vorbereitete, nicht 
zu vergessen heißen Kaffee in meinen 
«Thermos», den ich nicht genug loben 
kann, denn trotz heftiger Kälte hielt er 
den Kaffee beinahe 10 Stunden kochend. 

Bei unserer Ankunft in Chelsea 
blies der Wind leider in so heftigen 
Stößen, daß der Aufstieg für uns und 
die Gebäude in der Nähe etwas ge¬ 
fährlich geworden wäre, daher mußten 
wir uns vorläufig gedulden. 

Aber am Abend des 21. Februar 
konnten wir, Mr. Pollock, dessen fünfte 
Kanalüberquerung es wurde, und ich, 
Mr. Shorts Platz um 10 60 verlassen, mit 
13 Sack Ballast von je 20 kg an Bord, 
direkt über den höchsten Gasometer 
hinweg. Gasometer sind zum Füllen 
sehr angenehm, aber wenn dies ge¬ 
macht ist, würde man sie am liebsten 
verschwinden lassen. 

Es war eine prachtvolle Mond¬ 
nacht. Der Wind blies mit ungefähr 
13 m p. Sek., und wir berechneten, daß, 
im Falle er so bleibt, wir die Küste in 
der Nähe von Dover in ungefähr 3 Stunden erreichen könnten, was sich als richtig erwies. 
Ehe wir an die Küste kamen, schleppten wir einige Zeit, und 10 Minuten vor 2 Uhr morgens 
verließen wir Englands Gestade zwischen South Forland und Dover, immer noch am Tau. 
Schleppen ist eine feine Erfindung, denn es balanciert den Ballon aus, so daß man lange 
Zeit ohne Ballast fahren kann. Aber oft ist es doch klüger, etwas Ballast zu opfern und hoch 
über anderer Leute Schornsteine wegzulliegen. Das Schlimmste beim Schleppen über Land 

Aus Ballooniug und Aeronauties. 



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sind die Leute, welche beim Anblick eines Schlepptaues sofort denken, daß sie es fest- 
halten sollen, und die sehr empört sind, wenn man nicht daran denkt, bei ihnen zu 
landen. Wir gingen nun auf 1200 m und genossen das reizende Bild einer Mondnacht 
über der See. Der Dampfer von Calais nach Dover war direkt unter uns, aber wir zu 
hoch, um zu hören, was die Mannschaft und die Passagiere über uns sagten oder dachten. 
Wahrscheinlich hatten die Passagiere genug an sich zu denken und hatten reichlich mit 
den Unannehmlichkeiten einer bewegten See zu tun, und diejenigen, denen das be¬ 
wegungslose Dahinschweben eines Ballons bekannt ist, was nur recht wenige wissen, 
haben uns wahrscheinlich um unsere Reise beneidet, die durch kein Rollen und Stampfen 
und kein Fauchen der Maschine gestört wurde. Um 3 Uhr morgens, oder vielmehr einige 
Minuten später, waren wir drüben und hatten wieder trockenes Land unter uns; der 
Mond ging unter, und wir waren in einer Dunkelheit, die man tatsächlich greifen konnte; 
wir fühlten uns abgeschnitten von allem. Zwischen 4 80 und 5 Uhr morgens passierten 
wir Lille, das noch ausgezeichnet beleuchtet war (die Stadt mußte heute sehr lange auf¬ 
geblieben sein). Um 6 80 begann es zu dämmern, und als es allmählich heller und heller 
wurde, sahen wir, daß wir über einem weiten unübersehbaren Wolkenmeere schwebten, 
das sich völlig unter uns geschlossen hatte und in dem die Sonne bei ihrem Aufgange ein 
wunderbares Farbenspiel in Gold und Orange hervorzauberte. Aber bald, leider, fing es 
an zu schneien, und es hörte nicht wieder auf. Der Wind war schon früher westlicher 
geworden und wir taxierten, daß uns nicht die französische Mutter Erde in Empfang 
nehmen würde; wir gingen also zur Rekognoszierung hinunter. Wir sahen bald endlose 
wüste Landstrecken mit Schnee bedeckt, aber keine Spur von menschlicher Ansiedlung. 
Als endlich ein Ort in Sicht kam, entschlossen wir uns, zu landen, denn es war recht 
kalt. Wir landeten dann bei Stavelot, nahe Spa ; ich war dabei in nicht geringer Sorge 
um meine «Nebula», denn das Land war mit einem Netz von Drähten überzogen. Wir 
hatten vor der Landung noch 5 Sack Ballast, mit denen wir noch weit nach Europa 
hineinfliegen konnten, aber wir waren 10 Stunden unterwegs gewesen und hatten an 
300 km zurückgelegt, und Ruhe tat uns not. 

So war nun mein Wunsch erfüllt, als erste Dame im eigenen Ballon über den 
Kanal gegangen zu sein. Aber — der Appetit kommt beim Essen, und schon drei Tage 
später lag Mr. Shorts Platz schon wieder unter mir, diesmal um 1 Uhr mittags Ich 
fuhr in Begleitung von Mr. Griftith Brewer in dessen 1200 cbm großem Ballon «Lotus*. 
Wir hatten festgestellt, daß der Wind unten fast rein aus West kam und mit etwa 
5—8 m p. Sek. wehte; die Wolken zogen aber aus Nordwest mit etwas größerer Ge¬ 
schwindigkeit. Wir konnten neun 20 kg-Säcke Ballast mitnehmen, außerdem hatten wir 
noch als Notballast 80 m Schlepptau und den Anker. Der Ballon flog mit einer Ge¬ 
schwindigkeit von 12 m p. Sek. und brachte uns in 2 Stunden 20 Minuten an die Küste, 
die wir zwischen Folkestone und Durgeness verließen. Ungefähr 1—2 km vor der Küste 
setzte das Tau auf und balancierte den Ballon in etwa 30 m Höhe aus. So gingen wir 
über den Strand auf die See hinaus. Das Tau zog eine lange weiße Schaumlinie hinter 
sich her, die, wie wir mit dem Kompaß feststellten, von West nach Ost ging. Das war 
nun etwas ungemütlich, denn nach Frankreich konnten wir so nicht kommen, wir konnten 
zur Not, wenn der Ballast reichte, die belgische Küste in etwa 2*/* Stunden erreichen. 
Aber wir hatten durchaus nicht die Absicht, dies zu riskieren, und so warfen wir etwas 
Ballast, der den Ballon in die Wolken hinaufbrachte, welche Land und See nun ver¬ 
hüllten. Eine halbe Stunde waren wir schon in den Wolken, nichts verriet uns den 
Kurs des Ballons, die Unterhaltung stockte, die peinlichen Pausen wurden immer länger, 
uns beherrschte nur ein Gedanke. Das Gelingen der Fahrt hing davon ab, daß der 
Nordwest, den wir über dem Lande gefunden hatten, auch über der See herrschte. War 
dies nun der Fall, oder hatte sich der günstige Wind über der See gedreht? Jetzt horten 
wir ein dumpfes Donnern, es wurde allmählich stärker und kam nicht nur von einer 
Richtung her; und als es noch stärker wurde, nahmen wir als sicher an, daß es nur 


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208 ««44 


von der Brandung an der französischen Küste her rühren könnte, selbst wenn sie noch 
20 km entfernt war. Wir ließen den Ballon langsam fallen, kamen endlich aus den 

Wolken heraus, aber, so weit wir sehen konnten, kein Land, nur Wasser überall. So¬ 

bald wir die See sahen, machten wir nach den Schaumköpfen mit Hilfe des Kompasses 
Kursbestimmungen und fanden zu unserer Beruhigung, daß wir auch in 1000 m Höhe 
noch nach Südost flogen. In 700 m Höhe dagegen fanden wir auch jetzt wieder reinen 
Westwind. Unter uns bemerkten wir kleine Fischerboote mit braunen Segeln, die nach 

ihrem Kurs nur von Frankreich kommen konnten. Um 4 Uhr nachmittags kam Kap 

Griz-Nez in Sicht, zur Rechten konnte Boulogne erkannt werden, etwa 10 km südlich 
von uns. Wir passierten das nette kleine Dorf Audreselles, und obwohl wir hier landen 
konnten, entschlossen wir uns, doch etwas näher an eine Bahn heranzufahren. 

Bei Marquise führten wir eine schöne leichte Landung mit noch 3 1 /* Sack Ballast 
aus und wurden von der Bevölkerung stürmisch begrüßt mit unendlich vielen «C*est-y-Dieu 
possible» und «Sont ils fous. ces Anglais». Viele hilfreiche Hände standen uns beim 
Verpacken und Verladen unseres Ballons zur Verfügung, der wieder eine schöne Fahrt 
von 3 Stunden 40 Minuten hinter sich hatte. 


Aeronautische Übersicht. 

Ballonunfall des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt. Der Ballon 
«Rhein» des Nieder rheinischen Vereins für Luftschiflahrt sollte am 2. Mai vormittags 
gegen 9 Uhr von dem Aufstiegplatz an der Zollstraße in Barmen aufgelassen 
werden. Der Ballon war bereits am Abend vorher auf dem Bahnhof Rittershausen ein¬ 
getroffen, kam aber erst um 9 Uhr auf dem Aufstiegplatz an, so daß das Fertigmachen 
und die Füllung bis gegen 11 Uhr dauerte. Die Windverhältnisse waren für eine flotte 
Fahrt sehr günstig, so daß keiner der auf dem Aufstiegplatze anwesenden drei Führer 
des Vereins auf den Gedanken kam, daß die Fahrt besser unterbliebe. Nachdem der 
Ballon gefüllt war, erhoben sich einzelne Böen, doch gingen die Schwankungen des 
Ballons nicht über das durchschnittliche Maß hinaus. Erst als alles zum Aufstieg fertig 
war, kamen einige stärkere Windstöße, so daß die Haltemannschaften alle Kraft anwenden 
mußten, um den Ballon festzuhalten. Der Unteroffizier, welcher den Ballon fertig gemacht 
hatte, war noch mit dem Befestigen der Instrumente beschäftigt, und die Mitfahrenden 
waren gerade eingestiegen; da befahl der Führer, Herr Hauptmann von Rappard, den 
Ballon einige Meter zurückzubringen, um in der Fahrtrichtung eine freiere Bahn zu haben. 
In diesem Augenblick setzte plötzlich ein so starker Windstoß ein, daß einige der Halte¬ 
mannschaften den Ballon losließen; die Folge war, daß die übrigen auch nicht mehr 
festhalten konnten und der Ballon vom Winde mitgenommen wurde. Er prallte nun 
zunächst gegen die Einzäunung des Bahnkörpers, und bei dieser Gelegenheit fielen zwei 
der Mitfahrenden, ohne einen Schaden zu nehmen, heraus. Der Unteroffizier zog sofort 
die Reißbahn, um eine weitere Fahrt des Ballons zu verhindern, und so flog der Ballon 
nur über den Bahnkörper hinweg bis zur Stennertbrücke, wo der Korb auf dem Gerüst 
der Schwebebahn stehen blieb und der Ballon, welcher mittlerweile leer geworden war, 
auf der anderen Seite des Schwebebahngerüstes herunterhing. Außer dem Unteroffizier 
war noch ein Herr in dem Korb gewesen, der nun völlig unversehrt an dem Pfeiler der 
Schwebebahn heruntersteigen konnte, während der Unteroffizier, der gleichfalls nichts 
mitbekommen hatte, die Leinen des Ballons von dem Korbe löste, damit mit den 
Bergungsarbeiten begonnen werden konnte. Mit Hilfe der Feuerwehr und einiger Leute, 
welche sich zur Hilfe erboten hatten, wurde der Ballon zunächst von dem Gerüst der 
Schwebebahn in die Wupper heruntergelassen und dann nach längerer angestrengter 
Arbeit, hei der sich die Mannschaften der Feuerwehr vorzüglich bewährt haben, aus der 
Wupper heraus aufs trockene Land gezogen. Der Schaden am Netz des Ballons ist er¬ 
heblich, während der Ballon selbst wieder repariert werden kann. Bedauerlich ist der 


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Ausfall der Fahrt hauptsächlich deshalb, weil es eine wissenschaftliche Fahrt sein sollte* 
Es ist freudig zu begrüßen, daß Verletzungen weder bei den Insassen des Ballons, noch 
bei den Haltemannschaften oder Zuschauern vorgekommen sind. 0. Erbslöh. 


Die französischen Klubs hatten im Jahre 1906 folgende sportlichen Leistungen auf¬ 
zuweisen : 

An erster Stelle steht der «A6ro-Club de France* (Paris), der allein 82°/o der Auf¬ 
fahrten in Frankreich ausgeführt hat. Er hat 82 Führer, die 1906 400 Aufstiege (1905: 
288) ausführten, bei denen 468000 cbm Gas verbraucht wurden. Die Zahl der Mitfahrenden 
dabei war 1002 (1905: 778), darunter 92 Damen. Die Gesamtzahl der Kilometer war 
44 400 km, die in 1753 Stunden zurückgelegt wurden. Seit seiner Gründung hat der 
A6ro-Club de France überhaupt 1607 Auffahrten mit 4390 Passagieren unternommen, 
die insgesamt 194 229 km in 8063 Stunden mit einem Gasverbrauch von 1 846 350 cbm 
durchfuhren. Die Flotte des A6ro-Club de France umfaßt z. Z. 104 Einheiten. Mit 
diesen Zahlen steht der A6ro-Club de France an der Spitze sämtlicher Luftschiffer¬ 
vereine der Welt. 

Der «Adronautique Club de France» (Paris) hat, wie bereits in Heft 4 mitgeteilt 
wurde, 1906 98 Aufstiege mit 250 Personen und 87 000 cbm Gas veranstaltet. 

Der «A6ro-Club du Sud-Ouest» (Bordeaux), gegründet vor 3 Jahren, führte 1908 
68 Aufstiege mit 162 Personen (darunter 30 Neulingen) und 62 000 cbm Gas aus. 

In der folgenden Tabelle sind die Leistungen der französischen Vereine denen der 
deutschen und des amerikanischen Vereins gegenübergestellt: 



Anzahl 

der 

Fahrten 

Zahl der 
Mit¬ 
fahrenden 

Ba 

km 

Hon 

Stunden 

Gas¬ 

verbrauch 

Zahl der 
Fahrzeuge 

Deutscher Luftschiffer¬ 
verband . 

221 


37 208 

1395 

258 410 

17 

Berliner Verein f. Luft¬ 
schiffahrt . 

78 

266 

17 788 

532 

86 900 

6 

Niederrhein. Verein für 
Luftschiffahrt.... 

64 

208 

9 823 

387 

91 776 

3 

3 franz. Vereine zusam. 

566 

1414 

— 

— 

617 400 

— 

A6ro-Club de France . . 

400 

1002 

44400 

1753 

468 400 

104 

Aeronaut. Club de France 

98 

250 

— 

— 

87000 

— 

A6ro-Club du Sud-Ouest 

68 

162 

— 

— 

62 000 

8 

Aero- Club of America . 

33 

70 

1981 

-— 

33 930 



Drachen znm Heben von Menschen werden in England vielfach versucht. Nach 
einem vom Major Baden-Powell in der Royal Meteorological Society gehaltenen Vortrag 
ist es jetzt gelungen, Beobachter bis zur Höhe von 3000 Fuß (etwa 1000 m) zu heben. 
In dieser Höhe sind die Beobachter fast völlig aus dem Bereiche der Gewehrkugeln und 
praktisch unsichtbar. Auch in Frankreich fängt man neuerdings an, Drachen als Ersatz 
des bei Wind unstabilen Kugelfesselballons anzuwenden. Ein von Kapitän Dorand in 
Meudon versuchter Drache, welcher bisher nur mit Ballast aufgelassen wurde, soll sich 
als sehr stabil erwiesen haben. 

Der Etat des Deutschen Reiches 1907 sieht zum ersten Male Mittel zur Förderung der 
automobilen Luftschiffahrt vor und zwar beim Etat des Reichsamt des Innern 500000 Mk. 
für den Bau einer schwimmenden Ballonhalle für das Zeppelinsche Luftschiff, sowie zur 
Anstellung von Versuchen. Die Halle geht in das Eigentum des Reiches über. Wie all- 

Illustr. Aeronaut Mitteil. XI. Jahrg. 27 


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jährlich wurde auch diesmal wieder ein Jahresbeitrag zu den Kosten der internationalen 
Kommission für wissenschaftliche LuftschifTahrt eingestellt, der bereits vom Reichstag 
bewilligt wurde. 


Eine Andree-Plakette hat die Gesellschaft für Anthropologie und Geographie in 

Stockholm zur Erinnerung an den unglück¬ 
lichen Luftschiffer gestiftet, welche beim 
Schriftführer der Gesellschaft erhältlich ist. 

Bemerkenswerte Freiballonfahrten. Am 
18. März er., 4 Uhr 48 Min. nachm., fuhr 
Vicomte Ch. de Lirac von Bordeaux in Be¬ 
gleitung von M. Scharf im Ballon «Fernandez 
duro» (1200 cbm) ab und landete am anderen 
Morgen 8 Uhr 20 Min. bei Trayaz nahe Cannes 
unmittelbar am Mittelländischen Meer. Die 
Fahrt ging im wesentlichen geradlinig bis süd¬ 
lich von Lyon und bog dann scharf nach 
links ab. Etwa um 4 Uhr morgens kam der 
Ballon in die Alpen, die vollständig überflogen 
wurden, indem der Ballon im allgemeinen 
den Tälern folgte. Die Länge der Fahrt be¬ 
trug in der Luftlinie 615 km (Fahrtkurve 
800 km) und dauerte 21 Stunden 30 Min. 

Der «Aigle», der zuzeit größte franzö¬ 
sische Ballon (4150 cbm), Besitzer Jacques 
Balsan, machte am 27. April eine Fahrt und 
trug dabei 10 Personen. Er landete nach 
6stündiger Fahrt um 1 Uhr 30 Min. nachts. 
Eine vorzügliche Leistung vollbrachte am 27./28. April Georges Baus in dem 

kleinen, nur 430 cbm fassenden Ballon «Micromegas». Mit 75 kg Ballast fuhr er 

11 Stunden 35 Minuten, wobei 301 km in der Luftlinie zurückgelegt wurden. Abfahrt 
von Paris, Landung bei Persac (südöstl. Poitiers). Ein solcher Ballon, mit dem man, 
wie man sieht, sehr hübsche Fahrten bei nur geringen Kosten ausführen kann, kostet 
in Frankreich kaum 500 Mk. E. 

Geschichtliches. 

Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren 

der Ballon-Aera (1785). 

Nach authentischen Berichten gesammelt von Max Le her-Augsburg. 

(Fortsetzung aus Heft 4.) (Nachdruck verboten.) 

Trotz aller Teilnahme ging man in Paris über diesen Vorfall bald 

wieder leichtfertig hinweg und lachte herzlich über folgende Grabschrift auf 
Herrn Pilatre, welche ein Witzbold zum Zeitvertreib zum besten gab: 
Ci-git qui mourut dans les airs, 

Et qui pour une mort, si peu commune, 

Merite aux yeux de Tunivers 
D’avoir son tumbeau dans les airs. 



Andree-Plakette. 


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In England entfaltete sich im Jahre 1785 eine rege Tätigkeit auf 
aeronautischem Gebiet. So unternahm am 3. Januar zu Birmingham ein 
gewißer John Harper mit einem von ihm gefertigten Luftball eine Auffahrt. 
Es regnete gerade sehr heftig, allein in 5 Minuten war Harper über dem Gewölk 
und befand sich nun in heiterer Atmosphäre und angenehmem Sonnenschein. 
Bei Millstone-Green in Staffordshire, 50 englische Meilen von Birmingham, 
ließ er sich nieder und brachte die Nacht zu Lichfield zu, wo bei seiner 
Ankunft das Volk die Pferde vom Wagen spannte und ihn im Triumph in 
die Stadt zog. 

Am 7. Mai unternahm Blanchard von London aus seine 8. Luftreise 
mit seinem Ballon, an dem ein Apparat angebracht war, mit Hilfe dessen 
er gegen den Wind segeln zu können glaubte. «Es läßt sich zwar nicht 
behaupten,» heißt es im Bericht, «daß Blanchard mit Erfolg gegen den 
Wind gesteuert habe, allein es haben Tausende von Menschen bemerkt, 
daß er mehrere Stunden lang mit einem Strick die beiden Windflügel 
dirigiert habe, die am Schiffchen angebracht waren. Er hat sich an dem 
Orte, wo er aufstieg, willkürlich herabgelassen und bei seiner Auffahrt des 
öftem sich bald auf die eine, bald auf die andere Seite herumgedreht, ohne 
daß ihn der Wind dazu zwang. Bei seiner Landung wurde er vom Volke, 
das seine Freude bezeugen wollte, fast erstickt». Am 10. Juni fuhr Blanchard 
mit seinem Luftball nach Woolwich hinunter, wobei er sich so tief herunter¬ 
ließ, daß man glaubte, er würde in der Themse ertrinken. Doch in dem 
Augenblick, als einige Fahrzeuge auf den Untersinkenden lossteuerten, erhob 
sich der Ballon wieder aufs prächtigste und kam zuletzt in nächster Nähe 
von Woolwich nieder. Die Offiziere beobachteten die Fahrt mit großem 
Interesse und luden Blanchard zu Tische. Auf dieser Fahrt stellte Blanchard 
erfolgreiche Proben mit seinem Fallschirm an, und eine Katze, die er aus 
einer beträchtlichen Höhe mit dem Schirm herunterließ, kam unbeschädigt 
zur Erde. 

Verschiedene kühne Ballonfahrten wurden in diesem Jahre auch von 
englischen Offizieren unternommen. So unternahm anfangs Juni ein Herr 
Sadler, der sich auf diesem Gebiet bereits einen Namen gemacht hatte, zu 
Manchester mit seinem selbstkonstruierten Ballon eine Auffahrt. Er stieg 
nach seinem Bericht so hoch, daß er die Erde aus den Augen verlor und 
nur den Schatten seines Ballons auf den Wolken sah. Da bei seiner Landung 
niemand gegenwärtig war, um Beistand zu leisten, so litt der Ballon 
zwischen den Bäumen und Büschen sehr. 

Um diese Zeit stiegen die Majore Lockwood, Money und Slowley aus 
London auf. Sie schwebten lange Zeit über der Riesenstadt, plötzlich aber 
verloren sie sieh in den Wolken. — 

Zu Norwich stieg ein Herr Decker auf, trotzdem ein Gewitter am 
Himmel stand. Gleichwohl kam er 10 Meilen von Norwich unbeschädigt 
herunter. — Von Dublin aus meldet man, daß am 19. Juli ein Herr 
Crosby mit seinem Luftball aufgestiegen sei, in der festen Absicht, die 


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212 ^444 

Luftreise über den Irischen Kanal nach England auszuführen. Er hatte 
aber mit allerlei widrigen Luftzufällen zu kämpfen, was von White Heaven 
aus beobachtet wurde. Zuletzt bemerkte man sogar, daß Herr Crosby aus 
einem Luftschiffer ein Seefahrer geworden sei. Aber unser Held war auf 
solchen Zufall schon gefaßt. Er hielt sich standhaft in seinem Schiffchen, 
daß er mit allerlei Luftschläuchen versehen hatte, über den Wellen; so 
fuhr er, wie er wenigstens versicherte, ganz regelmäßig und mit stetig 
steigender Geschwindigkeit auf das gewünschte Ziel zu, das er vielleicht 
erreicht hätte, wenn ihn nicht ein großes Schiff an Bord genommen und 
so um seinen Triumph gebracht hätte. Um 10 Uhr abends war Crosby 
statt in London wieder in Dublin. Am folgenden Tage wurde er vom 
Vizekönig zur Tafel gezogen, wobei er erzählte, wie gut er sich sein 
gebratenes Hühnchen auf hoher See habe schmecken lassen, welches aber 
eigentlich zu einer Mahlzeit im Luftmeere bestimmt war. 

Am 23. Juli hätte Major Money zu Norwich, bald ein trauriges Ende 
gefunden. Lassen wir ihn hierüber selbst erzählen: «Verflossenen Samstag, 
um 4 Uhr abends, ging ich mit meinem Ballon in die Höhe. Der Wind 
trieb mich ostwärts gegen die Nordsee und alle meine Anstrengungen, die 
brennbare Luft schnell zum Entweichen und dadurch die Maschine zum 
Sinken zu bringen, waren vergebens. Nach dreistündiger Irrfahrt in der 
Luft fiel zuletzt mein Ball richtig ins Meer. Ich hielt mich, so gut ich 
konnte, an demselben fest; aber jemehr er brauchbare Luft verlor, desto 
mehr sank er, und ich mit ihm. Gleichwohl ließ ich meinen Mut nicht 
sinken. In nicht zu weiter Entfernung von mir fuhr ein holländischer 
Segler vorbei, aber man bemerkte mich nicht oder wollte es nicht. Kurz 
und gut, man überließ mich meinem Schicksal, wobei meine Lage immer 
schrecklicher wurde. Zudem war es Nacht geworden, und mit dem 
Schwinden des Tageslichtes gab ich meine letzte Hoffnung auf. Ich fing 
nun an, Herrn Pilater und Romain um ihr schnelles Ende zu beneiden. 
Unterdessen hielt ich mich noch immer am Ballon fest, aber zuletzt waren 
meine Kräfte so sehr erschöpft, daß ich kaum noch Atem holen konnte, 
als der englische Kutter «Argus» mich um 11 Uhr nachts entdeckte und 
mich rettete. An Bord gebracht, wurde ich bewußtlos, und es dauerte 
geraume Zeit, bis ich mich wieder erholte. Nur meiner großen Lebenskraft 
habe ich es zu verdanken, daß ich mich so lange über den Wellen erhielt, 
sonst wäre ich eine Beute des Todes geworden». 

Blanchard unternahm seine Reisen nicht allein im Interesse der 
Wissenschaft, das Hauptmotiv war der finanzielle Erfolg, und da dieser im 
Laufe der Zeit auf englischem Gebiet immer schwächer wurde, so kehrte 
der Franzose den Engländern den Rücken und reiste nach Holland hinüber. 
Alsbald eröffnete er im Haag eine Subskription, das Billett zu 1 Dukaten. 
Da das Ergebnis ein überaus günstiges war, so sandte Blanchard derartige 
Einladungslisten auch nach Amsterdam, Rotterdam und anderen Städten 
voraus. Auch in deutschen Städten, vorerst im reichen Frankfurt, ließ er 


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seinen baldigen Besuch ankündigen, vorausgesetzt daß sich ein befriedigender 
Billettverkauf ergebe. 

Am 12. Juli unternahm Blanchard vom Haag aus seine 12. Luftreise. 
Es hatten sich mehrere Passagiere gemeldet, welche Blanchard gegen Erlag 
von je 300 frs. mitzunehmen versprochen hatte. Aber da sich die Füllung 
unerwartet lange hinauszog, so beschloß Blanchard, den Ballon nicht ganz 
zu füllen und auch nur einen Reisegefährten mitzunehmen. Die Wahl fiel 
durchs Los auf Herrn Honinkton. Erst um 1 /* 8 Uhr abends bestiegen die 
LuftschifTer den Nachen. Beim Aufstieg stieß der Ballon an einen hohen 
Kamin. Die Zuschauer waren voll Entsetzen. Aber der Ballon erhob, sich 
nunmehr prächtig gegen Süd-Ost und war nach einer halben Stunde ver¬ 
schwunden. Gegen 9 Uhr ließen sich die LuftschifTer 2 Stunden von 
Rotterdam auf einer Wiese, 1000 Schritte von einem Kanal nieder. Der 
Besitzer des Grundstückes empfing die seltenen Gäste nicht besonders 
freundlich; denn er eilte mit einem Haufen bewaffneter Bauern herbei und 
forderte mit Ungestüm 10 Dukaten als Entgelt für den an der Wiese ange¬ 
richteten Schaden, der aber ganz unbedeutend war. Blanchard wollte sich 
bei dem Bauern in verbindlichster Weise entschuldigen, aber letzterer gab 
nichts darauf, da er ja kein Wort Französisch verstand. Schon war er 
daran, mit seinen Begleitern die Luftkugel und das Schiffchen aufzuspießen 
und zu zerschlagen, als es Blanchard gelang, dem Bauern in gebrochenem 
Holländisch begreiflich zu machen, er wolle ihm auf der Stelle einen 
Schein ausstellen, daß er am nächsten Tage von ihm sogar 20 Dukaten 
als Entschädigung erhalten solle. Damit gab sich der Bauer zufrieden, und 
Blanchard schrieb auf Französisch folgenden Vertrag nieder: Bescheinige 
hiermit, daß ich heute abend um 9 Uhr auf einer Wiese mich nieder¬ 
gelassen habe, deren Besitzer hierdurch nicht den geringsten Schaden erlitten, 
der aber doch die Unverschämtheit gehabt hat, von mir 10 Dukaten zu 
verlangen, nachdem er und seine Mithelfer meinen Luftball mit Gondel 
schon zugrunde gerichtet. 

Am 12. Juli 1785. Blanchard. 

Der Bauer war mit seinem Vertrag sehr zufrieden und schaffte sogleich 
ein Fahrzeug herbei, auf welchem Herr Blanchard mit seiner Luftmaschine 
nach Rotterdam fuhr. Gegen die Bauern leitete alsbald der Deichgraf des 
Distrikts eine regelrechte Untersuchung ein. Der arg defekte Ballon wurde 
gerichtlich in Augenschein genommen, wobei Herr Blanchard auch ein 
Messer deponierte, das er einem Bauern aus der Hand entwunden hatte. 
Anfangs August wurde auch der Eigentümer der Wiese von Sevenhulsen, wo 
die Landung erfolgt war, vor Gericht gezogen, verteidigte sich aber nach 
seiner Art energisch vor den Richtern, indem er auf das heimische Gesetz 
hinwies. «Das Gesetz besagt ausdrücklich», rief der Angeklagte aus, «daß 
alles, was vom Himmel oder aus der Luft auf ein Feld fallt, dem Eigentümer 
desselben zugehört. Nun ist dieser Luftkünstler mit seiner Luftkugel auf 
mein Feld gefallen; daher gehören er und seine Maschine mir zu eigen, 


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und ich habe erlaubt, daß er sich mit 10 Dukaten loskaufe. Er muß also 
bezahlen!» Die Richter ließen dieses Argument gelten, sprachen den 
Bauern frei, während Blanchard die verlangten 10 Dukaten erlegen mußte. 

Am 29. Juli vollzog Blanchard von Rotterdam aus seine angekündigte 
Luftreise. Er ging um 9 Uhr abends in die Höhe und erreichte bei 
Utrecht die Erde wieder. Am 26. August fuhr er von Ryssel um 11 Uhr 
vormittags auf und landete um 6 Uhr abends bei St. Manchoret in der 
Champagne. Der Ballon legte also in 7 Stunden 30 Meilen zurück. Es 
drängte nun Blanchard, seine in Frankfurt a. M. schon Monate vorher 
pompös angekündigte Ballonfahrt vorzubereiten. Es nahte just die Zeit 
der weltberühmten Frankfurter Messe heran, wohl die günstigste Zeit, um 
auf Kosten der Neugierigen mit der neuen Erfindung greifbare Vorteile zu 
erzielen. Die Frankfurter waren nicht wenig stolz darauf, daß der große 
Blanchard gerade ihre Stadt vor anderen bevorzugte, und trugen Sorge, 
das bevorstehende Ereignis nach allen Himmelsrichtungen hin auszuposaunen. 
Der Erfolg blieb auch nicht aus. Einem Bericht vom 24. September ent¬ 
nehmen wir hierüber folgendes: «Unsere Stadt ist außer den gewöhnlichen 
Meßfremden mit einer solchen Menge anderer Fremden, welche die Luft¬ 
reise des Herrn Blanchard ansehen wollen, angefüllt, daß in keinem Gast- 
und Wirtshaus, und wären sie auch in den äußersten Winkeln gelegen, 
mehr unterzukommen ist. Privathäuser geben ihre Wohnungen her, und 
sie werden so teuer bezahlt wie bei der Kaiserkrönung. Heute früh ist der 
Platz und die Stunde der Auffahrt bestimmt worden, vorausgesetzt, daß in 
bezug auf letztere die Witterung keinen Strich durch die Rechnung macht. 
Der Platz ist auf der Bornheimer Heide. Aus Ursachen, die den Geldbeutel 
des Herrn Blanchard interessieren, wurde der zuerst am Grundbronnen in 
Aussicht genommene Platz wieder aufgegeben. Dem Vernehmen nach sind 
erst 400 Louisdor kollektiert, es müssen aber 1000 sein. Die seit Montag 
eingehenden 24 kr. Stück für den letzten Platz mögen bis heute noch 100 
Louisdor ausmachen». 

«Die Höhe des Ballons ist bei 2 Stockwerk hoch; sein Stoff besteht 
aus grün- und rosenfarbenem Taffet, gummiert, mit einem weitläufigen 
Netz von starken Bindfäden überflochten und durch ein Blechrohr ver¬ 
mittelst eines angebrachten Schmiedeblasbalges auf eine künstliche und 
manchen unverständliche Art aufgeblasen. Die Klappe ist, weil auf dem 
Gipfel angebracht, nicht zu sehen. Das Schiffchen ist aus Kork- oder 
Pantoffelholz, blau überzogen und hat 2 Sitze. Der Fallschirm ist eine 
Halbkugel von grünem Taflet, so sich beim Herunterfallen aufbläht, und 
woran an vielen Fäden ein Reif hängt und an diesem ein Netz befestigt 
ist. Der Ballon ist derselbe, welchen die holländischen Bauern so sehr 
mißhandelt haben, daß die Messer- und Heugabelstiche noch innerlich 
daran zu sehen sind, obschon wieder große Stücke aufgenäht und vergum- 
miert sind». 

Am 25. September sollte die Auffahrt stattfinden. Aber es kam nicht 


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dazu. Man schreibt hierüber d. d. 27. September: «Das von Herrn 
Blanchard erwartete großartige Spektakul ist nun vorbei. Gestern und 
vorgestern konnte solches wegen ungünstiger Witterung nicht gegeben 
werden; heute sollte selbiges vor sich gehen, obwohl der Wind auch etwas 
stark gewesen. Der Ball war in 3—4 Stunden gefüllt und zum Steigen 
ganz parat, und Blanchard just im Begriffe, das Luftschiffchen zu besteigen. 
Allein die Kugel bekam eine Öffnung, sank und lag auf der Erde, wie ein 
zusammengefaltetes Schnupftuch. Das war gerade gegen 1 Uhr im Beisein 
einer zahllosen Menge von Menschen aus allen Ständen. Da hieß es nun: 
Voilä la piöce finie, allons diner!» — 

Am 27. September ging es wieder nicht. Wir erfahren hierüber: 
«Heute (27.) war endlich der mit Sehnsucht erwartete Tag, an dem 
Blanchard in Gegenwart einer unzählbaren Menge von Zuschauern seine 
Luftreise auf der Bornheimer Weide antreten sollte. Der Ballon ward, 
ohngeachtet des starken Windes, zwar langsam, doch glücklich gefüllt. 
Alles war auf die Abreise gefaßt. Pauken und Trompeten ertönten schon, 
und jedermann wünschte, daß die Reise glücke. Allein eine dem Ball 
durch den ungestümen Wind zugefügte Öffnung verhinderte, daß die Auffahrt 
zum größten Schmerze Blanchards und noch mehr des gesamten Publikums 
vollzogen wurde. Es bleibt also solche auf nächsten Montag den 3. Oktober 
festgesetzt, und die Veranstaltung, welche man an einem gedeckten Orte 
getroffen, läßt zuverlässig versichern, daß um 9 Uhr morgens die Aufsteigung 
geschehen werde, und die Zuschauer sich auf den ersten Kanonenschuß 
versammeln können». 

(Schluß folgt.) 

3t“ 

Aeronautische Wettbewerbe. 


Ausschreibungen. 

Real Aero-Club de Espaita. Internationale Weitfahrt am 2. Juni 1907, Meldeschluß 
am 20. Mai er. Die Ballons werden gern. Art. 96 des Reglements der F. A. I. nach den 
Resultaten gehandicapt. Nennungsgebühr 200 pesetas. 


3. Wettbewerb und Ausstellung des A6ro-Club de France von aeronautischen 
Photographien — Jacques Baisan 1907. 

Preise: 1. Preis 500 Fr. (in bar) gegeben von Jacques Baisan. 2. Preis 100 Fr. 
(in bar) gegeben vom Prince Roland Bonaparte, membre de rinstitut. Große silberne 
Medaille (vergoldet) gegeben vom Prince Roland Bonaparte für Gebirgsaufnahmen vom 
Ballon aus. Medaillen vom «A6ro-Club de France», vom «Automobil-Club», vom «Touring- 
Club», vom «Photo-Club», von der «Soci£t6 fran<;aise de Photographie», vom «Photo- 
Touring», vom «Photo-Pele-Mele usw. Plakette gegeben vom «Nouveau-Paris» für Ballon¬ 
photographien von Paris usw. 


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Bedingungen: Art. 1. Der «A6ro-Club de France* schreibt einen Wett¬ 
bewerb für aeronautische Photographien aus. Die Teilnahme daran steht allen Photo¬ 
graphen offen, Amateuren wie Berufsphotographen, Franzosen wie Ausländern. 

Art. 2. Um zum Wettbewerb zugelassen zu werden, müssen die Photographien 
Ansichten von der Erde oder von Wolken darstellen, welche von einem Frei- oder Fessel¬ 
ballon, einem Drachen, einer Flugmaschine oder von irgend einem Punkt, der nicht 
durch eine feste Stütze mit der Erde in Verbindung steht, aufgenommen sind. Der Be¬ 
werber hat eine von ihm Unterzeichnete Erklärung beizufügen, in welcher die Bedingungen, 
unter denen die Photographie aufgenommen ist, angegeben sind. Der Hauptzweck des 
Wettbewerbes ist die Förderung der aeronautischen Photographie für die 
Zwecke der Topographie, die Bewerber werden daher gebeten, soweit als möglich 
die Erläuterungen zu geben, welche der Ausschreibung angefügt sind. In jedem Falle 
muß unter dem Abzug die Bezeichnung der Gegend, welche er darstellt, und die Höhe, 
aus welcher die Photographie aufgenommen ist, vermerkt sein. 

Art. 3. Eine besondere Jury entscheidet, ob die eingereichten Abzüge die vor¬ 
genannten Bedingungen erfüllen und ob sie demgemäß zum Wettbewerb zugelassen 
werden können. 

Art. 4. Jedes Format (auch Vergrößerung) der Abzüge ist zulässig; sie können 
auf beliebigem Papier aufgezogen sein. Vorteilhaft werden sie auf Karton aufgezogen. 
Stereoskopische Bilder und Diapositive sind zulässig. 

Art. 5. Jeder Bewerber darf eine unbeschränkte Anzahl Photographien einsenden. 

Art. 6. Die Abzüge können bereits an anderen Wettbewerben oder Ausstellungen 
teilgenommen haben. 

Art. 7. Von Photographien, die für den Wettbewerb bestimmt sind und an der 
Ausstellung teilnehmen sollen, müssen die Bewerber einen zweiten Abfcug einsenden. 
Diese Abzüge dürfen nicht aufgezogen sein und verbleiben Eigentum des «Aöro-Club cfe 
France*, der sie in seine Archive einreiht und sie seinen Mitgliedern dauernd zu¬ 
gänglich macht. 

Art. 8. Die Sendungen müssen frankiert an das «Secrötariat de l’Aero- 
Club de France, 84 Faubourg Saint Honorö, Paris» gerichtet sein. Sie müssen 
vor dem 15. November 1907 einlaufen und die Aufschrift tragen: «Concours de 
Photographie Aöronautique*. 

Art. 9. Den Photographien, welche einen besonderen meteorologischen Charakter 
tragen, ist eine Notiz beizugeben, welche die hauptsächlichen Erläuterungen, wie sie am 
Schluß der Ausschreibung angegeben sind, enthält. Es ist außerdem wünschenswert, 
daß die Ablesungen eines meteorologischen Observatoriums, welches möglichst nahe dem 
Punkte liegt, von dem die Photographie aufgenommen ist, 24 Stunden vor und nach der 
Ballonfahrt beigefügt werden. 

Art. 10. Die Einsendungen dürfen äußerlich keine Angabe tragen, welche den 
Bewerber kenntlich macht; sie müssen von einem verschlossenen Kuvert begleitet sein, 
welches ein Stichwort trägt. Im Kuvert muß sich eine von dem Bewerber unter¬ 
schriebene Erklärung befinden, welche seinen Namen und seine Adresse enthält, und in 
welcher er versichert, daß die Photographien vollständig sein Werk sind, daß sie nicht 
Reproduktionen von Zeichnungen oder anderen Photographien sind und, wenn es der 
Fall ist, daß sie aus dem Korbe eines Ballons aufgenommen sind. 

Die Kuverts werden erst nach der Festsetzung der Preise in Gegenwart der Jury 
geöffnet. Auf der Rückseite der Sendungen muß sich dasselbe Stichwort wie auf dem 
verschlossenen Kuvert befinden. 

Art. 11. Während der 6 Monate, welche auf die Eröffnung des Wettbewerbes 
folgen, hat der «Aero-Club de France» das alleinige Recht, die preisgekrönten Bilder 
zu veröffentlichen. 

Art. 12. Die Preise werden unmittelbar nach Schluß des Wettbewerbes durch 
eine besondere Jury, deren Mitglieder bekannt gegeben werden, verteilt. 


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Art. 13. Die Jury behält sich das Recht vor, wenn sie es für nötig erachtet, die 
Negative einzufordern. 

Art. 14. Als 1. Preis wird eine Summe von 500 Fr. in bar, gestiftet von Jacques 
Balsan, gegeben. 

Außerdem werden mehrere andere Preise verteilt, welche vorstehend aufgeführt sind. 

Art. 15. Wenn ein Bewerber mehrere Sendungen einreicht, die verschiedene 
Stichwörter tragen, so kann nur eine von ihnen prämiiert werden. 

Art. 16. Eine öffentliche Ausstellung der Photographien, welche am Wettbewerb 
teilgenommen haben, findet nach Schluß des Wettbewerbes an einem noch näher zu 
bestimmenden Orte statt. 

Art. 17. Keine Photographie kann vor Schluß der Ausstellung zurückgezogen werden. 

Art. 18. Die Photographien stehen nach Schluß der Ausstellung ihren Besitzern 
zur Verfügung. Photographien, welche 2 Monate nach Schluß der Ausstellung nicht 
reklamiert sind, verbleiben Eigentum des «Aöro-Club de France». 

Art. 19. Der «Aöro-Club de France» verpflichtet sich, den Einsendungen die 
möglichste Sorgfalt angedeihen zu lassen. Er übernimmt jedoch keinerlei Verant¬ 
wortung im Falle eines Brandes, Diebstahls oder sonst eines Ereignisses. 

Art. 20. Die Bewerber erklären, von den Bedingungen des Ausschreibens Kenntnis 
genommen zu haben, und verpflichten sich, sie ohne Vorbehalt zu befolgen. 

Art. 21. Alle ev. Streitigkeiten betr. Wettbewerb und Ausstellung entscheidet die 
Jury ohne Berufung. 

Erläuterungen, welche nach Möglichkeit den Photographien beizu¬ 
fügen sind. 

Es ist erwünscht, jeder Photographie eine eingehende Beschreibung der Be¬ 
dingungen beizufügen, unter denen sie aufgenommen ist, und zwar: 

1. Datum und Stunde der Aufnahme; 

2. Bezeichnung des Objekts; 

3. Herkunft und Art des Objektivs ; 

4. freie Öffnung des Objektivs, d. h. Durchmesser der benutzten Blende; 

5. Brennweite des Objektivs, bei mehrfachen Objektiven die Entfernung der Blende 
von der Mattscheibe bei Einstellung auf Unendlich; 

6. bei Teleobjektiven ihre äquivalente Brennweite, d. h. die Brennweite eines ge¬ 
wöhnlichen Objektivs, welches Abbildungen von derselben Größe wie das Tele¬ 
objektiv liefert. Wenn man auf der Mattscheibe den Durchmesser der 
Sonne in Millimetern mißt und diese Zahl durch 9 dividiert, so erhält man die 
äquivalente Brennweite, ausgedrückt in Metern; 

7. die Farbe des ev. benutzten Farbfilters ; 

8. die Durchsichtigkeit des Filters, ausgedrückt durch das Verhältnis der Ex¬ 
positionszeiten, um Negative von der gleichen Stärke zu erhalten mit und 
ohne Filter. Die aufgenommenen Objekte müssen in diesem Fall gleiche 
Farbe haben; 

9. die Beschreibung des benutzten Verschlusses und die Angabe seines Platzes; 

10. die Expositionszeit; 

11. die Bezeichnung der verwendeten Platten oder Films; 

12. die Art der Entwickelung des Negativs; 

13. das Gewicht des geladenen Apparats, die Anzahl der Platten oder Films, 
die er faßt, seine Länge im Gebrauchszustand und zusammengeklappt; 

14. die Art und Weise, wie der Apparat am Korbe, am Drachen, an der Flug¬ 
maschine etc. befestigt war; 

15. bei stereoskopischen Apparaten die Entfernung der optischen Mittelpunkte 
der Objektive. 

Die Bewerber, welche topographische Photographien vorlegen, werden gebeten, 
folgendes anzugeben: 

Illuatr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 28 


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1. den Namen des wichtigsten geographischen Punktes der aufgenommenen 
Gegend; 

2. die kartographische Darstellung in großem Maßstabe der aufgenommenen 
Gegend; 

3. den Ort, über dem sich der Ballon im Moment der Aufnahme befand; 
entweder auf derselben Karte (2) oder ev. auf einer anderen; 

4. den Winkel, welchen eine vertikale, durch die Achse des Apparates gehende 
Ebene mit dem Meridian bildet. Dieser Winkel wird von Nord nach Ost oder 
West gezählt. Er kann mit Hilfe eines am Apparat befestigten Kompasses ge¬ 
messen werden. Man kann ihn auch nach der Karte bestimmen, wenn eine 
Kante der Camera während der Aufnahme mittels einer Libelle horizontal 
gehalten wird; 

5. den Winkel, welchen die Achse des Apparates mit der Vertikalen bildet 
Dieser Winkel ist selbstverständlich Null, wenn der Apparat senkrecht unter 
dem Ballon aufgehängt ist. Der fragliche Winkel kann mit einem am 
Apparat befestigten Fadenpendel und einer Gradeinteilung gemessen werden 
oder nach der Karte, wenn man den Ort genau unter dem Ballon und die 
Höhe des Apparates über der Erde kennt; 

6. die Höhe des Apparates über dem Boden. Diese Höhe kann aus der Ab¬ 
lesung des Barometers und der Seehöhe des Ortes, über dem sich der 
Ballon befand, berechnet werden. Man kann diese Höhe auch berechnen, 
wenn man die genaue Brennweite des Objektivs kennt, durch Messen der 
Entfernung zweier Punkte auf dem Bilde, wenn die wirkliche Entfernung 
dieser Punkte bekannt ist; 

7. die Angabe des mittleren Maßstabes der Photographie. Vergrößerungen gibt 
man am besten von vornherein einen runden Maßstab, z. B. 1:10000. 

Der Präsident des Aöro-Club: Der erste Schriftführer: 

L.-P. Cailletet, G. Besan^on. 

membre de Tlnstitut. 

Die Jury: 

Jacques Balsan, G. Besan^on, Paul Bord6, Antoine Boulade, 

L.-P. Cailletet, Deslandres, Gustave Eiffel, Commandant Houdaille, 

J. Jaubert, Comte dela Baume-Pluvinel, Commandant Paul Renard, 

G. TeisserencdeBort und zwei vom Kriegsminister zu bestimmende Offiziere. 


3. Photographischer Wettbewerb des A6ronautique-Club de France. 

Der A6ronautique-Club de France schreibt einen internationalen Wettbewerb für 
Postkarten in 2 Gruppen aus. 

1. Photograp hischeGruppe. Postkarten mit Photographien von aeronautischen 
Ereignissen, welche im Jahre 1907 stattgefunden haben (Luftschiffahrt oder Flugtechnik). 
Es werden nur Originalaufnahmen zugelassen, Reproduktionen sind nicht gestattet. Die 
Aufnahmen werden nach dem Interesse, welches der aufgenommene Gegenstand bietet, 
bewertet; Ausführung der Photographie entscheidet erst in zweiter Linie. 

2. Künstlerische Gruppe. Postkarten in jeder Art Ausführung, Zeichnung, 
Gravüre, Photographie etc., welche künstlerische oder humoristische Darstellungen aus 
der Aeronautik oder ihrer Geschichte zum Gegenstände haben. 

Jeder Bewerber muß mindestens 6 Karten einsenden, welche auf der Rückseite 
eine özifferige Zahl tragen müssen. Die gleiche Zahl ist auf einem geschlossenen Kuvert 
anzubringen, welches Namen und Adresse des Bewerbers enthält. Als Preise werden 
Medaillen und Diplome gegeben. Die Jury setzt sich aus Fachleuten, Luftschiffern und 
Verlegern von Postkarten zusammen. Die preisgekrönten Einsendungen bleiben Eigen¬ 
tum des A6ronautique-Club de France, der sich das Recht vorbehält, sie zu veröffent- 


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liehen und eine Serie von 12 Postkarten herauszugeben. Den Autoren dieser Karten 
stehen 30 Exemplare zur Verfügung. Nicht bewertete Einsendungen verbleiben in den 
Archiven des A6ronautique-Club de France. 

Die Sendungen müssen postfrei bei dem Präsidenten des A6ronautique-Club de 
France, Si6ge social, 68, rue Jean-Jacques-Rousseau, Paris, bis zum 1. November 1907 
eingehen. 

Aero-Club de France. Weitfahrt am 19. Mai 1907, nachm. 4 1 /* Uhr, zur Ein¬ 
weihung der neuen Anlagen des A6ro-Club in Coteaux de Saint-Cloud. 

I. Ballons bis 900 cbm Inhalt. Es starten: 1. «l’Archimede* (Georges Blanchet), 
2. «POural» (Edouard Bachelard), 3. «P Albatros* (Francois Peyrey), 4. «Katherine-Hamil- 
ton» (Andr6 Schelcher), 5. «A6ro-Club No. 5» (Mis. de Kergariou), 6. «X* (Charles Lev6e), 
7. «Le Faune» (Emest Zens), 8. «Le Korrigan» (Omer Decugis), 9. «A6ro-Club de Nice» 
(Guffroy). 

II. Ballons bis 600 cbm. Inhalt. Es starten: 10. «Eole» (Ren6 Gasnier), 11. «Le 
Ludion» (Paul Tissandier), 12. «Micromegas* (Etienne Giraud), 13. «Le Simoun* (Comte 
Hadelin d’Oultremont), 14. «Cythere» (Alfred Leblanc), 15. «Le Ron-Ron* (Vicomte de 
La Brosse). 

Weitfahrt am 13. Juni vom Park des Club für Ballons zwischen 601 und 1200 cbm 
Inhalt. Gemeldet haben 12 Ballons. 

Adronantlqne-Club de France. Verfolgung eines Ballons durch andere am 
26. Mai er. Offen für Führer des A. C. d. F. Preise: 200, 100, 75 fr. E. 


Internationale Ballonwettfahrt Düsseldorf 1907. 


1. Augsburger Verein 

Meldungen. 

cbm 

für Luftschiffahrt «Augusta* 1437 

Herr 

Führer 

Scherle, 

2. Berliner * 

» 

> «Bezold» 1380 

> 

Dr. Vic. Niemeyer, 

3. > > 

» 

> «Tschudi» 1300 

» 

Dr. Joh. Flemming, 

4. * * 

» 

* «Pommern* 2200 

» 

Freiherr v. Hewald, 

5. Cölner Klub 

> 

* «Köln* 1437 


unbestimmt, 

6. Mittelrheinischer Verein 

» 

> «Coblenz* 1400 

> 

Wolfram de le Roi, 

7. Niederrheinischer » 

» 

* «Düsseldorf* 2250 

> 

Milarch, 

8. Ostschweiz. Aero-Club 

> 

» «Cognac» 1700 

» 

Victor de Beauclair, 

9. Oberrheinischer Verein 

> 

* «Straßburg» 1300 


Lt. Wissmann. 


Gordon-Bennett-Wettfliegen 1907. 

Am 22. April machte Herr A. R. Hawley, der um den Gordon-Bennett-Preis starten 
wird, mit Herrn Alfred N. Chaudler vom «Aero Club of America* im Ballon des letzteren 
«Initial* von 1000 cbm Inhalt eine Freifahrt von Philadelphia, Pa. aus und landete 
nach einer etwas stürmischen Fahrt von 1 */* Stunden Dauer in der Nähe des 105 km 
entfernten Ortes Matawan, New Jersey. Die Landung war nicht sehr glatt, sondern der 
Ballonkorb wurde um einige hundert Fuß, zum Teil durch einen Bach geschleift 

Am 27.April fuhr er von den Laclede Gas-Werken in St. Louis, Mo. aus, mit dem 
Ballon «Orient*, 1000 cbm, um nach 1 Stunde 50 Min. in der Nähe von Carrollton, 111., 
105 km entfernt zu landen. Bei der Abfahrt traf der «Orient* beinahe mit einem 
der Schuppen der Gaswerke zusammen, um gleich darauf mit einigen Telegraphendrähten 
verwickelt zu werden. Durch Auswerfen von Ballast wurde er aber noch frei ge¬ 
macht. Herr Hawley hat nun nur noch eine seiner 10 Fahrten zu machen, um seine 
Ballonführer-Qualifikation zu erlangen. Dann geht er nach Paris, um mit der «City of 


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St. Louis», welche er im Gordon-Bennett-Wettbewerb führen wird, mehrere Probefahrten 
zu unternehmen. C. W. Schleiffarth. 


Das Wettfliegen zu Mannheim am 19. Mai 1907. 

Die Wetterlage am Pfingstsonntag, den 19. Mai, war eine nicht zu häufig vor¬ 
kommende, und man konnte wohl zweifelhaft darüber sein, welche Richtung das Fliegen 
nehmen würde. In dankenswerter Weise hatte die Luftwarte des Physikalischen Vereins 
zu Frankfurt das Organisationskomitee über die Wetterlage telegraphisch unterrichtet. 
Wir wußten, daß ein Maximum über Nordengland im Fortschreiten nach Osten begriffen 
war. Am 19. morgens herrschte ein ziemlich frischer und zugleich kalter Unterwind 
aus N. N. 0. Der Himmel war bewölkt; die unteren Wolken entsprachen ihrem Zuge 


Geographische Ueberslcht. — CarU du temps. — 8 Uhr vonatttags. 



nach der unteren Windrichtung, während dieselben oben keine merkliche Bewegung 
verrieten. Am 20. mittags lief dann ein neues Telegramm ein, welches folgendermaßen 
lautete: 

«Heute und morgen zwischen Haufenwolken, circa 1000, und Erdboden, langsam 
aus Nordwest bis Ost mit lebhaftem Luftaustausch, darüber starke Änderung der Rich¬ 
tung Frankfurt Nordwest Zunahme.» 

Die Füllung der 9 Ballons war in der Gasanstalt Luzenberg in kürzester Zeit 
erfolgt. Gegen 3 Uhr, als das Starten begann, standen sie beinah sämtlich gefüllt 


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bereit. Der Vorsitzende des «Oberrheinischen Vereins für Luftschiffahrt», Generalleutnant 
z. D. Exzellenz Breitenbach, dankte den zum Wettflug erschienenen Führern und Fahrern 
für ihr Erscheinen und wünschte ihnen ein gutes «Glück ab!» Darauf sprach der Vor¬ 
sitzende des «Deutschen Luftschifferverbandes», Geh. Reg.-Rat Prof. Busley, dem 

Ocotiaphfectie Ucbersictit. — Cartg dm temps. — 8 Uhr vormittags. 



Organisationskomitee des Mannheimer Wettfliegens seinen Dank aus und bat die 
Anwesenden aus den anderen Vereinen, in gleicher Weise rastlos tätig zu sein in ihrem 
Kreise, um auch anderswo bei jeder sich darbietenden Gelegenheit Wettfliegen zu 
organisieren. Er hob weiter hervor, daß der «Deutsche Luftschifferverband* auf dem 



überaioht der Landungen der Ballons. 

nächsten Luftschiffertage in eingehender Weise besonders auch die Förderung der Flug- 
tecbnik beraten würde, und bat alle anwesenden Mitglieder, auch dieser Richtung, die 
unser Lilienthal überhaupt erst ins Leben gerufen hat, ihre Aufmerksamkeit zu widmen. 
Mit dem Wunsche, daß jeder Einzelne recht weit fliegen möchte, beendete Herr Busley 
seine Ansprache. 


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♦*** 222 € 4 « 


Das Resultat des Wettfliegens ergibt sich aus nachfolgender Tabelle: 



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Übersicht der Resultate des Wettfliegens in Mannheim am 19. 5. 1907. 




Lahm-Preis. 

Der erste Versuch, den Lahxn-Preis zu gewinnen, wurde am 30. April von den 
Herren Mc. Coy und Ch. de F. Chaudler unternommen. Die Bedingung ist bekanntlich: 
Zurücklegung einer Strecke von mehr als 648 km. Der Ballon «Amerika* (2300 cbm) 
startete um 7,30 abends in St. Louis und landete nach mehreren Schleifen am 1. Mai 
2,30 nachmittags in der Nähe von Golconda, 111. Die Entfernung in der Luftlinie beträgt 
nur 210 km. Bei dieser Fahrt sollte Talcum als Ballast versucht werden, das ein 
höheres spezifisches Gewicht als Sand haben soll; näheres ist darüber nicht bekannt ge¬ 
worden. (Vielleicht könnte Talcum in Zukunft von großer Wichtigkeit werden, um zu 
glatten Landungen zu verhelfen.) C. W. Schleiffarth. 


Internationale Sportausstellung Berlin 1907. 

Zum ersten Male in Deutschland wurde der großen Öffentlichkeit ein Bild des 
augenblicklichen Standes der deutschen Luftschiffahrt im Rahmen einer Ausstellung ge¬ 
boten. Wenn dieses Bild auch in vielen Punkten unvollständig war, so ließ es doch 
erkennen, daß in Deutschland rege für die Luftschiffahrt gearbeitet wird. Vollständiger 
hätte unserer Ansicht nach der Ballonsport vertreten sein müssen, der jetzt auch in 
Deutschland, wie man an 
der Veranstaltung von Wett¬ 
fahrten sieht, Wurzel ge¬ 
faßt hat. Eine Übersicht 
über die Leistungen unserer 
Luftschifiervereine, eine Zu¬ 
sammenstellung der Welt¬ 
rekords, die Deutschland 
bis auf zwei, den Entfer¬ 
nungsrekord für Freiballons 
und Flugmaschinen, sämt¬ 
lich hält, hätte unsere Leis¬ 
tungen dem Auslande gegen¬ 
über erst in das rechte 
Licht gestellt. Hoffen wir 
also, daß bei einer späteren 
Ausstellung dies nachge¬ 
holt wird. 

Die Ausstellung wurde 
von S. K. H. dem Kron¬ 
prinzen in Gegenwart der 
Kronprinzessin, des Prinzen und der Prinzessin Eitel Friedrich, des Erbprinzen Ernst von 
Sachsen-Altenburg und des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg am 20. Mai eröffnet. 
Die hohen Herrschaften zeigten lebhaftes Interesse für die Luftschiffahrt und ließen sich 
besonders die lenkbaren Ballons eingehend erklären. Von lenkbaren Ballons waren 
Modelle vom Zeppelinschen in einer Länge von etwa 3 m und vom Parsevalschen Luft¬ 
schiff ca. 17* m lang ausgestellt, das letztere zeigte eine ziemlich scharfe Spitze. Von 
der Parsevalschen Stoffschraube war noch ein größeres, betriebsfähiges Modell vorhanden. 
Einen ausgezeichneten Überblick über den Stand der wissenschaftlichen Luftschiffahrt, 
der Aerologie, gab die große Ausstellung des KgL aeronautischen, wohl besser jetzt 
aerologischen Observatoriums Lindenberg, im besonderen wurde der vollständig aus¬ 
gerüstete Korb für Hochfahrten allgemein angestaunt. Die Firma Schuckert hatte ein 
vollständiges Modell einer elektrolytischen Gasanstalt, Fuess-Steglitz Instrumente, Con- 
tinental-Hannover eine vollständige Kollektion seiner rühmlichst bekannten Ballonstoffe, 



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Volkmann-Berlin Seile etc., Alisch-Berlin Metallzubehör, Ventile etc., Riedinger-Augsburg 
Modelle etc., Clouth-Cöln-Nippes einen nach französischer Art hergestellten Ballon, sowie 
gefirnißte und gummierte Stoffe, Gradenwitz-Berlin sein bekanntes Anemometer, sowie 

eine Zerplatzmaschine, Daimler-Canstatt 
einen Motor für Luftschiffahrtzwecke aus¬ 
gestellt. Von Flugmaschinen waren im 
Original ein Drachenflieger von Jatho- 
Hannover, sowie der Lilienthalsche 
Flügelflieger mit Kohlensäuremotor ver¬ 
treten. An letzterem waren Plakate 
angebracht: Man bittet, diese Reliquie 
nicht zu berühren. Ja, in der Tat, es 
ist eine Reliquie und als solche gehört 
sie nicht in Privatbesitz, sondern in das 
deutsche Museum in München. Hoffent¬ 
lich findet sich recht bald ein Mäcen, 
der sie dem Museum überweist, oder 
noch besser, der jetzige Besitzer tut es, 
damit ein Zeuge der Glanzperiode 
deulscher Flugtechnik der Nachwelt er¬ 
halten bleibt. Es waren noch Modelle 
von Flugmaschinen, nämlich die be¬ 
kannten beiden Hofmanschen Modelle 
v sowie zwei etwas naive Modelle von (loanda und Sieveking, das erstere einen Drachen¬ 
flieger, der zweite einen Flügelflieger darstellend, aufgestellt. Photographien hatte das 
Luftschiffer-Bataillon, das aeronautische Observatorium und Rittmeister Härtel-Leipzig vor¬ 
geführt. Das Arrangement war durchaus geschmackvoll, sodaß der Gesamteindruck der 
aeronautischen Abteilung ein überaus vorteilhafter war. E. 


Phot. Elias. 


J. K. H. die Kronprinzessin IMt sioh von Graf v. Zeppslln 
den Bau seines Luftsohlires erläutern. 


Neue Termine 1907. 

28. Juli: Internationale Wettfahrt in Bordeaux. 

15. Sept.: Internationale Wettfahrt in Brüssel. 


Erledigte Wettbewerbe. 

A6ronantique-Clnl> de France. Die Zielfahrt mit Verfolgung vom 28. April er. 
ergab folgendes Resultat: 1. Preis (200 fr.) M. Lassagne, Landung 1650 m vom Ziel 
(Gometz-Ia-Ville); 2. Preis (100 fr.) M. Ribeyre, Landung 1900 m vom Ziel; 3. Preis (75 fr.) 
M. Maison, Landung in Etröchy. Eine Plaquette in Bronze erhielten: M. Gupterle (Rad¬ 
fahrer) für die Gefangennahme des Ballons «Luciole», M. Charpentier (Automobilführer) 
für die Gefangennahme des Ballons «Cyrano*. 

AGro-Club de France. Bei der am 12. Mai, 3 Uhr von der Sportausstellung in 
Poitiers veranstalteten Ballonverfolgung durch Automobile, Radfahrer und Reiter hatten 
gemeldet: 1. «Microm6gas» (Marquis E. de Kergariou); 2. «Estere II» (E. Barbotte); 
3. «Le Ron-Ron» (Vicomte de la Brosse); 4. «Eole II* (Renö Gasnier). Es erhielten 
Preise: 1. Vicomte de la Brosse, 2. Renö Gasnier, 3. Marquis de Kergariou; für die 
Gefangennahme eines Ballons Comte d’Autichamp. E. 

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Vereine und Versammlungen. 

Deutscher Luftschiffer-Verband, 

Der Kölner Klub für Luftschiffahrt und der Physikalische Verein 
Frankfurt a./M. sind in den deutschen Luftschifferverband aufgenommen 
worden. 

Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 1907. 

In der Sektion 6 der Versammlung, welche Geophysik, Meteorologie und Erd¬ 
magnetismus umfaßt, ist als neuer Zweig die Aerologie auf genommen worden. Die 
Versammlung findet im September d. J. in Dresden statt. Anmeldungen zur Teilnahme 
sind zu richten an: Prof. Dr. Paul Schreiber, Dresden N 6, Große Meißenerstrasse 15. 


Kölner Klub für Luftschiffahrt. 

Der Kölner Klub für Luftschiffahrt, welcher Ende vorigen Jahres gegründet wurde, 
hat in Köln eine eifrige Tätigkeit entfaltet. Die Mitgliederzahl beträgt bald 200. Als 
Ehrenmitglieder gehören dem Klub an: Regierungspräsident Steinmeister, Polizeiprä¬ 
sident Weegmann, Se. Exzellenz Generalleutnant v. Gailwitz und Se. Exzellenz General¬ 
leutnant Flügge. 

Der Klub hat sich namentlich auch die Ausführung von Ballonfahrten zu wissen* 
schaftlichen Zwecken zur Aufgabe gesetzt und u. a. Herrn Professor Dr. Klein, Vorstand 
der Wetterwarte der «Kölnischen Zeitung» und Dr. Polis, Direktor des meteorologischen 
Observatoriums Aachen, für eine Reihe von Vorträgen gewonnen. Der Klub tagt in 
den Räumen des Automobilklubs, Kattenbug 1—3, doch dürfte bei weiterem Anwachsen 
der Mitgliederzahl die Schaffung eines eigenen Klubheims in nicht allzuweiter Ferne 
liegen. 

Am 6. April fand die Taufe des neuen Ballons «Köln» statt, zu welcher der Klub 
die Spitzen der Behörden eingeladen hatte. Eine stattliche Versammlung war der Ein¬ 
ladung gefolgt und hatte sich auf dem mit Fahnenmasten, Flaggen und Guirlanden fest¬ 
lich geschmückten Aufstiegplatz in Bickendorf eingefunden. Unter anderen waren er¬ 
schienen die Herren: Generalleutnant Flügge, Inspekteur der 2. Fußartillerieinspektion, 
Generalleutnant v. Gallwitz, Divisionskommandeur, Festungsinspekteur Oberst v. Reppert, 
Oberstleutnant Bell, Kommandeur des 59. Feldartillerie-Regiments, Major Keppler, Kom¬ 
mandant der Festung Köln, Eisenbahndirektionspräsident Schmidt, Geheimer Medizinal¬ 
rat und Regierungsrat Dr. Rusak, Oberpostdirektor Geh. Oberpostrat Kriesche, die Bei¬ 
geordneten Farwick und Jesse, Branddirektor Schoebel, Polizei-Ihspektor Votsch als Ver¬ 
treter des Polizeipräsidenten und viele Offiziere der Garnison Köln. 

Gegen 10 Uhr war die Füllung des Ballons beendet. Während der Vorbereitungen 
zum Aufstieg konzertierte die vollzählige Kapelle des 59. Feldartillerie-Regiments unter 
Leitung des Stabstrompeters Fensch und ein Büfett sorgte für das leibliche Wohl der 
Gäste. Die Firmen Deinhard und Ayala hatten zur Feier manche Flasche ihrer edlen 
Erzeugnisse gestiftet, denen eifrig zugesprochen wurde. 

Rechtsanwalt Menzen, der Vorsitzende des Klubs, begrüßte zunächst die Fest¬ 
gäste, dann hielt Generalleutnant Flügge, den der Klub um Vornahme der Taufe gebeten 
hatte, etwa folgende Ansprache: «Seit einiger Zeit bilden sich in Süd und Nord, in Ost 
und West unseres Vaterlandes Vereine mit dem Zwecke, eine starke aeronautische 
Organisation zu bilden, als Wegweiser für die gemeinsamen Interessen der Luftschiff¬ 
fahrt, die heute eine große Rolle spielt. Da war es ganz natürlich; daß sich auch in 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 29 


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*»»» 226 €<44 


unserer altehiwtirdigen Domstadt Köln tatkräftige und opfermutige Männer gefunden 
haben, die einen solchen Verein ins Leben riefen, der der Förderung und Weiterent¬ 
wickelung der Luftschifffahrt dienen soll. Im Namen der hier versammelten Gesellschaft 
wünsche ich dem Klub, der in dieser kurzen Zeit bereits so glänzende Resultate erzielt 
hat, kräftiges Blühen und Gedeihen und eine glänzende Zukunft. Mir persönlich ist es 
eine ganz besondere Ehre, mich Ehrenmitglied dieses Klubs nennen zu dürfen. So steht 
nun der neue Ballon vor uns, erwartungsvoll, seine Aufgabe zu erfüllen. Bevor wir 
ihn jedoch der Luft übergeben, wollen wir ihm den Namen geben, der in allen Welt¬ 
teilen geschätzt und geehrt ist, den Namen der mächtig blühenden und strebenden 
Stadt Köln, in Kunst und Wissenschaft, Handel und Industrie, die treu und fest als 
Bollwerk und Wacht am Rhein steht.» 

Der Redner zerschmetterte eine Flasche Deinhard am Korb und fuhr fort: «Ich 
taufe dich Köln. Du sollst der Stadt Köln stets Ehre machen und dich ihrer würdig 
zeigen und dif große Verdienste um die Luftschiffahrt erwerben. Ich wünsche dir stets 
glückliche Fahrt und Heimkehr in deine Heimat Köln.» 

Dann wurde der Korb von den Mannschaften auf den freien Platz gebracht und 
die vier Insassen: Oberleutnant Trautmann als Führer und Dr. Nourney, Hiedemann 
und Leven bestiegen den Korb. Oberleutnant Trautmann gab das Kommando zur Ab¬ 
fahrt und während die Musik das Flaggenlied intonierte, stieg der Ballon in die Lüfte, 
im Steigen einen langen Wimpel in den kölnischen Farben entfaltend, verfolgt von herz¬ 
lichen Abschiedsrufen und Glückwünschen der Zuschauer. 

Zu der Feier waren von verschiedenen Vereinen des «Deutschen Luftschifferver¬ 
bandes» herzliche Glückwunschtelegramme eingelaufen. 

Der Ballon landete nach vierstündiger Fahrt sehr glatt vor der holländischen 
Grenze. 

Zum Vorsitzenden des Fahrlenausschusses ist Oberleutnant Trumpier, Führer des 
Luftschiffertrupps der Festung Köln, gewählt worden. Alle auf Fahrten bezüglichen An¬ 
fragen sind an diesen Herrn, Köln, Blumenthalstr. 72, zu richten. 


Wiener Flugtechnischer Verein. 

20. ordentliche Generalversammlung am 3. Mai 1907. 

Der Vorsitzende Herr Oberingenieur Hermann Ritter von Lößl gibt den Bericht 
über das abgelaufene Vereinsjahr 1906—1907. 

«Das vergangene Vereinsjahr brachte sowohl der Aeronautik als auch der Aviatik 
große Erfolge und wurden die im Vorjahre ausgesprochenen Hoffnungen erfüllt, durch die 
nunmehr offizielle Bestätigung des Flugvermögens für Flugmaschinen «Schwerer als 
die Luft». 

Der Wiener Flugtechnische Verein war auch in diesem Jahre redlich bemüht, allen 
Problemen gerecht zu werden und die Sache der Aeronautik und Aviatik nach Kräften 
zu fördern. — Der Ausschuß hielt zahlreiche Sitzungen ab, in welchem über Vereins¬ 
angelegenheiten verhandelt und viele eingelaufene flugtechnische Arbeiten, Projekte und 
Erfindungen eingehend besprochen, erörtert und begutachtet wurden. 

In 8 Vollversammlungen wurden Vorträge gehalten, durch welche unsere geehrten 
Mitglieder und werten Gäste über die neuesten Studien und Erfindungen auf flugtech¬ 
nischem Gebiete eingehend unterrichtet und auf dem Laufenden erhalten wurde. 

Vorträge hielten: Am 19. Oktober 1906 Herr k. u. k. Hauptmann Franz Hinter- 
stoisser über den im Jahre 1906 in Mailand abgehaltenen Kongreß der internationalen 
aeronautischen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt; am 16. November 1906 
Herr Oberingenieur Herrn. Ritter v. Lößl über das 2öjährige Stiftungsfest des Berliner 
Vereins für Luftschiffahrt, welchem er als Vertreter des W. F. V. beizuwohnen die 
Ehre hatte; am 21. Dezember 1906 Herr Ingenieur W. Kreß über dynamische Luftschiffahrt 


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227 €4« 


mit Vorführung frei fliegender Modelle und besonderer Berücksichtigug des Drachen¬ 
fliegers; am 4. Januar 1907 Herr k. k. Oberkommissär Jos. Altmann über Luftwider¬ 
standsgesetze ebener Flächen; am 1. Februar 1907 Herr k. u. k. Oberleutnant d. R. 
v. Lill über die Flugtecbnik in Frankreich; am 15. März 1907 Herr k. k. Hofrat Professor 
Georg Wellner über Drachenflieger; am 5. April 1907 wurde der angesetzte Vortrag 
abgesagt und besuchten die Mitglieder des Vereins in corpore den Vortrag des k. u. k. 
Majors Hermann Hoernes, teilnehmendes Mitglied d. V., welcher im Saale des Gewerbe¬ 
vereins über die derzeit beachtenswertesten ballon- und flugtechnischen Bestrebungen, 
sowie über seinen «Planeten-Schrauben-Antrieb» sprach und seinen interessanten Vortrag 
durch eine große Anzahl Lichtbilder illustrierte; am 12. April 1907 trug Herr k. u. k. 
technischer Offizial II. Kl. Hugo L. Nikel über die MotorluftschifTahrt anfangs des 
20. Jahrhunderts vor und am 19. April 1907 Herr Oberinspektor Friedrich Ritter über 
örtliches Windminimum, unterer und oberer Wind. 

Am 3. Mai, das ist am Tage der 20. ordentlichen Generalversammlung, konnten 
unsere Mitglieder und deren Angehörige, dank dem überaus freundlichen Entgegen¬ 
kommen der Direktion der Wiener Urania, in deren Theater dem überaus fesselnden 
Vortrage «In den Lüften» von Ikarus (Pseudonym für k. u. k. Hauptmann Franz Hinter- 
stoisser) lauschen und die überaus zahlreichen und schönen Lichtbilder, sowie eine 
kinematographische Vorführung des Lebaudy-Ballon bewundern. 

Am 15. Februar 1907 hatten wir in unserem Vereinslokale eine zwanglose 
Zusammenkunft, bei welcher uns Herr Professor G. Göbel mit den Zielen und Bestreb¬ 
ungen des neuen in Bildung begriffenen Automobiltechnischen Vereines bekannt machte 
und den Wiener Flugtechnischen Verein aufforderte, diesem neuen Vereine beizutreten, 
wozu das Präsidium und der Ausschuß ihre Geneigtheit ausdrückten. 

Im heurigen Jahre wurde in Wien ein neuer Verein, der «Verein Flugmaschine» 
gegründet, welcher es sich zur Aufgabe gestellt hat, das bekannte Projekt des Herrn 
Ingenieur Makowsky zu finanzieren und zur Ausführung zu bringen. 

Aber auch der Wiener Flugtechnische Verein blieb nicht untätig; er setzte ein 
Aktionskomitee ein, zur Ausführung dynamischer Flugapparate, welches sich mittels 
Majestätsgesuches um das allerhöchste Protektorat bewarb. Seine k. u. k. Hoheit der 
durchlauchtigste Herr Erzherzog Ferdinand Karl, unser hoher Protektor, hatte die Huld 
und Gnade, dieses Gesuch mit wärmster Befürwortung an die allerhöchste Kabinetts¬ 
kanzlei zu übermitteln. Es wurde bereits von oben herab recherchiert und dürfte die 
allerhöchste Entscheidung in kurzer Zeit erfolgen. Falls diese Entscheidung günstig 
ausfällt, kann es diesem Komitee nicht schwer fallen, sich entsprechend zu vergrößern 
und sodann die Mittel zur Durchführung der groß angelegten Aktion aufzubringen. 

Es braucht kein Geheimnis zu bleiben, daß in erster Linie der Drachenflieger 
nach System Kreß zur Realisierung in Aussicht genommen ist, weil dieses Projekt von 
den hervorragendsten Fachmännern noch immer als das am meisten versprechende und 
am besten und bis in die kleinsten Details durchgearbeitete gehalten wird. 

Trotz dieser viel versprechenden Aussichten des Kreßschen Drachenfliegers ver¬ 
dienen auch die Bestrebungen unserer Mitglieder, des Herrn Fabrikanten Ignaz Etrich 
und Herrn F. X. Wels, besondere Würdigung und Anerkennung. Wenn ich recht unter¬ 
richtet bin, ist deren Flugapparat (ebenfalls ein Drachflieger) bereits in der Hauptsache 
fertiggestellt und sollen schon in diesem oder im kommenden Monate die ersten Flug¬ 
versuche gemacht werden. 

Man sieht, daß auch Österreich nicht zurückbleibt in dem Kampfe um die Eroberung 
der Lüfte. Und wenn ihm auch die reichlichen Mittel, mit denen Frankreich und 
Amerika zu arbeiten vermögen, nicht zu Gebote stehen und es uns Oesterreichern auch 
bisher an der allerhöchsten Huld und Unterstützung gefehlt hat, welche den aeronautischen 
Vereinen in Deutschland zu so großer Entfaltung verhalten und sogar den sonst stets 
verschlossenen Staatssäckel zur ausgiebigen Beitragsleistung heranzuziehen vermochte, 


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so muß man sich wundern, daß es uns Oesterreichern doch gelungen ist, in diesem 
internationalen Wettstreite bisher nicht zurück zu bleiben. 

Im abgelaufenen Jahre 1906 hat das hohe k. k. Handelsministerium die Entsendung 
zweier Delegierter unseres Vereins an die internationale Ausstellung in Mailand auf 
Grund unserer diesbezüglichen Eingabe durch die Bewilligung einer Beitragsleistung von 
Kr. 600 ermöglicht. 

Im Sommer dieses Jahres beteiligt sich der Wiener Flugtechnische Verein an 
einer aeronautischen Ausstellung, und zwar in Berlin, woselbst der Verein für Luft¬ 
schiffahrt eine solche im Rahmen der unter dem Protektorate Sr. Kgl. Hoheit des deutschen 
Kronprinzen stehenden Armee-, Marine- und Kolonialausstellung veranstaltet. Der Verein 
sendet 5 große Photographien in Glas und Rahmen dorthin und werden die verehrlichen 
Mitglieder hiermit nochmals eingeladen, sich ebenfalls an dieser Ausstellung zu be¬ 
teiligen.* 

Da die Mitglieder bereits Kenntnis von den Ausgaben und Einnahmen und der 
sonstigen Geldgebahrung des Vereins erhalten haben, so wurde von einem eigenen Bericht 
des Herrn Schatzmeisters Herrn Kontrollor W. v. Saltiel Abstand genommen. 

Im Vorjahre erreichte der Mitgliederstand die Zahl 80. — 2 Mitglieder sind durch 
den Tod ausgeschieden, es sind dies der langjährige Präsident und Ehrenpräsident 
Herr k. k. Baurat Friedrich Ritter v. Stach und Herr Hofrat Professor Dr. Ludwig 
Bolzmann. Die Versammlung erhebt sich zum Andenken und zur Ehre der Toten. 

2 Mitglieder haben ihren Austritt ordnungsgemäß angemeldet. Trotz diesem Aus¬ 
scheiden von 4 Mitgliedern verzeichnet der Verein 93 Mitglieder, und zwar 5 Mitglieder 
in honorem, 52 ordentliche Mitglieder in Wien, 31 ordentliche Mitglieder außerhalb Wien 
und 5 teilnehmende Mitglieder. 

Ferner ist zu erwähnen, daß auch heuer in der Vermögensaufzählung die uns 
zugefallene Erbschaft von einem Zwölftel der eventuellen Gewinnste von 54 Losen nicht 
mitgezählt ist. Das Bezirksgericht Salzburg, bei welchem die Lose erliegen und von 
welchem sie verwaltet werden, hat noch keinen Treffer angekündigt, wohl aber mit¬ 
geteilt, daß 3 dieser Lose durch die Ziehung zur Einlösung gelangten, wobei wir jedoch 
nicht beteiligt sind, und nunmehr dieselben aus unserer Liste auszuscheiden sind. 

Der Rechnungsabschluß ist durch die beiden Revisoren, Herrn k. k. Offizial Hans 
Oelzelt und Herrn Julius Brunner zum Zeichen seiner Richtigkeit mit ihren Unterschriften 
versehen. Die Versammlung erteilt dem Präsidium das Absolutorium. 

Statutengemäß haben dieses Jahr der Präsident und 5 Ausschuß-Mitglieder aus¬ 
zuscheiden. Die Neuwahl ergibt, daß Herr Oberingenieur Herrmann Ritter v. Lößl 
für zwei Jahre zum Präsidenten gewählt wird. Derselbe nimmt die auf ihn gefallene Wahl 
an. Die Herren Privatier Ferdinand Christ, Professor Dr. Gustav Jaeger, Fabrikant 
Gottfried Moritz, Otto Freiherr von Pfungen, Ingenieur Josef Popper, Adjunkt Anton 
Schuster, k. u. k. Oberstleutnant Johann Starcevic, k. k. Hofrat Professor Georg Wellner 
wurden einstimmig für die Dauer von zwei Jahren in den Ausschuß gewählt. Die Herren 
Julius Brunner, Uhrmacher, und k. k. Offizial Hans Oelzelt werden einstimmig für ein 
Jahr zu Revisoren ernannt und Herr Redakteur Dr. Konrad Dohany ebenfalls einstimmig 
als Revivor-Stellvertreter auf ein Jahr gewählt. 

Herr k. u. k. technischer Offizial II. Kl. Hugo L. Nikel hat anfangs des vorigen 
Jahres den schriftlichen Antrag eingebracht, die Gebrüder Wilbour und Orville Wright 
wegen der damals bekannt gewordenen epochalen Flugleistungen, welche die ganze Welt 
in Erstaunen setzten, und den bestbekannten amerikanischen Ingenieur und Flugtechniker 
Chanute, welcher die Anregung und technische Unterstützung zu diesen Flugresultaten 
gab, zu Ehrenmitgliedern unseres Vereines zu ernennen. Der Ausschuß hat in mehreren 
Sitzungen über diesen Gegenstand beraten und hat beschlossen, diesem Antrag zuzu¬ 
stimmen, wenn die damals wegen ihrer Geheimhaltung noch stark angezweifelten 
Erfolge bewiesen wären. 


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Der Verein hat sich deshalb brieflich an Herrn Chanute und die Herren Wrights 
um Aufklärung gewendet und hat von beiden Seiten die Bestätigung erhalten, daß die 
durch die Zeitungen gebrachten Berichte den Tatsachen entsprechen. Französische und 
englische aeronautische Vereine haben eigene Experten nach Amerika entsendet, und 
haben durch glaubwürdige Augenzeugen ebenfalls die Bestätigung der wirklich statt¬ 
gefundenen vielfachen und ausgedehnten Flüge erhalten. Flüge bis über 40 km und 
nahezu einer Stunde Dauer. 

Nachdem sonach dieser Beweis erbracht erscheint, unterbreitete der Ausschuß 
den von Herrn Offizial Nikel seinerzeit gestellten Antrag, die Gebrüder Wright und 
Herrn Chanute zu Ehrenmitgliedern des Wiener Flugtechnischen Vereines zu ernennen, 
der Generalversammlung zur Beschlußfassung. Nach kurzer Debatte wurde der Antrag 
von H. L. Nikel, die Gebrüder Wright und Herrn Ingenieur 0. Chanute zu Ehrenmitgliedern 
des Vereins zu ernennen, abgelehnt und vertagt. 

Dem Protektor Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Ferdinand Karl, sowie dem er¬ 
lauchten Mitgliede Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Leopold Salvator und dem Ehren¬ 
präsidenten Herrn Chefingenier Friedrich Ritter v. Lößl werden Begrüßungstelegramme 
übersandt und Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Leopold Salvator werden anläßlich der 
ihm zu Teil gewordenen Auszeichnung zur Ernennung zum Gcneralinspektor der Ar¬ 
tillerie Glückwünsche unterbreitet. 

Auch im heurigen Sommer werden zwanglose Zusammenkünfte, gleich wie in 
früheren Jahren, stattfinden, und zwar am ersten Freitag jeden Monats, wozu jeweilig 
Einladungen mit Bekanntgabe von Zeit und Ort ausgesendet werden. 

Der Präsident gibt noch dem Wunsche Ausdruck, daß der Verein sich weiter ent¬ 
wickle und daß die Bestrebungen des Vereins auch höheren Ortes Anerkennung finden 
mögen und daß es ihm, durch die Allerhöchste Huld und Gnade, bald ermöglicht werde, 
die Theorie in die Praxis umzusetzen. 

Der Ausschuß konstituierte sich wie folgt: 

Präsident: Herrn. R. v. Lößl, I. Vize-Präsident: Wilh. Kreß, II. Vize-Präsident: 
Joseph Altmann, I. Schriftführer: Ferdinand Christ, II. Schriftführer: Anton Schuster, 
Kassenverwalter: Wilh. v. Saltiäl, Wien II, Darwingasse 12,1. Bibliothekar: Georg Eckhardt, 
II. Bibliothekar: James Worms. 


Patent- and Gebraachsmasterschaa in der Luftschiffahrt. 

Deutsche Patente. 

Anmeldungen. 

77 h R 22519. 26. 3. 06. MotorluftschUT-Studiengesellschaft m. b. H., Berlin. — Steuer- 
und Gieitflächen für Luftschiffe, bestehend aus mit Luft aufgeblasenen Hohlkörpern. 
(Einspruchsfrist bis 8. Juni 1907.) 

77 h C 14917. 27. 8. 06 (Priorität vom 21. 9. 05). Jules Comu und Paul Comu, Lisieux. 
— Flugvorrichtung mit Hebeschrauben und unter denselben angeordneten Flächen. 
(Einspruchsfrist bis 11. Juni 1907.) 

77h H 36655. 7. 12. 05. Jacob, Christian Hansen-Ellehammer, Kopenhagen. — Vor¬ 
richtung zum Erhalten der Gleichgewichtslage von Luftschiffen. (Einspruchsfrist 
bis 22. Juni 1907.) 

77 h B 41018. 29. 9. 05. Franz Bollhorn, Hamburg—Veddel. — Luftfahrzeug mit 2 mit¬ 
einander vereinigten Ballonkörpern. (Einspruchsfrist bis 25. Juni 1907.) 

Zurücknahme von Anmeldungen. 

77h H 35560. Aus einem Schwanzsteuer, das vom Vorderteil des Fahrzeugs aus ge- 
handhabt wird, bestehende Lenkvorrichtung für Flugmaschinen. 


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Erteilungen. 

185172. 9. 11. 05. Gustav Fritz, Bopfingen. — Schlagflieger mit zwei gleichgestalteten 
Flügeln. 

185267. 16. 10. 06. Carl Dippel, Flensburg. — Vorrichtung zum Verbessern der Lenk¬ 
fähigkeit eines Luftschiffes. 

185582. 28. 6. 06 (Priorität vom 4. 7. 05). Cli. E. Riehardson, Sheffield. — Auslösungs¬ 
weiche für Vorrichtungen, die an dem Halteseil von Flugapparaten aufsteigen. 
186339. 28. 3. 06. Erwin Geißler, Willielmshölie. — Aus einem Fallschirm mit oben 
befindlicher Öffnung bestehender Flugapparat. 

Löschungen. 

175718. Flugmaschine mit Luftbehälter. 

Gebrauchsmuster. 

302331. 1. 3. 07. Ed. Rumpler, Berlin, Gitschinerstr. 4. — Flugspielzeug mit entgegen¬ 
gesetzt rotierenden Luftschrauben. 

303018. 9. 3. 07. H. Reese, Berlin, Br es lauer str. 19. — Flugkörper mit im Rohr 
gespannt gehaltenen Gummifäden, deren obere Flügelarme als Handgriff dienen, 
um den sich das Rohr mit daran festen Flügelarmen drehen läßt. 

303019. 9. 3. 07. H. Reese, Berlin, Breslauerstr. 19. — Flugkörper, dessen im Rohr 
mit festen Flügeln geführte Gummifäden durch ein sich gegen das gezahnte Rohr¬ 
ende legendes Sperrwerk am Abwickeln gehindert werden. 

AE 

Literatur. 

A. Hildebrandt, Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegen¬ 
wärtigen Entwickelung. München und Berlin, R. Oldenburg. Preis geb. 
15 Mk. 

Es scheint ein recht gewagtes Unternehmen, in der jetzigen Zeit ein größeres Werk 
über den Stand der Luftschiffahrt zu schreiben, denn die Luftschiffahrt befindet sich 
augenblicklich, wie jeder weiß, in einem Stadium rapidester Entwickelung, und ein Werk 
ist der Gefahr ausgesetzt, bald zu veralten. Trotzdem hat es der Autor gewagt und 
wir müssen ihm dafür dankbar sein. Gerade in der Zeit schneller Entwickelung be¬ 
ginnen sich größere Kreise für die Materie zu interessieren, und gerade in dieser Zeit 
fehlt es meist aus naheliegenden Gründen an gutem Orientierungsmaterial. Das trifft 
oder vielmehr traf auch für die Luftschiffahrt zu, und allen den vielen, die bis jetzt 
darauf angewiesen waren, sich die Kenntnis der Errungenschaften gerade der letzten 
Zeit mühsam aus Zeitschriften herauszusuchen, hat der Autor sicherlich einen Dienst 
erwiesen. Was nun den Inhalt anbelangt, so ist die Vorgeschichte des Luftschiffes 
nur gestreift, was als kein Fehler anzusehen ist, da das ältere leicht zugängliche 
Moedebecksche Handbuch die Geschichte in voller Ausführlichkeit behandelt. Auch die 
Flugtechnik ist etwas knapp behandelt, was wohl darin seinen Grund hat, daß die 
neuen Versuche in Frankreich erst nach Drucklegung des Werkes stattgefunden haben. 
Ganz neu und meines Wissens in deutscher Sprache überhaupt noch nicht in zusammen¬ 
fassender Weise gegeben sind die Kapitel über Ballonphotographie und über Brieftauben. 
Diese Kapitel werden auch den Fachmann intensiver fesseln und seine Kenntnisse be¬ 
reichern. Eine gute Abwechselung wird durch das Einstreuen von interessanten Ballon¬ 
fahrten geboten, bei denen größtenteils der Verfasser selbst beteiligt war. Bei den 
Weitfahrten ist leider wieder Wilna als Landungsort der bekannten Godardschen Fahrt 
angegeben. Es soll hier nun nochmals betont werden, daß Godard nicht bei Wilna 


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gelandet ist, sondern daß er mit W-Wind in Leipzig aufgestiegen und mit NW-Wind bei 
Tarnau, nahe Oppeln, in Schlesien gelandet ist. Wilna will er bei einem Blick durch 
die Wolken erkannt haben. Die Luftlinie bei dieser Fahrt war kaum 400 km lang, und die 
große Schleife, die Godard gemacht haben will, ist ganz unwahrscheinlich, wenn nicht un¬ 
möglich. Hoffentlich verschwindet die Legende von der Landung bei Wilna endlich ganz. 

Was die Ausstattung des Werkes anbelangt, so entspricht sie allen Anforderungen 
an ein modernes Werk. Über 200 Abbildungen, darunter die wohl vielen Lesern bekannte 
Miethesche Farbenphotographie von Wilmersdorf bei Berlin, erleichtern das Verständnis 
des Textes und führen uns interessante Episoden aus dem Leben des Luftschiffers vor. 
Einige Abbildungen haben zwar eine falsche Unterschrift bekommen; so stellt die Ab¬ 
bildung auf S. 131 unten nicht den Drachenflieger von Archd6acon in der Seine, sondern 
den von Langley im Potomac (diese Mitteilungen, 1904, S. 62) und die Abbildung auf 
S. 109 nicht den Schraubenflieger von Dufaux, sondern den von Löger-Monaco dar. 
Aber das sind Kleinigkeiten, die den Wert des Buches nicht beeinträchtigen. Vorteilhaft 
wäre es gewesen, w r enn die Literatur etwas mehr berücksichtigt wäre, bzw. genau 
zitiert wäre (z. B. nicht «Aßmann, Luftschiffahrt», sondern «Aßmann und Berson. Wissen¬ 
schaftliche Luftfahrten»), um den Anfänger auf die Quellen hinzuweisen, aus denen er 
weitere Kenntnisse schöpfen kann. Ein sorgfältig zusammengestelltes Personen- und 
Sachregister erleichtert die Benutzung ungemein. Wir wünschen nun mit dem Autor, 
daß das Buch überall recht freundliche Aufnahme finde, damit der Autor recht bald in 
derselben ansprechenden Weise uns die allerneuesten Errungenschaften der Luftschiffahrt 
in der zweiten Auflage vorführen kann. Dr. H. Elias. 

Sir William Ramsay, Die Gase der Atmosphäre und die Geschichte ihrer Ent¬ 
deckung. 3. Auflage. Ins Deutsche übertragen von Dr. Max Huth, Halle a. S., 
Wilhelm Knapp, Preis 5 Mk. Die Kenntnis der Bestandteile der Luft hat zwar 
für den Luftschiffer kein unmittelbares Interesse, da er die chemischen Eigen¬ 
schaften derselben, abgesehen vom Sauerstoff, für seine Zwecke nicht nutzbar 
machen kann. Trotzdem aber wird man ein lebhaftes Interesse für den Stoff, 
welcher das Element des Luftschiffers ausmacht, nicht unberechtigt finden, und 
zur Befriedigung dieses Interesses, das sich besonders auf die zum Teil vom Autor 
kürzlich entdeckten Edelgase richten wird, scheint das Werk vorzüglich geeignet 
Hochinteressant sind auch die Wandlungen, welche die Anschauung über das 
Wesen der Luft im Laufe der Jahrhunderte durchgemacht hat. Da besondere 
Fachkenntnisse nicht vorausgesetzt werden, können auch Nichtchemiker den Inhalt 
leicht verstehen. 

Dr. R. Mennig, Die Wetterrose. Anleitung zur leichten Selbstbestimmung des 
kommenden Wetters, Berlin, 0. Salle, Preis 0.20 Mk. Die Tafel bringt, in Gestalt 
einer Windrose angeordnet, Prognosen nach Windrichtung und Gang des Barometers. 
Da die Wetterrose nach strengen, wissenschaftlichen Grundsätzen aufgestellt ist, 
kann man den Prognosen ein großes Vertrauen entgegenbringen. Der äußerst 
geringe Umfang macht das Mitnehmen auf den Ballonplatz leicht, sodaß der Luft¬ 
schiffer, der ja immer ein Barometer hat, sich seine Prognosen mit ziemlicher 
Sicherheit noch im letzten Augenblick selbst machen kann. 

Comptes-Rendus 1907, Nr. 11 (18. März) S. 630. A. £t6v6, Sur les a6roplanes. 
Untersuchung der Gleichgewichtsbedingungen von Aeroplanen. Anwendung der Resultate 
auf den Drachen. 

Nr. 12 (25. März), S. 680. F. Ferber, Sur le coefficient de la rösistance 
de Fair ä adopter dans un projet d’aäroplane. Ein ausführliches Referat über 
die Arbeiten Ferbers auf diesem Gebiete behalten wir uns vor. 

Nr. 14 (8. April). L. Teisserenc de Bort et L. Rotch, Garact^res de la 
circulation atmosph6rique intertropicale. Aus den bisher ausgeführten Auf¬ 
stiegen der «Otaria» im Tropengebiet des atlantischen Ozeans ergibt sich folgendes: 


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Die Passate aus N E reichen nur wenige hundert Meter hoch, die Temperaturabnahme 
ist in dieser Schicht sehr groß. Darüber nimmt der Wind an Stärke ab und es 
treten häufig Temperaturinversionen auf. Dies letztere gilt für das ganze Gebiet 
zwischen den Breiten der Azoren und Ascension. Über dem NE-Passat treten Winde 
aus verschiedenen Richtungen auf. Noch höher hinauf findet man Winde mit südlicher 
Komponente, den Gegenpassat. Dieser beginnt in der Nähe des Äquators schon unter 
2000 m, in den Tropen bei etwa 2500, in der Breite von Teneriffa noch einige 100 m 
höher. Die eigentliche Richtung des Gegenpassats wird durch die Erdrotation gegeben, 
am Äquator SE, dann S und SW, schließlich W in der Breite der Azoren. Auf der 
südlichen Halbkugel ändern sich die Richtungen entsprechend. Nördlich der Tropen 
reicht der Passat bisweilen 6—8 km hoch. Nördlich von 25° N. B. findet man im Sommer 
den Passat und Gegenpassat von den Canaren bis 37° W. L. Weiter nach Amerika zu 
treten entsprechend der Druckverteilung S und SW-Winde auf. 

The Physical Review 1907, Nr. 3, S. 285. W. R. Turnbull, Researches on 
the Forms and Stability of ASroplanes. Im künstlichen Luftstrom werden der 
Auftrieb, der horizontale Widerstand und die Lage des Druckmittelpunktes (anscheinend 
Schnittpunkt der Resultierenden des Winddruckes mit der Sehne) bei verschiedenen 
Winkeln untersucht. Es wird gefunden, daß die «^-förmige Fläche für die Flugtechnik 
die günstigste ist, denn der horizontale Widerstand ist im Verhältnis zum Auftrieb bei 
den üblichen Flugwinkeln (2°—15°) sehr klein, die Resultierende des Winddruckes wandert 
mit abnehmendem Neigungswinkel kontinuierlich zur Vorderkante der Fläche, wodurch 
die automatische Längsstabilität erreicht wird. 


Personalia. 


Geh. Reg.-Rat. Hptm. a. D. Dr. Wilhelm v. Rüdiger, unser treuer Mit¬ 
arbeiter, ist am 30. April er. im 81. Lebensjahre gestorben. 

Friedrich Ritter und Edler v. Lössl, Chefingenieur a. D., Ehrenpräsident 
des Wiener Flugtechnischen Vereins, ist am 14. Mai er. im 91. Lebensjahre gestorben. 


8. K. u. K. H. Erzherzog Salvator ist zum Inspekteur der Artillerie ernannt 
worden. 

Leutnant F. Geerdtz im Luftschiffer-Bataillon verlobte sich mit Fräulein Käthe 

Müller. 

Gustave Hermlte, französischer Aerologe, bekannt durch seine Verdienste um die 
Einführung des Ballon-Sonde in die Wissenschaft, wurde zum Officier de lTnstruction 
publique ernannt. 

Sperling, Hptm. u. Lehrer beim Luftschiffer-Batl., de le Rol, Oberltn. im Tel.-Batl. 3, 
Kirchner, Leutn. im Luftschiffer-Batl., sind in die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen 
versetzt, Horn, Oberltn. im Eisenbahn-Rgt. 3, wurde ein Patent seines Dienstgrades ver¬ 
liehen. 

v. Frankenberg und Proschlitz, Leutn. im Luftschiffer-Btl., wurde zum Oberleutnant, 
vorl. ohne Patent, befördert. 

- @ - 


Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet . 

Die Redaktion. 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 

XI. Jahrgang. -me Juli 1907. *<*- 7. Heft. 


Karl J. Trübner f. 

Am 2. Juni starb im 62. Lebensjahre nach mehrwöchigem schweren 
Leiden Dr. h. c. Karl J. Trübner, der Inhaber und Leiter der weltbekannten 
wissenschaftlichen Verlagsbuchhandlung zu Straßburg i. E. 

Karl Trübner war am 6. Januar 1846 zu Heidelberg geboren. Er 
wurde Buchhändler und lernte zunächst bei Mohr in Heidelberg 1862—64, 
wurde dann Gehilfe bei F. A. Brockhaus in Leipzig. 

Im Jahre 1866 trat er als 
Mitarbeiter bei seinem Onkel 
Nikolaus Trübner in London 
ein. Auf Anregung des letzteren 
begründete er im Jahre 1872 in 
dem neugewonnenen Reichslande 
zu Straßburg i. E. sein eigenes 
Verlagshaus. 

Unsere «Illustrierten Ae¬ 
ronautischen Mitteilungen 
empfinden den Verlust Karl Trüb- 
ners ganz besonders schmerzlich. 

Bei ihrer Begründung vor 
nunmehr 10 Jahren stand Trübner 
der Entwickelung der Luftschiff¬ 
fahrt noch etwas skeptisch ge¬ 
genüber. So erklärt es sich, daß 
er diese neue luftschifferliche Zeit¬ 
schrift nur in Kommissionsverlag 
übernahm. Trotz alledem brachte 
er ihrer Entwickelung mit seinem 
klugen Rat und, wo es nötig 
wurde, mit entschlossener Tat das 
größte Interesse entgegen, und er förderte das Organ des deutschen Luft¬ 
schifferverbandes und des Wiener Flugtechnischen Vereins zielbe¬ 
wußt und nachhaltigst. Ihm gebührt ein großer Teil des Verdienstes an der 
Ausbreitung der Zeitschrift über die Welt, er öffnete ihr die Pforten zu den 
Bibliotheken der weitentlegensten Länder, sodaß sie geradezu zum Sprach¬ 
rohr der aeronautischen Entwickelung Deutschlands und Deutsch-Österreichs 
mit dem Auslande durch ihn geworden ist. 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 30 



Dr. Karl J. Trübner +. 


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Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts hatte Trübner seine Ansichten 
über die Luftschiffahrt vollkommen zu deren Gunsten verändert. Die anfäng¬ 
lichen Zweifel waren den besten Hoffnungen gewichen. Im Jahre 1904 übernahm 
er deshalb in seinen Verlag die in zwanglosen Heften von Geheimrat 
Aßmann und Professor Hergesell herausgegebenen «Beiträge zur 
Physik der freien Atmosphäre», Zeitschrift für die wissenschaftliche 
Erforschung der höheren Luftschichten, welche die Veröffentlichungen der 
Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt in glück¬ 
lichster Weise insofern ergänzen, als sie allen meteorologischen Forschern 
Gelegenheit bieten, das in den erwähnten Publikationen ruhende wertvolle 
Material schnell auszuwerten und in wissenschaftlichen Kreisen zu verbreiten. 

Als Unterzeichneter Ende 1905 Trübner seine kleine Broschüre «Die 
Luftschiffahrt u. s. f.» im Manuskript vorlegte, um seinen fachtechnischen 
Rat hinsichtlich des Verlags zu erbitten, kam er ihm bereits entgegen mit 
den Worten: «Geben Sie sie doch mir, ich bin ja nun doch einmal unter 
die Luftschiffer gegangen!» 

So lebte und webte er in den letzten Jahren vollkommen überzeugt 
davon, daß unserer Fachwissenschaft noch eine große Zukunft beschieden sei. 

Karl Trübner hat sich ganz besonders verdient gemacht um die 
Wiedererwerbung der Manesse’schen Liederhandschrift von Frankreich, ein 
Prachtwerk deutschen Ursprungs, welches nunmehr wieder der Bibliothek 
der Universität seiner Vaterstadt Heidelberg zur besonderen Zierde gereicht. 

Es versteht sich von selbst, daß ein Verleger wie Karl Trübner auch 
unter seinen Fachgenossen die ersten Ehren- und Vertrauensstellungen 
einnehmen mußte. Er hat mit großer Hingabe für die Entwickelung des 
deutschen Buchhandels gesorgt, und was er darin, nach großen Gesichts¬ 
punkten handelnd, getan hat, ist mit reichen Früchten gesegnet worden. 
In gleicher W^eise sorgte er für das Sortiments-, das Antiquariat- und das 
Verlagsgeschäft. 

Zahlreich waren seine freundschaftlichen Beziehungen zu Gelehrten 
des In- und Auslandes. Das von ihm seit 1891 herausgegebene Jahrbuch 
der Universitäten der Welt «Minerva» ist heutzutage ein bedeutsames 
Bindemittel für sie alle geworden und legt zugleich in beredter Weise 
Zeugnis davon ab, wie unter dem Schutz des Friedens die Wissenschaft 
von Jahr zu Jahr zunehmend sich über den Weltball ausbreitet. 

Als ob er eine Vorahnung seines nahen Todes gehabt hätte, assoziierte 
er sich im Jahre 1906 mit Dr. Walter de Gruyter in Berlin. Trübner lebte 
seit 1877 in sehr glücklicher, kinderloser Ehe mit Klara Engelhorn, der 
Tochter eines Mannheimer Rechtsanwalts. Sein Name, eng verknüpft mit 
seinen Werken, wird niemals aussterben. 

Wir alle aber, die wir seine hohen Geistes- und Charaktereigenschaften 
persönlich kennen und hochschätzen gelernt haben, werden uns seiner stets 
gern mit dankbarem Herzen erinnern, wir werden ihn niemals vergessen. 

Hermann W. L. Moedebeck. 


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Friedrich Ritter von Lössl f. 

Mit Friedrich von Lössl (:— geboren 1817 zu Weiler im bayerischen 
Allgäu, gestorben im 90. Lebensjahre am 14. Mai 1907 zu Wien —) ist 
der Nestor der Wiener Flugtechniker, ein Mann von außergewöhnlicher Be¬ 
gabung und Arbeitskraft dahingegangen. 

Er verlebte die Studienzeit in München, wendete sich dann mit leb¬ 
haftem Eifer dem in den 30er Jahren in Aufschwung kommenden Eisenbahn¬ 
bau zu, wurde kgl. bayerischer Sektionsingenieur, später Betriebs- und 
Bahnerhaltungschef der Kaiserin Elisabeth-Westbahn in Linz und beteiligte 
sich in angestrengter Tätigkeit bei sehr vielen Projekten und Bahnbauten. 

Seit seinem 60. Lebensjahre bis in sein hohes Alter beschäftigte sich 
von Lössl mit Studien über aerody¬ 
namische Probleme und zwar mit 
einer Vorliebe und Schaffensfreudig¬ 
keit ohnegleichen und mit einem un¬ 
ermüdlichen Fleiße. Gediegen wissen¬ 
schaftlicher Ernst, uneigennütziges 
Streben aus Lust und Liebe zur For¬ 
schung, eine glückliche Vereinigung 
von theoretischem Wissen und prak¬ 
tischem Sinn zeichneten den seltenen 
Mann aus. 

Er baute vielerlei sinnreiche 
Apparate zur exakten Bestimmung des 
Luftwiderstandes verschieden geform¬ 
ter Flächen und Körper, hielt beleh¬ 
rende Experimentalvorträge, veröffent¬ 
lichte seine Erfahrungen in vielen Bro¬ 
schüren; durch sein Zutun entstand 
im Jahre 1880 eine eigene flugtech¬ 
nische Gruppe im österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, aus 
welcher später der Wiener flugtechnische Verein hervorwuchs. 

Die wichtigsten Arbeiten Lössls auf flugtechnischem Gebiete sind 
niedergelegt in seinem (bei A. Holder in Wien) im Jahre 1896 erschienenen 
Werke: «Die Luftwiderstandsgesetze, der Fall durch die Luft und 
der Vogelflug. Mathematisch-mechanische Klärung, auf experimenteller 
Grundlage entwickelt.» 

Die darin auf Grund eingehender Versuche sich ergebenden und klar¬ 
gelegten Hauptformeln der Aerodynamik nebst den zugehörigen Tabellen 
und Bildern, insbesondere die Gleichung für den Luftwiderstand schräger 
Flächen, worin der Sinus des Neigungswinkels in erster Potenz seinen 
berechtigten Platz findet, dann die Untersuchungen über den Stauhügel 
ruhender Luft, welcher sich vor bewegten Flächen und Körpern auf baut, 



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236 


sind von großer Bedeutung und haben volle und verdiente Anerkennung 
gefunden; nur Lössls nicht homogene Formel und Begründung für die Fall¬ 
verzögerung oder «SinkVerminderung», welche wagrechte dünne Platten 
erfahren, wenn sie während des Niederfallens gleichzeitig seitlich verschoben 
werden, stieß begreiflicherweise auf eine heftige Gegnerschaft, welche 
mancherlei unliebsame und hartnäckige Streitschriften hervorrief. Weiter 
liefern die in Lössls Werke enthaltenen Angaben über den Flug der Tauben, 
welche mit großer Sorgfalt zusammengestellt sind, einen schätzenswerten 
Beitrag zur Klärung der Flugfrage. 

Der Wiener flugtechnische Verein verehrte in Herrn von Lössl seinen 
langjährigen Senior und zeichnete ihn vor Jahren durch Verleihung der 
Ehrenpräsidentschaft aus. 

Staunenswert ist die Schaffenskraft und Arbeitslust, mit welcher der 
schon fast 90jährige Mann im Garten seiner von prächtiger Alpenwelt um¬ 
gebenen Villa Gentiana in Aussee sich noch schwierigen und große Ausdauer 
erfordernden Untersuchungen widmete. 

Schreiber dieser Zeilen war persönlich mit dem Verstorbenen gut 
befreundet und hat von Anfang her an seinen aerodynamischen Arbeiten 
und Bemühungen stets regen Anteil genommen. Es wäre höchst verdienst¬ 
lich und für die Sache der Flugtechnik von Wichtigkeit, wenn aus dem 
Nachlasse Lössls die Ergebnisse seiner Experimente aus den Jahren 1896 
bis 1907 gesammelt, gesichtet und veröffentlicht werden möchten. 

Friedrich von Lössls Name und seine Leistungen werden in der Ge¬ 
schichte der Aerodynamik und der Flugtechnik unvergessen bleiben. 

Georg Wellner. 

Aeronautik. 

Capitano Ulivelli f. 

Sonntag, den 2. Juni, wurde das italienische Verfassungsfest in Rom 
durch eine schreckliche aeronautische Katastrophe gestört. Wie gewöhnlich 
nahm S. M. der König Viktor Emanuel die Parade ab. An dieser Revue 
nahm auch die Luftschifferabteilung unseres Geniekorps mit einem kleinen 
Fesselballon und einem reduzierten Park teil. Der Fesselballon von 240 cbm 
Inhalt, aus mit Öl und Aluminiumstaub gefirnißter Seide, war in der Werk¬ 
stätte der Luftschifferabteilung in Rom vor vier Jahren konstruiert worden. 

Um 11 Uhr vormittags, bei einer nicht gerade für eine Auffahrt ge¬ 
eigneten Witterung, ein Gewitter zog nämlich von NW herauf, wurde der 
Ballon frei aufgelassen; in dem kleinen, eigentlich nur für Fesselbetrieb 
bestimmten Korb nahm der Geniehauptmann A. Ulivelli Platz. 

In den untersten Luftschichten wehte W-Wind, aber schon in einer 
Höhe von 150 Meter ließ sich die bekannte, gegen das Gewitter gerichtete 


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Luftströmung wahrnehmen; von dieser Strömung wurde der Ballon gerade 
in der Richtung des heranziehenden Gewitters mitgeführt. 

Um 11 Uhr 30 Min. konnte man nur noch mit Schwierigkeit die 
Ballonsilhouette auf dem tiefgrauen Grund der Wolken unterscheiden. 
Plötzlich schien es, daß in der Nähe des Ballons ein Blitzstrahl zuckte, und 
fast gleichzeitig konnte man den Ballon in Flammen herabstürzen sehen. 
Die Höhe des Luftschiffes in dem Moment des Blitzschlages war ungefähr 
300 Meter über dem Boden; in den ersten Augenblicken des Sturzes wirkten 
die Hüllenstücke in dem Netze wie ein Fallschirm, und der unglückliche 
Hauptmann mit einem erstaunlichen, 
leider unnützen kalten Blute, konnte 
den gesamten Ballastvorrat auswerfen, 
sodaß die Fallgeschwindigkeit in den 
ersten Sekunden etwas vermindert wurde. 

Diese schützende Wirkung der Hülle 
konnte aber nur einen Augenblick dauern, 
denn bald wurde sie von den Flammen 
vernichtet; der Fall dauerte ungefähr 10 
Sekunden! 

Die Gondel fiel auf einen großen 
Busch und der arme Luftschiffer wurde 
einige Meter davon hinausgeschleudert. 

Einige Bauern, die in der Nähe waren, 
trugen den Körper des Hauptmanns Ulivelli 
in ein nahes kleines Wirtshaus, von wo 
er später durch ein militärisches Auto¬ 
mobil in das Spital gebracht wurde. 

Der unglückliche Luftschiffer hatte 
keine sichtbare Verwundung, konnte aber 
kein Wort sprechen. Um 12 Uhr 20 Min. 
wurde der arme Offizier von S. M. dem 
König besucht und schien ihn zu er¬ 
kennen, doch um 14 Uhr 30 Min. starb 
er an innerlichen Verwundungen, unge¬ 
fähr drei Stunden nach dem schrecklichen 
Ereignisse. 

Mit ihm verliert unsere Luftschifffer- 
abteilung einen ihrer besten Offiziere, die italienische aeronautische Gesell¬ 
schaft einen ihrer kühnsten und geschicktesten Führer! 


Viel wird jetzt diskutiert über die Ursache des traurigen Falles; es 
scheint, daß es sich ohne Zweifel um einen Blitzschlag handelte, der den 
aus dem Füllansatz herausströmenden Wasserstoff entzündete und so die Ver¬ 
nichtung des Ballons verursachte. Von verschiedenen Fachmännern in Italien 



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238 ««♦ 


wird die Blitzgefahr für einen im Gewitter befindlichen Ballon bestritten und 
behauptet, daß ein solcher Ballon sich in derselben Gefahr befindet wie 
ein Mensch, der beim Gewitter auf offenem Felde läuft; dabei ist aber 
der große Unterschied der Zahlen der zwischen Wolken und Erde und 
zwischen Wolken und Wolken stattfindenden Entladungen nicht berücksichtigt! 
Jedenfalls, seien auch verschiedene bei Gewitter stattgehabte Auffahrten 
glücklich gelungen, scheint es berechtigt, von einer Auffahrt beim Gewitter 
abzuraten. 

Hätte man am 2. Juni weniger Kühnheit gehabt, so hätten wir jetzt 
nicht einen so traurigen Verlust zu beklagen! A. Pochettino. 


Aeronautische Terminologie. 

Ich habe mich aufrichtig gefreut, aus dem letzten Maihefte der «Aeron. Milt.» 
zu ersehen, daß Herr Major Moedebeck sich der Aeronautischen Terminologie ange¬ 
nommen hat, um endlich zu einem einheitlichen Begriffe der deutschen aeronautischen 
Bezeichnungen zu gelangen. 

Wir haben z. B. in Wien jahrelang diejenigen Apparate, durch welche die direkte 
Nachahmung des Vogelfluges, d. h. durch Flügelschläge, erstrebt wurde, «Ruderflieger» 
genannt. Dann kam für diese Apparate die Bezeichnung «Schwingenflieger» und schließlich 
nennt man denselben Apparat auch «Flügelflieger». 

Ich würde die Bezeichnung «Ruderflieger» oder «Schwingenflieger» dem «Flügel¬ 
flieger» vorziehen, weil ja auch der Segelflieger, dessen Flugfunktion der Drachenflug 
ist, auf Flügeln durch die Luft segelt. — 

Selbstverständlich werde ich mich auch zu der letzteren Bezeichnung gerne fügen, 
wenn sie von der Mehrheit angenommen wird. 

Ebenso glaube ich, würde die Bezeichnung «Schraubenflieger» dem «Segelrad» 
vorzuziehen sein, da die erstere Bezeichnung mir logischer erscheint. 

Gegen die übrigen eingebürgerten Bezeichnungen; wie «Flugtechnik», «Flug¬ 
apparat», «Flugschiffe», und «Drachenflieger» läßt sich nichts einwenden, nur wäre es 
zu wünschen, daß man, zur Flugtechnik gehörig, noch die Bezeichnungen von «Gleitflieger» 
(lenkbarer Fallschirm) und «Gewöhnlicher Fallschirm» hinzufügt, weil es noch oft 
geschieht, daß man den Gleitflieger vom Drachenflieger nicht unterscheidet. 

W. Kress. 


Beteiligung Englands an den Internationalen Aufstiegen. 

In England werden an den Internationalen Terminen, besonders im Juli, Ballon- 
sondes an der Westküste von Schottland durch W. H. Dines, Ballonsondes und Pilot¬ 
ballons durch Mr. Petavel in Ditcham Park, Petersfield und bei Manchester aufgelassen 
werden. Die atmosphärischen Bedingungen für Drachenaufstiege sind in England Ende 
Juli nicht besonders günstig, jedoch wird versucht werden, Drachenaufstiege in Glossop- 
Moor, Pyrton Hill, Ditcham Park und Brighton zu veranstalten. 

Die Royal Meteorological Society wird sich gleichfalls an den Aufstiegen be¬ 
teiligen und hat von der Regierung eine Unterstützung erhalten. (Nach «Nature» vom 
30. Mai 1907.) E. 


Aeronautische Übersicht. 

Bemerkenswerte Freiballonfalirten. Am 17./18. Mai 1907 fuhr Prof. Poeschel- 
Meißen vom Berliner Verein für Luftschiffahrt mit den Herren Reichel-Meißen, Pfaff- 


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Dresden, G. M. Hermann-Dresden von Bitterfeld im Ballon «Bezold» (1380 cbm) mit 
Wasserstoffüllung. Die Fahrt dauerte 17 St. 40 Min. und endete bei Ossowo, nabe Könitz 
(Westpr.). Bemerkenswert ist der geringe Ballastverbrauch von der Abfahrt (10 Uhr 
40 Min. abends) bis 5 Uhr morgens (nur 4 Sack), was zum Teil durch die Wasserstoff¬ 
füllung seine Erklärung findet. Die Länge der Fahrt in der Luftlinie betrug 440 km. 

Mit dem gleichen Ballon, aber mit Leuchtgasfüllung, fuhr am 24. Mai, abends 8 Uhr 
13 Min. Dr. Flemming-Berlin mit den Herren Schubert und Liebich-Berlin von Tegel 
ab. Bereits um 8 Uhr 40 mußte bei Haselhorst nahe Spandau wegen starken Gewitter¬ 
regens eine Landung gemacht werden, bei welcher Herr Schubert ausgesetzt wurde. Die 
Weiterfahrt wurde um 11 Uhr 40 nachts mit nur 5 ! /* Sack Ballast angetreten, welche 
noch zu einer Fahrt bis 10 Uhr 46 des nächsten Vormittags ausreichten. Die Fahrt 
endete bei Josephsthal (Bez. Gablonz. Böhmen). 



Hydroplan von Crooco und Rioaldonl auf dem See von Braooiano in voller Fahrt. 

(Der Rumpf ist vollständig aus dem Wasser.) 

Eine Fahrt nach Rußland machte der Ballon «Tschudi» des Berliner Vereins am 
27./*28. Mai unter Führung von Dr. Bröckelmann, Teilnehmer Herr Direktor Schwartz- 
München. Der Ballon trug bei Leuchtgasfüllung 14 Sack Ballast, und verließ Tegel um 
7 Uhr 20 abends. Mit mittlerer Geschwindigkeit wurde Königs-Wusterhausen, Kottbus 
(12 Uhr 20 nachts), Breslau (6 Uhr 20 morgens) passiert. Die russische Grenze wurde 
um 9 Uhr 40 bei Czenstochau überschritten. Um 10 Uhr erfolgte eine glatte Landung 
bei sehr starkem Bodenwind nahe Mstow an der Warta. Um 8 Uhr morgens fiel der 
Ballon plötzlich stark und es wurde bemerkt, daß Ventil und Reißleine, welche mit 
genügendem Durchhang angebunden, straft angezogen waren, wodurch sich das 
Ventil geöffnet hatte. Das Straffwerden der Leinen ist durch Feuchtwerden, infolge von 
Kondensation des Wasserdampfes im Gase, vermutlich durch Ausdehnung, denn der 
Ballon war im Steigen, und wohl auch durch Trocknen des Netzes durch die Sonnen¬ 
strahlung zu erklären. Es ist dies ein Punkt, welchen der Ballonführer nicht aus den 
Augen verlieren darf. E. 


Der Wirkungsgrad der Luftschrauben kann doch nicht so schlecht sein, wie er 
vielfach noch angesehen wird, sonst würde man nicht immer wieder auf neue Verwen¬ 
dungen stoßen. Luftschrauben scheinen selbst bei Schiffen den Wasserschrauben Kon¬ 
kurrenz zu machen. Am 22. Mai veranstalteten die Herren Crocco und Ricaldoni der 


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*»»» 240 «« 


Brigata Specialisti-Rom auf dem See von Bracciano neue Versuche mit ihrem Gleitboot. 
Dieses Gleitboot wird von zwei V-förmigen Flossenpaaren getragen. Ein Paar Flossen 
befindet sich am Kiele und ein anderes Paar am Hecke des Bootes, beide erheben den 
SchilTrumpf einen halben Meter aus dem Wasser. 

Das Gleitboot wird von zwei Luftschrauben vorwärts getrieben, die, von einem 
80 bis 100 HP starken Motor Clement-Bayard in Bewegung gesetzt, dem Fahrzeug eine 
Geschwindigkeit von 70 km in der Stunde verleihen. 

Das ganze System wiegt, inbegriffen zwei Personen, 1500 kg. 


Weltmann wird demnächst in Spitzbergen eintreffen und die Fertigstellung seines 
Luftschiffes betreiben. Über die Veränderungen gegen das Vorjahr ist bereits im Aprilheft 
berichtet worden. Wellmann hat nun einem Reuter-Berichterstatter die folgenden An¬ 
gaben über sein Luftschiff gemacht, die wir mit allem Vorbehalt wiedergeben. Die Aus¬ 
balancierung des Luftschiffs wird durch einen Proviantbehälter besorgt, der mit Inhalt 
300 kg wiegt und in der Längsachse auf einer Leitschiene verschoben werden kann. 
Im ganzen sollen 3500 kg Benzin mitgenommen werden, welche bei einer Eigengeschwin¬ 
digkeit des Luftschiffs von 7 mps. einen Weg von 4000 km zurückzulegen gestatten, also 
ungefähr den doppelten Weg, der zur Erreichung des Nordpols und zur Rückkehr nach 
Spitzbergen nötig ist. Die Last vermindert sich durch Benzinverbrauch um etwa 300 kg 
pro Tag, während nur etwa 70 cbm Gas durch Diffusion entweichen sollen, so daß noch 
ca. 200 cbm Gas überflüssig werden, welche im Motor verbrannt werden sollen. Die 
ganze Fahrt soll am Tau erfolgen, das nicht aus dem üblichen Hanftau mit Stahl¬ 
einlage besteht, sondern als Lederschlauch von 37 cm Durchmesser ausgebildet ist und 
mit Lebensmitteln gefüllt werden soll. Der Schlauch ist 45 m lang und wiegt mit 
Füllung 050 kg, er ist an einem Stahltau an der Gondel angehängt. Wie weit diese 
Angaben richtig sind, läßt sich natürlich nicht beurteilen. Es bietet sich jedoch in 
diesem Jahre eine gute Gelegenheit, die Wellmannschen Einrichtungen zu besichtigen 
und eventl. einem Aufstieg beizuwohnen. Die Söhne des verstorbenen Kapitän Bade 
in Wismar, mit dessen Unternehmen seinerzeit Berson und Elias die ersten Drachen¬ 
aufstiege in den nordischen Gewässern ausführten, rüsten auch in diesem Jahre ein 
Schiff, den Dampfer «Thalia» aus, welcher am 21. Juli von Kiel abgeht und sich ca. 
8 Tage in Spitzbergischen Fjorden aufhalten wird. Da Wellmann zu dieser Zeit abzu¬ 
fahren gedenkt, so ist es wahrscheinlich, daß die Teilnehmer an dieser Reise Gelegen¬ 
heit haben, der Abfahrt oder mindestens den Versuchen dazu beizuwohnen. 

Flugtechnik. 

Kritische Betrachtungen über die neuen Drachenflieger. 

(Von Hofrat Prof. Georg Wellner.) 

Die Fortschritte im Baue von Luftfahrzeugen ohne Ballon, insbesondere 
von Drachenfliegern, welche neuester Zeit mit elementarer Entwickelungskraft 
in Paris und anderwärts zutage treten, die dabei erzielten, freilich immer 
noch sehr geringfügigen Erfolge der Aviatik, sowie die Bestrebungen, welche 
in dieser Richtung nun auch in Deutschland rege werden und zur Geltung 
zu kommen trachten (wie mir u. a. zahlreiche Zuschriften bekunden), lassen 
es gerechtfertigt erscheinen, kritische Betrachtungen anzustellen über die 
vielfach noch ungeklärten Fragen dieser dynamischen Flugmethode. 


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Tabelle der neuen Drachenflieger. 

(Abbildungen siehe in der Zeitschrift 1907 *) Heft 5, 2) Heft t, 8) Heft 1.) 


*»►» 241 «44« 



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Fig. 5. — Drachenflieger Zent. 

A obere, A' untere Tragfläche, C spitzer Steuerträger, G vorderes Steuer, P Sitzplatz, H Schraube, m Stützen, 
B, B', B", B‘" elastischo Landungspuffer, R Anlaufrad, Q Schwanz. 


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244 €44« 


Eine Prüfung des 
vorliegenden Materials, 
wenn sie auch nicht er¬ 
schöpfend und in allen 
Stücken zu einem ab¬ 
schließenden Ergebnis 
führend sein kann, ist 
jedenfalls zeitgemäß 
und kann vielen Arbei¬ 
tern auf diesem Gebiete 
zu hilfreicher Anregung 
dienen. 

Von vornherein 
sei hier ausgesprochen, 
daß der Autor die jetzt 
üblichen und allgemein 
bevorzugten Drachen¬ 
flieger nicht als die letzte 
und brauchbarste Leis¬ 
tung für eine zufrieden¬ 
stellende LuftschifTahrt 
auiTaßt. 1 ) Die vorste- 

Fig. 8 . — Drachenflieger Kapfärer. ' , u . .... 

S, S' Tragflächen, E, E' Flächen der Vorderzelle, Q, Q‘ Flächen des hende labeile enthalt 
Schwanzes, G Seltenst euer, F Träger, M Motor, H Schraube, R Anlaufrad, jjj übersichtlicher Form 
r, r‘ Federn. ... 

die wichtigsten Daten 

über die bekanntesten Drachenflieger der neueren Zeit, entnommen den ver¬ 
schiedenen Fachzeitschriften, teilweise auch der eigenen Beobachtung und 
Messung. 

Wenn man einen Drachenflieger in seine Bestandteile zergliedert, kann 
man unterscheiden: Das Gerüst des Fahrzeuges, die Tragflächen, 
den Motor und die Propellerschrauben. Hierzu treten dann die Vor¬ 
kehrungen für die Steuerung, Regulierung und Stabilität des Fluges, 
für den Aufflug und das Landen. Diese einzelnen Stücke sollen nun 
nacheinander in ihren Ausführungen einer vergleichenden Besprechung unter¬ 
zogen werden. 

1. Die Tragflächen sollen das Erheben des Fahrzeugs vom Erdboden 
in die freie Luft und die Erzeugung der Hebekraft für den Schwebeflug be¬ 
sorgen, was nur durch eine schnelle Vorwärtsbewegung möglich ist. Je 
rascher die Fahrt, desto kleiner und desto flacher gestellt können die Flügel 
sein, nur wird der Anlauf zur Erreichung der nötigen Anfangsgeschwindigkeit 
und das Landen dadurch schwieriger. Die beistehenden schematischen 

*) Siche den Aufsatz des Autors „Über Drachenflieger“ im Heft 5 d. Js., worin die Gleichungen 
über die maßgebenden Verhältnisse augegeben sind. 



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Skizzen zeigen die gewöhnlichen Formen der Tragflächen, dargestellt in der 
Stirnansicht, in der Draufsicht und im Querprofil. (Figur 9—11.) 

+ 






Fig. 10. — Draufsicht. 


Fig. 9 — Stlrnansloht. 

Es gibt einfache und mehrfach zu¬ 
sammengesetzte Tragflächen. 

Die einfache Flügelfläche(Bleriot, 

Vuia, Antoinette, Etrich) trägt schön und 
gut, ist aber in genügender Größe und 
Festigkeit nicht leicht herstellbar. 

Die Doppelfläche, häufig Doppeldecker genannt, mit 
einem Abstande von meist 1,5 m übereinander, wobei die 
untere Fläche oft breiter gehalten wird, mit oder ohne 
Zellenabteilungen (Santos Dumont, Wright, Delagrange, 

Kapferer) gestattet in bequemer Weise größere Flächenaus- Fig. 11. - Querprofli 
maße zu erreichen, besitzt günstige Festigkeitsverhältnisse und sichert die 
Luftführung, steigert aber wegen der Verbindungsstangen den schädlichen 
Stirnwiderstand und ist in bezug auf ihre Tragwirkung nur mit etwa *ls des 
Wertes einzuschätzen. 

Mehrfache Tragflächenverbindungen neben- und übereinander 
(Maxim), übereinander (Philipps) oder hintereinander (Kress) werden in der 
Aufstellung schwerfällig und infolge gegegenseitiger Störung und wegen Luft¬ 
wirbelbildungen weniger wirksam. 

Die Tragflächen sind entweder fest mit dem Fahrgerüst ver¬ 
bunden, manchmal nach oben umlegbar (Bleriot) oder fächerförmig zusammen- 
schiebbar (Etrich, Hofmann), um den Transport zu erleichtern. 

Dabei sind die Flächen starr und steif der Länge oder der Quere 
nach, oder nachgiebig, teilweise elastisch, ferner eben oder gewölbt und 
sind alle diese Abbiegungen und Formwendungen, besonders an den Flügel¬ 
enden (siehe die Figur 1), höchst wichtig für die Stabilität des Fluges, be¬ 
ziehungsweise für das Verhalten der Drachenflieger bei seitlichen und sto߬ 
weise auftretenden Winden. 

In betreff des Konstruktionsmaterials der Tragflächen sind für das 


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Gerippe: Stahlrohre, Bambus oder Holz mit Eisenverbindungen üblich, dann 
für den Belag: Ballonstoff, gefirnißte Leinwand oderSeide, auch Pergament¬ 
papierüberzug (Blöriot). 

Das Ausmaß der Gesamtfläche schwankt in den Ausführungen zwischen 
13 und 60 qm, das Gewicht für 1 qm beträgt 1 bis 4 kg. Als allgemeine 
Regel für eine gute Tragfläche kann gelten: Einfache Vogelflügel¬ 
form mit sanften Übergängen ohne scharfe Ecken, parabolische 
Wölbung, die Vorderpartie steifer und fester gebaut, die Rück¬ 
seite und die Flügelenden weich und nachgiebig auslaufend, dabei 
möglichste Glätte oben und unten, bestes Material. 

2. Der Motor, welcher die Propeller anzutreiben und durch deren 
Umlauf die Vorwärtsbewegung des Drachenfliegers zu erzeugen hat, soll 
unbedingt sehr leicht und kräftig sein. 

Allen Bemühungen, eine zweckmäßige Dampfmaschine zu finden (Maxim, 
Hofmann) oder einen guten Kohlensäuremotor zu bauen (Vuia) gegenüber 
stehen die aus dem Automobilwesen hervorgegangenen und in vorzüglichster 
Weise ausgebildeten Benzinmotore als weit überlegen da. Antoinette- 
motore von 25, 50 und 100 Pferdeslärken wiegen 48, 72 und 120 kg, also 
nur 2 bis 1,2 kg pro Pferd und liefern mit ihren 8 Zylindern und hohlen 
Kurbelwellen von Nickelstahl 1000 bis 1800 Touren mit ausgezeichneter 
Gleichförmigkeit. Was kann man da noch Besseres verlangen oder anstreben 
wollen? Allerdings verlangen diese Kraftmaschinen eine sorgfältige Wartung 
und verständnisvolle Behandlung. 

Man wähle demnach für den Betrieb von Drachenfliegern: 
Antoinettemotore! 

3. Die Propeller (Treib-oder Schubschrauben) werden entweder 
direkt von der Motorwelle oder durch Kettentrieb in Umlauf gesetzt. Man 

benützt selten zwei gegenläufige Luftschrauben 
neben- oder hintereinander, zumeist nur eine 
solche und zwar rückwärts angeordnet, nur 
ausnahmsweise vorn (so bei Santos Dumont II). 
Die Aufstellung geschieht unten, in der Mitte, 
auch oben (Santos Dumont II). Die Schrau¬ 
benflügel, zwei an Zahl, sektorförmig oder 
kreisscheibenförmig (Hofmann) (siehe die Fi¬ 
gur 2), hergestellt aus Stahl mit Aluminium 
oder Magnalium, im Durchmesser 1,5 bis 2,5 m 
messend, rotieren mit 1000 bis 1500 Touren. 
Beste Ausführung und richtigste Formgebung ist geboten aus Festigkeits¬ 
rücksichten (die Umlaufsgeschwindigkeiten betragen 50—90 Sekundenmeter) 
und wegen des Wirkungsgrades (welcher zwischen 0,4 und 0,7 zu schwanken 
pflegt). Die Steigung der Schraubenflächen ist zumeist fest, selten auf mehrere 
Ganghöhen für verschiedene Fahrgeschwindigkeiten einstellbar, wie bei B16- 
riot; Etrich macht die Steigung sogar während des Flugs durch ein Handrad 



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veränderlich. Der Anlauf geschieht in diesem Falle sehr bequem und schnell 
bei wenig geneigten Flächen und während der eintretenden Beschleunigung 
der Fahrt werden die Flügel steiler gestellt, damit der Einfallswinkel der Luft 
gegen die Schraubenflächen immer günstig bleibe; hierzu ist freilich eine ge¬ 
wisse Übung und Geschicklichkeit erforderlich, damit kein Unfall geschähe. 
Auch ist zu beachten, daß die Schraubenflächen für verschieden geneigte Lagen 
nicht überall orthogonal bleiben, folglich stellenweise auch negative Einfalls¬ 
winkel der Luft auftreten können. Anderseits läßt sich durch diese Methode 
das heftige Peitschen und Herumwühlen der Flügel in der Luft ersparen, 
welches bei den unveränderlich fest- und steilgestellten Schrauben wegen 
der anfänglich kleinen Vorwärtsgeschwindigkeit eintritt und dabei den An¬ 
lauf und Abflug unliebsam verzögert. 

Hinsichtlich des Drehmomentes der Luftpropeller, welches ein 
seitliches Kippen des Fahrzeuges bewirken will, ist zu bemerken, daß das¬ 
selbe trotz des raschen Umlaufes nur geringfügig ist und durch ein kleines 
Übergewicht an einem Flügelende ausgeglichen werden kann. Wenn ein 
Drachenflieger wegen dieses Drehmomentes schon nicht stabil genug sein 
sollte, dann ist er unbrauchbar zu nennen, weil er dann einem mäßigen 
Windstoße von der Seite gewiß nicht mehr standhalten könnte. Empfehlens¬ 
wert ist es deshalb, nur einen einzigen Propeller, und zwar wo¬ 
möglich mit direktem Antrieb, zu verwenden und die Bauart und 
Form desselben mit größter Sorgfalt zu wählen. 

4. Das Fahrzeug der Drachenflieger dient der Anbringung der 
Tragflächen, des Motors mit der Schraube, des Sitzes für den Fahrer, der 
Steuerung sowie der Räder und Stützen. 

Das Gesamtgewicht der Drachenflieger, welche für 1 Mann bestimmt 
sind (nur das Projekt von Antoinette soll zwei Insassen tragen), beträgt, wie 
aus der Tabelle zu entnehmen ist, G = 240 bis 420 kg; das Tragvermögen 

G 

für je 1 qm Tragfläche ist: — = 5 bis 20 kg, ferner das auf 1 Effektiv- 

G 

Pferdestärke des Motors entfallende Gewicht: = 7 bis 26 kg. 

Als gute Mittelwerte sind anzusehen: G = 300; F = 30; 
G G 

Ne = 20; -y = 10; = 15. Dabei ist eine Fluggeschwindigkeit von 

10 bis 12 Sekundenmetern vorausgesetzt. Für Geschwindigkeiten von 16 
bis 20 Sekundenmetern müßte bei gleichbleibendem Gewichte G = 300 kg 
die Tragfläche rund auf F = 20 qm erniedrigt, die Motorleistung dagegen 

G G 

auf Ne = 30 erhöht werden, wodurch sich - 5 - = 15 und ■=*- = 10 stellt. 

’ F Ne 

Die Gewichtsverteilung auf die einzelnen Teile des Drachenfliegers bei 
normalen Verhältnissen wäre hiernach ungefähr die folgende: 

Tragfläche.60 kg 

Motor.50 » 

Propeller. 10 » 


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Fahrzeug . 

. 40 

kg. 

1 Mann. 

. 80 

5 » 

Zubehör . 

. 40 

» 

Überschuß. 

. 20 

» 

Zusammen . . 

. 300 

kg- 


Endlich sei darauf hingewiesen, daß es sehr wichtig sei, dem Fahrzeug 
eine schifTähnlich spitzige Bauart zu geben, damit der schädliche Stirnwider¬ 
stand tunlichst klein werde. 

5. Die Steuerung, der Anflug und das Landen, die .Regelung 
der Fluggeschwindigkeit und die Stabilitätsfrage. 

Die Steuerung, welche das Lenken der Flugrichtung sowohl nach 
oben und unten, als auch nach rechts und linkshin zur Aufgabe hat, wird 
vom Fahrer während der Vorwärtsbewegung des Fahrzeuges gehandhabt. 
Beim Stillstände bleibt das Steuer unwirksam, geradeso wie das beim Schiff 
im Wasser der Fall ist; je rascher die Fahrt, um so empfindlicher macht 
sich der Einfluß des Steuerns geltend, und gehört unter allen Umständen 
eine große Übung und Geistesgegenwart dazu, die richtige Bahn einzu¬ 
halten. 

Die Drachenflieger besitzen ein bewegliches Vordersteuer, zumeist 
flachliegend mit seitlichem Abschluß (so bei Wright, Zens, Delagrange, 
Kapferer; Santos Dumont I hatte ein weit vorgebautes Schnabelsteuer in 
Form einer quadratischen Zelle), dann das gewöhnliche, um eine vertikale 
Achse drehbare rückwärtige Steuer (so bei Wright, Santos Dumont II), 
welches manchmal zwischen der festliegenden Schwanzfläche eingebaut ist 
(so bei Delagrange, Kapferer, De la Vaulx). 

Für den Anflug, d. h. für die Erreichung der zur Erhebung vom Erd¬ 
boden notwendigen Anfangsgeschwindigkeit (von etwa 10 m in der Sekunde) 
ist ein Anlauf des Fahrzeuges erforderlich. Dieser Anlauf geschieht 
gegenwärtig auf 2 oder 3 iin Fahrgerüste gelagerten leichten Pneumatik¬ 
rädern; nur Etrichs Flieger hat Kufen und fliegt von einem auf Bahnschienen 
rollenden Wagen ab, und Hofmann in Berlin benützt hohe Kippstelzen, 
durch deren Senkung das Fahrzeug, im Bogen niederfallend, in die Luft 
hineingeschoben wird. 

Über die Dauer des Anlaufes und über die dabei zurückgelegte Weg¬ 
strecke (von 20 bis 200 m) entscheiden neben der Geschicklichkeit des 
Fahrers in der Beherrschung des Motors und der Steuervorrichtungen: die 
Terrainverhältnisse, die herrschende Windstärke und Richtung (am besten 
fährt man gegen Wind an), ferner die gute Ausbalancierung der Flügel und 
die Steigung der Schraube. In bezug auf die letztere ist das im Kapitel: 
«Propeller* über veränderliche Ganghöhe Gesagte beachtenswert. 

Das Landen soll weich und elastisch vor sich gehen, denn ein harter 
Aufstoß des in voller Fluggeschwindigkeit befindlichen Fahrzeuges gegen den 
festen Erdboden schädigt naturgemäß die Räder, den Motor, die Schraube 


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und das ganze Gefüge des Fliegers (siehe die Anmerkungen in der Tabelle). 
Fast alle Drachenfliegerversuche endeten mit einer Havarie, nur Delagrange 
ist es bis jetzt gelungen, glatt zu landen. 

Für ein sanftes Sichaufsetzen auf die Erde scheinen sich die Schlitten¬ 
kufen, wie sie Etrich anwendet, vorzüglich shi eignen. 

Hiernach wäre folgende Anordnung mit drei Rädern und drei Kufen 
empfehlenswert: Für den Anlauf dienen die Räder bei abgehobenen 
Kufen; vor dem Landen werden die Kufen niedergesenkt, damit sie das sich 
zur Erde gleitende Fahrzeug allmählich zur Ruhe bringen, dann werden die 
Kufen wieder gehoben; die Flügel werden nach oben oder nach rückwärts 
geklappt oder fächerförmig zusammengeschoben; die Räder treten wieder in 
Aktion und der Flieger kann als eine Art Automobil mit Luftschraubenbetrieb 
auf der Straße heimwärtsfahren. Leider bedingt diese Zusammenstellung 
von Rädern und Kufen eine beträchtliche Mehrbelastung des Fahrgerüstes. 

Von einer Regelung des Fluges, einem Beschleunigen und Ver¬ 
zögern, einem Wenden und Drehen in Bahnkurven, einem Manövrieren der 
Drachenflieger im Luftmeere, kann füglich noch keine Rede sein, da — ab¬ 
gesehen von den staunenswerten Leistungen und Hochflügen der Brüder 
Wright in Amerika, über welchen ein Geheimnis schwebt — überhaupt 
noch keine langdauernden Flüge erzielt worden sind und schon ein guter 
Anflug und ein glattes Landen als hochrühmenswert gelten muß. 

Die Stabilität des Fluges verlangt, daß bei unvorhergesehenen 
Schiefstellungen, z. B. bei widrigen Windstößen, ohne daß der Fahrer durch 
seine Steuervorrichtungen einzugreifen braucht — er hätte auch in den 
meisten Fällen nicht die Zeit dazu —, die ordnungsmäßige Schwebelage des 
Luftfahrzeuges sich automatisch wieder zurechtstelle, damit ein Kippen nach 
vorn, nach rückwärts, nach der Seite hintangehalten sei und Unfälle aller 
Art vermieden werden. Die Sicherheit des Betriebes fordert überdies, daß 
auch im Falle, wenn der Motor versagt, kein jäher Todessturz erfolge. 
Maxim, Ader, Kreß, Langley hatten böse Unfälle zu leiden, und auch die 
kühnen Drachenflieger der Gegenwart sind häufigen Havarien ausgesetzt und 
von steten Gefahren bedroht. 

Wright und Etrich verbinden gewisse Partien der Flächenenden ihrer 
nachgiebigen Flügel durch über Rollen geführte Stahldrähte miteinander, um 
einen gegenseitigen Ausgleich seitlicher Störungen herbeizuführen, und scheinen 
mit dieser Methode günstige Erfolge zu haben. Die gute Formgebung der 
Tragflächen kann einem ruhigen Fluge hilfreich entgegenkommen, wie dies 
z. B. durch Anbringung der Schwanzflächen und durch die Abbiegung der 
Flügelenden nach rückwärts (Bleriot und Etrich) geschieht, daß aber die Form 
allein die Aufgabe der Stabilität nicht voll zu erfüllen imstande ist, ersieht 
man am deutlichsten aus dem Umstande, daß ein mit ausgebreiteten Flügeln 
ausgestopfter Vogel trotz der prächtigen Form und Elastizität seiner Flächen, 
in freier Luft fallen gelassen, nicht sanft herniedergleitet, sondern kippend 
herabstürzt. Nur der lebende Vogel fliegt stabil und sicher. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg 32 


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Die Stabilitätsfrage der Drachenflieger kann nur dann zu¬ 
friedenstellend gelöst werden, wenn Bewegungsenergie in die 
Tragflächen verlegt wird. Bei versagendem Motor soll außerdem die 
Sicherheit dadurch geboten sein, daß der Flieger zu einem guten Fall¬ 
schirm wird. 



Ballonflieger Santo* Dumont 16. 

E Rad zum Anlaufen, S Steuer. 


Entlastete Flugmaschinen. 

Santos Dumont, der vom Freiballon zum Luftschiff, vom Lenkbaren zur Flug¬ 
maschine übergegangen ist, versucht nun noch die dritte Möglichkeit, eine Flugmaschine, 
welche zum Teil durch einen Ballon entlastet ist. Derartige Flugmaschinen sind früher 
vielfach vorgeschlagen worden, es gab sogar eine ganze Schule, welche in dem Ballon 
mit Tragflächen die Lösung dos Flugproblems erblickte; abgesehen von einem einzigen 
sind jedoch praktische Versuche unseres Wissens nicht ausgeführt worden. 

Der neue Ballonflieger, Santos Dumont 16, wie man diese Art Flugmaschine 
nennen kann, hat einen Tragballon von nur 90 cbm Inhalt. Die Hülle ist sehr leicht, 
aus Seide hergestellt und hat eine Länge von 21 m bei einem größten Durchmesser von 

3 m. Die ungemein schlanke und spitze 
Form wird den Luftwiderstand sehr 
herabsetzen. Prall wird der Ballon in 
üblicher Weise durch einen Luftsack 
von ca. 4 cbm Inhalt erhalten. Am 
Rahmen, der dreieckig mit der Spitze 
nach unten konstruiert ist, befinden sich 
die Tragflächen, vorn eine kleine Fläche 
F t von 17* qm, hinten eine Fläche F a 
von 5 qm. Zum Antrieb der Schraube 
von 2,10 m Durchmesser, die dicht am 
Ballon vorbeigeht, dient ein 50 PS direkt 
gekuppelter Antoinette-Motor, unter dem 
das Anlaufrad angebracht ist. Der Bal¬ 
lon wurde am 4. Juni gefüllt. Ein erster, 
am 8. Juni unternommener Versuch mi߬ 
glückte. Der Flieger wollte auf der Erde 
anlaufen. Nach etwa 25 m kippte der 
Apparat vorn herunter, der Ballon be¬ 
rührte die Erde und wurde zerrissen. 
Schuld an dem Umkippen soll zu großer 
Druck auf die hintere Tragfläche, also 
wohl zu steiles Einstellen gewesen sein. 

Eine ähnliche Flugmaschine hat 
Malöcot-Paris in den Werkstätten Lucien 
Chauvi&re bauen lassen. Der Tragballon ist 33 m lang, sein größter Durchmesser beträgt 
7,30 m, sein Inhalt 1054 cbm. Unter dem Ballon ist ein Träger von dreieckigem Querschnitt 
angebracht, an dessen oberer Gurtung auf beiden Seiten die Tragflächen von insgesamt 
180 qm befestigt sind. Dieser Träger ist aus Bambus hergestellt, die Verbindungen der 
Stäbe untereinander sind durch Metallschuhe hergestellt, an welche gleichzeitig die Zug¬ 
drähte zum Verspannen angreifen. Der ganze Träger von 20 m Länge, welcher eine 
Gesamtbelastung von 1000 kg ohne nennenswerte Verbiegung bereits getragen hat, wiegt 
nur 113 kg. Die Schraube von 3,80 Durchmesser wird durch einen 24/30 PS Buchet- 
Motor angetrieben und läuft mit nur 4—500 Touren. Zum Einstellen der Flächen bzw. 
des ganzen Fliegers dient ein unter dem Ballon an zwei Seilen aufgehängter Korb. Die 



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251 «444 


Länge der Leinen kann vom Führersitz aus verändert werden, sodaß der Schwerpunkt 
des gesamten Systems verlegt und damit die Neigung geändert wird. Der untere Korb 
soll außerdem zur Aufnahme von Passagieren etc. dienen. E. 


Flugtechnische Übersicht. 

Drachenflieger ’Edmond Seux. In Lyon hat Edmond Seux, der sich bereits durch 
Arbeiten über die Theorie der Schrauben bekannt gemacht hat, einen neuen Drachen¬ 
flieger gebaut, dessen wesentliches Aussehen die nebenstehende Figur zeigt. Der Flieger 
besitzt eine Tragfläche (A) von 10 m Spannweite und 1,85 m Länge. Der Schnitt .der 
Fläche zeigt konkav-konvexe Form, eine Form, die sich in die Flugtechnik immer mehr 
und mehr einbürgert, da sie in bezug auf Stabilität ausgezeichnete Eigenschaften zu 
haben scheint. Der Vorderrand der Fläche ist verdickt. Diese Verdickung nimmt nach 
dem Hinterrande zu ab. Die seitlichen Teile der Fläche können sich unter dem 
Einfluß von passend angebrachten Federn 
nach oben biegen, wodurch die seitliche 
Stabilität gewahrt werden soll. Ein vor¬ 
deres Höhensteuer C dient zum Ansegeln 
des Fliegers. Mit Hilfe einer Feder soll dieses 
Steuer bei Feststellung der Steuerleine die 
Längsstabilität automatisch aufrecht erhal¬ 
ten. Ein zweites Höhensteuer D ist etwa 
3 m vom Hinterrande der Tragfläche vor¬ 
gesehen. Dieses Steuer soll gleichfalls au¬ 
tomatisch die Längsstabilität regeln. Auf 
welche Weise dies geschieht, wird nicht an¬ 
gegeben, jedoch scheint das Steuer durch 
eine Feder (B) dauernd gegen die Achse des 
Apparates geneigt zu sein, so daß bei zu 
großem Neigungswinkel ein größerer Druck 
auf das Steuer ausgeübt wird, welcher das 
Ende des Fliegers hebt und den Neigungs¬ 
winkel wieder verkleinert. Die Feder (B) 
scheint danach den Zweck zu haben, ver¬ 
mittelst des Steuers (D) stoßweise Schwan¬ 
kungen der Längsachse zu dämpfen. Zur 
seitlichen Steuerung dient eine, das hintere 
Höhensteuer umfassende senkrechte Fläche. 

Die Tragfläche ist 24 qm groß und trägt 
bei einem Gesamtgewicht des Fliegers von 
450 kg 18 kg/qm. Zum Anlauf dienen vier 
Räder, die an dem Gestell aus Stahlrohren 
montiert sind. Die gegenläufigen Schrauben, von 1,80 m Durchmesser und 1,20 m Steigung, 
haben zwei Flügel und werden von einem zweizylindrigen V-Motor, System Anzani, von 
35 P. S. angetrieben. Das Gewicht des Motors beträgt 100 kg. Die Schrauben sind be¬ 
sonders von Seux konstruiert und haben, wie die Tragfläche, eine verdickte Vorder¬ 
kante. Diese Verdickungen sollen den Luftwiderstand verringern. Ehe die Flugmaschine 
endgültig gebaut wurde, hat Seux vielfache Versuche mit Modellen ausgeführt. 

Ein erster Vorversuch der Flugmaschine fand am 15. Mai, gegen 4 Uhr nachmittags, 
auf dem Exerzierplatz in Lyon statt. Nach einem Anlauf von einigen Metern hatte der 
Flieger bereits eine Geschwindigkeit von 7—8 m p. S. Das Zerbrechen eines Hinterrades 
führte den Versuch jedoch vorzeitig zu Ende. In kurzer Zeit war ein neues Hinterrad 
eingesetzt, und Seux versuchte zum zweiten Male. Die Geschwindigkeit auf dem Boden 



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252 «« 


schien diesmal größer zu sein, so daß nach einem Anlauf von etwa 20 m der Vorderteil 
um 25—30 cm gehoben werden konnte, und der ganze Apparat scheinbar im Begriff 
steht, sich vom Boden abzuheben. In diesem Augenblick jedoch fällt der Flieger zurück, 
macht eine kurze Kurve von 180° und steht fest. Die Ursache des Unfalls lag in dem 
Anheben des Vorderteils. Dabei hatte eine Schraube den Boden berührt, ein 20 cm tiefes 
Loch geschlagen und war zerbrochen. Die andere Schraube hatte dann wohl den Flieger 
gedreht. Die beiden Hinterräder wurden vollständig vom Gestell abgerissen. Weitere 
Beschädigungen waren nicht eingetretep. Der Versuch hat gezeigt, daß die Maschine 
flugfähig ist. Die Mängel, welche sich dabei ergaben, sind leicht durch Erhöhen und 
Verstärken der Räder zu beseitigen. Sobald der Flieger wieder hergestellt ist, werden 
die Versuche fortgesetzt. (Nach l’Aöro-Revue.) 


Henri Gulllon de Pirajou, ein junger Franzose, hat Anfang Mai in England 
einen Drachenflieger versucht. Der Drachenflieger ist ein typischer Doppeldecker mit 
vorderer Schraube, dessen obere Fläche einen dreieckigen Ansatz trägt. Das Höhen¬ 
steuer ist an der unteren Fläche hinten befestigt. Auf dem Boden wurde eine Ge¬ 
schwindigkeit von 10 m p. S. erreicht, ohne daß sich der Apparat frei erhob. Die Ver¬ 
suche wurden wegen Verbiegen der Propellerachse und Beschädigung der vorderen Zu¬ 
satzfläche ausgesetzt. (Nach Ballooning and Aeronautics.) 


Der Drachenflieger Belagrange machte im April einige gelungene Versuche. 
Am 8. April, bei einem Winde von 7—8 m p. S., von Archdöacon gemessen, wurde der 
Flieger auf dem Versuchsfeld in Bagatelle gestartet. Die Führung hatte wieder Charles 
Voisin. Nach einem Anlauf von etwa 60 m drehte Voisin das vordere Steuer auf und die 
Maschine erhob sich mit vorzüglicher Stabilität. Der ziemlich böige Wind hatte keinen 
Einfluß auf den ruhigen Flug. Durch eine Gruppe Zuschauer, die sich in den Weg stellten, 
war Voisin, der einen Unfall vermeiden wollte, gezwungen, die Zündung abzustellen. Er 
landete aus 6—7 m Höhe normal. Durch Seitenwind wurden nach der Landung einige 
geringfügige Verbiegungen am Apparat hervorgerufen. Die zurückgelegte Strecke, von 
Archd6acon und Santos Dumont gemessen, betrug 50 m. Für den 13. April hatte Dela- 
grange einen Versuch angesetzt, den Wanderpreis Archdöacon, den bekanntlich zurzeit 
Santos Dumont mit 220 m hält, zu gewinnen. Die Sportskommission des A6ro-Club 
de France war daher zur Stelle. Um 10 50 vormittags läßt Voisin den Motor anlaufen, 
nach etwa 100 m dreht er das Steuer auf und verläßt den Boden, langsam mit vorzüg¬ 
licher Stabilität auf 3—4 m steigend. Die Landung schien sich ebenso leicht wie der 
Start zu vollziehen. Jedoch durch einen unglücklichen Zufall gerät das linke Rad in ein 
tiefes Loch, so daß die Achse verbogen wurde. Von einer Reparatur an Ort und Stelle, 
die sich leicht hätte bewerkstelligen lassen, wurde Abstand genommen, da Delagrange 
die Aufdringlichkeit des Nachmittags-Publikums fürchtete. Die Zeit wurde von M. Besannen 
mit 4V» Sekunden genommen, die durchflogene Strecke, 35 m, wurde durch Säckchen 
mit Gips, die von einem neben dem Flieger fahrenden Automobil abgeworfen wurden 
und ihren Inhalt auf den Boden verstreuten, von M. Archdäacon gemessen. 


Der Drachenflieger B16riot übte gleichfalls im April erfolgreich. Dieser Flieger 
ist bekanntlich einer der kleinsten und schwächsten, denn er hat nur, worauf noch 
einmal hingewiesen sein mag, eine Tragfläche von 13 qm und einen Motor von 24 P. S. 
Diese Zahlen muß man sich bei der Beurteilung der Ergebnisse vor Augen halten. 

Am 5. April, auf dem klassischen Versuchsfeld in Bagatelle, wurde um 9 Uhr 
morgens ein Versuch gemacht. Nach 100 m Anlauf, gegen ziemlich lebhaften Wind, hob 
sich der Apparat etwa 60 cm und flog 5—6 m. Des starken Windes wegen wurde ge¬ 
landet, wobei einige geringfügige Verbiegungen vorkamen. Auf Grund seiner Erfahrungen 
glaubte B16riot, den Flieger dadurch zu vervollständigen, daß er ihm eine senkrechte 


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Fläche zufügte, welche die Schraube umgab. Außerdem erhielt die Maschine ein drittes 
Rad. Am 7. April, vormittags 11 Uhr, wurde ein Sprung von 4—5 m nach 50 m An¬ 
lauf gemacht. Der Versuch bezweckte, die Grenze festzustellen, bis zu welcher mit der 
Antriebkraft heruntergegangen werden konnte. Da keine Vorzündung angewandt wurde, 
war die benutzte Kraft des Motors kaum 16 P. S. Bei diesem Versuch war das vordere 
senkrechte Steuer provisorisch abgenommen worden. Zwei Versuche am 15. April, gegen 
7 Uhr morgens, ergaben einige kurze Sprünge von etwa 2—3 m. Der zweite wurde 
durch einen Motorschaden beendet. 

Am 19. April sollte ein größerer Versuch unternommen werden, zu dem die am 
5. April zugefügte hintere Fläche wieder abgenommen war. Etwa 100 m wurden auf 
der Erde zurückgelegt, dann drehte Blöriot das vordere Höhensteuer auf. Die beiden 
Vorderräder, dann auch das Hinterrad, verließen den Boden. Blöriot wollte nun horizontal 
weiter fahren und senkte das Steuer. Aber in diesem Augenblick fiel der Apparat auf 
die Nase, der lange Träger vorn zerbrach und der übrige Teil der Maschine war ein 
Trümmerhaufen. B16riot war unbeschädigt. Man schätzte die Geschwindigkeit des Fliegers 
im Augenblick des Aufpralls auf etwa 50 km pro Stunde. Bei diesem Versuch war der 
Schraube eine Steigung von 1,20 m (früher 0,98 m) gegeben worden. 

Vuia hat einen neuen Drachenflieger mit abnehmbaren und zusammenlegbaren 
Flächen von 15 qm fertiggestellt. Das Gesamtgewicht beträgt 213 kg. Am. 4. Juni sollte 
ein erster Versuch stattfinden, wurde jedoch wegen zu starken Windes aufgegeben. 

Barlatier et Blanc, welche früher mit Modellen experimentierten, haben neuer¬ 
dings einen Drachenflieger fertiggestellt, der in Marseille in nächster Zeit versucht 
werden soll. 

m. 

Aeronautische Wettbewerbe. 

Ausschreibungen. 

Der Aero-Club de Belffique veranstaltet in Lüttich am 7. Juli 1907 eine Weit- 
Wettfahrt für runde Freiballons beliebiger Größe, ohne Motor, nach folgenden 
Bestimmungen: 

1. Die Bewerbung ist offen für Führer der «F6d6ration Aeronautiquelnternatinale» 
und wird nach deren Reglements von dem in der Stadt gelegenen, voll¬ 
kommen geschützten Square d’Avroy aus durchgeführt. 

2. Die Anmeldungen sind vor dem 2. Juli, begleitet von 100 Frs. Zulassungs¬ 
gebühr, beim Schatzmeister des Klubs, 5 Place Royale, Bruxelles, einzureichen. 
Führer, welche sich an der Wettfahrt beteiligt haben, erhalten 50 Frs. 
zurückbezahlt. 

3. Das Füllgas, Ballast und Handhabungsmannschaft stehen den sich beteiligenden 
Führern kostenlos zur Verfügung. 

4. 2000 Frs. sind an Preisen und Medaillen ausgesetzt wie folgt 

Grand prix: Ein Kunstgegenstand von 1000 Frs. Wert oder ein gleicher 
Betrag in Geld und vergoldeter Medaille; 

2. Preis : Ein Kunstgegenstand von 400 Frs. Wert oder ebenso das Äquivalent, 

3. > » » » 300 » > > » > » 

4 . * * > > 200 » » » » * » 

5. * » > » 100 > » » > > » 

Internationale Weitwettfahrt für nichtlenkbare Ballons von Ostende nach den 
Britischen Inseln. 

Art. 1. Unterstützt durch den A§ro-Club de Belgique veranstaltet der A6ro-Club 
des Flandres pnter den Festsetzungen der Reglements der F6d6ration A6ronautique 


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Internationale eine zwischen Ostende und den Britischen Inseln auszukämpfende Weit¬ 
wettfahrt für nichtlenkbare Ballons. Als Erster gilt, wer die größte Entfernung vom 
Aufstiegsort erreicht. 

Art. 2. Nur Ballons 3., 4. und 5. Größe (901—2200 cbm) dürfen sich beteiligen. 

Art. 3. Die erreichte Entfernung wird nach größtem Kreis auf Meeresfläche 
gemessen. 

Art. 4. Jeder Bewerber erhält bei Abfahrt ein Bestätigungsschreiben, das er am 
Landungsort durch den Gemeindevorstand unterzeichnen lassen muß. 

Art. 5. Abstiege auf die Meeresfläche bleiben außer Betracht. 

Art. 6. Für die Bewerbung ist ein erster Preis zu 6000 Frs. in Geld und einem 
zu 1500 Frs. bewerteten Becher, ein zweiter Preis zu 2000 Frs. ausgesetzt. Der als 
erster Bestätigte erhält außerdem, vom Aöro-Club de Belgique zur Verfügung gestellt, 
eine goldene, der zweite eine silberne Medaille. 

Art. 7. Die Bewerbung kann in dem Zeitraum vom 10. Juni bis zum 31. Juli 1907 
inklusive ausgeführt werden. Die Bewerber können Tag und Stunde, wie sie ihnen 
günstig scheinen, wählen; doch muß 10 Stunden vor der Abfahrt das Komitee, um 
Füllung, Ordnungsdienst und Zeitbestimmung vorbereiten zu können, benachrichtigt werden. 
Nach Reihenfolge dieser Benachrichtigungen richtet sich auch die Folge der Aufstiege. 

Art. 8. Ein Bewerber kann verschiedene Versuche durchführen. 

Art 9. Jeder Ballon wird von einem Dampfer begleitet, den das Kolhitee den Teil¬ 
nehmern zur Verfügung stellt. Außerdem sind noch folgende Sicherheitsmaßregeln zu treffen: 

a) Der Ballon wird Rettungsvorrichtungen mit sich führen; 

b) er wird mit Vorrichtungen ausgerüstet, die seine Geschwindigkeit unter jene 
des Dampfers herabmindern lassen; 

c) Verbot, nach 2 Uhr nachmittags abzufahren; 

d) vier Stunden vor Abfahrt und von da ab jede Stunde werden Versuchsballons 
von mindestens 1 m Durchmesser aufgelassen, welche innerhalb des Sektors 
West und Nordwest bleiben müssen, wenn die Abfahrt gestattet werden soll 

Art. 10. Jeder Anmeldung zur Nordsee-Überquerung sind 50 Frs. beizulegen. 
Sie ist zu richten an das «Comitö du concours Ostende—Angleterre», dessen Sitz der Kur¬ 
saal von Ostende ist. Das Füllgas wird durch das Ausführungskomitee kostenlos geliefert. 

Art. 11. Die Bewerbung ist international und ausschließlich solchen Mitgliedern 
Vorbehalten, welche ein von der Födöration Aöronautique Internationale anerkanntes 
Führerzeugnis besitzen oder die von einem Führer dieser Föderation begleitet werden. 

Art. 12. Das Ausführungskomitee, welches nach gegenwärtigem Reglement zu 
handeln hat, setzt sich zusammen aus zwei Mitgliedern des Ostender Festkomitees, 
zweien des Aöro-Club des Flandres und zwei Abgeordneten des Aöro-Club de Belgique. 
Das Schiedsgericht der Bewerbung wird nach Art. 71 des Reglements der Föderation 
Aöronautique Internationale gebildet. 

Art. 13. Alle im gegenwärtigen Reglement nicht vorgesehenen Anordnungen und 
Vorbehalte werden im Sinne der Statuts et Reglements der Föderation Aöronautique 
International erledigt. 

Art. 14. Die Wettfahrenden bleiben gegenüber ihren Mitreisenden, Gehilfen und 
auch Dritten verantwortlich bezüglich aller Unfälle oder Schädigungen, welche vor der 
Abfahrt, während der Fahrt oder bei der Landung sich ergeben. K. N. 


Weitfahrt des Aöro-Club de France am 19. Mai 1907. 

Resultate: 

Erster überhaupt Francois Peyrey. 

2. Kategorie (Ballons von 601—900 cbm). — 1. M. F. Peyrey (452 km 8); 
2. M. G. Blanchet (4-13 km 3); 3. M. E. Bachelard (436 km 7); 4. M. Charles Levee 


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(429 km 9); 5. Marquis de Kergariou (308 km); 6. M. Zens (297 km); 7. M. Guffroy 
(245 km); 8. M. Omer-Decugis (240 km). 

1. Kategorie (Ballons bis 600 cbm). — 1. M. Ren6 Gasnier (437 km 8); 2. M. Paul 
Tissandier (423 km 6); 3. M. A. Leblanc (404 km 2); 4. M. E. Giraud (342 km); 5. Comte 
d’Oultremont (300 km); 6. Vicomte de La Brosse (184 km). 


Über die Fahrt des «Archim£de», Führer Blanchet, sendet uns ein Teilnehmer, 
Herr R. Clouth, folgenden interessanten Bericht: 

Ich stieg mit M. Blanchet, einem der besten Piloten Frankreichs, im «Archim&de», 
Eigentum von Blanchet, als erster von 14 Ballons in die Höhe. 

An dem Rennen nahmen die bekanntesten Leute teil, u. a. auch De la Vaulx, 
Santos Dumont, Kapitän Ferber, Tissandier, Leblanc, Mailet, Carton, Comte de la Brosse, 
Comte d’Oultremont etc. 

Um 4 Uhr 30 Min. das erste «lachez tout!». Wir steigen mit unserem Archim&de 
(900 cbm) langsam in die Höhe, von dem «au revoir» der Menge, die zum Feste zahl¬ 
reich erschienen ist, begleitet. Wir steigen bis zu einer Höhe von 5—600 m und gleiten 
langsam nach Orleans. Bis 8 Uhr halte ich 7 andere Ballons im Auge, während Blanchet 
den Ballon ins Gleichgewicht zu bringen versucht. Wir haben 10 Säcke Ballast hoch¬ 
vollgefüllt, also genug, um die ganze Nacht zu fahren. Um 5 Uhr 5 Min. passieren wir 
Saclay und haben in 800 m Höhe einen lustigen Schneefall, der etwa 5 Minuten anhält. 
Um 6 Uhr 30 Min. passieren wir in der Nähe von Etampes (Arrondissement Dourdan) 
und steigen um 6 Uhr 40 Min. (es ist kalt) bis zu 1500 m; um 7 Uhr 10 Min. passieren 
wir Angerville und beginnen uns Orleans zu nähern. Um 8 Uhr 30 Min. steigen wir 
auf 2000 m, ohne indessen eine Handvoll Ballast zu werfen. Wir sind über den Wolken 
ganz dicht bei Orleans und sehen nichts, ungefähr 10 Minuten später teilen sich die 
Wolken, wir fallen langsam bis auf 1800 m und im vollen Glanze des Gasglühlichts liegt 
unter uns Orleans, ein feenhafter Anblick. Wir sehen Züge wie Schlangen sich am 
Bahnhof bewegen, den Marktplatz mit seinem Denkmal, die Brücken im Glanze der 
Lichter über der Loire, überwältigend schön. Wir fallen langsam, aber stetig, bis wir 
schließlich mit dem Schleppseil die Erde berühren, «nous marchons au guide-rope», wie 
der Franzose sich ausdrückt. 

Blanchet ist ganz erregt, weil er an der Erde bleiben will, und er nicht sicher ist, 
ob die Kälte den Ballon nicht wieder hebt, jedoch der alte Archim£de — er ist 3 Jahr — 
fügt sich seinem Wunsche und bleibt unten. Nun teilt mir Blanchet mit, daß es zwei 
Strömungen hier gibt, die untere ist die beste und führt nach Süden, die obere ist schlecht 
und führt ungefähr nach Westen resp. Südwesten. Blanchet beobachtet den Gang des 
Ballons, ich den Himmel. — Da sehe ich plötzlich einen Schatten mit ab und zu elektrischem 
Licht sich hinter uns her bewegen, ich teile es Blanchet mit und er ruft: «Hallo, Hallo, 
Archimfcde hier»; da kommt die Antwort: «Korrigan, an Bord Herr und Frau Omer 
Decugis». Er fällt, dann wirft er Ballast, steigt und saust kerzengerade über uns weg 
mit der Geschwindigkeit eines D-Zuges, in 2 Minuten ist er in der Dunkelheit verschwunden, 
nachdem wir noch ein letztes «Au revoir» gewechselt haben. Wir lachen uns ins 
Fäustchen, der «Korrigan» ist in der falschen Richtung, wir aber nicht. «Da, da, Blanchet», 
rufe ich, «Nr. 2»! «Kein Licht anzünden», sagt Blanchet, «sonst machen die uns die 
Sache nach». Herr Zens macht denselben Fehler mit seinem Ballon und fort saust auch 
er in der falschen Richtung. «Da sind noch mehr sicherlich», sage ich zu Blanchet. 
Ich muß jedoch mein elektrisches Licht anzünden, um nach dem Barometer zu sehen, 
und siehe da, im selben Augenblick erscheint der dritte Schatten, er sieht uns, macht 
Zeichen mit der Lampe, die wir jedoch nicht erwidern. Nun versucht er, unten zu 
bleiben, es gelingt ihm anscheinend, aber bald ist auch er weg, es war der letzte von 
den 13 Ballons, den wir auf unserer Reise sahen. 

Es ist mittlerweile 9 Uhr 30 Min. geworden, der Mond ist da und wir sehen 
ziemlich gut. Dreimal sausen wir in Bäume, aber wir opfern keinen Ballast und der 


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Ballon erhebt sich wieder. Es geht über Felder, Wälder, Teiche und kleine Seen, die 
voll von Enten sind. Nachtigallen hören wir singen, Rehböcke schmälen und sehen 
Hirsche flüchten. Eine wunderbare Ruhe überall, eine ideale Fahrt, die viel schöner 
als die Tagesfahrt ist. Langsam sinkt der Mond gegen 1 bis 2 Uhr, und es wird schwierig, 
zu sehen. Endlich gegen 3 Uhr fängt es an, allmählich hell zu werden, und um 4 Uhr 
passieren wir Chateauroux. Der Ballon schleppt sich träge dahin. Er hat viel Feuchtigkeit 
während der Nacht aufgenommen und es ist fast gar kein Wind mehr. «Wenn nur die 
Sonne bald käme», sagt Blanchet, «dann brauchten wir keinen Ballast zu opfern». 
Endlich, endlich kommt die wärmende Kugel zum Vorschein und wir steigen langsam 
in die Höhe. v 

Von 7 Uhr 55 Min. bis 1 Uhr 15 Min. halten wir uns in einer Höhe von 3500 
bis 3700 m. Die Mutter Erde ist winzig klein und die Menschen sind nur mit dem 
Fernglas zu unterscheiden. Wir ziehen majestätisch dahin unter der brennenden Sonnen¬ 
hitze, sonst ist es eigentlich kalt zu nennen, denn im Schatten der Gondel frieren wir 
so, daß wir unsere Beine einwickeln müssen. Wunderbar schönes Land ist unter uns, 
es fängt an, gebirgig zu werden, die Eisenbahn verschwindet, nur kleine Dörfchen sind 
zu sehen. Da um halb 1 Uhr sehen wir eine größere Stadt und dahinter links eine 
lange Bergkette bedeckt mit Schnee. Wir denken lange, daß wir an Spanien angelangt 
sind, aber schließlich halten wir die Stadt für entweder Clermont-Ferrand oder 
Aurillac. Die ganze Geschichte ist also zweifelhaft. 

Ich habe seit 6 Uhr nichts mehr gegessen und getrunken, und die 5 Stunden lange 
Höhenfahrt von 3500 m hat uns etwas erschöpft, wir wollen nun doch herunter, obvrohl 
wir Aussicht haben, noch bis 5 oder G Uhr weiterzufahren, und auch noch über ca. 200 kg 
Ballast verfügen. Schade! Wir ziehen das Ventil, aber der alte Archimöde will nicht, 
er steigt, anstatt zu fallen. Endlich nach mehrmaligem Öffnen des Ventils fängt er 
langsam an zu fallen und wir gelangen in ein Tal in die Bäume. 10 Minuten später 
kommen Leute, ziehen uns aus den Bäumen heraus auf eine kleine Ebene, wir entleeren 
den Ballon, packen ihn zusammen und laden ihn auf eine Karre mit uns selbst. Wir 
sind also noch 10 km weiter südlich von Aurillac gefallen, wie man uns versichert. — 
Ein alter Baron, noch von der Empirezeit, nebst seinen Damen ladet uns ein, doch etwas 
bei ihm zu nehmen, und wir nehmen nach einigem Zögern an. Wir bekommen vor¬ 
zügliche Bouillon mit Ei, Toast, Eier, Würste, Obst, Wein, Tee und Süßigkeiten, kurz, 
reizende Leute. Ich verspreche denselben eine Photographie vom Ballon, und wir ziehen 
auf unserem Wagen nach Aurillac zu, wo uns um 6 Uhr 15 Min. der Schnellzug nach 
Paris aufnimmt. Am 21. Mai, morgens 7 Uhr, sind wir wieder am Quai d’Orsay und 
somit in der Hauptstadt Frankreichs eingetrofTen, und ich ziehe mit meinem Apparat, 
Höhenbarometer, Kompaß und der grüngelbbraunen Trikolore des Hauses Clouth, die 
von einer 20V* ständigen Fahrt erzählen können, den heimatlichen Räumen in Neuilly, zu. 

In unserer Kategorie, 600—900 cbm, sowie im ganzen genommen, sind wir die¬ 
jenigen, die am ersten oder zweiten die weiteste Distanz zurückgelegt haben. 


Weitfahrt-Wettbewerb des A6ro-Club de Belgique. 

Aus Anlaß des Beschlusses der Föderation aeronautique internationale und der 
Commission permanente internationale de l’aeronautique, ihre Jahresversammlung in 
Brüssel abzuhalten, hatte sich der Aöro-Club de Belgique dafür entschieden, eine eigene 
Kommission einzusetzen, welcher zunächst der Empfang der fremden Abgeordneten, 
dann aber auch die Veranstaltung eines großen internationalen Weitfahrt-Wettbewerbes 
übertragen wurde, der Sonntag, den 15. September im Parc du Cinquantenaire zu Brüssel 
abgehalten werden solle. Zeit und Ort sind in diesem Sinn festgehalten und die Sport¬ 
kommission des A. C. d. B. ist beauftragt, das Reglement für die Durchführung in 
kürzester Frist aufzustellen. Zahlreiche und zum Teil sehr wertvolle Preise sollen aus¬ 
gesetzt werden. K. N. 


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Aöro-Club de Belgique. 

Wie sehr man in Belgien bestrebt ist, den Luftfahrsport zu beleben, geht u. a. 
daraus hervor, daß für die Ballonführer des A. C. d. B. oder mit ihm verbundener Clubs 
durch ein Clubmitglied, M. Alfred Madoux, ein Preisbecher im Wert von 5000 Fr. ge¬ 
stiftet wurde, welcher demjenigen zufällt, der drei Jahre nach einander den Rekord der 
Weitfahrt von Brüssel aushält. Die Bewerbung um diesen «Coup de TEtoile Beige» 
läuft vom 15. Juni d. Js. aus und ist ein besonderes Reglement hiefür aufgestellt. K. N. 


Erledigte Wettbewerbe. 

Mailänder Ausstellung. Die Aeronautical Society of Great Britain hat eine silberne 
Medaille erhalten. 

Die Coupe du Qauiois ist Herrn Alfred Leblanc für seine Fahrt vom 16./17. März 
1907 (Luftlinie 1025 km) zugesprochen worden. 


Wettbewerb von Flugmaschinen-Modellen. 

Paris 1907. Der vom A6ronautique-Club de France veranstaltete Wettbewerb 
hatte folgendes Ergebnis: 1. Preis M. Lassagne, 2. Preis Cornier, 3. Preis Vernanchet. 
Ein ausführlicher Bericht folgt im nächsten Heft. 

jc 


Vereine und Versammlungen. 


Deutscher Luftschiffer-Verband. 

Die diesjährige Tagung des Verbandes findet am 
Cöln statt. 


11. September in 


Föderation Aöronautique Internationale. 

Die diesjährige Tagung der F. A. I. findet am 13. und 14. September in Brüssel statt. 


MUnchener Verein für Luftschiffahrt. 

In der 4. Sitzung des Jahres 1907, Montag den 13. Mai, demonstrierte zuerst 
Herr K. v. Bassus zwei Vergrößerungen von Aufnahmen aus dem Ballon, die in die 
aärologische Abteilung des «Deutschen Museums* eingereiht werden sollen. Die Negative 
sind mit einem Apochromattessar f = 47 cm von Zeiß mit direkter Brennweite, d. h. 
ohne negative Abkürzungslinse aufgenommen und zeigen Burghausen aus 3, bzw. 5 km 
Entfernung. Die Distanzbestimmung geschah photogrammetrisch. Die Schärfe der Bild¬ 
zeichnung ist hervorragend; es sei nur erwähnt, daß auf der 3 km-Aufnahme beide Uhr¬ 
zeiger, auf der andern noch der große Zeiger der Kirchenuhr erkennbar ist. Von diesen 
Negativen fertigte Herr Hofphotograph Traut im Ton wie in der Detaildarstellung sehr 
gut gelungene Vergrößerungen (5 fach linear!) auf Chlorbromsilberpapier an. Der Vergleich 
dieser Bilder mit den Originalplatten (mit entsprechender Lupenvergrößerung) zeigt, daß 
beim Vergrößern keine wesentlichen Einzelheiten verloren gingen. Allerdings ist z. B. 
die Kirchenuhr nicht mit Sicherheit mehr abzulesen; architektonische Details der Kirche, 
Holz- und Eisenkonstruktion an der Brücke, Fensterkreuze sind jedoch noch gut zu 
erkennen. Eigentümlich ist die manchmal ungleich scharfe Wiedergabe von neben¬ 
einander gelegenen kleinen Objekten; z. B. sind auf der 3 km-Aufnahme Personen auf 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 33 


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der Brücke ganz scharf, die Füße von daneben stehenden Pferden dagegen verschwommen. 
Der Grund für diese Verschiedenheit soll in einer schwachen Reliefbildung des reduzierten 
Silberbildes liegen, welche beim Vergrößern störend wirkt. 

Hierauf führte Herr K. v. B. einen selbstregistrierenden Baro-Thermo-Hygrograph, 
System Hergesell, vor, der von Herrn Sedlbauer mit einem durch Trockenelemente ge¬ 
speisten Elektroventilator ausgestattet worden war. Die Vorzüge dieser Stromquelle 
gegenüber den bisher verwendeten Akkumulatoren sind ohne weiteres einzusehen. Die 
Aufzeichnungen des Instrumentes weichen jedoch von den Kontrollablesungen noch so 
beträchtlich ab, daß erst nach weiteren Verbesserungen der Apparat als Universal¬ 
instrument bei Ballonfahrten allgemein eingeführt werden kann. 

Hierauf berichtete Herr Prof. Dr. Hahn über die wissenschaftliche, speziell luft¬ 
bakteriologischen Untersuchungen gewidmete Ballonfahrt vom 11. März 1907. Redner 
kritisierte kurz die bisher angewandten Methoden zur Feststellung des Bakteriengehaltes 
der Luft. Alle derartigen Apparate haben ein Bakterienlilter und einen Saugapparat 
gemeinsam, welcher ein bestimmtes Luftquantum durch das Filter führt. Das Luft¬ 
quantum soll nicht zu klein sein, anderseits läßt das dichte Filter die Luft nur langsam 
durchstreichen; in der Auswahl der hier günstigsten Verhältnisse liegt die Schwierigkeit der 
Apparatkonstruktion. Ein weiteres, noch nicht ganz zufriedenstellend gelöstes Problem ist 
eine von den durch den Ballon verschleppten Bakterien unabhängige Probenahme aus der 
freien Atmosphäre. Da die Fahrt hauptsächlich zur Ausprobierung neuer Apparatmodelle 
bestimmt war, brachte sie auch keine neuen Resultate über den Bakteriengehalt der 
Luft; sie bestätigte nur die schon bekannte Erfahrung, daß die freie Atmosphäre mehr 
Bakterien enthält, als auf Bergen gleicher Höhe gefunden werden; daran änderte auch 
die ziemlich gleichmäßige Schneedecke nichts, die am Tage der Fahrt noch lag. Endlich 
wies der Vortragende auf die Wichtigkeit der Staubzählungen in der Atmosphäre hin. Da 
nämlich über Wasserläufen die Staubzahl ganz auffallend abnimmt, so existiert hier 
vielleicht ein Zusammenhang mit der eigentümlichen Erscheinung der Abzeichnung von 
Gewässern in den Wolken. 

Die Fahrt ging von München aus zuerst nordöstlich; dann drehte der Ballon und 
flog in fast rein südlicher Richtung gegen die Alpen. Wegen der vorgeschrittenen Zeit 
wurde die Landung bei Miesbach bewerkstelligt. Dr. H. Steinmetz. 


Svenska aeronautiska Sällskapet. 

In Schweden gibt es heute außer zwei, dem militärischen Luftschiffer-Park ge¬ 
hörenden Ballons noch vier Ballons, nämlich: 

Andröe (Besitzer: Schwedische Aeronautische Gesellschaft); 

Svenske II (Besitzer: Leutnant Graf H. Hamilton); 

Argonaut (Besitzer: Directeur Karl Smitt) und 

Skandinav (Besitzer: Herr Francesco Cetti. 

Mit Ausnahme des «Skandinav» sind diese Ballons in den «I. A. M.» früher be¬ 
schrieben worden. Der «Skandinav», eine Kugel von 1200 cbm, von einfachem baum¬ 
wollenem Stoffe, ist von dem energischen und als Luftschiffer bekannten Herrn Cetti 
eigenhändig verfertigt um einen Preis von ca. 3000 Kronen. 

Das aeronautische Interesse in Schweden steht seit den «Nordischen Spielen» (siehe 
«I. A. M.», Juli 1905) in fortdauernder Entwicklung. Die aeronautische Wirksamkeit 
bis heutigen Tages geht aus nachfolgendem Auszug des Jahresberichts der Schwedischen 
Aeronautischen Gesellschaft für 1905 usw. hervor. 

Auszug des Jahresberichts des «Svenska Aeronautiska Sällskapet* (S. A. S.) 1905: 

«Während des vergangenen Jahres ist der Verein aus mehreren Ursachen außer 
Stande gewesen, Aufstiege in größerer Anzahl zu unternehmen. Die hauptsächliche 
Ursache liegt in der ungünstigen finanziellen Lage des Vereins. 

Wie bekannt, herrschte im Jahre 1904 eine verhältnismäßig sehr lebhafte aero- 


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259 €« 4 « 

nautische Wirksamkeit. Der Vorstand hatte, um die Kosten der Fahrten teilweise zu 
sichern, mit einer Zeitung einen Vertrag abgeschlossen, an welche gegen Zahlung einer 
gewissen Gebühr Depeschen und Fahrtberichte abgegeben wurden. Diese Methode, das 
nötige Geld zu erwerben, erregte aber den Unwillen der übrigen Presse und wurde daher 
fallen gelassen. Nunmehr müssen die Führer und Passagiere selber alle Kosten be¬ 
streiten und da Dauerfahrten sich sehr teuer stellen (kürzere Fahrten sieht nämlich das 
Programm des Vereins nicht vor), so wird es ganz erklärlich, daß Fahrten selten stattfinden. 

Nunmehr wurde beschlossen, mit dem Ballon des Vereins an den Wettfahrten der 
«Nordischen Spiele* Teil zu nehmen, da die Unkosten dafür von dem Vorstande der 
Nordischen Spiele teilweise übernommen wurden. Trotz ungünstigen Wetters wurde eine 
Wettfahrt, die in militärischer Hinsicht von großem Interesse war, veranstaltet. Sowohl 
der Ballon des Vereins als auch der Konkurrenzballon (Argonaut) wurde von den Führern 
des S. A. S. geführt. Die Aufgabe, die weder leicht noch gewöhnlich war, wurde sehr 
gut gelöst und erregte ein wohlverdientes Aufsehen. 

Ein zweiter Aufstieg wurde während des Sommers in Helsingborg vorbereitet. 
Infolge mehrerer ungünstiger Umstände mußte man diese Fahrt aufgeben — aber der 
Führer mußte die nicht unbedeutenden Kosten derselben tragen. 

Als der Vorstand nun einsah, daß der Verein nicht ohne finanzielle Unterstützung 
arbeiten konnte, wurde ein Ersuchen um einen jährlichen Kostenbeitrag für Fahrten mit 
wissenschaftlichen Beobachtungen der Regierung eingereicht. Die Arbeiten, die der 
Verein bisher ausgeführt, sind derart, daß sie in die Verhandlungen der Akademie der 
Wissenschaften auf genommen werden sollen, und da außerdem befürwortende Erklärungen 
von den Herren Professoren Arrhenius, Hamberg, Bjerknes und Hergesell und Herrn 
Doktor Ekholm abgegeben sind, ist die Sache jetzt so weit fortgeschritten, daß die 
Regierung eine Summe in den Etat eingestellt und dem Reichstag zur Bewilligung vor¬ 
gelegt hat. Da hoffentlich diese Unterstützung bewilligt wird, kann der Verein nunmehr, 
von materiellen Sorgen frei, seine Zeit der Wissenschaft und der Ausbildung geschickter 
Luftschiffer widmen. 

Der Verein hat wärend des Jahres an alle Volksschulen in Schweden Andr6e- 
Photographien ausgeteilt. 

In der Sitzung am 8. Februar 1907 wurde zum Vorstande des Vereins gewählt: 

Vorsitzender: Hauptmann K. Amundson; 

Vize- „ Doktor N. Ekholm; 

Schriftführer: Leutnant E. Fogman; 

V.- „ Ingenieur H. Fraenkel; 

Zeugmeister: Leutnant 0. Sylvan; 

V.- „ Leutnant A. Carlson; 

Schatzmeister: Ingenieur G. Holmberger; 

V.- „ Hauptmann W. Svedenborg; 

Bibliothekar: Doktor J. Westman. 

Der Vorstand hat nie vorher so viele erfahrene Luftschiffer als Mitglieder auf¬ 
genommen. Diese Personen haben zusammengerechnet an ca. 35 Fahrten, davon mehrere 
Dauerfahrten, Teil genommen. 

Der Vorstand hat beschlossen, daß das Ballonmaterial in Kriegszeiten und in 
anderen besonderen Zufällen zur Verfügung des Kriegsministeriums gestellt werden soll. 
Zum Ersatz wird das Material in einem dem Staate gehörigen Gebäude verwahrt und 
gepflegt. 

Der Vorstand hat beschlossen, an diejenigen der Mitglieder, die an 5 Fahrten, 
davon 2 als Führer, Teil genommen haben, Diplome auszuteilen. Auf dieses Diplom 
haben folgende Herren Anrecht: Hauptmann Amundson, Hauptmann Svedenborg, 
Ingenieur Fraenkel und Leutnant Graf Hamilton.» 

Leider ist der von der S. A. S. angeforderte jährliche Beitrag um 3000 Kr., zu 
dem Zwecke, die Teilnahme des Vereins an den Internationalen wissenschaftlichen 


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Fahrten zu ermöglichen, vom Reichstage nicht bewilligt worden, sondern nur eine Summe 
von 2160 Kr. als Beitrag zu den Veröffentlichungen der Internationalen Kommission für 
wissenschaftliche Luftschiffahrt. 

In der Vereinsversammlung am 30. März 1906 hielt Herr Freiherr von Rosen, der 
während der Zeit August—Oktober 1905 eine Kommandierung zum Königl. Preußischen 
Luftschifferbataillon gehabt, einen Vortrag über diese Kommandierung. 

Während des Jahres 1906 sind auf Veranstaltung der S. A. S. 10 Fahrten unter¬ 
nommen worden. Bei 7 dieser Fahrten (1 mit dem <Andr6e> und 6 mit dem «Svenske II*) 
sind wissenschaftliche Beobachtungen ausgeführt und der Meteorologischen Zentralanstalt 
in Stockholm überreicht worden, um für die Internationale Kommission bearbeitet zu 
werden. Von diesen Fahrten verdienen die folgenden erwähnt zu werden: 

27. Juni (Ballon «Svenske II»). Teilnehmer: Leutnant Fogman als Führer und Herr 
G. von Hofsten. Diese Fahrt war sehr abenteuerlich. Die Abfahrt ging um 12 Uhr 20 Min. 
von Idrottsparken in Stockholm bei günstigem Wetter glatt von statten. Der mitge¬ 
nommene Ballast war 265 kg. Als der Ballon um 1 Uhr eine Höhe von 1300 m erreicht, 
schnell gegen die Ostsee trieb, beschloß man, sobald wie möglich zu landen, weil Leut¬ 
nant Fogman nur bis am folgenden Morgen Urlaub hatte und also von einer Fahrt 
über die Ostsee nicht die Rede sein konnte. Während der Ballon sich mehr und mehr 
dem Ostseeufer näherte, senkte man sich langsam bis zu 50 m über die Wasserfläche. 
Mit dem Schlepptau im Wasser flog der Ballon schnell weiter; man erwartete nur, einen 
zur Landung günstigen Platz zu finden. Plötzlich kam ein heftiger Windstoß, der sowohl 
die Gondel als auch den Ballon ins Wasser drückte, und die Insassen mußten also eine 
nicht überaus angenehme Wasserfahrt unternehmen, bis sie endlich, nach einem 2 Stunden 
langen Aufenthalt im Wasser, Terra firma erreichten, zwar naß und ermüdet, aber doch, 
wie auch das Ballonmaterial, unbeschädigt. 

6. Juli (Ballon «Andr6e*). Teilnehmer: Ingenieur Holmberger als Führer und 
Leutnant Freiherr von Rosen. Aufstieg um 3 Uhr von Idrottsparken in Stockholm. Nach 
einer sehr gelungenen Fahrt, die in der Richtung NW. über Säbyholm, Enköping und 
Vesteräs ging, landete der Andröe abends gegen 8 Uhr. 

21. Oktober (Ballon «Svenske II»). Teilnehmer: Leutnant Fogman als Führer und 
Leutnant H. Rosencrantz. Aufstieg um 9 Uhr 50 Min. von der Stadt Eskilstuna unter 
dem Jubel der Einwohmer. Nach 6 Minuten erreichte der Ballon eine Höhe von 900 m 
und flog darauf oberhalb der Wolken in der Richtung NO. gegen die Stadt Strägnäs, die 
man um 10 Uhr 40 Min. passierte. Nachdem der Ballon die größte Höhe der Fahrt 
— 1900 m — erreicht, ging die Reise über den Mälarsee. Um 11 Uhr 50 Min. fuhr 
man an Görveln und der Eisenbahnstation Almarestäket vorüber. Als unterdessen die 
Richtung immer mehr östlich geworden war, beschloß man, die Fahrt zu unterbrechen. 
Die Reißbahn wurde auf einer Höhe von 60 m geöffnet und die Landung erfolgte um 
12 Uhr 45 Min. 

28. Oktober (Ballon «Svenske ü>). Auch diesmal wurde von Eskilstuna abge¬ 
fahren mit Leutnant Fogman als Führer, begleitet von Leutnant Möller. Aufstieg um 
9 Uhr 30 Min., Landung nach einer Fahrt von 8 Stunden bei R&ttvik in Dalame. 

Außer den von der S. A. S. während des Jahres 1906 veranstalteten Fahrten sind 
einige Fahrten teils mit dem «Skandinav», von seinem Besitzer Herrn Cetti geführt, teils 
mit dem «Argonaut* (d. 30. März) mit Herrn Cetti als Führer in Begleitung von Direktor 
Smitt (größte erreichte Höhe 2000 m, niedrigste Temperatur —10° C., Dauer l 1 /« Stunde) 
unternommen. 

In drei der Fahrten mit dem «Skandinav* fuhr der Kadett der Küstenartillerie 
B. D. Bengtsson mit. 

Am 25 jährigen Jubiläum des Berliner Vereins für Luftschiffahrt wurde die S. A. S. 
von ihrem Vorsitzenden, Hauptmann K. Amundson, vertreten. Hauptmann Amundson 
wohnte auch dem Kongreß der F6d6ration A6ronautique Internationale in Berlin im 
Oktober 1906 bei, wobei die S. A. S. der F. A. I. beitrat. 


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Während des Jahres 1907 sind 2 Fahrten mit dem «Svenske II» unternommen 
worden, nämlich: 

30. März. Teilnehmer: Leutnant Fogman als Führer und Leutnant Sylvan. Abr 
fahrt von Idrottsparken in Stockholm. Glatte Landung um 5 Uhr nachmittags bei 
Hafverösund nördlich von Rimbo. 

2. Mai. Teilnehmer: Leutnant Fogman und Ingenieur Holmberger. Abfahrt yodl 
Idrottsparken, Stockholm, um 1 Uhr 45 Min., Landung nach einer Stunde nördlich .vorn 
Stockholm. 

Auf Vorschlag der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt: 
sind von Kiruna in Lappland durch Herrn Professor Hildebrandsson Aufstiege von Ballon^ 
sondes veranstaltet worden, die auch weiterhin fortgesetzt werden. Von diesen Ballons 
sind zwei gefunden, von welchen der eine bis zu einer Höhe von 16500 m gestiegen 
war. Niedrigste Temperatur —56° bei 11000 m. Im Jahre 1906 sind noch niedrigere 
Temperaturen, 80—86° registriert worden. Im Juli dieses Jahres hat Professor Hilde¬ 
brandsson die Absicht, Pilot-Ballons in Bottenhafvet (nördlicher Teil der Ostsee) aufzu¬ 
schicken. 

Am 27. April dieses Jahres fand eine Vereinsversammlüng Statt: Nachdem 20 neue 
Mitglieder aufgenommen und der Jahresbericht verlesen war, wurde zum Vorstande des 
Vereins gewählt: 

Vorsitzender: Hauptmann K. Amundson; 

V.- „ Doktor Nils Ekholm; 

Schriftführer: Leutnant E. Fogman; 

V.- „ Leutnant Freiherr von Rosen; 

Zeugmeister: Leutnant Graf Hamilton; 

V.- „ Leutnant 0. Sylvan; 

Schatzmeister: Ingenieur G. Holmberger; 


V- „ 

Bibliothekar: 


Direkteur Carl Smitt; 
Doktor J. Westman. 


R. J—d. 


Aus ausländischen Vereinen. 

A£ro-Club du Rhone (Lyon). Der A.-C. d. R. hat theoretische und praktische 
Kurse für seine Führeraspiranten eingerichtet, welche wöchentlich einmal, unter Leitung 
von A. Boulade, stattfinden. Die Ballonkasse des Klubs, welche der Anschaffung neuer 
Ballons dienen soll, hat durch Stiftungen einen Zuwachs von 1740 Fr. erhalten. Dafür 
revanchierte sich der Klub in der Weise, daß er für je 200 Fr. Stiftung den Gebern 
eine Ballonfahrt kostenfrei gab. Am 26. Mai wurde ein neuer Ballon «Ampere* von 
1200 cbm aus der Werkstatt Surcouf in Dienst gestellt. 

Jedes aktive Mitglied hat nach den Fahrbestimmungen für 1907 Anrecht auf eine 
Gratisfahrt, soweit die Geldmittel des Klub dies gestatten. Für sonstige Fahrten mit 
den Klubballons ist eine Gebühr von 60 Fr. pro Person zu entrichten. Außerdem ver¬ 
leiht der Klub seine Ballons an die Mitglieder, und zwar Ballons von 900 cbm für 
40 Fr., Ballon von 1200 cbm für 60 Fr., wobei die Fahrer sämtliche Kosten selbst zu 
tragen haben. Nichtmitglieder haben eine Extragebühr von 20 Fr. zu entrichten. Bei 
Aufstiegen von Privatballons zahlt der Klub pro Kubikmeter Gas 6 Cent, an den Fahrer 
zurück, so daß der Fahrer den Kubikmeter Gas für 10 Cent, erhält. 


Adro-Club du Sud-Ouest. Der Vorstand für 1907 setzt sich aus folgenden Herren 
zusammen: Präsident: C. F. Baudry, Vizepräsident: Laurent Sens, Schriftführer: Vicomte 
Ch. de Lirac, Schatzmeister: F. Panajou, Archivar: Paul Löglise, Materialverwalter: 
Alfred Duprat, Materialverwalter-Stellvertreter: Ch. Villepastour, Beisitzer: Louis Gonfre- 
ville, E. J. Guänon, Renö Loste, Josephe Maurel, Vicomte Jehan de Montozon, Ch. Pepin, 
Robert S6guin, Chevalier de Wawak-Adlar. Sportkommission: C. F. Baudry, Gonfre- 


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***& 262 « 4 « 


ville, L6glise, Vicomte de Lirac, Loste, Vicomte de Montozon, S6guin, Villepastour. 
Technische Kommission: C. F. Baudry, J. ßriol, A. Duprat, E. J. Gu6non, Vicomte de 
Lirac, L. Marchis, F. Panajou. 

Beim April-Diner, das am 11. April im Cafe de Bordeaux stattfand, überreichte 
der Vorsitzende dem Vicomte de Lirac zum Andenken an seine schöne Fahrt Bordeaux- 
Cannes ein Goerz-Trieder-Binocle, ferner Herrn L6glise die silberne Erinnerungsmedaille 
des A6ro-Club de France für die Fahrt Bordeaux-Charny (Yonne). Mit der letzten Fahrt 
(3./4. März 1907) war ein neuer Rekord des A£ro-Club du Sud-Ouest (438,5 km) aufge¬ 
stellt worden, der indessen schon am 18 /19. März 1907 vom Vicomte de Lirac mit der 
Fahrt Bordeaux-Cannes (607,75 km) geschlagen wurde. E. 

Patent- und Gebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt. 

Deutsche Patente. 

Anmeldungen. 

77 h W 26 778. 1. 12. 06. Anempodist Wertogradsky, Ekaterinodar, Rußland. — Vor¬ 
richtung zur Bewegung von Luftballons. (Einspruchsfrist bis 30. Juli 1907.) 

77 ä Sch 25 933. 7. 7. 06. Theodor Schtttzler u. Sohn, Nürnberg. — Ballonhülle aus 
Goldschlägerhaut. (Einspruchsfrist bis 3. August 1907.). 

Erteilungen. 

186 497. 28. 7. 06. William Harper, Xew-Blomfield. — Mit einem Luftpropeller ver 
bundane Explosionskraftmaschine. 

186 718. 8. 10. 05. (Priorität vom 15. 10. 04.) Alfred Jacques Bergeron, Bordeaux. 
— Zusammenlegbarer Drache. 

Gebrauchsmuster. 

Eintragungen. 

306023. 10. 4. 07. Friedrich Mensinger, Braunfels. — Flugmaschine gekennzeichnet 
durch ein beliebig schräg zu stellendes Dach und drei Flügelräderpaare. 

306 233. 15. 4. 07. Albert Eggert, Kiel-Gaarden, Elisabethstraße 118. - Luftschiff¬ 

ballon mit zugespitztem Ellipsenquerschnitt. 

307 594. 12. 4. 07. Fa. Joseph SUskind, Hamburg. — Spielzeugluftballon mit Rück¬ 

schlagventil. 

Verlängerung der Schutzfrist. 

272 303. 13. 5. 04. H. S. Booth, Manchester. — Flugmaschine etc. 

Österreich. 

Patente. 

27 133. 15. 8. 06. Josef Franz X. Stohr, Neudorf bei Weißwasser (Böhmen). — Luft¬ 
schiff. Drei nebeneinander liegende Ballons, die beiden seitlichen mit halbkreis¬ 
förmigem Querschnitt, Ebene nach unten; vorn, hinten und unten mit Gas gefüllte 
Steuer. 

27 598. 15. 10. 06. Carl Dippel, Flensburg. — Steuervorrichtung für Luftschiffe. Vor 
dem Steuer sind Windzuführungen angebracht, durch welche dem Steuer ein 
dichterer Luftstrom zugeführt werden soll. 

27 599. 15. 10. 06. Carl Dippel, Flensburg. — Fortbewegungseinrichtung für Luftschiffe. 
Seitlich des Luftschiffes sind schräg gestellte Schrauben, welche der hinteren 
Schraube Luft zuführen. Bei den bisherigen Anordnungen hinten liegender Schrauben 
sollten dieselben nach Ansicht des Erfinders bald in Luftleere arbeiten. Dies soll 
durch die Erfindung vermieden werden. 

27 720. 1. 11. 06. August von Parseval, Augsburg. — Bewegliche Gondelaufhüngung 
für Slotorballons. Die bekannte Parsevalsche Aufhängung. 


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Anmeldungen. 

Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur Alfred Ham¬ 
burger, Wien, VH, Siebensterngasse 1. 

Auskünfte in Patentangelegenheiten werden Abonnenten dieses Blattes unentgeltlich erteilt. Gegen die 
Erteilung unten angeführter Patentanmeldungen kann binnen zweier Monate Einspruch erhoben werden. 

Ausgelegt am 15. Mai 1907, Einspruchsfrist bis 15. Juli 1907: 

Kl. 77 d. Aulig Wilhelm, Sergeant in Beuthen (Preuß.-Schles.). — Einrichtung zum 
Nutzbarmachen von Preßluft: Das Druckmittel wird in einen doppelwandigen, mit 
schräg gerichteten Austrittsschlitzen versehenen, oben offenen und unten am 
Boden mit dreieckformigen Erhöhungen, die zwischen sich eine AustrittsöfTnung 
freilassen, versehenen Behälter eingeführt, so daß bei der Bewegung des Druck¬ 
mittels aus den schrägen Schlitzen nach der gemeinschaftlichen Bodenöffnung die 
oberhalb des Behälters befindliche Luft mitgerissen und auch die in den Abteilungen 
zwischen Innenwand und dreieckförmigen Erhöhungen befindliche Luft mit durch 
die Bodenöffnung gerissen wird, wodurch — nach Ansicht des Erfinders — der 
Aussendruck auf den Boden des Behälters zur Wirkung kommt und demnach eine 
hebende Wirkung auf den Behälter ausübt. 

Kl. 77d. Dotzler Hans, Privatier, Loibl Anten Johann, Privatbeamter und Percival 
Alexander, Generaldirektor, alle in Wien. — Antriebsvorrichtung für Luftschiffe: 
Die Schaufeln, die im wirksamen Teile der Kreisbewegung des Flügelrades der 
Luft die volle Fläche und im unwirksamen Teile die kleinste Fläche darbieten, 
sind auf ihrer Drehachse zentral angeordnet und werden zwangläufig verdreht. 

Kl. 77d. K^]bi6 Heinrich, Bäckermeister in Desinid (Kroatien). — Flügel für Luftschiffe: 
Er besitzt eine mit einem torsionsfähigen Tragarm verbundene Vorderkante sowie 
eine zweckmäßig im Verhältnisse zu letzterer schwächer dimensionierte Hinter¬ 
kante, um infolge der nachgiebigen Anordnung des schräg gegen die Horizontale 
gestellten Flügels bei abwärts gerichtetem Schlage den Neigungswinkel der 
Flügelfläche gegen die Richtung des Luftwiderstandes vergrößern und bei aufwärts 
gerichtetem Schlager verkleinern zu können, wodurch der elastische Tragarm 
gespannt wird und der Flügel stets senkrecht zur Richtung des Schlages fortbewegt 
werden soll. 

Kl. 77 d. Lentz Hugo, Ingenieur in Halensee b. Berlin und Bellens Charles, Ingenieur 
in Neuilly-sur-Seine. — Verfahren und Vorrichtung zur Beeinflussung atmosphärischer 
Luft oder Flüssigkeiten zwecks Erzeugung von Gegenwirkungen : Eine oder mehrere 
Druckflächen beliebiger Form werden geradlinig und parallel zu sich selbst so hin 
und herbewegt, daß während der Arbeitsphase eine stark beschleunigte Bewegung 
erzielt wird. Die Geschwindigkeit der wirksamen Pulsationsbewegung der Druck¬ 
fläche wird größer gemacht als die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in 
der Luft. Die Ansprüche 3—5 kennzeichnen eine Vorrichtung zur Durchführung 
dieses Verfahrens. 

Literatur. 

Russische Literatur aus dem Jahre 1906. 

^Sapiski 64 der K. russischen technischen Gesellschaft. Jahrg. 1906. Schabskij. 
Die Fortschritte der Aviatik in den letzten Jahren. Vortrag. Der Vortrag stützt 
sich hauptsächlich auf das im «A6rophile» in den letzten Jahren niedergelegte Material. 
Es werden zuerst die Luftschrauben nach ihrer Wirkungsweise untersucht, dann das 
spezifische Gewicht der in Frage kommenden Motore besprochen und endlich die 
Helikopterensytseme französischen Ursprungs aus den letzten Jahren angeführt. Aus¬ 
führlicher werden die Aeroplane behandelt, deren erster Anfang auf Otto Lilienthal 


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zurückgeführt wird. Zur Besprechung gelangen die Systeme von Chanute, Gebr. Wright, 
Archdeacon, Langley, Ferber, Montgomery und Berger. 

„Wosduchoplawatel“. Russisches Journal für Aeronautik. Jahrgang 1906. Uljanin. 
Drachen zum Heben von Lasten. Die Drachenfläche wird der Hauptsache nach 
aus einem gestreckten Sechseck von 6 l /i qm Oberfläche gebildet, dessen größte Diagonale 
2*/t m lang ist. Diese Fläche ist in der Mitte in der Richtung der Längsachse durch¬ 
brochen. Quer zur Achse und senkrecht zur Drachenfläche sind 2 aus je 2 getrennten 
Stücken bestehende Kiele angesetzt. Jedes dieser 4 Kielstücke besteht aus je 2 sich 
unter einem spitzen Winkel schneidenden Flächen und hat also die Form eines 0,5 m 
hohen Zeltdaches. Die Drachen werden zu je 6—7 hintereinander an einer Magistral- 
leine, die durch die durchbrochene Mitte hindurchgeht, verbunden. Je 2 dieser Magistral- 
leinen werden an dem Haupttau nach Art der Zweigleinen befestigt und die Last wird 
an der Abzweigungsstelle der vorderen Magistrale angebracht. So können bei mittleren 
Windverhältnissen etwa 200 kg gehoben werden, bei einem Zuge von etwa 500—600 kg. 
Ein Drache wiegt 5 kg. Das Gerüst ist aus Bambus konstruiert. Die Versuche fanden im 
Sommer 1905 im russischen Luftschifferpark statt und fielen sehr befriedigend aus. 

Stetschkin t* Am 31. Mai 1906 verstarb Stetschkin, der Begründer des russischen 
Journals für Aeronautik, das er im Sommer 1903 begründete. Er war von Beruf Journalist 
und war viele Jahre lang an den bedeutendsten russischen politischen Zeitschriften tätig. 

Ssafonow. Die Spannung im Drachendraht. Die Formeln der Kettenlinie 
werden näher ausgeführt und auch der Einfluß des Winddruckes in Rechnung gebracht. 
Die Formeln werden ziemlich kompliziert. Es ergibt sich, daß der größte Zug bei 
einer Kette von Drachen immer unmittelbar unter jedem Drachen wirksam wird. 

Ein unfreiwilliger Aufstieg. Ein neuer Ballon sollte zunächst als Fesselballon 
probiert werden. Nachdem er im Hofe der Gasanstalt gefüllt war, nahmen drei Offiziere 
im Korbe Platz, worauf der Ballon bei geschlossenem Füllansatz etwa 100 m weit auf 
das offene Feld transportiert werden sollte. Das Terrain war uneben und der Wind 
sehr heftig, so daß von den haltenden Mannschaften viele stolperten und der Ballon 
sich losriß. Der Ballon bekam sehr bald einen Riß und senkte sich glücklicherweise 
recht langsam aus geringer Höhe, so daß die Insassen mit einem kalten Bade in einem 
kleinen Teiche davonkamen, in den der Ballon niederfiel. 


Personalia. 

Major H. Hoernes wurde als Bataillonskommandeur in das Infanterieregiment 42, 
Königgrätz, versetzt. 

Dr. Emden, Privatdozent für Physik und Meteorologie an der Universität München, 
unserem früheren Chefredakteur, wurde der Rang und Titel eines außerordentlichen 
Professors verliehen. 

Jochmann, Zinken, Leutnants in der Schutztruppe für Südwestafrika, wurde der 
Kgl. Kronenorden 4. Klasse mit Schwertern verliehen. 

Hauptmann Wentrup, Lehrer beim Luftschifferbataillon, ist ein Patent seines 
Dienstgrades verliehen worden. 

-- 

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel . 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet. 

Die Redaktion. 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 

XI. Jahrgang. -Mi August 1907. im- 8. Heft. 


Aerologie. 

Die Erforschung der höheren Schichten der Atmo¬ 
sphäre auf der Reise S. M. S. „Planet“ von Januar bis 

Oktober 1906. 

Von Oberleutnant zur See Schweppe. 

Die Ausrüstung. Praktische Durchführung der Aufstiege. 

Als im Frühjahr 1905 die Deutsche Seewarte von der Nautischen Ab¬ 
teilung des Reichs-Marine-Amts den Auftrag erhielt, einen Vorschlag ein¬ 
zureichen, wie das neue Vermessungsschiff auszurüsten sei, um auf der Aus¬ 
reise die höheren Schichten der Atmosphäre über den Ozeanen zu erforschen, 
wurde zunächst nur eine Drachenausrüstung 
in Vorschlag gebracht. Die Erfolge, die ge¬ 
rade zu dieser Zeit die Versuche Sr. Hoheit 
des Fürsten von Monaco mit Ballon¬ 
sonde-Aufstiegen im Mittelmeer und später 
im NO-Passat Unter Leitung von Professor 
Hergesell erzielten, legten den Gedanken 
nahe, auch die Ausrüstung des neuen Ver¬ 
messungsschiffes für Ballonaufstiege zu ver¬ 
vollständigen. Ein diesbezüglicher Antrag 
der Seewarte beim Reichsmarineamt wurde 
genehmigt, die Ausrüstung demgemäß er¬ 
gänzt. 

Im folgenden wird eine kurze Beschrei¬ 
bung der Ausrüstung gegeben: 

a) Drachenausriistung. 

Die Drachenwinde ist nach Angaben 
von Herrn Professor Koeppen in der Elms- 
bütteler Maschinenfabrik (Hamburg) gebaut. 

Als Grundlage für die Konstruktion hatte die Winde der Landstation in Groß— 
Börstel bei Hamburg (Station der Deutschen Seewarte) gedient; von ihr war vor 
allem das Prinzip entlehnt, den Druck auf die Vorratstrommel selbst kommen 
zu lassen (im Gegensatz zu anderen Konstruktionen, die die Vorratstrommel 
durch eine davor eingeschaltete Drucktrommel entlasten). Im einzelnen ist die 
Konstruktion aus der nebenstehenden Abbildung (Fig. 1) zu erkennen. Die 
Trommelachse ist in Kulissen beweglich angeordnet, zur Bewegung dient das 
rechts sichtbare Hebelwerk. Diese Einrichtung dient zur Einschaltung des Mo- 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 34 



Fig. 1 . — Draohenwinde nach Koeppen. 


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tors und zum Bremsen und hat den Vorteil, mit einer Bewegung zum Stoppen 
und Bremsen übergehen zu können. Sie wirkt folgendermaßen: Ein auf 
der Trommelachse aufgekeiltes großes Friktionsrad greift bei Stellung der 
Trommelachse «oben» — Einholstellung — in ein gleiches die Verbindung 
mit dem Motor herstellendes und bei Stellung der Achse «unten» — Brems¬ 
stellung — in einen Pockholzbremsschuh. In der Mittelstellung — Auslauf¬ 
stellung — läuft die Friktionsscheibe frei. Die Einrichtung gestattet gutes 
Abstimmen des Bremsens und Auslaufens. 

Der Draht nimmt seinen Weg von der Trommel durch den Verteiler 
und Spannungsmesser über die nach allen Azimuten drehbare Abgangsrolle 
ins Freie. 

Verteiler und Spannungsmesser nimmt der oben sichtbare rechteckige 

Rahmen auf. Der Draht 
wird gezwungen, in 
einer Bucht um diemit- 
telste der drei Schei¬ 
ben zu laufen. Die 
Drahtspannung ist be¬ 
strebt, diese mittelste 
Scheibe gegen den 
Druck der starken Fe¬ 
der aus der Reihe zu 
pressen. Die Bewe¬ 
gung macht der Zeiger 
(links) mit, der auf 
der empirisch in Kilo¬ 
gramme geteilten Skala 
die Spannung anzeigt. 
Der Rahmen ist oben ♦ 
drehbar aufgehängt, 
der rechts sichtbare 
Handgriff gestattet die 
Bewegung des Ganzen quer zur Trommel, die zum Verteilen des Drahts er¬ 
forderlich ist. 

Wie natürlich bei einer ersten Konstruktion zeigten sich beim Bord¬ 
gebrauch einige Mißstände. So war der ganze Bau nicht fest genug, und 
die hohe Anordnung der schweren Teile der Winde bewirkten nach und 
nach, hervorgerufen durch die allerdings ungewöhnlich starken Schlinger¬ 
bewegungen des kleinen Schiffes, ein Schlottern, dem durch Anordnung von 
Diagonalversteifungen an Bord abgeholfen wurde. Ferner war die Winde 
reichlich hoch. Das war ja einerseits günstig, da auf diese Weise der Draht 
von Decksteilen gut freiblieb, anderseits aber erschwerte es doch das Ar¬ 
beiten am Draht erheblich, und dieser Nachteil war so groß, daß in einem 
Bericht des Kommandos für den Neubau einer Winde für das zweite Ver- 



Fig. 2. — Hochlassen des Draohen. 


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messungsschiff vorgeschlagen wurde, die ganze Winde weniger hoch zu 
konstruieren. Dadurch kamen dann auch die schweren Teile tiefer, es 
wurde auch der erstgenannte Mißstand vermieden. 

Die Winde des zweiten Vermessungsschiffes, die Verfasser dieses an 
Bord S. M. S. Möve in Betrieb zu sehen Gelegenheit hatte, kann als muster¬ 
gültig für Borddrachenwinden hingestellt werden. Auch diese ist von Herrn 
Professor Koeppen konstruiert. 

Die Winde steht auf dem Zeichensaaldeck S. M. S. Planet (siehe Fig. 2) 
und ist so aufgebaut, daß für die Stellung mit dem Gesicht nach achtern 
— und in den allermeisten Fällen steht man zur Beobachtung der Drachen 
so — alle Hauptteile gut zur Hand und gut zu sehen sind. 

Draht: Als Drachenleine wurde Gußstahl — Klaviersaitendraht von 
Felten & Guilleaume — angeschafft, und zwar in drei verschiedenen 
Stärken. Die Drahtbewicklung auf der Trommel bestand aus etwa 3 km 
0,9 mm, etwa 2,5 km 0,8 mm und etwa 5 km 0,7 mm Draht. 12 km 
Draht faßt die Trommel im Maximum. 

Drachen: Bezüglich der Drachen wird auf die im Heft II, 1906 der 
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie gegebene Beschreib¬ 
ung der Diamantdrachen « Modell Deutsche Seewarte 1904» verwiesen. Die 
Ausrüstung bestand aus je zehn großen Drachen mit Flügeln, großen ohne 
Flügel und kleinen ohne Flügel. Die letztere Art ist nicht verwendet worden. 

Die Drachen nehmen in zusammengelegtem Zustand so wenig Platz 
ein, daß sie im Zeichensaal unter einem Zeichentisch in einem dazu von 
der Werft hergestellten einfachen Holzgestell Platz fanden. 

Instrumente: Die Dracheninstrumente waren von der Firma J. & A. 
Bosch-Straßburg gebaute Baro-, Thermo-, Hygro-, Anemographen. Der 
Wunsch, unter Innehaltung der für die Drachenausrüstung ausgeworfenen 
Summe dem Schiff eine möglichst große Anzahl von Instrumenten mitzu- 
'* geben, ist wohl für die Wahl dieser billigen Instrumente (Preis inkl. Ane¬ 
mometer, das allein 45 Mk. kostet, etwa 215 Mk.) maßgebend gewesen. 
Die «Planet»-Erfahrungen haben dies Prinzip als nicht zweckmäßig erwiesen. 
Es ist- während der ganzen nahezu 8 Monate langen Arbeitsperiode bei 
Drachenaufstiegen nicht ein einziges Instrument verloren worden. Man 
kann somit für Drachenaufstiege über dem Meere unbedenklich die besten 
Instrumente verwenden, muß das sogar tun, wenn man die Ergebnisse mit 
der aufgewendeten Arbeit in Einklang bringen will. 

Die Instrumente befinden sich in einem Korkkasten, auf dessen obere 
Decke das Flügelrad-Anemometer aufgeschraubt werden kann, und der an 
der Stelle, wo die Federn auf der Trommel schreiben, ein Glimmer¬ 
fenster hat. 

Die Federn der Meteorographen schreiben auf berußtem Papier. Die 
Registriertrommein haben dreistündige Umlaufszeit. Die Trommeln wurden 
mit transparentem Papier und Blaupause darunter belegt — ein Verfahren, 
das Professor Koeppen angegeben hatte —. Man erhält dadurch sofort 


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beim Aufstieg eine Kopie, und das Verfahren hat den weiteren wesentlichen 
Vorteil, bei mehr als dreistündigem Aufstieg die Entzifferung der eventuell 
ineinandergelaufenen Kurven (besonders Anemometer) zu erleichtern, da auf 
der Kopie die einzelenen Umdrehungskurven durch die Stärke der Belicht¬ 
ung sich unterscheiden. Auch geht, was für Bordaufstiege wichtig ist, bei 
Unfall — Brechen des Drahtes oder Schießen des Instrumentdrachens —, 
durch den der lnstrumentdrache und damit das Instrument ins Wasser 
kommt, die Registrierung nicht verloren, sondern bleibt in der durch das 
Wasser fixierten Kopie erhalten, während die Rußschrift meist so weit ab¬ 
gewaschen ist, daß ein Entziffern der Kurve schwer oder unmöglich wird. 

Ein umfangreicher Vorrat an Werkzeug und Material zum Ausbessern 
und eventuell zur Neuanfertigung von Drachen, Reserveteile für die Winde, 
Schnur, eine Luftpumpe mit anzuschließendem Manometer zur Eichung der 
Barographen, Glasskalen zur Auswertung der Kurven, einige Führungsrollen 
usw. vervollständigten die Ausrüstung. An Bord angefertigt wurde ein 
Glastisch, der, elektrisch von unten her beleuchtet, die Auswertung der 
Kurven wesentlich erleichterte. 


b) Ballons. 

Ausrüstung: Die Ausrüstung — zunächst nur für den Atlantischen 
Ozean berechnet, Nachsendung weiterer Vorräte wurde von dem von Kap 
Verden aus einzusendenden Bericht abhängig gemacht — bestand in zwölf 
Ballons zu 1,5 m Durchmesser für Ballon-sonde-Aufstiege und 30 Pilot¬ 
ballons ä 0,5 m Durchmesser. Der erwähnte Bericht befürwortete trotz 
der stattgehabten Mißerfolge im NO-Passat die Fortsetzung der Versuche 
und bat um entsprechende Nachsendung von 1,5 m-Ballons. Die 0,5 m- 
Ballons mußten als für Versuche von Bord aus — bei der Unmöglichkeit 
der Verwendung eines Theodoliten mit gutem Fernrohr bzw. eines festen 
Fernrohrs — als völlig untauglich bezeichnet werden. Es wurde gebeten, 
als Pilotballons solche von 1 m zu bestellen und nachzusenden. Die Nach¬ 
sendung traf in Kapstadt ein und bestand in 24 Ballons k 1,5 m, 20 ä 1 m 
und 30 ä 0,5 m. Letztere waren wohl schon vor Eingehen unseres Be¬ 
richtes beschafft worden. 

Unterbringung. Die erst gelieferten Ballons waren eingelötet ge¬ 
wesen. Da die Ballons bei dieser Aufbewahrung keine Materialveränderung 
zeigten, wurde die Nachsendung — die Ballons befanden sich in Kartons 
— sofort eingelötet. 

Wasserstoff. Der zur Füllung der Ballons nötige Wasserstoff wurde 
vom Luftschifferbataillon in Tegel-Berlin zur Verfügung gestellt. Auch von 
diesem mußte ein großer Vorrat nachgesandt werden, der in Durban an 
Bord genommen wurde. 

Instrumente. Drei der Bosch-Dracheninstrumente waren von Dr. 
Kleinschmidt in Straßburg i. E. — der die sämtlichen Dracheninstrumente 
geeicht hatte — für niedrigsten Druck und größere Temperaturamplitude 


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geeicht worden. Ferner waren für diese Instrumente drei gegen Kälte kom¬ 
pensierte Uhren mit einstündiger Umlaufszeit von der genannten Firma 
J. & A. Bosch geliefert. Zwei weitere derartige Uhren trafen in Kapstadt 
ein; die Nacheichung zweier weiterer Dracheninstrumente für Ballonaufstiege 
wurde an Bord unter der Luftpumpe bzw. durch Kohlensäurekältemischung 
ausgeführt. 

Vorrat an Schnur von verschiedener Stärke, eine Federwage zum 
Messen des Auftriebs der Ballons, ein Manometer, ein Vorrat an Kautschuk¬ 
plättchen zum Verkleben kleiner Löcher, ein Stück unvulkanisierten Kaut¬ 
schuks zur Verwendung bei Verkleben größerer Risse, Chemikalien zur 
Herstellung von Klebstoff usw. waren in hinreichender Menge vorgesehen. 

Die praktische Durchführung der Versuche, 
a) Drachenaufstiege. 

1. Vorbereitungen. Da der Raum an Bord es nicht zuließ, einen 
Verschlag zur Aufstellung von fertig zusammengesetzten Drachen vorzusehen, 
so mußten die Drachen jedesmal neu zusammengesetzt werden. Für die 
Drachen hat sich dies nicht als schädlich erwiesen, es ist auch nicht ein 
einziger Versager zu verzeichnen gewesen, der auf Mängel des Drachen¬ 
materials zurückzuführen wäre. Das Personal gewann in der Zusammen¬ 
setzung derartige Übung, daß in einer halben Stunde leicht vier bis sechs 
Drachen gebrauchsklar gemacht werden konnten. Das ist denn auch die 
Zeit, die im allgemeinen für die Vorbereitungen angesetzt werden mußte, 
da das Klarmachen der Winde und des Instrumentes gleichzeitig mit dem 
Zusammensetzen der Drachen geschehen kann. 

Die Vorbereitungen an der Winde bestanden im Aufsetzen der Ab¬ 
gangsrolle, die zwecks besserer Konservierung jedesmal nach dem Aufstieg 
abgenommen wurde, und in gutem Einölen der Friktionsscheiben und des 
Bremsschuhs zur möglichsten Verminderung der Reibung beim Auslassen. 
Das letztere war vor allem deswegen unerläßlich, weil beim Schlingern des 
Schiffes sich die Friktionsscheiben bei dem unvermeidlichen seitlichen Spiel¬ 
raum der Achsen seitlich gegeneinander legten und so ziemlich stark gegen¬ 
einander rieben. Bei stärkerem Überholen war trotzdem die Reibung so 
stark, daß die Trommel festgebremst wurde, so daß bei etwa 10 kg Druck 
und darunter das Auslassen sich stoßweise und entsprechend langsam vollzog. 
Dem Übelstande war mit Bordmitteln nicht abzuhelfen, eine Gefahr für den 
Drachen oder Draht hat es bei geringem Druck nicht zur Folge gehabt. 

Die Instrumententrommel wurde mit einer Terpentinflamme berußt. 

Die Federn brauchen nur sehr lose anzuliegen, da das Instrument so 
eingebaut wird, daß die Federn über der Trommel schreiben und so mit 
ihrem Gewicht allein aufliegen können. Die Registrierungen waren gut. 

2. Aufstieg. Zum Aufstieg hat der Leiter zugleich das Manöver des 
Schiffes in Kurs und Geschwindigkeit in der Hand. 

Die Drachen wurden zumeist an einer Schnurvorleine von etwa 40 m 


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Länge hochgelassen, nur unter sehr günstigen Verhältnissen wurden Neben¬ 
leinen aus Draht verwendet. Das Hochlassen geschah nach dem von Pro¬ 
fessor Hergesell angegebenen Verfahren in der Weise, daß über die Leine 
ein Ring in der Art eines Schlüsselringes gestreift wurde. Dieser Ring 
— der an eine Flaggleine angenäht ist, so daß er also geheißt und nieder¬ 
geholt werden kann — wurde über die Fesselungsbucht des Drachens über¬ 
gestreift und dann mit der Flaggleine hochgeheißt unter gleichzeitigem 
Auffieren der Drachenleine. x ) So kommt der Drache gut gefesselt in etwa 
Masthöhe. Jetzt wurde der Ring festgehalten und die Drachenleine langsam 
ausgelassen. Stand der Drache an der Vorleine gut, so wurde der Ring 
niedergeholt und abgenommen und die Vorleine mit einem Haken — nach 
Angabe der Borsteler Drachenstation angefertigt — am Draht befestigt; und 
dann konnte ausgelassen werden. 

Das beschriebene Verfahren hat sich unter allen Verhältnissen bewährt. 

Die Nebendrachen wurden, wenn die Verhältnisse es irgend zuließen, 
so rechtzeitig hochgelassen, daß sie bereits standen, wenn sie angesetzt 
werden sollten. Der Aufstieg ging so mit der geringst möglichen Verzöge¬ 
rung von statten. Dies Verfahren hat den weiteren Vorteil, daß man so 
rechtzeitig ein Urteil über gutes Fliegen des Drachens gewinnt, daß er¬ 
forderlichenfalls ein Niederholen und Hintrimmen ohne Zeitverlust er¬ 
folgen kann. 

Bei stark arbeitendem Schiff treten sehr starke Spannungsdifferenzen 
auf, so lange der letzte Drache wenig Draht hat. Später wirkt die Bucht 
des Drahtes federnd. Man hat daher zuerst nach Ansetzen eines neuen 
Drachens möglichst schnell auszulassen. Im allgemeinen sind Stampfbewegungen 
gefährlicher als Schlingerbewegungen, wie das ja erklärlich. 

Kursänderungen wirken erst nach geraumer Zeit auf Änderung der 
Spannung; man ändert daher am besten von Strich zu Strich, um zu plötz¬ 
liche Spannungsänderungen zu vermeiden. Sind die oberen Drachen nicht 
zu sehen, so geben die Spannungen auf verschiedenen Kursen einen rohen 
Anhalt für den oben herrschenden Wind. 

3. Ein holen. Durch die Einholgeschwindigkeit konnte — besonders 
in letzter Zeit unter Ausnutzung der gewonnenen Erfahrung — die Aufstiegs¬ 
höhe beträchtlich vergrößert werden. Nur dadurch ist es im Passat ge¬ 
lungen, in die über der nur niedrigen Passatzone lagernde Mischungsschicht 
mit Stille oder ganz schwachem Wind vorzudringen. Es wurden zu dem 
Zweck — wenn, wie das im Passat der Fall war, die Verhältnisse oben 
beurteilt werden konnten — oben viele Drachen angesetzt, dann wurde so 
viel Draht ausgelassen, daß etwa 2 km zum Einholen zur Verfügung standen, 
bis der nächste Drache kam, durch höchste Fahrt des Schiffes das Gespann 
bei gestoppter Winde so hoch wie möglich gebracht und dann unter Bei¬ 
behaltung der Fahrt so schnell eingeholt, daß der Druck sich an der zu- 


J ) Diesen Moment zeigt die Abbildung 2. 


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lässigen Höchstgrenze hielt. So lange der Draht nur geringen Abgangswinkel 
hatte, war der Erfolg gut, bei wachsendem Winkel wird naturgemäß bei 
gleichbleibender Einholgeschwindigkeit die als «Wind» wirkende Horizontal¬ 
komponente kleiner, damit auch die Wirkung auf Steigen. Da nun die 
Höchstgeschwindigkeit des Einholens im Verein mit der Höchstgeschwindig¬ 
keit des Schiffes — die auch bei glatter See nicht höher als 4 m/sek. an¬ 
gesetzt werden kann — gerade genügt, um die Drachen in Windstille höher 
zu bringen, so ist einzusehen, daß durch das schnelle Kürzerwerden des 
Drahtes zum Heben der Drachen ein ungleich stärkeres Wachsen des Ab¬ 
gangswinkels erforderlich wird, und daß so dem Höherbringen bald dadurch 
ein Ende gesetzt wird, daß der Abgangswinkel sich nicht mehr steigert. Je 
höher die Schiffsgeschwindigkeit, um so weniger braucht die Einholgeschwindig¬ 
keit in Anspruch genommen zu werden, um so günstiger also sind die Aussichten. 
Jede Seemeile Geschwindigkeit mehr ist in diesem Falle von größtem Wert. 

Zum letzten Niederholen der Drachen an der Nebenleine konnte oft der 
erwähnte Knebelungsring entbehrt werden. 

4. Havarien. Havarien waren in der letzten Zeit sehr selten, und 
das muß wohl nicht zum wenigsten dem guten Material zugeschrieben werden. 
Ein Brechen des Drahts hat im allgemeinen nur geringe Verluste an Draht 
zur Folge gehabt, niemals den des Instruments, mit Ausnahme der Uhr 
(siehe unten). Stehen noch mehr als ein Drache — wie das wohl beim 
Brechen des Drahts stets der Fall ist —, so verankert der unterste Drache 
das ganze System derart, daß es nur mit geringer Fahrt leewärts treibt. 
Man fischt dann den im Wasser treibenden Drachen mit einem Draggen, 
schließt den Draht neu an und kann dann weiter einholen. 

Ins Wasser gefallene Instrumente. Solange das Personal noch 
nicht die erforderliche Übung hatte, fiel in dem unten ziemlich kräftigen 
NO-Passat der Instrumentdrache gleich beim Hochlassen zweimal ins Wasser. 
Seitdem ist nur ein weiterer derartiger Unfall zu verzeichnen gewesen, der 
durch Verwendung eines lädierten Verbindungshakens verursacht wurde. 

Die ins Wasser gefallenen Instrumente wurden sofort auseinander ge¬ 
nommen, die Uhr in absolutem Alkohol gebadet und danach mit Äther ab¬ 
gespritzt, die übrigen Teile in Süßwasser und danach in Alkohol gebadet. 
Es gelang jedoch bisher nicht — mit Ausnahme eines Falles —, die Uhren 
zu retten. Ein Nachrosten der Federn, die von außen schwer zugänglich 
sind, konnte nicht verhindert werden, die Uhren gingen in der Regel noch 
einige Tage, dann brach beim Aufziehen die Feder, die durchgerostet war. 

Abgesehen davon schadet den Instrumenten bei der beschriebenen 
Behandlung das Seewasserbad nicht, wie die später im Hafen stattgehabte 
Eichung bewiesen hat. 

Anmerkung. Der Umstand, daß nur die Federn durch das Bad zer¬ 
stört werden, legt den Gedanken nahe, diese Federn zum Auswechseln ein¬ 
richten zu lassen und das zu dem Zweck erforderliche Handwerkszeug in 
der Ausrüstung vorzusehen. 


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b) Ballonaufstiege. 

Das Verfahren der Ballonaufstiege über dem Wasser wird als bekannt 
vorausgesetzt, näheres darüber gibt Hergesell im vierten Heft der «Bei¬ 
träge zur Physik der freien Atmosphäre*, Straßburg 1905, Seite 200. 

Das AufTüllen hat an einem windgeschützten, möglichst freien Platz 
zu geschehen. Am geeignetsten dazu erwies sich die Back. Der Wind 
wurde nach Möglichkeit ausgedampft. Zunächst wurden die Ballons durch 
einen Schlauch mit der Fülltülle der Wasserstofflasche — deren Füllung 
zuvor durch ein Manometer festgestellt wurde — verbunden, doch wurde im 
Laufe der Zeit zu dem einfacheren Verfahren übergegangen, den Füllansatz 
der Ballons unmittelbar auf die Fülltülle aufzusetzen und dort abzubinden. 
Während des Füllens werden die Fesselungsschnüre eingebunden und dann 
an diesen der Ballon derart gefesselt, daß »der Füllansatz entlastet wird. 
Es ist zu empfehlen, die Ballons — beide gleichzeitig — zunächst soweit 
zu füllen, daß sie Kugelgestalt angenommen haben. Dann kann man ein 
angenähertes Urteil über ihre Größe gewinnen — die nie ganz gleich ist, 
es kommen recht beträchtliche Unterschiede vor — und danach den Ballon 
bestimmen, der platzen soll, also stärker aufzublasen ist. Man wird dazu 
im allgemeinen den kleiner erscheinenden Ballon wählen. Aus der vorher 
angestellten Überlegung, wie groß die Aufsteigegeschwindigkeit sein soll, 
wählt man unter Anrechnung der zu hebenden Gewichte des Instruments, 
der Schnüre und des Schwimmers den Grad des Auftriebs. Als ungefähres 
Maß kann gelten, daß der zum Platzen bestimmte Ballon 1 kg mehr Auf¬ 
trieb hat als der andere. Das ist die untere Grenze, volle Sicherheit gibt 
bei der ungleichmäßigen Beschaffenheit des Hüllenmaterials selbst dieser 
Unterschied in der Füllung nicht dafür, daß der vorher bestimmte Ballon 
zuerst platzt. — Daher ist es auch nahezu ausgeschlossen, aus dem Grad 
der Füllung einen Schluß auf die mutmaßliche Steighöhe zu ziehen bzw. 
diese Steighöhe durch das Maß der Füllung zu begrenzen. Und das ist 
Vorbedingung für den Erfolg. Hier an Bord sind fünf Aufstiege mißglückt, 
weil entweder der Aufstieg zu lange dauerte, so daß der bis dahin wolken¬ 
lose Himmel sich bezog, oder weil der Ballon in den großen nicht be¬ 
absichtigten Höhen so starke Windgeschwindigkeiten traf, daß die Ge¬ 
schwindigkeit des Schiffs zum Verfolgen zu klein war. Aus alledem geht 
die unbedingte Notwendigkeit hervor, eine Vorrichtung zu schaffen, die in 
ungefähr bestimmbarer Höhe einen Ballon zur Entleerung bringt oder ihn 
abwirft. 

Es sind verschiedene Versuche unternommen worden, eine möglichst 
einfache und zugleich zuverlässige Abwurfvorrichtung zu konstruieren. Sehr 
zu bedauern ist, daß Herges eil nirgends eine Beschreibung der von ihm 
bei einer Reihe seiner Aufstiege mit Erfolg benutzten Abwurfvorrichtung 
gibt. Damit würden uns die Versuche erspart geblieben sein, zu denen 
weder Zeit noch auch brauchbares Material zur Verfügung standen. 

Während des Füllens werden die Ballons auf Undichtigkeiten abgesucht, 


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die sich in kleinen, kreisrunden Löchern von höchstens 1 mm Durchmesser 
zeigen, und diese durch kleine Kautschukplättchen verklebt. 

Glaubt man, daß die Ballons die richtige Spannung haben, so werden 
sie provisorisch abgeschnürt und «gewogen». Eine für dieses Wiegen mit¬ 
gegebene Federwage erwies sich als wenig brauchbar bei Schlingerbewegungen; 
die Messung durch angehängte Gewichte war ungleich genauer. Nach dem 
Ergebnis des Abwiegens wird nachgefüllt oder abgelassen. 

Inzwischen ist das Instrument verglichen worden, der Schwimmer 
darunter, die Ballonschnüre darüber befestigt. Die Ballons werden langsam 
hochgelassen, bis sie das Instrument tragen, man läßt dann an der Schwimmer¬ 
schnur weiter aus und gibt schließlich den Schwimmer über Bord. 

Vorherschicken eines Pilotballons. 

Läßt die Zeit es irgend zu, so ist das Vorausschicken eines Pilotballons 
unerläßlich, um sich sofort über das zur Verfolgung geeignetste Manöver klar 
zu werden und um aus der vom Pilotballon oben konstatierten Wind¬ 
geschwindigkeit ungefähr die Steighöhe der Ballon-sonde festzustellen, bis 
zu der gute Aussicht zur Wiedererlangung des Instruments vorhanden ist. 
Wie schon in der Einleitung gesagt, waren zu dem Zweck die 0.5 m-Ballons 
nicht geeignet, wohl aber sind es die 1 m-Ballons, die leicht noch auf 15 
bis 20 km Entfernung zu sehen sind (bei günstigen Verhältnissen, trockener 
Luft vor allem). Den Pilots wurde ein Stück Metallpapier mitgegeben, 
dessen Blitzen einmal im allgemeinen weiter zu sehen ist als der Ballon 
selbst, dann aber auch das Auffinden nach Aussichtkommen des Ballons 
hinter einer Wolke wesentlich beschleunigt. 

Verfolgung des Ballons. 

Der Ballonflug wird mit Sextant und Peilapparat verfolgt, zugleich wird 
der Weg des SchifTes auf Millimeterpapier aufgezeichnet. Das letztere ist 
notwendig, um im Augenblick des Platzens des einen Ballons den Platzpunkt 
— berechnet aus Azimut und Höhe, die zur betreffenden Zeit gemessen 
sind — einzeichnen, aus dem vom Ballon beim Aufstieg gemachten Weg 
den Ort des Wiederkommens feststellen und auf diesen Punkt hin Kurs 
nehmen zu können. (Schluß folgt.) 


Aus dem Kgl. Aeronautischen Observatorium Lindenberg. 

Jeder, der sich mit dem Auflassen von Gummiballons beschäftigt, seien 
dies nun kleine sogenannte Pilotballons, die zur Feststellung der Wind¬ 
verhältnisse in der Höhe Verwendung finden, oder Assmannsche Re¬ 
gistrierballons, wird mit der Herstellung eines leicht anzubringenden 
gasdichten Verschlusses des Füllschlauches gewisse Schwierigkeiten haben, 
zumal wenn es sich, wie bei den Pilotballons, um die äußerste Gewichts¬ 
ersparnis handelt. Das nächstliegende, ein Abbinden des Füllschlauches, 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 35 


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läßt sich nicht immer leicht ausführen, wenn dieser selbst aus irgendwelchem 
Grunde einen etwas größeren Durchmesser hat und aus stärkerer Gummi¬ 
platte hergestellt ist: die hierbei unvermeidliche Faltung des Gummis er¬ 
schwert die Anbringung der Ligatur und erheischt, um einigermaßen sicher 
zu sein, daß der Verschluß dicht hält, ein sehr starkes Anziehen der Schnur; 
hierbei pflegt dieselbe zu reißen und man läuft Gefahr, mit den Händen 
in den dünnen Stoff des ausgedehnten Ballons zu fahren, oder den 
Füllschlauch mit der Schnur einzuschneiden. In beiden Fällen wird durch 
den inneren Überdruck Gas aus dem Ballon ausgepreßt, das, wenn man 
nicht an Auftrieb verlieren will, nachgefüllt werden muß. 

Sehr bequem, aber für Pilotballons wegen des Gewichtes nicht ver¬ 
wendbar, ist das vorherige Einbinden eines stärkeren Hartgummischlauch¬ 
hahns, den man nach erfolgter Füllung einfach abdreht; noch besser läßt 
sich das mit dem bekannten Ventil erreichen, das zum Abschluß der Gummi¬ 
luftkissen verwandt wird. Immerhin geht in den meisten Fällen der Hahn 
oder das Ventil, das 1 bis VU Mk. kostet, verloren und bei Pilotballons, 
die, wie die hier verwandten Paturel-Ballons, selbst nur 28 g wiegen, ist 
ein Gewicht von 15 g schon eine unzulässige Mehrbelastung. 

Jetzt habe ich, mit der Organisation der Pilotbeobachtungen bei den 
demnächst beginnenden Aufstiegen des neuen Parsevalschen Luftschiffes 
beschäftigt, das die Motorluftschiff-Studiengesellschaft in Berlin baut, eine 
überaus einfache und naheliegende, meines Wissens aber noch nirgends zur 
Anwendung gebrachte Methode gefunden und erprobt, die ich im Interesse 
meiner Fachgenossen hier bekannt machen möchte. 

Man schiebe den Füllschlauch des Gummiballons einige Zentimeter 
weit über eine etwas weitere Metalltülle, die das Ende des gaszuführenden 
Schlauches bildet, und lege oder «kremple» dann dessen freien Rand um etwa 
x \i cm nach außen um; nachdem die Füllung beendet ist, bestreiche man 
diesen Rand mittels des Zeigefingers rundum mit einigen Tropfen der be¬ 
kannten, in allen Gummigeschäften käuflichen Paragummilösung, lasse sie 
durch Verdunsten des Lösungsmittels (Benzin) ein wenig eintrocknen und 
ziehe nun schnell den Füllschlauch von der Tülle ab, wobei man den um¬ 
gekrempelten Rand wieder umlegt und glattstreicht, dabei dessen Ränder, 
die nun innen mit Gummilösung versehen sind, mit den Fingern fest gegen¬ 
einander pressend; um ein Offenbleiben der beiden Ecken zu verhindern, 
klemmt man sie mit je einer federnden Holzklammer, wie sie in der Photo¬ 
graphie gebraucht werden, einige Minuten lang zusammen und der Füll¬ 
schlauch ist damit äußerst fest und sicher, selbst bei der stärksten Aus¬ 
dehnung des Ballons nicht nachlassend, geschlossen. 

Will man bei größeren Ballons mit steiferem Füllansatz noch beson¬ 
ders sicher gehen, so schiebe man über die Ecken noch je eine der be¬ 
kannten Brief-Heftklammern über und lasse sie mit aufsteigen. Da eine 
solche Klammer nur 1 g wiegt, hat man auf diese Weise einen nahezu 
«gewichtslosen» und völlig sicheren Verschluß hergestellt, den man übrigens, 


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wenn erwünscht, durch scharfes Auseinanderziehen mittels der Fingernägel 
selbst nach längerer Zeit wieder öffnen kann. 

Für Aufstiege von gefesselten Ballons mit Registrierapparaten, welche 
bei schwachem Winde den Drachen ersetzen müssen, verwendet das Ob¬ 
servatorium seit längerer Zeit gefirnißte Goldschlägerhautballons (bau- 
druche, goldbeaters-skin) von 2 1 /» bis 3 m Durchmesser, welche z. Z. am 
besten aus der berühmten Ballonfabrik von E. Carton & V ve Lachambre 
Succ. in Paris 15 e, 24 Passage des Favorites, in dreifacher Lage mit einem 
Gewicht von 1600 g (bei 3 m Durchmesser) und in zweifacher Lage von 
800 g (bei 2 1 la m Durchmesser) im Preise von 330 resp. 160 Frs. in tadel¬ 
losester Qualität hergestellt werden. 

Da ein Ballon von 3 m Durchmesser 14 cbm Inhalt besitzt und dem¬ 
nach bei Wasserstoffüllung 15 V* kg trägt, so bleibt ihm, unter Abrechnung 
seines Eigengewichts und eines leichten Netzes sowie eines Registrierappa¬ 
rates von 1 kg Gewicht, noch ein «freier Auftrieb» von 12 1 /a kg, der bei 
Windstille imstande ist, unter Berücksichtigung des beim Aufsteigen ver¬ 
minderten Auftriebes fast 3000 m des am Observatorium verwandten «über¬ 
härteten» Stahldrahtes von Felten & Guilleaume in Müllheim a. Rh. von 
0,6 mm Durchmesser (1000 m wiegen 2,37 kg, Bruchfestigkeit 80 kg) zu 
tragen. 

Bei leichtem Winde oder zur Erreichung noch größerer Höhen bringt 
man den zweifachen Ballon von 2 1 /* m Durchmesser, der bei 8 l U cbm 
Inhalt mit Netz noch fast 8 kg trägt, mittels einer Drahtklemme als Hilfs¬ 
ballon an, sodaß man Höhen von 4000 m, in günstigen Fällen noch mehr, 
erreichen kann; hierzu gebraucht man, wenn man den Hauptballon nur zu 
etwa Zweidritteln, den Hilfsballon zu Dreivierteln füllt, nur 15 cbm Wasser¬ 
stoffgas. Der Umstand, daß die elektrolytische Gasanlage des Observatoriums 
der Kosten wegen etwas knapp geraten ist, zwingt zum tunlichst spar¬ 
samen Gasverbrauch, der wieder, wenn man nicht eine grundsätzliche Ver¬ 
ringerung der Höhen in den Kauf nehmen wollte, zur weitestgehenden Er¬ 
leichterung der «toten Last», d. h. der Ballons, Veranlassung gegeben hat. 
Da nun die Hülle des Ballons von 3 m Durchmesser einen Flächeninhalt 
von 28 qm hat, wiegt ein Quadratmeter dreifacher und gefirnißter Gold¬ 
schlägerhaut 56 g, von zweifachem Stoff gar nur 41 g, ein Gewicht, wie 
es wohl von keinem anderen Ballonstoff unterboten werden kann! Leider 
ist die deutsche Industrie auf diesem Gebiete noch zu wenig entwickelt, 
um mit dem französischen Fabrikat konkurrieren zu können, die an mehreren 
Stellen unternommenen Versuche sind wenigstens so gut wie ergebnislos 
geblieben! 

Es läßt sich nicht verkennen, daß die unter der Autorität von v. Sigs- 
feld zunächst entwickelte Methode der Verwendung des Drachenballons für 
wissenschaftliche Zwecke den wesentlichen Vorteil gegenüber dem bis dahin 
ausschließlich verwandten gefesselten Kugelballons darbot, daß man auch 
bei größeren Windstärken wagen konnte, den Ballon an Stelle des Drachens 


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zu benutzen und damit die unfruchtbare Lücke zwischen diesen beiden 
Methoden erheblich zu verkleinern. Außerdem führte die gewissermaßen 
«starre* Form des Drachenballons, welche sich infolge der genialen Ballonet- 
konstruktion um so vollkommener herstellt, je stärker der Wind wird, zu 
einer im ballontechnischen Sinne viel eleganteren Arbeit gegenüber dem 
Kugelballon, der, infolge des Aufstiegs teilweise gasleer geworden, beim 
Herabholen und im Winde rollend und sich drehend, eine hin- und her¬ 
laufende, den Stoff klatschend schlagende «Dalle» erhält, die ihm, von der 
Seite gesehen, die Gestalt eines im Winde flatternden «Hutes» verleiht und 
ein empfindliches LuftschifTerauge geradezu beleidigt! 

Die Drehungen des Kugelballons haben aber wiederholt schon die sehr 
unerfreuliche Nebenwirkung gehabt, daß sie den am Draht hängenden Re¬ 
gistrierapparat, der wegen der Ventilation des Thermometers zur Einstellung 
des Schutzrohres gegen den Wind mit einer Windfahne versehen werden 
muß, vom Drahte abgedreht haben, sodaß er aus beträchtlicher Höhe zur 
Erde gefallen ist, glücklicherweise bisher noch immer nur selbst beschädigt, 
ohne Dritte zu beschädigen! 

Anderseits zwang aber die verhältnismäßig große Oberfläche des 
Drachenballons und der daraus hervorgehende größere Luftwiderstand zur 
Verwendung von beträchtlich stärkeren und deshalb schwereren Haltekabeln, 
so daß man kaum wagen durfte, einen Drachenballon von 70 cbm Inhalt 

anders als an einem Kabel von 250 bis 300 kg Bruchfestigkeit und 10 bis 

11 kg Gewicht pro 1000 m zu verwenden; dazu kam das beträchtliche Ge¬ 
wicht des Ballons selbst (über 40 kg), das wiederum zum Verbrauch 

größerer Gasmengen führte, und schließlich sein hoher Preis (1300 Mk.). 

So ist man denn, nachdem Hergesell zuerst bei seinen Bodensee¬ 
aufstiegen vom Drachenballon zurückgekommen war, auch am Aeronautischen 
Observatorium wieder zum Kugelballon übergegangen, wobei man eine neue, 
anderswo wohl noch nicht verwandte Arbeitsmethode in Anwendung brachte, 
welche auf einer besonderen Einrichtung der dortigen Kabelwinde beruht. 

Der diese betätigende Elektromotor ermöglicht es nämlich, indem er 
auch rückwärts laufen kann, dem aufsteigenden Ballon so schnell seinen 
Haltedraht «nachzuschieben», daß selbst bei mäßigem Winde nur ein ge¬ 
ringes «Abtreiben» erfolgt und der Ballon demnach einem «Freiballon» 
ähnlich, eine beträchtlich größere Höhe erreicht, als wenn er, seinen Draht 
nach sich ziehend, vom Winde niedergedrückt würde. Hergesell erreicht 
dasselbe, indem er sein Motorboot ebenso schnell «mit dem Winde» laufen 
läßt, als dessen Geschwindigkeit in der Höhe des Ballons ist. 

Eine nennenswerte Verringerung der natürlichen Ventilation des Thermo¬ 
meters tritt bei unserem Verfahren aus dem Grunde nicht ein, weil an 
Stelle der Windwirkung die stärkere Aufwärtsbewegung des Ballons eine 
Erneuerung der Luft am Thermometer herbeiführt. 

Bei dem Einholen, das ebenfalls tunlichst schnell geschieht, soweit 
es die hierbei auftretenden Züge im Verhältnis zur Bruchfestigkeit des 


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Haltedrahtes gestatten, wirken dann Abwärtsbewegung und Wind zusammen, 
um eine kräftigere Ventilation zu erzeugen, und man gewinnt bei starker 
Sonnenstrahlung aus dem beim Beginn des Einholens eintretenden plötz¬ 
lichen Fallen des Thermometers leicht ein Urteil darüber, ob die Aufstiegs¬ 
temperatur eine Fälschung durch Strahlung erfahren habe: in solchen Fällen 
werden dann die Aufzeichnungen des beträchtlich stärker ventilierten Ab¬ 
stieges ausgewertet. 

Dem Kugelballon kommt ferner noch die Tatsache gegenüber dem 
Drachenballon zustatten, daß er, in stärkeren Oberwind eintretend, ebenso 
beim Einholen, sofort in die unteren windschwächeren Schichten nieder¬ 
gedrückt wird, während der Drachenballon, wenn auch nicht, wie ein 
Drachen, durch stärkeren Wind zum «Ansegeln» gebracht, so doch nahezu 
in seiner Höhenlage erhalten wird. Die «Züge» wachsen also beim Kugel¬ 
ballon nicht in demselben Maße wie bei dem Drachenballon mit zunehmen¬ 
dem Winde. 

Bei ganz schwachem Winde oder gar bei «toter Luft» können aber 
doch Unsicherheiten über den Einfluß der Sonnenstrahlung bestehen, deren 
völliger Beseitigung ein neuerdings am Observatorium konstruierter künst¬ 
lich ventilierter Thermograph dient. 

Auf Grund des ausgezeichneten Wirkungsgrades des der Firma White, 
Child & Beney patentierten sogenannten «Scirocco-Ventilators», bei 
dem die Luft durch ein «Schaufelrad» gefaßt und fortbewegt wird — das 
Observatorium benützt einen solchen Apparat, der einen breiten Luftstrom 
von einer fast 20 m in der Sekunde betragenden Geschwindigkeit in be¬ 
liebigen Abstufungen zu erzeugen gestattet, zur Prüfung und Justierung 
seiner Anemometer —, habe ich einen kleinen, nur 50 mm im Durchmesser 
haltenden analogen «Scirocco-Ventilator» mit einem minimalen sechsspuligen 
Magnetelektromotor direkt kuppeln und diesen auf das senkrechte, in seinem 
das Thermometergefäß umgebenden Teile doppelte und hochglanzpolierte 
Strahlungsschutzrohr eines gewöhnlichen Registrierapparates mit Bimetall¬ 
thermometer setzen lassen; er macht etwa 60 Touren in der Sekunde und 
wird von einem kleinen, nur 120 g wiegenden Akkumulator von 2 Volt 
Spannung 4 Stunden lang im Gange gehalten. Diese Zeit genügt für einen 
Ballonaufstieg vollständig, um Höhen von 5000 m zu erreichen. Die künst¬ 
liche Luftbewegung im Thermometerrohre beträgt dabei über 4 m p. s. und 
reicht erfahrungsgemäß selbst bei Windstille und stärkster Sonnenstrahlung 
aus, um jeden Strahlungseinfluß sicher zu beseitigen. 

Dieselbe Einrichtung ist übrigens auch mit stärkerem, immerhin aber 
noch im Vergleich mit anderen ähnlichen, sehr kleinem und leichtem Akku¬ 
mulator von 250 g Gewicht, 2 Volt Spannung und 8 Ampörestunden Leistung, 
die fast für 24 Stunden ausreicht, an einem Registrierapparat für die Be¬ 
nutzung bei bemannten Freifahrten angebracht worden. 

Über einige weitere Neuerungen am Aeronautischen Observatorium, wie 
einen verbesserten und billigen Theodoliten zur Verfolgung von Pilot- 


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ballons, von der Firma Bunge in Berlin nach unseren Plänen konstruiert, 
eine neue, wesentlich verbesserte Art von Gummiballons der Continental- 
Caoutchouc- und Guttapercha-Compagnie in Hannover, einen neuen Ver¬ 
bund-Winddruckapparat von Strauß in Frankfurt a. M., besonders auch 
über ein neues Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoffgas aus Calciumhydrür 
nach Prof. Naß und den von der Firma R. Gradenwitz hierfür gebauten 
Apparat, eine in der Vorbereitung begriffene Einrichtung zur Mietheschen 
Dreifarbenphotographie für Wolkenaufnahmen u. a. m., soll in einem 
weiteren Aufsatz demnächst berichtet werden. Außerdem steht zu hoffen, 
daß der höheren Orts vorliegende Plan der Errichtung einer «schwimmen¬ 
den Drachenstation» auf der Danziger Bucht als einer Abteilung des 
Lindenberger Observatoriums die Zustimmung der maßgebenden Instanzen 
und Bewilligung der erforderlichen Mittel durch den Landtag finden wird. 

3. Juli 1907. Richard Assraann. 

m 

Aeronautik. 

Brieftauben bei Ballonfahrten. 

Yon B. Fl üring-Bannen. 

Der eigenartige, aber höchst interessante Brieftaubensport ist in Deutschland erst 
nach dem 1870/71 er Kriege modern geworden. Im Jahre 1881 wurde der Verband 
Deutscher Brieftauben-Liebhaber-Vereine unter dem Allerhöchsten Protektorate Sr. Majestät 
des Kaisers und Königs gegründet. Vorsitzender dieses Verbandes ist seit dem Bestehen 
Graf von Alten-Linsingen in Linden b. Hannover. 

Nach der letzten Bestandsnachweisung gehören dem Verband 1317 Vereine an 
mit einem Gesamtbestande von ca. V 4 Millionen Tauben, welche im Fall eines Krieges 
zur Verfügung des Kriegsministeriums stehen. Von seiten des Kriegsministeriums und 
der Marinebehörde werden jährlich für militärische Aufgaben Auszeichnungen zuteil durch 
Vergebung von goldenen, silbernen und bronzenen Staatsmedaillen an die Züchter. Auf 
den Eisenbahnen genießen die Vereine gewisse Vergünstigungen. Durch Zusammenschluß 
vieler Vereine in eine Vereinigung hat man es fertig gebracht, zum Transport nach dem 
Auflaßort Taubensonderzüge, bestehend häufig aus 20—30 Wagen, laufen zu lassen. Die 
Reisen beginnen Ende April mit den sogenannten Übungstouren von 20—200 km Ent¬ 
fernung, woran sich die größeren Touren, sogenannte Wettflüge, welche sich bis zu einer 
Entfernung von ca. 1100 km ausdehnen, anschließen. Außer den Landtouren werden 
auch Reisen ab See bis an die englische Küste auf 4—500 km Entfernung gemacht; 
zum Transport werden Extradampfer gechartert. Zu Land werden die Reisen bis an 
die russische und französische Grenze ausgedehnt. 

Seit einigen Jahren sind die sonst so beliebten Auflaßorte in Österreich-Ungarn 
und Italien verboten, da unsere treuen Bundesgenossen nicht einmal den harmlosen 
Abflug der deutschen Brieftauben gestatten!! Hoch interessant gestalten sich die Wett¬ 
flüge ; hohe Einsätze werden speziell auf größeren Touren, bei denen häufig 3—5000 Tauben 
konkurrieren, geleistet, und es ist keine Ausnahme, daß bei derartigen Touren Einsätze 
von 30000 Mk. ausgeflogen werden. Der bisher höchste Einsatz für eine Taube war 
75 Mk. mit einem Gewinn von 1105 Mk. 

Bei Preisfliegen war es in früheren Jahren Usus, die Tauben nach ihrer Rückkehr 
im Vereinslokal vorzuzeigen; seit einigen Jahren ist man davon abgekommen, da so- 


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genannte Konstatierungsuhren erfunden sind, welche der Züchter auf seinem Tauben¬ 
boden hat. 

Diese Uhren sind sehr präzise gearbeitet und kosten, je nach Konstruktion, 80 bis 
100 Mk. Die Konstatierung einer zurückgekehrten Taube geschieht durch Gummiringe, 
welche Nummern tragen und die den Tieren vor dem Abflug am Fuße angelegt werden. 
Die Tauben fliegen bekanntlich nur zu Tageszeiten, morgens schneller, wie am Nach¬ 
mittag, und dehnen den Flug auf weite Entfernungen bis zur Erschlaffung aus; 12 bis 
14 Stunden ohne Unterbrechung wird nach der Fluggeschwindigkeitsberechnung eine 
Taube fliegen. 

Die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Taube hat man bei regulärer Witterung 
auf 60—70 km pro Stunde festgestellt; bei Mitwind, speziell aus Südost, fliegen die Tiere 
häufig mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 km pro Stunde und darüber. 

Auffallend ist die Erscheinung, daß bei Nordwind, auch wenn solcher als Mitwind 
arbeitet, die Geschwindigkeit ganz erheblich absorbiert wird. 

Resultate sind zu verzeichnen, daß Tauben auf eine Entfernung von 800 km am 
Flugtage zurückgekehrt sind, auch auf Entfernungen von 600 km aus Italien, wobei die 
großen Terrainschwierigkeiten, das Überfliegen der Alpen, zu berücksichtigen sind. 

Interessante Beobachtungen hat man bei dem Auflassen der Tauben gemacht. Bei 
klarem, ruhigen Wetter ziehen die Tiere, ohne zu kreisen, gleich nach der Heimat ab; 
bei bedecktem oder etwas nebeligem Wetter kreisen die Tauben längere Zeit, um die 
Richtung zu suchen, und ist es auch schon vorgekommen, daß ganze Schwärme von 
Tauben 1 Stunde nach dem Abflug zum Auflaßort zurückgekehrt sind, um von neuem 
die Orientierung aufzunehmen; wohl ein Beweis, daß schwere Wolken und Nebel die 
Orientierung sehr behindern. Sehr empfindlich scheinen die Tauben gegen elektrische 
Strömungen zu sein. Bei Gewitterluft z. B. treffen dieselben auf ihren Reisen viel ver¬ 
späteter ein, anscheinend leidet die Orientierung darunter und ebenso scheint die draht¬ 
lose Telegraphie auch auf die Flugleistung Einfluß zu haben. Speziell in den letzten 
Jahren sind die Tauben, welche auf ihren Flügen nach Westen die Strecke Dresden— 
Berlin, wo bekanntlich die drahtlose Telegraphie stark betrieben wird, zu passieren hatten, 
mit erheblichen Verspätungen eingetroffen, obgleich durch telegraphische Einholung von 
Wetterberichten festgestellt wurde, daß auf der ganzen Strecke die denkbar günstigste 
Witterung herrschte. 

Bei Ballonfahrten haben die Tiere häufig die größten Schwierigkeiten zu über¬ 
winden. Das Auflassen über den Wolken, das Durchbrechen derselben aus einer Höhe 
von 3—4000 m bis zu ihrer gewöhnlichen Flughöhe von 3-—400 m müssen die Tiere 
auf einige Zeit verwirrt machen, und dazu der permanente Gegenwind. 

Die Fluggeschwindigkeit wird dadurch erheblich verringert und haben nach ein¬ 
gehenden Versuchen Resultate von 42, 33 und 25 km pro Stunde durchschnittliche Ge¬ 
schwindigkeit je nach Wetter und Gegenwind ergeben. 

Leider scheint sich die Mehrzahl der Führer für Taubenflüge ab Ballon weniger 
zu interessieren; wenn man aber bedenkt, daß heute noch die einzige Verbindung zwischen 
Ballon und Erde nur durch Taubenpost hergestellt werden kann und Berichte über den 
Verlauf der Ballonfahrten für die Familien und Freunde der Mitfahrenden von höchstem 
Interesse sein können, so sollte von den Luftschiffahrt-Vereinen angestrebt werden, daß 
den Taubenposten noch mehr Interesse entgegengebracht wird, wie es bisher der Fall ist. 

Ein Züchter versteht sich nicht gerne dazu, seine Lieblinge jedem Ballonführer 
anzuvertrauen, von dem er nicht weiß, ob er mit der Behandlung von Tauben vertraut 
ist und die Tiere zur richtigen Zeit abfliegen läßt. Der Wert einer guten und erprobten 
Reisetaube ist immerhin 50—100 Mk., sogar sind schon Preise von 500 Mk. und darüber 
gezahlt worden, sodaß ein nicht unbedeutendes Risiko für den Züchter vorhanden ist, 
wenn derselbe bei Ballonfahrten Tauben zur Verfügung stellt Bei Ballonfahrten sollte 
die strikte Anweisung erfolgen, daß bei Mitnahme von 3 Tauben, wenn eben Gelegenheit 
vorhanden ist, die erste Taube eine Stunde nach der Auffahrt, die zweite Taube nach 


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der zweiten Stunde, die letzte möglichst vor der Landung aufgelassen wird. Das Auf¬ 
lassen nach der Landung sollte möglichst vermieden .werden, da bei etwaigen Schleif¬ 
fahrten die wertvollen Tierchen, wie es schon vorgekommen ist, im Korbe erdrückt 
worden sind. 

Die Transportkörbe für die Tauben (Fig. 1) haben mehrere Abteilungen, welche durch 
Schieber verschließbar sind. Die Abteilungen sind numeriert. Es ist wichtig, hierauf 
zu achten und die Tauben in der durch die Zahlen gegebenen Reihenfolge abzulassen, 
da die Vögel nicht gleich gute Flieger und auf verschieden lange Strecken dressiert 
wurden. 



Fig. 1 . — Transportkorb für Ballonfahrten. 


Fig. 2. — Das Halten der Taube. 




Phot. C. P. (»oertz-Friedenaii. 



Die Behandlung der Tauben beim Abflug ab Ballon ist von grober Wichtigkeit, da 
davon die prompte Rückkehr der Taube abhängt. 

Bei Regen, Nobel oder Schnee soll man die Taube nicht fliegen lassen, auch nicht 
nach Sonnenuntergang und möglichst nicht über den Wolken. Im Winter spätestens um 
Mittag und nicht bei Frostwetter, da die Taube 
bei anbrechender Dunkellheit den Flug nicht fort¬ 
setzen wird und beim t’bernachten im Freien das 
Leben derselben gefährdet ist. Es ist erforderlich, 
die Zeit des Ablassens so zu bemessen, daß 


Fig. 3. — Depeiohenträger aus Fig. k — Depeschenträger Fig. ft. — Taube mit Depesdientriger. 

Aluminium und Fussring. aus Gummi. 

die Taube am Abflugtage zurückkehren kann. Die Tauben fliegen ab Ballon, je nach 
Witterung und Windstärke, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 43—25 km 
pro Stunde, darnach kann der Führer, wenn er seine im Ballon zurückgelegte Ent¬ 
fernung in Kilometer in Betracht zieht, leicht feststellen, um welche Zeit der Abflug 
spätestens erfolgen kann. 

Von größter Wichtigkeit ist es auch, daß die Tauben mit Sorgfalt aus den Körbchen 
herausgenommen und denselben die Depeschen angelegt werden. 


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Man erfaßt die Taube mit der rechten Hand und zwar so, daß dieselbe die Flügel 
von oben umfaßt. Sobald die Taube in dieser Weise aus dem Körbchen geholt ist, 
wende man den Kopf resp. Schnabelseite zu sich, bringt dann die rechte Hand in die 
Lage, daß der eine Fuß der Taube zwischen Zeige- und Mittelfinger, der andere zwischen 
Mittel- und Goldfinger gehalten wird, der Daumen umschließt dann den Körper resp. die 
Flügel der Taube (Fig. 2). In dieser ruhigen Lage ist es dann leicht möglich, mit der linken 
Hand die Depeschen in die Aluminiumröhre (Fig. 3) oder Gummihülse (Fig. 4), welche 
den Tieren am Fuße angebracht ist, einzulegen. Eine Verletzung oder Verrenkung der 
Flügel kann Vorkommen, wenn die Taube nicht mit sicherer Hand behutsam gefaßt wird 
und die Folge würde davon sein, daß die Taube flugunfähig wird. 


Fig. 6 . — Blaue Taube. Fig. 7. — Rotgehämmerte Taube. 

Da die Taube Neigung hat, viel Wasser zu sich zu nehmen, so ist es empfehlenswert, 
besonders bei voraussichtlich weitern Ballonfahrten, die Körbchen mit Wasserbehälter 
zu versehen. 

Über die Leistungen der Tauben ist folgendes zu erwähnen: Die mit Depeschen¬ 
träger ausgerüstete Taube (Fig. 5), Besitzer Flöring-Barmen, hat in 3—4 Jahren außer 
18 Ballontouren ca. 7000 km Landtouren zurückgelegt. Die blaue Taube (Fig. 6), Besitzer 
Rexroth, Michelstadt (Hessen), hat sich bei Wettflügen 6 Preise, auf Ausstellungen 12 Preise, 
die rotgehämmerte Taube (Fig. 7), Besitzer Rexroth, hat sich bei Wettflügen 8 Preise, 
bei Ausstellungen 11 Preise erobert. 


Phot. P. £ H. Koch, Crefeld. 



Phot. P. £ H. Koch, Crefeld. 



Das Kriegs-Luftschiff. 

Wie man sich in Frankreich die Vorteile bei Verwendung der bereits vorhandenen 
lenkbaren Luftschiffe im Kriege vorstellt, geht aus Äußerungen des Ingenieurs Julliot 
der «Lebaudy »-Ballons hervor, die er Kapitän Sazerac de Forge gegenüber in Form 
kurzer Betrachtungen machte: Jedes der fraglichen Luftschiffe kann in wenigen Stunden 
die Vorpostenlinien der gegenüberstehenden Armeen überfliegen und kann die wichtigsten 
und empfindlichsten Punkte der gegnerischen Truppen und Kommandostellen mit etwa 
50 Sprenggeschossen zu je ca. 12 kg bewerfen. Dabei werden etwa 30 Mannschaften 
und je 3 Millionen Materialwert aufs Spiel gesetzt, während zur See ein Panzerschiff 
über 800 Mann trägt und über 30 Millionen Wert darstellt, die durch einen Torpedoschuß 
vernichtet sein können. Der «Lebaudy »-Ballon von 1905 kann tatsächlich bei einer 
Besatzung von 3 Mann noch 700 kg an Ballast, Lebensmitteln, Heizmaterial etc. in seiner 
Gondel mitführen. Richtet sich seine Fahrt nach einem Zerstörungsobjekt, dem er sich 
in 2 Stunden nähern kann (ca. 60 km Entfernung), so werden 30 kg Heizflüssigkeit für 
alle Fälle ausreichen. Um die sichernde Höhe von 1000 m zu erreichen, braucht er 

Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 36 


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282 €444 


ca. 250 kg Ballast. Werden für Manöver noch 30 kg, für Landung etc. noch 40 kg, 
das Schlepptau mit 50 kg noch hinzugerechnet, so bleiben immer noch ca. 300 kg für 
Geschosse. Bei dem neueren Lenkbaren, «Patrie», steigt diese Zahl sogar gegen 600. 
Für die Geschosse gestaltet sich das Verhältnis gewisser Sprengwirkung und Gewicht 
viel vorteilhafter als bei der Geschützmunition, weil ballistische Gewichtsbedingungen 
hinwegfallen, so daß ein Ballongeschoß 80—90 °/o des Geschoßgewichts Sprengstoff ent¬ 
halten kann gegenüber 20—25 °/o bei Geschützgranaten etc. Bei der geringen Eindringungs¬ 
tiefe in den Erdboden würde die Explosionswirkung nach den Seiten fast ungeschwächt 
eintreten. Je nach dem Sprengstoff und der angewendeten Geschoßhülle ist eine empfind¬ 
liche Schädigung feindlicher Machtmittel anzunehmen. («Etoile Beige.») (Voraussetzung 
bleibt natürlich das Treffen und das Selbstnichtgetroffenwerden.) K. N. 


Die Katastrophe des Ballon „Thrasher“. 

Ein schwerer Verlust hat das englische Luftschifferkorps betroffen. Am 28. Mai d. Js. 
stürzten die beiden Leutnants W. T. Mc. Clintock Caulfeild und T. E. Martin-Leake mit 
dem Ballon Thrasher in den Kanal und fanden den Tod in den Wellen. Die beiden 
Offiziere waren am 28. Mai 4,20 Uhr p. M. in Aldershot in Gegenwart des Königs und 
des Prinzen Fushimi aufgestiegen; am folgenden Tage fand der Dampfer „Skylark“ den 
Ballon 12 englische Meilen von Exmouth auf den Wellen treibend, aber von den Insassen 
war keine Spur mehr zu entdecken. 

Beim Aufstieg wehte ein beständiger Nordost\Vind von 20 englischen Meilen pro 

Stunde und der Ballon 
trieb gegen Winches¬ 
ter. Ober den weiteren 
Verlauf der Fahrt gibt 
das Bordbuch einige 
Auskunft,das teilweise 
in dem Korbe zusam¬ 
men mit den Instru¬ 
menten, vier Ballast¬ 
säcken, Karten, Fla¬ 
schengefunden wurde. 
Danach muß der Ballon 
bald nach dem Aufstieg 
in Nebel geraten sein 
und, ohne daß die 
Luftschiffer es merk¬ 
ten, trieb er in mehr 

südlicher Richtung. Um 7,55 Uhr p. M. findet sich im Bordbuch die Notiz: «vermutlich 
bei Holwell», das ungefähr 15 englische Meilen nördlich von Dorchester liegt. Bei Winter¬ 
borne Abbas (etwas westlich von Dorchester) wurde der Ballon kurz vor 8 Uhr gesichtet, 
als er dicht über der Erde trieb und die Luftschiffer den Dorfbewohnern zuriefen, das 
Schlepptau festzuhalten, was diesen wegen der zu schnellen Fahrt des Ballons aber 
nicht möglich war. Die Luftschiffer glaubten offenbar auf Bridport zuzufliegen; denn sie 
fragten mehrmals, wie weit sie von diesem Ort noch entfernt wären. 

Um 8‘/* Uhr abends sahen die Küstenbewohner von Bexington ungefähr eine 
Seemeile von der Küste entfernt den Korb auf die Meeresoberfläche aufsetzen; der 
Ballon erhob sich jedoch gleich wieder und verschwand in südwestlicher Richtung. Als 
am folgenden Morgen der Ballon auf den Wellen treibend aufgefunden wurde, war der 
Korb untergetaucht, aber der Ballon enthielt noch Gas, so daß er 12 Fuß aus dem 
Wasser emporragte. Das Ventil war geschlossen und in Ordnung. 



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Die Katastrophe kann wohl nur darauf zurückgeführt werden, daß die Luftschiffer 
die Orientierung verloren und glaubten nordöstlich von Bridport zu sein, während in 
Wirklichkeit dieser Ort schon nordwestlich von ihnen lag. Wahrscheinlich wollten sie 
das Schlepptau von den Dorfbewohnern nur festhalten lassen, um zu erfahren, wo sie 
wären, und nicht um zu landen, und im Unklaren darüber, daß die See so nahe war, 
wurden sie so schnell gegen sie getrieben, daß sie an der Küste nicht mehr landen konnten. 

Beide Offiziere gehörten seit 1899 dem Heere an; der eine, Herr Caulfeild, gewann 
zusammen mit Mrs. Assheton Harbord und Herrn C. S. Rolls den Harbordbecher. 

Am Freitag, den 7. Juni, fand in der Garnisonkirche zu Aldershot eine Trauer¬ 
feier für die beiden ertrunkenen Offiziere statt. (Aus Ballooning and Aeronautics.) Cm. 




Aeronautische Wettbewerbe. 


Weitfahrtpreis des „Etoile Beige“. 

Ein prachtvoller, massiv silberner Becher, nach seinem Relief «Les Bachantes» 
benannt, Werk des Bildhauers Devreese, soll demjenigen Luftfahrer zufallen, dessen 
Leistungen während 36 Monaten, von seiner eigenen Fahrt an gerechnet, durch keinen 
Mitbewerber übertroffen wurden. Anmeldung spätestens drei Stunden vor Auffahrt, Ein¬ 
schreibegebühr fünf Francs. 

Reglement: 

Art. 1. Unter der Benennung «Coup de TEtoile beige» ist ein Bewerb ausschlie߬ 
lich für belgische Mitglieder des Ae. C. B. oder mit ihm verbundener Klubs eröffnet. 

Art. 2. Der Becher, Kunstgegenstand im Werte von 5000 Fr., Werk des Bild¬ 
hauers Devreese, gestiftet durch Herrn Alfred Madoux, Direktor des «Etoile Beige» und 
Mitglied des Ae. C. B., fällt zuerst vorläufig demjenigen Luftschiffer zu, der vom 15. Juni 1907 
ab im Ballon irgend eine Entfernung zurückgelegt hat, gemessen vom Aufstiegsort bis 
zum Landungspunkt längs eines größten Kreises, auf Meeresfläche bezogen. 

Art. 3. Der Besitzer des Bechers wird von allen an den Klub gelangenden An¬ 
meldungen in Kenntnis gesetzt. 

Art. 4. Alle Arten von Ballons, ohne Begrenzung der Größe oder sonstige Ein¬ 
schränkung, sind zugelassen. Verboten sind Zwischenlandungen, Ausschiffung von Ge¬ 
hilfen oder Mitfahrenden, Neuaufnahme von Ballast oder Gas, Anwendung irgend eines 
Motors mit tierischer oder Maschinenkraft im Zusammenhang mit der Erdoberfläche, 
wodurch die zurückgelegte Strecke verlängert werden kann. 

Art. 5. Jeder Mitbewerber wählt auf eigene Wag’ und Gefahr und unter eigener 
Verantwortung Tag, Stunde und Wetterlage nach bestem Ermessen. Der Aufstieg muß 
innerhalb einer Entfernung von 10 km vom Klublokal vollzogen werden, was durch einen 
Abgeordneten des Ae. C. B. festgestellt wird. 

Art. 6. Die erforderliche Einschreibung findet im Geschäftszimmer des Ae. C., 
place Royale 5, statt. Sie kann auch telegraphisch spätestens 3 Stunden vor Auffahrt 
erfolgen. Die Einschreibegebühr beträgt 5 Fr. 

Art. 7. Die Landungspunkte müssen so genau als möglich festgestellt werden 
durch Bescheinigung, die der Luftschifier durch die Ortsbehörden unterzeichnen und 
stempeln läßt. Es sind dem Schriftstück auch noch die Namen, Adressen und Unter¬ 
schriften zweier Zeugen beizusetzen, welche den Landungspunkt bestätigen. Wenn nötig, 
hat der Bewerber einen Plan des Landungsplatzes beizufügen. Diese Bedingungen sind 
bindend bei Vermeidung der Ausschließung, ausgenommen den Fall vollkommener Un¬ 
möglichkeit, worüber die Sportkommission entscheidet. 

Art. 8. Die Bewerber haben von der dem Landungspunkt nächstgelegenen Tele¬ 
graphenstation aus Stunde und Ort der Landung an die Geschäftsstelle des Klubs um- 


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gehend telegraphisch zu melden. Sie haben dem Ae. G. die Beweisstücke und alle die 
Reise betreffenden Nachweise (Bordbuch, Diagramme der Registrierinstrumente pp.) 
spätestens 8 Tage nach Rückkehr zuzuleiten, soweit nicht höhere Gewalt hindert. 

Art. 9. Die Bestätigungen und alle Schriftstücke werden der Sportkommission 
des Ae. G. übergeben, welche die Ergebnisse rechtzeitig feststellt. Ihre Entscheidungen 
sind unzweifelhaft. Berufung ist ausgeschlossen. 

Art. 10. Der Becher bleibt dauernd im Besitz jenes Ballonführers, welcher ihn 
3 Jahre, von seiner Bewerbungsfahrt an gerechnet, unbesiegt gehalten hat. 

Art. 11. So lange der Weitfahrpreis nicht bleibend errungen ist, bleibt er am 
Sitz des Ae. G. B. verwahrt. 

Art. 12. Für alle im gegenwärtigen Reglement nicht vorgesehenen Anordnungen 
und Vorbehalte wird man sich nach den «Statuts et Regiemente de la F. A. I.» halten. 

(Aus Conquöte de Fair.) Übersetzt: K. N. 


Die Internationale Weitwettfahrt zu Barcelona am 2. Juni 1907. 

Die Wettfahrt, welche in kurzer Zeit von dem Real Aöro-Club de Espana, mit 
Unterstützung der städtischen Behörden von Barcelona, organisiert war, bestand aus 
einer Weitfahrt, und es wurden die Ballons gemäß dem Artikel 96 des Reglements der 
Föderation Aeronautique internationale gehandicapt nach den Resultaten. 

Die Wahl von Barcelona, das dicht am Meere liegt, als Aufstiegsort der Ballons, 
machte den Wettbewerb zu einem sehr interessanten und bedingte seitens der Jury eine 
Reihe von Maßnahmen, um einerseits die Ballons soviel als möglich vor der Gefahr zu 
schützen, auf das Meer verschlagen zu werden, und um anderseits die Ballonführer zu 
verhindern, daß sie sich eventuell freiwillig auf das Meer hinaustreiben ließen. 

Die Maßregeln, welche die Jury zur Erreichung dieses doppelten Zweckes in diesem 
Wettbewerb, dem ersten, welcher jemals unter so ganz außergewöhnlichen Umständen 
stattfand, getroffen hatte, waren folgende: 

1. Von den meteorologischen Observatorien zu Paris, Madrid und Barcelona wurden 
rechtzeitig die nötigen meteorologischen Daten für den 31. Mai, 1. und 2. Juni erbeten. 

2. Während derselben drei Tage wurden zur Erkundung der Windrichtung bis 
3000 m Höhe häufig Pilot- und Fesselballonaufstiege veranstaltet. Mit dieser wichtigen 
Aufgabe waren die beiden Jurymitglieder, Herr Oberstleutnant Vives y Vieh, der Komman¬ 
deur der Luftschiffer-Abteilung, und Herr Comas, Direktor des meteorologischen Obser¬ 
vatoriums zu Barcelona, betraut worden. Außerdem stellte man häufig meteorologische 
Beobachtungen auf dem kleinen Berge Tibidabo, nahe bei Barcelona, an. 

3. Wenn die Ergebnisse aller dieser Beobachtungen nicht die Gewißheit gaben, 
daß die Richtungen, welche die Ballons von der Abfahrt bis zu einer Höhe von 2000 m 
vermutlich einschlagen würden, innerhalb des Landsektors lagen, welcher begrenzt wurde 
durch die Richtungen N 19° E und W 19° S, so behielt sich die Jury vor, die Wettfahrt 
zu verlegen. 

4. Die angegebenen Bestimmungen waren getroffen worden, um alle Sicherheit 
bei der Abfahrt der Ballons zu haben. Aber da ein Wechsel in der Windrichtung mit 
der Zeit immerhin zu befürchten war, so hatte sich die Jury sowohl an die Marine¬ 
behörden der Ostküste Spaniens und Frankreichs, als auch an die Schiffahrtsgesell¬ 
schaften mit der Bitte gewandt, den Ballons Hilfe zu gewähren, falls diese sie nötig hätten. 

5. Die Jury empfahl den Ballonführern dringend, sich nicht freiwillig zur Ver¬ 
größerung ihrer Fahrtlänge auf das Meer zu begeben. Denn es handele sich nur um 
eine Wettfahrt über Land, bei welcher es auch darauf ankäme, sich nicht auf das Meer 
hinaustreiben zu lassen. Sie hob hervor, daß sie sich vorbehielte, eventuell einem 
Ballonführer, welcher mit Absicht auf das Meer hinausgefahren wäre, keinen Preis 
zuzuerkennen. 

6. Betreffs des Artikels 14 des Programms des Wettbewerbs, welcher als Anrecht 


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auf einen Preis eine minimale Weglänge von 100 km festsetzte, erklärte die Jury, dieses 
Minimum aufrecht zu erhalten, falls die meisten der Ballons es überschritten, aber im 
entgegengesetzten Falle von jeder Beschränkung in der Weglänge abzusehen. 

Die Preise des Wettbewerbs bestanden in Ehren- und Geldpreisen; es gab drei 
von jeder Art. Die drei Ehrenpreise wurden denjenigen Ballonführern zuerkannt, welche 
die absolut größte Weglänge zurückgelegt hatten, und diese Preise bestanden in: 

1. dem Pokal S. M. des Königs Alfonso XIII, 

2. * » S. K. H. des Infanten Carlos, 

3. » » des Real A6ro-Club de Espana. 

Die drei Geldpreise waren für das Handicap bestimmt und bestanden in 9000, 
4000 und 1500 Pesetas. 

Außer den zehn Ballons, welche an der Wettfahrt teilgenommen haben, und welche 
in der Zusammenstellung verzeichnet sind, waren 
noch die beiden 2000 cbm-Ballons «Asturias» und 
«Jesus Duro» angemeldet. Aber wegen der be¬ 
schränkten Raumverhältnisse bei der Abfahrt 
und Füllung der Ballons erlitten sie Havarie und 
konnten deshalb nicht steigen. 

Die Ergebnisse der Sondierung der Atmo¬ 
sphäre am 31. Mai und 1. Juni zeigte klar, daß 
der Wind auf der Erde der Ballonfahrt günstig 
war, aber schon in 200 bis 300 m Höhe wehte 
er aus entgegengesetzter Richtung. Am Tage des 
Wettbewerbs war die Windrichtung bis 2000 m 
günstig, darüber war sie genau entgegengesetzt. 

Mit Rücksicht auf diesen Umstand empfahl die 
Jury den Ballonführern, ihr Möglichstes zu tun, 
um unterhalb der gefährlichen Schicht zu bleiben. 

Über die Fahrt der einzelnen Ballons mögen 
noch einige Bemerkungen hier Platz finden. Der 
Ballon «Norte» gelangte fast bei Puigcerdä an die 
Pyrenäen, aber durch ein Wolkenmeer unter sich 

verlor sein Führer die Orientierung, und als er 

. 4 ’ . . Auffahrt des Ballons „Alfonso XIII.“. 

diese am Morgen wieder erlangte, bemerkte er, 

daß der Ballon schnell nach Süden und nach Barcelona zurückflog; er landet 10 km vom 
Aufstiegsorte. Der Ballon «Gerifalte» trieb ebenfalls gegen die Pyrenäen bei Figueras; 
in einer Wolke verlor der Führer während einiger Zeit die Aussicht auf die Erde, aber 
in dem Momente, wo er diese wieder sah, stellte er sogleich den Wechsel der Richtung 
fest und er landete schnell bei Girone. 



Die Führer der Ballons «Maria Teresa* und «Jupiter» wurden gegen das Meer 
getrieben und landeten bei Arenys de Mar und bei Malgrat an der Meeresküste. 

Der Ballon «Alcotan» fuhr gegen einen Baum, kam während der Nacht nicht frei 
und landete bei Tagesgrauen. 

Dank der sachgemäßen Maßregeln der Jury und dank der Vorsicht und Umsicht 
der Führer ist kein Unfall eingetreten. 

Alle spanischen Ballonfahrer bedauerten aufrichtig das Fernbleiben ihrer aus¬ 
ländischen Kameraden, das ohne Zweifel darauf zurückzuführen ist, daß die Einladungen 
wegen zahlreicher sich dem Wettbewerb entgegenstellender Hindernisse erst so spät 
hatten verschickt werden können. 

Es ist sehr wahrscheinlich, daß mit Rücksicht auf den Beifall, mit dem diese 
Wettfahrt hier aufgenommen wurde, weitere bei uns veranstaltet werden. Wenn dieses 
zutrifft, hoffe ich, werden wir die Freude haben, die Mitglieder der ausländischen aero¬ 
nautischen Vereine bei uns begrüßen zu können. Francisco de P. Rojas. 


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II. „ 8. K. H. des Infanten Carlos: Herr Hauptmann Uordejuela, Ballon Jupiter (der Luftschiffer-Abteilung); 

III. „ des Real Aero-Club de Espana: Herr Eduardo Magdalena, Ballon Aleotan. 

I. 9000 Pesetas: Herr Juan Montojo. Ballon Reina Victoria; 

II. 4000 Pesetas: Herr Hauptmann Kindelan, Ballon Maria Teresa; 

III. 1500 Pesetas: Herr Leutnant Fernandez Mulero, Ballon Amanda. 


»» 286 <444 



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Die Düsseldorfer Ballon-Wettfahrten am 8. und 9. Juni 1907, 


Von den mannigfachen Vorbereitungen sei hier Einiges erwähnt. Es mußte die 
Möglichkeit geschaffen werden, auch bei windigem Wetter in möglichst kurzer Zeit etwa 
12 Ballons auf einmal füllen zu können. Dazu hatte der Ingenieur Lenze von der 
städtischen Gasanstalt in genialer Art ein Gaszuleitungssystem konstruiert, durch das, 
wenn nötig, 12 Ballons in etwa l 1 /* Stunden gleichzeitig gefüllt werden konnten. Daß 
die Füllung selbst am 9. Juni länger dauerte, lag an dem Mangel an Bedienungsmann¬ 
schaften, die in sehr großer Zahl durch die Absperrung absorbiert wurden. 

«Poilewils» Phot. v. Abercron. 


«Bezold» 



«Elberfeld 


«Ziegler» «Augnsta» 

Düsseldorfer Ballon-Wettfahrt am 9. 6. 07. 


Die für den 8. Juni geplante Auto-Verfolgung unter Beteiligung von Kriegsauto¬ 
mobilen war bereits im März bei den Behörden beantragt worden. Etwa drei Wochen 
vor der Wettfahrt kam erst der ablehnende Bescheid des Ministeriums auch für den 
Totalisator. Tausende von Plakaten, die teilweise bereits ausgehängt waren, mußten 
mit einem Überdruck versehen werden. 

Die Anmeldungen der Automobilbesitzer wurden annulliert, die Einsätze zurückgezahlt. 

Der Ballon-Aufstiegplatz gehörte etwa 30 Grundbesitzern und wurde bereitwilligst 
zur Verfügung gestellt. 

Das weitgehendste Entgegenkommen von allen Zweigen unserer weitblickenden 
Stadtverwaltung hat es überhaupt ermöglicht, daß Düsseldorf der Schauplatz dieser bisher 
in seiner Art größten Veranstaltung wurde. Den Grundbesitzern, der Regierung und der 
Stadtverwaltung gebührt der aufrichtigste Dank des Vereins. 

Bedeutende Schwierigkeiten bereitete die Aufstellung des Programms. 

Wie für den Pferdesport der Unionklub, so schreibt für die Luftschififahrt die 
F6d6ration a&ronautique internationale in einem ziemlich umfangreichen Werk die 
Gesetze vor. Es ist einleuchtend, daß das Befolgen all dieser Gesetze den Veranstaltern 
viel Mühe macht. 

Um einem möglichst vielseitigen und zahlreichen Publikum das Schöne und fast 
Gefahrlose des Luftschiffersports zeigen zu können, wurden die Ballon-Wettfahrten mit 
der Landwirtschaftlichen Ausstellung zusammengelegt. 


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Der Preis für den reservierten Platz war absichtlich hoch bemessen, um möglichst 
durch das wohlhabende Publikum die ganz bedeutenden Unkosten zu decken. Dadurch 
sollte auch einer Überfüllung des unmittelbar an den Ballons liegenden Platzes vor¬ 
gebeugt werden. 



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& • i.a. 


Zielfahrt am 8. Juni. 


Gott sei Dank waren die Wetterverhältnisse an beiden Tagen günstig. Da am 
8. Juni Westwind war, hätte dieser Tag für die Weitfahrt außerordentlich gut gepaßt, 
ln letzter Stunde war für den 8. Juni eine Ballon-Zielfahrt ausgeschrieben worden, an 
der sich 4 Ballons beteiligten. Das Wesen einer Zielfahrt sei hier nochmals erläutert. 
Es gibt Zielfahrten zweierlei Art. Entweder bestimmt die Sportkommission ein gemein¬ 
sames Ziel für alle Ballons, oder jeder Ballonführer wählt sich sein Ziel selbst. Ersteres 
Verfahren war für den 8. Juni bestimmt. Das Chausseekreuz, etwa 2 km westlich Gräf- 
rath, wurde als Ziel bezeichnet; der Erfolg zeigte, daß es richtig gewesen ist. Der 
Ballonführer muß nun feststellen, ob er durch eine direkte Luftströmung oder durch ein 
Kreuzen in verschiedenen Höhenlagen sein Ziel erreicht. 

Der Sieger, Herr Meckel aus Elberfeld, führte den Ballon „Essen“ des Nieder¬ 
rheinischen Vereins für Luftschiffahrt. Mitfahrer war der stud. jur. Freiherr Schilling 
von Kannstatt von den Bonner Borussen. 

Am zweitnächsten kam dem Ziel der Ballon „Ernst“ vom Berliner Verein für 
Luftschiffahrt unter Führung des Dr. Laden bürg Berlin. „Essen“ kam bis auf 700 m, 
„Ernst“ bis ?iuf löOO m an den Zielpunkt heran. 

Dr. Meckel gewann einen Koffer mit silberner Toiletteneinrichtung, gestiftet von 
Mitgliedern des Niederrheiniscben Vereins für Luftschiffahrt; Dr. Ladenburg einen in 
Silber ausgeführten Ballonkorb mit Zubehör, gestiftet von Damen des Niederrheinischen 
Vereins für Luftschiffahrt. 

Beide Herren waren sofort nach Düsseldorf zurückgefahren und konnten noch an 
dem Diner im Park-Hotel über ihre Fahrt berichten. Das Essen war arrangiert für das 
Organisationskomitee, die Ballonführer und Mitfahrer. 

Seine Exzellenz der Gouverneur von Cöln, Herr Generalleutnant v. Sperling, 
vertrat der Oberstleutnant v. Morgen vom Niederrheinischen Füsilier-Regiment Nr. 39; 
den Herrn Regierungspräsidenten, Oberregierungsrat v. Miesitscheck, den Herrn Ober¬ 
bürgermeister der Beigeordnete Dr. Wülfing und die Künstlerschaft der Maler Marx. 

Durch Behinderung des I. Vorsitzenden, Herrn Oberbürgermeister Voigt aus 
Barmen, begrüßte der zweite Vorsitzende des Vereins, Hauptmann v. Abercron, die 
Gäste. Oberstleutnant v. Morgen sprach über die Bedeutung der Luftschiffahrt, besondere 
in militärischer Hinsicht, und trank auf ihre weitere Förderung. Oberregierungsrat 
v. Miesitscheck sprach auf den Verein, Dr. Polis auf den Begründer des Vereins, 
Dr. Bamler, und Dr. Menzen, der Präsident des Cölner-Klubs für Lu ft schiffahrt, auf 
Hauptmann v. Abercron. 


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Im Nebenzimmer waren die Preise ausgestellt und zwar die beiden soeben 
erwähnten Silberpreise für den 8. Juni sowie für den 9. folgende Bilder: Clarenbach 
„Niederrheinische Landschaft“, Dirks „Seestück“ mit darüber schwebendem Ballon, 
Essfeld „Marine“, Keller „Weiblicher Studienkopf“, Marx a) „Ballonlandung“, b) „Land¬ 
schaft“ vom Ballon aus, Hermann Emil Pohle „Tornado“. 

Zur Wetterlage am 9. Juni sei folgendes bemerkt. Der Barometerdruck stand 
unter den Normalen. Ein Tiefdruckgebiet war von England gen N.-O. im Vorschreiten. 
Bei fallendem Barometer war die Windströmung aus S.-W. bis S.-O. zu erwarten. 


Geographische Ueberslcht. — Carte da temps. — 8 Uhr vormittags. 



Den Propositionen gemäß bestimmte die Sportkommission, die für den 9. Juni 
aus Hauptmann Hildebrand, Dr. Menzen und Herrn Meckel bestand, daß Zielfahrt 
für Weitfahrt eintreten sollte. Grund hierfür war. daß bei der bestehenden Windrichtung 
die Gefahr vorlag, daß die Ballons bei Nacht auf die Nordsee getrieben wurden. 

Abweichend vom 8. Juni mußte am 9. Juni jeder Führer seinen Zielpunkt selbst 
angeben, der 10 km von der holländischen Grenze entfernt, oder in einem entsprechenden 
Umkreis von Düsseldorf liegen mußte. In der Starterliste traten folgende Änderungen ein: 

Für den Ballon „Düsseldorf“ Juhr Ballon „Cognac“ für den Niederrheinischen 
Verein, da das Netz des „Düsseldorf“ durch Nässe an Festigkeit eingebüßt hatte. 
Ursprünglich w’ar in der Starterliste vorgesehen worden, daß die Ballons „Elberfeld“ 
und „Abercron“ mit Herrn Erbslöh und Hauptmann v. Abercron am Schluß fahren 
sollten, da beide Führer zur Sportkommission gehörten. Leider wurde hiergegen 
protestiert, eine neue Auslosung verlangt, und ich bedaure sehr, daß ich als Führer nicht 
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI Jahrg 37 


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Geographische UeberskhL — Cartt da temps. — 8 libr vormittags. 



zurtickgetreten und ausschließlich als Sportkommissar tätig gewesen bin, aber die Passion 
ging mit mir durch. 

Die Ballons stiegen in folgender Reihenfolge unter Angabe nachstehender Ziel¬ 
punkte auf: 

1. „Podewils“, Besitzer: Freiherr v. Hewald; Führer: Leutnant Wissmann 
Mitfahrer: Dr. Bröckelmann; Zielpunkt: Cleve. 

2. „Bezold“ B. V. f. L., Führer: Dr. Niemeyer; Mitfahrer: Adolf Vollbrandt; 
Zielpunkt: Cleve. 

3. „Abercron“ N. V. f. L., Führer: Hauptmann v. Abercron; Mitfahrer: Leutnant 
Neu mann, Herr Klingelhöfer; Zielpunkt: Chausseeknick 1 km südlich Oeding, 
der Chaussee Oeding-Burlo. 

4. „Pommern“, Besitzer und Führer: Freiherr v. Hewald; Mitfahrer: Dr. Steyrer; 
Zielpunkt: Cleve. 

5. „Cöln“ C. C. f. L., Führer: Oberleutnant Weiter; Mitfahrer: Fabrikant Hiede- 
mann, Dr. Nurney; Zielpunkt: Materborn bei Cleve. 

6. „Franken“ F. V. f. L., Führer: Carl Projtzmann; Mitfahrer: Anton Seisser; 
Zielpunkt: Dingden. 

7. „Elberfeld“ N. V. f. L., Führer: Oskar Erbslöh; Mitfahrer: Prof. Silomon; 
Zielpunkt: Stadtlohn. 

8. „Cognac“ N. V. f. L., Führer: Oberlehrer Dr. Milarch; Mitfahrer: Albert 
Coeppicus jr.; Zielpunkt: Bislich bei Xanten. 


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9. „Augusta“ A. V. f. L., Führer: Fabrikant Scherle; Mitfahrer: Dr. Ladenbarg, 
Dr. Pauli; Zielpunkt: Südlich von Wesel. 

10. „Coblenz“ M. V. f. L., Führer: Leutnant Benecke; Mitfahrer: Leutnant Traut¬ 
mann; Zielpunkt: Grünthal, 9 km südwestlich Wesel. 

11. „Ziegler“ F. Phys. V., Führer: Ingenieur Men sing; Mitfahrer: Ernst Schröder; 
Zielpunkt: Alt-Calcar. 

12. „Tschudi“ B. V. f. L., Führer: Stabsarzt Dr. Flemming; Mitfahrer: Dr. Fried. 
Schubert; Zielpunkt: Feldhausen südlich von Dorsten. 

Phot. Dr. Bröckelmann. 


Düsseldorfer Ballon-Wettfahrt 9. 6. 07 ans 150 m Höhe. 

Diejenigen Führer, welche ihren Zielpunkt in Richtung Cleve gewählt hatten, 
werden es am leichtesten gehabt haben, da die untere Windströmung sie dahin trug. 
Schwieriger war es für die Führer, die in nördlicher Richtung sich ihren Landungspunkt 
gesucht hatten. Zu diesen letzteren gehörte ich auch und mußte folgendermaßen 
operieren. Bald nach der Abfahrt mußte ich feststellen, ob in höheren Luftschichten 
anderer Wind war; ich gab dazu einen halben Zentner Ballast, stieg bis auf 1000 m 
und konstatierte bei zunehmender Höhe Drehung der Windströmung gen Nordost bis Ost. 
Nachdem ich über die Linie Düsseldorf — Zielpunkt um etwa 10 km — nach Ost heraus¬ 
gefahren war, zog ich Ventil, brachte den Ballon dadurch zum Sinken und fuhr nunmehr 
in den unteren Strömungen gen Nordwest. Dieses Kreuzen mußte ich viermal machen. Die 
Hauptschwierigkeit war, den Punkt zu taxieren, von dem aus ich die letzte Strecke am 
Schleppseil bis zu dem angegebenen Landungspunkt fahren mußte, der unglücklicherweise 
sich durch vorliegenden Wald nicht markierte. Immerhin gelang es, die angegebene 
Straße und den Punkt auf 1300 m zu erreichen. 

Gelandet sind die Ballons an folgenden Punkten und die angegebene Reihenfolge 
bedeutet gleichzeitig die vorläufige Klassifizierung. 

„Coblenz“ 20 m vom Ziel. 

„Ziegler“ in Alt-Calcar. 

„Abercron“ 1300 m südlich des Zieles. 

„Augusta“ ca. 1500 m vom Ziel südlich Wesel, doch vorläufig noch ungenaue Angaben. 

„Pommern“ voraussichtlich 2300 m vom Ziel. 


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„Elberfeld“ 1400 m nördlich Stadtlohn, plus 1000 m Stadtlänge = 2400 m vom Ziel. 

„Cöln“ 2600 m vom Ziel. 

„Cognac“ ca. 4750 m vom Ziel bei Dasshof, Gemeinde Birten, dann Weiterfahrt 
über Arnheim dicht über den Zuider-See, Landung in einem Kanal bei Enkhuizen. 

^Franken“ 10 km vom Ziel. 

„Bezold“ Anholt i. W. ca. 20 km vom Ziel. 

„Podewils“ 4 km südlich Bahnhof Xanten, ca. 25 km vom Ziel. 

„Tschudi“ verzichtet auf Zielfahrt. Landung bei Remels (Ostfriesland). 

Die endgültige Enlscheidung der Juryi) dürfte noch einige Wochen auf sich warten 
lassen, dieselbe hat es erheblich leichter, bei einem gemeinsamen Zielpunkt, dessen 
Nachteile darin bestehen, daß durch die vielen Ballons große Menschenmassen besonders 
an Sonntagen angezogen werden; der Flurschaden könnte enorm werden. 

Diese ersten in Deutschland veranstalteten Zielfahrten bedeuten einen vollen 
sportlichen Erfolg. 

Was den Besuch der Veranstaltungen betrifft, so war allerdings auf eine höhere 
Ziffer gerechnet worden. 

Für künftighin haben die Veranstalter viel gelernt und werden die Erfahrungen 
ausnutzen, wenn die Absicht zur Wirklichkeit wird, alljährlich in Düsseldorf Ballonwett¬ 
fahrten zu veranstalten. Hoffentlich werden wir bereits in einigen Jahren lenkbare Luft¬ 
schiffe und Flugapparate um die Siegespalme ringen sehen. 

v. Abercron, 

Hauptmann und Kompagniechef 
im Niederrheinischen Füsilier-Regiment Nr. 39. 


Phot. v. Abercron. 



Landwlrt«ohaftJIohe Ausstellung In Düsseldorf während der Wettfahrt 9. 6. 07 aufgenommen am 500 m H5he. 


>) Vgl. den folgenden Artikel. Die Red. 



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293 


Entscheidung der Jury über die Resultate der Zielfahrt 
vom 9. Juni 1907. 

Jury-Mitglieder: Hauptmann a. D. Hildebrand, Hugo Toelle. 

Der vorher ernannte Hauptmann v. Rappard scheidet aus, weil er bei der Wett¬ 
fahrt nicht zugegen war. Die Bordbücher sind geprüft worden. Bis auf belanglose Un¬ 
stimmigkeiten — Bescheinigungen Coblenz — war alles in Ordnung. Es wurde ent¬ 
schieden, wie folgt: 

1. Preis: Totes Fliegen zwischen Coblenz, Pommern und Ziegler (alphabetische Reihen¬ 

folge). 

a) Coblenz. Ziel: Chausseekreuz Geldern-Wesel, Xanten-Rheinberg. 
Landung: 55 m vom Ziel (s. 2. Bescheinigung). 

b) Pommern, Ziel: Cleve. Landung: in Cleve. 

c) Ziegler. Ziel: Alt-Calcar. Landung: in Alt-Calcar. 

2. Preis: Abercron. Ziel: 1 km südlich Oeding, der Chaussee Oeding-Burlo. Lan¬ 

dung : auf dieser Chaussee, 2300 m südwestlich Oeding, also 1300 m vom Ziel. 

5. Preis: Elberfeld. Ziel: Stadtlohn. Landung: 1400 m nördlich Stadtlohn. 

6. Preis: Augusta. Ziel: Chaussee Wesel-Dinslaken an Mündung der Chaussee von 

Dorsten. Landung: an Mündung des Verbindungsweges von Bucholt, 1500 m 
vom Ziel. 

Die weitere Reihenfolge ist: 

7. Cöln. Ziel: 1 km südlich Cleve. Landung: bei Riswick, 2600 m von Ziel. 

8. Cognac. Ziel: Bislich bei Xanten. Landung: Dasshof, Gemeinde Birten, 4750 m 

vom Ziel. 

9. Franken. Ziel: Dingden. Landung: 500 m von Vardingholt, ca. 10 km vom Ziel. 

10. Bezold. Ziel: Cleve. Landung: Anholt i. Westf., ca. 20 km vom Ziel. 

11. Podewils. Ziel: Cleve. Landung: 4 km südlich Xanten, ca. 25 km vorn Ziel. 

12. Tschudi. Verzichtet auf Zielfahrt. 

Gründe: 

Angabe einer Stadt als Zielpunkt war gestattet. Bestimmungen der F. A. J. 
machen keine sicheren Angaben darüber. Demnach mußten die Führer über das Weich¬ 
bild oder genau auf die Grenze der Stadt fahren. Weichbild oder erste Häuser der Städte 
Cleve, Alt-Calcar waren nicht erkennbar laut Schreiben von Pommern und Ziegler. Dem¬ 
nach sind diese Ballons in die Stadt gegangen, also im Ziele gelandet. Beide hatten 
die Möglichkeit, sich an jedem beliebigen Punkte herunterziehen zu lassen (s. Schreiben 
Pommern); demnach konnte es diesmal nicht in Betracht kommen, daß Angabe eineT 
Stadt als Ziel zu ungenau sei. 

Es war die Frage, ob Coblenz nicht als dritter zu bezeichnen sei. Nach seinem 
Schreiben war es ihm unmöglich gewesen, infolge der hohen Bäume im Ziele zu landen. 
Da Coblenz sich nach der Bescheinigung des Ortsvorstehers am Schlepptau zum Ziele 
hat transportieren lassen, wäre es ihm ein leichtes gewesen, sich an jeden beliebigen 
Punkt bringen zu lassen. 

Für die Zukunft schlägt die Jury vor: 

1. Nennung einer Stadt als Ziel nicht zu gestatten. 

2. Landung mit fremder Hilfe als unsportlich zu verbieten. 

Die «Verlosung der drei ersten Preise ergab laut Protokoll: 

1. Coblenz. 2. Ziegler. 3. Pommern. 

Der 7. Preis für Dauerfahrt fällt Tschudi zu. Dieser landete in der Nähe von 
Remels bei Augustfehn in Ostfriesland. 

gez. Toelle Hildebrand. 


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Die zweite aeronautische Ausstellung in Amerika. 

Die zweite bereits im Dezember vergangenen Jahres vom Aero Club of America 
wiederum mit Hilfe des Automobile Club of America veranstaltete Ausstellung fand infolge 
einer Verlegung des Datums von des letzteren Automobilausstellung bereits im Dezember 
vergangenen Jahres statt. Verglichen mit der vorigen war sie in bezug auf das Lokal insofern 
weniger begünstigt, als der New Yorker «Grand Central Palace» niedrigere und ungünstiger 
beleuchtete Räume bot und auch nicht, wie daipals jepe unvollendete Kaserne, gratis zur 
Verfügung stand (was den Platz beschränkte), mehr dagegen insofern, als die Automobil¬ 
ausstellung den ersten und zweiten, die aeronautische dagegen einen Teil des sechsten 
Stockes jenes umfangreichen Gebäudes einnahm und die letztere so selbständiger auftrat. 

Leider ermöglichten die Raum- und Lichtverhältnisse — auch am Tage mußten 
elektrische Bogenlampen aushelfen, weil die einzig vorhandenen Seitenfenster mit dem 
weißgelben Tuch der Drapierung überdeckt und zum Teil ganz zugebaut waren — nicht 
die Aufnahme jener schönen Photographien, welche der vorigen Ausstellung einen so 
bleibenden Wert verliehen hatten, gleichwohl vermögen wir beiliegend eine Gesamt¬ 
ansicht zu geben, die im großen und ganzen einen recht klaren Begriff von dem besonderen 
Charakter dieser zweiten aeronautischen Schaustellung vermittelt. Dieselbe stand gleich¬ 
zeitig hinter der ersten zurück — die berühmten historischen, einzigartigen Objekte, 
welche jener ein so ganz besonderes Gepräge aufgedrückt hatten, fehlten —, wie Lilien¬ 
thals, Herrings, Chanutes, Langleys Apparate — und überbot sie wieder, denn es bestand 
das Bestreben, nun diesmal statt der Modelle tragfähige Fahrzeuge vorzuführen; und 
dann war in den elf Monaten, seit Schluß der ersten Ausstellung, hier auch eine bedeut¬ 
same Entwicklung der Dinge auf der ganzen Linie eingetreten, die nun zum Ausdruck 
kam. Da fand sich zunächst in der rechten hinteren Ecke, vom Eingang aus, ein orna¬ 
mentaler pagodenartiger Ständer mit Glaswänden und darin präsentierte sich — der 
«Hawley-Becher», der Preis für den Sieger bei Ballonverfolgung durch Automobile —, 
aber vor allem jenes vielbedeutende, mächtige und doch so graziöse Prunkstück, nun der 
Stolz Amerikas: der Gordon-Bennettpreis. Es gruppierten sich herum, durch Körbe etc. 
vertreten, die beiden vom Grafen de la Vaulx erworbenen Klubballons «Centaure» und 
«Orient», Mr. Chandlers «Initial» und es hätten sich anreihen sollen Leutnant Lahms 
siegreicher «United States», und ein Ballon eines seiner gefährlichsten Rivalen C. S. Rolls 
(den die Ausstellung seines Automobilsystems wegen um diese Zeit nach Amerika geführt 
hatte), die leidigen Zollformalitäten jedoch hatten auch hier wieder den Strich durch die 
Rechnung gezogen. Der Aero Club sollte indessen von Schuld freigesprochen werden, 
es war der Automobilklub, der erst so spät über das Datum und die Beschaffenheit dieser 
Ausstellung sich schlüssig werden konnte. So war es ganz besonders zu bedauern, daß 
die erstrebte Beteiligung deutscher Firmen, der Riedinger’schen ßallonfabrik und der 
Continental-Caoutchouc und Guttapercha-Compagnie, die diesmal an die Stelle der 
französichen hatten treten sollen, sich, durch einen Schiffsunfall noch mehr erschwert, 
nicht verwirklichte. Eine reiche Sammlung photographischer Vergrößerungen bedeckte 
wieder die Wände, doch nun waren auch die bedeutsamen neuesten Marksteine der Ent¬ 
wicklung vertreten: Zeppelins «Patrie», Parseval und Santos Dumonts Flugmaschine «la 
Ville de Paris», de la Vaulx’s «Dirigeable» und von amerikanischen Erzeugnissen Leon 
Stevens schöner, für Major Miller erbauter Motorballon. Der letztere befand sich «in 
persona» in der Gruppe von Dr. Thomas, in dessen Besitz er direkt nach seinen erfolg¬ 
reichen Probefahrten überging, bzw. das auf unserer Abbildung ersichtliche Tragegestell 
mit dem großen Propeller vorn. Außer dem Rahmen des Bildes fällt das zweite ausge¬ 
stellte Ballonschiff, ein kleines, Stevens gehörig, auf. Dr. Thomas führte sonst noch seinen 
großen Kugelballon «Nirwana» vor, inkl. der Hülle, in dem gleichen Zustand (mit großem 
Riß), in dem ihn seine letzte, so waghalsige Fahrt ohne Korb gelassen hatte, und eine 
bunte Menge der Resultate seiner rastlosen und allzu empirischen Versuch^ $uf allen 
aeronautischen Gebieten. • • 


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Zweite aeronautlsohe Ausstellung in lew-torfc, Dezember 1906. 



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Die auf der Abbildung ins Auge fallenden Glaskasten dienten wiederum zur Unter¬ 
bringung der Literatur. Ganz im Hintergrund lassen sich mit einiger Geduld Formen 
tetraedrischer Drachen entdecken, doch stellte Prof. A. G. Bell nicht selbst aus, weil 
seine Fortschritte, seit der eingehenden Illustration seiner Arbeiten auf der vorherigen 
Ausstellung (wie auch jene A. M. Herrings) noch nicht wieder reif für die Öffentlichkeit 
waren, sondern statt dessen zeigte Mr. H. P. M. Neil in Washington, der geschäftlich die 
Fabrikation dieser Drachen übernommen hat, seine verbesserte, wohlfeilere Herstellungs¬ 
methode mittels maschinengefertigter Metall Verbindungen für die Stäbchen, die früher 
mit der Hand zusammengebunden werden mußten. F. J. Horsman stellte gleichfalls 
kommerzielle Drachen aus, mit welchen er sogar das nicht allzu weitläufige Lokal etwas 
allzureich dekorierte; neben W. A. Eddy, dem bekannten Erfinder, erschien aber, als neu 
auftauchende und beachtenswerte Autorität auch H. Rodemeyer auf dem Plan, leider 
posthum, durch seinen jungen Sohn vertreten, da er selber bei einem Bahnunfall vor 
nicht langer Zeit das Leben verlor. Lange und mit viel Liebe und Geduld hatte er an 
einem neuen und sehr stabilen Drachensystem gearbeitet und viele Experimente gemacht. 
Sein Konstruktionsprinzip besteht in einer Art von Vogelflügeln, die dachziegelartig über- 
einandergreifen und unter dem Winddruck mehr oder weniger «Zwischenräume öffnen*, 
durch welche die heftigen Windstöße ihren Ausgang finden. Die Struktur ist natürlich 
elastisch. Mehrere große Exemplare waren gezeigt. 

Unter den oben erwähnten Fahrzeugen war ein sehr interessanter und gebrauchs¬ 
fähiger Apparat: Prof. W. H. Pickerings (von der Harvard Universität), des berufenen 
Erforschers der Luftpropellergesetze, Luftschraubenfahrrad. Charakteristisch war die 
geringe Steigung, die große Glätte und Zuschärfung der beiden hölzernen Schrauben¬ 
flügel, die auf der Frontseite eben, auf der Rückseite sanft abgerundet waren. Noch 
merkwürdiger erschien, daß jeder Flügel einfach durch ein grades Brett gebildet wurde, das 
sich bloß nach der Nabe zu etwas verjüngte und dort unter dem erwähnten leichten 
Steigungswinkel zum andern festgeschraubt war. Die Erfahrungen, bei einer Probefahrt 
des Verfassers im noch leeren Lokal (es war ihm das Amt der Installierung und des 
Arrangierens der Ausstellungsgegenstände vom Klub übertragen worden) waren sehr 
lehrreich. 

Beim ersten Versuch erschien der SchraubenefTekt minimal, das Rad kroch wie 
eine Schnecke. Ein energischeres Angreifen der Pedale änderte das Bild auf das über¬ 
raschendste: sobald dadurch, zunächst natürlich unter Kraftverschwendung, höhere Vor¬ 
wärtsgeschwindigkeit erzwungen wurde, nahm der SchraubenefTekt wunderbar zu, das 
Rad lief plötzlich fast wie bei der gewöhnlichen Kraftübertragung, aber der gyroskopische 
Effekt des Propellers machte sich nun ganz eigenartig geltend. Das Gefühl, daß das Rad 
der Steuerung widerstrebte, war so ungewohnt, daß dieselbe, obschon physisch voll¬ 
kommen leicht, dennoch psychisch als ein wahres Problem erschien. Ein Kuriosium war 
ein umfangreiches Aeroplanmodell einer Miss E. L. Todd (rechte Ecke hinten, Abbildung). 
Ein unmöglich massiges Holzgestell, Treibe- und Hubpropeller, die übereinandergeordneten 
Tragflächen einander zu nahe, ein Überwuchern des toten Stirnwiderstandes, wenig Evi¬ 
denz von Einsicht in die bewährten Konstruktionsprinzipien, ausgenommen eine Idee, 
die Stabilität durch eine originelle Aufhängung der Gondel und Maschinerie unter den 
Tragflächen zu fördern, die vielleicht entwicklungsfähig wäre. Mr. G. C. Gillespy hatte 
daneben eine «ausgewachsene» Flugmaschine. Ebenso ein Mr. Arnos Drew eine mit viel 
Liebe detaillierte Schlagflügelmaschine, die mit ihren gigantischen Schwingen eindrucks¬ 
voll genug aussah und verschiedene schwierige Konstruktionsprobleme löste. Gleichwohl 
geriet sie mit einigen mechanischen Elementarbegriffen in Konflikt, z. B. hatten die zur 
Flügelbewegung dienenden Arme keinerlei wirkliche Lagerung an ihrem Drehpunkt, und 
daß ein viel zu schwacher Motor angewendet wurde und daß die auf substantiellem 
Pneumatikrädergestell montierte Maschine noch nicht einmal sich auf ebener Straße mit 
den gewaltigen Flügeln vorwärtszutreiben vermochte, kann angesichts jener Tatsache 

Illu8tr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 38 


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kaum Wunder nehmen. Schade um die guten Ideen, Rahmenwerk, Spannungen etc.! 
Wie bei Lilienthal war der Flügelschlag nach den Seiten verlegt und befand sich in der 
Mitte eine stationäre Aeroplanfläche. Fehlerhafterweise machte dieses jedoch die Ver*» 
drehung der Flügel beim Auf- und Niederschlag mit. Die Kontrollvorrichtung für das 
Maß jener Verdrehung war wiederum ingeniös. Ein Vogelschwanz steuerte. Würde jener 
Fehler beseitigt und statt dem dreipferdigen ein dreißigpferdiger Motor in diesen Riesen¬ 
apparat eingebaut und der mechanische Teil richtig gestellt, so wären geschwinde Fahrten 
über den Boden und sogar kurze Flüge, wie die so charakteristischen fliehender Hühner, 
sehr wahrscheinlich. Die jetzige Entmutigung des Erfinders scheint nicht viel sinnvoller 
als sein anfänglicher Enthusiasmus. 

Der Gilespyapparat enthält einen Motor von 18 PS. (obschon die Ausführung 
damals, vor Jahren, im Stich ließ und es auch zu keiner schnellen Fahrt kam) und weist 
interessante Ideen auf: Eine Anzahl klappenartig in die Aeroplanfläche eingebauter 
Steuerflächen aus Aluminiumblech und eine große Anzahl kleinerer glatter Propeller 
aus demselben Material. Auch er hat ein substantielles Pneumatikrädergestell. Aber die 
Formhaltung des Aeroplans unter Druck ist sehr zweifelhaft und vor allem sein Umriß 
ist unglaublich unangemessen: ein langes Rechteck in der Bewegungsrichtung (bei 
großer Flächenbelastung). Erfinder erwarten scheint’s stets noch eventuell glückliche 
Resultate von bizarren Entwürfen, selbst wenn dieselben den bewährten Grundsätzen 
ins Gesicht schlagen. 

Viel erfreulicher war das zwischen den beiden erwähnten sich befindliche, sogar 
vor dem Drew’schen «schützend unter die Fittige genommene» Ausstellungsobjekt: ein 
Motor mit Welle und direkt getriebener achtfüßiger Holzschraube auf einem schmalen 
langen, bootförmigen Gestell mit Pneumatikrädern montiert von Gustave Whitehead. 
An vier Ecken erschienen Pfosten von länglichem Querschnitt abgesägt, die wie der Er¬ 
finder erzählt, zur Verbindung mit einem Aeroplan bestimmt waren. Whitehead berichtete 
auch, daß die Schraube sehr an Effekt verliert, wenn sie, als Zugorgan benutzt, ihren 
Luftstrom gegen das Wagengestell triebe. Ebenso, daß er es nötig gefunden, sie, wegen 
der übergroßen Fliehkraft, aus einem einzigen soliden Holzstück zu fertigen, und daß sie 
schwer gut auszubalancieren sei. Der Motor scheint kräftig, 18—20 PS., und in seinem 
Entwurf sind einige interessante Detailideen, bezüglich Gewichtsersparnisse verkörpert. 
•— Verfasser empfing die Einladung, eine der Fahrten dieses Apparates als «Schrauben¬ 
automobil» oder «Windwagen», wie man hier sagt, in Bridgeport Gönn, mitzumachen, 
und hofft so später besser berichten zu können. Ein kleiner 6 PS. Zweitaktmotor des¬ 
selben Erfinders war auch gezeigt. Beide Motoren sind mit einer eigenartigen Luft¬ 
kühlung versehen: die Zylinder sind in eine Art von metallischem Bärenfell aus Kupfer¬ 
blechzotteln eingehüllt. 

Die Reihe dieser «Flugmaschinen» ward beinahe vervollständigt durch «Motor und 
Propeller von Roy Knabenshoe’s «Aeroplan»». Wir berichteten über Knabenshoe an¬ 
läßlich der Weltausstellung in St. Louis. Als Aeroplanerfinder erscheint dieser berufs¬ 
mäßige Ballonschiffnavigator 1 ) in ausgesprochen neuer Rolle und der Zusammenhang des 
ausgestellten Gegenstandes — langes leichtes Holzgerüst von quadratischem Querschnitt 
mit allerdings leichtem, ungewöhnlich kleinem, vierzylindrigem Motor von anscheinend 
einigen 8 oder mehr PS. mit zwei ä la Lebaudy auf der Seite etwas gar zu leicht mon¬ 
tierten kleinen zweiflügeligen Schrauben aus Metallblech, die mit schmalen Lederriemen 
angetrieben werden — mit der dynamischen Idee scheint nicht gerade zwingend, mais 
honny soit etc. Von verschiedenen wird behauptet, dies sehe alles außerordentlich einem 
Teil des so bekannt gewordenen Ballonschiffs ähnlich. — Gewissenhaftermaßen hat Ver¬ 
fasser immer noch zu gestehen, daß er selber als Aussteller in jener Reihe von unflug¬ 
fertigen Flugmaschinen figurierte. 


*) In Amerika verdrHngt ein kleiner Ballouschifftyp allmählich den Fallschirmabsturz als Schau¬ 
stellung und Attraktion. 


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Es geschah dies, um das Anrecht auf eine gewisse Propelleridee, die mit der 
durch von Parseval so erfolgreich ausgeführten nahe verwandt ist, schon vor 9 Jahren 
entstand und bezweckt, durch Ausnützung der Zentrifugalkraft eine sehr leichte und doch 
umfangreiche Tragschraube zu schaffen, öffentlich zu sichern. Gleichzeitig um darauf 
hinzuweisen, daß die Tragschraube eventuell viele, ja die meisten Vorteile des Aeroplans 
mit eigenen verbinden könne, daß sie viel wohlfeiler herzustellen sei, wenn sie nur ein¬ 
fach auftritt, und daß das letztere durch einen langen Steuerhebel, allerdings unter Auf¬ 
opferung des unökonomischen Fluges auf der Stelle, eventuell ermöglicht würde, wobei 
danri die ganze gyroskopische Aktion zum Vorteil der Stabilität unter den günstigsten 
Bedingungen zur Verfügung steht. Der Tendenz entsprechend, wurde der Apparat als 
«AGroplane-Helikoptöre» bezeichnet und diese kurze Beschreibung möge genügen, solange 
noch keine entsprechende Erprobung vorliegt. Der Maßstab gestattet praktischen Ge¬ 
brauch zunächst zur entlasteten Fahrt über den Boden. Eine leichte Dampfmaschine 
war montiert, doch noch ohne Kessel und Kondensator, die nicht zurzeit fertig gestellt 
werden konnten. (Schluß folgt.) Karl Dienstbach. 

Wettfahrt am 10. Juli 1907 in Stockholm. 

Um das Andenken Andres zu feiern, der vor zehn Jahren seine Ballonfahrt zum 
Pole antrat, haben Svenska Aöronautiska Sällskapet und Svenska Automobilklubben am 
10. Juli d. Js. eine Wettfahrt von Ballons veranstaltet, die von Automobilen und Motor¬ 
rädern verfolgt wurden. (Ausführlicher Bericht im nächsten Heft.) 

je 


Vereine und Versammlungen. 


Abzeichen des Deutschen Luftschiffer-Verbandes. 


Auf der vorjährigen Tagung des Internationalen Luftschiffer-Verbandes 
wurde die Frage der Einführung von Abzeichen bekanntlich dahin ent¬ 
schieden, daß alle dem Internationalen Verbände angehörigen nationalen 
Verbände und Klubs das Abzeichen des Aero-Club de France mit den ent¬ 
sprechenden Inschrift-Änderungen annehmen sollten. 

Nach dieser Maßgabe hat die Verbandsleitung nunmehr durch eine 
Berliner Medaillen-Münze ein Abzeichen herstellen lassen, welches in natür¬ 
licher Größe hierneben abgebildet ist. Es ist aus Silber 
a gefertigt und stark vergoldet. Die Inschrift «Deutscher 

Luftschiffer-Verband» ist in Gold-Buchstaben auf blau¬ 
emailliertem Grunde ausgeführt. Auf dem Anker be¬ 
finden sich in rot-emaillierter Schrift die Buchstaben: 
«F. A. I.» (Federation Aeronautique Internationale). 

Nach seiner endgültigen Annahme durch den Ver¬ 
band kann das Abzeichen von allen Mitgliedern (zum 
Preise von etwa 4—5 Mk.) bezogen werden. Bestellungen sind an den 
Verbandsschriftführer Dr. Stade, Schoeneberg bei Berlin, Herbertstraße 5>, 
zu richten. 



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Der 4. deutsche Luftschiffertag zu Düsseldorf am 
11. September 1907. 

Der diesjährige deutsche Luftsc-hifTertag findet mit Rücksicht auf die bequeme 
Reiseverbindung zum internationalen LuftschifTertage am 13.—15. September in Brüssel, 
am Mittwoch den 11. September, nachmittags 1 Uhr, im Park-Hotel zu Düsseldorf statt. 

Nach dem Gasverbrauch des deutschen LuftschifTerverbandes im Jahre 1906, der 
300 000 cbm überstieg, kann nunmehr der Verband zur Versammlung der Föderation 
Aöronautique Internationale die festgesetzte Höchstzahl von 12 Delegierten stellen. Es 
handelt sich also für alle Vereine um die Wahl ihrer Delegierten für Düsseldorf und Brüssel. 

Die Stimmenzahl der Vereine auf dem 4. ordentlichen LuftschifTertage in Düsseldorf 
ist nach dem Stande der Mitgliederzahl vom 1. Januar 1907 nach § 8 des Grundgesetzes 


nachfolgende: 

1. Berliner Verein für LuftschifTahrt.10 Stimmen. 

2. Münchener Verein für LuftschifTahrt. 4 * 

3. Oberrheinischer Verein für LuftschifTahrt. 2 * 

4. Augsburger Verein für LuftschifTahrt. 3 * 

5. Niederrheinischer Verein für LuftschifTahrt «... 7 » 

6. Posener Verein für LuftschifTahrt. 1 > 

7. Ostdeutscher Verein für LuftschifTahrt. 2 * 

8. Mittelrheinischer Verein für LuftschifTahrt. 2 » 

9. Fränkischer Verein für LuftschifTahrt. 2 > 

10. Kölner LuftschifTer-Club. 2 > 

11. Physikalischer Verein Frankfurt. 8 * 

Zusammen ... 43 Stimmen. 
1. Geschäftliches. 

1. Festsetzung der Präsenzliste; 

2. Bericht des Vorsitzenden; 


3. Kassenbericht des Verbands-Schatzmeisters und Entlastung desselben; 

4. Antrag des Vorsitzenden auf Annahme einer Hilfskraft für die Verbandsgeschäfte und 
dementsprechende Änderung der Satzung; 

5. Feststellung der Verbandsbeiträge für 1908; 

6. Neuwahl des Verbandsvorstandes. 

II. Brüsseler Kongreß. 

7. Bestimmung der Delegierten für diesen Kongreß; 

8. Besprechung der Tagesordnung dieses Kongresses und Stellungnahme zu derselben. 

III. Anträge von Vorstandsmitgliedern. 

9. Antrag des Vorsitzenden: 

Die Verbandsvereine sind verpflichtet, dem Verbandsvorstande je ein Exemplar 
der Ausschreibungen und Programme der von ihnen veranstalteten Wettfahrten für 
die Verbandsakten zu übersenden. 

10. Antrag des Herrn Major Moedebeck: 

Dem § 1 des Grundgesetzes sind folgende Punkte beizufügen: 

5. Organisation von Ballonwettfahrten nationaler und internationaler Art. 

6. Vorbereitungen für die Teilnahme des Deutschen LuftschifTer-Verbandes an inter¬ 
nationalen Ballonwettfahrten im Auslande. 

7. Förderung der Flugtechnik durch Organisation von flugtechnischen Ausstellungen 
(Ausflügen) und Wettflügen. 

11. Antrag des Herrn Major Moedebeck: 

Besprechung über die eventuelle Bildung von flugtechnischen Abteilungen 
innerhalb der einzelnen Verbandsvereine. 


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12. Antrag des Herrn Major Moedebeck: 

Festlegung einer verständigen Terminologie in deutscher Sprache in Verbindung 
mit dem deutschen Sprachverein, dem Kriegsministerium, dem Kultusministerium pp. 
eventuell mit den Österreichischen und Schweizerischen Vereinen für Luftschiffahrt. 

IV. Anträge der Verbandsvereine. 

13. Antrag des Fränkischen Vereins: 

Gründung einer allen Verbandsvereinen leihweise zu überlassenden Licht¬ 
bilderreihe. 

14. Antrag des Münchener Vereins: 

Gemeinsame Schritte zur Herbeiführung billigerer Gaspreise. 


Zusammenkunft der Föderation Aöronautique Internationale und der 
Commission Permanente Internationale d'Aöronautique in Brüssel. 

Der Präsident des Aöro-Club de Belgique, M. Fernand Jacobs, hat sich vor einigen 
Wochen nach Paris begeben, um sich mit den Vorständen beider Körperschaften bezüg¬ 
lich Veranstaltung der Sitzungen, Empfänge, Wettbewerbe etc. zu besprechen, welche 
während der vom 12. bis 15. September dieses Jahres in Brüssel stattfindenden Zusammen¬ 
kunft ins Werk gesetzt werden sollen. 

Hierfür konnte schon jetzt bestimmt werden: 

Freitag, den 13. September. — 3 Uhr nachmittags, feierliche Empfangssitzung, Ansprachen 
bedeutender Persönlichkeiten, Vortrag durch den Kommandanten des Militärluft¬ 
schifferparks zu Chalais-Meudon: Bouttieaux über die jüngsten Erfahrungen mit 
den lenkbaren Kriegsluftschiffen Frankreichs. 

Samstag, den 14. — Besuch und Empfang im Militärluftschifferpark zu Antwerpen. — 
Abends in Brüssel Bankett, gegeben vom Aöro-Club de Belgique für die Versamm¬ 
lungsmitglieder und für die an den Wettbewerben beteiligten Führer. 

Sonntag, den 15. — morgens, Besuch des Königlichen Observatoriums d’Uccle, nach¬ 
mittags 3 Uhr, im Parc du Cinquantenaire, unter Leitung und Fürsorge der Stadt 
Brüssel, großer internationaler Wettbewerb für Rundballons aller Größen ohne 
Motor, offen nur für Führer der Föderation Aöronautique Internationale. 

Von Donnerstag bis Sonntag werden die allgemeinen wie auch die Sektions¬ 
sitzungen stattfinden, welche sich im Zusammenwirken mit der F. A. I. und der C. P. I. A. 
vollziehen. Demnächst wird das Reglement des Wettbewerbs festgestellt und den mit 
der F. A. I. verbundenen Vereinen zugesandt. (Aus conqu. de Fair.) K. N. 

Jamestown Exposition. 

Am 28. und 29. Oktober findet in der Ausstellung ein aeronautischer Kongress statt. 


Berliner Verein fUr Luftschiffahrt. 

Die 264. Versammlung des Vereins am 11. März eröffnete Professor Süring mit 
einem tief empfundenen Nachruf auf den am 17. Februar, kurz vor Vollendung seines 
70. Lebensjahres, bei seiner Rüstigkeit allzu früh für die Wissenschaft verstorbenen 
Geheimen Rats Professor Dr. v. Bezold. Der verewigte große Meteorologe war ein 
treuer Freund und Förderer der im Berliner Verein für Luftschiffahrt verkörperten Be¬ 
strebungen. Er vor allem erkannte lange, bevor die gleiche Erkenntnis sich in andern 
Kreisen Bahn brach, die hohe Bedeutung der Luftschiffahrt für die Meteorologie. Als 
unübertroffen können die Worte gelten, die er bei einer Feier in den 80er Jahren 
Über die Aufgaben der Luftschiffahrt sprach. Ihm sind die trefflichsten Ratschläge zü 


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verdanken, zu der Zeit, da der Verein die wissenschaftlichen Ballonfahrten aufnahm, 
z. B. im März 1893, als es sich darum handelte, ein Programm für die Fahrten des 
Ballons «Humboldt» aufzustellen. Große Freude hat es in den letzten Monaten noch Geheim¬ 
rat v. Bezold gemacht, als er sah, daß der Verein, dem er so reges Interesse widmete 
auch seiner nicht vergaß und einen neuangeschafften Ballon nach seinem Namen nannte. 
Zuweilen, das darf nicht geleugnet werden, war der Heimgegangene mit dem Verein 
weniger zufrieden. Die Richtung auf den Sport war ihm nicht sehr sympathisch; doch 
ließ er sich gern darüber beruhigen und war beiepieisweise aus Anlaß der Ballonver¬ 
folgung durch Automobile erfreut, zu hören, daß der Verein trotz solchen Sports seine 
Ideale nicht vergesse. Die ganze Bedeutung des Mannes für die Wissenschaft zu würdigen, 
soweit dies jetzt schon möglich ist, bleibt einer Feier Vorbehalten, die von den nächst¬ 
beteiligten wissenschaftlichen Vereinen, der Deutschen physikalischen Gesellschaft und 
der Deutschen meteorologischen Gesellschaft, denen sich der Berliner Verein für Luft¬ 
schiffahrt anzuschließen gedenkt, für den 21. Juni, als den 70. Geburtstag v. Bezolds, 
geplant ist. — Professor Süring schloß mit der bereitwillig befolgten Aufforderung an 
die sehr zahlreich erschienenen Vereinsmitglieder, sich zu Ehren des Verstorbenen von 
den Sitzen zu erheben. Neu in den Verein aufgenommen wurden hierauf in den satzungs¬ 
gemäßen Formen 12 neue Mitglieder und die Vorschläge des Vorstandes wegen Beteiligung 
des Vereins an der Deutschen Armee-, Marine- und Kolonial-Ausstellung, sowohl als an 
einer für den 8. und 9. Juni in Düsseldorf stattfmdenden Ballon-Wettfahrt, beifällig 
entgegengenommen. 

Den Vortrag des Abends hielt Major Moedebeck aus Straßburg über: «Die Aufgaben 
der Zukunft und die nationale Bedeutung unserer Luftschiffahrtsvereine». Der Redner wies 
einleitend darauf hin, daß auch in bezug auf die Luftschiffahrt vereine das unsere 
Zeit charakterisierende Wort Geltung hat: Alles im Fluß, alles im Wechsel! Die schnell¬ 
lebige Gegenwart hat auch diesem Verein häufig ganz neue Aufgaben, ganz neue Ziele gesetzt 
Auch im Augenblick befinden wir uns wieder in einem Stadium der Entwickelung, das die 
Frage rechtfertigt: Was nun? Es bedarf nur eines ganz kurzen Rückblickes, um sich diesen 
Wandel in der Entwickelung unseres Vereins zu vergegenwärtigen: Anfänglich hinderte 
Geldmangel die praktische Betätigung des Vereins in dem Grade, wie sie wünschenswert 
war. Mit Ausnahme des unvergeßlichen Lilienthal, der selbständig vorging, geschah wenig 
für die Ausbildung der Flugtechnik, nur die geringeren Anklang findenden theoretischen 
Diskussionen blühten. Dann kam eine neue Strömung, wie sie von dem Vorredner in An¬ 
knüpfung an die Entwickelung der Meteorologie und an den Namen v. Bezold gekenn¬ 
zeichnet worden ist. Die wissenschaftliche Luftschiffahrt brachte neues Leben; doch 
auch sie bedurfte der Zeit, um auszureifen, und ohne die materielle Hilfe Sr. Majestät 
des Kaisers würde der Aufschwung dieser Richtung nicht eingetreten sein, der sich 
lange Zeit mit der Tätigkeit unseres Vereins deckte, bis durch Gründung des aeronau¬ 
tischen Observatoriums das Interesse der Meteorologen an der Unterstützung durch unsern 
Verein nachließ und die Organisation der internationalen wissenschaftlichen Ballonfahrten, 
die Ausbildung der Drachenaufstiege usf. die Mithilfe unseres Vereins gelegentlich wohl er¬ 
wünscht, im Grunde aber entbehrlich machten. Die praktische Luftschiffahrt hat jedoch, 
wie zweifellos feststeht, aus dieser Zeit der Verbindung mit der Meteorologie außer¬ 
ordentlich viel gelernt, sie ist ungleich sicherer im Luftmeere geworden, als ehedem, sie 
kennt sich besser aus mit vertikalen und horizontalen Luftströmungen, und hat eine 
Unterlage gewonnen für die Behandlung der Frage des lenkbaren Luftschiffes der Zu¬ 
kunft und der Möglichkeiten, gegen den Wind zu fahren. Es war nur natürlich, daß 
dieser Fortschritt in der sicheren Führung des Ballons dem Entstehen des Ballonsportes 
sich als sehr förderlich erwies. Diese treffliche Chance rechtzeitig erkannt und ergriffen 
zu haben, um dem Verein zu erfreulicher materieller Entwickelung zu verhelfen und 
ihm damit auf alle Fälle Mittel zu schaffen, um für weitere Betätigungen gut fundiert 
zu sein, ist das Verdienst der gegenwärtigen Leitung unseres Vereins. Doch auch diese 
Bewegung, die seit dem Kongreß in St. Petersburg in Frankreich wie in Deutschland 


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weite Kreise ergriffen und das Interesse an der Luftschiffahrt zum finanziellen Segen 
unseres Vereins mächtig gehoben hat, ist neuerdings mit einer gewissen Entartung be¬ 
droht. Aus Sportfahrten werden häufig Biedermeierfahrten, man fährt hinauf, um zu 
genießen, um sich einmal die Welt von oben zu betrachten, von kühnem Wagemut 
solcher Fahrten kann, bei ihrer absoluten Ungefährlichkeit, nicht mehr die Rede sein. 
Bis zu einem gewissen Grade ist ja auch diese Erscheinung ebenso natürlich als gerecht-» 
fertigt, und es kann niemand verdacht werden, sowohl Gelegenheit zu solchen in jedem 
Fall erfrischenden und erfreuenden Fahrten zu bieten, als solche wahrzunehmen. Aber 
mit echtem, dem Verein geziemenden Sport haben Biedermeierfahrten kaum mehr etwas 
zu schaffen. Der echte Sport kann nur bestehen, wenn er sich an unbestimmte, eine 
Gefahr des Mißlingens ebenso wie die Möglichkeit des Gelingens einschließende Aufgaben 
knüpft. Denken wir also an solche Aufgaben, suchen wir sie und wiegen wir uns nicht 
in Sicherheit, es schon so herrlich weit gebracht zu haben, namentlich auch nicht mit 
Bezug auf Vollkommenheit des Materials, in dem uns andere überlegen sind, und das 
noch großer Vervollkommung fähig, ja bedürftig ist, wenn wir echten Sportaufgabep 
gewachsen bleiben wollen. Für solche ist unser Material im allgemeinen zu schwer und 
damit verbunden in der Herstellung zu teuer. Hier sind sehr beachteinswert die von 
Hauptmann Hinterstoisser-Wien angestellten Versuche mit zugleich leichteren, billigeren 
und dichteren Ballonhüllen, bei deren Herstellung die Durchtränkung der Fasern von 
zwei Stoffschichten mit Firnis zuverlässigere Dichtung als Gummistoff schaffen soll. 
Zum echten, dem Verein besser als die Biedermeierfahrten, die lieber Privatsache 
bleiben, geziemenden Sport zählen vor allem Wettflüge. Sie interessieren den ganzen 
Verein immer, jene Fahrten bestenfalls nur bei interessanten Zwischenfällen. Und was 
sämtliche Mitglieder des Vereins zu interessieren vermag, pflegt auch die Allgemeinheit, 
das ganze Volk, zu fesseln, das bringt neues Leben in den Verein! Nun ist aber deip 
Wettfliegen meist ein Reglement vorgezeichnet, das mehr als bisher bekannt zu werden 
verdient, teils um vorhandenes Interesse zu steigern, teils um schlummerndes Interesse 
an diesen Dingen zu wecken. Da sind zuerst die verschiedenen Arten des Wettfluges: 
Die Weitfahrt mit oder ohne Zwischenlandung. Ein gutes Beispiel hierfür ist die 
Wettfahrt vom 14. Oktober v. Js. Sie deutet zugleich darauf hin, daß der Zufall eine 
bescheidene Rolle spielte, die wichtigere Rolle dagegen die Kenntnis der Meteorologie, 
die aeronautische Erfahrung, die zweckdienliche, zur rechten Zeit getroffene Maßnahme. 
Ob sich Zwischenlandung empfiehlt oder nicht, ist Sache sorgfältiger Überlegung. Ent¬ 
schlossenheit und Schneid sind gleich imentbehrlich, will man Chancen für den Sieg 
haben. Die Dauerfahrt ist, mit der eben erwähnten verglichen, die weniger inter¬ 
essante und im Erfolg von der Persönlichkeit des Ballonfahrers weniger bedingte, denn 
sie überläßt den Ballon den Lüften; doch kann man auch hier Wissenschaft treiben und 
aus der Schulung in Witterungsbeobachtungen Nutzen ziehen, z. B. für die Wahl der 
Höhe, in der man die geeignetste Luftströmung zu finden hoffen darf. Sehr interessant 
ist die Landungsfahrt, bei der man möglichst nahe an einem bestimmt bezeichnten 
Punkt zu landen trachten muß, was häufig viel besser durch geschicktes Lavieren und 
Manövrieren erreicht werden kann, als durch direktes Losfliegen auf das Ziel. Die 
Reisefahrt mit Nachfüllung bei Zwischenlandung kompliziert sich zuweilen durch die 
möglichst lange Verzögerung des Abstieges, wodurch dann leicht geeignete Orte mit 
Gasanstalt versäumt werden. Bei den Stabilitäts-Wettflügen ist jedem Ballonführer 
die Wahl der Mittel und des Weges, sogar innerhalb gewisser Grenzen die Zeit des Auf¬ 
stieges überlassen. Letzteres gestattet die Ausnutzung mancher Chancen auf Grund 
sorgfältiger Überlegung, indem man z. B. über Nacht fällt und bei Sonnenaufgang ganz 
langsam in die Höhe geht. Zu den Verhältnissen, die man gegebenen Falles ausnutzen 
kann, gehört z. B. die Mitführung eines Ballonet in Verbindung mit dem Ballon, um 
diesen immer prall zu erhalten. Das Interesse an allen diesen verschiedenen Arten von 
Wettflügen wird erhöht, je nachdem man mit oder ohne Handikap fährt und im erster^n 
Fall durch die Art des festgesetzten Handikaps; denn es spornt zum Nachdenken an, 


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wie die besonderen Chancen jedes Handikaps am besten auszunutzen sind. Dasselbe 
Handikap bietet verschiedene Aussichten bei Dauerfahrten oder Reisefahrten. — Doch 
auch, abgesehen von Wettfahrten, gibt es eine ganze Anzahl echter Sportsaufgaben für 
Einzelballons. Ein Flug über die Alpen oder über die Pyrenäen, über die Ostsee nach 
Schweden, von Berlin nach Straßburg. Keine bessere Gelegenheit zu sorgfältiger Be¬ 
ratung mit sich selbst und den Freunden, was möglich ist, was dem Material zugetraut 
werden kann. Die Stellung solcher Aufgaben wird sich in der Folge von selbst ergeben, 
wenn erst mehrere Yereinsmitglieder eigene Ballons besitzen, was sehr wünschenswert 
ist. Zu dem Zweck müssen die Ballons billiger werden. Vielleicht macht der Verein künftig 
seine Ballons selbst! Der Straßburger Verein ist darin mit gutem Beispiel vorangegangen. 

Major Moedebeck warf nach dieser Empfehlung strafferer Kultivierung des ernsten 
und echten Ballonsports die Frage auf: Was ist notwendig, um den Sport in dieser 
Weise durchzuführen? Es scheint ihm etwas viel verlangt, die große Arbeit auf die 
sechs Augen des Fahrten-Ausschusses zu stellen. Es bedarf einer erweiterten Organisation, 
der Angliederung eines Organisationskomitees und der Unterstützung des Fahrten-Aus¬ 
schusses durch eine Sportkommission, die als oberste Instanz in Streitigkeiten zu 
fungieren hätte. Wenn man unsern Fahrten-Ausschuß so umgestaltet bzw. erweitert, 
kann mit zwei Ballons der Anfang gemacht werden, um durch gestellte Aufgaben Führer 
auszubilden, die bei internationalen Fahrten mit Ehre die deutsche Luftschiffahrt ver¬ 
treten. Übungsfahrten können gut und gern mit Ballonfahrten verbunden werden. Der 
oder die mitgenommenen Zuschauer gewinnen dann selbst Interesse und steigern bei 
andern das Interesse an der Sache; denn die Erörterung, warum bei solchen Wettfahrten 
von zwei Ballons der eine oder andere besser abgeschnitten hat, findet dann in größerem 
Kreise und auf Grund mehrseitiger Beobachtung statt. Das ist das Bildende an der 
Sache! Erhöht kann dies Interesse noch werden, wenn zwei oder mehrere Vereine 
gegeneinander arbeiten. Die größte Schwierigkeit liegt immer in der geeigneten Organi¬ 
sation. Es müssen Preise gestiftet werden, etwa Medaillen von Bronze oder (vorbehaltlich 
der Existenz eines Krösus im Verein) von Silber. Hauptaufgabe ist zunächst, durch ermöglichte 
Übungen tüchtige Fahrer zu gewinnen. Daran fehlt es, sobald, wie in diesem Sommer bald 
hintereinander oder nahezu gleichzeitig, wie in Düsseldorf und Mannheim-Ludwigshafen 
(im Anschluß an die Versammlung der schiffsbautechnischen Gesellschaft), zu Wettfliegen 
eingeladen ist und sich auch in Amerika Gelegenheit bietet, zu zeigen, was die deutsche 
Luftschiffahrt leistet. Auch gewisse Äußerlichkeiten dürfen nicht zu gering angeschlagen 
und vernachlässigt werden: Sportbinde, Sportwimpel, um den Ballon von unten zu er¬ 
kennen. Der oberrheinische Verein hat seinen Wimpel durch Eintragung in das Zeichen¬ 
register schützen lassen. In welcher Weise und bei welchen Gelegenheiten solche Ab¬ 
zeichen zu benutzen sind, bleibt der Vereinbarung Vorbehalten. Nicht zu unterschätzen 
als Förderungsmittel echten Sports ist die dauernd zu erhaltende Fühlung mit der Öffent¬ 
lichkeit durch die Zeitungen, die gern über Erfüllung sportlicher Aufgaben berichten 
werden, auch wenn es sich nicht gleich um große Wettflüge handelt. 

Ein Punkt von großer Bedeutung ist die Beschaffung aeronautischer Landkarten. 
Häufig muß, besonders bei Überschreitung der Landesgrenze, früher gelandet werden, 
als nötig, weil die Landkarte fehlt. Die richtige Luftschiffer-Landkarte soll alles ent¬ 
halten, was bei dunkler Nacht unter den Wolken an der Erdoberfläche auffällt: Bahn¬ 
höfe, Städte mit vielen Lichtem, Hochöfen, beleuchtete Eisenbahnstrecken tind Straßen, 
Leuchttürme; doch auch die gefahrdrohenden Starkstromleitungen und womöglich die 
Stellen, an denen Gas nachgefüllt werden kann. 

Bei dem so getriebenen Sport dürfen selbstverständlich die Wissenschaften nicht 
vernachlässigt werden; denn es ist im Vorangehenden gezeigt worden, daß sie mit 
Recht immer einen Hauptanteil am Erfolge zu beanspruchen haben werden. Vor allem 
ist das Studium der physikalischen Grundlagen der Meteorologie zu empfehlen. Eine 
Zusammenstellung des dem Luftschiffer unentbehrlichsten Wissens auf diesem Gebiet 
hat Dr. Gurt Wegener zu liefern sich bereit erklärt. 


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Wann auch die Motorluftschiffahrt ihre Aufnahme in das jetzt bestehende inter¬ 
nationale Reglement begehren wird, ist eine Frage der Zeit. Es wird allen Freunden 
der Luftschiffahrt gewiß die größte Genugtuung gewähren, sich mit dieser Materie zu 
beschäftigen, wenn es erst soweit ist und das Parsevalsche Luftschiff uns nötigen wird, 
ihm einen Platz in dem Reglement einzuräumen. Bedauerlich erscheint dem, der die 
Lösung der großen Aufgabe auf verschiedenen Wegen erwartet, daß zurzeit die Aviatik 
so wenig Unterstützung findet. Wir haben nur wenige Aviatiker. Sie sollten wenigstens 
moralisch unterstützt werden, ihre Sache durchzuführen. 

Hoffmann hat die Mängel seiner ersten Ausführungen verbessert, der Hamburger 
Chelius mit bemerkenswerter Unermüdlichkeit bereits 5 oder 6 Apparate hergestellt. Der 
französische Aöro-Club hat zur Förderung der Aviatik eine besondere Kommission ge¬ 
bildet und Preise ausgesetzt, deren einen Santos Dumont bekanntlich gewonnen hat. 

In Erledigung des zweiten Teiles seines Vortragsthemas: «Die nationale Bedeutung 
unserer Luftschiffahrtsvereine» erinnerte Major Moedebeck an die wichtige Rolle, welche 
auf einer niedrigeren Stufe seiner Entwickelung der Ballon im letzten deutsch-franzö¬ 
sischen Kriege schon gespielt hat. Seitdem ist die völkerrechtliche Stellung des Luft¬ 
schiffes viel erörtert worden. Sie spitzt sich zu der Frage zu: Ist die Luft frei oder 
nicht? Gilt mindestens auch für den mit Soldaten bemannten Ballon das Analogon der 
Bestimmungen des Seerechtes, wonach ein Schiff der kriegführenden Parteien in Seenot 
den neutralen Hafen aufsuchen, ihn aber nach bestimmter Frist wieder verlassen muß? 

Ohne diese Frage für den Kriegsfall erörtern zu wollen, wo sie zweifellos ziemlich 
schwierig liegt, muß für Friedenszeiten doch mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, 
daß jede Beschränkung der «freien Luft» für die Luftschiffer unzulässig erscheint. Wenn 
Holland die seine Grenzen überfliegenden Luftschiffer, wie unwidersprochen berichtet 
worden ist, auf Grund eines angeblich der Beratung unterliegenden Gesetzes festnehmen 
lassen und mit drei Monat Gefängnis oder 1000 Gulden Buße bestrafen will, so liest sich 
das fast wie ein Aprilscherz und wird hoffentlich sich als unbegründet herausstellen. 
Der Comte de la Vaulx flog vor einigen Jahren von Paris aus über Deutschland hinweg 
bis Kiew. Im Falle eines Krieges, den Deutschland auf zwei Fronten zu führen hätte, 
könnte das bedenklich erscheinen, teils wegen der über Deutschland hinweg hergestellten 
Verbindung zwischen den verbündeten Gegnern, teils wegen der vorhandenen Möglichkeit, 
unterwegs chiffrierte Depeschen irgendwo abzugeben. Ebenso bedenklich erschienen 
1870/71 den Belagerern vor Paris die feindlichen Versuche, mit dem Ballon nach Paris 
hineinzufliegen. Aber gerade dieser, s. Z. gänzlich fehlgeschlagene Versuch, sowie die 
von den Brüdern Wegener im vorigen Jahre gemachte Erfahrung, daß sie auf einer 
Dauerfahrt gänzlich von der ursprünglichen Richtung verschlagen wurden, beweisen, daß 
auch in Kriegszeiten von dem nichtlenkbaren Ballon geringe Gefahren drohen. Wie 
töricht nun gar, solche Gefahren in Friedenszeiten an die Wand zu malen! Es wäre 
schwer bedauerlich, wenn da irgend welche Hindernisse errichtet würden, geeignet, uns 
die als Schulfahrten so wertvollen und wichtigen Dauer- und Stabilitätsfahrten zu ver¬ 
kümmern, die eine vortreffliche Hochschule für die Luftschiffahrt sind. Die Ausbildung 
zahlreicher Ballonführer kann nicht in die Luftschiffer-Bataillone gelegt werden; denn 
von unseren Soldaten kann nicht erwartet und verlangt werden, daß sie die erforder¬ 
lichen Qualitäten erwerben. Dazu sind sie nach ihrer ganzen Bildung nicht veranlagt. 
Wie nützlich kann anderseits aber ein Verein in dieser Richtung wirken! In Frank¬ 
reich existieren zwei große Luftschiffer-Vereine, die sich die Ausbildung von Luftschiffern 
ausdrücklich angelegen sein lassen und erreichen, daß die von ihnen Ausgebildeten, die 
in den Listen der Bezirkskommandos als Luftschiffer als solche extra geführt werden, 
als Freiwillige bei dem Luftschiffer-Bataillon eingestellt werden. Sie haben bei dem¬ 
selben ein Jahr zu dienen und empfangen nach 10 Freifahrten ihr Führerdiplom. Bei 
der gebotenen Gelegenheit ist es den zum Militärdienst tauglichen Technikern, Physikern, 
Meteorologen nicht zu verdenken, wenn sie sich vor Antritt des Dienstes in den Luft¬ 
schiffervereinen ausbilden lassen. Frankreich kommt hierdurch zu einer durch Intelligenz 

Iilustr. Aeronaut. Mittei]. XI. Jahrg. 89 


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ausgezeichneten Elite-Truppe, heute vielleicht schon mit dem Gedankeil im Hintergründe, 
daß bei der Vervollkommung des Motorluftschiffes solche Leute in großer Anzahl ge¬ 
braucht werden dürften. 

Major Moedebeck faßte, diese Darlegungen beschließend, seine Meinung dahin zu¬ 
sammen, wünschenswert und erstrebenswert sei eine Richtung unseres Yereinslebens, 
wodurch unser Verein zu einem Förderer der Luftschiffahrt im Sinne echten, den Geist 
beflügelnden, den Charakter stählenden Sports werde und zugleich zu einem Mittel, 
unter Tausenden die Tüchtigsten und Besten für den Dienst der Luftschiffahrt auszu¬ 
wählen und an die rechte Stelle zu setzen. 

In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion wurde Major Moedebeck 
darin voll beigestimmt, daß sich leider häufig eine Praxis der Ballonführer geltend mache, 
die an ihre gute Vorbereitung und an ihr Verständnis für die Notwendigkeiten der Luft¬ 
schiffahrt Fragezeichen zu setzen zwinge. Es sei doch nicht angebracht, eine Ballon¬ 
fahrt so genußreich und leicht als möglich zu gestalten, und wie es vorgekommen, um 
jede Gefahr auszuschließen, mit dem Schleppseil über Ortschaften hinwegzufahren und 
damit Andere Beschädigungen auszusetzen. Sehr empfehlenswert w&re, daß man den 
Führern gewissermaßen eine Schule gäbe, einen theoretischen Kursus in der Ballon¬ 
technik und der Meteorologie. Von anderer Seite wurde gegen eine zu weit gehende 
Verurteilung der Schleppfahrt eingewandt, daß es Fälle gebe, in denen selbst eine lang¬ 
ausgedehnte Fahrt dieser Art sich rechtfertige, wie z. B. beim Überfliegen großer, von 
Ortschaften nicht besetzter Flächen bei hellem Mondschein. 

Zum Schluß wurden noch eine Reihe recht interessanter photographischer Auf¬ 
nahmen von Flügen des Parsevalschen Motorluftballons vorgeführt. Auf Fahrtenberichte 
wurde der vorgerückten Zeit wegen verzichtet. A. F. 


Patent- und Gebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt. 

Deutsche Patente. 

Anmeldungen. 

77 h i| 30610. 7. 1. 07. J. Hofmann, Berlin, Reinickendorferstraße 2. —Vorrichtung 
zum Abflug von Drachenfliegern durch Schrägstellen der Tragfläche. (Einspruchs¬ 
frist bis 26. August 1907.) 

77 h J 0 000. 30. 4. 06. W. Jastram, Hamburg, Elbstraße 22. — Luftschiff mit Trag¬ 
körper und beweglich daran aufgehängter Gondel. (Einspruchsfrist bis 26. August 1907.) 

Zurücknahme von Anmeldungen. 

77 h p 18 548. Zigarrenförmiger Luftballon mit im Innern angebrachten Versteifungs¬ 
ringen. 

Erteilungen. 

187 863. 13. 3. 06. Motorluftschiff-Studiengesellschaft, m. b. H., Berlin. — Bewegliche 

Gondelaufhängung an Motorballons. 

188 270. 27. 3. 06. MotorluftschifT-Studicngesellschaft, m. b. H., Berlin. — Steuer- und 

Gleitflächen für Luftschiffe, bestehend aus mit Luft aufgeblasenen Hohlkörpern. 
188 564. 28. 8. 06. Jules Cornu u. Paul Cornu, Lisieux; Vertreter: H. Xeubart, Pat.- 
Anw., Berlin S. W. 61. — Flugvorrichtung mit Hebeschrauben und unter denselben 
angeordneten Flächen. 

Löschungen. 

182 680. Schraubenpropeller. 

Gebrauchsmuster. 

Eintragungen. 

300043. 27. 5. 07. Louis Ungnade, Wolfenbüttel. — Flugmaschine mit seitlichen 
Antriebsflügelrädem. 


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310060. 16. 5. 07. Gottlieb Friedrich Gustav Freyberg, Esperstedt a. Kyffh. — Flug¬ 
maschine mit zwei verstellbaren, horizontal wirkenden Luftschrauben und einer 
festen vertikal wirkenden. 

310186. 30. 5. 07. Hellmuth Oest, Bremen, Malerstraße 24. — Flieger, gekennzeichnet 
durch zwei Flügel, deren verlängerte Rippen mit einer Tragfläche beweglich ver¬ 
bunden sind. 


Österreich. 

Anmeldungen. 

Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur Alfred Ham¬ 
burger, Wien, VH, Siebensterngasse 1. 

Auskünfte in Patentangelegenheiten werden Abonnenten dieses Blattes unentgeltlich erteilt. Gegen die 

Erteilung unten angeführter Patentanmeldungen kann binnen zweier Monate Einspruch erhoben werden. 

Ausgelegt am 15. Mai 1907, Einspruchsfrist bis 15. Juli 1907: 

Kl. 77d. Seiberl Josef, Ingenieur in Wien. — Luftfahrzeug: An dessen beiden 
Seiten ist je ein nach aufwärts kreisendes Flügelwerk angeordnet, welche Flügel 
sich über die ganze Länge des Fahrzeugrumpfes erstrecken und deren eine Hälfte 
innerhalb einer Umhüllung sich befindet, während deren andere Hälfte, in der 
freien Luft kreisend, allein zur Wirkung kommt. 

Ausgelegt am 1. Juli 1907, Einspruchsfrist bis 1. September 1907. 

KI. 77 d. Salvatico Giovanni Antonio, Ingenieur in Turin. — Antriebsvorrichtung 
für Luftschiffe : In Kammern, in denen ein Vakuum oder Luftverdünnung 
erzeugt wird, sind quer zur Strömungsrichtung Platten oder Diaphragmen ange¬ 
ordnet, so daß, nach Ansicht des Erfinders, durch die gegen diese Platten stoßende 
oder drückende Außenluft eine Fortbewegung der Kammern bzw. des mit ihnen 
verbundenen Luftschiffes bewirkt wird. 

Englische Patente. 

4204/06. 14. 2. 07. William Henry Fauber, Chicago. New or Improved Apparatus for 
Aerial Navigation. Drachenflieger in der Form eines Malay-Drachens. Der mitt¬ 
lere Teil der Tragfläche in der Längsrichtung ist ersetzt durch eine sich nach 
oben ausbauchende Fläche aus losem Stoff, welche als Kiel dienen soll. 

6443/06. 20. 12. 06. Baden Fletscher Smyth Baden-Po well, London SW. Improvements 
in Aerial Machines. Zwei übereinanderliegende gewölbte Tragflächen, die obere 
kürzer, außerdem vorn eine kleine Fläche. Propeller vorn und hinten. Die Pro¬ 
pellerflügel haben nur eine feste Leiste am Vorderrand, sind sonst biegsam. 

6502/06. 14. 3. 07. Wassily Rebikoff, St. Petersburg, Improvements in or relating to 
the Propulsion of Yessels or Bodies in the Air. Hebeschrauben, welche langsam 
aufwärts, schnell abwärts bewegt werden. 

10 739/06. 31. 12. 06. William Co well Sly, Frindsburg Hill, Strood, Kent. Impro¬ 
vements in connection with Aeroplanes, for Raising Free, and Captive Flying 
Machines into the Air. Segelradflieger, ganz ähnlich dem Wellnerschen Projekt, 
mit Vorrichtung, um ihn als Fesselflieger zu verwenden. 

10 758/06. 14. 2. 07. Alfred Julius Boult, Hatton Garden (A. Maul, Dresden). A device 

for the Safe Landing of Instruments or the like sent up into the Air. Identisch 
mit D. R. P. 177 947. 

11 699/06. 7. 3. 07. Carl Dippel, Flensburg, Deutschi., Improvements in and relating 

Alr-ships. (Identisch mit Österr. Patent 27 599.) 

18581/06. 28. 3. 07. Cyrus Armitage, Tornhill Leos, An Improved Construction of the 
Wings of Flying Machines or Apparatus, and Means for and Männer of Operating 
the same. Flügelflieger. 

23493/06. 28. 2. 07. Bennett Mark Gellmann, London N. An Improved Kite or 

Aeroplane. Drachen. 


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23 855/06. 14. 2. 07. Alfred Jacques Bergeron, Bordeaux. A Tail-less Kite whieh can 
be taken to Pieces. (Identisch mit franz. Patent 347 084). Sechseckiger Drachen 
mit horizontalem und vertikalem Steuerschwanz. 

26 764/06. 3. 1. 07. (Anmeld, in Frankreich am 6. Dez. 1905), Melvin Vaniman, Genne- 

villiers (Seine). Improvements in Aeroplanes. Die Ränder der elliptischen 
[große Achse in der Flugrichtung] Tragfläche sind abwärts gebogen. Senkrecht zur 
Fläche ein nach unten ragender Mittelkiel, seitwärts davon je eine Schraube. 
Vorn und hinten an der Tragfläche Hühensteuer. 

27 816/06. 21. 3. 07. Joseph Deixler, St. Martin, Ober-Österr., Improvements in Air- 

ships. Identisch mit franz. Patent 372 167. 

27 817/06. 21. 3. 07. Joseph Deixler, St. Martin, Ober-Österr., Improvements in Pro¬ 
peller driven Airships. Identisch mit franz. Patent 372 168. 

Französische Patente. 

371059. 3. 11. 06. Maurice Nicolas, Frankreich. — Armature articul^e pour eerfc- 
volants repliable. Das Auseinanderspreizen von Hargravedrachen wird wie das 
Aufspannen eines Regenschirmes vorgenommen. 

371331. 10. 11. 06. Jules Collomb und Claude Marius Carrel, Frankreich. — Propul- 
seur aärien et hydraulique. Rotierendes Segelrad, dessen Flächen beim Aufwärts¬ 
gange die Luft durchlassen. 

371761. 23. 11. 06. Henri Fahre, Frankreich (Bouches-du-Rhöne). — Cerf-volant 
automatique. Ein Drachen ist an zwei Winden befestigt und wird abwechselnd 
von der einen oder der anderen eingeholt, während die andere nachgibt. Dadurch 
soll der Drachen auch bei Windstille in der Luft bleiben. Anwendung gedacht 
für photographische Zwecke, Telegraphie ohne Draht, Ersatz für Fesselballons usw. 

372 097. 4. 12. 06. Henry Hans Johnson, Vereinigte Staaten von Nord-Amerika. 
— A6roplane, Schraube, deren Flügel unter verschiedener Steigung eingestellt 
werden können. 

872167. 6. 12. 06. Joseph Deixler, Holland. — Aerostat. Luftschiff mit Doppelballon. 

872168. 6. 12. 06. Joseph Deixler, Holland. — A Prostata dirigeables actionnes par 
des propulseurs. Höhensteuer und Seitensteuer liegen hinter den Schrauben. Es 
soll durch den von den Schrauben erzeugten Wind eine leichte Lenkbarkeit in 
der Horizontalen und Vertikalen erzielt werden. 

372 528. 13. 12. 06. Hippolyte-Augustin Soyez, Frankreich. — Appareil de direction 
pour ballons de tous systfcmes. Nach verschiedenen Richtungen einstellbare 
Schraube. 

372 536. 13. 12. 06. Edourd-Louis Surcouf, Frankreich. — Soupape aärostatique. 
Ballonventil mit Kniehebeln, Zug- und Druckfedern. 

372 753. 19. 12. 06. Robert Esnault-Pelterie, Frankreich. — Aeroplane ä deux paires 
d’ailes orientables. Die Flächen des Drachenfliegers können zum Steuern verstellt 
werden, ohne daß die Stabilität leidet. 

JC 

Literatur. 

Weltgeschichte. Unter Mitarbeit von 37 Fachgelehrten, herausgegeben von Dr. Hans 
F. Helmolt. Mit 53 Karten und 177 Tafeln in Holzschnitt, Ätzung und Farben¬ 
druck. 9 Bände in Halbleder gebunden zu je 10 Mark oder 18 broschierte 
Halbbände zu je 4 Mark. Sechster Baud: Mittel- und Nordeuropa. Von Karl 
Weule, Josef Girgensohn, Eduard Heyck, f Karl Pauli, Hans F. Helmolt, Richard 
Mahrenholtz, Wilhelm Walther, Richard Mayr, Klemens Klejn, Hans Schjöth 


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und Alexander Tille. Mit 5 Karten und 19 Tafeln in Holzschnitt, Ätzung und 
Farbendruck. Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien. 

Mit dem sechsten Band (dem Erscheinen nach der achte) hat Helmolts Welt¬ 
geschichte ihren Abschluß erreicht; denn der für 1907 angekündigte (neunte) Ergänzungs¬ 
band soll nur Nachträge, Rückblicke und das Gesamtregister bringen. Wenn man weiß, 
daß 37 wissenschaftliche Kräfte ersten Ranges zusammengewirkt haben, um das Werk 
glücklich unter Dach und Fach zu bringen, versteht man auch, welch enorme Schwierig¬ 
keit für den Herausgeber erwuchs, um seinen Plan bis zum Ende zielbewußt durchzu¬ 
führen. Der Grundplan und die Anordnung weichen von dem Herkömmlichen der ge¬ 
schichtlichen Bearbeitungen ab; das hat naturgemäß neben der großen Menge begeisterter 
Anhänger auch Gegner gefunden. Aber auch diese erkennen das voll an, daß das Werk 
die Geschichtswissenschaft ein gutes Stück vorwärts gebracht hat. Der vorliegende Band 
«Mitteleuropa und Nordeuropa» umfaßt hauptsächlich die deutsche, italienische und 
französische Geschichte bis Mitte des 14. Jahrhunderts, wo Band VH mit Renaissance 
und Humanismus einsetzt; ferner die zwischen Völkerwanderung und Reformation 
liegende Geschichte des Christentums und die Geschichte der Engländer und germa¬ 
nischen Nordländer. Den Eingang des Bandes bildet als geschickte Überleitung vom 
fünften Band die Behandlung der geschichtlichen Bedeutung der Ostsee. Auch der 
deutschen Kolonisation des Ostens bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein längerer, 
hochinteressanter Abschnitt geweiht. Es mag auffallen, daß «Italien vom 6.—14. Jahr¬ 
hundert» in diesem Band mit Aufnahme gefunden hat. Aber es ist richtig, daß Italien 
in den beiden Jahrhunderten seiner mittleren wie auf den Höhepunkten seiner neuen 
Geschichte zu Mitteleuropa gehört hat. Durch Zuhilfenahme von Ausblicken auf die 
folgende Zeit ist es gelungen, eine wenn auch sehr gedrängte, so doch sehr lesbare 
Geschichte Italiens bis zur Gegenwart zu liefern. — Eine Anzahl Stammbäume und eine 
stattliche Reihe mit Verständnis ausgewählter und trefflich hergestellter Tafeln in Bunt 
und Schwarz schmücken auch diesen Band des trefflich ausgestatteten Werkes, dessen 
Universalität, historische Präzision und geistreiche Behandlung es mit an erste Stelle 
der Fundamental werke deutscher Geschichtsforschung rücken. 

Don Pedro Vires y Vieh: Avance de los Resultados, obtenidos en las observaciones 
del eclipse total del Sol de 30 de Agosto de 1905. 

Während der totalen Sonnenfinsternis vom 30. August 1905 wurde bekanntlich 
von dem, auch auf aerologischem Gebiete äußerst energischen und hochverdienten 
Autor des vorliegenden «Vorläufigen Berichtes* ein sehr eingehender Forschungsdienst 
mit freien bemannten, gefesselten, Pilot-Ballons und «Ballons-sondes», sowie an einer 
Reihe von Stationen auf der Erdoberfläche innerhalb und an den Grenzen der Totalitäts¬ 
zone eingerichtet, der sich teilweise auf mehrere Tage vor und nach der Finsternis 
erstreckte. Über den Plan der Arbeiten berichtete der Oberstleutnant Vives y Vieh auf der 
Petersburger (1904), über die vorläufigen Ergebnisse auf der Mailänder Konferenz (1906) 
der «Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt», beide Male unter 
lebhaftem Beifall der gesamten Kommission. 

Herr Vives y Vieh bespricht zunächst die Vorgeschichte des Unternehmens, die 
Literatur der «Finsternis-Meteorologie» usw. Hierauf werden als erstes die meteorologischen 
Stationen, ihre instrumentelle Einrichtung und ihr Arbeitsprogramm (äußerst reichhaltig 
und genau überlegt!) geschildert. Es befanden sich solche auf dem Castell von Burgos, 
zu Guadalajara, Tortosa, bei Alcosebre, in Valladolid, Logrono (Süd-und Nordgrenze der 
Totalitätszone) und Gijon. Neben sehr eingehenden und häufigen Augenbeobachtungen 
aller meteorologischen Elemente kamen große Registrierapparate, speziell in Burgos, zur 
Verwendung. Es wurden der gewöhnliche Temperaturfall (um ca. 2°) und eine, aller¬ 
dings etwas unregelmäßige Winddrehung festgestellt, dagegen durchaus keine Baro¬ 
meterschwankung, im Sinne der Helm-Clayton’schen Hypothese von der «Finsternis- 
Cyklone mit kaltem Centrum». 


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Aus den anschließenden Berichten über die Registrierungen der 5 Ballon-sondes 
und des Drachenballons, den Flug der zahlreichen Piloten und die Beobachtungen der 
3 bemannten Ballons vom 30. (ein 4^ stieg am 31. äuf) geht jedoch zur Evidenz hervor, 
daß auch der durch die Finsternis bewirkte Temperaturfall und die Winddrehung sich 
völlig auf die Erdoberfläche beschränkten. Irgend eine Abhängigkeit des Temperatur¬ 
ganges in den höheren Schichten von der Verfinsterung, wie sie Herr de Fonvielle 
erwartet hatte 1 ), läßt sich, wie übrigens von seiten aller Fachmeteorologen a priori 
erwartet wurde, absolut nicht auffinden: die aperiodischen, durch die Wanderung der 
Depression im W und NW. von Spanien bedingten Temperaturschwankungen blieben, 
ohne jeden Zusammenhang mit dem kosmischen Phänomen, das einzig Entscheidende. 

Eine Winddrehung wurde in der freien Atmosphäre überhaupt nicht beobachtet. 
Auch diese negativen Feststellungen sind natürlich von erheblichem Werte. 

«Fliegende Schatten», die bekannte Erscheinung (nach J. Pernter ein Scintillations- 
phänomen) wurden nicht nur fast überall auf der Erdoberfläche, sondern auch — zum 
erstenmal — im Ballon, in Höhen bis nahezu 4000 m, beobachtet. Es werden die Art 
ihres Auftretens und Verschwindens, die Geschwindigkeit der Wanderung beschrieben, 
der Neigungswinkel zur Fortschreitungsachse der Finsternis angegeben usw. Jedenfalls 
beweisen die Wahrnehmungen in 3700 m Höhe in der freien Atmosphäre, daß es sich 
nicht nur um ein thermisches Phänomen an der Erdoberfläche handelt. Die Schatten 
sind auch photographiert worden. 

Es schließen sich Berichte an über die zahlreichen Photographien und Zeichnungen 
der Corona (auch im Ballon, diese leider zum Teile verunglückt), über Bestimmungen 
der Totalitätsgrenzen, spektroskopische und Lichtintensitätsbeobachtungen, Bemerkungen 
über Sichtbarkeit von Sternen etc., endlich über Erscheinungen im Pflanzen- und Tier¬ 
leben, die wir hier alle, als nicht von aerologischem Interesse, übergehen. Bn. 


Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre. Herausgegeben von R. Assmann und 
H. Hergesell. Zweiter Band, Heft 1 und 2. Straßburg 1906. Verlag von 
K. J. Trübner. 

Die zwei ersten Hefte dieser wichtigen Zeitschrift enthalten wiederum eine Reihe 
von beachtenswerten Abhandlungen. Im folgenden soll deren Inhalt kurz charakterisiert 
werden. Alle, die sich für die Fortschritte der Erforschung der freien Atmosphäre 
interessieren, werden sich die Originalpublikation verschaffen. 

Heft 1. V. Bjerknes und J. W. Sandström. Hilfsgrößen zur Berechnung 
der Druck Verteilung in der Atmosphäre an den internationalen Tagen 
1900 —1903. Wesentlich ist in dieser Abhandlung die Einführung eines absoluten 
Druckmaßes, des Bars und Millibars (= 0.750 mm Quecksilber) und (anstatt der See¬ 
höhen) der Niveauflächen der Schwerkraft, welche durch ihr Schwerepotential bezeichnet 
werden. Durch eine solche Darstellungsart wird bei theoretischen Untersuchungen das 
Mitführen lästiger Korrektionen vermieden. Im übrigen bestehen keine wesentlichen 
Unterschiede gegenüber der Darstellung der Druckverteilung in höheren Schichten durch 
gewöhnliche Isobarenkarten. Den Schluß der Arbeit bilden Betrachtungen über die Träg¬ 
heit der Thermographen und Barographen; frühere bezügliche Arbeiten werden nicht 
berücksichtigt. Dem von den Verfassern ausgesprochenen Wunsch nach einer experi¬ 
mentellen Vergleichung der verschiedenen Thermographen ist durch eine Untersuchung 
des Referenten in Band I der Beiträge begegnet. 

A. Schmidt (Stuttgart), Die Atmosphäre des Weltraums. Der Verfasser 
verfolgt in seiner ideenreichen Art die physikalischen Konsequenzen der von Mendelejeff 
gemachten Annahme eines Weltäthers von stofflich-gasiger Beschaffenheit. Fußend auf 
seiner bekannten, von derjenigen anderer Physiker abweichenden Anschauung, daß die 
Schwerkraft in einer Gasmasse ein Temperaturgefälle erzeuge, glaubt er als Konsequenz 

9 Vgl. A. de Quervain in Dl. Aer. Mitteü. 1905, S. 172. 


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einen wesentlichen, interastralen Wärmeaustausch durch Leitung im Weltäther ableiten 
zu können. Auch gewisse Unregelmäßigkeiten, die bei der Untersuchung von Fixstern¬ 
parallaxen auftreten, sprechen ihm für die Wahrscheinlichkeit eines gasigen Weltäthers, 
dessen Atomgewicht bei 2000 mal geringer wäre als das des Wasserstoffs, also von der 
Größenordnung der in den Kathodenstrahlen bewegten Elektronen. 

Alfred Wegener, Über die Flugbahn des am 4. Januar 1906 in 
Lindenberg aufgestiegenen Registrierballons. Dieser Aufsatz behandelt die 
erste am aeronautischen Observatorium mit dem de Quervain’schen Theodoliten aus¬ 
geführte Bahnbestimmung. Das Instrument hat sich dabei als zweckmäßig erwiesen; 
der Registrierballon konnte bis zur größten Höhe von 11430 m und während des größten 
Teils des Abstiegs verfolgt werden. Es hat sich das interessante Resultat ergeben, daß 
in den Höhen zwischen 7000 und 10000 m vom Ballon bei geringen Horizontal¬ 
geschwindigkeiten zwei vollständige Doppelschleifen durchlaufen worden sind, die sich 
auch beim Abstieg wieder gefunden haben. Der Verfasser weist hin auf die Überein¬ 
stimmung mit einem vom Referenten schon früher beobachteten und beschriebenen Fall. 
Demnach scheinen solche merkwürdigen vollständigen Windumläufe in großen Höhen 
keine so große Seltenheit zu sein. 

Heft 2. H. Helm Clayton, A discussion of the observations obtained 
by the Blue Hill observatory with ballons-sondes at St. Louis. Enthält eine 
eingehende Besprechung der Resultate von 22 Registrieraufstiegen im Herbst und Winter 
1904/05 und im Sommer 1905. Die Aufstiege fanden nach Sonnenuntergang statt. — 
In der Zusammenstellung der vorkommenden Temperaturgradienten fallen einige Werte 
> 1.0 und > 1.1 auf, in Höhen von 5—9 km. Zuverlässige Fälle, wo in größern 
Höhen der Gradient für ein ganzes Kilometerintervall den Grenzwert 1,0 überschritten 
hätte, waren uns sonst nicht bekannt. Die schon beim Bekanntwerden der ersten Auf¬ 
stiegsresultate von uns geäußerte Vermutung,!) das Niveau der „obern isothermen Zone“ 
müßte in Nordamerika höher liegen, als in Europa, hat sich bestätigt. Bemerkenswert 
mit Hinsicht auf die alte Streitfrage ist das Ergebnis, daß die Lufttemperatur in der 
freien Atmosphäre in Depressionsgebieten durchweg etwas höher gefunden wurde, als in 
Antizyklonen. Clayton macht zur Erklärung aufmerksam auf den Umstand, daß die 
absteigenden Luftmassen der Antizyklone ihren Ausgangspunkt in nördlicheren, kälteren 
Breiten, die aufsteigenden Luftmassen der Zyklone dagegen in südlicheren, also 
wärmeren Breiten haben. 

H. Hergesell, Über lokale Windströmungen in der Nähe der kana¬ 
rischen Inseln. Auf Grund von genauen Wind- und Temperaturbeobachtungen beim 
Umfahren der kanarischen Inseln wird der Nachweis versucht, daß die auf dem Pic von 
Teneriffa beobachteten, oft zitierten Südwestwinde nicht dem Antipassat entsprechen, 
sondern nur als Seewinde aufzufassen sind. Der Antipassat wird nach dem Verfasser 
erst mehrere Breitengrade südlicher angetroffen. 

Alfred Wegener, Studien über Luftwogen. Mit Hinsicht auf die von 
Helmholtz aufgestellte, von Wien strenger durchgerechnete Theorie der Luftwogen führt 
der Verfasser eine sorgfältige Diskussion von entsprechenden Beobachtungen bei Drachen- 
und Fesselballonaufstiegen durch. Er zeigt, daß eine Anwendung der Theorie auf die 
empirischen Fälle vorläufig überhaupt nur bei wesentlich vereinfachten Voraussetzungen 
möglich ist, und dann eine leidliche, aber wohl immer noch mit systematischen 
Abweichungen behaftete Übereinstimmung ergibt. Die Beachtung der wissenschaftlichen 
Beobachter verdienen unter anderem die Bemerkungen über die Beziehung zwischen 
der Orientierung der Luft- und Wolkenwogen und der Zu- und Abnahme und der 
Drehung des Windes mit der Höhe. Eine bequeme Tafel gibt die Beziehungen zwischen 
Windsprung, Temperatursprung und Wogenlänge. 

K. v. Bassus, Über das Ausmessen von Registrierballondiagrammen. 

*) S. diese Zeitschr. 1905, S. 153 ff. 


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Der Verfasser bespricht die bei solchen Ausmessungen zu stellenden Genauigkeits¬ 
anforderungen und beschreibt dann einen selbst konstruierten Ausmeßapparat, dessen 
Einrichtung dem auch sonst meist angewendeten Verfahren mit geteilter Glasplatte, auf¬ 
getragenen Kreisbogen und Führungslineal entspricht, der aber namentlich Ungeübteren 
entschieden größere Sicherheit und Bequemlichkeit bietet. Ein gewisser Nachteil dürfte 
nach Erfahrung des Referenten darin liegen, daß die Registrierkurven in der Nähe des 
abzulesenden Punktes durch die Zeiger verdeckt werden. Der Apparat wird in recht 
gefälliger Ausführung geliefert von der Firma W. Sedlbauer, München, Ehrengutstraße, 
Preis 130 Mk. 

A. de Quervain, Über eine einfache Methode, die Strömungen der 
hohem Atmosphärenschichten systematisch zu untersuchen. Der Verfasser 
weist auf die interessanten Resultate hin, die durch die Flugbahnbestimmung, nicht nur 
von Registrierballons, sondern auch von bloßen Pilotballons mit seinem Spezialtheodo¬ 
liten auf schnelle und verhältnismäßig wenig kostspielige Weise erhalten werden können. 

de Q. 


Das deutsche Militärluftschiff. 

Nach Schluß der Redaktion erfahren wir die erfreuliche Nachricht, 
daß die ersten Probefahrten mit dem Luftschiff des preußischen Luftschiffer- 
bataillons am 23. Juli sehr zufriedenstellend verlaufen sind. Das Luftschiff 
verblieb bei einer Fahrt ununterbrochen 3 Stunden 27 Minuten in der Luft, 
zeigte eine große Stabilität und gehorchte willig den Steuervorrichtungen 
in vertikalem und horizontalem Sinne. Über die Eigengeschwindigkeit ver¬ 
lautet vorläufig noch nichts. 

Die Konstruktion lehnt sich an diejenige von Julliot an, jedoch hat 
man, anscheinend mit gutem Erfolge, versucht, einzelne für die kriegerische 
Verwendung störende Eigenheiten des Lebaudy-Luftschiffes zu verbessern. 
Der Bau wurde nach den Direktiven des Major Groß von Ingenieur 
Basedow ausgeführt. Ballonführer war Hauptmann Sperling. Wir hoffen, 
demnächst Einzelheiten berichten zu können, soweit militärische Interessen 
es zulassen. © 


Personalia. 

Prof. L. Prandtl in Göttingen, Mitglied des technischen Ausschusses der Motor- 
luftschitlstudiengesellschaft, ist zum ordentlichen Professor ernannt worden. 

-- 


Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet. 

Sie Redaktion . 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 

XI. Jahrgang. -Mi September 1907. ** 9. Heft. 


Aerologie. 


Die Erforschung der höheren Schichten der Atmo¬ 
sphäre auf der Reise S. M. S. „Planet“ von Januar bis 

Oktober 1906. *) 


Von Oberleutnant zur See Schweppe. 


(Schluß.) 


Im folgenden wird eine Übersicht gegeben über die Stationen, an 
denen aerologisch gearbeitet worden ist, zugleich mit einigen Angaben über 
Windverhältnisse, wie sie die Pilotballonaufstiege ergeben. 

Die Kartenskizze der Fig. 3 gibt bis Batavia die Positionen, auf 
denen meteorologisch gearbeitet wurde. Fortgelassen sind die zahlreichen 
Pilotballon-Aufstiege mit Ballons von 0.5 m Durchmesser, bei denen — es 
handelt sich um den atlantischen Passat — es nicht gelang, die Ballons 
bis zum Antreffen anderer als der Passatwindrichtung zu verfolgen. 

Die Zusammenstellung auf Tabelle I gibt genäherte Angabe über die 
erreichten Maximalhöhen. Genähert bei den Drachen- und Ballon-sonde- 


Aufstiegen deshalb, weil — abgesehen von geringfügigen Instrumental¬ 
korrektionen, die keine Berücksichtigung fanden — bei den ersteren für 
die Temperaturkorrektionen das Mittel zwischen höchster und geringster 
Temperatur verwendet wurde, die letzteren nur erst roh haben bearbeitet 
werden können; bei den Pilotballon-Aufstiegen deshalb, weil man bei diesen 
nie eine Kontrolle für die erreichte Höhe hat — Verfolgung von einem 


Punkt angenommen. 


1. 3 450 m 

2. 2 450 » 

( 1 ). 6 000 » 

( 2 ). 10 000 » 

(A) . 14 500 > 

3. 1 180 * 

4. 1 240 * 

(B) . 6 000 * 

5. 2 350 » 

(3). 3 000 . 

6 . ^) - 

7. 2000 » 

8. 4200 * 


9. 

10 . 

11 . 

NO-Passat 

12 . 

13. 
(5). 

14. 

Übergangs- (*>)- 
gebiete und l 5 - 
Kalmenzone 16* 


Tabelle I. 


2 000 m 

17. 1400 m 

3 600 > 

18. 500 . 

2100 * 

19. 5 900 . 

? 

(7). 9 OuO » 

: 2 200 > 

(8). 12 000 > 

1700 * 

. SO-Passat 20. 2 600 » 

13 000 » 

21. 500 » 

1850 * 

22. 3 300 > 

13 000 » 

23. 3 500 » 

1530 » 

24. 5 300 » 

450 * 



Gebiet der 
Westwinde u. 
Hochdruck¬ 
gebiet des 
Südindischen 
Ozeans 


i) Ein vom Verfasser besorgter Auszug aus seiner gleichnamigen in den Annalen der Hydro¬ 
graphie und maritimen Meteorologie, Bd. 34, S. 505 —510, 1906, sowie Bd. 35, S. 1 5, 1907 erschienenen 
Abhandlung. 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^ 


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25. 

2600m 


(10). 

12 000 m \ .. (11.) 

4 800 . 1 Hergang a. 31 

26. 

3 000 * 

SO-Passat 

30. 

27. 

2 200 » 

(C). 

4 700 . ( Kalmen 32 . 

28. 

2 000 > 

Indischer 

33. 

29. 

1800 > 

Ozean 


(12). 

(9). 

6 000 * 



(D). 


34*. 

35. 


10 OüO m 
3600 * 
4 400 » 
4 700 » 
15 000?* 
17 600 * 
4 800 » 
4 850 > 


SW-Monsun 


(13) . ? 

(14) . ? 

36. 3 200 * 


Zu den Drachenaufsliegen standen zur Unterstützung des Windes im 
Mittel 3.5mlsek. SchifFsgeschwindigkeit zur Verfügung. Die Einholgeschwindig¬ 
keit der Winde beträgt 2.5 m/sek. maximal. Da schon etwa 5 m/sek. Wind 
die Drachen steigen lassen, müssen höchste Fahrt in Verbindung mit 
schnellstem Einholen das Instrument auch in völliger Windstille hoch tragen. 
Diese zweifache Unterstützung des Windes hat jedoch nur dann ausge¬ 
nutzt werden können, wenn der untere Wind so schwach war, daß die 
Spannung diese Ausnutzung zuließ. Als Spannungsgrenze sind angenommen 
worden: 80 kg für den 0.9 mm-, 65 für den 0.8 mm- und 50 für den 0.7 mm- 
Draht. Vielleicht ist diese Grenze zu niedrig angesetzt gewesen, doch hat 
diese große Vorsicht jede Havarie an Draht nach Verlassen des atlantischen 
NO-Passats vermeiden lassen. 

Dem NO-Passat gehören die Pilotballons (1) und (2), zwei Drachen¬ 
aufstiege 3 und 4 und ein Ballon-sonde an. 1 ) 

Die Ballonbahn bei (1) liegt ziemlich genau 0—W (alle Windricht¬ 
ungen werden rechtweisend angegeben). Der 0-Wind weht — nach oben 
an Stärke abnehmend und links drehend auf etwa ONO — bis etwa 2000 m 
Höhe, es folgt eine etwa 1500 m starke Schicht mit sehr schwachem, süd¬ 
lichem Wind, darüber reiner W-Wind von großer Stärke, der in mehr als 
5000 m eine schwache N-Komponente hat. 

Anders die Verhältnisse bei (2). Passat bis etwa 2000 m. Zwischen 
2000 und etwa 5500 m — während welcher Zeit der Ballon hinter Wolken 
aus Sicht war — starke Versetzung nach N, die einem lim starken SSO- 
Wind entsprechen würde; reiner W-Wind bis etwa 10000 m. 

Die Drachenaufstiege zeigen den zuerst von Hergesell («Comptes- 
Rendus», Mitteilung 20. Januar 1905) beschriebenen Passatcharakter, jedoch 
nur schwach ausgeprägt. Der Ballonaufstieg (A) läßt diesen Charakter 
kaum noch erkennen — ein Beweis, daß die verwendeten Meteorographen 
für Ballonaufstiege nicht fein genug arbeiten. Ballon-sonde (A) und Drachen¬ 
aufstieg 3 fanden hintereinander statt; es lag daran, eine Kontrolle für die 
Temperaturangaben des Ballon-sonde zu gewinnen. Die Ballonbahn bei (A) 
zeigt wieder ein ganz anderes Bild. NO nur in der untersten Schicht, Über- 


l ) Im Text wie in der Karte sind Aufstiege von Drachen durch offene, solche von Pilot-Ballons 
durch in Klammern gesetzte Ziffern, die Aufstiege von Ballon-sondes durch Buchstaben in Klammern 
bezeichnet. 


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315 «««♦ 

gang rechtsdrehend auf WzN, der schon in 1700 m weht, nach oben zu¬ 
nimmt und eine stärkere N-Komponente erhält. 

Fi g. 3. 



Die genannten Pilotballons waren ein beim Ballon-sonde-Versuch los¬ 
gerissener 1.5 m-Ballon bzw. ein Ballon-sonde-Gespann (2), das nicht 
wieder aufgefunden wurde. 


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316 


Der Ballonaufstieg (B) zeigt sowohl in den Temperaturverhältnissen 
wie auch in den Windrichtungen den Übergang zum SW-Monsun der Sierra 
Leone bzw. zur Kalmenzone. Die Passatinversion der Temperatur ist ganz 
schwach ausgebildet, wie im Passat wehen auch hier in der Höhe W und 
WNW bis NW, dagegen sind die Windrichtungen unten völlig andere. Bis 
1000 m SSW, bis 3000 m OzS, bis 5600 m Stille bzw. sehr schwacher 
rechtsdrehender Wind, bis 9000 m W, zunächst mit S- dann mit N-Kom- 
ponente, bis 12 000 m NW, der dann über 12 000 m schwächer wird. 

Der von (B) konstatierte Ostwind oberhalb des Stillengürtels — zuerst 
festgestellt von der von Rotch und Teisserenc de Bort ausgerüsteten 
Expedition an Bord der «Otaria» 1905 — wird in Höhen über 1000 m be¬ 
stätigt von 5, 6, 7 (3) und einem weiteren Pilotballon-Aufstieg in 7.3° N 
und 14.1° W, der nicht aufgeführt ist, da er nur bis 2000 m zu verfolgen 
war, und den Ostwind nur schwach andeutete. 

Die jetzt, folgende lange Pause in Pilotballon-Aufstiegen ist hervor¬ 
gerufen durch Mangel an 1.5 m-Ballons und Versagen der 0.5 m-Ballons 
auch im nördlichen SO-Passat. 

Sehr auffallend ist bei den SO-Passat-Drachenaufstiegen 9 bis 16 die 
im nördlichen Teil erreichte große Höhe, die weiter südlich trotz der zahl¬ 
reichen Versuche nicht wieder zu erreichen war. Bei 9 standen nur 4 Sm 
Geschwindigkeit zur Verfügung — es wurde mit einem Kessel gefahren — 
sonst wäre fraglos eine größere Höhe erreicht worden. Nr. 15 hat dasselbe 
Gepräge wie 11 bis 14, die alle völlig gleiche Verhältnisse zu geben scheinen. 
Bei 16 herrschte fast völlige Flaute. 

Von den in der gleichen Zone liegenden Pilotballon-Aufstiegen war 
(4) ein 0.5 m-Ballon, dessen Angaben nicht zu trauen ist. Er konstatierte 
über dem 500 m hohen unteren Passat bis in etwa 4000 m SzO-Wind, 
dann erst Stille. Der kurz vorher stattgehabte Drachenaufstieg zeigt diese 
Stillenschicht bereits in 2000 m. Offenbar war der Ballon undicht geworden 
und nur noch sehr langsam gestiegen. Gut übereinstimmende Resultate in 
den Windrichtungen ergaben (5) und (6) 1 ): Unterer Passat bis etwa 1500 m, 
darüber nach einer 4000 bis 5000 m starken Schicht mit Stille bzw. sehr 
schwachen NO- bis N-Winden der fast genau entgegengesetzte Gegenpassat 
aus NW bis NNW. Alle Windrichtungen erscheinen bei (6) um etwa 2 Strich 
links herumgedreht gegen die von (5). 

Bei den ersten beiden Aufstiegen südlich Kapstadt — 17 und 18 — 
trat eine eigenartige Erscheinung auf. An beiden Tagen war der Wind 
böig. Der Instrumentendrache wanderte, wenn er eine bestimmte Höhe — 
bei 17 etwa 1400 m, bei 18 etwa 500 m — erreicht hatte, horizontal 
liegend nach der Seite aus, ohne zu steigen. Ein Schießen konnte in beiden 
Fällen durch schnellstes Auslassen verhindert werden. Dabei kam der 
Drache tiefer und richtete sich wieder auf. Doch wiederholte sich derselbe 


*) Ein 1.5 m-Biillon ( 5 ) und ein mißglückter Ballon-sonde ( 6 ). 


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Vorgang, sobald er die alte Höhe wieder erreicht hatte. Die Diagramme 
zeigen an diesen Stellen starke Temperaturschwankungen. Es müssen in 
den betreffenden Höhen mit dem Einsetzen der Böen Luftwirbel aufgetreten 
sein, durch die die Drachen nicht hindurch zu bringen waren. 

Mit 19 wurde die größte Höhe von 5 900 m erreicht, bei 10.5 km 
Draht. Die durch den Aufstieg konstatierte geringe Temperaturabnahme 
und große Trockenheit deutet den Übergang zu dem großen Hochdruckgebiet 
im südlichen Indischen Ozean an. Auf den Übergang weist, abgesehen von 
dem ungewöhnlich hohen Barometerstand von 771 mm, der NW- bis N-Wind 
an diesem Tage, gegenüber westlichen bis südwestlichen Winden vorher. 

Weit ausgeprägter beweisen das Gebiet absteigenden Luftstroms die 
folgenden Aufstiege 20, 22, 23 und 24. Der Temperaturgradient ist im 
Durchschnitt (berechnet nach der Temperaturabnahme bis 3000 m) 0.37°. 

Die Pilotballons 7 und 8 zeigen übereinstimmend von 5000 m Höhe 
an starken Westwind. Die Drehung von dem unteren N bis NO auf diesen 
W findet bei 7 links herum, bei 8 rechts herum statt. 

Die Drachenaufstiege 25 und 26 tragen reinen Passatcharakter, doch 
läßt das Fortbestehen des Unterwindes in der Inversionsschicht bei beiden 
auf eine Störung vielleicht durch eine in der Nähe vorbeiziehende Depression 
schließen. Der für die Gegend hohe Barometerstand von 770 bei 26 scheint 
die Vermutung zu unterstützen. 

Bei 27, 28 und 29 die gleiche Erscheinung wie im Atlantik: Das In¬ 
strument erreicht gerade die Inversionsschicht, in die es der Windstille 
wegen nicht oder kaum eindringt. Es scheint, als senke sich die Inversions¬ 
schicht nach N zu, da 27 trotz der größeren Höhe sie schwächer andeutet 
als 29. 

Aufstieg (9) ist der einzige Pilotballon-Aufstieg im indischen SO-Passat. 
Die merkwürdig starke Bewölkung ließ weitere Aufstiege nicht zu. Er¬ 
gebnis: SO bis 1700, 4.5 mlsek. im Mittel, bis 3400 m WNW, 5.5 m/sek. 
im Mittel — darüber schwacher SSW. 

Ganz anders die Verhältnisse bei (10): Passat und Gegenpassat ver¬ 
kümmert. Bis 1000 m schwacher Passat, SW-Wind von im Mittel 7 mlsek. 
bis 3600 m, NW bis 7000 m von kaum 3 m/sek. und oben starker Ost mit 
allmählich auftretender Nordkomponente. 

Drachenaufstieg 30 und Ballonaufstieg (C) zeigen den Eintritt in das 
Gebiet aufsteigenden Luftstroms in der großen Feuchtigkeit. Beim Ballon¬ 
aufstieg (C) mußte, da alle Ballonuhren mit einstündiger Umlaufzeit verloren 
gegangen waren, eine dreistündig umlaufende Drachenuhr Verwendung finden. 
Um die Auftriebsgeschwindigkeit nicht herabsetzen zu müssen — was das 
Gelingen des Aufstiegs bei etwa angetroffenem starkem Wind sehr in Frage 
gestellt hätte — und anderseits nicht eine zu steile Kurve zu erhalten, wurde 
mit Bordmitteln eine Trommel von etwa dem doppelten Durchmesser her¬ 
gestellt, und das Dracheninstrument und der Kasten entsprechend umgebaut. 
Die erhaltene Kurve ist absolut brauchbar. Interessant ist, daß (C) bis 


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4700 m nahezu Windstille konstatierte — der Ankunftspunkt des Gespanns 
lag nur einige 100 m vom Abgangspunkt. 

Die erreichten großen Höhen der folgenden Monsunaufstiege lassen 
sofort einen prinzipiellen Unterschied des Monsuns — in dem Teil, den 
S. M. S. «Planet» erforscht hat — gegen den Passat erkennen: die größere 
Mächtigkeit der Monsunschicht. Im übrigen zeigen 32 bis 34 und (D) so 
große Übereinstimmung, daß es berechtigt ist, die Vorgefundenen Verhält¬ 
nisse als für den Monsun in dieser Jahreszeit und Gegend typisch anzu¬ 
nehmen. 

Der Ballonaufstieg (D) soll etwas eingehender besprochen werden. Die 
Auswertung hat roh in der Weise stattgefunden, daß die Angaben der 
Temperatur von 5 Minuten zu 5 Minuten entnommen wurden. Leider hat 
sich gezeigt, daß der Zeigerausschlag für die große erreichte Höhe zu groß 
war, von etwa 12 000 m ab hat der Temperaturzeiger auf dem Nullzeiger 
aufgelegen, es fehlen also von hier ab sämtliche Temperaturangaben. Es 
ist das umsomehr zu bedauern, als die weitere Auswertung der Barometer¬ 
kurve — allerdings unter willkürlich gleichmäßig angenommener Temperatur¬ 
abnahme — derartige Schwankungen in der Steigegeschwindigkeit aufweist, 
daß man auf die Vermutung kommen muß, daß in diesen größten Höhen 
sehr ungleichmäßige Temperaturverhältnisse herrschen. Die Kurvenauswertung 
zeigen Tabelle II und Fig. 4. 

Tabelle II. 


Zeit 

Minuten 

Höhe 

m 

Temperatur 

°C. 

I Feuchtigkeit 

i . •/• 

Zeit 

Minuten 

Hölie 

m 

Temperatur 

•c. 

Feuchtigkeit 

0 

0 

+ 27.9 

80‘) 

37 

11072 

— 35.5 

27 

5 

1387 

+ 21.5 

58 

40 

11730 


26 

10 

2 974 

+ 14.0 

40 

45 

12 760 

2. 

26 

15 

4 529 

+ 6.4 

32 

50 

13 540 

CD 

26 

20 

6 083 

— 1.9 

28») 

55 

14 350 

3 

24 

25 

7 615 

— 11.8 

28 

60 

15 230 

ere 

P 

24 s ) 

30 

9 112 

— 25.0 

27 

65 

16 250 

CD 

3 

24 s ) 

35 

10 346 

— 32.6 

27 

70 

17450 


24 3 ) 


Die Ballonbahn ist konstruiert nach etwa von Minute zu Minute an- 
gestellten Azimut- und Höhenwinkelmessungen, die nur in der Zeit, als der 
Ballon zu hoch stand, um einwandfreie Messungen machen zu können, unter¬ 
brochen wurden. Für die Steighöhen wurden die Steiggeschwindigkeiten — 
von 5 zu 5 Minuten — aus dem Diagramm abgeleitet. Natürlich sind über 
12 000 m diese Berechnungen mit den Fehlern der geschätzten Temperaturen 
behaftet. 

Der Maßstab ist 1:200000, zu klein, um Einzelheiten der Kurve — 

l ) In etwa 1100 m Inversion; bis etwa 700 m Zunahme der Feuchtigkeit auf 95%. — *) In der 
Inversion schnelle Feuclitigkeitsabnahme, von 1400 in ab langsamere Abnahme. — 8 ) Von 15 230 bis 
17 450 m zeigt die Feuchtigkoitskurve geringe Schwankungen. 


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319 



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Fig 4. 



















320 €44« 


geringe Abweichungen, die wahrscheinlich gar nicht den Tatsachen ent¬ 
sprechen, sondern den bei rollendem Schiff recht großen Fehlern der Azimut¬ 
bestimmung (nach Kompaß) zugeschrieben werden müssen — erkennen zu 
lassen. Er ist so klein gewählt, um die Kurse des Schiffes bis zur Anbord- 
nahme der Ballons und den Treibkurs der Ballons im Wasser noch ein¬ 
zeichnen zu können. Das so vollständige Bild, aus dem auch die Fehler 
in der Berechnung des Niederkommepunktes der Ballons zu ersehen sind, 
dürfte recht lehrreich und interessant sein. 

Die Erklärungen enthalten die Skizze selbst, es bleibt nur wenig hinzu¬ 
zusetzen. 

Die Zahlen auf beiden Ballonbahn-Projektionen geben die Kurvenpunkte 
von Kilometer zu Kilometer Höhe. Die Punkte sind trotz der Ungenauigkeit 
einer solchen Methode durch Interpolation gefunden. Die Abstände der 
Punkte der Horizontalprojektion geben die Möglichkeit des Vergleichs der 
Windgeschwindigkeit in den betreffenden Höhen. Die kleine Skala oben 
links erlaubt ein Abgreifen der absoluten Werte. 

Dem «Suchkurs * DC'" lag die Annahme zugrunde, daß der Ballon vor 
dem schwachen Unterwinde den Schwimmer mit 1 Sm Geschwindigkeit fort¬ 
ziehen würde, er somit in dem Augenblick, wo er gesichtet werden könnte 
— ein Insichtkommen auf 6 Sm Entfernung vorausgesetzt — in C'" sein 
müßte. Die genaue Berechnung nach Auswertung der Kurve zeigt, daß der 
Ballon in C' landete, und der Ort des Insichtkommens sowohl als auch die 
darauf folgende Jagd, die bis kurz vor Dunkelwerden dauerte, zeigen den 
großen Irrtum in der Annahme der Treibgeschwindigkeit. Als Schwimmer 
waren zwei große Flaschen angebracht, von denen allerdings die eine durch 
den Ballonzug aus dem Wasser gehoben wurde; dagegen wurde der Wasser¬ 
widerstand vermehrt durch die im Wasser schleifende Hülle des geplatzten 
Ballons. In diesem Falle hat die Treibgeschwindigkeit etwa 5 Sm betragen. 
Eine gewiß interessante und hier bisher nicht bekannte Tatsache, die auf 
die Notwendigkeit des Anbringens irgend eines Treibankers und praktischer 
Versuche zur Feststellung der Treibgeschwindigkeit bei Gebrauch eines 
solchen und bei verschiedenen Windstärken hinweist. Hier an Bord fehlt 
naturgemäß zu solchen Versuchen die Zeit. Es bleibt hinzuzufügen, daß 
die Windverhältnisse, wie sie sich hier ergaben, in fast genauer Überein¬ 
stimmung mit den Resultaten des Pilotballons (12) stehen, also mit großer 
Wahrscheinlichkeit als typisch angesehen werden können. Das gilt nament¬ 
lich auch für das eigentümliche Abflauen des Windes über 14 km Höhe. 
Nach den bei (12) gewonnenen Erfahrungen wurden auch die Schiffskurse 
während des Aufstieges eingerichtet, bei deren Wahl, abgesehen von dem 
Bestreben, dem Ballon möglichst nahe zu bleiben, das ebenso wichtige 
andere, sich eine günstige Position zur Sonne — Schiff möglichst zwischen 
Sonne und Ballon — zu schaffen, maßgebend sein müssen. 

Die Aufstiege 35 und 36 zeigen Eigentümlichkeiten, die auf Passat¬ 
einwirkung hinzudeuten scheinen. Leider sind die Resultate der Pilotauf- 


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»♦» 321 «44« 


stiege (13) und (14) unzuverlässig. Bei (13) stand man unter dem Ein¬ 
druck, daß der Ballon undicht geworden sei und ohne merkliche Höhen¬ 
änderung schwebe. Aufstieg (14) ist ein mißlungener Ballon-sonde, bei dem 
es nicht zum Platzen eines Ballons kam, beide vielmehr lange Zeit schwebten 
und dann langsam fielen. Immerhin wird ein Vergleich beider Aufstiege 
einigermaßen zuverlässige Resultate ergeben. 

Die Ausarbeitung der aerologischen Ergebnisse des «Planet» Reise ist 
im Gange. Die Aerologie wird s. Zt. als Teil des «Planet» Reisewerks ver¬ 
öffentlicht werden. 

3* 

Aeronautik. 

Das deutsche Militärluftschiff. 

Am Schluß des vorigen Heftes haben wir in einer kurzen Notiz des 
freudigen Ereignisses der so erfolgreichen Fahrten des deutschen Militär¬ 
ballons gedacht, die gerade bei Schluß der Redaktion des betreffenden Heftes 
zur Ausführung gelangten. Der Inhalt des betreffenden Artikels, der den 
Tageszeitungen entnommen war und deshalb nicht als authentisch gelten kann, 
bedarf, wie wir nach Erkundigungen bei militärisch zuständiger Stelle erfahren, 
einiger Berichtigungen. 

Die in dem betreffenden Artikel gebrachte Mitteilung, daß sich die 
Konstruktion des deutschen Militärballons an diejenige von Julliot «anlehne*, 
ist nicht zutreffend. 

Beide Luftschiffe gehören zwar demselben Typ, nämlich dem halbstarren 
an, der auch in Deutschland seit Jahren als der zunächst aussichtsreichste 
von der offiziellen kompetenten Stelle gehalten wurde. Sie zeigen daher im 
Prinzipe ihres Baues eine natürliche Verwandtschaft, sind aber trotzdem 
durchaus von einander verschieden und — was wir ganz besonders hervor¬ 
heben möchten — Sonderkonstruktionen der betreffenden Ingenieure. Die 
halbstarre Konstruktion kann ja auch nicht als eine Sonderkonstruktion des 
Julliotschen Schiffes angesehen werden; denn schon Hänlein, Renard, Santos- 
Dumont u. a. m. verwendeten zur Versteifung der Längsachse ihres durch 
inneren Überdruck prall in der Form gehaltenen langgestreckten Luftschiffes 
eine starre Gitterkonstruktion, die nur etwas anders gebaut und anders mit 
der Hülle verbunden war als bei dem Schiffe Julliots. Von einer Anlehnung 
der Konstruktion des deutschen «bis auf das kleinste Stück aus deut¬ 
schem Material erbauten» Militärluftschiffes an das Julliots kann um 
so weniger die Rede sein, als die wesentlichsten Teile des ersteren — Ma¬ 
schinen und Propeller pp. — durchaus andere als die des französischen 
sind. Militärische Interessen lassen es leider nicht zu, näher auf die Einzel¬ 
heiten des Schiffes einzugehen. Zum Schluß bemerken wir, daß die erfolg¬ 
reiche 3^2 ständige Fahrt nicht die erste, sondern bereits die 11. dieses 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 41 


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822 


Schiffes war, und daß der Oberingenieur des Königlich Preußischen Luft* 
schiffer-Bataillons nicht Basedow, sondern Basenach heißt. 


Das zweite französische Militärluftschiff „Patrie“. 1 ) 

Wie sein Bruder: genannt «Le Jaune», so hat auch der «Patrie», die 
ihn so wesentlich von den anderen Motorluftschiffen, wie der «Parseval» und 
«Zeppelin» neuerdings sie haben, unterscheidende sehr schlanke und spitze 
Form, die dem «Patrie> gestattet, den Wind in gewandter Weise vorne zu 
fassen und ihn langsam nach hinten abglciten zu lassen, ohne allzustarke 
Wirbel hinter sich hervorzurufen. w ~ 



„Patrie“. 

Der «Patrie» hat einen Kubikinhalt von 3150 m, der sich demnächst 
durch Einsetzen einer Bahn in der Mitte des Ballons, der dort einen 
größten Durchmesser von 10,30 m hat, noch um 400 cbm erhöhen soll. 
Die augenblickliche mittlere Länge der Hülle beträgt 60 m. Das Ballonet 
faßt 650 cbm und wird durch eine Luftpumpe, die von dem Motor getrieben 
wird gespeist. Der Ballon selbst ist an seiner Unterseite abgeplattet und 
verbrüdert sich mit einer ovalen Platte derselben Form, die einen Rahmen 
aus Stahlrohr besitzt und im übrigen aus Netzwerk und Stoff besteht, durch 
eine Art Matratze, die die Spannung zwischen der Ovalplatte und dem 
eigentlichen Ballon aufrecht erhält. Gehalten wird diese Platte durch Sus¬ 
pensionen, die am Ballon befestigt sind, was auf der Photographie nicht zu 
sehen ist. An diese wagerecht ovale Platte schließt sich senkrecht eine 


*) Vergl. niustr. Aeronaut. Mitt. Bd. 11, S. 86, 1907. 


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Art Stabilisator an, die zu gleicher Zeit wie die Platte die Suspensionen der 
Gondel hält und selbst durch Suspensionen am Ballon befestigt ist. Der 
Zwischenraum des Ballons und der Ovalplatte ist in der vorderen Hälfte 
keilförmig außen mit Stoff bespannt, um dem Winde eine Abgleitungsfläche 
zu bieten. An das hintere Ende der Ovalplatte schließt sich der horizontale 
und vertikale Stabilisator an, deren Querschnitt die Form eines Kreuzes hat. 
An diese Stabilisatoren wiederum sind die eigentlichen horizontalen Steuern, 
sowie das Vertikalsteuer angebracht, welches letztere von dem Vertikal¬ 
stabilisator in Form eines Maikäferfußes quasi umschlossen wird. Um die 
Stabilität des Ballons noch zu erhöhen, hat man an dem hinteren Ende der 
Hülle noch die sogenannten vier Schmetterlingsflügel angebracht, die, je zwei, 
horizontal und vertikal verlaufen. Eine Neuerung, die die beistehende 
Photographie leider nicht zeigt und die das Militär noch angebracht hat, 
besteht in zwei beweglichen Horizontalsteuern in Ovalform, die über dem 
Vorderteil der Gondel rechts und links oben angebracht sind und dazu 
dienen, dem Fahrzeug die auf und absteigende Bewegung zu geben. 

Ich komme nun zu der schiffsförmigen Gondel, dem Teil, der die 
Fortbewegungsmittel in sich birgt. Sie besteht aus Stahlrohr und besitzt 
einen Motor Panhard-Levavasseur von 70 HP mit 4 Zylindern. Diese Maschine 
treibt die beiden fächerartigen Schrauben, die sich in gleicher Höhe wie 
die Gondel rechts und links befinden und einen Durchmesser von 2,40 m 
besitzen. Um das Aufstoßen der Gondel auf die Erde zu verhindern, hat 
man Stahlrohre angebracht, die in der Mitte unter der Gondel in eine 
Spitze auslaufen. Diese Spitze vereinigt zugleich die änßersten Suspensionen 
der Ovalplatte und der hinteren Steuer, die wiederum für sich am Ballon 
befestigt sind. 

Der «Patrie» faßt in seiner Gondel 6 Personen, die sich bequem in 
derselben bewegen können. Ferner ist die Gondel 3 m von dem Oval¬ 
rahmen entfernt, und der Ballon besitzt eine Tragfähigkeit von 1200 kg, 
d. h. 1200 kg an Personen und Ballast. 

Der «Patrie» hat eine Eigengeschwindigkeit von 11 m in der Sekunde 
und hält sich bei seinen fast täglichen Fahrten in einer Höhe von 200—300 m. 

Ich hatte häufig Gelegenheit, diesen besten aller Motorballons über 
Paris kreuzen zu sehen und manövrierte er bei einem Wind von 6—7 m 
in der Sekunde, wie eine Segelyacht auf dem Meere mit einer Geschick¬ 
lichkeit, die verblüffend war. 

Das Budget für die «Aerostation Militaire» ist auf Frs. 650000 jährlich 
erhöht worden, mit anderen Worten, es werden 2 Motorluftschiffe jährlich 
konstruiert werden. Bald wird der «Patrie» seine Fahrt nach Verdun antreten, 
um in Paris in Kürze seinem Nachfolger «La Republique» Platz zu machen. 

Der «Patrie» hat bis zum 8. August d. J. während 33 Tagen mit derselben 
Füllung 21 Auffahrten gemacht; zählt man noch die 11 Aufstiege von 
letztem Dezember hinzu, so erhält man die Ziffer von 32 Fahrten, die alle 
gut verlaufen sind. R. Glouth. 


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Der Lenkbare „la Ville de Paris". 

Y r on G. Espitaliier. 

Frankreich besitzt einen Mäcen auf dem Gebiete der Luftschiffahrt: Herrn Henry 
Deutsch de la Meurthe. Ihm verdankt man den Preis von lOOOOO Fr., den Santos- 
Dumont so glänzend durch seine Umfliegung des Eiffelturms gewann; er hat zusammen 
mit Herrn Archdeacon den großen Preis von 50000 Fr. gestiftet für den ersten Flug¬ 
apparat, der, schwerer als die Luft, eine Wegstrecke von einem Kilometer fliegt und zu 
seinem Ausgangspunkt zurückkommt. Man verdankt ihm in gleicher Weise den Pokal 
Henry Deutsch, welcher aus dreimal 20 000 Fr. besteht und einen Kunstgegenstand von 
10 000 Fr. für den glücklichen Ballonfahrer, der in irgend einem Luftschiff, welcher Art 
es auch sei, den geschlossenen Bogen von Saint-Germain über Senlis, Meaux, Melun nach 
Saint-Germain, ungefähr 200 km, durch die Lüfte zurücklegt. 

Nicht genug damit, zu Untersuchungen und Experimenten angespornt zu haben, 
wollte der französische Petroleumkönig selbst zum Studium der Luftschiffahrt beitragen 
durch die Konstruktion eines Lenkbaren, und vor einer Reihe von Jahren konnte man 
in der gewaltigen Halle des Grand Palais des Champs-Elysees, im Automobilsalon, den 
ersten Ballon «la Ville de Paris» aufgeblasen sehen, eine enorme Spindel von eleganter 
Form, aber offenbar zu lang, so daß die Stabilität nur eine ziemlich unsichere sein konnte, 
und der deshalb übrigens niemals anders versucht wurde als am Halteseil, denn es wäre 
zweifelsohne zu gefährlich gewesen, ihn frei fliegen zu lassen. 

Nach diesen ersten Versuchen verlautete bis zum Jahre 1906 nichts mehr über 
diesen Lenkbaren. Erst in diesem Jahre erfuhr man, daß «la Ville de Paris» umgebaut 
wurde und eine neue Hülle erhielt. 

In Wirklichkeit handelte es sich um ein vollkommen neues Luftschiff, bei dem 
nichts von dem ersten übernommen wurde, ausgenommen der «armierte Balken », und 
man hätte besser getan, auch diesen gleich durch eine solidere Konstruktion zu ersetzen, 
da es doch später nötig wurde, ihn auseinander zu nehmen. 

Auch die Form war nicht mehr die alte; die des neuen Ballons war etwas unge¬ 
wöhnlich und eigenartig. Herr H. Deutsch hatte beabsichtigt, daß bei seinem Lenkbaren 
einige neue Ideen und noch nicht ausprobierte Grundsätze versucht würden. 

Was für den Ballon «la Ville de Paris» besonders charakteristisch ist, ist das 
System der Stabilisierungsflächen. Man erinnert sich, daß im Jahre 1894 Oberst Ch. Renard in 
einer Mitteilung an die Akademie der Wissenschaften zu Paris das Prinzip auseinander 
setzte, daß jeder lenkbare Ballon von bestimmter Gestalt und bestimmtem Gewicht eine 
kritische Geschwindigkeit besitzt, unter welcher er stabil ist, aber welche nicht über¬ 
schritten werden kann, ohne daß die Stabilität in Frage gestellt wird. Man muß des¬ 
halb danach streben, diese kritische Geschwindigkeit möglichst weit zu vergrößern, und 
das wirksamste Mittel hierzu, welches gleichzeitig von Oberst Renard und dem Ingenieur 
Herv6 angegeben wurde, besteht in der richtigen Anbringung von Gleitflächen. 

Am häufigsten wird hierzu ein System einfacher ebener Gleitflächen benutzt, von 
denen die einen senkrecht, die anderen vertikal gestellt sind, um sowohl die Stabilität 
in der Längsrichtung zu erlangen, als auch das Schlingern zu verhindern. Zu einer 
solchen Art von Gleitflächen, ähnlich den Federn eines Pfeiles, hat Herr Juillot gegriffen, 
als er den ersten «Lebaudy» baute. Oberst Renard lehrte aber auch, daß man diese 
ebenen Flügel, welche Metallrahmen besitzen mußten — eine in Verbindung mit einem 
mit Gas gefüllten Stoffballon im allgemeinen ziemlich heikle Konstruktion —, ersetzen 
kann durch Körper derselben Art, wie der Ballon selbst, d. h. aus Stoff und ebenfalls mit 
Gas aufgeblasen, angeordnet am hinteren Ende des Ballons und im gewissen Sinne analog 
dem Steuersack des Drachenballons Parseval-Sigsfeld. 

Diese Anordnung hatte man bei dem Lenkbaren «Ville de Paris* ausprobieren 
wollen, dessen Beschreibung w r ir nun folgen lassen, so wie er von Herrn Ed. Surcouf in 
Gemeinschaft mit dem Ingenieur Herrn Henry Kapferer konstruiert wurde. 


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Der Ballon hat eine Länge von 62 m und einen Inhalt von 3200 cbm. Der Durch¬ 
messer an seiner breitesten Stelle beträgt 10,5 m; die Hülle besteht aus doppeltem gum¬ 
mierten Ballonstoff; nach der Füllung erkennt man, daß diese aus zwei Kugelkegeln 
besteht, die durch einen zylinderischen Teil miteinander verbunden sind. Der hintere 
Teil verlängert sich unter der Form eines Zylinders von geringerem Durchmesser, auf 
welchem die zylinderischen Gleitflächen angebracht sind. Von diesen sind acht vor¬ 
handen, von denen immer je zwei aufeinandergesetzt sind, so daß vier Flügel gebildet 
werden, zwei davon in horizontaler, zwei in vertikaler Ebene, im übrigen symmetrisch 
um die Hauptachse des Ballons. 

Die Dimensionen dieser «Röhren» sind derart gewählt, daß ihr Gewicht genau 
durch ihren Auftrieb ausäquilibriert ist; es sind also gewichtslose Steuerflächen. 

Unter dem Ballon und gehalten durch eine Aufhängung, ähnlich derjenigen wie 
beim Dupuy de Lome, ist ein armierter Balken von 32 m Länge angebracht, in welchem 
die eigentliche Gondel untergebracht ist und welche einen Argusmotor von. vier Zylindern 

Phot. Rol & Co. 



„La Villa de Paria 4 *. 

und 70 PS. enthält. Die Kraft wird auf die Schraube mittels eines Triebwerks über¬ 
tragen, das die Rotationsgeschwindigkeit auf ein Fünftel reduziert. Die Schraube ist 
vorne angebracht, wie beim Ballon «La France». Sie besteht aus aneinander gefügten 
Flügeln der von Oberst Renard empfohlenen Art. Man weiß, daß in diesem System die 
Schraubenflügel sich mehr oder weniger neigen, und deshalb automatisch dafür sorgen, 
daß dieses immer unter dem besten Güteverhältnis arbeitet. Der Propeller des «Ville 
de Paris» hat einen Durchmesser von 6m: er ist sehr steif und von einer großen 
Leichtigkeit. 

Unter den anderen bei diesem Ballon neu ausprobierten Teilen muß endlich der 
Ventilator zum Aufblasen des Ballonets genannt werden, welcher mit der größten Sorg¬ 
falt von den Herren Surcouf und Kapferer durchgearbeitet wurde. Dieser Ventilator be¬ 
sitzt eine sehr große Leistung bei nur sehr geringem Gewicht; er schafft 2 cbm Luft in 
der Sekunde. 

Die Stabilität in der Längsrichtung wird noch verstärkt durch einen horizontalen kleinen 
Flügel, der durch zwei über ein Holzgestell gespannte ebenen Stoffflächen gebildet wird. 


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326 


Endlich ist das Vertikalsteuer auf gleicher Art konstruiert aus einem System von 
zwei parallelen Flächen, wodurch eine große wirkende Oberfläche mit einer beträcht¬ 
lichen Steifheit entsteht, dank dem Rahmen der beiden Flächen, dessen Gestell einige 
Ähnlichkeit hat mit dem Aeroplane nach Art desjenigen der Gebrüder Wright. 

Der Lenkbare «Ville de Paris» ist erst einer kleinen Zahl von Versuchen unter¬ 
zogen worden. Nach den unerläßlichen Vorversuchen des Regulierens im Aerodrome zu 
Sartrouville stand der Ballon vollständig bereit am 23. Oktober 1906. Am 27. Oktober 
schritt man zu einem ersten kleinen Versuchsaufstieg, und am 11. November endlich 
stieg er zum ersten Male um 10 Ulir 10 Minuten vormittags in die Lüfte; in der Gondel 
befanden sich die Herren Ed. Surcoul, Kapferer, der Ingenieur Cormont und der 
Mechaniker Paulhan. Leider funktionierte wegen des herrschenden Frostes der Vergaser 
schlecht; der Motor blieb gleich stehen, der Ballon trieb mit dem Winde, mußte landen 
und auf dem Platze entleert werden. 

Bei dem Entleeren bemerkte man, daß, sobald die Hülle nicht mehr ganz gespannt 
ist, sich die Hülle um die Verbindungstläche der Stabilisierungsflächen biegt. Es scheint, daß 
hierin noch ein schwacher Punkt der Konstruktion liegt, der zunächst ein besonderes 
Studium und eingehende Versuche erfordert. 

Dieser unglückliche Zwischenfall hat die Versuche unterbrochen. Die gesammelten 
Erfahrungen waren nichtsdestoweniger nicht unnütz: In derselben Zeit, wo das Luftschiff 
zeigte, daß es in der Luft vollkommen stabil war, waren einige gewisse Unvollkommen¬ 
heiten an ihm zutage getreten, und es war ganz natürlich, daß man versuchte, erst diese 
zu beseitigen, ehe man mit neuen Aufstiegen begann. So entschloß man sich, die 
Gondel, welche noch von dem Ballon Nr. I stammte, zu ersetzen, da sie nicht solide 
genug war. 

Es wird interessant sein, die Fortschritte dieses Lenkbaren weiter zu verfolgen, 
der nicht nur Interesse verdient wegen der Neuheit der meisten seiner Teile, sondern 
auch wegen des Prinzipes, das seine Konstrukteure bei ihm zur Anwendung gebracht 
haben. (Übersetzt A. Coym.) 

Die Herstellung von Wasserstoffgas aus CalciumhydrUr. 

Das Königl. Aeronautische Observatorium Lindenberg hat eine Reihe von Vor¬ 
bereitungen für die binnen kurzem vorzunehmenden Aufstiege des Parsevalschen Luftschiffes, 
das bekanntlich von der MotorluftschifT-Studiengesellschaft angekauft worden ist, zum 
Abschluß gebracht, welche dazu dienen sollen, während des Versuchsstadiums dem Führer 
ein tunlichst genaues Bild von den zurzeit herrschenden Luftströmungen in verschiedenen 
Höhen mitzugeben. Zu diesem Zwecke sollen an einigen rund um Berlin in etwa 30 bis 
70 km Entfernung gelegenen Orten kurz vor dem Aufstiege Pilotballons aufgelassen und 
mittels Theodoliten verfolgt werden; ein äußerst vereinfachtes Verfahren gestattet es, 
schon nach weniger als einer Stunde telephonischen Bericht über die hierbei angetroffenen 
Windverhältnisse nach dem Aufstiegsorte zu erstatten. Zunächst sind außer diesem 
selbst, Reinickendorf-West bei Berlin, noch das Königl. Meteorologisch-Magnetische Ob¬ 
servatorium bei Potsdam, die Königl. Forstakademie in Eberswalde und das Königl. Aero¬ 
nautische Observatorium Lindenberg hierfür ausgestattet worden. Indem die näheren 
Einzelheiten einer späteren Besprechung Vorbehalten bleiben sollen, mag hier nur das Ver¬ 
fahren zur Erzeugung des WasserstolTgases aus Calciumhydrür Platz linden. 

Calciumhydrür wird in Stangen von einigen Zentimetern Dicke von den Elektro¬ 
chemischen Werken in Bitterfeld zum Preise von 6—7 Mk. pro Kilogramm be¬ 
zogen; es ist außerordentlich hygroskopisch und muß deshalb, nach dem Vorschläge von 
Prof. Naß in Charlottenburg, unter Petroleum aufbewahrt werden. Richard Graden- 
witz in Berlin hat einen von Naß angegebenen Gaserzeuger konstruiert, bei dem unter 
Benutzung des *Einwurfsystems», wie es zur Darstellung von Acetylen aus Calciumcarbid 
und Wasser verwendet wird, Wasserstoffgas erzeugt wird, das außerordentlich rein ist 


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327 «44 


und mindestens 1,1 kg pro Kubikmeter trägt; leider ist der Preis noch ein recht hoher, 
da 1 kg rund 1 cbm Gas gibt. IJm Pa tu re Ische Gummiballons zu füllen, die einen 
Innendruck von 300 mm Wasser haben, wird der Gasdruck durch eine entsprechend hohe 
Wassersäule erhöht. Das Verfahren ist äußerst einfach und sicher, und man hat, je 
nachdem man langsamer oder schneller Calciumcarbid in wallnußgroßen Stücken einwirft, 
die Schnelligkeit der Entwickelung vollkommen in der Hand. Ein für die Herstellung von 
6-700 1 in der Stunde ausreichender Apparat kostet 45 Mk. R. Aßmann. 


Einfache Fernrohrablesung für Thermometer. 

Unter diesem Titel habe ich im VIII. Jahrgang S. 346 ff. dieser Zeitschrift eine 
einfache Femrohrablesung für Thermometer zum Gebrauch im Freiballon beschrieben. 
Seitdem hat jene Fernrohrablesung mehrfach und mit gutem Erfolg Anwendung gefunden; 
nur wurde von einigen 
Seiten das bei derselben 
notwendige Schwen¬ 
ken der Stange zum 
Anfeuchten und Auf¬ 
ziehen des Aspirations¬ 
psychrometers als un¬ 
bequem bezeichnet, und 
ist auch dieses Schwen¬ 
ken bei kleineren 
Ballons tatsächlich nicht 
angenehm, da es eine 
jedesmalige Verlänge¬ 
rung der am Äquator 
und Korbring des Bal¬ 
lons befestigten Auf¬ 
hängeleine erfordert. 

Um diesem Übel- 
stand abzuhelfen, wird 
die Fernrohrablesung 
nunmehr ausgeführt, 
wie in der nebenstehend 
den Zeichnung darge¬ 
stellt: 

Während die Anordnung des Fernrohrs und Fernrohrhalters die gleiche wie bis¬ 
her geblieben ist, ist das Aspirationspsychrometer mit seinem Halter nicht mehr fest an 
dem äußeren Ende der Stange befestigt, sondern der Thermometerhalter gleitet an einer 
Muffe auf der Stange hin und her, und kann das Thermometer demnach mittels einer 
endlosen Schnur, die an beiden Stangenenden über Rollen geführt ist, zum Aufziehen 
und Anfeuchten an den Korbrand herangezogen werden, ohne daß die Stange selbst 
geschwenkt werden muß. Wird nach erfolgter Bedienung das Aspirationspsychro¬ 
meter wieder nach dem äußeren Stangenende gezogen, so befindet es sich selbst¬ 
verständlich auch wieder im Gesichtsfeld des Fernrohrs wie zuvor. 

Die neue Anordnung bietet noch den weiteren Vorteil, daß die Stange ohne Nach¬ 
teil länger als bisher genommen werden kann, was der Sicherheit der Thermometer¬ 
angaben nur zugute kommt: ich verwende jetzt eine 3 m lange Stange und einen 
Zeiß’schen monokularen 12 fachen Feldstecher mit entsprechender Vorschaltlinse. 

München, Juni 1907. K. v. Bassus. 



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Das Fest zum Andenken von Andröe in Schweden. 

Um den 10. Jahrestag der Abfahrt Andres und seiner kühnen Begleiter, Nils 
Strindberg und Knut Fraenkel, von Danskön (Spitzbergen), den 11. Juli 1897, zu feiern, 
veranstaltete «Svenska Aeronautiska Sällskapet» eine Wettfahrt zwischen Ballons und 
Automobilen am 10. Juli 1907 und am folgenden Tage ein Gedächtnisfest mit Ausstellung 
von verschiedenen Andröe-Gegenständen. 

Die Wettfahrt zwischen Ballons und Automobilen ging von Idrottsparken 
in Stockholm in Gegenwart Ihrer Majestäten des Königs und der Königin, Se. K. H. 
Prinz Eugen und einer großen Menge von interessierten Zuschauern von statten. Leiter 
der Wettfahrt war der Vorsitzende des S. A. S., Hauptmann Amundson. Die wett¬ 
eifernden Ballons und Automobile waren in folgende Gruppen eingeteilt: 

Gruppe I. Ballon „Andr6e“. Führer: Freiherr von Rosen, Leutnant der Küsten¬ 
artillerie. Kontrolleur: Leutnant Nordstrom. Als Passagier fuhr Herr Leutnant Kortz 
mit. Ballast 296 kg. — 3 Automobile und 1 Motorzykel mit den Herren E. Salmson, Inge¬ 
nieur Magnus, Ingenieur Björkman und Direktor Eriksson als Führer und Hauptmann 
E. Frestadius, Direktor H. Nyholm und Ingenieur A. Jansson als Kontrolleure. 

Gruppe II. Ballon «Svenske II». Führer: Leutnant Graf Hamilton. Kontrolleur: 
Herr G. von Hopsten. Ballast 177,6 kg. 2 Automobile und 1 Motorzykel mit den Herren 
Kandidat Lönnegren, Hauptmann Neren und Ingenieur Derans als Führer und Ingenieur 
Nilsön und E. Pallin als Kontrolleure. 

Gruppe III. Ballon «Argonaut*. Führer: Direktor Karl Smitt. Kontrolleur: Inge¬ 
nieur G. Holmberger. 2 Automobile und 2 Motorzykel mit den Herren Ingenieur Kastengren, 
Hauptmann Amundson, Leutnant Wallman und 0. Halldin als Führer, N. Lundberg und 
Leutnant Fogman als Kontrolleure. 

Die Bedingungen für den Gewinn der Preise waren: Der Ballonführer, dem es 
gelingt, sich der Verfolgung zu entziehen, d. h. der nicht innerhalb 45 Minuten nach der 
Landung von den verfolgenden Autos oder innerhalb 20 Minuten von den Motorzyklisten 
gefangen genommen wird, erhält einen Preis, welcher im entgegengesetzten Fall dem 
glücklichen Verfolger zugesprochen wird. 

Pünktlich um 1 Uhr startete Gruppe I, 20 Minuten später Gruppe II und um 
7*2 Uhr Gruppe III. Die Aufstiege gingen alle sehr glatt von statten. Dank des gün¬ 
stigen Wetters, mit gelindem und wechselndem Winde, wurde die Wettfahrt sehr inter¬ 
essant, indem die Ballons langsam in verschiedenen Richtungen trieben und die Auto¬ 
mobile große Mühe hatten, denselben in der wasserreichen Umgebung von Stockholm zu 
folgen, besonders da mehrere der dortigen Landstraßen für Automobilfahrt nicht freige¬ 
geben sind. 

Die Resultate der Wettfahrt gehen aus folgendem Protokoll hervor: 

Gruppe I. 1. Preis, der goldene Schild des schwedischen Automobilklubs (S. A. K.): 
Leutnant Freiherr von Rosen, Führer des Ballon «Andröe». Landung um 2 36 Uhr p. m. 
500 Meter östlich von Frössvik. Um 3 39 Uhr fand sich der Automobilführer Herr Salm¬ 
son ein, 9 Minuten nach der bestimmten Maximalzeit. Kein anderer Verfolger fand 
sich auf dem Landungsplatz ein. 

Gruppe II. 1. Preis, der goldene Schild des S. A. K.: Leutnant Graf Hamilton, 
Führer des Ballon „Svenske II“. Landung um 5 12 Uhr p. m. 2 km östlich von Ledinge. 
Kein Verfolger fand sich auf dem Landungsplatz ein. 

Gruppe III. 1. Preis, der goldene Schild des S. A. K.: der Automobilführer Haupt¬ 
mann Amundson, der um 433 Uhr p. m. (18 Minuten nach der Landung) den Landungs¬ 
platz des «Argonaut», 800 m östlich von Edsberg, erreichte. — 2. Preis, der silberne 
Schild des S. A. K.: der Automobilführer Ingenieur F. Kastengren, welcher um 4 M Uhr 
auf dem Landungsplatz ankam. — Extrapreis, Schild von Bronze des S. A. K.: Direktor Karl 
Smitt für geschicktes Manöver des Ballons. Leutnant R. Wallman kam auf Motorzykel 
20 Minuten nach der bestimmten Maximalzeit auf dem Landungsplatz an. 


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329 


Als Preisrichter fungierten Direktor Sam. Hellberg und Leutnant E. Fogman. 

Die Gedächtnisfeier fand am 11. Juli, um l /t8 Uhr, in dem Palast Hassclbacken 
in Stockholm statt. In einem besonders für diesen Zweck überlassenen, mit der Büste 
Andröes und mit schwedischen Flaggen geschmückten Lokal hatte Svenska Aeronautiska 
Sällskapet eine Ausstellung von Andr6e-Gegenständen veranstaltet, zu welcher sowohl 
wissenschaftliche Stiftungen als auch Privatleute beigetragen hatten. Die Ausstellung 
war sehr vollständig und interessant und enthielt u. a. die gefundenen Bojen, die Brief¬ 
taube mit Depesche, Photographien, Teile des Ballons «Svea>, mit welchem Andree 
9 Freifahrten unternahm usw. 

Nachdem der Vorsitzende, Hauptmajin Amundson, die ausgestellten Gegenstände 
demonstriert hatte, hielt Doktor Nils Eckholm einen Vortrag, welcher hier wörtlich wieder¬ 
gegeben sei, da derselbe als durchaus authentisch und mit der Wirklichkeit überein¬ 
stimmend vielleicht für die Leser der «Illust. Aeron. Milt.» von Interesse sein mag: 

«Meine Damen und Herren! 

«Heute vor 10 Jahren traten Andree und seine kühnen Begleiter, Strindberg und 
Fraenkel, von Danskön (Spitzbergen) mit dem Ballon «Örnen* ihre unglückliche Fahrt 
nach den imbekannten Polargegenden an. Diese Fahrt hat in der ganzen Welt großes 
Interesse erregt, ein Interesse, das noch fortlebt, obwohl man seit langem alle Hoffnung 
auf glückliche Wiederkehr der Luftschiffer aufgegeben hat. Mehrere Schweden waren 
lange der Ansicht, daß diese Fahrt eine Tat war, die man mit unseren kriegerischen 
und wissenschaftlichen Großtaten und besonders mit der Vegaexpedition Nordenskiölds 
vergleichen könnte. Für mich persönlich ist diese Polarfahrt zuerst eine Ursache 
der freudigsten und stolzesten, aber auch der bittersten und wehmütigsten Erinnerungen 
meines Lebens gewesen. Diese Gefühle teilen, wie ich glaube, die meisten Schweden, 
die sich für die wissenschaftliche Kultur interessieren, denn die Gemütsart der alten 
Wikinger liegt uns noch im Blute, obgleich sie nunmehr auf anderen Gebieten sich be¬ 
tätigt. Als geographische Entdeckungsreisendc haben die Wikingersöhne der letzten Jahr¬ 
hunderte sich hier im Lande Weltruf erworben, und diese Bahn betraten die drei Polar¬ 
forscher. Ihr Andenken wird uns nicht weniger lieb, weil sie in dem Kampfe blieben, 
denn sie fielen mit Ehre. Dies ist von alters her das Los des Kriegers. 

«Meine Bekanntschaft mit Andree fing mit der naturwissenschaftlichen Expedition, 
die bei Cap Thordsen auf Spitzbergen 1882—1883 überwinterte, an, denn wir waren beide 
Mitglieder derselben und wir arbeiteten mit aller Lust während beinahe zwei Jahren 
zusammen, ln mancher Hinsicht waren wir von ganz verschiedener Denkungsart und 
Streitigkeiten blieben uns nicht erspart, aber das lebhafte Interesse Andrees für Wissen¬ 
schaft, Technik und alle anderen Kulturaufgaben, seine unermüdliche Arbeitskraft und sein 
fröhliches Gemüt knüpften ein Freundschaftsband, das nur durch den Tod gelöst wurde. 
Im Jahre 1893 begann wieder unsre gemeinschaftliche Arbeit, als Andree am 15. Juli 
mit dem Ballon «Svea» seine erste Ballonfahrt zu wissenschaftlichem, besonders mete¬ 
orologischem Zwecke unternahm. Von vielen Seiten betrachtete man anfangs Andree 
mit Hohn und Mißtrauen, denn das schwedische Volk hat, ich habe es sagen gehört, 
keine Hochachtung weder für Meteorologen noch für Luftschiffer gehabt. Aber nach 
und nach brachte Andree, durch die gewonnenen Resultate seiner Luftfahrten, den Hohn 
zum Schweigen. 

Einsam in dem Korbe führte er nach ausgezeichneten Methoden eine Menge von 
genauen Beobachtungen aus, welche in den Schriften der Akademie der Wissenschaften 
publiziert worden sind. Darunter gibt es vielerlei, das die ausländischen Meteorologen 
trotz ihrer viel größeren Hilfsmittel vernachlässigt haben; z. B. hatte er über den Kohlen¬ 
säuregehalt der höheren Luftschichten sehr genaue Beobachtungen nach einer von Pro¬ 
fessor Otto Pettersson erfundenen Methode gemacht. Wirkliche Großtaten in der Luft- 
schifferkunst waren seine Fahrten vom 19. Okt. 1893 von Stockholm nach der Insel 
Brunskär in den Skären des südwestlichen Finnlands und vom 29. November 1894 von 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^2 


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330 


Göteborg nach Gotland. Die erste Reise, die mit dem Schlepptau im Wasser über die 
Ostsee ging, dauerte 10 Stunden, die letzte ging über Schweden in 5 Stunden mit einer 
Geschwindigkeit von 80 km in der Stunde und mit einer Maximalhöhe von 2700 m. — 
Während einer Ballonfahrt am 14. Juli 1894, von Göteborg nach Vara in Westergötland, 
machte Andr6e einen gelungenen Versuch, den Ballon mittels Segel und Schlepptau 
außerhalb der Windrichtung zu steuern, wobei er Abweichungen bis zu 300 erreichte. 
Die meisten seiner Bekannten wußten nicht, daß diese Ballonfahrten nur eine Vorbe¬ 
reitung für seinen großen Plan, den Nordpol im LuftschilT zu erreichen, waren. 

«Diesen Plan legte er am 13. Februar 1895 der Akademie der Wissenschaften und 
zwei Tage später, der Gesellschaft für Anthropologie und Geographie vor. Der Vortrag 
Andrees ist ein wirkliches Meisterstück der Überredungskunst. Er errinnerte zuerst an 
die großen Schwierigkeiten, gegen welche die geographischen Entdeckungsreisenden der 
Polargegenden zu kämpfen gehabt haben, entweder sind sie mit Schlitten oder Schiff 
gefahren; dann erklärte er, daß es ein Hilfsmittel gibt, welches gerade für eine Fahrt 
über die Eiswüste wie geschaffen scheint, nämlich der Ballon. Diese Behauptung bewies 
er durch folgende Erklärung: 

Ein solcher Ballon muß die folgenden vier Bedingungen erfüllen: 

1. die Tragkraft muß groß genug sein um, 3 Personen, alle erforderlichen Instru¬ 
mente, Lebensmittel für 4 Monate und Ballast zu tragen (zusammengerechnet ca. 3000 kg); 

2. der Ballon soll sehr dicht sein, damit er sich während einer Zeit von 30 Tagen 
und Nächten schwebend halten kann; 

3. die Füllung mit Gas muß in den Polargegenden ausgeführt werden können; 

4. der Ballon soll etwas lenkbar sein. 

Um diesen Plan zu realisieren, brachte Andree in Vorschlag, einen Ballon von 
6000 cbm, von doppeltem, seidenem Stoffe und mit Wasserstoff gefüllt zu verfertigen 
Dieser Ballon sollte sowohl mit einem Segelsystem als auch mit mehreren Schlepptauen 
versehen werden, welche aus Kokosfiber verfertigt sein müßten, damit sie auf dem Wasser 
schwimmen könnten. Hierdurch hält sich der Ballon auf derselben Höhe über dem Wasser 
wie über dem festen Lande. Der Ballon sollte so balanziert sein, daß er sich in Mittelhöhe von 
etwa 250 m, d. h. unter der niedrigsten Wolkenregion, aber über dem Nebel des 
Erdbodens halte. Mit Hilfe der Windbeobachtungen von Spitzbergen, dem Eiffelturm und 
Fort Conger und einer Annahme, betreffend die Friklion der Schlepptaue, berechnete 
Andree die Mittelgeschwindigkeit des Polarballons auf 7 */* m in der Sekunde, d. h. 
27 km in der Stunde oder 648 km in 24 Stunden. Wenn die Fahrt 30 Tage und Nächte 
fortgesetzt wird, glaubt Andröe, daß der Ballon eine Wegstrecke von 19 400 km zurück¬ 
legen würde. Die Fahrt von Spitzbergen über den Pol direkt nach Behrings Land — 
eine Wegstrecke von 3700 km — nimmt nur 6 Tage und Nächte in Anspruch, also ein 
Fünftel der Zeit, während welcher sich der Ballon schwebend halten kann. Er be¬ 
rechnete die Kosten der Fahrt auf 128800 Kronen, eine geringe Summe im Vergleich der 
Kosten zu einer Polarfahrt nach der alten Methode mit Fahrzeugen und Schlitten. 

Andree machte darauf aufmerksam, daß der Polarsommer sehr günstig für eine 
derartige Fahrt sei. Die Sonne ist beständig über dem Horizont, die Temperatur sehr 
unverändert, das Terrain eben und frei von Vegetation, Gewitter kommen nicht vor, 
Regen sowie Stürme sind selten. «Und», sagte Andree, «wer ist wohl näher, einen 
solchen Versuch zu machen, als wir Schweden ? Als ein hochzivilisiertes Volk, das sich 
vor undenklichen Zeiten durch Mut und Unerschrockenheit Ruf erworben hat, ein Volk, 
das in der Nähe der Polargegend wohnt und mit den Eigenheiten ihres Klimas vertraut 
ist, können wir uns nicht ganz und gar von einem Gefühl der Verpflichtung in dieser 
Hinsicht frei machen.» 

Der Plan, der in A. E. Nordenskiöld eine gute Unterstützung erhielt, wurde im 
allgemeinen mit Beifall aufgenommen und war im Frühling desselben Jahres durch die 
freigebigen Kostenbeiträge von König Oscar (30 000 Kr.), Alfred Nobel (65 000 Kr.) und 
Oscar Dickson (30 000 Kr.) in finanzieller Hinsicht gesichert. Ich hatte schon vorher 


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331 


versprochen, an der Fahrt teilzunehmen, und im Herbste desselben Jahres wurde der 
junge, hochbegabte Physiker, phil. Kandidat Nils Strindberg, Schüler von Prof. Arrhenius, 
als dritter Teilnehmer der Fahrt gewonnen. 

Jetzt begann für uns alle drei eine intensive Arbeit, die, was mich betrifft, un¬ 
unterbrochen fortging, bis ich im Herbste des folgenden Jahres als Teilnehmer der 
Expedition abging. Es waren insbesondere drei Punkte des Programms Andr6e, welche 
vor der Abreise eine genaue Prüfung forderten. Der erste betraf die Dichtigkeit des 
Ballons. Kann sich der Ballon lange genug schwebend halten? Eine vorbereitende 
Untersuchung zeigte, daß der Ballonstoff so dicht war, daß sich der Ballon — voraus¬ 
gesetzt daß der Gasverlust nur durch den Stoff stattfand — während einer Zeit von 
2 Jahren schwebend halten konnte. Daher beschloß Andree, das Volumen des Ballons 
von 6000 auf 4500 cbm zu vermindern, eine Änderung, gegen welche sowohl Strindberg 
als auch ich große Skrupel ausdrückten. Es zeigte sich auch, als der fertige Ballon 
im Sommer 1896 in Spitzbergen abgewogen wurde, daß der Gasverlust bedeutend größer 
als zuvor (50 cbm in 24 Stunden) war. Hiernach konnte sich der Ballon nach meiner 
Berechnung nur während 17 Tagen und Nächten schwebend halten. Mehr sanguinische 
Personen berechneten die Zeit auf einen Monat. 

Der zweite Punkt, den man auf die Probe stellen mußte, war die Friktion der 
Schlepptaue gegen den Boden, das Eis oder das Wasser. Diese Prüfung wurde teils 
hier in Stockholm, teils auf Spitzbergen ausgeführt und dessen Resultat ergab, daß die 
Friktion der aus Kokosliber verfertigten Taue drei Mal größer war, als Andree voraus¬ 
gesetzt hatte. 

Der dritte Punkt war die Frage, wie die Lenkanordnung mit Schlepptauen und 
Segel fungieren sollte. ‘Leider wurde diese Frage nicht gelöst, ehe man die Fahrt 
unternahm. 

Nach der Erfahrung des ersten Sommers und da Andr£e und ich betreffend 
der drei erwähnten Punkte ganz verschiedene Meinungen hatten, entzog ich mich im 
Herbst 1896 der ganzen Sache, wie es Ihnen wohl bekannt ist. Es ging mir zu Herzen, 
das zu tun. denn ich hatte mehr als ein Jahr meiner besten Kräfte auf diesen Plan 
verwendet und ich hing mit einem festen Freundschaftsband an meinen beiden Kame¬ 
raden. Ich hoffte aber zugleich, daß diese Maßregel eine genauere Prüfung und 
mehr Vorsicht veranlassen würde. Vielleicht war es auch so. Aber zufolge der un¬ 
günstigen Umstände, unter welchen die Fahrt vor lü Jahren begann, und dem Dunkel, 
in welches die Fortsetzung und das Ende derselben eingehüllt sind, kann man das 
nicht wissen. Wir können nicht bestimmt sagen, ob man das unglückliche Ende der 
Expedition einer mangelhaften Ausrüstung oder einem Unglücksfalle oder vielleicht beidem 
zusammen zuschreiben soll. 

Während des Sommers 1896, nachdem alles für die Abfahrt fertig war, wollte sich 
der ersehnte südliche Wind nicht eintinden. Vielleicht wäre es am besten gewesen, 
wenn — wie Andree einmal in Vorschlag brachte — die Heimfahrt der drei Polarfahrer 
während des damals herrschenden nördlichen Windes mit dem Ballon, anstatt mit dem 
Dampfer «Virgo» unternommen worden wäre, denn in solchem Falle wäre die Ausrüstung 
geprüft worden. Daß Andree diesen Plan nicht ausführte, kam nur daher, daß er 
fürchtete, der Ballon könnte beschädigt werden, und daß er in solchem Falle kein Geld 
zur Reparatur desselben bekommen würde. 

Im Gegensatz zum Sommer 1906 wurde während des folgenden Sommers der 
südliche Wind viel zu stark. Während der Nacht zwischen dem 6. und 7. Juli entstand 
ein so heftiger Sturm, daß der Ballon nahe daran war, in dem Ballonhaus zerslört zu 
werden, indem er gewaltsam gegen die Wände geschleudert wurde. Es ist ganz wahr¬ 
scheinlich, daß die Dichtigkeit des Ballons hierdurch vermindert wurde. Auch bei der 
Abfahrt war der Wind so stark, daß es nicht ohne Unglücksfall ablief. Zuerst stieß der 
Ballon gegen einen der Ständer des Hauses, der nach den Zeugnissen der Zuschauer 
und Photographien eine tiefe Furche in den Ballon machte, vermutlich doch ohne den 


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Stoff zu beschädigen, denn der Ständer war mit dickem Pelz überzogen. Eine kurz 
nach der Abfahrt genommene Photographie zeigt doch, daß bei diesem Stoße der soge¬ 
nannte «Gürtel» des Ballons teilweise von seinem Platz gerückt oder losgerissen worden 
war. Dieser Gürtel war von Andröe zur Regulierung des Winddruckes auf den Ballon 
während der Anwendung der Segel beabsichtigt. Ein anderes Mißgeschick, das wahr¬ 
scheinlich auch in etwas von der unvermutet plötzlichen Abfahrt abhing, war, daß bei¬ 
nahe */ 3 der Schlepptaue los wurden und zu Boden fielen, wobei sich der Ballon um¬ 
drehte und das Joch, in welchem die Schlepptaue befestigt waren, auf die vordere, 
anstatt die hintere Seite des Ballons kam; außerdem wurde der Ballon gegen die 
Wasserfläche herunter gedrückt, bis sich die Gondel zur Hälfte unter dem Wasser befand. 
Durch die Auswerfung eines großen Teils des mitgebrachten Ballasts brachte man den 
Ballon gleich wieder zum steigen, und er setzte dann seine Fahrt nordwärts fort. Er 
ging zuerst auf geringer Höhe über Holländarnäset, stieg später bis auf eine Höhe von 
700 m und ging über die Insel Vogelsang bis er am nördlichen Horizont verschwand. 

(Schluß folgt.) 


Aeronautische Übersicht. 

Bemerkenswerte Ballonfahrten: Am Morgen des 22. Juli d. Js. stiegen Dr. Bröckel¬ 
mann und Dr. Krause in Innsbruck mit dem Ballon «Bezold* auf, mit der Absicht, die 
Alpen in irgend einer Richtung zu überfliegen. Der Aufstieg vollzog sich im Beisein 
einer nach Tausenden zählenden Zuschauermenge. Der Ballon stieg zuerst fast senk¬ 
recht bis zu einer Höhe von 1300 m empor und stand dann längere Zeit über der Stadt. 
Erst gegen 11 Uhr wurde er mit ziemlicher Geschwindigkeit gegen den Brenner hin ge¬ 
trieben. Kurz vor 12 Uhr wurde das Navisertal erreicht, um 12V* Uhr befand sich der 
Ballon in 3500 m Höhe über Navis vor dem Tuxerkamm. Die Luftschiffer gerieten hier 
in die Wolken, trieben den Ballon aber bald durch dieselben. Aus dem geschlossenen 
Wolkenmeer ragte der Ortler hervor. Um VU Uhr erreichte der Ballon die größte Höhe, 
4800 m. Ein starker Wind führte den Ballon über mehrere Schutzhütten, deren Namen 
nicht festgestellt werden konnten, dem Tauferertal zu. Die Landung erfolgte sehr glatt 
bei Luttach im Tauferertale, einige hundert Schritt von der Landstraße entfernt. Der 
Ballon hatte also die ganze Zillertaler Hauptkette und den Tuxerkamm überflogen. 

Kapitän Spelterini hat am 20. Juli d. Js. in seinem Ballon «Augusta», zusammen 
mit Herrn Dr. Roth, von Andermatt aus die Alpen nach Süden überflogen. Wir kommen 
auf diese Fahrt im nächsten Hefte zurück. 

Gelegentlich der am 24. Juli d. Js. in Valencia veranstalteten Ballonwettfahrt 
wurde Hauptmann Kindel&n mit dem Ballon «Maria Teresa» auf das Mittelländische 
Meer verschlagen und durch den englischen Dampfer «Westpoint» gerettet. Wir werden 
im nächsten Heft über diese bemerkenswerte Fahrt einen ausführlichen Bericht bringen. 


Ballonunfällc: Die Liste der Ballonunfälle aus letzter Zeit ist leider sehr groß: 
Als Ergänzung zu unserem Bericht im vorigen Hefte über die Katastrophe des Ballon 
«Thrasher* können wir noch mitteilen, daß die Leichname der beiden Korbinsassen ge¬ 
funden sind; derjenige von Herrn Leutnant Caulfeild wurde am 24. Juni bei Doiset, 
derjenige von Herrn Leutnant Leake am 29. Juni bei Bridport ans Land gespült. 

Ein schweres Ballonunglück hat vor kurzem das russische Luftschifferkorps be¬ 
troffen und wird in allen Luftschifferkreisen lebhafte Teilnahme hervorrufen. Am 
19. Juli, vormittags, waren die beiden Leutnants Kologrinow und Ssafonow, sowie die 
beiden Unterleutnants Lichutin und Michailow zusammen in Petersburg im Ballon auf¬ 
gestiegen. Der Ballon trieb zunächst nach Nordwesten, sodaß man annahm, daß die 
Fahrt nach Finnland führen würde; drehte aber dann nach Westen. Der Ballon fiel in 
den Finnischen Meerbusen und wurde erst am 20. Juli bei Porkala-Udd aufgefischt. 


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Von den vier Insassen fehlte jede Spur. Wir werden im nächsten Heft einen ausführ¬ 
lichen Bericht über diese Fahrt bringen. 

Ein Ballon, genannt Flor6al, war am Nachmittag des 24. Juni in Dünnkirchen 
gelegentlich einer Kirmis mit den Herren Bulkaen und Tannay aufgestiegen. Der Führer 
ließ leichtsinnigerweise den Ballon durch einen Südwestwind auf das Meer treiben; der 
Ballon wurde noch bei Ostende und Nicuport (Belgien) von der Küste aus gesehen. Am 
folgenden Tage wurde er bei Beetsterzweg auf dem Meere treibend wiedergefunden, die 
Leichnamen der beiden Korbinsassen wurden einige Tage später an der Holländischen 
Küste an Land gespült. 

Flugtechnik. 

Der Wettbewerb fQr Flugmaschinen-Modelle des Aöronautique-Club 
de France vom 9. Juni 1907 in der Galerie des Machines. 

Bisher sind 4 Wettbewerbe für Flugmaschinen-Modelle abgehalten worden. Der 
erste 1901, veranstaltet von der Zeitschrift „l’Auto“, der zweite 1905 vom „A6ro-Club“, 
der dritte am 15. April d. Js. von der „Daily Mail“ in London, der vierte Sonntag den 
9. Juni vom „A£ronaulique-C.lub de France“. Alle diese Wettbewerbe ähneln sich in 
dem Punkte, daß die große Majorität der ausgestellten Apparate unfähig sind, den 

Phot. Branger. 



Fig. 1 . Wettbewerb für Flugmatohlnen-Modelle des A6ronautique-Club de Franoe. 

kleinsten Flug auszuführen; die Jury ist in der größten Verlegenheit, wem sie den Preis 
zusprechen soll, die Zuschauer, wenn welche gekommen sein sollten, verlassen die Aus¬ 
stellung mit der festen Überzeugung, daß es nie dem Menschen gelingen wird, frei zu 
fliegen. Sie haben Unrecht mit ihrem absprechenden Urteil und müßten sich sagen, 
daß diese kleinen Wettbewerbe wegen der geringen Kosten, die sie dem Aussteller 
machen, der Tummelplatz jener Sorte Erfinder sind, welche immer voll Ideen, nie ent¬ 
mutigt sind und wie im Traum durch die Welt laufen. Die nichtgelungenen Versuche 
einer gewissen Klasse von Flugmaschinen öffnen ihnen nicht die Augen, sie wollen 


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334 


sich nicht dieser Klasse anschließen, sie wollen nicht die Grundsätze der Stabilität 


verstehen lernen und sic überschwemmen die Wettbewerbe zum großen Schaden der Sache. 

Denn es gibt Regeln und Konstruktionsprinzipien, die man leicht in dem findet, 
was seit 6 Jahren veröffentlicht ist, und welche diejenigen, die sie verstehen, in den 




Phot. Brangcr. 


Fig. 2. Drachenflieger „Paulhan-Budln“. 


Stand setzen, eine 
flugfähige, stabile 
Maschine für die 
Ausstellung zu 
bauen. 

1901 gab es nur 
Spielereien, 1905 
waren bereits vier 
ausgezeichnete Ap¬ 
parate vorhanden 
und 1907 nur 2. 

Woher diese Ab¬ 
nahme? Aus einem 
einfachen Grunde, 
der allein die Ab¬ 
haltung weiterer 


Wettbewerbe rechtfertigt. Zwei der Preisträger von 1905, Burdin und Paret sind ..Flug¬ 
techniker“ geworden, haben so ein neues Handwerk geschaffen und daher nicht mehr 
nötig, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Indessen haben die 
beiden Preisgekrönten dieses Jahres, die Herren PauDian und Budin, große Fortschritte 
gegen ihre Vorgänger gemacht, denn sie haben nicht nur Gleittlieger (ohne Motor) vor¬ 
geführt, welche mit ausgezeichneter Stabilität schwebten, sondern sie haben außerdem 
jeder einen Drachenflieger gezeigt, dessen Schraube durch gedrehten Gummi getrieben wurde. 

Diese Drachenflieger' hatten Räder und flogen selbst vom Boden auf, was vor 

Phot. Brangor. zwei Jahren unerreichbar 

und heute ganz natürlich 
erscheint. Sie haben in 
der Luft unter eigener Kraft 
26 bzw. 24 Meter zurück¬ 
gelegt, waren vom Typ 
Langley und wogen 2.2 kg 
pro qm Tragfläche. Von 
den drei Anlaufrädern war 
eins vorn, zwei hinten an¬ 
geordnet. Als Motor dienten, 
wie gesagt, Gummi schnüre, 
welche eine Arbeit von ein 
Meterkilogramm leisteten 
und unter der Milteirippe 

des Apparates angebracht waren. Die Schraube war hinten und hatte 30 (Zentimeter 
Durchmesser. 

Ks war nicht möglich, zwischen den Apparaten Paulhan und Budin zu entscheiden, 
denn sie wiesen identische Konstruktion auf und flogen gleich gut. Sie wurden ohne 
Motor aus 8 Meter Höhe abgelassen und legten 34 Meter zurück, mit Motor flogen sie 
selbst vom Boden auf. Wir haben den ersten und zweiten Preis zwischen ihnen geteilt 
und jedem eine silberne Erinnerungsmedaille zuerkannt. 

Kein anderer Apparat reichte auch nur im entferntesten an diese Modelle heran. 
Trotzdem haben wir, als Trostpreis, Herrn Audiguey eine bronzene Medaille gegeben, 
der einen Flieger mit Petroleummotor Herdtle und Bruneau ausgestellt hatte, um seine 


Fig. 3. Drachenflieger „Audiguey“. 


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♦►►fr 335 < 44 « 




Bemühungen zu belohnen. Dieser Flieger wog 17 kg bei 2 qm Fläche und war dem¬ 
nach zu schwer, um sich zu erheben. Außerdem war er mit sehr liefern Schwerpunkt 
konstruiert, was keine Be- Phot. Branger. 

dingung für die Stabilität 
ist, entgegengeselzt der üb¬ 
lichen Ansicht. 

Wir haben ferner eine 
bronzene Medaille an Herrn 
Buguet gegeben als Beloh¬ 
nung für seine Arbeit, ob¬ 
wohl sein Apparat nur ne¬ 
gative Erfolge gegeben hat. 

Seine Grundidee war, daß 
automatische Steuer vor¬ 
handen sein müssen, und 
er hat solche in sehr ge¬ 
schickter Weise angebracht, 
indem er sie durch ein Pen¬ 
del bediente. Man konnte 

bemerken, daß sie in keiner Weise dann funktionniertcn, wenn es nötig war. Jn zweiter 
Linie hat er seinen Apparat durch eine Rakete angetrieben. Nun paßte die Geschwin- 


Fig. 4. Drachenflieger „Bailandier“. 


digkeit der Verbrennung durchaus nicht zu dem 
Bau seines Fliegers, sie war vielmehr sicher 
zu groß. Bekanntlich hat ein Drachenflieger 
nur eine Geschwindigkeit, bei welcher er 
stabil ist; wird diese Geschwindigkeit über¬ 
schritten, so ist ein geradliniges Fliegen für 
ihn unmöglich. Er hat sich gedreht und ist 
trotz automatischer Steuer in Kopfsprüngen zu 
Boden gefallen, mitten in einem großartigen 
Feuerwerk. 

Es ist unnütz, von den Schrauben¬ 
fliegern zu sprechen, welche trotz größter An¬ 
strengung am Boden klebten und unfähig wa¬ 
ren, einen Gleitflug auszuführen. 

Alles in allem war dieser Wettbewerb 
nur eine Bestätigung der seit lange bekannten 
und mit Erfolg angewendeten Prinzipien. Man 
darf sich nicht entmutigen lassen: Bald werden 
sie, wenn sie immer wiederholt werden, all¬ 
gemein anerkannt werden. 


Phot. Branger. 


Fig. 5. Flugapparat „Quefttitant“. 

Capitaine Ferber. 


Geschichtliches. 

Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren 
der Balion-Aera (1785). 

Nach authentischen Berichten gesammelt von Max L eh er-Augsburg. 

(Fortsetzung und Schluß aus Heft 6.) Nachdruck verboten. 

Es wurde nun zur Ehrenrettung Blanchards über diesen mißglückten 
aerostatischen Versuch folgendes Protokoll aufgenommen: Im Jahre 1785, 


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336 ««4« 


den 27. September. Wir Unterzeichnete bezeugen, daß der 25. Tag d. M. 
so stürmisch war, daß Herr Blanchard, der seinen 15. aerostatischen Ver¬ 
such auf diesen Tag angekündigt hatte, sich genötigt fand, solchen unter 
VerhofTung stillerer Witterung auf den nächsten Tag anzusetzen. Sturm 
und Regen vermehrten sich vielmehr dergestalt, daß zum Abend die Zelte 
umgeworfen und zerrissen wurden, die Umfassung auch zum Teil nämliches 
Schicksal hatte, so daß es unserm Aeronauten unmöglich war, den Versuch 
auszuführen. Wir selbst bewogen ihn, solche auf eine andere Zeit als jene des 
Aequinoctii anzusetzen, da Wir ihm vorstellten, wie sehr Uns an seinen 
Lebenstagen gelegen wäre. Aber das Verlangen, so Herr Blanchard hatte, 
der ganzen, mit Fürsten, Herren und so vielen Fremden angefüllten Stadt, 
die von allen Enden deswegen hieher gekommen, Genüge zu leisten, trieb 
ihn an, den Versuch am 27. vorzunehmen, wo die Witterung sich ganz gut 
anzulassen schien, und so widerselzten Wir uns seinem Eifer nicht. Um 
9 Uhr morgens, ohngeachtet der Wind sich wieder erhob, fing man die 
Operation wieder an. Der Wind aber vermehrte sich dermassen, daß man 
alle Mühe von der Welt hatte, die brennbare Luft in den Ball zu bringen; 
die einander folgenden Windstöße waren so heftig, daß der Ball, über 100 
Personen, die ihn festhielten, mitschleppte. Und doch geschah es, daß er 
ohngeachtet allen Stürmens genugsam angefüllt ward, um 3 Personen 
tragen zu können. Um 1 Uhr stiegen Se. Durchlaucht Prinz Ludwig von 
Hessen-Darmstadt, der schon lange verlangte, mit Herrn Blanchard eine 
Luftreise zu tun, ohngeachtet aller Vorstellungen, die man wegen der 
Gefahren des Sturmes tat, und die nicht vermögend waren, den uner¬ 
schrockenen Mut des Prinzen zu schwächen, in das Schiff und setzten sich 
ganz ruhig an die Seite des Herrn Schweitzer, Offizier des Dragonerregi¬ 
ments Schomburg, der auch an der Reise teilnehmen wollte. In dem 
Augenblick, als Herr Blanchard seinen Ballast berechnete und sich unter allen 
Unsern Glückwünschen zur Abreise anschickte, erhob sich ein so schrecklicher 
Sturm, der den im herrlichen Anblick sich zeigenden Ball von oben bis 
unten zerriß. Die Stelle, wo die brennbare Luft entwich, ward sogleich von 
der atmosphärischen eingenommen, daß man gerade noch so viel Gewalt 
anwenden mußte, um alles aufzuhalten. Obschon eine Stunde vorher 
Herr Blanchard seine Befürchtung Uns zu erkennen gab, so verfiel er doch 
infolge des Schreckens in eine schwere Ohnmacht, so daß man ihn aus 
dem Schiffe hob und in Unsere Mitte brachte, wo Wir ihm allen, uns 
möglichen Beistand leisteten und ihn in unseren Wagen brachten. Zudessen 
Urkunde haben Wir diese Berichtigung unterzeichnet am Tage und im .lahre 
wie oben, zu Frankfurt am Mayn. 

Amalie, P. P. Duchesse des Deux-Ponts. 

Charles, Prince Palatin, Duc des Deux-Ponts. 

Louis, Prince heröditaire de Hesse-Darmstadt. 

Louise, Princesse h£reditaire de Hesse-Darmstadt. 


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Am 3. Oktober vormittags gelang es endlich Blanchard, mit seiner 
Luftkutsche ganz allein, aber in dulci jubilo aufzusteigen. Ein Augenzeuge 
schreibt hierüber, Frankfurt 3. Oktober, Mittags l l 212 Uhr. «Es ist ihm 
gelungen, dem kühnen Bahnbrecher zwischen Himmel und Erde!» Ich komme 
soeben von der Bornhaimer Haide, die von allen Seiten mit Menschen 
belebt war. Herrschaften in Wagen und Reiter in Menge und Fußgänger 
ohne Zahl, alle sind ausgesöhnt mit Blanchards Namen. Alle sahen sich 
vergnügt und froh an, daß es ihm so glückte. Dies geschah circa 11 Uhr, 
nachdem die Bretter des Käfigs, der den Ballon den Blicken der Zuschauer 
entzog, nach der Seite, wohin die Luft blies, mit ihren Pfosten wegge¬ 
schlagen worden waren. Die Bewegung ging sanft aufwärts dem Winde 
nach, und so schwamm er über unsern Häuptern im Triumph hinweg, den 
Hut und dann die Fahne nach allen Seiten aus seiner Gondel schwingend, 
unter dem Zuruf unzähliger Zuschauer. Nach 4 Minuten sah man den Luft¬ 
schiffer mit dem Fallschirm beschäftigt, an dem er einen Hund herbeiließ, 
der später lebendig an der Frankfurter Grenze eingebracht wurde, während 
Blanchard selbst seinen Kurs gerade aufwärts nahm, wodurch seine Richtung 
immermehr nach der rechten Seite gelenkt wurde. In einer ungeheuren 
Höhe und hinter dem Taunusgebirge verlor ihn das fernsehendste Auge, 
und nun bevölkerte das höchlich vergnügte Publikum die fast verödete Stadt 
wieder. Daß der Ballon einer Direktion fähig war, wird wohl niemand be¬ 
haupten wollen. Sobald die Neugierde, die hier bei niemandem am Unrechten 
Orte ist, befriedigt sein wird, bleibt es immer eine brot- und nutzlose, hals¬ 
brechende Kunst, die den Ruhm des Waghalses mit sich vergräbt. Blanchard 
fuhr mit ebendemselben Ballon, mit dem er die Reise von England nach 
Frankreich unternahm. (7. Januar.) 

Nach 12 Uhr ließ sich Blanchard zu Weilburg, 14 Stunden von Frank¬ 
furt nieder. Der Fürst zu Braunfels zog ihn zur Mittagstafel. Am 4. Oktober 
trat er die Rückreise nach Frankfurt an, wo er spät abends im französischen 
Komödienhaus abstieg. Sofort in die Hauptloge geführt, wurde er unter 
Trompeten- und Paukenschall mit freudigen Zurufen empfangen. Die an¬ 
wesenden Herrschaften gratulierten ihm persönlich. Nach beendeter Vor¬ 
stellung erwies das Publikum dem kühnen Luftschiffer die Aufmerksamkeit, 
ihn nicht nur unter ungeheurem Beifallsrufen bis an das Hotel des russischen 
Gesandten zu begleiten, der ihn zum Souper eingeladen hatte, sondern sogar 
die Pferde auszuspannen und den Wagen mit dem gefeierten Helden eigen¬ 
händig dorthin zu ziehen. 

Am 5. Oktober gab eine große Gesellschaft Blanchard zu Ehren im 
«Römischen Kaiser* einen feinen Mittagsschmaus, während welchem eine 
ungeheure Volksmenge unaufhörlich «Vive Blanchard!» rief. Derselbe mußte 
sich mehrmals am offehen Fenster zeigen und machte sich das Privatver¬ 
gnügen, einige Hände voll Silberlinge unter die Menge zu werfen. Unter 
der Serviette des also Gefeierten lag ein Geschenk von 50 Doppeldukaten. 
Man kann sich eine Vorstellung von der ungeheuren Menge von Zuschauern 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 43 


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machen, wenn man erfährt, daß darunter allein 122 Prinzen und Fürsten 
mit Gemahlinnen damals in Frankfurt waren.» 

Von Frankfurt aus begab sich Blanchard auf Einladung des Kurfürsten 
nach Koblenz, wo er den Luftball, mit dem er im Haag und in Rotterdam 
aufgefahren und zu Frankfurt verunglückt war, in der neuen Reitschule der 
Residenz gegen Entree zur Schau ausstellte. Aber zu einer Luftreise kam 
es nicht, der Spaß war dem Kurfürsten doch zu teuer. Am 18. Oktober 
trat Blanchard seine Rückreise nach Gent an und am 20. November unter¬ 
nahm er dort seine 16. Luftreise, die ihm bald das Leben gekostet hätte. 
Er berichtet uns hierüber: 'Sehr schnell stieg ich auf, so daß ich in 7—8 
Minuten durch die Wolken drang. Durch die Wirkung der Sonne schwoll 
der Ballon so an, daß ich unten das Ventil zog, um die ausgedehnte Luft 
zu befreien. Aber da mir dies, zumal so nahe an der Seeküste nicht genug 
Sicherheit bot, glücklich zu landen, sondern bei weiterer Entfernung befürchten 
mußte, ins Meer zu stürzen, so gab ich dem Ballon mit der Spitze meiner 
Fahnenstange mehrere Stiche und kam hierauf um J / 2 1 Uhr äußerst schnell 
bei der Stadt Hulst auf den Boden, nachdem ich noch vorher an einen 
Kirchturm und an eine Scheune angestoßen war. Sofort sprang ich aus 
meiner Gondel, um den Ballon anzuhalten, aber dieser reißt mich wieder 
auf 100 Fuß in die Höhe, wobei ich mich, nur mit den Armen umwickelt, 
an den am Filet befestigten Stricken festhalte. Bald darauf neigte sich 
meine Maschine wieder zur Erde, wo ich gezwungen ward, sie ihrem 
Schicksale zu überlassen. Wie der Blitz flog sie in der Nähe eines Schiffes 
nieder, wo sie mit mir herausgefischt wurde, aber so sehr beschädigt, daß 
sie zu keinem Experiment mehr tauglich ist.» — 

Das war Blanchards letzte Fahrt im Jahre 1785. 

In der französischen Metropole wirkte das schreckliche Ende Pilatres 
sehr einschüchternd und entmutigend auf die passionierten Luftschiffer. Es 
schien, als hätten sich die Pariser zu des alten Franklin bekehrt, die neue 
Erfindung habe sich nunmehr als nicht lebensfähiges Kindlein und als Tölpel 
erwiesen. 

Auch aus Deutschland liegen im Jahre 1785 nur spärliche Berichte 
von aerostatischen Versuchen vor, die sich zudem nicht über den Rahmen 
derjenigen aus den ersten Tagen der Erfindung hinaus bewegen, und nur 
als wissenschaftliche Spielerei zu betrachten sind. Aus Württemberg wird 
gemeldet, daß am 16. Februar die Heilbronner um 11 Uhr vormittags einen 
Luftball steigen ließen, der um 1 /u2 Uhr bei Ellwangen niederging, also in 
dieser Zeit eine Strecke von 20 Stunden zurücklegte. Um diese Zeit ließ 
auch ein Graf Neipperg bei Schweigern in Baden (Linie Heidelberg-Würzburg) 
einen Ballon steigen, der in der Nähe von Nürnberg, bei Schwabach, ge¬ 
funden wurde. In der alten Kaiserstadt Wien feierte der bereits erwähnte 
Feuerwerkskünstler Stuwer das Annafest (26. Juli) mit einem geschmack¬ 
vollen Feuerwerk, das allgemein Beifall fand. Vor demselben wollte er auch 
eine große Luftkugel frei aufsleigen lassen. — Dieselbe wurde durch Stroh- 


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339 


feuer in kurzer Zeit ausgedehnt und war schon zum Aufstieg parat, als aus 
Versehen der Arbeitsleute bei Wegnahme der Feuerherde unter der Maschine 
Feuer ausbrach, welches den Ballon von der Galerie trennte und zerriß, 
so daß er zwar aufstieg, doch bald alle erwärmte Luft vorlor und dann 
bald darauf zu Boden sank. 

In Würzburg wollte sich am 30. September der Luftkünstler und 
Mechanikus Detroit produzieren, indem er einen Luftball von 30 Fuß Höhe 
und 62 Fuß im Umfang steigen ließ. Als sich dieser in schönster Höhe 
befand, fing er plötzlich Feuer und fiel in einen Weinberg, wodurch selbst 
viele Pfähle in Brand gerieten, das Laub an den Weinstöcken ganz versenkt 
wurde und die daranhängenden Träublein wie «gebraten» aussahen. Ursache 
des Brandes war, daß der Ballon beim Aufsteigen an ein Dach stieß und 
dadurch eine Beschädigung erhielt.. 

Aus Regensburg schreibt man unterm 17. Mai: Vorgestern hatte unsere 
Stadt das Vergnügen, 3 mal hintereinander Montgolfische Versuche zu sehen. 
Der als großer Physiker bekannte Herr Baron von Lütgendorff verfertigte 
3 Luftballons, welche den 22., 23. und 24. April beim Thurn und Taxis'schen 
Palais losgelassen wurden. Der erste davon halte die Gestalt eines mit 
ebensovieler Kunst wie Geschmack geputzten Frauenzimmers. Die Luftkugel 
hatte 6 Schuh in der Höhe und war vom Haupt bis zu den Füßen so wohl 
proportioniert und so nett gekleidet, daß man sie für nichts weniger als 
einen Luftballon ansah. Aber kaum losgelassen, schwang sich die Luftdame 
in der Richtung gegen Süd-Ost in die Höhe und entzog sich bald den Augen 
der zahlreichen Zuschauer. Noch am gleichen Tage, um 1 ! 2 1 Uhr abends, 
ließ sich das Frauenzimmer außerhalb der Stadt Straubing nieder. Die 
Straubinger sahen die Erscheinung voll Verwunderung über ihre Stadt 
hinwegfliegen, ohne zu wissen, was man davon halten sollte. Die Dame 
setzte sich bei einem Meierhof, l h Stunde außerhalb der Stadt, auf einen 
Zaun und wurde dadurch stark beschädigt. Eine Menge Volkes lief zusammen, 
diesen Hexenflug mitanzusehen; denn für eine Hexe hielt man das Luft¬ 
gebilde. Die Bauern erschraken darüber so sehr, daß sie sich bekreuzten 
und nicht einmal getrauten, der Maschine näher zu treten. Erst am nächsten 
Tage, nachdem die gutmütigen Leute von einigen Sachverständigen aus 
Straubing von der Ursache unterrichtet und versichert worden waren, es 
sei kein höllisches Gespenst dahinter zu erblicken, kamen sie schrittweise 
heran, betasteten das Frauenzimmer nach ihrer Art und des Wunderns und 
Lachens war kein Ende. Man brachte hierauf den Ballon unter Jubelgeschrei 
nach Straubing. 

Gegen Ende des Jahres 1785, am 12. Dezember ließ LütgendorfT zu 
Landshut in Gegenwart der Pfalzgräflichen Familie zwei Ballons aufsteigen. 
Die Füllung des ersten Ballons war in 35 Minuten geschehen ; derselbe wurde 
von der Hand der Durchlauchtigsten Frau Pfalzgräfin seiner Fesseln entledigt. 
Er hatte die Gestalt einer Birne, war von weißem, gummiertem Taflet, mit 
Löwenköpfen und dem* herzoglichen Wappen geziert. In einer Kapsel ward 


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310 «^44 


vorher eine geschriebene Nachricht für den Finder angehängt. Der Ball stieg 
in bogenförmiger Bewegung pfeilschnell gegen Norden und war in 6 Minuten 
unsichtbar. Der zweite folgte dem ersten in allen Richtungen genau nach. 
«Herr v. Lütgendorff», so schließt der Zeitungsbericht, «soll ernstlich Lust 
haben, von Regensburg über Landshut nach München in einem Luftball 
zu reisen, zu dessen Verfertigung nicht weniger als 1000 Ellen Taflet er¬ 
fordert werden.» Diesen Plan änderte LütgendorfT im Jahre 1786 dahin, 
daß er die Auffahrt von der Reichsstadt Augsburg aus unternehmen und in 
Regensburg landen wollte. Es ist wohl angezeigt, in kurzen Zügen einige 
biographische Notizen über diesen interessanten Mann zu geben. 1 ) 

Joseph Carl Maximilian, Freiherr v. Lütgendorff, wurde am 10. Ok¬ 
tober 1750 zu Rom geboren. Sein Vater Jos. Carl Emanuel Hieronymus 
v. Lütgendorff (1699—1779) stand zwischen 1746—50 vermutlich in Sardi- 
nischen Diensten und hatte sich im letzten genannten Jahre nach Rom ge¬ 
wendet, wo ihm sein Sohn Max geboren wurde. Dieser verbrachte seine 
ersten Jugendjahre wohl im Hause seiner Eltern, und da er schon frühzeitig 
ein besonderes Geschick für physikalische Experimente an den Tag legte 
und große Lust zum Soldatenstand zeigte, so bat seine fürsorgliche Mutter 
schon 1761 gelegentlich eines Aufenthalts in München den Kurfürsten von 
Bayern um eine Fähnrichsstelle für ihn. Laut Befehl vom 20. 1. 1769 
wurde er «als Cadet beim Holnstein sehen Regiment mit doppeltem Füsiliers- 
tractament» eingestellt und am 8. 10. 1770 zum Unterleutnant im Regiment 
Graf Piosasque befördert. Aber bald fand er, daß das langweilige Garnisons¬ 
leben nicht nach seinem Geschmack sei, und so bat er 1773 um eine 
seinen Fähigkeiten entsprechende Zivilanstellung. Im Alter von erst 23 
Jahren wurde er am 30. November 1773 zum Titular-Regierungsrat ernannt. 
Im gleichen Jahre wurde er auch als frequentierender Rat auf «der gelehrten 
Bank» bei der kurbayrischen Regierung zu Burghausen angestellt. Dort 
bewarb er sich 1774 um die Mitgliedschaft bei der kurfürstlichen bayrischen 
Gesellschaft «sittlicher und landwirtschaftlicher Wissenschaften» und wurde 
am 30. März 1774 immatrikuliert, was als hohe Auszeichnung galt. Im 
Jahre 1779 wurde er zum fürstlicher^ Thurn und Taxis’schen Hofrat ernannt 
und nebenbei 1781 zum wirklichen bayrischen Hof-, Kammer- und Regierungs¬ 
rat befördert. 

Maximilian war unerschöpflich an Ideen und Versuchen und hatte alle 
Augenblicke irgend eine neue Erfindung gemacht. So erfand er Schuhe, 
«mit denen man zu Fuß über die Donau gehen konnte», konstruierte ein¬ 
bruchsichere Schlösser usw. und machte chemische und elektrische Versuche, 
verbesserte die Blitzableiter, die damalige trübselige Zimmerbeleuchtung durch 
Konstruktion einer sinnreichen Lampe von 30 Kerzenstärke. Die Erfindung 
des Luftballons brachte ihn ganz außer Rand und Band. Vom Jahre 1784 
an beschäftigte er sich ausschließlich mit aerostatischen Versuchen, die 

*) Vergleiche: Materialien z, e. Geschichte der Freiherrn von Lütgendorff-Leinburg, vornehmlich im 
18. Jahrhundert. Als MS. gedruckt. 18‘JU. St. Petersburg. Buchdruckerei des «St. Petersburger Herold». 


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^ 341 


ihm alle so sehr über Erwarten gelangen, daß man von allen Seiten in ihn 
drang, seine Erfahrungen zu verwerten und einen Versuch im großen an¬ 
zustellen. Besonders der Pfalzgraf von Birkenfeld interessierte sich aufs leb¬ 
hafteste dafür. An seinem Wohnort in Regensburg wollte LütgendorfT die 
Sache nicht ins Werk setzen, weil ihm dort die verwendbaren Hilfskräfte 
fehlten. Es kamen also nur Nürnberg oder Augsburg in Betracht, und der 
Pfalzgraf von Birkenfeld war unter allen Umständen für letztere Stadt, und 
erwirkte vom dortigen Magistrat für LütgendorfT die Erlaubnis, in der Stadt 
die Vorbereitungen zu dem großen Unternehmen zu treffen, dessen Erfolg 
gänzlich ausblieb und versagte. LütgendorfT büßte seine Leidenschaft für 
neuen Sport sowohl mit bedeutenden materiellen Verlusten als auch mit 
dem Verluste seines ganzen Unternehmungsgeistes. 

cK 

Aeronautische Wettbewerbe. 

Preisausschreiben der Motorluftschiff-Studiengesellschaft 
für Ballonmotoren. 

1. Zugelassen werden Motoren deutschen Ursprungs von 20 PS an. 

2. Die Motoren müssen in betriebsfähigem Zustande angeliefert werden und mit 
allen zu der vorzunehmenden Prüfung nötigen Einrichtungen einschließlich Werkzeug 
und Ersatzteilen versehen sein. Was im einzelnen zu diesen Einrichtungen zu rechnen 
ist, geht aus Ziffer 3 und 4 hervor. 

Getriebe werden in die Prüfung nicht mit einbezogen. 

Für Bedienung und Anwerfen des Motors muß ein Mann genügen, den die Firma 
zu stellen hat. 

3. Die Prüfung wird sich auf die Feststellung der tatsächlichen Kraftleistung durch 
Abbremsen und der Zuverlässigkeit des Ganges während eines Dauerbetriebes von 10 
Stunden erstrecken. 

Die Abbremsung der Motoren wird auf elektrischem Wege mit Hilfe geeichter Dy¬ 
namomaschinen erfolgen, Strom- und Spannungsmessung hierbei durch Präzisionsinstru¬ 
mente, die einer Nacheichung durch die Physikalisch-technische Reichsanstalt unter¬ 
worfen werden. 

Verlangt wird, daß der Motor einen lOstündigen Dauerbetrieb leistet. Kleine Re¬ 
paraturen, die während des Ganges ausführbar sind, dürfen ohne weiteres vorgenommen 
werden, desgleichen kleine Reparaturen, wie z. B. das Auswechseln der Zündkerze, zu 
deren Ausführung der Motor stillgesetzt werden muß, so lange die Gesamtzeit hierfür 
f /4 Stunde während der Versuchsdauer nicht übersteigt. Treten längere Störungen ein, 
so kann eine zweimalige Wiederholung des Versuches angeordnet werden, sobald die 
aufgetretenen Fehler nicht grundsätzlicher Natur sind, d. h. von vornherein erkennen 
lassen, daß ein betriebssicheres Arbeiten der Motoren auf die Dauer nicht zu erzielen 
sein wird. 

Bezüglich der Gleichmäßigkeit des Ganges ist zu bemerken, daß eine möglichst 
gleichbleibende Tourenzahl eingehalten werden soll. Zur Erreichung dieses Zieles darf 
während des Betriebes der Motor nachreguliert werden. Von dem Lieferanten ist anzu¬ 
geben, mit welcher Tourenzahl der Motor geprüft werden soll. Die Tourenzahl soll mög¬ 
lichst auf dem einmal festgesetzten Werte mit einer Abweichung von höchstens ö°/o nach 
oben oder unten gehalten werden. Ausnahmsweise Schwankungen bis 10°/o sind zu- 


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lässig, diese müssen jedoch, sobald sie eintreten, durch Nachregulierung sofort beseitigt 
werden. Ist eine derartige Regulierung nicht ausführbar, so scheidet der Motor aus. 

Es kann jedoch nach Abänderung der in Betracht kommenden Einrichtungen eine 
Wiederholung der Prüfung vorgenommen werden. 

Nach vollendeter Dauerprüfung wird der Motor einer zweimaligen Leerlaufprobe 
von je einer halben Stunde in geneigter Lage, und zwar unter einem Winkel von 200 
zur Längsrichtung des Motors gegen die Horizontale, unterworfen, derart, daß einmal die 
eine Seite, das andere Mal die andere Seite des Motors hochgestellt wird. Hierbei darf 
ein Stehenbleiben des Motors nicht eintreten ; zweimalige Wiederholung ist gestattet. 

Die Prüfung der Motoren wird in folgender Weise vorgenommen: Die Eichung 
der Gleichstrom-Dynamomaschinen erfolgt durch Bestimmung der Einzelverluste für ver¬ 
schiedene Tourenzahlen. Die Messung des Brennstoffes, des Öles und des Wassers er¬ 
folgt durch Gewichtsbestimmung. Der gesamte verbrauchte Brennstoff wird einmal für 
die Dauer des Versuchs festgestellt, ferner werden während der Dauer des Versuchs ver¬ 
schiedene Kontrollmessungen angestellt durch Ermittelung der Zeit, in der ein bestimmtes 
Quantum des Brennstoffes verbraucht wird. 

Die Bestimmung der Tourenzahlen und der Tourenschwankungen erfolgt durch 
Hubzähler und Tachometer. 

Es wird ferner ein laufendes Protokoll geführt, in dem alle Unregelmäßigkeiten, 
Reparaturen, Regulierungen und insbesondere die eingetretenen Betriebspausen sowie 
der Befund über den Zustand des Motors nach der Prüfung vermerkt werden. 

Die Prüfung selbst wird durch zwei Ingenieure erfolgen, die ihrerseits von Mit¬ 
gliedern der Kommission kontrolliert werden. 

Falls zum Betriebe der Motoren Benzin verwandt wird, so wird dieses, und zwar 
mit einem Gewicht von 680—700, von der Motorluftschiff-Studiengesellschaft kostenfrei 
geliefert. Werden andere Brennstoffe verwandt, so sind diese seitens der Lieferanten 
auf eigene Kosten zu stellen. Diesen wird derjenige Betrag vergütet, der dem Verbrauch 
an Benzin entsprechen würde. 

Die Aufstellung der Motoren erfolgt auf Holzbalken, welche kostenfrei geliefert 
werden. 

Die Montage erfolgt durch den Lieferanten; Hilfskräfte stehen zur Verfügung. 

Mit dem Motor ist ein auf der Schwungradseite befestigter Kuppelungs-Normal¬ 
flansch zu liefern, dessen Zeichnung von der MotorluftschifT-Studiengesellschaft einzu¬ 
fordern ist. 

Die Dynamomaschinen werden unter Zwischenschaltung eines Gardanantriebes mit 
den Motoren unmittelbar verkuppelt. 

Nur Motoren, welche vorstehende Prüfungen bedingungsgemäß erfüllt haben, 
kommen für die Preisverteilung in Betracht. Für diese wird die Feststellung der Ge¬ 
wichte im Verhältnis zu den ermittelten PS nach Ziffer 4 und 5 maßgebend sein. 

4. Als Gewicht des Motors ist anzusehen: das Gewicht des Motors selbst mit 
Tragfüßen und allen zu seinem ordnungsmäßigen Betriebe erforderlichen Einrichtungen 
einschließlich Schwungrad und Kuppelungsflansch, Einrichtung für Vergasung, Regulie¬ 
rung etc., Zündapparate, sowie die zu deren Betrieb etwa erforderlichen Akkumulatoren, 
Spulen etc., die so bemessen sein müssen, daß sie für das Anderthalbfache der ver¬ 
langten Betriebszeit ausreichen, ferner die Kühleinrichtung mit allen Zubehörteilen, die zu 
deren Betrieb erforderlich sind, z. B. Ventilatoren und deren Antrieb, wobei die Kühl¬ 
einrichtung so bemessen sein muß, daß sie ohne Nachfüllung von Kühlwasser für einen 
dreistündigen Betrieb ausreicht (falls Wasserkühlung verwandt wird), sowie deren erst¬ 
malige Wasserfüllung, ferner das über den dreistündigen Betrieb (d. h. die erste Füllung) 
für die verlangte Versuchszeit erforderliche Kühlwasser samt den zum Aufbewahren er¬ 
forderlichen Behältern, deren jeder mit 20 Liter Inhalt anzunehmen ist und deren Ge¬ 
wicht mit je 2 kg angesetzt wird, ferner der Ölbehälter mit dem für die verlangte Ver- 


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suchszeit erforderlichen Quantum Öl, wobei der Hauptbehälter für 5 Stunden aus¬ 
reichend sein muh ; das darüber hinaus erforderliche Quantum Öl wird gleichfalls in 
20 Liter-Kannen untergebracht und in gleicher Weise wie Benzin und Wasser gerechnet. 

Nicht einzuziehen in das Gewicht des Motors sind etwaige Reibungskuppelungen 
und Reversiergetriebe, Befestigungsbolzen für den Motor, Auspufftöpfe und Auspuff¬ 
leitungen, ferner die Konstruktionsteile, die zur Befestigung und Unterstützung des Kühlers 
und des Benzingefäßes dienen, sowie etwaige mitgelieferte automatische Anwerfvorrich¬ 
tungen; an Stelle letzterer tritt das Gewicht einer Andrehvorrichtung von Hand, welches 
nach dem Mittelwerte der für gleiche Leistung gelieferten Andrehvorrichtung anderer 
Fabrikate festgesetzt wird. 


Beispiel für einen 50 PS.-Motor. 


Gewicht des Motors mit Schwungrad. Zirkulationspumpe, Karburator, Kühl- 

w-asserleitungen. Zündvorrichtung etc.. 300 kg 

Gewicht des Kühlers mit Ventilator, Antriebvorrichtung und Wasserfüllung für 

3 Stunden. 40 „ 

Gewicht des Benzinbehälters (leer) mit Leitungen etc. etc. . 12 „ 

Gewicht des Ölbehälters (leer). 4 ,, 


Bei dem geforderten zehnstündigen Versuch ergibt sich, daß der Motor 
pro Stunde 17,5 kg Benzin verbraucht, und daß seine durchschnittliche Leistung 
52 PS. beträgt. Der stündliche Ölverbrauch sei 1,5 kg. Es wurde während der 
Versuchszeit eine zweimalige Nachfüllung des Wassers mit je 20 kg und eine 
einmalige Nachfüllung des Wassers mit 10 kg erforderlich, um den Kühler am 
Schlüsse des Versuchs wieder voll auszufüllen. Der Benzinbehälter muß dem¬ 


nach 


o 

3*17,5 = 52,5 kg fassen, entsprechend ^^ = 75 Liter Inhalt (bei einem 


spezifischen Gewicht des Benzins von 0,7). Für die zehnstündige Versuchszeit 

ist demnach zu rechnen 10 • 17,5 = 175 kg Brennstoffverbrauch, also. 

122 5 

175—52,5 = 122,5 kg = —~ = 175 Liter müssen demnach in Behältern 


untergebracht werden; hierzu sind erforderlich 


175 

20 


= rund 9 Behälter ä 2 


kg . 


Der Ölbehälter muß mindestens 5 • 1,5 = 7,5 kg fassen. 
Der Ölverbrauch ist zu rechnen mit 10 • 1,5 kg ... 

Dazu 1 Behälter von. 

Zusätzlicher Wasserverbrauch. 

Dazu 3 Behälter ä 2 kg. 


356 kg 


175 kg 


18 


15 

2 

50 

6 


• Es ergibt sich demnach in Summa 622 kg 

als Gewicht des Motors. 

5. Die Preisfestsetzung erfolgt auf Grund der unter Ziffer 4 beschriebenen Gewichts¬ 
feststellungen und auf Grund des über die Prüfung geführten Protokolls, jedoch wird 
nicht lediglich das unter Einrechnung des Verbrauchsmaterials pro durchschnittlich ge¬ 
leistete effektive Pferdekraft ermittelte Gewicht zugrunde gelegt, da hierbei die kleineren 
Motore zu ungünstig abschneiden würden. 

Die Bewertung erfolgt vielmehr in folgender Weise: 

Es werden die Gesamtgewichte für Motore und Materialien nach Ziffer 4 als 
Ordinaten der abgebremsten Pferdekräfte für alle Motore aufgetragen, und es wird zwischen 
den so erzielten Punkten unter Außerachtlassung einzelner abnorm liegender Punkte 
eine mittlere Gerade hindurchgelegt, derart, daß die Summe der Abstände der einzelnen 
Punkte von der Geraden ein Minimum wird. Unter sonst gleichen Verhältnissen 
wird als bester Motor dann derjenige angesehen, dessen Punkt relativ am 
niedrigten unter dieser Geraden sich befindet. 


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6. Die Motore sind bis zum 1. April 1908 auf dem Übungsplätze der Motorluft- 
schifT-Studiengesellschaft in Reinickendorf-West anzuliefern. 

Den Konkurrenten ist die Teilnahme an allen Versuchen freigestellt. 

Für Preise stehen insgesamt 20 000 Mark zur Verfügung. 

Näheres darüber geht den Teilnehmern an dem Wettbewerb noch zu. Das Preis¬ 
gericht besteht aus der Unterzeichneten Kommission. 

Die Kommission für das 

Preisausschreiben der Motorluftschiff-Studiengesellschaft 
für Ballonmotoren. 

Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. A. Slabv. Vorsitzender. 

Professor Dr. Klingenberg, stellv. Vorsitzender. 

Major Gross. Haupt mann von Kehler. Professor Lutz. 
Major von Parseval. 

Verlegung des Termins der Gordon-Bennett-Ballonwettfahrt. 

Der Termin für die diesjährige Gordon-Rennett-Ballonfahrt zu St. Louis ist mit 
Genehmigung der «F. A. 1.» von dem 19. Oktober auf den 21. Oktober verlegt worden. 
Die Laclede Gas Light Company hatte nämlich erklärt, daß der große Gasometer, der 
für den gewöhnlichen täglichen Gebrauch das Gas enthält, nur an einem Sonntage 
(also am 20. Oktober) völlig entleert werden kann, um mit dem nötigen reinen Gase für 
Ballonzwecke gefüllt zu werden. 

Um den dieses Wettfliegen besuchenden Luftschiffern einige Abwechselung zu 
bieten, sind Schritte unternommen, um die kommenden Vanderbilt-Automobile-Wett- 
fahrten zur Gordon-Bennett-Periode in St. Louis zu veranstalten. 

Die Ausführung des offiziellen Programms für die Gordon-Bennett-Wettfahrt ist der 
Lesan-Gould Company anvertraut worden. Der Aero-Club of St. Louis ist bemüht, eine 
Reduktion der Hotelpreise für die Luffschiffer zu erlangen. Das Abhalten der Jamestown- 
Exposition gibt die Möglichkeit des Reisens über Jamestown zu herabgesetzten Preisen. 


Internationale Weit-Wettfahrt zu Brüssel, 15. September 1907. 

Reglement des Wettbewerbs: 

Art. 1. Der Aero-Club de Belgique veranstaltet in Brüssel Sonntag 15. September 
1907 im Parc du Cinquantenaire, der vollkommen geschützt und geschlossen ist, einen 
Internationalen Weit-Wettbewerb ohne Zwischenlandungen für runde Freiballons 2., 8., 
4. u. 5. Kategorie, d. i. von 001 bis 2200 cbm. 

Art. 2. Die Bestimmungen der Reglements der F. A. I. sind maßgebend und 
werden nur Führer zugelassen, die der Föderation angehören. 

Art. 3. Preise, Medaillen, Becher, Kunstgegenstände bis zum Gesamtwert von 
5000 Fr. sind ausgesetzt. 

Art. 4. Um die Gewinnaussichten einigermaßen auszugleichen, ist bestimmt, daß 
Ballons bis zu 900 cbm mindestens einen Passagier tragen müssen 
» von 901—1600 > > > zwei » » 

> > 1601—2200 > > > drei 

wobei die Führer mitzählen. 

Art. 5. Füllgas, ’ Ballast und Bedienungsmannschaft werden den beteiligten 
Führern kostenlos geliefert. 

Art. 6. Die Einschreibungen müssen bis 1. September inklusive erfolgen bei dem 
Secretaire Trcsorier de T Aero-Club de Belgique, 5, place Royale. Dabei ist Einschreibe¬ 
gebühr einzusenden in Höhe von 10 Ctms. per Kubikmeter Balloninhalt. 

Art. 7. Das Material muß in Brüssel, Parc du Cinquantenaire, spätestens am 
14. September 7 I hr abends bereitliegen. 


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Art. 8. Die Weitfahrt kann je nach Wetterlage in eine Dauer-Weltfahrt durch 
Entscheidung des Organisationskomitees umgewandelt werden. 

Art. 9. Die Kontrolle findet nach den Artikeln 155—160 des Reglements der 
F. A. I. statt und werden jedem Führer ein Bordbuch, eine Landungsbescheinigung und 
zw r ei Blätter Fahrtzeugnisse übergeben. 

Art. 10. Die Überwachung des Bewerbs und die Kontrolle der Apparate durch 
die Sportkommission machen weder diese noch den A. C. B. verantwortlich. Die Luft¬ 
schiffer tragen daher selbst die Verantwortung gegenüber den Passagieren, Gehilfen und 
Dritten bezüglich aller Unfälle oder Schädigungen vor dem Aufstieg, während der Fahrt 
und bei der Landung. 

Außerdem ist auch Gelegenheit für die Ballons der 1. Kategorie gegeben, sich an 
der großen Kundgebung zu beteiligen durch Anordnung eines 

Internationalen Landungs-Wettbewerbes 
für Freiballons ohne Motor bis zu 600 cbm Inhalt. 

Art. 1. Der Bewerb vollzieht sich nach den reglementären Bestimmungen der 
F. A. I. und ist nur offen für Führer, die ihr angehören. 

Art. 2. Medaillen und Preise im Gesamtwert von 1000 Fr. sind ausgesetzt. 

Art. 3. Die Preise fallen jenen Führern zu, welche in geringster Entfernung von 
einem vorher bestimmten Punkt landen. 

Art. 4. Die Wahl des Zielpunktes wird den Bewerbern innerhalb eines durch das 
Organisationskomitee bestimmten Umkreises freigestellt. 

Art. 5. Füllgas, Ballast und Bedienungsmannschaft wird den teilnehmenden Führern 
kostenlos geliefert. 

Art. 6. Die Anmeldungen sind bis 1. September inklusive zu machen, dabei sind 
25 Fr. Gebühr an den Secretaire Tr6sorier des A£ro-Club de Belgique einzusenden. 

Art. 7. Das Material ist wie bei der Weit-Wettfahrt zu liefern. 

Art. 8. Als Kontrollanordnungen sind die von Art. 163 des Reglements der F. A. I. 
vorgesehen. 

Art. 9. Die Verantwortlichkeitsbestimmungen sind jenen bei der Weit-Wettfahrt 
gleichlautend. 

NB. Sonderbestimmungen werden den sich beteiligenden Führern zugehen. 

Für die Sportkommission sind unterzeichnet: Präsident Baron P. de Caters. 

Sportkommissionäre: Oberst Van den Borren, Kommandant Soucy, die Kapitäne 
Grouson und Malev6. 

Für den Verwaltungsrat: Präsident Fernand Jacobs. 

Secretaire-gen6ral: Leutnant P. Van Meenen. 

Einige Preise sind schon jetzt zu nennen: Ein Kunstgegenstand oder 1000 Fr. in 
Gold, gegeben vom A. C. B., dann ein Becher von 1000 Fr. Wert, gegeben vom Ver¬ 
waltungsrat des A. C. B.; eine Plakette in Gold, 500 Fr. Wert, gespendet vom Prinzen 
Roland Bonaparte, Präsident der F. A. I. (Auszug aus «Conqu. d. Fair» ) K. N. 


Die zweite aeronautische Ausstellung in Amerika. 1 ) 

(Schluß.) 

Daß die Abteilung der Motoren zum stärksten Punkt dieser Ausstellung wurde, 
ist ganz natürlich und ist vielleicht für eine jede bei der gegenwärtigen Entwicklungs¬ 
periode der Luftschiffahrt veranstalteten Ausstellung zu erwarten. Wenigstens in Amerika, 
wo das Ballonschiff noch so wenig vervollkommnet ist, und die anderseits so groß- 

i) Die Photographien zu diesem Artikel sind in dankenswerter Weise von Scientific American, 
New-York City, zur Verfügung gestellt worden. 

Illuatr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 44 


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artigen Fortschritte im Flugmaschinenwesen von den wirklich berufenen Erfindern, unter 
welche nicht bloß die Wrights zählen, geheim gehalten werden. Hoffen wir, daß in 
nicht allzu ferner Zukunft die Lebaudy, v. Parseval, v. Zeppelinschen Ballonschiffe, in 
Modellen, und epochemachende Flugmachinen wie Santos-Dumonts, Wrights, Herrings, 
wenigstens gleichermaßen, vertreten sein werden. 

Von speziell für Luftfahrzeuge bestimmten Triebwerken, natürlich alles Benzin- 

motore. waren nicht nur 




Fig. 1 . Motor von Langleys Flugmaschine. 


einige 15 Exemplare vor¬ 
handen, sondern der 
Umstand, daß dazu zwei 
wirklich praktische Flug- 
maschinenmotore zähl¬ 
ten, drückte der ganzen 
Ausstellung wiederum 
das gleiche repräsenta¬ 
tive Gepräge auf, das 
ihre Vorgängerin aus¬ 
gezeichnet hafte. 

Die Smithsonian In¬ 
stitution in Washington 
hatte sich dazu ver¬ 
standen, den bisher so 
sorgsam gehüteten Mo¬ 
tor (Fig. 1.) für Langleys 
bemannten Aeroplan 
zum erstenmal der Be¬ 
sichtigung durch das Publikum zugänglich zu machen, allerdings unter der Obhut eines 
besonderen Wächters und unter hoher Feuerversicherung. 

Dieser wirklich epochemachende Triumph der Technik wurde schon öfter erwähnt, 
es erübrigt sich noch zu sagen, daß das Gewicht der Maschine per se, ohne Kühl- 

wasser, Radiator und 
elektrischen Apparat, 
weniger als l 1 /* kg per 
Pferdekraft beträgt und 
daß der Entwurf wie 
die Konstruktion bei 
den Fachleuten der Au¬ 
tomobilindustrie allge¬ 
meine Bewunderung er¬ 
regten. A. M. Herring, 
der seinerseits beson¬ 
ders den Ventilmecha¬ 
nismus und die Explo¬ 
sionsordnung zu wür¬ 
digen wußte, wies später 
in einem Vortrag im 
Aeroclub of America 
über seine eigenen neu¬ 
esten Arbeiten darauf 
hin, daß mit modernem 
Material — Chrom- und 

Vanadiumstahl — das Gewicht sich bei gleicher Konstruktion noch erheblich würde re¬ 
duzieren lassen, was den begabten Konstrukteur der Maschine, Mr. Ch. M. Manly. dazu 


Fig. 2. Motor von Wrights Flugmaschine. 


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brachte, privatim seinem Herzen noch darüber Luft zu machen, wie er «auf seinen 
Knieen habe bitten müssen», bis ihm endlich einfacher Nickelstahl für die Kurbelwelle 
zur Verfügung gestellt wurde. Unsere Abbildung zeigt besonders die hübsche graziöse 
Erscheinung dieser Maschine, mit den beiden Aluminiumschwungrädern und den kreis¬ 
förmigen Röhrenleitungen. Leider stört das plumpe Holzgestell, in dem sie montiert 
war, die Übersicht, doch sind immerhin die kurzen Wasserjacken der 5 Zylinder, sowie 
der letzteren so solide und kräftige Erscheinung gut zu erkennen. Die aktuelle Maximal¬ 
leistung beträgt über 53 P. S. 

Einen sehr verschiedenartigen Eindruck macht dagegen das zweite Glanzstück der 
Ausstellung: die neueste Entwicklung des ursprünglichen Motors (Fig. 2.) des „Wright-Flyer“. 
An historischem Interesse steht dieses Ausstellungsstück obenan; denn ist dies doch ein 
Motor, der einen wirklichen Flug ermöglicht hat, welcher, wenn man sich auch nur an 
die Tatsachen hält, die 0. Chanute als Augenzeuge berichtet hat, dennoch die berühmte 
Leistung Santos-Dumonts ganz gewaltig übertraf. — Bei diesem Motor hat man es eher 
mit einer Arbeit von Dilettanten zu tun, die vorsichtig dem üblichen Entwurf für 
Automobilmotoren folgend und unter Anwendung aller Arten, mit wenig Kosten her¬ 
zustellender, mechanischer Aushilfsmittelchen, dennoch, dank eines ganz ungewöhnlichen 
Geschickes, schließlich bei 
flugtechnisch sehr bedeutsa¬ 
men Resultaten anlangten. 

Das Gewicht ist trotz des 
keineswegs ungewöhnlichen 
Materials viel mehr redu¬ 
ziert, als es den Anschein 
hat. Wenig mehr als 3 kg 
per P. S. für die ganze An¬ 
lage. Die Maximalleistung 
ist gegen 32 P. S. Aller¬ 
dings wäre die Dauerhaf¬ 
tigkeit einer Anwendung im 
Automobil kaum gewachsen, 
dafür wären die reduzierten 
Lager zu kurz etc. — Es 
bedeutete für die Wrights, 
die ihre Experimente seit- vig - 3 - c “ rtl " '•«»•Witer Motor, 

her unter wirklich bewunderungswerter Ökonomie zu ermöglichen verstanden, nicht nur 
eine große Ersparnis, diesen Motor in ihrer eigenen Fabrik zu konstruieren, sondern 
die vollkommene Vertrautheit mit seiner Natur und seinen Leistungen sicherte auch einen 
kaum genug zu schätzenden Vorteil für die Flugmaschinenexperimente. Von solchen, 
nicht stets sehr ins Auge fallenden Umständen hängt es ja gerade ab, ob sich Flüge nach 
Hunderten oder Tausenden von Metern bemessen. 

Unter der ganzen Menge der übrigen Motoren beanspruchen, besonders nach der 
Ansicht eines berufenen Fachmanns im Automobilmotorenbau, Mr. G. H. Taylor, die von 
der Firma Curtiss ausgestellten das meiste Interesse und sind am leistungsfähigsten. 
Vom Bau von Motorrädern wandte sich diese Fabrik als einer Spezialität der Lieferung 
der Motoren für die kleinen (sogar meist ohne Ballonet ausgeführten) BallonschiPfe der 
amerikanischen Berufsaeronanten zu, die sich heute in einem schwungvollen, zirkus¬ 
artigen Geschäft so zahlreich vertreten finden. (Alles Nachahmungen Santos-Dumonts, 
mit der Schraube am Vorderende und der Möglichkeit für den Aeronauten, zur Kontrolle 
der Längenneigung seinen Platz auf dem Traggerüst zu wechseln.) Aus dem 7 P. S.- 
Motor mit zwei V förmigen Zylindern, luftgekühlt, der zuerst zur Anwendung gelangte, 
hat sich schließlich, durch einfache Verdoppelungen der Teile, als Paradestück wenigstens, 



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der achtzylindrige 30 P. S.-Motor entwickelt, der zusammen mit drei andern Stufen 
(1, 2, 4 Zylinder) ausgestellt war und den wir in Fig. 3 wiedergeben. 

Diese Motoren sind kein Experiment, sondern praktisch völlig ausprobiert, doch 
ob sich bei der Luftkühlung durch nicht allzu zahlreiche Rippen, besonders bei den 
größeren Einheiten, stets die Maximalleistungen erzielen lassen, ist zweifelhaft. 

Die übrigen Maschinen waren alles Experimente, viele sehr interessant, doch 
stimmten Fachleute allgemein überein, daß die von den Erfindern gemachten Angaben 
über die Leistungsfähigkeit ganz unzuverlässig seien. 

Carl Dienstbach. 


Internationale Weit-Wettfahrt von Lüttich am 7. Juli 1907, 

veranstaltet durch den A6ro-Club de Belgique unter den «Liöge-Attractions». Diese 
große Kundgebung hat wie geplant auf den Terrassen der alten Ile de Commerce in 
dem schönsten hierfür denkbaren Rahmen stattgefunden. 

Schon morgens begannen sich Zuschauer in großer Menge einzufmden, um den 
interessanten Füllungsarbeiten beizuwohnen, und lange vor der bestimmten Zeit des 
Festbeginnes waren die Avenue Rogier, Boulevard Fr&re Orban, Pont de Commerce und 
die Alleen des Parks von herbeiströmenden Massen gefüllt. 

Um 2 Uhr konnte man von den Terrassen, die einen Überblick ermöglichten, die 
sich blähenden 15 Ballons betrachten, welche einen großartigen Eindruck machten. 

Unter den verschiedenen Vorbereitungen ist die Umhüllung der auf dem Platz 
stehenden Kandelaber mit Stroh, zur Verhinderung des Verfangens von Ballon-Takelage 
an deren Vorsprüngen zu erwähnen, da es gelang, diese Vorsichtsmaßregel in Form einer 
ländlichen Festausschmückung künstlerisch durchzuführen, welche allseitige Anerkennung 
erntete. 

Genau um 3 */* Uhr verkündeten Kanonenschüsse den Festbeginn und nun voll¬ 
zogen sich während einer Stunde ununterbrochen Aufstiege von Versuchsballons ver¬ 
schiedenster Größe, von 1 bis 100 cbm, welche die Richtung nach Nordost einschlugen. 

Der erste bemannte Ballon, der sich erhob, war die «Ville de Liöge», 800 cbm groß 
und mit wallonischen Farben geschmückt, geführt von M. Georges Geerts, begleitet von 
M. Parmentier. 

Von 4 Uhr 40 ab stiegen bei ruhiger Luft nach und nach die im Wettbewerb be¬ 
findlichen Ballons in folgender Reihe auf: 

1. «Princess» (Belgien) 1200 cbm, Führer M. Dumortier, Begleiter M. Van Oolen, 

2. «Lut&ce* (Belgien) 1500 cbm, Führer M. Paul d’Aoust, Begleiter die Herren 
Van Zuylen und Heuvelmans; 

3. «Elberfeld* (Deutschland) 1500 cbm, Führer Hr. Dr. Niemeyer mit einem Be¬ 
gleiter ; 

4. «Aöro I de Gand» (Belgien) 1200 cbm, Führer M. Löon Gheude, Begleiter die 
Herren Bebelman und Michel Orban ; 

5. «Luciole» (Frankreich) 900 cbm, Führer M. Ribeyre, Begleiter M. Pirmez; 

6. «Emulation du Nord* (Frankreich) 1000 cbm, Führer M. Crombez, Begleiter 
M. Ch. Crombez; 

7. «A6ro-Club III» (Belgien) 850 cbm, Führer Comte Soucy, Begleiter M. Fritz 
Holländers ; 

8. <Le Radium» (Belgien) 850 cbm, Führer M. F. Hansen; 

9. «Le Roitelet* (Belgien) 250 cbm, Führer M. A. Moucheraud; 

10. «L'Espace» (Belgien) 500 cbm, Führer M. A. Scutenaire, Begleiter M. Victor 
Ghevolct; 

11. «La Plume au Vent* .Belgien) 600 cbm, Führer M. Van der Stegen, Begleiter 
M. Trasenster. 


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12. «Le Griffon» (Frankreich) 800 cbm, Führer M. Cormier; 

13. «Düsseldorf» (Deutschland) 2200 cbm, Führer Hr. E. Milarch, Begleiter Hr. Baron 
Kattendyk. 

Ein unangenehmer Zwischenfall ereignete sich während der Füllungen, indem 
unter der Wirkung eines heftigen Windstoßes einer der schönsten der eingeschriebenen 
Ballons, die «Ville de Bruxelles», 2300 cbm, welchen der Präsident des A£ro-Club, 
M. Fernand Jacobs, führen sollte, sich an einem Pfahl verfing und einen über zw’ei Meter 
langen Riß erhielt. Es gelang nicht mehr, ihn fahrttüchtig zu machen. 

Alle Ballons richteten ihre Fahrt gegen Nordnordost und ihre Abfahrt bot einen rei¬ 
zenden und nachhaltig eindrucksvollen Anblick, der die versammelte Menge zu fort¬ 
gesetzten Ausrufen der Bewunderung anregte. 

Der ganze Verlauf des Festes wird von der «Conquöte de l’Air» als äußerst gelungen 
bezeichnet und den an der Veranstaltung und Durchführung beteiligten Personen hohes 
Lob erteilt, was sich u. a. auch auf die so wichtige tadellose Handhabung der Polizei 
bezieht. 

Die erzielte Rangordnung der Bewerber ist aus folgender Tabelle ersichtlich. 


Übersicht der Landungspunkte und des erreichten Ranges der ver¬ 
schiedenen Ballons: 


Folge- 

Nummer 

Er¬ 

reichte 

Entfer¬ 

nung 

Ballon 

Inhalt 

Name des 

Führers 

Landungsort 

Länge 

Breite 


km 


cbm 





Gleich- 

steh¬ 

end 

1 438 

Elberfeld 

1437 

Dr. Niemeyer 

Pritzier, nahe Uelzen 

10° 45' 

52° 56' 

1-438 

Princess 

1200 

Dumortier 

Bevensen 

10°35' 

53 ° 05 ' 

III. 

277 

Radium 

850 

Hansen 

Höxter, bei Herford 

8° 47' 

52°09 / 

IV. 

254 

Griffon 

800 

Cormier 

Steinhagen, nahe Halle 

8° 25' 

52° 00' 

V. 

201 

Düsseldorf 

2200 

Milarch 

Soest (Westphalen) 

8° 07' 

51°34' 

VI. 

168 

Luciole 

900 

Ribeyre 

Holtzen, nahe Schwerte 

7° 32' 

51°27' 

VII 

127 

Emulation 

1000 

Crombez 

Elkinghausen, nahe 
Schwelm 

7° 19' 

51°16' 

VIII. 

50 

Roitclet 

250 

Moucherand 

Cornelymünster nahe 
Aachen. 

6° 13' 

50° 44' 


Das Komitee der «Li&ge-Attractions» hatte noch ein Abendfest veranstaltet, bei 
welchem wieder besonders die freundliche Aufnahme des A. C. B. zum Ausdruck kam : 

Um 7 Uhr wurde den Veranstaltern des schönen Luftschifferkampfes im «Hotel de 
l’Europe» ein vorzügliches Mahl gegeben, wobei der Präsident der «L. Att», M. L6on 
Ortmans, den Vorsitz führte, auch hier begleitet und unterstützt von seinen Mitarbeitern, 
den Herren L6on Jaques, Dumoulin, Samdam, Kirsch, Bousquet, Moyeno, Snyers, Lim- 
bourg, Vandenschilde und Pholien. Vom A. G. B. wurden genannt die Herren Adh. de 
la Hault, Capitain Grenson, Leutnant Paul van Meenen, Alfr. Dessy, Alb. Damry, und 
Leon de Brouckdre, somit Namen, denen wir schon teilweise in manchen Berichten be¬ 
gegneten. Nach Hervorhebung von Leistungen und Verdiensten einzelner in einer Reihe 
von Toasten erfolgte um 9 Uhr Vortrag alter Gesänge, welche unter stürmischem Beifall 
einen schönen Ausklang des Festes brachten. Verschiedene Fahrtbegleiter hatten in 
diesen Tagen ihre erste Luftreise gemacht und waren dabei von so herrlichen und 
lockenden Eindrücken überwältigt worden, daß sie denselben begeisterten Ausdruck in 


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der Presse gaben. «La conquete de Fair* bringt als Beispiel eine dieser «Impressions d’en 
haut> von einem Begleiter des Ballons «La Plume au VenU, in der sich freudiges Ent¬ 
zücken über das Geschaute mit aufmerksamer Verfolgung verschiedener fahrtechnischer 
Einzelheiten zu einem trotz beträchtlicher Länge des Berichtes doch sehr anregenden 
Gesamtbild darstellen. So hat auch diese Veranstaltung wieder wesentlich dazu bei¬ 
getragen, Sinn und Verständnis für die LuftschifTahrt in weitere Kreise zu tragen. 


K. N. 


Weitfahrt des A6ro-Club de France, 6. Juli 1907. 

Der A6ro-Club de France veranstaltete sein diesjähriges großes Sommerwettfliegen 
am 6. Juli von seinem Ballonplatz zu Goteaux bei Saint-Cloud aus. An dieser Weitfahrt 
beteiligten sich zwölf Ballons. Das Ergebnis ist folgendes: 


Preise 

Ballon 

Führer 

Landungsort Entfernung 

km 

Fahrtdauer 
Std. Min. 

I. 

Sartrouville 

Ed. Bachelard Ludersdorf bei Bebra 600 

20 

22 

II. 

A£ro-Club de Nice 

M. Guffroy 

Ebertsheim bei Worms, 456 
Pfalz 

20 

4 

m. 

Limousin 

A. Leblanc 

Albersweiller bei Landau, 434 
Pfalz 

18 

1 

IV. 

Quo Vadis 

R. Gasnier 

Erfweiler bei Dahn, Pfalz 413 

18 

47 

Trotz des schwachen Windes 
Ballons über die deutsche Grenze. 

und der Gewittergefahr gelangten 

doch 

sieben 


Internationale Weitfahrt des A6ro-Club de France, 29. September 1907. 

Zugelassen zu der Weitfahrt am 29. September 1907 werden 20 Ballons der 
2., 3. und 4. Kategorie, also von 601 bis 1600 cbm Inhalt. Die Ballons werden nicht 
gehandicapt. Die Ballonfahrt ist offen für Führer des Aöro-Club de France und den 
mit diesen in Beziehung stehenden französischen Vereinen, sowie für ausländische Führer 
der T. A. I. (je ein Ballon pro Nation). Die Einschreibegebühr beträgt 200 Fr. Die An¬ 
meldung muß bis zum 17. September bei dem A6ro-Club de France erfolgen; das ge¬ 
samte Ballonmaterial muß am 28. September mittags bei der Sportkommission abgeliefert 
werden. Die Abfahrt der Ballons erfolgt am 29. Septembor um 4 ‘/* P- m. vom Jardin 
des Tuileries aus. Ausländische Ballons können zollfrei eingeführt werden: der Trans¬ 
port auf der Eisenbahn erfolgt zum halben tarifmäßigen Preise. Das Leuchtgas wird 
für alle Ballons unentgeltlich geliefert. 

Als Preise stehen bis jetzt zur Verfügung solche im Werte von 100 bis 1500 Fr. 
Außerdem haben silberne Medaillen gestiftet der Aero-Club für den Führer, der das 
beste Bordbuch geführt hat, die Zeitschrift «l’Auto* für den besten ausländischen Führer 
und die Zeitschrift «Les Sports» für den besten französischen Führer. 


Düsseldorfer Ballon-Wettfahrt vom 9. Juni 1907. 

Der gegen die Entscheidung der Jury über das Düsseldorfer Wettfliegen von zwei 
Seiten erhobene Protest ist von den betreffenden Herren zurückgezogen worden, nach¬ 
dem sich klar herausgestellt hat, daß das Reglement der F. A. J. in der Tat noch Un¬ 
vollkommenheiten enthält, die grade bei diesem Wettfliegen hervorgetreten sind. Diesen 
Mängeln soll auf dem internationalen Luftschiffertage in Brüssel abgeholfen werden. 


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In dankenswerter Weise hat andererseits das Organisationskomitee in Düsseldorf 
nachträglich einen 7. Preis gestiftet, der der Reihenfolge gemäß dem Ballon «Köln* zu¬ 
fällt. $ 

Als Nachtrag zu dem im Augusthefte erschienenen Bericht über den Verlauf der 
Wettfahrt bringen wir hier noch ein Bild des Ballonplatzes, das versehentlich dem 
Berichte nicht beigefügt wurde. 

Phot. v. Abercrone. 



Düsseldorfer Ballonwettfahrt 9.6.07. 


Vereine und Versammlungen. 

Deutscher Luftschiffer-Verband. 

Als Ort der diesjährigen Tagung des Deutschen Luftschifferverbandes 
ist in letzter Stunde, nachdem die Wahl lange zwischen Köln und Düssel¬ 
dorf geschwankt hat, Köln bestimmt. Als Termin der Tagung ist, wie schon 
früher mitgeteilt, der 11. September angesetzt. Wegen der Tagesordnung 
vergl. die Mitteilungen im Augustheft. 

Jamestown Aeronautical Congress. 

Die Sitzungen des Jamestown International Aeronautical Congress finden in der Kongre߬ 
halle der Jamestown Exposition zu Norfolk, Virginia, am 28. und 29. Oktober d. Js. statt. 
Außerdem werden Aufstiege und Flüge von der Ausstellung aus und eine Spezial¬ 
ausstellung in dem aeronautischen Pavillon veranstaltet. Der Präsident des Kongresses 
ist Herr Willis L. Moore; der Generalsekretär Herr Albert Francis Zahm. Alle auf den 
Kongreß bezüglichen Anfragen wie auch die Anmeldung von Vorträgen sind zu richten 


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an Herrn Ernest La Rue Jones, 12 East 42 nd Street, New-York City. Dem Organisations¬ 
komitee gehören die ersten Fachmänner auf dem Gebiete der LuftschifTahrt in Amerika an. 


Gründung des Niedersächsischen Vereins für Luftschiffahrt 

jnGöttingen. 

Anfang Mai d. Js. wurde in Göttingen ein mit zahlreichen Unterschriften versehener 
Aufruf versandt, der zu einer Besprechung am 16. Mai d. Js. im kleinen Saale des 
Englischen Hofes zu Göttingen einlud, zwecks Gründung eines Vereins für Luftschiffahrt. 
Diese Versammlung führte zur Gründung des Niedersächsischen Vereins für LuftschifTahrt 
mit dem Sitze in Göttingen. Die Mitgliederzahl stieg noch an demselben Abend auf 52; 
jetzt ist_sie schon auf 97 angewachsen. Eine Kommission wurde mit der Ausarbeitung 
der Statuten beauftragt. Diese wurden in der Versammlung vom 13. Juni beraten und 
in derjenigen vom 26. Juli definitiv genehmigt. Sie schließen sich im allgemeinen den¬ 
jenigen des Berliner Vereins für LuftschifTahrt an. 

Der Ausschub besteht z. Zt. aus folgenden Herren: 

Vorsitzender: Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Riecke, 

Stellvertretender Vorsitzender: Prof. Dr. Runge, 

Schriftführer: Prof. Dr. Ambronn, 

Stellvertretender Schriftführer: Dr. Bestelmeyer, 

Vorsitzender der Fahrtenkommission: Dr. Gerdien, 

Schatzmeister: W. Sartorius; 

Beisitzer: Oberst v. Gladiß, Baurat Jenner, General v. Schuh. Prof. Wiechert. 

Für Aufstiege hat der Verein einen nächst der Gasanstalt gelegenen Platz gemietet, 
nach welchem eine 350 mm Rohrleitung gelegt wurde, sodaß die Füllung eines Ballons in 
V* Stunde geschehen kann. Der Gas£reis wurde von der Stadt in entgegenkommender 
Weise auf 8 Pfg. festgesetzt. 

Da der Verein z. Zt. noch keinen Ballon besitzt, wurde beschlossen, vorerst zwei 
unterstützte Fahrten (Teilnehmerbeitrag 75 Mk.) sowie Sonderfahrten (360 Mk.) nach Be¬ 
darf mit geliehenen Ballons auszuführen. Außerdem fand in Göttingen am 5. August ein 
Aufstieg von drei Herren des Vereins statt, bei dem bereits die Füllanlagen des Vereins 
zur Anwendung kamen. 

Der Verein beabsichtigt, seinen Wirkungskreis über Niedersachsen und die be¬ 
nachbarten hessischen Gebiete auszudehnen, und hat auch bereits eine Anzahl Mitglieder 
in den genannten Gegenden. Besonders günstig für Göttingen als Aufstiegsort sind die 
große Entfernung vom Meer wie von der russischen Grenze, die große Wahrscheinlichkeit 
über hübsche Gegenden zu fahren, sowie der niedere Gaspreis. 

Der Jahresbeitrag wurde auf 12 Mk. festgesetzt. Wünscht ein Mitglied die Zu¬ 
sendung der Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen, so erhöht sich sein Jahresbeitrag 
auf 20 Mk. 


Berliner Verein für Luftschiffahrt. 

Zu einer Gedächtnisfeier für den am 17. Februar d. Js. verstorbenen großen 
Meteorologen Wilhelm v. Bezold hatten für den 21. Juni, an welchem Tage der Ver¬ 
ewigte das 70. Lebensjahr vollendet haben würde, die drei wissenschaftlichen Gesell¬ 
schaften Berlins eingeladen, in denen er am meisten und am liebsten gewirkt hat: 
die Deutsche Physikalische Gesellschaft, die Deutsche Meteorologische Gesellschaft und 
der Berliner Verein für LuftschifTahrt. Die Büste v. Bezold hatte man inmitten einer 
reichen Dekoration von Blattpflanzen aufgestellt. Nächst den Angehörigen des Gefeierten 


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hatten mehrere Ehrengäste in der vorderen Reihe des großen Hörsaales des Physikalischen 
Instituts Platz genommen. Die Gedächtnisrede hielt Geheimrat Professor Dr. Hellmann. 

Der Redner wies einleitend darauf hin, wie schmerzlich es sei, diesen Tag, der 
zu einem Festtage auserkoren gewesen, als einen Trauertag zu begehen. Schüler und 
Mitarbeiter hatten beabsichtigt, dem Jubilar als Festgabe eine Sammlung von Abhandlungen 
zu überreichen und damit ihren Gefühlen der Sympathie und Freundschaft Ausdruck zu 
geben. Das Schicksal hat es anders gewollt! Die vielseitige Wirksamkeit Wilhelm 
v. Bezolds getreu zu schildern und richtig zu würdigen, hält der Redner für schwer, 
obwohl er mit dem Verewigten die letzten 21 Jahre in stets gleichbleibender Harmonie 
gearbeitet hat. Johannes Friedrich Wilhelm v. Bezold stammt aus Franken. Obgleich 
in München geboren, hat er sich stets als Franke betrachtet; denn sein Geschlecht war 
über 300 Jahre in Rothenburg an der Tauber seßhaft gewesen. Manche seiner Vorzüge 
dürfen als Erbstück seiner Heimat gelten, sein heiteres Gemüt ein Spiegelbild des 
sonnigen Frankenlandes, sein Sinn für geschichtliche Betrachtung der Dinge ein Ausfluß 
der alten Kultur dieses Landstriches, 'auch seine hohe künstlerische Begabung möchte 
als ein Erbteil Rothenburgs anzusehen sein. Zum erstenmal wird in den Annalen dieser 
reizvollsten aller fränkischen Städte die Familie Bezold 1478 und zwar als Tuchmacher 
erwähnt. 1506 kam sie in den äußeren Rat, 1591 erhielt sie den Wappenbrief. Häufig 
bekleiden Bezolds das Amt des Bürgermeisters, auch noch Wilhelm von Bezolds Großvater 
war Bürgermeister von Rothenburg. Erst der Vater, Daniel Gustav v. Bezold, verließ 
Rothenburg und hatte später als Ministerialrat in München seinen Wohnsitz. Hier wuchs 
Wilhelm v. Bezold, stammend aus der zweiten Ehe des Vaters mit der Rothenburger 
Patrizierin Sabine Albrecht, im Kreise von 6 Stiefgeschwistern und einer rechten Schwester 
auf. Die erste Schulbildung empfing er in der Volksschule, zeitig hübsches Zeichentalent 
verratend. An dem späteren Gymnasialunterricht fand er — Mathematik ausgenommen 
— wenig Gefallen. Ein Lehrer glaubte, ihm raten zu müssen, die Schule zu verlassen 
und sich einem «bürgerlichen» Beruf zuzuwenden. Es geschah indessen nicht, vielmehr 
wurde Michaelis 1856 das Gymnasium absolviert. Bis Ostern 1858 studierte Wilhelm 
v. Bezold in München; Physik bei v. Jolly, Mathematik bei Seidel, Chemie bei Justus 
v. Liebig. Wilhelm Webers Ruf als Physiker bestimmte ihn dann, die Universität 
Göttingen zu beziehen. Webers praktische Übungen regten ihn sehr an, daneben mathe¬ 
matische Studien bei Moritz Stern und Bernhard Riemann. Auf Anregung des letzteren 
widmete er seine Doktor-Dissertation der Theorie des Kondensators. Am 12. August 
1860 wurde er zum Doktor promoviert. Nach München zurückgekehrt, wurde Wilhelm 
v. Bezold Assistent am physikalischen Institut der Universität und schon 1861 Privat¬ 
dozent der Physik. Nach einer langen Reise nach England und Frankreich wurde er 
am 1. Juni 1866 zum außerordentlichen Professor an der Universität München ernannt, 
am 1. Oktober 1868 aber zum ordentlichen Professor an der neuerrichteten technischen 
Hochschule für mathematische und angewandte Physik. Am 5. September 1868 hatte 
er sich mit Marie Hörmann v. Hörbach, einer Tiroler Familie angehörig, vermählt. Der 
überaus glücklichen Ehe erwuchsen zwei Kinder, eine Tochter und ein Sohn. 

Der Redner verbreitete sich hierauf ausführlich über Wilhelm v. Bezolds wissen¬ 
schaftliche Tätigkeit, die anfänglich fast allein der reinen Physik zugute kam, bis seine 
Lehrtätigkeit an der technischen Hochschule ihm die Aufgabe nahe legte, über verschiedene 
Kapitel der angewandten Physik, wie Heizung, Ventilation, Beleuchtung, zu lesen. Alle 
diese Nutzanwendungen der Physik sind ihm später von Vorteil gewesen. Seine eigenen 
wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigen sich mit Vorliebe mit der Elektrizitätslehre und Optik. 
Ein eigenes Laboratorium stand ihm damals noch nicht zur Verfügung. Wilhelm v. Bezold 
sah sich deshalb genötigt, vielfach den Schwerpunkt seiner Arbeiten auf die Theorie zu 
legen, die er aber stets durch einige Experimente zu stützen suchte. Auch seine 
Habilitationsschrift hatte er 1861 aus dem Gebiet der Elektrizität gewählt «Über die 
physikalische Bedeutung der Potentialtheorie»; im engeren Zusammenhang damit stand 
eine Untersuchung über den Elektrophor vom Jahre 1870/71. Immerhin scheinen, seit 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 15 


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Wilhelm v. Bezold an der technischen Hochschule wirkte, ihm dort mehr instrumentelle 
Hilfsmittel zu Gebote gestanden zu haben. Denn fortan bevorzugen seine physikalischen 
Arbeiten immer mehr die experimentelle Richtung, durch Influenz hervorgerufene Ent¬ 
ladungen zwischen zwei nicht leitenden Flächen, und eine neue von ihm gefundene 
Art von Staubfiguren, die er als ein gutes Prüfungsmittel erkannt, um einfache von 
alternierenden Entladungen zu unterscheiden. Im weiteren Verlauf dieser Untersuchungen 
machte er dann im Winter 18(19/70 die wichtige Entdeckung der elektrischen Drahtwellen. 
Leider ging er dieser Sache nicht weiter nach, bis sie 1892 von Hertz, der auf anderem 
Wege zu gleichem Resultat gelangt war, der Vergessenheit entrissen wurde. Die be¬ 
treffende Arbeit Wilhelm v. Rezolds ist zweimal in deutscher Sprache, sowie in eng¬ 
lischer und französischer Uebersctzung gedruckt worden, fand also reichliche Verbreitung. 
Es scheint, daß die damalige Zeit für die späteren epochemachenden Entdeckungen noch 
nicht reif war. Auch dem Bildungsgesetz der bekannten Lichtenbergschen Figuren ging 
Wilhelm v. Bezold nach. Die unter Glasplatten fixierten elektrischen Figuren, jetzt 
wieder im deutschen Museum in München, legen von dem experimentellen Geschick ihres 
Urhebers rühmliches Zeugnis ab. Die optischen Forschungen Wilhelm v. Bezolds betreffen 
die Farbenlehre und die physiologische Optik. Bei seiner hohen künstlerischen Veranlagung 
und der von Kindheit an ausgesprochenen Liebe zur Malerei war es begreiflich, daß er 
seine reichen Kenntnisse auf dem Gebiet in den Dienst der Kunst stellte und 1874 ein 
gröberes Werk «Die Farbenlehre im Hinblick auf Kunst und Kunstgevverbo herausgab. 
Über Optik und Elektrizitätslehre gelangte Wilhelm v. Bezold zur Meteorologie. Das prächtige 
Phänomen des Alpenglühens gab den ersten Anstoß. Seine «Beobachtungen über die 
Dämmerung > im 128. Band von Poggendorfs Annalen werden mit Recht als eine seiner 
besten Arbeiten angesehen. Doch mehr noch als das Studium der Dämmerung waren 
es Untersuchungen über Gewitter und Blitzgefahr, welche Wilhelm v. Bezold allmählich 
der Meteorologie näher brachten. In der Gewitterkunde hat er sich von 1869 bis an 
sein Lebensende als der bedeutendste deutsche Forscher erwiesen. 

Berechtigtes Aufsehen erregten zwei Berichte an die Münchener Akademie aus 
1874 und 75, in der Wilhelm v. Bezold an der Hand eines großen statistischen Materials 
nachwies, daß die Blitzgefahr von der Mitte der 30er Jahre bis in die 70er stetig zu¬ 
genommen hatte, daß die zeitliche Verteilung der Schadenblitze, ebenso wie der Gewitter, 
zwei Perioden größter Häufigkeit im Sommer aufweist und daß begründete Vermutungen 
bestehen über Beziehungen im säkularen Gange der Erscheinungen zu dem der Sonnen¬ 
flecke. Nach Veröffentlichung dieser Arbeiten wurde Wilhelm v. Bezold in die Reihe der 
Mitglieder der Kgl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Später sehen 
wir Wilhelm v. Bezold als tonangebendes Mitglied einer Kommission, um für Bayern ein 
organisiertes Netz meteorologischer Stationen ins Leben zu rufen. Nach definitiver 
ministerieller Genehmigung des aufgestellten Entwurfes Juli 1872 wurde Wilhelm v. Bezold 
unter Belassung im Hauptamt als Professor an der technischen Hochschule zum Direktor 
der bayerischen meteorologischen Zentralstation ernannt. Schon am 1. Januar 1879 war 
die Mehrzahl der Stationen 31 von 34 im Gange. Und im Juni 1879 bereits waren ihnen 
245 Stationen zur Gewitterbeobachtung angeschlossen worden. Gleichzeitig mit diesen 
wichtigen Gewitterbeobachtungen beschäftigte sich Wilhelm v. Bezold mit den bekannten 
Kälterückfällen im Mai, auch hier Erklärungen bringend, die in der Folgezeit zwar 
nicht als völlig erschöpfend anerkannt wurden, aber in meteorologischer Beziehung immer 
Wert behalten werden. Noch einmal nahm Wilhelm v. Bezold 1884 seine Untersuchung 
über die Blitzstatistik in Bayern auf und fand, daß die Zahl der Beschädigungen durch 
Blitz noch immer zunehmen. (Als er zum letztenmal 1899 auf diese Frage zurückkam, 
war die Blitzgefahr sogar auf das Sechsfache derjenigen von 1833 gestiegen.) Da die 
Gewitter eine ähnliche Zunahme nicht aufweisen, kann der Grund nicht in rein 
meteorologischen Verhältnissen gesucht werden. 

Diese Betätigungen Wilhelm v. Bezolds und seine fördernde Teilnahme an der Grün¬ 
dung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft im November 1883 hatten die Auf- 


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merksamkeit maßgebender Kreise auch außerhalb Bayerns auf ihn gelenkt. Und als 1885 
die Reorganisation des Preußischen Meteorologischen Instituts endlich in Angriff ge¬ 
nommen wurde, erging an Wilhelm v. Bezold der Ruf als Professor der Meteorologie an 
der Berliner Universität und Direktor des Meteorologischen Instituts, den er annahm; 
wenn auch nach einigen Bedenken, da er gern in München geblieben wäre. 

Jetzt begann der zweite Abschnitt seines Lebens, der Wilhelm v. Bezold in glänzender 
Entfaltung seiner Talente auf die Höhe des Ruhms geführt hat. Von dieser Zeit und 
der überaus fruchtbaren Tätigkeit Wilhelm v. Bezolds gab der Redner eine sehr eingehende, 
zum Teil streng wissenschaftliche Darlegung. Was Wilhelm v. Bezold auf zahlreichen 
wissenschaftlichen Gebieten geleistet, wie er fördernd, beratend, helfend eingriff, das ist 
in der lebhaften und dankbaren Erinnerung der Gegenwart. Die drei seine Manen 
feiernden Gesellschaften wissen davon zu berichten. Ein ganz besonderes Interesse 
widmete er von 1893 bis 1903 den Untersuchungen über den Erdmagnetismus. Eine 
Gesamtausgabe seiner Abhandlungen über Meteorologie und Erdmagnetismus hat er im 
Herbst vorigen Jahres noch erscheinen sehen. 

Große Ehrungen wurden ihm zu teil. Als auswärtiges oder als Ehrenmitglied ge¬ 
hörte er allmählich fast allen Akademien und gelehrten Gesellschaften an. Für alle diese 
und andere Ehrungen war er von Herzen dankbar und legte Wert auf sie als Anerkennung 
seiner Bestrebungen. Am meisten aber fühlte er sich beglückt durch die Huld seines 
Kaisers, der öfters Berichte über neue Erscheinungen auf meteorologisch-magnetischem 
Gebiet von ihm entgegennahm. Der äußere Lebensgang Wilhelm v. Bezolds in Berlin war 
ein ruhiger und glücklicher. Der erste finstere Schatten, der in sein Leben fiel, war der 
plötzliche Tod seiner Gattin im Dezember 1900. Er war von zarter Konstitution, aber 
im allgemeinen von guter Gesundheit. Nur in den letzten zwei Jahren zeigten sich 
immer deutlicher Spuren einer schweren Krankheit, gegen die er im Sommer 1906 ver¬ 
geblich durch den Besuch von Gastein ankämpfte. Von Weihnachten an war er meist 
ans Bett gefesselt, bis ihn am 17. Februar ein sanfter Tod erlöste. Die Meteorologie 
verliert in Wilhelm v. Bezold einen ihrer bedeutendsten Vertreter, gleich verdient durch 
eigene Forschungsarbeiten wie durch organisatorische Leistungen, die Physik einen ge¬ 
wandten Experimentator, die wissenschaftliche Aeronautik einen ihrer besten Berater und 
Förderer. Seine Freunde und Kollegen, Mitarbeiter und Schüler aber, die für ihn Liebe 
und Dankbarkeit empfinden, werden sein Gedächtnis für alle Zeit wahren und hoch in 
Ehren halten. 

Literatur. 

G. Espitallier, La Technique du Ballon. Encyclopedie Scientifique publiS sous la 
direction du Dr. Toulouse. Biblioth£que de Möcanique appliqu^e. Verlag 
0. Doin in Paris, 1907, 12X28 cm, 480 Seiten mit 108 Figuren, kart. Preis 5 Fr. 

Vorliegendes Buch von unserem langjährigen, hochgeschätzten Mitarbeiter, dem 
Vorsitzenden des C. P. I. A., ist ein in jeder Beziehung technisch wissenschaftliches. 
Es bietet keine Unterhaltungslektüre, cs zeigt den innigen Zusammenhang der aeronau¬ 
tischen Technik mit Physik, Mechanik und Chemie. Der Verfasser hat das Material in 
eine 18 Kapitel umfassende knappe, übersichtliche Form gebracht. Um einen Begriff 
von dem reichhalligen Inhalt zu geben, seien die Kapitel hierunter angeführt: 

I. Allgemeine Betrachtungen; 

II. Die Atmosphäre; 

III. Das barometrische Gesetz; 

IV. Gewicht und Auftrieb eines Gases; 

V. Der Druck des Gases im Innern des Aerostaten; 


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VI. Die vertikale Bewegung des Ballons, statische Studie; 

VII. Die vertikale Bewegung des Ballons, dynamische Studie; 

VIII. Die horizontale Bewegung der Aerostaten; 

IX. Rationelle Praxis einer Freifahrt; 

X. Mittel zur Bekämpfung der vertikalen Gleichgewichtsstörungen; 

XI. Die Überanstrengung der Stoffe; 

XII. Die geometrische Form des Ballons; 

XIII. Ballon-Familien; 

XIV. Anwendung der geodätischen Theorie für die Konstruktion von Netzhemden; 

XV. Ballonstoffe, Art der Konstruktion der Hülle; 

XVI. Ventil und Füllansatz; 

XVII. Takelage und Zubehör; 

XVIII. Die Darstellung von Wasserstoffgas. 

Wie der Verfasser selbst hervorhebt, gebührt das Verdienst, in dieser Weise die 
Aeronautik mit der Wissenschaft verbunden und zu einer wahrhaftigen Technik erhoben 
zu haben, dem verstorbenen Obersten Charles Renard, welcher im Jahre 1875 als 
Mitglied zu jener Kommission kommandiert war, die unter Leitung des Obersten Laussedat 
zusammengesetzt wurde, um die Militär-Luftschiffahrt zu studieren und zu organisieren. 
Renard gebührt ohne Zweifel der Ruhm, der Schöpfer der modernen Luftschiffahrt ge¬ 
nannt zu werden, und man darf wohl behaupten, daß alle Luftschiffer, nicht nur in 
Frankreich, sondern auch in Deutschland und anderen Ländern, von Charles Renard ge¬ 
lernt haben. Espitallier war ein Schüler Renards. Wir glauben daher, nicht irre zu 
gehen, wenn wir in ihm einen Apostel des großen aeronautischen Lehrers erkennen, der 
in seinem Geiste zu uns redet. In der Vorrede läßt uns Espitallier auch keinen Zweifel 
hierüber und er hebt, die eigene Persönlichkeit bescheiden zurücksetzend, die Verdienste 
des großen Meisters gebührend hervor. Aber der Verfasser selbst hat sehr viel Neues 
von eigener Geistesproduktion hinzugetragen, er hat mit großer Sachlichkeit das gesamte 
Material durchgearbeitet und nach den neuesten Forschungen umgestaltet, wofür wir ihm 
sehr dankbar sein müssen. 

Das Buch steht einzig da in seiner Art, es ist unentbehrlich für jeden akademischen 
Techniker, der die Absicht hat, sich eingehend mit der statischen Luftschiffahrt zu be¬ 
schäftigen. Es kann daher nur auf das beste allerseits empfohlen werden. 

H. W. L. Moedebeck. 


M^jor B. Baden-Powell, Ballooning as a sport. 13X19 qcm, 135 Seiten mit 3 Bildern. 

Verlag William Blackwood and sons. Edinburgh and London 1907. 

Das sehr frisch und gefällig geschriebene Buch des bekannten Präsidenten der 
Aeronautical society of Great Britain zerfällt in vier Hauptteile, nämlich: «Wie ich 
ballonfahren lernte», «Eine Fahrt himmelwärts», «In einem italienischen Kriegsballon* 
und «Die Ballonschiffahrt*. Bis auf den letzten Teil, der belehrend gehalten ist, sind 
es Erzählungen von eigenen Erlebnissen. Das Buch hat demnach den guten Zweck, zum 
Ballonsport anzuregen und über ihn in leicht faßlicher Weise aufzuklären. Man kann 
wünschen, daß dem Verfasser dieser Zweck wohl gelingen möge, ist es doch auch ge¬ 
rade zu rechter Zeit in England erschienen. H. W. L. Moedebeck. 


Pfltzner-Urtel, Der Automobilmotor und seine Konstruktion. Autotechnische 
Bibliothek, Bd. 1. Verlag M. Krayn, Berlin. Preis gcb. Mk. 8,70. 
Automobilmotor und Luftschiffmotor sind so nahe Verwandte, daß dieses in Auto¬ 
mobilistenkreisen schon längere Zeit sehnliclist erwartete Buch, sicherlich auch bei den 
Flugtechnikern, den verdienten Anklang finden wird. Es fehlte bis jetzt an einem Werk, 
das wie das vorliegende kurz und klar, auch dem technisch weniger Gebildeten ver- 


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ständlich, die Konstruktionsschwierigkeiten der Automobilmotoren, die Vor- und Nachteile 
der verschiedenen Konstruktionen, der Anordnungen der Einzelteile, der Einbaumöglich¬ 
keiten usw. darstellt. Die wenigen über diesen Gegenstand bereits vorhandenen Bücher 
sind fast alle mehr in Rücksicht auf den Betrieb und die Wartung der Motoren und für 
Laien geschrieben und naturgemäß sehr ausführlich und weit ausholend gehalten. Dieses 
stellt sich von vornherein auf einen höheren Standpunkt und beschränkt sich auf die 
konstruktive Seite des Benzinmotors, behandelt also nicht Zubehörteile wie Kühler, 
Zündapparate und dergl., auch nicht Elektromotoren. Die autotechnische Bibliothek, 
deren erster Band dies Buch ist, dürfte sich hiermit gut eingeführt haben. 

Nachdem im ersten Kapitel ein «Überblick über die Entwicklung des Automobil¬ 
baues» gegeben und hierin die allgemeine Aufgabe für die Bewegung eines Straßenfahr¬ 
zeuges mittels Motorkraft sowie die Notwendigkeit gründlicher konstruktiver Durch¬ 
bildung der Motoren festgestellt ist, werden im folgenden Kapitel «die leitenden Gesichts¬ 
punkte für die Konstruktion», im dritten «die Materialien* behandelt. Im vierten «die 
konstruktive Ausbildung des Motors» benannten Kapitel, das den weitaus größten Teil 
des Buches in Anspruch nimmt, werden dann die Wahl der Hauptabmessungen, die An¬ 
ordnung und Gestaltung der Zylinder, der Rohranschlüsse, der Kurbellager, des Trieb¬ 
werks, des Kurbelgehäuses usw. kritisch beleuchtet. 

Die einzelnen Unterabteilungen behandeln ihre Themata erschöpfend, ohne sich in 
Einzelheiten zu verlieren oder ermüdend zu wirken, was besonders von dem Nicht¬ 
spezialisten, der das Werk zu seiner Orientierung in die Hand nimmt, angenehm 
empfunden werden dürfte. Klare und nicht zu dünnstrichige Zeichnungen tragen viel zur 
Erleichterung des Verständnisses bei, so bei der Besprechung der verschiedenen Ventil¬ 
anordnungen und ihrer Einwirkung auf die Kühlung, die Form des Zylinderkopfes und 
Steuerung, ferner bei der Einformung der Gußteile u. a. Es sei besonders hervorgehoben, 
daß die Zeichnungen einheitlich und genau dem Zweck des Buches angepaßt erscheinen, 
ohne überflüssiges Beiwerk, wie man es häufig bei zusammengeborgten Klischees mit in 
den Kauf nehmen muß. 

In einem Anhang wird in sehr anschaulicher Weise die Ausbalancierung der freien 
Kräfte graphisch behandelt. Es sind Schaulinien für 1-, 2-, 3-, 4- und 6-Zylindermotoren 
aufgestellt. 

Wenn das Buch auch dem Motorenkonstrukteur grundsätzlich Neues nicht bietet, 
so wird auch ihn die übersichtliche und kritische Darstellung und die scharfe Hervor¬ 
hebung des Wesentlichen befriedigen. Es wird ohne Zweifel zu der von den Verfassern 
erstrebten Klärung der Grundanschauungen auf diesem Spezialgebiet viel beitragen. 

Besonders vom Standpunkt des Flugtechnikers ist es zu bedauern, daß die Ver¬ 
fasser nicht auch den 8-Zylindermotor in ihre Arbeit mit einbezogen haben, auch wäre 
eine kurze von guten Abbildungen unterstützte Beschreibung gebräuchlicher und be¬ 
währter Typen renommierter Fabriken wohl noch am Platze gewesen. Vielleicht werden 
spätere Auflagen auch diese Wünsche erfüllen. W—y. 


Comptes Rendns 1907, Nr. 19 (13.Mai 1907). Canovetti, sur la räsistance de Fair 
au mouvement des corps. Durch Versuche, die der Verfasser mit 3 qm 
großen Flächen auf Drahtseilbahnen bei Geschwindigkeiten von 5—16 m/sec. 
angestellt hat, findet er als Gesetz der Änderung des Widerstandes mit der 
Geschwindigkeit 

R = 0.0324 v # -f 0.432 v. 


Russische Literatur aus dem Jahre 1906. 

Kologriwow. Erfahrungen aus dem japanischen Kriege. In russischen 
Militärkreisen stand man zu Beginn des Krieges dem möglichen Nutzen der LuftschifTer- 
truppe sehr skeptisch gegenüber, so daß das bereitgestellte Material an Ballons und 


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Chemikalien zur Gaserzeugung leider recht spärlich bemessen war. Indessen trat der 
Nutzen der Truppe bald in augenfälliger Weise zutage und die Stimmung schlug in 
das Gegenteil um. Besonders gelungen war eine Aufnahme der japanischen Positionen 
unter starkem Schrapnellfeuer bei Sandepu am 6. Januar 1905, sowie die Erkundung 
der innersten japanischen Positionen vor Mukden gegenüber dem 5. sibirischen und 
dem 8. und 17. Armeekorps. Sehr gut fiel auch ein bei Charbin unternommenes Manöver, 
die Beschießung eines Forts darstellend, aus. Das Fort wurde zunächst vom Ballon aus 
photographisch aufgenommen und sodann die Aufnahmen in eine Reihe numerierter 
Quadrate geteilt. Ein Exemplar befand sich bei der schießenden Batterie, das andere 
in dem 1 */• km entfernten Ballon, von wo aus die Treffer telephonisch gemeldet wurden. 
Sehr ungünstig war im ganzen Verlauf des Krieges für die russischen Luftschiffer, daß 
sich die feindlichen Positionen meist im Süden befanden und Aufnahmen um die Mittags¬ 
zeit durch die Sonne gestört wurden. Am Morgen hinderte gewöhnlich leichter Nebel 
oder Staubschichten die Fernsicht, so daß sich als günstigste Tageszeit für die Erkundung 
die Zeit um 3 h p. ergab. Die günstigste Höhe war gewöhnlich 300 m. Der Artikel ent¬ 
hält noch eine Reihe Einzelheiten über die Form, in der sich feindliche Befestigungen 
vom Ballon aus darstellen. Elmar Rosenthal. 

Patent- and Gebranchsmnsterschan in der Luftschiffahrt. 

Deutsche Patente. 

Anmeldungen. 

77 h R 2*2676. 28. 4. 06. Arnold Reinshagen n. Ernst Trimpler, Beraburg. — Drachen¬ 
flieger. (Einspruchsfrist bis 10. September 1907.) 

77 h M 32266. 14. 5. 07. Motorluftsciiiflf-Studiengcsellschaft mit beschrUnkter Haftung, 
Berlin-Reinickendorf, West. — Überdruckventil für Luftballons. 

Erteilungen. 

ISS947. 8. 12. 05. Jacob Christian Hanseu-Ellehamnaer, Kopenhagen; Vertreter: Pat.- 
AnwUite Dr. R. Wirth, C. Weihe, Dr. II. Weil, Frankfurt a.M. 1 u. W. Dame, Berlin, 

S. W. 13. — Vorrichtung zum Erhalten der Gleichgewichtslage von Luftschiffen. 
Französische Zusatzpatente. 

6 685. (1. Zusatz zu 361 723). Jean Constantin, Frankreich. — Aviateur equilibr£. 

Das Gleichgewicht eines Fliegers soll durch zweckmäßige Verteilung der Kräfte 
erreicht werden. 

6 785. (1. Zusatz zu 369683). 18. 10. 06. D£sire Sival, Frankreich. — H61icopt£re. 
Statt der einen Schraube des Hauptpatentes werden zwei gegenläufige Schrauben 
angewendet. Zum Steuern wird eine am Korbe angebrachte Schraube benutzt, 
die je nach ihrem Drehsinn (!) den Apparat steuern soll. 

6945. (4. Zusatz zu 300 646.) 22. 11.06. Jean Tarbe, Frankreich. — Nouveau Systeme 
de cerf-volant, dit: Aeroplane captif. Versteifter quadratischer Drachen. 

6980. (1. Zusatz zu 369 704.) 30. 11. 06. Jean Jßrome Paul Le Grand, Frankreich. — 
Automobiles afcriens ä trolieys. Korbaufhängung bei Luftschiffen mit Kraftzuführung 
durch Trolleys. 

Amerikanische Patente. 

837 472. 4. 12. 06. Edward Hutchinson, Panuco, Mexiko, Air-Ship. Tragfläche mit 
Öffnungen, in welche sich Luftschrauben drehen. 

837 784. 4. 12. 06. Emil Mederic Bossuet, Paris, dirigibie Balloon. Der Ballon ist 

ein drehbarer Doppelkegel, der mit Schraubenflächen besetzt ist. Identisch mit 
D. R. P. 175 476. 

838 673. 18. 12. 06. George M. West, Los Angeles, Californien. Automobile Aerial 

Navigator. Flieger in Vogelform mit Flügeln zum Heben, Wendeflügeln zum Vor¬ 
wärtstreiben. 


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359 €«44 


839 548« 25. 12. 06. George West Byron, Washington« Air-Ships. Drachenflieger mit 

zwei übereinanderliegenden, vorn spitzen Tragflächen. Vorn ein, hinten zwei 
Propeller, seitlich je ein Propeller zum Steuern. 

840 078. 1. 1. 07. John Meden, St. Lonis. Air-Ship. Flügelflieger mit elektrischem 

Antrieb. 

840339« 1. 1. 07. Henry II. Johnson, Avoca, Jowa. Air-Ship. Schraubenflieger, bei 
welchem die Schraubenflügel unter verschiedener Steigung eingestellt werden 
können. 

841 394. 15. 1. 07. Elisha M. Hartman, South Bend, Ind. Wing-Operating Mechanism. 

Antrieb für Flügel durch Zahnräder. 

841 581. 15. 1. 07. George G. Schroeder, Washington. Brake for aerial Navigation. 

An Seilen laufende Luftschiffe werden auf den Stationen dadurch gebremst, daß 
um den Tragkörper elastische Federn greifen. 

842 505. 29. 1. 07. Philip H. Unsinger, Toledo, Ohio. Car of Navigable Balloons. Am 

Korb ist vorn und hinten je eine nach allen Richtungen verstellbare Schraube 
angebracht. 

843 476. 5. 2. 07. William Morgan, Fort Plain, N.-Y. Flying-Maehine. Drachenflieger. 

844 172. 12. 2. 07. A. Mc. Carthy, New-York, Aeronautieal Maehine. Schraubenflieger 

mit Antrieb durch Segelräder. 


Der Luftball. 

Von Th. Hermann, Barmen. 
Mel.: Sch’n Sie, das ist ein Geschäft. 


In seinem Luftball froh und keck, 

Fuhr auf ein LuftschifTmann, 

Gleich war er von der Erde weg, 

Kam bei St. Petrus an. 

St. Petrus sprach: «Was ist denn das?» 
Kroch hinters Himmelstor; 

Die Englein hatten großen Spaß 
Und kicherten im Chor: 

Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw. 

«Wohlan, o Petrus, laß mich ein, 

Die Türe öffne schnell!» 

Doch Petrus sprach: «Das kann nicht sein. 
Fahr’ weiter nur zur Höll’!» 

Und kurz entschlossen mit dem Ball 
Flog weiter dann der Mann 
Ein Stück noch durch das Himmelsall, 
Kam vor der Hölle an. 

Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw. 


Das ganze Höllenpersonal 
Ergriff da schnell die Flucht, 

Als es den gasgefüllten Ball, 

Erblickt’, und schrie: « Verrucht! 

Das gibt ein Unglück, sauve qui peut! 
Der sprengt das ganze Haus! 

Und mit der ganzen Höll’, o weh’, 

Ist’s dann für immer aus!» 

Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw. 

Kaum hörte das des Tapfern Ohr, 

Warf er den letzten Sand, 

Flog schleunigst durch das Höllentor 
ln all den Höllenbrand. 

Die Hölle explodiert im Nu, 

Seitdem sind wir sie los, 

Und vor dem Teufel han wir Ruh’: 

Ist das nicht ganz famos? 

Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw. 


Doch unser Held hatt’ keine Pein, 

Er blieb ganz heil und hell, 

Flog geradeswegs zum Himmel ’nein, 

Und meldet sich zur Stell’. 

St. Petrus sprach: «Jessmariejupp, 

Da ist der Racker doch!» 

Dann kam er in die Badestub’, 

Weil er nach Schwefel roch. 

Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw. 


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Luftschifferlied. 


Von Th. Hermann, Barmen. 
Nach bekannter Melodie. 


Welch ein wonnig Leben, 

Durch die Lüfte schweben 
Gleich dem alten, biedern Dädalus! 

Und aus Wolkenhöhen 
Sich das Land besehen, 

Stolz und froh ihm senden unsern Gruß! 
Wie im Traume gleiten 
Ungeheure Weiten 

Lautlos unter uns und schnell vorbei, 

Und als trügen Flügel 

Über Tal und Hügel 

Uns, so schweben wir in Lüften frei. 


Nichts geringes planen 
Wir auf stolzen Bahnen, 

Wenn das Luftschiff sein Gebiet durcheilt, 
Meere sind und Länder 
Schon der Herrschaft Pfänder, 

Doch das Luftmeer ist noch ungeteilt! 

Als moderne Götter 
Und Gesellschaftsretter 
Thronen wir auf hohem Sonnensitz, 
Schleudern hellen Blickes — 

Hüter des Geschickes — 

Donars Donnerkeil und Jovis Blitz. 


Uns so weit zu sehen, 

Muß noch viel geschehen. 

Und es trifft uns noch so manches Weh. 
Viel zu klagen wissen 
Wir von Hindernissen, 

Sei's ein Sturmwind, sei's die grüne See. 

Doch in zäher Liebe 

Sind dem Luftgetriebe 

Hold und treu wir bis an unser Grab, 

Und wir schweben weiter 
Ahnungsvoll und heiter, 

Rufen siegesstolz «Glück ab>, «Glück ab». 


Personalia. 

Geh. Reg.-Rat. Prof. Busley, Vorsitzender des Deutschen Luftschifferverbandes und 
des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, ist von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog 
von Baden das Kommandeurkreuz der Ritter vom Zähringer Löwen verliehen worden. 

Prof. Dr. Hergesell ist von S. M. dem Kaiser in Anerkennung seiner Tätigkeit als 
Vorsitzender der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt der 
Kronenorden III. Kl. verliehen worden. 5 


<§y 


Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel\ 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet 

Die Redaktion. 


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illustrierte Aeronautische Mitteilungen. 

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XI. Jahrgang. -Mi Oktober and November 1907. w 10. u. 11. Heft. 

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Aerologie. 

Aerologische Expedition nach Island. 

Von Hauptmann a. D. Hildebrandt. 

Die Notwendigkeit, die höheren Schichten der Atmosphäre über dem 
Wasser, welches zu 2 /s unsere Erde bedeckt, zu erforschen, hatte dazu 
geführt, daß die internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiff¬ 
fahrt für dieses Jahr eine Reihe von Schiffsexpeditionen veranlaßte, welche 
über dem Meere mittels Ballons und Drachen Untersuchungen der Atmo¬ 
sphäre angestellt 
haben. Damit man 
gleichzeitig über 
einer größeren 
Fläche die Ver¬ 
hältnisse kennen 
lernen konnte, 
wurde für den Juli 
ein großer Serien¬ 
aufstieg ange¬ 
setzt, bei dem so¬ 
wohl die Land- als 
auch die Schiffs¬ 
stationen in Tätig¬ 
keit treten sollten. 

Als Zeit war hier¬ 
für der 21. — 27. Dampfer „national“. 

Juli festgesetzt. Namentlich dank der rührigen Tätigkeit des Präsidenten, Pro¬ 
fessor Hergesell, war es gelungen, wenigstens die Meere der nördlichen Halbkugel 
mit Schiffsexpeditionen zu beschicken. Fürst Albert von Monaco begab sich 
mit seiner Yacht Princeß Alice, an deren Bord sich Hergesell selbst befand, 
in die nördlichen Gewässer nach Spitzbergen. Ein russisches Schiff kreuzte 
zur selben Zeit an der sibirischen Küste. Dem neuen deutschen Vermessungs¬ 
schiff Möwe war das Meer zwischen Norwegen und Island zugewiesen; ein 
französisches Kriegsschiff befand sich in den Gewässern nördlich der Azoren. 
Die bekannte Yacht von Rotch und Teisserenc de Bort, die gemeinsam 
operierten, befand sich südlich der Azoren bei den Kap Verdischen Inseln. 
Eines der meteorologisch interessanten Gewässer ist aber der Teil des 
Ozeans, welcher sich südwestlich und südlich Islands befindet. Hier haben 
die meisten Minima ihren Ursprung und ziehen auf den bekannten Zug- 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 46 



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Strassen über Europa. Es drohte hier eine bedenkliche Lücke in den Expe¬ 
ditionen einzutreten. Deshalb entschlossen sich Freiherr von Hewald und 
der Verfasser, auf eigene Kosten eine Expedition auszurüsten und in diesen 
Gewässern zu kreuzen. Wir mieteten in Kiel einen Kohlendampfer der 
Reederei Paulsen & Ivers, der seinen gewöhnlichen Kurs zwischen Rußland 
und England hatte. Der erforderliche Einbau des Laboratoriums, der Kabinen 
und sonstigen Einrichtungen wurde von der Schiffswerft Stocks & Kolbe 
übernommen. Das Schiff, welches nur einen Inhalt von 1100 t hatte, war 
als besonders seetüchtig bekannt. Es hatte s. Zt. bereits die Plankton- 
Expedition an Bord gehabt und war ferner von der Kaiserlich-Deutschen 
Marine für längere Zeit als Vermessungsschiff in der Nordsee verwendet 
worden. 

An der Expedition nahmen noch teil die Herren Dr. med. Bohn, Cronheim, 
Regierungsrat Hofmann, Dr. Rempp vom Meteorologischen Landesdienst in 
Straßburg i. Eis. und die Oberleutnants Saage und Schmidt. 

Ich beschloß die Untersuchungen lediglich vermittelst Fessel- und Frei¬ 
ballons durchzuführen; eine Drachenausrüstung wurde nicht an Bord ge¬ 
nommen. einerseits der vermehrten Kosten halber und dann aber auch 
namentlich aus dem Grunde, weil kein eingearbeitetes Personal zur Bedienung 
der Drachen zur Verfügung stand. Aus Erfahrung weiß ich, daß ein Arbeiten 
mit Drachen unter schwierigen Verhältnissen schwer durchzuführen ist und 
daß dazu große Übung aller Beteiligten gehört, wenn man auf gute Erfolge 
hinsichtlich der Höhe rechnen will. Es wurden Gummiballons Aßmannscher 
Art von der Continental-Kautschukfabrik in Hannover sowie von Paturel 
in Paris mitgenommen. Die ersteren hatten einen Durchmesser von 1350 
bzw. 1700 mm in ungefülltem Zustande; die Paturelballons ließen sich bis 
auf 2 bzw. 3,5 m Durchmesser ausdehnen. Als Instrumente dienten 
Hergesellsche Baro-Thermo-Hygrographen, welche bei Bosch in Straßburg 
angefertigt waren. 

Schwierig war die Beschaffung des erforderlichen Füllgases. Die 
deutschen Fabriken erklärten sämtlich, es sei ihnen nicht möglich — auch 
nicht gegen eine Leihgebühr —, die erforderlichen Stahlbehälter für die 
Expedition herzugeben, weil zuviel Nachfragen seitens der Industrie vorlägen. 
Es gelang auch nicht, eine Fabrik zu bewegen, in der kurzen zur Verfügung 
stehenden Zeit die Flaschen neu herzustellen. Ich wandte mich deswegen 
an eine Liller Firma, welche in Paris eine Vertretung unterhält. Die Gesell¬ 
schaft «L’Hydroxygene Pur» verhielt sich zunächst auch ablehnend, war 
aber dann, als sie hörte, daß das Gas einer wissenschaftlichen Expedition 
dienen sollte, sofort bereit, sämtliche Flaschen zu einer sehr mäßigen Gebühr 
abzugeben. Ich überzeugte mich in der Fabrik in Lille, die mir bereit¬ 
willigst gezeigt wurde, von der Güte des auf elektrolytischem Wege her¬ 
gestellten Gases, jedoch kam ich nicht dazu, das liebenswürdige Anerbieten 
der französischen Firma^anzunehmen, da ich noch zur rechten Zeit erfuhr, 
daß die Ballonfabrik von August Rüdinger in Augsburg im Besitze von 


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Stahlbehältern war, die sie mir ohne Entgelt zur Verfügung stellen wollte. 
Ich möchte nicht verfehlen, dieser weltbekannten Fabrik auch hier meinen 
wärmsten Dank auszusprechen. 

Ich hatte während aller Unterhandlungen, um ganz sicher zu gehen, 
bereits in Straßburg im chemischen Institut der Universität mit Professor 
Thiele zusammen Versuche angestellt, das nötige WasserstofTgas in größeren 
Quantitäten durch Zersetzung von Calcium-Hydrür mit Wasser zu erlangen. 
Als sich die Versuche zur Herstellung eines größeren Apparates verdichtet 
hatten, erfuhr ich, daß Professor Naß-Charlottenburg bereits dieselben Ver¬ 
suche angestellt hatte und auch schon einen Apparat für die Herstellung im 
Großen praktisch erprobt hatte. Die mir zur Verfügung gestellte Zeichnung 
ergab, daß unsere Konstruktion der des Professors Naß sehr ähnelte, daß 

dieser jedoch noch 
ein besonderes Ver¬ 
fahren zur Präparie- 
rung des Calcium- 
Hydrürs ermittelt 
hatte, welches die 
Gasbereitung außer¬ 
ordentlich erleich¬ 
terte. Ich entschloß 
mich daher zur Ver¬ 
wendung des Naß- 
schen Apparates, der 
in der Berliner Fabrik 
von R. Gradenwitz 
hergestellt wurde 
und noch so recht¬ 
zeitig in Straßburg eintraf, daß ich die unbedingt erforderlichen Vorversuche 
anstellen konnte. Ich habe mit diesem Apparat an Bord mehrfach Gas 
angefertigt und bin mit seinen Leistungen ganz zufrieden gewesen. Einige 
kleine Mängel sind voraussichtlich leicht abstellbar, sodaß der Apparat für 
derartige Expeditionen sowie zur Verwendung auf kleineren meteorologischen 
Stationen auf hohen Bergen oder im Auslande aufs beste empfohlen werden 
kann. 

Das in den Stahlbehältern mitgeführte verdichtete Gas wurde in ein¬ 
fachem Lattenverschlag in dem Raum unter dem Vordeck aufgestapelt. Die 
Einrichtung hat sich auch bei stärkstem Schlingern des Schiffes als aus¬ 
gezeichnet erwiesen und ist weit billiger und bequemer als die Verpackung 
der Gasflaschen in einzelnen Kisten, wie es bei anderen Expeditionen bisher 
geschehen ist. 

Zur wissenschaftlichen Ausrüstung gehörte außer den erwähnten 
Registrierapparaten noch SchifTsquecksilberbarometer, zwei Barographen, 
Schiffschronometer, Aßmannsche Aspirationspsychrometer, mehrere Alkohol- 



Zwei Freiballons werden fUr den Aufstieg fertig gemacht. 
In der Mitte der Sohwlmmer. 


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thermometer, ein Schiffsanemometer, das auf der Kommandobrücke befestigt 
wurde, und verschiedene andere Instrumente, sowie eine komplette photo¬ 
graphische Ausrüstung. 

Obgleich ich von früher her schon einige Erfahrungen hatte in bezug 
auf Aufstiege von Registrierballons und kleineren Fesselballons, nahm ich 
doch das Anerbieten von Professor Hergesell an, im meteorologischen 
Landesdienst zu Straßburg i. Eis. meine theoretischen und praktischen 
Kenntnisse zu erweitern, wobei ich gleichzeitig Gelegenheit nahm, mich bei 
der Universität Straßburg dem Studium der Naturwissenschaften zu ergeben. 
Auch dem französischen Meteorologen Teisserenc de Bort habe ich wertvolle 
Ratschläge zu verdanken. Ferner hat Admiralitätsrat, Professor Dr. Koppen, 
Direktor der Drachenstation der deutschen Seewarte zu Hamburg, mich in 
liebenswürdigster Weise unterstützt und mir besonders im letzten Augenblick 
ebenso wie die Sternwarte zu Kiel und der dortige Assistent Dr. Tetens, 
durch Hergabe von Instrumenten, welche auf dem Transport zu Bruch 
gegangen waren, aus der Verlegenheit geholfen. Allen diesen Herren spreche 
ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank aus. 

Die Einbauarbeiten auf dem «National» mußten sehr beschleunigt 
werden, weil das Schiff der hohen Kosten halber nur soviel Tage vor der 
Ausreise gechartert war, als unbedingt zur Herstellung der Einrichtungen 
nötig war. Es war daher zunächst kein besonders angenehmer Aufenthalt 
in den frischgestrichenen Räumen unter Deck, als wir am Tage der Ausreise 
äm 12. Juli und die folgenden Tage unsere wissenschaftlichen Instrumente 
einbauten und das Laboratorium einrichteten. Hierbei muß ich bemerken, 
daß ich wertvolle Ratschläge Sr. Hoheit dem Prinzen Albert von Monaco 
zu danken habe, der mir während der Kieler Woche fast täglich Gastfreund¬ 
schaft auf seiner Yacht «Prinzessin Alice» gewährt hat. 

Wir fuhren zunächst nach Granton in Schottland, um dort Kohlen zu 
nehmen, gingen dann zwischen Shetland- und Orkney-Inseln mit Kurs auf die 
Südwestspitze von Island. Programmäßig hätten wir am 20. Juli vor Reyk- 
jawik auf Island eintreffen müssen; ich hätte dann nach Einnahme frischer 
Vorräte am 21. mit den Aufstiegen beginnen können. Leider machte es 
ein in der Nacht vom 19. auf den 20. eintretender heftiger Sturm unmöglich, 
an die Küste heranzugehen. Wir waren gezwungen, den Kurs wieder nach 
Süden gegen den Wind zu nehmen. Um auf alle Fälle bei längerem An¬ 
halten des Sturmes wenigstens auf die Westseite von Island zu kommen, 
hatte ich in der Nacht vom 20. auf den 21. den Kapitän veranlaßt, Kurs 
nach Westen zu nehmen, um die gefährlichen Riffs im Südwesten von Island 
zu umschiffen. Dadurch, daß das Schiff breitseits zum Sturm laufen mußte, 
war seine Bewegung allerdings sehr heftig. Glücklicherweise klarte das 
Wetter am Sonntag auf; wir konnten wieder Nordkurs nehmen und bei herr¬ 
lichstem Wetter dampften wir am Abend des 21. in den Hafen von Reykjawik 
ein. Nach Erfüllung einiger offizieller Besuche beim deutschen Konsul, der 
uns schon beim Einlaufen mit einem Motorboot besucht hatte, und beim 


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^ 365 €<«« 


Kommandanten des dort liegenden dänischen Kreuzers — ich war zu diesem 
Besuche verpflichtet, weil mir durch Verfügung des Staatssekretärs des 
Reichsmarineamts die Führung der Reichsdienstflagge der Marine zugebilligt 
war — gingen wir am 22. an der Westküste Islands entlang nach Norden. 
Tags zuvor hatten wir bereits einige Vorversuche mit Fesselballons gemacht. 
Das Wetter war unsichtig, die Wolken zogen ziemlich tief, außerdem hatten 
wir Seewind, sodaß die Verwendung von Freiballons gänzlich ausgeschlossen 
war. Wir mußten uns deswegen mit Fesselballons begnügen, bei denen wir 
die erforderliche Aspiration des Instruments nach Aßmannscher Methode 
durch sehr schnelles Auflassen der zur Verwendung gelangenden Hannover- 
Gummiballons in 
genügender W eise 
erreicht haben. 

Die größte Höhe 
eines Fesselbal¬ 
lonaufstiegs wäh¬ 
rend der Expe¬ 
dition hat etwa 
3000 m betragen; 
die genauen Aus¬ 
wertungen der 
Kurven sind noch 
nichtbeendet. Am 
24. trat sodann 
dichter Nebel auf, 
sodaß eine andere 
Methode als mit 
Fesselballons 
überhaupt unmög¬ 
lich war. Des 

windstillen Wetters halber hätten Drachen nicht steigen können. Da wir 
nämlich außerdem durch plötzliches Sinken der Luft- und Wassertemperatur 
feststellten, daß wir in Gefahr gerieten, mit Eisbergen zu kollidieren, wäre 
es unmöglich gewesen, durch schnelle Fahrt des Schiffes gegen den Wind 
diejenige. Windstärke künstlich zu schaffen, welche für das Aufsteigen der 
Drachen erforderlich ist. Wir mußten uns zeitweise mit der Strömung treiben 
lassen, um so einen Zusammenstoß mit den Eisbergen zu vermeiden. Nach 
Passieren des nördlichen Polarkreises und nach mehrstündiger Fahrt im nörd¬ 
lichen Eismeer konnten wir sodann schnell einen Fesselballon auflassen, dessen 
Registrierkurve uns eine sehr starke Temperaturumkehr vom Meeresniveau ab 
anzeigte. Ich ließ sodann wieder Kurs nach Süden nehmen, um in das Gebiet 
der Minima hineinzufahren. Es gelang mir dies nur allzugut, denn in der Nacht 
zum 25. frischte der Wind sehr auf, um alsbald in Sturm überzugehen. Seinen 
Höhepunkt erreichte der Sturm am 26. und erst in der Nacht vom 27, zum 



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360 ^44« 


28. flaute der Wind langsam ab. Jegliches Arbeiten mit Ballons war hier 
gänzlich unmöglich. Das nur leicht beladene Schilf rollte so stark, daß wir 
zeitweise einen Winkel von 45 0 messen konnten. Ich glaube, daß hier das 
Arbeiten mit einem Drachen unmöglich gewesen wäre, wenn auch die 
Erfahrungen des «Planet» ergeben haben, daß die Bewegungen des SchifTes 
bei genügend ausgelassenem Drahte sich nicht allzusehr auf die Drachen 
übertragen. Bei solchem Sturm ist irgend welches Arbeiten ausgeschlossen. 
Allerdings muß ich auf Grund meiner Erfahrungen sagen, daß man 
bei künftigen Expeditionen doch auf keinen Fall die Drachen entbehren soll. 
Wenn wir auch keinen Aufstieg versäumt haben, so hätte doch leicht der 
Fall eintreten können, daß man nur durch Verwendung von Drachen zum 
Ziel hätte kommen können. 


Bei den Fesselballonsaufstiegen wurden jedesmal ein bis zwei Gummi¬ 
ballons verwandt, von denen die kleineren auf etwa 4, die größeren bis 



auf kg freien Auf¬ 
trieb aufgeblasen wur- 
end (ohne Instrument ). 
Über den Ballon wurde 
ein Netz aus Bautn- 
wollfäden, welches nur 
ein Gewicht von 50 gr 
besaß, gebreitet. Der 
zweite Ballon wurde 
ev. über den ersten 
und zwar über dessen 
Netz befestigt. Die 
Handwinde stand am 
Bug des Schiffes, weil 
man fast immer, auch 
bei voller Fahrt in der 


Windrichtung, mit einem Überschuß an Wind zu rechnen hatte. Sie war verhält¬ 
nismäßig leicht und einfach gebaut. Besonderes Gewicht hatte der Konstruk¬ 
teur Dr. Rempp auf gute Lagerung verwandt, damit unter möglichst geringem 
Zug ein sehr rasches Abwickeln des Drahtes möglich war. Es hat sich gezeigt, 
daß die Ventilation des Instruments genügend gewesen ist. Um Blitzgefahr aus¬ 
zuschließen, wurde der Draht beim Abfieren wie beim Einhieven mit einer 
Handrolle geführt, die mit dem eisernen Schiffskörper verbunden war. Um 
die zu starken Schwingungen des Hergesellsehen Instruments zu vermeiden, 
wurde das Instrument in einer trapezförmigen Anordnung aufgehängt, die 
der Aufhängung des französischen Fesselballonkorbes ähnlich ist. Es hat 
sich dies nicht als genügend erwiesen; die Abstiegkurven sind gelegentlich 
bis zur völligen Unbrauchbarkeit verwackelt, während die Aufstiegkurven 
tadellos scharf aussehen. 


Später gelangen auch Freiballonsaufstiege, bei denen die Hergesellsehe 


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***& 367 €^44 


Methode des Abwerfens zur Anwendung gelangte. Es wurde an der Uhr 
des Instruments ein Kontakt hergestellt, der nach einer bestimmten Zeit, 
einen elektrischen Strom zum Schließen brachte. Hierdurch wurde ein be¬ 
sonders konstruierter Abwurfhaken geöffnet und der Ring, an welchem die 
zum Ballon führende Leine befestigt war, frei gegeben. Als Schwimmer war 
eine Köppensche Konstruktion verwandt. Sie bestand aus drei in den Kanten 
einer Pyramide angeordneten und mit einander verbundenen Stäben. Zwischen 
zwei von ihnen war ein Stück Leinwand gespannt; eine in der Mitte befind¬ 
liche mit Wasser gefüllte Flasche sollte zur Regulierung des Gewichtes 
dienen. Im Wasser muß diese Vorrichtung horizontal schwimmen, damit 
die Leinwandfläche der Fortbewegung einen möglichst großen Widerstand 
entgegensetzt. Beim Aufsteigen dagegen wird der Schwimmer so gebunden, 
daß er eine vertikale Lage einnimmt, damit der Luftwiderstand ein möglichst 
geringer wird. Es war noch dafür gesorgt, daß im Falle des Platzens des 
anderen Ballons der elektrische Strom nicht zum Schließen gelangte. Im 
englischen Kanal ließen wir noch einige Registrierballons frei fliegen, mit 
der ausgesprochenen Absicht, daß sie aufs Land getrieben werden sollten, 
damit man die Aufstiegkurven über Wasser und die Abstiegkurve über Land 
mit einander vergleichen konnte. Bis jetzt sind diese Instrumente noch 
nicht gefunden worden. Jedoch ist dieses noch zu erwarten, weil sie im 
bevölkerten Frankreich gelandet sein müssen. 

Wir haben noch mancherlei andere Erfahrungen auf dieser Expedition 
sammeln können, jedoch würde es zu weit führen, hier darauf einzugehen. 

Aeronautik. 

Neue Versuche mit dem Zeppelinschen Luftschiff 
in Friedrichshafen. 

Nachdem, die neue schwimmende Halle soweit fertiggestellt war, daß 
sie als benutzbar bezeichnet werden konnte, hat Graf v. Zeppelin sich 
entschlossen, die Versuchsreise mit seinem bekannten Luftschiffe fortzusetzen. 

An der Luftschiffkonstruktion sind wesentliche Verbesserungen vor¬ 
genommen worden. Es fiel vor allem auf, daß die Steuervorrichtungen 
nicht mehr unterhalb der beiden Spitzen des Ballonkörpers lagen, sondern 
rechts und links seitlich am Hinterteil und zwar so hoch, daß sie bei einem 
Aufsitzen des Luftschiffes auf dem Wasser beim Landen nicht beschädigt 
werden konnten. Zwischen den großen Stabilisierungsflächen waren ferner 
mehrere vertikal stehende Steuerflächen eingesetzt worden. 

Die Füllung war unter Leitung des Direktors der Motorluftschiffstudien- 
gesellschaft Hauptmann v. Kehler und des Schatzmeisters des Berliner 
Vereins für Luftschiffahrt Ingenieur und Fabrikbesitzer Gradenwitz am 


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368 


23. September in 4 Stunden vollendet worden. Am 24. September morgens 
lag ein dichter Nebel über dem Bodensee. Graf v. Zeppelin ließ alle 
Vorbereitungen zum Aufstieg treffen. 

Die Absicht war nur wenigen bekannt und infolgedessen waren die 
Ufer bei Manzell ziemlich menschenleer. Um für alle Fälle sicher zu gehen, 
hatte Graf v. Zeppelin den Dampfer «Christoph» gechartert. Eine kleine aus¬ 
erlesene Gesellschaft, Ihre Durchlaucht die Fürstin von Fürstenberg mit Ge¬ 
folge, der junge Graf v. Zeppelin mit Gemahlin, Frau Professor Hergesell, 
Frau Direktor Uhland, Se. Exzellenz General v. Pfaff mit Gemahlin, Dr. Stol- 
berg, Oberingenieur Cober und Unterzeichneter hatten auf dem «Christoph» 
Platz genommen, um von hier aus die interessanten Versuche zu beobachten. 

Das Luftschiff wurde gegen 11 Uhr vormittags aus der alten Bauhalle 
am Lande in Manzell auf das neue eiserne Schwimmfloß gebracht. Die 



Das Luftschiff vor der Halle. 


«Württemberg» zog alsdann das Floß mehr in den See hinein über den 
Ankerplatz der neuen schwimmenden Halle hinaus. 

Um 11 Uhr 51 Min. erhob sich das Luftschiff langsam, majestätisch 
in die Luft, nahm zunächst Kurs auf die neue Ballonhalle, machte dann 
kehrt und fuhr in Richtung auf Romanshorn, wo es sehr bald um 12 Uhr 
mittags in einer Höhe von etwa 150 m im Nebel verschwand. Eine lange 
Wartezeit bemühten wir uns durch angenehme Haltung und gute Atzung 
auf dem «Christoph» zu kürzen. 

Plötzlich gegen 2 Uhr 32 Min. nachmittags erscholl von einer Ecke 
her der freudige Ruf: «das Luftschiff kommt!». Das Wetter hatte sich in¬ 
zwischen etwas geklärt und man erblickte nun das von Lindau kommende 
Fahrzeug geradeaus auf das Schloß in Friedrichshafen losfliegend, das es 
gegen 2 Uhr 40 Min. nachmittags passierte, um sich nun nach der Ballon¬ 
halle hin zu wenden. Wir glaubten anfangs, es läge die Absicht vor zu 


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Google 







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landen, aber es kam besser, wir sollten noch Zeugen werden von der 
Leichtigkeit aller Bewegungen dieses großen Gaskastens. Zunächst fuhr es 
an der Ballonhalle vorbei in Richtung auf Schloß Herrschberg, wo es über 
dem Lande wieder um 3 Uhr 3 Min. im Dunste verschwand. 

Um 3 Uhr 15 Min. wurde es wieder sichtbar im Kurs auf Manzell. 
Es fuhr nun um unseren Dampfer herum, machte verschiedene sehr glatt 
durchgeführte Lenkübungen nach rechts, nach links, nach oben und nach 
unten und setzte sich, nochmals über die Halle fliegend und dabei immer 
tiefer gehend, sehr ruhig und elastisch neben der Halle um 3 Uhr 55 Min. auf 
die Wasserfläche auf. Nachdem einem Motorboot das Schleppseil gegeben war, 
wurde das Luftschiff, in geringer Höhe in Luft schwebend, nach dem Floß bug¬ 
siert, das inzwischen vor der neuen schwimmenden Halle aufgefahren war. 



Das Luftschiff lm Fluge naoh oben. 

Gegen 4 Uhr 10 Min. wurde es eingefahren. Der Versuch ist ein in 
jeder Beziehung erfolgreicher zu nennen. Das Luftschiff ist über 4 Stunden 
in der Luft gewesen, eine bisher unübertroffene Leistung. Es hätte noch 
viel länger fahren können, wenn nicht Rücksichten auf die Bergung in der 
neuen, noch nicht ganz fertigen Halle es hätten wünschenswert erscheinen 
lassen, noch vor Beginn der Dämmerung niederzugehen. Der Zweck der Fahrt 
bestand lediglich in der Ausbildung des Personals unter der Leitung des Grafen 
v. Zeppelin. In der vorderen Gondel befand sich der Graf persönlich mit dem 
Ingenieur Dürr, dem Obervermessungs-Steuermann Hacker und 3 Maschinisten, 
in der hinteren Gondel Baron v. Bassus mit 3 Maschinisten. Allgemein 
anerkannt wurde die große Stabilität und die Wendigkeit des Fahrzeuges. Die 
Geschwindigkeit konnte bei dem anfänglichen Nebelwetter diesmal nicht ganz 
genau gemessen werden, jedoch wurde die Maximalgeschwindigkeit von 
15 m pro Sekunde bestätigt bei 800 Touren und Ingangsetzen beider Motore. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 47 


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Die Stimmung am Bodensee war nach diesen Erfolgen eine sehr ge¬ 
hobene, die Stadt Friedrichshafen hatte geflaggt, die Stadt Lindau sandte 
ein Glückwunschtelegramm, ebenso Se. K. und K. Hohheit der Erzherzog 
Franz Ferdinand. 

Am 25. September wurden die Versuche fortgesetzt. Der Tag fing 
gleichfalls mit einem Nebelwetter an, das Aufklaren trat indes früher ein 
und gegen Mittag schon schaute die Sonne lachend auf das Übungsfeld 
herab. Mit Rücksichtnahme auf den vortägigen recht anstrengenden Dienst 
hatte S. Ex. der Graf v. Zeppelin eine Auffahrt auf die Mittagsstunde ange¬ 
setzt. Das Luftschiff wurde mit dem eisernen Schwimmfloß aus der Halle 
herausgezogen. Da die Halle in der Windrichtung stand, konnte der Auf- 



lm freien Fluge über Land. 


stieg nunmehr sofort erfolgen, als das Luftschiff vollständig herausgezogen 
war, denn es mußte ja sofort mit dem Winde von der Halle forttreiben, so 
lange die Motore noch nicht gingen. Es bewährte sich das ursprünglich 
von dem Grafen erfundene System mit den Neueinrichtungen des leicht und 
schnell beweglichen Flosses demnach ausgezeichnet. 

Um 12 Uhr 58 Min. nachmittags wurde das Luftschiff losgelassen und 
nahm bald nach Einsetzen der Motore eine Richtung östlich gegen Arbon 
hin auf. An dem Fesselballon in Manzell konnte man erkennen, daß in 
etwa 150 m Höhe der Wind in Richtung von NE nach SW blies. 

Der Tag war wieder lediglich der Einübung des Personals gewidmet, 
ln der vorderen Gondel saßen Graf v. Zeppelin, Ingenieur Dürr, Oberver- 
messungs-Steuermann Hacker und 3 Maschinisten; in der hinteren Gondel 
hatte diesmal außer den 3 Maschinisten der Reichskommissar Professor 
Dr. Hergesell Platz genommen. 


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Unter den Zuschauern bemerkte man außer den vorigen die 'Frau 
Gräfin v. Zeppelin mit Tochter. Ferner waren erschienen der Oberstleutnant 
Schmiedecke von der militärtechnischen Akademie und Major Groß, der 
Kommandeur des Luftschiffer-Bataillons, welche vom Lande bzw. von Booten 
aus den Manövern des Luftschiffes zuschauten. Das Luftschiff fuhr weiter 
in Richtung auf Ostsüdost und machte dort die verschiedensten Rundfahrten, 
bald steigend, bald sinkend, mit Hilfe des Höhensteuers. Es bewegte sich 
in der geschätzten Höhe von 50 bis 200 m über dem Niveau des Wassers. 

Gegen 1 Uhr 47 Min. nachmittags kam es zu seiner Halle zurück und 
machte hier eine elegant ausgeführte Rundfahrt um den Fesselballon herum, 
begrüßt von dem lauten Hurra der Zuschauer. Die Rundfahrt hatte etwa 
400 m Durchmesser und war in 2 Minuten beendet. Der Kurs ging weiter 



Vor der Landung. 

auf Rohrschach los. In Ferne sah man wiederum zwischen RohrschaclTund 
Lindau und Romanshorn mehrere Manöver ausführen. Gegen 3 Uhr 30 Min. 
nachmittags kam Graf v. Zeppelin zur Ballonhalle zurück, senkte sich langsam 
bis auf etwa 10 m vom Seespiegel herab, nahm mittels Eimern neuen 
Wasserballast auf, bis er völlig auf dem See verankert niedergegangen war. 

Die positiven Ergebnisse der Fahrten lassen sich natürlich nur durch 
die vom Grafen v. Zeppelin selbst in der Gondel aufgenommenen Erfahrungen 
und Beobachtungen festlegen. 

Jeder Zuschauer verließ aber den Schauplatz mit sichtbarer Befriedigung 
und mit dem Eindrücke, daß das Fahrzeug in bezug auf Stabilität und Lenk¬ 
barkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Die Landung auf dem Wasser ließ 
für den Sachverständigen die Beurteilung zu, daß unter gleichen Verhält¬ 
nissen auch eine Landung auf Land möglich gewesen wäre. Die mittlere 
Geschwindigkeit wurde auf 50 km pro Stunde angegeben. Eine forcierte 


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Fahrt fand nicht statt, weil es dem Zwecke des Übungsprogamms nicht 
entsprach. Vom Lande aus konnte in einem Falle eine Geschwindigkeit von 
14,3 m pro Sekunde ermittelt werden. 

Die Versuche werden fortgesetzt. Moedebeck. 

Die Ballonfahrt des Herrn Kapitän Kindelän 

vom 24. bis 25. Juli 1907. 

Von Francisco de Paula Rojas. 

Ausrüstung des Ballons und Lebensmittel: Die Ballonausrüstung 
bestand aus einem Aneroid, einem Statoskop, einem Kompaß, zwei kleinen 
elektrischen Lampen, einem Sprachrohr, einem Messer, Schleppseil, Anker 
von 7 kg und Ankerseil, sowie einigen Karten. Als einziges Schutzmittel 
für den Fall, daß der Ballon auf das Meer hinausgetrieben würde, befand 
sich eine Schwimmweste im Korbe. Die sehr einfachen vorgesehenen Lebens¬ 
mittel bestanden aus dem Notwendigsten für zwei einfache Mahlzeiten, drei 
Flaschen Mineralwasser, einer Flasche Kaffee und einer halben Flasche Wein. 

Abfahrt und Reise: Herr Kapitän Kindelän stieg am 24. Juli 1907 
in Valencia um 710 p. m. als vierter in dem 600 cbm großen Ballon «Maria 
Teresa» auf, der vollständig mit Leuchtgas gefüllt war. Die Abfahrt erfolgte 
mit 150 kg Ballast (10 Sack zu 15 kg). In 35 m Höhe erlangte der Ballon 
schon seine Gleichgewichtslage und trieb sehr langsam nach SSW. Um 
einige Hindernisse zu überspringen, trieb Herr Kindelän bald den Ballon auf 
100 m Höhe und flog dann auf den See Albufera zu. Zugleich bemerkte 
er, daß der Ballon «Reina Victoria», welcher in bedeutend größerer Höhe 
als er schwebte, gegen das Meer hin getrieben wurde. Als er mit seinem 
Ballon bis fast an den Albufera-See gelangt war, stand ein sehr heftiges, 
aber sehr lokales Gewitter über dem See. Die Gewitterwolke begann in 
ca. 400 m Höhe, und die Höhe, in der der Ballon schwebte, betrug ca. 150 m. 
Zahlreiche elektrische Entladungen schlugen in den See ein. 

Die Situation begann deshalb gefährlich zu werden, da Herr Kindelän 
nicht wagen durfte, die Wolken zu durchstoßen; denn er wußte wohl, daß 
er in diesem Falle auf das Meer würde verschlagen werden. Anderseits waren 
die Gefahren, in dem See mit einem mit Elektrizität geladenen Ballon eventuell 
landen zu müssen, nicht geringer. Während er sich entschied, die Fahrt 
fortzusetzen, bemerkte er, daß der Wind die Richtung wechselte, ihn von 
dem See entfernte und den Ballon zunächst nach Westen und dann nach 
Norden trieb, wobei der Ballon eine Schleife beschrieb und ganz nahe nach 
Valencia zurückgelangte. Er mußte also wieder von vorne anfangen; ein 
wenig später trug ihn der Wind von neuem gegen den Albufera und er 
durchfuhr am Schlepptau fast denselben Weg wie gleich nach der Abfahrt, 
nur daß er sich ein wenig mehr dem Meere näherte. 

Bei dem Dorfe Catarroja mußte Ballast geworfen werden; denn die 
Dorfbewohner versuchten das Schlepptau festzuhalten, um ihn zur Landung 


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zwingen; es waren nämlich dort schon zwei Ballons «Reina Victoria* 
und «Cierzo* gelandet. Da Herr Kindelän noch über 100 kg Ballast ver¬ 
fügte und die Flugrichtung nicht außer¬ 
ordentlich gefährlich war, beschloß er, die 
Fahrt vorläufig noch fortzusetzen, um seine 
zurückgelegte Distanz zu vergrößern; er 
fuhr nun wieder am Schlepptau und trieb 
auf die Landzunge zu, die den Albufera 
vom Meere trennt. 

Er hatte die Absicht, bei dem kleinen 
Dorfe Saler zu landen, aber da die Wind¬ 
richtung sich nicht änderte, entschied er 
sich, in einem Fichtengehölz zu landen, 
das er etwas weiter entfernt erblickte. Aber 
als er dort ankam und daran dachte, daß 
die Küste dort die Richtung wechselt und 
in das Meer vorspringt, um das Kap Nao 
zu bilden, entschied er sich, die Fahrt vor¬ 
läufig unter Beobachtung aller Vorsichts- Fig. 1. - Kapitän Kindelän. 

maßregeln noch weiter fortzusetzen. Er legte die Rettungsweste an, machte 
Ventil- und Reißleine und den Anker klar zur Landung. Danach nahm er 
eine frugale Mahlzeit; mitt¬ 
lerweile war es 11 35 p. m. 
geworden; er verfügte noch 
über 6 Sack Ballast und 
trieb in 300 m Höhe fast 
parallel der Küste. 

Als sich um 1 Uhr 
am 25. Juli der Ballon über 
dem Dorf Palmar befand 
und Herr Kindelän einen 
Hirten anrief, um sich über 
seine Fahrtrichtung zu 
orientieren, warfein starker 
und unerwarteterWindstoß 
den Ballon auf das Meer 
hinaus. Kapitän Kindelän 
zog sofort das Ventil und 
der Ballon fiel so schnell, 
daß der Korb die Fluten 
berührte; er warf sofort 
den Anker in der Absicht, Fig. 2 * ~ Fahrt de# Ba,,on 9 «Maria Teresa“ 24 . bis 25. Juli 1907. 

den Ballon anzuhalten; da er aber fürchtete, daß das Ankergewicht dazu 
nicht ausreichen würde, ließ er an der Leine einen Sack Ballast herunter- 



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gleiten, um dadurch das Ankergewicht auf 22 kg zu bringen; aber un¬ 
glücklicherweise gelang dieses geistreiche Manöver nicht; denn in der 
Eile und bei der Dunkelheit ließ Herr Kindelän aus Versehen leider den 
Sack Ballast am Schlepptau heruntergleiten. So waren 15 kg Ballast ver¬ 
loren und wenige Augenblicke später befand sich der Ballon in 500 m Höhe. 
Herr Kindelän hatte zuerst die Absicht, die Küste schwimmend zu erreichen, 
aber dann hätte er seinen Ballon, den er bis zum äußersten verteidigen 
wollte, im Stiche lassen müssen. Aber da der Wind gedreht hatte, 
die Flugrichtung des Ballon war E 10 ° N, und Herr Kindelän glaubte den 
Ballon bis Mittag in der Luft halten zu können, setzte er die Fahrt fort 
in der Hoffnung, entweder die Balearen zu erreichen oder ein Schiff 
unterwegs anzutreffen, das sowohl ihn als auch den Ballon retten würde. 
Es war dies ein sehr mutiger Entschluß mit Rücksicht auf die Klein¬ 
heit des Ballons und da ihm weder Abtreibanker noch ein Stabilisator zur 
Verfügung stand. 

In Fig. 3 ist die Route eingezeichnet, die Herr Kapitän Kindelän glaubt 
über und im Meere durchfahren zu haben. Punkt A (Dorf Palmar) ist voll¬ 
ständig bestimmt, ebenso Punkt B, wo der Ballon von dem englischen Schiff 
«West-Point» aufgenommen wurde, und dessen geographische Koordinaten von 
dem Schiffskapitän bestimmt wurden zu 

Länge 1 0 24' östlich Greenwich 
Breite 39° 24'. 

Nachdem Herr Kindelän sich entschieden hatte, die Reise fortzusetzen, 
zog er den Anker aus dem Wasser und fuhr am Schleppseil in 60 m Höhe. 
Um 3 Uhr früh bemerkte er einen Dampfer (Goya) und schrie mit dem 
Sprachrohr um Hilfe und bat den Kapitän, den Ballon einzuholen, was zu 
dieser Zeit möglich war, da nur ein schwacher Wind wehte, und zu ver¬ 
suchen, entweder das Schleppseil oder das Ankertau zurückzuhalten, an das 
er leere Ballastsäcke band, um die Geschwindigkeit des Ballons zu ver¬ 
ringern und dadurch seine Rettung zu erleichtern. Bei dem Getöse des 
Meeres und des Windes verstand aber leider der Schiffskapitän nicht diese 
Anweisungen, er ließ vielmehr ein Boot ins Meer setzen, von dem aus mit 
Ruder versucht wurde, das Schlepptau zu erfassen; die Geschwindigkeit 
des Windes war aber größer als die des Bootes, und das Manöver gelang nicht. 

Der Wind wurde stärker und Herr Kindelän ließ den Ballon so schnell 
fallen, daß der Korb in die Fluten tauchte, damit er als Treibanker diente; 
dieses Manöver verursachte einen großen Gasverlust, da nicht nur der 
relative Wind gegen den Ballon ziemlich beträchtlich war, sondern auch 
die durch die Meereswellen hervorgerufenen Erschütterungen den Gasverlust 
noch steigerten. Trotz alledem, das Boot konnte den Ballon nicht erreichen, 
und Herr Kindelän warf von neuem Ballast und verlor bald den Dampfer 
Goya aus den Augen, der mit Volldampf versuchte, ihm zu folgen. Dieses 
mißglückte Rettungsmanöver hatte viel Ballast gekostet. 

Nun zog Herr Kindelän den Anker wieder in den Korb und fuhr am 


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Schleppseil, in der Hoffnung, die Balearen zu erreichen. Gegen 5 Uhr be¬ 
merkte er rechts von sich beim ersten Morgengrauen die Insel Ibiza und 
auf seiner linken Seite und viel näher dem Ballon die Inseln Columbretes; 
der Wind war also nach Süden umgegangen und eine Landung auf den 
Balearen war ausgeschlossen. Um 640 begann die Sonnenstrahlung zu wirken, 
und der fast leere «Maria Teresa» begann schnell zu steigen bis zur Prall¬ 
höhe. In einer Höhe von 3800 m erblickte Herr Kindelän klar die Balearen 
und, indem mit dem Kompaß und durch leere ausgeworfene Flaschen seine 
Flugrichtung feststellte, bemerkte er, daß diese immer mehr nach Nord 
drehte. Die Windgeschwindigkeit war ziemlich stark, so daß er vielleicht 
hoffen konnte, die Küste von Catalogue zu erreichen. 



Fig. 3. — Fahrt des Ballon „Maria Teresa“ 24. bis 25. Juli 1907. 

Um 8 1 ls a. m. verlor er die Balearen aus den Augen und er glaubt 
deshalb, 60—70 km von ihnen entfernt zu sein. 

Der Ballon schwebte über mehreren Cumuluswolken; aber als mehrere 
höhere Wolken vor die Sonne kamen, fiel der Ballon um 8 3 /4 a. m. sehr 
schnell, so daß aller noch vorhandener Ballast ausgegeben werden mußte, 
um den Fall einigermaßen zu parieren; trotzdem tauchte der Korb vor¬ 
übergehend in das Wasser und in 20 m Höhe war der Ballon schließlich 
im Gleichgewicht. 

Mittels des Kompasses und des Schleppseils konnte nun Herr Kindelän 


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feststellen, daß die Windrichtung unten genau entgegengesetzt war wie in 
der Höhe und daß der Ballon nach SSW. trieb; so konnte er vielleicht doch 
noch auf den Balearen landen. Der Ballon fiel indessen immer langsam, und 
um ihn solange wie möglich in der Luft zu halten, warf Herr Kindelän 
nacheinander über Bord: seine Schuhe, das Ankerseil, die Korbtaschen bis 
auf eine, die er am Ring aufhing, das Schleppseil in einzelnen Stücken bis 
auf ein kleines Ende, das Aneroid, die Lampen, das Statoskop und endlich 
den Anker. Um 1220 mittags begann der Korb in die Fluten zu tauchen 
und schwankte nun so stark, daß Herr Kindelän sich gezwungen sah, sich auf 
seinen Boden zu setzen, um so wenigstens einigermaßen eine Stabilität zu 
erreichen. In dieser Lage verblieb er bis 2 Vs p. m., wo er sich aufrichtete, 
da er nicht mehr am Boden sitzen konnte. Er zog seine Beinkleider aus und 
warf sie hinaus. Um 3 Uhr war fast der ganze Korb mit Wasser gefüllt, 
der Ballon sehr in die Länge gezogen und fast leer. Um das Ballongas 
möglichst zu konservieren, kletterte Herr Kindelän in den Ring, um den 
Füllansatz zuzubinden, aber es gelang ihm nicht; denn der Füllansatz war zu 
hoch. Er dachte auch daran, die Korbleinen durchzuschneiden, aber der 
Aufenthalt auf dem Ringe war zu schlecht, daß er sich nicht dazu ent¬ 
schließen konnte; jeder auf einige Leinen ausgeübte Zug bewirkte das Fallen 
der Hülle und des Netzes auf den Aeronauten. 

Um 5 Uhr nachmittags empfand Herr Kindelän starke Schmerzen im 
Kopf, die wahrscheinlich teils durch die starke Nervenanspannung ver¬ 
ursacht waren, teils aber wohl auch daher kamen, daß, während ihm die 
Sonne auf den Kopf brannte, sein Körper durch den langen Aufenthalt im 
Wasser vor Kälte zitterte. Vorübergehend litt er auch an Hallucinationen; 
wenn er irgend einen Punkt am Horizont fixierte, glaubte er Schiffe, Häuser, 
überhaupt alles zu sehen, was er wünschte; dann wieder glaubte er einen 
Kameraden bei sich zu haben, zu dem er sprach. Um sich von diesen 
Hallucinationen zu befreien, tauchte er den Kopf in das Wasser. 

Gegen 5 h 25 ra p. m. erblickte er von neuem die Küste von Ibiza und 
wenige Augenblicke später fuhr in wenigen Meilen Entfernung ein Dampfer 
an ihm vorbei. Herr Kindelän sucht sich vergebens mittels des Sprachrohrs 
mit dem Schiff zu verständigen, aber man hört ihn dort nicht und das 
Schiff verschwindet bald, ohne den Ballon bemerkt zu haben. 

Herr Kindelän bringt in der am Ringe aufgehängten Tasche die wenigen 
Lebensmittel unter, die er noch besitzt, eine Flasche mit etwas Wasser, 
zwei Karten, das Messer, sein Portefeuille, die Taschenuhr, das Sprachrohr 
und einen Bleistift; das ist alles, was ihm noch verblieben ist, aber er 
verliert deshalb nicht die Hoffnung. 

Um 6 Uhr stellt Herr Kindelän fest, daß der Wind anfängt vom Lande 
aus zu wehen, aber daß die stärkere Meeresströmung den Ballon gegen 
die Inseln treibt; er erkennt schon einzelne Häuser und Einzelheiten der 
Küste. 

Um ö Uhr hatte er nach der Uhr gesehen, und als er sie später 


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herausnimmt, bemerkt er, daß sie um 6 h 5 m stehen geblieben ist, deshalb 
sind die späteren Zeiten nur näherungsweise richtig. 

Gegen 6 l !s p. m. nimmt der Wind an Stärke zu und der Ballon ent¬ 
fernt sich deshalb vom Land. In diesem Augenblick entschließt sich Herr 
Kindelän, den Ballon zu verlassen, um durch Schwimmen zu versuchen, die 
Küste zu erreichen. Er steckt das Sprachrohr, das Portefeuille, das Messer 
und den Bleistift in seine Unterhose und wirft sich nicht ohne Schwierigkeiten 
aus dem Korbe, da bei den geringsten Bewegungen der Ballon und das 
Netz auf ihn fallen. 

Um 7 Uhr entfernt er sich allmählich von dem Ballon, der schon ganz 
lang auseinander gezogen ist und dessen Ring in die Fluten taucht; anfangs 
verspürt er Krämpfe in den Beinen, die aber allmählich nachlassen. 

Herr Kindelän glaubt, daß er ungefähr anderthalb Stunden geschwommen 
ist, als er ein Schiff bemerkte, das seinen Kurs wechselte und auf den 
Ballon zusteuerte; er versucht, mit dem Sprachrohr die Aufmerksamkeit auf 
sich zu lenken, aber das Instrument versagt; er schreit dann mit allen Kräften 
nach Hilfe, aber man hört ihn nicht, er ist zu weit vom Schiff entfernt. 

Es war dies einer der Höhepunkte der Odyssee Kindeläns, den Ballon 
gerettet zu sehen und sich selbst verloren zu fühlen. Er schwamm sofort 
auf das Schiff zu, und um schneller vorwärts zu kommen, zog er sein Messer 
heraus, um sich der Rettungsweste zu entledigen, aber das Messer war durch 
das Wasser so stark verrostet, daß es nicht aufging. Er schwamm gegen 
den Strom, so schnell er konnte, und als er in 500 bis 600 m vom Schiff 
gekommen war, schrie er um Hilfe auf französisch, spanisch und englisch, 
aber man hörte und sah ihn bei der Dunkelheit nicht vom Schiff aus und 
er erblickte einen Augenblick mit Verzweiflung, daß das Schiff sich entfernte. 
Aber sein Mut verließ ihn doch nicht und als wir ihn, als er uns seine 
sensationelle Fahrt erzählte, fragten, was er in diesem Augenblicke würde 
getan haben, antwortete er mit seinem sprichwörtlichen Humor, «das was 
man tut, wenn man die Straßenbahn verpaßt, man geht zu Fuß; ich wäre 
wieder die Richtung nach Ibiza geschwommen». Aber kurze Zeit darauf 
änderte das Schiff seinen Kurs und Herr Kindelän schwamm in der Richtung, 
um den Kurs des Schiffes zu kreuzen, und schrie mit allen Kräften um Hilfe. 
Auf dem Schiff wurde die Maschine angehalten; man hatte ihn gehört. Herr 
Kindelän hörte Stimmen, aber er sah nicht, daß das Boot ausgesetzt wurde, 
aber wenige Augenblicke später hörte er in seiner Nähe Ruderschläge und 
die Rufe «For ever». Bald darauf sah er sich von starken Armen erfaßt 
und ins Boot gehoben ; es war 9 Uhr abends. Der Kapitän, Mister John Roche, 
des Dampfers empfing ihn auf das herzlichste, und als er ihm mitteilte, daß 
er der einzige Insasse des Ballons war und Hauptmann in der spanischen 
Armee wäre, umarmte ihn Mister Roche und gestand ihm, daß er sich 
doppelt glücklich schätze, ihn gerettet zu haben; denn er hätte eine Dankes¬ 
schuld gegen Spanien abzutragen, da an den Küsten von Salizia die Besatzung 
des spanischen Dampfers «Antonio Lopez» ihn gerettet hätte. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 48 


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pas certain du tout qu’on puisse le copier avec assez d’habilete pour que la 
contrefagon fonctionne aussi bien que le fameux dirigeable fran^ais. E. 

Zeppelin und wir. 

Die «Leipziger Neuesten Nachrichten» veröffentlichen die folgenden Zeilen, denen 
wir nichts hinzuzufügen brauchen, die wir nur voll unterstreichen können: 

Gewiß, man legt den Kopf in den Nacken, wenn sich Zeppelins stolzer, silber¬ 
blinkender Luftfisch über die Wasser des Bodensees erhebt, und man bewundert den 
kühnen Mann, aber den meisten ist doch ein Mensch, der dank seiner Waden und der 
gut geölten Pedale seiner Maschine einen neuen Rekord auf der Radrennbahn schafft, 
oder ein Preisboxer, der auf einer Varietebühne tosende Beifallstürme einheimst, inter¬ 
essanter und menschlich näher als dieser ungemütliche Mensch, der sein Fahrzeug 
durch die Luft steuert. Und sicherlich kann Graf Zeppelin sich mit den beiden 
hinsichtlich des ihnen gespendeten Beifalls nicht messen. Mit all diesen 
Dingen kann man sich abfmden, wenn man auf dem Standpunkt steht, daß man mensch-, 
liehe Dinge weder beweinen, noch belachen, sondern verstehen soll; nur gegen eins 
wendet sich in den «Hamb. Nachr.» Emil Sandt, der Verfasser des geistreichen Buches 
«Cavete», mit vollem Recht und mit gerechtem Nachdruck: gegen das steifleinene Selbst¬ 
bewußtsein, daß es «uns» gelungen ist, daß «wir» den Vorsprung vor anderen Völkern 
jetzt haben. Was haben denn «wir* dazu getan, die wir jahrelang den Grafen Zeppelin 
laut oder leise verspottet haben als einen, der an einer fixen Idee leide? Nicht «wir* 
haben das alles erreicht, sondern er allein, und nicht mit uns, sondern gegen «uns». 
Den härtesten Kampf hat Graf Zeppelin nicht gegen den Luftwiderstand und nicht gegen 
widerspenstige Propeller ausgekämpft, sondern gegen «uns», seine nachsichtig lächelnden 
Zeitgenossen, die jeden seiner Mißerfolge immer mit einem selbstbewußten «natürlich* 
quittiert haben. Jetzt ist er der Sieger, jetzt zieht er dahin durch das Luftmeer, hoch 
erhoben über menschlichen Beifall und Tadel, in der reinen, vom Hauch der aura popu- 
laris nicht mehr erreichten Luft. 

Wäre Graf Zeppelin der Sohn eines fremden Landes, ein nationales Ehrengeschenk 
wäre ihm sicher. Womit wird das deutsche Volk ihn ehren? Kein Ordensstern, kein 
Beifall und kein wie immer geartetes Zeichen des Dankes kommt auch nur im ent¬ 
ferntesten dem Hochgefühl des Siegers nahe, als ihm am Steuer seines Fahrzeuges die 
stolze Gewißheit wurde, daß er wirklich und wahrhaftig mit einem Werke aus Menschen¬ 
hand die Luft beherrschte. Wenn dem Sieger bisher nur spärlicher Beifall und magere 
Anerkennung geworden ist, so mag er sich damit trösten, daß, wer auf den eisigen 
Höhen der Menschheit wandelt, in frostiger Einsamkeit stets ein Einzelner bleiben wird, 
weseneins mit seiner Tat und hoch über dem Lärm des Tages erhoben. 


Eine nächtliche Ballonfahrt Uber die Zuidersee. 

Nachdem mein Mitfahrer, Herr A. Coeppicus-Neheim, und ich gelegentlich der 
Wettfahrten des «Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt» im Juni d. Js. die wegen 
des zur See wehenden Windes angesetzte Zielfahrt mit 4300 m Entfernung vom selbst¬ 
gewählten Ziel erledigt hatten, banden wir unsern braven «Cognac * mit Haltetauen und 
Schleppseil an zwei passende Bäume, beschwerten ihn mit Ziegelsteinen und Dorfjugend, 
bis sein aufstrebendes Begehren gedämpft war, und studierten vor dem Wirtshaus unter 
der Dorflinde die Karten für die Weiterfahrt — immer noch in einer stillen Hoffnung 
auf Drehung des Windes um ein paar Grad nach Westen. So beschlossen wir: führt 
unser Kurs südlich Rotterdam, dann gehts über den Kanal, wenn nicht, dann landen 
wir beim ersten Mövenschrei und Blinkfeuer. Um 9 3 /« Uhr abends bestiegen wir wieder 
unser luftiges Gefährt. Das Schleppseil holten wir gleich nach der Abfahrt unter 


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nicht geringen Anstrengungen wieder ein, weil der Ballon in 75 m Höhe eine wunder¬ 
volle Gleichgewichlslage gefunden hatte, die er bis zur Zuidersee auch nicht verloren 
hat. Bei Nymwegen passierten wir den Rhein; über einen Mastenwald, behängt mit 
roten und grünen Lichtern, ging die langsame Fahrt hinweg; es waren die Schlepp¬ 
züge, die beim Morgengrauen ihre Fahrt zu Berg oder zu Tal fortsetzen wollten. 
Ein schier bezauberndes Bild, wie die vielfachen Lichtreflexe auf den leicht bewegten 
Wellen tanzten. Eine Stunde später wurde Arnheim passiert, dann gings in w’est- 
nordwestlicher Richtung auf die Zuidersee los. Eben holte in Harderwyk die Turmuhr 
zum zwölften Schlage aus, da vernehmen wir unter uns ein Rauschen und Brausen: 
wir sind am Meer. Für diesen Augenblick imputiert uns die Enkhuizer Chronik, die 
von ihrem Standpunkt aus unsere Meerfahrt beschrieben hat, ganz ängstliche Empfindungen: 
Nu möten wie landen, dachten de schippers, anders gabt verheert; dat möt eene ängst¬ 
liche ogenblick gewest sin, als de schippers personlike Kenntnis nahmen von der Zuider¬ 
see. Gewiß, es war ein schaurig-schöner Anblick, das dunkle Spiel der Wellen noch 
nicht zehn Meter unter dem Korbboden; denn wir beschlossen tief zu fahren, um die 
sehr schmale Ecke bei Enkhuizen nicht zu verpassen und dann ins offene Meer hinaus¬ 
getrieben zu werden. Wir ließen den Korb ruhig ins Wasser eintunken, er erhob sich 
jedesmal von selbst wieder. Sehr bald bemerkten wir aber, daß wir — genau wie über 
einer geschlossenen Wolkendecke — unsere Richtung nicht mehr fcststellen konnten 
beim Fehlen jeglichen Anhaltspunktes. Wie war dem abzuhelfen? Entweder durch 
Auslegen des Schleppseils oder Auswerfen des Ankers. Wir entschieden uns für das 
letztere; das Schleppseil hätte sich in seiner ganzen Länge voll Wasser gesogen, auch 
hofften wir, der Anker würde kurz vor Enkhuizen Grund fassen und uns zum Fessel¬ 
ballon machen. — 10 Meter über dem Wasserspiegel lassen wir den Anker fallen, 
schäumend spritzt der Gischt auf, und von nun an zieht das Ankfertau ganz gehorsam eine 
silberne Furche; nun sind wir orientiert, die Richtung ist nach wie vor Westnordwest. 
So fahren wir 1 7* Stunden; unser Reflektor verbreitet trauliche Helle im Korb, wie im 
Stübchen zur Abendzeit. Es ist ganz gemütlich, wenn es nur nicht immer im Westen 
wetterleuchtete. Richtig! Da fängt es über uns an zu rauschen und zu prasseln, es 
regnet! Das fehlt nun gerade noch: Wasser von oben und von unten. Mit Ballastopfern 
sind wir sehr sparsam, lieber tunken wir ein paarmal ein, ja wir schwimmen auch ein¬ 
mal eine Minute mit einigen Zentimetern Tiefgang ; im Notfall beschließen wir, das Schlepp¬ 
seil stückweise zu opfern. Der Regen hört jedoch bald wieder auf und wir spähen nun 
eifrig nach Blinkfeuern. Da tauchen zu gleicher Zeit zwei auf. Es müssen die Leucht¬ 
türme von Stavoren und Enkhuizen sein, und auf letzteren haben wir Kurs. Nun gilt 
es Obacht geben, damit wir die sehr schmale Nordwestecke des Zuiderseeufers nicht 
verpassen. Nach wenigen Minuten erkennen wir auch die Lichter von Enkhuizen, 
dann machen wir den Korb klar zur Landung. Im nächsten Augenblick fällt auch der 
Anker, reißt aber sofort wieder aus, da der Wind sich ziemlich aufgemacht hat. Mit 
dem Aufgebot unserer letzten Kräfte ziehen wir den Anker ein, da wir uns den Haus¬ 
dächern von Enkhuizen bedenklich nähern, höher wollen wir nicht mehr gehen, weil wir 
unmittelbar hinter dem Ort landen müssen. Über das Dach des Rathauses fliegen wir ganz 
tief hinweg, wir drehen den Reflektor nach vorne in die Fahrtrichtung und spähen aus 
nach einem geeigneten Landungsterrain. Zum Auslegen des Schleppseils bleibt keine Zeit 
mehr, denn wir nähern uns ziemlich schnell der Nordseeküste; gleich hinter den letzten 
Häusern haut die Gondel kräftig auf, und eine tolle SchleilTahrt beginnt, da wir beide 
keine Kraft mehr haben, um die Reißbahn erfolgreich zu ziehen; auch müssen wir acht 
geben auf den im Ballon herumschlenkernden Anker. Alle Augenblicke sitzen wir tief 
in einem der 2—3 Meter breiten Wassergräben, die dort die Stelle der Straßen ein¬ 
nehmen, denn alle und jede Kommunikation geht dort zu Wasser: Endlich beim dritten 
oder vierten Bad bleiben wir liegen; der brave «Cognac» liegt weich gebettet fein 
säuberlich in einem Kartoffelfeld, während wir bis zum Hals im Wasser sitzen und die 
Korbleinen von oben unseren Korb schließen wollen, wie mit Gitterstäben. Nach und 


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nach krabbeln wir heraus und fischen mühsam die Instrumente heraus, die sich von den 
gequollenen Leinen nicht leicht lösen lassen. Es ist ein Viertel vor 2 Uhr. Also muß 
es bald hell werden. Aber erst um 6 Uhr kamen zu Schiff die ersten Menschen, <om 
de beester to melken». Sie halten uns offenbar für Schiffbrüchige und freuen sich wohl 
schon auf das Strandgut. Dank der Hilfe eines in Enkhuizen ansässigen deutschen 
Kaufmanns sind wir mäßig gerupft davon gekommen. Anfangs lautete die liebliche 
Strandgutforderung auf ein Zehntel des Ballonwertes, den die gar nicht blöden Schiffer 
auf 600 Gulden = 1000 M. bezifferten. Zum Glück hatte ich vor der Abrechnung das 
ganze Material auf den Bahnhof bringen und verladen lassen. Den Ballon sollten sie 
uns diesmal nicht pfänden, w T ie wir das im Niederrheinischen Verein schon in Holland 
erlebt haben. Nachmittags konnten wir die Heimreise antreten in dem erhebenden Ge¬ 
fühl, eine ganz besonders interessante Fahrt gemacht zu haben. R. Milarch. 

Die russische Ballonkatastrophe im Juli 1907. 

Ein schweres Ballonunglück hat vor kurzem Rußland betroffen und in allen Luft¬ 
schifferkreisen lebhafte Teilnahme und berechtigtes Interesse hervorgerufen. Dies ist um 
so verständlicher, als, wie es scheint, ein wahrhaft tragisches Geschick die Schuld am 
Unglück getragen hat. Im nachstehenden gebe ich zunächst die Tatsachen, soweit sie 
nachträglich durch umfangreiche Zeugenvernehmungen festgestellt worden sind. 

Am 19. (6.) Juli um 10 h 30 m a. stieg vom Hof der Gasanstalt in St. Petersburg 
(im SE der Stadt belegen) ein Ballon mit Leuchtgasfüllung, in dessen Korbe die Leutnants 
Kologriwow und Ssafonow (beide bekannt durch ihre fachschriftstellerischen Arbeiten im 
russischen aeronautischen Journal «Wosduchoplawatel») und die Unterleutnant* Lichutin 
und Michailow Platz nahmen. Der Ballastvorrat betrug 14 Sack = 225 kg. Am Auf¬ 
stiegort wurde SE-Wind beobachtet und in der Tat trieb der Ballon zunächst nach NW, 
also in einer Richtung, die ihn über Festland nach Finnland geführt hätte. Als der 
Ballon einen großen Teil der Stadt überflogen hatte und nach Ballastausgabe bis in die 
Höhe der unteren Wolken (fr-cu in 1400 m) gestiegen war, wechselte er rasch die Richtung 
und trieb direkt nach W in den Finnischen Meerbusen hinaus. Um 11 h 30 m wurde er 
von Peterhof aus über dem Meerbusen, also in 25 km W vom Aufstiegort, niedrig gehend 
beobachtet. Man konnte sehen, wie Ballast ausgegeben wurde, worauf der Ballon schnell 
stieg und in der Richtung nach Kronstadt, nach W, weiter trieb. Um 2& p. wurde der 
Ballon von der Insel Seskär aus, 110 km genau westlich vom Aufstiegort und »chon je 
60 km von beiden Küsten entfernt, gesichtet und auf eine von diesem Orte abgesandte 
Depesche hin wurden sofort Kreuzer zur Hilfeleistung abgesandt. Um 4 b p. wurde der 
Ballon bei der Insel Hogland, 190 km westlich vom Aufstiegort, beobachtet. Er soll 
dort bis zur Wasserfläche gesunken, aber plötzlich wieder gestiegen und in der Richtung 
nach W verschwunden sein. Um 6^ p. wurde er von der Lotsenstation Ekskär aus, 
weitere 75 km westlich, gesehen. Er befand sich etwa 20 km südlich von der finnischen 
Küste, führte eine rote Notflagge und sank schnell bis zur Wasserfläche. Ob sich noch 
Insassen im Korbe befanden, konnte nicht festgestellt werden. Man sah dann den Ballon 
zwischen den Feuerschiffen Söderskär und Kalkbodegrund nach SW vorübertreiben, worauf 
er noch um 8 h p. bei dem Feuerschiff Öransgrund, 50 km SW von Ekskär, fast entleert 
und mit leerem Korbe auf dem Wasser treibend gesehen wurde. Erst am nächsten Tage 
gelang es einem Kreuzer, den Ballon in diesem Zustande bei Porkala-Udd, weitere 30 km 
westlich, aufzufischen, ohne indessen etwas zu finden, was zur Aufklärung der Sachlage 
beitragen konnte. Die Korkgürtel, mit denen die Luftschiffer versehen waren, fehlten, 
sodaß die schwache Hoffnung vorlag, daß die Luftschiffer sich vielleicht doch noch ge¬ 
rettet haben konnten. Aber alle Nachforschungen von seiten zahlreicher, zu diesem 
Behufe ausgesandter Schiffe blieben erfolglos. Erst eine Woche später wurde bei Hogland 
der Leichnam des Unterleutnants Lichutin angespült, 10 Tage später der Leichnam des 
Leutnants Kologriwow bei Pappenwick, 60 km SE von Öransgrund, und 2 Wochen später 


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der Leichnam des. Leutnants. Sagfonow bei Nargö, 50 km S von öransgrund. Die Leichen 
trugen die Rettungsgürtel aus Kork. 

Werfen wir nun einen Blick auf die Wetterlage. Am Morgen des Aufstiegtages 
um 7^ a. bedeckte ein Depressionsgebiet den größten Teil Rußlands. Darin ließen sich 
in der weiteren Umgebung des Aufstiegortes 2 schwache Kerne unterscheiden: der eine 
lag nördlich von Gotland, der andere in Russisch-Polen. Am Abend (9 h p.) hatten sich 
beide Zentra vereinigt und vertieft, das neue Zentrum lag im Quellgebiet der Düna 
(745 mm). Die Isobaren verliefen am Morgen des Tages, nach der Zeichnung des russischen 
Zentralobservatoriums, bei Petersburg in nordwestlicher Richtung, am Abend aber schon 
rein westlich und südwestlich. Die Windrichtung SR wurde am Aufstiegmorgen, wie 
erwähnt, am Füllplatz beobachtet und gleichfalls in Pawlowsk (20 km südlich). Dagegen 
ergaben die Beobachtungen am Zentralobservatorium, am westlichen Rande der Stadt, 
und ebenso in Helsingfors und bei Wiborg reine E-Richtung, die sich gegen Abend in 
NE verwandelte. Auch der am Vormittag des Tages in Pawlowsk veranstaltete Drachen¬ 
aufstieg wies zwischen 800—2000 m Höhe auf eine Richtung aus ESE hin. 

Hiernach scheint es, daß der an der Aufstiegstelle und weiter ins Land hinein 
beobachtete SE eine nur lokale Bedeutung gehabt, was nicht rechtzeitig erkannt werden 
konnte. Wahrhaft tragisch ist es aber, daß sich der Wind im Laufe des Tages parallel 
dem Verlaufe der finnischen Küste (anfangs nach W, dann nach SW) drehte, sodaß die 
LuftschifTer beständig in der Axe des Meerbusens trieben. Auch an größeren Inseln 
scheinen die LuftschifTer immer in einiger Entfernung vorübergeflogen zu sein, sodaß 
sich keine Landungsmöglichkeit bot. Es macht auf den Unterzeichneten den Eindruck, 
als ob bei Hogland der Unterleutnant Lichutin, um den schon bis an den Meeresspiegel 
gesunkenen Ballon zu entlasten, ins Meer gesprungen sei. Leider hat seine mutige Tat 
Weder ihn selbst, noch seine Gefährten retten können. Die sich daran knüpfende Hoff- 
AUng, daß der Ballon sich halten und vielleicht doch noch bis in die Nähe von Helsingfors 
getrieben werden könnte, wurde leider durch den Wechsel der Windrichtung vereitelt. 
Die beträchtliche Windstärke, die aus der Bewegung des Ballons gefolgert werden muß 
(am Nachmittag 30—40 km per Stunde), hat auch die ausgesandten Schiffe ihr Ziel nicht 
erreichen lassen. Ehre dem Andenken der unglücklichen Pioniere menschlichen Könnens! 

Elmar Rosenthal. 

Eine neue Überfliegung der Pyrenäen. 

D«r spanische Ballon «Norte» von 2200 cbm hat in der Zeit vom 5. zum 6. August 
d. Js., geführt von den bekannten Mitgliedern des Real Aero-Glub de Espafia, Herrn 
G. Salam&nca und Jos6 Romero, die Pyrenäen überflogen. Die Abfahrt erfolgte um 
8 p. m. am 5. August in Madrid, die Landung am 6. August um 10 l /4 a. m. nach einer 
Fahrt von 14 V* Stunden zu «Urau>, Departement Haute-Garonne. 

Der Aufstieg erfolgte wegen des sehr schlechten zur Verfügung stehenden Leucht¬ 
gases mit nur 600 kg Ballast. Die Pyrenäen wurden gegen 8 Uhr früh bei dem Maladetta 
(8362 m) überflogen, also an ihrem höchsten Teile. Als der Ballon in eine Höhe von 3900 m 
über dem Maladetta stand, veranlaßte das Vortreten einer Wolke vor die Sonne ein 
starkes Fallen des Ballons, so daß die Korbinsassen eine beträchtliche Menge Ballast 
opfern mußten, um das Fallen zu parieren. Der Ballon stieg allmählich und befand sich 
über Frankreich schließlich in 5150 m Höhe. Ein prachtvoller Ausblick bot sich den 
Luftsthiffem dar. 

Später trieb eine andere Luftströmung den Ballon gegen den östlichen Teil der 
Pyrenäen zurück und, um nicht wieder nach Spanien zurückgetrieben zu werden, mußten 
die Luftschiffer eine sehr schnelle Landung ausführen; um den Aufprall auf den Boden 
einigermaßen zu mildern, mußte der Rest des Ballastes und die Verpackungspläne für 
den Ballon und den Korb ausgegeben werden. 

Die Landung wurde von dem Maire Herrn Laun6 bescheinigt. Zum zweitenmal 


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ist somit die imposante Bergkette der Pyrenäen im Ballon überflogen worden, und zwar 
zum erstenmal von Norden nach Süden durch den unglücklichen Duro, und zum zweiten¬ 
mal von Süden nach Norden durch zwei seiner ausgezeichnetsten Schüler und Kameraden. 

Francisco de Paula Rojas. 


Die Fahrten des Luftschiffes „Ville de Paris". 1 ) 

Das Luftschiff des Herrn Henry Deutsch de la Meurthe hat drei interessante Auf- 
stiege am 8. August, 9. und 11. September ausgeführt. 

Beim ersten Aufstieg handelte es sich vor allem darum, die Besatzung der Gondel 
mit der Handhabung vertraut zu machen und das Funktionieren der einzelnen Teile zu 
untersuchen. Der Lenkbare führte mit der größten Leichtigkeit Evolutionen in der Um¬ 
gebung seiner Halle zu Sartrouville aus und zeigte dabei eine große Stabilität. 

Die Experimente am 9. September waren in Wirklichkeit die ersten freien Flüge 
des Luftschiffes. Es hat an diesem Tage zwei kleine Flüge ausgeführt, einen am Vor¬ 
mittag und einen am Nachmittag. 

Der erste Aufstieg fand um 10 Uhr vormittags bei einem Winde von 4 7* m p. s. 
statt, nachdem zuvor einige Versuche auf der Erde ausgeführt waren. In der Gondel 
befanden sich die Herren Surcouf, Ingenieur Kapferer und der Mechaniker Paulhan. Das 
Luftschiff flog über Sartrouville, schwenkte rechts nach Bezons und kehrte über Chaton 
und Montesson nach seinem Aufstiegsort zurück. Dieser erste Aufstieg verlief in aus¬ 
gezeichneter Weise; die Geschwindigkeit des Luftschiffes betrug 40 km in der Stunde; 
der Aufstieg dauerte 35 Minuten; man verfügte über 220 kg Ballast. Dank den Stabili¬ 
sierungsflächen war die Landung eine sehr glatte. 

Gegen 3 Uhr nachmittags fand ein zweiter Aufstieg statt bei einem Winde von 
6 bis 7 m p. s. Die Herren Surcouf, Paulhan und Cormon befanden sich in der Gondel; 
die Fahrt dauerte 17 Minuten, während welcher Zeit das Luftschiff über dem Bahnhof 
von Sartrouville und dann über Montesson Evolutionen ausführte. Wie beim ersten Auf¬ 
stieg verlief auch diesmal die Landung sehr glatt. 

Am Vormittag des 11. September stieg «Ville de Paris» mit den Herren Kapferer 
und Paulhan um 10 Uhr von Montesson-Sartrouville auf. Er flog über Chaton, über die 
Papiermühle von Hauterre, ließ den Mont-Val6rien auf seiner linken Seite, überflog Saint- 
Cloud fast über dem Park des Aöro-Club, ging dann entlang der Seine nach Billaucourt, 
wo sich die Werkstätten seines Konstrukteurs, des Herrn Surcouf, befinden. Die Rück¬ 
fahrt führte über das Boulogner Wäldchen, Neuilly, Saint-James, die Brücke von Puteaux, 
Hauterre, und der Ballon landete glücklich bei seiner Halle nach einer Fahrt von 1 Stunde 
5 Minuten; er flog mit einer mittleren Geschwindigkeit von 40 km in der Stunde und 
hielt sich während der ganzen Fahrt in einer Höhe von 250 bis 300 m. 

G. Espitallier. 

Das Fest zum Andenken von Andröe in Schweden. 

(Schluß.) 

Leider wissen wir nicht viel davon, wie die Expedition nachher ablief, und seit 
dem 13. Juli 1897 um 12 30 Uhr p. m., als Andr6e uns seine letzte Botschaft zu¬ 
sandte, nämlich die Brieftaube, die am 15. Juli auf das norwegische Fahrzeug «Alken* 
hinunter flog und von dessen Kapitän Oie Hansen von Hammerfest geschossen und 
verwahrt wurde, wissen wir garniehts. 

Aber doch haben wir alle in dieser Stunde ein so heftiges Verlangen, uns eine 
Vorstellung von dem Ende der Fahrt zu bilden, daß ich nicht unterlassen kann, meine 

>) Vgl. die genaue Beschreibung im Augustheft. Inzwischen sind mit dem Luftschiff noch mehrere 
interessante Fahrten ausgeführt. Red. 


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Ansicht in der Sache auszusprechen. Sie ist vielleicht teilweise unrichtig, aber sie kann 
wenigstens als Leitfaden künftiger Forschung dienen. Ich will dabei hauptsächlich der 
von Professor Nathorst gemachten scharfsinnigen Auslegung der Andr6e-Funde folgen. 

Andr6e nahm, wie bekannt, mehrere Fließbojen mit, die dafür bestimmt waren, 
nebst Mitteilungen von dem Ballon ausgeworfen zu werden, um nachher, wenn sie ge¬ 
funden wurden, Botschaften von der Expedition zu bringen. Er nahm 12 kleinere 
Bojen mit und eine große, die sogenannte Polarboje, die von dem nördlichst erreichten 
Punkte der Expedition ausgeworfen werden sollten. Fünf von diesen Bojen sind wieder 
gefunden, nämlich 3 bei Island, 1 in Finnmarken in Norwegen und die Polarboje auf 
König Karls Land östlich von Spitzbergen. Alle diese Funde sind während der Jahre 
1899—1900 gemacht worden und nachher hat man keine der 8 ausstehenden Bojen 
angetroffen. Leider enthielten nur 2 der Bojen schriftliche Mitteilungen der Ballonfahrer 
und diese zwei waren schon am selben Tag, als die Abfahrt stattfand (den 11. Juli), ausge¬ 
worfen worden. 

Die zuerst ausgeworfene Boje enthielt folgendes Schreiben von Andres eigener 

Hand: 

«Fließboje Nr. 4. Die erste ausgeworfene Boje. Den 11. Juli um 10 Uhr p. m. 
G. M. Z. Unsere Reise ist bisher gut abgelaufen. Die Fahrt geht auf einer Höhe von 
ca. 250 m fort, anfangs in der Richtung N. 10° Ost, aber später in der Richtung N. 45° 
Ost. Brieftauben wurden um 5 40 Uhr p. in. abgesandt. Greenw. Zeit. Sie flogen west¬ 
lich. Wir schweben jetzt über dem Eise, das nach allen Seiten ausgebreitet ist. Das 
Wetter ist schön. Die Laune ist vortrefflich. 

Andree. Strindberg. Fraenkel. 

Über den Wolken seit 7 45 Uhr. G. M. Z.» 

Die zweite Boje, die 55 Minuten später ausgeworfen wurde, enthielt folgendes 
Schreiben von der Hand Strindbergs: 

«Fließboje Nr. 7. Diese Boje ist von dem Ballon Andr6e um 10® 6 Uhr p. m. 
G. M. Z. den 11. Juli 1897 auf etwa 82° geographischer Breite und 25° geographischer 
Länge Ost Grw. ausgeworfen. Wir schweben auf einer Höhe von 600 m. All well. 

Andree. Strindberg. Fraenkel.» 

Auf der anderen Seite befindet sich eine Polarkarte, auf welcher der Kurs des 
Ballons angegeben ist, aber der Karte gemäß ist die geographische Länge nicht 25°, 
sondern 15° östlich von Gr. 

Die Brieftaubenpost hatte folgenden Inhalt: 

«Von der Polarexpedition Andres zum Abendblatt, Stockholm. Den 13. Juli um 
12 30 Uhr p. m. Breite 82° 2', Länge 15° 5' Ost. Die Fahrt geht schnell gegen Ost. 10° S. 
Alles gut. Dies ist die dritte Brieftaubenpost. Andröe.» 

Was betreffend dieser Briefe auffallend ist, ist deren allzu kurzer Inhalt, auf 
welchen Professor Nathorst besonders hinweist. Den Ausdruck «All well» kann man nicht 
so erklären, daß die Schlepptaue nach dem bei der Abfahrt eingetroffenen Mißgeschick 
wieder in Ordnung gebracht worden waren, denn dieser Ausdruck wurde von Strindberg 
gebraucht, indem er erzählt, daß der Ballon auf einer Höhe von 600 m schwebte. 
Ferner sieht man, daß die Reisenden schon nach einer Fahrt von 8 Stunden ungefähr 
dieselbe Stelle erreicht haben, wo sie sich noch bei der Absendung der Brieftaube, 
2 Tage und Nächte später befanden. Wahrscheinlich hatten sie also während 1 */« Tag 
und Nacht Windstille getroffen, bis ein frischer Westwind den Ballon gegen Franz Josephs 
Land in Bewegung setzte. Aber wie ging nachher die Fahrt? 

Durch eine genaue Untersuchung der wahrscheinlichen Bewegung der Bojen mit 
den Meerströmen und durch eine Berechnung der wahrscheinlichen Bahnen und 
Mittelgeschwindigkeit derselben ist Professor Nathorst zu dem Resultat gekommen, daß 
die drei leeren Bojen, die natürlicherweise nach der Absendung der Brieftaube aus¬ 
geworfen wurden, vermutlich alle zu gleicher Zeit ins Wasser gekommen sind. Da sie 
offenbar keine schriftliche Mitteilungen enthalten hatten, muß man annehmen, daß sie 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 49 


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als Ballast aasgeworfen worden waren, um den Ballon möglichst lange schwebend zu 
halten, da es 1 das Leben galt und es keine Zeit zum Schreiben gab. Hieraus schließt 
Professor Nathorst, daß die Fahrt wahrscheinlich im Meer zwischen Franz Josephs Land 
und dem nördlichen Teil des Nowaja Semlja endete und daß die drei Bojen mit der 
Meeresströmung gegen Westen getrieben sind. Man kann jetzt nicht bezweifeln, daß die 
Bojen von dieser Seite gekommen sind. Aber doch muß man darüber erstaunen, daß 
seit dem Jahre 1900 keine einzige der 8 ausstehenden Bojen gefunden worden ist. 
Wären auch diese zur gleichen Zeit und auf derselben Stelle ins Wasser gekommen, 
so müßten während der letzten sieben Jahre mehrere derselben gefunden worden sein. 
Dieses Verhältnis kann ich nicht auf andere Weise erklären, als durch die Annahme, 
daß die anderen Bojen über das Land ausgeworfen worden sind. Da der Kurs des 
Ballons bei der Absendung der Brieftaube fast gerade gegen Franz Josephs Land ging, 
ist es wahrscheinlich, daß man dieses Land passierte. Professor Nathorst zeichnet die 
Bahn des Ballons eben südlich von diesem Lande. Wenn wir nur annehmen, daß der 
Kurs ein wenig nördlicher gegangen sei, also gerade über Franz Josephs Land, und daß 
die ausstehenden Bojen dann ausgeworfen worden sind, sind sie dort liegen geblieben, 
und wenn sie weit von der Küste gefallen sind, werden sie vielleicht nie, oder erst nach 
Jahrhunderten ins Meer heraus kommen. Die zwei Bojen aber, die in den Jahren 1899 
oder 1900 gefunden wurden, sind vermutlich auf das Eis nahe bei der Küste herunter 
gefallen, warum sie schon innerhalb eines Jahres los wurden und nach dem Meere 
trieben. Wie werden wir uns nun den Plan der drei Polarfahrer denken? Ich denke 
mir ihn folgendermaßen: 

Sie fanden bald, daß der Ballon nicht in so gutem Zustande war, daß man den 
Versuch, mit Hilfe der Schlepptaue an der ganzen Polargegend vorüber zu fahren, 
riskieren wollte. Hätten sie daran gedacht, so hätten sie natürlich die Schlepptaue, das 
Segel und die Lenkanordnung sobald wie möglich in Ordnung gebracht. Dagegen hatte 
Andr6e die Absicht, sobald der Wind nördlich wurde, die Expedition durch eine schnelle 
Fahrt auf großer Höhe, von der Polargegend nach dem nördlichen Europa zu retten. 
Er erinnerte sich schon seiner schnellen Fahrt von Göteborg nach Gotland und rechnete 
auf denselben Erfolg. — Diese Auslegung gibt auch eine Erklärung dafür, daß die 
Briefe so kurz abgefaßt wurden. Man hoffte bald wieder zu Hause zu sein und dann 
Gelegenheit zu haben, alles näher zu erklären. Ich nehme an, daß der Ballon sich über 
Franz Josephs Land befand, als dieser Plan ausgeführt wurde, vielleicht von einem 
nördlichen Schneesturm beschleunigt, vor dem man sich durch höheres Steigen retten 
konnte. Dann hat man auf einmal soviel Ballast, als man entbehren konnte, geopfert 
und also vor allem die Bojen, die man nicht mehr brauchte, weil man die Fahrt gegen 
Norden nicht fortsetzen wollte. Der Ballon ist schnell südwärts oder SSW. getrieben 
und vielleicht ist er nicht weit von der Halbinsel Kola gewesen, als die Tragkraft ver¬ 
braucht war und er ins Meer herunterstürzte. Wenn dann Sturm war, wäre schon 
die Rettung kaum möglich gewesen, hätte man auch bessere Hilfsmittel als das kleine 
Boot aus Stoff zur Verfügung gehabt, denn die Erfahrung lehrt, daß eine Bergung während 
solcher Umstände sehr schwer ist. 

Was mich betrifft, glaube ich nunmehr, daß die Erscheinung des holländischen 
Schiffskapitäns und seines Steuermanns nördlich von der Halbinsel Kola auf 69° 38' 
nördlicher Breite und 35 Q 34' östlicher Länge von Greenw. an Bort des Dampfers Dort¬ 
recht am 17. Juli 1897 nichts anderes als der verunglückte Ballon «örnen» war. Das 
Wetter war ziemlich trübe. Kapitän Lehmann stand auf der Kommandobrücke und sah 
durch das Fernglas. Er bemerkte dann einen Gegenstand, der beim ersten Anblick einem 
umgeschlagenen Fahrzeuge glich. Er rief den Steuermann Visser herbei, machte ihn 
auf diesen Gegenstand aufmerksam, und frug ihn, was er davon halte. Der Steuer¬ 
mann meinte, es wäre kein Fels, denn das Wasser sei dort ganz still. Unter der 
Voraussetzung, daß es ein umgeschlagenes Fahrzeug sei und daß man vielleicht Menschen 
retten könnte, wurde der Kurs des Dampfers geändert, bis er sich in einer Entfernung 


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von ungefähr 1 Seemeile (= 1850 m) von dem Gegenstände befand. Man konnte dann 
sehen, daß es kein Fahrzeug war und sich kein lebendiges Wesen dort befand. Die 
Meinung, daß es ein toter Walfisch wäre, wurde dann .ausgesprochen, aber bald wieder 
aufgegeben, weil man keinen Geruch bemerken konnte. Man beobachtete, daß Vögel 
an den Gegenstand flogen und sich auf denselben setzten, aber sie blieben nicht sitzen, 
sondern flogen bald wieder fort. Als Ursache hierfür wurde angenommen, daß das er¬ 
wähnte Objekt nicht fest war, sondern unaufhörlich im Wasser hin und her plätscherte; 
es war wahrscheinlich ganz hohl, denn es krümmte sich wie Stoff bei jedem Windstoße. 
Zwei kugelförmige Gegenstände lagen längs der Seite. Das Wetter war nicht so klar, 
daß man sie ganz und gar sehen konnte, aber der eine schien größer als der andere. 
Die Farbe war mattbraun oder dunkelgrau und der ganze Gegenstand war regelmäßig 
gestreift. Die Länge war ungefähr 150 Fuß und die Höhe von 12 bis 55 Fuß. Keine 
Taue wurden gesehen. Leider machte der Kapitän keine nähere Untersuchung, sondern 
setzte seine Reise nach Grimsbry fort, wo er, nachdem er erfahren hatte, daß Andr6e 
mit seinem Ballon aufgestiegen war, seine Erscheinung erzählte, weil er vermutete, 
dies sei ein verunglückter Ballon gewesen. Aber niemand hier im Lande wollte an 
ein so unglückseliges Ende der Fahrt glauben. Nachdem ausgeschickte Kundschafter 
zwei tote Walfische in diesem Fahrwasser gefunden hatten, obwohl in ansehnlicher 
Entfernung von der Stelle, wo Lehmann den seltsamen Gegenstand sah, nahm man ohne 
weitere Untersuchung an, daß dieser auch ein toter Walfisch gewesen sei. Da die 
Nachforschungen nicht fortgesetzt wurden, wurde auch nichts mehr gefunden. Für jeder¬ 
mann, der diese Beschreibung nachsinnend durchliest, ist es nunmehr fast unmöglich, 
anders zu glauben, als daß der Gegenstand wirklich der Ballon Andrßes war. Er war 
graubraun mit schwarzen Streifen und er krümmte sich bei jedem Windstoße. Längs 
der Seite desselben lagen zwei runde Dinge, die uns unwillkürlich an die Gondel 
und den Tragring erinnern. Der Chemiker der Expedition, der nunmehr verschiedene 
Ingenieur Axel Stake, hat erzählt, daß alle Fugen des Ballons mit Firnis gestrichen 
waren, in welchen man Kienruß gemischt hatte, um die gestrichenen Stellen deutlich zu 
markieren. Infolgedessen befanden sich auf dem Ballon dunkle, etwa 8 cm breite Streifen, 
warum man ihn mit einem von länglichen Steinen erbauten Gewölbe vergleichen konnte. 
Aber die horizontalen Fugen waren mehr hervortretend als die senkrechten, von welchen 
übrigens, wie Ingenieur Stake glaubte sich zu erinnern, wenigstens in der Mitte des 
Ballons nicht alle gestrichen worden waren. Bei nebeliger Luft und von weitem gesehen 
hätte man ihn daher leicht für gestreift halten können. 

Es gibt also mehrere Gründe, die für die obige Annahme sprechen und, soviel ich 
weiß, keinen einzigen derselben widersprechenden Grund. 

Dieser kühne Vikingszug in dem Dienste der Wissenschaft endete also wahr¬ 
scheinlich in weniger als 6 Tagen mit dem Ertrinken der drei hochbegabten Männer in 
dem nördlichen Eismeer. Unglücksfälle zur See kommen leider unter unserem viel zur 
See fahrenden Volk so oft vor, daß gewöhnlicherweise ein Schiffbruch kein großes Auf¬ 
sehen erregt. Aber diesmal w r ar es anders, denn wir hofften, eine Tat ausgeführt zu 
sehen, die den Schleier, der bisher einen großen Teil der Polargegend eingehüllt hatte, 
durchdringen sollte und daß diese große Tat von schwedischen Männern nach einer 
neuen, geistreichen Methode bewerkstelligt werden sollte. War der Untergang der Polar¬ 
fahrer ein reiner Unglücksfall oder hätte man denselben durch bessere Ausrüstung ver¬ 
hüten können, das ist die Frage. Mehrere ausländische Fachleute behaupten dies und 
tadeln die Verwegenheit der Polarfahrer. Aber hierüber ist nicht leicht zu urteilen 
und ich traue mir nicht zu, diese Frage zu beantworten. Wenn ich mich der Expedition 
entzog, tat ich es nur deshalb, weil ich die Hoffnungen einer gelungenen Fahrt allzu 
klein ansah und weil nach meiner Meinung eine wissenschaftliche Forschungsfahrt ohne 
gewissere Aussichten sinnlos wäre. Und das habe ich auch Andr6e gesagt. Aber er 
seines Teils sagte, daß die Aussichten ausreichend wären, um den Versuch zu moti¬ 
vieren, und dann schieden sich unsere Wege. Wenn übrigens auch die Ausrüstung der 


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*»»» 388 


Polarfahrer mangelhaft gewesen wäre, in einer Hinsicht war sie jedoch über alles 
Lob erhaben, nämlich in betreff ihres unerschrockenen Mutes. Die Weisen der 
Vorzeit haben gesagt, daß jede Tugend nur der Mittelweg zwischen zwei einander 
entgegengesetzten Fehlern sei. Sie meinten, der Heldenmut sei der Mittelweg zwischen 
der Tollkühnheit und der Feigheit. Aber wenn es nun oft im Leben schwer ist, 
die Mittelstraße zwischen Feigheit und Tollkühnheit zu halten, scheint es mir un¬ 
streitig, daß es besser ist, die erste um jeden Preis zu vermeiden, denn nur der 
Mutige kann in dem Kampfe des Daseins bestehen. Wir erinnern uns alle der Worte 
des weisen Sokrates, der, als er zu wissen bekam, daß die Tyrannen ihn zum Tode 
verdammt hatten, ruhig antwortete: «Die Natur hat auch sie zum Tode verurteilt». 
Von diesem Gesichtspunkte betrachtet, wollen wir das Los der Polarfahrer nicht betrauern, 
weil es nur dasjenige aller Menschen ist, aber für das Vaterland war der frühzeitige Tod 
dieser hochbegabten Männer ein großer und vielleicht auf lange Zeit unersetzlicher Ver¬ 
lust. Wäre es ihnen gelungen, von der Feuertaufe der Polarfahrt mit dem Leben davon 
zu kommen, wäre sicherlich die Erforschung der Physik von den höheren Luftschichten 
und den damit zusammenhängenden technischen Fragen der LuftschifTerkunst hier im 
Lande in eine Blüte geraten, die wir jetzt vermissen. Aber es sind nicht nur Meteoro¬ 
logen und Luftschiffer, die diesen großen Verlust tief empfinden. Für Erdbeschreiber, 
Ingenieure, Erfinder und alle andern, die für die materielle und kulturelle Entwickelung 
des Vaterlandes streben, wurde der Verlust ebenso schwer, das weiß ich. 

Aber das Andenken der Tapfern lebt in uns fort und soll in verklärtem Licht für 
künftige Geschlechter stehen. Es lebe das Andenken Andrees, Strindbergs und Fraenkels!* 

Der Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenommen. Nachdem ein gemeinschaft¬ 
liches Souper eingenommen war und die wertvollen Preise den glücklichen Gewinnern 
von dem Wettbewerbe des gestrigen Tages zugeteilt worden waren, war das würdige 
Fest zu Ende. R. Jäderlund. 

Aeronautische Übersicht. 

„Schulballons 44 . In Übereinstimmung mit den Vorschriften anderer Vereine, daß 
die Führeraspiranten vor Antritt ihrer selbständig geleiteten Fahrten eine Alleinfahrt zu 
absolvieren haben, hat der «Augsburger Verein für Luftschiffahrt* beschlossen, in gleicher 
Weise vorzugehen. 

Zu diesem Zwecke wurde ihm seitens der Ballonfabrik A. Riedinger in Augsburg 
ein 300 cbm-Ballon als Schulballon zur Verfügung gestellt, der inkl. vollständiger Aus¬ 
rüstung nur 120 kg wiegt. Hülle 50 kg, Netz 20 kg, Korb 30 kg, Schlepptau 20 kg. Dank 
der günstigen Bemessung dieses Ballons können sogar 2 Personen die Fahrt unternehmen, 
und fand die erste Fahrt am 28. August statt. Es war die Absolvierungsfahrt des Herrn 
Dr. Pauli, Chemiker der Farbwerke in Gersthofen, Fahrtkontrolleur war Herr Scherle. 
Fahrzeit 4 Stunden, Ballastverbrauch 11 kg. Landung bei Pfaffenhofen. Dieser Führer¬ 
fahrt folgte die Absolvierungsfahrt des Herrn Riedinger jr. am 30. August. Fahrdauer 
12 V* Stunden, Landung bei Allenbach bei Stadt Porzelten infolge starker Gewitter¬ 
stimmung *). In beiden Fällen Füllung mit Wasserstoff, der in den Vereinigten Farbwerken 
Gersthofen, 10 km von Augsburg, als Nebenprodukt gewonnen wird. 

Diese Alleinfahrten tragen außerordentlich zur Erhöhung der Selbständigkeit der 
Führer bei, der Führer kann für sich selbst die Wirkung seiner Maßnahmen auf den 
Ballon beobachten, er lernt den Unterschied kennen in der Führung eines Leuchtgas¬ 
ballons gegenüber dem mit Wasserstoff gefüllten. 

Wie wir vernehmen, sind schon eine Reihe von Fahrten mit diesem Ballon an¬ 
gemeldet, der behufs Ermöglichung noch längerer Fahrten auf einen Inhalt von 370 cbm 
gebracht worden ist. 

Es war eine Nachtfahrt. 


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389 


Wir zweifeln nicht, daß durch Aufnahme eines solch kleineren Ballons das Interesse 
für unsern Sport erheblich. gesteigert wird, zumal die Farbwerke Gersthofen mit den 
Vorbereitungen zum Komprimieren ihres Wasserstoffs beschäftigt sind, sodaß von einem 
beliebigen Ort aus aufgestiegen werden kann. 

Ballons gegen Hagelwolken. Die Versuche, Hagelwolken durch Explosionskörper zu 
erschüttern, welche mittels kleiner Ballons zu ihnen emporgebracht werden, sind fortgesetzt 
worden, nachdem die mehrfach verwendeten Hagelraketen und Hagelgeschütze nicht zur ge¬ 
wünschten Wirkung gebracht werden konnten. Herr Kapitän Marga und Herr Adh6mar de la 
Hault haben bei Dieghem-Loo wieder Aufstiege mit dem birnenförmigen, nach oben zuge- 
spitzten Ballon gemacht, welcher 3 cbm Wasserstoff enthält und an Tragschnüren 25 m 
unterhalb des Füllansatzes 500 g eines neuen Explosionsstoffes emporträgt, dessen Entzün¬ 
dungszeitpunkt durch die eingesetzte Bickvortsche Zündschnur, je nach Abschätzung der 
Wolkenhöhe, geregelt werden kann. Bei dem Versuch war auf 3 Minuten 40 Sekunden tem- 
piert worden, und die Explosion erfolgte in 1000 m Höhe und 1850 m Horizontalentfernung 
vom Aufstiegspunkt. Aus der Heftigkeit der Lufterschütterung schloß man, daß diese auf 
eine Hagelwolke, welche leider nicht zur Verfügung stand, die gewünschte Wirkung gehabt 
hätte. Es waren gleichzeitig zwei ebenso geformte Ballons aufgelassen worden, welche 
Registrierinstrumente trugen (der eine Renardsche Barometer), ebenso Anweisungen für 
die event. Finder. Es wurde dann auf ebenem Boden eine Menge von 750 g des 
Margaschen Explosivstoffes zur Entzündung gebracht, wodurch eine Erschütterung erzeugt 
wurde, die großen Eindruck machte. Die drei Ballons wurden gefunden und eingeliefert. 
Jener, welcher die Explosionsmasse getragen hatte, war unbeschädigt geblieben, was 
wegen der Wiederverwendbarkeit ja willkommen sein mag; jedoch auch wieder wegen 
der Dimensionen von anzugreifenden Wolken im Vergleich zu 25 m Aufhängungsent¬ 
fernung vom Ballon Zweifel bezüglich ausreichender Wirkung aufkommen läßt, selbst 
wenn es gelingt, die Wolke selbst zu treffen. Die Versuche sollen auf der meteorologischen 
Station Morimont durch M. Bracke, Leiter der «Revue nephologique» zu Mons, und durch 
die beiden genannten Herren fortgeführt werden. K. N. 


Die Beherrschung der Luft in England. In «Daily Expreß» von 1. August 1907 wird die 
Ansicht vertreten, die Lenkbaren, auf welche Frankreich und Deutschland so große Stücke 
halten, würden schon in den nächsten Jahren überholt sein, und der Gleitflugapparat, an dessen 
Vervollkommnung England arbeitet, sei das künftige Luftkampfmittel; die Maschine, welche in 
den Hallen des North Camp zu Aldershot ihrer Vollendung entgegengeht, werde die «Palrie» 
und die deutschen Lenkbaren ausschaUen. Der ursprüngliche, dem englischen Landesvertei¬ 
digungskomitee unterbreitete Entwurf für eine Luftflotte nahm schon für Kampfzwecke Gleit¬ 
flugapparate, für Vorrats-, Reserve- usw\ Zwecke lenkbare Langballons, für Beobachtung aber 
Drachen in Aussicht. Die Verwendung von Beobachtungsposten tragenden Drachen bildet 
bekanntlich schon vielfach in England einen Gegenstand der Übung, wobei Aufstiege auf 
1000 und 2000 engl. Fuß Höhe gemacht werden sollen. Es ist zwar noch keinem Lenk¬ 
baren in England gelungen, die Runde um den Turm von St. Paul zu fahren, dagegen 
setzt man alle Hoffnungen für künftige Luftschiffahrt auf Maschinen «schwerer als Luft». 
Während ein Flugkörper, wie die «Patrie», nicht über 24 Meilen pro Stunde leisten kann, 
verspricht man sich von einem Gleitflieger ähnlicher Größe eine Geschwindigkeit von 
100 Meilen und mehr. In den Werkstätten zu Aldershot befinden sich zwei Muster; das 
am weitesten vorgeschrittene ist nach den Ideen der Brüder Wright gebaut. Dieser 
Gleitflieger wird durch einen Petröleummotor getrieben, der ihm 40 Meilen pro Stunde 
Geschwindigkeit erteilen soll. Gegenwärtig wird die Maschine erprobt und in ein paar 
Monaten sollen Probeflüge stattfmden. Vor kurzem ereignete sich ein merkwürdiger 
Zwischenfall, indem bei Prüfung des Motors am verankerten Flugapparat sich die Schraube 
loslöste, die Wand durchschlug und außerhalb der Halle zu Boden kam. Allen bei den 


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Arbeiten Beschäftigten ist strengste Geheimhaltung eidlich auferlegt unter Hinweis auf 
das Gesetz über Wahrung von Staatsgeheimnissen, welches auf den Wortbruch Ver¬ 
urteilung zu unbegrenzter Gefangensetzung in Aussicht stellt. Es stimmt dies mit anderen 
Zeitungsnachrichten aus letzter Zeit, wonach die Versuche mit den fertigen neuen Flug¬ 
maschinen in abgelegeneren Gegenden Schottlands vorgenommen werden sollen. K. N. 

(SC 

Flugtechnik. 

Der Wert der Konkurrenzausschreibungen für freifliegende Modelle 
dynamischer Flugmaschinen. 

In letzter Zeit haben sowohl in London als auch in Paris Konkurrenzausschreibungen 
für freifliegende Modelle dynamischer Flugmaschinen stattgefunden. 

Nach den Berichten, die bis jetzt bekannt sind, hat man den Eindruck, als wenn 
in London die Konkurrenzausschreibung nicht befriedigend ausgefallen ist, da der erste 
Preis überhaupt nicht zur Verteilung kam. In Paris scheint dagegen die letzte Konkur¬ 
renz günstiger ausgefallen zu sein, da die Herren Paulhan und Budin gemeinschaftlich 
den 1. und 2. Preis für ihre Modelle, die nach dem System Langley ausgeführt sind, 
erhielten. Jedenfalls hat die letzte Pariser Konkurrenz einen Fortschritt gegen die frühere 
von 1904 gezeigt. 

Der Capitaine Ferber, einer der vorgeschrittensten französischen Flugtechniker, 
hat in dem letzten Hefte der «La Revue de 1’Aviation» vom 15. Juni d. Js. einen kurzen 
interessanten Artikel über die Konkurrenzausschreibungen für Modelle des «A6ronautique- 
Club de France» geschrieben, wobei er mit Bezug auf die frühere Konkurrenz von 1904 
folgendes schreibt: 

«Wie dem auch sei, wir haben die bizarrsten Auffassungen gesehen; lange, breite, 
dreieckige, viereckige usw., Dinger, welche, von der Galerie des Velodrome herab¬ 
geschleudert, durch ihren natürlichen Sturz die Unrichtigkeit ihrer Prinzipien bewiesen. 
Das ist es, was die Vorzüglichkeit der Methode, welche die aviatische Kommission seit 
1904 einführte, erwiesen hat. Die Jury prüft nur solche Modelle, welche fliegen, die, 
welche nicht fliegen, sind für sie nicht vorhanden. Das ist ganz gerecht, denn es ist 
nicht möglich, bloß nach einem Plane oder nach einer mehr oder weniger genialen 
mechanischen Ausführung darüber ein Urteil zu fassen, ob ein Apparat fliegen wird 
oder nicht. 

Bis jetzt konnten die Erfinder mechanischer Bewegungen sich darauf berufen, daß 
mit einem Motor, welcher für ihre Mittel zu teuer sei, ihr Apparat fliegen würde. Man 
kann ihnen darauf dreist antworten: «Ihr habt den Kautschukmotor zur Verfügung, 
welcher nicht teuer, dabei ausgezeichnet ist, und welcher seine Brauchbarkeit bereits 
erwiesen hat. Benützet denselben und zeigt uns eine Maschine, die da fliegt.» 

Mit aufrichtigem Vergnügen las ich dieses gesunde Urteil eines klarblickenden 
Flugtechnikers. Wie oft habe ich seit Jahrzehnten den vielen Projektanten, die auch zu 
mir häufig kommen, um über ihre meist recht konfusen Projekte mein Urteil zu hören, 
den Rat gegeben, sie mögen ein kleines einfaches Modell mit einem Kautschukmotor 
bauen, welches ihnen die sicherste Antwort geben wird, ob ihre Idee richtig oder ein 
Irrtum ist. Die Herren Projektanten wollen aber davon nichts wissen, sondern wollen 
gleich einen großen kostbaren Apparat bauen, weil — wie sie sagen: «Ein kleines ein¬ 
faches Modell mit einem Kautschukmotor doch nur ein Spielzeug sei, das nichts beweist». 
Diese gewöhnliche Ausrede hat auch der Fuchs in der bekannten Fabel gebraucht, als 
ihm die Trauben zu hoch hingen. Man kann ihnen antworten, daß ein kleines einfaches, 
aber freifliegendes wirkliches Modell mehr beweist als manches dickbäuchige Buch mit 
den schönsten «wissenschaftlichen» Phrasen und Plänen. 


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Projekte sind freilich leicht gemacht und wachsen in letzter Zeit wie die Pilze 
nach einem Landregen. Wie schwer dagegen freifliegende wirkliche Modelle zu haben 
sind, das haben die letzten Konkurrenzausschreibungen bewiesen. 

Ob ein Modell durch einen Benzinmotor oder nur durch einen Kautschukmotor 
angetrieben wird, ist für den technisch gebildeten Fachmann, der rechnen kann, gleich¬ 
gültig. Es ist auch nicht sehr wichtig, ob das Modell 40 m oder nur 20 m weit fliegt 
Die Hauptsache ist, daß es ein wirkliches Modell sei, d. h., welches — mit Ausnahme des 
Motors und des angewendeten Materials — die ganze konstruktive Anordnung zeigt, wie 
der große Apparat gebaut werden soll. Das Modell muß auf Räder oder Schlitten 
montiert sein und selbsttätig den Anlauf nehmen und in die Luft sich erheben 
können; muß Steuer und Puffer besitzen; muß, solange es frei in der Luft fliegt, sich 
stabil halten und in normaler Lage wieder auf dem Boden landen. Dagegen kann ein 
kleiner Flieger, der aus der Hand oder durch einen Wurfapparat in die Luft geschleudert 
wird, vielleicht ein lehrreiches physikalisches Experiment oder ein interessantes Spiel¬ 
zeug, aber keinesfalls als ein wirkliches Modell einer Flugmaschine gelten. 

Hat aber ein Modell die vorher erwähnte Eigenschaft, so ist es kein Spielzeug 
mehr, sondern in einem solchen Modell, selbst wenn es nur durch einen Kautschuk¬ 
motor angetrieben wird, liegt schon die Erfindung einer Flugmaschine; und sobald der 
entsprechend leichte Motor zu haben ist, wird ein geschickter Konstrukteur nach einem 
solchen Modell auch den großen Apparat sicher zum Fliegen bringen. Natürlich nicht 
nach dem ersten Wurf! Das können nur unerfahrene Ignoranten erwarten, die nicht 
ahnen, welche Schwierigkeiten die ersten Flugversuche mit einer neuen Maschine bieten. 

Ich habe oft hören müssen: «Ihre Modelle fliegen ja ganz gut, und doch ist Ihr 
großer Apparat dann nicht geflogen». Das ist eben ein Irrtum, man weiß es nicht oder 
will es nicht wissen, daß mein großer Apparat noch nicht so weit fertig war, um schon 
an Flugversuche denken zu können, da ihm die Hauptsache, ein entsprechend leichter 
Motor, fehlte. 

Heute weiß jeder Flugtechniker, daß man mit einem Motor, der 13 kg pro 1 PS. 
wiegt, keine Flugmaschine zum Fliegen bringt. Hätte die Deutsche Motorfabrik das 
schriftlich gegebene Versprechen, mir im Mai 1901 einen Motor zu liefern, der bloß 
5 V* hg pro 1 PS. wiegen sollte, eingehalten, so hätte ich meinen großen Apparat 
ebenso gut wie meine Modelle zum Fliegen gebracht; das wird die nächste Zukunft be¬ 
weisen. Wenn man sagt, daß ein kleines gut fliegendes Modell noch kein Beweis ist, 
daß auch der große Apparat fliegen kann, so ist das nicht richtig. Freilich eine gewisse 
Grenze für die Größe besteht für jede Maschine, aber diese Grenze reicht schon bei 
den heutigen technischen Mitteln gewiß noch weiter, als ein paar Menschen mit einem 
Drachenflieger durch die Luft zu tragen. Um nach einem Modell — mit vorher er¬ 
wähnten Eigenschaften — einen großen Apparat mit sicherem Erfolg auszuführen, 
dazu gehören selbstverständlich, außer dem entsprechend leichten Motor und den nötigen 
Geldmitteln, ein fähiger Maschinenkonstrukteur und ein geschickter und energischer 
Experimentator. Daß aber schon in einem einfachen kleinen Modelle das Prinzip und 
die konstruktive Erfindung einer richtigen Flugmaschine liegen kann, das beginnen die 
französischen und englischen Luftschifferkreise anzuerkennen, was durch die Konkurrenz¬ 
ausschreibungen für freifliegende Modelle bewiesen wird. Es ist nur zu wünschen, daß 
diese Konkurrenzen alljährlich sich wiederholen und von den Regierungen unterstützt 
werden möchten. Die dynamische Luftschiffahrt ist eine rein praktisch-konstruktive 
Lösung. Jede Theorie ohne praktische Versuche ist hier wertlos. Jede Steuerung und 
Verbesserung bei einer dynamischen Flugmaschine soll auch in Zukunft nicht gleich 
beim großen Apparat versucht werden, w^as kostspielig und gefährlich werden kann, 
sondern jede Steuerung und Verbesserung soll erst bei kleinen freifliegenden Modellen 
versucht und studiert werden. 

Damit aber die nächsten Konkurrenzausschreibungen einen ernsten, greifbaren 
Erfolg aufweisen, sollte man folgende Bedingungen vorschreiben und streng einhalten: 


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392 €^44 



1. Jedes Modell eines Drachenfliegers muß auf Räder oder auf Schlitten montiert 
sein, selbsttätig auf dem Boden oder von einem langen Tische resp. Plattform den 
Anlauf nehmen und sich in die Luft erheben können. 

2. Jedes Modell muß horizontale und vertikale Steuerung haben. (Man kann von 
einem einfachen Modell, welches sich Selbst in der Luft überlassen ist, wohl nicht ver¬ 
langen, daß es absolut in gerader Richtung fliegt ; aber man kann verlangen, daß durch Ver¬ 
stellung der Steuer die gewünschte Ablenkung resp. die Steuerwirkung demonstriert w’erde.) 

3. Jedes Modell muß während des freien Fluges sich in der Luft stabil halten, 
d. h. es darf nicht in ruhiger Luft Kippbewegungen oder seitliche Schwankungen machen. 

Dagegen sind in der Längsachse sanfte 
Schwankungen resp. Wellenbewegungen 
zulässig. 

4. Der Tisch oder die Plattform, 
auf welcher das Modell den Anlauf nimmt, 
soll nicht höher als 2 m über dem Boden 
sein, und die Länge des Tisches soll, 
wenn das Modell nicht mehr als 1 kg 
wiegt, 3 m nicht überschreiten. Bei 
schwereren Modellen kann die Länge 
entsprechend größer sein. 

Modelle, welche aus der Hand oder 
durch einen Wurfapparat oder von einer 
schiefen Ebene herabrollend in die Luft 
geschleudert werden müssen, sollen zur 
Konkurrenz nicht zugelassen werden. 

Das sind die Hauptbedingungen, 
welche man bei einem Wettbewerbe frei- 
tliegender Modelle aufstellen muß, wenn 
die Konkurrenzausschreibungen einen 
belehrenden und fördernden Einfluß auf 
die Entwicklung des dynamischen Fluges 
üben sollen. W. Kress. 


Preis des „Scientific 
American 44 filr Flugma- 

schincn. Der < Scientific 
American» hat den neben¬ 
stehend abgebildeten Preis 
im Werte von 10000 M. für 
Flugmaschinen gestiftet, der 
unter dem Namen «Ame- 
rica-Pocal» jährlich in Ame¬ 
rika bestritten werden soll. 
Als erster Termin war der 
14. September d. Js. an- 
gesetzt; leider fanden sich 
jedoch Bewerber nicht ein, 
sodaß der Wettbewerb aus- 
fallen mußte. Ein neuer 
Termin ist nicht angesetzt, 
es kann vielmehr jederzeit 
um den Preis gestartet wer- 


Preis de« „Scientlflo American“. 


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den. Der Preis ist ein Wanderpreis und wird das erstemal demjenigen gegeben, der 
einen Flug von mindestens einem Kilometer mit einer Flugmasehine ohne Ballon aus¬ 
führt. Der Wettbewerb hat einen progressiven Charakter, d. h. wenn die erstaufgestellte 
Bedingung erfüllt ist, so wird für den nächsten Wettbewerb eine längere Strecke ge¬ 
fordert. Der Name des jeweiligen Inhabers wird auf dem Preis eingraviert. Wird der 
Pokal dreimal in verschiedenen Jahren von derselben Person gewonnen, so geht er in 
ihr Eigentum über. E. 


Auch ein Flugtechniker ist Dr. J. A. Rose Esq. in England, der sogar schon An¬ 
hänger gefunden hat. Er glaubt, das Geheimnis des Vogelflugs darin entdeckt zu haben, 
daß die Federn geölt sind. Dieses Öl soll die Luft so verdichten, daß sie «beinah ge¬ 
froren» ist, und auf dieser gefrorenen Luft schwimmt dann der Vogel ganz behaglich. 
Der Erfinder wurde, wie uns ein Leser mitteilt, vor kurzem gesehen, wie er, mit einem 
roten Gürtel angetan, in der Hand eine Anzahl wohlgeölter Federn zu Versuchen auszog, 
die «very gratifying» gewesen sein sollen. Wers nicht glaubt, bezahlt einen Taler. 


Aeronautische Wettbewerbe. 


Phot. Rambaldo. 


Ballonwettfliegen in Brüssel am 15. September 1907. 

Eine ungeheure Menschenmenge, ganz Brüssel und Umgebung, war hinausgeströmt 
zum Parc du Cinquantenaire, um ein Schauspiel zu genießen, wie es die Welt bisher 
noch nie gesehen hatte, den 
Aufstieg von 34 bemannten 
Ballons aller Nationalitäten, 
die sich zu einem friedlichen 
Wettbewerb in «Klein-Paris» 
eingefunden hatten. Dieser 
Wettbewerb bildete den Ab¬ 
schluß des hochinteressanten 
LuftschiCferkongresses, welcher 
die voraufgehenden Tage dort 
getagt hatte. 

Der Parc du Cinquan¬ 
tenaire, mitten in der Stadt 
liegend, war zu den Veran¬ 
staltungen äußerst geeignet, 
und die in allen Nüancen vom 
lichten Gelb bis zum dunklen 
Braun gefärbten Ballons, die 
gleich stetig wachsenden Pilzen auf den weiten Rasenflächen ruhten, boten in den ver¬ 
schiedenen Stadien ihrer Füllung einen höchst malerischen Anblick. 

Die weitgehendsten Vorbereitungen waren getroffen worden, und ein Netzwerk 
von großen Rohren speiste alle Ballons, deren größter 2200 cbm Gas faßten, während 
der Benjamin unter ihnen nur 250 cbm Inhalt hatte. 

Die LuftschifTer hatten sich schon morgens beizeiten eingefunden, um in eigener 
Person das Klarmachen ihrer Fahrzeuge zu überwachen, und bis zum Nachmittag, lange 
vor der anberaumten Aufstiegszeit, stand die vieltausendköpfige Menge der Zuschauer 
schon so dichtgedrängt, daß kein Durchkommen mehr war. Militärkapellen waren an 
verschiedenen Punkten der Riesenfläche aufgestellt, die den geduldig Harrenden mit 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^ 



Füllung der Ballons. 


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391 




Phot. Rambaldo. 


ihren Weisen die Zeit verkürzten, bis ein Tusch und Böllerschüsse den Aufstieg des 
ersten Ballons verkündeten und aller Augen auf den eleganten, aus alluminiertem Stoff 
fabrizierten Ballon «Radio Solaire» richteten. 

Schon vorher hatte man, teils zur Unterhaltung des Publikums, andererseits aber 

auch zur Feststellung der Windrichtung, kleine 
Sondierballons mit Papiergondeln oder langen 
Schwänzen aufgelassen, nun aber folgten dem 
«Radio Solaire» eine nach hunderten und aber- 
hunderten zählende Menge in allen Farben 
schillernder Ballons, wie wir sie bei unsern 
Kindern zu sehen gewohnt sind, und es war 
ein entzückender Anblick, die große silbern 
schimmernde Kugel, gefolgt von einer solch 
bunten Luftflotille, sich in den klaren Herbst¬ 
himmel erheben zu sehen. Begeisterte Hurra¬ 
rufe und Tausende von wehenden Tüchern und 
Hüten sandten den Entschwebenden einen letz¬ 
ten Gruß nach. 

Von nun an folgten sich die Ballons in 
ziemlich kurzen Zwischenräumen, bald große, 
bald kleine, deren Namen und Nummer weit¬ 
hin sichtbar waren, und deren Nationalität 
an den an ihnen befestigten Fahnen und Wim¬ 
peln erkenntlich waren. Hier entschwebte in 
ruhiger Majestät ein riesiger deutscher Ballon, 
dort ein zierlicher Franzose von fast durch¬ 
sichtigem Gewebe, gefolgt von einem Italiener, 
so braun wie seine Landsleute, dann wieder 
ein solider, praktischer Engländer, dem seine 
patriotischen Brüder schon im voraus den Sieg 
verkündeten, verschiedene Belgier, denen man meist ansah, daß sie schon manchen 
Sturm erlebt, und so fort, bis in der allmählich sich senkenden, sternklaren Nacht auch 
der letzte Ballon dem Auge entschwand, und der Mond den verlassenen Ballonplatz und 

Phot. Rambaldo. die sich zerstreuende Menge 
nur noch mangelhaft beleuch¬ 
tete. Alle Ballons, deren Füh¬ 
rer sich ausschließlich aus 
Sportsmen der besten Gesell¬ 
schaftskreise, ja teils Mitglie¬ 
dern der «oberen Zehntau¬ 
send», zusammensetzten, wa¬ 
ren bei ihrer Abfahrt von 
einem dichten Kreise ihrer 
Freunde umgeben, welche zu 
den Bevorzugteren der Zu¬ 
schauer gehörten, die den 
Ballonfüllplatz betreten durf¬ 
ten, für die größere Bewe¬ 
gungsfreiheit aber desto mehr 
von dem den Füllrohrenent¬ 
weichenden Gas mit seinem 
unangenehmen Geruch einatmen mußten. Unter diesen entstanden nun lebhafte Debatten, 
welcher der den Blicken entschwundenen Aerostaten wohl die meiste Aussicht auf Erfolg 


,,Audax.“ 


„Milano . 1 


„Radio Solaire. 4, „La Mouette.“ 


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Phot. Ramb&ldo. 


und somit Anspruch auf die teils sehr wertvollen Preise hätte. Es handelte sich um 
zwei verschiedene Wettbewerbe. Einmal sollte der Ballon Sieger sein, welcher die wei¬ 
teste Fahrt in Luftlinie von Brüssel machte, bei dem zweiten Wettbewerb sollte der¬ 
jenige Ballon Sieger sein, der möglichst nahe an einem vorher bestimmten Orte lan¬ 
dete. Bei der Weitfahrt war auch für denjenigen ein Preis ausgesetzt, der die längste 
Fahrt leisten würde. Außerdem war zum ersten Male bei solchen Wettbewerben ein 
Preis für die Nation gestiftet, der diejenigen drei Bewerber angehörten, welche die 
besten Ergebnisse erzielten. Es war dies ein wundervoller Silberpokal im Werte von 
2000 Fr., der von dem belgischen Aeroclub gestiftet wurde. Er soll demjenigen Verein 
angehören, der den ersten Sieger in der Weitfahrt zu seinen Mitgliedern zählt. Dieser 
Sieger erhält außerdem noch als Preis einen Kunstgegenstand von 1000 Fr. oder diese 
Summe selbst, je nach seinem Wunsche; ferner eine Plaquette in Gold, gestiftet von 
S. Kaiserl. Hoheit, dem Prinzen Roland Bonaparte. Noch 6 ähnliche Preise waren für 
die Sieger in der Weitfahrt gestiftet. Des¬ 
gleichen gab es 6 Preise für die besten Leistungen 
bei der Zielfahrt. Für den ersten Wettbewerb 
waren Ballons zugelassen mit dem Inhalt von 
600—2200 cbm Gas, mit der näheren Bestim¬ 
mung, daß Ballons bis zu 900 cbm Inhalt nur 
1 Passagier mitnehmen brauchten; solche bis 
zu 1600 cbm Inhalt zwei, während alle Ballons 
darüber 3 Passagiere haben mußten. 

Für den zweiten Wettbewerb waren alle 
Ballons unter 600 cbm Inhalt zugelassen. Na¬ 
turgemäß interessierte die Weitfahrt am meisten, 
und deshalb hatten sich nicht weniger als 22 
Ballons als Konkurrenten gemeldet, darunter 
7 Deutsche, 7 Franzosen, 4 Belgier, 2 Englän¬ 
der, 1 Schweizer und 1 Italiener. Für den 
Länderpreis kamen also nur in Betracht Frank¬ 
reich, Deutschland und Belgien. 

Am besten hatte sich Frankreich vor¬ 
bereitet, was ihm ja nicht schwer fällt, da der 
Aeroclub de France nicht weniger als 100 
Ballons in allen Größen besitzt. So hatte es 
zwei 900 cbm-Ballons gestellt, die nur mit 
ihren Führern losfuhren; ebenso zwei ganz 
neue 1600 cbm-Ballons, welche mit 2 leichten 
Mitfahrenden bemannt waren, und zwar zähl¬ 
ten ihre Führer zu den renommiertesten des 
schwer, zu wetten, welches Land der Sieger 



„Milano . 11 


Aeroclub de France. Da war es nicht 
sein würde, voraussichtlich Frankreich. 
Trotzdem gab es auch viele deutsche Enthusiasten, die zu dem solideren und festeren 
Bau der deutschen Ballons weit mehr Vertrauen hatten, obgleich ihre Größenverhältnisse 
meist durchaus nicht günstig für diesen Wettbewerb waren, da unsere Vereine noch 
nicht genügend Mittel haben, sich für solche Wettbewerbe besondere Ballons anzu¬ 
schaffen. 

Wer wird siegen? Die nächsten Tage werden es zeigen. Aber soviel ist sicher, 
daß alle Teilnehmer aus dieser Wettfahrt, die ungemein vom Wetter begünstigt war 
und in 24-stündiger Fahrt die meisten Ballons bis in die Gegend von Bordeaux führte, 
also über eine Strecke von etwa 800 km, eine unvergeßlich schöne Erinnerung fürs 
Leben sein wird. Hilde Ba ml er-Essen. 


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396 €««♦ 


Ergebnisse der Weit- und Zielfahrt am 16. September 1007. 

1. Zielfahrt. 


Reihenfolge | 

Name 

des 

Ballons 

| Inhalt 

Führer 

Land 

g Abfahrt 

6*> 

3 

rj 

a 

— 

h m 

Festgesetzter 

Landungsort 

Wirklicher 

Landungsort 

Entfernung 
zwischen 
dein festge¬ 
setzten und 
dem erreich¬ 
ten Lan¬ 
dungsort 
m 

1 

Emulation 

600 

Crombez 

^ Frank¬ 
reich 

430 

500 

1 Schnittpunkt der 
Straßen Uenappe— 
.Croisette u. Baisy- i 
( Thy—Bon-Air 

ca. 500 m östlich 1 
von Dernier-Patard 
auf der Straße nach 
Baisy-Thy 

1480 

2 

Audax 

600 

Vernanchet 


505 

630 

Park von Tilly- 
Marbais 

ca. 600 m östlich 
von Sart-Dames- 
Avelines 

3270 

3 

Mouettc 

630 

Dubrulle 

” 

5 10 

6:30 

Quatrebras * 1 

250 m östlich von 
Vieux-Genappe 

4400 

4 

Flume-au- 

Vent 

600 

Van der Stegen 

1 Belgien 

445 

6 10 

Schnittpunkt der 
Straße Nivclles— 1 
Nainur und dei i 
Eisenbahn Wavre— 
Charleroi 

600 m östlich von 
Sart-Dames- 
Avelines (dicht bei 
Audax) 

5400 

5 

Saint» 

Michel 

600 

Van den 
Driesche 


530 

700 

Genappe 

1 600 m nordöstlich 
Villers-la-Vill 

6000 


Le Roitelet 

Le 

Ch&mpigny 

250 

Moucherand 

Frank¬ 

reich 

Nicht klassifiziert 




«00 

Scutenaire 

i Belgien 

1 

Außer Konkurrenz. 




1. Preis. Eine goldene Medaille und ein Kunstgegenstand oder 300 Fr. in bar 
Herrn A. Crombez von der Emulation aörostatique du Nord und Führer des Aero-Club 
de Belgique. 

2. Preis. Eine silberne Medaille und ein Kunstgegenstand oder 150 Fr. in bar 
Herrn Vernanchet vom Aeronautique Club de France. 

3. Preis. Eine silberne Medaille und ein Kunstgegenstand oder 100 Fr. in bar 
Herrn Dubrulle vom Aeronautique Club de France. 

4. Preis. Eine bronzene Medaille und ein Kunstgegenstand oder 100 Fr. in bar 
Herrn Van der Stegen vom A6ro-Club de Flandres. 

5. Preis. Eine bronzene Medaille Herrn Van der Driesche vom A6ro-Club de 
Belgique. 

2. Weitfahrt 


Keil 

fol 

na 

8» 

ll 

Len- 

£ 

<2 

3 

9t 

Q 

Name 

des 

Ballons 

Inhalt 

cbm 

Führer 

Land 

Ent¬ 

fernung 

km 

Abfahrt 

h m 

Lan¬ 

dung 

h m 

i 

Dauer 

1 

h m 

w* Mittlere 

S Ge- 

sch windig- 
S keit 

l 

l 

Pommern 

2200 

O. Erbslöh 

Deutschland 

915 

5,48 p. S 

10,20 p.M 

28 

32 

32,1 

2 

5 

Le Cognac 

1700 

de Beauclair 

Schweiz 

850 | 

6,2 p. S 

6,3 p.M 

24 

1 

i 34,2 

3 

2 

Zephir 

2200 

Huntington 

England 

838 

1 5,8 P- S 

5,30 p.M 

24 

22 

37,2 

4 

3 

Britannia 

2200 

Kolls 

England 

818 

j 5,43 p. S 

6,0 p. M 

24 

17 

33,6 


[ 

Tschudi 

1437 

Niemeyer 

Deutschland 

792 

| 8,10 p. S 

7,20 p.M 

23 

10 1 

34,0 

5 


Ville de 


L. de 









l 

Bruxelles 

2200 

Brouckere 

Belgien 

791 

7,10 p. S 

6,20 p.M 

23 

10 

34,0 


I 14 

Milano 

2000 

Usuelli 

Italien 

789 

5,7 p. S 

2,20 p.M 

19 

13 

41,0 

7 

\ 4 

Bamler 

1437 

Mcnsing 

Deutschland 

788 

6,37 p. S 

6,40 p.M 

24 

3 

32,8 

9 

I 10 

Eden 

, 800 

Boulenger 

Frankreich 

780 

5,43 p. S 

4,0 p.M 

! 22 

1 

17 

35,0 

10 

, 

Aero-Gand 

1250 

Hansen 

Belgien 

770 

1 6,35 p. S 

4,0 p.M 

21 

25 

35,8 

I 


i 


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Reihen- 








S! 


1 

folge 

nach 

Name 

Inhalt 



Ent- 


Lan- 



Mittlere 

Ge- 

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01 

s 

«3 

des 

Ballons 

Führer 

Land 

fernung 

Abfahrt 

düng 

Dauer 

«2 

Q 


cbm 



km 

h m 

h m 

h 

ml 

■ km/Std. 

11 

6 

Abercron 

1437 

Abercron 

Deutschland 

759 

7,58 p. S 

7,30 p.M 

23 

32 

32,3 

12 

9 

Bezold 

1380 

Cassirer 

Deutschland 

742 

6,15 p. S 

5,15 p.M 

23 

— 

32,3 

13 

11 

Equateur 

900 

Leprince 

Belgien 

735 

7,55 p. S 

5,35 p.M 

21 

40 

33,9 

14 

16 

Sylphe 

1600 

Tissandier 

Frankreich 

669 

5,30 p. S 

12,45 p.M 

18 

15 

36,7 

15 

13 

Le Charles 

1437 

Le Gheude 

Belgien 

652 

5,34 p. S 

2,5 p.M 

19 

31 

33,4 

16 

18 

Quo Vadis 

1200 

Sch eich er 

Frankreich 

582 

6,50 p. S 

12,40 p. M 

17 

50 

32,8 

17 

17 

Mouche 

1600 

Gasnier 

Frankreich 

572 

6,23 p. S 

12,30 p.M 

18 

7 

31,5 

18 

19 

La Perle 

800 

Comier 

Frankreich 

468 

6,16 p. S 

10,0 a.M 

15 

44 

29,7 

19 

15 

Elberfeld 

1437 

Milarch 

Deutschland 

436 

6,38 p. S 

1,0 p.M 

18 

22 

23,1 

20 

20 

Luciole 

900 

Ribeyre 

Frankreich 

160 

8,3 p. S 

2,20 a.M 

6 

17 

25,5 

21 

21 

Köln 

1437 

Hiedemann 

Deutschland 

112 

5,16 p. S 

11,20 p. S 

6 

4 

18,6 

22 

22 

A6ro IV 

850 

de Moor 

Belgien 

35 

5,50 p. S 

7,12 p.S 

1 

22 

25,5 


Anmerkung. S = Sonntag, 15. September 1907, M = Montag, 16. September 1907. 

Die mittleren Geschwindigkeiten sind nicht im offiziellen Bericht enthalten, sondern 
nach getragen. 


1. Preis: Goldene Plaquette, gestiftet vom Prinzen Roland Bonaparte, und ein 
Kunstgegenstand oder 1000 frs. in bar, Herr 0. Erbslöh vom Niederrheinischen Verein 
für Luftschiffahrt. 

2. Preis: Goldene Plaquette, gestiftet von Herrn F. Jacobs, Präsident des Aöro- 
Club de Belgique, und ein Kunstgegenstand oder 500 frs. in bar, Herr V. de Beauclair, 
vom Schweizer Aero-Club. 

3. Preis: Große goldene Medaille, gestiftet von Herrn Adhömar de la Hault, 
Herrn A. K. Huntington, vom Aero-Club of the United Kingdom. 

4. Preis: Große goldene Medaille, gestiftet vom Aöro-Club de Belgique, Herrn 
Charles Stewart Rolls, vom Aero-Club of the United Kingdom. 

6. Preis: (doppelt) Je eine große silberne Medaille, Herrn Victor Niemeyer, vom 
Berliner Verein für Luftschiffahrt und Herrn Löon de Brouck6re, vom Aöro-Club de Belgique. 

7. Preis: (doppelt) Je eine große silberne Medaille, Herrn Celestino Usuelli, von 
der Societa Aeronautica Italiana und Herrn Egon Mensing, vom Niederrheinischen Verein 
für Luftschiffahrt. 

Der Preis der Wettfahrt der F. A. I. 1907 (Silberner Kunstgegenstand, ver¬ 
goldet, im Werte von 2000 frs.) ist Deutschland zuerkannt worden für 2495 km, die von 
3 Führern zurückgelegt wurden, den Herren Erbslöh, Niemeyer und Mensing, und ist an 
den Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt gegeben worden, dem Herr Erbslöh angehört. 

Belgien rangiert an zweiter Stelle mit 2296 km, an dritter Frankreich mit 2131 km. 

Die große silberne Medaille der «Illustrierten Aeronautischen Mit¬ 
teilungen* für die Fahrt von größter Dauer ist Herrn Erbslöh mit 28 Std. 32 Min. 
gegeben worden. 

Für den Sport-Ausschuß: Für den Organisations-Ausschuß: 

Der Präsident Der Präsident 

Baron Pierre de Catres. Fernand Jacobs. 

Die durch das Los bestimmte Startnummer des Ballons war die folgende: 1. Milano, 
2. Zephir, 3. Ville de Bruxelles, 4. Abercron, 5. Eden, 6. Le Cognac, 7. Coblenz, 8. Sylphe, 
9. Le Charles, 10. Britannia, 11. Pommern, 12. Aöro IV, 13. Quo Vadis, 14. Köln, 
16. Mouche, 16. La Perle, 17. Bezold, 18. Bamler, 19. Elberfeld, 20. Aöro de Gand, 
21. Equateur, 22. Tschudi, 23. Luciole. Die Brüsseler Gasanstalt konnte nur 3500 cbm 


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398 444* 


Gas pro Stunde liefern. Da im ganzen etwa 50000 cbm Gas gebraucht wurden, so war 
festgesetzt, daß das Material am 14. September, zwischen 2 und 4 Uhr nachmittags, im 
Parc du Cinquantenaire, zur Stelle sein sollte und daß die Vorbereitungen zur Füllung 
am 15. September, 3 Uhr morgens, beginnen sollten. Diese Anordnungen wurden nur von 
den englischen und italienischen Führern inne gehalten. Es mußte daher, da die Ballons 
nicht rechtzeitig gefüllt waren, die Startfolge geändert werden, sodaß die Ballons in 
folgender Reihenfolge abflogen: 1. Milano, 2. Zephir, 3. Köln, 4. Sylphe, 5. Le Charles, 
6. Eden, 7. Britannia, 8. Pommern, 9. Aero IV, 10. Le Cognac, 11. Bezold, 12. La Perle, 
13. Mouche, 14. Aero de Gand, 15. Bamler, lß. Elberfeld, 17. Quo Vadis, 18. Ville de 
Bruxelles, 19. Equateur, 20. Abercron, 21. Luciole, 22. Tschudi. Der Ballon Coblenz 
wurde zurückgezogen. 

Zur Berechnung der Entfernungen wurde die geographische Lage des Landungs¬ 
ortes nach Länge und Breite aus der Karte 1:400000 von Frankreich möglichst genau 
bestimmt, die Entfernung wurde dann von 3 Kommissaren unabhängig berechnet. Außerdem 
wurde die Entfernung auf der Stieleerchen Karte abgegriffen und aus dieser gemessenen 
und der berechneten Entfernung das Mittel genommen. Es ergab sich für die einzelnen 
Ballons folgendes: 


Reihen¬ 

folge 

N ame 

des Ballons 

Landungsort 

Koordinaten 

des 

Landungsortes 

«i bo 
© 5 
c 3 

© | 
o> ,© 

© hc 

© § 

2 0 

if 

Mittlere 

tlernung 


Länge 

Breite 

« ^ 
km 

km 

^ c 

km 

1 1 

Pommern 

Seignosse (Cap Breton) 

3« 46' W 

43^39'N 

917,00 

912 

915 

2 

Le Cognac 

Mimisan (Landes) 

3° 34' 

440 12 ' 

850,00 

m 

850 

3 

Zephir 

Cazauban (Gers) 

2° 24* 

43*’ 56' 

837,00 

839 

838 

4 

Britannia 

Sanguinet 

3° 25' 

44° 28' 

817,00 

818 

818 

, j 

Tschudi 

Andernos (am See von Arcachon) 

3° 28' 

440 45' 

791,95 

792 

792 

5 I 

Yille de Bruxelles 

Audegne nahe Arcachon 

3° 15' 

440 41 ' 

790,45 

792 

791 

7 1 

Milano 

Saint-Amen nahe Agen 

io 39' 

44o 12 ' 

788,00 

790 

789 

7 1 

Bamler 

Cabanac (Gironde) 

2° 55' 

440 36' 

787,25 

789 

788 

9 

Eden 

Tonneins (Lot-et-Garonne) 

2 « 2 ' 

440 15' 

779,00 

780 

780 

10 

A 6 ro-Gand 

Pessac (Bordeaux) 

20 59' 

44048 ' 

768,50 

772 

770 

11 

Abercron 

Carcans 

3*> 23' 

45o 4' 

758,30 

760 

759 

12 

Bezold 

Arcins (Blaye) 

3° 4' 

45o5' 

743,00 

745 

744 

13 

Equateur 

Cubnezais (Bordeaux) 

2«45' 

45o4' 

735,20 

734 

735 

14 

Sylphe 

Saint-Croix de Mareuil 

io 55' 

45 1 27' 

668,00 

670 

669 

15 

Le Charles 

Marthon 

1° 53' 

450 37' 

651,80 

652 

652 

16 

Quo Vadis 

Naulry nahe Bellac 

io 17' 

46« 7' 

583,30 

581 

582 

17 

Mouche 

La Verne-aux-Loups 
nahe Dompierre 

1 ° 14' 

460 13' 

574,00 

570 

572 

18 

La Perle 

Saint-Baudel 

7' 

460 52' 

467,00 

469 

468 

19 

Elberfeld 

Mehun-sur-Jeres 

7' 

470 9' 

435,20 

437 

436 

20 

Luciole 

Guignicourt (Aisne) 

- 

- 

- 

160 

160 

21 

Köln 

Tornavaux nahe Montherme 

- 

- 

- 

112 

112 

22 

Aero IV 

Sart-Dames-Avelines 

— 

— 

— 

35 

35 


Die Koordinaten des Startplatzes waren 2° 2' E, 50° 51' N. 

Entsprechend dem auf der vorjährigen Tagung angenommenen Artikel 165 der 
Bestimmungen der F. A. I. werden die unter 5 und ebenso die unter 7 genannten 
Ballons für gleich erklärt. E. 


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Die Fahrt des Siegers. 


Ich stieg mit dem Ballon «Pommern» (Besitzer Freiherr von Hewald) unter 
Begleitung des Herrn Baron von Kattendyke und Herrn P. Schulte um 5,50 Uhr auf, 
nachdem wir unsern deutschen Freunden und den Vertretern der deutschen Luftschiff¬ 
fahrt, die zu dem an den vorhergehenden Tagen stattgehabten internationalen Kongreß 
in größerer Zahl erschienen waren, noch warm die Hand gedrückt hatten. Der Wind 
war in den letzten Tagen unbestimmt gewesen, und nachdem er vorher von Osten 
gekommen war und die Richtung nach England gehabt hatte, hatte er sich bis zum 
15. September so gedreht, daß er von Südwesten kam. Im Laufe des Tages nahm die 
Rechtsdrehung des Windes zu, sodaß wir in südsüdöstlicher Richtung davonflogen. Der 
Aufstiegplatz lag im Scheine der schon ziemlich tief stehenden Sonne unter uns und bot 
mit seinem Triumphbogen und den hohen Säulen einen prachtvollen Anblick. Allmählich 
entfernten wir uns immer mehr und mehr und fuhren eine Zeitlang über Wald hin, 
während wir zunächst die Orientierung aufnahmen, die Windrichtung feststellten und 
unser Augenmerk auf die vor und nach uns aufgestiegenen Ballons richteten. Allmählich 
wurde es dunkel, sodaß wir diese Ballons nur an den ab und zu aufblitzenden elektrischen 
Taschenlaternen erkennen konnten. Das einzige Interessante, welches wir während der 
Nacht sahen, waren die Städte Charlerois und Chatelet, die wir um 7,50 Uhr, als es 
schon ganz dunkel war, überflogen, und die mit ihrem ausgedehnten Lichterglanz einen 
hervorragenden Anblick boten. In Chatelet sowohl, wie in einer ganzen Reihe kleinerer 
Orte, konnten wir Karussells sich drehen sehen, die bis spät in die Nacht hinein ihre 
Drehorgelklänge zu uns heraufschickten. 

Um 11 Uhr ging der Mond unter und da der Ballon sich in guter Gleichgewichts¬ 
lage befand, konnten wir abwechselnd etwas ruhen. 

Bald bemerkten wir, daß unsere Richtung sich etwas geändert hatte, und wir 
flogen zunächst nach Süden, dann nach Südsüdwesten, und kreuzten in unserer Fahrt¬ 
richtung um 3 Uhr morgens die Marne, dann um 6 Uhr die Seine und um 7 Uhr 
die Yonne. 

Wir hatten uns während der Nacht in geringen Höhen unter 900 m gehalten und 
stiegen nun allmählich bis auf 2000 m, in welcher Höhe wir einen prachtvollen Rund¬ 
blick auf das zwar wenig Abwechselung bietende aber prachtvolle und wohlgepflegte 
Land hatten. Jetzt fanden wir auch allmählich einen nach dem anderen von unseren 
Konkurrenten wieder. In verschiedenen Entfernungen und in verschiedenen Höhen, teils 
vor uns, teils hinter uns, konnten wir im ganzen 9 Ballons erkennen, die sich zum Teil 
wegen der allzugroßen Entfernung wie kleine schwarze Pünktchen ausnahmen, zum Teil 
aber so gut zu erkennen waren, daß man den Namen lesen, oder wenigstens die Farben 
der Flagge erkennen konnte. Wir erkannten bald an der Geschwindigkeit, mit der die 
Ballons fuhren, daß die größte Windstärke in einer Höhe von 2000 bis 2500 m war, 
während unten die Geschwindigkeit geringer wurde, und über 3000 m überhaupt kein 
Wind mehr war. Wir suchten deshalb eine Gleichgewichtslage in ca. 2500 m Höhe. Das 
Wetter war prachtvoll klar und nur eine dünne Schicht von Cumuluswolken, die aber 
überall den Durchblick gut gestattete, breitete sich in einer Höhe von 1500—2000 m 
unter uns aus, und hoch über uns erschienen einige zerrissene Cirruswolken. Seit langer 
Zeit hatten wir einen vor und unter uns fahrenden Ballon beobachtet, den wir an den 
Farben als den Italiener erkannten. Dieser fuhr schon seit längerer Zeit dicht am Boden, 
und wir sahen ihn um 2,30 Uhr nachmittags bei St. Amand landen, während wir ziemlich 
nahe an seinem Landungsplätze vorbeifuhren. Die Wärmestrahlen der Sonne wurden 
durch die Wolkenschicht nach oben reflektiert, sodaß die Ballons sich gut in einer Gleich¬ 
gewichtslage halten konnten, solange sie Wolken unter sich hatten. Sobald aber eine 
Lücke in den Wolken entstand, hörte die Reflektion auf, und die Ballons sanken sofort. 
Besonders die Ballons aus dünnem französischen Stoff hatten unter diesem Einfluß zu 
leiden und mußten oft sackweise Ballast geben, um wieder in die Höhe zu kommen. Um 


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4 Uhr sahen wir dann auch den Ballon «A6ro-Gand* bei Bordeaux landen, und allmählich 
entschwand einer nach dem anderen unseren Blicken. Die größte Aufmerksamkeit 
schenkten wir dann dem Ballon «Cognac », der, trotzdem er 10 Minuten später abgefahren 
war, einen Vorsprung von 50 km hatte, welcher bald größer, bald kleiner wurde, je nach¬ 
dem wir in den verschiedenen Höhen in schnellere oder langsamere Luftströmungen kamen. 

Eines der schönsten Städtebilder bot sich uns beim Anblick von Bordeaux, über 
welches wir, nachdem wir die Dordogne und Garonne überschritten hatten, um 4 Uhr 
nachmittags hinwegflogen. Hier erreichten wir unsere größte Höhe von 3000 m und 
konnten nun das Meer gut erkennen. Wir mußten sogar Ventil ziehen, da der in dieser 
Höhe wehende Wind uns zu sehr nach dem Meere zu brachte, um in einer geringeren 
Höhe wieder etwas vom Meere abgetrieben zu werden. Wir fielen ziemlich schnell 
hinunter und berührten mit dem Korb die Baumwipfel eines Kiefernwaldes, wodurch wir 
genötigt waren, einige Säcke Ballast zu opfern. Leider rissen bei dieser Gelegenheit 
einige volle Sandsäcke, die außen am Korbe befestigt waren, ab, sodaß wir ziemlich 
schnell wieder auf eine Höhe von 2000 m stiegen und nun zum zweiten Male genötigt 
waren, Ventil zu ziehen. Der Führer des Ballon «Cognac» Herr de Beauclair, manövrierte 
in ähnlicher Weise, und so kam es, daß wir bald nahe aneinander waren, wenn er unten 
langsamer und wir oben schneller fuhren, oder daß wir uns weit von einander entfernten, 
wenn wir unten waren und er oben von uns fort fuhr. Der Wind in den oberen Schichten 
hatte eine Geschwindigkeit von 60 km in der Stunde, während der Bodenwind nur etwa 
15 km in der Stunde machte. Als der Ballon «Pommern» zum zweiten Male herunter 
kam und in der langsamen Luftströmung nur wenig von der Stelle kam, glaubten die 
Insassen des Ballon «Cognac», daß wir landen wollten, und landeten ihrerseits um 6 Uhr 
in Mimizan. Wir hatten schon vorher einmal, als der Ballon «Cognac» sich langsam 
fortbewegte, geglaubt, daß er landen wollte, hatten uns aber getäuscht, als er sich 
plötzlich wieder erhob, um davon zu fliegen. Jetzt hatten sich die Insassen des Ballon 
«Cognac» auch getäuscht, denn kaum waren sie gelandet, als wir uns wieder in die 
Lüfte erhoben, um nach einer halben Stunde sehr nahe an ihrem Landungsplätze vorbei¬ 
zufliegen. Wir hatten uns immer mehr dem Meere genähert und mußten nun vorsichtig 
operieren, um Land unter uns zu behalten. Da wurden wir plötzlich von einer auf¬ 
steigenden Luftströmung erfaßt, die uns in wenigen Minuten auf 1500 m Höhe brachte. 
Wir mußten jetzt zum dritten Male Ventil ziehen, um nicht auf das Meer hinausgetrieben 
zu werden, und meine Begleiter baten darum, jetzt zu landen, da der Sieg doch wohl 
errungen sei. Mir war es noch immer ungewiß, ob ich wirklich der Sieger sei, da es 
sehr gut möglich sein konnte, daß einige Ballons östlich von uns auf die Mitte der 
Pyrenäen zugeflogen waren, oder daß einige besonders kühne Ballonführer westlich von 
uns über den Golf von Viskaya nach Spanien gefahren waren. Ich wollte deshalb den 
Ballon bis zum letzten Körnchen Ballast ausfahren, und wir hatten noch 4 schwere Säcke 
voll. Ich versprach deshalb meinen Mitfahrern, daß ich nunmehr nur noch am Schlepp¬ 
seil fahren und mich daher nicht über 100 m vom Erdboden entfernen wolle, damit wir 
jeder Zeit in der Lage seien, zu landen. Auf diese Weise fuhren wir noch einige 
Stunden über dichtem Wald, rechts im Hintergründe das Meer, sonst nichts zu sehen, 
keine menschliche Niederlassung, nur ab und zu ein Weg. Wir waren stolz, in die 
zweite Nacht hineingekommen zu sein, was nur in den wenigsten Fällen gelingt, und 
zwar hatten wir seit 6 Uhr keinen Ballast mehr ausgegeben. Über den Wäldern unter 
uns bildeten sich Nebel, die besonders die einzeln stehenden Bäume umhüllten, welche 
dadurch wie belebte Gestalten aussahen. Wir kamen an einer Lichtung vorüber, in 
welcher eine Anzahl von einzeln stehenden Bäumen mit ihrem Nebelschleier einen so 
eigenartigen Anblick bot, daß wir unwillkürlich an den Hexentanzplatz erinnert wurden. 
Dazu kam die gespensterhafte Beleuchtung des Mondes, der mit seinem zunehmenden 
Viertel die Landschaft beschien. Es begann nun kalt zu werden, und wir waren außer¬ 
dem hungrig, da unser Proviant längst zur Neige gegangen war, bis auf einen kleinen 
Rest, den wir uns bis zur Landung verwahren wollten. Wir fuhren noch über einige 


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Haffs und kleine Seen hinweg immer mit gespannter Aufmerksamkeit, damit wir nicht 
ins Meer fielen, und erblickten bald die Leuchttürme von Bayonne. Diesen wollten wir 
uns so weit wie möglich nähern, aber wir sahen ein, daß es nicht möglich sein würde, 
ganz bis Bayonne zu kommen, da unsere Fahrtrichtung immer etwas mehr seewärts als 
die Leuchttürme war. So fuhren wir weiter bis 10,30 Uhr abends, als wir plötzlich vor 
uns das Meer erblickten. Das Gelände bestand aus Tälern und Bergrücken, über die 
wir ganz niedrig hinwegflogen, indem wir immer in die Täler eintauchten. Es erschien 
uns bei jedem Bergrücken, als ob sich das Meer bereits hinter dem nächsten befände, 
aber so nahe waren wir noch nicht daran, und wir überflogen noch eine Anzahl von 
diesen Bergrücken, bis wir plötzlich von einem scharfen Wind erfaßt wurden, der uns 
nach dem Meere hinzog. Jetzt hieß es sofort Ventilziehen und wir tauchten in ein Tal 
ein, indem sich der Ballon gerade in eine Waldlücke setzte. Die Reißbahn wurde 
gezogen, der Korb setzte auf den Boden auf und der Ballon legte sich über einige 
niedrige Bäume, die in der Waldlücke standen, die Bäume des Waldes selbst waren 
etwa 30 m hohe Fichten. Wir waren 28 Stunden und 40 Minuten in dem Korb gewesen 
und stiegen nun aus, um den Rest unseres Proviants zu uns zu nehmen. Als dies 
geschehen war, versagten unsere elektrischen Lampen, und auch der Mond ging unter, 
sodaß wir genötigt waren, auf freier Erde uns ein Nachtquartier zu suchen. Wir breiteten 
einen Plan, der zum Verpacken des Ballons dient, auf dem Boden aus, legten jeder einen 
Sandsack unter unseren Kopf und deckten uns mit unsern Mänteln zu. Nach 2 Stunden 
wurde es meinen Kameraden zu kalt, und diese machten sich deshalb auf die Suche 
nach Menschen, während ich allein zurückblieb, um das Material zu bewachen. Ich 
legte meinen Revolver bereit, da die Situation etwas unheimlich war, denn von Zeit zu 
Zeit hörte man ein Knacken in den Bäumen, welches durch den Ballon verursacht 
wurde, und dann sah man die gespensterhaften Nebelgestalten zwischen den Bäumen. 
Es dauerte 4 Stunden, bis es den Herren mit großen Schwierigkeiten gelungen war, den 
Weg zu mir zurückzufinden und einen Menschen aufzutreiben; dieser hatte eine Flinte 
auf dem Rücken und sah ziemlich gefährlich aus. Immerhin waren wir froh, einen Mann 
zur Hilfe zu haben, und schickten diesen nun fort, um noch einige Mannschaften zu holen. 
Als der Tag anbrach, waren es 5 Leute, die bereit waren, uns zu helfen. Diese Zahl 
ist für einen so großen Ballon, und besonders dann, w r enn ein so kleiner Platz zum 
Verpacken da ist, sehr gering. Aber wir griffen selbst kräftig zu, sodaß es uns gelang, 
mit dem Verpacken fertig zu werden. Der Boden war überall mit Disteln und Dornen 
bedeckt, sodaß wir die größte Vorsicht anwenden mußten, um den Ballon nicht zu ver¬ 
letzen. Dagegen konnten wir weniger auf unsere Schuhe und Beinkleider sehen, die 
durch diese Landung völlig unbrauchbar geworden sind. Die Hauptschwierigkeit kam 
nun erst, als wir einen Wagen haben wollten, um den Ballon bis zur nächsten Bahn¬ 
station zu befördern. Die Leute erklärten einfach, daß es Wagen nicht gäbe; erst als 
wir erklärt hatten, daß wir 50 frs. bezahlen wollten, von denen die Anwesenden die 
Hälfte mitbekommen sollten, war einer sofort bereit, einen Wagen zu holen. Drei 
Stunden dauerte es, bis dieser ankam; es war ein zweiräderiges Gefährt mit zwei Maul¬ 
tieren bespannt. Es war wunderbar, wie diese Maultiere diesen Wagen durch den 

dichten Wald, der fast wie ein Urwald aussah, hindurchzogen, denn Fahrwege gab es 
nicht. Als wir nun den Ballon mit großer Mühe aufgeladen hatten, setzten wir uns in 
Bewegung und kamen nach einer guten Stunde in dem nächsten Orte an, Cap Breton, wo 
wir uns zunächst zu dem Bürgermeister begaben, der uns eine Landungsbescheinigung 

ausstellen sollte. Es war zwischen 1 und 2 Uhr mittags, und der Bürgermeister war 

nicht im Rathause zu finden. Wir suchten ihn daher in seiner Wohnung auf, und er 
stellte uns in der liebenswürdigsten Weise die gewünschte Bescheinigung aus, wobei 
der Fuhrmann als Zeuge fungierte. 

Wir waren inzwischen wieder hungrig geworden, da wir seit dem Abend vorher 
nichts genoßen hatten als eine Flasche Portwein, die wir nach dem Verpacken mit den 
Leuten geteilt hatten. Leider hatten wir uns vor der Abfahrt in Brüssel allen französischen 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. Öl 


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Geldes entledigt, da wir nicht geglaubt hatten, daß wir in Frankreich landen wurden, 
und nun wollte in diesem kleinen Städtchen niemand deutsches Geld wechseln. Zufällig 
fand einer meiner Kameraden in seiner Tasche ein 50-Centimesstück, für das wir sofort 
Weintrauben kauften, die schön und reichlich waren und uns trefflich mundeten. Wir 
versuchten dann einen Wagen für uns selbst zu bekommen, der uns nach Bayonne 
brächte; dies gelang uns indes nicht, sondern wir hatten nur Gelegenheit, mit einem 
Omnibus zu einer anderen Bahnstation zu fahren, von wo wir mit der Bahn nach 
Bayonne fahren konnten. Während wir auf die Abfahrt dieses Wagens warteten, gelang 
es uns, von dem Besitzer desselben 20 Francs zu erhalten, die er uns gegen einen Revers 
lieh, und die wir ihm durch den Fuhrmann zurückschicken sollten, nachdem wir in 
Bayonne Geld gewechselt haben würden. Inzwischen wurden wir von der Dorfjugend 
umstanden und wie Wundertiere betrachtet. Der Wagen mit dem Ballon gebrauchte 
5 Stunden, um in Bayonne anzukommen, und wir selbst waren auch nicht viel eher da. 
Es blieb uns sehr wenig Zeit, um unsern Hunger zu stillen und den Ballon zu verladen, 
und wir fuhren dann um 6 Uhr mit dem Schnellzuge nach Paris von Bayonne ab. 

Als wir am anderen Morgen in Paris ankamen, konnten wir uns zum ersten Male 
seit 4 Tagen rasieren lassen und erst am Mittwoch abend war es uns möglich, unsere 
Kleider zu wechseln, die wir 4 Tage hindurch dauernd getragen hatten. Schon in 
Bordeaux traf ich einige meiner Konkurrenten, die mir zum Siege gratulierten, aber ich 
wollte noch immer nicht mit Bestimmtheit daran glauben, bis ich in Paris die definitiven 
Resultate sämtlicher Ballons erfuhr. 

Ich habe nicht nur den ersten Preis und die goldene Plaquette des Prinzen 
Bonaparte für die weiteste Entfernung gewonnen, sondern auch die silberne Medaille 
der «Illustrierten aeronautischen Mitteilungen» für die längste Fahrtdauer. Außerdem habe 
ich für Deutschland den großen Ehrenpokal des Aero-Club de Belgique für die beste 
Leistung der drei ersten deutschen Ballons errungen. 

Leider konnte ich mich nicht durch einen Aufenthalt in Paris meines Sieges freuen, 
da ich so schnell nach Hause zurückkehren mußte, um am 24. September von Bremen 
nach St. Louis abzureisen, wo ich mit dem so gut bewährten Ballon «Pommern* am 
21. Oktober an der Gordon-Bennett-Wettfahrt teilnehmen werde. 0. Erbslöh. 


Interne Wettfahrt des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt. 

Vom Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt war am 15. August eine kleine 
Ballonwettfahrt veranstaltet worden. Die Absicht hierbei war, auszuprobieren, welcher 
Ballon am besten die Gordon-Bennett-Fahrt in Amerika mitmachen sollte. Die Ballons 
waren folgendermaßen besetzt: «Elberfeld», Führer: Oberlehrer Milarch. Mitfahrer: 
Fabrikant Spindler-Hilden, Leutnant Vogt-Saarburg, Feld-Art. 15. «Abercron», Führer: 
Rechtsanwalt Niemeyer-Essen. Mitfahrer: Landgerichtsrat Althoff-Essen und Leutnant 
der Res. Diepenbrock, Füs.-Reg. 39. «Düsseldorf», Führer: Hauptmann von Abercron. 
Mitfahrer: Dr. Weiß-Hilchenbach, Leutnant Stach von Golzheim, Hus.-Reg. 11. Das 
Resultat der Wettfahrt ist folgendes: «Elberfeld» ist nach 13stündiger Fahrt bei Mühlberg, 
nördlich Riesa a. d. Elbe, «Abercron» nach 14stündiger Fahrt bei Freiberg im Königreich 
Sachsen, «Düsseldorf» nach 18 Stunden 45 Minuten 2*/* Kilometer östlich StefTanowo 
bei Bentschen in Posen gelandet. «Düsseldorf» hat also mit 640 Kilometer Luftlinie die 
weiteste Strecke zurückgelegt, «Elberfeld* 500 und «Abercron» 520 Kilometer. — Haupt¬ 
mann von Abercron berichtet über seine Fahrt wie folgt: Die Wetterlage am 15. August 
war insofern für Ballonfahrten ungünstig, als Gewitterneigung vorhanden war; mit böigen 
Winden und Regenschauern mußte gerechnet werden. Vom meteorologischen Observa¬ 
torium in Aachen wurde am Nachmittag etwas günstigeres Wetter angekündigt. Am 
Abend konnten die drei Ballons bei schöner ruhiger Witterung in der Zeit von 7,30 bis 
9 Uhr vor einer ungeheueren Zuschauermenge aufsteigen, und zwar in der Reihen- 


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folge: «Abercron», «Düsseldorf», «Elberfeld». Die Ballons fuhren zunächst gen Süd-Ost > 
später gen Osten. In Gerresheim senkte sich durch Abkühlung der «Düsseldorf» fast bis 
auf die Erde, und wäre beinahe festgehaiten worden. Die Fahrt ging dann über Mett¬ 
mann, Elberfeld und Hagen. Besonders das Lichtermeer von Elberfeld und Barmen war 
hochinteressant. Der Ballon zog in einer Höhe von 100 Meter dicht über die Städte und 
wurde trotz der Dunkelheit von unten erkannt. Zwischen Schwerte und Iserlohn sichteten 
wir einen der anderen Ballons und durch Zuruf wurde festgestellt, daß es der «Elberfeld» 
war, der in etwas größerer Höhe schneller fuhr. 11,20 Uhr wurde Neheim-Hüsten passiert, 
2,50 Uhr eine größere Stadt, die für Göttingen angesehen wurde. 5,50 Uhr morgens 
wurde die Orientierung vermöge eines größeren Sees wiedergefunden, der etwa 20 Kilo¬ 
meter westlich Halle lag. Die Fahrt führte weiterhin zwischen Halle und Merseburg 
hindurch, über Leipzig und die Elbe bei Mühlberg nördlich Meißen um 8,45 Uhr morgens. 
Ballon «Elberfeld», der hier gelandet ist, wurde nicht gesehen. Mit einer Geschwindigkeit 
von 40 Kilometer pro Stunde überflogen wir den Schießplatz Zeithain in 2000 Meter 
Höhe; Feld-Artillerie schoß, und unterbrach das Schießen auch dann nicht, als der Ballon 
sich in der Schußlinie befand. Die Geschoßeinschläge konnten genau beobachtet werden. 
Kurz nach 10 Uhr vormittags kam der Ballon in Schneewolken und konnte erst mit 
3 Zentner Ballast in 4500 Meter Höhe über das teilweise sehr heftige Schneegestöber 
gebracht werden. Um 12 Uhr wurde ein Fall des Ballons erst in 700 Meter durch starke 
Ballastausgabe aufgehalten. Von 2000 Meter ab schneite es nicht mehr. Die Orientierung 
konnte nicht gefunden werden. Der «Düsseldorf» stieg dann wieder bis 6750 Meter und 
1,55 Uhr wurde vorübergehend die Sonne gesehen. Die dünne Luft in den großen Höhen 
verursachte bei den LuftschifTem ziemliches Herzklopfen; in Amerika wird deshalb Sauer¬ 
stoff mitgenommen werden; 1,30 Uhr wurde eine Stadt, wahrscheinlich Sagan, über den 
Wolken passiert; längere Zeit wurde das Spielen zweier Musikkapellen gehört. Ein 2,40 Uhr 
beginnender Fall steigerte sich rapide und unter 2000 Meter zeigte sich ein seenreiches 
Land. Die Aeronauten vermeinten sich über dem südlichen Teil von Schlesien. Die 
glatte Landung erfolgte 3,15 Uhr auf einer Waldblöße, wo sich alsbald der Distrikts- 
Kommissar und Leute einfanden. Da die Landungsstelle zwischen Frankfurt a. d. Oder 
und Posen lag, muß der Ballon in großen Höhen nach Nord-Osten abgeschwenkt sein. 
Der Distrikts-Kommissar Hauptmann a. D. von Ländwüst war ein alter Bekannter des 
Hauptmanns von Abercron und bei dem Bergen des Ballons sehr hilfsbereit. Nach dem 
Ausfall dieser kleinen Wettfahrt scheint also der «Düsseldorf» den anderen Ballons doch 
überlegen zu sein. 


Ballonwettfahrt zu Valencia am 24. Juli 1907. 

Der Wettbewerb bestand aus einer Weitfahrt und die Ballons wurden gemäß Ar¬ 
tikel 96 des Reglements der «F. A. I.» gehandicapt. Die drei Preise waren von der 
Stadtverwaltung von Valencia gestiftet und bestanden aus 2500, 1500 und 1000 Pesetas, 
Da Valencia dicht am Meere liegt, hatte die Jury dieselben Vorsichtsmaßregeln angewandt, 
wie bei der Wettfahrt von Barcelona, um ein Hinaustreiben der Ballons auf das Meer nach 
Möglichkeit zu verhindern. Am 24. Juli war in den unteren Schichten der Wind günstig, 
aber über 900 m Höhe wehte er aus gerade entgegengesetzter Richtung. Die Jury ließ 
deshalb alle Ballons vollständig mit Gas füllen, damit die Führer die Ballons sehr tief 
halten konnten. Über das Ergebnis der Wettfahrt gibt die nachfolgende Tabelle Aus¬ 
kunft. Was aber die Wettfahrt zu einer so interessanten machte, so daß sie nicht nur 
in Spanien, sondern auch in allen LuftschifTerkreisen des Auslandes Aufsehen erregte, ist 
die sehr gefährliche, aber glücklich verlaufene Luftseefahrt, die Herr Kapitän Alfredo Kindelän 
mit einem 600 cbm-Ballon ausführte und die ihn nach 28ständiger Dauer bis 17 Meilen 
nördlich von Ibiza (Balearen) führte, wo Führer und Ballon von dem englischen Dampfer 
«West Point» gerettet wurden. Über diese außergewöhnliche Fahrt bringen wir an 
anderer Stelle dieses Heftes einen ausführlichen Bericht. 


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Resultate der Ballonwettfahrt zu Valencia am 24. Juli 1907. 


Ballon 

Führer 

Mitfahrer 

Ab- 

fahrt 

Größe 

der 

Ballons 

Ent¬ 

fernung 

Landungsort 

Reihen¬ 

folge 

Alfonso XIII 

Herr Herrera 

Enriquez 

St4. Mia. 

5 00 

ctoa 

1650 

kn 

21 

i 

Ribarroja 

— 

Alcotan 

Herr Magdalena 

- 

5 20 

l 

950 

32 

Zwischen eheste 
und Chiva 

2 . Preis 

Cierzo 

Graf Mendoza Cortina 

' 

6 10 

1600 

10,2 

Aibal 

- 

Maria Teresa 

Kapitän Kindelän 


7 10 

600 

? 

Im Meere ca. 17 
Meilen nördlich 
von Ibiza 

1. Preis 

Reina Victoria 

Herr Romero de Tejada 

— 

7 23 

450 

12 

Zwischen Silta u. i 
Albufera 

1 3. Preis 


Francisco de Paula Rojas. 


jc 

Vereine und Versammlungen. 


Vorläufiger Bericht Uber die dritte Jahresversammlung des Inter¬ 
nationalen Luftschifferverbandes (F. A. I.) zu Brüssel 1907. 1 ) 

Die dritte Versammlung der F. A. I. begann am Freitag den 13. September 1907 in 
Brüssel unter dem Vorsitz des Prinzen Roland Bonaparte. Es waren 8 Länder vertreten, 
und zwar: 

Deutschland (Deutscher Luftschifferverband), 308 190 cbm Gas, 12 Stimmen. 
Vertreter: die Herren Hauptmann v. Abercron, Geh. R.-R. Aßmann, Dr. Bamler, Geh. R.-R. 
Busley, Erbslöh, Hiedemann, Menzen, Major Oschmann, Frhr. v. Romberg, Dr. Stade, Ober¬ 
leutnant Trumpier, Dr. Wegener. Außerdem waren anwesend: Cassirer und Dr. Niemeyer. 

Belgien (Aöro-Club de Belgique), 129000 cbm Gas, 6 Stimmen. Vertreter: die 
Herren F. Jacobs, Major Chevalier Le Clement de Saint-Marcq, Prof. A. Flamache, Oberst 
van den Borren, Adh6mar de la Hault, Oberstleutnant C16ment Soucy. Außerdem an¬ 
wesend: L6on de Brouckdre. 

Frankreich (Aöro-Club de France), 468905 cbm Gas, 12 Stimmen. Vertreter: die 
Herren Prinz Roland Bonaparte, E. Boulenger, Comte Castillon de Saint-Victor, Comte 
A. de Contades, Hauptmann Ferber, R. Gasnier, Comte de la Baume-Pluvinel, Comte 
A. de la Vaulx, M. Mailet, Comte d’Oultremont, E. Surcouf. Außerdem anwesend: P. Tis- 
sandier, Zens. 

England (Aero Club of the United-Kingdom), 206078 cbm Gas, 9 Stimmen. Ver¬ 
treter: die Herren C. S. Rolls, F. H. Butler, G. Brewer, Prof. Huntington, P. Alexander, 
R. W. Wallace, H. Perrin, Oberst Templer, Oberst Trollope. 

Italien (SocietasAeronautica Italiana), 148000 cbm Gas, 6 Stimmen. Vertreter: 
die Herren Hauptmann Castagneris, Chev. L. Pesce, Prof. P. Kaufmann. 

Schweden (Svenska Aeronautiska Sallskapet), 10000 cbm Gas, 1 Stimme. Ver¬ 
treter: Hauptmann A. Hildebrandt. 

Schweiz (Schweizer Aero-Klub), 25 900 cbm Gas, 2 Stimmen. Vertreter: Oberst 

Schaeck. 

*) Ausführlicher Bericht, zugleich über die Verhandlungen der Ständigen Internationalen Aero¬ 
nautischen Kommission, folgt im nächsten Heft. 


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Vereinigte Staaten von Nord-Amerika (Aero-Club of America), 33930 cbm 
Gas, 2 Stimmen. Vertreter: die Herren Cortland Field Bishop, Frank S. Lahm. 

Nach einigen Begrüßungsworten des Präsidenten verlas Hauptmann Ferber den Jahres¬ 
bericht des verhinderten Schriftführers B6san<?on. Der Bericht folgt im nächsten Hefte 
in voller Ausführlichkeit. 

Am Nachmittage des gleichen Tages fand im Saal des Palais des Acadömies eine gemein¬ 
schaftliche Sitzung mit der Ständigen Internationalen Aeronautischen Kommission (C. P. I. A.) 
statt, in welcher in Vertretung des belgischen Ministers des Sciences et des beaux Arts 
Herr Cyrille van Overbergh die Vertreter willkommen hieß und ihnen im Namen der 
belgischen Regierung einen ersprießlichen Fortgang ihrer Arbeiten wünschte. 

Hierauf folgten Vorträge des Majors Renard über die Geschichte der Luftschiffahrt, 
des Hauptmanns Voyer über die Fahrten des französischen Militärluftschiffes «Patrie» und 
des Hauptmanns Ferber über den Stand der Flugtechnik. Die letzte Sitzung fand am 
14. September vormittags im Hotel des Conferences statt. Nachmittags wurde der 
Militär-Luftschiffpark in Wyryck besucht. Am Abend des gleichen Tages vereinigte ein 
vom Aero-Club de Belgique gegebenes Festmahl die Teilnehmer an den Konferenzen im 
Hotel Mengelle. 

Für die Sitzungen waren folgende Anträge 2 ) gestellt worden: 

Deutschland (Deutscher Luftschiffer-Verband). 1. Zusätze zum Reglement: 

a) Es ist verboten, einen Ballon am Tau transportieren zu lassen, oder es gilt der 
Punkt, bei dem der Transport am Tau angefangen hat, als Landungspunkt; dieser 
Punkt muß im Bordbuch erwähnt werden. 

b) Es ist verboten, bei Zielfahrten eine Stadt als Landungspunkt zu bezeichnen; 
es muß vielmehr ein genauer Punkt angegeben werden; doch kann hierzu z. B. der 
Mittelpunkt der Stadt bestimmt werden. 

c) Den Sport-Kommissaren ist verboten, die Bedingungen während einer Weitfahrt 
zu ändern. 

d) Die Ergebnisse einer Wettfahrt sind so genau festzustellen, daß eine Ent¬ 
scheidung durch das Los vermieden wird. (Antrag des Niederrheinischen Vereins.) 

2. Im Artikel 187 des Reglements sind die Worte wegzulassen: 

«Comme il peut ötre nGcessaire en cas de guerre». (Antrag des Oberst¬ 
leutnants Moedebeck.) 

Begründung: Das Reglement der F. A. I. ist nur dazu da, den Sport bei allen 
Nationen nach gemeinsamen Grundsätzen zu regeln und die Nationen durch den Sport 
zu vereinigen; daher müssen alle Zusätze unterbleiben, welche auf die Anwendung dieses 
Sports im Kriege Bezug nehmen. 

Belgien: 1. Festsetzung der Bedingungen, unter denen eine Wettfahrt über das 
Meer stattfinden darf (Sicherheitsmaßnahmen u. dergl.). 

2. Bewertung eines bei einer Wettfahrt im Meere niedergegangenen Ballons. 

3. Einsetzung von «Korrespondenten» der F. A. I., bei denen die in fremden Staaten 
gelandeten Luftschiffer jede mögliche Unterstützung finden können. 

4. Schaffung von internationalen Signalen, durch welche der Führer der Bevölke¬ 
rung, bzw. auf See einem Schiffe mitteilt, ob er Hilfe braucht oder nicht, am Tau fest¬ 
gehalten werden soll usw. 

5. Angabe der Schießplätze, auf denen scharf geschossen wird, um dem Führer, 
besonders wenn der Ballon sich über den Wolken befindet, zu ermöglichen, sichere 
Höhen aufzusuchen. 

England. Untersuchung der Frage des Fahrens am Schlepptau. 

Frankreich: 1. Bewertung eines im Meere niedergegangenen Ballons. (Wieder¬ 
holung des vorjährigen Antrages des Grafen Castillon de Saint-Victor.) 


*) Die Anträge sind hier in der Fassung wiedergegeben, welche ihnen das Bureau der F. A. L 
gegeben hat. 


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2. Studium der Maßnahmen, welche man gegen feindselige Haltung der Bevölke¬ 
rung, namentlich im belgischen Flandern, zu ergreifen hat, Ausgabe eines Spezialaus¬ 
weises in der Landessprache mit Strafandrohung der Behörden für jede Belästigung von 
Angehörigen der F. A. I. (Antrag von E. V. Boulenger.) 

3. Änderung des Artikels 139 des Reglements in der Weise, daß die Frist zum 
Einsenden des Bordbuches verlängert wird. (Antrag des Grafen d’Oultremont.) 

Italien: 1. Mitteilung der auf einer Konferenz gefaßten Beschlüsse und vertagten 
Fragen innerhalb dreier Monate an die zugehörigen Klubs oder Verbände und Aufforde¬ 
rung an diese, ihre Ansicht über diese Fragen innerhalb dreier Monate kund zu geben. 

2. Entwurf von Sonder-Reglements für Wettbewerbe von Amateuren, Professionals 
und gemischte Wettbewerbe. 

3. Nationalität der verschiedenen Insassen eines Ballons bei einem internationalen 
Wettbewerb. 

4 . Festsetzung der Zeit zwischen Meldeschluß und Wettbewerb. (Vorschlag 
3 Monate.) 

5. Beifügung der aus den letzten 5 Jahren abgeleiteten Mittelwerte der meteoro¬ 
logischen Elemente für die Woche, in welcher ein Wettbewerb stattfindet, zu den Aus¬ 
schreibungen. 

6. Obligatorische Internationalisierung aller Wettbewerbe von Lenkballons und 
Flugmaschinen. 

7. Beratung von Maßnahmen, um die Gasgesellschaften zur Herstellung eines reinen 
und billigen Gases und die chemischen Fabriken, die Wasserstoff als Nebenprodukt her- 
stellen, zur Lieferung von möglichst viel Gas an die Luftschiffer zu veranlassen. 

8. Herstellung von Karten, aus denen die mittleren Winde für jede Gegend zu 
ersehen sind, als Ergänzung der vorgeschlagenen aerographischen Karten. 

Die Beratungen führten zu folgenden Ergebnissen: 

1. Es wurde eine Resolution folgenden Inhalts gefaßt: Die Konferenz bittet Herrn 
Oberstleutnant Moedebeck, eine Karten-Kommission zu bilden, deren Mitglieder er selbst 
aus den verschiedenen Ländern zu wählen hat. 

2. Über die Anträge wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 

Deutschland. Zu ta: Im Reglement wird folgender Zusatz aufgenommen: «Es 
ist in jedem Falle untersagt, die Entfernung durch einen Transport des Ballons am 
Schlepptau zu verändern». 

Zu lb. Bei Zielfahrten muß der Landungspunkt genau bezeichnet werden. 

Zu lc. Zusatz zum Reglement: «Sobald ein Bewerber gestartet ist, dürfen die 
Bestimmungen eines Wettbewerbes nicht mehr geändert werden». 

Zu ld. Zurückgezogen. 

Zu 2. Von der Konferenz angenommen. 

Belgien. Zu 1. Dem Bureau der F. A. I. überwiesen. 

Zu 2. Vertagt. 

Zu 3. Die Kommission spricht folgende Wünsche aus: 

a) Jeder Klub wolle einen Korrespondentendienst einrichten, entsprechend dem des 
Touring Klubs. Dieser Dienst soll den Zweck haben, den in einem fremden Staate 
landenden Luftschiffern jede nötige Hilfe zu gewähren. Die Korrespondenten sollen durch 
die Klubs, und zwar nach Möglichkeit aus ihren Mitgliedern ausgewählt werden. 

b) Die Liste der Korrespondenten soll an das Bureau der F. A. I. gesandt werden, 
welches für ihre Veröffentlichung Sorge tragen wird. 

c) Das Bureau der F. A. I. möge Sorge tragen, daß diese Organisation innerhalb 
6 Monaten durchgeführt werde. 

Zu 4. Die Konferenz bittet Herrn Major Le Clöment de Saint-Marcq, eine Kom¬ 
mission aus Mitarbeitern aller Länder zu bilden, welche die Frage von Signalen auf dem 
Meere vorbereiten soll. 

Zu. 5. Die Angelegenheit wird der Kartenkommission überwiesen. 


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England. Abgelehnt. 

Frankreich. Zu 1. Vertagt. 

Zu 2. Die belgische Regierung wird auf diplomatischem Wege für die Schaffung 
eines internationalen Passes für Luftschiffer Sorge tragen. 

Zu 2. Die Konferenz setzt als Frist für die Einlieferung des Bordbuches 24 Stunden, 
statt 12 wie bisher, fest. 

Italien. Zu 1. Die Protokolle sollen an die Klubs oder Verbände der F. A. I. 
innerhalb dreier Monate versandt werden. Der berichterstattende Schriftführer ist aus 
dem Lande zu wählen, welches die nächste Konferenz veranstaltet. 

Zu 2. Zurückgezogen. 

Zu 3. Bis zur nächsten Konferenz vertagt. 

Zu 4. Beschluß; «Die Frist zwischen Meldeschluß und Wettbewerb darf bei den 
internationalen Wettbewerben 3 Monate nicht überschreiten». Es stimmten dafür 
Deutschland (12), Belgien (6), Spanien (5), Italien (6), Schweden (1) (Sa. 30 Stimmen), 
dagegen Vereinigte Staaten von Nordamerika (2), Frankreich (12), England (9), Schweiz (2) 
(Sa. 25 Stimmen). 

Zu 5—8. Die Anträge werden auf die Tagesordnung der nächsten Konferenz gesetzt. 

Die Beiträge für das nächste Jahr werden wie folgt festgesetzt; Deutschland 250 Francs, 
Belgien 150 Fr., Spanien 150 Fr., Vereinigte Staaten 100 Fr., Frankreich 250 Fr., Eng¬ 
land 200 Fr., Italien 150 Fr., Schweden 100 Fr., Schweiz 100 Fr. 

Die Zusammensetzung des Bureaus ist bis zur nächsten Konferenz die folgende: 
Präsident: Prinz Roland Bonaparte; Vizepräsidenten: die Herren Busley, Jacobs, 
de la Vaulx, Wallace; Schriftführer: H. B6san(;on; berichterstattender Schrift¬ 
führer: H. Perrin; Schatzmeister: P. Tissandier. 

Die nächste Konferenz findet in London Ende Mai oder Anfang Juni 1908 statt. 

Dr. Stade. 

Deutscher Luftschiffertag. 

Der Deutsche Luftschiffer-Verband hielt seine diesjährige Tagung 
am 11. September in Köln ab. Der dortige, im Anfang dieses Jahres neu 
begründete Klub für Luftschiffahrt hatte den Verband, zu dessen jüngsten 
Mitgliedern er zählt, in liebenswürdigster Weise eingeladen und ihm zu 
seinen Sitzungen die prächtigen Räume, die er, gemeinsam mit dem Kölner 
Automobil-Klub und neuerdings auch dem Rheinischen Motorjacht-Klub, im 
eigenen Hause Kattenbug 1/3 bewohnt, bereitwillig zur Verfügung gestellt, 
und es lag um so näher, dieser Einladung Folge zu leisten, als für die Mit¬ 
glieder der deutschen Vereine, welche den Verband bei den am 12. Sep¬ 
tember in Brüssel beginnenden Verhandlungen des Internationalen Luft- 
schiffer-Verbandes zu vertreten hatten, die Reise ohnedies über Köln führte. 

Von den einzelnen Vereinen hatten sich die folgenden Abgesandten 
eingefunden: 

Vom Berliner Verein für Luftschiffahrt: Geheimer Regie¬ 
rungsrat Professor Busley, Geheimer Regierungsrat Professor 
Dr. Assmann, Fabrikbesitzer Cassirer, Hauptmann a. D. 
Hildebrandt, Major Oschmann und Observator Dr. Stade; 
vom Augsburger Verein für Luftschiffahrt: Fabrikgesell¬ 
schafter Scherle und Rentier G. Riedinger; 
vom Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt: Ober- 


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lehrer Dr. Bamler, K. Barthelmes und Rechtsanwalt Dr. 
Niemeyer; 

vom Mittelrheinischen Verein für Luftschiffahrt: Fabrik¬ 
besitzer Hiedemann (Köln) und Freiherr v. Romberg; 

vom Kölner Klub für Luftschiffahrt: Rechtsanwalt Menzen 
und Oberleutnant Trumpler; 

den Münchener Verein für Luftschiffahrt vertrat Haupt¬ 
mann v. Abercron (Düsseldorf). 

Nicht vertreten waren der Oberrheinische, Posener, Ost¬ 
deutsche und Fränkische Verein für Luftschiffahrt 
und der Physikalische Verein zu Frankfurt a. M. 

Den einzelnen Vereinen standen nach Maßgabe ihrer im Januar d. Js. 
oder, bei den später eingetretenen Vereinen, bei ihrer Aufnahme dem Ver- 
bandsvorstande gemeldeten Mitgliederzahl (laut § 8 des Grundgesetzes) in 
der obigen Reihenfolge die folgenden Stimmenzahlen zu: 10, 3, 7, 2, 2, 4; 
2 , 1 , 2 , 2 , 8 . 

Auf der Tagung vertreten waren mithin 28 (von insgesamt 43) Stimmen. 

Übrigens ergab sich während der ganzen Verhandlungen niemals eine 
Veranlassung, das Stimmenverhältnis festzustellen, da trotz anfänglich in 
einzelnen Fragen hervorgetretener Meinungsverschiedenheiten bei allen Ab¬ 
stimmungen volle Einmütigkeit herrschte. 

Um 11 Uhr fand eine kurze Vorstandssitzung statt, an welcher die 
Herren Geheimrat Busley, Dr. Bamler, Barthßlmes, Hiedemann, 
Freiherr v. Romberg und Dr. Stade und als Vertreter der Sport¬ 
kommission Hauptmann a. D. Hildebrandt teilnahmen. Sie beschäftigte 
sich im wesentlichen mit der Vorbereitung der Tagesordnung für die allge¬ 
meine Sitzung. 

In der um 1 Uhr begonnenen allgemeinen Sitzung gab nach Fest¬ 
stellung der Anwesenheitsliste zunächst der Vorsitzende, Geheimrat Busley, 
einen Bericht über die Entwicklung des Deutschen Luftschiffer- 
Verbandes in dem seit der letzten Tagung verflossenen Zeitraum. Der 
Verband hat durch den Beitritt des Kölner Klubs für Luftschiffahrt mit 
über 200 und des Physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. mit mehr 
als 800 Mitgliedern einen erfreulichen Zuwachs erfahren. Es liegt außerdem 
das Aufnahmegesuch des zu Göttingen neu begründeten Niedersächsischen 
Vereins für Luftschiffahrt mit rund 100 Mitgliedern vor. Damit ist 
der Verband, der im Anfang des Jahres 9 Vereine mit rund 3200 Mitgliedern 
zählte, auf 12 Vereine mit weit über 4000 Mitgliedern angewachsen. Auch 
hat in sportlicher Beziehung während des letzten Jahres eine weit regere 
Betätigung innerhalb des Verbandes Platz gegriffen; denn während im 
Jahre 1906 nur bei 2 Wettfliegen deutsche Ballons in Wettbewerb traten 
(3 in Paris am 30. September beim Gordon-Bennett-Wettfliegen und 13 am 
14. Oktober in Berlin), so sind in diesem Jahre nicht weniger als 38 Ballons 
bei 7 teils schon vollzogenen, teils noch bevorstehenden Wettfahrten beteiligt, 


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nämlich 9 in Mannheim am 19. Mai, 16 in Düsseldorf am 8. und 9. Juni, 
2 in Lüttich am 7. Juli, 7 in Brüssel am 15. September, 1 in Paris am 
29. September und 3 in St. Louis am 21. Oktober. Außerdem fanden noch 
einzelne «interne» Wettfliegen statt. — Einige unliebsame Vorkommnisse 
des letzten Jahres geben dem Vorsitzenden Anlaß, allgemein zur Vorsicht 
bei der Abfassung und Veröffentlichung von Fahrtberichten, 
insbesondere von Zeitungsberichten, zu mahnen und den Fahrtenausschtissen 
eine möglichst strenge Ausübung ihres Aufsichtsrechtes über derartige Ver¬ 
öffentlichungen, wie es z. B. beim Berliner Verein durch § 35 der Bestim¬ 
mungen des Vorstandes über die Ausführung von Ballonfahrten ausdrücklich 
vorgesehen ist, dringend ans Herz zu legen. — Auf seiner vorjährigen 
Tagung hat der Internationale Luftschiffer-Verband eine Reihe von Forderungen 
aufgestellt, deren Durchführung in ihren Ländern den einzelnen nationalen 
Verbänden zur Aufgabe gemacht wurde. Der Deutsche Luftschiffer-Verband 
hat sich die Erfüllung dieser Forderungen angelegen sein lassen, soweit es 
möglich war. So ist die Bestimmung, daß die Reißleine aus einem flachen, 
25 mm breiten, roten Bande bestehen soll, bei den deutschen Ballons 
allgemein durchgeführt. Die Herstellung besonderer Landkarten für 
Luftschiffer, welche Angaben zur Orientierung bei Nacht enthalten und 
alle Starkstromleitungen anzeigen, ist unter Leitung des Herrn Oberstleutnant 
Moedebeck in Angriff genommen worden. Auch sind mit den zuständigen 
Reichsämtern und Ministerien Verhandlungen angeknüpft, welche die Aus¬ 
stellung von internationalen Pässen für Luftschiffer zum Ziel haben. 
Sobald dieses Ziel erreicht ist, soll weiterhin der Versuch gemacht werden, 
für das Ballonmaterial in gleicher Weise wie in Belgien, wo es als wissen¬ 
schaftliches Material behandelt wird, Zollfreiheit zu erlangen. Dagegen 
können Erleichterungen beim Transport ausländischen Ballonmaterials auf 
deutschen Eisenbahnen kaum in Aussicht gestellt werden, da die Gewährung 
dieser Vergünstigung grundsätzlich an die Bedingung geknüpft ist, daß das 
gesamte Material im Kriegsfälle der deutschen Heeresverwaltung zur Ver¬ 
fügung gestellt wird. 

Für den am persönlichen Erscheinen verhinderten Verbandsschatz¬ 
meister gab der Vorsitzende auch den Kassenbericht und führte, daran 
anknüpfend, zur Begründung seines Antrages auf Annahme einer 
besoldeten Hilfskraft aus, daß in dem in steter Entwicklung begriffenen 
Verbände, gleichwie in dem schnell wachsenden Berliner Verein, die Geschäfte 
zu stark zunähmen, als daß sie in ihrem ganzen Umfange dauernd im 
Ehrenamt erledigt werden könnten. Der am 1. Januar 1908 neu anzustellende 
Geschäftsführer, dessen vorläufig auf 1500 Mk. festzusetzendes Gehalt 
zu 2 /s vom Berliner Verein und zu Vs vom Verbände zu tragen sein würde, 
soll beratende (nicht beschließende) Stimme im Vorstände erhalten. Unter 
Hinweis darauf, daß ihm die Kassenverwaltung in ihrem gesamten Um¬ 
fange zu übertragen sein würde, wird aus der Versammlung beantragt, 
das Amt des Schatzmeisters, welches Herr Gradenwitz während des 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 52 


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vergangenen Jahres in aufopfernderWeise verwaltet habe, vom 1. Januar 1908 
ab eingehen zu lassen. Mit diesem Zusatz wird der Antrag des Vorsitzenden 
nebst den sich daraus ergebenden Änderungen des Grundgesetzes einstimmig 
angenommen. 

Im übrigen ergab die nun folgende Neuwahl des Vorstandes keine 
wesentliche Änderung in seiner Zusammensetzung; nur trat für den Posener 
Verein an die Stelle des von dort verzogenen Herrn Majors Harck Herr 
Dr. Witte ein, und für den Kölner Klub wurde Herr Rechtsanwalt Menzen 
zugewählt, während der Physikalische Verein zu Frankfurt a. M. und 
der auf dieser Tagung neu aufgenommene Niedersächsische 
Verein für Luftschiffahrt zu Göttingen ihre Vertreter für den Verbands¬ 
vorstand noch namhaft zu machen haben. 

Bei dem Punkte der Tagesordnung, der die Bestimmung der Ab¬ 
geordneten für den Internationalen Luftschiffertag zu Brüssel 
betraf, entspann sich eine längere Erörterung über die Gesichtspunkte, welche 
bei der Auswahl dieser Abgesandten maßgebend sein sollten. Man einigte 
sich auf folgender Grundlage: es soll tunlichst allen Vereinen die Mög¬ 
lichkeit geboten werden, auf den internationalen Luftschiffertagen sich durch 
Abgesandte (unter den im vorjährigen Verbandsprotokoll, Jahrbuch 1907, 
S. 10, Zeile 25 ff. aufgestellten Bedingungen) vertreten zu lassen; sofern die 
kleinen Vereine Vertreter nicht entsenden, fallen ihre Stimmen an die Vereine 
mit dem größten Gasverbrauch (vgl. Satzungen des Internationalen Luft- 
schiffer-Verbandes, § 15, Jahrbuch 1907, S. 27). Die Abgeordneten werden 
aber nicht von den Vereinen, sondern von dem Luftschiffertag gewählt, denn 
sie sollen nicht die Vereine, sondern den Verband vertreten; auch sollen sie 
nicht an Instruktionen gebunden, sondern in der Lage sein, bei allen Fragen 
eine eigene Meinung zur Geltung zu bringen; es wird deshalb auch Sorge 
dafür zu tragen sein, daß die Wahl möglichst auf sportlich und technisch 
durchgebildete Mitglieder fällt. Natürlich sollen die Wünsche der Einzel¬ 
vereine, wie auch ihre Stimmenzahl, bei der Ernennung der Abgeordneten 
tunlichst berücksichtigt werden. 

Für den Brüsseler Internationalen Verbandstag wurden die 
Herren Geheimrat Busley, Hauptmann v. Abercron, Geheimrat Aßmann, 
Oberlehrer Dr. Bamler, Kaufmann Erbslöh, Fabrikant Hiedemann, Rechts¬ 
anwalt Menzen, Major Oschmann, Freiherr v. Romberg, Observator 
Dr. Stade, Oberleutnant Trumpier und Dr. Wegener als Abgeordnete, 
die Herren Fabrikbesitzer Cassirer und Generalagent Heimann als Ersatz¬ 
abgeordnete bestimmt. 

Die Tagesordnung des Brüsseler Luftschiffertages war beim 
Verbandsvorstande nicht eingegangen; es konnten deshalb lediglich die hierzu 
angemeldeten deutschen Anträge besprochen werden. 

Der Niederrheinische Verein für Luftschiffahrt hatte bean¬ 
tragt, der Deutsche Luftschifferverband möge bei dem diesjährigen inter¬ 
nationalen Luftschiffertage dahin wirken, daß das Reglement des Inter- 


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nationalen Luftschiffer-Verbandes durch folgende Zusatzbestimmungen ergänzt 
würde: 

1. Bei Wettfahrten soll das Ziehen am Schlepptau verboten sein, oder 
derjenige Punkt soll als Landungspunkt betrachtet werden, an 
welchem das Ziehen begonnen hat. In diesem Falle muß eine ent¬ 
sprechende Eintragung in das Bordbuch gemacht werden. 

2. Städte als solche dürfen nicht als Ziele gewählt werden, sondern es 
ist ein bestimmter Punkt zu bezeichnen; doch kann hierzu auch 
der Mittelpunkt einer Stadt gewählt werden. 

3. Die Sportkommission darf während der Wettfahrt die Bedingungen 
nicht verändern. 

4. Die Jury hat die Leistungen so genau zu bewerten, daß das Losen 
um einen Preis vermieden wird. 

Ein Antrag des Herrn Oberstleutnant Moedebeck bezog sich auf den 
Artikel 187 des oben genannten Reglements. Es heißt darin: 

Artikel 187. (Wettbewerbe nach Horizontalität der Fahrt.) «Die Preise 
werden denjenigen Bewerbern zuerkannt, welche sich am genauesten, spar¬ 
samsten und am längsten in einer festgesetzten Höhe gehalten haben, wobei 
sie die Gleichgewichtslage so früh wie möglich erreicht und so. spät wie 
möglich verlassen haben müssen — wie es im Kriegsfälle nötig sein kann.» 

Hier sollen die letzten Worte («wie—kann») gestrichen werden, weil in 
einem Reglement, welches einen die Völker in friedlichem Wettbewerb ver¬ 
einigenden edlen Sport betreffe, ein Hinweis auf den völkervernichtenden 
Krieg unangebracht erscheine. 

Der Verbandstag erklärte nach kurzer Erörterung einstimmig seine 
Bereitwilligkeit, diese Anträge insgesamt auf dem Brüsseler Internationalen 
Luftschiffertag zu vertreten. 

Die internen, nur den deutschen Verband betreffenden Anträge wur¬ 
den fast sämtlich angenommen, so zunächst ein Antrag des Vorsitzenden: 

Die Verbandsvereine sind verpflichtet, dem Verbandsvorstande je ein 
Exemplar der Ausschreibungen und Programme der von ihnen veranstalteten 
Wettfahrten sowie eine Übersicht ihrer Ergebnisse für die Verbandsakten 
zu übersenden. 

Gleichfalls einstimmige Annahme fand ein Antrag des Herrn Oberst¬ 
leutnant Moedebeck: 

Dem § 1 des Grundgesetzes sind folgende Punkte beizufügen: 

5. Organisation von Ballonwettfahrten nationaler und internationaler Art; 

6. Vorbereitungen für die Teilnahme des Deutschen Luftschiffer-Ver¬ 
bandes an internationalen Ballon Wettfahrten im Auslande; 

7. Förderung der Flugtechnik durch Organisation von flugtechnischen 
Ausstellungen und Wettflügen. 

Ein weiterer Antrag des Herrn Moedebeck bezog sich auf die even¬ 
tuelle Bildung von flugtechnischen Abteilungen innerhalb der ein¬ 
zelnen Verbandsvereine. 


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Dieser Gedanke wurde mit großer Befriedigung begrüßt und allgemein 
der Wunsch ausgesprochen, daß die einzelnen Vereine recht bald mit der 
Bildung solcher Abteilungen vorgehen möchten. 

Ferner beantragt Herr Oberstleutnant Moedebeck: Festlegung einer 
verständigen deutschen aeronautischen Terminologie in Verbindung mit dem 
deutschen Sprachverein, dem Kriegsministerium und Kultusministerium. 

Zu diesem Zwecke wählte der Verbandstag eine Kommission, be¬ 
stehend aus dem Antragsteller, den Herren Regierungsrat a. D. Hofmann 
(Berlin) und Dr. Stade. 

Ein Antrag des Münchener Vereins forderte gemeinsame Schritte 
zur Herbeiführung einer Gasverbilligung. 

Es kamen bei dieser Gelegenheit die ungeheuren Unterschiede zur 
Sprache, die zwischen den Gaspreisen an verschiedenen Orten bestehen; 
so kostet ein Kubikmeter Leuchtgas in Bochum 5 1 /*, in Essen 7, in Düssel¬ 
dorf, Krefeld, Köln und Koblenz 8, in Barmen, Elberfeld, Mainz und Trier 
10, in Frankfurt a. M. 12, in Berlin 13 und in München 14 Pfennig. Diese 
Unterschiede an den einzelnen Orten sind in der Verschiedenheit ihrer Lage 
und ihrer Entfernung von den Kohlengebieten begründet. Einen Einheits¬ 
preis zu .erlangen ist hiernach natürlich ausgeschlossen. Auch würden 
gemeinsame Schritte der Verbandsvereine behufs einer allgemeinen Gas¬ 
verbilligung wahrscheinlich wenig Erfolg haben. Es wird indessen den 
Vereinen, deren sportliche Betätigung unter hohen Gaspreisen leidet, 
anheimgestellt, sich behufs Erlangung günstigerer Bedingungen auf die an 
anderen Orten gezahlten niedrigeren Preise zu berufen. Allerdings darf 
nicht außer Acht gelassen werden, daß man unter Umständen durch einen 
solchen Schritt statt eigenen Vorteils für den andern Verein einen Nachteil 
herbeiführen kann; denn wie unter großer Heiterkeit berichtet wurde, hat 
in einem Falle die Berufung einer Vereinssektion auf die niedrigeren Gas¬ 
preise eines Nachbarortes zu einem Ausgleich in dem Sinne geführt, daß 
an dem billigeren Ort die Preise erhöht wurden. 

Auf Wunsch des Niederrheinischen Vereins soll in Zukunft das 
Protokoll der Luftschiffertage tunlichst innerhalb vier Wochen nach der 
Tagung fertiggestellt und den Verbandsvereinen zugestellt werden. 

Ein Antrag des Fränkischen Vereins auf Gründung einer Zen¬ 
tralstelle für den Austausch von Lichtbildern fand nicht die erforder¬ 
liche Unterstützung. 

Außerhalb der Tagesordnung berichtete zunächst der Vorsitzende 
über den Stand der Arbeiten zur Herstellung einer aeronautischen 
Karte. Zugrunde gelegt wird die Ravensteinsche Karte von Deutschland, 
Luxemburg und der Schweiz im Maßstabe von 1 : 300 000; die für den 
Luftschiffer notwendigen Ergänzungen werden farbig übergedruckt. Die 
Arbeit hegt in den Händen des Herrn Ingenieur Dr. Dettmar. Herr Scherle 
(Augsburg) verlangte schärfere Bedingungen für die Erteilung der Führer¬ 
befähigung, und zum Schluß kündigte Dr. Stade das demnächstige Er- 


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scheinen einer von ihm in Gemeinschaft mit Leutnant v. Selasinsky be¬ 
arbeiteten Übersetzung der Satzungen und Reglements des Inter¬ 
nationalen Luftschiffer-Verbandes an. 

Der fast fünfstündigen Tagung schloß sich ein vom Kölner Klub 
gegebenes glänzendes Festmahl an, dem auch der Regierungspräsident 
Dr. Steinmeister, der Stadtkommandant Oberstleutnant Käppi er und der 
Bürgermeister Laue beiwohnten. Dr. Steinmeister brachte auf den 
Kaiser, als den Schirmherrn und Förderer des deutschen Luftschiffersportes, 
ein begeistert aufgenommenes Hoch aus, worauf im Namen des Kölner Klubs 
sein Vorsitzender, Rechtsanwalt Menzen, die Gäste begrüßte; dem Dank 
der Vertreter der deutschen Luftschiffervereine für die ihnen bei dem Kölner 
Klub bereitete herzliche und glänzende Aufnahme gab der Verbandsvorsitzende 
in beredten Worten Ausdruck. Dr. Stade. 

Berliner Verein für Luftschiffahrt. 

Die 265. Sitzung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 15. April 
brachte nach Verlesung des Protokolls letzter Sitzung und satzungsgemäßer Aufnahme von 
29 neuen Mitgliedern einen Experimentalvortrag des Ingenieurs E. Rumpler-Berlin (als Gast) 
«Über moderne Flugtechnik* mit Vorführung von freifliegenden Modellen und Lichtbildern. 
Von der früheren gänzlichen Verneinung der Möglichkeit, daß der Mensch je werde 
fliegen, nämlich die Richtung seines Fluges frei bestimmen können, so führte der Redner 
aus, ist man zu einer hoffnungsvolleren Anschauung gelangt, und der sich mit Lösung 
der Flugfrage Beschäftigende gilt heute nicht mehr schlechtweg als ein Phantast, sondern 
als ein würdiger, zielbewußter Sohn seiner Zeit. Aber wenn auch die Möglichkeit des 
Fluges nicht mehr angezweifelt wird, so doch seine Wirtschaftlichkeit! Das Fliegen, so 
wird befürchtet, werde bestenfalls ein Sport und einer von der kostspieligen Sorte bleiben. 
Es wiederholt sich hier derselbe Gedankengang, der anfänglich dem Automobilismus so 
viele Zweifler an seiner Wirtschaftlichkeit erweckte. Wie hier jedoch die Sportsleute als 
Pioniere wertvolle und unentbehrliche Arbeit geleistet und schließlich die Zweifler über¬ 
wunden haben, so wird es auch in der Flugtechnik geschehen. Auch hier scheint dem 
Vortragenden die hohe Wirtschaftlichkeit des Verkehrs frei durch die Lüfte ohne Zweifel. 
Vielleicht wird den bestehenden Warentransportmitteln niemals Konkurrenz gemacht 
werden, aber für die Beförderung von Menschen verspricht die Flugtecknik wertvolle Er¬ 
gänzungen der jetzt vorhandenen Gelegenheiten. 

Die «statische» Luftschiffahrt, das nach der Regel «leichter als Luft» sich aus dem 
Gasballon verheißungsvoll entwickelnde lenkbare Luftschiff, streifte der Vortragende nur 
flüchtig. Farä da se! Der Unterstützung sehr bedürftig aber ist der nach der Regel 
«schwerer als Luft* den Ballon entbehrlich zu machen unternehmende «dynamische* 
Flug. Die bisher diesem Prinzip entsprechenden Flugapparate zerfallen in drei Gruppen: 
die Schraubenflieger, Schrauben ah vertikaler Achse zur Erzeugung der erforderlichen 
Hubkräfte benutzend, Ruderflieger, den Vogel nachahmend, und Drachenflieger, 
bei denen nach Art der bekannten Papierdrachen die Tragflächen in einen spitzen Winkel 
zu den aufsteigenden Luftströmen gestellt werden. Die letztere Gruppe ist die heute für 
wissenschaftliche Zwecke zumal am meisten entwickelte ; aber die beiden anderen verdienen 
das höhere Interesse für die Lösung der eigentlichen Flugfrage, insonderheit wegen der 
Konstruktion der Luftschrauben und der sie treibenden Motoren. Hier wird alles darauf 
ankommen, mit welchem Minimalgewicht des Motors man ein Maximum der Leistung er¬ 
zielen kann. Von einem Gewicht von 12—8 kg pro geleistete Pferdekraft ist man allmählich 
auf 2 kg pro Pferdekraft herabgekommen, ja es verlautet von einem Motor, der pro 1 kg 


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1 Pferdekraft leistet, womit das Verhältnis des Gewichts der lebendigen Taube (0,4 kg) 
und der von ihr geleisteten Pferdekraft (0,4) erreicht sein wird; aber man hat Grund, an 
der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. Es ist bedauerlich, daß auf diesem Spezial¬ 
gebiet der Flugtechnik das Ausland — Frankreich, England, Amerika — rühriger ist als 
Deutschland (wo zurzeit anscheinend nur Hoflfmann und Ganswindt den Erfindergedanken 
vertreten), während in Deutschland doch die Grundlagen zu den bisher erzielten Erfolgen 
durch Kreß und den unvergeßlichen Otto Lilienthal gelegt worden sind, von denen der 
erstere schon vor 25 Jahren kleine freifliegende Modelle von Drachenfliegern erbaute und 
der letztere uns in seinem Buche «Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst* zahl¬ 
reiche sorgfältige Messungen der Luftwiderstände hinterlassen und Aufklärung über diese 
wichtigste Frage geschaffen hat. Der Vortragende ermahnte zum Schluß seines bei¬ 
fällig aufgenommenen Vortrages zu gesteigertem, gemeinsamem Arbeiten auf diesem 
Spezialfelde der Flugtechnik, damit der Vorsprung wieder eingeholt werde, den das Aus¬ 
land in dieser Richtung gewonnen hat. Die sich an den Vortrag schließende Diskussion 
gab den Meinungen des Redners nicht in allen Stücken recht. Namentlich wurde darauf 
hingewiesen, daß die in schnellerem Tempo empfohlenen Versuche mit dem dynamischen, 
vom Ballon ganz absehenden Fluge, wobei das Luftvehikel nicht leichter, sondern 
schwerer als die es verdrängende Luft sein soll, nicht ohne schwere Opfer an Menschen¬ 
leben und Apparat abgehen würden. Es sei daher noch nicht an der Zeit, zu einem 
korporativen Zusammenarbeiten der für den dynamischen Flug eingenommenen Flug¬ 
techniker überzugehen. Vorher müßten noch eine Menge Detailfragen gelöst werden, zu 
denen an erster Stelle die Frage nach der geeignetsten Aufflugmethode, nach den ge¬ 
eignetsten Formen zur Erreichung des geringsten Lufwiderstandes und vor allem die 
Motorfrage gehöre. Denn wenn der Vortragende vielleicht recht habe, daß ein Motor, 
der so viel Pferdekräfte erzeugt, als er an Kilogrammen wiegt, vielleicht die Lösung des 
Motorproblems sei, weil eine 0,4 kg wiegende Taube eine Arbeit gleich 0,4 Pferde¬ 
stärke im Fluge entwickelt, so müsse doch darauf hingewiesen werden, daß wir zurzeit 
von diesem Ziele noch ziemlich weit entfernt sind, da 2 kg Gewicht pro erzielte 1 Pferde¬ 
kraft bisher die günstigste Lösung sei. Besonders interessant war in den ferneren Dar¬ 
legungen des Vortragenden der Nachweis, welche bedeutenden Fortschritte in der Kon¬ 
struktion leichter und doch fester Maschinenteile durch Anwendung von zusammengelöteten 
Blechen erreicht worden sind. Die vorgelegten Pleuelstangen aus Blech erregten Bewun¬ 
derung. Ebenso fesselnd waren die vorgeführten Versuche, statt der bei Luftschiffmotoren 
schwerausführbaren Wasserkühlung Vakuumkühlung anzuwenden, beruhend auf dem Prin¬ 
zip, daß eine im luftverdünnten Raume zu schneller Verdampfung gebrachte Flüssigkeit der 
Umgebung Wärme entzieht. Von einem Redner wurde von dem unvergeßlichen Otto Lilien¬ 
thal behauptet, er habe sich kurz vor seinem 1896 erfolgten Tode dahin geäußert, er sei 
der Lösung des Fliegeproblems ganz nahe. Wer Lilienthal und sein Urteil über diese wich¬ 
tigste Frage gleich dem Berichterstatter gekannt hat, muß einer solchen Behauptung wider¬ 
sprechen. — Sehr fleißiger Gebrauch ist in den Monaten Februar und März von den 
Ballons des Vereins gemacht worden; denn es fanden nicht weniger als 14 Auffahrten 
statt, von denen einige einen recht interessanten Verlauf genommen haben. Freilich er¬ 
reicht keine an Wichtigkeit und Erfolg die von Dr. Curt Wegener von Bitterfeld aus über 
die Nordsee nach England ausgeführte Ballonfahrt. Auf diese sich beziehend, lag der 
Versammlung ein Glückwunschtelegramm des British Aero Club [vor. Es wurde unter 
allseitigem Beifall ein gleiches Telegramm an Dr. Curt Wegener beschlossen. Unter den 
14 Vereinsfahrten sei die von Professor Berson geleitete vom 7. März hervorgehoben, 
weil sie die seltene Höhe von 6743 m erreichte, sowie eine von Professor Dr. Poeschel, 
in Begleitung von Dr. Reichel und zwei Damen, am 25. März ausgeführte, die 6 Stunden 
währte und eine Höhe von 2400 m erreichte. In beiden Fällen wurde der Ballon 
«Bezold* benutzt. 


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In der 266. Sitzung des «Berliner Vereins für Luftschiffahrt*, am 13. Mai, 
welcher Ingenieur Kreß aus Wien als willkommener Gast beiwohnte, sprach nach satzungs¬ 
gemäßer Aufnahme von 20 neuen Mitgliedern, Reichsbank-Oberbuchhalter K. Loechel (als 
Gast) über die Brieftaube und ihre praktischen Verwendungen. Der Vortrag war von einem 
besondern, aktuellen Interesse, weil zwei Tage später bei Eröffnung der Deutschen 
Armee-, Marine- und Kolonialausstellung, wie der Redner gegen den Schluß seines Vor¬ 
trages mitteilte, ein großer Taubenaufflug von über 2000 (nach anderer Version 10000) 
Brieftauben auf dem Ausstellungsplatz beabsichtigt war — der auch ausgeführt wurde. 
Der von zahlreichen Vorführungen — auch von besonders ausgezeichneten Flugtauben, die 
1897—1902 geboren schon ansehnliche Flüge geleistet haben — begleitete fesselnde Vortrag 
brachte eine große Fülle historischer, biologischer und technischer Einzelheiten über die 
Flugtaube, ihre erstaunlichen Leistungen sowohl, als deren Bedingtheiten. Die nahe¬ 
liegende Frage an den erfahrenen Taubenzüchter: Wie kommt die Taube zu ihrem selten 
versagenden Orientierungsvermögen, wie namentlich dazu, daß sie über einem Häuser¬ 
meer, wie das von Berlin, den heimatlichen Schlag sicher findet? beantwortete der Vor¬ 
tragende dahin, daß neben der Schärfe des Auges der Taube ihr Gedächtnis, das von 
wunderbarer Kraft sei, die Hauptrolle spiele, daß aber klare Fernsicht und gutes Wetter 
unbedingte Erfordernisse des Gelingens von Taubenflügen seien. Die Geschwindigkeit, 
mit der eine Brieftaube fliegt, ist auf etwa 60 km in der Stunde beobachtet worden. In 
diesem Punkte ist ihr die Schwalbe sehr überlegen, bei der mehrstündige Flüge mit 
einer Stundenleistung von 235 km festgestellt wurden. Mit der Devise: «Allezeit flug¬ 
bereit für des Reiches Herrlichkeit» halten z. Z. 1191 Vereine für Brieftaubenzucht im 
Deutschen Reiche eine überaus große Zahl trefflich bewährter Tauben für Friedens- und 
Kriegszwecke in Bereitschaft. Es unterliegt w r ohl keinem Zweifel, daß in weiterer Folge 
die Brieftaube auch für die Luftschiffahrt von großer Bedeutung werden wird, wenn ihr 
nicht übertrieben große Höhen zum Abflug zugemutet werden, wobei sie nach gemachten 
Erfahrungen versagte. Sehr entwickelt ist, seit den 1870 während der Belagerung von 
Paris gemachten Erfahrungen, die Art, wie einer Taube die zu befördernden Nachrichten 
mitgegeben werden, und die Möglichkeit, ihr eine große Menge von Nachrichten ohne 
Beschwerde für das Tier anzuvertrauen. Der Vortragende schließt mit den zustimmend 
aufgenommenen Worten: «Pro patria est, dum ludere videmur! 

Von Mitte April bis Mitte Mai haben 10 Fahrten mit Vereinsballons stattgefunden, 
doch nur über zwei davon konnte in der Versammlung Bericht erstattet werden. Die 
-eine, von Hauptmann v. Krogh geleitet, war die Probefahrt mit dem neuangeschafften 
Ballon «Tschudi», sie endete nach kurzer Fahrt bei Oranienburg. Die zweite Fahrt war 
eine Nachtfahrt, die Dr. Bröckelmann unternahm, und die mit noch 12 Sack Ballast an 
Bord bei Lübeck an der Küste endete. 


Die 267. Sitzung des « Berliner Vereins für Luftschiffahrt » fand am 21. Juni 
im kleinen Hörsaal des Physikalischen Instituts unter Vorsitz von Geheimrat Professor 
Dr. Miethe statt. Nach erfolgter Aufnahme von 23 neuen Mitgliedern (darunter eine Dame) 
teilte der Vorsitzende mit, daß die Führerqualifikation von den Herren Justizrat Dr. Reichel- 
Meissen und Postsekretär Liebisch-Berlin erworben worden ist. Das neue Abzeichen des 
Deutschen Luftschiffer-Verbandes, von A. Werner Söhne gefertigt, wurde in einem Exemplar 
vorgelegt und herumgereicht. Seine vorzügliche Ausführung, die es zu einem kleinen 
graphischen Kunstwerke macht, erntete verdienten Beifall. Es kostet 8,75 Jk und bei 
größerer Abnahme durch Vereine 3,40 Jk An den für den 7. Juli in Lüttich, für den 
15. September in Brüssel stattfindenden Ballonwettfahrten wird sich der Verein be¬ 
teiligen. Über seit letzter Versammlung ausgeführte 10 Vereinsballonfahrten berichtete 
Dr. Bröckelmann als Vorsitzender des Fahrtenausschusses. Es waren die folgenden: 

17. und 18. Mai. (Ballon «Bezold» 26. Fahrt.) Ballonführer: Prof. Poeschel, Teil¬ 
nehmer: Justizrat Dr. Reichel, Hofrat Pfaff, Bankier George Millington Hermann. Aufstieg 


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in Bitterfeld, abends 10 Uhr, Landung nach 17 4° Stunden in Könitz. Zurückgelegte 
Entfernung 440 km, Stundengeschwindigkeit 26 km. Maximalhöhe 3500 m. 

. 18. Mai (Ballon «Ernst» 29. Fahrt). Führer: Leutnant v. Schleinitz, Teilnehmer: 

Dr. Treitschke und Ingenieur Otto Müller. Aufstieg in Bitterfeld 8 30 Uhr abends, Landung 
nach 11 V* Stunden in Karlsbad. Zurückgelegte Entfernung 156 km, Stundengeschwindig¬ 
keit 14 km. Maximalhöhe 1100 m. 

19. und 20. Mai (Ballon «Tschudi» 4. Fahrt). Führer: Dr. E. Ladenburg. Auf¬ 
stieg in Mannheim 3 5 Uhr nachm. Landung in Auxonne-Burgund nach 17 02 Stunden. 
Zurückgelegte Entfernung 865 km. Stundengeschwindigkeit 24 km. Maximalhöhe 3300 m. 

24. Mai (Ballon «Bezold» 27. Fahrt). Führer: Dr. Fiemming. Teilnehmer: Post¬ 
sekretär Liebisch, Postsekretär Schubert. Aufstieg in Tegel früh 8 13 Uhr. Landung nach 
14 33 Stunden in Josephstal bei Gablonz in Böhmen (Zwischenlandung nach 3 Stunden in 
Haselhorst wegen Gewitter. Weiterfahrt nur mit Liebisch). Zurückgelegte Entfernung 
230 km, Stundengeschwindigkeit 22 km. Maximalhöhe 3200 m. 

25. Mai (Ballon «Ernst» 30. Fahrt). Führer: Hauptmann v. Müller, Teilnehmer: 
Dr. Olshausen, Rittergutsbesitzer Gilka. Aufstieg in Bitterfeld 12 38 Uhr mittags. Landung 
nach 4&2 Stunden in Hohnstein (Sächs. Schweiz). Zurückgelegte Entfernung 170 km, 
Stundengeschwindigkeit 35 km. Maximalhöhe 2170 m. 

27. und 28. Mai (Ballon «Tschudi» 5. Fahrt). Führer: Dr. Bröckelmann, Teil¬ 
nehmer :, Direktor Schwartz. Aufstieg in Tegel 7 20 abends (stürmisch). Landung nach 
14*0 Stunden in Mstow (Rußland). Zurückgelegte Entfernung 450 km, Stundengeschwindig¬ 
keit 30,5 km. Maximalhöhe 3000 m. Der Kurs ging zunächst südlich bis zum Charlotten¬ 
burger Schloß, dann östlich bei klarem Vollmond über den Spreewald, morgens 620 Uhr 
in 3000 m Höhe über Breslau, 9 08 Uhr über die russische Grenze. 

8. Juni (Ballon «Ernst» 31. Fahrt). Führer: Dr. E. Ladenburg. Aufstieg in Düssel¬ 
dorf 412 Uhr nachm. Landung nach 202 Stunden in Obruiten (linksreinisch). Zurück¬ 

gelegte Entfernung 18 km, Stundengeschwindigkeit 8 km. Maximalhöhe 600 m. 

9. Juni (Ballon «Bezold» 28. Fahrt). Führer: Dr. Niemeyer, Teilnehmer: Herr 

Vollrandt. Aufstieg in Düsseldorf 428 Uhr nachm. Landung bei Anholt nach 302 Stunden. 
Zurückgelegte Entfernung 75 km, Stundengeschwindigkeit 25 km. Maximalhöhe 1380 m. 

9. Juni (Ballon «Tschudi» 6. Fahrt). Führer: Dr. Fiemming, Teilnehmer: Herr 

Schubert. Aufstieg in Düssseldorf 

18. und 19. Juni (Ballon «Ernst» 32. Fahrt). Mit 600 cbm Wasserstoff wohl¬ 
gefüllt. Führer: Dr. Manger, Teilnehmer: Oberleutnant La Quiante und Gattin. Abfahrt 
von Bitterfeld um 7 30 früh mit 8 Sack Ballast. Die Fahrt fand im Randgebiet eines 
über Nordeuropa liegenden Minimums statt. Wind anfänglich schwach, später zuneh¬ 
mend. Die Landung erfolgte glatt bei Ludwigslust in Mecklenburg mit 2 1 /* Sack Ballast 
abends 5 30 . Größte Höhe 450 m. 

Von diesen 10 Fahrten waren die 3., 7., 8. und 9. Wettfahrten. Über seine beiden 
Fahrten dieser Art berichtete Dr. E. Ladenburg, daß die am ersten Ptingstfeiertag von 
Mannheim aus unternommene ihn am Abend in ein dichtes Schneegestöber hinein führte, 
dem er nur dadurch entgehen konnte, daß er bis 1200 m hoch stieg und sich während 
der ganzen Nacht in dieser Höhe hielt. Bei Tagesanbruch erkannte er, daß er in Frank¬ 
reich, oberhalb des wunderschönen Saönetales, war. Um aus den Wolken herauszu¬ 
kommen, mußte er um 7 Uhr 3300 m hoch steigen, fand hier jedoch beinahe vollständige 
Windstille, sodaß die Landung notwendig wurde. Sie erfolgte, nachdem das Ziehen des 
Ventils beinahe 50 Sekunden beansprucht, 7 km von Auxonne in Burgund. Die Düssel¬ 
dorfer Fahrt war eine Zielfahrt, dadurch interessant, daß das 59 km entfernte Ziel nicht 
genau in der Windrichtung lag, und es sich darum handelte, von der unten 30° gegen 
Süden von der Luftlinie nacli dem Ziel abweichenden Luftströmung ausgehend, die ge¬ 
eignete nach Norden abdrehende Strömung zu finden. Leider hörte in 60 m Höhe der 
Wind fast vollständig auf, sodaß Dr. Ladenburg vorzog, in der Nähe des Erdbodens am 
Schleppseil zu fahren. Dabei berührte das Schleppseil ganz unerheblich ein Kleefeld; 


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aber Zuschauer drangen trotz warnenden Rufes des Luftschiffers, dessen Absicht mi߬ 
verstehend, in das Kleefeld ein, um bei der vermeintlich bevorstehenden Landung zu 
helfen. Das entflammte den zufällig anwesenden Besitzer des Kleefeldes zu einem Zorn¬ 
ausbruch. Er griff nach dem Schleppseil, zog den Ballon zur Erde und erklärte, ihn zu 
konfiszieren, wenn ihm nicht 300 Mark für soeben erlittenen Flurschaden bezahlt würden. 
Dr. Ladenburg protestierte und machte seinerseits den Kleefeldbesitzer für allen Schaden 
verantwortlich, der aus der Konfiskation des Ballons entstehen werde. Es sammelte sich 
viel Publikum, das meistens Partei gegen den zornigen Kleefeldbesitzer nahm. Endlich 
kam, vom Gendarm herzugeholt, der Landrat herbei und beschwichtigte den Geschädigten, 
der den Ballon freigab, nachdem ihm die Berufung eines Schiedsgerichtes zur Feststellung 
des Schadens zugesagt worden war. Das Schiedsgericht hat den Schaden auf zwanzig 
Mark geschätzt, die vom Kläger zu einem wohltätigen Zweck bestimmt worden sind. 
Die Wettfahrt aber war und blieb verpfuscht. A. F. 

Flugtechnischer Ausschuß des Berliner Vereins für Luftschiffahrt. 

Der Berliner Verein hat zur Förderung der Flugtechnik einen Arbeitsausschuß ge¬ 
bildet, der aus folgenden Herren besteht: 

Vorsitzender: Prof. Dr. Süring; Beisitzer: Geh. Ober-Baurat Zimmer mann, 
Reg. a. D. J. Hoffmann, Ing. Walesky, Dr. Elias. E. 


I. Internationaler Kongreß für Rettungswesen in Frankfurt a. M. 

In der Pfingstwoche 1908 wird in Frankfurt a. M. ein Kongreß abgehalten, dessen 
Arbeiten sich auf alle Fragen des Rettungswesens erstrecken sollen. Für den Luft¬ 
schiffer können die Abteilungen: 6. Rettungswesen auf See und an Binnen- und Küsten¬ 
gewässern, 9. Rettungswesen im Gebirge, 10. Rettungswesen und Sport, von Wichtigkeit 
sein, davon in letzterer Abteilung besonders folgende Arbeitsgebiete: Beziehung des 
Rettungswesens zum Sport, Art der Rettungsfürsorge bei sportlichen Veranstaltungen, 
Erschöpfungszustände nach sportlichen Leistungen und ihre Folgen, Mittel zur Vor¬ 
beugung, Ärztliche Ratschläge bei Trainierungen, Häufigkeit der Unfälle und Verletzungen 
nach Art des Sports. Alle Anfragen sind an das Kongreßbureau, Leipzig, Nicolaikirch¬ 
hof 2, zu richten. E. 

Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt. 

Gruppe Freiburg i. Br. 

Am 13. 4. 07 fand zwecks Gründung eines Luftschiffer-Vereins in Freiburg i. Br. 
ein Vortragsabend und am 24. 5. 07, nach Erledigung der notwendigen vorbereitenden 
Arbeiten, die erste Versammlung der «Gruppe Freiburg i. Br.» statt. Ein Satzungs¬ 
entwurf, welcher sich an die Satzungen des Oberrheinischen Vereins in Straßburg i. Eis. 
anlehnt, wurde der Versammlung vorgelegt und einstimmig angenommen. 

In den Vorstand wurden gewählt: 

Generalleutnant z. D. Exzellenz Gaede als Vorsitzender; 

Hofrat Professor Dr. Grub er zum stellvertretenden Vorsitzenden. 

Hauptmann Spangenberg im 5. Bad. Feldartl. Rgt. Nr. 76 zum Schrift¬ 
führer; 

Redakteur Stobitzer zum stellvertretenden Schriftführer; 

W. Weyermann, Privat., zum Schatzmeister; 

Kaufmann H. Hein zum stellvertretenden Schatzmeister; 

Hauptmann Spangenberg zum Obmann des Fahrtenausschusses; 

W. Weyermann, Privat., zum Schatzmeister des Fahrtenausschusses; 

Redakteur Stobitzer zum Mitglied des Fahrtenausschusses. 

Illnstr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 53 


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418 «♦* 


Der «Gruppe Freiburg i. Br.» ist bereits eine große Anzahl von Mitgliedern beige¬ 
treten. Sie hat mehrere Vortragsabende abgehalten und 5 Aufstiege unternommen. 

Spangenberg. 


Patent- und Gebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt. 

Deutsche Gebrauchsmuster. 

314 619. 24. 7. 07. Eduard Meiners, Bad Driburg i. W. — Flugapparat, gekennzeichnet 
durch Antriebsmotor, zwei Vertikal- und einen Horizontalzylinder mit Luftschrauben 
und zu beiden Seiten angeordnete Schlagilügel. 

314943. 24. 7. 07. Maximilian Sterk, Passau, Innstadt — Flugmaschine, bestehend aus 
zwei durch Stäbe verbundenen Tragflächen, Motor mit Luftschraube und Leinen zur 
Betätigung der oberen Flügel. 

314960. 31. 7. 07. Ernst Ahrens, Bremen, Sielwall 26. — Drachenschiff mit Vorrich¬ 
tung zum selbsttätigen Lösen des Segels beim Anstoßen an den Drachen. 

Schweizer Patente. 

37 319. 14. August 1906. Anton Vogt, Uster (Schweiz). Fiügelradmechanismus für Luft¬ 
fahrzeuge. Segelrad mit Flächen, welche sich bei der Drehung parallel und senk¬ 
recht zur Fahrtrichtung stellen. 

37419. 15. Mai 1906. Hermann Siegrist, Meisterschwanden (Schweiz). Flugmaschine. 
Schraubenflieger mit verstellbarer Schraubenachse. 

Österreichische Patente. 

28565. 1. Dezember 1906. J. Hermann, Klosterbruck b. Znaim. Lenkbarer Luftballon 

Sehr schlanker Ballon aus Metallblech mit scharfer Spitze. Schrauben am Äquator 
verteilt. 

29599. 1. März 1907. A. Maul, Dresden. Vorrichtung zum gefahrlosen Landen in die 
Luft getriebener Instrumente oder dergleichen. Identisch mit D. R. P. 177947. 

29720. 15. März 1907. J. Deixler, Haag (Niederlande). Tragsegel, insbesondere für 
Flugmaschinen. Das Tragsegel kann nicht gerefft werden. 

Französische Patente. 

373304. 3. Januar 1907. Matthew T Nial, Vereinigte Staaten von Amerika. Perfectionne- 
ments aux machines volantes. Ruderflieger. 

373763. 19. Januar 1907. Robert Esnault-Pelterie, Frankreich. A6roplane ä alles 
deformables d’dquilibre et h gouvernails direeteur et ascensionnels. Steuerung eines 
Drachenfliegers, die das Gleichgewicht nicht stört. 

373818. 22. Januar 1907. R. Esnault-Pelterie, Frankreich. Aäroplane. Drachenflieger 
mit vorderem Steuer und deformierbaren Tragflächen. 

373843. 23. Januar 1907. Aktiebolaget Aviatorer, Schweden. Alle pour appareils ä 
voler. Klappenflügel. 

374005. 17. Dezember 1906. V. V. Placek, Österreich. Appareil destinö ä s’Mever et 
h se soutenir dans l’air. Schraubenflieger. 

374052. 10. Januar 1907. Paul-Jean Andrieu, Frankreich. Hölicoplane ä compensation. 
Schraubenflieger mit verstellbarer Schraubenachse. Außerdem Explosionsmotor¬ 
projekt. 

374126. 9. April 1906. Jules Collomb, Frankreich. Adroplane. Drachenflieger mit zwei 
gegenläufigen Schrauben zwischen zwei Tragflächen. 

374196. 17. Januar 1907. Ch. F. L. Barbier et L. A. Leliövre, Frankreich. Volllire 
pour navigation aerienne. Klappenflügel. 

374494. 9. Februar 1907. L. Bl^riot, Frankreich. Commande par cardan. Höhen-und 
Seitensteuer werden an einem Handgriff durch ein kardanisches Gelenk bedient. 


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374737. 11. Februar 1907. L. Bleriot, Frankreich, Adroplane. Der bekannte Bldriotsche 
Drachenflieger. 

374877. 28. April 1906. M. A. F. Berger, Frankreich. Appareil d'aviation. Drachen¬ 
flieger mit Antrieb durch Schlagflügel. 

374885. 20. Februar 1907. H. R. Saunders, Vereinigte Staaten von Amerika. Cerf- 
volant. Zusammenlegbarer Kinderdrachen mit Brummer. 

375221. 19. Januar 1907. L. Jolivet, Frankreich. Aviateur, muni d'ailes, imltant le toI 
des oiseaux. Flügelflieger. 

375273. 20. Februar 1907. H. Picq, Frankreich. Adroplane antomateur. Ineinander¬ 
greifende gegenläufige Schaufelräder werfen die Luft gegen eine gewölbte Fläche. 
Dadurch soll der Aufstieg bewirkt werden. 

375606. 11. März 1907. L. Brdguet. Appareil gyroplane. Segelradflieger, ähnlich dem 
Wellnerschen Projekt. 

375674. 19. März 1906. X. Domas et A. E. J. Dumas, Frankreich. Ballon dirigeable. 
Luftschiff mit Treib- und Hebeschraube und schwenkbarer Gondel. 

375753. 31. Januar 1907. D. L. Moorhead, Vereinigte Staaten von Amerika. Adroplane. 
Spielzeug. 

375975. 22. März 1907. C. Paulitschky et M me Paulitschky nde Rosa Steiner, Österreich. 
Appareil dirigeable pour la navigation aerlenne. Schraubenflieger. 

376236. 29. Januar 1907. A. Vertogradsky. Rußland. Installation pour faire mouvoir 
les ballons. Identisch mit D. R. P. 190421. 

376 719. 13. April 1907. V. E. Medlni, Frankreich. Systeme de locomotion a&rienne ä 

trolley. Kraftzuführung zum LuftschifT durch Leitungsdrähte und Schleifkontakte. 

376839. 17. April 1907. J. Migliorlno, Frankreich. Hölice aeriennc et marine h rende- 
ment maximnm. Besondere Schraubenform. 

376962. 16. März 1907. X. Wehrte, Frankreich. Ornithoplane ntecanique. Künst¬ 
licher Vogel. 

377174. 26. April 1907. L. Bteriot, Frankreich. Systeme de commande. Höhen- und 
Seitensteuer werden durch einen Handgriff vermittels eines Kugelgelenkes bedient. 

377175. 26. April 1907. L. Bteriot, Frankreich. Assemblage. Verbindung der Leisten 
von Flugmaschinen. 

377188. 27. März 1907. A. P. ßliven, Vereinigte Staaten von Amerika. ßaUon diri¬ 
geable. Luftschiff mit seitlichen schrägen Flächen, unter denen Schrauben an¬ 
gebracht sind. 

377212. 26. April 1907. R, Esnault-Pelterie, Frankreich. Proc&te et dispositifs pour 
maintenir la pression constante h Hnterieur de la nacelle d’un adroplane ainsi 
qu’h Padmisslon du moteur lorsque l’adroplane s'öteve et se dßplace dans des conches 
d’air de plus en plus dlevdes. Um größere Geschwindigkeiten zu erreichen, werden 
höhere Schichten aufgesucht. Die Gondel wird geschlossen und zur Erhöhung des 
Druckes erhält sie einen Trichter, dessen Öffnung in der Fahrtrichtung liegt. 

377485. 4. Mai 1907. G. Castagneris, Italien. Dispositif de Suspension de la nacelle 
aux parois interieurs des a£rostats. Identisch mit D. R. P. 181976. 

377 757. 13. Mai 1907. A. Hoffmann et F. Fröhlich, Österreich. Machine volante. 

Flugmaschine, genau so schwer wie Luft. 

377 789. 13. Mai 1907. A. Beetz, Frankreich. Appareil destind ä stelever, k se soutenir 
et h se diriger dans Fair. Schraubenflieger mit oberer schwenkbarer und unterer 
feststehender Schraube. 

377 870. 16. Mai 1907. A. Davidesco, Rumänien und L. A. Garelsey, Frankreich. Adro- 
plane avec dispositifs assurant la stabilite. Die Stabilität des Drachenfliegers soll 
automatisch durch Klappen in der Tragfläche hergestellt werden, welche sich durch 
ein Pendel öffnen bzw. schließen. 


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Französische Zusatzpatente. 

7089. Ein Zusatzpatent zu 363350. 19. Dezember 1906. PompeYen PirancL, Frankreich. 
Appareil d’avlation dit „Aßroplane avec propulseur 44 . Drachenflieger, bei dem der 
Schwerpunkt durch Verschieben des Motors verlegt werden kann. 

7252. Ein Zusatzpatent zu 367649. 1. Februar 1907. L. M. Le Gofl^ Frankreich. H61ice 
pour la navigation aerienne. Wendeflügel. 

7506. Ein Zusatzpatent zu 368071. 23. März 1907. L. Radier, England. Engin de 
locomotion aerienne. Schraubenflieger. 


Personalia. 

Durch A. K. 0. vom 11. September wurden befördert: 

Klnümann, Oberstleutnant und Abteilungschef in der Artillerie-Prüfungskommission, 
zum Oberst. 

Moedebeck, Major und Bataillonskommandeur im badischen Fußartillerie-Regiment 
Nr. 14, zum Oberstleutnant. 

Oberstleutnant Moedebeck wurde von S. M. dem Kaiser von Japan das Offizier¬ 
kreuz des Verdienstordens der aufgehenden Sonne verliehen. 

Vom k. u. k. Reichskriegsministerium wurden mittels Dekrets belobt: 

Der Hauptmann I. Klasse Purtscher Alfred, des Generalstabskorps, in Anerkennung 
vorzüglicher Dienstleistung. (Praes. Nr. 7055, vom 3. Oktober 1907.) 

Der Hauptmann 11. Klasse Tauber Friedrich, des Infanterieregiments Johann 
Georg Prinz von Sachsen Nr. 11, in Anerkennung mehrjähriger vorzüglicher Dienstleistung 
in der militäraeronautischen Anstalt. (Praes. Nr. 7257, vom 3. Oktober 1907.) 

Die zu den Mitgliedern des «Berliner Vereins für LuftschifTahrt» gehörende Firma 
C. P. Goerz, A.-G., optische Anstalt, hat auf der Deutschen Armee-, Marine- und 
Kolonial-Ausstellung, Friedenau 1907, die höchste Auszeichnung in Gestalt der Gol¬ 
denen Medaille erhalten. 

-<§>- 

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. 

/Ille Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit duellenangabe gestattet. 

Die Redaktion . 


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illustrierte Aeronautische Jffitteiluugen. 

XI. Jahrgang. -M Dezember 1907. s* 12. Heft. 

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Seine Königliche Hoheit Prinz Arnulf von Bayern f. 

Der so unerwartet eingetretene Tod Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen 
Arnulf von Bayern wird nicht nur weit hinaus über die Grenzen Bayerns 
und Deutschlands, überall, wohin die Kunde von dem edlen Wesen der 
Persönlichkeit des Dahingeschie¬ 
denen gedrungen war, die Ge¬ 
müter mit Gefühlen tiefer auf¬ 
richtiger Trauer erfüllen. Das 
schmerzliche Ereignis reißt auch, 
abgesehen von der Armee, in 
eine große Zahl von Korporatio¬ 
nen verschiedener Art, denen 
Se. Kgl. Hoheit angehörte und 
auf welche er durch seine her¬ 
vorragenden Geistes- und Cha¬ 
raktereigenschaften Einfluß übte, 
tiefe nicht auszufüllende Lücken. 

Dem Münchener Verein für Luft- 
schifTahrt gehörte Se. Kgl. Hoheit 
seit dem Jahre 1896 an und wenn 
auch die äußerst vielseitigen 
Inanspruchnahmen, welche an 
Hochgestellte naturgemäß her¬ 
antreten, es ihm fast unmöglich 
machten, sich persönlich ein¬ 
gehender mit aeronautischen 
Aufgaben selbst zu befassen, so 
war es doch stets anregend und 
hocherfreulich anmutend, aus den vielfachen gelegentlichen Fragen und Er¬ 
kundigungen über Angelegenheiten des Vereins, über seine Ziele, Bestrebungen 
und Aufgaben zu ersehen, mit welchem regen Interesse Se. Kgl. Hoheit aero¬ 
nautischen Fortschritten und Errungenschaften folgte. Soldat mit Leib und 
Seele und mit den Aufgaben und Anforderungen der Truppenleitung und-Ver¬ 
wendung vollkommen vertraut, hatte Se. Kgl. Hoheit auch den immer deutlicher 
hervortretenden hohen Wert der Entwicklung der LuftschifTahrt für militärische 
Zwecke schon frühzeitig klar erkannt und auch zunächst für die eine bis jetzt 
weiter ausgebaute Richtung der Nutzbarmachung, für die Erkundung, sich durch 

Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 54 



8. K. H. Prinz Arnulf von Bayern. 


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eigene Eindrücke auf freier Luftfahrt ein unmittelbares Urteil verschafft. In 
gleichem Maße aber wurden von Sr. Kgl. Hoheit auch die bisher erreichten 
Leistungen der Luftschiffahrt für Erforschung der in der freien Atmosphäre er¬ 
kennbar werdenden Wirkungen der Naturgesetze und die naheliegende prak¬ 
tische Bedeutung solcher Ergebnisse gewürdigt. So verbindet sich denn mit 
der unmittelbar schmerzlichen Empfindung des Verlustes einer an sich her¬ 
vorragenden Persönlichkeit noch für uns, die auf dem Gebiet der Luftschiffahrt 
Tätigen, die Trauer um einen Mann, der im Sinne dieser besonderen Be¬ 
strebungen uns ein Angehöriger und Mitwirkender war. 

Unter der großen Zahl derjenigen, welche dem allzufrüh aus dem Leben 
Geschiedenen ein getreues Gedenken bewahren, wird daher der Münchener 
Verein für Luftschiffahrt stets mit in erster Reihe stehen. K. N« 

» 

Aeronautik. 

Die Expedition Well man 1907. 

Von H. Elias. 

Wellmans Versuch, den Nordpol mittels Luftschiff zu erreichen, ist 
bekanntlich in diesem Jahre nicht geglückt. Wenn demnach auch ein wirk¬ 
licher Erfolg nicht zu verzeichnen ist, so ist doch das Unternehmen, nicht 
zum mindesten wegen der hohen Aufgabe, die es sich gestellt hatte, inter¬ 
essant genug, um ein näheres Eingehen darauf zu rechtfertigen. 

Als Mitglied einer vom «Berliner Lokal-Anzeiger» ausgerüsteten Expe¬ 
dition hatte ich Gelegenheit, den Vorbereitungen und dem Versuche selbst 
beizuwohnen. Ich scheue mich nicht, es hier auszusprechen, daß ich 
während meiner Anwesenheit meine Meinung über das Unternehmen voll¬ 
ständig geändert habe. Nach Berichten von Tageszeitungen glaubte ich 
ein Reklame-Unternehmen zu finden, das die schwere Zugänglichkeit jener 
Gegenden dazu benutzte, um durch Hinziehen eines wirklichen Versuches 
während möglichst langer Zeit die übrige Welt in Spannung zu erhalten; 
ich fand Männer, welche mit Ernst und Hingebung an ihre Sache heran¬ 
gingen und welche darauf brannten, unter Einsetzung ihrer Gesundheit und 
ihres Lebens ihre Aufgabe zu vollenden. Das Unternehmen ist ernst, das 
steht nunmehr fest, und ein Grund, es lächerlich zu machen, wie es zum 
Teil auch jetzt noch geschieht, liegt nicht vor. 

Die wissenschaftliche Bedeutung der Expedition zu prüfen, ist hier 
nicht der Ort. Nur soviel soll gesagt werden, daß eine größere wissen¬ 
schaftliche Ausbeute nicht erwartet werden kann und auch von den Mit¬ 
gliedern der Wellman-Expedition nicht erwartet wurde, ebenso, wie ja von 
allen Schlittenexpeditionen, welche lediglich die Erreichung des Poles be¬ 
zwecken, wirkliche wissenschaftliche Werte kaum verlangt werden. Auch 
für den Luftschiffer liegt das Interessante nicht hierin, sondern lediglich in 


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der Lösung der uralten Aufgabe, die bisher allen Anstrengungen der Mensch¬ 
heit getrotzt hat. Das Problem, dessen Lösung Selbstzweck ist, ist ein 
Sportproblem und wenn die Lösung mittels des Luftschiffes gelingen sollte, 
woran kaum zu zweifeln ist, wenn uns auch vielleicht die nächsten Jahre 
diese Lösung noch nicht bringen, so wird der Beweis erbracht werden, den 
schon Andr6e zu bringen versuchte, daß der Weg durch die Luft der gang¬ 
barste für diese Gegenden ist. 

Die Erreichung des Poles mittels des Luftschiffes ist nicht so schwer, 
wie sie sich von Europa aus darstellt. Man hört öfters, daß man sich an 
diese Aufgabe nicht eher heranwagen sollte, ehe nicht das Problem des 
Luftschiffes für sehr lange Fahrten bei uns gelöst ist. Das ist meines Er¬ 
achtens nicht zutreffend. Die Verhältnisse im hohen Norden sind für lange 


Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera. 



Fig. 1 . — Wellmans Anlagen. 

Fahrten viel günstiger als bei uns. Erstens ist nämlich die Windgeschwin¬ 
digkeit über 80° N. B. im allgemeinen, soweit bisher bekannt, im Sommer 
ziemlich gering, zum mindesten ist sicher festgestellt, daß lange Perioden 
ruhigen Wetters Vorkommen, die der Luftschiffer natürlich ausnutzen muß. 
Daraus folgt, daß das Polarluftschiff nur eine verhältnismäßig geringe Eigen¬ 
geschwindigkeit braucht, die mit unseren modernen Motoren nicht schwer 
zu erreichen ist. Zweitens ist es möglich, die ganze Fahrt am Schlepptau 
auszuführen. Damit entfällt die vertikale Steuerung. Das Luftschiff kann 
demnach einfacher konstruiert werden und es wird die Tragfähigkeit des 
Ballons aufs äußerste ausgenutzt. Drittens aber scheint die Windgeschwin¬ 
digkeit in den Schichten von etwa 150—250 m, in denen sich das Luft¬ 
schiff im allgemeinen bewegen wird, fast regelmäßig geringer als im 


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Meeresniveau zu sein, sodaß die denkbar günstigsten Windverhältnisse 
vorliegen. Demnach sind die Anforderungen an ein Polarluftschiff viel 
kleinere, als an ein Militär- oder Sportfahrzeug in Europa, das mit größeren 
Windgeschwindigkeiten und mit völlig freiem Flug, ohne Tau rechnen muß. 
Auch die wirklichen Leistungen unserer LuftschifTer sind von den geforderten 
nicht mehr übermäßig weit entfernt, sodaß man sogar einen Versuch, den 
Pol im Luftschiff zu erreichen, gar nicht einmal als übermäßig verfrüht be¬ 
zeichnen darf, wie noch weiter ausgeführt werden wird. Dagegen erscheint 
es unbedingt erforderlich, daß das Luftschiff erst in zivilisierten Gegenden 
eine längere Probe absolviert und sich als Ganzes brauchbar erweist, und 
daß dies Wellman versäumt hat, kann ihm mit Recht zum Vorwurf gemacht 
werden, und war auch die Ursache seines Mißerfolges. 

Die wirklichen Entfernungen und die Aussichten des Wellmanschen 
Unternehmens werden am besten im Vergleich mit Andr6es ähnlicher Ex¬ 
pedition betrachtet werden. 

Die Entfernung von der Däneninsel, von der Andree und Wellman 
aufstiegen, bis zum Pol beträgt 600 Seemeilen (1 SM. = 1852 m, 1 See¬ 
meile pro Stunde = 1 Knoten = fast genau l l* m p. sec.). Hin und 
zurück also 1200 SM. Diesen Reiseweg wird man aber nicht zugrunde 
legen können, denn man wird im allgemeinen mit einem günstigen Winde 
abfahren, der den Ballon, wenn möglich, direkt zum Pol bringen soll. 
Nimmt man nun an, daß dieser günstige Wind weiter weht, so wäre vom 
Pol die Entfernung bis zu den nächsten bewohnten Gegenden, nördliches 
Sibirien oder Alaska, noch mindestens 20 Breitengrade oder 1200 SM.; die zu¬ 
rückzulegende Strecke wäre also 1800 SM. lang. Wenn Andree seinerzeit einen 
dauernden Süd, also jenseits des Poles Nordwind von 5 m p. sec. gehabt 
hätte, der als recht günstig angesehen werden muß, so brauchte er zum 
Pol 60 Stunden und 120 Stunden von dort zum Festland, im ganzen also 
180 Stunden oder 7 1 /« Tag. Die längste Fahrt im Freiballon war damals 
etwas über 24 Stunden, heute etwas über 52 Stunden, das Andree-Unter- 
nehmen war also mit den damaligen Mitteln völlig aussichtslos, es mußte 
zum sicheren Untergang führen. 

Wellmans Aussichten sind nun nicht so schlecht. Zuerst hatte er 
nur das Erreichen des Poles ins Auge gefaßt, seinen Rückweg wollte er 
sich eventuell auf dem Eise mit Schlitten und Hunden, die mit¬ 
genommen wurden, suchen. Er ist auf dem Eise nicht unbekannt, hat 
er doch in Franz-Josephs-Land überwintert und wertvolle Landes¬ 
aufnahmen gemacht, die auch in die deutsche Karte des Polargebietes 
übergegangen sind. Er wollte natürlich, wenn irgend möglich, in seinem 
Luftschiff zu bewohnten Ländern zurückkehren, aber hatte dies doch 
erst in zweiter Linie beabsichtigt. So stellte sich schon für die durch die 
Luft zurückzulegende Entfernung die Sache bei weitem günstiger, denn er 
hatte nur 600 SM., die Entfernung von Spitzbergen zum Pol, zu durchfahren. 
Da nun für sein Luftschiff eine Eigengeschwindigkeit von 7 l l 2 m. p. sec = 


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15 Seemeilen pro Stunde projektiert war, so brauchte er, wenn Windstille 
war, nur 40 Stunden. Nimmt man aber den günstigen Fall, den wir bei 
Andree angenommen hatten, also südlichen Wind von 5 m p. sec. oder 
10 SM. pro Stunde, ebenfalls an, so hätte er 25 Seemeilen pro Stunde 
zurücklegen können, er konnte also in 24 Stunden am Pol sein. Doch 
mit diesem günstigen Fall hat er nicht gerechnet, trotzdem er bei günstigem 
Südwinde abfahren wollte. Unter der Annahme, daß er gleich viel Gegen¬ 
wind wie Mitwind hat, brauchte er die vorher ausgerechneten 40 Stunden. 
Das sieht nun wesentlich anders aus, als Andrees Projekt. 40 Stunden 
gegen 7 1 /* Tag. Und die 40 Stunden sind von den bisher erreichten Zeiten 
der Fahrten von Luftschiffen gar nicht weit entfernt. 

Die längste Fahrt im vorigen Jahr dauerte knappe 3 Stunden, in diesem 
Jahr weit über 8, Graf Zeppelin hätte sogar, was durchaus wahrscheinlich 
ist, 16 Stunden fahren können. Wenn sich diese Zahlen in demselben 
Tempo bis zum nächsten Jahre vergrößern, so werden die geforderten 
40 Stunden längst überschritten sein. Und wenn man ein Luftschiff besonders 
für lange Fahrten, nicht für schnelle Fahrten baut, so scheinen die 40 Stunden 
auch heute schon erreichbar. 

Wellman mußte nun ein Luftschiff für eine lange Fahrt, nicht für 
eine schnelle haben, denn das erstere nutzte das Brennmaterial bei weitem 
besser aus, als das letztere. Man kann mit einem langsamen Luftschiff bei 
weitem größere Strecken zurücklegen, als mit einem schnellen. Ein bereits 
aus der Schiffahrt bekanntes Gesetz, das auch für die Luftschiffahrt gültig 
ist, besagt, daß bei jedem Luftschiff der Arbeits-, d. h. der Brennstoff¬ 
verbrauch in gleichen Zeiten mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit 
wächst. Will man also beispielsweise mit einem Luftschiff eine Zeitlang 
doppelt so schnell fahren als vorher, so ist während dieser Zeit der stünd¬ 
liche Benzinverbrauch achtmal so groß als vorher. Man kann jetzt allerdings 
in gleichen Zeiten die doppelte Strecke zurücklegen, aber bei achtmal so 
großem Benzinkonsum, mithin braucht man für die gleiche Strecke nun 
viermal so viel Benzin. Der geringste Benzinverbrauch für eine gegebene 
Strecke, mithin auch die beste Ausnutzung des Benzinvorrates und die 
Zurücklegung der größten Strecke liegt also bei der kleinsten Geschwindigkeit. 
Diese kleinste Geschwindigkeit ergibt sich nun aus den bekannten Wind¬ 
geschwindigkeiten; sie muß auf jeden Fall größer sein als die für gewöhnlich 
vorkommende Windgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Luftbewegung 
ist aber nach den Messungen der «Fram» in der Nähe des Poles im Sommer selten 
größer als 4 m per Sekunde. Wellman hatte für sein Luftschiff eine 
Geschwindigkeit von 7,5 m per Sekunde projektiert, sodaß bei normalem 
Gegenwind das Luftschiff immerhin noch mit 3,5 m per Sekunde, was einer 
Marschleistung von 7 Seemeilen pro Stunde, also etwa der Durchschnitts¬ 
geschwindigkeit von Frachtschiffen entspricht, vorwärtsgehen würde. 

Die projektierte lange Fahrt wird nun auch bei der Konstruktion des 
Tragkörpers berücksichtigt werden müssen, insofern als der Gasverlust des 


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Ballons möglicht gering sein muß. Zur Erfüllung dieser Bedingung stehen 
dem Konstrukteur drei Mittel zur Verfügung, und zwar erstens die Größen- 
gebung, zweitens die Formgebung des Ballons und drittens die Schaffung 
einer gasdichten Hülle. Bekanntlich wächst bei verschieden großen, ähnlichen 
Körpern der Inhalt mit der dritten Potenz, die Oberfläche nur mit der 
zweiten Potenz irgend einer geradlinigen Abmessung. • Ist also beispielsweise 
bei einem 1000 cbm großen Ballon die Oberfläche 500 qm, so würden jedem 
Kubikmeter Gas l h qm Oberfläche zum Entweichen zur Verfügung stehen. 
EJin Luftschiff von der gleichen Form, das 8000 = 2f1000 cbm faßt, hat 
nun nach dem Gesagten eine Oberfläche von 2? 500 = 2000 qm, ein Kubik¬ 
meter hat also hier nur eine Oberfläche von l U qm zum Entweichen. Dem¬ 
nach sind große Luftschiffe für lange Fahrten erforderlich. Wellmans Luft¬ 
schiff hatte einen Inhalt von 7300 cbm, war also sehr groß, entsprach 
aber der ersten Bedingung. 

Um die günstigste Form des Ballons zu finden, hat man zu berück¬ 
sichtigen, daß bei Ballons von gleichem Inhalt die Oberfläche um so kleiner 
wird, je mehr die Form sich der Kugel nähert. Dem Polarluftschiff Kugel¬ 
gestalt zu geben, verbietet sich jedoch aus dem Grunde, weil der Luft¬ 
widerstand zu groß werden würde. Eine volle Form, die keine geraden 
Linien aufweist, wie sie die Schnelligkeitsluftschiffe, z. B. das Zeppelinsche, 
haben, erscheint demnach als das Richtigste. Wellman hat nun das Ver¬ 
hältnis von größtem Durchmesser zur Länge ziemlich groß, nämlich 16 ; 55 
= etwa 1 : 3,4 gewählt, viel größer also, als bisher üblich war, denn 
beispielsweise hat das Zeppelinsche Luftschiff ein sogenanntes Streckungs¬ 
verhältnis von 11,66 : 128 = 1 : 11, das erste Lebaudy-Luftschiff ein solches 
von 9,8 : 56,5 = 1 ; 5,8, Die Form ist also ein Abwägen zwischen Ge¬ 
schwindigkeit und Dichtigkeit. Ob Wellman mit seiner Form sofort die vorteil¬ 
hafteste getroffen hat, läßt sich nicht ohne weiteres entscheiden, immerhin waren 
seine Überlegungen richtig, und er hat auch hierin den rechten Weg betreten. 

Die dritte Bedingung hat er durch einen äußerst dicken Stoff zu er¬ 
füllen versucht. Der von ihm angewendete, von einer deutschen Firma 
gelieferte Stoff ist der solideste, der bisher überhaupt verwendet wurde. 
Er wies drei Gummilagen auf, die durch Baumwollstoff voneinander getrennt 
waren und erwies sich als vorzüglich gasdicht. 

Wellmans Luftschiff gehörte dem sogenannten halbstarren System an. 
Für das Prallhalten wurden mit Rücksicht auf das Fluten der Luft und des 
Gases 2 Ballonets (Bi, B 2 ) (Fig, 2) verwendet, die von einem in der Gondel 
befindlichen Ventilator mittels zweier gesonderter Schläuche gefüllt wurden. 
Zwischen den Ballonets, an der Unterseite, befand sich ein Sicherheits¬ 
ventil (Vi), das Manövrierventil (V) war oben angebracht. Jedes Ballonet 
hatte natürlich auch ein Sicherheitsventil (V', V 1 ), das außerdem noch durch 
eine Leine von Hand gezogen werden konnte. Die Anordnung der Ballonets 
und Ventile kann nicht als glücklich bezeichnet werden. Wenn nämlich die 
Ballonets nicht ganz gefüllt sind, so können sich ihre inneren Wände leicht 


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über das Sicherheitsventil legen, es ganz oder zum Teil versperren, wodurch 
es ausgeschaltet wird. Außerdem besaßen die Füllschläuche der Ballonets 
keine Rückschlagventile. Die Luft aus ihrem Innern konnte demnach durch 
die Füllschläuche und den Ventilator in das Innere der Gondel treten, und 
wenn sie mit Wasserstoff gemischt war, zu Explosionen Veranlassung geben. 
Dieses Zurücktreten der Luft ist möglich bei starker Ausdehnung des Gases, 
entweder durch Erwärmung oder Höhenwechsel. Die Lage des unteren Gas¬ 
ventils war derart, daß das Gas in recht bedenklicher Nähe des Motors 
ausströmen muß. 

Die Gondel bestand aus 14 Abteilungen und hatte dreieckigen Quer¬ 
schnitt. Ihren unteren Teil bildete der Benzinbehälter (B, B), ein Rohr von 



etwa 35 cm Durchmesser, das durch Zwischenwände ebenfalls in 14 selb¬ 
ständige Behälter geteilt war. Die ganze Gondel war aus Stahlrohren kon¬ 
struiert, vorn zugespitzt und mit gefirnißter Seide bezogen. Sie bildete so 
gleichzeitig einen Kiel, der dem Übersteuern wirksam Vorbeugen mußte. 
Im Innern bot sie viel Raum zur Unterbringung. Das 3.—7. Abteil war 
als eigentliche Gondel eingerichtet und demgemäß verbreitert (s. auch Fig. 3). 
In ihr hatte der Antriebmotor, ein Lorraine-Dietrich-Motor von 70 P. S., 
sowie der kleine xMotor für das Ballonet Unterkunft gefunden. Seitwärts 
vom Motor waren Betten, bestehend aus unverbrennlichem Stoff, der über 
die horizontalen Stahlrohren gespannt war, angebracht. Auf der Spitze 
der Gondel thronte ein Faltboot; die beiden vorletzten Abteile waren mit 
etwas stärkerem Stoff ausgeschlagen und dienten als Hundestall, 2 Schlitten 
waren ebenfalls vorhanden, von denen der eine als Stand für den Steuer* 
mann (P) diente. 


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Der große Motor war direkt durch entsprechende Kegelräder mit den 
Schrauben gekuppelt. Diese Kuppelung war nicht lösbar, sodaß das sonst 
übliche Andrehen des Motors unausführbar war. In ganz geschickter Weise 
wurde nun der kleine Motor zum Andrehen des großen benutzt. Durch 
einen Riemen konnte die Schraubenwelle mit der Welle des Ventilator¬ 
motors verbunden werden. Der Riemen wurde erst eingerückt, wenn der 
kleine Motor in Gang war, was bekanntlich keine Schwierigkeit macht. 
Sobald dann die Schrauben und damit der große Motor leer genügend 
schnell liefen, wurde die Hauptzündung eingeschaltet, der Übertragungsriemen 
ausgerückt und der große Motor übernahm nun den Antrieb. Diese Ein¬ 
richtung hat sich auf das beste bewährt. 

Aufgenommen mit Görz-Anschütz Klappkamera. 



Fig. 3. — Gondel von Wellmans Luftschiff. 

Die Schrauben hatten nach außen abnehmende Steigung und waren 
aus Stahlrohren mit Überzug aus Stahlblech von 1 mm Stärke gefertigt. Sie 
wogen pro Stück 19 kg bei ß 1 /« m Durchmesser und ergaben jede bei einem 
Arbeitsverbrauch von 30 P. S. und einer Tourenzahl von 380 pro Minute 
150 kg Zug bei stillstehender Achse. 

Die Stützen für die Schraubenachse waren ebenfalls aus Stahlrohr 
mit Holzbelag von dreieckigem Querschnitt an beiden Seiten verstärkt. 
Dadurch wurde gleichzeitig der Luftwiderstand herabgesetzt. Über dem 
Seidenbezug der Gondel in der Nähe der Schrauben, der durch die Luft¬ 
bewegung bald zerrissen wäre, waren etwa 3 mm starke Bretter gelegt. 
Die Aufhängung der Gondel war die übliche Gurtaufhängung. Die Halte¬ 
seile liefen zu den Enden von Stahlrohren, die an der oberen Seite der 
Gondel befestigt waren (Fig. 3) und zwischen denen die Stabilisatorflächen 


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ausgespannt waren. Die Flächen hatten eine bedeutende Größe (Fig. 4) 
und haben wohl nur aus diesem Grunde die gute Stabilität des Luftschiffs 
herbeigeführt, denn ihre Anordnung war nicht die günstigste. Dämpfungs¬ 
flächen gehören bekanntlich möglichst weit vom Schwingungsmittel des 
ganzen Systems. Wellmans Ingenieur dagegen hatte, wie Fig. 3 und Fig. 4 
erkennen lassen, 
die Möglichkeit, 
an den vorderen 
Querstäben Flä¬ 
chen anzubrin¬ 
gen, nicht benutzt. 

Es hätten dafür 
die mittleren, völ¬ 
lig wirkungslosen 
Teile der Flächen 
wegbleiben müs¬ 
sen. An senkrech¬ 
ten Flächen war 
nur der unter dem 

Tragkörper sichtbare Kiel (Fig. 2 u. Fig. 5) vorgesehen,* der zur Verhütung 
des Schlingerns, da zwei gegenläufige Schrauben vorhanden waren, völlig 
genügte. Dieser Kiel wurde durch eine Reihe von Flaschenzügen von der 

Gondel aus Straff ge- Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera. 

halten. Dadurch wur¬ 
de gleichzeitig ein 
Teil des Gondelge¬ 
wichts von dem un¬ 
teren Teil des Ballons 
getragen. Sehr ge¬ 
schickt, und meines 
Wissens noch nicht 
benutzt, war die Be¬ 
festigung der Leinen 
an diesem Kiel. Der 
Kiel hatte unten einen 
hohlen Saum von 
etwa 5 cm Durch¬ 
messer, dieser Saum 
war etwa alle Meter 
senkrecht einge¬ 
schnitten. In die dadurch entstandenen Schlitze wurden die Schleifen der 
Leinen gelegt und nun ebenfalls durch die Schlitze runde Holzstäbe in den 
Saum gesteckt, sodaß die Schleifen über den Stäben lagen, die ihrerseits vom 
Saum gehalten wurden. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^5 



Aufgenommen mit Gürz-Anschtttz-Klappkainera. 



Fig. 4. — „Amerika“ von onten. 


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Das gleiche Prinzip wurde bei der Befestigung der Gänsefüße am Trag¬ 
gurt verwendet. Diese Art der Befestigung hat große Vorzüge, gleichmäßige 
Verteilung des Druckes auf den Gurt und die Möglichkeit eines sehr schnellen 
An- und Abmontierens der Gondel, was besonders für militärische und Sport¬ 
fahrzeuge von Wichtigkeit sein kann. 

Das Steuer war kein Flächen-, sondern ein Körpersteuer. Der Stoff, 
welcher beiderseitig den Rahmen überspannte, war durch eine Stütze nach 
beiden Seiten, ähnlich wie schon bei der «France» Renards und Krebs', 
verspreizt. Wie aus den Fig. 2, 4 und 5 hervorgeht, war das Steuer ent¬ 
sprechend den großen Abmessungen des Ballons sehr groß gehalten, aber 
nicht ausbalanciert, d. h. seine Drehachse lag am Ende der Steuerfläche. 
Der «Lebaudy II» hat bekanntlich mit derartigen Steuern keine guten 
Erfahrungen gemacht, sodaß bei der «Patrie» die Drehachse nicht ans Ende, 
sondern in die Fläche hineingelegt wurde. Die bei Steuerausschlag auf den 
vor und hinter der Achse liegenden Teil auftretenden Winddrucke heben 

sich auf und die Drehung 
des Steuers kann ohne großen 
Kraftaufwand erfolgen. Das 
Ruder der «Amerika» war, 
wie der Steuermann, Riesen¬ 
berg, aussagte, überhaupt 
nicht zu drehen, er fürchtete 
etwas zu zerbrechen, wenn 
er noch mehr Kraft anwen¬ 
dete. Demnach wurde dieses 
Steuer, dessen Mängel sich 
bei einer kleinen Probefahrt in Europa sofort herausgestellt 
hätten, die Ursache von Wellmans Mißerfolg. 

Zum Aufreißen bzw. Aufschneiden des Ballons war ein 
Messer vorgesehen, das an einem quer über den Ballon gelegten Drahtseil 
befestigt war. 

Die ganze Fahrt sollte als Schleppfahrt ausgeführt werden, zu welchem 
Zweck ein besonderes Tau (T) (Fig. 2) oder vielmehr ein Schleppschlauch kon¬ 
struiert war. Ein Schlauch aus starkem Gummistoff, dem für Decken von Auto¬ 
mobilpneumatiks gebrauchten Stoff, von 15 cm Durchmesser war mit Lebens¬ 
mitteln gefüllt und mit etwa 2-Markstück großen Schuppen aus Stahlblech 
benäht. Die Reibung dieses Schlepptaues war, wie durch Gleitversuche auf 
Schnee festgestellt wurde, sehr gering. Es sollte gleichzeitig dazu dienen, 
die Neigung des Ballons zu regulieren (Fig. 6). Zu diesem Zweck waren 
über das Stahlkabel, an welchem die «Schlange», wie sie allgemein genannt 
wurde, von der Gondel herabhing, Ringe mit Leinen befestigt, die zur Gondel 
führten. Wie man sieht, konnte dadurch die Schlange sozusagen an ver¬ 
schiedenen Stellen der Gondel aufgehängt werden. Eine ähnliche Einrichtung 
hatte auch Santos-Dumont früher schon verwendet. An dem anderen Ende 



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der Gondel war ein Bremser, von Wellman Retarder (R) (Fig. 2) genannt, vor¬ 
gesehen. Ein Schlauch mit Lebensmitteln, wie die Schlange, aber statt mit 
Schuppen mit Stacheln besetzt. Ein völliges Verankern bei ungünstigem 
Winde hatte Wellman nicht in Aussicht genommen, da er wohl mit Recht 
zweifelte, daß dieses überhaupt möglich war. Er wollte sich durch den 
Retarder langsam zurücktreiben lassen. Die Aufhängetaue der Schlange 
und des Retarders waren so auf eine Winde aufgewickelt, daß beim Drehen 
der Winde sich ein Tau soviel aufwickelte, als das andere ablief, sodaß, da 
Schlange und Retarder für gleiche Längen gleiche Gewichte hatten, die 
Höhenlage des Ballons nur wenig geändert wurde. Auch der Retarder 
konnte, wie Fig. 6 zeigt, zum Regeln der Schräglage benutzt werden. 

Die Gewichte, Maße etc. der «Amerika» waren folgende: 

Der Tragkörper hatte einen Inhalt von 7300 cbm, seine Länge betrug 55 m, 
sein größter Querschnitt 16 m. 

Der Ballon wog mit Ventilen, Bauchkiel, Aufhängung etc. 1600 kg 

Die Gondel mit Motor, Propeller, Winden, Steuer etc.2140 „ 

Werkzeug, Reserveleinen und Kabel, Wasser, Anker, Kompaßhaus etc. 50 „ 

Öl für die Motoren. 140 „ 

Kühlwasser.130 „ 

Besatzung (3 Mann) mit Ausrüstung, 10 Hunde, Instrumente, Schlitten, 

Waffen und Munition, Schlafsäcke etc. 800 „ 

Proviant für die Besatzung und Hunde (außerdem 700 kg im Retarder 

und der Schlange). 220 „ 

Trinkwasser. 50 „ 

Retarder mit Aufhängekabel .. 300 „ 

Benzin. 2600 „ 

Reservematerial. 40 „ 

Von der Schlange sollten bei der Abfahrt angehoben sein . . . 250 „ 

Auf dem Wasser nachschleifen. 300 „ 

Der Gesamtauftrieb der 7300 cbm Wasserstoffgas war mit ca. 8600 kg 
angenommen, entsprechend einem Auftrieb von 1,178 kg pro Kubikmeter. 
Dieser Auftrieb war sowohl nach der Schillingschen Methode durch Messung 
der Ausströmungsgeschwindigkeit des Gases, als auch durch Bestimmen des 
Auftriebs eines vorher gemessenen und gewogenen Kugelballons festgestellt 
worden. Das Gas, welches von Hervieu aus Schwefelsäure und Eisen, wozu 
man das noch von Andree zurückgelassene Eisen benutzt hatte, hergestellt 
war, war demnach für die Ballonfüllung hervorragend geeignet. 

Die Vorbereitungen zum Aufstieg und der Aufstieg selbst verliefen in 
folgender Weise: 

Als ich am 1. August mit dem Dampfer «Thalia* der Reisegesellschaft 
Kapitän Bades Söhne auf der Däneninsel eintraf, waren bereits ca. 4500 cbm 
Gas im Ballon und die Montierung der Gondel war fast vollendet. Am 
6. August war die Füllung beendet, das Luftschiff vermittelst eines Hilfs¬ 
netzes, das später abgenommen wurde, hochgelassen und die Gondel darunter 


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gestellt. Am 10. ist die Gondel am Ballon befestigt und es wird mit der 
inneren Einrichtung der Gondel, Anbringung von Instrumenten, Verstauung 
des Proviants usw. begonnen. Wirklich fertig ist das gesamte Luftschiff am 
15. August, wo eine Motorprobe abgehalten werden soll, die aber infolge 
eines Fehlers in der Zündung, der erst am 16. gefunden wird, nicht zustande 
kommt. Am 16. laufen dann die Schrauben mit halber Tourenzahl etwa 
20 Minuten lang, ohne daß sich die Notwendigkeit von Änderungen heraus¬ 
stellt. Das Luftschiff ist nun aufstiegsbereit, aber der gewünschte Südwind 
will sich nicht einstellen. Es weht immer von NE und zwar mit einer 
Stärke von 6—7 m p. sec., sodaß ein Versuch ausgeschlossen ist. Mehrfach, 
beispielsweise am 25. August, schien es, als ob Windstille eintreten würde, 
aber bereits nach kurzer Zeit frischte der Wind wieder derartig auf, daß 
die Vorbereitungen abgebrochen werden müssen. Endlich am 2. September 
ist zwar nicht Südwind da, aber wenigstens Windstille und nach dem Gange 
des Barometers, das zu steigen aufgehört hatte, war eine Stille von min¬ 
destens mehreren Stunden wahrscheinlich. 

Es war verabredet, daß der kleine Dampfer «Expreß» der deutschen 
Expedition das Luftschiff durch den Smeerenberg-Sund zum Eismeer schleppen 
sollte. Hier sollte der «FritjofT», Wellmans Schiff, der die Barre zwischen 
Holländernäs und Däneninsel nicht passieren kann, die Trosse aufnehmen 
und das Luftschiff bis zur Eiskante schleppen, von wo aus erst die freie 
Fahrt beginnen sollte. Da wir am 28. August festgestellt hatten, daß das 
Packeis erst über 81° N. B. lag, so sparte Wellman bei diesem Schleppen 
für etwa 60 Seemeilen Benzin. 

Am 2. September 7 30 a. M. E. Z. wurde mit dem Aufmachen der 
Halle begonnen. Es war völlig windstill, —1,2° C., ganz bedeckt mit den 
typischen niedrigen nordischen Schichtwolken, leichtes Schneegestöber. Die 
10 Hunde wurden um 8 a. in den Ballon gebracht und um 8 45 a. wird 
noch eine Motorprobe veranstaltet. Hierbei stellt sich heraus, daß ein Rohr 
der Kühlwasserleitung, in dem Wasser gestanden hatte, durch die Kälte 
der letzten Tage zerfroren war. Das Auswechseln nimmt einige Zeit in An¬ 
spruch, hält aber den Fortgang der Arbeiten nicht auf, da sich das Auf¬ 
machen der Halle bis 9 20 a. hinzieht. Während dieser Zeit ist ein ganz 
schwacher Zug aus W aufgekommen. Um 9 30 a. wird das Hilfsnetz vom 
Ballon heruntergezogen, sodaß dieser nunmehr nur noch an der Gondel 
gehalten wird, der Retarder wird dicht unter der Gondel aufgehängt (Fig. 3). 
Hervieu, der bekannte französische Luftschiffer, wiegt nun den Ballon in der 
Halle so ab, daß er nur etwa 3 kg Auftrieb erhält, wobei berücksichtigt 
ist, daß er etwa 25 m Schlepptau hochheben soll, der übrige Teil des Taues 
sollte nachschleifen. 11 V 2 a. ist der Motorschaden repariert, noch eine 
kurze Motorprobe gibt die beruhigende Tatsache, daß am Motor alles in 
Ordnung ist, hat aber auf die Hunde in der Gondel den Einfluß, daß sie 
unruhig werden und sich zu beißen anfangen. Mit einer großen Bißwunde 
am Halse mußte ein Hund, ein großes kräftiges Tier, herausgeholt werden. 


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Es blieben demnach nur noch 9 Hunde zur Mitfahrt. Gegen 12 ist der Ballon 
aus der Halle und wird, nachdem Wellman, Vanniman als Ingenieur und 
Riesenberg als Steuermann die Gondel bestiegen haben, auf etwa 40 m hoch¬ 
gelassen. Er wurde sodann auf verschiedene Kurse eingestellt, d. h. je ein¬ 
mal mit der Spitze genau nach Nord, Ost, Süd, West, um die durch die 
Eisenteile der Gondel verursachte Ablenkung des Kompasses festzustellen, 
wobei irgend wesentliche Fehler anscheinend nicht gefunden wurden. Wellman 
hatte dann später behauptet, daß der Kompaß nicht funktioniert hätte. Dies 
ließe sich nur dadurch erklären, daß das Luftschiff eine geringe Neigung bei 
der Fahrt eingenommen hat, die ein Festklemmen der Magnetnadel verursachte. 

Vom Bug der Gondel war mittlerweile Anfgenommen mit ^.^schatz-Kiappkamera. 
ein Seil zum «Expreß* gebracht worden 
und nach der Kompaßregulierung wurde 
das Luftschiff an diesem und an einem 
am Heck befestigten Seil hochgelassen. 

Gegen 1 Uhr dampfte der «Expreß* ab 
mit der «Amerika» in Schlepp, welche 
in etwa 150 m Höhe schwebte und an 
einem Drahtseil ca. 25 m Schlepptau 
trug. Beim Schleppen wurde nur einmal 
auf ganz kurze Zeit ein ganz geringes 
Stampfen des Ballons, vielleicht auch 
durch Stampfen des Schleppdampfers 
verursacht, bemerkt, somit war die Sta¬ 
bilität des Luftschiffes ausgezeichnet. 

Den übrigen Verlauf der Fahrt ergeben 
die vom Dampfer aus gemachten Notizen, 
die vollständig wiedergegeben sind: 

1 30 p. Schrauben des Ballons 

werden in Gang gesetzt. 

Stampfen nicht zu be¬ 
merken. 

32 Kommando: Schleppleine loswerfen. 

34 Kommando: Festhalten. Der Motor des Ballons stoppt. Eine 
der Hochlaßleinen ist durch die Schrauben auf die Schrauben¬ 
welle gewickelt worden. 

42 Schrauben werden wieder in Gang gesetzt. Sehr langsames 
Stampfen des Ballons. Wind unten NWzW, 1 m per Sekunde. 

48 Kommando: Leine los. 

50 Ballon frei. 3 Hurra für Wellman. 

2 02 p. Auf der Höhe der Foulbai. Ballon beschreibt über Backbord 

einen Kreis. Stabilität ist ausgezeichnet. 

04 Ballon geht rein nach EzN. 

10 Ballon steuert zwischen Cloven Cliff und Vogelsang durch 



Fig. 7. — Die „Amerika“ wird aus der Halle 
gebracht. 


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**►& 434 


19 


25 


Aufgcuommeu mit Görz-Ansehiitz-Klappkaincra. 


Fig. 8. 

birge, das kann 


und verschwindet im Schneegestöber. (Die Inseln sind wegen 
des starken Schnees nicht richtig erkannt worden. In Wirk¬ 
lichkeit steuerte der Ballon zwischen Foulinsel und Foulspitze.) 
14 p. Ballon kommt zurück. Es war wieder eine große Kurve über 
Backbord. 

Kommando: Schleppleine aufnehmen. Ballon dreht um und 
fährt schneller, als unser Schiff folgen kann (das Schiff lief 
8 Seemeilen pro Stunde = 4 m per Sekunde). Wir sind 
südlich Vogelsang (ebenso wie vorher nicht richtig erkannt. 
In Wirklichkeit südlich Foulinsel). Die Schrauben laufen immer 
anscheinend mit voller Tourenzahl. Wind NW 4—5 m. p. Sec. 
Wir sind in der Foulbai und kommen nur sehr langsam 
vorwärts. Ballon im Schneegestöber ver¬ 
schwunden. 

Das Beste für Wellman wäre nun, 
überlegten wir, sobald wie möglich zu 
landen, anderseits, wenn dies nicht an¬ 
gezeigt ist, wird es vorteilhaft sein, wenn 
er versucht, die Redbai zu erreichen 
und sich in der Nähe mit seinem Re¬ 
tarder zu verankern, sodaß wir zu Schiff 
zu ihm gelangen konnten. Als wir bis 
ans Ende der Foulbai zu dem großen 
Gletscherabsturzgefahren sind und nichts 
sehen, beschließen wir umzukehren und 
in die Redbai zu gehen. Wir haben schon 
die Foulbai verlassen, da bricht es etwas 
auf und wieder kommt es uns vor, als 
ob wir etwas in der Luft sehen, noch 
einmal gehen wir zurück und wieder 
war es eine Täuschung; das machen 
wir dreimal. Da läßt das Schneegestöber 
nach und nun ist kein Zweifel mehr, w r as 
wir dort sehen, ist weder Eis noch Ge- 
was erst vor kurzem dort hingekommen 



Amerika' 1 in freier Fahrt. 


nur etwas sein, 

ist. Als wir jetzt den Gletscherabsturz fast erreicht haben, sehen wir oben 
Menschen, es ist klar, daß Wellman das Beste, was er machen konnte, 
sofort die Landung ausgeführt hatte. 

Wir mußten ihm nun Hilfe bringen und das war über dem Gletscher 
schon eine kleine Expedition. Anfangs ging der Weg seitwärts vom Gletscher 
über verschneite Felsblöcke, zwischen denen der Schnee lag und wo man 
bis zum Leib versinken konnte. Aber hier konnte man verhältnismäßig flott 
ausschreiten, ohne befürchten zu müssen, in eine Gletscherspalte zu fallen. 
Sobald wir aber auf den wirklichen Gletscher kamen, was wir daran erkennen 


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konnten, daß aus den Löchern, die wir mit unseren Eispickeln in den Schnee 
stießen, blaues Licht schimmerte, wurde die Sache ernster. Hier mußte zum Seil 
gegriffen werden. In zwei Partien, zu je vier angeseilt, ging es jetzt langsam 
und vorsichtig immer tastend durch den Schnee. Die Richtung, in welcher 
die «Amerika* lag, hatten wir uns gemerkt, sodaß wir keine Umwege 
machten. Trotzdem brauchten wir zu dem Stück vom Meere bis zur Landungs¬ 
stelle, das wenig über VI 2 km lang ist, volle IV 2 Stunden. Bald wurde 
die Stelle passiert, wo die Schlange ihre Spur in den Schnee gegraben 
hatte. Wir konnten auch etwas seitlich die Spur des Retarders erkennen. 
Die Schlange selbst wurde ebenfalls bald erreicht. Es scheint, als ob die 
Schlange ihre Aufgabe verhältnismäßig gut erfüllt hat; durch mehrere tiefe 



Gletscherspalten mit zackigen Kanten war sie hindurch gegangen und trotzdem 
war sie unbeschädigt. Auch der Retarder war ganz intakt, dagegen waren, 
wie wir später erfuhren, die Lebensmittel in seinem Innern vollständig 
durcheinander gebracht. Als wir näher an das Luftschiff herankamen, sahen 
wir, daß wenig beschädigt war. Im Innern war alles in voller Ordnung, 
wir sahen auf den ersten Blick, daß nichts irgend welchen Schaden ge¬ 
nommen hatte, sogar die äußerst empfindlichen Registrierinstrumente waren 
ganz geblieben. Auch von der Besatzung hatte niemand Schaden genommen, 
die Landung soll sogar sehr leicht gewesen sein. Der Ballon war vor¬ 
schriftsmäßig gerissen und lag über mehrere große Gletscherspalten auf 
dem Schnee, vollständig unbeschädigt. 

Von der Gondel waren nur einzelne nach außen ragende Stangen 
wenig verbogen, so daß man für die ungewöhnlichen Umstände und für 


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-436 «h 


die völlig ungeübte Besatzung die Landung als glatt bezeichnen muß. Es 
wurde nun sofort daran gegangen, das Luftschiff auseinanderzunehmen und 
zum «FritjofT» herunterzubringen. Zuerst die Hülle. Sie auf einmal weg¬ 
zutransportieren, war wegen ihres Gewichtes unmöglich, so wurde sie denn 


Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera. 



in drei Teile zer¬ 
schnitten, wie ein ge¬ 
wöhnlicher Freibal¬ 
lon auseinanderge¬ 
zogen, vom Schnee 
gereinigt und zusam¬ 
mengerollt. Auf drei 
Handschlitten ging 
sie dann hinunter 
zum Meere. Inner¬ 
halb dreier Tage war 
die ganze Verpack¬ 
ungsarbeit beendet, 
sogar ein großer Teil 
des Benzins ist ge¬ 
borgen worden. Der 


Fig. 10 . - Die gelandete „Amerika“. 41 Fritjoff » dampfte 


dann mit dem ver¬ 


packten Luftschiff zum Virgohafen zurück, wo noch die Leinwand von der 
Halle genommen wurde. Damit war die Wellman-Expedition 1907 beendet, 

2 Norweger blieben 
als Wache bei dem 
Hallengerüst, auch 
die sämtlichen Hunde 
wurden zurückge¬ 
lassen, damit sie ge¬ 
gebenenfalls für das 
nächste Jahr bereit 
sind. 

Die Ursache von 
Wellmans Mißerfolg 
liegt, wie schon ge¬ 
sagt, in dem Ver¬ 
sagen der Steuerung. 
Es war uns von An¬ 
fang an aufgefallen 
und wird auch durch Fig. 4 bestätigt, daß das Ruder immer nach Back¬ 
bord stand. Der Ballon mußte demnach große Kurven über Backbord fahren, 
die auch beobachtet sind. Allerdings fuhr er zwischen den Kurven immer 
große Strecken gerade aus, sodaß es den Eindruck machte, als ob die langen 


Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera. 



Fig, 11. — Verpacken der „Amerika“. 


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Strecken und die Kurven willkürlich seien. Dagegen fällt auf, daß die Kreise 
sich periodisch nach etwa 12 Minuten wiederholten. Da auch Riesenberg 
ausgesagt hatte, daß, wie schon erwähnt, das Steuer sich nicht drehen ließ, 
so sind die Kurven und annähernd geraden Strecken meiner Ansicht nach nicht 
willkürlich gewesen. Sie lassen Aulgenommen mit Görz . Anschutz .Kiappkamera. 
sich auch aus der herrschenden 
Windrichtung, der Stellung des 
Steuers und der annähernd be¬ 
kannten Aufhängung des Schlepp¬ 
taues vollständig erklären. Es sei 
(Fig. 13) L das Luftschiff, T das 
schleppende Tau, die Spitze des 
Luftschiffes sei durch den Propeller 
P angezeigt. Nehmen wir nun an, 
der Wind käme von Nord, das 
Steuer stände in der Verlängerung 
des Luftschiffes und das Luftschiff 



Steuere Kurs NW (Lage 2), so Fig 12 . _ Transport der Hülle auf Handsohlltten. 
würde es sich, wenn die Eigen¬ 
geschwindigkeit gleich 0 2, die Windgeschwindigkeit gleich 2 R ist, relativ 
zur Erde in Richtung und mit Geschwindigkeit gleich OR bewegen. Das 
Schlepptau hätte 

also die in Lage Jf 


2 angegebene 
Stellung, parallel 
zu 0 R. Ist nun 
(Fig. 14) das 
Schlepptau nicht 
unter dem 
Schwerpunkt S 
des ganzen Sys¬ 
tems aufgehängt, 
so sieht man, daß 
der Zug des Taues 
ein Moment her¬ 
vorbringt,welches 
das Luftschiff in 
Richtung des Pfei¬ 
les zu drehen ver- 


V 


sucht. Aus den 


verschiedenen, in 
Fig. 13 angege¬ 
benen Leigen er¬ 



kennt man, daß 


Fig. 13. 


Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 


56 


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bei allen Kursen rechts von der Windrichtung, wenn man gegen den Wind 
sieht, die Drehung der Luftschiffspitze nach rechts, also Steuerbord, bei 
allen Kursen links von der Windrichtung die Drehung nach links, also Back¬ 
bord erfolgt. Eine Drehung erfolgt nicht, wenn das Luftschiff in der Wind¬ 
richtung fährt. Von den beiden dabei möglichen Richtungen ist die Lage bei 
Fahrt gegen den Wind (1) unstabil, wie Fig. 13 leicht erkennen läßt, die Lage 
(5), Fahrt mit dem Wind stabil. Es läßt sich hieraus folgende Regel ab¬ 
leiten : Bei Fahrten von Luftschiffen am 
Tau hat das Luftschiff das Bestreben, 
sich auf dem kürzesten Wege so zu 
drehen, daß es mit dem Winde fährt, 
oder in anderer Fassung: Ein Luftschiff 
am Tau will ebenso wie ein Freiballon 
am Tau fahren. Hierdurch lassen sich 
plötzliche Schwenkungen bei der Landung 
von Luftschiffen erklären, sobald das Tau 
aufsetzt, die in Zeitungsberichten gewöhn¬ 
lich in der Form: Sobald das Tau den 
Boden berührte, warf ein plötzlicher 
Windstoß das Luftschiff auf . . ., zum 
Ausdruck kommen. Daraus würde sich die praktische Folgerung ergeben, 
kein Tau mit großer Reibung, sondern nur eine reibungslose, also dünne 
Fangleine bei der Landung zu verwenden. 

Kehren wir nun zu Wellman zurück. Das Steuer der < Amerika» stand 
nach Backbord, das Luftschiff hatte somit die Tendenz, Kreise über Back¬ 
bord zu fahren. Auf den Kursen 2, 3, 4 wurde diese Tendenz durch das 
Schlepptau verstärkt, auf den Kursen 6, 7, 8 arbeiteten sich Steuer und 
Schlepptau entgegen. Es ist nun sehr wahrscheinlich, daß das Drehmoment 
des Steuers größer war, als das des Schlepptaues, denn die glatte Schlange 
hatte im Wasser nur sehr wenig Reibung. Dann mußte also auf den west¬ 
lichen Kursen das Luftschiff unter der Summe beider Momente schnell drehen, 
auf den östlichen unter der Differenz sehr langsam, so daß der Eindruck 
hervorgerufen wird, als ob ein großes Stück geradeaus, oder fast geradeaus, 
und dann eine schnelle Kurve willkürlich gefahren wurde. In der Tat 
steht das Benehmen der «Amerika» hiermit, wie die mitgeteilten Notizen 
erkennen lassen, völlig im Einklang. 

Die endgültige Bewegung des Luftschiffes muß ein Abtreiben in der 
Windrichtung sein. Der Wind hatte nun gegen 2 X U p. auf über 4 m p. sec. zu¬ 
genommen und kam aus NW, demnach mußte das Luftschiff nach SE und 
zwar bei Fahrt mit dem Winde, also Kurse 4, 5, 6 viel schneller, als unser 
8-Knoten-Schiff folgen konnte, abtreiben. Richtig wäre es von Wellman 
gewesen, hier schleunigst den Wasseranker auszubringen, doch war dies 
anscheinend begreiflicherweise in der Aufregung vergessen worden. 

Es sei nun noch ein Wort über die erreichte Geschwindigkeit gestattet. 



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Sie wird die projektierten 7,5 m per Sekunde = 15 Seemeilen fast erreicht 
haben. 

Der «Expreß», der den Aufstieg begleitete, läuft bei voller Fahrt 8 
Meilen = 4 m per Sekunde und wurde von der «Amerika» glatt distanziert. 
Da nun zu dieser Zeit ein Gegenwind von 1 m per Sekunde (nach Anemo¬ 
meter-Messungen) wehte, so betrug die Eigenbewegung des Luftschiffs min¬ 
destens 5 m per Sekunde, das Vorlaufen war entschieden größer als Fu߬ 
gängergeschwindigkeit = 1,5 m per Sekunde, so daß die Eigengeschwindigkeit 
7 bis 7,5 m per Sekunde = 14 bis 15 Meilen betrug. 

Als wichtigstes Ergebnis der Fahrt, überhaupt der ganzen Expedition 
ist wohl das anzusehen, daß es gelungen ist, über 7000 cbm große Prall¬ 
ballons durch inneren Überdruck und unter dem Ballon gelagerte Träger 
mit Sicherheit für einige Stunden steif zu erhalten. Es ist in hohem Grade 
wahrscheinlich, daß bei der ausgezeichneten Dichtigkeit des deutschen Stoffes 
dies auch für viele Stunden möglich gewesen wäre, sodaß jetzt Pralluftschiffe 
in bezug auf die Größe in Konkurrenz mit starren Luftschiffen treten können. 
Die maschinelle Einrichtung hat sich vollständig bewährt, auch in der 
Schlange scheinen wir ein neues brauchbares Mittel für Materialtransport 
bei Forschungsluftschiffen zu haben. Es wäre sehr bedauerlich, wenn die 
Versuche im Norden nach gründlichem Studium des Luftschiffes in zivilisierten 
Gegenden nicht wiederholt würden. Eine große Fahrt über das Eis, viel¬ 
leicht auch ein neuer Rekord für die höchste Breite ließe sich sicher 
erreichen und dadurch wäre dann bewiesen, was Andree leider nicht 
geglückt ist, daß das Luftschiff für die Polarforschung in hohem Grade 
brauchbar ist. 

Weitere Versuche mit dem Zeppelinschen Luftschiff. 

Am Donnerstag den 26. September Übung im Kompaßsteuern. Wetter: 
windstill. Nach Aufsteigen in ca. 60 Meter Höhe wurde in genau südwestlicher 
Richtung Kurs auf Uttwil genommen. Es war leicht möglich, den Kompaßkurs 
auf das genaueste einzuhalten. Nach einer Fahrt von 14 Minuten wurde die 
Uferlinie bei Uttwil überquert; Strecke genau 10 Kilometer, wobei zu bemerken 
ist, daß das Luftschiff erst sehr allmählich seine volle Eigengeschwindigkeit 
erreicht hatte. Ich versuchte die Dauer dieser Geschwindigkeitsentwickelung 
festzustellen und glaube als ziemlich sicher ermittelt zu haben, daß nicht 
weniger als 5 Minuten dazu erforderlich sind. Es wurde in riesiger Kurve 
zunächst nach Backbord Romanshorn und dann nach Steuerbord ein Teil des 
Thurgau überquert. Die Steuerfähigkeit nach links wie nach rechts bei Laufen 
beider Motore war tadellos. Nun wurde wieder NCM/ 4 N zurückgefahren. Ge¬ 
schwindigkeit dieselbe: 15 Minuten für die 11 Kilometer bis Seemos, wobei 
zu bemerken, daß die Geschwindigkeit in der Kurve auf ca. 10—11 Meter 
gesunken war. Dann Übungen mit einem Motor, bei zufriedenstellenden 
Ergebnissen bezüglich Steuerung, obgleich Versuchsreihen hierüber noch 


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440 €««« 



nicht abgeschlossen. Mitten auf dem See wurde dann Landung gemacht, um 
Passagiere zu wechseln. Es wurde, was gegenüber anderslautender Meinungs- 

Phot. E. Schwarz, Friedrichshafen. 


Abfahrt von Zeppelins Luftschiff. 

äußerimg energisch betont sei, ohne Gasabgabe, lediglich durch Steuer- 
wirkung auf die Seelliiche niedergegangen. Hier knallten wir mit etwa 


Qraf und Comtesse Zeppelin In der Gondel. 

Phot. E. Schwarz, Friedrichshafen. 


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12 Meter Fahrt voraus auf, daß das Wasser wie bei einem Dampfer um 
den Gondelbug schäumte. Trotzdem war das Auflanden angenehm, sicher 
und leicht. Wir benutzten die vorhandene lebendige Fahrt, uns unten zu 
halten, Wasser zu schöpfen und in Säcken an die Gondel zu hängen, worauf 
wir auch nach Auslaufen der Fahrt unten blieben und die Ausbootung be¬ 
quem vornehmen konnten. Zum Wiederaufgehen wurde der angehängte 
Ballast wieder abgeworfen und bei Steuerdruck nach oben leicht aufge¬ 
stiegen. Die Fahrt ging dann wie vorher in einer Durchschnittshöhe von 

Phot. E. Schwarz, Friedrichshafen. 


Zeppelins Luftschiff. Vorderansicht. 

ca. 60 Metern anderthalb Stunden lang weiter. Die Einbringung in die 
Ballonhalle geschah schnell und leicht. 

Am Freitag den 27. September wurde die Ballonhalle durch den Ge¬ 
heimen Oberregierungsrat Lewald in feierlicher Weise vom Reiche über¬ 
nommen und die Reichsdienstflagge gehißt. Im Namen seines Chefs, des 
Staatssekretärs des Innern, konnte Geheimrat Lewald dem Grafen Zeppelin 
stete energische Unterstützung bei der Fortführung seiner Versuche zusichern. 

Die Versuchsfahrt am Samstag mußte leider bald wieder aufgegeben 
werden, weil an der Kühlvorrichtung des hinteren Motors sich eine Ver¬ 
schraubung gelockert hatte, an die man nicht herankommen konnte. Indessen 
hielt sich und avancierte das Luftschiff mit nur einem Propellerpaar gegen 


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böigen Wind von 7—9 Metern in der Sekunde leicht und sicher. Auch war 
besonders bemerkenswert, daß sich das Fahrzeug vollständig stabil zeigte 
in einer ohne Zweifel sehr unklaren Wetterlage, die durch starke vertikale 
Luftströmungen charakterisiert wurde. Am Südufer des Bodensees stand 
kräftiger Föhn, von Norden her kam frische Nordostbrise; an der Grenze 
beider Luftbewegungen hielt sich das Luftschiff dauernd in einer Schicht, 
die starke Wirbel enthalten haben muß. Wäre das Wetter nicht so drohend 
und gewitterhaft erschienen, so würde Graf Zeppelin mit nur einem Motor 
sein Tagesprogramm zur Durchführung gebracht haben. 

Am Montag den 30. September wurden die Versuche mit einer 8 ständigen 
Fahrt zum vorläufigen Abschluß gebracht. Die Fahrt ging zunächst in etwa 
450 Meter Höhe in das Land hinein, nach Ravensburg, über Weingarten 

hin und zum Bodensee zurück. 
Hier wurde dann der See nach 
rechts herum über Lindau, Bre¬ 
genz, Rorschach usw. bis fast nach 
Konstanz hin umfahren, worauf 
hin und zurück sich mannigfache 
Übungen anschlossen, die die Steue¬ 
rung genau ausprobieren sollten. Es 
ergab sich nun definitiv folgendes: 
Die Seitensteuerung wirkt nicht 
ganz so kräftig wie im vorigen Jahr. 
Der Kurvenradius ist größer. Ins¬ 
besondere zeigt sich dieses, wenn 
man nur mit den hinteren Propellern 
gegen die Tendenz der Kreisel¬ 
bewegung eine Kurve nach links 
beschreiben will. Da folgt das Luft¬ 
schiff etwas zu langsam. 

Graf Zeppelin hat infolgedessen beschlossen, wieder eine Vergrößerung 
der Seitensteuerung zu machen, die durch Fortnahme des vorderen Seiten¬ 
steuers stark reduziert war. Gleichzeitig auch ließ sich konstatieren, daß 
durch die jetzige Lage des Seitensteuers zwischen den hinteren Stabi¬ 
lisierungsflächen eine leichte Stauvyirkung, besonders bei Umlegung der 
Steuer hart nach Backbord oder Steuerbord, eintritt, die die Geschwindig¬ 
keit des Fahrzeugs etwas beeinträchtigt. Diese Beobachtungen u. a. veranlaßten 
den Grafen, vorerst kleine Abänderungen vorzunehmen, bevor er an die 
großen Dauerfahrten herantritt. Geradezu bewunderungswürdig funktionierte 
dafür die Höhensteuerung. Nachdem man den See in einer Höhe von 
etwa 100 Metern bei Wasserburg wieder erreicht hatte, machte man mehr¬ 
fach den glänzend gelungenen Versuch, sich bis in Höhen von 350—400 Metern 
lediglich durch Drachenwirkung empor- und wieder ebenso bis auf 
den Seespiegel hinabzubringen. Nach Angaben von Professor Hergesell 



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vermochte man ca. 50 Meter in der Minute hinaufzugehen und in etwa 
20 Minuten eine ganze Phase des Auf- und Absteigens zu vollenden. Gas 
wurde garnicht abgegeben, und Ballast hatte man nur ganz zu Anfang, 
als man schnell für den Landflug eine gute Höhe erreichen wollte, in 
energischer Weise ausgeworfen. Erst spät am Abend, als es nach 7 ständiger 
Fahrt kühl und feucht wurde, gab man wieder etwas Wasserballast ab, was 
aber in Anbetracht der beim wiederholten Hinaufklettern erlittenen Gasver¬ 
luste nur selbstverständlich erscheint. Als gegen l !28 Uhr nach mehr als 
8 stündiger Fahrt das Luftschiff seine 
Halle wieder aufsuchte, hatte es von 
ursprünglichen ca. 500 kg Ballast noch 
ca. 150 kg zur Verfügung. Das allge¬ 
meine Urteil besonnener Fachleute ging 
dahin, daß man noch eine vielstün- 
dige Fahrt hätte leisten können. Ohne 
die Experimente mit der Höhensteue¬ 
rung wäre die Potenz des Fahrzeugs 
natürlich noch weit besser gewesen, 
was um so mehr bedeuten will, als 
das Gas nach den mehrtägigen Übungen 
durch Luftbeimischung schon recht 
schlecht geworden sein mußte. 

Alles in allem ergaben diese 
Fahrten, daß Leistungsvermögen und 
Steuerfähigkeit des Zeppelinschen Luft¬ 
schiffes schon jetzt erstaunlich genug 
sind, um die Bedenken bezüglich des 
Landens bei schwerem Wetter zum 
erheblichen Teil zu zerstreuen, und 
um die glänzendsten Perspektiven für 
den Fortschritt der motorischen Luftschiffahrt uns zu eröffnen. 

Die letzte Fahrt machte das Luftschiff am 8 . Oktober vor dem deutschen 
Kronprinzen, dem König von Württemberg und dem Erzherzog Franz Salvator. 
Vormittags 11 Uhr 37 Min. stieg das Luftschiff nur unter Benutzung der 
Höhensteuer auf etwa 200 Meter und beschrieb über den fürstlichen Zu¬ 
schauern einen großen Kreis. Dann fuhr es dem Schweizer Ufer zu, kehrte 
aber bald zurück und manövrierte etwa 1 Stunde lang mit Höhen- und 
Seitensteuer um den Begleitdampfer. Die Landung erfolgte ebenso glatt 
wie früher gegen 1 Uhr mittags. Dr. H. Eckener, Hamburg. 

Die zweite Fahrt des Ballons „Ziegler“ nach England. 

Von Dr. K. Wegen er. 

Der Aufstieg erfolgte am 1. November in Rheinfelden bei Basel, von einem Werk 
der Elektron-Gesellschaft zu Griesheim. Die Füllung nahm zwar 18 Stunden in Anspruch, 



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ging aber glatt von statten, dank dem überaus liebenswürdigen Entgegenkommen der 
Herren Dr. Pistor, Direktor Wagner und Dr. Hoffmann. Sie läßt sich in Zukunft er¬ 
heblich abkürzen. Zeitweise war die Gaszufuhr durch den unteren Ring des Füllansatzes 
abgesperrt. Aus Sorge vor Taubildung im Innern des Ballons war ferner der ganze 
Füllschlauch ausgelegt, um in diesem das Gas mit Luft zu kühlen und zur Wasser¬ 
ausscheidung zu bringen. Hierdurch wurde die Reibung vergrößert, ohne daß das 
Verfahren, allem Anscheine nach, notwendig gewesen wäre. Die eiserne Rohrleitung, 
welche das Gas zuführte, blieb jedenfalls bis zum Schluß ganz kalt, und dürfte in der kühlen 
Nacht das Gas schon hinlänglich von dem mitgenommenen Wasser befreit haben. Die 
Analysen, welche die chemische Fabrik Griesheim-Elektron zur Verfügung stellte, ergaben 
folgendes Resultat: 



31. Oktober 

1. November 

3 p. m. 

6 p. m. 

3 a. m. 

6 a. m. 

Vol.-°/o H . . . 

97,60 

97,30 

96,60 

97,50 

> N . . . 

1,90 

2,14 

2,69 

1,98 

» O . . • 

0,60 

0,66 

0,71 

0,52 


Das Gas, welches demnach sehr rein war, wurde innerhalb der Rohrleitung untersucht, 
bevor es in den Füllschlauch trat. 

Während der ganzen Füllung wehte der in Rheinfelden fast regelmäßig zu er¬ 
wartende Ost bis Nordost, teilweise mit ca. 10 m per Sekunde, also recht frisch. Der 

Füllplatz liegt auf einem nach der Fabrik und 
dem Rhein abfallenden Plateau. Der Ballon 
ist aber bis zur halben Füllung durch die über¬ 
ragenden Fabrikdächer geschützt. Einige Stark¬ 
stromleitungen sind zwar vorhanden, liegen 
aber in der Höhe des Plateaus. Ein Schornstein 
und ein Wasserturm in unmittelbarer Nähe (s. 
Skizze) können bei der Abfahrt umgangen wer¬ 
den. Die Füllmannschaften, zum Hochlassen 
selbst ca. 50 Mann, wurden von der Fabrik 
gestellt. Der Abfahrtsplatz ist außerordent¬ 
lich günstig gelegen. Man kann es wohl un¬ 
verhohlen sagen, daß die Bilder, welche wir 
in den ersten drei Stunden der Fahrt in so 
unmittelbarer Nähe der Alpen sahen, die 
schönsten blieben. 

Der Ballon trug bei der Abfahrt Herrn 
Böhm aus OfTenbach, welcher der Urheber der 
ganzen Fahrt war, Herrn Sauerwein, den Ob- 
Sklzze de« Füllplatze». servator der Meteorologischen Abteilung des 

Physikalischen Vereins, welcher .als Gehilfe mit¬ 
ging, und den Unterzeichneten als Führer. An Ballast bekamen wir 45 Sack mit, die 
allerdings nur zu etwa */ 3 gefüllt waren. Der Proviant war auf ein Minimum reduziert, 
Getränke waren außer */* Liter Kognak nicht vorhanden; und $uf die Sauerstoffflasche war 
auch verzichtet worden. Ich rechnete dabei, daß der Ballast für höchstens drei Tage 
reichen werde ; die 52 ständige Fahrt hatte seinerzeit den Ballon an jedem neuen Tag 
um ca. 1200 m höher gebracht, so daß man nicht höher als auf 4—5000 m kommen 
brauchte. 

In der Tat kam der Ballon am ersten Tage auf ca. 1200, am zweiten auf 



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ca. 2500 m; erwägt man, daß wir bei dieser Fahrt in der ersten Nacht genötigt waren, 
ins Gebirge zu gehen, wobei wir nachts auf ca. 2000 m stiegen, so wird man die 
Übereinstimmung mit gutem Recht eine glänzende nennen können. 

Die untenstehende Skizze zeigt die durchmessene Strecke. Bis Rappoltsweiler am 
Fuß der Vogesen flog der wegen Aufgehens des Füllansatzes hastig, und infolgedessen 
zu leicht abgewogene Ballon in einer oberen Schicht, dann brachten wir ihn am Nach¬ 
mittage des ersten Tages in die Bodenschicht, welche bis ca. 400 m reichte, und mit 
immer zunehmender Geschwindigkeit die Vogesen entlang nach Süden zog. Sie dürfte 
die unterste Schicht eines durch das Gebirge selbst erzeugten Hochdruckgebietes dar¬ 
gestellt haben. Am Südende der Vogesen ging abends, während ich schlief, der Ballon 
einem der Mitfahrenden durch und trieb in der oberen Schicht rasch in die Vogesen 
hinein. Mit der beabsichtigten Drift nach Süden, in möglichst große Nähe der Alpen, 
war es nun vorbei. Wir trieben die Nacht hindurch in den Vogesen herum, im allge¬ 
meinen nach Norden, die Grenze entlang. Eine sichere Orientierung fanden wir an den 
Hochöfen von St. Johann-Saarbrücken wieder. Bei Beginn der Dämmerung standen wir 
über Trier an der Mosel. Nun trieben wir mit langsam zunehmender Geschwindigkeit 
nach Nordwesten. In größerer Höhe fanden wir eine nach West-Süd-West strömende 



Schicht; in ihr suchten wir uns möglichst lange zu halten, um so in «günstiger» 
Richtung mit dem Unterwind auf die vor uns liegende See zu kommen. 

Schon am Morgen nämlich war der Plan aufgetaucht, nach London zu fahren, 
ohne daß sich allerdings zunächst übersehen ließ, ob der Gedanke ausführbar war. 
Herrn Böhm war von Londoner Verwandten, als er gelegentlich von einer früheren 
Ballonfahrt mit großer Freude erzählt hatte, im Scherz vorgeschlagen worden, er solle 
die Verwandtschaft doch nächstens im Ballon besuchen. Herr Böhm hatte darauf beteuert, 
daß er das tun werde. Nun bot sich Gelegenheit, den Plan zur Wirklichkeit zu machen, 
und diesen Luftschifferstreich konnte man sich nicht entgehen lassen. 

Über Belgien ging die Orientierung infolge unzureichenden Kartenmaterials ver¬ 
loren. Als die sinkende Sonne den Ballon dann wieder in die untere Strömung, die 
nach Nordwesten ging, hinabfallen ließ, hatte es den Anschein, als ob wir noch nicht 
weit genug nach Westen versetzt wären, um nach England hinüber zu können. Wir 
meinten bei Mons (Belgien) zu stehen, in Wirklichkeit waren wir nahe Lille 1 ) (Frankreich). 

') Hier hätte sich die von meinem Bruder, Dr. Alfred Wegener, ausprobierte Methode der astro¬ 
nomischen Ortsbestimmung mittels des Buscnschön’schen Libellenquadranten gut verwenden lassen. 
Leider fehlt noch die Anleitung und eine zweckmäßige Tabelle, weil mein Bruder seit l 1 /* Jahren, bis 
zum nächsten Herbst, sich mit einer dänischen Expedition in Nordostgrönland befindet. 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 57 


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Jedenfalls schien es erforderlich, erst durch Anruf Orientierung zu schaffen. Nach vielen 
Versuchen bekamen wir dann endlich auf die Frage «quel gouvernement* ? die erhoffte, 
aber kaum mehr erwartete Antwort «Pas de Calais». Die weitere Fahrt vollzog sich 
in der erdnahen, bis 800 m reichenden Schicht, welche im wesentlichen nach 
Nordwesten strömte. Eine Stunde lang, bis zur Annäherung an die See, begleiteten uns 
die unheimlichen, aber wohlgemeinten Warnungen der französischen Küstenbevölkerung: 
«en bas, en bas, la mer», deren Tonfall deutlich genug die Aufregung der Rufer verriet. 
Um 6 Uhr war es ganz dunkel, um 7 Uhr passierten wir die französische Küste, rechts 
das Lichtermeer von Calais, links das Drehfeuer von Grisnez. Erst um 9 Uhr flogen wir 
über das glänzende Lichtermeer von Folkestone hinweg, weil wir inzwischen wieder 
vorübergehend in die obere Strömung gekommen waren. Der Ballon überflog dann noch 
die breite Themsemündung und landete ca. 15 Minuten von einer Bahnstation der Midland- 
Railway (Harlington) auf frischgepflügtem Acker um 126 Uhr früh am 3. November. Wir 
hatten uns zur Landung lieber etwas von London entfernt, weil wir die elektrischen 
Schnellbahnen und Straßenbahnen fürchteten; es war so dunkel, daß wir in 2 m Höhe 
über dem Boden nicht erkennen konnten, ob wir uns über einer Chaussee oder einem 
Wassergraben befanden. Der Mond war ja noch nicht aufgegangen, und die Bewölkung 
hatte in den letzten Stunden rasch zugenommen. 

Da die Fahrtrichlung günstig war, hätte es nahegelegen, den noch vorhandenen 
Ballast (17 Sack) zur Weiterfahrt auszunutzen. Herr Böhm hatte aber nach 407*stündiger 
Fahrt berechtigten Anspruch darauf, sein Privat-Interesse auch berücksichtigt zu sehen. 

Nach der Landung schliefen wir eine Stunde auf dem Ballon; um ihn hierauf 
ohne fremde Hilfe zu verpacken und uns dann nach London zu begeben. Als 
wir mit dem Verpacken begannen, war es ganz bedeckt, und es begann leise zu 
tröpfeln. Während der Fahrt selbst hatten wir wechselnde, aber meist hohe Bewölkung 
gehabt, nur herrschte in den Vogesen und der Haardt Bodennebel, und ebenso an der 
französischen Küste. 

Man empfing uns in London mit einem Gemisch von Entrüstung und Vergnügen, 
um uns dann weitgehendste Gastfreundschaft zu erweisen. 

Das wissenschaftliche Ergebnis der Fahrt wird in der «Meteorologischen Zeitschrift» 
veröffentlicht werden. 


1. November 


Ballastverbrauch: 


9 a. m.Vorrat 45 Sack. 

2 1 /« p. m. » 42 » 

3 . > 417* * 

4 » 40 » 


4 3 /4. 

»v«. 

2. November 6 s /h a. m. 

# 7 «. 

10 . 

17 * p. m. 

5 . 

6 .. 

3. November 125 a. m.Landung 


» 39 » 

» 38 » 

» 26 » 

» 26 » 

» 257* > 

» 247* * 

» 20 » 

» 18 » 

mit 17 » 


Vogesen. Herr 
S. führt. 




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Flugtechnik. 

Henri Farman und R. Esnault-Pelterie. 

Bei meinem Aufenthalt in Paris im Oktober—November dieses Jahres 
hatte ich Gelegenheit, die Fortschritte zu sehen, die in den letzten Jahren 
die Aviatik erfreulicherweise gemacht hat. 

Die ganze Entwicklung der Flugtechnik in Frankreich ist zwei Persön¬ 
lichkeiten in erster Linie zu verdanken, nämlich dem Ingenieur Ernest 
Archdeacon und dem Artillerie-Hauptmann Ferber. 

Der erstere regte durch Gründung einer flugtechnischen Sektion im 
Aero-Club de France zur Aufnahme von praktischen Versuchen mit dem 
Wrightschen Flugapparate an, die schließlich zur Entwickelung einer flug- 

Phot. Rol & Cie., Paris. 



Farmans Drachenflieger. 

technischen Industrie in Paris geführt haben, die in erfreulicher Weise wächst, 
wovon der Ruf der Firma Ed. Surcouf mit ihren Ingenieuren les fr er es 
Voisin beredtes Zeugnis ablegt. Des weiteren spornte Archdeacon die 
Praxis des Fliegens durch Stellung von Preisaufgaben an, die, mit be¬ 
scheidenen Anforderungen beginnend, heute nach dem ersten großen 
Flugerfolg von Santos Dumont, der am 12. November 1906 220 m in 
21 Sekunden durchflog, in der Lösung der Aufgabe gipfeln, mittels einer 
Flugmaschine einen Kreis von mindestens 1 Kilometer Umfang zu umfliegen. 
Der Preis hierfür besteht in 50 000 Frs., die Archdeacon unter Beteiligung 
von Herrn Deutsch de la Meurthe, dem Petroleumkönig, dafür ausgesetzt hat. 

Hauptmann Ferber andererseits hat, auf Lilienthals Versuche fußend, 
gleich den richtigen praktischen Weg erfaßt, er hat Flugversuche gemacht, 
jahrelang mit verschiedenen Apparaten, und die Erkenntnis der Bedeutung 
des leichten Motors hat ihn schließlich veranlaßt, mit der Firma des 


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Antoinette-Motors zusammen zu arbeiten, um auf diese Weise etwas mög¬ 
lichst Vollkommenes zu schaffen. 

Archdeacon entwickelte zunächst auf seine Kosten sozusagen eine 
flugtechnische Schule im Aero-Club de France, er fand Freunde, Anhänger 
und Nachahmer. Die kleinen Erfolge im Schwebefluge, die zunächst schüchtern 
ohne Menschen mit Hilfe des Automobils über dem Lande, später mit 
Menschen über dem Wasser mit Hilfe von Motorbooten angestellt wurden, 
führten schließlich Santos Dumont, den bekannten brasilianischen Sports¬ 
mann, zu dem kühnen Schritt, den Motor mit der Flugmaschine zu vereinigen 
und praktisch zu erproben. Damit ist der Stein ins Rollen gekommen. 

Unaufhaltsam wuchs die Schar derjenigen, die Geld und Zeit daran¬ 
setzen, es Santos Dumont nachzumachen, um seinen Erfolg, 220 m in der 

Phot. Rol & Cie., Paris. 



Farmans Drachenflieger: Die vorderen Steuer. 


Luft zu fliegen, zu überlreffen. Wo mit einem Male so viele Köpfe mit 
Verbesserungsvorschlägen sich der Sache als Sport annahmen, mußte 
unfehlbar nach und nach ein Fortschritt eintreten. 

Und der Fortschritt ist unbestreitbar vorhanden. Freilich muß ich 
denen zustimmen, die da behaupten, er sei nicht den Flugtechnikern zu 
verdanken, sondern den Amateuren, den Sportsmen. 

Das Fliegen wird zurzeit als ein edler Sport aufgefaßt. Man trainiert 
sich, um den Preis Archdeacon-Deutsch de la Meurthe von 50000 Frs. 
zu gewinnen. Der Techniker tritt vollständig in den Hintergrund. Der 
Sportsmann bestellt sich einen Flugapparat mit Motor, setzt sich hinein, 
übt tagtäglich und läßt nach seinen praktischen Erfahrungen den Apparat 
entsprechend abändern. 


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So hat es der Engländer Henri Farman gemacht, welcher am 
26. Oktober 1907 hintereinander Flüge von 350 m in 27 Sekunden, 410 m 
in 31 Sekunden und 771 m in 52 Sekunden ausführte. 

Das ist gewiß ein schöner aufmunternder Erfolg gewesen und die 
Begeisterung in flugtechnischen Kreisen zu Paris war denn auch eine dem 
Erfolge angemessene. 

Auf dem Manöverfelde von Issy-les-Moulineaux befinden sich jetzt 
bereits drei größere Holzschuppen ziemlich nahe bei einander, welche die 
Drachenflieger von Farman, Bleriot und Professor Reißner bergen. 

Der Drachenflieger von Farman ist nach dem Prinzip von Chanute-Wright 
gebaut von den Gebrüdern Voisin. Er hat eine Tragfläche von 30 qm, 
eine Spannweite von Phot. Roi & Cie., Paris. 

10 m, der 8 Zylinder- 
Antoinette - Motor von 
50 Pferdestärken treibt 
eine zweiflüglige 
Schraube von 2 m 
Durchmesser, die an¬ 
geblich 2200 Touren 
in der Minute machen 
kann. Das Gewicht des 
Flugapparates beträgt 
etwa 250 kg. Farman 
hat mit der Firma, die 
ihm den Apparat gebaut 
hat, eine Abmachung 
dahin vereinbart, daß 
er bereit sei, ihr 22000 
Frs. zu zahlen, nach 
dem sich gezeigt hat, 
daß er in der Flugma¬ 
schine einen geschlossenen Kreis von 1500 m Länge fliegen kann. 

Alle Versuche, die nun täglich von Farman unternommen werden, 
haben daher das Ziel vor Augen, sich in einer geschlossenen Kreisfläche 
fliegend zu bewegen. 

Ich habe zwei Versuchen von Farman persönlich beigewohnt, am 
28. Oktober und am 8. November. Vorweg möchte ich bemerken, daß der 
Eindruck, den dieselben auf mich gemacht haben, ein in jeder Beziehung 
günstiger war. Man darf aber nicht mit Ansprüchen an solche schwierigen 
Aufgaben, wie sie der Flugsport bietet, herantreten, die der verständnislose 
Laie sich in seiner Phantasie ausgemalt hat. Von einem Fliegen im Sinne 
seiner praktischen Verwertung sind wir immer noch sehr fern, aber wir 
können uns Glück dazu wünschen, berufen zu sein, einen solchen idealen 
Wunsch zu entwickeln. Daran aber kann der unparteiische Beobachter 



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nicht mehr zweifeln, daß wir heute die Anfänge der Entwickelung eines 
vollendeten Fluges vor uns sehen, und wenn nicht alles täuscht, so müssen 
wir bei dem lawinenartig anwachsenden Interesse für die Sache auch bald 
zu recht erfreulichen Resultaten kommen. Aber wir müssen vorsichtig zu 
Werke gehen, die Versuche sind, wie sich schon mehrfach gezeigt hat, 
nicht ganz ungefährlich. Lilienthal, Pilcher, Maloney haben bereits als 
Märtyrer für die Fliegekunst ihr Leben eingebüßt. 

Der Apparat Farman gleicht eigentlich einem sehr leicht gebauten 
mit Drachenflächen, Horizontal- und Verlikalsteuer versehenen Selbstfahrer. 
Bei einer gewissen Geschwindigkeit wird die Auftriebskomponente so stark, 
daß der Apparat sich erhebt. Bei Farmans Apparat erhebt sich zunächst 
sehr bald der hintere Kasten und lange Zeit noch beobachtet man das 
Hauptgestell mit seinen beiden Rädern auf dem Erdboden rollen, bis ein 

Phot. Kol & Cie., Paris. 




L _ i v_2L 


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Drachenflieger Esnault-Polterte von vorn. 

leichtes seitliches Pendeln der großen Tragflächen allmählich beweist, daß 
sich nunmehr der gesamte Flugapparat vom Boden losgelöst hat. 

Am 28. Oktober sah ich, wie Farman bis zu einer Höhe von etwa 
6 m aufflog und hier eine Drehung nach rechts versuchte; dabei schwankte 
der Apparat, indem sich die linke Flügelfläche hob, die rechte senkte, in 
gleicher Weise wie man es bei Krähen in der Natur beobachten kann, wenn 
sie gegen Wind anfliegen, nicht gegen ankommen und sich eine Strecke 
rückwärts treiben lassen. Auch an diesem Nachmittage war es etwas windig. 
Farman, wahrscheinlich um das Gleichgewicht besorgt, ging sofort herunter 
und stieß, da sein Apparat natürlich keine Zeit gehabt hatte, sich wieder 
auszubalancieren, mit dem rechten Rade zuerst auf den Erdboden, das hier¬ 
bei stark verbogen und unbrauchbar wurde. Der Flugapparat hatte im 
übrigen keine Havarie weiter erlitten, am Gestell war nichts verbogen. 

Am 8. November beobachtete ich den ersten größeren Wendeversuch 
Farmans. Er blieb diesmal ganz dicht über dem Erdboden und es gelang 


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ihm in der Tat, einen Bogen nach links von etwa 300 m Länge gegen Ende 
seines Versuchs zu fliegen. Der Fleiß und die Energie dieses kühnen 
Sportsman, sein methodisches Vorgehen im Flugtraining bringen mir daher 
keine Überraschung, wenn ich jetzt lese, daß er am 9. November einen 
Flug von 400 m Länge mit zwei Wendungen und schließlich von 900 m 
Länge in Form eines U vollführt habe in Höhe von etwa 3 m über dem 
Erdboden, wobei bei der Wendung der Drachenflieger sich sehr wenig nach 
der inneren Seite geneigt haben und danach, seine horizontale Lage wieder 
eingenommen haben soll. Die Flugdauer soll im letzten Falle 1 Minute 
14 Sekunden gedauert haben. Besan^on berechnet unter Zugrundelegung 
der wahrscheinlichen Geschwindigkeit von 14 m p. sec. danach eine durch¬ 
flogene Weglänge von 1036 m; Farman steht also, sobald er die genügende 
Gewandtheit sich angeeignet hat, diese Entfernung innerhalb eines ge¬ 
schlossenen Kreises zurückzulegen, nahe vor dem Gewinn des Preises 

Phot. Rol & Cie., Paris. 



Esnault-Pelterles „Papilion“ beim Darohfahren des „Crou Salb“ bei Buo. 

Archdeacon-Deutsch de la Meurthe und vielleicht, wenn diese Zeilen gedruckt 
sind, hat er dieses Resultat bereits erreicht. 1 ) 

Nicht weniger lehrreich war der Versuch des Franzosen Robert Esnault- 
Pelterie, dem ich am 26. Oktober zu Buc beiwohnen durfte. Es macht 
Freude, hier einen Ingenieur zu sehen, der nach eigenen Ideen seinen Flug¬ 
apparat und seinen Motor so einfach als möglich gebaut hat. 

Pelteries Apparat hat nur zwei einfache Flügelflächen mit gekrümm¬ 
tem Querschnitt, wie Lilienthal sie empfahl, die sich an einem spindel¬ 
förmigen Körper rechts und links ansetzen. Die vierflüglige Schraube be¬ 
findet sich vorn dicht am Motor, die Schwanzfläche hinten. Die Tragfläche 
hat 16 qm, der Mittelkörper ist auf einem Gestell mit 2 Rädern montiert, 
an den Enden der Flügel befindet sich je ein kleineres Rad, um diese vor 
dem Schleifen auf dem Erdboden zu bewahren. 

>) Ara 18. November hat Farman einen Umflug versucht, kam jedoch nicht fliegend, sondern fahrend 
durch die Startlinie und setzte während des Umfluges zweimal auf dem Erdboden auf; der Umflug ist 
für Erringung des Preises ungültig. 


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Der Motor Pelteries stellt einen ganz neuen Typ vor, der mir sehr 
gut gefallen hat. Die 7 Zylinders tehen nicht V-förmig wie beim Antoinette¬ 
motor, sondern sind vielmehr fächerförmig in zwei Gruppen oben um die 
Achse angeordnet. Vielleicht mit gutem Erfolge werden hierdurch die 
Störungen beseitigt, über deren plötzliches Eintreten bei allen anderen 
Motoren bisher geklagt wurde. Der Motor hat 30—35 Pferdestärken, 47,5 kg 
Gewicht, verwendungsbereit mit Schraube, Lagern usw. 60 kg. 

Die ganze Flugmaschine wiegt nach Angabe Esnault-Pelteries 240 kg. 

Das Feld zu Buc, auf dem der Schuppen Esnault-Pelteries sich befindet, 
liegt südlich von Versailles, weit ab von Paris. Es scheint sowohl dadurch, 
daß es erlaubt, ziemlich ungestört zu arbeiten, recht günstig zu sein, anderer¬ 
seits fällt das Gelände auch von dem Schuppen nach einem in der Nähe 
befindlichen See sanft ab und erleichtert damit ungemein den Anlauf zum 
Flug nach dieser Richtung. Der Apparat flog am 26. Oktober bei seiner 
ersten Vorstellung sehr leicht und elegant in einer Höhe bis zu etwa 6—7 m 
in einer Entfernung von etwa 150 m. Dabei fiel mir auf, wie die Flügel¬ 
enden unter der Last der Räder etwas in Schwingungen gerieten, die bei¬ 
nahe den Eindruck kurzer Flügelschläge machten. Beim Niedergehen brach 
leider die Hauptstange des linken Flügels, der Versuch mußte damit abge¬ 
schlossen und erst eine Reparatur vorgenommen werden. Die Ursache 
dieses Bruchs schien mir darin zu liegen, daß die Maschine zu spät gestoppt 
und die Reaktion der Luft am Erdboden von der nach rechts rotierenden 
Schraube den rechten Flügel gehoben hat, sodaß nun der Apparat sich nach 
links neigte und beim Aufsetzen auf das linke Rad die Elastizitätsgrenze und 
die Bruchfestigkeit der starken Rippe des linken Flügels überschritten wurde. 

Der Apparat Esnault-Pelterie erinnert lebhaft an die Flugmodelle 
unseres deutschen Aviatikers Wilhelm Kreß. Er ist so einfach und flog 
so stabil, daß ich ihm, gegenüber dem nach der Hargravedrachen-Methode 
konstruierten Farmanapparat, doch den Vorzug geben möchte. 

Die Zukunft wird uns bald lehren, mit welchem man besser und 
sicherer fliegt. Auf jeden Fall verdienen derartige Versuche heutzutage auch 
bei uns in Deutschand nicht nur Beachtung, sondern zielbewußte Nacheiferung. 

In dieser Beziehung aber freue ich mich, aus den zahlreichen mir 
zugegangenen Zuschriften alter und neuer Flugtechniker zu ersehen, daß 
dieses Streben an vielen Orten zugleich im Gange ist. Hoffen wir, daß 
auch unsererseits bald der Welt verkündet werden kann: «Tausend Meter 
durch die Luft geflogen!» Hermann W. L. Moedebeck. 


Die Gleitflüge von Ingenieur Wels. 

Von Dr. Raimund Ninifiihr (Wien). 

Im Januar-Hefte der «I. A. M.» habe ich bereits über einen neuen 
Motorgleitflieger von Elrich-Wels ausführlicher berichtet. Es wurde* darauf 
hingewiesen, daß der Apparat infolge seiner eigentümlichen Flächenform und 


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deren Wölbung sich durch große Stabilität auszeichnet. Durch zahlreiche 
Versuche mit einem großen, 6 m klafternden Modell, das durch Sandsäcke 
belastet wurde, war die völlig automatische Stabilität der Wels’schen Fläche 
erwiesen. 

Um nun auch die Stabilitätsverhältnisse des großen Apparates, der zum 
Tragen eines Menschen be¬ 
stimmt ist, zu erproben, 
führte Herr Ingenieur Wels 
in der ersten und zweiten 
Oktoberwoche eine Reihe 
von Gleitflügen aus. Die Ver¬ 
suche verliefen alle ohne 
den geringsten Zwischenfall 
und ergaben Gleitlängen bis 
über 200 m mit einer mitt¬ 
leren Geschwindigkeit von 
13 bis 14 m p. s. 

Die Gleitflüge wurden 
in der Weise durchgeführt, Flieger Etrioh-weis im eieitnug. 

daß man den Apparat mit¬ 
tels eines leichten Wägelchens über einen Abhang hinabrollen ließ. Sowie 
die Schwebegeschwindigkeit erreicht war, hob der Apparat sich vom Wä¬ 
gelchen ab und der Gleitflug begann. Die Landung erfolgte auf Schlitten¬ 
kufen. Der Führer 
stand aufrecht in 
Fechterstellung, so 
daß der halbe Ober¬ 
körper über die Trag¬ 
fläche hervorragte. 

Mit den Händen hielt 
er einen rings um ihn 
laufenden Holzring. 

Die Dimensio¬ 
nen der Tragfläche 
sind: Größe 38 qm; 

Breite 3.6 bis 5 m. 

Die Fläche klaftert 
10 m und wiegt samt 
Rahmengerüste und 
Schlittenkufen 164 
kg. Das Gewicht des Führers ist 63 kg; die Gesamtbelastung betrug dem¬ 
nach 227 kg. Der Gleitwinkel wird zu 7—8° angegeben. 

Am L 2. Oktober führte Herr Ingenieur Wels drei Gleitflüge aus, die 
folgende Längen hatten: 150, 180 und 225 m. Am 8. Oktober wurden 

Illastr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 58 




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vier weitere Flüge unternommen, die 200 m nicht überschritten. Die Sta¬ 
bilität war bei allen Flügen vortrefflich. 

Nach diesem günstigen Erfolge der Gleitflüge wird ein 24 P. S. Antoinette- 
Motor in den Apparat eingebaut, der zwei Paare von zweiflügeligen Luft¬ 
schrauben betätigen soll. Die Schrauben laufen in Ausschnitten der Trage¬ 
fläche. Dadurch wird der Gleitflieger zum Motorflieger umgewandelt. Im 
Prinzip ist die Wirkung des Motorgleitfliegers natürlich identisch mit dem 
gewöhnlichen Drachenflieger. Der Name Motorgleitflieger soll nur einen 
Hinweis auf die Entwickelungsgeschichte des Apparates geben. Als Motor¬ 
flieger wird der Apparat sich auch beim Anlauf auf ebener Erde vom Boden 
abheben müssen, sowie die Schwebegeschwindigkeit erreicht ist. Es wird 
sich zeigen, ob die beiden Schrauben genügen, um dem Apparat die Schwebe¬ 
geschwindigkeit zu erteilen. 

Die Fortsetzung der Versuche soll in Wien erfolgen, wohin der Apparat 
von Trautenau transportiert wurde. 

Man darf auf die Ergebnisse der ersten Versuche mit Motorantrieb 
gespannt sein. Wenn es gelingt, die Schwebegeschwindigkeit zu erzielen, 
dann darf man auch auf die Möglichkeit weiter Flüge sicher rechnen, da 
die Drachenfläche automatische Stabilität besitzt und es darum dem Flieger 
von Wels wohl nicht so gehen wird, wie den zahlreichen französischen Flug¬ 
technikern, die ihre Drachenflieger nur kurze Strecken vom Boden losbringen. 
Nach Zurücklegung von ein paar 100 m sitzen sie aber schon wieder auf 
der Erde, wobei der Apparat meist arg zertrümmert wird. 

Die Versuche unseres Landsmannes werden ein experimentum crucis 
für das Drachenflieger-System überhaupt sein; denn wenn dieser in der 
ganzen Architektonik und in der Detailkonstruktion wohl vollkommenste 
Drachenflieger, der je gebaut wurde, nicht reüssiert, dann wird es wohl an 
der Zeit sein, daß die Flugtechniker den Drachenflieger aus ihrem Evangelium 
endlich ganz streichen und ihre Kräfte an eine aussichtsvollere Type 
wagen. 

Die kolossale Gleitgeschwindigkeit bei den Wels’schen Gleitflügen und 
deren relativ geringe Gleitweite macht mich wohl einigermaßen stutzig, 
dazu noch der relativ große Gleitwinkel von 7—8°. Die Flächenbelastung 
des Apparates betrug fast genau 6 kg pro 1 qm der Tragfläche und trotz 
dieser relativ geringen Flächenbelastung erreichte die Gleitgeschwindigkeit 
so erhebliche Werte (zwischen 13 und 14 m p. s.). Rechnet man die Auf¬ 
triebswerte für die angegebenen Daten nach den LilienthaPschen Luft¬ 
widerstandsformeln, so erhält man Zahlenwerte, die über mal so groß 
sind, als das Gesamtgewicht des gleitenden Systems betrug. Man könnte 
daraus den Schluß ziehen, daß die Wels’sche Fläche nur ein geringes 
Schwebevermögen besitzt. 1 ) Die Versuche mit dem Motor-Apparate werden 
erst zeigen, ob ein derartiger Schluß berechtigt ist oder nicht. 

‘) Nach den persönlichen Informationen von seiten des Herrn Ingenieur Wels über die näheren 
Details der Durchführung der Gleitversuche scheint mir eine derartige Annahme nicht zutreffend. R. N. 


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Es ist außerordentlich erfreulich, daß endlich einmal in deutschen 
Landen wieder ernstlich auch auf flugtechnischem Gebiete gearbeitet wird. 

Die flugtechnischen Arbeiten von M. Blöriot. 

Im Jahre 1900 hat Bleriot angefangen, sich für die Flugtechnik zu interessieren 
und, wie viele Anfänger, hat er zuerst geglaubt, die Lösung der Aufgabe durch Nach¬ 
ahmung der Natur zu erreichen. Sein erstes Modell war ein Vogel mit schlagenden 



Fig. 1. — Blöriote Drachenflieger 1905 Um Vordergrund). 

Flügeln, die nur eine auf- und niedergehende Bewegung ausführten, wobei der Flügel¬ 
aufschlag durch automatische Klappenventile erleichtert wurde. Als Kraftquelle diente 
ein Kohlensäuremotor. Das Modell gab keinerlei Resultate und Bleriot unterließ weitere 
Versuche, da er einsah, daß sie verfrüht waren. Aber er verfolgte aufmerksam alle 
Experimente, im besonderen meine Versuche im Schwebeflug, und schloß sich 1905 an 
meinen Schüler Voisin an, mit dem er eine Werkstatt für die Konstruktion von Flug¬ 
maschinen gründete. Nicht wenige haben in diesem Augenblick den Kopf geschüttelt 
und gelächelt — aber damit hatten sie Unrecht. Die Werkstatt wird heute von den 
Brüdern Voisin geleitet und baut wenigstens eine Flugmaschine pro Monat! 

Bleriot ließ nun 1905 einen Drachen¬ 
flieger (Fig. 1) vom Typ des Hargrave-Drachens 
bauen und ihn im Schlepp eines Motorbootes 
auf der Seine versuchen. Der Flieger, mit Voi¬ 
sin bemannt, kippte, verschwand in den Flu¬ 
ten und Voisin rettete sich mit knapper Not 
vor dem Ertrinken. Alle Zeitungen brach¬ 
ten diese Tatsache sehr ausführlich, aber 
sie schrieben sie immer Archdeacons Flie¬ 
ger zu. 1 ) Es existiert eine sehr hübsche 

kinematographische Aufnahme, die diese Fig. 2. — Blöriots Drachenflieger 1906. 

*) Vgl. „I. A. M.“ 1906, S. 346 (Red.). 



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Katastrophe festgehalten hat. 1 ) Dieser Unfall bewies übrigens nichts gegen den Flieger, 
er bewies einfach, daß der Drachen quer zur Windrichtung geschleppt wurde, und auf 
einem Flusse ist es natürlich schwer, ihn jederzeit richtig zu schleppen. 

Das Jahr 1900 (Fig. 2) ließ einen neuen Drachenflieger erstehen, wieder vom Typ des 
bewährten Hargrave-Drachens; jedoch hatte die Vorderzelle eine elliptische Form. Blöriot 

baute in den Flieger zwei 
Antoinette-Motoren von 24 
P. S., welche zwei seit¬ 
liche Schrauben trieben, und 
brachte ihn am See Enghien 
unter, um zuerst seine Ver¬ 
suche auf dem Wasser fort¬ 
zusetzen. Er hatte aber 
sehr viele Schwierigkeiten 
zu überwunden, ehe er mit 
den Schrauben zurechtkam, 
und er mußte mehrere Male 
sow r ohl die Schrauben, als 
auch die Zahnradüberset¬ 
zungen ändern. Schließlich 
gaben die Schwimmer, auf 

denen der Flieger ruhte. 
Fig. 3. - Blörlots Drachenflieger III. eine §0 gmße Bugwelle ? daß 

die genügende Geschwindigkeit zum freien Fluge in der Luft nicht erreicht werden 
konnte. 

Seine Versuche veranlaßten ihn, auf den Zellentyp zu verzichten, und Anfang 
dieses Jahres baute er einen einflächigen Apparat, mit einem langen Schnabel ohne 
Sclnvanz, der durch eine direkt von einem 24 P. S.-Antoinette-Motor angetriebene Schraube 
bewegt w r erden sollte (Fig. 3). Bleriot verzichtete jetzt darauf, seinen neuen Apparat 
durch andere versuchen zu lassen, sondern hielt es für seine Pflicht, ihn selbst zu führen. 

Nach einigen gelungenen 
Vorversuchen in Bagatelle 
glückten ihm mehrere Male 
Sprünge von einigen Me¬ 
tern. Aber dem Flieger 
fehlte Längsstabilität, weil, 
meiner Ansicht nach, die 
Druckwirkung vorn nicht 
durch einen Schwanz aus¬ 
geglichen war. Auch dieses 
System verließ Bleriot und 
ließ sich nun einen Flieger 
vom Type Langley (Fig. 4) 
bauen. Der neue Apparat 
wiegt 300 kg, hat 18 qm 
Tragfläche und ist mit einem 
Antoinette - Motor von 24 
Fig. 4. - Bliriot. Drachenflieger IV. p s ausgerüstet, der eine 

Schraube von 1,(10 m Durchmesser und 0,90 m Steigung dreht. 

BRriot hatte mehrfach dieses Modell mit einer Schraube von 1,30—1,40 m Steigung 
versucht, ohne daß es ihm gelang, sich damit in die Luft zu erheben, und er war gerade 
dabei, einen neuen, größeren Flieger bauen zu lassen, als er mich aufsuchte. Ich setzte 
’) Aufgenommen von Gaumout, 5 Rue St. Roch, Paris. 




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ihm auseinander, daß sein Motor unmöglich eine Schraube von so großer Steigung mit 
genügender Geschwindigkeit drehen kann, und daß dabei ein großer Teil der Motorarbeit 
verloren ginge. Nun setzte er die Steigung herab bis auf 90 cm, und nun glückte es 
ihm, am 12. Juli auf dem Exerzierplatz von Issy aufzufliegen und in einer Höhe von 
etwa 1 m über dem Boden 30 m mit bemerkenswerter Seitenstabilität zurückzulegen. 

Am 15. Juli, abends 6 Uhr nahm er seine Versuche wieder auf. Bei einem Winde 
von ca. 6 m p. sec. durchflog er 80 m mit etwa 12 m p. sec. Geschwindigkeit. Dabei war 
die Seitenstabilität wieder ausgezeichnet, aber die Längsstabilität ließ von Anfang an 
zu wünschen übrig uud wurde gegen Ende des Aufstiegs noch schlechter. Der Flieger 
war vorn zu wenig belastet und bäumte nach und nach auf. Dadurch wuchs der Ein¬ 
fallswinkel des Windes, die Geschwindigkeit verminderte sich demgemäß, wurde schlie߬ 
lich Null und beendete so den Aufstieg. Es unterliegt keinem Zweifel, daß B16riot das 
Aufbäumen durch entsprechendes Einstellen des Höhensteuers hätte vermeiden können. 
Aber die Abhilfe des Fehlers ist einfach, er braucht nur die Spitze seines Fliegers etwas 
mehr zu belasten, was schnell gemacht ist. B16riot kann auf dies Resultat stolz sein, 
das seine Ausdauer so glänzend belohnt hat, er hat mit seinem Apparat gute Aussichten, 
den Preis Deutsch-Archd6acon zu gewinnen. Capitaine F erb er. 

<K 


Aeronautische Vereine. 


Die Aufgaben der deutschen Luftschiffer-Vereine. 

Von Dr. K. Bamler, Essen. 

Der größte Preis, der bisher für Wettfahrten von Kugelballons gestiftet worden ist, 
der Gordon-Bennett-Pokal, ist durch Herrn Oscar Erbslöh-Elberfeld am 21. Oktober 
für Deutschland erobert worden. Sind durch diesen Sieg schon weite Kreise unseres 
Vaterlandes für den Luftsport interessiert worden, so dürfte dies noch mehr dadurch 
geschehen, daß im kommenden Jahre dieser Pokal von neuem durch eine Wettfahrt 
erobert werden muß, die das Land des Siegers, also diesmal Deutschland, einzurichten 
hat. 

Zwar ist es nicht die erste derartige Wettfahrt, die in Deutschland stattfindet, — 
ich erinnere nur an die Wettfahrten von Berlin am 14. Oktober 1906, Mannheim am 
19. Mai 1907 und Düsseldorf am 8. und 9. Juni 1907. Aber diese Veranstaltungen waren 
mehr national als international und haben verhältnismäßig wenig Eindruck auf die große 
Menge gemacht, die den Luftsport nach wie vor für recht abenteuerlich hält. Daß er 
nebenbei auch recht beachtenswerte wissenschaftliche und nationale Bedeutung hat, 
möchte ich in folgendem kurz skizzieren: 

Als vor 26 Jahren der „Deutsche Verein zur Förderung der Luftschiffahrt“ ge¬ 
gründet wurde — der jetzige Berliner Verein —, da geschah dies mit der ausgesprochenen 
Absicht, die Bestrebungen zu fördern, welche die Luftschiffe lenkbar machen sollten. 
Es wurde in der Beziehung sehr wenig erreicht, denn es fehlte an Geld und an den 
nötigen Maschinen. Der Verein wurde eigentlich erst lebensfähig, als er unter der 
Führung seines Vorsitzenden, Geheimrat Dr. Aßmann, von seinem ursprünglichen Plane 
abwich und sich der Förderung der wissenschaftlichen Luftschiffahrt zuwandte. Für 
diese war durch die Erfindung des Aßmannschen Aspirations-Psychrometers eine neue 
Aera angebrochen und der Verein widmete sich diesen Forschungen mit großem Eifer. 
Durch Stiftungen und kaiserliche Geldspenden kam er in die Lage, sich Ballons für 
Freifahrten anzuschaffen, und die zahlreichen Fahrten, die im Dienste der Wissenschaft 
damit unternommen wurden, sind weltberühmt geworden. Die ersten Führer waren die 
Offiziere des Luftschiffer-Bataillons, aber allmählich bildete sich auch unter den Mit¬ 
gliedern des Vereins ein Stamm von tüchtigen Führern aus. Dadurch wurde aber nun 


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bei diesen naturgemäß die Freude an dem einzig schönen Luftsport geweckt, und daß 
der Wunsch unter den andern Mitgliedern des Vereins laut wurde, ebenfalls die Schön¬ 
heiten einer Ballonfahrt kennen zu lernen, ist leicht erklärlich. Die sportliche Ballonfahrt 
ist es denn auch, welche nicht nur den Berliner Verein groß und stark gemacht hat, 
sondern auch all die anderen deutschen Vereine hat erstehen lassen. Dabei haben aber 
alle diese Vereine ihre ursprüngliche höhere Aufgabe, nämlich die Förderung der wissen¬ 
schaftlichen Luftschiffahrt, nicht vergessen, sondern erfüllen diese nach Kräften durch 
Beteiligung an den internationalen wissenschaftlichen Aufstiegen. 

Vielfach ist der Laie der Ansicht, daß diese Beteiligung der Vereine gänzlich 
wertlos sei, da die Fahrten derselben meist nur einige tausend Meter hoch hinaufgehen 
und selten 5000 Meter überschreiten werden. Nach seiner Ansicht sind die meteoro¬ 
logischen Verhältnisse dieser Höhenschichten genügend erforscht, und nur das Hochlassen 
unbemannter Ballons bis zu großen Höhen hat heute noch Wert. Man bemüht sich aber 
jetzt gerade, die meteorologischen Verhältnisse der unteren Luftschichten recht genau 
kennen zu lernen, dazu läßt das Königlich Preußische Aeronautische Observatorium zu 
Lindenberg in der Mark täglich Drachen mit Registrierinstrumenten steigen oder, wenn 
nicht genügend Wind ist, diese zu heben, benützt es kleine Ballons dazu. Dasselbe tut 
die Seewarte in Hamburg und demnächst eine von Prof. Dr. Hergesell mit Hilfe der den 
Bodensee einrahmenden Staaten ins Leben gerufene Station, die Drachen durch die 
Bewegung von Motorboten hochheben will. Das Ideal der Meteorologen wären natürlich 
dauernde Stationen in der Höhe, aber dazu haben sich bisher noch keine Hilfsmittel 
gefunden. Natürlich befriedigt auch die genauere Kenntnis der Verhältnisse in den 
unteren 5—6000 Metern auf die Dauer nicht, aber zu höheren täglichen Vorstössen 
reichen die Mittel nicht aus. Deshalb begnügt man sich einstweilen damit, an den so¬ 
genannten internationalen Tagen mit Hilfe der Registrierballons möglichst große Höhen 
zu erreichen. Dabei kommt es dann darauf an, eine möglichst große Anzahl gleich¬ 
zeitiger Aufstiege an möglichst vielen Stellen der Erde zu veranstalten, um so ein Bild 
von der Verteilung der meteorologischen Faktoren zu erhalten. Hat man aber an diesen 
Tagen nicht die Mittel, Registrierballons steigen zu lassen, so ist es durchaus nicht un¬ 
nütz, bemannte Ballons bis in mäßige Höhen steigen zu lassen, denn werden z. B. an 
20 Stellen Messungen bis 4000 Meter Höhe erreicht, davon an 10 Stellen solche bis zu 
10 000 Meter, so kann man durch Vergleich mit ziemlicher Genauigkeit sich ein Bild von 
den meteorologischen Verhältnissen über allen Aufstiegpunkten bis zu 10000 Meter Höhe 
herstellen. Außerdem werden die Notizen der Registrierballons durch die Beobachtung 
der bemannten Ballons dauernd kontrolliert. 

Hieraus geht der Wert der Beteiligung der Vereine an den wissenschaftlichen 
Forschungen wohl zur Genüge hervor. Wertvoller wäre es natürlich, wenn sie sich auch 
an der Erforschung der höchsten Luftschichten durch Registrierballons beteiligen könnten, 
und weil das lediglich eine Geldfrage ist, so halte ich die Möglichkeit einer solchen 
Beteiligung bei dem Aufblühen der Vereine für die Zukunft durchaus nicht für ausge¬ 
schlossen. 

Nicht minder wichtig sind die Dienste, welche die Luftschiffervereine mit ihren Führern 
und ihrem Ballonmaterial im Kriegsfälle dem Vaterlande leisten können. Ich brauche nur an 
die Belagerung von Paris im letzten Kriege zu erinnern; nachdem die Festung vollständig 
eingeschlossen war und unbedingt eine Verständigung mit der in Tours befindlichen 
Regierung und den in der Provinz stehenden Truppen hergestellt werden mußte, wurde 
ein richtiger Ballondienst eingerichtet. Nicht weniger als 66 Ballons, bemannt mit 168 
Personen, verließen die Festung. Außerdem trugen dieselben 409 Brieftauben und 9000 kg 
an Briefen und Depeschen heraus, 59 von diesen Ballons haben ihren Auftrag richtig 
erfüllt, 5 fielen in die Hände des Feindes, 2 sind verschollen, also wahrscheinlich ins 
Meer gefallen. Bekannt ist besonders die Fahrt Gambettas, der am 7. Oktober mit 
seinem Sekretär Paris verließ, um in der Provinz ein neues Heer zu organisieren. 
Würde Paris heute noch einmal von einer feindlichen Armee eingeschlossen, so ständen 


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dem Militärkommando nicht weniger als 104 Privatballons des A6ro-Club de France zur 
Verfügung und 4 große Ballonfabriken könnten die fortgeflogenen Aerostaten sofort durch 
neue ersetzen. So haben auch die deutschen Vereine ihr Ballonmaterial dem Kriegs¬ 
minister zur Verfügung gestellt, und zahlreiche erprobte Führer haben sich bereit erklärt, 
sich in eine Festung einschließen zu lasseij und gegebenenfalls einen Ballon aus 
derselben herauszuführen. Gerade für diese Fahrten sind die sportlichen Wettfahrten 
ausgezeichnete Vorübungen, da sie sich immer durch eine Nacht hindurch ausdehnen, 
und das Auflassen von Ballons zu Kriegszeiten der Sicherheit halber wohl immer in der 
Nacht erfolgen wird. 

Hand in Hand mit diesen Fahrten wäre es zu empfehlen, der Pflege und Aus¬ 
bildung der Brieftauben mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, wie dies bisher geschehen 
ist. Es sollten möglichst bei jeder Ballonfahrt Brieftauben mitgenommen werden, be¬ 
sonders von den Vereinen, die ihre Fahrten von Festungen aus veranstalten. Von den 
409 aus Paris aufgelassenen Tauben kehrten nur 57 wieder zurück, trotzdem haben diese 
wenigen Tierchen 100 000 Staatsdepechen und 1000 000 Privatnachrichten in die be¬ 
lagerte Stadt hineingetragen. Diese kaum glaublich erscheinende Anzahl wurde auf fol¬ 
gende Weise erzielt: Eine große Anzahl von Depeschen, Briefen oder Drucksachen wurden 
auf einer großen Tafel aufgeklebt und dann mit einem sehr scharf zeichnenden Objektiv 
aus großer Entfernung auf lichtempfindlich gemachte Kollodium häutchen photographiert. 
(Näheres über diese Art der Photographie siehe A. Hildebrandt, Die Luftschiffahrt, S. 393.) 
Auf diese Weise brachte der Franzose Dagron auf ein Häutchen, das im trockenen Zu¬ 
stande 1 gr wog, 8,6 Millionen Buchstaben. Jede Taube wurde mit 20 solcher Häutchen 
belastet abgeschickt, die in der Festung angelangten Häutchen wurden zwischen 
zwei Glasplatten gelegt und die Schrift mit Hilfe von Projektionsapparaten wieder ent¬ 
sprechend vergrössert, sodaß die Nachrichten von Schreibern abgeschrieben und den 
Adressaten zugestellt werden konnten. 

Aus diesen Daten ergibt sich die Bedeutung gut ausgebildeter Brieftauben für den 
Kriegsfall. Der Niederrheinische Verein für Luftschiffahrt resp. zwei seiner Mitglieder, 
die Herren Gebrüder Flöring-Barmen, sind den anderen Vereinen mit gutem Beispiel in 
der Ausbildung von Brieftauben für Ballonfahrten vorangegangen, und haben ausgezeichnete 
Ergebnisse erzielt. Von 109 Tauben, die bei 29 Ballonfahrten mitgegeben wurden, sind 
103 zurückgekehrt — man vergleiche den enorm guten Prozentsatz gegenüber den schlecht 
ausgebildeten Pariser Tauben —, von den fehlenden 6 sind 2 nachweislich unterwegs 
getötet und nur 4 kamen bei großer Kälte in Holland um. Ein glänzendes Resultat, das 
der Nacheiferung wert ist. 

Für all die angeführten Aufgaben der Vereine bilden nun die Wettfahrten die 
Prüfsteine für die Führer. Sie können bei diesen Gelegenheiten beweisen, daß sie ihr 
Ballonmaterial gut kennen und die Gesetze, nach denen der Ballon in der freien Atmo¬ 
sphäre sich bei den verschiedenen Wetterlagen bewegt. Sie können zeigen, daß sie in 
der Lage sind, die Richtung und Stärke der verschiedenen Luftströmungen schnell zu 
erkennen und ihren Aerostaten in die günstigste Schicht hineinzubringen und möglichst 
lange darin zu halten, um so das beste Ergebnis zu erzielen. Sie können ferner den 
Schneid der einzelnen Führer beweisen, wenn es sich um Überwindung großer Hinder¬ 
nisse handelt, wie es z. B. gelegentlich der Gordon-Bennett-Fahrt des vergangenen Jahres 
die Überfliegung des Kanals war; oder wenn es sich um Ertragung körperlicher Un¬ 
bequemlichkeiten handelt, die z. B. dann auftreten werden, wenn ein Ballon gezwungen 
ist, lange in größeren Höhen bei sehr niedriger Temperatur zu fahren. 

Damit sind wohl in großen Zügen die bisherigen Aufgaben unserer Luftschiffer¬ 
vereine erschöpft; weit größere werden ihnen aber für die Zukunft erwachsen, 
wenn sie noch die Förderung der Ballonphotographie, die Weiterausbildung der 
Motorluftschiffahrt und der Flugmaschine auf ihr Programm schreiben werden. 
Das müßte nach meiner Ansicht sehr bald geschehen, damit recht weiten Kreisen die 
Möglichkeit gegeben wird, sich an deren Weiterentwicklung zu beteiligen, und die deutsche 


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Industrie nicht wieder wie bei vielen anderen Gelegenheiten zu ihrem großen Schaden 
vom Auslande überholt wird. 

Personalia. 

Graf von Zeppelin, General d. Kavallerie, General ä la suite weiland Seiner Majestät 
des Königs Karl, ist am Tage seines 50jälirigen Dienstjubiläums, am 21. Oktober 1907, 
von S. Maj. dem Kaiser das Großkreuz des roten Adlerordens und von S. Maj. dem 
König Wilhelm II. von Württemberg das Großkreuz des Militärverdienstordens verliehen 
worden. Wir sind überzeugt, daß jeder unserer Leser unseren bedeutenden und erfolg¬ 
reichen Erfinder zu dieser kaiserlichen und königlichen Ehrung und Anerkennung im 
stillen von Herzen beglückwünschen wird. 

Wißmaim, Mitglied im Oberrhein. V. f. L., Leutnant im Niedersächsischen Fuß- 
artillerie-Rgt. Nr. 10, wurde durch A. K. 0. vom 18. Oktober zum Oberleutnant befördert. 

Voyer, Hauptmann im Zentral-Etablissement des Militär-Luftschiffer-Materials zu 
Chalais-Meudon, ist am 24. September zum Major befördert worden unter Belassung in 
seiner Stellung. 

F. Geerdtz, Leutnant im Luftschifferbataillon, vermählte sich mit Fräulein Käte 
Müller, Tochter des Herrn O. Müller, stiftendem Mitglied im Berliner Verein für Luft¬ 
schiffahrt. 

Lehmann, Major, Lehrer beim LuftschifTer-Bataillon, unter Belassung in dem 
Kommando zur Dienstleistung beim Kriegsministerium, in die Versuchsabteilung der 
Verkehrstruppen versetzt. 

Sperling, Hauptmann der Versuchsabteilung der Verkehrstruppen, als Lehrer zum 
Luftschiffer-Bataillon versetzt. 

Schweppe, Oberleutnant zur See bei der I. Marineinspektion, unser bekannter 
Mitarbeiter, ist durch A. K. 0. vom 20. November von Mitte Dezember d. Js. ab auf ein 
Jahr zur Dienstleistung beim Admiralstabe der Marine in Berlin kommandiert. 

- <§)/ - 


Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel . 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet. 

Die Redaktion . 


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Ullnstrierte Aeronautische Mitteilungen. 


XI. Jahrgang. ** 25. Dezember 1907. s* 13. Heft. Sonderheft 



Gordon-Bennett-Nummer. 



Illustr. Aeronaut Mitteil. XL Jahrg. 


59 


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462 


Das Gordon-Ben nett-Wettfliegen 

in St Louis, Missouri, U. St A. 1907. 


Von deutscher Seite waren von vornherein 3 Ballons gemeldet: 
«Düsseldorf», vom Niederrheinischen Verein unter Führung von Hauptmann 



von Abercron, «Podewils» und «Pom¬ 
mern», vom Berliner Verein für Luft- 
schiffahrt unter Führung von Haupt¬ 
mann Hildebrandt bzw. Freiherrn 
v. Hewald. 

Infolge unvorhergesehener Um¬ 
stände konnten die beiden letztge¬ 
nannten die Führung ihrer Ballons 
nicht übernehmen und an Stelle von 
«Podewils» trat der Ballon «Aber¬ 
cron» des Niederrheinischen Vereins 
unter Führung des Herrn Paul Meckel 
aus Elberfeld. Die Führung des Bal¬ 
lons «Pommern» wurde von seinen 
Besitzern — Freiherrn v. Hewald 
und Hauptmann Hildebrandt — Herrn 
Oskar Erbslöh übertragen, der auch 
schon vorher als Gehilfe für den Bal¬ 
lon «Pommern» vorgesehen war. 

Die Auffahrt war ursprünglich 
auf den 19. Oktober angesetzt worden, 


0. Erbslöh. 


dann aber auf den 21. verlegt, weil 



die Gasanstalt in St. Louis erklärte, 
nur an einem Sonntag die Gaso¬ 
meter völlig entleeren zu können, 
um sie mit besonders leichtem 
Gas für die Ballons wieder zu 
füllen. 

In dem im Norden von St. 
Louis gelegenen Forest Park waren 
die Röhren zur Füllung ausgelegt. 
Der eigentliche Startplatz war noch 
besonders eingezäunt und mit einem 
6 Fuß breiten Gang umgeben, in 
dem Militärpatrouillen das Ein¬ 
dringen des außerhalb stehenden 
Publikums verhinderten. Dicht 
neben der Füllstelle war eine große 
Tribüne errichtet worden, welche 


v. Aberoron. 


für die Mitglieder des Aeroklubs 


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und der Bussines Men League of St. Louis und deren Gäste bestimmt war. 
Seitlich des Füllplatzes, etwas außerhalb, war eine zweite Tribüne errichtet, 
für die die Sitzplätze von jedermann käuflich zu haben waren. Ganz außer¬ 
halb der Gesamtabsperrung hatten unternehmende Leute noch weitere kleine 
Tribünen errichtet. Das Gas wurde durch eine 12-zöllige Hauptleitung und 
6-zöllige Seitenröhren unter einem Druck von über 0,35 Atmosphären, mit 
einer Dichte von 0,39 in die Ballons geführt. Die Füllung wurde gegen 
10 Uhr morgens begonnen und erfolgte mit solcher Geschwindigkeit, daß 
die Ballons bereits nach einer halben Stunde etwa zur Hälfte gefüllt waren. 
Es wurde deshalb die Füllung unterbrochen und gegen 2 Uhr erst wieder 
aufgenommen. Es ist dies nicht 
ganz vorteilhaft, wenn man die 
Füllung von Ballons unterbricht, 
weil natürlich die Qualität des Gases 
durch DifTussion mit Luft in meh¬ 
reren Stunden leidet. Man hätte 
unbedingt vorher die Probefüllung 
eines Ballons ausführen müssen, 
um solche Zwischenfälle zu ver¬ 
meiden. Im übrigen war aber die 
Qualität des Gases so vorzüglich, 
daß diese Pause bei der Füllung nicht 
viel geschadet hat; allerdings ist es 
nicht zu leugnen, daß die Situation 
bei eintretendem Wind sehr unan¬ 
genehm hätte werden können. Die 
Ballons standen so dicht nebenein¬ 
ander, d aß sie sich auch bei d em leich- 
testen Windhauch schon berührten. 

Es würde sicherlich Unzuträglich¬ 
keiten gegeben haben, wenn sich 
gegen Mittag in der Pause plötzlich 
Wind erhoben hätte. Im übrigen 
waren die Vorbereitungen so ausgezeichnet getroffen, daß man die Veranstaltung 
als solche im ganzen nur loben kann. Zu erwähnen ist allerdings noch, 
daß die am Morgen zum Auslegen ihrer Ballons schon frühzeitig eintreffenden 
Luftschiffer zunächst nicht auf den Füllplatz gelassen wurden, sondern erst 
nach längerem Parlamentieren von dem schnell herbeigeholten wachthabenden 
Offizier die Erlaubnis zum Betreten des Platzes erhielten. Man hatte ver¬ 
säumt, die Soldaten mit dem Aussehen der Einlaßkarten bekannt zu machen. 

Durch das Los wurde die Reihenfolge der Aufstiege wie folgt bestimmt: 

1. Deutschland, Ballon «Pommern», 2200 cbm, gummierter Baumwoll¬ 
stoff von Riedinger ; Führer Oskar Erbslöh, Gehilfe Helm Clayton vom Blue 
Hill Observatorium bei Boston. 



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2. England, Führer S. Rolls; erschien nicht am Start. 

3. Amerika, Ballon «United States», 2150 cbm, gefirnißter Baumwoll¬ 
stoff von Mailet; Führer Major Henri Hersey, Gehilfe Arthur T. Athersholt. 

4. Frankreich, Ballon «L’Isle de France», 2400 cbm, gefirnißte Baum¬ 
wolle von Surcouf; Führer Alfred Leblanc, Gehilfe F. W. Mix. 

5. Deutschland, Ballon «Düsseldorf», 2200 cbm, gefirnißte Baumwolle 
von Mailet; Führer Hauptmann von Abercron, Gehilfe Hans Hiedemann. 

6. England, Ballon «Lotus II», 2150 cbm, gefirnißte Baumwolle von 
Carton-Lachambre; Führer Griffith Brewer, Gehilfe Leutnant Claud Brabazon. 



Gordon-Bennett-Prels. 

7. Amerika, Ballon «Amerika», 2200 cbm, gefirnißte Baumwolle von 
Stevens; Führer J. C. McCoy, Gehilfe Kapitän Charles Chandler. 

8. Frankreich, Ballon «Anjou», 2250 cbm, gefirnißte Baumwolle von 
Mailet; Führer Rene Gasnier, Gehilfe Charles Lenee. 

9. Deutschland, Ballon «Abercron», 1437 cbm, gummierte Baumwolle 
von Riedinger; Führer Paul Meckel, Gehilfe Dr. Rudolf Denig. 

10. England, Professor Huntington ist nicht am Start erschienen. 

11. Amerika, Ballon «St. Louis», 2200 cbm, gefirnißte Baumwolle von 
Mailet; Führer Alan R. Hawley, Gehilfe Augustus Post. 

Die Sportkommission bestand aus den Herren Cortlandt Field Bishop, 
Präsident des Aero Club von Amerika; Frank S. Lahm, Mitglied des Aero 


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Club von Amerika und Vertreter des A6ro-Club de France; L. D. Dozier, 
Präsident des Aero Club von St. Louis; Charles Jerome Edwards, Schatz¬ 
meister des Aerö Club von Amerika. 

Starter war Charles J. Glidden, 

Mitglied des Aero Club von Amerika. 

Sämtliche Ballons erhielten plom¬ 
bierte Registrierbarometer, welche 
durch die Firma Richard freres in 
Paris zur Verfügung gestellt waren. 

Der Start begann Punkt 4 Uhr, 
um 4 41 war der 9. Ballon abgelassen. 

Die Windgeschwindigkeit betrug bei 
der Abfahrt 12 Meilen die Stunde = 

6 m p. Sek. Die Windrichtung ging 
nach Nordwest bzw. nach West. Der 
Wetterlage entsprechend, war aber 
für den nächsten Tag Wind aus 
Westen zu erwarten, wie man auch 
schon an den in etwa 2000 m zieh¬ 
enden Wolken vorher beobachten 
konnte. 

Die deutschen Ballons trugen 
diesem Umstand auf Rat von Pro¬ 
fessor Rotch und Hauptmann Hilde¬ 
brandt von vornherein Rechnung und ließen sich so leicht abwiegen, daß 
sie schnell in größere Höhen und damit bald 
in die mehr ostwärts gerichtete Luftströmung 
gelangten. 

Das Abwiegen war im übrigen nicht 
so ganz erstklassig. Bei der am Boden herr¬ 
schenden fast völligen Windstille hätte es 
nicht Vorkommen dürfen, daß zwei der ameri¬ 
kanischen Ballons nach der Abfahrt noch ein¬ 
mal den Boden berührten. Auch der englische 
Ballon mußte sofort nach dem Loslassen noch 
schnell einen Sack Ballast opfern, um nicht 
mit den Zuschauertribünen in Berührung zu 
kommen. In dieser Kritik soll für die Be¬ 
teiligten kein Vorwurf liegen. Das Abwiegen 
der Ballons ist nicht immer leicht und es 
gehört eine besonders große Übung dazu, die 
eben die Amerikaner bei der geringen Anzahl 
ihrer Auffahrten noch nicht haben können. Es 
kam dies einige Tage vorher zum Ausdruck, als Hiedemann und Erbslöh vom 




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»»»» 466 €44« * 

Hofe der im Süden gelegenen Gasanstalt eine Orientierungsfahrt unter¬ 
nahmen. Infolge schlechten Abwiegens kollidierte der Ballon auf ein Haar 
mit einem Schornstein der Gasanstalt und geriet in Telephondrähte, so daß 
beinahe ein Unglück passiert wäre. Nur der Geistesgegenwart von Hiede- 
mann, der schnell eine größere Menge Ballast opferte, war es zu danken, 
daß die Sache gut abgelaufen ist. 

Noch bevor der letzte Ballon aufgestiegen war, konnte man deutlich 
bemerken, daß Ballon «Pommern» bereits mehr östliche Richtung einge¬ 
schlagen hatte. 

Wie in Deutschland bei den Wettfahrten in Berlin, Mannheim, Düssel¬ 
dorf den Führern von seiten des «Berliner Lokalanzeigers» Depeschen zum 
Ausfüllen und Herabwerfen mitgegeben worden waren, hatte die Zeitung 
«Westliche Post» von St. Louis allen Ballons eine große Anzahl von For- 

„L’Anjou“ Phot. Dr. Schleiffahrt-St. Louis. 

„L’Isle de France“ „Lotus II“ „St. Louis“ „Abercron“ 



Füllung der Ballone. „Pommern“ 

mularen zum Herabwerfen mitgegeben. Die Führer haben dieselben fleißig 
benutzt und man war während der zweitägigen Fahrt annähernd über den 
Standpunkt der Ballons orientiert. Zu bemerken ist hier, daß die ameri¬ 
kanischen Reporter eine große Anzahl von Depeschen fingiert hatten, die 
zum Teil einen recht merkwürdigen Text besaßen. Besonders die deutschen 
Ballons hatten sich solcher Aufmerksamkeiten zu erfreuen. 

Nach der Auffahrt bildete der vermeintliche Ausgang der Fahrt in 
vielen amerikanischen Städten trotz der gerade zu jener Zeit eintretenden 
Bankkrachs das Tagesgespräch. In St. Louis z. B. wurden hohe Wetten 
auf Sieg abgeschlossen, und es ist besonders zu bemerken, daß nächst den 
Amerikanern den deutschen Ballonführern der Sieg zugesprochen wurde. 



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f I)ÜKNcl«lorf“ 



Die offiziellen Ergebnisse der Fahrt sind folgende: 
«Pommern» bei Asbury Park N. J. (nur 25 Meilen 


von New York eity). 

. . . 876*/« 

Meilen, 

«L’Isle de France» bei Herbertsville N. J. , 

. . . 870»/« 

)) 

«Düsseldorf» bei Dover, Delavare .... 

... 780 

)> 

«Amerika» bei Patuxent, Maryland . . . 

. . . 735V« 

5» 

«St. Louis» bei Westminster, Maryland . 

. . . 710 

}} 

«Abercron» bei Manassas, Virginia , . . 

... 700 

5J 

«Anjou» bei Mineral, Virginia. 

... 680 

5} 

«United States» bei Caledonia, Ontario . 

. . . 375 

JJ 


Letzterer landete so früh wegen Unwohlseins des Mr. Brabancon. 



Wetterkarte vom 21. Oktober 1907 morgens. 

Demgemäß ist der Gordon-Bennett-Preis nach Deutschland gefallen. 
An weiteren Preisen gelangten zur Verteilung: 

Dem Sieger 2500 Dollar und l i 4 der Nennungsgelder. Leblanc gewinnt 
die von Adolphus Post, dem größten Brauereibesitzer Amerikas, gestifteten 
1000 Dollar sowie 1 k der Nennungsgelder. Hauptmann von Abercron bekommt 
750 Dollar, welche von den St. Louis Straßenbahngesellschaften gestiftet 
waren, sowie Ve Nennungsgelder. McCoy erhält 500 Dollar von B. Nugent & Bro.; 
Hawley 500 Dollar von der «Westlichen Post und St. Louis Times». 


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Die deutschen Ballonführer können auf die Ergebnisse der Wettfahrt 
stolz sein, da sie es durchweg mit sehr hervorragenden Gegnern zu tun 
gehabt haben. Allerdings kann es nicht bestritten werden, daß dieses Mal 
der Sieg Glückssache gewesen ist. Derjenige Ballon, welcher den nördlichsten 
Kurs gehabt hatte, mußte in diesem Falle nach der Gestaltung der 
amerikanischen Küste am Atlantischen Ozean auch die weiteste Strecke 
zurückgelegt haben. Es muß noch bemerkt werden, daß die amerikanischen 
Zeitungen behaupteten, der Franzose Leblanc habe wenigstens den Welt¬ 
rekord inbezug auf Fahrtdauer erreicht. Es wurde damals und wird auch 
heute noch von den amerikanischen Zeitungen verschwiegen, daß Deutsch¬ 
land den Zeitrekord von 52 V* 
Stunden hält, welchen die 
Gebrüder Wegner im April 
v. Js. aufgestellt haben. An 
diese Zeit reicht die Fahrt¬ 
dauer von Leblanc auch nicht 
im entferntesten heran. 

Eigentümlicherweise war 
man in Amerika überall der 
Ansicht, daß der deutsche 
Kaiser vorher seinen Willen 
ausgedrückt hätte, die Deut¬ 
schen sollten unbedingt den 
Sieg heimbringen. Man 
glaubte sogar, daß die Re¬ 
gierung die besten deutschen 
LuftschifTer ausgesucht und 
sie auf Regierungskosten nach 
Amerika gesandt habe. Wie 
dies Gerücht entstanden ist, 
vermag man nicht zu sagen. 
Jedenfalls beweist es wieder, 
daß man überall im Auslande 
die Erfolge der deutschen Luft- 
„Pommern“ kurz vor dom Aof.tio«. „L’Anjou“ sc hiffahrt mit unserem Kaiser, 

dem werktätigsten Förderer wissenschaftlicher und sportlicher Aeronautik, 
in Verbindung bringt. Dieser Rückhalt ist für die Luftschiffer im Auslande, 
wohin sie auch kommen, von der größten Bedeutung. Die Hochachtung der 
Amerikaner vor dem deutschen Kaiser kam ganz spontan zum Ausdruck 
bei dem Bankett, welches die deutschen LuftschifTer im Deutschen Verein 
zu New York am 1. September gegeben haben. Unter dem lebhaftesten Bei¬ 
fall seiner Landsleute schlug der bekannte amerikanische Meteorologe, 
Professor Rotch, ein Huldigungstelegramm an den Kaiser vor, das auch 
sofort zur Absendung gelangt ist. 


Phot. Dr. Sehleiflfarth-St. Louis. 
„Pommern“ 

„L’Islc de France“ „Lotus TI“ 


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Der Aeroklub von Amerika hatte noch einen Preis von Mr. Lahm, dem 
Vater des vorjährigen Siegers im Gordon-Bennett-Wettfliegen, erhalten, 
welcher demjenigen zuteil werden sollte, der den vorjährigen Rekord 



von Leutnant Frank P. Lahm bei einer Ballonfahrt in Amerika schlagen 
und demnach mehr als 648 km zurücklegen würde. Nach den Bestimmungen, 
die vorher über das Ausfahren dieses Preises 
gegeben waren, hätten die Ballons, welche am 
Gordon-Bennett-Fliegen teilnehmen, den Becher 
bestreiten dürfen. In letzter Stunde hatten die 
Amerikaner aber beschlossen, daß das Wett¬ 
fliegen um den Gordon-Bennett-Preis bei der Be¬ 
streitung des Lahm-Preises nicht in Betracht 
kommen solle. 

Für den 22. Oktober hatte man in St. 

Louis ein Wettfliegen von lenkbaren Luftschiffen, 
für den 23. von Flugmaschinen angesetzt. Für 
jedes dieser Konkurrenzen waren Preise von 
2500 Dollar ausgesetzt. Für die lenkbaren Bal¬ 
lons waren 9 Nennungen, für die Flugmaschinen 
7 Nennungen ergangen. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 



„Ich bin neugierig, wo sie jetzt 
stecken.“ 

60 


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An lenkbaren Ballons waren genannt: 

1. Capt. Thomas S. Baldwin New York, N.-Y.; «California Arrow»; 
Capt. Thomas S. Baldwin, Führer. 

2. Capt. Thomas S. Baldwin, New York, N.-Y.; «Double Propeller»; 
G. H. Curtis, Führer. 

3. Chas. J. Strobel, Toledo, 0.; «Beachey Airship»; Lincoln Beachy, 
Führer. 

4. Chas. J. Strobel, Toledo, 0.; «Strobel Airship»; Capt. Jack Dallas, 
Führer. 

5. Horace B. Wild, Chicago III; «Airship Eagle»; Horace B. Wild, 
Führer. 

6. E. Jorgensen, Chicago III; «Jorgensen Airship»; E. Jorgensen, Führer. 

7. Cromwell Dixon, Columbus, 0.; «Dixon Airship»; Cromwell Dixon, 
Führer, 

8. Cromwell Dixon, Columbus, 0.; «Sky Bicycle»; Cromwell Dixon, 
Führer. 

9. J. Berry, St. Louis, Mo.; «Airship Amerika»; J. Berry, Führer. 

Für Flugmaschinen hatten genannt: 

1. H. H. Wixon, Chicago III; «Wixon Aeroplane»; H. H. Wixon, 
Führer. 

2. Israel Ludlow, Jamestown Exposition, Norfolk; «Ludlow Aeroplane»; 
Israel Ludlow, Führer. 

3. H. C. Gammeter, Cleveland, 0.; «Gammeter Orthopter»; H. C. Gam- 
meter, Führer. 

4. George Francis Myers, Columbus, 0.; «Orthopter»; George Francis 
Myers, Führer. 

5. J. W. Roshon, Harrisburg, Pa.; «Flying Machine»; J. W. Roshon, 
Führer. 

6. S. Hemstreet Chattanooga, Tenn.; «Flying Machine Jessie», S. Hem- 
street, Führer. 

7. Vacu-Aerial Navigation and Manufacturing Co. ; Milwaukee, Wsis.; 
«Orthopter, Milwaukee Nr. 1»; Dr, R. Silverton, Führer. 

Von den Flugmaschinen war nur eine am Start erschienen. Es war 
ein großer, kastenförmiger Flieger in der Form von Hargrave-Drachen. 

Das Operationsfeld für Flugmaschinen war bei weitem zu klein, und 
beim ersten Versuch, den Drachenflieger mittels Automobils in die Luft zu be¬ 
kommen, scheiterte der Aufstieg, weil nach knapp 50 m das Automobil 
schon halten mußte. Man konnte eben nur sehen, daß es möglich war, den 
großen Flugapparat wie einen Drachen gegen den Wind hoch zu bekommen. 
Der Besitzer des vorgeführten Fliegers, Ludlow aus Norfolk, konnte nicht 
tätig eingreifen, weil er gerade vor kurzem bei seinem Flugversuche ab¬ 
gestürzt war und sich eine Verletzung des Rückgrates zugezogen hatte. Er 
wurde als vorübergehend gelähmter Mann in einem Rollstuhl auf dem Platz 
herumgefahren. 


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Der erste Tag begann mit einem Aufstieg des 15jährigen Cromwell 
Dixon, der bereits mit seinem Fahrradballon über 200 Vorführungen gemacht 
haben soll. Der Wind wehte zeitweise mit einer Geschwindigkeit bis zu 
5 m. Der etwa 200 cbm fassende 
Ballon wurde von seinem Erfinder 
unter Assistenz eines Soldaten des 
Signalkorps abgewogen und in die 
Luft gebracht. Mittels Fahrrad¬ 
pedalen brachte der Führer eine 
Propellerschraube lediglich durch 
die Kraft seiner Füße in Bewegung. 

Es gelang ihm tatsächlich, beim 
Hochkommen jedesmal einige Se¬ 
kunden dem Winde standzuhalten, 
aber immer wieder schien seine 
Kraft etwas zu erlahmen und der 
Ballon wurde abgetrieben. Die 
ersten Male fingen ihn die Soldaten 
an den herabhängenden Haltetauen 
ein und der Versuch wurde er¬ 
neuert. Schließlich ging der sehr 
energische Knabe leicht abgewogen 
in die Luft und wurde unter dem 
tosenden Beifall der Menge mit dem 
Winde abgetrieben. Er führte noch 
einige Wendungen mit Hilfe seines Steuers glatt aus und ist nachher jen¬ 
seits der Stadt tadellos gelandet. Für Vorführungen bei windstillem Wetter 
ist sein Ballon ganz 
gut zu gebrauchen, 
doch sei daran er¬ 
innert, daß diese Idee 
in Deutschland von 
Kätchen Paulus be¬ 
reits vor vielen Jah¬ 
ren praktisch durch¬ 
geführt worden ist. 

Demnächst fuhr 
Thomas S. Baldwin 
mit dem «California 
Arrow» auf. Das Re¬ 
sultat war ganz über- Cromwell Dixon’s Fahrradlenkballon. 

raschend. Der Ballon führte tadellose Evolutionen aus, fuhr ins Feld hinein, 
kehrte an seine Aufstiegstelle zurück, umfuhr die Zuschauertribünen usw., 
kurz, er hatte sein Fahrzeug vollkommen in der Hand. 




Lahm-Preis. 


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Am folgenden Tage erschienen 6 Lenkballons am Start. Die Ballons, 
welche fast alle den Typ der kleinen Luftschiffe von Santos Dumont zeigten und 
mit zwei- bzw. vierflügeligen Propellerschrauben versehen waren, wurden 
durch Motoren von etwa 10—16 PS. getrieben. Zum Teil sah ja ihre Aus¬ 
führung recht mangel¬ 
haft aus; besonders bei 
einem fiel es auf, daß 
das Netz, welches erst 
in letzter Minute von 
wenig sachverständigen 
Menschen zusammenge¬ 
knüpft war, sehr man¬ 
gelhaft war. Doch das 
Resultat des Wettflie- 
gens war ein ganz über¬ 
raschendes. Es war die 
Lufttohifr Jack Daiiat. Aufgabe gestellt, um 

einen Fesselballon herumzufahren, welcher sich 3 /4 englische Meilen (ca. 
1200 m) vom Startplatz entfernt befand. Jeder Führer durfte dreimal starten. 
Die beste Zeit wurde ihm offiziell angerechnet. Nur ein Führer mußte die 
Konkurrenz aufgeben, weil er gleich beim ersten Male allmählich in immer 
größere Höhen und damit in stärkeren Wind geriet, gegen den er nicht 
mehr anzukämpfen vermochte. Er wurde nach Süden abgetrieben. Die 
Windstärke betrug an diesem Tage 6 m pro Sekunde. Auf dem Platze war 
ebenfalls ein Fesselballon hoch gelassen, an dem man die Windrichtung er¬ 
kennen und dieWind- 




LuftsohlfT Lincoln Beaohy. 


stärke zu schätzen 
vermochte. Außer¬ 
dem hatte Professor 
Rotch eine meteoro¬ 
logische Station un¬ 
mittelbar neben dem 
Platz eingerichtet. 
Sieger blieb Lincoln 
Beachy, welcher die 
l 1 ^ Meilen in 4 Mi¬ 
nuten und 40 Se¬ 
kunden zurücklegte, 
demnach eine Eigen¬ 
geschwindigkeit von 


8,6 m in der Sekunde erreicht hat. Zweiter war Capt. Jack Dallas mit 


6 Min. 10 Sek., dritter Thom. Baldwin mit 7 Min. 5 Sek. 


Dieses Ergebnis kam den meisten ganz überraschend. Selbst der 


Aeroklub hatte nicht an solche Erfolge gedacht; er hatte in der Befürchtung 


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eines großen Fiaskos diese Konkurrenzen auf die Zeit nach dem Gordon- 
Bennett-Wettfliegen gelegt, damit die Ausländer nicht Zeugen sein sollten, 
wenn die Fliegenden verunglückten. 

Die Fahrzeuge hielten sich alle in einer Größe von etwa 200 cbm 
und waren von äußerst einfacher Konstruktion. Für Sportsfahrzeuge, an 
die man in bezug auf längere Fahrtdauer keine größeren Ansprüche stellt, 
scheinen sie ausgezeichnet geeignet. Allerdings ist nicht zu glauben, daß 
diese kleinen Fahrzeuge sonst einen großen Wert etwa für militärische 
Zwecke haben könnten. Da jedoch der Preis ein außerordentlich geringer 
ist — es wurden für den Siegerballon 1000 Dollar gefordert —, so sind sie 
doch sehr dazu geeignet, den Luftsport in neue Bahnen zu lenken und das 
Interesse noch weiter zu wecken. Hildebrandt, Schleiffahrt. 

Die Fahrt des „Pommern". 

Noch zu keiner Ballonfahrt waren mir so viele gute Wünsche mit auf den Weg 
gegeben worden, noch zu keiner hatte ich so viele Vorbereitungen zu treffen, wie zu 
der Ballonwettfahrt um den Gordon-Bennett-Pokal 1907. — Gleich, nachdem die Wett¬ 
fahrt von Paris aus im September 1906, aus der Leutnant Lahm die Trophäe nach 
Amerika entführte, vorüber war, wurde in mir der Wunsch rege, an der diesjährigen 
Ballon Wettfahrt teilzunehmen, und ich danke dem Deutschen Luftschiffer-Verband, der 
mich zu einem seiner Vertreter ausersehen hat, und dem Freiherrn von Hewald, der mir 
seinen großen Ballon «Pommern» zur Verfügung stellte, dafür, daß sie mir ermöglicht 
haben, aus dem diesjährigen Wettbewerb als Sieger hervorzugehen. 

Die überaus freundliche Aufnahme, die wir deutschen Luftschiffer überall in 
Amerika fanden, erfüllte uns mit einem Gefühl der Sicherheit und einer Siegesgewißheit, 
denn wir wußten, daß nicht nur die Deutschen im alten Vaterlande, sondern auch viele 
deutschfreundliche Amerikaner sich über einen deutschen Sieg freuen würden. 

Die Vorbereitungen, die der Aeroklub von Amerika und der Aeroklub von St. Louis 
für den Aufstieg getroffen hatten, waren über jede Kritik erhaben. Am Abend des 
19. Oktober versammelte das Komitee alle Beteiligten zu einem großen Festbankett im 
Jefferson-Hotel, wo zwischen Blumen- und Luftballon-Dekorationen die besten Speisen 
und Getränke dargereicht wurden. Es fehlte auch nicht an wohlgesetzten Reden, die 
von den berufenen Vertretern der Nationen, Klubs und Komitees gehalten wurden. 

Der 21. Oktober fand alle Teilnehmer trefflich gerüstet. Da die Aussicht vor¬ 
handen war, daß die Windrichtung die Ballons über die großen Seen führte, so war in 
den letzten Tagen eine fieberhafte Tätigkeit entfaltet worden, um die Ballonkörbe mit 
Korkplatten auszuschlagen, damit für den Fall, daß der Ballon ins Wasser fiele, der 
Korb die Insassen und Instrumente schwimmend tragen könnte. Auch an anderen Vor¬ 
bereitungen fehlte es nicht; so waren außer Schwimmgürteln Axt und Säge vorgesehen 
um im Falle einer Landung im Urwalde den Ballon und die Aeronauten aus dem Dickicht 
herauszuhauen. 

So fanden sich am betreffenden Montag in der Frühe die Ballonführer bei ihren 
Ballons ein, die auf dem großen Füllplatze am Forest Park in St. Louis ausgebreitet 
und mit großer Sorgfalt in ihren einzelnen Teilen zusammengesetzt wurden. Es war ein 
eigenartiger Anblick, die Ballonriesen, die bald einen harten Strauß mit einander zu be¬ 
stehen haben sollten, so friedlich neben einander liegen zu sehen, den deutschen neben 
dem französischen und den amerikanischen neben dem englischen. 

Um 10 Uhr begann die Füllung der Ballons. Dank der Hilfe der Soldaten des 
Lt. Col. Evans, der auf Veranlassung des Präsidenten Roosevelt mit 400 Mann auf dem 


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Platze erschienen war, ging die Füllung ganz programmäßig vonstatten, sodaß um 11 Uhr, 
als die Ballons halb gefüllt waren, das Gas wieder abgedreht werden konnte. Die Mittags¬ 
pause, die nun bis 2 Uhr gemacht wurde, benutzten wir Luftschiffer dazu, um unseren 
Proviant für die Reise fertig zu stellen und uns noch einmal mit warmen Speisen zu 
stärken. Unser Frühstückskorb wurde gefüllt mit einigen Butterbroten, Eiern, Kotelettes, 
etwas kaltem Geflügel, Brot, Wurst und Schokolade. Drei halbe Flaschen Burgunderwein 
sollten uns in der Nacht wärmen, für den Morgen hatten wir warmen Kaffee in Thermos¬ 
flaschen und während des Tages wollten wir kalten Tee und Cider trinken. Während 
des Frühstücks, das wir im Jefferson-Hotel einnahmen, besprach die deutsche Mannschaft 
mit Professor A. L. Rotch, dem Direktor und Gründer des Blue Hill-Observatoriums bei 
Boston, der seit vielen Jahren in enger Beziehung zu den deutschen Luftschifferkreisen 
steht, die Wetterlage. 

Obschon an den vorhergehenden Tagen schlechtes Wetter vorausgesagt worden 
war, hatten wir prachtvollen Sonnenschein und ganz klaren Himmel. Der Wind kam 
von Südosten, es wurde jedoch festgestellt, daß die vorherrschende Windströmung in 
den obern Schichten von Südwesten zu erwarten sei. Einige Sachverständige wollten 
sogar wissen, daß man vermutlich zwischen dem Lake Huron und dem Lake Erie durch¬ 
fahren würde. Wohl vorbereitet begab ich mich um 2 Uhr mit meinem Begleiter 
H. H. Clayton, dem Assistenten des Professors Rotch, nach meinem Ballon und bald 
wurde die Füllung fortgesetzt und vollendet. Nun standen neun Ballons im Sonnen¬ 
scheine nebeneinander, und mein Ballon „Pommern“ unterschied sich besonders durch 
seine kugelrunde Form und seine zitronengelbe Farbe von den anderen, die in allen 
Farben von gelb bis dunkelbraun abgetönt waren und zum Teil eine mehr birnenförmige 
Hülle hatten. 

Das ganze Bild bot einen wunderschönen Anblick, nicht zum wenigsten durch 
den Flor von eleganten Damen, welche die für den Aeroklub und die hervorragenden 
Gäste und Bürger von St. Louis reservierte Tribüne schmückten. Aber auch die Tribüne 
auf der andern Seite des Aufstiegplatzes, welche dem Publikum gegen Bezahlung des 
Eintrittsgeldes zugänglich war, bot ein buntes Bild, und in den angrenzenden Straßen 
drängten sich die Menschen zu Tausenden. 

Das Los hatte entschieden, daß ich als erster abfahren sollte, was mir gar nicht 
angenehm war, denn ich hätte lieber zwei bis drei Ballons vor mir gehabt, an denen 
ich die Windstärke in den verschiedenen Höhenlagen hätte erkennen können. Um punkt 
4 Uhr gab mir die Sportkommission das Zeichen zur Abfahrt und mit 41 Sack Ballast 
stiegen wir, unter den Klängen des Liedes „Deutschland, Deutschland über Allesvon 
dem „Glück ab!“ unserer Freunde und den Hurrahrufen der Menge begleitet, ziemlich 
schnell in die Lüfte. Mit einem Abstand von 5 Minuten folgten die Ballons einander 
ganz programmäßig, und als wir den Aufstiegort verließen, hatten wir das Gefühl, daß 
alles aufs beste organisiert gewesen war. 

Was mich mit großer Zuversicht und Befriedigung erfüllte, war der Umstand, daß 
ich aus der mitgenommenen Ballastmenge auf die gute Tragkraft des Gases schließen 
konnte, und ich war mit meinem Begleiter der Ansicht, daß wir wohl eine Rekordfahrt 
machen würden. Es galt nun zuerst, sich darüber klar zu werden, in welcher Richtung 
wir fahren müßten, um eine genügend große Strecke überfliegen zu können, denn nur 
darauf kam es an, und derjenige würde Sieger, dessen Landungsplatz am weitesten von 
St. Louis entfernt sein würde. 

Wir waren in nordwestlicher Richtung davongefahren und sahen noch 4 andere 
Ballons nach uns aufsteigen. Wir stiegen aber schneller als die anderen, so daß wir 
bald über eine Dunstschicht kamen, in der die anderen Ballons aus unseren Augen 
verschwanden. Wir wußten, daß wir in größerer Höhe eine Windströmung von Süd¬ 
westen oder Westen finden würden, und beschlossen, so lange mit unserem Ballon zu 
steigen, bis wir diese Strömung erreicht haben würden, denn wir wollten einen Zeit¬ 
verlust durch unnötiges Zurückfliegen nach Nordvvesten vermeiden. In einer Höhe von 


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1500 Metern kamen wir in die gewünschte Richtung und beschlossen, in dieser Höhe 
die Nacht hindurch zu bleiben. Um */*6 war die Sonne mit wunderbarer Farbenpracht» 
die man aus dem Ballon mit erhöhtem Reize genießen kann, untergegangen, und eine 
halbe Stunde später ging der Mond auf, der mit seinem silbernen Licht die Fluren, die 
wir überflogen, hell beschien. 

Es war für uns von großem Nutzen und eine große Annehmlichkeit, daß gerade 
Vollmond war, denn es wäre eine zu große Strapaze gewesen, zwei Nächte von je 
12 Stunden in vollständiger Dunkelheit zu verbringen, und ohne die Gegend im geringsten 
erkennen zu können. So war uns gut geholfen, denn außer dem Mondlicht hatten wir 
noch eine große elektrische Scheinwerferlampe mit zwei Batterien von je 12 Stunden 
Brenndauer, die uns ein genaues Studieren der Landkarten ermöglichte. Mit Karten 
waren wir gut ausgerüstet, ein großes Paket von etwa 30 Pfund Gewicht enthielt alles 
was wir brauchten, doch leider sind die Karten in Amerika nicht so gut, wie ich sie von 
Deutschland her gewöhnt bin, und die Orientierung ist daher sehr schwer. 

Wir verfolgten unsere Flugbahn so gut es ging und rechneten darauf, daß wir 
nach Massachusetts oder Connecticut kommen würden, wenn wir die inzwischen ein¬ 
geschlagene Richtung nach Nordosten beibehielten. Von St. Louis aus hatten wir zuerst 
einen Halbkreis nach Westen beschrieben, und als wir über Alton waren, nahmen wir 
den richtigen Kurs auf. Wir mußten gut aufpassen, um nicht vom Kurse abzuweichen, 
der uns über Hamilton in 23 Stunden nach Washington, Ohio, führte. Da wir unserer 
Sache nicht ganz sicher waren, so gingen wir bis ans Schlepptau herunter und erfuhren 
durch Zuruf von den Bauern den Namen des letzteren Ortes. Das war das einzige Mal, 
daß wir auf unsere Frage: «Wie heißt die nächste Stadt?“ die richtige Antwort bekamen; 
meistens erhielten wir anstatt der Antwort die Gegenfragen: «Wo kommt Ihr her?“ und 
wenn wir dann geantwortet hatten und nochmals fragten, waren wir schon so weit weg, 
daß wir nichts mehr hören konnten. 

Bis zu einer Höhe von 500 Metern kann man sich gut durch Zuruf verständigen, 
besonders wenn man, wie wir, von oben durch ein Sprachrohr ruft. Nachdem wir bis 
dahin über ziemlich eintönige Gegenden gefahren waren, in denen eine Farm an die 
andere grenzt, überflogen wir am Nachmittag eine Hügelkette und eine bunte Landschaft 
von Städten, Dörfern, Flüssen und Wäldern. Von ganz besonderem Reiz war die Farben¬ 
pracht, die durch die herbstliche Färbung der Wälder hervorgebracht wurde, und die 
ich in Europa nie so herrlich gesehen habe. Viel zu früh neigte sich der Tag seinem 
Ende zu, und als wir um 7 Uhr abends über Pittsburg kamen, war es schon völlig dunkel. 
Aber gerade in der Dunkelheit wirkte die große Industriestadt mächtig auf uns. Ein 
kolossales Lichtermeer breitete sich unter uns aus, und die Feuer der großen Schmelz¬ 
öfen blendeten unsere Augen. Der Lärm der Fabriken, der zu uns heraufdrang, bildete 
einen auffallenden Gegensatz zu der Stille, in der wir vorher stundenlang gefahren 
waren. Wir warfen hier, wie in alle Städten, die wir passiert hatten, Depeschen aus, 
die Zeit, Höhe und Namen enthielten und uns mitgegeben worden waren, um möglichst 
bald bekannt zu machen, welchen Kurs die Ballons genommen hatten. 

Wir hatten dadurch, daß wir von 1500 auf 2000 Meter gestiegen waren, unsern 
Kurs verbessert und flogen mehr nach Nordosten, und unsere Geschwindigkeit, die am 
ersten Tage 18 Meilen in der Stunde gewesen war, stieg auf 28 Meilen. Es hatte etwa 
12 Sack Ballast gekostet, den Ballon in die zweite Nacht hineinzubringen, und diese 
Operation gehört zu den schwierigsten einer langen Ballonfahrt, aber dank dern guten 
Gas und dem großen Ballastvorrat gelang es sehr gut, den Ballon hoch zu halten. 

Wir kreuzten nun während der Nacht das Alleghanygebirge in der Höhe von 
Altoona und hatten einen prachtvollen Blick auf die Bergrücken, Täler und Schluchten, 
die im glänzenden Mondlichte einen besonders reizvollen Anblick boten. Wir mußten 
natürlich große Aufmerksamkeit auf unseren Ballon verwenden, damit wir nicht zu tief 
kamen, um durch einen Bergrücken vom Winde abgeschnitten zu werden, und während 
dieses Lavierens verloren wir unsere Windrichtung und trieben südöstlich ab. Wir 


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wußten, daß wir, wenn wir diese Richtung beibehielten, an der Küste von New Jersey 
landen müßten, und ließen nun kein Mittel unversucht, um wenigstens den Staat New York 
zu erreichen. Wir hatten in der Nacht abwechselnd je eine Stunde geschlafen, aber der 
Trieb, möglichst weit zu kommen, ließ uns nicht länger ruhen. Als der dritte Tag an¬ 
brach, breitete sich eine ganz besonders liebliche Landschaft unter uns aus. Es war die 
Gegend von Philadelphia, wo sich ein reizender Landsitz an den andern reiht. Hier 
hörten wir auch die typische Musik, die das Morgengrauen begleitet, das Krähen von 
tausend Hähnen, das länger als eine Stunde dauert. So wie die Hähne den Morgen 
verkünden, so lassen es sich die Hunde nicht nehmen, durch anhaltendes Bellen den 
Anbruch der Nacht anzuzeigen, und jeder LuftschifTer kennt diese Begleiterscheinungen 
sehr wohl. 

In den Tälern von Philadelphia lag noch dichter Nebel, als wir in ziemlich nie¬ 
driger Höhe auf diese Stadt Zufuhren, und die Spitzen der Fabrikschornsteine schienen 
nur um einen Fuß aus dem Nebelschleier hervorzuragen. Grauer Rauch stieg aus den 
Schloten empor und vermischte sich mit dem weißen Nebel. Allmählich erwachte die 
große Stadt aus dem Schlaf, und ein Signal nach dem anderen zeigte den Beginn der 
Arbeitszeit in den Fabriken an. ln allen Tonarten schallten die Sirenen an unser Ohr, 
und bald verbreitete sich ein solcher Lärm, daß wir kaum unser eigenes Wort verstehen 
konnten. Im Osten ging die Sonne mit wunderbarem Glanze auf, und wir hatten die 
Absicht, den wärmenden Einfluß der Sonnenstrahlen auf das Gas in unserem Ballon ab¬ 
zuwarten, der uns in größere Höhen bringen sollte. Als wir aber in den höher gelegenen 
Teil der Stadt kamen, mußten wir doch Ballast geben, um nicht mit der Spitze eines 
Kirchturms, der die Stadt krönt, zusammenzustoßen, und nun machten wir den letzten 
Versuch, weiter nördlich zu kommen, indem wir den Ballon bis in eine Höhe von 
3200 Metern steigen ließen. Wir fanden aber nur eine ganz geringe Abweichung nach 
Nordosten, und nun mußten wir die Hoffnung, über die Stadt New York nach Connecticut 
hineinzukommen, ganz aufgeben und uns damit begnügen, möglichst nördlich an der 
Küste von New Jersey zu landen. Schon von weitem sahen wir den Atlantischen Ozean, 
und als wir etwa zehn Meilen davon entfernt waren, zog ich das Ventil, sodaß wir ganz 
allmählich nach Asbury Park zu heruntergingen. Ich versuchte, einen geeigneten Landungs¬ 
platz unmittelbar an der Küste ausfindig zu machen, da ich jedoch keinen solchen sehen 
konnte, so beschloß ich, in der Stadt auf einem unbebauten Platze zu landen. Auf dem 
zuerst von mir gewählten Platz konnten wir jedoch nicht herunterkommen, da ein Strang 
von elektrischen Lichtleitungsdrähten den Weg versperrte, und wir wären beinahe daran 
hängen geblieben. Durch Auswerfen von Ballast gelang es mir dann, den Korb, der 
schon die Drähte berührte, wieder loszumachen, wir gingen wieder hoch und landeten 
dann nach erneutem Ventilziehen glatt und unversehrt auf einer Straßenkreuzung, 
während der Ballon auf ein mit Buschwerk bestandenes Grundstück fiel. Mit der Reiß- 
balin hatte ich den Ballon aufgerissen, sodaß das Gas sofort entwich, und als wir aus 
unserem kleinen Korbe, der uns vierzig Stunden beherbergt hatte, herauskrochen, hatte 
sich schon eine große Menschenmenge um uns versammelt, die uns dicht umdrängte. Es 
war uns erst möglich, mit dem Verpacken des Materials zu beginnen, als ich mit Hilfe 
von zwei Schutzleuten durch Stricke den Platz abgesperrt hatte. Es war nun schwierig, 
den Ballon, dessen Netz sich in dem Buschwerk verstrickt hatte, zu bergen. Ich mußte 
zuerst den Ballon aus dem Netz herausschälen und ließ ihn durch eine Anzahl von 
Leuten, die mir hilfreiche Hand boten, auf einen anderen freien Platz bringen, wo er 
dann zusammengefaltet und verpackt wurde. 

Beim Nachsehen des Netzes stellte sich leider heraus, daß ein Souvenir-Jäger 
ein Stück herausgeschnitten hatte; auch eine Fahne wurde mir gestohlen, nachdem ich 
abgelehnt hatte, sie zu verkaufen, und nachdem ich eine an einen Landsmann ver¬ 
schenkt hatte. 

Das Netz wurde in ähnlicher Weise verpackt wie der Ballon und als nach etwa 
einer Stunde die Arbeit erledigt und alles sorgfältig auf einem Expreßwagen aufgeladen 


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war, wurden wir durch einige liebenswürdige Herren in einem Automobil nach dem 
nächsten Telegraphenbureau gefahren, wo wir unsere Telegramrtie aufgaben, und wo wir 
durch eine amtliche Persönlichkeit die Landung bescheinigen ließen. Eine Überraschung 
wurde uns zuteil, als sich eine Gesellschaft von angesehenen Bürgern der Stadt ein¬ 
gefunden hatte, und der Bürgermeister von Asbury Park auf den Tisch stieg, um uns in 
wohlgeformter Rede in der Stadt willkommen zu heißen. Wir wurden alsdann von den 
Vertretern der Stadt zu Tisch eingeladen und erfuhren durch eine telephonische Nach¬ 
richt, daß noch ein Ballon südlich von Asbury Park gelandet sei. Wir bestiegen deshalb 
wieder ein Automobil, um nach dem Landungsplatz des anderen Ballons zu suchen, was 
uns jedoch nicht gelang. Um indessen unsern Landungsplatz genau zu bezeichnen, 
fuhren wir wieder dorthin und ließen durch Augenzeugen der Landung einen Holzpflock 
in die Erde rammen, auf dem wir Tag und Stunde unserer Landung bezeichneten. 

Wenn wir auch nicht eine so große Entfernung zurückgelegt hatten, wie wir wohl 
gewünscht hätten, so konnten wir doch Asbury Park mit dem Gefühl verlassen, daß wir 
alles aufgeboten hatten, um den Sieg zu erringen, und als wir in New York eintrafen, 
erfuhren wir, daß wir mit einer Strecke von 876 3 / 4 Meilen den Gordon-Bennett-Pokal 
gewonnen hätten. Der Ballon «Pommern» wird in der aeronautischen Ausstellung vom 
24. Oktober bis 1. November gezeigt werden. 

Ich habe durch diese Luftreise den angenehmsten Eindruck von Nordamerika in 
bezug auf Ballonfahrten und Gastfreundschaft gewonnen und bedaure nur, daß das Land 
nicht noch größer ist, damit es mir gestattet hätte, meinen Ballon, der mit 12 Sack 
Ballast noch lange nicht am Ende seiner Kraft war, ganz auszufahren und damit den 
Weltrekord der Entfernungen zu brechen. Für die vielen Glückwünsche, die mir zu 
meinem Siege zuteil geworden sind, einzeln zu danken, ist mir leider nicht möglich, und 
ich möchte an dieser Stelle allen, die meiner gedacht haben, herzlichen Dank aussprechen. 

Oskar Erbslöh. 

Der Ballon „Düsseldorf“ bei der Gordon-Bennett-Fahrt 1907. 

Von Hauptmann v. Abercron. 

An Karten besitzen die Vereinigten Staaten nur die der Post, worauf lediglich 
Flüsse und Eisenbahnen zu erkennen sind; der Maßstab ist verschieden, das Format 
enorm. Mit den ergänzenden physikalischen Karten haben wir über einen halben Zentner 
Kartenmaterial mitgehabt. Für den Fall einer Landung im Urwald war für Axt und Säge 
gesorgt. Lebensmittel waren für etwa vier bis fünf Tage vorhanden, da wir leicht in 
unbewohnten Gegenden landen konnten. Die Hauptnahrung bestand in Obst und warmem 
Kaffee in Thermosflaschen, die sich durchaus bewährt haben. Außer etwas Wein hatten 
wir hauptsächlich Mineralwasser an Bord, da alle alkoholischen Getränke die Leistungs¬ 
fähigkeit außerordentlich herabmindern. 

Für Sauerstoffatmung in großen Höhen, warme Kleidung, Pelzstiefel und Ohren¬ 
klappen war gesorgt Außer elektrischen Taschenlampen zum Ablesen der Karten und 
Instrumente hatten wir einen Scheinwerfer, um uns kenntlich zu machen, wenn wir des 
Nachts auf den großen Seen herunterkämen. Eine Bekleidung der Seitenwände des 
Ballonkorbes sollte dessen Untersinken bei einer Landung im Wasser verhindern. Außer¬ 
dem führten wir noch Korkwesten mit. 

Für Zeit- und Höhenprüfung waren versiegelte Barographen, für die Kontrolle des 
Kurses Schreiben in großen roten Kuverts mitgegeben, die alle zwei Stunden aus dem 
Ballon geworfen werden sollten. Der Finder wurde um einige Angaben über den Ballon 
und um Rücksendung des Briefes an den Aero Club of America gebeten. Die Landungs¬ 
stelle mußte von einer Behörde bescheinigt werden. So war mit allen Mitteln für die 
Reellität der Konkurrenz gesorgt. 

Unter gütiger Assistenz des Hauptmanns Hildebrandt hatte ich von 7 Uhr morgens 
ab an der Fertigmachung des Ballons gearbeitet, obwohl ich wahrlich lieber ausgeschlafen 

lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrp. 61 


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hätte. Der Vorteil, im eigenen Lande mit gedrillten Hilfskräften aufzusteigen, fällt hier 
•schwer ins Gewicht. Um 4 Uhr 15 Minuten nachmittags vollzog sich unter den Klängen 
«Deutschland, Deutschland über alles», bei herrlichem Wetter und Wind von SSO, der 
Aufstieg. Die Meteorologen Professor Rotch und Hauptmann Hildebrandt hatten eine 
Schwenkung des Windes von SSO nach SW und W angekündigt und erklärt, daß dieser 
Windwechsel in höheren Regionen eher eintreten werde, als in den unteren. Ich ließ 
daher den Ballon möglichst leicht abwiegen, um ihn gleich in größere Höhen zu zwingen. 
Wir fuhren mit 31 Sack Ballast ä 25 kg ab. Der Sauerstoffapparat mit 4 Flaschen dürfte 
dem Gewicht von etwa 2 Sack Ballast entsprechen. 

Mein Begleiter Hans Hiedemann aus Köln bekam die Ausbalancierung unseres 
2250 cbm großen Ballons zugeteilt, ich übernahm die Orientierung. 

Nach den vielen Vorbereitungen waren wir endlich «hoch», und wir genossen in 
Vollen Zügen den eigenartigen Reiz, über einem fremden Erdteil nunmehr ruhig dahinzu¬ 
schweben. Wir waren auf alles vorbereitet, mochte kommen, was das wollte, und waren 
fest entschlossen, die großen amerikanischen Seen zu überfliegen. Zur Aufklärung sei 
erwähnt, daß diese Seen 300—600 km lang sind und in der größten Länge einer Ent¬ 
fernung von Düsseldorf bis Stettin entsprechen. Überdies liegen diese Binnenmeere noch 
dicht hintereinander. Die Anfangsgeschwindigkeit betrug 20 km. 

Über eine Stunde dauerte es, bis wir das über 30 km lange St. Louis hinter uns ließen. 
Berlin hat dreimal so viel Einwohner wie St. Louis, ist aber nicht so ausgedehnt. Nur 
die eigentliche City mit ihren Wolkenkratzern ist das Non plus ultra für Raumausnutzung. 

Die Orientierung für die ersten Stunden war leicht, da wir den Missouri und 
Mississippi kreuzten, diesen an der Mündung des Illinois. Von hiör ab ließ sich in der 
Nacht nur feststellen, daß der Ballon mehr nördlichen, demnächst Kurs gen NNO nahm. 
Wunderbar beleuchtete der Vollmond die ganze Nacht die überall kultivierte, ebene und 
ziemlich bevölkerte Landschaft. 

Am Abend und in der Nacht sahen wir öfters einige unserer konkurrierenden 
Ballons und versuchten durch Licht- und Sirenensignale Verständigung zu finden; da 
nicht geantwortet wurde, mußten wir annehmen, daß wir nicht deutsche Ballons sahen. 

7 Sack Ballast gebrauchten wir, um den Ballon in die erste Nacht hineinzubekommen. 
Gegen Morgen hatten wir die direkte Richtung auf den Michigansee, den wir bei der 
voraussichtlichen weiteren Winddrehung in seiner Querrichtung nehmen wollten, um 
dann möglichst weit nach Kanada hineinzufahren. Aber mehr wie sonst heißt es be¬ 
sonders in der Luftschiffahrt: «Der Mensch denkt, und Gott lenkt». Nach herrlichem 
Sonnenaufgang stellten wir fest, daß wir OSO-Kurs hatten. Damit war die Gefahr der 
großen Seen von uns abgewendet. 

Die Orientierung fanden wir südlich des Michigansees am Wabasb-River, der von 
mehreren Eisenbahnlinien überquert wurde. 

Die Fahrt ging nun weiter in etwa 1500—2000 m Höhe nördlich Colombus vorbei, 
und am Abend kreuzten wir den Ohio bei der fabrikreichen Stadt Wheeling. Das 
Alleghanygebirge, das in seiner Höhe etwa unserem Riesengebirge entspricht, wurde mit 
seinen tief eingeschnittenen Flußtälern und mächtigen Kokereien dicht überflogen. Es 
hatte wiederum 7 Sack gekostet, um den «Düsseldorf* in die zweite Nacht in eine Gleich¬ 
gewichtszone zu bekommen. 

Etwa 300 km südlich waren die Herren Kapitän Chandler und Mac Coy in 
einem sehr schwach bevölkerten Teil des Gebirges gelandet, und erst etwa nach einem 
halben Tag hatten sie Menschen gefunden. Der östliche Teil der Alleghanys, den wir 
überflogen, war fast unbewohnt. Die Geschwindigkeit hatte sich von etwa 20 km in der 
Stunde am Anfang auf etwa 40 km gesteigert. Mit Tagesanbruch mußten wir an der 
Chesapeakebai sei. 

Als wir morgens versuchen wollten, eine Windströmung zu finden, die uns mehr 
gen NO führen sollten, sahen wir plötzlich gegen 5 15 Uhr das Meer mit Schiffen, die 
nord-südlichen Kurs hatten. 


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Ein kurzer Kriegsrat mit Herrn Hiedemann und «rüber» war die Parole. Die 
wunderbar aufgehende Sonne bestätigte unsere Vermutung: wir sahen diö Halbinsel 
Delaware, nach etwa 10 Minuten, die uns eine Ewigkeit dünkten. Ich bitte, sich in 
unsere Lage zu versetzen, um zu ermessen, wie ernst diese Momente waren. Jetzt waren 
wir fest entschlossen, bis an den Strand zu fahren, und hatten nur große Mühe, unseren 
durch die Sonnenwärme hochstrebenden Ballon durch andauerndes Ventilziehen herunter 
bis an das Schleppseil zu bekommen. Unmittelbar am Ozean auf Delaware, südöstlich 
Dover, erfolgte die glatte Landung in einem Maisfeld nach fast 40 ständiger Fahrt Nach 
einiger Zeit hatten wir mehrere Reporter und viele Zuschauer um uns, die sich als 
Souvenir sogar unseren Ballastsand mitnahmen. Wir erfuhren gleich nach der Landung, 
daß Major Hersey am Hudsohsee gelandet sei; den hatten wir also geschlagen. 

Nach der Landung hatten wir noch 6 Sack Ballast; hätte die Küste uns nicht ein 
Halt geboten, wir wären eine dritte Nacht auch noch durchgefahren, körperlich hätten 
wir es sicher ausgehalten; wir waren ganz frisch. 

Die Aufnahme in Dover, wo wir die Landung des «Pommern* bei Asbury-Park, 
westlich von Philadelphia, erfuhren, war reizend. 

In Philadelphia erreichte uns am Nachmittag die Nachricht, daß wir den dritten 
Preis gewonnen hätten. Etwas nördlichen Kurs, und wir wären die Sieger gewesen. 
Stolz können wir Deutschen darauf sein, daß unsere Ballons «Pommern» und «Düssel¬ 
dorf» bis an den Strand des Ozeans vorgedrungen sind. Daß alles so gut verlaufen ist, 
verdanke ich außer meinem Mitfahrer Hiedemann auch Herrn Hauptmanu Hilde¬ 
brandt, der uns vor und nach der Fahrt in jeder Weise unterstützt hat. 

Keiner der anderen Ballons hat die Überfahrt über die Chesapeakebay gewagt; 
die Ballons «Pommern» und «Isle de France» haben die Bucht nicht kreuzen brauchen, 
da sie über Philadelphia fuhren. 

<K 

Aeronautik. 

Die Katastrophe des fl Fernandez Duro“. * 

Der Ballon «Fernandez Duro» von der Flottille des Aero-Club du Sud- 
Ouest in Bordeaux dürfte leider wohl endgültig als verloren angesehen werden. 
Seit seinem Aufstieg sind bereits 2 Monate verflossen, ohne daß über 
sein Schicksal etwas verlautbart hätte. 

Vor einigen Monaten war von dem Aero-Club in Bordeaux ein Wett- 
Fernfahren geplant. Dasselbe war schließlich abgesagt und auf einen späteren 
Zeitpunkt verschoben worden, weil die Pariser Ballons, welche ihre Beteiligung 
zugesagt hatten, infolge besonderer Umstände zu dem in Aussicht genommenen 
Zeitpunkte nicht hätten in Bordeaux eintreffen können. Unter den Mitgliedern 
des Klubs, die sich zu dieser Fernfahrt gemeldet hatten, befand sich auch 
der einer Hamburger Familie angehörige, in Bordeaux ansässige Deutsche, 
Herr Alf. Scharf, der vor kurzem nach siebenmaligem, von der Klubordnung 
geforderten Aufstiege seine Fähigkeit als Ballonführer nachgewiesen hatte, 
und dessen oft ausgesprochener Wunsch es war, in einer Fernfahrt Deutsch¬ 
land zu erreichen, wenn möglich den für eine Landung im Umkreise von 
150 km von Hannover zu einem Teil von ihm selbst ausgesetzten 1000 Frcs.- 
Preis zu gewinnen. 


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480 «44« 


Da das vom Klub angesetzte Wettfahren ausfiel, wollte er bei erster 
Gelegenheit bei günstigem Winde den lang gehegten Wunsch zur Ausführung 
bringen. Diese Gelegenheit glaubte er am Dienstag den 15. Oktober gefunden 
zu haben, da beständiger Südwestwind wehte. Schnell wurde die Füllung 
des 800 cbm fassenden, vor einem Jahre neu beschafften Ballons «Fernandez 
Duro* veranlaßt. Das ursprünglich als Gefährte in Aussicht genommene 
Klubmilglied war an dem Tage verhindert und an seine Stelle trat, gewisser¬ 
maßen im letzten Augenblick, ein anderes Klubmitglied, Mr. Guy de Beth- 
mann, ein einer angesehenen alten Bordelaiser Familie angehöriger Börsen- 
Fonds-Makler (agent de change). 

Kurz vor dem Aufstieg 
war der Wind nach Süd¬ 
südost abgedreht. Auf eine 
dahinzielende Bemerkung und 
Anregung eines anderen an¬ 
wesenden Klubmitgliedes er¬ 
widerte der mit der Führung 
des Ballons betraute Herr 
Scharf, daß er, wenn er nicht 
in einer höheren Luftschicht 
den gewünschten Wind fände, 
sofort die Landung bewerk¬ 
stelligen würde, da er bei 
nordwestlicher Flugrichtung 
seinen Zweck nicht erreichen 
könnte, und in kurzer Zeit 
über das Medoc hinweg an 
den Ozean gelangen und dann 
in der unwirtlichen Einöde 
der die Küste entlang sich 
erstreckenden Wälder landen 
müßte. 

So erfolgte um 550 Uhr 
nachm, der Aufstieg auf dem 
Gelände der auf dem rechten Garonneufer belegenen Gasanstalt der Vorstadt 
La Bastide. Für das Folgende vergleiche man die Kartenskizze. Der Ballon flog 
zunächst in nordnordwestlicher Richtung über die Garonne gegen Blanquefort 
und Parampuvre, wo er um 6 Uhr abds. gesichtet wurde. Dann hat er sich 
bei nach Süden zurückdrehendem Winde nach Norden gewandt, ein zweites 
Mal die Garonne bzw. die Gironde überflogen, ist um 7 Uhr abds. in St. Ciers 
du Taillon, südöstlich des Städtchens Blaye, und um 8 Uhr abds. in Thenac, 
9 km südwestlich von Saintes beobachtet worden. 

Gegen S l U Uhr abds. will man ihn von Neuville de Poiton aus in süd¬ 
licher Richtung und in weiter Ferne, gegen 9 Uhr abds. von Fouras, einer 



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kleinen Ortschaft an der Charente-Mündung der Insel Oleron gegenüber 
beobachtet haben. Um 930 abds. ist er in La Rochelle über der nördlich 
gelegenen Vorstadt Jericho in 150 m Höhe mit herabhängendem Schleifseil 
in unmittelbarer Nähe des Ozeans gesehen worden. Seitdem fehlt jede 
Spur und es ist leider nur allzu wahrscheinlich, daß der Ballon und seine 
unglücklichen Insassen Opfer der berüchtigten, in dieser Nacht sehr stürmisch 
bewegten Biscaya geworden sind. 

Für die Richtigkeit der oben wiedergegebenen Beobachtungen spricht 
die Wetterkarte des 16. Oktober. Am 
15. Oktober liegt ein Minimum über dem 
St. Georgs-Kanal, die Frankreich be¬ 
treffenden Isobaren 745 und 750 ver¬ 
laufen in nordöstlicher Richtung. 

In der Nacht zum 16. Oktober findet 
eine Verschiebung der Wetterlage statt. 

Ein barometrisches Minimum bildet sich 
in der Südostecke des Biscayischen Meer¬ 
busens. Die See ist so stürmisch, daß 
kein von Süden kommendes Schiff das 
KapOrtögal umschiffen kann. Die Frank¬ 
reich betreffenden Isobaren 740 und 745 
verlaufen nordwestlich, in einem der Gi¬ 
ronde und im weiteren Verlaufe der fran¬ 
zösischen Westküste parallelen Bogen. 

Verfolgt man auf der Karte die Flug¬ 
richtung des Ballons unter Zugrunde¬ 
legung der erwähnten Beobachtungen, so 
ergibt sich für die Flugbahn eine der # 

Isobare 740 ebenfalls genau parallel ver¬ 
laufende nach Nordwesten sich krüm¬ 
mende Linie. 

Die Wahrscheinlichkeit des Hinaus¬ 
treibens auf den Ozean wird somit fast 
zur Gewißheit. Einen Schimmer von Hoffnung hätte die Möglichkeit, daß 
der Ballon von einem Schiff gesehen und gerettet worden sein könnte, 
bestehen lassen; allein die nackte Erwägung der Sturmnacht und der ent¬ 
fesselten Elemente mußte jedes Hoffen im Keime ersticken. 

Trotz eifrigster Nachforschungen ist man heute, nach Verlauf von fast 
2 Monaten, noch immer ohne irgend welche Nachricht über den Verbleib des 
Ballons, und voll Trauer über das tragische Geschick der beiden liebenswerten 
jungen Männer wird man sich entschließen müssen, sie als verschollen zu 
betrachten. 

Was die Katastrophe herbeigeführt hat, weshalb die Landung nicht 
oder nicht früher bewerkstelligt worden ist, wird wohl ein unaufgeklärtes 



Kurt de« ,,Fernande* Duro“ 


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Geheimnis bleiben, das die Beiden mit in die Ewigkeit genommen haben, 
und es ist ein ebenso müßiges wie ungerechtfertigtes Beginnen, den Führer 
des Ballons des Leichtsinnes, der Tollkühnheit, der Unkenntnis, der Un¬ 
erfahrenheit zu zeihen. Wahrscheinlich will es bedünken, daß der Führer, 
nachdem er ein zweites Mal den Strom überflogen hatte und sah, daß er 
in nördlicher Richtung weiter ging, die Absicht gehabt hat, wennschon es 
nicht möglich war, Deutschland zu erreichen, doch nun in nördlicher Richtung 
die Fahrt möglichst weit auszudehnen. Unter für die Orientierung vielleicht 
schwierigen Verhältnissen wird er nicht rechtzeitig haben beobachten können, 
daß er aus der ursprünglich verfolgten nördlichen Richtung nach Westen 
abgedrängt wurde, und erst in unmittelbarer Nähe des Meeres seinen Irrtum 
erkannt haben, zu spät, um noch rechtzeitig das Landungsmanöver aus¬ 
führen zu können. 

Vom Aero-Club in Bordeaux war durch Vermittlung der Tagespresse 
die Bitte ergangen, ihm alle Mitteilungen, welche für die Feststellung des 
Verbleibs des «Fernandez Duro» oder seiner Fahrtrichtung von irgend welchem 
Interesse sein könnten, zugehen zu lassen* 

So gelangte die Nachricht an ihn, daß die Mannschaft des am Sonntag 
den 27. Oktober in London, South West India Docks, von* Kurrachee ein¬ 
getroffenen Dampfers «Hendonhal» auf der Höhe der spanischen Westküste 
am Dienstag den 22. Oktober einen Ballon in bedeutender Höhe über dem 
Meere gesehen habe. Fast gleichzeitig würde gemeldet, daß Fischer aus 
Coruna, an der spanischen Nord Westküste, am Montag den 21. Oktober 
einen in der Richtung auf Santander treibenden Ballon beobachtet hätten. 
Irgend welche andere Nachrichten, welche diese Meldungen bestätigt hätten, 
sind nicht eingegangen. 

Aus dem Eure-Departement verlautete dann, daß am Mittwoch den 
16. Oktober vorm, ein Ballon in den Ortschaften Fourges, Port-Mort, Mon- 
taure und Notre Dame, de Tlsle beobachtet worden sei. In der Gondel 
hätten sich zwei Personen befunden und der am Netz befestigte Wimpel 
sei rot-weiß gewesen. Schließlich hat sich herausgestellt, daß es sich um 
einen in Chalais aufgestiegenen Militärballon gehandelt hat, der die Fahrt 
jedoch am 15. Oktober gemacht hatte und gegen 11 Uhr in der Gegend von 
Louviers gelandet war. Die Beobachter hatten sich um einen Tag geirrt. 

Am 16. Oktober nachm, zwischen 4 und 5 Uhr will ein Reeder in 
Dieppe einen mit zwei Luftschiffern bemannten Ballon in 500— 600 m Höhe 
über der Stadt, mit der Fahrtrichtung nach dem Meere, gesehen haben. 
Alle diese Mitteilungen haben irgend welche Anhaltspunkte betreffs des 
Schicksals des Ballons und seiner Insassen nicht geliefert. 

In den Kreisen der hiesigen Luftschiffer nimmt man auf Grund der 
vorliegenden nachgeprüften Mitteilungen an, daß der «Fernandez Duro» auf 
der Höhe von La Rochelle auf das Meer hinausgetrieben und dort dem in 
der Nacht vom 15. zum 16. Oktober herrschenden Wirbelsturm zum Opfer 
gefallen ist. 


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Möglich ist aber auch, daß der Führer seine Zuflucht zum Aufreißen 
des Ballons genommen hat, als es schon zu spät war und er bereits über 
dem Meeresspiegel sich befand. 

Wie nur zu oft hat auch hier blindes Schicksal gewaltet. Für den 
Aero-Club in Bordeaux ist es der erste und darum um so herber emp¬ 
fundene Unglücksfall, und der Klub kann der herzlichsten kameradschaft- 
iichen Teilnahme aller Luftschiffer gewiß sein. Max Hollnack-Bordeaux. 

Aufregende Landung eines Ballons. 

Am 29. Juni d. Js. wurden gegen 11 Uhr vormittags von der «Arena» in Mailand 
4 Ballons aufgelassen: 1. «Mailand», 2000 cbm, Führer Usuelli; 2. «Schnell», 600 cbm, 
Führer Longhi; 3. «Condor», 900 cbm, Führer Crespi; 4 . «Cirro», 1400 cbm, Führer Canovetti 

Am Horizont stand ein Gewitter. 

Herr Ingenieur Canovetti, den Herr Flori als Mitfahrer an Bord des «Cirro» 
begleitete, berichtet über die spannende Fahrt und die gefährliche Landung, welche die 
von ihm gütigst zur Verfügung gestellten Bilder veranschaulichen, folgendes: 

Da der «Cirro» schlecht abgewogen war, 
mußten wir an sich schon viel Ballast verbrauchen, 
noch mehr, um den Händen einiger Strolche von 
Lissone zu entgehen, die sich an das Schlepptgu 
klammerten und es nicht fahren lassen wollten. 

Wir kamen auf diese Weise so hoch, daß wir die 
Seen von Annone, Pusiano und Monguzzo sehen 
konnten und nahmen die Richtung zwischen den 
beiden letzteren hindurch. Der Ballon stieg in¬ 
zwischen immer mehr und geriet in eine dichte 
Schicht von Wolken, mit denen zusammen er 
einen großen Halbkreis beschrieben haben muß, da 
sie unbeweglich schienen. 

Einen Augenblick zeigten sich die Lichter 
von Como und Brunate, aber wir stiegen weiter 
von 3300 bis auf 3950 m. 

In dieser Höhe unter dem Wolkenmeer und 
über einem riesigen jäh aufragenden Fels kühlte 
sich das Gas bei 11° außerhalb der Wolken weiter 
ab und der Ballon begann zu sinken. Wir durch¬ 
fielen eine Wolkenschicht von 500 m Dicke, dann 
eine klare Zone, darauf wiederum ein Nebelmeer 
und so zweimal bis auf 500 m. Auf 1300 m hatte ich die letzte Ablesung gemacht, 
es war 9,50 Uhr abends, das Barometer zeigte Fall an. Rechts zeigten sich die 
Spitzen der Berge, links Lichter und ein See, vor uns andere Lichter, wir merkten 
deutlich, daß der Fels senkrecht war. Wir gaben ein wenig Ballast und das Schlepp¬ 
tau wurde frei. Ein seitlicher Wind trieb uns in ein Tal. Wir befanden uns zwi¬ 
schen den Hörnern von Canzo und dem Malgatto, im Canalone, strotzend von 
zackigen senkrechten Felsen, in denen sich der Abstieg in der Dämmerung höchst 
phantastisch gestaltete. Die Lichter und Häuser von Valmadrera kamen näher und wir 
fingen den Ballon mit einer handvoll Sand ab. Da er sich erwärmte, durchfuhr er das 
Tal und erreichte den Boden auf halber Höhe am Monte Baro (Baroberg). Er setzte 
sanft am Rande einer Steinbruchstraße auf. Ich war im Begriff, das Ventil zu ziehen, 
da schlug der Wind, wie es auf den Seen öfter vorkommt, um — und wir trieben vom 



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Lecco- auf den Annonesee zu. Ich konnte nicht «reißen», weil wir am Rande des 
Steinbruchs waren. Wir würden zwar kaum auf den Grund gefallen sein, aber in der 
Mitte der Straße befindet sich eine Drahtseilbahn für den Steintransport. 

Der Korb geriet zwischen die metallenen 
Tragedrähte und das Zugseil. 

Der Wind war stoßweis und der Ballon 
wurde an den Drähten entlang gedrückt und legte 
sich so nach der andern Seite herüber, daß der 
Ring nur 5 von den 10 Korbleinen in Zug hatte, 
die sich bei der starken Reibung unter brenz¬ 
lichem Geruch durchscheuerten. (Es war derselbe 
Korb, der s. Z. mit dem Ballon «Elena» ins Adria¬ 
tische Meer fiel.) Zwei Leute eilten vom Stein- 
bruch herbei, banden das Schleppseil fest und 
die SchleifTabrt hörte 11 m vom Kopfende der 
Drahtseilbahn auf. Ich zog wieder Ventil, der 
Ballon legte sich immer mehr auf die Seite. Wie 
eine große Fledermaus kreisend zerriß er und fiel 
herab, an dem Tauwerk hängend, das noch den 
Korb an der Drahtseilbahn festhielt. 

Ich sprang über das Knäuel des Tauwerks 
und der Drähte hinüber auf die weit entfernten 
und schwer erreichbaren Korbleinen. Ich schwebte 
durch die Luft, rief, mich bei den Füßen zu neh¬ 
men, und sprang leicht auf die Erde. Flori folgte 
mir auf meinen Zuruf hin und umarmte mich, als er kaum den Boden erreicht hatte. 
15 Minuten waren im ganzen vergangen, seit ich in einer Höhe von 2300 m Uhr und Ther¬ 
mometer abgelesen. A. Horn. 

Die Lütticher Wettfahrt. 

Von Dr. Victor Niamey er-Essen. 

Mit dem Glockenschlage 5 Uhr nachmittags waren am 7. Juli in Lüttich auf der 
im Zentrum der Stadt gelegenen Promenade d’Avroy 13 Ballons prall gefüllt. Tausende 
von Neugierigen drängten sich in den schönen Anlagen, die den Aufstiegplatz umgeben, 
Tausende in den angrenzenden Straßen. Artillerie-Salven und der Flug von vielen 
Hunderten farbigen Versuchsballons kündigten den Beginn des Aufstiegs an. 

Um 5 Uhr erhebt sich unter dem Jubel der Menge der erste Ballon, ein Belgier 
Es folgt ein Franzose. Und als dritter steigt unser Ballon, der «Elberfeld» vom Nieder¬ 
rheinischen Verein für Luftschiffahrt, in die Lüfte. 

Der Blick auf das maasumschlungene, von den bewaldeten Ardennenhöhen einge¬ 
schlossene, mit malerisch gelegenen Schlössern umgebene Lüttich gehört zu den schönsten 
Städtebildern, die ich vom Ballon aus gesehen habe. Schon nach kurzer Zeit erreichten 
wir in 500 Meter eine Gleichgewichtslage und konnten uns dem Genuß des großartigen 
Panoramas und der Freude, mit 21 Sack Ballast zu je 25 Kilo hochgekommen zu sein, 
hingeben. Unsere Fahrt geht in nordöstlicher Richtung über eine entzückende Hügel¬ 
landschaft, saftige Wiesentäler, über großartige, parkreiche Schloßsitze mit mäßiger Ge¬ 
schwindigkeit hinweg. Ohne unsere Höhe um mehr als 100 Meter vermindert zu haben, 
kommen wir der Erde näher oder vielmehr die Erderhebungen uns. Sanft berührt der 
Korb eine weile Wiesenfläche, deren vierbeinige Bevölkerung in wilde Flucht jagend, 
um in demselben Augenblick ohne jede Ballasterleichterung wieder in höhere Regionen 
zu ziehen. Längst müssen alle Wettfahrer in den Lüften sein. Wir beobachten gleich¬ 
zeitig elf Ballons in den verschiedensten Höhenlagen in weiten Distanzen voneinander. 



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Einer unserer Nachfolger hat uns überholt, bald ein zweiter. Sie halten sich in Höhen, 
die wir auf 2000 bis 3000 Meter schätzen, und strahlen noch in hellem Glanze der Sonne, 
die unserer Höhenlage schon Lebewohl gesagt hat. Mein Begleiter — Herr Schulte-Herr- 
brüggen aus Essen, der sich mir schon bei mancher Fahrt als hilfsgewandter Mitfahrer 
bewährt hat — beobachtet sorgenvoll die Voraneilenden und möchte ihnen in die höhere 
Atmosphäre mit offensichtlich etwas stärkerer Luftströmung folgen. Ich beruhige ihn 
mit dem Hinweis, daß mit dem Untergang der Sonne die Hochfliegenden Ballastopfer 
bringen müssen, die uns morgen zugute kommen. Noch tauschen wir unsere Meinungen 
über die zweckdienlichste Höhenlage vor Sonnenuntergang aus, da sehen wir schon den 
ersten Ballon, der uns überholt hat, aus seiner stolzen Höhe rapide fallen, — hinter 
einem Hügel verschwinden auf Nimmerwiedersehen. In den nächsten zwei Stunden 
wiederholt sich das Schauspiel mit zwei weiteren Ballons, die wir — unmittelbar über 
ihren Landungsstellen hinwegfahrend — ihren Geist aufgeben sehen. 

Schon kurz vor 7 Uhr waren die ersten deutschen Laute von unten an unser Ohr 
gedrungen. Der Aachener Wald breitet sich vor uns aus, hinter ihm die alte Kaiserstadt, 
an der wir südlich vorbeifahren. In schnellerem Fluge geht es an fernliegenden Städte¬ 
bildern vorüber, bis wieder ein ausgedehntes Waldgebirge vor uns liegt. Es ist die „hohe 
Venn“, die uns noch ihre unendlichen landschaftlichen Reize erkennen läßt und die wir 
dann, während sich die Nacht über uns senkt, überschreiten. Wir huschen über das 
Gebirge so dicht hinweg, daß der Korb oft die Bäume streift. Es wiederholt sich die 
oft gemachte Beobachtung, daß sich unser Luftschiff dem Höhenzuge anpaßt, die Höhen 
hinaufklettert und in die Niederungen hinabsteigt, ohne daß ein Ausgleich durch Ballast¬ 
abgabe nötig wird. Das Wild scheucht dicht unter uns ängstlich auf, Rehe und Hirsche 
springen flüchtig ab, — da fliegen wir schon wieder über ein am Bergesabhang malerisch 
gelegenes Dörfchen hinweg, aus dem lustige Tanzmusik uns grüßt, — im nächsten 
Augenblick tauchen wir in den Waldfrieden zurück, von gefiedertem Nachtgelichter um¬ 
schwirrt. Vor uns ragt aus Tannendicht eine Schloßruine hervor, die wir unmittelbar 
passieren müssen. Hundegebell, Menschenstimmen. Nur wenige Meter sind wir über 
dem Burghof. Unsere Zurufe wecken ein erstauntes: «Ein Luftballon, ein Luftballon!» 
«Wo sind wir hier?» «Ruine Laubenburg bei Düren, hier wohnt der Förster,* erhalten wir 
zur Antwort. Schon ein anderes Bild: Vor uns eine weite Ebene, Düren südöstlich von 
im Lichterglanz. Auf der nach Düren führenden Landstraße ein Kremser mit lustiger 
Gesellschaft, deren fröhlichen Gesang wir durch laute Signale unterbrechen, die erstaunte 
Fragen auslösen: «Wo kommen Sie her?» «Von Lüttich!» «Wohin wollen Sie?» «Nach 
Rußland!» «Na, dann glückliche Reise.» «Kennen Sie Herrn Dr. N. in Düren?» «Ja, 
gewiß, sehr gut.* «Bitte, bestellen Sie ihm herzliche Grüße von seinem Vetter Dr. N. 
aus Essen, der bedauert, ihm keinen Sand auf den Kopf werfen zu können!» «Wird 
gemacht.» «Gute Nacht — gute Nacht.» Da sind unsere lustigen Sangesbrüder auch schon 
im Dunkel der Nacht verschwunden, — wir nehmen nur noch die letzten Klänge des 
schönen Liedes: «Man muß patent sein» mit auf den Weg. Beim nächsten Dorfe 
rief uns ein freundlicher Bauersmann an und erkundigte sich nach dem Ziel unserer 
Reise. Ich nannte ihm meinen Namen und bat ihn, an meine Frau ein Telegramm auf¬ 
zugeben, dessen Inhalt ich angab. «Wird sofort besorgt,* war die liebenswürdige Antwort. 
Am anderen Morgen — fast 12 Stunden vor der Landungsdepesche — um 9 Uhr wußte 
meine Frau, daß ich abends 10 Uhr Düren wohlbehalten in nordöstlicher Richtung passiert 
habe. — Weniger glücklich war mein Begleiter mit einem Verständigungsversuche mit 
rheinischen Landsleuten. Er erhielt in unverfälschtem Kölsch die Antwort: «Lad mich 
in Ruh, du geck Ohs!»- 

Inzwischen steigen wir allmählich bis zu 1500 Metern. Vor uns ein Lichtermeer, 
einer phosphoreszierenden Ebene gleichend, der wir uns nur sehr langsam nähern. Ganz 
allmählich klärt sich aus dem impressionistischen Bilde bunter Feuergestalt das Pano¬ 
rama einer großen Stadt in nächtlichem Lichtgewand. Bonn, Köln, Düsseldorf, oder sind 
wir noch nördlicher geraten? Da erhebt sich aus dem gleichmäßigen Hell eine dunkele 

Iilustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jalirg. 


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Masse; das ist ja der ewige Dom! Gerade über dem Domplatz schweben wir langsam 
hinweg, über den Rhein längs der großen Eisenbahnbrücke. Es war 12 Uhr 30 Minuten 
nachts. Noch lange leuchteten hinter uns die Lichtstrahlen der heiligen Stadt, während 
wir jenseits des Rheins wieder in Waldgebirge — das bergische Land — eintreten. 

Die genaue Orientierung und selbst die Feststellung der Fahrtrichtung wurde in 
der stockfinsteren Nacht bei bedecktem Himmel immer schwieriger. Doch dankten wir 
sorgfältiger, scharfer Beobachtung die baldige Feststellung, daß wir unseren Kurs geändert, 
daß unser Fahrzeug Kehrt gemacht und in ca. 600 Meter Höhe in nordwestlicher Richtung 
wieder nach Belgien zuführte. Da heißt es rasch handeln. Eine Luftschicht aufzusuchen, 
die uns wieder in die gewünschte Fahrtrichtung bringt oder landen trotz der 14 Sack 
Ballast, über die wir noch verfügen. Denn das Wettziel ist eine Weitfahrt. Wir manövrieren 
unter Opferung von ca. 2 Sack Ballast, treffen drei verschiedene Luftschichten an und 
finden endlich in 1000 Meter Höhenlage den gewünschten Süd-Westwind, während ober¬ 
und unterhalb ungünstige oder doch ungünstigere Winde herrschten. Gegen 3 Uhr lichtet’s 
am östlichen Horizont: die beginnende Morgendämmerung entschleiert ein neues gro߬ 
artiges Naturschauspiel. Auf dem Gebirgsland, das wir überfahren, lagert eine dichte 
Nebelschicht; nur die Gipfel ragen daraus hervor, die Flußläufe sind deutlich auf dem 
Nebelmeer markiert. Hier und da strebt aus einem Tal eine geschlossene, turmhohe 
Nebelsäule hervor, dicht zusammengeballt in der sie umgebenden klaren Atmosphäre. 
Nach und nach wirkt die Sonne auf das weite Nebelmeer gestaltend; wie eine neue 
Schöpfung wickelt sich eine herrliche Gebirgslandschaft heraus. Ein vielfaches Echo 
hallt unseren jubelnd ins Gebirge hinausgerufenen Morgengruß wider. Dem Echo folgt 
ein lebhaftes Hurra. Vor einem Schützenzelt auf hochgelegener Waldlichtung erwartet 
eine lustige Gesellschaft den kommenden Tag und aus ihrer Mitte folgt den uns geltenden 
Hurrarufen ein Morgengruß, der uns tief bewegte. Ein Trompeter schmetterte zu uns 
«das Westfalenlied* hinauf. Und wir fielen ein: «Das Land, wo meine Wiege stand, 
behüt dich Gott, Westfalenland!* 

Wenige Minuten später — unsere Uhr zeigte 4 Uhr 20 Min. —, im Augenblick, 
als wir die Lenne zwischen Limburg und Altena überschreiten, treffen die ersten Sonnen¬ 
strahlen den Ballon. Wir überfahren die wohlbekannte Stätte der Dechenhöhle, dann 
mit wesentlich vermehrter Geschwindigkeit an Iserlohn vorüber, überschreiten — 5 Uhr 
35 Min. — bei Wickede die Ruhr und treten damit in das Flachland des nördlichen 
Westfalen ein. Die Sonnenstrahlen erwärmen unsere durch die bittere Kälte der Nacht 
erstarrten Glieder und treiben den Ballon höher und höher. Als wir um */* 7 zwischen 
Hamm und Lippstadt die Lippe überschreiten, zeigt der Barometer 2500 Meter. Der 
Barograph hat seine dritte Umdrehung vollendet; nach seiner Neueinstellung will er 
nicht mehr funktionieren, die rote Tinte ist ausgetrocknet, — wir opferten einige Tropfen 
von unserem rot leuchtenden «Sherry Brandy«, die den Apparat wieder tadellos in 
Betrieb setzten. Vor uns glänzt die weite Ebene in hellem Sonnenschein. Plötzlich tritt 
aus einer weit hinter uns liegenden Wolkenwand ein Ballon heraus. Ist es der «Schwarz¬ 
kittel» (so hatten wir einen unserer uns gefährlich dünkenden Konkurrenten wegen seiner 
dunklen Färbung getauft), oder ist es unser deutscher Landsmann «Düsseldorf»? Wir 
schätzen die Entfernung auf mindestens 20 Kilometer und beruhigen uns bei dem Ge¬ 
danken, daß mit unserem Ballastreichtum von noch 11 Sack die Distanz kaum nach¬ 
geholt werden kann. Noch richten wir unsere scharfen Gläser auf den Luftgenossen, da 
verschwindet er auch schon wieder in der Dunstwolke, um nicht wieder zu erscheinen. 
Vermutlich war es der «Düsseldorf», der ungefähr zu dieser Zeit und an dieser Stelle 
.gelandet ist. 

Um 9 Uhr sichten wir aus 3700 Meter Bielefeld. In langsamem Fluge geht es über 
Oeynhausen, die Porta-Westfalica, Bückeburg, über die große Wasserfläche des «Stein- 
huder Meeres». Die Weser, die wir schon bei Vlotho überschritten haben, übersehen 
wir nach Norden zu in ihren wechselvollen Windungen wohl in einer Länge von 40 Kilo¬ 
metern und mehr. Nachdem wir jenseits des Steinhuder Meeres die Aller überflogen 


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haben, hat sich das Bild der Atmosphäre vollständig geändert. Aus einer Dunstschicht, 
die den Horizont zu umgrenzen schien und in deren Höhen wir wiegen, haben sich 
Wolkenmassen losgelöst. Wir befinden uns über einem endlos scheinenden Wolkenmeere, 
so überwältigend schön, wie ich es auf meinen zahlreichen Luftfahrten noch nie sah. 
Der tiefblaue Himmel über uns wölbt sich über einer in allen Beleuchtungsfarben 
schillernden Gletscherwelt. Da scheinen mächtige Schneeberge in die blaue Atmosphäre 
emporzuragen, dort umgeben groteske Höhenformationen ein tiefes Wolkental, da wieder 
ein weitgezogener Firn. Das sind überwältigende Naturbilder, wie sie nur des Luft¬ 
schiffers Auge schaut. Plötzlich teilt sich die Wolkendecke dicht unter uns und gewährt 
Durchblicke auf neue phantastische Bilder. Unter der oberen, undurchdringlich er¬ 
scheinenden Wolkenschicht jagen andere bis zur Erdfläche durchsichtige Wolkenmassen 
in fliegender Eile in entgegengesetzten Richtungen über die Erde dahin. Das bestätigte 
unsere Voraussetzung, daß wir in niederer Höhenlage — wir hatten uns seit Sonnen¬ 
aufgang zwischen 3000 und 4000 Meter Höhe gehalten — unfehlbar zurückgetrieben 
wären. Auf den durchsichtigen Wolkenzügen erscheint wiederholt das scharfe Spiegel¬ 
bild unseres Ballons in prachtvoller Aureole, — einmal in der seltenen Erscheinung fast 
dreifacher natürlicher Größe, umgeben von einem Doppelkreise aller Regenbogenfarben, 
mit glühender Intensität. — Durchblick und Orientierung gingen uns nicht mehr verloren. 
Es war 2 Uhr nachmittags geworden. Unsere im Interesse der Gewichtserleichterung 
kärglich bemessenen Lebensmittel waren längst zur Neige gegangen. Wir hatten die 
Bahnlinie Berlin-Hamburg unweit von Uelzen überschritten. Seit 12 Stunden hatten wir 
bei scharfer Beobachtung jeder Fallneigung unseres Fahrzeuges nur bandweise Ballast 
gegeben, auf diese Weise in 12 Stunden noch nicht vier Sack Ballast verbraucht, und 
dabei den Ballon während dieses Zeitraumes in fast gleichmäßiger Höhenlage gehalten. 
Wir befanden uns in 4200 Meter Höhe mit noch 8 Sack Ballast, als der Ballon auf die 
kleinen Ballastmittel nicht mehr reagieren wollte. Ich beschloß, den Ballon langsam 
fallen zu lassen. Zum Abfangen des einmal ins Fallen gekommenen Ballons wurden 
3 Sack Ballast erforderlich. Der Ballon war fast auf die Hälfte seines Inhaltes zusammen¬ 
geschrumpft. Während des Fallens wurden wir der von uns beobachteten unteren Luft¬ 
strömung entsprechend einige Kilometer nach Westen zurückgetrieben, bis wir östlich 
von der Bahnstrecke Uelzen-Hamburg bei Pretzier in der Altmark mit noch 5 Sack 
Ballast sehr glatt landeten, erquickt und gehoben durch die zahlreichen, herrlichen Ein¬ 
drücke unserer Fahrt. Wir hatten 440 Kilometer zurückgelegt und waren 22 Stunden in 
der Luft gewesen. Bei unserer Rückkehr am anderen Tage fanden wir die Telegramm¬ 
nachricht vor, daß wir die weiteste Strecke zurückgelegt und damit den ersten Preis 
gewonnen hätten. 

Mich beherrschten die Gedanken, die ich jüngst am Schluß eines Luftballonfahr¬ 
berichtes ausgesprochen fand: «Mag vielleicht die Zukunft den «Lenkbaren» bringen mit 
seinen schnurrenden Motoren, seinem Benzinduft, dem scharfen Luftzug und der 
stampfenden und schlingernden Seekrankheit in vervielfachter auslösender Bewegung, — 
so viel steht fest: der vor dem Winde dahin schwebende Kugelballon, in dem kein 
Lüftchen merkbar ist, der in majestätischer Ruhe seine Bahn über Berg und Wald, über 
Seen und Felder, über Land und Meere dahinzieht und dem Luftschiffer Muße und Ge¬ 
legenheit zum genußreichen Schauen gibt — der ungelenkte Ballon wird seinen Reiz 
behalten und lange noch die Poesie der Luftschiffahrt verkörpern, wenn diese längst zur 
handwerksmäßig ausgeübten Alltagskunst geworden sein wird». 


„Patrie". 

Die Übungsfahrten der «Patrie* im Herbst 1907 wurden durch 3 Aufstiege 
innerhalb 24 Stunden eingeleitet. Der erste dieser Aufstiege fand am 21. Oktober nach¬ 
mittags statt, dauerte */ 4 Stunden und führte über die Umgegend von V61izy. Es war 
die sogenannte Regulierungsfahrt, die das Funktionieren aller Teile feststellen sollte. 


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An Bord waren 7 Personen. Der zweite begann um 8 s /4 Uhr am Morgen des nächsten 
Tages und wurde bis 10 */* Uhr vormittags ausgedehnt. Er führte über Issy-les-Moulineaux, 
dann fuhr das Luftschiff die gesamten Befestigungen von Paris ab, immer in einer Höhe 
von 300—450 m. 8 Personen nahmen daran teil: Als Führer Kommandant Bouttieaux, 
Ingenieur Juillot, der die neuen Verbesserungen, über die bisher nichts bekannt geworden 
ist, beobachtete, ferner 3 Offiziere und 3 Mechaniker. Bei der ganzen Fahrt wurde kein 
Ballast ausgegeben. Vor der Landung wurden mehrfach Vorbereitungen zur Landung 
geübt. Am selben Tage von 2 4 /*—3 Uhr nachmittags stieg das Luftschiff mit Kapitän 
Voyer als Führer und 3 Offizieren sowie ebensoviel Mechanikern auf. Bei dieser Fahrt 
wurde ebenfalls kein Ballast ausgegeben, auch kein Gas abgelassen. Der folgende Auf¬ 
stieg, am 23. Oktober, führte über 100 km Land. Abfahrt um 8 Uhr vormittags, Landung 
um 11 Uhr 45 vormittags, an Bord 6 Personen, darunter Major Bouttieaux, Fahrt bis 
Etampes und zurück nach Chalais-Meudon. 

Am 26. Oktober hatte die «Patrie» das erste Mißgeschick in diesem Jahre, das die 
Phot. Rol, Paris. Reihe der so verhängnisvoll abgeschlossenen 
Unfälle eröffnete, der aber glücklich ablief 
und eigentlich zeigte, wie ausgezeichnet sich 
die « Patrie» auch bei Unglück bewährt. Das 
LuftschifT war mit dem Major Bouttieaux 
als Kommandeur, dem Hauptmann Bois, 
dem Leutnant Lenoir, den Adjutanten De- 
gruffroy und Girard, dem Grafen de Con- 
tades und dem Direktor im Ministerium der 
öffentlichen Arbeiten Leon Barthou um 10 
Uhr 45 vormittags in Chalais aufgestiegen. 
Es nahm seinen Kurs über Paris, passierte 
die Champs Elys6es, das Palais Bourbon 
und hatte bereits wieder Issy-les-Moulineaux 
erreicht, als die linke Schraube infolge eines 
lockeren Bolzens, der einen Bruch der Welle 
der Winkelräder verursachte, sich losriß, 
den Kühler zertrümmerte und in den Hof 
einer Brikettfabrik, Ernest Renan-Straße 1, 
auf einen Wagen stürzte, den sie zerschmet¬ 
terte. Der Motor blieb des beschädigten 
Kühlers wegen stehen und das LuftschifT, 
um das Gewicht der Schraube entlastet, stieg 
von 200 auf 600 m, als gewöhnlicher Frei¬ 
ballon ein Spiel des Windes. Major Bouttieaux ließ die «Patrie* ruhig über die Häuser 
hinwegtreiben und landete ohne die geringsten Schwierigkeiten bei einer Tongrube in Fresnes- 
les-Rungis, um 11 Uhr 45 vormittags. Auf telephonischen Befehl nach Chalais-Meudon 
kamen um 3 Uhr 30 nachmittags Mannschaften, die den Kühler reparierten und das bei der 
Landung ausgelassene Gas nachfüllten. Ein Ersatz der beschädigten Schraube hätte zu 
lange gedauert, so bestiegen denn Hauptmann Bois, Leutnant Lenoir und die Adjutanten 
Degruffroy und Girard die Gondel und fuhren mit nur einer Schraube nach Chalais zu¬ 
rück. Bei der normalen Fahrt vor dem Unfall war kein Ballast ausgegeben worden, die 
Höhenregulierung geschah lediglich durch die Höhensteuer. E. 


Die „Patrie“ über Paris. 


Die Fahrt der «Patrie* von Chalais-Meudon nach Verdun. Nach langer 
Erprobung (denn der «Lenkbare* machte 11 Aufstiege 1906, 21 im Sommer 1907 und 
seine jetzt gemachte Fahrt ist die 10. im Herbst 1907) hat sich nun das Flugschiff 
«Patrie* in ununterbrochener Fahrt von 7 Stunden 5 Minuten Dauer nach seinem Be¬ 
stimmungsort, man kann wohl sagen Garnisonsort, begeben. Nachdem zwei Tage vorher 


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der Beschluß zur Fahrt im französischen Kriegsministerium gefaßt und der Befehl gegeben 
war, erfolgte der Aufstieg am 23. November morgens 8 Uhr 40 bei gutem Wetter, aber 
um 11 mm gesunkenem Barometerstand. Die Landung erfolgte 3 Uhr 45 in Verdun. 

Will man die Fahrtdauer vom Zeitpunkt des Eintritts der Schraubenarbeit bis zum 
Eintreffen über dem Bestimmungsort, also als die reine Flugleistung, berechnen, so würden 
sich etwa 6 Stunden 45 Minuten ergeben. 

Die Flugbahnhöhe bewegt sich zwischen 300 und 900 m. 

Nach Überquerung der Ebenen der Champagne waren die Waldhügel der Argonnen 
zu überfliegen und ebenso von St. Menchould ab war um ca. 300 m höher zu gehen. 

Nach den Beobachtungen in Coulommiers, Montmirail, Chälons, St. Menehould war 
die Geschwindigkeit in einzelnen Abschnitten der Fahrt verschieden. Sie betrug zu 
Anfang etwa 30, am Schluß etwa 27 km per Stunde, in den mittleren Teilen der Fahrt 
übersteigt sie wesentlich 40 km, sodaß ein Mittelwert von etwa 34 km sich ergibt. 

Die direkte Entfernung vom Aufstiegs- zum Zielpunkt beträgt 236 km, doch wurde 
der Weg nicht ohne flache Ausbiegungen zurückgelegt. Ballast wurde nicht verbraucht, 
da die horizontalen Führungsflächen des Fahrzeugs die Höhenregelung durch mechanische 
Kraft allein ermöglichten. Leider ist aus den Berichten nicht zu entnehmen, inwiefern 
die Handhabung des Ballonetts hieran beteiligt war. 

Mit 290 1 «Essenz» abgefahren, kam die «Patrie» mit noch 150 1 am Ziel an. 
Der Motor, ein Panhard-Levassor von 70 HP. ungefähr, zu 4 Zylindern, hat sich vor¬ 
züglich bewährt, da er ohne jede Störung arbeitete. 

Von einer in Chälons vorsorglich bereitgestellten Reserve, bestehend aus zwei 
Wasserstoff-Flaschen-Wagen für etwa nötige Nachfüliung, wurde kein Gebrauch gemacht. 

ln Verdun war alles zum Empfang bereit und um 3 Uhr 15 war das Luftschiff 
schon von den Sappeurs an den Halteseilen, etwa 200 m von der Halle entfernt, gefaßt. 

Die Besatzung der Gondel bestand aus: Kommandant Bouttieaux, Kommandant 
Voyer, Kapitän Bois, Leutnant Delassus, Adjutant Degruffroy als Mechaniker. 

Es stehen für nächste Zeit die Übungs- und Erkundungsfahrten von Verdun aus 
in Aussicht. 

Man muß sich nun sagen: Die ganze Luftreise würde nicht angeordnet worden 
sein, wenn nicht die vorhergehenden Leistungen als entsprechend den Anforderungen 
erachtet worden wären, die an ein Festungsluftschiff herantreten können. Ziffernmäßig 
genaues besteht über das Wesentliche der Leistung der «Patrie» nicht und auch die 
Berichte über diese letzte Fahrt, bei der übrigens anzunehmen ist, das Schiff habe auch 
hier sein Bestes getan, geben nicht genügenden Anhalt über die Eigengeschwindigkeit. 
Man erfährt zwar, daß nach Trübung des Wetters und mittags eingetretenem Regen der 
«ungünstige Wind» aus Ost-Süd-Ost gegen Schluß der Fahrt sich verstärkt habe, doch 
ist keine brauchbare Aufzeichnung über Stärke, Richtung und Dauer der Luftbewegung 
gegeben. Bei der großen Genauigkeit und Umsicht, mit welcher man in Frankreich auf 
den Gebieten der Technik, Mechanik und Naturwissenschaft zu arbeiten pflegt, ist Fest¬ 
stellung der Eigengeschwindigkeit kaum außer acht gelassen worden. Ebenso wird man 
auch die Statistik der herrschenden Windstärken und Windrichtungen für jene Gegenden 
aufgestellt haben, in denen die «Lenkbaren» Dienste zu leisten haben. Über diese 
wesentlichsten Beurteilungselemente für die vermutliche Ausdehnung der Verwendbarkeit 
werden wir wahrscheinlich später nähere Aufklärungen erfahren. K. N. 


Bei einer am 29. November von Verdun aus unternommenen Fahrt, die Auf¬ 
klärungsübungen bezweckte, hatte die «Patrie» den zweiten Unfall. Der Motor versagte, 
aus welchen Ursachen war bisher mit Sicherheit nicht zu erfahren, und das Luftschiff 
wurde vom Winde weggetrieben. Es landete etwa 14 km von Verdun entfernt bei Nixe- 
ville. Die Reparaturen wurden so gefördert, daß das Luftschiff bereits am 1. Dezember 
einen neuen Aufstieg unternehmen sollte. An diesem Tage entriß es sich bei stürmischem 
Winde den Bedienungsmannschaften. Es wurde über England mit Kurs auf die Irische 


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See zu gesehen, schlug in der Nähe von Belfast (Irland) zweimal auf, wobei die Propeller 
abgerissen wurden, und ist wahrscheinlich in den Atlantischen Ozean gefallen. Ein 
Bericht über diesen bedauernswerten Unfall aus der Feder des Oberstleutnant Espitallier 
wird in einem der nächsten Hefte erscheinen. E. 


Die Luftschiffahrt im Etat 1908 des deutschen Reiches. 

Im Jahre 1908 sollen vom Deutschen Reiche, sofern der Reichstag die Mittel be¬ 
willigt, für die LuftschifTahrt folgende Aufwendungen gemacht werden: 

Jahresbeitrag zu den Kosten der Internat. Organisation für Luft¬ 
schiffahrt . 4 000 J(. 

Beitrag zu den laufenden Betriebskosten der Drachenstation am 

Bodensee für die Erforschung der oberen Luftschichten ... 7 400 » 

Bewilligt wurden bereits 1906 . 43 850 JC 

1907 . 22 400 > 

Sa. . . 66 250 Jt 

Zur Gewährung einer Entschädigung an den General der Kavallerie 
z. D. Dr. Ing. Grafen von Zeppelin und zum Erwerbe der 
beiden von ihm erbauten Luftschiffe. 2 150000 JL 

Im Etat für 1907 waren angesetzt 1 369 200 Jü 

Die letzte Forderung wird durch folgende Denkschrift begründet: 

Das Luftschiff des Grafen Zeppelin hat bei den Versuchsfahrten am 24., 25., 26., 
28., 30. September und 8. Oktober 1907 einwurfsfrei die großen Eigenschaften, die dem 
starren System innewohnen, erwiesen. Die Stabilität der Längsachse in horizontaler 
Richtung ist auch während der schnellsten Fahrt erhalten geblieben. Während die 
Seitensteuerung sich zwar als ausreichend, aber doch bei böigem Winde und ungleich¬ 
mäßigen Windstrombahnen als etwas schwierig und daher einer leicht auszuführenden 
Verbesserung als bedürftig erwiesen hat, bewährt sich die Höhensteuerung in vollstem 
Maße. Der Führer war zu jeder Zeit imstande, mit Hilfe der Höhensteuer durch Ände¬ 
rung der Neigung ihrer Horizontalflächen das Luftschiff lediglich durch dynamische 
Wirkung in wechselnde Höhenlagen zu bringen. Das Herabgehen aus der Höhe auf die 
Bodenseefläche vollzog sich ohne Schwierigkeit. Während der Fahrt sind weder Schwan¬ 
kungen noch Stöße zu spüren. Beim Arbeiten beider Motore erreichte das Luftschiff 
eine eigene Geschwindigkeit von rund 50 Kilom. in der Stunde. Die längste Fahrtdauer 
am 30. September 1907 betrug rund 8 Stunden. Die Fahrt wurde nur abgebrochen, 
um nicht in der Dunkelheit zu fahren. Ballast und Benzinmenge hätten völlig genügt, 
um eine Fahrt von gleicher oder größerer Dauer daran anzuschließen. Das Schiff hat 
die in die Zeit vom 24. September bis 8. Oktober fallenden Aufstiege mit der gleichen, 
nur ganz gering vermehrten Gasfüllung zurückgelegt. Diese Eigenschaften rechtfertigen 
es, schon jetzt die Mittel vorzusehen, um das bereits vorhandene und das im Bau be¬ 
griffene zweite Luftschiff des Grafen Zeppelin für Reichszwecke zu erwerben, wobei 
indessen der Ankauf davon abhängig gemacht werden soll, daß es Graf Zeppelin im 
Laufe des Jahres 1908 gelingt, mit seinen Schiffen, die sowohl hinsichtlich der Dauer 
der Fahrt wie der Geschwindigkeit, der Erreichung großer Höhen und der Sicherheit 
des Landens auf festem Boden zu stellenden Anforderungen der Reichsverwaltung zu 
erfüllen. Für die Bemessung des Kaufpreises sollen diejenigen Aufwendungen berück¬ 
sichtigt werden, die Graf Zeppelin im Laufe seiner mehr als 15 Jahre umfassenden 
Versuche aus eigenem Vermögen und aus ihm gegen Verpflichtung der Rückgabe dar¬ 
geliehenen Mitteln gemacht hat, unter Abzug aller Summen, die ihm schon bisher aus 
öffentlichen Fonds des Reichs und der Einzelstaaten, aus Lotterien oder Sammlungen 
ohne Rückgabeverpllichtung zugeflossen sind. Hiernach ergibt sich ein Preis von rund 
1 650 000 Jk Daneben soll dem Grafen Zeppelin eine Entschädigung für seine eigene 


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Arbeit gewährt werden. Für ihre Bemessung ist zu berücksichtigen, daß Graf Zeppelin 
unter den schwierigsten Verhältnissen und gegen Widerstände mannigfachster Art mit 
bewundernswerter Ausdauer und schöpferischem Geiste die Frage der Lenkbarkeit des 
Luftschiffs zu einer bisher nicht übertroffenen Lösung geführt, und daß er seit dem 
Jahre 1892 seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich der Erreichung dieses Zieles ge¬ 
widmet hat. Danach dürfte es angemessen sein, die Entschädigung auf den Betrag von 
500000 JL zu bemessen. 

In Anbetracht dieser Leistungen des Reichs ist in Aussicht genommen, gegebenen¬ 
falls für den Bezug weiterer Luftschiffe Vorzugspreise durch ein entsprechendes Ab¬ 
kommen auszubedingen. E. 

Die Fahrten der „Ville de Paris". 

Im Oktober- und November-Heft hat Oberstleutnant Espitalier die Aufstiege der 
«Ville de Paris» bis zum 11. September mitgeteilt. Seit dieser Zeit wurden mehrere 
recht gut gelungene Versuche unternommen. 

Phot. Rol, Paris. 



H. Kapfärer in der Gondel der „Vlile de Paris“ beim Ballastwerfen. 

Am 12. September 1907 machte das Luftschiff zwei Auffahrten, die erste vormittags 
9 1 /*, die nur 40 Minuten dauerte, die zweite (in diesem Jahre die 13. Fahrt) um 10 6 vorm., 
die bis 11 40 vorm, ausgedehnt wurde. Bei der Landung waren noch 185 kg Ballast vor¬ 
handen, die mittlere Höhe war 300 m. 

Am 13. September besuchte H. Deutsch de la Meurthe in seinem Lenkbaren seine 
Freunde bei einer Jagdpartie. Die Fahrten vom 17. und 20. September dauerten nur 
kurze Zeit, der ersteren wohnte der Fürst von Monaco bei, an der zweiten, die eine 
halbe Stunde dauerte, nahm Kapitän Ferber teil. Der 17. Aufstieg fand am 21. Sep¬ 
tember statt und führte nach Meudon, wo der «Patrie» ein Besuch abgestattet wurde. 
Er dauerte 1 */« Stunden, es wurden dabei etwa 50 km überflogen. Der Kommandant 
Bouttieux, der mit aufgestiegen war, erklärte sich von dem Gesehenen höchst befriedigt. 
Eine etwa gleich lange Fahrt wurde am 23. September unternommen, sie dauerte 1 Stunde 
20 Minuten und führte über etwa 48 km. Am 19. Aufstieg, der am Morgen des 24. Sep¬ 
tember vor sich ging und 45 Minuten dauerte, nahm der Fürst von Monaco teil; der 
20. Aufstieg am 25. September gelang trotz eines Windes von 11 m p. sec., der auf dem 
Eiffelturm gemessen wurde, sehr gut; seine Dauer betrug 35 Minuten. 


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Nach diesen Erfolgen zögerte der Besitzer des Luftschiffes nicht, es dem Kriegs¬ 
minister am 10. Oktober im Falle einer Mobilmachung zur Verfügung zu stellen. Das 
Angebot wurde angenommen, so daß die französische Luftschiffflotte im Kriegsfälle durch 
die erprobte «Ville de Paris» eine nicht zu unterschätzende Verstärkung erfährt. E. 


Aeronautische Übersicht. 

BalloiifUegcr „Clement“. Einen neuen Lenkbaren läßt Clement, der bekannte 
Automobilfabrikant, nach den Plänen Capazzas erbauen. Der Ballon wird ebenso, wie seine 
Automobile, den Namen «Bayard» führen. Der Tragkörper aus Gummistoff hat Linsen¬ 
form, einen Durchmesser von 42 m, eine Höhe von 7 m und einen Inhalt von 5051 cbm. 
Zwei Motore mit zwei Schrauben werden das Luftschiff fortbewegen. Es ist beab¬ 
sichtigt, die auf- und absteigenden Bewegungen durch die Form des Tragkörpers zur 
Fortbewegung zu benutzen, ähnlich wie es Wellner 1883 in Berlin versuchte. Die ersten 
Versuche sollen im nächsten Frühjahr stattfinden. Man geht wohl nicht fehl, wenn man 
annimmt, daß die Prinzipien dieses neuen Ballonlliegers in der französischen Patent¬ 
schrift 378 708, die unter dem Namen Clement veröffentlicht ist, gegeben werden, und wir 
werden nicht verfehlen, später näheres über das interessante Projekt mitzuteilen. E. 

Eine Rekordfahrt beabsichtigte der Londoner «Daily Graphic* mit einem eigens 
dazu gebauten Ballon zu unternehmen, jedoch konnte der Weit- oder Dauerrekord nicht 
geschlagen werden, dagegen wurde ein neuer Rekord für Meeresüberfliegung aufgestellt. 
Der Ballon «Mammuth» von 3550 cbm, erbaut von Gaudron, außer mit seinem Erbauer 
noch mit dem Besitzer Tannar, sowie mit M. Turner, Redakteur des «Daily Graphic», 
bemannt, stieg am 12. Oktober 1907 6 30 nachm, vom Kristallpalast auf und passierte mit 
östlichem Kurs die englische Küste gegen 11 Uhr abends. Die dänische Küste kam am 
Sonntag-Morgen in Sicht, die Landung erfolgte bei Toesso (Schweden) am 13. Oktober 
1 ! /* Uhr nachmittags. Die zurückgelegte Strecke in der Luftlinie beträgt 1170 km. E. 

<K 

Aerologie. 

Die Technik der Pilotballonaufstiege 

Von A. de Quervain (Zürich). 

Auf der Suche nach einer sichern und bequemen Methode für die Bestimmung 
der Flugbahn von Registrierballons zur Konstruktion eines besondern Theodoliten geführt, 
kam ich bald dazu, mit Hilfe dieses Instruments auch mit kleinen Gummiballons, sog. 
Pilotballons, entsprechende Versuche anzustellen. Der vorläufige überraschend gute 
Erfolg veranlaßle mich schon vor einiger Zeit zu verschiedenen Hinweisen auf die 
meteorologische Bedeutung dieser Methode. 1 ) Da dieselbe seither weiter ausgearbeitet 
worden ist und mir verschiedene Wünsche nach näheren Angaben zugekommen sind, 
möchte ich hier eine kurze Darlegung, namentlich in technischer Hinsicht bringen. 
Bei den Pilotballonaufstiegen wird die Absicht verfolgt (wolkenlosen oder nicht sehr 
tief bewölkten Himmel vorausgesetzt), die Bewegung der verschiedenen Atmosphären¬ 
schichten nach Richtung und Geschwindigkeit kennen zu lernen. Welchen meteorologischen 
Wert eine solche Kenntnis besitzt, habe ich schon an anderer Stelle auseinandergesetzt. 
Ich habe aber damals auch schon darauf hingewiesen,’) wie brauchbar solche Pilotballon- 

*) „Ein Vorschlag zur allgemeineren Verwendung von Pilotballonanvisieruugon zu meteoro¬ 
logischen Zwecken.“ „Das Wetter“, Berlin 1906, Maiheft. Siehe auch Beiträge zur Physik der freien 
Atmospärc, Bd. II. S. 77, und Protokoll der Konferenz der internationalen Kommission, Mailand 1906. 

-) Diese Zeitschrift 1906, S. 150. 


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anvisierungen bei wichtigen aeronautischen Versuchen, wie Aufstiegen von lenkbaren 
Luftschiffen sein müßten, und sehe nun mit Genugtuung, daß, so wie schon bei den letzten 
Zeppelinschen Aufstiegen am Bodensee, nun auch für die künftigen Aufstiege des 
Parsevalsehen Luftschiffs nach Angabe von Prof. R. Aßmann in der Tat solche 
Anvisierungen geplant sind zur Orientierung über die Bewegungsverhältnisse der höheren 
Luftschichten. 

Diese Orientierung also wird genau und auf einfache Weise erlangt dadurch, daß 
man von einem Punkt aus mit einem geeigneten Instrument in bestimmten Zeit¬ 
intervallen Höhenwinkel und Horizontalwinkel (Azimut) eines Ballons mißt, der mit 
bekannter Geschwindigkeit aufsteigt. Die gewünschten Größen, Horizontalgeschwindigkeit 
und Richtung, lassen sich dann rechnerisch und graphisch fast augenblicklich ableiten. 
Wir wollen nun die einzelnen in der Praxis der Pilotaufstiege in Frage kommenden Punkte 
der Reihe nach besprechen: 

Als Pilotballons vrerden am besten die kleinen Paturelsehen Gummiballons 
gewählt, 1 ) und zwar jene zu ö fr. oder 10 fr., 43 und 84 g wiegend. Wenn man diesen 
Ballons durch eine Wasserstoffüllung einen Anfangsauftrieb von 200 g gibt, pflegen sie 
noch eine Höhe von 7000—8000 m zu erreichen. Je nachdem können sie auch bis 
über 12000 m steigen, oder aber schon in 5000 m Höhe platzen. Eine mittlere Maximal¬ 
höhe läßt sich nicht genau angeben, weil es gerade bei den allergrößten Höhen unent¬ 
schieden bleiben kann, ob der Ballon geplatzt oder dem übermüdeten Auge unsichtbar 
geworden ist. Es scheint kein dem Preis entsprechender Unterschied zwischen den 
Leistungen der 5 fr.-und 10 fr.-Ballons zu bestehen, soweit meine Erfahrung reicht. Wir 
haben in Zürich seit einem Jahr unsern 1500 mm-Registrierballons jeweilen einen 5 fr.- 
Pilotballon mit 100 g Auftrieb als Tandemersatz mitgegeben, und diese kleinen Piloten 
haben die Maximalhöhe von 12—13 km fast immer glücklich ausgehalten und bei der 
Landung in gewünschter Weise als Signale funktioniert. Einige später verwendete 10 fr.- 
Ballons haben sich eher weniger gut bewährt. 

Was die zu wählende Vertikalgeschwindigkeit dieser Ballons betrifft, müssen 
zwei entgegengesetzt wirkende Faktoren in Betracht kommen. Zur Vermeidung starken 
Abtreibens bei großen Windgeschwindigkeiten und im Interesse einer schnellen Durch¬ 
führung der Versuche sollte die Vertikalgeschwindigkeit groß sein; der hierzu nötige 
große Anfangsauftrieb beschränkt aber die erreichbare Maximalhöhe. Ein Anfangsauftrieb 
von 200 g wird im allgemeinen beiden Anforderungen am besten entsprechen. Es ist 
übrigens bei weitem nicht möglich, am Erdboden den Ballons durch Füllen mit Wasser¬ 
stoff eine solche Ausdehnung zu geben, wie sie beim freien Schweben tatsächlich erreicht 
wird. Dieser Umstand bringt es mit sich, daß die von den Maximalhöhen der 5 fr.- 
Ballons ausgehende Überlegung nicht zutrifft, mit entsprechend billigeren Ballons nun 
wenigstens Höhen von 4 — 5000 m sicher erreichen zu können; das Verhältnis wird 
ziemlich viel ungünstiger, auch schon wegen des mit der Höhe immer langsamer ab¬ 
nehmenden Luftdrucks. Bei den Pilotaufstiegen aus Anlaß der letzten Zeppelinschen 
Fahrten verwendete ich Piloten von ca. 22 g Gewicht, für die ich durch in der Ballon¬ 
halle angestellte Versuche bei 20 g Auftrieb eine Steiggeschwindigkeit von rund 100 m 
in der Minute fand. Wenn es sich, wie in diesem Falle, darum handelt, hauptsächlich 
Angaben aus den untern Schichten und bei schwacher Windbewegung zu erhalten, 
genügen oft solche kleineren Ballons mit kleinerer Steiggeschwindigkeit. 

i) Die oft verlangte Adresse ist: H. Paturel, Fabrique de ballons, Paris, Rue d’Avron 123. — 
Übrigens möchte ich bemerken, daß die schon früher von Herrn Prof. Kremser vorgeschlagenen Pilot¬ 
ballons aus Papier in gewissen Füllen immer noch vorteilhafte Verwendung linden dürften, resp. ge¬ 
funden haben, z. B. bei den Pilotaufstiegen auf dem Meer bei der Expedition Teisserenc de Bort-Rotch. 
*Als ich selbst auf das Interesse der Pilotballonvisierungen hinwies und gleichzeitig eine bequeme Methode 
angab, waren mir die 13 Jahre zurückliegenden ganz analog begründeten Vorschläge Kremsers unbe¬ 
kannt geblieben. (S. Zeitschr. f. Luftschiffahrt 1893, S. 57—64 und Meteor. Zeitschr. 1893, S. 198 und 
S. 143.) Es ist nur schade, daß die damals in Aussicht gestellte Versuchsscrie nicht zur Durchführung 
gekommen ist. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^ 


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Wichtig ist die genaue Feststellung der Vertikalgeschwindigkeit, die 
einem bestimmten Auftrieb entspricht. 1 ) Zu diesem Zweck habe ich vor einigen Monaten 
im 21 m hohen Mittelschiff des Großmünsters in Zürich mit Erlaubnis des Hochbauamts 
und Unterstützung der Schweiz, meteorologischen Zentralanstalt eine große Anzahl 
möglichst genauer Versuche ausgeführt, wobei mir mein Kollege Dr. R. Billwiller und 
Herr Abwart Gamper bestens behilflich waren. Die Zeitdifferenzen zwischen dem Passieren 
einer bestimmten Anfangsmarke (bei welcher der Ballon schon seine Geschwindigkeit 
erlangt hatte) und dem Anschlägen am Schlußstein des Kreuzgewölbes wurden mit einem 
von Herrn Prof. Weiß zur Verfügung gestellten Hipp sehen Chronoskop bestimmt, das 
0,001 Sekunden abzulesen gestattete; da aber die Auslösung durch den Beobachter selbst 
mit einem elektrischen Taster geschah, wurden nur die Hundertstel abgelesen. Immerhin 
wurde so diese Fehlerquelle möglichst reduziert. Die Ballons wurden zum Teil am lose 
ausgelegten Faden aufgelassen, zum Teil (ohne daß sich ein Unterschied zeigte) ganz 
frei. Im letztem Fall fiel dem auf der Gewölbekappe postierten Gehilfen die Aufgabe 
zu, von oben durch eine Öffnung im Schlußstein jedesmal den Ballon zu angeln und 
mit einem Gewicht beschwert wieder in die Tiefe zu senden (die zahlreichen Fremden, 
die den altehrwürdigen romanischen Bau besuchten, bekamen angesichts solcher wissen¬ 
schaftlich-profanen Nutzanwendung einen merklichen Respekt vor dem «praktischen Sinn 
der Schweizer»). Es ergaben sich folgende Resultate, wobei jede Zahl den Mittelwert 
einer Serie von 10—12 Einzelversuchen darsteitt: 



Ballon von 43 g 


Ballon von 84 g 


Auftrieb 

100 g 

150 g 

200 g 

100 g 

1 150 g ! 

200 g 

250 g 

Vertikal- ( nrn 

geschwindigkeit j 

2,60 

3,08 

3,34 

2,42 

1 

2,87 

i 

3,39 

1 

3,73 

m. p. s. 1 frei 

2,60 

3,01 

3,33 

2,43 

i 

— 

— 


Die so bestimmte Steiggeschwindigkeit von 3,33 Meter für 200 g Auftrieb (resp. 
3,39 für die größere Ballonsorte) fand eine vorzügliche Bestätigung bei einem ad hoc 
unternommenen Versuch, wobei ich bei geschlossener Altostratusdecke gleichzeitig einen 
Registrierballon und einen 5 fr.-Pilotbalion mit 200 g Auftrieb steigen ließ. Nach genau 
12 Minuten (zufällig gleichzeitig) erreichten beide an derselben Stelle die Wolkendecke; 
da diese der nachträglichen Auswertung des Registrierdiagramms zufolge 2420 m über 
dem Boden schwebte, ergibt sich für den Registrierballon wie für den Pilotballon die 
Steiggeschwindigkeit 3,36 m. Ferner entspricht dies nach einer gütigen Mitteilung des 
Straßburger Meteorologischen Instituts dem Wert (3,3), der dort als mittlere Vertikal¬ 
geschwindigkeit für 200 g durch Anvisieren mit 2 Theodoliten gewonnen worden ist. 
Es darf also die Vertikalgeschwindigkeit den Rechnungen zugrunde gelegt werden. 
Für eine weitere Bestätigung und Untersuchung der Vertikalgeschwindigkeit, namentlich 
in sehr großen Höhen, sind Anvisierungen von zwei Punkten aus (mit entsprechender 
Schärfe der Ablesungen!) immer noch erwünscht. Hingegen möchte ich betonen, daß 
dieselben für die allgemeine Praxis meist zu kompliziert sind. Der Wert und die all¬ 
gemeine Verwendbarkeit der Methode beruht ja gerade darauf, daß sie sehr einfach sein 
will. Es genügen Visierungen von einem Punkt aus zunächst völlig, selbst wenn die 
Resultate etwas weniger genau werden. Es ist wahrhaftig besser, etwas weniger genaue 
Messungen sich vorzunehmen, die man dann aber wirklich so häufig, wie es nötig ist, 
ausführt und auch ausrechnet, als sich auf eine zwar noch genauere Methode zu 
versteifen, die aber um der Komplikation der technischen Ausführung und Rechnung 
willen sich in den meisten Fällen sozusagen selbst den Hais umdreht. Etwas anderes ist 

') Von der Methode, den Pilotballon zu diesem Zweck an einem 20—50 m langen Faden bei 
ruhigem Wetter im Freien aufsteigen zu lassen, bin ich nach verschiedenen Versuchen abgekommen, 
weil man offenbar doch nicht sicher sein kann, daß nicht in diesen bodennahen Schichten vertikale 
Luftbewegungen das Resultat erheblich beeinflussen. 


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es, wenn Mittel und Hilfskräfte im Überfluß zur Verfügung stehen; dies ist aber eine 
Ausnahme. 

Der Grad der Genauigkeit dieser Methode hängt wesentlich davon ab, wie weit 
bei der Berechnung die Annahme zutrifft, daß die Vertikalgeschwindigkeit bis zu großen 
Höhen, zunächst bis etwa 10000 m, konstant bleibe. Herr Prof. H. Hergeseil hat theoretisch 
abgeleitet, daß diese Konstanz annähernd zutreffen muß; in den größten Höhen sollte 
die Steiggeschwindigkeit sogar noch etwas zunehmen (die Steiggeschwindigkeiten sollen 
sich verhalten umgekehrt wie die ßten Wurzeln aus der Luftdichte; hiernach würde 
die Geschwindigkeit in 10000 m 1,18 mal größer sein als am Boden). Dieser Zunahme 
wirkt aber der Gasverlust entgegen, und tatsächlich habe ich gefunden, daß bei den in 
Straßburg aufgestiegenen Registrierballons die Vertikalgeschwindigkeit in den ersten 
10 km bis auf einige Prozent konstant bleibt. Die gleiche Annahme darf auch für Pilot¬ 
ballons gemacht werden; kontrollierende Messungen wären natürlich wichtig. Jedenfalls 
darf man nicht vergessen, daß selbst dann, wenn die unkontroliierbaren Schwankungen 
in der Vertikalgeschwindigkeit größer sein sollten, als erwartet, die hauptsächlichen 
Resultate doch nicht sehr darum leiden würden. Kontrollmessungen habe ich selbst 
versucht auf die Weise, daß ich bei einigen Registrieraufstiegen zugleich auch einen 
Pilotballon steigen ließ und diesen mit einem zweiten Theodoliten verfolgte. Ein Ver¬ 
gleich der sich ergebenden Horizontalgeschwindigkeiten sollte zeigen, welche Vertikal¬ 
geschwindigkeiten für den Pilotballon wirklich vorhanden waren. Leider mußte für die 
Verfolgung des Pilotballons noch ein unzulänglicher Theodolit verwendet werden, sodaß 
die Vergleichung für höhere Schichten nicht mehr möglich war; und in den untern 
Schichten herrschte zur Zeit jener Aufstiege zufällig eine so geringe Windbewegung, daß 
die Vergleichung keine sicheren Resultate gab. Doch sollen die Kontrollversuche fort¬ 
gesetzt werden, da sie als solche ebenso empfehlenswert scheinen, wie die Visierung 
von zwei Punkten aus. 

Hierher gehört noch die Frage, welchem Gesetz bei den Gummiballons die Be¬ 
ziehung zwischen Auftrieb und Vertikalgeschwindigkeit gehorcht. Ich habe s. Z. dar¬ 
getan, daß für die Straßburger Registriertandems die Vertikalgeschwindigkeit V der 
Quadratwurzel aus dem Auftrieb A proportional ist. Es galt dort mit großer Annäherung 
(Meter und kg) V = 3,2 ^ A. Auch für die Zürcher Soloregistrierballons trifft diese 
Beziehung zu, nur mit anderer Konstante 1 ): V = 2,3 y A. Bei den Pilotballons da¬ 
gegen ist innerhalb der von mir untersuchten Grenzen die Kubikwurzel zu nehmen. 
Speziell für die 5 fr.-Piloten wurden die von mir gemachten Messungen innerhalb der 
Versuchsfehler mit völliger Schärfe wiedergegeben durch die Formel 

3 _ 

V = 5,70 y A 


Auftrieb A: 0,100 

0,150 

0,200 kg 

Geschwindigkeit f gemessen: 2,60 

3,04 

3,33 

in m \ Formel: 2,62 

3,04 

3,33 


Von meinem Kollegen, Herrn Dr. Kleinschmidt, wurde ich bei Anlaß der Mit¬ 
teilung meiner Resultate aufmerksam gemacht, daß theoretisch nicht die dritte, sondern 
die sechste Wurzel sich ergebe, was in der Tat zutrifft, und sich leicht ableiten läßt. 
Für die praktischen Konsequenzen wird man sich angesichts der oben gezeigten Über¬ 
einstimmung wohl besser an meine empirische Formel halten. 

Für die Füllung und Auftriebsbestimmung der Pilotballons habe ich die 
nachstehend abgebildete kleine Vorrichtung konstruiert, die als Wage funktioniert und 
gestattet, dem Ballon, ohne weiteres Hin- und Herprobieren, einen bestimmten Auftrieb 

>) Auf die Ursache dieser zunächst ganz paradoxen Verschiedenheit der Konstanten näher ein¬ 
zugehen, würde hier zu weit führen. Ich bemerke nur, daß es sich um die beim Fallschirmballon viel 
größere Oberflächenreibung handeln muß. Das Tandemsystem ist hier in einen ganz wesentlichen 
Vorteil. 


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zu geben. Der Ballon wird bei B. aufgestülpt, darunter wird der gewünschte Auftrieb 
als Gewicht hingelegt und bei A der Wasserstoffschlauch angeschlossen. Sobald der Auf¬ 
trieb erreicht ist, kippt der Wagearm und der Ballon wird abgebunden. Das Abbinden 
kann nach meiner Erfahrung ohne Nachteil und ganz bequem mit einem dickem Bind¬ 
faden geschehen und ist so wohl 
noch einfacher und schneller ge¬ 
macht als das von Herrn Prof. 
Aß mann kürzlich beschriebene 
Verfahren, D das ich zwar auch be¬ 
quem fand. Der innere Überdruck, 
der gleich nach Beginn der Füllung 
sein Maximum mit ca. 220 mm 
Wasser erreicht und nachher auf 
90—110 mm herabsinkt, verlangt 
übrigens das anfänglich meist für 
nötig erachtetekrampfhafte Ab¬ 
schnüren nicht. 

Die MessungderHöhen- 
winkel und Azimute wird am 
besten mit Hilfe des nebenstehend 
Fi &- 1 abgebildeten, nach meinen An¬ 

gaben seit 3 Jahren von der Firma J. und A. Bosch in Straßburg konstruierten Spezial¬ 
theodoliten ausgeführt.2) Dies Instrument hat den wesentlichen Vorteil, daß die Fem- 
rohraxe durch Einschaltung eines Prismas gebrochen angeordnet ist, so daß das Okular 
bei allen Höhenwinkeln seine unveränderte, für die Augenhöhe passende Lage beibehält. 
Wichtig ist ferner, daß der Kreis so geteilt ist, daß er mit einem einzigen Blick abgelesen 
werden kann ; in den meisten Fällen, für die Pilotballons stets, genügt die Ablesung auf 

0,1-Grade. Auf Wunsch wird aber der eine 
Index auch zu genauerer Noniusablesung ein¬ 
gerichtet. Es ist ferner eine schnell wir¬ 
kende Feinstellvorrichtung mit Schraube 
ohne Ende vorhanden, die gewöhnlich fe¬ 
dernd am Kreis anliegt, aber mit einem 
kleinen Ruck sofort ausgeschaltet werden 
kann. Mit Hilfe eines direkten Diopters 
wird der Pilotballon, den man während der 
1—2 ersten Minuten, besser nicht länger, 
noch mit dem Diopter verfolgen wird, zu 
Anfang der Visierungen in das Gesichtsfeld 
gebracht. Wenn er sich noch sehr stark 
im Winkel bewegt, ist dies ein etwas kriti¬ 
scher Augenblick; es ist gut, wenn man sich 
den Ballon vom Gehilfen ins Feld des Fern¬ 
rohrs geben läßt, obschon man es im Not¬ 
fall auch allein fertig bringt. Bei solchen 
Visierungen ist überhaupt eine gewisse Ge¬ 
wandtheit erforderlich, die sich aber leicht 
gewinnen läßt. Mir selbst z. B. ist bei 
Dutzenden von Visierungen kaum jemals ein Pilotballon «entronnen», und die Anlernling 
eines — sonst nicht mit solchen Instrumenten vertrauten — Ersatzmannes führte nach ganz 


') Diese Zeitschrift 1907 S. 274. 

*) Auch die beiden andern hier beschriebenen Hilfsapparate werden von dieser Firma geliefert 
in einer gegen die Abbildungen noch etwas verbesserten Form. 


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kurzer Übung zu ähnlicher Gewandtheit. Nach Bedürfnis kann man übrigens auch den Diopter 
mit gebrochener Axe einrichten, und bei Pilotballons, deren Bahn man etwa von vorn¬ 
herein nicht bis zu Ende verfolgen will, ein Okular mit geringerer Vergrößerung und 
größerem Gesichtsfeld wählen. Aber nach meinen und anderer Erfahrungen paßt das 
Instrument, so wie es für Registrierballons konstruiert, auch ebensogut für Pilot- 
anvisierungen. Von dem öfters überlegten Plan, dasselbe so zu gestalten, daß ein ein¬ 
ziger Beobachter genügt, bin ich nach reiflicher Erwägung immer wieder zurück¬ 
gekommen, nicht weil es untunlich wäre, sondern weil ein wirklicher Vorteil nur in 
den seltensten Fällen erwachsen würde. ! ) 

Auf die Erreichung einer besonders guten optischen Leistung des Theodoliten- 
fernrohrs ist besonders Bedacht genommen worden. Sie ist auch wirklich so vorzüglich, 
daß man bei hellem Himmel die kleinen Pilotballons wie die Registrierballons fast immer 
bis zur größten Höhe verfolgen kann. Die Sichtbarkeit der ersteren ist übrigens an sich 
schon eine unerwartet gute. Ich darf wohl allgemein erwähnen, daß das beschriebene 
Instrument sich nach ausdrücklichen Angaben der Benutzer überall, wo es verwendet 
worden ist (Straßburg, München, Lindenberg, Hamburg, Guadalajara, Expeditionen nach 
Spitzbergen und nach Lappland) völlig bewährt hat. 

Es empfiehlt sich sehr, bei den einzumessenden 
Punkten der Flugbahn sich immer an dieselben Höhen¬ 
stufen zu halten. Eine Vertikalgeschwindigkeit von 
3,33 m für 200 g Auftrieb zugrunde legend, pflegen 
wir in Zürich alle 150 Sekunden einen Punkt fest¬ 
zulegen; dies entspricht Höhenintervallen von 500 m. 

In fünf Minuten steigt also der Pilot liebenswürdiger¬ 
weise gerade um 1000 m. Wenn besondere Ände¬ 
rungen zwischenhinein Vorkommen, werden sie natür¬ 
lich auch notiert. Besonders zu Anfang des Aufstiegs 
werden häufigere Ablesungen, vielleicht von 100 zu 
100 m, regelmäßig zu machen sein, um die gerade in 
den untersten Schichten starken Änderungen schön 
zu erhalten. 

Der Fernrohrbeobachter liest mit dem freien 
Auge zugleich auch den Höhenwinkel ab. Der Ge¬ 
hilfe gibt die Zeit an, liest das Azimut ab und macht 
alle Notierungen; er hat auch zwischenhinein Zeit, 
mit dem Rechenschieber und mit eventueller Benutzung einer kleinen auf Karton ge¬ 
zogenen Kotangententafel gleich die zugehörige Entfernung R des Ballons in der Hori¬ 
zontalprojektion aus Zeit (resp. Höhe H) und Höhenwinkel a zu berechnen (R = H cotg a) 
und einzuschreiben. 

Ist dann die ganze Beobachtungsserie, die bei einem Aufstieg bis auf 10000 m 
50 Minuten dauert, zu Ende (oder, wenn es sein muß, noch während derselben), so 
werden die aufeinanderfolgenden Entfernungen mit einem Transporteur in der Richtung 
des zugehörigen Azimuts auf ein Zeichnungsblatt aufgetragen, am besten im Maßstab 
1 : 50000. Die Horizontalgeschwindigkeiten und Richtungen zwischen den 500 m Höhen¬ 
stufen können dann dieser sehr schnell ausgeführten Darstellung der Horizontalprojektion 
unmittelbar entnommen werden. Bei dem vorgeschlagenen Maßstab z. B. sind die in 
Millimeter gemessenen Streckenintervalle bloß durch 3 zu dividieren, um die Ge¬ 
schwindigkeit in Metern zu geben; es ist bequem, sich gleich einen von 3 zu 3 geteilten 
Maßstab anzuferfigen. Zur Auftragung der Entfernungen habe ich nebenstehend 
abgebiideten Präzisionstransporteur mit 1 m langem (in der Figur abgeschnitten) bis 
auf 50 km Entfernung geteilten Arm anfertigen lassen, der sich mir und andern Be¬ 
nutzern recht bequem erwiesen hat. 

») S. auch Zeitschr. f. Instrumentenkmule 1905 S. 137. 



Fig. 3 


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Auf die bisher mit dieser Methode der Pilotbalionanvisierung erhaltenen Resultate 
einzugehen, möchte ich auf eine andere Gelegenheit versparen und hier nur bemerken, 
daß z. B. in Zürich im Laufe des letzten Jahres schon einzelne interessante Aufstiegs¬ 
serien durchgeführt worden sind, 1 ) daß ferner die Methode schon jetzt in einigen pro¬ 
gnostischen Zweifelsfällen brauchbare Anhaltspunkte gegeben hat. Entsprechend dem 
von mir letztes Jahr im «Wetter» gemachten Vorschlag und in Erkennung des Interesses 
solcher systematisch durchgeführter Versuche hat denn auch auf Antrag von Herrn 
Dir. Maurer die schweizerische meteorologische Kommission einen besonderen Kredit 
gewährt für die künftige regelmäßige Ausführung solcher Pilotaufstiege an der Zentral¬ 
anstalt im Zürich, nicht nur zu allgemein wissenschaftlichen, sondern auch direkt pro¬ 
gnostischen Zwecken. Möchte man anderswo diesem Beispiel folgen. Ich möchte aber 
an dieser Stelle noch betonen, daß nicht nur zu meteorologischen Zwecken, sondern bei 
allen aeronautischen Sportaufstiegen (z. B. Ziel-, Dauer- und Weitfahrten) die 
Pilotballonmessungen (nicht nur das bloße Fliegenlassen) zur Orientierung allgemeine 
Anwendung finden sollten. Die Mühe kommt gegenüber dem Vorteil ganz genauer 
Informationen kaum in Betracht. 


Internationale Kommission fUr wissenschaftliche Luftschiffahrt. 

Übersicht Uber die Beteiligung an den internationalen Aufstiegen. 

5., 6. und 7. Dezember 1906. 

Trappes. Keine Nachricht. — Ueele. 6. Dezember, Gummiballon 11940 m. — Oxshott 
ö. Dezember, Drachen 1000 m; 6. Dezember, Drachen 690 m. — Petersfield. 6. Dezember, 
Drachen 525 m. — Guadalajara. 5. Dezember. Papierballon 8700 m; 6. Dezember, Papier¬ 
ballon 9180 m; 7. Dezember, Registrierballon 10610 m; Pilotballons. — Pavia. 5. Dezember, 
Registrierballon 7100 m; 6. Dezember, Registrierballon 8890 m; 7. Dezember, Registrier¬ 
ballon ca. 8000 m. — Zürich. 6. Dezember, Registrierballon beim Füllen geplatzt; 2 Pilot¬ 
ballons 8000 m. — Straßburg. 5. Dezember, Gummiballon 7650 m; 6. Dezember, Gummi¬ 
ballon 8900 m; Pilotballon; 7. Dezember, Pilotballon; 8. Dezember, Gummiballon 7100 m. 
Hamburg. 5. Dezember, Gummiballon, noch nicht gefunden; 6. Dezember, Gummiballon 
10960 m; 7. Dezember, Gummibaiion 9100 m. — Lindenberg. 5. Dezember, Drachen 
24:40 m; 6. Dezember, Drachen 1760 m; Gummiballon 1670 m; 7. Dezember, Drachen 
2820 m; Gummibaiion 1840 m; Bemannter Ballon 1490 m. — München. (Met. Z.) 
5. Dezember, Gummiballon 14170 m; 6. Dezember, Gummiballon 10 730 m; 7. Dezember 
Gummiballon 12 260 m. — München, (v. B.) 6. Dezember, Gummiballon 12 600 m. — 
Wien. 5. Dezember, Bemannter Ballon 2990 m. — Pawlowsk. 5. Dezember, Drachen 
3170 m; Registrierballon, noch nicht gefunden; 6. Dezember, Drachen 860 m; Registrier¬ 
ballon noch nicht gefunden; 7. Dezember, Drachen 2620 m; Registrierballon noch nicht 
gefunden. — Koutchino. 6. Dezember, Registrierballon 18 1000 m. — Jekaterinburg. 
5. Dezember, Drachen 2140 m. — Blue Hill. 8. Dezember, Drachen 1430 m. 

Berichtigung. Versehentlich sind in der Übersicht vom 9. November 1905 die 
Aufstiege von Lindenberg nicht abgedruckt worden. Die Drachen erreichten dort an 
diesem Termin eine Höhe von 4460 m, der Gummiballon 15 365 m. 

14. Jauuar 1907. 

Trappes. Keine Nachricht. — Uccle. Gummiballon 16 550 m. — Pyrton Hill. (Mr. W 
H. Dines). Drachen 1260 m. — Petersfield. Drachen 1390 m. — Brighton. Drachen 
1000 m. — Guadalajara. Bemannter Ballon 2040 m. — Rom. Keine Nachricht. — 
Zürich. 14.—18. Januar, Serie von Pilotballons 7000—11 000 m. — Straß bürg. Gummi¬ 
ballon 11900 m; Nachtag Pilotballons. — Hamburg. Gummiballon 5840 m. — Linden¬ 
berg. Drachen 2520 m; Gummiballon, noch nicht gefunden. — München. (Met. Z.). 

') Meteorolog. Zeitschrift Dez. 1907. Pilotballonauvisierungeu in Zürich etc. 


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Gummiballon, noch nicht gefunden. — Wien. Kein Aufstieg. — Pawlowsk. Drachen 
2010 m; Registrierballon, noch nicht gefunden. — Koutchino. Gummiballon noch nicht 
gefunden. — Kasan. Kein Drachenaufstieg wegen zu schwachen Windes. — Jekaterinburg« 
Drachen 780 m. — Blue Hill. 15. Januar, Drachen 2090 m. — Mount Weather. Drachen 
1840 m. 

7. Februar 1907. 

Trappes: keine Nachricht. — Uccle: Gummiballon 18470 m. — Pyrton Hill: 
Drachen 1290 m. — Brighton : kein Aufstieg. — Pa via: Gummiballon 9860 m. — Zürich: 
kein Aufstieg wegen ungünstiger Witterung. — Straßburg: Gummiballon 11300 m; 
8. Februar: Gummibaiion 8340 m; an beiden Tagen Pilotballon-Visierungen. — Hamburg: 
keine Nachricht. — Lindenberg: Drachen 2290 m; Gummiballon noch nicht gefunden. 
München (Met. Zentr.): Gummiballon 13 400 m. — Wien : Gummiballon ca. 4000 m; be¬ 
mannter Ballon 3530 m. — Pawlowsk : Drachen 3490 m; Registrierballon 15100 m. — 
Koutchino: keine Nachricht. — Kasan: kein Aufstieg wegen ungenügenden Windes. — 
Jekaterinburg : Drachen 1320 m. — Blue Hill: Drachen 500 m. — Mount Weather: 
Drachen 1690 m. 

7. Mürz 1907. 

Trappes: keine Nachricht. — Uccle: keine Nachricht. — Pyrton Hill: Drachen 
1000 m. — Brighton: Drachen 890 m. — Guadalajara : Pilotballons. — Paria: Gummi¬ 
ballon 8410 m. — Zürich : wegen ungünstiger Windverhältnisse am 6.-8. März nur Pilot¬ 
ballons visiert. — Straßburg: Gummibaiion 15600 m; am 4.-7. März Pilotballons. — 
Mühlheim (Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt): bemannter Ballon. — Hamburg: 
Drachen 3080 m; über Registrierballon keine Nachricht. — Lindenberg: Drachen 3730 m; 
Gummiballon noch nicht gefunden; bemannter Ballon 6730 m. — München (Met. Zentr.): 
Gummiballon 10430 m. — Wien: keine Nachricht. — Pawlowsk: Drachen 1950 m; 
Registrierballon noch nicht gefunden. — Koutchino: keine Nachricht. - Kasan: kein 
Aufstieg wegen ungenügenden Windes. — Jekaterinburg: Drachen 1940 m. — Blue 
Hill: kein Aufstieg. — Mount Weather: Drachen 1540 m. 

11. April 1907. 

Trappes: Papierballon 16390 m. — Uccle: Gummiballon 16250 m. — Pyrton Hill: 
Drachen 1300 m. — PetersÜeld: Gummiballon, keine Registrierung. Wegen zu schwachen 
Windes kein Drachenaufstieg. — Brighton: Drachenaufstieg 710 m. — Guadalajara: 
Pilotballon. — Pavia: Gummibaiion 15000 m. — Zürich: Pilotbällonaufstiege. — 
Straßburg: Pilotballons; Gummiballon 15000 m. — Frankfurt a. M. (Physikal. Verein): 
(Aufstieg in Bitterfeld): Bemannter Ballon 1890 m. — Hamburg: Drachenaufstieg 2600m. 

— Lindenberg: Drachen ca. 3700 m; Gummiballon noch nicht gefunden. — München 
(Met. Zentr.): Gummiballon. — Wien: Gummiballon 5780 m; Bemannter Ballon 3930 m. 

— Pawlowsk: Drachen 2770 m; Registrierballon noch nicht gefunden. — Koutchino: 
Registrierballon 14500 m. — Kasan: Wegen zu schwachen Windes kein Drachenaufstieg. 

— Blue Hill: Kein Aufstieg. 

2. Mai 1907. 

Trappes: Papierballon 13120 m. — Uccle: Keine Nachricht. — Pyrton-Hill: 
Drachen 2500 m. — Brighton (4. Mai): Drachen 700 m. — Guadalajara: Pilotballon.— 
Pavia: Gummiballon 20640 m. — Zürich: Pilotaufstiege. — Straßburg: Gummiballon 
13000 m. — Frankfurt a. M.: Bemannter Ballon 2360 m. — Hamburg: Keine Nachricht. 
Lindenberg: Drachen 3610 m; Gummiballon; Bemannter Ballon 4275 m. — München: 
Gummiballon. — Wien: keine Nachricht. — Pawlowsk: Drachen 3470 m; Registrierballon 
noch nicht gefunden. — Koutchino: Registrierballon 14000 m. — Kasan: Drachen 800m. 

— Jekaterinburg: Drachen 2200 m. — Blue Hill: Drachen 1770 m. — Mount Weather 
(3. Mai): Drachen 1160 m. — Simla (Indien. The Meteorological Reporter to the 
Government of India): Pilotballons am 3. und 4. Mai bis zu 22500 m. 


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500 €««♦ , 


Nachtrag zu früheren Übersichten. 


Trappes: 8. 

November 

1906. 

Registrierballon 15710 m. 

5. 

Dezember 

» 

» 

12590 m. 

6. 

Dezember 

» 

» 

14640 m. 

7. 

Dezember 

* 

» 

13460 m. 

14. 

Januar 

1907. 

» 

12730 m. 

7. 

Februar 

> 

» 

13510 m. 

7. 

März 


» 

noch nicht gefunden. 


Uecle: 7. März 1907. Gummiballon 12630 m. 

Paria: 14. Januar 1907. Gummiballon 13410 m. 

Frankfurt a.M.: 6-/7. Februar 1907. Bemannter Ballon 3600 m. 

Wien: 7. März 1907. Bemannter Ballon 2300 m; Gummiballon 11170 m. 

Pawlowsk: 8. November 1906. Registrierballon 18980 m. 

5. Dezember » » 9700 m. 

6. Dezember > » 10750 m. 

7. Dezember » * 7440 m. 

6. Juni 1907. 

Uecle: Registrierballon noch nicht gefunden. — Pyrton Hill: Drachen 660 m; 
5. Juni: Registrierballon 8800 m. — Petersfield: 4 Pilotballons. — Brighton: Drachen 
820 m. — Paria: Gummiballon 11700 m. — Zürich: Gummiballon 12 500 m. Vor- und 
Nachtag Pilotballon 10—15 000 m. — Straßburg: Gummiballon 15000 m; am 4. und 
5. Juni Pilotballons. — Frankfurt a. M.: Bemannter Ballon. — Hamburg: Drachen 
2500 m; Gummiballon. — Lindenberg: Drachen 3190 m; Gummiballon 2440 und 3000 m. 

— München (M. Z.): Gummiballon 21140 m. — Wien: Bemannter Ballon 3875 m. — 
Pawlowsk: Drachen 1680 m; Registrierballon 4770 m. — Kasan: Drachen 830 m. — 
Jekaterinburg: Drachen 1920 m. — Blue Hill: (7. Juni) Drachen 2000 m. — Mount 
Weather: Drachen 2690 m. 

4. Juli 1907. 

Uecle: kein Aufstieg. — Pyrton Hill: Drachen 810 m; Registrierballon 8600 m. 

— Brighton: Drachen 854 m. — Paria: Registrierballon 21000 m. — Zürich: Pilotauf¬ 
stiege. — Straßburg: Mehrere Ballons beim Füllen geplatzt, so daß kein Aufstieg mög¬ 
lich war; Pilotballons. — Hamburg: Drachen 4340 m; Gummiballon. — Lindenberg: 
Drachen 5415 m. — München: Gummiballon ca. 23 000 m. — Pawlowsk: Drachen 
3800 m; Registrierballon noch nicht gefunden. — Jekaterinburg: Drachen 2280 m. — 
Blue Hill: Drachen 1228 m; außerdem wurden Beobachtungen in verschiedenen Höhen 
des Mount Washington gemacht. — Mount Weather: Drachen I960 m. 

22.-27. Juli 1907. 

Trappes (Observatoire de M6t6rologie dynamique): 

22. Juli. Registrierballon 13490 m. 

23. > > 16060 m. 

24. » » 11510 m. 

25. > » 15500 m. 

26. > > 14170 m. 

27. » » 12 710 m. 

Französ. Marine, Azoren (Croiseur «Forbin»): 

22. Juli. Registrierballon (11 Min.). 

23. * > 7000 m. 

24. » > 10000 m. 

25. » * 20000 m. 


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Sttdlich der Azoren (Expedition Teisserenc de Bort und Rotch, Yacht «Otaria»: 
Nähere Nachrichten sind noch nicht eingegangen. 

Azoren (Service m6t6orologique): 

22.—26. Juli. 8 Pilotballonaufstiege bis zu 7100 m. 

Uccle (Service m6t6orologique de Belgique): 

24. Juli. Registrierballon 21140 m. 

25. * 


Pyrton Hill (Meteorological Office, Mr. Dines): 

23. Juli. Registrierballon noch nicht gefunden. 

24. » » 8650 m. 

25. > > 12350 m. 

26. » * noch nicht gefunden. 


Crinan (Meteorological Office, Mr. Dines): 

22. Juli. Registrierballon noch nicht gefunden. 

23. > » » > » 


24. > > 15700 m. 

25. > * 8450 m. 

26. * > 13400 m. 


Manchester (Royal Meteorolog. Society and British Association, durch Mr. Petavel) 

23. Juli. Registrierballon 21500 m. 

24. » > 20600 m. 

25. * > 21500 m. 

26. » > 10800 m. 

28. » » 4400 m. 


Glossop Moor (Royal Meteorol. Society and British Association): 
22. Juli. Drachenaufstieg 500 m. 


23. > 

24. > 
26. > 
27. > 


> 500 m. 

> 1000 und 500 m. 

> 650 m. 

> 3000 und 500 m. 


Ross. Herefordshire (Royal Meteorol. Society and British Association): 

23. Juli. Registrierballon 20 500 m. 

24. und 25. Juli. Registrierballon noch nicht gefunden. 

Petersfleld (Mr. Cave): 

22.—27. Juli. 6 Registrierballons. 

26. Juli. Drachenaufstieg 600 m. 

Brighton (Mr. Salmon): 

22. Juli. Drachen aufstieg 213 m. 

24. » » 407 und 580 m. 

26. » > 500 m. 

27. » > 1150 und 760 m. 

Guadalqjara (Parc d’A6rostation militaire): 

22. —27. Juli. Pilotballons bis 3000 m. 

23. Juli. Registrierballon 11 900 m. 

24. > > 9980 m. 

24. » Bemannter Ballon 3415 m. 

25. > Registrierballon 9160 m. 

25. > Bemannter Ballon 2770 m. 

Paria (Royal Osservatorio): 

23. Juli. Registrierballon 20960 m. 

24. > > 10890 m. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil- XL Jahrg. 


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^ 502 €*« 


25. Juli. Registrierballon 11930 m. 

26. * > 12 280 m. 

talienische Marine, Mittelmeer (Kriegsschiff «Fulmine»): 

25. und 26. Juli. Aufstiege von Registrierballons. 

Zürich (Meteorologische Zentralanstalt): 

22.—27. Juli. Aufstiege von 5 Pilotballons von 10000—11000 m. 


23. Juli. 

Registrierballon 

11300 m, 

24. » 


13100 m. 

25. » 

> 

20300 m. 

26. » 

> 

noch nicht gefunden. 


Straßburg (Meteorologisches Institut): 

22.—27. Juli. Aufstiege von Pilotballons bis 7000 m. 

22. Juli. Registrierballon 11000 m. 

22. » Fesselballon 1340 m. 

23. > Registrierballon 15 200 m. 

24. » > noch nicht gefunden. 

24. » Fesselballon 1550 m. 

25. > » 1230 m. 

25. » Registrierballon 8500 m. 

26. » » 19000 m. 

26. * Fesselballon 5800 m. 

27. » Registrierballon 18 200 m. 

Spitzbergen (Expedition des Fürsten von Monaco, in Begleitung von Prof. Hergesell) : 

Vom 24.-27. Juli Aufstiege mit Drachen und Fesselballons bis zu 
3000 m. Aufstiege mit Registrierballons waren wegen der schwie¬ 
rigen Eisverhältnisse dieses Jahr nicht möglich. 

26. -29. Juli Aufstiege von Pilotballons bis 7500 m. 

Hamburg (Deutsche Seewarte): 

22. Juli. Drachenaufstieg 1240 und 3170 m; Gummiballon. 

23. » > 4600 m; Registrierballon. 

24. * » 1120 m; Registrierballon. 

25. » Registrierballon. 

27. > Registrierballon; Drachenaufstieg 4030 m. 

Deutsche Marine zwischen Island und Norwegen (S. M. S. «Möwe»): 

22. Juli Drachenaufstieg (verloren). 

23. » * 3980 m; Registrierballon (verloren). 

24. » » (verloren); Registrierballon (verloren). 

25. » Registrierballon 1640 m; II. Registrierballon (verloren), nur 

Schwimmer gefunden. 

26. » Registrierballon (verloren). 

23.—27. Juli. Aufstiege von Pilotballons. 

Island (Expedition v. Hewald-Hildebrandt): 

22. Juli. Fesselballon ca. 980 m. 

23. » » > 510 m, 800 und 1400 m. 

24. > » » 3050 m. 

25. —27. Juli. Wegen Sturmes Aufstieg unmöglich. 

31. Juli. Registrierballon 890 m; desgl. 3800 m (südl. Irland). 

1. August. Fesselballon (abgerissen und verloren). 

2. * Registrierballon ca. 11800 m (engl. Kanal). 

Lindenberg (Aeronautisches Observatorium): 

22. Juli. Drachen 1445 und 1840 m; Registrierballon 11510 m. 

23. » » 1735 » 1540 m; * 10420 m. 


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24. Juli. Drachen 1870 und 5070 m; Registrierballon 17000 m; 

Bemannter Ballon 1864 m. 

25. » » 1670 » 3815 m; Registrierballon 13610 m. 

26. » » 3800 > 2980 m. 

27. > > 1150 » 950 m. 

Barmen (Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt): 

22. Juli. Bemannter Ballon 2100 m. 

23. > > > 4500 m. 

24. » » » 1500 m. 

24. /25. Juli. » » 3000 m. 

25. Juli. » > 1500 m. 

26. » * » 2200 m; Registrierballon. 

27. > » » 2650 m. 

Frankfurt a. M. (Physikalischer Verein): 

22 /23. Juli. Bemannter Ballon 1 670 m. 

26./27. » » * 2 490 m. 


1. August 


1 500 m. 


Flugtechnik. 


Ober automatische Stabilität. 

Durch die vielfachen Versuche, die in letzter Zeit gemacht wurden mit großen, 
durch Maschinenkraft getriebenen und von einem Insassen gesteuerten Gleit- oder Drachen¬ 
fliegern, ist der Beweis erbracht, daß man endlich, dank dem Automobilismus, in der 
Aviatik über genügend leichte motorische Kräfte verfügt, welche gestatten, mittels einer 
gewissen Flächengröße bei entsprechender Horizontalgeschwindigkeit einen Flugapparat samt 




Fig. 8 a u. 3 b. Fig. 4. 

Bemannung in der Schwebe zu halten und auch in einer etwas ansteigenden Bahnlinie 
zu bewegen. Was aber den meisten von diesen neueren Flächenkombinationen 1) 
zu fehlen scheint, ist die automatische Stabilität, diejenige Eigenschaft, infolge 
welcher jede Kippgefahr ausgeschlossen ist und ein ruhiges Weitergleiten besteht, auch 
wenn der Insasse untätig wäre, oder der Motor versagen würde. Ich habe den Eindruck 
bekommen, daß leichthin diese automatische Stabilität als etwas Selbstverständliches oder 

*) Durchschnittlich von einem Gesamtgewicht von 200—500 kg, einem Flächenareal von 13 qm bis 
60 qm, einer Spannweite von 8 bis 15 m und einer Motorleistung von 20—50 PS. 


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Nebensächliches angenommen und mehr auf die Gewandtheit des Führers abgestellt wird, 
welcher durch geschickte Direktion der beweglichen horizontalen und vertikalen Steuer¬ 
flächen das Ganze vor einem Sturze bewahren soll. *) 

Automatisch stabile Apparate mit mehreren hintereinander liegenden Trag¬ 
flächen sind der bekannte Kreßsche Drachenflieger und ferner der Hargravesche Kasten¬ 
drache, wenn der Schwerpunkt desselben nahe hinter dem vorderen Flächenpaar liegt. 
Infolge seiner ebenen Tragflächen ist aber seine Bahn beim freien Gleiten ziemlich steil; 

sie zeigt damit an, daß der Bewegungswiderstand 
dieses Apparates im Verhältnis zu seinem Gewicht 
sehr groß ist. *) Da bekanntermaßen hintereinander 
liegende Tragflächen ihr Areal nie so gut ausnützen 
können, wie wenn dasselbe mit größerer Spannweite 
auf eine einzige oder auf zwei übereinander angeord¬ 
nete tragende Flächen verteilt ist, so habe ich seiner¬ 
zeit versucht, automatisch stabile Ein fläch er her¬ 
zustellen, welche also nach dem Abwurf bei Windstille 
beständig eine schwach abwärts geneigte, in der Vertikalprojektion geradlinige Flug¬ 
bahn mit konstanter Geschwindigkeit verfolgen. 

Benützt man eine ebene Tragfläche, so ist es nicht schwer, diese automatische 
Stabilität herzustellen, weil bei Schwankungen der eigenen Lage oder des Windes die 
Mittelkraft des Windes in einem, der Stabilität günstigen Sinne ihren Ort wechselt. 
Nach Anbringung der in erster Linie für dieselbe notwendigen, senkrechten Windfahne 
(Fig. 2) [in Fig. 1 ist sie durch die seitlich aufgebogenen Stücke ersetzt] biegt man den 
Hinterrand oder den Vorrand etwas aufwärts, falls man nicht statt dessen besondere Flächen¬ 
stücke anbringt (Fig. 2), und rückt den Schwerpunkt mittels Wachses oder eines kleinen Blei¬ 
stücks oder eines halb¬ 
eiförmigen Korkrumpfs 
mit Bleieinlage (Fig. 2), 
welchen man an das 
starke Papier anklebt, 
so weit vor, bis er zirka 
ein Drittel der Tragflä¬ 
chenbreite vom Vorrand 
entfernt ist. Will man 
solche Modelle in größe¬ 
rem Maßstabe ausfüh¬ 
ren, so muß man vorn 
an der Papierfläche eine 
Verstärkung anbringen, 
aber nicht in der Art, 
wie Fig. a, sondern wie 
Fig. b es zeigt. Beide 
Figuren (1, 2) stellen 
Modelle dar, welche stabil sind nach dem Abwurf. 3 ) Ihre Gleitbahn ist steiler als die¬ 
jenige der Einflächer mit gekrümmter Tragfläche. 

*) Als Liliental bei seinem unglücklichen Sturz (1896) den Tod fand, benützte er einen Apparat 
mit beweglicher Schwanzfläiche, wahrend er bei seinen meisten früheren Versuchen nur durch Sehwer- 
punktsverschiebungen die Stabilität seines Gleiters zu erhalten suchte. 

*j Verwendet man bei ihm gekrümmte Tragflächen, so wild er unstabil. 

J ) Ein solches Modell mit Rumpf (Fig. 2), vou nur 15 cm Spannweite und zirka 10 gr Gewicht, verfolgte 
von einem Höheupunkt aus abgeworfen, viele hundert Meter, bis es durch einen leichten seitlichen Wind 
von der ursprünglichen Bahn abgelcnkt zwischen Waldbaumen verschwand. Bei einem diesem voraus- 
gehenden Versuche streifte es an einer Stange, tiberkippte, aber stellte sich von selber wieder in die 
normale Lage, bevor es den Boden berührte. 







tl 




Fig. 4 


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Ist die im Verhältnis zur Spannweite schmale Tragfläche gekrümmt, so ist die 
Erreichung der Stabilität bedeutend schwieriger, weil bei Unterwind die Resultierende der 
Windkräfte vor-, bei Oberwind zurücktritt, also gerade in einem für dieselbe ungünstigen 
Sinne seinen Ort ändert. Liegt der Systemschwerpunkt sehr tief in der Nähe des Krüm¬ 
mungsmittelpunktes der Fläche, dann ist die Stabilität allerdings ohne weiteres vorhanden, 
oder es genügen die bei der ebenen Fläche angewendeten Stabilisierungsmittel völlig. 
Liegt er aber höher, in der Nähe der Fläche, wie bei den vorhin beschriebenen Modellen 
mit ebener Tragfläche, so wirkt z. B. das Hinaufdrücken des Hinterrandes viel zu wenig. *) 
Nach vielerlei Versuchen kam ich dann auf die in meinem Aufsatz: «Zum aero¬ 
dynamischen Flug» im Septemberheft 1906, S. 318 der «Illustr. aeronaut. Mitteilungen» 
angeführte Stabilitätsbedingung für Apparate mit einer gekrümmten Tragfläche:*) 
«Der Schwerpunkt des Apparates muß nicht bloß vor der Mitte, sondern auch noch vor 
dem DruckangritTspunkt der Tragfläche, also irgendwo innerhalb des vorderen Drittels 
der Flächenbreite liegen. Auf die nach aufwärts statt nach abwärts konkave Schwanz¬ 
oder Stabilisierungsfläche findet stets ein Druck von oben statt, so daß das durch die 
Druckresultierende R und das Apparat gewicht G erzeugte Drehmoment von der Dreh¬ 
wirkung der Schwanzfläche im Gleichgewicht gehalten wird (s. Fig. 4).» Letztere muß 
mindestens um die Breite der Tragfläche von derselben entfernt sein und hat eine Neigung 
von höchstens 9° zu ihr. 3 ) Eine weitere Sicherung der automatischen Stabilität liegt 
darin, daß weder diese horizontale noch die vertikale Stabilisierungsfläche (Windfahne) 
beweglich sein dürfen, um vom Insassen aus zu Steuerfunktionen benutzt werden zu 
können, sondern der Führer soll die Lenkung nur durch vorübergehende Unsymmetrie der 
Tragfläche bewirken. Er erzielt diese durch Anziehen resp. Nachlassen von Verspannungs¬ 
drähten mittels einer Kurbel. Als Folge tritt eine kleine Drehung um die Längsachse des 
Apparates ein und damit in großer Kurve die gewünschte Ablenkung des Apparates von 
der ursprünglichen Fahrrichtung nach rechts oder nach links. 

Da ich aus den im besagten Aufsatz entwickelten Gründen als sichere Operations¬ 
basis, über welcher vorläufig die Versuche mit großen Apparaten vor sich gehen sollten, 
einzig eine Wasserfläche anerkennen kann, 4 ) teilte ich als Vorbild für einen solchen 


i) Aus verschiedenen Untersuchungen, die ich anstelltc, konnte ich ersehen, daß eine solche Fläche 
(Fig. 3) schlechter funktioniert, eine steilere Gleitbahn ergibt, als eine gleich breite, einfach gekrümmte. 

*) Liliental gelang es im Sommer 1895, Modelle, welche mit seinen gekrümmten Flächen versehen 
waren, zum stabilen Gleiten zu bringen. Als Schwanzfläche diente eine Vogolfeder. Er sagt aber selber 
in der Beschreibung derselben (Zeitschr. f. Luftsehiffahrt 1895, 10. Heft) „daß er in Verlegenheit käme« 
die Gründe für die Ermöglichung dieser sicheren Gleitflüge auzugeben, weü er wirklich nichts anderes 
gemacht habe wie früher, wo ihm dergleichen nicht gelingen wollte“. Ohne die wahren Gründe der 
Stabilität genau zu kennen, fehlt natürlich die Konstruktionsbasis für verschiedene Variationen in der 
Bauart von „Fliegern“ mit einer gekrümmten Tragfläche und relativ hoch gelegenem Schwerpunkt, be¬ 
sonders wenn man sie mit einer großen Rumpfhülle (um Insassen und Motor zu bergen) versehen will. 
Deshalb suchte ich ihren Stabilitätsursachen auf die Spur zu kommen, und auch noch Flächen¬ 
kombinationen zu erproben, welche ich infolge Weglassung der Windfahne dem Bau unserer natürlichen 
Flieger näher brachte. 

») Je tiefer der Schwerpunkt S liegt, um so näher kann erzürn Angriffspunkt von R rücken umso 
kleiner wird dann die niederdrtickende Kraft r. Beim freien Sehiefabwärtsgleiten liegt die Resultie. ende 
von R und r nach aufwärts in der Verlängerung von GS (Fig. 4) und hat die Größe des Gewichtes G. 

*) Daß sich eine solche auch für lenkbare Ballons empfiehlt, beweisen die bekannten Versucho 
über dem Bodensee von Graf Zeppelin. 

ß 0 vor wir brauchbare Mittel in Form von llubschrauben oder in Form von schlagartig wirkenden 
Flächen besitzen, um statt einer vorwärtsgleitenden Ankunft einen senkrechten Abstieg über einer be¬ 
liebigen Stelle zu ermöglichen, werden trotz einem noch so gut funktionierenden elastischen Rädergestell 
usw. Versuche auf festem Terrain selten ohne Havarien abgehen, wodurch die Versuche verzögert 
und der Gewinn an Beobachtungsmaterial infolge der kurzen Versuchsdauer ein geringer wird, ab¬ 
gesehen davon, daß der Fahrende nur infolge glücklicher Zufälle mit heiler Haut davonkommt. Um 
solche Versuche über einer Wasserfläche vornehmen zu können, muß aber eben der Insasse und der 
Motor im Falle einer Kollision mit dem Wasser vor einem „kalten Bade“ durch die betreffende Rumpf¬ 
hülle geschützt werden. (Wenn letztere aus wasserdichtem Stoff, über ein Bambusgerippe gezogen 
besteht, so wird ihr Gewicht sehr gering ausfallen.) Der Einwand, man könne sich bei der „Fliegerei“ 


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großen «Flieger» ') die Zeichnung eines von mir konstruierten Modells mit, welches mit 
einem im Verhältnis zur Spannweite großen Rumpf ausgestattet ist (Fig. 5). Um unwill¬ 
kürliche Hebungen resp. Sen¬ 
kungen am einen oder anderen 
Ende der Tragfläche auch auf 
automatische Weise im Keime 
zu ersticken und damit eine 
absolute Stabilität zu errei¬ 
chen, brachte ich letzten No¬ 
vember mit gutem Erfolg den 
Bleiklotz eines größeren Mo- 
Fi g . 6 dells inlockere Verbindung 

mit der Korkhülle, so daß der 

durch dieses Bleistück repräsentierte Inhalt seine senkrechte Lage beibehielt und durch 
geeignete Drahtverbindung mit den Tragflächenenden automatisch jeder ungewollten 
Drehung um die Längsachse des Apparates und damit einem Abirren aus der Bahn ent¬ 
gegentrat (Fig. 6). Überhaupt würde bei großen Apparaten irgend eine Art kardanischer 
Aufhängung des Inhaltes (bestehend aus Insasse und Motor) innerhalb der Rumpfhülle den 

Vorteil haben, daß nicht 
bei all den verschiede¬ 
nen rasch vorübergeh¬ 
enden Windrichtungsän¬ 
derungen während des 
Fluges die Einstellung 
des Flächensystems in 
dieselben auch stets der 
schwerere Inhalt in 
Drehungen versetzt wer¬ 
den müßte. Muß dies 
nicht der Fall sein, so 
kann die Tragfläche 
samt der fest mit ihr 
verbundenen Hülle und 
ihren stabilisierenden 
Flächen rascher diesen 
Windverhältnissen sich 
anpassen und infolge¬ 
dessen ist eine Ausnützung von Segelwirkungen eher denkbar, ebenso würden weniger 
Schwankungen des Apparates auftreten. Ob dadurch, daß man, statt Inhalt und Hülle 
des Rumpfes in lockere Verbindung zu einander zu setzen, den Rumpf in federnde 




doch nicht ans Wasser binden, ist nicht stichhaltig, denn wir stehen mit ihr vorläufig noch im Zeichen 
der „Studien“ und nicht in demjenigen der sogenannten Praxis, der geschäftlichen Ausbeutung. 

Selbstverständlich ist diese Hülle auch mit drei in ihr teils versenkten, nur wenig vorstehenden 
kleinen Rädern versehen, um noch auf festem Boden am Rande der Wasserfläche, getrieben durch die 
Schraubenpropeller, den nötigen Anlauf zur Erhebung nehmen zu können. 

*) Die in jenem Artikel dafür angegebenen Dimensionen dürften ungefähr das Richtig^ treffen für 
einen solchen „Flieger“, nur ist dort wahrscheinlich die Gewichtsangabe zu klein ausgefallen. Statt 
165 kg müßten vielleicht etwa 230 kg angenommen werden bei einer Motorstärke von 24 PS. Bei einer 
Tragfläche von 15 qm wäre die Spannweite 8, 7 m und dio Horizontalgeschwindigkeit zirka 20 m (72 km 

230 1/7 20 2 

pr. Stunde), so daß die hierfür berechnete Arbeit A =-— - - ■ * - : — = 18 PS. betragen würde bei der 

<5 

Annahme von nur 50% Nutzeffekt der 1,2 m bis 1,5 m im Durchmesser habenden 2 Treibschrauben. Im 
Falle der Ankunft würde der Rumpf bei diesem Gewicht höchstens 20 cm tief im Wasser eintauchen, so 
daß die Schraubenflügel mehr als genügenden Raum zu ihrer Bewegung hätten, um nach vollendetem 
Versuch den nun in einen Schwimmer umgewandelten Flieger wieder ans Ufer zu befördern. 


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507 € 4 « 

Verbindung mit der Tragfläche bringt, diese zwei Vorteile in einfacherer Weise erreicht 
würden, wage ich nicht zu entscheiden, da mir genügende Versuchsergebnisse fehlen. 
Jedenfalls darf man der Elastizität nie eine aktive Funktion beim Flugprozeß bei¬ 
messen, sondern nur eine passive. Man begegnet hie und da flugtechnischen Aufsätzen, 
in welchen dargetan wird, wie die Schwerkraft in Verbindung mit der Elastizität auch 
bei Windstille einen Horizontalflug ermöglichen könne. Derartige Perpetuum-mobile- 
Vorstellungen dienen nicht zur 
Klärung. 

Macht man mit solchen, 
mit großem Rumpf versehenen 
Gleitmodellen, wie Fig. 5 eines 
zeigt, Versuche, 1 ) so ist man 
erstens erstaunt über ihre, auch 
bei windigem Wetter vorhandene 
Stabilität bezüglich Kippgefahr, 
und ferner darüber, daß trotz des 
Rumpfes die Gleitbahn 2 ; nicht 
steiler ist, als bei einem gleichen 
Apparat, bei welchem man den 
Korkrumpf durch ein viel weniger raumverdrängendes Bleistück gleichen Gewichts ersetzt. 
(Oft erhielt ich sogar den Eindruck, als ob die Geschwindigkeit kleiner, also die Trag¬ 
fähigkeit größer und die Bahn noch weniger steil sei, als bei Rumpflosigkeit.) Man könnte 
also annehmen, daß der durch den Rumpf verursachte Mehrwiderstand wieder kompensiert 
würde durch irgend welchen günstigen Einfluß, welchen er auf die Tragfläche hätte, indem 
er ihre Drucklinie vergrößern und mehr nach vorn neigen würde. Es wird vorläufig 
diese Anschauung wahr¬ 
scheinlich noch als para¬ 
dox bezeichnet werden- 
Es zeigte sich ferner der 
Apparat mit Rumpf bei 
plötzlichem Hinterwind sta¬ 
biler als derjenige ohne 
Rumpf. Konstruktiv bietet 
er sehr gute Anhaltspunkte 
für die Drahtverspannungen 
der Tragfläche. Die Rumpf¬ 
form darf nicht einfach Fig. io 

eine ungefähre Kopie eines Vogelrumpfes sein, sondern muß die in Fig. 5, 7 gezeichnete 
Form haben, welche ich für diese Gleiterart durch Versuche als die geeignetste herausge¬ 
funden habe, indem sie am wenigsten der Stabilität gefährliche Stauungen aufkommen läßt. 

*) Will man bei Wind Versuche machen, so muß man Modelle von mindestens 40 cm Spannweite 
und zirka 180—150 gr Gewicht benützen. Sie besitzen dann eine Flächenbelastung von 3'/* bis 4 kg per 
Quadratmeter. Die in den Zeichnungen angegebenen Modelle sind in den richtigen Verhältnissen ge¬ 
zeichnet. Für Fig. 5 sind die kleinsten Dimensionen für einen bei ganz schwachem Wind noch ordent¬ 
lich funktionierendem Gleiter angegeben. Bei Vergrößerung der Modelle ergibt der Kubus des Längen- 
vergrößerungsverhältnisses das jeweilige Gewicht, z. B. bei einem Apparat mit doppelter Spannweite ist 
das Gewicht des Modells 2* oder 8 mal größer und die Flächenbelastung 2 mal größer usw. Bei einem 
großen bemannten Apparat ist das Gewicht natürlich nicht in diesem Verhältnis gewachsen. Für eine 
Eigengeschwindigkeit von zirka 20 m genügt eine Flächenbelastung von 15 kg per Quadratmeter. Da die 
Gleitbahn eine geradlinige ist, nicht eine wellenförmige, in welcher abwechselnde Drehtendenzen auf- 
treten, so ist die automatische Stabilität bei den großen Modellen eine ebenso gesicherte wie bei den 
kleinen. 

2 ) Bei kleinen und großen Modellen beträgt bei Windstille der Gleitwinkel ihrer Flugbahn nach dem 
Abwurf zirka 8° zur Horizontalen. Also ist ihr Widerstand in der Bewegungsrichtung = sin. 8° . G = y G, 
gleich dem 7. Teil ihres Gesamtgewichtes, wie schon früher erwähnt wurde. 






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In dem angeführten Aufsatz machte ich des weiteren aufmerksam auf Modelle, die 
ich konstruierte, welche statt der Windfahne nach rückwärts und nach unten (nicht 
etwa noch oben) gerichtete Tragflächenenden haben. Befestigt man die beiden Trag¬ 
flächenhälften des Modells Fig. 5 in etwas aufwärts gerichtete Neigung am Rumpf und 
fügt ihnen noch solche Enden bei (Fig. 7), so kann nachher der Schwerpunkt an gleicher 
Stelle bleiben, ein Beweis, daß diese Enden beim Gleiten keinen Druck erleiden, erst bei 
horizontalen Windrichtungsänderungen einstellend wirken, also die senkrechte Windfahne 
ersetzen. Diesen so abgeänderten Modellen passiert viel weniger ein Abirren aus der 
ursprünglichen Bahnrichtung, während gerade das Umgekehrte der Fall ist, wenn man 



Fig. 11 . 


jene nach rückwärts gehenden Enden nach aufwärts richtet (Fig. 8), es tritt dann leicht 
Wackeln ein und zu starkes einseitiges Gehobenwerden bei Seitenwind, während die 
innen nach aufwärts und außen abwärtsgehende Form der Tragfläche dabei einen solchen 
Gleichgewichtszustand erhalten kann, daß keine Drehung um die Längsachse des Appa¬ 
rates entsteht, also kein Abirren möglich wird (s. die Pfeile Fig. 7). Ein sehr einfaches, 
als Spielzeug brauchbares kleines Modell habe ich (in Fig. 9) gezeichnet. Es ist eben¬ 
flächig, man kann seine Flugbahn noch verbessern, wenn man in der Gegend der punk¬ 
tierten Linien die Flächen vorn etwas hinunter, hinten etwas hinauf drückt. Ein anderes 
ebenflächiges Modell ohne Windfahne und ohne Schwanzfläche ist in Fig. 10 dargestellt. 
Hier ist ein ungefähr linsenförmiger Rumpf angebracht. Dieses Modell zeigt sehr schön 
die Eigenschaft des Nichtabirrens (Fig. 11) aus der ursprünglichen Bahn, bei, nach 
dem Abwurf auftretendem seitlichen Wind. 

Aus obigen Versuchen ist zu ersehen, daß bei den Vögeln die horizontale Ein¬ 
stellung durch die zurück und abwärts gerichtete Schwungfederpartie besorgt wird. *) 
Die vertikale Einstellung wird hingegen nicht durch die nachgiebigen Enden derselben, 
auch nicht durch die beim Segeln so wie so möglichst zusammengefaltete Schwanzfläche 
besorgt,*) sondern durch die feste, bezüglich zum Schwerpunkt ziemlich hochgelegene 
Windhautpartie. 

Mit diesen Zeilen wollte ich nochmals auf die Wichtigkeit der automatischen 
Stabilität bei <Fliegern» hinweisen und dabei die Möglichkeit ihrer Erzielung auf ver¬ 
schiedene Arten darlegen, sowie auf die Nützlichkeit einer Rumpfhülle hinweisen. Zu¬ 
gleich sollten diejenigen verehrten Leser, die sich dafür interessieren, durch die bei¬ 
gefügten Zeichnungen eine Anweisung an die Hand bekommen, wie sie sich selber solche 
stabile Modelle anfertigen können. Vielleicht wird auch der eine oder andere Erfinder, 
der nur im «Großen» arbeitet, Nutzen daraus ziehen. 

Ein in jeder Hinsicht stabiles Gleitmodell, das nicht bloß bei Windstille eine 
geradlinige Bahn verfolgt, ohne zu kippen oder zu wackeln, sondern welches auch stabil 
bleibt im Freien bei seitlichen Windstößen und bei entstehenden Schieflagen sich wieder 
von selber aufrichtet (im Großen ausgeführt, höchstens geringer Nachhilfe des Insassen 
dazu bedarf, durch kleine Veränderungen der Tragflächenenden), wird stets ein gutes 
Konstruktionsvorbild für einen großen Drachenflieger abgeben. Nicht immer aber wird 
ein kleines durch Kautschukmotor und Schrauben getriebenes, in einem Saal gut und 


') Diese Beobachtung der Lage der Schwuugfederpurtien der Müve beim Segeln gab mir seiner¬ 
zeit auch den Anstoli zu obigen Versuchen. 

a ) Ich beobachtete Möven mit ausgerissenem Schwanz, welche ebensogut segelten wie ihre 
Genossinnen. 


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stabil funktionierendes Modell letzteren Zweck erfüllen. Es kann im Freien bei seit¬ 
lichen Windstößen ganz bedenkliche seitliche Schrägstellungen einnehraen. Man macht 
diese Beoachtung bei Gleit versuchen mit kleinen Nachbildungen nach großen Apparaten, 
welche eine bedeutende Ausdehnung in der Längsachse haben. Es dürfte für den 
Fahrer eines solchen Drachenfliegers schwer sein, diesen Schrägstellungen, dem damit 
verbundenen Sacken und resultierenden Fortgerissenwerden in der Windrichtung, durch 
Steuerbewegungen entgegenzutreten. 

Mit dieser Schlußbemerkung wollte ich nur darauf aufmerksam machen, daß 
Gleitmodelle, welche die Fähigkeit zeigen, auch beim windigen Wetter auf langer Strecke 
stabil zu bleiben, nicht bloß als Spielzeuge oder als interessante physikalische Experi¬ 
mente der Beachtung wert sind, sondern auch als Vorbilder mindestens eben so gut 
einen fördernden Einfluß auf die Entwicklung des dynamischen Fluges ausüben können, 
wie kleine Drachenfliegermodelle, d. h. Gleitfliegermodelle, weiche mit Kautschukmotor 
und Schrauben versehen sind. 

Daß die Anbringung von Luftschrauben an richtiger Stelle die Stabilität nicht 
störend beeinflußt, ist erwiesen, ebenso ist jedermann durch die Schilderungen der 
Drachenfliegerversuche in Paris von der Möglichkeit überzeugt worden, daß die Erhebung 
vom Boden nach einem vorausgehenden Anlauf und die Ankunft keine besonderen 
Schwierigkeiten mehr bereiten. 

Da aber über das Verhalten der jetzigen üblichen Drachenfliegerformen bei längerer 
Fahrt und windigem Wetter noch nichts bekannt ist, weil eben dieser Fall noch gar 
nicht vorkam, so glaube ich denn doch, daß, z. B. bei Konkurrenzausschreibungen für 
freifliegende dynamische Flugmaschinen, Gleitmodelle auch berücksichtigt werden dürften. 
Ob man solchen Ausschreibungen einen großen Wert beimessen soll oder nicht, darüber 
wird ihr Erfolg entscheiden, welche bis jetzt allerdings spärlich genug ausgefallen ist. 

Kilchberg bei Zürich. Karl Steiger-Kirchhofer. 


Patent- und Gebr&uchsmusterschau in der Luftschiffahrt. 

Englische Patente. 

13959/06. 18. Juni 1906. H. Lentz, Halensee h. Berlin. Improved Proeess of and Means 
for Acting upon Atmospheric Air or any Fluid for the Purpose of Recnperating 
therefroin a Contrary Reaetlon. Schlagende Flächen erhalten beim Niederschlag 
eine sehr schnelle Bewegung. 

19071/06. 27. August 1906. F. E. Jackson, Bare, Morecambe, Lancaster. Improvements 
in Kites. Zusammenlegbarer Kieldrachen. 

19259/06. 25. August 1906. J. nnd P. Cornu, Lisienx, Frankreich. Inprovements in or 
relating to Flying Machines. Identisch mit D. B. P. 188564. 

20904/06.. 20. September 1906. W. Dagnall, Chestnuts, Kingston on Thames nnd J. E. 
Malllson, London. Improvements in and relating to Air-Ships. Luftschiff mit Hebe- 
schrauben und seitlichen Flügeln. 

20952/06. 21. September 1906. J. L. Garsed, Eiland, York. Improvements in Aerial 
Machines. Flügelflieger. 

22977/06. 17. Oktober 1906. W. R. Gibson, Gravesand, Essex. Improvements in Box-Kites 
or analogons Aerial Toys. Hexagonaler Kastendrachen mit Seitenflügeln. 

1391/07. 18. Januar 1907. B. H. Walin, Gotenburg, Schweden. Improvements in Whigs 
for Flying Machines. Identisch mit französischem Patent 373 843. 

2084/07. 28. Januar 1907. W. E. Burgess, Aberbeeg, Monmonth. A Machine for and 
Method of Travelling trongh the Air Iudependently of a Balloon or the Earth. 
Schraubenflieger. 

2217/07. 29. Januar 1907. D. E. Moorhead, St. Lonis, Y. St. A. Toy Aeroplane. Iden¬ 
tisch mit französischem Patent 375753. 

Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 65 


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4885/07. 27. Februar 1907. E. V. Hainmond, Balham, Surrey. Improvements in Aerial 
Navigation. Freiballonkorb mit Hebeschrauben. 

6940/07. 22. März 1907. A. P. Hüven, Brooklyn, Y. St. A. Improvements in Flying 
Machines. Identisch mit französischem Patent 377188. 

7059/07. 23. März 1907. M. Nial, Brooklyn, Y. St. A. Improvements in Flying Machines» 
Flügelflieger mit vielen kleinen Flügeln. 

11868/07. 22. Mai 1907. G. Castagneris, Rom. Improvements in the Suspension ofthe 
Car of Balloons. Identisch mit D. R. P. 181976. 

Amerikanische Patente. 

844 771. 19. Februar 1907. llorace M. Beüows, Huntingdon Yalley, Pens. Aerial Navi¬ 
gation. Flügelflieger. 

845589. 26. Februar 1907. J. A. Eiston, Jefferson City, Miss. Air Ship. Durch Arm¬ 
kraft betriebener Flügelflieger am Kugelballon. Anscheinend für Schaustellungen. 

846830. 12. März 1907. A. und H. Dnfaux, Genf. Aeroplane or Craft for Aerial Navi¬ 
gation. Identisch mit D. R. P. 173596. 

847965. 19. März 1907. J. M. Müler, Washington. Air Ship. Luftschiff, dessen Enden 
mit den Enden der Gondel, an welchen die Schrauben sitzen, zum Zwecke der 
Steuerung gedreht werden können. 

848055. 26. März 1907. G. G. Schwabek, Air Ship. Luftschiff mit Treib-, Hub- und 
Steuerschrauben. 

849029. 2. April 1907. J. E. Tailor, Wheeling, West-Virginia. Air Ship. Luftschiff 
mit Treib- und Hubschrauben in Kanälen im Innern des Luftschiffes. 

849971. 9. April 1907. A. Brandl, München. Flying Apparatus. Identisch mit D. R. P. 

173926. 

850616. 16. April 1907. A. P. Bllven, Brooklyn, N. Y. Flying Machine. Identisch 
mit englischem Patent 6946/07 und französischem Patent 377188. 

850800. 16. April 1907. J. Shukwech, New York. AirShip. Schlagflügel und Schrauben. 

851481. 23. April 1907. T. S. Baidwin, San Francisco. Luftschiff mit dreieckiger Gondel. 

851683. 30. April 1907. B. F. Mickley, Seneca Falls, N. Y. Navigable Aeroplane. 
Schraubenflieger. 

851895. 30. April 1907. M. Nial, Brooklyn, N. Y. Flying Maehine. Identisch mit eng¬ 
lischem Patent 7059/07. 

852221. 30. April 1907. B. Connoüy, Tonopah, Nevada. Flying Machine. Heben durch 
auf- und abwärtsgestoßene Schirme, die sich öffnen und schließen. 

852289. 30. April 1907. J. C. Reckweg, Los Angeles, CaL Air Ship. Luftschiff mit 
Flügelantrieb. 

852292. 30. April 1907. T. Orgren, San Diego, Cal. Aerial Vessel. Luftschiff mit falt¬ 
baren Flächen. 

853542. 14. Mai 1907. II. Faehrmann, New York. Air Ship. Luftschiff mit Steuer¬ 
schrauben. 

853760. 14. Mai 1907. G. Bold, Piainfleld N. J. Air Ship. Durch Segel sollen seit¬ 
liche Windströme zum Vorwärtstreiben ausgenutzt werden (!). 

854555. 21. Mai 1907. E. Baumann, St. Louis. Air Ship. Luftschiff mit Segelrädern. 

855945. 4. Juni 1907. J. Gruber, New York. Sustaining device for Aerial Vessels. 
Rückstoß von Preßluft zur Bewegung. 

856008. 4. Juni 1907. D. Thomas, San Francisco. Anchor for Air Ships. Nach Ein¬ 
sinken in den Boden spreizt sich der Anker bei Zug auseinander. 

856073. 4. Juni 1907. R. Lewitz, New York. Flying Machine. Schraubenflieger. 

856876. 11. Juni 1907. W. IIull, Souris, Canada. Air Ship. Schraubenflieger. 

856838. 11. Juni 1907. A. G. Bell und H. P. Mc. Neü, Washington. Connection device 
for the Frames of Aerial Yehicles and other Structures. Verbindungen der Stäbe 
des Beirschen Drachen. 


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856895. 11. Juni 1907. M. D. Merriek, New York. Aerial Vessel. Luftschiff mit 

Segelrädern, 

856910. 11. Juni 1907. W. Phillips, Chicago. Flying Machine. Schraubenflieger. E. 

cK 

Vereine. 

Wiener flugtechnischer Verein. 

Der Wiener flugtechnische Verein eröffnete am 8. November seine diesjährige Vor¬ 
tragssaison. An Stelle des erkrankten Obmannes H. R. v. Lößl übernahm Obmann¬ 
stellvertreter Ingenieur W. Kreß den Vorsitz. Er widmete warme Worte dem im ver¬ 
gangenen Frühjahre verstorbenen, um den Verein so hochverdienten Ehrenpräsidenten 
Friedrich Ritter v. Lößl. Er gab ferner bekannt, daß die Hinterbliebenen zur Ehre 
und zum Andenken an den Verstorbenen aus dessen Nachlasse 1000 Kr. gewidmet haben, 
wofür der Dank des Vereins ausgesprochen wurde. — Sodann nahm k. u. k. Oberleutnant 
d. R. Herr Karl Lill v. Lilienbach das Wort, um in einem sehr beifällig aufge¬ 
nommenen Vortrage «Die Zukunft der Motorballone und Flugmaschinen» zu besprechen, 
wonach sich eine lebhafte Diskussion anschloß. v. L. 

Literatur. 

Friedrich Ritter, Wien, Örtliches Windminimum, unterer und oberer Wind. 

Selbstreferat aus «Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre», 
herausgegeben von R. Aßmann und H. Hergesell, Band II, Heft 4 . 

Verfasser hat nach einem neuen Verfahren die Geschwindigkeit der Wolken und 
damit die Stärke der Windbewegung in verschiedenen Höhen zu Wien und Pilsen, sowie 
im Tiroler Gebirge (Kitzbühel und Innichen) gemessen. 

Die zahlreichen Messungen reichen bis zu Höhen von 5000 m über Meer hinauf 
und ergaben neben einigen meteorologischen Folgerungen, daß die gewöhnliche Annahme, 
nach welcher die Windgeschwindigkeit schon vom Erdboden an aufwärts stetig wachse, 
nicht zutrifft. 

Von Bodennähe an nimmt die Windstärke anfangs eher ab als zu. In einer ge¬ 
wissen Höhe über dem Boden, welche nach den Messungen ca. 30—120 m, durchschnittlich 
ca. 50—60 m beträgt, erreicht die Geschwindigkeit des Windes ihren geringsten Wert 
von nahezu Null, und erst von da an wächst sie im Flach- und Hügellande (Wien und 
Pilsen) mit zunehmender Höhe. 

In Gebirgstälern, in deren Inneres wegen deren Enge der obere Wind nur unvoll¬ 
ständig einzudringen vermag (Kitzbühel und Innichen), ergab sich der Anfang des oberen 
Windes ca. 200 m über der Talsohle; zwischen ihm und dem oberen Ende des unteren 
Windes befindet sich eine mehr oder weniger windstille Zwischenschicht. 

Ein unterer und ein oberer Wind, welche ein Windminimum von einander trennt, 
sind hiernach zu unterscheiden. 

Die Segel von Schiffen und Windräder wird man, wie Verfasser folgert, in den 
unteren Wind, nachdem dieser nach oben zu abnimmt, zweckmäßig nur bis zu beschränkter 
Höhe hinaufreichen lassen. 

Die übliche Annahme, daß der Druck des Windes von Bodennähe an aufwärts 
zunehme, wäre dahin zu ändern, daß der Winddruck mit wachsender Höhe eher kleiner 
als größer wird und erst von einer gewissen Höhe an, welcher im Flach- und Hügelland 


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durchschnittlich 50—60 m über Boden, in Gebirgstälern etw$tö mehr beträgt, mit der 
Höhe wächst. 

Die Fahrt eines Luftschiffes, welches unabhängig von der Windrichtung einem 
bestimmten Ziele zugeführt werden soll, wird man, wie Verfasser schließt, am besten in 
der Höhe des Windminimums oder den zunächst darüber liegenden schwach bewegten 
Schichten des oberen Windes unternehmen. Den Störungen von Abfahrt und Landung 
durch Wind könnte durch deren Verlegung ungefähr irl die Höhe des Windminimums zum 
großen Teil ausgewichen werden. F. Ritter. 


L. Sazerac de Forge, capitaine brevet6. — La conquöte de Tair, le probl&me de la loco- 
motion aerienne. Les Dirigeables et l’aviation — leurs applications avec 136 gra- 
vures, figures et portraits. Berger-Levrault et Cie. Paris-Nancy 1907. 378 Seiten 
Großoktav. 

Vorliegendes Werk ist zunächst anziehend durch seine vortreffliche Ausstattung 
und durch seine Einführung mittels eines Briefes von Julliot, dem Erbauer des Lebaudy- 
Luftschiffes, welcher dem ihm vorgelegten Manuskripte das beste Zeugnis ausstellt. Man 
muß in der Tat zugestehen, daß der Verfasser die Entwicklungsgeschichte der französischen 
Luftschiffahrt recht anregend bearbeitet hat; besonders eingehend ist die Geschichte des 
Lebaudy-LuftschifTes behandelt worden. 

Wenn der Verfasser sich hierauf beschränkt hätte, wäre es schön geblieben und 
nur zu loben gewesen. Leider hat er sich verleiten lassen, auch die Luftschiffahrt im 
Auslande in seine Bearbeilung mit hineinzuziehen, ohne eine gründliche Kenntnis der¬ 
selben zu besitzen. Die zahlreichen Fehler und falschen Anschauungen, die der Verfasser 
uns hier auftischt, würden belustigend wirken, wenn man nicht tief bedauern müßte, daß 
die Landsleute des Hauptmanns Sagerac de Forge, die seine Darlegungen für ein 
Evangelium halten, auf diese Weise ein so ganz falsches, mitunter sogar ein lächerliches 
Bild von dem Bemühen um die Luftschiffahrt im Auslande, insbesondere in Deutschland, 
erhalten. Der Verfasser versteht aber weder deutsch, noch englisch. Er wird daher nur 
denjenigen Ausländern gerecht, die durch Übersetzungen ihrer Werke ins Französische 
ihm zum Studium zugänglich waren, alles andere ging über seine Kraft. Mck. 

Personalia. 

Vives y Vieh, Kgl. spanischer Oberst und Chef des Luftschifferdienstes, wurde von 
Sr. Maj. dem Kaiser der Kronenorden II. Klasse verliehen. 

- Oskar ErbsLöh, Fabrikant in Elberfeld, unser weltbekannter Sieger im Gordon- 
Bennettfliegen in St. Louis, hat für seinen Sieg im internationalen Wettfliegen zu Brüssel 
am 15. September 1907 die silberne Medaille der Illustrierten aeronautischen Mitteilungen 
und als Erinnerung an seinen Sieg im Gordon-Bennettfliegen ein Plakette von Gordon- 
Bennett erhalten. 

Verordnungsblatt Nr. 42 von 1907: 

Herr k. u. k. Oberstleutnant Johann Staröeviö ernannt zum Kommandanten des 
Festungs-Artillerie-Bataillons Nr. 1 (Trient). 

Herr Hauptmann Hinterstoisser ernannt zum Kommandanten der k. u. k. Militär¬ 
aeronautischen Anstalt ( Wien). 

-- 

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen 
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel . 

Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet. 

Hie Redaktion. 


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