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Deutsche Luftfahrt
Oberrheinischer Verein für Luftfahrt, Münchener Verein
für Luftschiffahrt, Deutschr Luftfahrt-Verband
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DEPARTMENT
OF
EN GINEERIXG
y{ GENERAL LIBRARY.
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Illustrierte
Aeronautische Mitteilungen.
Deutsche Zeitschrift für Luftschiffahrt.
Organ des Deutschen Luftschiffer-Verbands
und des Wiener Flugtechnischen Vereins.
Monatshefte
für
alle Interessen der Flugtechnik mit fhren Hilfswissenschaften,
für aeronautische Industrie und Unternehmungen.
Redigiert von Dr. H. Elias.
Elfter Jahrgang 1907
StraBburg i. E.
Kommissionsverlag von Karl J. Trübner.
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Inhalts-V erzeichnis.
Seite
Abercron, v., Wettfahrten Düsseldorf 1907 . 178
--Die Düsseldorfer Ballonwettfahrten am
8. und 9. Juni 1907 . 287
-Der Ballon „Düsseldorf*.477
Abstellvorrichtung, Über eine neue auto¬
matische — der Schreibfedern von Regi¬
strierapparaten usw., von K. Nimführ... 78
Abzeichen des Deutschen Luftschiffer¬
verbandes .299
Aero-Club de Belgique. 253, 257
-Weitfahrtwettbewerb des —, von K. N. . 256
Aero-Club de France 32,100, 141, 177, 187, 219
-Weitfahrt des — am 19. Mai 1907 .... 254
-Weitfahrt des — am 6. Juli 1907 .... 350
-Internationale Weitfahrt des — am 29.
September 1907 . 350
A6ro-Club du Nord de la France. ... 101
A6ro-Club du Rhone.261
A6ro-Club du Sud-Ouest . . . .134,187, 261
- ; Preise des — 1907 . 89, 134
Aero-Club of St. Louis.101, 171, 187
Aero-Club of the United Kingdom 177, 187
-Ausstellung des —.180
Aerologische Expedition nach Island,
vou Hildebrandt.361
Aeronautique-Club de France 68, 100, 141,
177, 219
-Landungswettfliegen des —.188
Aeronautische Ausstellung.135
Aeronautische Irrtümer, von K. N. . . 43
Aeronautische Preise. 91
Aeronautische Übersicht.492
Aeronautisches Observatorium, Kgl. —
Lindenberg.195
-Aus dem Kgl. — Lindenberg, von R. A߬
mann .273
Alpenkette, Die erste Überfliegung der —
von Italien aus, von A. Pochettino .... 16
Andree, Das Fest zum Andenken von — in
Schweden, von R. Jäderlund ..... 328, 384
Andrec-Plakette.210
Antoinette-Motor, Warum der — der
leichteste und bisher der einzig brauch¬
bare Motor für Flugmaschinen ist, von
Kapitän Ferber.171
Armee-, Marine- und Kolouial-Aus-
stellung, Berlin 1907 . 176
Arnulf von Bayern, S. K. H. Prinz — +,
von K. N.421
Asel mann, Dr. E., Die Drachenstation der
deutschen Seewarte.196
Aß mann, R., Aus dem Kgl. Aeronautischen
Observatorium Lindenberg.273
-Die Herstellung von Wasserstoffgas aus
Calciumhydrür.326
Astronomische Ortsbestimmung, Die
— im Ballon und ihre Bedeutung für die
Luftschiffahrt, von A. Markusc. 20
Aufgaben, Die — der deutschen Luftschiffer¬
vereine, von Dr. K. Bamler.457
Seite
Aufmunterungen für Flugapparaterfinder,
von K. N. 55
Augsburger Verein für Luftschiffahrt, von
H. Ziegler.31, 98
Ausschreibung, Oberrheinischer Verein für
Luftschiffahrt.129
-Niederrheinischer Verein für Luftschiff¬
fahrt .130
Ausstellung, Aeronautische —.135
-Die zw'eite aeronautische — in Amerika,
von C. Dienstbach. 295, 345
-in Madrid 1907 . 135
Automobilzeitung, Der Drachenflieger im
Lichte der allgemeinen —, von Odysseus 10, 57
Ballonfahrt, Eine nächtliche Ballonfahrt
über den Zuidersee, von E. Milareh . . . 380
Ballonführer-Flaggen, von Moedebeck . 52
-von Hinterstoisser.113
Ballons aus einfachen gummierten Stoffen,
von Hinterstoisser. 46
-gegen Hagelwolken, von K. N.389
Ballonkatastrophe, Die russische — im
Juli 1907, von E. Rosenthal.382
Ballonmotoren, Preisausschreiben der
Motorluftschiff-Studiengesellschaft für — . 341
Ballonphotographie, Preisausschreiben
für einen Wettbewerb in der —, Berliner
Verein für Luftschiffahrt.132
Ballonunfall des Niederrheinischen Vereins
für Luftschiffahrt, von 0. Erbslöh .... 208
Ballonunfälle.332
Ballon wett fahrt, Die internationale — zu
Berlin am 14. Oktober 1906, von Stolberg 12
-Internationale —, Düsseldorf 1907 . . . 219
Bamler, Hilde, Ballonw'ettfliegen in Brüssel
am 15. September 1907 . 393
Bamler, Dr. K., Die Aufgaben der deutschen
Luftschiffervereine.457
Barcelona, Semaine sportive de —, von F.
de Paula Rojas.136
-Die internationale Weitwettfahrt zu —
am 2. Juni 1907, von F. de P. Rojas . . . 284
Barlatier et Blanc.253
Bassus, K. v., Einfache Fernrohrablesung
für Thermometer.327
Beherrschung der Luft in England .... 389
Berliner Verein für Luftschiffahrt 25, 93, 137,
301, 352, 413
-Flugtechnischer Ausschuß des — . . . . 417
-Preisausschreiben für einen Wettbewerb
in der Ballonphotographie.132
Berson, A., Wilhelm v. Bezold.105
Bezold, Wilhelm v. —, von A. Berson ... 105
Bier io t, Drachenflieger. 175, 252
-Die flugtechnischen Arbeiten von M.
Ferber.455
Bishop, Cortland, F., Gordon-Bennet-Fliegeu
in St. Louis (U. S. A.). 51
Brieftauben bei Ballonfahrten, von B.
Flöringl.278
.,12 Al.)
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Seite
Brüssel, Internationale Weitwett fahrt zu —,
15. September 1907, von K. X.344
B üeh erb esp rech ungen.68, 101
(Jlouth, B., Das zweite französische Militär¬
luftschiff „Patrie“.322
Gong res d’aeronautique ä Milan, le troisieme,
von G. E. 41
(’oym, I)r. (Cm.), Die Katastrophe des Ballons
„Thrasker“.‘282
D am enfah rte n in» „Xiederrheinisehen Verein
für Luftschiffahrt 44 , von E. Milarcli .... 57
Dänemark, In—.176
Delagrange, Der Drachenflieger .... 175, 252
Denningho ff, P. und H. Elias, Die Form
des Tragkörpers von Luftschiffen.108
Deutscher L u f t s c h i ffe r v e r b a n d 73, 92, 225,
257, 351
-Sportskommission des —.101
-Abzeichen des —.299
Dienstbach, C., Die zweite aeronautische
Ausstellung in Amerika. 295, 345
Drachenaufstiege im Küstengebiet der
Ostsee, von Elmar Kosenthal. 47
-Meteorologische — in Samoa, von
F. Linke. 74
DracheuausStellung London 1907 .... 88
Drachenflieger, Der—, von Delagrange . 252
-Der —, von Bleriot.252
-Der erste — Santos-Dumont.122
-Der — im Lichte der „Allgemeinen Auto-
mobilzeitung“..10, 57
-Die —, von Hofrat Prof. G. Wellner • . 165
-Edmond Seux .251
-Mein —, von J. lloffmann. 2
Drachen zum Heben von Menschen.209
Drahtlose Telegraphie, Die Bedeutung
der — für die Motorluftschiffahrt, von
K. Sol ff. 82
Dumont, Santos- von K. X.55
Düsseldorfer, Die — Ballon Wettfahrten 1907 178,
219, 287 , 350
* Düsseldorf“, Der Ballon —, von Hptm.
von Abercron.477
Dynamischen Fliegens, Zum Studium
des —, von Kiedol .. 54
Ecke ne r, Dr., Weitere Versuche mit dem
Zeppelinschen Luftschiff.439
Ehrung, Eine — Lilienthals, von Moedebeck 56
Elias (E.):
An die Leser. 1
Termino für die Simultauaufstiege 1907 . . 50
Wiener Aeroklub. 67
Internationale Kommission für wissen¬
schaftliche Luftschiffährt. 81
Das Luftschiff de la Vaulx. 87
P.Denninghoff und - , Die Form des Trag¬
körpers von Luftschiffen.108
Die Plane Wellmaus für 1907 . 112
Das Luftschiff' de la Vaulx.114
Der erste Drachenflieger Santos-Dumont . 122
Weitere Preise des Aero-Club du Sud-Üuest 134
Ausstellung in Madrid 1907 . 135
Gordon-Bennett- Wettfahrt 1907 . 135
Grand Prix d‘Aviation.136
Das Rätsel der Gebrüder Wright.173
Seite
Flugtechnische Übersicht.174
Motorluftsehiff-Studiengesellschaft .... 183
Internationale Sportausstellung, Berlin 1907 223
Beteiligung Englands an den internatio¬
nalen Aufstiegen.238
Entlastete Flugmaschinen.251
Der große Preis des „Matin a zurückgezogen 378
Die Expedition Wellman 1907 . 422
D e Luftschiffahrt im Etat 1908 . 490
Die Fahrten der „Ville de Paris“.491
Entlastete Fluginaschiuen.250
Episoden, Lustige und traurige — aus den
ersten Jahren der Ballon-Aera (1785), von
M. Leber.1‘23, 210, 335
Erbslöh, ()., Ballonunfall des Niederrheini¬
schen Vereins für Luftschiffahrt.208
-Die Fahrt des Pommern“.473
Erforschung, Die — der höheren Schichten
der Atmosphäre auf der Heise S. M. S.
„Planet“, von Oberl. z. 8. Schweppe . 265, 313
Erklärung, von A. Samuelson. 11
-von K. X. 87
Erledigte Wettbewerbe 92, 136, 181, 224, 257
Esu au It-Pelteri e, Henri Farman und K.—,
von Moedebeek.447
Espitallier, G., Le troisieme Congres
d’aeronautique ü Milan. 41
-Der Lenkbare „La Ville de Paris“ ... 324
-Die Fahrten des Luftschiffes „Ville de
Paris“.384
Etat, Der — des Deutschen Reichs 1907 . . . 209
-Die Im fisch iffahrt im - 1908 . 490
„Etoile Beige“, Weitfahrtpreis des —, von
K. N..283
Et rieh. Der neue Motorgleitflieger von —
Wels, von Dr. K. Ximführ.118
Farman, Henri — und H. Esnault-Pelterie,
von Moedebeck.447
Federation Aeronautique Internatio¬
nale .257
-Die Konferenz der — zu Berlin am 15.
Oktober 1906, von Moedebeck. 33
-Zusammenkunft der — und der Commis¬
sion Permanente Internationale d’Aero-
nautique in Brüssel, von K. N.301
Feldbaus, Franz Marie (F. M. F.), Der
Warmluftballon, eine deutsche Erfindung
des Mittelalters. 53
-Ein bisher unbekannt gebliebenes Luft¬
schiff . 53
F erb er, F., Kapitän, Über Vortreibschrauben 121
-Warum der Antoinette-Motor der leich¬
teste und bisher der einzig brauchbare
Motor für Flugmaschinen ist.171
-Der Wettbewerb für Flugmaschinen-
modelle des A< ronautique-Club de France
am 9. Juni 1907 . 333
-Die flugtechnischen Arbeiten von M.
Bleriot.455
„Fernandez Duro“, Die Katastrophe des
-von M. llollnack.479
Fernrohrablesung, Einfache — für Ther¬
mometer, von K. v. Bassus.327
Flaggen,Ballonführer—, von Hinterstoisser 113
-Ballonführer- —, von Moedebeck .... 52
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Seite
Fliegens, Zum Studium des dynamischen —,
von Riedel. 54
Flöring, B., Brieftauben bei Ballonfahrten . 278
Flugapparaterfinder, Aufmunterungen
für — von K. N. 55
Flugmasehinen, Entlastete —.251
Flugmaschinenmodelle, Wettbewerb für
—, London 1907. 88
-Wettbewerb von —n, Paris 1907 .... 133
-Wettbewerb von - n.257
-Der Wettbewerb für — des Aeronautique-
Club de France vom 9. Juni 1907, von
Kapitän Ferber.333
Flugtech ni ker, Auch ein — . ...... 393
Flugtechnische Praxis, Aus der —, von
R. Schelies.114
Flugtechnische Übersicht.174
Flugtechnischer Verein, Wiener —, von
v. L. 67, 99, 226, 511
Förster, A. (A. F.), Berliner Verein für Luft¬
schiffährt . 25, 63, 93, 137, 301, 352, 413
Frahmsche Resonanzapparate. 56
Französischen Klubs, Die —.209
Französische Kriegsluftschiffe, von
Moedebeek. 86
Freiballon fahrten, Bemerkenswerte — 164,
210, 2:38, 332
Gebrauchsmuster-, Patent- und — Schau
in der Luftschiflährt 32, 71, 192, 229, 262, 306,
358, 418
Gleitflieger, Wettfliegen von —, Paris 1907 133
Gordon-Beunctt-Wcttfahrt 190 7 50, 51,90,
135, 179, 219, 344, 462
Gor don-Ben nett -Ballon wett fahrt, Ver¬
legung des Termins der —.344
Hagel, Verwendung von Ballons gegen —,
llarbord, Mrs. Assheton, Zweimal Uber den
Kanal.206
Hermann, Th., Der Luftball.359
-Luftschifferlied.360
Hildebrandt, Aerologische Expedition nach
Island.361
-u. Schleiflährt, Gordon-Bennett-Wett¬
fliegen .462
Hinterstoisser, Hauptmann, Ballons aus
einfachen gummierten Stoffen. 46
-Ballonführer-Flaggen.113
Hoffmann, J., Mein Drachenflieger .... 2
Holland, Landung von Ballons in —, von
C. F. Steinbuch.163
H ol 1 n ac k, Die Katastrophe des Fernandez Duro 479
Horn, Aufregende Landung eines Ballons . . 483
Humor.104, 192
Jäderlund, R. (R. J—d), Svenska aeronau-
tiska Sällskapet.258
-Das Fest zum Andenken an Andree in
Schweden. 328, 384
Jamestown-Ausstellung, Wettbewerbe
bei der —.178
Jamestown-Exposition.179
Jaraestown-Aeronauti cal-Congress . 351
Illustrierte Aeronautische Mittei¬
lungen, Die'Verteilung der Medaille der
— für das Jahr 1906, von Moedebeek . . 186
Seite
Internationale Aufstiege, Beteiligung
Englands an den —.238
InternationaleKommission für wissen¬
schaftliche Luftschiflährt. 81, 198, 498
Internationaler Luftschifferverband,
Vorl. Bericht über die 3. Jahresversamm¬
lung als —, von Dr. Stade.404
Irrtiimer, Aeronautische —, von K. X. . . • 43
Kapferer, Henry.175
Kartographie, Aeronautische —.163
Kaßner, Prof. Dr. C., Zur Geschichte der
wissenschaftlichen Luftschiflährt. 81
Katastrophe. Die — des Ballons„Thrasher“,
von Cm.282
K e h 1 e r, v., Motorluftschifl-Studiengesellschaft 137
Kindel an, Die Ballonfahrt des Herrn Kapi¬
tän —, von F. de P. Rojas.372
Kölner Klub für Luftschiflährt .... 65, 225
Konferenz der Federation Aeronautique
Internationale zu Berlin am 15. Oktober
1906, von Moedebeek. 33
Konkurrenzausschreibungen, DerWert
der — für freifliegende Modelle, von W.
Kreß.390
Kreß, W., Aeronautische Terminologie ... 238
— — DerWertdcr Konkurrenzausschreibungen
für freifliegendo Modelle.390
Kritische Betrachtungen über die neuen
Drachenflieger, von G. Wellner.240
Lahm -Preis. 89,223
Landung, Aufregende — von A. Horn . • • 483
Lebaudy-Luftschiff, Die Versuche mit
dem — im Jahre 1905, von Voyer .... 145
Leher, M., Lustige und traurige Episoden
aus den ersten Jahren der Ballon-Aera
(1785). 123, 210, 335
Leser, An die —, von Stolberg und Elias . . 1
Levavasseur, Kapitän Ferber und Inge¬
nieur — 176
Lied vom Luftballon, von E. Milarch .... 72
Lilienthals, Eine Ehrung —, von Moedebeek 56
Linke, F., Meteorologische Drachenaufstiege
in Samoa. 74
Literatur .... 142, 189, 230, 263, 308, 355, 511
-Russische — aus dem Jahre 1906, von
E. Rosenthal. 263, 357
Lößl, v. (v. L.), Wiener FlugtechischerVerein
67, 99, 226, 511
-Friedrich Ritter v. — f, von Georg
Wellner.235
Luftball, Der —, von Th. Hermann .... 359
Luftschiff, Ein bisher unbekannt gebliebenes
—, von F. M. F. 53
Luftschifferlied, von Th. Hermann ... 360
Luftschiffertag, Der 4. deutsche — zu
Düsseldorf am 11. September 1907 .... 300
-Deutscher —, von Dr. Stade.407
Luftschifferverband, Deutscher — 73,92,225,
257, 351
-Sportkommission des —.101
-Abzeichen des —.299
Luftschiffervereine, Die Aufgaben der
deutschen —, von Dr. K. Bamler.457
Luftschiff, Das Kriegs-, von K. X. • • 281
-Louis Godard.164
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VI «4« «
Seite
Luftschrauben, Der Wirkungsgrad von — 239
Lustige und traurige Episoden aus den
ersten Jahren der Ballon-Aera (1785), von
M. Leher. 123, 210, 335
Lüttich, Internationale Weit Wettfahrt von --
am 7. Juli 1907, von K. N.348
-Die —er Wettfahrt, von l)r. Niemeyer . 484
Madrid, Ausstellung in — 1907 . 135
Mannheim, Wettüiegen — 1907 .... 178, 220
Markuse, A., Die astronomische Ortsbestim¬
mung im Ballon und ihre Bedeutung für
die Luftschi ffahrt. 20
„Matin“, Preis des —. 87
-Der große Preis des — zurückgezogen • 378
Medaillen Vorschläge für den deutschen
Luftschifferverband, von Moedebeck ... 201
Meteorologische Drachenaufstiege in
Samoa, von F. Linke. 74
Meteorologischen, Die — Verhältnisse
über St. Louis, von Prof. A. L. Roteh . • 194
Milarch, K., Damenfahrten im Niederrheini-
nischen Verein für Luftsehiffahrt. 57
-Lied vom Luftballon. ?2
-Eine nächtliche Ballonfahrt über den
Zuidersee.380
Milan, Le troisieme Congres d’Aeronautique
ä —, von 0. E.. 41
M i 1 i tä r 1 u ft s c h i f f e r, Vorbereitungsschulen
für —, von Moedebeck.188
Militärl u ft schiff. Das deutsche —, von
Moedebeck.312
-Das deutsche —.321
-Das zweite französische — ..Patrie“, von
R. Clouth.322
Moedebeck:
Die Konferenz der Föderation Aeronau-
tiquc Internationale zu Berlin am 15. Ok¬
tober 1906. 33
Das Gordon-Bennett-Fliegen 1907 . 50
Ballonführer-Flaggen. 52
Eine Ehrung Lilienthals. 56
Französische KriegsluftschifTe. 86
Aeronautische Terminologie.162
Die Verteilung der Medaille der Illustrierten
Aeronautischen Mitteilungen für das Jahr
1906 . 186
Vorbereitungsschulen für Militarluftsehiffcr 188
Medaillenvorschläge für den deutschen
Luftschifferverband.201
Karl J. Trübner t.234
Das deutsche Militärluftschiff.312
Neue Versuche mit demZeppelinscheu Luft¬
schiff .367
Henri Farman und R. Esnault-Pelterie . . 447
Motorgleitflieger, Der neue — von Etrich
Wels, von Dr. R. Ni»lführ.118
Motorlu ftschiff- Studiengese lisch aft,
von v. Kehler.137
-von Elias.183
-Preisausschreiben der — für Ballon¬
motoren .341
Münchener Verein für Luftsehiffahrt, von
Dr. H. Steinmetz. 28, 96, 182, 257
Naturforscher, Versammlung deutscher —
und Aerzte 1907 225
Seite
Neureuther, K. (K. N.):
Erklärung. 87
Aeronautische Irrtümer. 43
Aufmunterungen für Fiugapparaterlinder . 55
Santos Dumont. 55
Verwendung von Ballons gegen Hagel . • 165
Internationale Weitwettfahrt.253
Weitfahrtwettbewerb des Aero-Club de
Belgique.256
Das K riegslulischiff.281
Weit fahrtpreis des „Etoile Beige“.283
Zusammenkunft der Föderation Aeronau-
tique Internationale und der Commission
Permanente Internationale d’Aeronau¬
tique in Brüssel.301
Internationale Wettfahrt zu Brüssel, 15. Sep¬
tember 1907 . 344
Internationale Weitwettfahrt von Lüttich
am 7. Juli 1907 . m
Ballon gegen Hagelwolken.389
Beherrschung der Luft in England .... 389
S. K. H. Prinz Arnulf von Bayern +• . . 421
„Patrie“.488
Niederrheiuischer Verein für Luftschiff¬
fahrt ......... . 63
-Ausschreibung . . ..130
-Bailonunfall des — für Luitschiffahrt von
O. Erbslöh.208
-Damenfahrten im —, von E. Milarch . . 57
-Interne Wettfahrt des — für Luftschiff¬
fahrt .402
NiedersäehsischerVerein für Luftschiff¬
fahrt, Gründung des — für Luftschiffahrt
in Göttin gen.352
Niemeyer, Dr., Die Lütticher Wettfahrt • • 484
Nim führ, Dr. R., Über eine neue automatische
Abstellvorrichtung der Schreibfedern von
Registrierapparaten. 78
-Der neue Motorgleitllieger von Etrich-
Wels.118
-Die Gleittliigc von Ingenieur Wels . . . 452
Oberrheinischer Verein für Luftschiff¬
fahrt . 181, 417
-Ausschreibung.129
Odysseus (J. Hofmann), Der Drachenllieger
im Lichte der „Allgemeinen Automobil¬
zeitung“ . 10
Ortsbestimmung, Die astronomische — im
Ballon und ihre Bedeutuug für die Luft¬
schiffahrt von A. Markuse. 20
Ostsee, Drachenaufstiege im Küstengebiet
der —, von Elmar Rosenthal. 47
Patent- und Gebrauchsmusterschau in
der Luftschiffahrt
32, 71, 192, 229, 262, 306, 358, 418, 509
Patente, Übersicht über die neueren aus¬
ländischen Patente.143
„Patrie“, Das zweite französische Militär¬
luftschiff —, von R. Clouth.322
.. ....487
Pelterie, Henri Farman und R. Esnault —,
von Moedebeck.447
Personal i a
32, 71, 104, 144, 198, 232, 263, 312, 360,420, 460, 512
Photographie, La — en Ballon. 32
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*»»» VII ««♦*
Seite
Photographischer. 3. — Wettbewerb des
Aäronautique Club de France.218
Photographien, 3. Wettbewerb und Aus¬
stellung des A6ro-Club de France von
aeronautischen —.21.'S
Pochettino A., Die erste Überfliegung der
Alpenkette von Italien aus. 16
-Capitano Ulivelli +.236
„Pommern“, Die Fahrt des — von 0. Erbs-
löh.473
Posener Verein für Luftschiffahrt. 65
Pirajou, Henri Guillon de —.• . 252
Pilotballonaufstiege, Die Technik der
—, von Dr. de Quervain.4J2
„Planet“, Die Erforschung der höheren
Schichten der Atmosphäre auf der Reise
S. M. S. —, von Oblt. z. S. Sehweppe 265, 313
Preisausschreiben.133
Preis des „Matin“. 87
Preis, Lahm- —. 89, 223
Preise, Aeronautische —. 91
-des A6ro-Club du Sud-Ouest 1907 ... 89
-Weitere — des A6ro-Club du Sud-Ouest
1907, von Elias. 134
Prix, Grand — d’Aviation, von Elias . . 136, 176
Pyrenäen, Eine neue Überfliegung der —,
von F. de P. Rojas.383
Quervain, Dr. de, Die Technik der Pilot¬
ballonaufstiege .492
Real Aero-Club de Espafia.215
Registrierapparate, Über eine neue auto¬
matische Abstellvorrichtung der Schreib¬
federn von —n, von K. Nim führ. 78
Resonanzapparate, Frahmsche — . . . . 56
Rettungswesen,l. Internationaler Kongreß
für —.417
Riedel, Fr., Zum Studium des dynamischen
Fliegens. 54
Risse in Wolkendecken, Zum Kapitel —,
von H. Zwick . 56
Rojas, F. de Paula, Semaine sportive de Bar¬
celona .136
-Die Internationale Weitwettfahrt zu Bar¬
celona am 2. Juni 1907 . 284
-Die Ballonfahrt des Herrn Kapitän
Kindelän.372
-Eine neue Überfliegung der Pyrenäen . 383
-Ballonwettfahrt zu Valencia.403
Rosenthal, Elmar, Draciienaufstiege im
Küstengebiete der Ostsee. 47
-Russische Literatur aus dem Jahre 1906 263, 357
-Die russische Ballonkataatrophe im Juli
1907 . 382
Rotch, Prof. A. L. —, Die meteorologischen
Verhältnisse über St. Louis.194
Samuelson, A., Erklärung. 11
Samoa, Meteorologische Drachen au fsticge in
—, von F. Linke. 74
Santos Dumont. 55, 122, 165, 174
S c h e 1 i e s, R., Aus der flugtechnischen Praxis 114
Schlepptau-Havarie, Die — bei Oberstein
am 23 Januar 1907, von Dr. K. Wegener . 84
Schleiffahrt, Dr. —, Gordon-Bennett-Wett-
tiiegen 1907 . 179, 219
-Lahm-Preis . • • ..•.223
Seite
Schleiffahrt, Dr.,und Hildebrandt,Gordon-
Bennett-Wettfliegen.462
Schrauben, Über Vortreib—, von F. Ferber 121
Schulballons.388
Sehweppe, Oblt. z. S., Die Erforschung
der höheren Schichten der Atmosphäre auf
der Reise S. M. S. „Planet“. 265, 313
Schweizer Aero-Club.187
Scientifie-America-, Preis des — für
Flugmaschinen.392
S e e w a rt e, Die Drachenstation der deutschen
—, von Dr. E. Aselmann.193
! Semaine sportive de Barcelona, F. d. Paula
Rojas.136
Seux, Drachenflieger Edmond —.251
Simultanaufstiege, Termine für die—1907,
von Elias. 50
Spangenberg, Oberrheinischer Verein für
Luftschiffahrt.418
Sportkommission des deutschen Luft¬
schi fl'er verbandes, von Moedebeck .... 101
Sportausstellung, Internationale — Berlin
1907, Elias.223
Sol ff, K., Die Bedeutung der drahtlosen
Telegraphie für die Motorluftschiffahrt . . 82
Stabilität, Über automatische —, von K.
Steiger-Kirchhofer.503
Stade, Dr., — Vorläufiger Bericht über die
3. Jahresversammlung des Internationalen
Luftschifferverbandes.404
-Deutscher LufLschiffertag.407
Ständige Internationale Aeronau¬
tische Kommission .141
Steiger-Kirchhofer,K., über automatische
Stabilität.503
Steinbuch, C. F., Landung von Ballons in
Holland.163
Steinmetz, Dr. H., Münchener Verein für
Lu fischlffahrt. 96, 182, 257
Stockholm, Wettfahrt am 10. Juli 1907 in — 299
Stolberg, An die Leser. 1
-Die internationale Ballonwettfahrt zu
Berlin am 14. Oktober 1906 . 12
Studium, Zum — des dynamischen Fliegens,
von Fr. Riedel . . . .'. 54
Svenska, Acronautiska Sällskapet, K. J—d. 258
Termine für die Simultanaufstiege 1907, von
Elias.• • 50
Terminologie, Aeronautische —, von
Moedebeck.162
-Aeronautische —, von Kreß.238
Tragkörper, Die Form des —s von Luft¬
schiffen, von P. Denninghoff und li. Elias 108
„Thrasher“, Die Katastrophe des Ballon —,
von Coym.282
Trübner, K. J. — F, von Moedebeck . • • 234
Ulivelli, Capitano — f, A. Pochettino . . . 236
Vaulx, Das Luftschiff de la —, von Elias 87, 114
„Ville de Paris“, Die Fahrten des Luft¬
schiffes —, von G. Espitallier.384
- Der Lenkbare „la —“, von G. Espitallier 324
— — Die Fahrten der —.491
Voyer, Die Versuche mit dem Lebaudy-
Luftschiff im Jahre 1905 . 145
Vui . 175 i 253
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Seite
Wasserst-offgas, Die Herstellung von —
aus Calci um hydrür, von R. Aßmann . . . 327
War ml u ftbal Ion, Der —, eine deutsche
Erfindung des Mittelalters, von Franz
Marie Feldhaus. 53
Wegener, l)r. K., Die Schlepptau-Havarie
bei Oberstem am 23 .Januar 1907 . 84
-Die Fahrt des „Ziegler“ nach England,
10.-11. April 1907 . 203
-Dr. K., Die zweite Fahrt des Ballons
„Ziegler“ nach England.443
Wellinan, Die l'länc —s lur 1907. von Elias 112
-Die Expedition — 1901, von Elias . . . 422
..240
Wellner, Hofrat Prof. G. —, Die Drachen¬
flieger .165
-Friedrich Ritter von Lüßl +.235
-Kritische Betrachtungen über die neuen
Drachen liieger.240
W eis. Der neueMotorgleitllieger von Etrich —,
von Dr. R. Nimfiihr.118
-Die Gleitflüge von Ingenieur —, von
Dr. R. Nimfiihr. ..... 452
Weitfahrt des Aero-Club de France am
19. Mai 1907 . 2S4
— — am 6. Juli 1907 . 350
-Internationale —, am 29. September 1907 350
Weit fahrtpreis des „Etoile Beige“ von
K. S .283
AVeitfahrt-Wettbewerb des Aero-Club de
Belgique, von K. N.256
Weitwettfahrt. Die Internationale — zu
Barcelona am 2. Juni 1907, von F. de P.
Rojas. 284
-Internationale —, von K. N. ..253
-internationale — von Lüttich am 7. Juli
1907, von K. N.348
-Internationale — zu Brüssel am 15. Sep¬
tember 1907, von K. N.344
Seite
Wettbewerbe, Erledigte —. 92
W ettbewerb für Flugmaschinenmodelle,
London 1907 . 88
-von Flugmaschinenmodellen, Paris 1907 133
Wettfahrt am 10. Juli 1907 in Stockholm • 299
-Ballon - zu Valencia, von F. de P. Rojas 403
Wettfahrten, Die Düsseldorfer Ballon— am
8. und 9. Juni 1907, von Abercron .... 287
-Düsseldorf 1907, von Abercron.178
W r ettfliegen, Ballon—in Brüssel am 15. Sep¬
tember 1907 . 393
-Mannheim 1907 . 178
-von Gleitlliegen, Paris 1907 . 133
Wiener Aero-Club, von Elias. 67
Wiener Flugtechnischer Verein, von
L. 67, 99, 226, 511
Wissenschaftliche L u ft sc hi f fahrt.
Internationale Kommission für — .... 81
-Zur Geschichte der —, von Prof. C- Kaßner 81
Wolkendecken, Zum Kapitel „Rissein—“,
von H. Zwick . . . . •. 56
Wright, Das Rätsel der Gebr. —, von Elias 173
Zeppelin, Graf v. —.114
Z e p p e 1 i n s e h e s Luftschiff, Neue Versuche
mit dem —, von Moedebeck.367
— — Weitere Versuche mit dem — Dr. Eckener 439
Zeppelin und wir.380
„Ziegler“, Die Fahrt des — nach England,
10.—11. April 1907, von Dr. K. Wegener . 203
-Die zweite Fahrt des Ballons — nach
England, von Dr. Wegener.443
-1L, Augsburger Verein für Luftschiff¬
fahrt . 31, 98
Zweimal ii b e r d e n K a n a 1, von Mrs. Asshe-
ton Harbord.206
Zwick, H., Zum Kapitel „Risse in Wolken¬
decken“ .. • 56
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illustrierte Aeronautische jVfitteiiungen.
XI. Jahrgang. 4 * Januar 1907. ** 1. Heft.
An die Leser !
Wegen bevorstehendem längeren Aufenthalt im Ausland sehe ich mich
mit dem Schluß des X. Jahrgangs veranlaßt die Schriftleitung der Illustr.
Aeronaut. Mitteilungen niederzulegen und . dabei gleichzeitig die Herren Mit¬
arbeiter zu bitten für . ihre wertvolle Unterstützung meinen ausdrücklich
betonten Dank entgegennehmen zu wollen.
Mit der Übernahme der Redaktion seitens des Herrn Dr. H. Elias
in Berlin ist die Gewähr gegeben, daß diese Zeitschrift auch fernerhin dem
Dilettantismus in ihren Spalten keinen Raum läßt und ihren, den Streit¬
fragen des Tages entrückten kritischen Standpunkt in Unabhängigkeit weiter¬
hin wahren wird. Dr. A. Stoib erg.
Die Illustr. Aeronaut. Mitteilungen treten mit diesem Heft in das zweite
Jahrzehnt ihres Bestehens. Das Ziel, das sie sich bei ihrer Gründung ge¬
steckt hatten, die Luftschiffahrt in die Richtung leiten zu helfen, daß sie die
Bahnen zur Beherrschung des Luftmeeres ebnet, ist zum größten Teil er¬
reicht. Mit dem neuen Jahrzehnt beginnt auch ein neuer Abschnitt der
Aeronautik. Die Idee der Beherrschung der Luft ist nicht mehr nur Eigen¬
tum einiger Phantasten und Optimisten, sie ist durch die Erfolge, die auf
allen Gebieten der Aeronautik gerade das letzte Jahr gebracht hat, all¬
gemein aufgenommen worden und wird ihrer Verwirklichung zugeführt.
Das neue Jahrzehnt erheischt demnach eine neue Aufgabe für unsere Zeit¬
schrift, und deren Lösung kann nicht zweifelhaft sein, so unlösbar sie auch vor
kurzer Zeit noch schien: die Beherrschung des Luftmeeres. Wenn ich zu
diesem bedeutungsvollen Wendepunkte die Redaktion der Zeitschrift über¬
nehme, so geschieht dies in dankbarem Gedenken der Arbeit meiner Vor¬
gänger und in vollem Vertrauen auf die fernere Mitarbeit aller unserer
Freunde, sei es, daß sie den Luftozean erforschen, sei es, daß sie sich im
freifliegenden Ballon durch sportliche Tätigkeit auf unsere große Aufgabe
vorbereiten, sei es endlich, daß sie die Aufgabe selbst in Angriff genommen
haben. Sie alle bitte ich, auch auf dem Wege der Mitteilung von Er¬
fahrungen unsere stolze Aufgabe ihrer Lösung näher führen zu helfen.
Berlin SW. 47, Katzbachstr. 15. Dr. Elias.
<K
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 1
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2 «44
Flugtechnik und Aeronautische Maschinen.
Mein Drachenflieger.
Mit 9 Figuren.
Von J. Hofmann, Regierungsrat a. D.
Mein Drachenflieger hatte bis Juli 1906, um welche Zeit meine Mittel
erschöpft waren und ich den Bau einstellen mußte, die aus beiden Photo¬
grammen (Fig. 1 u. 2) ersichtliche Gestalt gewonnen. «Ersichtlich» ist
eigentlich ein bißchen viel gesagt. Denn ersichtlich und erkennbar für die¬
jenigen, die mit der Sentkerschen Maschinenfabrik, der gastlichen Herberge
meines Drachenfliegers, zu tun haben, ist in erster Linie der Steuermann,
ein mittelgroßer Herr, der auf dem Bilde würdig den Maßstab vertritt.
Ferner sieht man deutlich einen vierschaufligen Propeller vorn an der
Maschine mit seiner Welle, hinter der man mit Fug und Recht eine Dampf¬
maschine vermutet. Endlich sind klar zu sehen vier Räder, deren Achsen
an den Enden schlanker Federn sitzen. Die Federn stecken in Lenkern,
gebildet aus je zwei Röhren, die unter die Mitte der Maschine hinaufsteigen
und dort an einer Querstange drehbar gelagert sind. Zwischen Obergestell
der Maschine und Vorder- und Hinterkarre, die ich auch Vorder- und Hinter¬
beine nenne, sieht man dann noch je einen versteiften Dampfzylinder mit
weit nach oben heraustretender Kolbenstange; und diese, meinem Patente
100 399 entsprechende Einrichtung ermöglicht es, den Rumpf des Drachen¬
fliegers mit Führer und Flügeln und allem übrigen um 135 cm zu heben.
Wie der tierische Rumpf Rückgrat, Brustbein und Rippen hat, inner¬
halb deren die edleren Organe geborgen sind, so hat mein Drachenflieger
ein Fachwerk aus Stahlrohren und Stäben, das nur deshalb etwas ver¬
worren aussieht, weil sich die Flügelträger, die ihrerseits ebenfalls Fach-
w T erke aus Röhren und Stahldrähten sind, seitlich eng dagegen legen. Jeden¬
falls sieht man hinter dem Wirrwar von Röhren und Drähten ein unten
dickes, nach oben wurstartiges im Zickzack ansteigendes Gebilde, den
Dampfkessel mit Überhitzer. Der im unteren Teil, dem Wasserröhrenkessel
gebildete Dampfschaum stieg in den unmittelbar vor dem Führer liegenden
Behälter, den Dampfsammler, wurde dort geschieden, und während das
Wasser gleich wieder durch die außen erkennbaren Rücklaufröhren unten
in den Kessel geführt wurde, ging der nasse Dampf oben in den schlauch¬
förmigen Überhitzer, lief dem Feuer entgegen bis zum Unterkessel und
schließlich durch den Feuerraum zum Absperrventil am Führerstand und
von da zur Propellermaschine. Der Führerstand enthält außer den für
Lokomotiven üblichen Armaturen noch die Einrichtungen zur Bedienung der
Hilfsmaschinen, sodaß Heben und Senken des Drachenfliegers bezw. der
Beine, Ausbreiten und Zusammenfalten der Flügel durch je einen einzigen
Handgriff erfolgen kann, ferner das Handrad für die Steuerung der Vorder¬
räder, weil der Drachenflieger auf dem Lande als Automobil laufen muß,
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. 3 <8*v«
und zwei Hebel für die beiden hinter der Maschine zu beiden Seiten eines
festen lotrechten Kiels angeordneten wagrechten Flugsteuer. Die Augen, in
denen die Flugsteuer sich drehen, sind in den Photogrammen oben hinter
dem Führer deutlich zu sehen. Die Flugsteuer selbst, ebenso wie die
Besegelung der Flügel sind noch nicht angebracht.
Der Kessel wurde mit Holzkohlen geheizt und wenn das Feuer ordent¬
lich im Gang war, erhielt ich bei der Höchstspannung von 15 At. eine
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Dampfüberhitzung bis zur Wärme des schmelzenden Bleis. Wenn man sich
nun vorstellt, daß der Kessel einer etwa 30pferdigen Maschine nur 50 Liter
Wasser enthält — die Kupferröhren, von außen 5 mm, innen 4,2 mm Durch¬
messer, hatten eine Gesamtlänge von 2200 m —, so kann man von Haus
aus schon darauf rechnen,
daß die Bedienung des
Feuers nicht leicht ist. Der
ungleichmäßige Dampf¬
bedarf beim Spiel der
Hilfsmaschinen und die
Aufmerksamkeit auf den
kupfernen Überhitzer ma¬
chen es aber geradezu
zur Unmöglichkeit, daß
ein einziger Mann Kessel,
Maschine und außerdem
noch die Steuerung in der
Luft besorgt. Da man nun
jetzt Benzinmotore kaufen
kann von einer Leichtig¬
keit, die vor 5 Jahren
undenkbar schien, so beab¬
sichtige ich, meine Dampf¬
maschine gegen einen Ben¬
zinmotor auszuwechseln.
Im übrigen hat der Kessel
bei den durch Maschinen¬
brüche (Phosphorbronze),
Abfliegen von Propeller¬
schaufeln u. dgl. vorge¬
kommenen Stößen, Ver¬
drehungen und Verbie¬
gungen sich so gleichgültig
gezeigt, daß die drei Jahre,
die ich auf den Bau von
Kessel und Maschine ver-
verwendete, für spätere
größere Ausführungen viel¬
leicht doch nicht verloren
sind.
Was die Tragflächen des Drachenfliegers anlangt, so sind seitlich
ausladende fest angebrachte Flügel, wie sie z. B. auch der Drachenflieger
von San tos Duinont hat, ein Unding. Abgesehen von den Schwierigkeiten,
die das Ausweichen auf der Slraße mit sich bringt, birgt jeder Windstoß
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schon vor dem Fluge eine Todesgefahr für den Drachenflieger. Vielleicht
ist eine kleine Abschweifung gestattet. Ich hatte im Jahre 1895 mit Unter¬
stützung des Fabrikbesitzers F. Gaebert in Berlin in einem Lokomotiv¬
schuppen der K. Werkstätte Tempelhof einen Drachenflieger mit nicht falt¬
baren Flügeln, der nur mich tragen sollte, gebaut und ging nach einem
gelungenen Vorversuch Lilienthalscher Art, indem ich mit der Tragfläche
allein vom Dache eines kleinen Fabrikgebäudes auf dem Rauhenberge her¬
untersprang, eines schönen Morgens daran, einen größeren Versuch zu
machen. Der Drachenflieger wurde auf einen Rollwagen gestellt und während
ein paar Arbeiter den Wagen schoben, sollten zwei Arbeiter auf dem Wagen
den Drachenflieger selbst gegen alle Zufälle festhalten. Einer derselben
stieg aber ohne meine Erlaubnis herunter, ein plötzlicher, garnicht schwerer
Windstoß faßte den Drachenflieger, den der eine Mann nicht zu halten
vermochte, und entführte ihn über 5 Gleise weg, wo er dann niederfiel und
zerbrach. Dieser für den Einzelflug bestimmte Drachenflieger ist abgebildet
in den Verhandlungen des Vereins für Eisenbahnkunde vom Oktober 1896.
Da durch den Vorfall in Tempelhof mein Geldgeber in seinem Ver¬
trauen zum mechanischen Fliegen erschüttert war, so tat ich das einzige,
was ich tun konnte, ich richtete mir selbst ein Zimmer als Werkstätte ein
und baute nun im Maßstabe von etwa 1:10 mehrere kleine Drachenflieger,
die alle den gleichen Dampfkessel mit Maschine, aber verschiedene Pro¬
peller, Flügel und Beine hatten. Diese Maschinchen waren viel weniger
«Modelle», als der verunglückte große Drachenflieger, aber trotz vielfacher ge¬
lungener Freiflugversuche (s. < Österreichische Wochenschrift für den öffent¬
lichen Baudienst» vom 8. Juni 1901) blieb man immer noch geneigt, sie
als Spielzeuge anzusehen, und wollte nicht zugeben, daß das, was im
Kleinen ginge, auch im Großen gehen mußte. Es bleibt das unsterb¬
liche Verdienst von Santos Dumont, daß er gerade diese Einrede aus der
Welt geschafft hat, die jedem Dynamiker, der nur mit beschränkten Mitteln
Modelle bauen konnte, als Knüttel zwischen die Beine geworfen wurde.
Immerhin hatten sich schließlich auf Grund meiner gelungenen Ver¬
suche im Kleinen drei Herren, ein englischer Ingenieur, Patrick Y. Ale¬
xander, Fabrikbesitzer H. W. No eile in Lüdenscheid und Freiherr
v. Hewald, Berlin, zusammengefunden, die mich für das Weiterbauen im
Großen flügge machten, und so darf ich nun wohl von den Flügeln weiter¬
reden.
Starr am Rumpf angebrachte Flügel sind, wie gesagt, ein Unding, und
daher hatte ich meinen Modellen Flügel gegeben, die sich wie Insektenflügel
an den Leib legen und für den Flug rechts und links vom Rumpf aus¬
strecken konnten. Aber auch diese Einrichtung genügt für eine größere
Maschine noch nicht. Um die nötige Tragfläche herauszubekommen,
müßten die Flügel sich für den Lauf des Drachenfliegers auf der Straße
viel zu weit nach hinten erstrecken — was bildet z. B. ein Wagen mit
Langholz für ein Verkehrshindernis? —, es bleibt also nichts anderes übrig,
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als noch einen Schritt weiter zu gehen und eine Unterteilung der Flügel
einzuführen, wie sie die Vögel und Fledermäuse von Natur aus haben.
Diesen Schritt habe ich mit Patent 143 820 gemacht. Die Sache ist aus
den schematischen Figuren 3 bis 6 klar zu ersehen.
Fig. 5.
Figur 3 zeigt den ausgestreckten linken Flügel meines Drachenfliegers
im Aufriß, Figur 4 und 5 im Grundriß; Figur 6 zeigt den fast zusammen¬
gefalteten Flügel im Grundriß, e ist der Rumpf der in der Pfeilrichtung
fliegenden Maschine. An den Rumpf schließen sich zu beiden Seiten die
Fachwerkträger der Flügel. Die Figuren zeigen nur einen Fachwerkträger
ab cd ajbjCjd, für jeden Flügel. Die Lotrechten f tragen nach hinten die
Ausleger g, und diese sind ihrerseits durch Stäbe k an ihren hinteren Enden
miteinander verbunden. Am Obergurt ab cd oder am Untergurt a^c^
oder an beiden, oder wie gezeichnet an besonderen Stäben i, zwischen
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beiden kann man nun wagerecht liegende Segel anbringen, die außer an
der Vorderkante i auch noch an einer Seitenkante mit den Stäben g ver¬
bunden sind. Die Hinterkante und die zweite Seitenkante müssen frei
bleiben. Man kann aber zur Erzielung glatterer und größerer Oberflächen
noch Spriete 1 in die Diagonalen der Segel legen. Wenn nun die Maschine
fliegt, so preßt die Luft von unten die Segel gegen die Fachwerksglieder
k und g. Wenn aber die Maschine gelandet ist, so werden sofort durch
eine einzige Bewegung eines Kolbens mdie Fachwerk träger durch Lenker n
und Planetengetriebe mit Seilscheiben o p q r in der aus Fig. 6 ersicht-
chen Weise gefaltet, sodaß die Segel,
der Schwerkraft folgend, nach ihren
Diagonalen schlaff herunter hängen. Das
aus den Photogrammen ersichtliche
bemannte Modell hat solche Fachwerk¬
träger nicht nur vorn, sondern auch
hinten, sodaß die Stäbe g also zu
Querträgern wie bei Brücken werden.
Auch treffen auf jedes Feld statt eines
einzigen Segels deren 12 bis 14, die
sich beim Strecken und Einziehen der
Flügel zwischen Parallelogramm-Netzen
aus Bandstahl genau so selbsttätig
spannen und falten, wie ein einziges
Segel der Zeichnung. Aber sie sind
handlicher und geben der Luft, über
die der Drachenflieger hinstreicht, mehr Durchgangsstellen.
Das bemannte Modell hat eine Oberarmlänge ab — 3,30 m; Unter¬
arm bc = 3,60 m; Hand cd = 3,90 m. Da der Rumpf selbst 1,50 m
breit ist, so beträgt die Klafterung der fliegenden Maschine 1,5 + 2 (3,3 +
3,6 + 3,9) = 23,1 m. Die Länge in der Flugrichtung ist hierbei von Vorder¬
kante Propeller bis Hinterkante Steuer = 8m. Dagegen beträgt die Länge
der auf dem Lande mit zusammengefalteten Flügeln laufenden Maschine
10 m bei 4 m Breite.
Der Vergleich der Fig. 4 mit der Fig. 5 ergibt noch andere Eigen¬
tümlichkeiten der Flügel meines Drachenfliegers, nämlich außer der Falt¬
barkeit eine Beweglichkeit im Schultergelenk vor- und rückwärts bei gestreckt
bleibenden Flügeln. Dies könnte gut zum Ersatz des Steuers benützt werden;
denn ein Vogel, der etwa in der Flügellage S S nach Fig. 4 geradeaus fliegt,
wird in der Flügellage SSj Fig. 5 sofort ansteigen und bei umgekehrter
Bewegung fallen. Oder es können damit Rechnungsfehler bezüglich der
Schwerpunktseinstellung ausgeglichen werden. Das ausgeführte Modell hat
feste Schulterscheiben und dafür ein Spiel des die Dampfmaschine tragenden
Fachwerks gegenüber dem Flügel und Beine tragenden Fachwerk, in dem
es hängt, nach vorn und hinten.
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Viel Zeit und Geld haben mich auch die Versuche mit Propeller¬
schrauben gekostet. Hätte ich die Propeller nachgemacht, die ich bei
meinen Versuchen im Kleinen als die besten herausgefunden hatte, und zu
denen ich nach allen Umwegen mit geringen Änderungen doch zurückkehrte,
so wäre mir viel Ärger erspart geblieben. Wie die Propeller jetzt aussehen,
zeigen die Photogramme. Wenn aber mein Drachenflieger für einen Benzin¬
motor umgebaut wird, so erhält er noch die mir unter 179114 patentierte
Einrichtung (Fig. 7 u. 8).
Die Schaufeln a sitzen hierbei ebenfalls auf Trägern d, die durch Fach¬
werke gh mit der Welle verbunden sind; aber die Träger d sind hier in
Augen i drehbar gelagert, so daß sie von der hohlen Welle f aus während
des Betriebes durch Längsverschiebung eines Handgriffs n mittels Hebel und
Stangen oder, wie gezeichnet, durch einen Zapfen m mit Schraubengängen
und in o x und p, befestigte doppelte Drahtzüge gegenüber der Propellerwelle
verdreht werden können. Die Fig. 7 und 8 zeigen die Schaufeln a in Leer¬
laufstellung, jede Verschiebung des Handgriffs n nach vor- oder rückwärts
bedingt Vor- oder Bücklauf der Maschine. Man erspart also für die Benzin¬
motoren die Wechselgetriebe wie bei Schiffsschrauben mit stellbaren Flügeln;
da hier aber nur die äußersten arbeitenden Teile verstellt werden, so kann
man sich auch ohne andere Unzuträglichkeilen die günstigsten Steigungs¬
winkel heraussuchen. Die Schaufeln a werden nicht eben w r ie auf der
Zeichnung, sondern aus einem flacheren und einem steileren Kegelmantel
von Stahlblech auf Schneide zusammengenietet.
Der beabsichtigte Umbau der Maschine ist mit der Auswechslung
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des Motors und der Änderung des Propellers indes noch nicht erledigt. Die
Hilfsmaschinen für die Einstellung der Flügel und Beine, die früher mit Dampf
betrieben wurden, und die mir Kleinkessel wie den Altmannschen nicht ge¬
statteten, zwingen jetzt für Benzinmotoren, wie sie das auch für Klein¬
wasserkessel getan hätten, zur Einschaltung einer Preßluftanlage. Die Ein¬
richtung soll nun nach meinem Patent 175478 — das Schema ist in Fig. 9
dargestellt — so getroffen werden, daß die Propeller- oder Motorwelle fort¬
während eine Luftpumpe treibt, deren Hubgröße durch einen unter Feder¬
spannung stehenden Kolben mit Kulissenwerk vom Behälterdruck bestimmt
wird. Gleichzeitig dient die über das Sicherheitsventil des Luftbehälters
abströmmende Luft direkt oder unter Ansaugung von Außenluft zur Kühlung
des Motors oder seines Kühlwassers. Selbstverständlich müssen auch die
Stopfbüchsen und Kolbendichtungen der bisherigen Dampfzylinder die für
Preßluft geeigneten Änderungen erfahren.
Fig. 9.
Der Betrieb wird also an Hand des Schemas, Fig. 9, sich folgender¬
maßen gestalten. Der Motor a pumpt unter Leerlauf des Propellers c den
Luftbehälter f bis zur dauernden Abströmung der Preßluft über das Sicher¬
heitsventil f x voll; dann wird der Drachenflieger, dessen Tragflächen und
Steuer in der Richtung der Propelleraxe liegen mögen, durch Einlassen von
Luft durch k 2 in den oder die Zylinder g langsam um 135 cm gehoben.
Hierauf wird der Propeller c auf Vorlauf gestellt und gleichzeitig Preßluft
durch k, in den Zylinder m eingelassen, sodaß die Flügel mit einem Ruck
entfaltet werden. Da die ganze Segelfläche parallel zum Boden bleibt, wird
der Drachenflieger sehr schnell eine Geschwindigkeit von 10 bis 12 m/sec.
erreicht haben. In diesem Augenblick werden die Luftwege für den Hub¬
zylinder g durch Umstellung des Hahnes k 2 umgekehrt, so daß die Beine
hochschnellen, und die Maschine nun einem freien Fall von 135 cm über¬
lassen ist. Sie muß also vorschießend etwas fallen, und wenn dies nur
ein halber Meter ist, so gewinnt sie daraus schon eine Geschwindigkeits¬
zunahme von etwa 3 m, fliegt somit jetzt mit 13 bis 15 m/sec. Anfangs-
o
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg.
Digitized by LjOOQLe
geschwindigkeit. Wenn man nun den Schwerpunkt der ganzen Maschine
so zu den Flügeln legt, daß sie sich, während sie ihre Last den Flügeln
überträgt, etwas dreht, d. h. vorn hebt und hinten senkt, genau wie es
meine kleinen Modelle getan haben, so muß der Flug anhalten, und für
weitere Bewegungen tritt das Steuer in Wirkung.
Für das Landen ermäßigt man den Vortrieb der Propeller und stellt
durch Hebung beider Hintersteuer die Drachenflügel steiler. Dann fällt der
ganze Flieger langsam auf die Hinterbeine und halb fliegend und halb rollend
auf die Vorderbeine. Sofort wird nun durch Umstellung von k 1 die Pre߬
luft im Zylinder m so gesteuert, daß die Flügel mit einem Ruck an den
Rumpf herangezogen werden, womit der Flug beendet ist.
Bezüglich des Verhaltens meines Drachenfliegers in Wind tmd Wetter
verweise ich auf meine Ausführungen in der obengenannten Wochenschrift
für den öffentlichen Baudienst. Nur das möchte ich hervorheben, daß die
Natur den Flugtieren, insbesondere den Vögeln, viele Einrichtungen mit¬
gegeben hat, die ganz selbsttätig eingreifen, wenn Unheil droht. Man
braucht sie nur mit mehr oder weniger Instinkt nachzumachen. So z. B.
haben alle Vögel in ihrem Schwänze ungefähr wagerecht liegende Flächen,
mit denen alle Horizontal- und Vertikalbewegungen für den Flug erzielt
werden können. Wird nun der Vogel ahnungslos von einem seitlichen
Windstoß überrascht, so wird er hinter seinem Schwerpunkt von viel
mehr Luftteilchen getroffen als vor seinem Schwerpunkt. Er muß sich also
ganz ohne sein Zutun gegen den Wind drehen, womit die Gefahr besei¬
tigt ist. Aus diesem Grunde habe ich meinem Drachenflieger Hintersteuer
mit zwischenliegendem festen lotrechtem Kiel gegeben, und ich will nur
wünschen, daß Santos Dumont sein gefährliches Vordersteuer recht bald
verläßt.
Dies wünsche ich erstens aus persönlicher Hochachtung und zweitens,
weil ein Unglück, das ihm zustoßen würde, sofort wie ein Reif auf die
ganze jetzt für die Flugmaschine erwachende Stimmung fiele.
Dampfschiffe können versinken, Eisenbahnzüge dürfen entgleisen, Ballons
mögen verbrennen, das stört den Glauben nicht; aber an den Schwingen
des Icarus darf das Wachs nicht schmelzen, und jeder hält sich für befugt,
an dessen Federn zu zupfen, ob sie noch halten.
Der Drachenflieger im Lichte der „Allgemeinen Automobilzeitung 11 .
Die «Allgemeine Automobilzeitung», eine schön ausgestattete Zeitschrift, Organ
des Kaiserlichen Automobilklubs und fast sämtlicher deutscher Autlervereine sowie der
Motorluftschiff-Studiengesellschaft, enthält in Nr. 48 vom 30. November d. Js. einen Auf¬
satz «Über Motorballon und Motordrachenflieger», der im Interesse der deutschen
Technik nicht unerwidert bleiben darf. Zunächst reizt schon die sprachliche Seite
dieses Artikels zum Widerspruch. Kaum haben sich die Verdauungsbeschwerden über
das neugeschaffene Wort Motorballon etwas gemildert, da versucht man, den Luft¬
schifferkreisen ein noch neueres Wort mundgerecht zu machen: Motordrachenflieger.
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Gehen wir den Ausführungen des Verfassers etwas nach, so finden wir, daß er
bereits den Lilienthalschen Apparat als Drachenflieger betrachtet; dann muß natürlich,
wenn dieser «Drachenflieger* einen Motor bekommt, der neue Apparat «Motordrachen¬
flieger* oder «Motoraeroplane > genannt werden.
Wir wollen aber dabei bleiben, Flüge von erhöhten Punkten aus mit ebenen
oder segelartig flach gebauchten wagerechten Schirmen Fallflüge oder Gleitflüge
zu nennen, wenn außer der Schwerkraft, der Kraft des Windes und etwa eines Abstoßes
keine weitere Kraft in Frage kommt (Lilienthal selbst nannte seine Flüge Segelflüge und
seinen Schirm Flugsegel). Stellt man einen solchen Schirm schräg zum Winde und läßt
ihn an einer Schnur hochgehen, so hat man das Spielzeug von jung und alt, den
Drachen; mechanisch gesprochen, hat man zu dem vorherigen Kräfteplan noch eine
Kraft, den Widerstand oder den Zug der Schnur, hinzugefügt. Schneidet man die Schnur
durch, so geht der im Winde stehende Drache sofort in den Fall- oder Gleitflug über.
Ersetzt man aber den Zug der Schnur durch den Vortrieb eines vom Drachen selbst
getragenen Motors, so hat man den frei fliegenden Drachen oder den Drachenflieger.
Der ist richtig auf die Welt gekommen. Der «Motordrachenflieger* aber ist eine Mi߬
geburt, höchstens wert, im Spiritusglase als Monstrum etikettiert aufbewahrt zu werden.
Nun aber den technischen Teil des Artikels: «Mit dieser Art Drachenflieger wollen
die Gebrüder Wright . . . Gleitflüge . . . selbst bei Windstille ausgeführt haben. Die
Herren behaupten damit, daß die Schraubentätigkeit nicht allein den Vortrieb bewirkt,
sondern daß sie mit diesem Vortrieb auch indirekt die vertikale Kraft des Windes zu
ersetzen und dadurch einen genügend starken Auftrieb für den Drachenflieger bei relativ
ruhiger Atmosphäre zu erzeugen vermögen. Mit anderen Worten stellen sie den Satz
auf, durch den motorischen Vortrieb die Fortbewegung des Flugapparates und gleich¬
zeitig die für ein Heben desselben genügend wirksame Luftverdichtung hervorrufen zu
können; das ist aber in Anbetracht der geringen, durch motorischen Antrieb zu erzielenden
Geschwindigkeit eine Unmöglichkeit. . . . Um den Auftrieb und gleichzeitig den Vortrieb
eines Motoraeroplans, sollte seine Bauart der Luftsäule auch noch so großen Widerstand
entgegensetzen, hervorzurufen, bedarf es in Anbetracht des geringen Trägheitsmomentes
der Luft unbedingt eines Kräftepaars. Es bedarf dazu der im Verhältnis zur Größe,
Qualität und Eigengewicht des Flugapparates entsprechend kräftigen Komponente des
Gegenwindes und eines ebensolchen mechanischen Vortriebes ...» usw.
Wer dies liest und sich vergegenwärtigt, daß er eine große technische Zeitschrift
und insbesondere das offizielle Organ der Studiengesellschaft für MotorluftschifTahrt vor
sich hat, der liest es wieder und dann träumt er sich in die Hexenküche:
«Ich kenn’ es wohl, so klingt das ganze Buch;
Ich habe manche Zeit damit verloren,
Denn ein vollkommener Widerspruch
Bleibt gleich geheimnisvoll, für Kluge wie für Toren.*
Wir wissen nicht, ob die Gebr. Wright bei Wind oder bei Windstille oder ob sie
überhaupt geflogen sind. Hierüber mag die nächste Zukunft Klarheit schaffen. Aber
wir sehen in der ganzen Auffassung des Drachenflugs ein Hexeneinmaleins, auf das ein¬
zugehen uns unmöglich ist.
Wir können uns nur mit Faust trösten, aber dem Schreiber des Artikels in der
«Allgemeinen Automobilzeitung*, der sich Aeolus nennt, möchten wir den gutgemeinten
Rat geben, seinem Ahnherrn es gleichzutun und widrige Winde, wie die, die alle
Mechanik höhnend aus seinen Zeilen wehen, in einem Schlauche zu verschließen.
Odysseus.
Erklärung.
In Heft 11 Seite 394, Jahrgang 1906 der Illustr. Aeronaut. Mitteilungen nimmt
Herr Herrmann Zwick (Neustadt a. Hdt.) Bezug auf eine von mir veröffentlichte Abhand-
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lung: «Steilstehende Drachen» Jahrgang 1899, Seite 4-6 dieser Zeitschrift. Hierzu
bemerke ich:
Als ich die in Rede stehenden Drachenversuche anstellte und folgeweise die
betreffende Abhandlung schrieb, war mir folgendes Prinzip noch unbekannt: «Wenn
zwei ebene Tragflächen (Aeroplane) hinter einander angebracht sind, mit
einem Zwischenräume, der mindestens ebenso groß ist wie die größere der beiden
Flächen, so trägt die vordere Tragfläche mehr als das Doppelte (auf die
Flächeneinheit bezogen) als die nachfolgende Tragfläche.»
Gerade die von Herrn Zwick erwähnten Drachenversuche (1899) und die darauf¬
folgenden Experimente mit meinen Schrauben-Segelfliegern haben zur Erkenntnis des
Richtigen mitgewirkt. Letzteres ist dargelegt in meinen zwei Schriften: «Luftwiderstand
und Flugfrage» (in englischer und deutscher Sprache, Hamburg, Boysen & Maasch)
und «Flight-Velocity» (nur in englicher Sprache erschienen, in gleichem Verlage).
Meine Abhandlung: «Steilstehende Drachen» (1899 Seite 46) ist somit teils
richtig, teils hinfällig.
Schwerin i. M., 10. Nov. 1906. Arnold Samuelson.
cK
Aeronautik.
Die internationale Ballonwettfahrt zu Berlin
am 14. Oktober 1906.
Im Juliheft der «lllustr. Aeron. Mitt.» schreibt Herr General Neureuther
am Schluß seines Aufsatzes über die Federation Aeronaulique Internationale
Seite 253, daß die häufige Wiederholung der Notwendigkeit, die Bestim¬
mungen des Reglements einzuhalten, eigentümlich berühre. Dies erscheine
nach unseren Begriffen, sobald ein Reglement einmal bestehe, als selbst¬
verständlich. Die meisten Leser unserer Zeitschrift werden ebenso gedacht
haben wie General Neureuther; die letzte Wettfahrt hat aber bewiesen,
wie sehr die Franzosen recht haben, wenn sie die Notwendigkeit das Regle¬
ment einzuhalten, immer wieder von neuem betonen. Die Teilnehmer an der
Ballonwettfahrt in Berlin waren nämlich zum größten Teil nicht genügend
über diese Bestimmungen orientiert, was ja in Anbetracht des Umstandes,
daß dies die erste Wettfahrt in Deutschland war, nicht befremden kann.
Da schon jetzt dem Berliner Verein für Luftschiffahrt wertvolle Preise
für eine neue Wettfahrt zur Verfügung gestellt worden sind und demnach
eine Wiederholung derselben in Aussicht steht, soll auf den Verlauf der
Fahrt vom 14. Oktober näher eingegangen werden. Die Vorkommnisse bei
derselben sind zu Nutz und Frommen der folgenden Fahrt näher zu be¬
leuchten, denn aus Fehlern lernt man bekanntlich am meisten.
Der Unterzeichnete hatte erfreulicherweise Gelegenheit das Material
über den Verlauf der Wettfahrt und der sich aus ihr ergebenden Erfah¬
rungen in der vorzüglich geordneten Übersicht studieren zu können, wie
solche der Leiter der großartigen Veranstaltung, Herr Hauptmann Hilde¬
brandt, für den Berliner Verein für Luftschiffahrt niedergelegt hatte.
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13 €«««
Zunächst ergibt sich, daß die Anmeldungen meist nicht in der vor¬
geschriebenen Form erfolgt sind; z. B. fehlte fast durchweg die Angabe des
Alters der konkurrierenden Führer. Nach Art. 29 [Seite 14] über die An¬
meldungen, ist dies aber ausdrücklich vorgeschrieben. Es soll eben ver-
bindert werden, daß zu junge Führer sich für eine allgemeine Ballonwettfahrt
melden.
Ferner fehlte fast allgemein die Angabe über die von dem Führer bis
zum Zeitpunkt der Anmeldung gemachten Aufstiege. Es wird ausdrücklich
vorgeschrieben, daß bei der Nennung angegeben werden soll, wieviel Fahrten
als Führer (pilote), als Gehilfe (aide) und endlich als Fahrgast gemacht
worden sind. Besonders bemerkenswerte Fahrten sollen für sich aufgeführt
werden. Man will eben aus diesen Angaben einen Schluß auf die Qualifikation
des Führers ziehen können. Die Anmeldenden müssen eben bedenken, daß,
wenn sie auch in ihrem eigenen Verein sehr bekannt sind, ein fremder
Verein oder gar ein ausländischer Verein sich ihrer vielleicht kaum erinnert.
Als die Commission sportif den einzelnen Herren die Fragebogen mit
ordnungsgemäß bezeichnten Rubriken zusandte, wurden Stimmen laut die
ihre Verwunderung darüber aussprachen, wozu man für die Nennung ihres
Ballons die Angabe des Lebensalters und der Fahrten haben wollte!
Weiterhin ist erforderlich, daß die Commission sportif oder der Vor¬
stand eines Vereins die Führerfähigkeit der einzelnen Herren bescheinigt,
damit hierüber kein Zweifel obliegen kann.
Es muß zugegeben werden, daß diesmal die Commission sportif von
der Zulassung zum Wettbewerb den Bewerbern offiziell Mitteilung nicht ge¬
macht hat. In der Praxis ging dies aber unzweifelhaft daraus hervor, daß
den Betreffenden Formulare zur Ausfüllung übersandt und ihnen Angaben
über das mitzubringende Material gemacht worden sind.
Es war in den Ausschreibungen für die Wettfahrt ein Handikap mit
Ballast vorgesehen. Obgleich dies deutlich und klar ausgedrückt war, haben
hinterher einige Führer vom Wettbewerb ausscheiden wollen, weil sie
glaubten mit ihren Ballons keine Chancen zu haben. Einige Führer erklärten
auch, sie würden mit ihrem kleinen Ballon nicht konkurrieren, wenn infolge
des Handikaps mit Ballast den größeren Ballons plombierter Ballast mit¬
gegeben würde. Sobald nämlich die Fahrt in Richtung auf die See führe,
könnten kleine Ballons mit geringem Ballast unter Umständen die Fahrt
nicht riskieren, weil sie eventuell bei Abflauen des Windes trotz sonst
ihnen günstigen Umständen im Wasser untergehen müßten. Größere Ballons
könnten die Fahrt ruhig riskieren, ohne daß sie etwa solche Bedenken zu
hegen brauchten. Wenn sie nämlich nicht mit dem verfügbaren Ballast
auskämen, hätten sie ja nur nötig ihren plombierten Ballast anzugreifen.
Natürlich schieden sie dann dadurch aus der Konkurrenz aus.
Es war nur möglich sämtliche Führer zu einem Handikap nach Resul¬
taten zu einigen, wie es in den Bestimmungen der Federation Aeronautique
Internationale im Kapitel 2, § 4 vorgeschrieben ist. Es muß natürlich ohne
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weiteres zugegeben werden, daß die Gerechtigkeit dieses Handikaps eine
sehr zweifelhafte ist. Herrscht bei der Abfahrt der Ballons starker Wind,
der vielleicht am zweiten Tage abflaut, so sind allemal die kleinen Ballons
im Vorteil; ist aber das Umgekehrte der Fall, nimmt also die Wind¬
geschwindigkeit am zweiten Tage zu, so sind die großen Ballons im Vorteil.
Dergestalt ist es gekommen, daß diesmal der kleinste der am Start er¬
schienenen Ballons, der Ballon «Ernst» vom Berliner Verein für Luft-
schiffahrt, den Preis Seiner Majestät des Kaisers gewinnen konnte, da am
anderen Morgen der Wind sehr abgeflaut hatte. Es trat eine Drehung ein,
welche die Ballons aus der Ostrichtung nach Süden trieb und schließlich
direkt nach Westen, nach Berlin zu. Übrigens sei bemerkt, daß den meisten
der Herren noch vor der Fahrt auf Grund der eingelaufenen Wetterdepeschen
mitgeteilt werden konnte, daß am nächsten Morgen der Wind abflauen und
Umschlagen würde.
Von einem verunglückten Versuch des Handikaps, wie man sogar von
sachverständiger Seite in der Tagespresse lesen konnte, kann gar keine
Rede sein. Das gewählte Handikap war, wie nochmals betont werden muß,
die einzige Form, der sich alle gemeldeten Ballonführer unterwerfen wollten.
Es wird in Zukunft wohl das beste sein überhaupt kein Handicap statt¬
finden zu lassen und es den einzelnen Führern anheimzustellen, ob sie zu
dem ausgeschriebenen Wettbewerb ihren Ballon für geeignet halten oder
nicht. Sie können dann eben Ballons von einer beliebigen Größe melden.
Man braucht dann die Ballons nicht nach Kategorien, wie sie in den Be¬
stimmungen der Föderation Aeronautique Internationale festgesetzt sind, zu
dem Wettbewerb zuzulassen.
Im fünften Kapitel der angezogenen Bestimmungen werden die Kontroll-
mittel erläutert. Obgleich nun hier alles eingehend und klar festgesetzt ist,
wußten verschiedene Führer nur wenig Bescheid. Vor allen Dingen ließ
die Führung der Bordbücher zu wünschen übrig. Diese Bücher waren nach den
Bestimmungen der Föderation Aöronautique Internationale mit genau bezeich-
neten Rubriken versehen und wurden durch die Commission sportif den Herren
vor der Abfahrt ausgehändigt. Durchweg ist gegen die Bestimmung ge¬
handelt die Einzeichnungen mit unverlöschlicher Tinte einzuschreiben. Da
ein Tintenstift stets der Tinte gleichwertig erachtet wird, so wäre die
Erfüllung dieser Bestimmung ein leichtes gewesen. Das einfachste wäre es
gewesen, wenn die Commission sportif auch diese Tintenstifte geliefert hätte.
In den Bestimmungen steht, daß die Gehilfen und Mitfahrenden die
Angaben dieses Buches bestätigen müssen. Dies ist auch allgemein ge¬
schehen.
Einen sehr wesentlichen Punkt der Bestimmungen bildet die Bestätigung
des Landungsortes. Diese soll durch Zeugen erfolgen; wenn möglich durch
«agents de Tautorite, magistrats, instituteurs», wie es ausdrücklich heißt.
Bis auf wenige Fälle ist auch nach dieser Bestimmung gehandelt worden.
Zwei Fälle sollen im allgemeinen Interesse nicht unerwähnt bleiben, weil in
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beiden Fällen die Nichtbestätigung beinahe zur Disqualifizier.ung geführt
hätte. In dem einen Fall war die Nichtbestätigung lediglich durch ein Ver¬
sehen veranlaßt worden. Die Luftschiffer waren in Rußland gelandet und
hatten sich von dem Edelmann des Bezirks Landungsort und Kreis in ihr
Bordbuch eintragen lassen. Dabei wurde aber übersehen, daß der Edelmann
unter diese Eintragung seine Unterschrift zu setzen vergessen hatte. So wurde
dem Führer schwer die richtige Bestätigung bis zu dem von der Commission
sportif vorgeschriebenen Termin zu erlangen. Erst nach vielem Hin- und Her¬
depeschieren erreichte er es, daß die Bescheinigung noch rechtzeitig eintraf.
Der zweite Fall liegt wesentlich anders. Der betreffende Herr hatte
sich die Landung von seinem Mitfahrenden bestätigen lassen, da er der
Ansicht war, daß derselbe bei der Fahrt unbeteiligt sei. Diese Ansicht wird
wohl kaum von jemandem irgendwie geteilt werden können. Nach den Be¬
stimmungen der F. A. I. hat jeder Führer das Recht sich seinen aide oder
Passagier selbst auszusuchen und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß
dieser Betreffende auch an der Fahrt beteiligt ist. Von einer Nichtbeteiligung
könnte nur dann die Rede sein, wenn jedem Ballon von der Commission
•sportif ein Unparteiischer zugeteilt würde, gegen dessen Mitfahren der
Führer nichts einwenden dürfte. Daß im allgemeinen wohl jedem, der die
Fahrt mitgemacht hat und die Landung dann bestätigt, geglaubt werden
muß, ist wohl klar. Aber ebenso klar ist es, daß man unbedingt die Fest¬
setzungen der Bestimmungen, nach denen der Wettbewerb ausgeschrieben
ist, befolgen muß. Andernfalls muß die Jury ihrer Pflicht gemäß auf Dis¬
qualifikation erkennen.
Es sei daran erinnert, daß selbst Se. Kgl. Hoheit Prinz Heinrich von
Preußen bei Automobilwettfahrten sich die vorgeschriebenen Bestätigungen
verschafft hat. Die Bordbücher sind fast durchweg in der vorgeschriebenen
Zeit zurückgesandt worden.
Noch ein kurzes Wort über die Gasfüllung. Die Gaswerke der Stadt
Berlin zu Tegel hatten unter der sachgemäßen Leitung ihres Dirigenten
Gadamer ein besonderes Rohrzuleitungsnetz gelegt, mit welchem 12 Ballons
gleichzeitig gefüllt werden konnten. Der Durchmesser der einzelnen Haupt-
und Nebenstränge war so bemessen, daß auch bei der gleichzeitigen Füllung
der Ballons ein Zeitverlust nicht eintreten konnte. Da die Füllungszeit zu
groß geworden wäre, wenn direkt unter dem Gasometerdruck, welcher in
Tegel bis auf 200 mm gesteigert werden kann, gefüllt worden wäre, so
wurden 3 große Exhaustoren zu Hilfe genommen, von denen ein jeder in
der Lage war 6000 cbm Gas in einer Stunde mehrere Kilometer weit zu
befördern. Ein 1200 cbm großer Ballon ließ sich in etwa 40 Minuten füllen.
Dank dieser vortrefflichen Einrichtung konnte der Start vorschriftsmäßig be¬
ginnen und die Zwischenzeit zwischen den einzelnen Auffahrten erheblich
abgekürzt werden. Wenn die Reihenfolge im Start nicht eingehalten wurde,
so lag es daran, daß einige Ballons kurz vor dem Aufstieg leichte Havarien
im Netzwerk pp. hatten.
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Um Wohltätigkeitsanstalten eine pekuniäre Unterstützung zuteil werden
lassen zu können wurde nicht nur den Vereinsmitgliedern, sondern auch
dem größeren Publikum gegen Lösung von besonderen Karten der Zutritt
zur Abwiegestelle gestattet. Es hat sich dies nicht als zweckmäßig er¬
wiesen, da die Ballons bei ihrem Ablassen durch die zuströmende Menge
stark behindert wurden. In Zukunft empfiehlt es sich, einen größeren Baum
strikte abzusperren, vor allen Dingen auch deswegen, weil unter Umständen
durch das Wiederaufstoßen eines Korbes nach dem Ablassen Unglück her¬
vorgerufen werden kann.
Die Organisation der Nachrichten hat sich ausgezeichnet bewährt.
Es waren den einzelnen Führern zirka 20 Kuverts mitgegeben, in denen sie
eine Depesche, an die Commission sportif gerichtet, zum Ausfüllen vorfanden.
In fünf Sprachen war auf einem besonderen Zettel an die Finder dieses
Kuverts die Bitte gerichtet die Depesche zum Telegraphenamt zu bringen.
Außer der Rückerstattung der Kosten wurde den Findern noch eine Be¬
lohnung von 3 Mk. zuerkannt. So kam es denn, daß man über die meisten
Ballons dauernd orientiert war. Bereits am ersten Abend kamen zirka'
12 Depeschen in Berlin an; auch aus Böhmen liefen zahlreiche Telegramme
ein und es war interessant zu erfahren, daß sich z. B. in der Nähe von
Prag zwei Ballons in der Luft begegnet waren. Da eine solche Nachrichten¬
übermittlung sehr erhebliche Kosten macht, welche von dem Verein bei seinen
durch den Wettbewerb veranlaßten, schon ungewöhnlich hohen Ausgaben
kaum getragen werden konnten, so wurde es mit großem Dank begrüßt,
daß der Berliner Lokal-Anzeiger nicht nur die Kosten für die Herstellung
der Umschläge und Telegramme usw. übernahm, sondern auch noch die
Telegramme und die Belohnungen bezahlte. Erst so war es möglich den in
den Bestimmungen der Föderation Aeronautique Internationale ausgesprochenen
Wunsch zu erfüllen, sich möglichst dauernd auch während der Fahrt über
die Ballons zu orientieren.
Wenn im nächsten Jahre wieder eine Wettfahrt stattfindet, so ist
wohl kaum daran zu zweifeln, daß nach den Erfahrungen des 14. Oktober der
Verlauf derselben ein noch besserer sein wird. S.
Die erste Überfliegung der Alpenkette von Italien aus.
Von Professor Dr. A. Pochettino.
Wie die verehrten Leser dieser Zeitschrift gewiß wissen werden, ist
der Wunsch, die Alpenkette mit dem Kugelballon zu überfliegen, sehr alt;
seiner Ausführung haben sich bisher aber so große Schwierigkeiten und so
viele Hindernisse in den Weg gestellt, zum Beispiel die Unbestimmbarkeit
der Luftströmungen über dem Gebirge und deren mehrmals konstatierte
Unbeständigkeit etc. etc., daß alle bis jetzt ausgeführten Versuche, trotz der
vielen allbekannten Bemühungen des berühmten und tüchtigen LuftschifTers
Spelterini, mehr oder weniger vollkommen fehlschlugen.
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Heute ist aber die Luftreise über die Alpen im Kugelballon (wenigstens
von Mailand aus, wofür, bei der Gelegenheit des Mailänder aeronautischen
Wettbewerbs, von Ihrer Majestät der Königin-Witwe Margaretha von Italien
ein Ehrenpokal ausgeschrieben worden war) eine abgeschlossene Tatsache 1 )
und das muß den Herren Usuelli und Crespi, Mitgliedern der Mailänder Sek¬
tion der «Societä Aeronauticä Italiana», zum Lobe angerechnet werden.
Herr Usuelli hatte schon mehrmals bemerkt, daß es, wenn unter ge¬
wissen von ihm nicht näher beschriebenen Luftdruckbedingungen der Himmel
auf dem Po-Tal sich fortwährend bedeckte, in der Höhe, wenigstens im
Herbst, Luftströmungen nach Norden geben mußte, was er nach den seinen
Anschauungen günstigen Ergebnissen der zwei von ihm zu dem Zwecke
ausgeführten ProbeaufTahrten des 14. Oktober und des 1. November ohne
weiteres als bewiesen betrachtete.
Dl« Wetterlage am 11. November 1906.
Am 10. November nachmittags schien es also dem Herrn Usuelli, daß
die meteorologischen Bedingungen (wenigstens nach seinen Erfahrungen)
sich für das geplante Unternehmen günstig entwickelten, und er beschloß, am
Morgen des folgenden Tages die Auffahrt in Begleitung des Herrn Crespi
durchzuführen. Leider konnte an der Fahrt kein meteorologisch durch-
*) Es muß daran erinnert werden, daß am 21. Februar 1903 Dr. Emden und Prof. Dr. Heinke
im Ballon Sohncke des Münchener Vereins für LufUchifTahrt die Zentralalpen östlich der Großglockner-
Gruppe in etwa 7000 m Höhe überflogen. Die Landung erfolgte in Kärnten, oberhalb Rennezeg.
Die Red.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. &
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**»» 18 « 4 **
gebildeter Luftschiffer teilnehmen, was unbedingt für die Wissenschaft sehr
interessant gewesen wäre; infolgedessen wurde die ganze Ausrüstung auf
das Nötigste für eine Sporthochfahrt beschränkt.
Unter den der Mailänder Sektion der «Societä Aeronauticä Italiana>
gehörigen Hüllen wurde der «Cittä di Milano» genannte Ballon gewählt, der
aus Baumwolle und von 2000 cbm Inhalt ist. Der Ballon trug nicht die
eigene, sondern eine ganz kleine, eigentlich für den Ballon «Condor» von
900 cbm Inhalt konstruierte Gondel, die 2(5 kg wiegt, und war mit einem
90 m langen, 36 kg wiegenden Schlepptau versehen. Die Gondel enthielt
außer zwei vollständigen Alpenausrüstungen für eine lange Winteralpenpartie
noch ein mit Manometer, Gummischläuchen und Röhren versehenes, 1200
Liter komprimierten Sauerstoff enthaltendes Gefäß, ein Fortins Quecksilber¬
barometer bis 100 mm, ein Aneroid, ein Richardsches Statoskop, ein
Minimumthermometer, ein Ventilationstherrnometer und einen photo¬
graphischen Apparat.
Um die unteren Luftschichten möglichst rasch zu durchfahren, wurden
in den Ballon nur 1300 cbm Leuchtgas eingefüllt, und so viel Ballast¬
säcke an die Gondel gehängt, daß der Ballon um 1050 vormittags am
11. November mit 210 kg verfügbarem Ballast (in Säcken von je 15 kg) und
mit einem Auftrieb von rund 84 kg rasch sich in die Höhe erhob.
Nach 40 Minuten erreichte der nun vollkommen pralle Ballon seine
Gleichgewichtslage in einer Höhe von 4900 m; nach der Entlastung von
einem Sack Ballast stieg der Ballon von neuem; um 1135 wurde der Ticino
bei Tornavento in einer Seehöhe von ungefähr 5000 m und bei einer Tem¬
peratur von —14° gekreuzt. Die Fahrt bewahrte die west-nordwestliche
Richtung, die sie gelegentlich der Abfahrt hatte. Indem der Ballon langsam
weiter aufstieg, strich er an der nördlichen Seite der Biella Gegend vorüber
und näherte sich allmählich der Alpenkette. Das inzwischen sich außer¬
ordentlich aufklärende Wetter ermöglichte den beiden Luftschiffern eine vor¬
zügliche Fernsicht: Hunderte von Hochgipfeln, unter denen ganz in der Nähe
der «M. Rosa» und das «Matterhorn» im Norden und der «Gran Paradiso»
in südwestlicher Richtung, Tausende von Gletschern grüßten zu den beiden
Luftschiffern hinauf bis weithin nach den im Süden sich emporhebenden
«Alpi Marittime».
Die riesig ausgedehnte, vollständig vom frisch gefallenen Schnee be¬
deckte Gletscheroberfläche ließ nun die drohende Gefahr einer Berglandung
unter diesen Verhältnissen deutlich erkennen. Nichtsdestoweniger ließen sich
die beiden kühnen Mailänder Luftschiffer nicht entmutigen und sie ent¬
schieden sich dafür, jede Gefahr herauszufordern, um das Unternehmen zur
Vollendung zu bringen, und entschlossen sich daher, um jeden Preis die
Reise fortzusetzen.
Gegen 12 Uhr waren die infolge der Höhe (5250 m) und Kälte (—15°)
auftretenden Beschwerden bei den beiden Luftschiffern noch nicht sehr be¬
deutend, doch ziemlich fühlbar, besonders bei Herrn Crespi, der nach
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wenigen Minuten die SauerstofTatmung unbedingt beginnen mußte; während
der Regulierung des Atmungsapparates zerbrach aber eine der Atmungs¬
röhren, so daß nur einer der Reisenden sich deren weiter bedienen konnte;
glücklicherweise beschränkte sich das Unwohlsein bei Herrn Usuelli
während der ganzen Fahrt nur auf ein leichtes, infolge der Anstrengungen
bei der Arbeit der Ballonführung verursachtes körperliches Unbehagen, das,
nach den Beobachtungen des Herrn Usuelli selbst, durch eine kurze Atmung
des aus dem Behälter herausfließenden Sauerstoffes immer sofort beseitigt
war. Es muß erwähnt werden, daß Herr Usuelli ein kühner und gewandter
Alpenbesteiger ist, welcher zum Beispiel im Mai 1903 an verschiedenen
Bergpartien auf dem «Chimborasso» (6562 m Seehöhe) teilgenommen hat
und damals neun Nächte auf dem Gletscher in einer Höhe von 5700 m
zugebracht hat.
Nach einer halbstündigen Fahrt längs der M. Rosa- und Matterhorn-Kette,
gerade gegenüber der Grand-Combin-Gruppe, in einer Seehöhe von 5600 m
und bei einer Temperatur von — 22°, lenkte der Ballon plötzlich von der früheren
west-südwestlichen Flugrichtung nach Süden ab und somit schien den beiden
Korbinsassen der Erfolg der Reise sehr aufs Spiel gesetzt zu werden.
Da ausgeworfene, mit ein wenig Ballast beladene Papierstücke entschieden
gegen Süd flogen, entschloß sich Herr Usuelli, noch höher zu steigen; dazu
mußten 4 Sack Ballast (also ungefähr 60 kg) in zwei Malen geworfen
werden; damit aber begann der Ballon wieder aufzusteigen, kam über
6000 m und nahm die frühere west-nordwestliche Richtung wieder auf.
Noch immer emporsteigend, wurden die Luftschiffer zu ihrer großen
Freude gewahr, daß der Ballon gerade nach dem König der Alpen, dem
Montblanc, zu flog; um l 10 nachmittags fuhr der Ballon über den kleinen
Combal-See und zehn Minuten später, um 1 20 , in einer Seehöhe von 6800 m
und bei einer Temperatur von —34° hing das Schlepptau gerade in lotrechter
Richtung über dem Montblanc-Gipfel, in wenigen Minuten wurde die Alpen¬
grenze überschritten und somit die Überfliegung der Alpen vollendet.
Es wurden noch zwei vollkommen gefrorene Sandsäcke hinausgeworfen,
so daß nur noch 45 kg Ballast für den Abstieg zur Verfügung blieben.
Nun erwartete Herr Usuelli, daß der Ballon aus seiner Gleichgewichtslage
fiel, was infolge des großen Inhalts des Ballons erst nach ungefähr
50 Minuten geschah, wie man aus folgender Tabelle ersehen kann:
Zeit:
J20
J35
1 39
145
151
2
2 10
2 25
Abgelesener
Luftdruck:
332
327
328
326
329
325
330
323
Temperatur des
Barometers:
—21°
,—22°
-22°
—23 0
—22"
—24°
-23°
—25°
Lufttemperatur:
?
—30°
1
-30°
r
?
?
?
—34°
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20 «4«
Es wurde weiteF das Isere-Tal im Norden von Albertsville gekreuzt;
tief im Norden erschien der Annecy-See, im Westen der Bourget-See, im
Osten die mächtige Alpenkette, im Süden endlich die «Alpi Marittime> und
fern — das deutlich erkennbare Mittelländische Meer!
Nach der letzten Oszillation stieg der Ballon nun langsam bis zu
einer Seehöhe von 6400 m herab; um 2 40 nachmittags, in einer Höhe von
5350 m, überzeugte sich Herr Usuelli davon, daß der Ballon, wenn er. sich
selbst überlassen würde, zu langsam herabstiege, was ihn direkt in den
Bourget-See hätte fallen lassen. Darum zog der Führer wiederholt die
Ventilleine, wodurch der Ballon in rascheren Fall gebracht wurde.
In einer Höhe von ungefähr 150 m vom Boden wurden zwei Sack
Ballast mit einem Mal ausgeworfen; der Ballon fiel noch geschwind bis zu
45 m vom Boden, dann verringerte sich allmählich seine Geschwindigkeit,
so daß die Gondel nur ganz leicht den Boden streifte; ein langer Ventil¬
leinenzug arretierte nun definitiv den Ballon in der Nähe von Aix-Les-Bains;
es war 2 55 .
Die Länge der ganzen Fahrt beträgt ungefähr 300 km, die in zirka
4 Stunden zurückgelegt wurden; der Abstieg von 5200 m erfolgte in nur
14 Minuten; der Abstiegsort liegt 85 km in westlicher Richtung vom
Montblanc-Kettenkamm.
Die astronomische Ortsbestimmung im Ballon und ihre Bedeutung
für die Luftschiffahrt.
Von Pmatdozent Dr. Adolf Marcuse-Berlin.
Bei der viele Jahrtausende alten Seeschiffahrt gilt die fortlaufende Positions¬
bestimmung des Fahrzeugs als eine der wichtigsten Aufgaben der Schiffsführung. Be¬
kanntlich unterscheidet man in der Nautik zwischen astronomischer und terrestrischer
Navigation, von denen erstere mit Sextant und Chronometer durch Gestirnsbeobachtungen,
letztere mit Kompas und Log durch Besteckrechnungen und Peilungen den Schiffsort
ermittelt. Die einzig zuverlässige Positionsbestimmung auf See ist und bleibt die astro¬
nomische, außer wenn man in der Nähe der Küsten auf kartographisch festgelegte Land¬
objekte peilen kann.
Bei der nur wenig über hundert Jahre alten Luftschiffahrt, deren wesentliche tech¬
nische Entwickelung überhaupt erst in den letzten Jahrzenten gelang, galt bisher die
fortlaufende Positionsbestimmung des Luftfahrzeugs nur als ganz nebensächliche
Aufgabe der Ballonführung. Seit jedoch in neuerer Zeit Dauerfahrten auch über die
Nachtstunden, Forschungsreisen in der Luft nach mehr oder weniger unbekannten Erd¬
regionen, ja sogar Aufstiege in lenkbaren, einer eigenen Fahrtrichtung, unabhängig von
Luftströmungen, zugänglichen Ballons ausgeführt sind, beansprucht auch die Ortsbestim¬
mung in der Luft den Rang als eine der wichtigsten Aufgaben der Ballonführung.
Entsprechend wie in der Nautik, kann man bei Fortbewegungen in der Atmo¬
sphäre auch eine astronomische und eine terrestrische Aeronautik unterscheiden.
Die erstere liefert bei nicht sichtbarer Erdoberfläche die notwendigen Orientierungen
hauptsächlich mit einem neuen, alsbald näher zu beschreibenden Höhenwinkel-messenden
Instrumente und mit der Uhr durch Gestirnsbeobachtungen von der Gondel aus; die
terrestrische Aeronautik arbeitet bei nach unten durchsichtiger Luft, also im Anblick der
Erdoberfläche, kartographisch oder photogrammetrisch vom Ballon aus unter gelegent-
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licher Zuhilfenahme des Kompasses. Das Gebiet dieser terrestrischen oder besser viel¬
leicht topographischen Aeronautik, bei der wir zunächst einen Augenblick verweilen
wollen, ist aber noch ein viel ausgedehnteres. Wenn nämlich vom Ballon aus weder
Gestirnsbeobachtungen am Himmel noch Peilungen auf die Erdoberfläche möglich sind,
so tritt die magnetische Ortsbestimmung helfend ein, welche durch Messungen der
erdmagnetischen Horizontalintensität in der Gondel und durch Vergleichung der hierfür
gefundenen Werte mit den für die Erdoberfläche geltenden Isodynamenkarten den
Ballonort, besonders in Breite, wenigstens genähert festzulegen gestattet. Diese nicht
unwichtige Erweiterung der terrestrischen Aeronautik, welche als wertvolle Ergänzung
der Ortsbestimmung im Ballon bei einer nach oben wie unten undurchsichtigen Luft be¬
zeichnet werden kann, ist vor etwa acht Jahren zuerst von Eschenhagen vorgeschlagen
und neuerdings von Ebert-München an einem verbesserten magnetischen Instrument von
Heydweiler weiter ausgebildet worden. Endlich verdient hier noch als wichtiger Zweig
terrestrischer Aeronautik die trigonometrische Ermittelung der Ballonflugbahn von der
Erdoberfläche aus durch Einstellungen an besonderen Theodoliten Erwähnung. Derartige
Messungen sind speziell für die sehr hoch, bis 16 km und darüber steigenden Registrier¬
ballons von großer Bedeutung, da sie nicht nur Richtungs- und Geschwindigkeits¬
bestimmungen von Luftströmungen, sondern in Verbindung mit den selbsttätigen baro¬
metrischen Aufzeichnungen der Balloninstrumente auch genaue Höhenauswertungen
gestatten. Ein in der Werkstatt von Bosch-Straßburg, vor etwa einem Jahre konstruierter
Quervainscher Spezialtheodolit für Zwecke der wissenschaftlichen Luftschiffahrt mit
großer Objektivöffnung, weitem Gesichtsfeld und mittlerer Vergrößerung hat sich aus¬
gezeichnet bewährt; fortlaufende Einvisierungen von Gummiballon-Tandems bis zu 16 km
Höhe über dem Erdboden, bis fast 50 km Entfernung vom Beobachter, gelangen mit
jenem Theodoliten.
Nach diesen einleitenden und orientierenden Betrachtungen über das gesamte
Gebiet der aeronautischen Ortsbestimmung soll nunmehr speziell auf das Problem der
astronomischen Orientierung im Ballon eingegangen werden. Dieses ganz neue
Feld der Anwendung astronomischer Meß- und Rechenkunst auf die Luftschiffahrt, diese
sogenannte «aeronautische Astronomie», deren instrumenteile wie methodische Grund¬
legung seit fünf Jahren mir am Herzen liegt und die neuerdings, dank der praktischen
Mitarbeit des Herrn Dr. A. Wegener, als ausreichend fundiert angesehen werden kann,
befindet sich — das muß betont werden — noch immer in den Anfängen der Entwickelung.
Frühere, gelegentliche, aber doch interessante Versuche zur astronomischen Ortsbestimmung
im Ballon, wie sie von And ree, Berson, Elias, Favö, Lans und v. Sigsfeld
unternommen wurden, hatten hauptsächlich deshalb nicht den gewünschten Erfolg, weil
die Lösung der instrumenteilen Frage noch nicht ausreichend gelungen war. Es kam
darauf an, zur Messung der Gestirnshöhen von der Gondel aus ein bequemes und doch
genügend genaues Instrument zu benutzen, welches freihändig und ohne Rücksicht auf
die natürliche Kimmlinie astronomische Höhen über dem Horizont zu messen erlaubt.
Nach längeren Vorversuchen an Land und auf See empfahl ich 1901 in einer fachwissen¬
schaftlichen Sitzung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde, 1902 vor der internationalen
Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt und 1904 auf dem internationalen Geo¬
graphenkongresse zu Washington den Butenschönschen Libellenquadranten, in
welchem der Horizont durch eine ins Gesichtsfeld reflektierte Libellenblase bezeichnet
wird. Das Instrument, mit einigen neuerdings angebrachten Verbesserungen, befindet sich
u. a. im 4. Heft (1905) der «Aeronautischen Mitteilungen» in einer Abbildung dargestellt.
Es ist ein zunächst freihändig benutzbarer Höhenwinkelmesser, der auf dem Prinzip
beruht, daß eine Libellenblase in das Gesichtsfeld gespiegelt wird und bei richtiger Höhen¬
einstellung das direkt im Fernrohr anvisierte Objekt symmetrisch umspült. An einem
Metallquadranten, dessen Kreisbogen in ganze Grade geteilt und mit Nonius ohne Lupe
auf 2' bequem ablesbar ist, befindet sich in fester Verbindung das Fernrohr. Unter
demselben, an einem beweglichen Alhidadenarm, sitzt die zum Einspielen zu bringende
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Libelle, während das mit der Hand am HolzgrifT des Quadranten zu fassende Fernrohr
auf das Gestirn gerichtet wird. Um nun Gestirn wie Libellenblase gleichzeitig im Fern¬
rohr zu sehen und eine symmetrische Lage der letzteren um das erstere zu erreichen,
ist im Fernrohr unter einem Winkel von 60° ein durchlochter versilberter Metallspiegel
angebracht, in welchem die Libellenblase, aufrecht gestellt, sichtbar wird, während durch
die SpiegelöfTnung Fadenkreuz und Objekt gesehen werden. Man richtet also zur Höhen¬
messung das Fernrohr auf das Gestirn und sucht dasselbe möglichst genau in der Faden¬
quadratmitte festzuhalten. Darauf stellt man die Libelle mittels der großen Zahnrad¬
triebschraube ungefähr wagerecht ein und dreht beim nochmaligen Hineinsehen ins
Fernrohr noch etwas an der Triebschraube, bis die Blasenenden oben und unten geich¬
weit von der FadenkreuzötTnung entfernt sind. Bei dieser Stellung des Alhidadenarms
wird am Kreise des Instruments direkt die Größe des Höhenwinkels abgelesen. Die so
am Libellenquadranten gemessenen Höhen über dem scheinbaren Horizont sind bei Sonne
und Sternen nur für den außerordentlich konstanten Indexfehler des Instruments und
gelegentlich bei geringen Höhen auch für Refraktion zu verbessern; nur für Mond¬
beobachtungen kommt noch eine kleine Parallaxenkorrektion hinzu.
Bei Tagbeobachtungen an der Sonne wird ein neutrales Blendglas auf das Objektiv
gesetzt; bei Nachtmessungen an Sternen müssen Libelle und Gesichtsfeld künstlich be¬
leuchtet werden. Die Genauigkeit, die beim freihändigen Gebrauche des Libellenquadranten
erreicht werden kann, beträgt an Land für eine Höheneinstellung 3', auf See 5' und im
Ballon etwa 7'; das entspricht etwa 12 km linear in m. Br., ist also für aeronautische Orts¬
bestimmungen völlig ausreichend. Wesentlich genauer und zugleich vielseitiger für Höhen-
und Azimuteinstellungen wird der Libellenquadrant noch auf Stativ mit Horizontalkreis
und Bussole montiert, gleichsam als Ersatz für ein roheres Universalinstrument benutzt.
Diesen von mir seit fünf Jahren zur aeronautischen Ortsbestimmung vorgeschlagenen
Libellenquadranten hat nun Dr. A. Wegener seit etwa einem Jahre bei drei Luftfahrten
am 11. Mai, am 30. August 1905 und am 5. bis 7. April 1906 in der Gondel mit großem
Erfolge benutzt. Die beiden ersten Fahrten fanden am Tage statt mit Sonnen- und Mond¬
beobachtungen, während die letzte sehr wertvolle Nachtbeobachtungen mit Sterneinstellungen
lieferte. So ist denn die instrumentelle Seite der Frage nach astronomischen Orts¬
bestimmungen im Luftballon durch Einführung und Erprobung des verbesserten Libellen¬
quadranten im großen und ganzen als gelöst zu betrachten. Für alle näheren Einzel”
heiten in der Konstruktion und Anwendung des Libellenquadranten muß ich auf mein
« Handbuch der geographischen Ortsbestimmung» (Braunschweig 1905) verweisen.
Wie steht es nun aber mit der methodischen und rechnerischen Seite jener Frage
der aeronautischen Astronomie? Es war von vornherein klar, daß bei Anwendung des
höhenmessenden Libellenquadranten und eines bis auf wenige Sekunden für den Tag
die Zeit richtig einteilenden Taschenchronometers die Ortszeit und die geographische
Breite aus Gestirnshöhen herzuleiten sind, während die geographische Länge aus
der Vergleichung der berechneten Ortszeit mit der vom Chronometer gegebenen festen
Zeit eines bestimmten Anfangsmeridians (z. B. Greenwich oder M. E. Z.) genau genug
folgt. Die astronomische Theorie der Ortsbestimmung lehrt nun, daß man die Breite
am vorteilhaftesten aus Gestirnshöhen in der Nähe des Meridians, also in Richtung
Nord-Süd bestimmt, während die Zeit am fehlerfreiesten aus Gestirnshöhen nahe dem
I. Vertikal, also in Richtung Ost-West am Himmel ermittelt wird. Höhenmessungen eines
Gestirns nahe dem Ost-West-Vertikal sind also mit solchen eines anderen Gestirns in
der Nähe des Meridians zu verbinden, wobei es, der geringeren Genauigkeit der Messungen
im Ballon entsprechend, nicht auf Abstände bis zu 30° rechts und links von jenen beiden
Hauptorientierungsebenen im Koordinatensystem des Horizonts ankommt. In der Nacht
liegen die Verhältnisse für eine fast gleichzeitige Höhenmessung nahe dem Meridian und
dem ersten Vertikal sehr günstig, da die Auswahl zweier geeigneter heller Fixsterne
genügt. Am Tage ist die Sache jedoch nicht so einfach, da nur bei günstiger Stellung
von Sonne und Mond, hauptsächlich um die allerdings ziemlich weit zu nehmende Zeit
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des ersten und letzten Mondviertels herum, beide Gestirne gleichzeitig sich am Himmel
beobachten lassen; manchmal könnte am Tage auch der Planet Venus benutzt werden.
Diese einfachen Gesichtspunkte, die sich jedem, der in Ortsbestimmungen Er¬
fahrung hat, von selbst ergeben, sind auch schon in den Vorschlägen veröffentlicht
worden, welche ich 1902 der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiff¬
fahrt zur Frage der astronomischen Ortsbestimmung im Ballon unterbreiten konnte.
Allerdings wurden damals, um auch am Tage aus Sonnenbeobachtungen allein im
Ballon eine vollständige Ortsbestimmung herzuleiten, a priori Messungen von Höhe und
Azimut vorgeschlagen, falls nur die Sonne sichtbar sei. Auf diese Weise sollte, unter
Benutzung von Azimut- und Höhentafeln, Breite und Zeit, je nach der Stellung der
Sonne am Himmel vorteilhaft aus Höhe und Azimut oder umgekehrt hergeleitet werden.
Diese theoretische Möglichkeit hat sich jedoch in der Praxis auf Grund der maßgebenden
Untersuchungen von Herrn Wegener im Ballon leider nicht als ausführbar erwiesen, da
Azimuteinstellungen auf die Sonne, sogar mit verschiedenen Bussolenarten versucht,
Wegen der unaufhörlichen Ballonrotation bisher scheiterten und weil außerdem die
Reduktion des magnetischen auf das astronomische Azimut bei unbekannter Position
Schwierigkeiten macht.
Deshalb muß man, wie die Beobachtungsmethoden in dieser Frage jetzt liegen,
und da jede Versegelung, eine in der Nautik gebräuchliche Reduktion des beweglichen
auf ein festes Observatorium, im Ballon bei nach unten trüber Luft im allgemeinen un¬
bekannt bleibt, betonen, daß vollständige Ortsbestimmungen im Ballon nur nachts
mit je zwei Sternen und am Tage mit Sonne und Mond bis auf 10 — 15 km Genauig¬
keit gelingen, während mit der Sonne allein die Orientierung bisher noch unvollständig
bleibt. Es hat sich jedoch auch in diesem ungünstigeren Falle gezeigt, und zwar an
Hand der ersten systematischen aeronautischen Ortsbestimmungen von Dr. A. Wegener,
daß sogar aus einzelnen Höhenmessungen der Sonne ein großer Nutzen für die Ballon¬
orientierung folgt, der unter Umständen, besonders wenn etwa durch eine Wolkenlücke
nach unten die Fahrtrichtung festzustellen ist, von entscheidender Bedeutung für die
Ballonführung werden kann.
Damit komme ich nun zur rechnerischen Verwertung der aeronautisch-astrono¬
mischen Messungen, die im Gegensatz zur instrumentellen Frage als noch nicht ganz
abgeschlossen betrachtet werden kann. Schon v. Sigsfeld, der kurz vor seinem für
die gesamte Aeronautik tief beklagenswerten Tode mit mir über Ortsbestimmungen im
Ballon verhandelte, hatte als Rechnungsmethode das auf See zu so weiter Anwendungs-
fahigkeit gelangte Sumner-Verfahren zur Herleitung sogenannter Standlinien vorgeschlagen,
auf das alsbald etwas näher eingegangen werden soll. Auch in den ausgedehnten, 1902
bis 1903 zwischen Herrn Scheimpflug, Hauptmann im Wiener Militärgeographischen
Institut, und mir gepflogenen Verhandlungen hatte die Methode der Standlinien eine
wichtige Rolle gespielt. Scheimpflug wollte die dazu notwendige schnelle Berechnung
der Beobachtungen mittels eines «Nautischen Rechenschiebers» (einer Nachbildung des
Braunschen Trigonometers) ausführen, wehrend ich die zuerst von Borgen entworfene
kurze Tabelle der Merkatorfunktion vorschlug. In diese verschiedenen theoretischen
Reduktionsvorschläge haben nun die ebenso zielbewußt wie umsichtig ausgeführten
praktischen Beobachtungen und Rechnungen von Dr. A. Wegener-Lindenberg bei seinen
drei Ballonfahrten eine klärende Sichtung gebracht, indem sich im allgemeinen die
Standlinienmethode sowie die Tabelle der Merkatorfunktion als sehr brauchbar, in
speziellen Fällen allerdings auch die Reduktion nach besonderen Höhentafeln als prak¬
tisch erwies. Es bleibt also einer hoffentlich recht nahen Zukunft Vorbehalten, eine
kurze, nur wenige Blätter enthaltende Tafelsammlung für Ortsbestimmungen im Ballon
herauszugeben, um sie dem Ballonführer zur schnellen und sicheren Auswertung des
Ballonortes während der Fahrt zugleich mit dem erprobten Libellenquadranten und einem
brauchbaren Taschenchronometer einzuhändigen.
Die Vorarbeiten zur Zusammenstellung einer ganz knappen, im Ballon selbst
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verwendbaren Reduktionstafel sind im Gange, und ich hoffe, demnächst mit Herrn
Dr. K. Wegencr-Frankfurt a. M. die Herausgabe einer solchen, für die Ballonführung
dringend notwendigen Tafel zum Abschluß bringen zu können.
Ich könnte nunmehr diese Betrachtungen schließen mit einem Hinweis auf die
allgemeine Bedeutung der Ortsbestimmung im Ballon für die Luftschiffahrt und mit
einem warmen Appell an alle Ballonführer, diese neue aeronautisch-astronomische Auf¬
gabe zu fördern. Aber ich möchte noch einiges hinzufügen, um grade das Interesse der
Herren Ballonführer auf die wichtige, vorher erwähnte Methode der «Standlinien* und
auf die neue, aussichtsreiche Rechnung mit Merkatorfunktionen zu lenken. Der Leser
möge nicht fürchten, daß ich dabei etwa allzutief in die leider noch immer, wenn auch
mit Unrecht gefürchtete Mathematik eindringe ; ich will vielmehr im Interesse auch der
Nichtmathematiker eine ziemlich allgemeine Darstellung zu geben versuchen, die aller¬
dings jenen heilsamen «Zaum der Phantasie», wie ihn mathematisches Denken liefert,
nicht ganz entbehren kann.
Das Wesen der Sumner- oder Standlinienmethode in ihrer aeronautischen An¬
wendung besteht in folgendem: Wird zu einer bestimmten Zeit die Höhe eines Gestirns
gemessen, so erhält man Daten zwar noch nicht zur Ermittelung von Länge und Breite,
wohl aber zur Bestimmung eines Kreises auf der Erdkugel, über dessen Zentrum das
Gestirn zur Beobachtungszeit im Zenit stand und auf dessen Peripherie der gesuchte
Ort irgendwo liegen muß. Dieser Kreis gleicher Höhe ist ein sogenannter Sumnerkreis,
dessen Zentrum durch die Chronometerablesung, also den Stundenwinkel, und dessen
Radius durch die Höhenmessung d. h. die Höhe des Gestirns bestimmt wird. Wird kurz
darauf ein zweites, in Azimut ziemlich weit vom ersten abstehendes Gestirn beobachtet,
so erhält man einen zweiten Sumnerkreis, auf dessen Peripherie der Beobachtungsort
ebenfalls liegen muß. Wird letzterer durch eine als fest anzunehmende Station gebildet,
so muß er sich unbedingt in einem der beiden Schnittpunkte der beiden auf der Erd¬
oberfläche liegenden Sumnerkreise befinden. Zum Einträgen dieser Kreise wird zweck¬
mäßig die Merkator- oder Seekarte benutzt, bekanntlich eine Plattkarte mit äqui¬
distanten Längengraden und vom Äquator nach den Polen hin zunehmenden Breitegraden.
In der Praxis genügt ferner an Stelle des Sumnerkreises ein so kleines Bogenstück, daß
statt desselben eine Grade, die sogenannte Sumner- oder Standlinie in dem der Be¬
obachtungsstelle entsprechenden Teile der Karte gezogen werden kann. Der Beobachtungs¬
ort muß sich dann irgendwo auf dieser Linie befinden; konstruiert man nach einer
zweiten Höhenmessung am Himmel eine zweite Standlinie auf der Karte, so bezeichnet
der Schnittpunkt beider den Beobachtungsort.
Dieselbe Merkatorkarte, bei welcher die Längengrade überall gleiche lineare Größe
haben, die Breitegrade aber vom Äquator zu den Polen proportional der Sekanten¬
funktion der Breite wachsen, führt uns zu den Rechnungen mit Merkatorfunktionen oder
Funktionen der wachsenden Breite. Der lineare Abstand irgend eines Breitenparallels
vom Erdäquator auf einer für die Kugel mit dem Radius 1 entworfenen Merkatorkarte,
ausgedrückt in Bogenminuten, heißt Merkatorfunktion. Dieselbe wird durch alle
Quadranten als Funktion und Kofunktion numerisch, auf wenigen Seiten fabuliert und
ersetzt die gewöhnlichen logarithmisch-trigonometrischen Tabellen, wobei die Rechnungen
einfacher, sicherer und übersichtlicher werden. Um das für fast alle Ortsbestimmungen
maßgebende sogenannte fundamentale astronomische Dreieck zwischen Pol, Zenit und
Gestirn mit Hilfe der Merkatorfunktionen aufzulösen, geht man von den Gleichungen
der sphärischen Trigonometrie aus und transformiert die darin enthaltenen Kreisfunktionen
in Merkatorfunktionen. Für nähere Einzelheiten und speziell für die Anwendung der
Merkatorfunktion zur Ortsbestimmung im Luftballon verweise ich wiederum auf mein
«Handbuch der geographischen Ortsbestimmung* (Braunschweig 1905).
Doch nun möchte ich zum Schluß dieser allgemeinen Ausführungen noch mit
wenigen Worten auf die unmittelbare und mittelbare Bedeutung der astronomischen
Bestimmung des Ballonorts für die LuftschifTahrt hinweisen. Eine zweckmäßige astro-
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nomische Orientierung vermag, abgesehen von ihrem orientierenden Werte an sich, in
manchen kritischen Fällen den LuftschifTer sogar vor ernsten Gefahren zu schützen,
wenn es sich um die Bestimmung des Landungsortes handelt. Unter allen Umständen
läßt sie ihn Gas und Ballast besser ausnützen, wenn er nicht erst zur Orientierung unter
und nachher wieder über die Wolken zu gehen braucht. Ferner hilft die astronomische
Ortsbestimmung dazu, eine Annäherung an das Meer und an die Landesgrenzen, bei
nach unten trüber Luft, rechtzeitig zu erkennen. Endlich vermag der Luftschiffer aus
der astronomischen Orientierung großen Nutzen zu ziehen, wenn der Ballon über See
fliegt, bei Nachtfahrten nach einmal verloren gegangener Orientierung und bei einer
Dauerfahrt über wenig bekannte Gelände, welche geographischen oder sonstigen Zwecken
dient. Im lenkbaren Luftballon bildet sie in hoffentlich recht naher Zukunft, wie auch
schon Graf v. Zeppelin hervorgehoben hat, ein wichtiges Hilfsmittel der Ballonführung.
Mittelbar verhilft eine fortlaufende astronomische Ortsbestimmung im Ballon auch
zur besseren Festlegung der Ballonflugbahn und damit zu einer gründlicheren Erkenntnis
der oberen Luftströmungen.
Nunmehr bin ich am Schlüsse dieser allgemeinen Betrachtungen über Wesen
und Bedeutung der astronomischen Ortsbestimmung im Ballon angelangt; ich hoffe, daß
meine Ausführungen die Ballonfahrer von der Wichtigkeit dieser ganzen Frage über¬
zeugen. Und ich schließe mit der Bitte, daß unsere, auch sonst so tätigen Vereine für
Luftschiffahrt das bedeutsame Problem der astronomischen Ortsbestimmung im Ballon
energisch fördern helfen, damit die Kunst, in der Luft zu navigieren, immer mehr zu
einer sicheren, durchdachten und nutzbringenden Wissenschaft werde.
X
Aeronautische Vereine und Begebenheiten.
Berliner Verein für Luftschiffahrt.
In der 260. Sitzung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt vom 19. No¬
vember ergab sich zunächst als angenehme Folge der Jubiläumsfestlichkeiten die er¬
freuliche Tatsache, daß sich 74 neue Mitglieder (72 Herren und 2 Damen) zur Aufnahme
gemeldet hatten. Die Mitgliederzahl ist dadurch auf 1066 gestiegen. Recht merkwürdig
war es, daß die Mitgliederzahl 1000 gerade mit dem Namen des Kriegsministers General
v. Einem, genannt v. Rothmaler, zusammentraf. Zum ersten Punkt der Tagesordnung
«Bericht über die Feier des 25jährigen Bestehens des Vereins» sprach als Bericht¬
erstatter über die Jahresversammlung des «Deutschen Luftschiffer-Verbandes» Dr. Stade.
Das Wesentliche von dieser Tagung am Vormittage des 14. Oktober ist im Dezemberheft
bereits mitgeteilt worden. Nachzutragen sind noch verschiedene wichtige Anregungen,
wie die wünschenswerte Herstellung aeronautischer Landkarten, die auch Starkstrom¬
leitungen zeigen, ferner die Gewinnung der großen deutschen Dampferlinien für regel¬
mäßige Gestattung von Aufstiegen von Ballons und Drachen zu meteorologischen Unter¬
suchungen an Bord verschiedener darauf einzurichtender Schiffe, die Stiftung und Her¬
stellung einer Verbandsmedaille zur Prämiierung aeronautischer Leistungen und eines
Abzeichens für die Mitgliedschaft in der Föderation Aeronautique Internationale. Ge¬
heimrat Busley schritt hierauf zur Ueberreichung der von Mitgliedern des Vereins beim
Ballon-Wettbewerb am 14. Oktober erworbenen, in künstlerisch ausgeführtem Silbergerät
bestehenden Preise an die glücklichen Gewinner. Er durfte hierbei mit Genugtuung des
Umstandes gedenken, daß von 5 dem Verein gehörigen Ballons, die am Wettbewerb teil¬
genommen, drei sich Prämien geholt haben. Zu Vs an der Konkurrenz beteiligt, empfing
somit der Verein die Hälfte der Preise. Den Kaiserpreis erwarb Dr. Bröckelmann
(Ballon «Emst»), zwei andere Preise fielen Dr. Elias (Ballon «Helmholtz») und Hauptmann
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 4e
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v. Kehler (Ballon «Bezold») zu. Geheimrat Busley hat am Sonntag den 21. Oktober
Sr. Majestät dem Kaiser über den Ausgang des Wettbewerbes berichten dürfen und sehr
anerkennende Worte des Monarchen gehört, namentlich im Hinweis darauf, daß der
Kaiserpreis von einem Berliner gewonnen worden ist. Hauptmann Hildebrapdt be¬
richtete noch im besonderen über den sportlichen Ausfall des Ballon Wettbewerbes. Er
schilderte die Vorbereitungen, um in kürzester Frist und möglichst gleichzeitig so viele
Ballons zu füllen. Das trefflich eingerichtete Tegeler Gaswerk leistete ausgezeichnete
Hilfe. In wiederholt vorgenommenen Proben wurde festgestellt, daß es möglich sein
würde, mittels 12 Füllrohren und unter Benutzung der drei großen Kxhausloren, die für
gewöhnlich das in Tegel erzeugte Gas nach dem Gasometer von Wedding drücken, in
in einer Stunde 18000 cbm zu füllen. Über die Schwierigkeit, daß 5 Ballons mehr zu
füllen waren, als Füllrohre vorhanden, half die verschiedene Größe der Ballons hinweg.
Es war möglich, an 5 Rohren je 2 kleinere Ballons etwa in derselben Zeit zu füllen,
als an 7 Rohren je einen großen, und der Erfolg war dieser Einteilung so günstig, daß,
während darauf gerechnet war, von 5 zu 5 Minuten einen Ballon steigen zu lassen, so
daß 85 Minuten erforderlich gewesen wären, bis zur Entlassung des letzten Ballons nur
62 Minuten vergingen. Einige Schwierigkeiten bereitete auch die Festsetzung eines allen
Beteiligten ohne Ausnahme genehmen Handikaps. Solches nach dem Ballast zu regeln,
entsprach nicht dem Wunsche aller Teilnehmer. Das schließlich festgestellte und von
allen gern anerkannte Handikap gründete sich auf die beiden Momente: Erreichte Ent¬
fernung vom Ort des Aufstieges in der Luftlinie und Größe des Ballons. Entscheidend
sollte also der Quotient einer Division der ersteren Größe in Kilometern durch die
zweite Größe in Kubikmetern sein. Ob bei diesem Handikap die großen Ballons vor
den kleinen bevorzugt sein würden, oder umgekehrt, das hing ausschließlich von der
Wetterlage ab. Tatsächlich hat der schwache Wind und die sich am 15. Oktober ein-
stellende Flaute die kleinen Ballons vor den großen begünstigt, ln dem einen wie in
dem andern Falle blieb der Beobachtung und dem Kalkül des Ballonführers die Mög¬
lichkeit, seine Aussichten zu verbessern. Der mit dem Quotienten 831/580 gewinnende
Ballon «Ernst» tat wohl daran, sich in niederen Regionen zu halten, weil er bei der
Wetterlage in der Abfahrtsstunde in höheren Regionen schwächeren Wind zu linden be¬
fürchtete, und ähnlich hat Dr. Emden als Führer des mit dem Quotienten 423/1340 den
2. Preis erringenden Ballons «Sohncke* operiert. Den Rekord der in der Zeit längsten
Fahrt erreichte der Ballon «Cognac» (V. de Beauclair-Schweiz) mit 26 Stunden 20 Min.
Für die längste Dauer der Fahrt hatte der Herausgeber der <lllustr. Aeronautischen Mit¬
teilungen» eine Medaille gestiftet. Im großen und ganzen, so schloß Hauptmann
Hildebrandt seinen Vortrag, darf der Verein mit dem Ergebnis dieses ersten von ihm
veranstalteten Wettbewerbs zufrieden sein. Es ist nur natürlich, daß nicht gleich alles
klappen konnte; aber es ist doch auch nichts vorgekommen, was Anlaß zu Dis¬
qualifikationen gegeben hätte. Nur wird in Zukunft mit größerer Strenge auf den Punkt
der internationalen Satzungen geachtet w r erden müssen, der strikte vorschreibt, daß über
den Ort der Landung irgend eine behördliche Bescheinigung beizubringen ist.
Die Kinematographische Gesellschaft hat den guten Gedanken gehabt, die Ballon¬
füllung und den Aufstieg der 17 Ballons in Tegel durch zahlreiche Aufnahmen zu be¬
gleiten, wobei die besonders charakteristischen Momente mit feinem Verständnis Be¬
rücksichtigung gefunden hatten. Die Vorführung dieser kinematographischen Bilder be¬
gegnete deshalb dem lebhaften Interesse der Versammlung. Wie am Tage des Aufstieges
selbst, wurden namentlich die Momente von Beifall begleitet, wo ein Ballon sich eben
von der Erde löste, seine Insassen Fahnen und Hüte schwenkten und Tausende wehender
Taschentücher und geschwenkter Hüte ihnen gute Reise wünschten. Jedenfalls zollte
die Versammlung dem Vereinsvorstand Dank, ihr dies unvergeßliche aeronautische Er¬
eignis nochmals in belebten Bildern vorgezaubert zu haben.
Über sechs vom 20. Oktober bis 17. November erfolgte Vereinsfahrten berichtete
der stellvertretende Leiter des Fahrtenausschusses, Leutnant Geerdtz. Es waren die
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folgenden, welche mit Ausschluß der zweiten alle normalen Verlauf nahmen und in
glatten Landungen endeten. Alle gingen von Berlin aus.
Oktober 20. Führer Leutnant v. Auer. Mitfahrende Leutnant Freiherr v. Schlot¬
heim, Leutnant Graf Sponeck und Leutnant d. R. Winkler. Abfahrt 9 86 vormittags,
Landung bei Alt-Prielipp bei Stargard um 12 40 . Zurückgelegte Kilometer 145, in der
Stunde 42, höchste erreichte Höhe 1700 m.
Oktober 27. Führer Dr. Flemming, Mitfahrende die Herren Liebich, Müller und
Schubert. Abfahrt 10 6 , Landung beim bezw. im Zotzen-See bei Kratzeburg in Mecklen¬
burg um 1 ,0 . Zurückgelegte Kilometer 103, in der Stunde 32,5, höchste erreichte Höhe
1200 m.
NovemberH. Führer Oberleutnant Ritter und Edler v. Zech, Mitfahrende Herr
und Frau v. Liebermann. Abfahrt 11, Landung in Luetz bei Parchim um 4 30 . Zurück¬
gelegte Kilometer 162, in der Stunde 36,6, höchste erreichte Höhe 600 m.
November 13. Führer Hauptmann v. Müller, Mitfahrende: Leutnant v. Fiebig,
Leutnant v. Malachowsky, Leutnant v. Neumann. Abfahrt 11*°, Landung l 45 in Kalk¬
witz bei Kalau. Zurückgelegte Kilometer 105, in der Stunde 43,8, höchste erreichte Höhe
2050 m.
November 16. Führer Leutnant v. Holthoff, Mitfahrende: Leutnant Auer v. Herren¬
kirchen, Rittmeister d. R. Nethe und Herr W. Schulz. Landung bei Kolberg, Stunden-
geschvindigkeit 66 km.
November 17. Führer Leutnant v. Neumann, Mitfahrende: Leutnant v. Goßler,
Leutnant Freiherr v. Peutz. Landung bei Rogasen. Zurückgelegte Kilometer 261, in
der Stunde 65,3.
Über die an zweiter Stelle genannte, nicht normal verlaufene Fahrt berichtete
Herr Schubert, daß sie .von vornherein durch tief herabhängende Wolken beeinträchtigt
worden und der Ballon fast während der ganzen Zeit nicht aus den Wolken heraus¬
gekommen sei. Die Luftbewegung war gering, man hatte bei dem schroffen Temperatur¬
wechsel von 16° G. am Boden auf 0 und —2° in Höhen von 800 und 1200 m aber
den Eindruck, wechselnden, ungewissen Windrichtungen ausgesetzt zu sein, und ging
deshalb nach 3 Stunden zur Erde. Leider hatten sich inzwischen die Wolken noch
tiefer herabgesenkt, so daß man die Erde oder richtiger den Spiegel eines großen Sees
erst gewahrte, als man nicht mehr imstande war, trotz Auswerfens von fünf Sack
Ballast innerhalb fünf Minuten, sich aus dem Wasser, in das der Korb bereits eingetaucht
war, wieder zu erheben. Im Wasser neigte sich der Korb auf die Seite, eine Bordkante
schöpfte Wasser, und die vier Insassen sahen sich auf die gegenüberliegende angewiesen,
gerieten dabei aber, wie der Berichterstatter sich ausdrückle, bis zum Portemonnaie
auch ins Wasser. Zum Glück bewährte sich der noch freischwebende Ballon als Vehikel,
um den schwimmenden Korb nach dem Ufer hin zu ziehen. Hier angelangt, begannen
aber erst die Schwierigkeiten der Landung; denn der Ballon brachte den Korb nicht
mehr hoch und es erfolgte eine unangenehme Schleiffahrt am Lande auf etwa 100 m.
Dann lag der Ballon still —, eine Landung ohne Benutzung des Schleppseiles und ohne
Ventilzug, die aber Anspruch auf einiges Interesse erheben darf, weil sie den Ballon als
Retter aus Wassersnot zeigt. Als ein zweites Glück hatten die durchnäßten Luftschiffer
es zu begrüßen, daß sich unter ihnen ein Arzt befand, dessen prompte hygienische
Maßnahmen — tüchtiger Dauerlauf — alle Teilnehmer vor Übeln gesundheitlichen Folgen,
sogar vor einem für unvermeidlich gehaltenen Schnupfen, bewahrt haben. Nach Bergung
des Ballons war man um bereits wieder in Berlin.
Es folgten noch geschäftliche Mitteilungen, an erster Stelle die satzungsgemäß er¬
folgende Ankündigung von zwei Anträgen zur Statutenänderung. Die Beschlußfassung
hat erst in der nächsten Sitzung zu erfolgen. Die Änderungen betreffen die Vermehrung
der Mitgliederzahl des Vorstandes von 7 auf 8 durch Aufnahme des jetzt nicht dem
Vorstand angehörigen Bibliothekars und den Ersatz der Bezeichnung «Fahrten-Ausschuß*
durch «Sport-Kommission*, um hierdurch Übereinstimmung mit den Satzungen anderer
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Mitglieder der Fedöration Aeronautique Internationale herbeizuführen. Dieser zweite
Vorschlag begegnete mehrfachem Widerspruch aus der Versammlung. Es wurde der
Gegenantrag gestellt, die Bezeichnung «Fahrten-Ausschuß» beizubehalten und nur in
Klammern das Wort «Sport-Kommission» hinzuzufügen. — Zu Rechnungsprüfern wurden
die Mitglieder Rechtsanwalt Esclienbach und Bankier Müller erwählt, und Kommerzien¬
rat Hermann Beermann in die Zahl der «stiftenden Mitglieder» eingereiht. Viel Inter¬
esse erregte die Mitteilung, daß für eine eventuelle Wiederholung eines Ballon-Wett¬
bewerbs bereits 12000 Mk. zu Preisen zur Verfügung gestellt seien. In welchem Grade das
Interesse an der Aeronautik erwacht ist, davon legt u. a. auch die Ankündigung eines
Preises von 200000 Mk. Zeugnis ab, den die Zeitung «Daily Mail», wie ausführlicher
mitgeteilt wurde, auf eine genau \;orgezeichnete flugtechnische Leistung ausgesetzt hat.
Am Schluß der Tagesordnung forderte Rechtsanwalt Eschenbach die einmütig zu¬
stimmende Versammlung auf, dem Vorstande und im besonderen den um das Gelingen
des jüngst gefeierten Jubiläums durch Uebernahme einer ungeheuren Summe von
Arbeit hochverdienten Männern Dank zu sagen. A. F.
Münchener Verein für Luftschiffahrt.
In der fünften Versammlung des Jahres 1906. die am Dienstag, den 6. November,
abends 8 Uhr im Vereinslokal Hotel «Stachus» begann, gab zunächst der erste Vorsitzende,
Herr Generalmajor K.Neureuther, einige geschäftliche Mitteilungen. Sodann berichtete Herr
Prof. Dr.M. Hahn, der im Oktober an der Konferenz der «Federation Aeronautique
Internationale» in Berlin teilgenommen hatte, über den Gang der Verhandlungen und
ihre wichtigsten Ergebnisse. Nach einer kurzen Diskussion hielt hierauf Herr Privatdozent
Dr. R. Emden seinen angekündigten Vortrag über die Berliner Veranstaltung und
seine Fahrt nach Rußland.
Der Vortragende streifte zuerst mit wenigen Worten die Ballonverfolgung durch
Automobile, die am 10. Oktober stattfand. Die Ballons schnitten ja bekanntlich hierbei
sehr günstig ab. Denn von den 4 Ballons, die von je 4 Automobilen verfolgt wurden,
konnte nur einer in der vorgeschriebenen Zeit «gestellt* werden. Und auch dieser-eine Erfolg
der Automobile war kein besonders glänzender. Denn das betreffende siegreiche Automobil
hatte auch schon die Fahrt seines Ballons verloren und wollte die Verfolgung
aufgeben, als seine Insassen bei einer letzten Anfrage an einen Bauern, ob er nicht
einen Ballon gesehen habe, die überraschende Auskunft erhielten, daß der gesuchte Ballon
bereits vor einiger Zeit ganz in der Nähe gelandet sei. So konnte der Verfolger mit
seinem Kraftwagen noch innerhalb der vorgeschriebenen Zeit am Ballonlandungsplatz
eintreffen. Der Führer des siegreichen Wagens war Oberleutnant de la Groix.
Hierauf berichtete Dr. Emden noch einiges aus dem interessanten Vortrag, den
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Miethe in der Nachmittagssitzung am Donnerstag, den 11. Ok¬
tober gehalten hatte, und demonslrierte der Versammlung durch einen Vergleich von vor¬
gelegten farbigen Photographien, die Miethe nach seinem Verfahren vom Ballon aus
aufgenommen hatte, mit gewöhnlichen Ballonaufnahmen den Vorzug der ersteren, nament¬
lich in bezug auf die Beurteilung des dargestellten Geländes. Miethe hat sein Verfahren
dadurch der praktischen Verwendbarkeit in der Luftschiffahrt sehr genähert, daß er die
für die roten Bilder erforderliche Belichtungsdauer, die bisher nocli zu groß war, bis auf
V*» Sekunde vermindert hat.
Der Vortragende ging nunmehr zur Besprechung der internationalen Wett¬
fahrt am 14. Oktober über, an der er selbst ja als Führer des Münchener
Vereinsballons «Sohnke» (1440 cbm) teilgenommen hat. Er schilderte zuerst
die Diskussionen, die an den letzten Tagen vor der Fahrt in Berlin stattfanden, um die
Frage zu entscheiden, ob und in welcher Art bei diesem Wettbewerb handikapiert werden
sollte. Der Redner selbst bekannte sich als Gegner der Ilandikapierung, konnte aber mit
dieser Ansicht nicht durchdringen. Denn da sich so außerordentlich verschieden große
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Ballons — ihre Größen bewegten sich zwischen 680 und 2400 cbm — an der Wettfahrt
beteiligen wollten, so war die Überzeugung vorherrschend, daß irgend ein Ausgleich nötig
sei. Man einigte sich schließlich auf die «Handikapierung par le r^sultat».
Die Ballons wurden in 2 Größenklassen eingeteilt. In der ersten Klasse wurden
100 cbm und in der zweiten 200 cbm vom Volumen der Ballons abgezogen. Bei der
Bewertung der Fahrleistung sollte dann die pro Kubikmeter des so reduzierten Ballon¬
volumens zurückgelegten Kilometer Luftlinienentfernung entscheiden.
Die Organisation der ganzen sportlichen Veranstaltung war vorzüglich. Alles
klappte tadellos. Da der große Tegeler Gasometer an diesem Tage mit 1000 mm Wasser
Überdruck arbeitete und da gleichzeitig 12 Ballons an die Gasleitung angeschlossen
werden konnten, so war es möglich, die 17 konkurrierenden Ballons in der kurzen Zeit
von 11—3 Uhr zu füllen.
Kolossale Menschenmengen waren an diesem Sonntag, den 14. Oktober, nach Tegel
hinausgekommen, um dem großen «auch in Berlin noch nicht gesehenen* aeronautischen
Schauspiel beizuwohnen. Den Aufstieg der ersten Ballons begleitete brausender Jubel,
der dann bei den weiteren Aufstiegen immer mehr nachließ, sodaß schließlich bei der
Abfahrt der letzten Ballons völlige Stille herrschte. Im Lauf von nur einer Stunde, von
3—4 Uhr nachmittags, wurden alle 17 Ballons abgelassen.
Der Münchener Ballon «Sohncke* stieg prall gefüllt als 7. um 322 Uhr auf. Ehe
der Vortragende in die Schilderung seiner Fahrt eintrat, gedachte er mit Worten herz¬
lichen Dankes und der Anerkennung seines Begleiters bei dieser Fahrt,
des Herrn Dr. Flemming (Oberarzt beim Luftschiffer-Bataillon in Berlin). Die aus¬
gezeichnete Mitwirkung von Dr. Flemming habe nicht wenig zu dem schönen Erfolge
der Fahrt beigetragen.
Während die andern Ballons alle gleich ziemlich hoch gingen, beschloß der Vor¬
tragende, die Tragfähigkeit der schweren kalten Bodenluftschicht auszunutzen, die für den
Abend und die kommende Nacht zu erwarten war. Da diese nach oben meist scharf
abgegrenzte Bodenluft aber gewöhnlich nur wenig hoch hinaufreicht, so mußte der
«Sohncke», wenn er, um Ballast zu sparen, auf dieser schweren Luftschicht
schwimmen sollte, so tief als möglich gehalten werden. Auch noch aus einem zweiten
Grunde erschien das Tiefhalten Tätlich. Die Entwickelung der Luftdruckverhältnisse in
den letzten Tagen machte einen Wetterumschlag in den nächsten 24 Stunden wahr¬
scheinlich. Da solcher Umschlag erfahrungsgemäß zuerst in der Höhe eintritt, so mußte
er auch die hochfahrenden Ballons zuerst treffen. Dieser Gedankengang, dessen Richtig¬
keit durch den allgemeinen Verlauf der Wettfahrt erwiesen wurde, war es, der die beiden
Insassen des «Sohncke* bewog, ihr Programm des Tieffahrens mit geradezu bewunderns¬
werter Energie bis zum nächsten Morgen durchzuführen. Natürlich war diese Methode,
in einer durchschnittlichen Höhe von 80—200 m über der Erde zu fahren, bei einer
mittleren Geschwindigkeit von 30 km in der Stunde und in einer mondlosen dunklen
Nacht, wie sie damals herrschte, durchaus nicht ungefährlich. Der «Sohncke« kollidierte
denn auch tatsächlich mehreremale recht unsanft mit der Mutter Erde, wobei die Luft¬
schiffer und, wie sich am nächsten Morgen bei Tageslicht herausstellte, auch der übrige
Inhalt der Gondel beträchtlich durcheinander geworfen wurden. Woran der Ballon «An¬
stoß nahm», das konnten die beiden Herren wegen der Dunkelheit meistens nur disku¬
tieren, ohne sicheres Resultat. Bei einer kleinen Fahrt durch die Wipfel eines Föhren¬
waldes, die schon eine Stunde nach der Abfahrt die Reihe der Kollisionen eröffnete,
wurde durch einen Ast das Aspirationspsychrometer weggerissen, sodaß leider auf
Temperatur- und Feuchtigkeitsmessungen im weiteren Verlauf der Fahrt verzichtet
werden mußte.
In Bunzlau kam der Ballon in bedenkliche Nähe flammenspeiender Fabrikschorn¬
steine. Und gerade, als*die Luftschiffer ihrer Befriedigung darüber Ausdruck gaben, daß
sie noch eben glatt an dieser gefährlichen Klippe vorbeigekommen waren, sahen sie
ziemlich verblüfft fast zum Greifen nahe unterhalb der Gondel das Kreuz eines Kirch¬
turms vorbeigleiten.
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30
Natürlich verlangte die niedrige Nachtfahrt fortgesetzte und gespannte Aufmerksam¬
keit der beiden LuftschifTer, sodaß sie an Schlaf garnicht denken konnten. Abwechselnd
spähte immer einer von ihnen als «Pilot» scharf in der Fahrtrichtung voraus, einen
gefüllten Ballastsack zu sofortigem Auswurf bereit vor sich auf dem Gondelrand. Und
wenn dann der andere im Scheine einer elektrischen Taschenlaterne alle 2—5 Minuten
die Instrumente ablas, so mußte der «Pilot» solange die Augen schließen, um nicht ihre
Anpassung an die Dunkelheit zu verlieren.
Durch solche elektrischen Lichtblitze erhielten sie auch noch einmal am Abend
Kunde von einem höher fahrenden Mitbewerber, der sich auf Anruf hin als der Schweizer
Ballon «Cognac» (Führer V. de Beauclair) entpuppte. Das war während der Fahrt
die letzte Kunde vom Schicksal ihrer Konkurrenten.
Die Orientierung wurde während der Nachtfahrt durch größere Eisenbahnstationen
mit elektrischen Lichtern ermöglicht, deren Schein schon immer weit vorher zu sehen
war. Hierbei erwies sich die gute Ortskenntnis des Herrn Dr. Flemming, der seihst
bewährter Führer des Berliner Vereins ist, von großem Wert. Die Fahrtrichtung war
südöstlich. Um 4 Uhr morgens wurde Breslau passiert. Bis hierher waren von 26 mit¬
genommenen Sack Ballast 14 verbraucht worden.
In den frühen Morgenstunden kam der Ballon in dichte Nebelschwaden, die be-
bonders dadurch lästig wurden, daß sie bedeutende Mengen von Kondenswasser auf dem
Ballon niederschlugen, das dann weiter in Gestalt schwerer großer Tropfen in die Gondel
und auf die Luftschiffer gelangte. Es trug nicht zur Erhöhung der Annehmlichkeit bei,
daß die Tropfen auch noch durch Ballonfarbstoff gelb gefärbt waren.
Mit zunehmender Sonnenv.'iikung begann der «Sohncke» langsam zu steigen. Da
nun für die folgenden Stunden keine Überraschungen zu erwarten waren, konnten sich
jetzt die beiden Gondelinsassen abwechselnd ein wenig dem langentbehrten Schlummer
widmen, der sich ihnen trotz der unbequemen Situation im engen Gondelkorb recht rasch
nahte. Das Verfahren dabei war ungefähr so, daß sich der Schlafberechtigte «in einer
Art von Halbkreis» um den mitten in der Gondel stehenden Wachenden herumlegte.
Die Orientierung ging nunmehr infolge Verdeckung der Erde durch Wolken ver¬
loren. Als die Luftschiffer um 11 Uhr vormittags die Erde wieder zu Gesicht bekamen,
glaubten sie aus dem allgemeinen Charakter des Landes und der wenigen Orte, sowie
der Tatsache, daß sie jetzt in nordöstlicher Richtung fuhren, schließen zu können, daß
sie nicht mehr innerhalb der deutschen Landesgrenzen wären und sich wahrscheinlich
in Russisch-Polen befänden. Diese Annahme stellte sich dann auch als richtig heraus
bei der Landung, die am 15. Oktober um 3 2?i Uhr nachmittags, also nach einer Fahrzeit
von 24 Stunden 3 Minuten, hei Orlow, 20 km von der Eisenbahnstation Kutno ent¬
fernt, im Gouvernement Warschau, stattfand.
Es würde den Rahmen des Berichtes überschreiten, noch alle die, teilweise ergötz¬
lichen, Erlebnisse zu schildern, die den beiden Luftreisenden widerfuhren, ehe sie mit
ihrem Ballon glücklich wieder aus dem heiligen Rußland herauskamen, in das sie da¬
gegen immerhin noch einfach hineingelangt waren. Die Rubel mußten fleißig ins Rollen
gebracht werden, um eine glattere Abwickelung der Heimkehr zu ermöglichen.
Der Vortragende wußte die Schilderung dieser großen und ereignisreichen Fahrt
so unmittelbar und lebhaft zu gestalten, daß wohl alle Zuhörer sehr befriedigt waren.
Wie allgemein bekannt sein dürfte, ging dann nach der Entscheidung des Preis¬
gerichts der Ballon «Sohncke», der übrigens bemerkenswerterweise mit dieser
Fahrt schon seine 39. glücklich vollendete, als zweiter Sieger aus der Wettfahrt
hervor, obwohl er mit der von ihm zurückgelegten Luftlinienentfernung von 423 km und
einer Fahrstrecke von 648 km am weitesten von allen konkurrierenden Ballons gekommen
war. Dieses auf den ersten Blick überraschende Resultat erklärt sich da¬
durch, daß der 1. Preis, ein von Sr. Maj. dem Deutschen Kaiser gestifteter
Ehrenpreis, infolge der Handikap i erung dem kleinen nurö80cbm fassenden
Ballon «Ernst» (Führer Dr. Brökelmann) zugesprochen werden mußte. Herr Dr.
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**>&> 31 «« 4 «
Emden gewann also wohlverdienterweise den schönen und wertvollen
Ehrenpreis des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, einen silbernen Ballon mit
allegorischen Figuren, den der glückliche Sieger im Vereinslokal aufgestellt hatte.
Der «Münchener Verein für Luftschiffahrt» der immer die wissenschaft¬
liche Seite der Luftschiffahrt besonders gepflegt hat, darf mit Genugtuung auf diesen
schönen Erfolg eines seiner Führer blicken. Geht doch daraus wieder hervor, wie
wertvoll die angewandte Wissenschaft auch für sportliche Leistungen in der Luftschiff¬
fahrt ist.
Nach einer kurzen Pause berichtete dann noch Herr K. v. Bassus als Augenzeuge
über die erfolgreichen Versuche mit dem neuesten Zeppelinschen lenkbaren Ballon,
der sich im wesentlichen von seinen Vorgängern nur durch Stabilisatoren unter¬
scheidet, die das bei früheren Fahrten so lästig aufgetretene Stampfen des Ballons ver¬
hindern sollen. Die Vorrichtung erfüllte ihren Zweck vollständig. Der Ballon erreichte
bei den letzten Fahrten eine maximale Eigengeschwindigkeit von 12,5 m /sec = 45 Stunden¬
kilometer. Es ist das die höchste bisher von Motorballons geleistete Geschwindigkeit.
Diesem Berichte folgte noch eine lebhafte Diskussion über die zurzeit im Versuchs¬
stadium befindlichen Typen von lenkbaren Ballons. Danach schloß dann der I. Vor¬
sitzende die sehr inhaltreiche Sitzung.
Augsburger Verein für Luftschiffahrt.
Am 19. November 1906 veranstaltete die Vorstandschaft des Augsburger Vereins
für Luftschiffahrt einen Vortragsabend im Saale des Hotels «Bamberger Hof». Herr
Hauptmann Härtel, Leipzig, hatte die große Liebenswürdigkeit, dem Verein lebhaftes
Interesse zuwendend, seine persönlich gemachten Aufnahmen der Vesuvkatastrophe in
farbigen Photographien, durch eine große Anzahl Lichtbilder und fesselnde Wandel¬
panoramen vorzuführen.
Die Bilder entsprachen durch verständnisvolles Photographieren und naturgetreue
Malerei vollkommen der Wirklichkeit, der die Vorführung begleitende hochinteressante
Vortrag, welcher vorzüglich aufgebaut war, wirkte äußerst anregend und belehrend.
Prachtvoll waren die Wandelpanoramas, welche Neapel vor und nach der Kata¬
strophe, sowie den Lavastrom mit Boscotrecase an den Augen der Zuschauer vorbei¬
ziehen ließen, wie überhaupt die Vorführung die Ereignisse der Ostertage 1906 in einer
Übersichtlichkeit und in allen Einzelheiten zeigt, die geradezu Bewunderung erregt,
durch das allgemein verständliche Gesamtbild, aller zusammen wirkenden Faktoren, die
uns in Wort und Bild die Wirklichkeit erkennen lassen.
Viele der Aufnahmen waren durch die prächtigen landschaftlichen Bilder, die sie
boten, geradezu entzückend und malerisch schön.
In der Pause führte Herr Hauptmann Härtel einige seiner trefflichen Ballonauf¬
nahmen vor, auch ein paar hübsche Motive aus Oberbayern, welchen ein kunstverständiges
Kolorit eigen war, sowie ein recht gelungenes Wandelbild von München, in welchem die
Frauenkirche, mit dem Wahrzeichen von München, den beiden Frauentürmen, den Mittel¬
punkt bildeten.
Die Gesamtaufführung war für alle Anwesenden überaus fesselnd und hochinter¬
essant, bei jeder Abteilung waren die Beifallskundgebungen spontan und allgemein.
Bekanntlich erhielt Herr Haupt mann Härtel für ein Arrangement seiner Ballon¬
aufnahmen auf der internationalen Ausstellung in Mailand eine silberne Medaille.
Herr Gustav Riedinger, als zweiter Vorstand, sprach Herrn Hauptmann Härtel für
seine Bereitwilligkeit und die treffliche Vorführung, begleitet durch einen erschöpfenden
hochinteressanten Vortrag, den Dank des Vereins aus, welcher von den Vereinsmitgliedern
und einer großen Anzahl von Gästen durch Erheben von den Sitzen und lebhaften
Applaus bekräftigt wurde. Heinz Ziegler.
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Aöro-Club de France.
L’A6ro-Club de France dans sa derni£re s^ance, au Siege, 84, Faubourg Saint-
Honor6, a proc6d£ au ballottage et ä l’admission de MM. Prince Henri de Lign6, Comte
Jacques d’Aubigny, Vicomte de la Houssaye, Edouard Rabourdin, Albert Bonnei de
Mezi&res, Marcel Barllidre, Lucien Degas, E. Accary, Henri Rigaud, Philippe Richemond,
Lucien Chauvi£re.
Au diner qui a suivi dans les Salons du restaurant Viel, M. Ernest Arcbdeacon
pr£sidait, en qualit6 de pr6sident de la Commission d’aviation; il avait ä ses cöt6s
MM. Comte de Castilion de Saint-Victor, Georges Besanc r on, Victor Tatin, Capitaine
Ferber, Paul Tissandier, Ernest Zens, Charles Levee, Lionel-Marie, Alfred Leblanc, Suzor,
Farcot, Lucien Chauviöre, Paul Borde, Le Secq des Tournelles, James Bloch, Macquö,
Fauber. Reynaud, Guffroy, Maurice Mailet, Omer-Decugis, Georges Le Brun, Lucien
Degas, Bossuet, Jean de Villethiou, G. Blanchet, Georges Bans etc.
Le Salon de TA^ro-Club, au Grand-Palais des Champs-Elysßes, est situd au rez-de-
chauss^e, Cours la Reine, entre celui de rAutomobile-Club et celui du Touring-Ciub.
La Photographie en Ballon.
Le Jury du 2 rae Concours de Photographie aeronautique s’est r^uni au Siöge de
l’A£ro-Club de France, 84, Faubourg Saint-Honore, sous la pr^sidence de M. Cailletet,
Membre de ITnstitut; Colonel Houdaille, Commandant Puyo, Commandant Renard, Emile
Wenz, J. Jaubert et Paul Bord6.
Le classement est le suivant: Grand-Prix: M. Antonin Boulade (Prix Jacques
Balsan: 500 francs especes et medaille de vermeil de la Ville de Paris); 1 er Prix:
M. Arthur Tiberghien (Prix de S. A. I. le Prince Roland Bonaparte: 100 francs especes
et medaille d’argent de la Ville de Paris); 2 me Prix: M. Ch. Dabonneville (Plaquette du
Nouveau-Paris); 3 mc Prix: M. Jos6 y Luis de Villarear (Medaille du Photo-Club de Paris);
4 me Prix: M. A. Schelcher (Medaille de la Societe Francaise de Photographie) etc.
Mentions speciales (Estampes offertes par le Ministre de Plnstruction publique et
des Beaux-Arts): MM. Moussard et Lefövre.
Le troisi&me Concours est des a present ouvert pour Fannie 1907.
Patent- and Gebraachsmasterschaa in der Lnftschiffabrt.
Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur
Alfred Hamburger, Wien, VII. Siebensterngasse 1.
Österreich.
Ausgelegt am 1. Dezember 1906, Einspruchsfrist bis 1. Februar 1907:
Kl. 77d. Dippel Carl, Weinküfer in Flensburg:. Einrichtung zum selbsttätigen
Horizontalstellen von Luftschiffen während der Fahrt: Von einem
freischwingenden Pendel werden durch Vermittlung von Uebertragungsmechanismen
die unter einem Dache über dem Ballon angebrachten Klappen selbsttätig ge¬
öffnet und geschlossen, sodaß ein von vorne zugeführter Luftstrom, auf diese
Klappen einwirkend, die wagerechte Lage des Luftschiffes herstellt.
Personalia.
S. Exz. General der Kavallerie z. D. Graf Ferdinand v. Zeppelin ist in Anerken¬
nung seiner großen Verdienste um die Förderung des Luftschiffes von der Kgl. Tech¬
nischen Hochschule in Dresden zum Dr. ing. honoris causa ernannt worden.
Herr Steuerinspektor Bauwerker, Vorstandsmitglied des Oberrheinischen Vereins
für Luftschiffahrt, hat den Titel Steuerrat erhalten.
Hauptmann v. Tscliudi erhielt bei seiner Verabschiedung den Charakter als Major
mit der Erlaubnis zum Tragen der Uniform des Luftschiffer-Bataillons.
Auf der internationalen Ausstellung zu Mailand erhielt Herr Hauptmann HUrtel
(Tr. 19), Leipzig, für ein Arrangement Photographien vom Ballon aus die silberne Medaille.
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet
Die Redaktion .
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. -Mi Februar 1907. ** 2. Heft.
s*. -»xafr'Äk x.-» «.-»«-'S«-»«. «■.** -a»-* «.■*■ >•. -*k.» «*k . w. >*• .>*.-**■,«.-,*•
Aeronautik.
Die Konferenz der F6d6ration A6ronautique Internationale
zu Berlin am 15. Oktober 1906.
Die Konferenz tagte um 10 Uhr vormittags im Klubhause des Kaiser¬
lichen Automobilklubs zu Berlin. Der Ehrenpräsident M. Cailletet, membre
de l’Institut und der Präsident Prinz Roland Bonaparte hatten ihr Nicht¬
erscheinen entschuldigt. Vom Vorstande waren anwesend die Vizepräsidenten
Geh. Reg.-Rat Professor Busley, Comte de La Vaulx und M. Fernand
Jacobs, der Schriftführer M. Georges Besancon und der Schatzmeister
M. Paul Tissandier. Der Berichterstatter M. Ed. Surcouf entschuldigte
sein Nichterscheinen. Für ihn wurde Capitaine Ferber zur Unterstützung
•von M. Besancon während der Konferenz berufen.
Den Vorsitz übernahm Geh.-Rat Busley. Nachdem der Vorsitzende an
die zahlreich versammelten Delegierten aller Staaten einige Worte des Will¬
kommens gerichtet hatte, wurde zunächst der Bericht von M. Ed. Sijrcouf
vorgelesen, der folgendermaßen lautete:
* Meine Herren und verehrten Kollegen!
Mit der immer größeren Bedeutung, welche die Sports im allgemeinen
im öffentlichen Leben der Welt sich erobert haben, wurde die Erfahrung
gezeitigt, daß ein nicht reglementierter Sport unmöglich Fortschritte machen
kann; nur wenn alle Anstrengungen, alle Versuche, alle Verbesserungen
oder Rekorde eine offizielle und internationale Würdigung finden, erreicht
der Wetteifer seine vollste Entfaltung und jede Leistung ihre höchste
Entwickelung.
Der Aero-Club de France hatte diese Prinzipien für sein engeres Vater¬
land bereits eingeführt und die Resultate derselben waren so schnell wirkende
und derart überzeugende, daß er nicht umhin konnte, die Initiative zur
Gründung eines Internationalen Verbandes zu ergreifen.
Bei einer selbst nur oberflächlichen Prüfung der Resultate jener Initiative
kann man sagen, daß bereits heute, kaum ein Jahr nach jener Initiative,
die Resultate nicht nur derartige sind, wie die Ehrgeizigsten berechtigt
waren, sie zu erwarten, sondern mehr noch, sie übertreffen alle Hoffnungen.
Wenn es eines Beweises von dem Erfordernis der Notwendigkeit,
welches sich für die Einrichtung unseres Bundes fühlbar machte, noch
bedurft hätte, so würde die Leichtigkeit, mit weicher derselbe vor einem
Jahre gegründet worden ist, als Sie uns die Ehre erwiesen nach Paris zu
kommen, die wenigen Meinungsverschiedenheiten über verschiedene doch so
lllustr. Aeronaut Mitteil. XI. Jahrg. U
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3 *
wichtige Punkte, die auf die Tagesordnung gesetzt waren, offenbar einen
Beweis dafür erbringen, wie er klarer nicht sein konnte.
Durch eine zwingende Notwendigkeit zusammengeführt, beseelt von dem
gleichen Verlangen, das Reich menschlicher Errungenschaften zu erweitern,
entwickelte sich unter uns unmittelbar die Übereinstimmung; es war nötig,
daß der Titel unseres Bundes das Wort «International» enthielt, um uns
daran zu erinnern, daß wir nicht in Versuchung kämen, zu vergessen, daß
wir nicht alle einer und derselben Nation angehören.
Anstatt hinter unseren Grenzpfählen zu verbleiben, wo wir alle unsere
Kräfte auf ein gleiches Ziel richteten, aber doch die Anstrengungen unserer
Nachbarn, offiziel wenigstens, nicht kannten, haben wir alle unsere Macht,
unsere Intelligenz und unsern guten Willen heute zusammengefaßt; die
Erfolge haben nicht auf sich warten lassen, und diejenigen, welche wir
errungen, sprechen für jene, die wir berechtigt sind, zu erwarten; die Zu¬
kunft mit allen ihren Hoffnungen, mit allen großen Taten und mit dem
Ruhm der LuftsehifTahrt steht uns weit offen.
Schon am folgenden Tage, nachdem unser Bund geschlossen war, hatte
der Aeroklub Frankreichs, wie Sie es gestern taten, ein Wettfliegen organi¬
siert, welches bereits auch andere Flaggen als nur die unsrigen vereinigte;*
und gewissermaßen, als ob er das Abbild unserer internationalen Bemühungen
sein wollte, so vereinigte Jacques Faure, der Sieger jenes Wettfliegens, in
der Projektionslinie einer prächtigen Fahrt einige jener großen Nationen, die
in unserem Bunde vertreten sind.
Muß ich jetzt noch erwähnen, meine Herren, welches die organisierten
Wettflüge waren und die seit Oktober letzten Jahres versuchten Leistungen?
Ich werde Ihnen die versuchten Leistungen ins Gedächtnis zurückrufen,
ich befürchte aber selbst, einige zu vergessen.
Hier, in Deutschland, sehen wir jetzt in dieser aeronautischen Woche,
was dem Bundesjahre die Krone aufsetzt, und wie dieses Land, welches es
verstanden hat, die größte Zahl von Bundesvereinen hervorzubringen, seine
Bemühungen fortsetzt, immer mit der gleichen Ruhe, mit derselben Kalt¬
blütigkeit, und sprechen wir es aus, mit demselben Erfolge.
Wir haben noch in gutem Gedächtnis die wunderbaren Wettflüge,
welche durch den belgischen Aeroklub organisiert wurden, und man weiß
nicht, wozu man unseren Nachbarn mehr Glück wünschen soll, zu ihren
Erfolgen oder zu ihrer Ausdauer, die nie versagt hat trotz aller Schwierig¬
keiten und besonders trotz aller Unregelmäßigkeiten, die sie nicht zu er¬
müden vermochten.
Ihr Preis, der noch außerhalb des jetzigen Bundesjahres bleiben wird,
ist der Wanderpreis Paris-Brüssel und Brüssel-Paris, ein Preis von
hervorragendem Interesse.
Der Königlich Spanische Aeroklub, dem ich zunächst den Ausdruck
unseres Beileids sende wegen des erlittenen so grausamen Verlustes infolge
des Todes unseres Kollegen Duro, hat Wettfliegen organisiert, die von An-
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fang an zu Haupterfolgen führten, und er schuf gleichzeitig den Wander¬
preis des Marquis de Viana, der vorläufig gehalten wird durch den
soeben erwähnten von uns betrauerten Fernandez Duro.
Der Aeroklub von Amerika, ohne Zweifel der Benjamin unserer Bundes¬
klubs, hat schleunigst den aeronautischen Sport in der neuen Welt organisiert.
Ich müßte Ihre Aufmerksamkeit zu lange in Anspruch nehmen, um
Ihnen alle die Fahrten zu erzählen, die durch das energische Betreiben
unserer beiden französischen Kollegen, des Grafen Henry de La Vaulx und
des Herrn Levee, daselbst ausgeführt worden sind.
Das Resultat des Gordon-Bennett-Preises zeigt zur Genüge, wie stolz
Frankreich auf seinen Schüler Amerika sein kann, welcher sich bei seinem
ersten Auftreten das Kleinod des höchsten Preises, den die Aeronautik
jemals gekannt hat, errungen hat.
Trotzdem unsere Kollegen aus Großbritannien sich bezüglich der
Aeronautik in den schwierigsten Verhältnissen befinden und besonders schwer
in bezug auf die Sicherheit ihrer Tätigkeit, so hat sich diese Tätigkeit nichts
desto weniger als konstant erwiesen, und die Art, wie die englischen Ballon¬
führer sich einrangiert haben beim Kampf um den Gordon-Bennett-Preis zeigt
zur Genüge, wie der Sportsgeist bei unseren Nachbarn jenseits des Kanals
schon in der Rasse liegt.
Die Italienische Aeronautische Gesellschaft, die die Seele der Wett¬
fahrten von Mailand war, obgleich sie sie nicht direkt organisierte, hat den
Beweis einer bemerkenswerten Aktivität erbracht, wenn auch hier leider der
Tod gekommen ist, um die berechtigterweise gehegten Hoffnungen zu unter¬
drücken, wofür ich unserer verbündeten Schwester ebenfalls den Ausdruck
unseres tiefempfundenen Beileids sende; trotz dieses Rückschlages, der die
weniger Tapferen wohl entmutigen konnte, hat der italienische Verein, und
er ist ja noch dabei, die größte Anzahl von Ballonfahrten in Europa während
unseres Bundesjahres ausgeführt.
Die Societe Aeronautique Italienne, deren Sitz in Rom ist, hat eine
der bestredigierten und wissenschaftlichsten Zeitschriften geschaffen. Mit
ihren Sektionen in Mailand und Turin besitzt diese Gesellschaft ein sehr
imposantes Material und das Werk wird gekrönt durch einen Preis, der
ebenfalls unser Bundesjahr überleben wird; der Preis der Königin Margarete
von Savoyen für das Überfahren der Alpen im Ballon. 1 )
Es ist das die gnädige Anerkennung unseres Jahreswerkes, und der
Bund wird nicht der Pflicht ermangeln, sich der Herrscherin respektvoll zu
nahen mit dem Ausdruck seiner hochachtungsvollsten Ehrfurcht und seiner
rührenden Erkenntlichkeit.
Unsere Schweizer Kameraden haben in aller Stille ihre Organisation
vollendet und haben trotz aller Schwierigkeiten ihres Berglandes eine gute
Anzahl Fahrten ausgeführt, welche, wie die glücklichen Völker, keine Ge-
1) Vgl. Heft 1, 1907.
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schichte haben, weil, dank dein Talent der Leiter dieses Aeroklubs, alle in
der einfachsten Art geendet sind, in der rationellsten und fast stets in sehr
wissenschaftlicher Weise.
Um zu Ende zu kommen, bin ich auch verpflichtet, Ihnen einen Bericht
über unsere Bemühungen in Frankreich mitzuteilen.
Nachdem ich Ihnen vom großen Preise des Aero-Club vom letzten
15. Oktober gesprochen habe, werde ich mich damit begnügen, Ihnen mit¬
zuteilen, daß in Frankreich mehr als 10 Wettfliegen durch den Aero-Club
oder durch seine Schwestervereine organisiert worden sind, die 70 Konkur¬
renten gestattet haben, sich um wertvolle Preise zu bewerben, um be¬
neidenswerte Trophäen, die mit jedem Tage mehr die Luftschiflahrt in unserem
Lande fester eingewurzelt haben.
Ohne näher auf unsere Arbeit eingehen zu wollen, sei es mir doch
gestattet, Ihnen die Preise oder Wanderpreise aufzuzählen, welche zur Fort¬
setzung unserer Bemühungen für das neue Jahr führen werden, es sind diese:
Der Preis der Pyrenäen, der Preis von Bordeaux nach Pau, der Preis
der Petite Gironde, der Preis der Gallier, der Preis Deutsch-Archdeacon für
die Fliegekunst v ) und endlich der Preis vom M. Henry Deutsch de la Meurthe
für Flugapparate (appareils aeronautiques ä moteur).
Es stellen diese verschiedenen Trophäen einen Wert von etwa 100000 Frs.
vor, die ihnen Allen angeboten und, wie wir wissen, von ihnen auch nach
und nach werden entführt werden.
Wenn ich zum Schluß auf das Hauptwerk unseres Bundes komme,
auf den Gordon-Bennett-Preis, so geschieht das, weil dieser besser als alles
andere die Idee des gemeinsamen Patrimoniums versinnbildlicht.
Herr James Gordon-Bennett, der mit weitem Blick und bewunderns¬
werter Freigebigkeit allemal die Sports, welche es auch sein mögen, er¬
muntern wollte, hat andererseits darauf gehalten, daß diese Aufmunterungen
immer international seien. Der Weitsichtige hatte es bald gemerkt, daß
ein internationaler Bund sich schnell in unserem aeronautischen Sport bilden
würde und nach Vollendung dieses Werkes, ja gewissermaßen den nächsten
Tag darauf, setzte er den herrlichen Gordon-Bennett-Preis in die Arena,
der durch ihn verschwendungsreich unterhalten wird für wenigstens drei
Manifestationen.
Unserem Aeroclub de France fiel die Ehre zu, den ersten Wettflug zu
organisieren. Sie Alle, die Sie uns die große Freude bereitet, auf unseren
Ruf herbeizueilen, haben es bestätigen können, daß, wenn auch die Resultate
nicht fehlerfrei waren wie jedes Menschenwerk, unser Bemühen wenigstens
würdig war des Gebers und Ihres Bundes.
Zum erstenmal sah man von demselben aeronautischen Park aus 16 Luft¬
ballons von großem Fassungsraum sich erheben, ausfliegend zur Eroberung
einer beneidenswerten Trophäe und entschlossen, wie sie einige Stunden
>) Von San tos Dumont inzwischen errungen.
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später es bewiesen haben, allen Gefahren die Stirne zu bieten, und alle
Hindernisse zu überwinden, um zu streiten im schönsten sportlichen Kampf
und auch im schönsten anständigen (raisonnö) Kampfe um den Preis, der
ihnen winkte.
Ich will die Konkurrenten nicht beglückwünschen, mein eigener Stand¬
punkt kann sich hierin einmal nicht verleugnen, denn das hieße anderer¬
seits nur wenig uns selber Glück zu wünschen; aber es sei mir gestattet
es hier auszusprechen und meine Kollegen aus Frankreich werden mir
gewiß nicht widersprechen, daß, wenn die Umstände, die nicht so ausge¬
fallen sind wie man für einen derartigen Wanderpreis sich hat träumen
lassen, uns nicht begünstigt haben, wir doch diese Niederlage mit der
schönsten sportlichen Entsagung getragen haben, und unser erster von Herzen
kommender Ruf war, nachdem wir den jungen amerikanischen Sieger
des Preises gesehen haben, nicht ein Schrei der Wut, sondern ein Wort
der Herausforderung, denn je mehr der Preis sich von uns entfernt, um so
schöner und sportlicher wird die Anstrengung für andere sein, um ihn zurück¬
zuerobern. Der Wetteifer, welcher für die Vereinigten Staaten aus dem
Besitz des Preises Gordon-Bennett hervorgehen wird, dürfte das größte
und schönste Resultat sein, das wir erhoffen konnten. Man kann ohne
Furcht vor Übertreibung behaupten, daß sich nunmehr eine neue aeronau¬
tische Weit am Horizonte erhebt.
Vom reinen Sportstandpunkt aus verbleibt mir nur noch Ihnen zu er¬
zählen von den Weltrekorden, die Ihr Bureau des Luftschifferbundes beauf¬
tragt ist, zu bestätigen.
Sie werden es mir nicht glauben, meine Herren und lieben Kollegen,
wenn ich Ihnen sage, daß ich bedauere, nicht berechtigt zu sein, Ihnen die
Freude mitteilen zu können, daß irgend ein Weltrekord in diesem Jahre
geschlagen sei J ), und daß die Preise, welche unsere französischen Ballon¬
führer schwer erkämpft haben, auch noch von uns gehalten werden. Ich
würde befürchten, bei Ihnen ein Lächeln, gewiß aber ein sympathisches, zu
erregen, wenn ich hinzufügte, daß es im nächsten Jahre anders sein möchte.
Betreffend den Standpunkt der Verwaltung hat das Bureau Ihres
Bundes nichts anderes zu tun gehabt, als die gegenwärtige Konferenz zu
organisieren, sie hatte keine Strafe einzutragen, keinen Tadel noch irgend
etwas dem ähnliches; die dem Internationalen Luftschifferbunde ange¬
hörenden Gruppen haben gezeigt, wie vortrefflich ihre sportliche Loyalität
sie vorbereitet hatte für ein Bundeswerk.
Ich bin zu Ende, meine Herren, mit diesem bereits zu langen Bericht,
den ich schließen will, indem ich mich frage, welches werden die Arbeiten
sein, welches die Kämpfe, die Fortschritte, die dem neu auftretenden Bundes-
*) Das ist nicht ganz zutreffend hinsichtlich der Dauerfahrten ohne Fahrtunterbrechung, bei welchen
die Gebrüder Wegner vom 5.-7. April 1906 52 Stunden unterwegs waren. Es war dies allerdings eine
Fahrt des königlich preußischen aeronautischen Observatoriums, die wahrscheinlich nicht als Rekord bei
unserem Bureau angemeldet worden ist (vgl. I. Ä. M., Juni 1906). M.
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jahre die Berechtigung geben werden, das abgeschlossene Bundesjahr zu
vergessen.
Der Unterzeichner dieses schon allzu langen Berichtes würde der
elementarsten Pflichten der Erkenntlichkeit ermangeln, wenn er Ihnen,
meine Herren, nicht danken würde für die Ehre, die ihm damit erwiesen
wurde, daß er Ihnen in einer immerhin noch unvollkommenen Weise über
die Arbeiten eines so großartigen Werkes berichten durfte.»
Der Bericht des Herrn Surcouf wurde lebhaft applaudiert. Nach der
Tagesordnung kamen sodann Titel III und IV des Reglements zur
Diskussion, welche das Wettfliegen von Luftschiffen und von aviatischen
Flugmaschinen betreffen. Man beließ es beim alten, das Reglement bleibt
in dieser Beziehung fakultativ so lange, bis der Fall wirklich eintritt und
die praktischen Erfahrungen uns eine gesunde Unterlage bieten, derartige
zukünftige Wettflüge vernünftig zu reglementieren.
Die Schaffung eines internationalen aeronautischen Wörter¬
buches wurde als nützlich anerkannt und soll in die Wege geleitet werden.
Mit Bezug auf Erleichterungen für den Eisenbahntransport
des Materials auf Bahnen versprachen alle Vereine bei ihren Regierungen
vorstellig zu werden. Der Deutsche Luftschifferverband konnte dar¬
legen, daß er seinerseits hierin bereits Konzessionen erreicht habe. Es
handelt sich aber nun um weitere Ausdehnung solcher Vorzugstarife auch
auf Luftschiffer anderer Nationen, was vollkommen auf Gegenseitigkeit be¬
ruht und für die Entwickelung der zukünftigen Luftschiffahrt von Be¬
deutung ist.
Zoll-Erleichterungen. Der Vizepräsident Herr Jacobs aus Brüssel
teilte hierbei mit, daß man in Belgien das Ballonmaterial als «wissenschaft¬
liches» bezeichne., und legt die Frage zur Prüfung vor, ob es nicht auch
anderwärts in gleicher Weise den Zollbehörden gegenüber klassifiziert
werden könne. Der Antrag wird angenommen, die Vereine sollen diese
Frage ihren Regierungen vorlegen.
Bei der Frage nach Hilfeleistung und Gewährung jedweder
Erleichterung für Luftschiffer, die in einem fremden Lande nieder¬
gehen, hatte Professor Dr. Poeschel vom Berliner Verein den Vorschlag
gemacht, daß der internationale Luftschifferverband oder die einzelnen
Vereine sich mit dem Gesuch an ihre Regierungen wenden möchten, daß
dieselben Legitimationsbriefe ausstellen möchten, die den Namen jedes Ballons
der Vereine des Luftschifferbundes enthalten, in den Sprachen derjenigen
Länder, wo eine Landung möglich wäre.
In diesen Papieren solle gleichzeitig die Bitte an fremde Behörden
zum Ausdruck gelangen, den Ballon in sein Heimatland zurückgelangen zu
lassen und den Ballonführer, seine Reisegefährten mit allem Ballonmaterial
ohne Schwierigkeiten die Grenze passieren zu lassen.
Die Regierungen werden gebeten, entsprechende Verfügungen zu erlassen,
die ein für allemal rechtsgültig sind für die Verwaltungsbeamten ihres Bereichs.
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Diese in einem Umschläge versiegelten Papiere sind als ein Inventarium
des betreffenden Ballons zu betrachten, der Führer hat sie bei sich zu
führen und nur im Notfälle zu öffnen.
Nach einer längeren Diskussion wurde eine Kommission ernannt, be¬
stehend aus Hauptmann Ferber (aus Paris), Ingenieur Pesce (aus Italien)
und Professor Dr. Hahn (aus München), um den Wortlaut des internationalen
Geleitbriefes festzusetzen, der folgendermaßen lautet:
«Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten
bittet die Hohen Regierungen sowie alle Beamten der Militär- und Zivil¬
verwaltung, welche zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf¬
gestellt sind,
den Ballon.. unter Nr. in der Liste des Inter¬
nationalen Luftschifferverbandes eingetragen, dessen verantwortlicher Führer
durch ein Zeugnis dieses Verbandes beglaubigt ist und dessen Passagierzahl
höchstens .... Personen beträgt, frei passieren zu lassen und den Passagieren
sowie ihrem Material im Bedarfsfälle Hilfe und Schutz angedeihen zu lassen. *
Der Vorschlag wurde angenommen. Hiernach werden die Ballons des
Internationalen Luftschifferbundes in Zukunft, wie alle Schiffe, in ein Register
eingetragen. Man wird aus dem Stande des Registers einen vortrefflichen
Überblick gewinnen, wie die Liebe zum Aerosport bei den verschiedenen
Nationen wächst, und die Verhältnisse des Luftverkehrs selbst beginnen
damit eine internationale Regelung zu erfahren.
In bezug auf die Erziehung des Publikums zur sorgfältigen
Behandlung von Registrierballons, die im fremden Lande nieder¬
fallen, und deren Rücksendung in die Heimat, meinte Professor Her¬
gesell, daß hierin wenig zu tun übrig bleibe. Der gute Wille sei dafür
überall vorhanden, die Verluste von Registrierballons wären schon sehr
selten, Ausnahmen würden immer bestehen bleiben.
Hinsichtlich der internationalen Beziehungen, die jedem Mitglied eines
Klubs, das vorübergehend in einem fremden Lande reist, sofort die Rechte
der Mitglieder des verbündeten Klubs jenes Landes zuweißt, wurde alles
Mögliche zu tun versprochen.
Recht praktisch war die Frage der Aufstellung eines Tarifs für Flur¬
schaden-Abschätzung, für Landungshilfe und Materialtransport in den ver¬
schiedenen Ländern. Es wurde demgegenüber aber entgegengehalten, daß
man vielfach sich die Ballonfahrt mit einem derartigen Tarif verteuern
würde. Auch machen die Verschiedenheiten der Münze und der Kulturen
dabei einige Schwierigkeiten. Man möchte die Militärtarife der verschiedenen
Länder zugrunde legen. Der Bund empfiehlt die größte Zuvorkommenheit
gegen die zu Schaden gekommenen Persönlichkeiten und den sofortigen
Schadenersatz.
Sodann wurde die einheitliche Ausführung einiger Teile am
Ballon beraten und bestimmt, daß bei allen Verbands vereinen vom
1. Januar 1907 an die Reißleine in einem 25 mm breiten, roten
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Bande bestehen müsse. Besondere Einrichtungen für die Ventilleine fanden
keinen Anklang.
Bei verschiedenen Fragen wünschte Comte de La Vaulx einen Zusatz
zum Reglement über Weitflüge, wonach für die absoluten Distanzen eine
Toleranz von 1 / 2 0 /o zugelassen werden sollte wegen der Ungenauigkeit der
Karten und der Schwierigkeit, den Landungsort genau zu bestimmen. Pro¬
fessor Hergesell teilt die Ansicht nicht und hält unsere Karten für hin¬
reichend genau. Man beschließt darauf, die Toleranz von J / 2 °/o in dem
Falle zuzulassen, wo es nicht möglich ist, auch an Ort und Stelle Genaueres
festzustellen.
Graf Castillon de St. Victor schlägt vor, für 1907 der Frage näher
zu treten, ob im Reglement nicht ein Paragraph aufgenommen werden sollte
hinsichtlich des Landungspunktes eines ins Meer gefallenen und damit als
schiffbrüchig zu betrachtenden Luftschiffers. In diesem Falle würde der
Landungspunkt nicht der des Falles sein, sondern derjenige, wo der Ballon
das Ufer verlassen hat.
Herr Jacobs bittet das Bureau des Bundes, feststellen zu wollen, in
welcher Weise die Luftschiffahrt gegenwärtig bereits der Polarforschung
Dienste leisten kann, sei es durch Freiballons oder durch Luftschiffe, damit
die unsinnigen, wagehalsigen Versuche unterlassen werden. Das Bureau
will diese Frage zum Studium den technischen Kommissionen des Klubs
vorlegen und wird hiernach einen Generalbericht erstatten.
Major Moedebeck schlägt mit Rücksicht auf die Zunahme der Nacht¬
fahrten im Ballonsport und unter Hinweis auf die Gefahren bei Landungen
auch bei Tage durch die sich mehr und mehr ausbreitenden Starkstrom¬
leitungen vor, daß in allen Ländern an die Bearbeitung von Spezialkarten
für die Bedürfnisse der LuftschifTer geschritten werde, welche besondere
Angaben für Orientierung bei Nacht und alle Starkstromleitungen enthalten.
Oberst Schaeck betont dabei, daß in der Schweiz die Zahl der Stark¬
stromleitungen in so kurzer Zeit zunehme, daß solche Karten schwer kurrent
zu erhalten seien. Major Moedebeck modifiziert seinen Antrag darauf
dahin, daß diejenigen Geländeteile, in denen vor derartigen Gefahren sicher
gelandet werden könne, mit bestimmten Farbentönen angelegt werden
sollten. Hauptmann Ferber schlägt mit Rücksicht auf die zukünftige Ent¬
wickelung der Luftschiffahrt mit Luftschiffen vor, die Regierungen darauf
hinzuweisen, für jene gefährlichen Starkstromleitungen die Konzession nur
zu erteilen, falls sie kanalisiert werden. Der Bund beschließt, daß das
Komitee der Frage näher treten soll. Das Komitee wird auch die Ver¬
teilung der Medaille der I. A. M. vornehmen, welche als recht geschmackvoll
befunden und mit Beifall aufgenommen wurde.
Zum Schluß wurde die Frage eines Abzeichens für die Clubs des
Internationalen Luftschifferbundes dahin geregelt, daß das geschmack¬
volle Abzeichen des Aero-Club de France allgemein angenommen werden
solle mit den entsprechenden Inschriftänderungen der verschiedenen Vereine
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und der Überschrift «Federation Aeronautique Internationale», ab¬
gekürzt «F. E. I.»
Als Ort der nächsten Konferenz 1907 wurde Brüssel bestimmt.
Dieselbe wird in der Zeit vor dem Wettkampf um den Gordon-Bennett-Preis
wahrscheinlich Ende September oder Anfang Oktober stattfinden.
Das Bureau wurde für das Jahr 1907 wieder gewählt.
Der Abend versammelte die Kongreßmitglieder zu einem festlichen Diner
in den Räumen des Kaiserlichen Automobilklubs. Moedebeck.
Le troisi$me Congr&s d'aäronautique ä Milan.
Le troisiftme Congrfts d'a6ronautique vient de tenir ses assises, du 22 au 28 oc-
tobre, ä Milan, dans l’admirable cadre que lui offrait l’Exposition. II avait et£ preparft
par la Commission permanente Internationale que le lieutenant-colonel Espitallier reprö-
sentait au Congrfts, avec faide d’un Comit6 local pr£sid6 par M. le professeur comman-
deur Celoria, Directeur de fobservatoire de Brdra.
Son Altesse Royale le duc d’Aoste en avait acceptß la Presidence d’honneur. Le
ministre italien du Commerce s’etait fait representer par M. le professeur Palazzo. Enfin
plusieurs gouvernements etrangers y avaient envoy£ des missions officielles compos6es
des officiers les plus öminents de leurs Services d’aftrostation:
Espagne: colonel Vives-y-Vich, capitaine Gordejuela;
France: commandant Bouttieaux, capitaine Voyer;
Italie: major Moris;
Suede: capitaine Saloman.
Dans la seance d’ouverture, M. le professeur Celoria, apr&s avoir souhaitft la bien-
venue aux Congressistes, a expose les rapports de lAeronautique avec toutes les
branches de la Science, et les Services que celle-ci peut en attendre.
Le lieutenant-colonel Espitallier, ft son tour, a rapidement compare l’etat de 1‘aero-
nautique ft f£poque du dernier Congres, en 1900, et ft Theure actuelle, en faisant mesurer
les grands progres realis£s. Prenant texte d'une ascension faite la veille par Son Altesse
Royale, madame la duchesse Helene d’Aoste, l'orateur s’est fftlicite dun aussi illustre
patronage et a constate fheureuse influence des dames sur le d6veloppement de l’aero-
nautique qui est ft la fois une Science, un art et un sport.
Dans cette mSme seance le Congres a elu pour son prftsident M. le professeur
Celoria, et a completß son bureau.
Dans les s6ances de travail qui ont suivi, on a commencd par prendre connais-
sance des rapports relatant les travaux efTectues par la C. P. I. A., 1 ) pour donner
satisfaction aux voeux du Congres de 1900. Nous ne citerons que les etudes sur le
brevet d’aeronaute et le substantiel rapport oü monsieur Guillaume, sous-directeur du
Bureau international des poids et mesures, C. P. I. A,, a resume les travaux relatifs
a la d£termination du point en ballon, c'est-ft-dire de la position g£ographique ft chaque
instant du voyage. Les trcs remarquables instruments crees par monsieur Fave, inge-
nieur hydrographe en chef de la marine franyaise. sur lesquels le lieutenant-colonel
Espitallier a fourni quelques explications complementaires, ont 6t6 consideres par les
membres du Congres comme realisant un progrfts consid^rable pour la solution d'un
Probleme extremement delicat. On a 6galement pr£te la plus vive attention ft Texpose
des proced£s de Classification des formes du terrain, de la configuration des lieux habites,
des tigures geomfttriques formees par les Elements lineaires (chemins, lignes ferrees,
cours d’eau etc.) qui, s’ils etaient catalogues. permettraient d'identifier facilement la
>) Commission permanente internationale. (Red)
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 6
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r£gion au-dessus de laquelle plane le ballon. procedes auxquels leur inventeur, monsieur
de la Valette, a donne le nom de «topomancie >.
Aprös cet examen des travaux de la C. P. I. A., le Congres a entendu les Communica¬
tions de ses membres. Ces Communications ont donne lieü a d’interessantes discussions
que nous ne pouvons malheureusement pas developper ici. Nous en citerons tout au
moins les principaux sujets.
Fabrication de l’hydrogene. — Memoire du lieutenant-colonel Espitallier sur l’en-
semble des procedes et plus particulierement sur les methodefl recentes.
Note de monsieur Jaubert sur Fhydrure de calcium (hydrolithe).
Monsieur Schuckert, de Nürnberg, venu apres ces Communications, a pu nean-
moins donner quelques indications sur Fhydrure de calcium qu'il fabrique egalement.
Le major Moris a mentionne les experiences recentes de monsieur Helbig sur le
procede de fabrication par l’aluminium, avec intervention du bichlorure de mercure.
Slabilite des aerostats. — Memoire du capitaine Voyer, qui & expose la question
avec son habituelle clarte et sa remarquable methode scientilique.
Resistance de Fair. — Memoire tr£s complet de monsieur Rodolphe Soreau sur
cette importante question.
Monsieur Canovetti a ensuite exposö ses propres experiences et fait ressortir les
contradictions des resultats obtenus exp£rimentalement et des formules theoriques gen§-
ralement admises. Le Congres a exprime le voeu que les experiences soient continu£es,
de maniere ä lixer d une fac;on indiscutable la formule pratique et la valeur de ses
coefficients.
Ballons dirigeables. — Le commandant Bouttieaux a fait une interessante com-
munication sur les dernieres experiences du Lebaudy, auxquelles il a pris personnelle¬
ment une part si active, comme on le sait.
Monsieur le comte Almerico da Sehio a indique les idöes generales qui Ton a guide
dans la conception de son dirigeable et a etabli quelques points de comparaison entre
ce ballon et ses devanciers.
Monsieur le Dr. Amans avait envoye deux notes relatives, l’une aux formules de
propulsion heiicoidale du colonel Renard, Fautre ä un nouvel anemomtMre de vitesse.
Monsieur le Chevalier Pesce, enfin, a fait une communication avec projections
sur Thistorique des dirigeables, oü Ton a et£ heureux de voir representes les ballons
allemands Zeppelin et Parseval.
Aviation. — Cette partie de l’aeronautique n’a pas, sans doute, donne lieu des
Communications originales. Neanmoins eile a permis un echange de vues et d’idöes.
En particulier il a ete donne quelques indications au sujet de l’hydroplane exp6riment6
par monsieur Forlanini sur le lac Majeur et qui a donnö dejä des resultats fort encou-
rageants, ainsi que sur un nouvel appareil que son inventeur, M. Bertelli, a appelö Ta^ro-
courbe. A l’annonce du premier succes de monsieur Santos-Dumont et sur la propo-
sition du lieutenant-colonel Espitallier, un telegramme de felicitations a et6 envoy6 ä
l’intrepide sportman br^silien.
Applications scientifiques. — Le colonel Vives-y-Vich, de l’armee espagnole, a fait
un compte-rendu des resultats obtenus dans les observations de T6clipse de soleil du
30 aoüt 1905 au moyen des ballons. Des projections ont permis de suivre utilement
cette communication.
Monsieur le Capitaine Scheimpflug, de Vienne, a expos6 le principe d’un trös
interessant appareil de photogramm6trie, permettant le redressement geometral d'une
Photographie perspective, et realisant automatiquement le lever d’un plan.
Cette communication a ete illustree par des projections qui ont montree tout
l’interet pratique de ce procede.
Jurisprudence. — Monsieur Wenz, de Reims, enfin, a presente une communication
sur les assurances, dans le cas d’accidents aeronautiques.
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Visite de l’Exposition. — En dehors des travaux en söances, les congressistes
ont ötö conviös ä une visite de la section aöronautique de l’Exposition et ont ötö
unanimes k reconnaitre son importance et son interßt. 11s se sont longuement arrötös
au stand oü monsieur Canovetti a exposö ses appareils et oü il a expliquö sur place
ses procödös et ses möthodes; k la trös belle exposition des appareils employös k l’Ob-
servatoire de Lindenberg pour l’exploration de la haute atmosphöre par ballons-sondes
ou cerfs-volants; au stand du matöriel allemand de tölögraphie sans fil dont les Organes
sont si bien groupös qu’ils röalisent certainement le minimum de poids et le minimum
d’encombrement; k l’exposition du service militaire italien qui montre l’etat parfait
d’organisation de la jeune brigade specialiste et les progres considörables röalisös sous
l’habile direction du major Moris.
Le ballon dirigeable du comte Almerico da Schio ötait pröt ä ötre gonflö. Son
inventeur en a fait les honneurs avec la plus charmante modestie et tous les congres¬
sistes se sont plu k lui souhaiter un legitime suceös, couronnant tant d’ingönieux efTorts.
Le concours de bailons, le dimanche 28 octobre, a mis en prösence 16 aörostats
de nationales diverses; parmi ces bailons, trois ötaient pilotös par des officiers de
la brigade specialiste italienne, ayant ä leur bord les officiers des missions officielles.
Cette fßte avait attirö un nombreux public et a ötö trös brillante.
Voeux et rösolntions. — Parmi les voeux et rösolutions votös par le Congrös,
nous citerons les suivants:
II a paru nöcessaire au Congrös de proroger les pouvoirs de la C. P. I. A. qui est
spöcialement chargee de publier les travaux du Congres. Cette Commission a en outre
un röle plus gönöral que les deux autres institutions internationales, 1’Association scien-
tifique se proposant avant tout l’exploration mötöorologique de l’atmosphöre au moyen
des bailons, et la Föderation interclubs ayant surtout pour but les rapports inter-
nationaux et la röglementation qu’ils comportent.
On a döcidö de conserver la C. P. I. A. avec sa composition actuelle, mais en lui
infusant, pour ainsi dire, un sang nouveau, par l’adjonction de membres nouveaux:
messieurs le professeur Celoria, le professeur Palazzo et les officiers faisant parlie des
missions officielles et qui tous sont des notoriötös de l’aöronautique dans leurs pays.
Quelques autres savants seront aussi sollicitös d’en faire partie.
Enfin le Congrös a ömis le vceu que des röunions fröquentes soient provoquöes,
en profitant des röunions des autres associations, de maniöre k concentrer les efTorts,
k ötablir des öchanges fructueux d’idöes et un vöritable lien entre tous les adeptes de
l’aöronautique.
Telle a ötö la physionomie d’ensemble de ce Congrös oü Ton a öte unanime a
regretter l’absence de membres eminents de l’aöronautique, absence imputable sans
doute k l’öpoque tardive et aux röunions anterieures oü s’ötaient döjä rendus la plupart
d’entre eux.
L’aöronautique est internationale par son essence möme.
Encore que ses applications militaires servent k son heureux döveloppement,
c’est un merveilleux instrument de rapprochement des peuples; eile doit planer au-
dessus des divisions politiques et Ton en peut voir un sür garant dans l’admirable con-
fraternitö qui unit tous les aerostiers militaires, k quelque nation qu’ils appartiennent.
G. E.
Aeronautische IrrtUmer.
In den Heften 8 und 9 (August und September) letzten Jahres behandelte Herr
W. Kreß einige flugtechnisch irrtümliche Auffassungen, welche zweifellos ziemlich weit
verbreitet und nebenbei sehr erstaunlich sind. Es gibt deren aber noch andere, von
denen man gleiches sagen kann und deren Auftreten und Fortbestehen sogar bei theo¬
retisch-wissenschaftlich gut ausgestatteten Leuten nur dadurch erklärlich wird, daß auch
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eine hochstehende theoretische Ausbildung nicht die Vorstellungsgabe ersetzen kann, wo
sie fehlt. So begegnet man zuweilen der ernst gestellten Frage, ob ein mit Eigen¬
bewegung ausgestattetes Luftschiff nicht gegen den Wind Raum gewinnen könne durch
Aufkreuzen im Zickzack, wie dies die Segelschiffe ausführen. Hierbei bleibt z. B. der
Umstand unbeachtet, daß das Segelschiff sich in zwei Mitteln zugleich, der Luft und dem
Wasser, bewegt, wobei das Wasser dem Kiel bzw. dem «Schwert * usw. den genügend
festen Rückhalt gegen das Abtreiben in der Windrichtung bietet, damit
der durch Abgleiten an den schräg gestellten Segelflächen in zwei Kompo¬
nenten zerlegte Winddruck mit der einen dieser Komponenten das Fahr¬
zeug in der Kielrichtung forttreibt. Ein Luftschiff dagegen, welches in
der Luft schwebt, ohne mit irgend einem anderen Gegenstand in Verbin-
düng zu stehen, macht alle Bewegungen der Luft genau so mit, als
'J 1» wenn es selbst ein Bestandteil der Luftmasse wäre. Der Wind ist eben
gar nichts anderes als eine Verschiebung der Luftmasse, in der das
r/ Luftschiff schwebt. Verändert das Luftschiff mittels seiner Bewegungs¬
organe seinen Ort in der Luftmasse, so kommt es am Ende eines
Zeitabschnitts eben dahin, wohin der Teil der Luftmasse inzwischen
.hingekommen ist, zu welchem das Luftschiff sich innerhalb der Luft¬
masse hinbewegt hat. Von den drei möglichen Verhältnissen zwischen
der Eigengeschwindigkeit eines Luftschiffes und der Windgeschwindig¬
keit, wie sie in Moedebecks Taschenbuch Seite 885 ff. in gründlicher
Allgemeingültigkeit behandelt sind, steht zu der aufgeworfenen Frage der
Fall zunächst in augenfälligerer Beziehung, in welchem die Geschwin¬
digkeit des Luftschiffes geringer als die Windgeschwindigkeit ist, und er möge hier in ange¬
paßter Form zur Erläuterung benutzt werden: Sind A, B. G usw. (Fig. 1) Punkte auf der
Erdoberfläche und bewegt sich die Luft mit einer Geschwindigkeit und Richtung darüber
hin. welche einen Teil ihrer Masse innerhalb einer Stunde von A nach B, von B nach
C usw. bringt, so wird ein ohne Eigenbewegung im Anfangsmoment über B schwebendes
Luftschiff in der gleichen Zeit nach C gelangen usw. Verfügt es über eine Eigen¬
geschwindigkeit, die es in einer Stunde von B bis D zu bringen vermag, so gelangt es
bei direkt der Luftbewegung entgegengesetzter Fahrt in dieser Zeit nach D', wobei
B D' = A D = der Differenz beider Geschwindigkeiten ist. Wird schräge Richtung, etwa
gegen E, eingeschlagen, so verschiebt sich die ganze Bewegung wieder um den Betrag
der Bewegung der Luftmasse und das Luftschiff gelangt in einer Stunde nach E', die in
Richtung gegen den Wind erreichte Leistung erweist sich durch Projektion als die
Strecke G E", das Luftschiff ist um den Betrag D' E" weiter zurückgeblieben, als bei
direktem Anfahren gegen die Windrichtung. Wie sich die Sache bei Veränderung des
Winkels a gestaltet, ergibt die unmittelbare Betrachtung.
Weniger unmittelbar einleuchtend ist die Anwendung des hier gegebenen einfachen
Bildes auf die Vorstellung von der Drachenwirkung bei Langballons. Der Umstand, daß
bei dem als Fesselballon verwendeten Langballon die Drachenwirkung direkt zum Steigen
beiträgt, hat zu dem Fehlschluß geführt, ein mit Eigenbewegung gegen den Wind fahrendes
Luftschiff genieße bei schräger Aufrichtung gegen die Luftströmung auch eine weitere
Hebung durch diese Luftbewegung, ähnlich wie bei Drachen und Fessel-Langballons.
Wir sagen «Fehlschluß», denn bei der Drachenwirkung wird der Druck, welchen die an
der schrägen Unterfläche auftreffende und unter Richtungsänderung abgleitende Luft auf
die ablenkende Fläche überträgt, zerlegt in eine diese hebende Komponente und in eine
solche, die in dem fesselnden Seil und dem Flächenmaterial aufgehoben aus der Er¬
scheinung ausscheidet. Bei einem in schräger Richtung aufwärts sich bewegenden Lang¬
ballon kommt irgend ein einseitig wirkender Luftdruck nicht vor, ein solcher Druck wird
nur als Luftwiderstand von vorn in der Achsenrichtung wirksam. Sollte bei solcher
Schrägaufwärtsfahrt eine Drachenwirkung durch Gegenwind entstehen, so müßte der
Bewegungsapparat den Langballon nicht in Richtung der Längsachse nach vorwärts treiben,
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sondern er müßte ihn unter Beibehaltung der schrägen Lage dem Wind in horizontaler
Richtung entgegendrücken und so die Fesselung durch das Seil ersetzen (was übrigens
zu einer labilen Lage führen und nicht lange dauern würde). Ob ein Luftschiff in wag¬
rechter Richtung oder schräg auf- oder abwärts unter beliebigem Winkel fährt, einen
seitlich ablenkenden Luftdruck kann man ihm nur durch das Steuer verschaffen im
Sinne einer Wendung, nach welcher wieder der alleinige Druck von vorn eintritt.
Wie die Täuschung über Drachenwirkung entstehen kann, ist leicht erklärlich: In Fig. 2
streiche der Wind mit Geschwindigkeit AB = B C — usw. per Stunde dahin. Ein
Luftschiff, dessen Geschwindigkeit wir ein wenig größer als jene der bewegten Luftmasse
annehmen wollen, fahre von B
aus schräg aufwärts in Richtung
gegen D, so wird es am Schluß
der Stunde unter Beibehaltung
des Winkels a nach D' gelangen. -----
Weil nun sein wirklich zurück- Ct«) o 6 ex /tä
gelegter Weg die Linie B D' ist,
so sieht es allerdings aus, als ob Drachenwirkung zur Geltung gekommen wäre. In
Wirklichkeit aber handelt es sich nur um geometrische Aufrichtung des für horizontale
Schrägfahrt «gegen den Wind* Dargelegten in die Vertikale. Eine ganz minimale
Verschiebung der Ballonachse kann allerdings Vorkommen, wenn die statische Behand¬
lung des Fahrzeugs mittels Ballonet, Ventil und Ballast nicht ganz im Einklang steht mit
der mechanisch bewirkten Erhebung auf der schrägen Bahn, so daß der Tragkörper
Überschuß oder Mangel an Auftrieb im Verhältnis zu seiner Höhenlage besitzt; doch
wäre es unrichtig, dies als Drachenwirkung anzusprechen.
Dies führt auf eine andere, allerdings jetzt schon vielfach, aber nicht allerseits
geklärte Sache: Man war früher verschiedentlich der Meinung, man könne den mit be¬
stimmter Füllung versehenen Langballon einfach als gleichbleibenden Tragkörper an¬
nehmen und durch den Bewegungsmechanismus allein unbedenklich die Höhenlage
wechseln. Nimmt man diesen Tragkörper geschlossen an, so würde eine solche Anord¬
nung beim Aufwärtsfahren verhängnisvoll werden und wenn es ein Lenkbarer vielleicht
ausgehalten hätte, so würde dies mehr für bewundernswerte Festigkeit der Ballonhülle,
als für Konstruktion und Handhabung sprechen. Prall gefüllt muß ein lenkbarer Lang¬
ballon, wenn er seine Form beibehalten und steuerbar bleiben soll, allerdings sein
(wenn er nicht, wie der Zeppelinsche, ein starre Außenhülle hat). Beim Aufsteigen muß
aber seinem sich ausdehnenden Inhalt (zunächst der in einem Ballonet enthaltenen Luft
und nach deren etwa erreichtem Verbrauch auch dem Gas) ein Ausweg bleiben. War
der Ballon im Gleichgewicht und soll er mechanisch höher getrieben werden, so kommt
hierfür die Vertikalkomponente der treibenden Kraft in Verwendung, was immerhin im
Vergleich zum Wert einer entsprechenden Ballastausgabe unvorteilhaft erscheint, denn
es geht Kraft verloren.
Befindet sich ein Lenkbarer in hoher Luftschicht in Gleichgewichtslage und soll
mit mechanischer Kraft allein nach abwärts gelangen, so geht dies allerdings auch ganz
gut, erscheint aber auch nicht sachgemäß und ökonomisch. Die Vertikalkomponente der
Triebkraft wirkt hier wie eine Ballastvermehrung. Wird die Ballonetfüllvorrichtung
nicht in Tätigkeit gesetzt, so beginnt der Ballon bald schlaff zu werden und sich von
selbst zu senken, sich der Steuerkontrolle teilweise zu entziehen. Ein Umsteuern zur
Horizontallage bringt ihn dann wieder zum Steigen usw. Wird dagegen gleich mit
stetiger Nachfüllung des Ballonets vorgegangen, so bleibt das Luftschiff zwar gut in der
Hand des Steuernden, aber die Vertikalkomponente der schräg abwärts treibenden Kraft
wird dazu verwendet, dasselbe in eine Höhenlage herab zu zwingen, die augenblicklich
nicht seine Gleichgewichtslage ist. Ihr Betrag geht also wieder ohne Notwendigkeit
verloren.
Das besprochene Auf- oder Abwärtsfahren mit mechanischer Kraft allein, ohne
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Regulierung des Auftriebs, kann mit jeder beliebigen Konstruktion eines lenkbaren Lang¬
ballons ausgeführt werden, die dagegen erhobenen Einwendungen gelten aber auch für
jede derselben. K. N.
Ballons aus einfachen gummierten Stoffen.
Wer heutzutage daran geht, einen Ballon zu erwerben, sei es nun ein Privatmann
oder ein Klub, ist es naheliegend, gründliche Vorstudien über diese Beschaffung zu
machen.
Ich erachte es als erste Pflicht, ein solches Material ins Kalkül zu ziehen, welches
die persönliche Sicherheit der Luftschiffer über jeden Zweifel erhaben gewährleistet.
Die nächste Sorge muß wohl der Kostenpunkt sein. Der Preis des Luftfahrzeuges
muß so sein, daß die Kosten einer Fahrt keine zu große Höhe erreichen.
Es muß eine gewisse Anzahl von Fahrten jedem Ballon zugrunde gelegt werden
und bei jeder Fahrt etwa 100 K. vom BeschalTungskapital abgeschrieben werden, bis der
ganze Ballon gleichsam amortisiert ist.
Ein einfaches Beispiel wird das, was ich sagen will, beleuchten.
Ein 1000 cbm-Ballon würde 3000 K. kosten. Die Füllung stellt sich auf zirka
150 K., 50 K. die Landung, 50 K. der Rücktransport, ergibt als Kosten einer Fahrt 250 K.
Hierzu muß noch als Ballonbenutzung mindestens 100 K. pro Fahrt gerechnet werden,
sodaß sich die faktischen Kosten einer Fahrt auf 350 K. stellen.
Ist der Ballon imstande, 30 Freifahrten zu machen, so sind die ausgegebenen
3000 K. für die Beschaffung gedeckt, und jede weitere Fahrt wird das Anlagekapital für
einen neuen Ballon vermehren.
Wenn man sich nun in den Ballonfabriken, welche der eingangs erwähnten Be¬
dingung entsprechen, umsieht, so sei konstatiert, daß vorderhand auf der ganzen Welt
nur einige namhafte Ballonfabriken existieren: hiervon entfallen auf Deutschland und
auf Österreich-Ungarn eine, alle andern fast ausschließlich auf Frankreich.
Da aber diese eine deutsche Fabrik zur Zeit nur gummierte Ballons erzeugt und
die französischen Ballon-Etablissements nur * lackierte Hüllen in den Handel bringen,
muß man sich gar bald für die eine oder die andere Gattung entscheiden.
Es kann nicht der Zweck dieses kurzen Aufsatzes sein, die besonderen Vorzüge
und Nachteile der einen oder der anderen dieser Gattungen dem Leser vorzuführen. —
Ich will nur darauf hinweisen, daß infolge der hohen Preise des Rohgummis ein
gummierter Ballon, welcher aus doppeltem, diagonal gelegtem gummierten Stoffe hergestellt
ist, mehr als das dreifache Geld der lackierten Ballons derselben Dimension erfordert.
Das gibt zu denken und selbst die unverwüstlichsten und treuesten Anhänger
der gummierten Ballons — zu denen ich mich unbescheidenerweise rechne — können
nicht ohne weiteres die Tatsache ignorieren, daß es vielleicht notwendig ist, wenn man
rationell Ballonfahrten machen will, die Beschaffung lackierter Hüllen wieder ins Auge
zu fassen, zumal die französischen Fabriken so freundlich waren, bei ihren Ballons
auch die «aufknöpfbare» Reißbahn einzuführen, so daß wir auch bei den lackierten
Ballons lustig reißen und ruhig landen können.
Trotz alledem ist aber doch das Höchste unser gummierter Ballon. Durch die
bekannte Firma Riedinger in Augsburg wurde als Normalballon für sportliche und
wissenschaftliche Freifahrten der 1288 cbm fassende Kugelballon aus doppeltem,
gummiertem Stoffe eingeführt. Der Durchmesser dieser Type beträgt 13,50 m. Wie
wäre es, wenn man bei der Erzeugung der Hülle nur einfachen, gummierten Baum¬
wollstoff verwenden würde und nur das obere Drittel der Oberfläche, sowie die Reißbahn
aus doppelten, aber nicht diagonal gelegten Stoffen herstellen würde?
Ein so fabrizierter Ballon, welcher dieselbe Tragkraft wie der alte 1288 cbm-Ballon
haben sollte, erfordert nur ein Volumen von 1000 cbm, wobei der Durchmesser des
Ballons nur 12,5 m beträgt.
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Das Wichtigste hierbei ist nicht, daß das Volumen kleiner, daß jede Füllung
weniger kostet, die relative Sicherheit vollkommen garantiert ist, sondern vielmehr, daß
die Erzeugung dieser neuen Type weniger Material erfordert, sich rascher bewerkstelligen
läßt und weitaus einfacher sich gestaltet.
Daraus resultiert, daß dieser neue 1000 cbm-Ballon aus einfachem gummierten
Stoffe viel billiger sein muß, als der 1288 cbm-Ballon aus doppeltem gummierten,
diagonal gelegten Stoffe und auch in wirtschaftlicher Hinsicht die Konkurrenz aushalten
dürfte.
Da ich für diese Type Reklame mache, obliegt es mir, die technische Seite dieses
Ballons zu beleuchten.
Ob die Festigkeit des einfachen Stoffes auch den Anforderungen, die ein erfahrener
Luftschiffer an diesen stellt, entspricht, muß außer Zweifel sein, denn die lackierten
Perkalballons bestehen bis zu einem Volumen von mehr als 2000 cbm Inhalt noch bis
über den Äquator hinauf aus einfachen Stoffen und haben sich überall sehr gut bewährt
Die Bedenken, welche ich seit meinen Versuchen vom Jahre 1892—1894 mit allen in
Gebrauch befindlichen Ballonstoffen nicht los werden konnte, bezogen sich vornehmlich
auf die möglichen elektrischen Ladungen gummierter Stoffe. In letzter Zeit untersuchte
ich in dieser Richtung einfache, gummmierte gelbgefärbte Stoffe, bei Reibungen k und
Peitschung waren elektrische Spannungen nachweisbar, jedoch nicht stärker, wie bei
doublierten Stoffen, wo die Gummilage zwischen den Stoffen sich befindet. Einfache
gummierte Seide allerdings läßt elektrische Entladungen mit Funkenbildung ohne
weiteres zu.
Es ist selbstverständlich, daß die Dauerhaftigkeit des Ballons durch die Verwendung
einfacher Stoffe herabgedrückt wird; unbedingt müßten pro Kubikmeter Fläche 100 g Para¬
gummi aufgetragen werden. (Bei doppelten Stoffen gehen einige Fabriken auf 80 g Gummi
pro Kubikmeter herab.)
Hiermit möchte ich für sportliche und wissenschaftliche Luftschiffahrt einem
billigen und entsprechenden Ballon aus einfachen, gummierten Stoffen die Wege ebnen!
Jaroslaw, im Dezember 1906. Hinterstoisser, Hauptmann.
Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.
Drachenaufstiege im Küstengebiet der Ostsee.
Von Elmar Rosenthal.
Im Sommer des Jahres 1905 unternahm ich eine Expedition in das Küsten¬
gebiet der Ostsee, um mit Hilfe von Drachen soweit tunlich meteorologische Beobachtungen
aus den höheren Luftschichten zu sammeln. Über den Charakter dieser Reise möchte
ich hier hauptsächlich vom technisch-sportlichen Standpunkt aus berichten, während ich
mir die wissenschaftlichen Resultate nur flüchtig zu erwähnen erlauben werde. Die
letzteren sind in einer zusammenfassenden Arbeit am 24. Jan. 1906 der St. Petersburger
Akademie (in russischer Sprache) vorgelegt worden. Ich hoffe aber auch Gelegenheit zu
finden, wenigstens die interessanteren Ergebnisse nächstens in deutscher Sprache an
geigneter Stelle zu publizieren.
Der Zweck der Reise war zunächst der, für das immer noch so wenig bebaute
Gebiet der maritimen Meteorologie der höheren Luftschichten einige neue Bausteine
zu sammeln, dann aber auch möglichst vergleichende Beobachtungen an der Küste und
über dem freien Meere zu gewinnen. Der letztere Punkt scheint mir nicht unwichtig.
Wenn man überhaupt mit der Möglichkeit rechnet, über dem Meere andere Verhältnisse
anzutreffen als über dem Festlande und deshalb die Nützlichkeit der Schiffsbeobachtungen
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unterstreicht, so wird es gut sein, sich gleich von vornherein darüber klar zu werden,
worin denn eigentlich die gesuchten Unterschiede bestehen und welche Fragen zunächst
ein spezielles Interesse erregen. Im übrigen kann meine Unternehmung nur beanspruchen,
mit demselben Maßstabe gemessen zu werden, wie die Reise der Herren Berson und
Elias auf der «Oihonna», ‘) ja sie muß sogar eine nachsichtigere Beurteilung erheischen,
da ich keinen wissenschaftichen Begleiter hatte und somit allein die technische und
meteorologische Seite der Expedition leiten mußte. Dafür kamen mir allerdings die
maßgebenden Behörden in liebenswürdigster Weise entgegen, wodurch die mit einem
solchen Unternehmen verbundenen Unkosten auf ein Minimum reduziert wurden. Jeden¬
falls konnte es sich unter den geschilderten Umständen nicht darum handeln, möglichst
hohe und nach einem speziellen Programm auszuführende Aufstiege zu gewinnen. Die
Verhältnisse mußten eben benutzt weiden, wie sie lagen. Ich nahm daher nur eine
kleine Handwinde und etwa 4500 m Draht mit. Ferner hatte ich 8 Drachen Modell
Kusnetzow *) zu meiner Verfügung. Davon waren 3 größere (mit je 3\t qm Gesamt-
oberiläche) zusammenlegbar und 5 kleinere (3—2 qm Gesamtoberfläche) ließen sich
ineinanderschachteln, sodaß sie wenig Raum beanspruchten und bei den zu erwartenden
und tatsächlich vorgekommenen häufigen Transporten möglichst wenig Umstände machten.
Die letzteren bewährten sich in der Praxis, namentlich in See, etwas besser, da ihre
Herrichtung zum Aufstieg sehr wenig Zeit beanspruchte und ihre Konstruktion auch
stabiler war, als die der zusammenlegbaren. Sie waren zufälligen Verbiegungen weniger
unterworfen und flogen besser. Zu den Registrierungen diente mir ein sehr sorgfältig
geprüfter Meteorograph, gleichfalls nach dem System von Herrn Kusnetzow, welcher 3
Elemente, Druck, Temperatur und Feuchtigkeit, angab. Alle diese Instrumente, ferner
ein Aßmannsches Psychrometer, ein Aneroid, ein Sextant und eine kleine Schmalkaldersche
Bussole zu Winkelmessungen etc., waren mir vom Physikalischen Zentral-Observatoriurn
und speziell von dessen aeronautischer Abteilung in Pawlowsk freundliehst für die
Dauer meiner Reise zur Benutzung überlassen worden. Nicht unerwähnt darf bleiben,
daß ich mir speziell für meine Expedition einen Diener engagierte, der sich als äußerst
geschickt und sehr brauchbar erwies, namentlich auch für allerlei kleine, bei solchen
Gelegenheiten unumgängliche Reparaturen. Ohne eine solche Hilfe bei den vorzu¬
nehmenden Operationen, während gleichzeitig verschiedene Kontrollmessungen und Beob¬
achtungen anzustellen sind, wäre die Arbeit für eine einzelne Person wohl kaum durcli-
zuführen gewesen. Meine Expedition hatte den Gharakter einer Urlaubsreise und erstreckte
sich auf den Zeitraum eines Monats, wovon allerdings einige Tage infolge von Privat¬
angelegenheiten der wissenschaftlichen Arbeit entzogen wurden. Von der übrig bleibenden
Zeit erlaubten es die Witterungsverhältnisse, an 14 Tagen Aufstiege zu veranstalten, an
welchen im ganzen 20 Aufstiege erhalten wurden. Darunter sind natürlich nur diejenigen
verstanden, an welchen das Instrument mit hoch gesandt wurde und eine brauchbare
Registration lieferte, während die mißlungenen Versuche nicht gezählt sind. Der
niedrigste Aufstieg (in See) erreichte nur 220 m, der höchste 2150 m: die mittlere Höhe
betrug rund 1000 m.
Meine Reise richtete sich zunächst nach der an der Südküste des (mischen Meer¬
busens gelegenen Stadt Reval, wo die Direktion der Leuchttürme des Baltischen Meeres,
zu der ich persönliche Beziehungen habe, ihren Sitz hat. Die erwähnte Verwaltung
(Chef Kontreadmiral v. Wulf) stellte mir in liebenswürdiger Weise Lokalitäten und Hilfs¬
kräfte zum Einholen der Drachen zur Verfügung und ich konnte dort am Rande einer
42 m hohen Uferterrasse, kaum 1 km vom Meeresstrande entfernt, zunächst 8 Aufstiege
veranstalten. Alsdann begab ich mich an Bord des Marine-Transportdampfers «Kompaß»
(Kapitän Bitenbinder), welcher der erwähnten Direktion unterstellt ist. Der «Kompaß»
ist ein etwa 500 Tonnen großer Dampfschoner von 8 1 /* Knoten Fahrtgeschwindigkeit.
•) Diese Mitteil April—Mai 190t.
2 ) Diese Mittcil. Oktober 190'».
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»»» 49 «««
Er hatte die Aufgabe, verschiedene, an schwer zugänglichen Küstenpunkten und einsamen
Inseln gelegene Leuchttürme mit Brennmaterial und Proviant zu versorgen, und mußte
deshalb hauptsächlich im Rigaschen Meerbusen mehrfach hin und her kreuzen. Auch
hier decken sich die Verhältnisse meiner Aufstiege sehr nahe mit den ersten des
Herrn Rotch und denen der Herren Berson und Elias, da ich auf diesem Dampfer nur
Passagier war und also den Kurs des Schiffes nicht beeinflussen konnte. Etwas störend
war ferner der Umstand, daß ich auf dem namentlich anfangs mit verschiedenen Gegen¬
ständen sehr beladenen Achterdeck nicht viel Raum für meine Operationen hatte und
außerdem die Drachenwinde in fast völligen Windschutz zu stehen kam. Das Hochlassen
der Drachen geschah daher meist von den in ihren Davids außenbords hängenden Bei¬
booten aus. Im ganzen wurden zu Schiff 7 Aufstiege erhalten und ging es dabei ohne
bedeutendere Unfälle ab. Einmal wären allerdings bei einem plötzlichen Kurswechsel
(es war der erwähnte niedrigste Aufstieg von 220 m) Instrument und Drachen beinahe
in die See gefallen, doch konnten sie durch rasches Einholen gerade noch gerettet werden.
Zwei Aufstiege wurden in der Nacht bei fast völliger Dunkelheit veranstaltet, was,
abgesehen von den Hantierungen mit Laternen bei den nötigen Ablesungen, das Mißliche
hat, daß man die Drachen in der Luft nicht sieht und daher mitunter nicht rechtzeitig
eingreifen kann, wenn es die Umstände erfordern. In der Tat muß das eine Mal — es
war während einer Gewitterbildung — oben eine plötzliche Windstille relativ zur Schiffs¬
bewegung entstanden sein oder eine Wirbelbildung mit vertikalen Strömen einen soge¬
nannten «Kopfsprung» veranlaßt haben, so daß die Drachen rapide fielen, was aber erst
nach einiger Zeit am starken Durchhängen des Drahtes bis ins Wasser bemerkt wurde.
Durch forciertes Einholen bekam ich doch noch alles glücklich wieder an Bord. Die
Registrierung zeigte aber, daß die Drachen ganz plötzlich bis auf nur 40 m über dem
Wasserspiegel gefallen waren! Nach meiner Rückkehr nach Reval gelangen dort noch
5 Aufstiege, darunter 2 an den internationalen Tagen, 2.-3. August, worauf mich leider
meine Berufspflichten nach St. Petersburg zurückriefen und also an der Fortsetzung der
Beobachtungen verhinderten.
Die wissenschaftlichen Resultate der beschriebenen Aufstiege habe ich im Zusammen¬
hang mit den übrigen über dem Meere gewonnenen und bis jetzt publizierten Aufstiegen
bearbeitet. Dabei zeigte sich zunächst, daß jene eigentümlichen Zonen großer Trockenheit
in den hohen Luftschichten, die wohl zuerst von Süring unter dem Namen «obere
Störungszone» beschrieben wurden, *) auch über dem Meere und in dessen nächster
Nähe gar nicht selten angetroffen werden und zwar in den verschiedensten Breiten.
Für die Entstehung dieser Bildungen glaube ich auf Grund einiger Laboratoriumsversuche
und einiger von meinen Aufstiegen eine befriedigende physikalische Erklärung gefunden
zu haben. Ferner gelang es zunächst auf Grund meiner eigenen über alle Tageszeiten
verteilten Aufstiege, auch über dem Meere eine merkliche Verminderung der Amplitude
der täglichen Temperaturschwankung mit der Höhe nachzuweisen, was wohl auf der
spiegelnden Wirkung der Meeresoberfläche beruht, da ja Wärmeleitung und Konvektion
hier nicht in Frage kommen. Diese Erscheinung ließ sich auch in den Aufstiegen der
Herren Berson und Elias über dem Polarmeer und Herrn Teisserenc de Borts in den
dänischen Gewässern nachweisen. Im allgemeinen ergab die Untersuchung der vertikalen
Gradienten für Temperatur und Feuchtigkeit, daß die Unterschiede zwischen der Be¬
schaffenheit der Luft über dem Meere und dem Lande mit wachsender Höhe beständig
abnehmen, so daß, wie es scheint, ein Ausgleich, wenigstens für die etwas genauer
bekannten Binnengewässer, schon bei 800—1000 m oder etwas unterhalb stattfindet. Darauf
lassen sich in Verbindung mit der Theorie der Land- und Seewinde einige thermo¬
dynamische Betrachtungen gründen. Auf einige weitere Folgerungen aus meinen Be¬
obachtungen gehe ich hier nicht mehr ein.
Ich möchte zum Schluß noch bemerken, daß solche kleine Reisen, wie die
') Aßmann und Berson, Wissenschaftliche Luftfahrten III. Bd. S. 151.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 7
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vorstehend beschriebene, selbst in der nächsten Umgebung unserer Kulturländer immer
noch sehr interessante und wichtige Beobachtungen liefern können. Die Zahl unserer
fixen aeronautischen Stationen ist ja immer noch sehr klein und dürfte es auch wohl
noch auf einige Zeit hinaus bleiben. Eine synoptische Untersuchung der höheren Luft¬
schichten wird also auch solche gelegentliche Beobachtungen immer noch mit Nutzen
verwerten können. Andererseits wird sich die Beantwortung gewisser spezieller Fragen
nicht immer aus dem feststehenden Programm der fixen Stationen ergeben, so daß sich
hier dem einzelnen Gelehrten ein weites Feld zur individuellen Untersuchung des Einzel¬
falles bietet. Zudem sind solche Unternehmungen, wenigstens bei passender Unter¬
stützung durch die wissenschaftlich interessierten Institute, weder besonders kostspielig
noch mühevoll und stehen daher der privaten Initiative durchaus offen.
Termine für die Simultanaufstiege 1907.
Der Präsident der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt
schlägt für 1907 als Tage, an denen Simultanaufstiege .stattfinden sollen, die folgenden vor :
14. Januar (mit Rücksicht auf eine russische Expedition, die sich ins Innerne
Asiens zum Studium der totalen Sonnenfinsternis begibt und Ballons und Drachen steigen
zu lassen beabsichtigt), 7. Februar, 7. März, 11. April, 2. Mai, 6. Juni, 4. Juli, 1. August,
5. September, 3. Oktober, 7. November und 5. Dezember.
Nach dem Vorschläge von Teisserenc de Bort auf der vorjährigen Tagung der
Kommission in Mailand sollen während der Jahre 1907 und 1908 je vier 3 Tage währende
Serien besonders gehäufter Aufstiege veranstaltet werden. Derartige Serien sind bereits
früher nach dem Vorschläge von Hergesell in Europa ausgeführt worden, jedoch legt
die Kommission Wert darauf, daß nicht nur Europa sich daran beteiligt, sondern daß
sämtliche zum meteorologischen Gebiet des Atlantischen Ozeans gehörige Länder sowohl
auf dem Festlande, als auch auf dem Ozean selbst Aufstiege ausführen. Der Staatssekretär
des Reichsmarineamts hat die Teilnahme der deutschen Marine für alle Monate des
Jahres außer April, Mai und Juni bereits in Aussicht gestellt.
Der Präsident empfiehlt daher, die Aufstiegserien zu den angesetzten Terminen
im Juli, September, November 1907 und Februar 1908 zu veranstalten. E.
Kleinere Mitteilungen.
Das Gordon-Bennett-Fliegen 1907.
Der Aero Club of America teilt mit, daß für das internationale Gordon-Bennett-
Wettfliegen im Jahre 1907 unter der Voraussetzung, daß genügend Gas von geeignetem
spezifischen Gewicht geliefert werden kann, die Stadt Sankt Louis in Missouri in
Aussicht genommen wird.
Sankt Louis ist die vierte Stadt der Vereinigten Staaten von Amerika, sie hatte
1900 eine Bevölkerung von 575 (XX) Seelen. Verschiedene Eisenbahnlinien führen zu ihr
in 27 Stunden von New-York. Seine geographische Lage ist für Weitfahrten eine äußerst
günstige. Das nächste große Wasser, der Golf von Mexiko, liegt 1120 km südlich. Der
Atlantische Ozean ist nach Osten 1440 km, der stille Ozean nach Westen 3680 km entfernt.
Die Wettfahrten selbst sind /ür den Monat Oktober in Aussicht genommen, wegen
der um diese Zeit günstigeren Windverhältnisse.
Nach dem amerikanischen Zolltarif sind Ballons mit 45°/o ihres Wertes zu ver¬
steuern, der Klub will sich aber um ein Arrangement bemühen, durch welches diese
Zahlung für den Wettbewerb gesichert wird.
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Der Aero Club of America will alles tun, was in seiner Macht liegt, um den Wett¬
bewerben fremder Nationen beizustehen und hofft damit den Wettbewerb von 1907 zu einem
denkwürdigen in der Geschichte der Luftschiffahrt zu machen. Er hofft, daß die der
Föderation Aöronautique Internationale angehörenden Klubs ihre Anmeldungen nicht bis
zum letzten erlaubten Termin, dem 1. Februar 1907, hinausschieben, sondern sie so
früh als möglich erledigen. Der Klub hofft auch, daß jeder in Wettbewerb eintretende
Klub mit der vollen Zahl von 3 Ballons auftreten wird und daß die Zahl der Staaten
jene von Paris im Jahre 1906 übertreffen wird. $
Gordon-Bennett-Fliegen in St. Louis (U. S. A.).
Vom «Aero Club of America» lief, datiert vom 4. Januar, nachfolgender
Brief an den Vorsitzenden des deutschen Luftschifferverbandes, Herrn Geh.
Reg.-Rat Busley, in betreff des Gordon-Bennett-Fliegens ein:
Geehrter Herr!
Der Vorstand des Aeroklubs von Amerika hat sich nach sorgfältiger Prüfung der
Umständs und der gebotenen Vorteile einstimmig für die Abhaltung des internationalen
Wettfliegens 1907 in St. Louis entschieden.
Wie bereits mitgeteilt wurde, ist diese Stadt, vom geographischen Gesichtspunkte
aus betrachtet, außerordentlich günstig gelegen, indem sie nach allen Richtungen hin fern
vom Meere liegt. Die Stadtverwaltung von St. Louis hat als Start für den Wettflug
einen Teil ihres Stadtparks zur Verfügung gestellt, der unter dem Namen «Forest Park»
bekannt ist.
Dieser Platz kann derart abgeschlossen werden, daß niemand Zutritt erhält zur
Ballonfüllung, und die Gaszufuhr wird in jeder Beziehung ausreichend sein für eine
schnelle Füllung aller an dem Wettflug beteiligten Ballons.
Nach diesem Platz führt ein 24"-Hauptgasrohr von einem eine Viertelmeile ent¬
fernten Gasometer aus, der über 4000000 Kubikfuß reines Leuchtgas enthält. Das Gas
wird durch starke Pumpwerke herausgetrieben, damit die Füllung nach Möglichkeit in
kürzester Zeit vollendet werden kann. Das durchschnittliche spezifische Gewicht des von
der Laclede Gas-Company gelieferten Gases betrug im Jahre 1906: 0,43.
Der Klub schlägt vor, den Wettflug in der Vollmondsperiode im Monat Oktober
abzuhalten . . wahrscheinlich am 19. Oktober.
Nach der vom Wetterbureau eingezogenen Erkundigung ist die auf Grund zahl¬
reicher Beobachtungen mit Drachen und Pilotenballons in den höheren Luftschichten in
jener Jahreszeit vorherrschende Windrichtung eine östliche, nach New-York hin gehende,
unter Vermeidung der großen Seen, südlich derselben. Gutes Wetter pflegt um diese
Jahreszeit beständig zu sein, da gewöhnlich im Monat Oktober nur 3 bis 4 Regentage
eintreten. Die mittlere Monatstemperatur auf dem Erdboden beträgt im Oktober etwa
20° C. Es muß hierbei erwähnt werden, daß die größte, bisher in den Vereinigten
Staaten ausgeführte Ballonfahrt von St. Louis aus durch John Wise 1859 gemacht
wurde. Er landete in Jefferson County im Staate New-York.
Der Aeroklub von Amerika ist in der Lage mitzuteilen, daß das Gas für alle
Wettfahrer um den internationalen aeronautischen Preis kostenlos geliefert wird. Für
besondere Preise in den Hotels wird gesorgt werden und wenn eine genügende Zahl
von Klubmitgliedern des I. F. A. herkommt, wird es möglich sein, einen besonderen
Fahrpreis von New-York und zurück zu erwirken. Der gewöhnliche Fahrpreis beträgt
24,25 Dollars; wenn genug Luftschiffer sich am Wettflug beteiligen, ist es möglich, den
Preis auf etwa 32 Dollar für Hin- und Rückfahrt herabzusetzen.
Die DampfschilTahrtsgesellschaften von Europa nach den Vereinigten Staaten werden
ebenfalls Erleichterungen eintreten lassen.
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Der Aeroklub von Amerika ist dabei, Unterhandlungen zu führen zum Zwecke der
steuerfreien Einführung der Ballons der Wettfliegenden während ihres Aufenthaltes in
Amerika.
Außer den alljährlich in dem internationalen aeronautischen Wettbewerb angebotenen
Preisen werden verschiedene Körperschaften von St. Louis Preise für den zweiten, dritten
und vierten Gewinner aussetzen, in einem Gesamtwerte von 5000 Francs.
Für diejenigen, die Versuchsfahrten zur Vorbereitung für das internationale Fliegen
zu machen wünschen oder die sich am «Lahms-Preise» zu beteiligen wünschen, welcher
vom Aeroklub von Amerika nach dem 1. März 1907 ausgeschrieben wird, sind Vor¬
kehrungen getroffen worden, daß sie das benötigte Gas zu einem besonders herabgesetzten
Preise erhalten. Dies gilt aber nur für Ballonführer, die vom Aeroklub von Amerika
empfohlen sind. Die Wettbedingungen für den «Lahmspreis» werden später bekannt
gegeben werden. Den Wettlliegern wird jedwede Erleichterung seitens der Gascompany
zu St. Louis gewährt werden.
Wir erinnern daran, daß nach den Vorschriften die Anmeldung zum
Eintritt für den Wettflug für den internationalen aeronautischen Preis
1907 mit dem 1. Februar 1907 abgeschlossen wird.
Ihr sehr ergebener
Cortland F. Bishop, Präsident.
Ballonführer-Flaggen.
Je mehr der Sport sich des Ballonfahrens bemächtigt, um so mehr treten auch
in der Aeronautil: Sportsbedürfnisse auf. Als solche muß man u. a. die Führung be¬
sonderer Flaggen für Ballonführer bezeichnen, Flaggen, die im Bureau des Internationalen
Luftschiffer-Verbandes anzumelden und einzutragen sind. Der Wimpel bleibt damit das
Eigentum des Ballonführers, er zeigt seine Farben, er ist sein Wappen.
Wohl dem, dessen Farben durch wiederholte Siege weltbekannt werden! Sie
werden überall gern gesehen und freudig begrüßl.
Im Nachstehenden geben wir die Liste der bis jetzt eingetragenen Ballonführer¬
flaggen:
Victor Bacon: blau und weiß.
Jacques Balsan: blau und rot.
Emile Janets: rot und weiß.
Edouard Boulenger: rot und weiß.
Georges Dubois: rot und weiß.
Georges Le Brun: grün und weiß.
Andr6 Le Brun: grün und weiß. *
Louis Godard: grün und weiß, diagonal ein weißer Stern.
Georges Besan<;on: roter Wimpel.
Charles Lev6e: blauer Stern auf weißem Grunde.
Georges Baus: weiß und rosa, diagonal.
Ernest Zens: weißer Stern auf blauem Grunde.
Paul Tissandier: himmelblau und schwarz.
Leon Barthou: grün und gelb.
Georges Blanchet: schwarzes Kleeblatt auf weißem Grunde.
Lemaire: Schachbrett schwarz und gelb.
Comte de La Vaulx: Azurblau und schwarz.
Cornte Adelin d'Oultremont: rot und schwarz.
Comte Arnold de Contades: blau und gelb, gelber Stern.
Jacques Faure: vier weiße Kugeln auf rotem Grunde.
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Der Warmluftballon, eine deutsche Erfindung des Mittelalters.
(Zusatz zu Seite 113—116 des Jahrgangs 1906.)
Von Franz Marie Feldhaus.
Bei meiner Arbeit «Was wissen wir von Berthold Schwarz»? (Zeitschrift für hi¬
storische Waffenkunde, Dresden 1906, Heft 3 und 4) fiel mir die Ähnlichkeit der Titel
jener Berliner Handschrift von 1540, in der ich den Warmluftballon fand, und einer um
50 Jahre älteren Handschrift in Frankfurt a. M. auf:
„Inje boljet an etjn gut bub fete nu^barlficf) bmjcf) gut (genannt) baö ruft bnb fuertnerf-
buhcf) fanten gebrad)t bon aln öetoertten meiftern bnb ber funft berflenbtgem. . .
Die Bilderhandschrift zählt nach dem Urteil von Jähns (Geschichte der Kriegs¬
wissenschaften, S. 271) zu den prächtigsten ihrer Art. Auf dem Einband trägt sie einen
Holzschnitt mit der Überschrift «DIS BVCH GEHCERT
DE RAD ZV FRACFORT».
Das Rüstbuch der Berliner Königlichen Bibliothek, aus dem ich hier den Warmluft¬
ballon wiedergab, ist eine Abschrift davon, die später im Besitz des Prinzen Moritz von
Nassau war.
Das Frankfurter Manuskript, 1 ) dessen Autor sich nicht nennt, enthält bereits den
Warmluftballon mit Fesselseil und Winde. Wir können die Kenntnisse der Ballonkunst
also in die Blütezeit der deutschen Kriegsingenieure ins 15. Jahrhundert setzen. Ich
zweifle nicht, daß wir auch noch frühere Angaben über Feuerdrachen finden, wenn wir
die vielen Handschriften jener Zeit durchsucht haben.
Ein bisher unbekannt gebliebenes LuftsrhifT von 1748 findet man in einer drei¬
bändigen Handschrift des Gelehrten Eberhard Christian Kindermann, heute in der Königl.
Bibliothek zu Berlin. Der
Verfasser war Theologe
und scheint, als er sein
Werk mit 85 Jahren
begann, in Berlin ge¬
lebt zu haben. Er gab
ihm den stolzen Titel
«Physica sacra* und
sagt in der Vorrede, daß
er seine Aufzeichnungen
drucken lassen wollte.
Doch dazu scheint es
nie gekommen zu sein,
obschon das, was Kin¬
dermann niederschrieb,
origineller ist, wie ^—-n
manch anderes physi-(^
■kalisches Werk aus der
Mitte des 18. Jahrhun- C, -
derts. Unsere Abbildung
zeigt ein kleines Schiff
mit Segel, Laterne und
Fahnen. Der Luftschiffer bewegt in der Art des Ruderns zwei riesenhafte Vogelflügel. Unten
in der Ecke des Blattes sitzt eine Frau, die bei Betrachtung des über den Wolken hin¬
segelnden Fahrzeuges in ein Buch die Worte schreibt: «Siehe, ist es doch noch möglich
>) Signatur M. S. II. 40; Kntstehungszeit 1490. — Die Signatur der Berliner Abschrift ist: Cod. germ.
fol. 94 (nicht 351, wie eine irrtümliche Notiz im Katalog sagte).
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geworden». In der Beschreibung sagt Kindermann, daß er sich auf diese Weise den
meisten Erfolg verspräche. Bedenken wir. daß vor den Versuchen der Montgolfiers im
Jahre 1783 die Ideen über Luftschiffe nicht allzu häufig sind, dann erscheint uns Kinder¬
manns Vorschlag zu einem dynamischen Fliegen, obschon er unausführbar, wie hundert
andere, doch bemerkenswert. F. M. # F.
Zum Studium des dynamischen Fliegens.
Das letzte Oktoberheft der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure brachte
die wissenswerte Mitteilung, daß das Kuratorium der Jubiläumsstiftung der deutschen
Industrie eine Kommission für das Studium des dynamischen Fliegens berufen und die
Bewilligung von je 25000 Ji für eine Reihe von Jahren in Aussicht genommen hat. 1 )
Bezweckt soll werden die experimentelle Erforschung der Mittel für die Herstellung trag¬
fähiger Flugvorrichtungen auf wissenschaftlicher Grundlage. Der Anfang soll mit der
Untersuchung von Luftschrauben gemacht werden. Zur Durchführung dieser Arbeit
wurde vor kurzem von der genannten*Kommission, deren Vorsitzender Prof. Dr. C. v. Linde ?
München, ist, Dr. Ing. Bauersfeld berufen.
Durch die Begründung dieses Unternehmens hat sich das Kuratorium der Jubiläums¬
stiftung der deutschen Industrie ein außerordentliches Verdienst um die im Werden be¬
griffene Luftschiffahrt und namentlich um einen Zweig derselben, die Aviatik, erworben.
Bekanntlich hat diese Richtung noch äußerst geringe Erfolge aufzuweisen. 2 ) Es liegt
das zumeist an der unzweckmäßigen Formgebung der Flugmaschine; man versucht
immer und immer wieder den Körperbau des Vogels nachzubilden, wobei stets übersehen
wird, daß die Bedingungen, unter welchen der Flug des Vogels und der des Menschen
stattfinden kann, grundverschieden sind. Die dem Vogel nachgeahmte Flugmaschine hat
ebensoviel Aussicht auf Erfolg, wie jene sechsbeinige, dem Pferde nachgeahmte Lokomotive,
oder wie jenes Schiff, das dem Schwimmvogel mit seinen Schwimmhäuten nachgebildet
worden ist. Möglichst einfach, das ist der erste technische Grundsatz, und der gehört
vor allen Dingen bei der Konstruktion von Luftfahrzeugen beherzigt. Weiter kommt in
Betracht, daß der Motorenfrage (im Zusammenhang mit dem auftretenden Luftwiderstand)
zu wenig Rechnung getragen wird, obwohl man weiß, daß sie von ausschlaggebender
Bedeutung für das Gelingen der Flugversuche ist. Man stellt an den Motor nur die
Forderung, möglichst leicht zu sein; die Stärke (Anzahl der P. S.) des Motors nimmt
man jedoch unbegreiflicherweise nach Gefühl an. Und an den meist zu kleinen Motoren
scheitert sehr oft das ganze Unternehmen. Noch stiefmütterlicher wird die Luftschraube
behandelt. Man hat jetzt, nachdem man sie schon jahrzehntelang verwendet, noch keine
zuverlässigen Angaben über den Zusammenhang der Zahl, Größe, Gestalt, Anordnung etc.
der Flügel mit dem Wirkungsgrad der Luftschraube. (Nur Graf Zeppelin in Deutschland
und Walker und Alexander in England 3) haben größere Versuche mit Luftschrauben
angestellt.)
Mit um so größerer Freude war es daher zu begrüßen, daß endlich von technischer
Seite aus dieses Problem aufgegriffen worden ist. Wie man aus dem Programm ersieht,
wird mit echt deutscher Gründlichkeit ans Werk gegangen. Man ist sich der Schwierig¬
keit dieser Aufgabe bewußt und verfällt daher nicht in den alten Fehler, irgend ein will¬
kürliches Flugmaschinensystem erproben zu wollen, sondern untersucht erst jene tech¬
nischen Hilfsmittel bezüglich Festigkeit, Leistung usw., die für das Treiben, Tragen und
Steuern, die Hauptfunktionen eines Luftschiffes, in Betracht kommen können.
Daß dieses Unternehmen, wie alle Studiengesellschaften, die meisten Aussichten
auf Erfolg hat, ist ja wohl selbstverständlich, da ihm in wissenschaftlicher und technischer
>) Die angegebene Summe dürfte zu gering bemessen sein.
Erst die jüngsten Versuche von Santo« Dumont berechtigen zu größeren Hoffnungen.
: ‘) Neuerdings auch Archdeacon in Frankreich. (Red.)
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55 «««*
Hinsicht alle nur denkbaren Hilfsmittel zur Verfügung stehen werden. Mit Spannung
darf man daher den Arbeiten entgegensehen. Fr. Riedel.
Aufmunterungen für Flugapparaterfinder
sind neuerdings, wie «La conquete de l’air» mitteilt, in sehr lobender Weise und Aus¬
dehnung erfolgt.
«Le Matin» in Paris richtet für September 1908, gelegentlich der französisch¬
englischen Ausstellung, einen Wettbewerb für Flugvorrichtungen, schwerer als die Luft,
ein, wobei der Weg von Paris nach London zurückzulegen ist. Die Preise sind jedenfalls
sehr verführerisch, denn es haben hierfür bereits gezeichnet: «Le Matin» 100000 Fr., der
Marquis de Dion 50000 Fr., ebensoviel Mr. Charley und M. Clement, an welche sich viele
Begeisterte anschließen werden, so daß die Bewerbung zweifellos sehr lohnend für Sieger
sich gestaltet.
«Daily Mail» hat 10000 Pfund Sterling für einen Gleitflieger ausgesetzt, der zuerst
die Strecke London—Manchester zurücklegen werde. Santos Dumont hat in einem Zu¬
stimmungsschreiben beantragt, daß zweimal Zwischenlandung zur Petroleumcrgänzung zu
gestatten sei. Außerdem kündigte er die Stiftung einer Goldmedaille von 1000 Fr. Wert
als besondere Gabe für den Gewinner an. Beides wurde angenommen. Unter den von
«Daily Mail» aufgestellten Bedingungen im vorläufigen Bewerbungsreglement ist von
Interesse, daß der Flugapparat, welcher mindestens eine Person tragen muß, sich mit
eigenen Kräften vom Boden erheben soll, jedoch vorher, wie auch nach der Landung
auf dem Boden sich fortbewegen darf. Schwebend hat er eine Meile direkter Entfernung
auf einem vom Komitee zu bestimmenden Weg zurückzulegen. Die Bewerbung steht
der ganzen Welt offen. Von der «Adams Manufacturing Compagnie» werden hierzu noch
2000 Pfund Sterling als besonderer Preis versprochen, wenn der ganze Apparat innerhalb
des englischen Kaisertums hergestellt sei. Für den Fall, daß der Sieger unter Benützung
eines in England hergestellten Motors gefahren ist, setzt ihm das Journal «Auto-Car»
ebenso einen Preis von 500 Pfund Sterling aus.
Die Eigentümer von «Daily Graphic» und von «Graphic» bieten ferner 1000 Pfund
dem Erfinder, der einen Flugapparat, schwerer als Luft, vorführt, welcher, mit 1 oder
mehr Passagieren besetzt, mindestens eine Meile durchfliegt.
Der «Automobile-Racing-Ciub de Brooklands» teilt durch seinen Vizepräsidenten
Lord Montagu de Beaulieu mit, daß er dem ersten derartigen Apparat, welcher ohne
Bodenberührung die ganze Länge der Rennbahn, ca. 3 Meilen, in einer Höhe zwischen
3—50 Fuß innerhalb 10 Minuten durchfliegt, einen Preis von 2500 Pfund biete. Der
Bewerb ist bis 31. Dezember 1907 offen.
Dem Aeroclub ist Kunde geworden von einer ausgedehnten Bewegung gegen die
jedem Bewerber auferlegte Bedingung, daß er Mitglied eines bekannten Luftschiffer-
vereines sein müsse. Dies ist im Interesse der Förderung aller einschlägigen Bestrebungen
nur als vernünftig zu begrüßen.
Erinnert man sich an verschiedene schon vom «Aeroclub de France» etc. aus¬
gesetzte Preise, sowie an den seit 2 Jahren aufgestellten Preis Deutsch-Archedeacon zu
50000 Fr. für einen geschlossenen Kilometerflug, so wird man zugeben, daß es an Er¬
munterung einschlägiger Bestrebungen nicht fehlt. K. N.
Santos Dumont
hat sich mit dem Bau seines «Aeroplane» auf ein Gebiet begeben, auf dem nicht so
rasch ins Auge fallende Erfolge zu erreichen sind, wie mit einem «Lenkbaren» bei mäßigem
Winde; doch hat sein Motorgleitflugapparat wie im Heft XU 190(1 beschrieben funktioniert
und ihn durch die Luft getragen. (Der Apparat ist auf Seite 401 der «Illustrierten Aero-
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in allgemeinen Umrissen besprochen).
Bewegende Kraft
«La conqudte de
= Koeffizient
nautischen Mitteilungen* 1906
1’air* stellt auf Grund der Vergleichungsformel— w ~ , . ,. ,
Gewicht X Geschwindigkeit
für Beurteilung der Leistung — die von Santos Dumont erzielten Resultate gegenüber
den einschlägigen Versuchsergebnissen von Archedeacon, dann den Nachrichten über die
von den Brüdern Wright erreichten Resultate, dann jenen, die bezüglich Langley von
1896 her vorliegen. Sie gestalten sich wie folgt:
1500 (kgmt.)
für Archedeacon ,
420 (Kilo) X 16,6 (secm.)
= 0,215,
für Wright.
für Langley.
für Santos Dumont . . .
1800
450 X 10
75
18 X 10
3780
300 X 10
= 0,40,
= 0,58,
= 1,25.
Nach dem Bau der Formel ergibt sich beste Kraftausnützung, d. i. geringster
Verlust bei dem niedrigsten Wert des errechneten Koeffizienten. Die obige Gegenüber¬
stellung läßt somit noch einige Vervollkommnungen an dem jüngsten der erprobten Motor¬
gleitflieger als wünschenswert erscheinen, was nicht hindert, dankbarst auzuerkennen,
daß Santos Dumont seine Mittel und seine Energie zur Erstrebung neuer Erfahrungen
und Fortschritte unermüdlich in den Dienst der großen Sache stellt. Santos Dumont hat,
wie er «Daily Mail* mitteilte, neuerdings einen lOOpferdigen Motor bestellt, der nur 100 Kilo
wiegen soll. K. N.
Eine Ehrung Lilienthals.
Anläßlich der Konferenz der « F. I. A. » hat der bekannte französische Flugtech¬
niker Hauptmann Ferber es sich nicht nehmen lassen, in Großlichterfelde auf dem
Grabe des Ingenieurs Otto Lilienthal einen Kranz niederzulegen, ein Zeichen seiner
Hochachtung und Anerkennung, die zu äußern er ein inneres Bedürfnis empfand, wie
er sich uns gegenüber äußerte.
Viele, sehr viele denken heute zurück an den klassischen Begründer des persön¬
lichen Kunsttluges, sein Andenken wird zunehmend bei uns wachsen, wenn erst einige
weitere Jahre ins Land gegangen sein werden.
Die Firma Friedrich Lux, G. m. b. H., Ludwigshafen hat für ihre Frahntsehen
Resonanzapparate (Tachometer, Frequenzmesser, Phasenindikatoren. Lokomotivgeschwin¬
digkeitsmesser, Ferngeschwindigkeitsmesser, Umdrehungsfernzeiger für Kriegs-und Handels¬
schiffe etc.) auf der Reichenberger und Nürnberger Ausstellung die goldene Medaille
und auf der Ausstellung in Mailand zwei Ehrendiplome erhalten.
Zum Kapitel „Risse in Wolkendecken".
Der Artikel «Uber die Abbildung von Gewässern in Wolkendecken* in der letzten
Dezembernummer bildet die Veranlassung, hier eine Beobachtung mitzuteilen, die bisher
nicht der Veröffentlichung wert gehalten wurde. Aus letzterem Grunde wurde auch die
Zeit der Beobachtung leider nicht notiert; jedoch besteht über die Sache selbst kein
Zweifel. Es war an einem nahezu windstillen Tage, als auf einem Spaziergange nörd¬
lich von München, bei dem Vororte Solln, meine Aufmerksamkeit auf eine merkwürdige
Erscheinung am Himmel gelenkt wurde. Der ganze Himmel war mit einer gleichmäßig
getönten im übrigen ganz geschlossenen Wolkendecke überzogen, nur ging quer durch
sie von Osten nach Westen ein Spalt, durch den das reine Blau des Himmels hindurch-
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57 ««««
blickte. Die Wolkendecke verlor sich nicht ettoa allmählich gegen den Spalt zu, sondern
zeigte beiderseits ziemlich scharfe Berandung. Die Erscheinung hatte Ähnlichkeit mit
einer geborstenen Eisdecke, deren beide Teile sich soweit von einnander entfernt haben,
daß man durch den Riß bequem in die Tiefe sehen kann. Die Beobachtung scheint
mir der Erwähnung wert, weil in der Richtung des Risses kein Fluß läuft (der Riß war
senkrecht zur Richtung der Isar), und vielleicht sind solche Ausnahmefälle geeignet, der
Erscheinung auf den Grund zu kommen. Auffälligkeiten im Gelände waren in diesem
Falle allerdings nicht vorhanden, außer vielleicht, daß zwischen München und Solln eine
Höhendifferenz von ca. 50 m, also von Süden nach Norden, senkrecht zu dem Spalt,
ein ziemlich starkes Gefälle existierte. Hermann Zwick.
Der Drachenflieger im Lichte der „Allgemeinen Automobilzeitung".
Die MotorluftschitT-Studiengesellschaft teilt uns zu dem genannten Artikel (Heft 1,
1907, S. 10) mit, daß sie aus- dem Inhalte der «Allgemeinen Automobilzeitung» nur für
die unter der Überschrift «Offizielle Mitteilungen der Motorluftschiff-Studiengcsellschaft
m. b. H.» gemachten Angaben verantwortlich ist. Für die übrigen, unter dem Kopf:
«Das Motorluftschiff, die Flugmaschine» erscheinenden Aufsätze trägt die Motorluftschiff-
Studiengesellschaft die Verantwortung nicht. Die Red.
Aeronautische Vereine und Begebenheiten.
Damenfahrten im Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt
(mit 3 Bildern).
Von Oberlehrer Ernst Milarcli-Bonn a. Rh.
1. Die Moseltunke.
Glaube nicht, verehrte Leserin, daß ich die Sammlung Deiner besonderen Koch¬
rezepte um eine neue «Tunke» bereichern will; diese Tunke, von der die folgenden Zeilen
berichten sollen, hat mit einer richtigen Tunke nur einen gewissen Grad von Feuchtigkeit
gemeinsam: wenn der Luftschiffer in einen
Wald oder in ein Wässerchen hineinfährt, so
nennt er das eben so hübsch wie treffend
«Eintunken», und das Ende dieses kleinen,
reizenden Erlebnisses tunkt eben in die Mosel
ein. — Eine Damenfahrt? Dazu gehört nicht
mehr wie eine Durchschnittscourage, das sei
im voraus bemerkt; den Glorienschein einer
besonderen Leistung müssen wir unseren liebens¬
würdigen Korbgenossinnen im Interesse der
Wahrheit versagen. Sie selbst empfinden und
wollen es auch nicht anders.
Als am 24. Februar vorigen Jahres um
2 Uhr nachmittags ein Quadratmeter blauer
Himmel sichtbar wurde, konnten wir dem
liebenswürdigen Drängen unserer begeisterten
Damen nicht mehr widerstehen: schnell zu
Rad nach Godesberg hinaus und in die Rallon-
hülle hinein, um Ventil und Reißbahn für die
Damenfahrt selbst zu prüfen; nach lV#Stun-
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jalirg.
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58 «««♦
den stand «Rhein» zur Abfahrt bereit, und unsere Damen kletterten über einen Stuhl
in den Korb. «Laßt los», und «Rhein» erhebt sich, kann sich aber vom lustigen Godes¬
berg nicht trennen, ohne einen richtigen Studentenulk verübt zu haben; er nimmt die
Telephonleitung des Gaswerkes mit; wir sind das aber schon gewöhnt; der Draht zur
Reparatur liegt schon bereit. Inzwischen leuchtet die Nachmittagssonne auf, bescheint
zauberhaft die beschneiten Kuppen des Siebengebirges und spiegelt sich in den hohen
Fenstern der Drachenburg. Vor der Burg suchen die Rehe im Schnee ihr Futter; die
Hunde bellen hinauf, die Korbgenossinnen antworten täuschend ähnlich; die Hühner
gackern den großen Raubvogel da oben in der Luft ängstlich an, auch ihnen wird
in ihrer Muttersprache geantwortet. — Inzwischen wird auch der Proviantkorb unter¬
sucht, und unseren beiden Damen wohlverdientes Lob gespendet: so ein Gläschen Sekt
hoch oben in Himmelshöhen schmeckt besonders gut, auch schon nachmittags um 5 Uhr.
Über die Ruine Altwied und etwas höher über Schloß Monrepos geht die Fahrt wieder
ins Rheintal herunter. Aber der Ballast geht zu Ende, sodaß die Landung nahe bevor¬
steht; bei dem Wort «Landen» erhebt sich ein zweifacher Protest, wenigstens noch bis
Koblenz soll die Fahrt gehen. «Schön», sagt der Führer, «das kann geschehen, aber dann
müssen wir in die Mosel eintunken.» Begeistert wird dieser Gedanke aufgenommen. Diese
Landungen haben den Vorzug, daß der Korb ganz sacht aufsetzt und die Insassen nichts
von einem Stoß verspüren ; auch sinkt der Korb nicht etwa tief ein, sondern erhebt sich
fast augenblicklich wieder aus dem nassen Element und treibt dann mit einigen Zenti¬
metern Tiefgang langsam ans llfer. Bei dieser Fahrt kam nun noch als interessantes
Moment hinzu, daß geographisch die Mosel in den Rhein fällt, da wollten wir nun einmal
als Einleitung für die Fastnachtstage unseren «Rhein» in die Mosel fallen lassen. — «Die
Damen auf die Sitze», kommandiert der Führer, und langsam fahren wir auf das Flu߬
bett der Mosel zu, schäumend spritzt das Moselwasser auf; wir sind galt gelandet! Unser
Korb treibt nun unter dem Händeringen der arn Ufer versammelten Menge auf einen
Schleppkahn zu, dort binden wir ihn vorläufig fest: Pioniere, deren Kaserne am Ufer
liegt, eilen uns zur Hilfe und fischen uns aus der Mosel heraus und die interessante
Fahrt ist beendigt. Der Ballon wird entleert, verpackt und die Landungstelegramme
gehen in der vergnügten Fassung fort: «ln der Mosel glatt gelandet!»
2. Die Verlobungsfahrt.
Aus dem Führer des Ballons «Rhein» und einer der Korbgenossinen ist gelegentlich
der «Moseltunke» ein glückliches Brautpaar geworden. Zur Feier des Verlobungsfestes
wird für den Junivollmond eine Nachtfahrt im Ballon beschlossen. Die beiden frohen
Rheinlandstöchter, die so schneidig in die Mosel getunkt sind, haben auch den Ruhm, die
beiden ersten Damen zu sein, die sich dem Luftballon zu einer Nachtfahrt anvertrauten.
Zehn Minuten vor Mitternacht! «Laßt los!» Langsam, ganz sacht erheben wir uns
in die silberne Vollmondnacht hinein. «Glück ab!» ruft man uns herauf, und wir winken
unsere letzten Abschiedsgrüße hinunter. Da liegt nun die mondscheinbeschienene Rhein¬
ebene unter uns: kein Wölkchen steht am Nachthimmel, ruhig blinken die Sterne, ruhig
fließt der Rhein, still ist’s im Städtchen unter uns; nur da, wo die schwarze Linden¬
wirtin Studenten und Nichtstudenten manch vollen Humpen kredenzt, dort ist noch Leben,
unter schattigen Bäumen sitzen sie am Fuß der alten Ruine, trinken, singen und
schwärmen nach alter guter deutscher Sitte. Alles das können wir deutlich von oben
wahrnehmen: schweben wir doch kaum 50 Meter über der Erde hin.
Schon grüßen von der anderen Rheinseite die Lichter von Königswinter herüber
und hinter dem frohen Städtchen, das alle Tage Sonntag hat, tauchen majestätisch in
edlen Linien die sieben Berge auf: voran der trotzige Drachenfels, vom Mondlicht zauber¬
haft beschienen, und vor uns der Rolandsbogen. Vom Klosterturm der Klosterinsel schlägt
die zwölfte Stunde. In den Gebüschen des Klostergartens singt die Nachtigall, dazwischen
wie ein herber Kontrast krächzen Eule und Uhu, die wohl durch die zwölf Schläge er¬
muntert wurden.
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Der Mond über uns scheint so hell, daß wir nicht nur die Barometerablesungen
ohne elektrisches Glühlämpchen machen, sondern wir sehen auch den Schatten unseres
Ballons über den Rodderberg geheimnisvoll dahinhuschen und an einer besonders
günstigen Stelle umgibt sich der Ballonschatten mit einem wundersamen Farbenspiel,
es ist die Mondaureole, ein Phänomen, das sich nur ganz selten dem Luftschiflfer zeigt.
Es ist wie im Märchen. Keiner spricht, jeder hängt sich in die Korbseile und schwärmt
still für sich hin.
. Die Eisenbahnzüge unter uns links und rechts vom Strome eilen rollend dahin;
oft verschwindet für einige Sekunden das Zuggeräusch, dann war’s ein Tunnel, der die
Lichterschlange in seinem dunklen Gange barg. Über friedliche Dörfer eilen wir hinweg,
der Bauer ist längst zur Ruhe gegangen, ruft ihn doch der Heuschnitt am anderen
Morgen früh zur Arbeit; Phylax bewacht draußen die Schätze der Bauernhütte; da streift
wohl unser Schatten seine in die Vorderpfote vergrabene Schnauze; er erwacht jäh und
bellt zweck- und ziellos in die Mondnacht hinein. «Phylax, sei still.> rufen wir be¬
gütigend herunter, «du störst den Bauer und den Herrn Pfarrer!» Aber er schweigt nicht,
sein Bellen geht vielmehr in ein ängstliches Heulen über, vielleicht weil wir gerade Sand
schütten mußten, um den Dorfkirchturm zu parieren. Hinter dem Dorf geht’s über einen
Wald hinweg, die Halteleinen streifen die Baumkronen, das Rascheln erschreckt das ruhende
Wild, Rehe und Kitzen treten aus auf das mondbeschienene Feld und ein Volk Hühner
wird durch den unerwarteten Besuch aus dem vollen Kornfeld aufgescheucht. Im Teiche
hinter dem Dorf halten die Frösche eine Konzertprobe; in den Sologesang einzelner,
besonders begnadeter Sänger fällt von Zeit zu Zeit der gemischte Chor ein.
Bald nach 2 Uhr kündet sich der neue Tag an durch einen matt schimmernden
Streifen im Osten. Im Tal unter uns beginnen die Nebel zu brauen, nur einzelne Felsen
ragen noch aus dem Gewoge heraus; bald sind auch die letzten Spitzen verschwunden
und eine regelrechte Wolkendecke hat sich gebildet, über der wir nun einherfahren wie
über einen weißen Teppich; wir haben das Gefühl, auf diesem wolkigen Teppich könnte
man wandern, ohne einzusinken, und weich und mollig müsse er sein, wie das Fell des
Eisbären. So erwarten wir das aufgehende Gestirn. Der östliche Horizont schimmert
stufenweise in allen Schattierungen von blaßblau bis purpurrot. Rotgolden erscheint
endlich der Sonnenball, gleichzeitig bilden sich auf dem Wolkenmeer Risse und Löcher
wie Flüsse und Seen, es ist kein Zweifel, die Sonne behält die Oberhand und wird in
kurzer Frist die leichte Wolkendecke zerreißen und verjagen. Unter uns aber erwachen
mit dem ersten Sonnenstrahl die Sänger in Wald und Feld, der Kuckuck im Zweitakt
eröffnet den Reigen, sein Ruf ist wie das Wecksignal für alle die tausend andern ge¬
fiederten Sänger, und bald jubiliert und tiriliert das ganze Orchester.
Der Ballon sagt jetzt dem Rheintal ade und strebt dem vulkanischen Teil der
Eifel zu. Da liegt unter uns der Laacher See mit seiner berühmten Abtei, eben ruft
die Frühglocke die frommen Mönche zur ersten Messe; spiegelglatt und dunkel liegt der
Kratersee zu unseren Füßen, kaum regen sich die Baumwipfel an seinen Ufern. Langsam,
ganz langsam ziehen wir weiter, über die düsteren Eifelmaare hinweg, dazwischen liegen
freundliche Dörfer, alte Ruinen und kleine Städtchen. Aus unserer Höhe erscheint uns
alles wie Spielzeug, das aus der Schachtel entnommen und zierlich, anmutig aufgebaut
worden. Aus der Schmiede tönt noch das lustige Kling-Klang herauf, auch noch der
Pfiff der Lokomotive vom Bahnhof unter uns, sonst ist’s still um uns, ganz still.
Während die Damen sich ganz dem Genießen hingeben, hat der Führer eifrig
Beobachtungen gemacht über Temperatur, Strahlung, Feuchtigkeit, Luftdruck usw. Um
in noch höhere Regionen aufsteigen zu können, soll eine Zwischenlandung versucht,
eine Dame ausgesetzt und für sie neuer Ballast eingenommen werden. Der Führer zieht
ruckweise das Ventil, wir fallen nach und nach auf 100 Meter und durcheilen an unserem
Schleppseil von 150 Meter Länge ein Tal; fortwährend rufen wir den Bauern zu, das
schleppende Seil zu ergreifen und festzuhalten, erst beim dritten Dorf gelingt die Zwischen¬
landung, handfeste Leute greifen zu und ziehen uns allmählich zur Erde, bereits ent-
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60 «««♦
leerte Säcke werden mit Ackererde gefüllt, dann darf die eine Dame aussteigen; der
ganze Zwischenakt nimmt nur wenige Minuten in Anspruch. Nach einigen Minuten
erhebt sich «Rhein» wieder und strebt schneller denn zuvor der goldenen Sonne zu.
Es ist 11 Uhr morgens; fünf Stunden später ist der Ballon, der in höheren Luftschichten
stärkeren Wind gefunden hat, bei der französischen Festung Verdun gelandet.
3. Die Hochzeitsreise.
Wer seine bessere Hälfte gelegentlich einer Ballonfahrt kennen lernt, dann als
glücklicher Bräutigam zur Feier des Verlobungsfestes eine herrliche Mondscheinfahrt bis
weit nach Frankreich hinein unternimmt, dem ziemt es sicherlich, auch die Hochzeits¬
reise im Ballon anzutreten.
Das llochzeitsmahl ging zu Ende, die beiden Vereinsballons «Rhein» und «Essen*
hatten ihrem Herrn und Gebieter und ihrer neuen Herrin und Gebieterin Gruß und
Huldigung dargebracht. Der Sekt perlle in den Kelchen, die Knallbonbons knallten und
lieferten einem jeden Hochzeitsgast eine — überraschend lustige Kopfbedeckung; die
weisen Lebenssprüchlein, in die jede Haube eingewiekel l ist, wurden der fröhlichen
Stimmung entsprechend kommentiert. Das Sprüchlein der Braut lautete;
«Die Frau hört nie auf zu lieben; muß sie der Erde entsagen, nimmt sie ihre Zuflucht
zum Himmel* (A. Dupuv).
So war’s recht. Das war ein gutes Omen! Also nehmen wir unsere Zuflucht
zum Himmel, steigen wir hinauf in den golden schimmernden Herbslabend, lassen war
uns von den Strahlen der untergehenden Sonne noch eine Stunde länger erwärmen, als
die Menschheit im Tal, und erwarten wir aus lichter Höhe den Augenblick, wo der Voll¬
mond silbern hinter den
sieben Bergen auftaucht.
Der Kremser hält
schon vor der Tür, schnell
wird allerseits die Toilette
gewechselt, und dann steigt
die ganze fröhliche Hoch¬
zeitsgesellschaft ein zur
Fahrt nach Godesberg, wo
bereits kundige und ge¬
schäftige Hände unseren
«Rhein» für die Ilochzeits-
fahrt präparieren. Unter
Frohsinn und Lust geht
die Fahrt durch die Dörfer
und bald tauchen die
schwarzen Gasometer auf
und neben ihnen die ma¬
jestätische, von der Abend¬
sonne goldig beschienene
Kugel unseres Hochzeits¬
gefährtes.
Hei! wie das Herz klopft vor freudiger Erwartung! Ist 's doch jedesmal ein eigen¬
artiges Gefühl, was den enragierten LuftschitTer überkommt, wenn das lustige Gefährt
sich im Winde leise hin- und herwiegt, wenn die Seile knarren und der Korb den undefi¬
nierbaren Mischgeruch von Gas, Ackererde, Ballaststaub und Hanf ausströmt. «Rhein»
hat sich heute festlich geschmückt, wie ein Stirnband windet sich um seinen Äquator
eine Girlande von lustigen Fähnchen in deutschen und rheinischen Farben, und die
Gondel prangt in Myrtengrün und ist mit Efeuranken umwunden. Das Bild muß fest-
gehalten werden. Die Hochzeitsgesellschaft gruppiert sich malerisch vor dem Ballon, ein
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Knips — und das Bild ist fertig. Nun schnell Abschied von der lieben Mutter, all den
guten Freunden und Freundinnen und hinein in den Korb!
Zehn Minuten vor 7 Uhr: «Labt los!» Ruhig schweben wir hoch und winken unsere
letzten Abschiedsgrüße herunter. Wir beschließen, tief zu bleiben, um die Herrlichkeit
der Rheinebene auch in den Einzelheiten an diesem wunderbaren Abend genießen zu
können. Schon kurz vor 7 Uhr befinden wir uns über dem Brühler Schloßpark,
das Lichtmeer von Cöln leuchtet herüber, und vom Abendhimmel heben sich die Dom-
lürme in scharfen Silhouetten ab. Hier dürfen wir wegen der Starkstromleitungen eines
Elektrizitätswerkes keinesfalls landen. Aber das Licht schwindet von Minute zu Minute
merklich, schon müssen die Barometerablesungen mit Hilfe der elektrischen Lampe
gemacht werden, denn der Vollmond steht erst eben über der Ölbergspitze.
Da erblicken wir eine Talmulde vor uns, rings von Wald umgeben, und ein kleines
Dörfchen am Waldrand hin¬
gebaut. Ihm fehlen die elek¬
trischen Glühaugen, also dort
schnell hinunter! Ventil und
nochmal Ventil. — Das Schlepp¬
seil rauscht über die Baum¬
kronen, jetzt schlappt es auf
eine Wiese herunter, Leute
kommen gelaufen. Auf unseren
Zuruf ergreifen sie das schlep¬
pende Tau und ziehen uns
langsam zur Erde herunter.
Die Zwischenlandung ist
vorzüglich geglückt ; das junge
Paar kann aussteigen und der
Ballon ist für eine weitere
Nachtfahrt verwendbar. Die
braven, hilfsbereiten Bauern
werden durch ein Geschenk
belohnt; zwei junge lixe Bur¬
schen, die sich nachher als
Diplomaten entpuppen, über¬
nehmen die Führung zu einem
nahegelegenen Schloß, wo ein
F«?- :J - Wagen zur nächsten Bahn¬
station und die Erlaubnis zum Benutzen des Telephons erbeten wird.
Inzwischen verankere ich meinen Ballon, der durch den Ventilgebrauch etwa nur
ein Zwölftel entleert ist. Am Ausgange des Dorfes steht ein kleines Kapellchen, um
seine Grundmauern rund herum wird mehreremale das Schleppseil gelegt, die Haltetaue
werden an einem starken Baum befestigt und der Korb mit Ziegelsteinen beschwert, bis
sein aufstrebendes Begehren gedämpft ist.
Nach kurzer Zeit kehren die Trabanten des jungen Paares zurück und berichten
mit Stolz, rheinischem Humor und Dialekt von ihren Taten. Sie haben die Vorstellung
zwischen den Gästen vom Himmel und dem Herrn Schloßverwalter übernommen, den
Bräutigam geadelt und ihm das Prädikat Exzellenz verliehen. So baten denn, dank der
von den kecken Burschen vorgenommenen Metamorphose, Exzellenz von so und so und
Frau Gemahlin um die Erlaubnis, das Telephon benutzen zu dürfen, um die glückliche
Landung heim zu berichten. Eilfertig kam der Herr Verwalter gesprungen, um den Wunsch
der hohen Gäste zu erfüllen, und seine Liebenswürdigkeit schwand keineswegs, als sich
die Exzellenz in den Doktortitel verwandelte. Die Verwandlungskünstler aber entschul¬
digten sich klassisch: «Ich dohn lewe jet dobi als jet dovon!»
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Das Telephon brachte außerdem die sehr willkommene Nachricht zurück, daß sich
zwei Herren sofort auf die Strümpfe machen würden, um den einsamen Führer auf der
Nachtfahrt zu begleiten. — Da diese Ersatzpassagiere nicht vor 1 Uhr zur Stelle sein
konnten, faßte der Führer den wohl sehr verständigen Entschluß, die überstandenen
Strapazen des Hochzeitsfestes und die bevorstehenden der Nachtfahrt durch ein Schläf¬
chen auszugleichen.
Ein zuverlässiger Mann wurde als Wache bei dem Ballon gelassen, und die alte Wirts¬
frau der kleinen Dorfschenke wies dem Führer neben der Gaststube ein kleines Kämmerchen
als Schlafkabine an. Auch hier huldigte man dem Prinzip des Schwarzwälder Bauern,
demzufolge die Luft im Schwarzwald so gut ist: Die Fenster werden nicht geöffnet.
Nachdem die höchst notwendige Ventilation hergestellt war, legte ich mich zur
Ruhe und verfiel in einen Halbschlummer; nebenan spielten die Bauern Karten: bum,
bum, bum, und der höchste Trumph kam mit einem besonderen Krach auf den Tisch.
Draußen spielte eine Ziehharmonika, und die neugierigen Dorfkinder machten sich ein
Vergnügen, den Schlaf des angestaunten Luftschiffers durch das Kammerfensterchen zu
kontrollieren.
Schließlich konnte auch Freund Luna nicht unterlassen, mal nach dem rechten
zu sehen; ich erwachte durch seine Strahlen und siehe da, voll und rund guckte er
freundlich lächelnd hinein ins Schlafkämmerchen und heleuchtete das Zifferblatt meiner
neben mir liegenden Taschenuhr: fünf Minuten vor 1; also ist’s Zeit zum Aufstehon und
hinaus zur nächtlichen Fahrt. War das eine Nacht. Lau und mild, wie um die Johannis¬
zeit; kein, auch nicht das kleinste Wölkchen am Himmel, fast taghell, und dabei wehte
ein leises, sanftes Lüftchen, so recht für eine ruhige Nachtfahrt geeignet.
Die Falten in der Ballonhülle waren verschwunden; die Wärme der Mondstrahlung
hatte das Gas so weit ausgedehnt, daß der Ballon prall da stand wie bei der Abfahrt
vom Gasometer. — Nicht lange, so hallten Schritte und Worte durch die stille Nacht.
Sie waren es, die erwarteten Ersatzpassagiere; das gab eine freudige Begrüßung und
dann wurde flugs zum Werke geschritten.
Wir bestiegen zu dritt den Korb und ließen uns dann von dem Kapellchen einer¬
seits und dem Baumstumpf andererseits losseilen, während wir selbst die Ziegelsteine
bis auf den letzten aus dem Korb herausbeförderten. Dann zogen uns die freundlichen
Bauern auf eine vor dem Dorf liegende Anhöhe, und wir erhoben uns leicht und elegant
und winkten den erstaunten Dörflern dankbar zu.
Nur die ersten Minuten der Fahrt erforderten noch Aufmerksamkeit, da wir einen
Wald in mäßiger Höhe überflogen, in dem sich unser Schleppseil noch hier und da ver¬
fing; dann aber begann eine Vollmondnacht mit all ihren überwältigenden Reizen, wie
sie wohl nur wenigen Ballonfahrern beschieden ist. Wir kommen uns vor, als seien wir
durch die vertikale Trennung von der Erde auch von allem Irdischen losgelöst! Die Erde
in friedlichem Schlummer unter uns, die Sternenpracht über uns, so halten wir Kurs auf
den westlichen Stern des großen Bären. — In einer so himmlischen Nacht überkommt
uns das Gefühl, wir möchten uns die Welt aus dem Sinn schlagen und vergessen, daß
wir auf ihr sind; dazu ist die Luft so mild, noch milder wie unten, daß kein körper¬
liches Unbehagen unser Genießen stört. — So träumen wir uns durch die Nacht hin¬
durch; hier und da taucht unter uns der Lichterschein einer großen Stadt auf. Ein
Korbgenosse hat seine Mandoline mitgebracht, so ist Frau Musika im Bunde die Vierte,
— und als gegen 5 Uhr der Mond am westlichen Horizont ellipsenförmig untertaucht,
und wir ihm einen letzten Dankesgruß senden für seine treue Begleitung während der
Nacht, da taucht fast im gleichen Moment aus dem schon geraume Zeit in allen Farben
von blaß-blau bis orange und violett schimmernden östlichen Horizont der rote Sonnen¬
ball auf. Auf den Wiesen unter uns bildet sich ein ganz leichter Nebelschleier, so leicht
aber, daß das saftige Grün hindurchschimmert; der Nebel liegt tief über der Erde, denn
hohe Bäume ragen mit ihren Kronen aus ihm heraus. — Das buntscheckige Vieh auf den
Wiesen erhebt sich, die Morgenkühle reizt auch das dicke Fell eines Ochsen.
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Wir nähern uns dem Silberband der Maas; am jenseitigen Ufer dehnt sich eine
große Viehweide aus, dahinter liegt ein Brachfeld; wir beschleunigen das Fallen des
Ballons derart, daß er über die Weide am Schleppseil fährt. Erstaunt und unwillig
springen die Kühe und Ochsen auf und laufen Sturm gegen den unbekannten Feind;
hier wollen wir lieber nicht landen unter so viel «Ochsen», denken wir und passen das
Brachfeld ab. Der Wind hat sich ziemlich aufgemacht; da ist bei der Landung eine
kleine Schleiffahrt zu erwarten. Unsere Mandoline wird hoch oben in den Seilen fest¬
gebunden, damit sie durch den Stoß nicht leidet. Im nächsten Augenblick sind wir auch
schon unten. Achtung! Klimmzug! Der Korb kantet um und wird auf der Schleiffahrt
noch zirka 10 Meter fortgerissen; dann aber liegen wir still und begrüßen uns mit einem
fröhlichen «Glück ab»; so endete diese Hochzeitsfahrt sehr glatt im Lande der Tulpen¬
zwiebeln. Hilfreiche Leute waren sogleich bei der Hand trotz der frühen Morgenstunde.
Alles Ein- und Umladen, auch an der Grenze, klappte programm- und fahrplanmäßig, und
so saßen wir am Sonntag Mittag froh und glücklich wieder bei unseren Lieben daheim
und konnten auf deutschem Boden die Gläser zur Feier des Sedantages erklingen lassen.
Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt.
Am 8. und 9. Juni 1907 wird der «Niederrheinische Verein für Luftschiffahrt» in
Düsseldorf Ballonwettfahrten veranstalten.
Am 8. Juni Ballonverfolgung durch Autos, Ehrenpreise für den siegenden Teil.
Offen für deutsche Luftschiffervereine.
Am 9. Juni internationale Weit- resp. Dauerfahrt; 3 Geldpreise, 2000, 1000 und
500 Mark. Offen für Mitglieder der Federation internationale.
Voraussichtlich werden noch außerdem Ehrenpreise zur Verteilung kommen,
darunter Gemälde von ersten Düsseldorfer Künstlern.
Aufstiegplatz und Füllverhältnisse sind ideal.
Gleichzeitig ist in Düsseldorf eine internationale Kunstausstellung und vom 6. bis
11. Juni die Deutsche landwirtschaftliche Wanderausstellung; letztere ist 5 Minuten vom
Aufstiegplatz entfernt.
Propositionen werden noch im Januar versandt. Die Teilnehmer werden für
Füllung der Ballons nichts zu zahlen haben.
Anmeldungen sind zu richten an Herrn Hauptmann v. Abercron, Mitglied der
Sportkommission des Deutschen Luftschifferverbandes, in Düsseldorf.
Berliner Verein fUr Luftschiffahrt.
Die 261. Sitzung des Berliner Vereins für Luftscbiffahrt am 17. Dezember 1906
begann mit der Aufnahme von 16 neuen Mitgliedern und der Schlußberatung über die
Änderungen des § 11 der Satzungen, auf Grund deren der Vorstand, dem vermehrten
Geschäftsumfang angemessen, künftig aus 9 statt bisher 7 Personen bestehen wird.
Die Zahl der Beisitzer ist von 2 auf 3 erhöht, das Amt eines Bücherwarts wird künftig
zum Sitz im Vorstand berechtigen. Diese Satzungsänderungen wurden einstimmig an¬
genommen, der Vorschlag, den «Fahrtenausschuß» der internationalen Übereinstimmung
halber künftig «Commission sportive» zu nennen, ist bei dem in letzter Sitzung rege
gewordenen Widerspruch gegen diese Änderung zurückgezogen worden. An Stelle eines
angesagten Vortrages von Professor Dr. Süring sprach Major v. Tschudi, welcher im
Begriff steht, nach Marokko zu übersiedeln, nachdem er auf Wunsch des Sultans von
Marokko eine Stellung als Chef-Ingenieur dort angenommen und daher als Offizier seinen
Abschied eingereicht hat. Major v. Tschudi, der langjährige, verdiente Organisator
und Leiter des Fahrtenausschusses, dessen Scheiden aus dem Verein allseitig schmerzlich
empfunden wird, hatte vor einigen Monaten an der Reise der außerordentlichen deutschen
Gesandtschaft von Tanger nach Fez teilgenommen. Von dieser, in jedem Betracht hoch-
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interessanten Reise wünschte er bei seinem Abschiede von dem Verein zu berichten
und eine große Reihe von Lichtbildern vorzuführen, die während der Reise und de9
Aufenthalts in Fez aufgenommen worden und, wie sich ergab, ganz vorzüglich sind.
Seine Schilderungen erfreuten die zahlreiche Zuhörerschaft, darunter viele Damen, durch
ihre Frische und Anschaulichkeit. Die für eine Gesandtschaft, der größeren Würde
halber, 11 Tage in Anspruch nehmende Reise von Tanger nach Fez — gewöhnliche
Sterbliche brauchen dazu nur 6 Tage — wurde, auch von den Damen und Kindern, zu
Pferde zurückgelegt, da in Marokko noch alle Wege fehlen, nur wenige Brücken über
die mehrfach zu kreuzenden Wasserläufe vorhanden sind und das Fahren mit Wagen
deshalb zu den Unmöglichkeiten gehört. Die Nächte wurden regelmäßig in mitgeführten
Zelten zugebracht, deren Aufstellung am Abend und Wiederabbruch am nächsten Morgen
stets ziemlich viel Zeit in Anspruch nahm. Für das gesamte Gepäck der Gesandtschaft
hatten 120 Lastmaultiere beschafft werden müssen. Die Reisetage vergingen durchaus
angenehm und abwechslungsreich. Außer der von Tanger aus beigegebenen militärischen
Eskorte beeiferten sich die scherilischen Behörden der berührten Landesteile, die Kaids
und Scheichs, der Gesandtschaft Schutz anzubieten und Aufmerksamkeiten zu bezeigen,
u. a. durch öftere Vorführungen der bekannten, phantastischen Reiterevolutionen und in
jedem Falle durch Verstärkung des militärischen Geleiles. Der photographische Apparat
bekam bei solchen Gelegenheiten viel zu tun, um Gruppenbilder aufzunehmen und die
sich abspielenden, wechselvollen Lagerereignisse in Momentbildern festzuhalten. Einmal
erschien auch eine Deputation von elf vornehmen, mohammedanischen Frauen, um aller¬
hand süßes Gebäck in beträchtlicher Menge als Gastgeschenk zu überreichen. Das letzte
Nachtquartier fand wenige Kilometer von Fez und am nächsten Morgen zwischen einem
ausgedehnten Spalier marokkanischer Truppen der feierliche Einzug in das ganz von
einer Mauer mit vielen Toren umgebene Fez statt. Die Residenz der scherifischen Majestät
ist im 20. Jahrhundert in ihrer den Fortschritten der europäischen Kultur noch ganz
abgewandten Eigenart jedenfalls ein Unikum auf der ganzen Erde. Major v. Tschudi
gab davon fesselnde Beschreibungen. Er erzählte und erläuterte das Erzählte an Bildern
von der aus in Holzkasten eingestampftem tonhaltigen Boden bestehenden Stadt- und
Zitadellenmauern, von den überaus engen Straßen, der guten Bewässerung der Stadt,
den am Fluß gelegenen, früher von Turbinen betriebenen, jetzt aber still liegenden Gewehr¬
fabriken, dem Ghetto, in dem die zahlreichen Juden eng zusammenwohnen, den prächtig
mit Mosaiken geschmückten Palästen des Sultans und Wohnungen der Vornehmen, den
schönen Aussichten vom flachen Dach der Häuser auf die Stadt und die vielen Gärten
innerhalb der Ringmauer, der schönen Umgebung mit weiten Fernsichten von einem
500 m ansteigenden Berge der Nachbarschaft u. s. f., ebenso von den Festlichkeiten und
Empfängen, welche der Gesandtschaft zu Ehren veranstaltet waren, und bei denen große
Pracht entfaltet wurde. Auch der deutschen Reichspost geschah Erwähnung, die in Fez
durch ein Kontor und eine Agentur vertreten ist. Reicher Beifall belohnte den Vor¬
tragenden, welcher auf Antrag des Vorstandes zum Ehrenmitglied des Vereins
ernannt wurde.
Ballonfahrten haben, wie hierauf der Vorsitzende des Fahrtenausschusses,
Leutnant Geerdtz, mitteilte, die folgenden fünf seit dem 20. November statlgefunden:
24. November. Führer: Leutnant Benecke, Mitfahrende: die Leutnants v. Bitter,
Heller und Keller. Abfahrt von Tegel 9 30 . Dauer der Fahrt *M0 Stunden, zurückgelegte
Entfernung 190 km (oder 52 km in der Stunde), erreichte größte Höhe 780 m. Landung
in Tschiefer bei Neusalz a./O.
1. Dezember. Führer: Leutnant Geerdtz, Mitfabrende: die Leutnants Freiherr
v. Koltwitz und Freiherr v. Kraus, außerdem Freiherr v. Seideneck, der seine Führer¬
fahrt machte. Abfahrt 122# Dauer der Fahrt 3 Stunden, zurückgelogte Entfernung
92,1 km (oder 30.7 km in der Stunde), größte Höhe 1200 m. Die Fahrt verlief bei
allmählich abflauendem Winde normal. Nur hatte das Leuchtgas der Tegeler Gasanstalt,
das sonst für unsere Zwecke recht gut ist, an diesem Tage anscheinend ein hohes
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spezifisches Gewicht; denn der Ballon «Bezold», der sonst zu 4 Personen gut 12 Sack
Ballast trägt, konnte nur 6 Sack miterhalten, was jedoch bei der Güte des Ballonstoffes
nicht von Belang war; denn es wurden während der ganzen Fahrt nur 2 Sack ver¬
braucht. Gelandet wurde bereits in Finkenheerd bei Frankfurt a./O., in der Nähe der
Bahnlinie Berlin—Breslau, da den Mitfahrenden an baldiger Rückkehr nach Berlin
gelegen war.
7. Dezember. Internationale Meteorologenfahrt. Führer: Professor Berson, Mit¬
fahrender: Dr. Coym.
8. Dezember. Nachtfahrt von Bitterfeld aus. Führer: Dr. Femming, Mitfahrender:
Herr Bohnert. Abfahrt 6 20 abends. Dauer der Fahrt 6 Stunden, zurückgelegte Ent¬
fernung 325 km (oder 54,2 km in der Stunde), größte Höhe 900 m, Landung in Seehof
bei Regenwalde (Hinterpommern). Die Landung mußte, nachdem die Orientierung in
Königs-Wusterhausen verloren war, wegen der großen Windgeschwindigkeit und der Nähe
des Meeres bereits um 1220 nachts erfolgen. Die Luftschiffer verbrachten dann noch
4 recht kalte Stunden im Korbe, bis es so hell geworden war, daß sie sich im Gelände
orientieren konnten.
17. Dezember. Nachtfahrt von Bitterfeld aus. Führer: Dr. Elias, Mitfahrende:
Dr. Knoche, Ing. Walensky.
Die Führerqualifikation ist auf Beschluß des Vorstandes folgenden vier Herren
zugesprochen worden: Leutnant v. Auer, Freiherr v. Seideneck, Fabrikbesitzer Cassierer
und Postsekretär Schubert.
Es berichtete zum Schluß noch unter Vorführung eines «Telephot Vega*, d. i.
eines für Ballonaufnahmen geeigneten photographischen Apparates, Direktor M. Woibiet
aus Genf: Der im Projektionsbilde zur Erläuterung seiner Einrichtung und in natura
vorgeführte Apparat überrascht durch seine Kürze; denn trotz Verwendung eines Objek¬
tivs von 70 cm Brennweite ist die Camera nur 25 cm lang. Dies Ergebnis ist Folge der
Anwendung zweier Spiegel hinter dem Objektiv. Der Apparat gibt bei ausgezeichneter
Schärfe des Bildes vierfache Vergrößerung. Es wurden von dem Vortragenden Bilder,
teils durch den Projektionsapparat, teils von Hand zu Hand gehend, gezeigt, u. a. ein
Bild des Bundespalastes in Bern, die Bewunderung erregten. Wie mitgeteilt wurde,
waren dies Bild und mehrere wohlgelungene Ballonaufnahmen in ‘/«oo Sekunde Exposi¬
tionszeit hergestellt worden, ein immerhin überraschendes Resultat, wenn man die
Schwierigkeiten erwägt, mit Teleobjektiven schnelle Momentaufnahmen zu machen. Die
Handhabung des jedenfalls recht bequem zu hantierenden Apparates soll sehr leicht und
für jeden mit Camera umzugehen Gewöhnten schnell zu lernen sein. Der Vortragende
nannte den bei großer Leichtigkeit recht stabilen und lichtstarken Apparat den «Ideal¬
apparat für Ballonfahrten». Beiläufig sei erwähnt, daß der «Telephot Vega* auch für
Porträtaufnahmen gut anwendbar ist, weil die große Brennweite des Objektivs Verzeich¬
nungen ausschließt.
Nach Schluß der Versammlung fand zu Ehren von Major v. Tschudi ein Festmahl
statt, bei dem es an launigen Trinksprüchen nicht gebrach, zumal das am Schluß seines
Vortrages von dem Scheidenden gegebene Versprechen, auch in Marokko für die Inter¬
essen der Luftschiffahrt tätig zu sein, zu einem Hinweis herausforderte, daß jenem Lande
andere Verkehrsmittel einstweilen noch viel nötiger wären, als Ballons. A. F.
Kölner Aeroklub.
In Köln hat sich ein Luftschifferverein unter obigem Namen gebildet.
Posener Verein für Luftschiffahrt.
Luftballontaufe.
Der Posener Verein für Luftschiffahrt veranstaltete am Sonntag, den 2. Dezember,
die Taufe und erste Auffahrt seines neuen Luftballons «Posen*. Der bereits drei Jahre
llustr. Aeronaut. Mitteil. X. Jahrg. 9
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bestehende Verein, der bisher seine Luftfahrten mit fremden Ballons unternehmen mußte,
wurde durch das Entgegenkommen von Gönnern in die Lage versetzt, einen eigenen
.großen Ballon anschaffen zu können. Mit diesem wurde Sonntag früh um 8 3 /4 Uhr die
erste Auffahrt vom Kanonenplatz unternommen. Trotz der frühen Morgenstunde, wohnte
.dem seltenen Schauspiel ein gewähltes, zahlreiches Publikum von Damen und Herren,
darunter mehrere höhere Offiziere, der Polizeipräsident usw., bei. Um 8 '/* Uhr war der
.1500 Kubikmeter Gas fassende Ballon gefüllt. Leutnant lllgner vom 46. Infanterie-
Regiment, der Führer des Ballons, Bankdirektor Strohmann, Architekt Pitt und Bank¬
prokurist Wolff bestiegen den geräumigen Korb des Fahrzeuges, der von Soldatenhänden
iestgehalten wurde, bis der richtige Moment durch Rede und Taufhandlung würdig gefeiert
war. Professor Dr. Spies von der Königlichen Akademie, der stellvertretende Vorsitzende
des Vereins für Luftschiffahrt, hielt in Abwesenheit des ersten Vorsitzenden, Hauptmanns
Jfarck, eine Rede, in der er die Bedeutung der Luftschiffahrt für Militär, Wissenschaft
Phot. Engelmann.
Auffahrt des Ballons „Posen“ am 2. XII. 06 In Posen-
und Sport in treffender Weise würdigte und auch hervorhob, daß der Kaiser ein hohes
Interesse für die Aeronautik bekundet. In das Hoch auf den Kaiser stimmte die Ver¬
sammlung begeistert ein. Hierauf schritt Frau Professor Wernicke an den Ballon und
heftete unter Glückwünschen einen Blumenstrauß an dessen Korb, indem sie gleichzeitig
das erste Luftfahrzeug des Vereins mit dem Namen «Posen» taufte. In schönen Versen
wünschte darauf Professor Dr. Spies dem Segler der Lüfte für heute und allezeit glück¬
liche Fahrt. Von den starken Armen der Marsjünger befreit, erhob sich hierauf unter
den Klängen eines lustigen Marsches von einer Militärkapelle der Luftballon glatt von
der Erde und entschwebte sicher und stolz in die Lüfte. Das Wetter war ruhig und die
Sonne brach im Augenblick der Auffahrt lächelnd durch den dünnen Wolkenschleier.
Während ein Mitfahrender im Moment der Auffahrt eine Fahne in den deutschen Farben
entrollte, sandten die unten stehenden Damen und Herren den mutigen Luftseglern mit
den Taschentüchern Scheidegrüße und Glückwünsche für die erste Fahrt nach. Der
Ballon nahm den direkten Kurs nach Osten, etw r a in der Richtung des Posener Domes.
Noch einige Zeit verfolgten ihn die Blicke der Zuschauer, bis er in weiter Ferne in den
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Wolken verschwand. Die vier Herren gedachten bei günstiger Luftströmung die erste
Fahrt möglichst weit auszudehnen.
Die Landung fand nach einer wundervollen Fahr!, welche teils über den Wolken
bei prächtiger Beleuchtung ausgeführt wurde, gegen 11 Uhr vormittags einige Kilometer
südlich Stralkowo statt. Mit Rücksicht auf die nahe russische Grenze sahen sich die
Fahrenden zur Landung genötigt, obgleich noch recht viel Ballast im Korbe war, der
eine Weiterfahrt gestattet hätte. Die Teilnehmer an der Fahrt kehrten abends mit der
Eisenbahn nach Posen zurück.
Wiener Flugtechnischer Verein.
Der Wiener Flugtechnische Verein hielt in dieser Saison bereits drei Vortrags¬
abende ab. Am 19. Oktober gab Herr k. u. k. Hauptmann Franz Hinterstoisser einen
sehr interessanten und beifällig aufgenommenen Bericht über den Kongreß der inter¬
nationalen aeronautischen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt zu Mailand
1906. — Am 16. November berichtete Herr Oberingenieur Hermann Ritter v. Lössl über
das 25 jährige Stiftungsfest des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, zu welchem er als
Vorsitzender und Delegierter des Wiener Flugtechnischen Vereins nach Berlin gefahren
war. Der Vortragende äußerte sich in besonders anerkennender Weise über alle zu
Ehren des Jubiläums und der Festgäste gebotenen Veranstaltungen und sprach schließlich
dem Berliner Verein für die außerordentlich liebenswürdige und gastliche Aufnahme,
welche ihm dort zuteil wurde, in seinem eigenen und im Namen des Wiener Vereins
den herzlichsten Dank aus. — Am 21. Dezember hielt Herr Ingenieur W. Kreß einen
Vortrag über dynamische Luftschiffahrt mit Vorführung frei fliegender Apparate und
besonderer Berücksichtigung des Drachenfliegers. Ein illustres und zahlreiches Publikum
verfolgte die Ausführungen und Vorführungen mit sichtlichem Interesse und stürmischer
Applaus erscholl, als seine Apparate und Modelle mit tadelloser Präzision den Saal
durchflogen. Stürmische und begeisterte Zurufe und warme Worte der Anerkennung
von seiten des Vorsitzenden und der anwesenden Exzellenz Feldmarschall-Leutnant
Ritter v. Wuitsch. dem Vorsitzenden im Militär-Technischen Komitee, belohnten den
greisen Erfinder am Schlüsse seines Vortrages. — Dieser Vortrag bezweckte hauptsäch¬
lich, die Tatsache wieder in Erinnerung zu bringen, daß die Priorität des Drachenfliegens
dem Ingenieur W. Kreß gebührt, welcher schon vor 30 Jahren freifliegende und sich
selbständig vom Boden erhebende Modelle konstruierte und öffentlich demonstrierte.
Im Wiener Flugtechnischen Verein hat sich ein Spezialkomitee gebildet, welches sich
neuerlich die Aufgabe gestellt hat, die Versuche, welche seinerzeit hauptsächlich wegen
Geldmangels eingestellt werden mußten, im großen Stile fortzusetzen und zum erwünschten
Abschlüsse zu bringen. Es wurden bereits hohe und einflußreiche Persönlichkeiten für
die Sache gewonnen und hofft man, daß dieses Werk auch von allerhöchster Seite aus
kräftigst gefördert werde. — Man gibt sich hier der Hoffnung hin, daß das dynamische
Luftschiff «System Kreß* die Flugmaschinen der Gebrüder Wright, Santos Dumont und
anderer weit überflügeln werde.
Dezember 1906. H. R. v. Lössl.
Wiener Aero-Klub.
Aus dem Jahresbericht des Wiener Aero-Klubs entnehmen wir, daß der Klub zu
Ende 1906 82 Mitglieder, darunter 21 Ballonfahrer und 10 Führer, zählte. Die Zahl der
Freifahrten betrug 15, an denen nur vier Mitglieder teilnahmen. Diese 15 Fahrten wurden
von den 3 Ballons: «Helios», «Jupiter» und «Saturn» ausgeführt. Der 4. Ballon «Eros» ist
1906 nicht aufgestiegen. Die Gesamtzeit aller Fahrten war 96 Stunden 38 Minuten,
der gesamte zurückgelegte Weg betrug 1956 km. Die längste Fahrt dauerte 25 Stunden
43 Minuten, die weiteste führte über 355 km. Auf der diesjährigen Berliner Wettfahrt
gewann der Klub bekanntlich den 3. Preis. E.
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Aöronautique Club de France.
L’annSe 1906 aura 6t6 pour l’A^ronautique-Club de France une nouvelle occasion
d’aflfirmer son but de vulgarisation scientifique et d’instruction populaire. Ses Conferences,
ses fötes et concours, ses exp^riences ont obtenu un succ£s consid6rable qui s’est traduit
par Faugmentation des adh£sions nouvelles qui ont £t£ de 247 contre 74 en 1905, les
recettes qui se montaient il y a un an k 9500 Fr. ont atteint la somme de 13 500 Fr.
Ces chiffres se passent de commentaires.
Les Conferences ont obtenu le plus grand succ&s, elles ont 6t£ faites par M. le
L. Colonel Espitallier, M. M. Archdeacon, Surcouf, Julliot, Rudaux.
L’Aviation a 6t£ particulierement pratiquöe au parc que la Soci6t6 possäde ä
Champlan-Padaiseau. Deux appareils sont employ£s k former les futurs aviateurs, l’un
achete par l’Association, l’autre ofTert par M. le C.apitaine Ferber.
Au point de vue a£ronautique, FA^ronautique-Club a organisö 4 concours et fötes
au cours desquels 16 balllons mont6s par des membres se sont 61ev4s, d’autres ascen-
sions isolees ont ete faites au profit des societaires qui y participent k tour de röle et
gratuitement. Les membres ont ex6cut6 prös de 200 ascensions qui ont consomme
150 0C0 m. c. de gaz.
De nombreux ouvrages sont venus enrichir la bibliothöque install^e avec la salle
de lecture au si£ge: 58 rue J. J. Rousseau.
L'Ecole pröparatoire aux Aßrostiers militaires a vu ses 61öves passer avec succ&s
les examens d’entröe aux A£rostiers. Plus de 8 000 cartouches ont 6t6 tir6es au fusil
Lebel par les el&ves et de nombreux prix de tir ont 6te remport6s.
La revue l’A^ronautique (2,50 Fr. par an) a augmente son cadre et est devenue
revue d’a^rostation, d’aviation, de m6t6orologie et de photographie.
Le Comite des Dames a vu son efTectiv port6 ä 40 membres gräce k l’activit6 de
sa presidente, Madame Surcouf qui pour la premi&re fois a pilot6 elle-möme une ascen-
sion, simplement accompagnee d’une nSophyte.
Pour 1907 le Comite pr£pare de nombreuses fetes et concours qui ne feront que
donner un nouvel essor k l’Association et k son oeuvre de vulgarisation. Les nouveaux
Statuts sont envoy^s sur demande adressöe au si£ge: 58 rue J. J. Rousseau.
Bücherbesprechungen.
Francisco de Paula Rojas, commandante de Ingenieros. Servicio Aerostdtico Militär.
Madrid, Imprenta del Memorial de Ingenieros 1906. 256 Seiten, groß Oktav
mit zahlreichen Abbildungen.
Das \or uns liegende Buch soll in erster Linie der Instruktion des spanischen
Offizierkorps über die MilitärluftschifTahrt dienen und es hat, wie wir erfahren, sowohl
bei der «Academia de Ingenieros del Exercito> als auch bei der «Escuela superior de
Guerra» eine gute Aufnahme gefunden. In praktischer Weise führt der Verfasser die
Schüler zunächst in die jedem Laien naheliegenden Fragen ein, wie man die Luftbälle
(«globos* im Spanischen) taktisch in der Feldschlacht, im Positionskriege und in der Marine
und für besondere technische Zwecke zum Zeichengeben, für Funkentelegraphie und als
Lufttorpedos gebrauchen kann, welche Bestrebungen schließlich im Gange sind, um auch
Luftschiffe in die Armeen einzuführen. Er erwähnt hierbei besonders der Versuche mit
dem Lebaudyluftscbiff als dem zur Zeit der Bearbeitung des Buches am weitesten
vorgeschrittenen Vertreter jener Kategorie. Schließlich bespricht er die Flugmaschine,
besonders die angeblichen Erfolge der Gebrüder Wright.
Des weiteren gibt er Auskunft über die bekannten Fragen, was man von einem
Ballon aus theoretisch und praktisch sehen und beobachten kann, wobei er beim Fessel¬
ballon Höhen von 600 und 1000 m zugrunde legt, und endlich behandelt er die aus der
artilleristischen Beschießung des Ballons für die Beobachter sich ergebenden Gefahren,
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die er darin zusammenfaßt, daß man in 5000 m Entfernung vom Feinde bei 800 m Höhe
vollständig sicher sei. Nach einer kurzen Übersicht der Geschichte der Militärluftschiff¬
fahrt in Frankreich, Deutschland, England, Österreich-Ungarn, Italien, Rußland, den Ver¬
einigten Staaten von Amerika, Japan und Spanien behandelt der Verfasser in eingehen¬
derer Weise die Bildung des Parque Aerostätico und der Compania de Aerostaliön in
Guadalajara, sowie der gesamten Organisation und des Dienstes in dem Parque 6
Establecimiento central Aerostätico.
Es folgen nunmehr die mehr rein technischen Kapitel über die Herstellung des
Wasserstoffes nach den verschiedenen in Spanien und im Auslande üblichen Methoden,
seine Kompression und seine Verwendung im Kriege mit näherer Beschreibung der
spanischen Gaswagen und Geräte. Im Kapitel über das Material für Fesselballons
nimmt der Drachenballon v. Parseval-Sigsfeld den Hauplraum für sich in Anspruch.
Anschließend wird der Freiballon besprochen, nachdem einleitend die Notwendigkeit ein¬
gehend begründet wird, daß Militärluftschiffer auch Freifahrten machen müssen und daher
Erfahrungen in der Anfertigung von solchen Gefährten besitzen müssen. Im Anhänge
werden Signalballons und Freiballons mit innerem Ballonet für Dauerfahrten noch ein¬
mal besonders eingehend technisch besprochen und eine Reihe von mehreren wichtigen
Tabellen gegeben.
Das Ganze ist, wie ersichtlich, recht durchdacht angeordnet, um die Schüler all¬
mählich von den Verheißungen des Möglichen einzuführen in die technischen Mittel, mit
denen das Mögliche erreicht werden kann. Es wird von ganz besonderem Interesse
sein für alle Militärluftschiffer, denen man das Studium des Werkes von Rojas nur
bestens empfehlen kann. Moedebeck.
Francisco de Panla Rojas, commandante de Ingenieros. Gonos-Anglas, Madrid. Im-
prenta del Memorial de Ingenieros, 1906. Großoktav, 12 Seiten.
Zum ersten Male liegt hier eine zusammenfassende Studie über die Technik der
Kegelanker oder Wasseranker vor uns. Es liegt auf der Hand, daß gerade in Spanien
dieser Frage besondere Aufmerksamkeit zugewendet wird, ist uns doch die kühne Meer¬
fahrt von Leutnant Herera mit dem leider zu früh verstorbenen Sportsman Duro von
Barzelona nach Marseille noch wohl im Gedächtnis.
Nach eingehender theoretischer Behandlung der Wasserankerfrage legt der Ver¬
fasser seinen Berechnungen für die Praxis eine Windgeschwindigkeit V von 20 m p. sec.,
eine Driftgeschwindigkeit v von 4 m p. sec. zugrunde. Mit dem auf diese Weise er-
V
haltenen Effektskoeffizienten = 5 findet er für die Konstruktion von Wasserankern
den einfachen Satz, daß dessen Radius 7*3 des Ballonradius entsprechen müsse. Eine
Tabelle mit Angaben für Wasserankergrößen und Wirkung für die verschiedenen Ballon¬
größen beschließt die lehrreiche Arbeit. Mck.
H. Julliot, Le Dirigeable Lebaudy in den Mämoires et compte rendu des traveaux de la
sociätä des Ingenieurs civils de France, fondäe le 4 mars 1848, Paris 1905.
Hotel de la sociätä 19 rue Blanche.
Der bekannte Konstrukteur des Lebaudyluftschiffes gibt in dieser wenig bekannten
Zeitschrift einen sehr ausführlichen, interessanten Bericht über die Entstehung und
Förderung des Lebaudyluftschiffes bis zum Jahre 1905. Die Arbeit bespricht nicht nur
sehr eingehend die Technik des Luftschiffes mit recht klaren Bildern und die Geschichte
seiner Auffahrten und Reisen, sondern sie entwirft auch im vierten Teil einen inter¬
essanten Ausblick über die «Applications pratiques* des Luftschiffes im Kriege,
der im wesentlichen übereinstimmt mit dem in Moedebecks Taschenbuch für Flugtech¬
niker und Luftschiffer, 2. Auflage 1904, über das Kriegsluftschiff Gesagten. Julliot
zaubert uns aber gleich eine ganze Flotte von 10 Kriegsluftschiffen vor Augen, von der
er glaubt, daß sie im Kriege von ganz erheblichem Nutzen sein werde.
Der Anfang dazu ist inzwischen bereits in die Wege geleitet worden. Man wird
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70 €4«
in absehbarer Zeit Julliots Prognostiken mit den Tatsachen vergleichen können. Die
Schrift des im Vordergründe der aeronautischen Begebenheiten stehenden Mannes möchten
wir aber allen ernsthaften Interessenten der LuftschifTahrt warm empfehlen. Sie ist rar
und schwer zu erhalten, in einzelnen Luftschiffahrtsbibliotheken dürfte sie sich aber
gewiß finden. #
Georges Bl auch et, Pilot de fA 6 ro-Club de France. Le Vade-Mecum de l‘A4ronaute.
Trait 6 pratique d’A 6 rostation sportive exposant le mutier et les tours de main
que doivent connaitre les futurs navigateurs adriens. Prepare de Paul Adam.
Ouvrage honorS d’une souscription du Minist£re des Travaux Publics. I re Edition,
en vente chez l’auteur, 48 rue de Turbigo, Paris, 1907. Kleinoktav, 284 Seiten
mit vielen Abbildungen.
Blanchets Vademecum ist eine populär geschriebene Verführungsschrift zur
praktischen Ausübung der Luftschiffahrt. Es steckt eine eigenartige Propaganda in
diesem gefällig geschriebenen Buche. Der Verfasser beginnt mit den gegen die Luft¬
schiffahrt noch vorhandenen Vorurteilen, vom Schwindel, von den Landungsgefahren, vom
Fallschirm, alles Dinge, die in den unklaren Vorstellungen der Laien eine Scheu vor
der näheren Bekanntschaft mit dem Ballon hervorrufen. Alsdann geht er zur Frage
über, was ist denn eigentlich ein Ballon? Er beantwortet alles Technische in durchaus
leichtverständlicher, angenehmer Weise ohne Formeln. Zahlen finden sich nur so leicht
hin, quasi zum Hausgebrauch erwähnt, sodaß doch allenfalls ein geschickter Handwerker
daraus lernt, worauf es ankommt. Blanchet plaudert sich in dieser Art durch eine voll¬
ständige Ballonfahrt durch, indem er Füllung, Abfahrt, Fahrt und Landung mit allem,
was man dazu braucht, berührt. Er vergißt selbst nicht die Ernährung im Ballon und
die Frage, ob man während der Fahrt rauchen darf. Sehr reizvoll sind auch seine Be¬
merkungen über die Art, wie man die bei der Landung herbeieilenden Zuschauer be¬
handeln muß. Wir haben wenigstens diese von den meisten Luftschiffern in Praxi an¬
gewandten Grundsätze noch niemals so einfach und richtig beschrieben gefunden.
Der Schluß handelt von dem Ballonsport, von den Wettflügen, von den Flaggen
der Ballonführer, vom Eisenbahntransport und den Zollverbindlichkeiten und von der
Organisation der F 6 d 6 ration Aöronautique Internationale. Ein Ausblick auf die Luft¬
schiffe der Zukunft beschließt das gefällig geschriebene Buch, an dem man nur das
eine bedauert, daß sein Bilderschmuck hinter den Anforderungen eines modernen Ge¬
schmackes so weit zurückbleibt. Es sei im übrigen den Sportfreunden bestens empfohlen.
__ V
A. von Bur^sdorflt, Direktor bei den Vereinigten Köln-Roltweiler Pulverfabriken. Über
die Berechnung einer Visiertabelle zum Schießen auf Luftballons. Sonderabdruck
aus der Zeitschrift für das gesamte Schieß- und Sprengstoffwesen. J. F. Leh¬
manns Verlag, München 1906.
Über das Schießen in die Höhe über 45° hinaus herrschen noch viele unklare
Vorstellungen. Um so dankbarer ist es zu begrüßen, wenn der Verfasser hier in einfacher
klarer Weise mathematisch nachweist, welche Unterschiede in der Visierung zwischen
einem Weitschuß und einem Steilschuß vorhanden sind. Es vereinfacht sich die Aufgabe
durch die Annahme, daß die Dichtigkeit der Luft und damit der Luftwiderstand nach
der Höhe sich gleich bleibt und daß die Fallhöhen des steil aufsteigenden Geschosses
nach 1, 2 3...t. Sekunden gleich groß sind denjenigen beim Weitschuß, obwohl sie
wegen der wechselnden Luftdichten, der kleineren Querschnittsfläche und der auf die
Schwerkraftsrichtung bezogenen Querdichte des Geschosses beim Steilschuß größer sind.
Mit Hilfe des Sinussatzes berechnet er alsdann aus der Flugbahn des horizontalen
Schusses unter Zugrundelegung der gleichen Flugzeiten die Entfernung X und den Ab¬
gangswinkel 9 des Steilschusses.
Wenn X' und cp' Entfernung und Abgangswinkel des Weitschusses darstellen, e den
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Visierwinkel nach dem Luftballon, so kommt der Verfasser auf die beiden folgenden ein¬
fachen Formeln:
1 . sin qp = sin cp' •
2. X = X' tang cp'
cos €.
cos (e qp)
sin qp
Zum Schluß gibt er mehrere Tabellen über die Anwendung dieser Formeln für
das Gewehr 98 mit S-Munition und für das Gewehr 88, welche für jeden Infanteristen
und für jeden Luftschifferoffizier von großem Nutzen sein werden, denn es ergibt sich,
daß ohne Kenntnis dieser Visiertabellen ein Beschießen von Ballons bei Visierwinkeln
von über 40° nur in ganz geringen Höhen bis 400 m noch einige Aussicht auf Erfolg
hat, darüber hinaus bis zu 1800 m Entfernung wird die Anwendung richtiger Visiere ohne
den Besitz einer solchen Tabelle geradezu unmöglich. Mck.
Patent- nnd Gebranchsmasterschan in der Lnftschiffahrt.
Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur
Alfred Hamburger, Wien, VII., Siebensterngasse 1.
Österreich.
Ausgelegt am 1. Dezember 1906, Einspruchsfrist bis 1. Februar 1907.
Kl. 77d. Hermann Johann, kk. Steueramtspraktikant, derzeit in Kolsterbruck bei Znalm.
— Lenkbarer Luftballon aus Metallblech: Der Körper ist spindelförmig,
der Vorderteil desselben ist hohl zugespitzt, um den Stirn widerstand zu verringern.
Die Wandstärke nimmt gegen die Spitze proportional dem abnehmenden Durch¬
messer ab. Die weiteren Ansprüche kennzeichnen Ausführungsformen verschiedener
Einzelheiten.
Kl. 65b. Gambia Andr6, Seemann in Paris. Treibvorrichtung für Wasser- und
Luftfahrzeuge u. dergl., dadurch gekennzeichnet, daß um einen mittleren Kern
angeordnete Flügel sich von der Spitze bis zum Umfang längs einer Spirale er¬
strecken und in einem kreiszylindrischen den äußern Umfang bildenden Teil ihre
Fortsetzung finden.
Personalia.
Major v. Parseval ist der erbetene Abschied unter Stellung z. D. genehmigt worden.
Demselben wurde von Se. Kgl. Hoheit dem Prinzregenten der KgL Bayer. Militär-
Verdienstorden 4. Klasse verliehen. Er übernahm die Stelle des zweiten Geschäftsführers
der Motorluftschiff-Studiengesellschaft m. b. H. in Berlin.
Hofrat Elmar Rosenthal, Magister, unser bekannter Korrespondent in St. Petersburg,
ist auf längere Zeit nach der seismologischen Zentralanstalt Straßburg i. E. berufen worden.
Professor Oddone, Unterdirektor des Ufficio Centrale di Meteorologia in Rom, ist
auf längere Zeit zur seismologischen Zentralanstalt nach Straßburg i. E. berufen worden.
General der Kavallerie Graf v. Zeppelin wurde vom Oberrheinischen Verein für
Luftschiffahrt zum Ehrenmitgliede ernannt wegen seiner großen Verdienste um die Ent¬
wickelung des Luftschiffes.
Herrn Rentier Otto Müller, stiftendes Mitglied des Berliner Vereins für Luftschiffahrt,
wurde das Ritterkreuz 1. Klasse des Württembergischen Friedrichsordens verliehen.
Ingenieur Wilhelm Kreß. Seine Majestät der Kaiser hat dem bekannten Ingenieur
und Erfinder des Drachenfliegers W. Kreß in Anerkennung seiner langjährigen und hohen
Verdienste um die Aviatik ab 1. Januar 1907 eine Jahresrente von 2400 Kr. aus dem
Staatsschätze huldvollst zu verleihen geruht. Ingenieur W. Kreß war der erste, welcher
frei fliegende, sich selbständig vom Boden erhebende Drachenflieger-Modelle konstruierte
und schon vor nahezu 30 Jahren (1878) in Wien öffentlich vorführte.
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Dem K. und K. Hauptmann Friedrich Tauber wurde seitens des Korpskommandanten
Feldzeugmeister Fidler für seine Leistungen als Kommandant der Feldballonabteilung
eine lobende Anerkennung zuteil.
1. Stimmt an das Lied vom Luftballon
Und singt aus vollen Kehlen:
«Uns kann fürwahr kein Erdenstaub
Und keine Sorge quälen;
Wenn Nebelschleier den Planet
Und Last das Herz bedrücken,
Dann soll uns unser Luftballon
In Sonnenschein entrücken. —
Valleri, Vallera, Valleri, Vallera
In Sonnenschein entrücken.
2. Wem vom Beruf die Seele matt,
Wem sonst der Mut verdrossen,
Der steige flugs zum Himmel an
Auf luftgen Leitersprossen ;
Wem durch die Adern matt das Blut
Im Schneckentempo schleichet,
Dem jauchzet froh das Herz, wenn er
Durch blauen Äther streichet. —
Valleri usw.
S. Wenn wir dann hoch im Himmelsblau
Die warme Sonne kosten,
Dann singen wir das alte Lied:
Wer lange sitzt, muß rosten.
Das klingt im weiten Himmelsraum
Ganz anders wie auf Erden,
Drum, wer recht froh mal leben will,
Muß Aeronaute werden.
Valleri usw.
4. Er braucht drum noch kein Turner sein:
Solln keine Knochen krachen,
Dann muß er bei der Landung fein
Nur einen Klimmzug machen ;
Das tut dem alten Adam gut,
So ’n bischen Akrobaten,
Man fühlt nach 14 Tagen noch
Die ungewohnten Taten.
Valleri usw.
Wenn mild der Frühling streicht ins Land,
Dann fahren unsre Damen;
Ob alt, ob jung, der Führer sorgt,
Daß heil sie wieder kamen;
Dabei muß konstatieret sein.
Man hör es ohne Lachen:
«In keinem Falle nennt man das
’ne Höhenfahrt mit Drachen.»
Valleri usw.
6 . Wenn sommerlich die Sonne brennt
Auf seinem gelben Rücken,
Dann können wir den Luftballon
In große Höhen schicken.
Vom Psychrometer lesen wir
Dann ab die wahren Werte ;
Da ist ka bissei Falschheit bei,
So schickt’s sich für Gelehrte.
Valleri usw.
7. Und wenn der Wind vom Baume zaust
Das letzte Blatt im Garten,
Ist’s für die Matadore Zeit,
Zum Wettbewerb zu starten.
Da heißt es: zeige, was du kannst;
Da gibt’s kein Wenn und Aber,
Die Krone winkt in diesem Lauf
Dem schnellsten Wolkentraber.
Valleri usw.
8 . Auch wenn der Schnee die Erde deckt,
Und alle Menschen frieren,
Dann steigen wir zum Himmel auf,
Das kann uns nicht genieren.
So fahren wir das ganze Jahr,
Ob Winter, Herbst, ob Sommer,
Und wenn nun einer Lust verspürt
Zur Himmelfahrt, so komm er.
Valleri usw.
Bonn, Nov. 1906. E. Milarch.
Das Lied vom Luftballon.
Nach der Melodie : Wohlauf, die Luft geht frisch und rein.
5 .
- ^ -
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet
Die Redaktion.
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. -4M! Marx 1907. ** 3. Heft.
Deutscher Luftschiffer-Verband.
Das erste Exemplar des Jahrbuches 1907 wurde Sr. Majestät dem
Kaiser und König mit den Glückwünschen der deutschen Luftschiffer-
Vereine am 27. Januar 1907 überreicht. Darauf ging dem Vorsitzenden
des Deutschen Luftschiffer-Verbandes folgendes Schreiben des Geheimen
Civil-Cabinets zu:
Geheimes Civil-Cabinet
Sr. Majestät des Deutschen Kaisers
und Königs von Preußen.
Berlin, den 7. Februar 1907.
Seine Majestät der Kaiser und König haben die
Glückwünsche der Vereine des Deutschen Luftschiffer-
Verbandes zu Allerhöchsterem Geburtstage gern ent¬
gegengenommen und lassen zugleich für die Einreichung
des neuen Jahrbuchs vielmals danken.
Auf Allerhöchsten Befehl setze ich den Vorstand
hiervon ergebenst in Kenntnis.
Der Geheime Cabinets-Rat.
In Vertretung
v. Eisenhart.
An den Vorstand
des Deutschen Luftschiffer-Verbandes
hierselbst.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg.
10
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74 ««««
Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.
Meteorologische Drachenaufstiege in Samoa.
F. Linke.
Bei der Einrichtung des Samoa-Observatoriums der Königlichen
Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, das im Jahre 1902
vom ersten Oberservator Herrn Dr. Tetens auf der Halbinsel Mulinuu dicht
bei Apia erbaut ist, wurden auch Drachenexperimente mit in den Arbeits¬
plan aufgenommen. Herr Professor Koppen, Hamburg, hatte die Freundlichkeit,
die Ausrüstung zu übernehmen, bei der die besondere Schwierigkeit bestand,
daß ein sehr kleiner Etat nicht überschritten werden durfte.
Die Ausrüstung besteht zurzeit aus:
Drachenwinde (mit Handbetrieb) von Fr. Filler nach Angabe von
W. Koppen , l )
2 Drachen meteorographen mit Anemographen nach Professor Marwin,
Draht von Felten & Guilleaume, Carlswerk, Mülheim a./Rh.,
3 verschiedenen Malay-Drachen von W. Koppen,
4 Diamant-Drachen von W. Koppen,
4 zerlegbaren Kastendrachen von E. Wiechert, Göttingen,
2 Pendel-Quadranten nach W. Koppen,
1 Rolle zum Einholen nach W. Koppen,
Kauschen und Verbindungsklemme.
Die Einweihung des Unterzeichneten in der Handhabung der Drachen
unternahm bereitwilligst ebenfalls Herr Professor Koppen, dessen außer¬
ordentlich anschaulicher und belehrender Bericht von 1902 das hinzusetzte,
was die nur zweitägige Instruktion in Hamburg nicht vermochte.
Infolge der Überlastung mit magnetischen, seismischen und meteoro¬
logischen Arbeiten und des Mangels an erfahrenen Hilfskräften konnten mehr
als Vorversuche von Herrn Dr. Tetens nicht angestellt werden und auch im
ersten Jahre meiner Tätigkeit am Samoa-Observatorium kam kein Aufstieg
mit Registrierapparat zustande.
Als jedoch nach Aufhören der Regenzeit Ende Mai 1906 der gleich¬
mäßige Südostpassat einsetzte, begann eine Periode der Drachenexperimente,
über deren Resultate hier ein vorläufiger Bericht gegeben werden soll.
Es war nicht meine Aufgabe, technische Neuerungen einzuführen, dazu
fehlte durchaus die Zeit. Unter Benutzung der Erfahrungen und theoretischen
Erwägungen anderer, besonders W. Köppens, sollten mit möglichst geringem
Zeit- und Arbeitsaufwand einige Nachrichten über die meteorologischen Eigen¬
schaften höherer Luftschichten im Tropengebiet des Stillen Ozeans gewonnen
werden.
Als Aufstellungsort wurde eine Stelle auf der Halbinsel Mulinuu gewählt,
an welcher der hier an der Nordseite der Insel Upolu als Ostwind auf-
*) W. Koppen. A. d. Arch. d. D. Seewarte. 1901 Nr. 1. Taf. IV. Fig. IX.
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75 ««4
tretende Passat nur durch wenige Palmen geschwächt wird. Die Materialien
wurden in einem dortselbst befindlichen Schuppen des Kaiserl. Gouverne¬
ments, der uns in dankenswertem Entgegenkommen zur Verfügung gestellt
wurde, untergebracht. In der Richtung des Passat vom Drachenplatz aus
lag die hier etwa 3 km breite Vaitelebucht, die an der andern Seite durch
einen von Eingeborenen eng bewohnten Küstenstrich begrenzt ist. Bei den
nicht zu vermeidenden Katastrophen fiel der Drache meist in das niedrige
Mangrovegestrüp, welches den Fall sehr gut dämpft; einmal mußte er aus
einem Brotfruchtbaum gelandet werden, einmal fiel er ins Meer und wurde
mittels des Observatoriumbootes gerettet, wobei der Drache selbst zerbrach,
der Apparat jedoch durch sofortige Behandlung mit Frischwasser und Öl
vor dem Zerstörtwerden bewahrt werden konnte.
Während des letzten Aufstiegs — es waren ca. 4600 m Draht mit
6 Drachen in der Luft — erschien eine starke Regenböe, die jedoch alle
Drachen vorzüglich überstanden. Als die Böe vorüber schien, der Zug der
Drachen sehr nachgelassen hatte, begannen die obersten Drachen offenbar
infolge von Vertikalströmungen zu schießen, wobei der Draht Kinken bekam
und in einer Länge von 2950 m abriß. Wir sahen die Drachen hinter
der Pflanzung Vaitele der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft im
Urwald verschwinden. Es sei mir gestattet, einige Worte dieser Drachen¬
jagd im Urwald zu widmen.
Die Nachsuchungen, die ich selbst sofort aufnahm, blieben zunächst
erfolglos, bei der Böe hatte niemand die Drachen fallen sehen. Erst abends
wurde der mittelste Drachen in der Pflanzung Vaitele fast unversehrt in
einer Kokospalme gefunden. Am folgenden Tage zog der Gehilfe des Ob¬
servatoriums mit einem Samoaner auf die Suche, kam jedoch unverrichteter
Sache mit der Meldung zurück, daß der Draht über die Pflanzung hinweg
in den Urwald ginge und dort bei dem herrschenden Regenwetter nicht zu
verfolgen sei. Nachdem auch ein Versuch von mir, noch am selben Tage
den Drachen im Urwald zu finden, durch die eintretende Dunkelheit ver¬
eitelt w’ar, zog ich am zweiten Morgen nach der Katastrophe bei besserem
Wetter mit gut ausgerüsteten Leuten wieder auf die Suche. Jetzt ging ich
jedoch ganz systematisch vor. Es wurde die Richtung des Drahtes mit dem
Kompaß festgestellt und nach dem Kompaß ein schmaler Weg mannshoch
mit Beil und Buschmessern in den Wald gehauen. So oft es irgend möglich
war, wurde der Draht durch die Baumkronen hindurch gesucht und darnach
die Richtung verbessert. Es ging über Steine und Baumstämme, durch
Bäche und Morast nur langsam vorwärts und in einer Stunde wurden nur
700 m geschafft, dann aber sah ich plötzlich den Draht von uralten Baum¬
riesen schräg nach unten auf eine kleine Waldlichtung hin verlaufen, offen¬
bar eine alte, aufgegebene Eingeborenenpflanzung. Hier hing dann auch der
Drache ca. 3 m hoch in Bananenstauden. Es waren nur wenige Leisten
gebrochen, das im Drachen angebrachte Uhrwerk war unverletzt und ging,
hatte also zwei Tage hindurch den Gang der meteorologischen Elemente
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mitten im Urwald aufgezeichnet, eine interessante Registrierung. Der
Drache wurde auseinandergenommen und auf dem gebahnten Wege zurück¬
gebracht. Später wurde dann auch der dritte Drachen von Samoanern ge¬
funden : Die Schnur hatte sich in einer Kokospalme verwickelt, über welcher
der Drache ruhig in der Luft stand. Er kam ganz unversehrt wieder zurück.
Nur die 3 Kilometer Draht mußten wir verschmerzen.
Dabei soll hervorgehoben werden, wie vorzüglich sich die Kastendrachen
des Göttinger geophysikalischen Instituts bewährt haben. Die Auswechselung
zerbrochener Stäbe kann binnen weniger Minuten geschehen. Ein total
zerbrochenes Gestell wird bei einigermaßen guter Übung des Personals in
einem Tage wieder hergerichtet. So kommt es, daß wir jetzt nach mehr¬
monatlichem Experimentieren noch keinen Drachen wirklich verloren haben.
Ein fünfflächiger Kaslendrachen von 4 1 /* qm Fläche kann bis 1500 m Draht
von 0,8 mm tragen. Bei Benutzung von vier Drachen kann die für Hand¬
windenbetrieb höchste Höhe von 2000 in erreicht werden. Die Köppenschen
Diamantdrachen wurden entweder einzeln, oder zu zweit oder dritt aneinander
gebunden verwandt. — Sie sind stabiler als die vorigen, können aber nicht
soviel Draht tragen. — Die Verbindung der Hilfsdrachen am Draht machte
einiges Kopfzerbrechen, da nur eine Klemme (die Knoppsche S-Klemme)
vorhanden war. Nach mehrfachen andern Versuchen wurde ein Verfahren
angewandt, das sich recht gut bewährt hat. Ein etwa VI 2 m langes Ende
weichen Kupferdrahtes von 1 mm Dicke wird nach Bildung einer einfachen
Öse im oberen Drittel um den Draht fest herumgewunden. Diese Kupfer¬
drahtverbindung hat den Vorteil, daß sie gut festsitzt, ohne den Draht irgend¬
wie zu beschädigen, eine bequeme Befestigung des Drachens ermöglicht und
in ca. l l 2 Minute an- oder abzumachen ist. Falls beim Einholen einmal die
Zeit fehlen sollte, kann sie auch ohne Bedenken mit auf die Rolle gewickelt
werden. Man kann denselben Kupferdraht bei 3 bis 4 Aufstiegen benutzen.
In der Ausführung der Drachenexperimente wurde ich von dem Gehilfen
A. Possin unterstützt. Zum Einholen der Drachen waren 2 bis 4 kräftige
Samoaner notwendig. Die Reparaturen wurden von dem samoanischen Auf¬
seher, einem früheren Seemann, ausgeführt. Die Geschicklichkeit der Samoaner
in derartigen feinen Handarbeiten kam uns sehr zu statten.
Die Ausrüstung hat sich im ganzen hier in den Tropen sehr gut
bewährt. Besonders die Winde erwies sich als sehr praktisch. Die Konser¬
vierung des Drahtes machte keine Mühe. Bisher ist außer dem Verlust eines
Anemometers nur der von 3 l U km Draht zu nennen, da die Drachen alle
intakt sind.
Bei der Bearbeitung der Registrierungen wurde die größte Sorgfalt auf
die Eichung der Instrumente verwandt. Leider fehlt dem Observatorium
bisher ein Apparat, um Barometer bei verschiedenem Druck zu prüfen. Und
in dieser Hinsicht ist eine Unsicherheit vorhanden, weshalb die folgenden
Angaben als provisorische zu betrachten sind. Daß ein größerer Fehler des
Barographen nicht besteht, ist durch Winkelmessungen nachgewiesen.
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Es fanden 12 Drachenaufstiege statt, von denen 7 über 1000 m und 3
über 2000 m Höhe erreichten. Die größte Höhe betrug 2850 m. 1 )
Eine eingehendere Bearbeitung der DracheneEgebnisse muß ich mir für
später Vorbehalten. Jetzt seien nur einige Hauptpunkte hervorgehoben:
Die Aufstiege fanden alle in der trocknen Jahreszeit (Ende Mai bis
Anfang August) an Tagen statt, an welchen der Passat wehte. Den für diese
Wetterlage typischen Zustand der unteren Luftschichten zu erforschen, schien
mir am notwendigsten. Es zeigte sich, daß in allen Fällen die Temperatur
zuerst schnell abnahm bis zu einer Höhe, die großen Schwankungen unter¬
worfen ist. An windschwachen Tagen ist sie in 3-bis 700 m erreicht; an
anderen wieder in 2200 m. Nach mehreren übereinstimmenden Aufstiegen
kann man folgende Näherungswerte als typisch ansehen:
Höhe
Temp.
Gradient
rel. Fecht.
Windr.
0 m
28.5° C
J 0.9° p. 100 m
05 o/o
ESE bis SE
1300
17.0
i
1
90 °/n
| 0.3 » »
E bis ENE.
2800
13.0
1
6 o/o
In der
untersten Schicht wird bei der durchschnittlichen Maximaltempe-
ratur heiterer Tage von 30° das indifferente Gleichgewicht erreicht, während
beim durchschnittlichen Minimum von 22° immer noch 0.4° pro 100 m
Temperaturgradient besteht. Die relative Feuchtigkeit wächst in dieser
untersten Schicht gewöhnlich bis zur Kondensation. Der Wind ist, abgesehen
von den untersten 2- bis 300 m, wo durch die Lage des Aufstiegsortes direkt
östliche Windrichtung bewirkt wird, 8E oder ESE. Über dieser Schicht
wurde stets eine trockene, warme Schicht gefunden, welche von der vorigen
durch eine Inversionsschicht von ein- bis zweihundert Meter Dicke und bis
zu 3° Temperaturumkehr getrennt war. Die relative Feuchtigkeit fiel schnell
auf minimale Werte (6°/o!) und hatte am höchsterreichten Punkte den
niedrigsten Betrag. Wie schon aus obiger Zusammenstellung ersichtlich,
war dio Temperaturabnahme sehr gering. Die Zugrichtung war nördlicher,
zwischen E und ENE, die Geschwindigkeit die gleiche. Insofern ist es
möglich, daß diese Schicht als erste Übergangsstufe zum Antipassat — wenn
man die unter dem Namen «rückkehrender Passat» bekannten Winde als
Übergangsstufen zum Antipassat bezeichnen kann — aufzufassen ist. Dabei
sei bemerkt, daß bei zweien dieser höheren Aufstiege (3. und 6. August)
Cirren aus N resp. NNW beobachtet wurden.
Diese Ergebnisse stimmen mit den von H. Hergesell 2 ) in der nördlichen
Passatregion gewonnenen insofern überein, als beide Male über einer Schicht
mit großem Temperaturgefälle und hohem Feuchtigkeitsgehalte, welche die
Richtung des Passates hat, eine andere, auffallend trockne, mit geringem
Temperaturgefälle und einer mehr polwärts gehenden Zugrichtung gefunden
*) Die Beobachtungen sind in den Machrichten d. Kgl. Ges. d. VViss. zu Göttingen veröffentlicht.
*) H. Her gesell, C. R. 1905. Jan. 30.
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►►►fr 78 €«««
wurde. Daß in Samoa die Zwischenschicht mit Temperaturumkehr nicht so
mächtig, das Temperaturgefälle der höhern Schicht hier größer gefunden
wurde als im Norden, sind Unterschiede, welche durch die Lage (Samoa
liegt unter niedrigerer Breite), die örtlichen Verhältnisse (Apia liegt auf der
Leeseite einer Insel), vielleicht auch durch die Jahreszeit erklärt werden
können.
Trotz dieser aussichtsreichen und wichtigen Ergebnisse dieser ersten
Aufstiege werden vorläufig weitere nicht erfolgen, weil die Drachenexperimente
zuviel Zeit in Anspruch nehmen und das Observatorium, an dem nur ein
wissenschaftlicher Beamter tätig ist, mit andern Arbeiten überlastet ist. Einen
wirklichen Erfolg versprechen auch nur regelmäßig — auch bei schwachem
Winde mit Ballons — angestellle Aufstiege mit verbesserter Technik (Motor¬
betrieb) und an der Luvseite der Insel. Solange hierfür keine Mittel vor¬
handen sind, erhoffe ich von weiteren Aufstiegen keine wesentliche Klärung
der hiesigen meteorologischen Verhältnisse höherer Luftschichten.
Apia, den 13. August 1906.
Über eine neue automatische Abstellvorrichtung der Schreibfedern
von Registrierapparaten für unbemannte Freiballons und eine neue
Methode der Fixierung der Diagramme.
Von Dr. R. NimfÖhr (Wien).
Einer der wundesten Punkte in der Technik der Ballons-sondes-Aufstiege war bisher
die meist unvermeidliche Zerkratzung und Verwischung der Originalkurven durch die
auch nach der Landung nicht selten noch stundenlang zeichnenden Schreibfedern. Auch
durch die Erschütterungen des Instrumentes beim Aufprall am Boden und dem Transport
wurden die Originalkurven oft so sehr zerkratzt und verwischt, daß man bei der Reduktion
der Aufzeichnungen in der größten Verlegenheit war, aus dem Wust der Linien die
richtigen Kurven vom Aufstieg bis zur Landung des Ballons zu verfolgen. Meist war
auch ein kürzeres oder längeres Stück der Originalkurven durch die hin- und her¬
schwingenden Federn derart verwischt, daß es schlechterdings unmöglich war, die be¬
treffenden Kurvenstücke auszuwerten. Dadurch gingen manchmal leider gerade die
interessantesten Teile, namentlich der Temperatur- und Feuchtigkeitskurve, verloren.
Aus diesen Gründen mußte es gewiß recht wünschenswert erscheinen, auf der Registrier¬
trommel nichts als die Kurven der Temperatur, der Feuchtigkeit und des Luftdruckes
zu haben und zwar ohne jede Zerkratzung oder Verwischung. Um diesen Zweck zu er¬
reichen, mußte eine Anordnung getroffen werden, welche ermöglicht, daß die Schreib¬
federn im Augenblicke der Landung des Apparatkorbes von der Registriertrommel ab¬
gehoben werden und auch dauernd abgehoben bleiben. Die Abstellvorrichtung mußte
ferner derart konstruiert sein, daß ein Versagen, so lange der Apparat in der Luft war,
eine vorzeitige oder zu späte Auslösung so gut wie ausgeschlossen ist. Es war auch
von vornhein klar, daß für die Betätigung der Abstellvorrichtung bloß die Schwerkraft
in Betracht kommen konnte, denn die Schwerkraft ist ja die einzige Kraft, welche un¬
möglich versagen kann, so lange der Apparatkorb, getragen vom Ballon, frei in der
Luft hängt. Es ist ersichtlich, daß die Spannung der Fesselschnur, welche den Ballon
mit dem Apparatkorb verbindet, nie kleiner werden kann als das Gewicht des Apparat¬
korbes samt Instrument, so lange der Ballon eine nach oben gerichtete Geschwindigkeit
besitzt; dasselbe gilt für den niedersinkenden Ballon, sobald der Fall gleichförmig ge¬
worden ist. Man kann demnach das Eigengewicht des Apparates zur Herstellung einer
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Fig. l. — Ballons-sondes-Autograph von Bosoh-Heroesell mit automatischem
Federnabsteller von Nlmführ. (Ansicht von unten )
automatisch wirkenden Federnabstellvorrichtung verwenden, welche unbedingt zuverlässig
funktionieren muß. Dies kann am einfachsten in folgender Weise geschehen: So lange
der Apparat am Boden aufruht, ist der Ausschaltehebel so gestellt, daß die Schreibfedern
von der Registriertrommel abgehoben sind. Hebt man den Apparatkorb vom Boden ab,
so wird durch Vermittlung einer im folgenden näher beschriebenen Vorrichtung eine
Spiralfeder zurückgedrückt
und der Ausschaltehebel so
gedreht, daß die Federn an
der Registriertrommel an-
liegen. So lange der Appa¬
rat nun in der Luft bleibt,
sind die Federn eingeschal¬
tet. Erst im Moment, wo
der Apparatkorb am Boden
auftriflt, und der Zug in der
Verbindungsschnur mit den
Ballons usw. verschwindet
oder doch wenigstens sehr
klein wird, tritt die Ab¬
stellfeder wieder in Tätig¬
keit und schiebt den Aus¬
schaltehebel der Federn zu¬
rück, wodurch die Schreibfedern von der Registriertrommel abgehoben werden und
nunmehr auch dauernd abgehoben bleiben.i)
Die Details der Konstruktion der neuen Ausschaltevorrichtung sind aus Figur 1
deutlich erkennbar. Die Abbildung zeigt einen Registrierapp.arat System Hergesell-Bosch
von unten. Man sieht die Abstellfeder f,. deren eines Ende an der Schraube s fixiert
ist; das andere Ende der Feder ist durch die Öse ö des Abstellhebels gelegt. An der
gleichen Öse ist der Faden S befestigt, der über eine Rolle r läuft. Zieht man an dem
freien Ende des Fadens S, so wird die Federkraft überwunden ; der Ausschaltehebel
dreht sich nach der Richtung der Rolle und die Schreibfedern liegen an der Trommel an.
Läßt man den Faden frei, so dreht die Feder den Ausschaltehebel wieder zurück, die
Schreibfedern werden von der Trommel abgehoben und bleiben auch dauernd abgehoben,
so lange keine Zugkraft auf den Faden wirkt.
Figur 2 zeigt den Apparatkorb ohne Strahlungsschutz. Aus der Zeichnung ist
deutlich ersichtlich, in welcher Weise der Faden S mit der Schnur F verbunden ist,
welche an den Tragballon befestigt wird. Eine nähere Beschreibung ist deshalb wohl
nicht nötig.
Figur 3 stellt eine photographische, vollkommen unretuschierte Kopie des Diagramms
dar, welches mit der neuen automatischen Abstellvorrichtung bei dem internationalen
Aufstieg vom 7. Juni 11)05 an der K. K. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
in Wien erhalten wurde.
Abgesehen von dem bereits erwähnten Vorteil, den eine zuverlässig funktionierende
Abstellvorrichtung für die Erhaltung der Klarheit und Reinheit der Diagramme besitzt,
ermöglicht die beschriebene Konstruktion auch noch eine selir wesentliche Vereinfachung
beim Auflassen von Registrierballons. Bisher mußte man immer erst möglichst knapp
vor dem Aufstieg den Apparat einstellen, die Zeitmarken anbringen und den Nullpunkt
der Federnstellung fixieren. Dann wurde der Apparat in den Schutzkorb gebracht und
dort befestigt; weiters mußte der Deckel zugebunden und versiegelt werden. Diese
ganze Prozedur erforderte mitunter 15 bis 20 Minuten und war namentlich im Winter,
') Den gleichen Erfolg erreicht bekanntlich Aümann durch Abheben der Federn während des Ab¬
stiegs vermittelst des Barographen. Red.
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80
da sie naturgemäß größtenteils unter freiem Himmel erfolgen mußte, oft recht unangenehm.
Alle diese Unannehmlichkeiten
sind bei Verwendung der neuen
automatischen Aus- bezw. Ein-
schaltemethode vollkommen
vermieden. Man kann den
Apparat schon am Vorabend,
ja noch früher, vollkommen
aufstiegsbereit adjustieren.
Kurz vor dem Aufstieg zieht
inan vermittels eines passenden
Schlüssels, während der Appa¬
rat schon im Korb ist, die Uhr
auf, bringt den Apparatkorb
ins Freie und legt ihn auf eine
geeignete Unterlage. Ein paar
Minuten vor dem Aufstieg hebt
man den Apparatkorb an der
in Figur 2 mit F bezeichneten
Schnur ein wenig von de
Unterlage ab und hält ihn l j*
oder l / 8 Minute frei in der
Luft; dadurch werden die Fe¬
dern eingeschaltet und mar¬
kieren die Nullstellungen. Nun
trägt man den Apparatkorb,
indem man ihn an einem der
Rohre des PufTergerüstes an¬
faßt, zum Aufstiegsplatze. Im
Moment des Auflassens, nach¬
dem die Ballons schon in der
Luft sind, läßt man behutsam
die Spannung der Verbindungs- Fig. 2 . - Batlons-sondes-Autograph Im Sohutzkorb.
schnür F auf den Apparatkorb
Landung.
Aufstieg.
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übergehen und gibt im selben Augenblick den Apparatkorb frei. Man erhält dadurch
genau den Moment des Aufstiegs auf der Registriertrommel markiert.
Die beigegebene Kopie des Originaldiagramms zeigt, wie prompt der Ausschalter
funktioniert hat. Man ersieht, daß genau im Augenblick des Auftreffens des Apparat¬
korbes am Boden der Ausschalter in Aktion trat und die Schreibfedern von der Trommel
abhob.
Es sei nur noch kurz bemerkt, daß gleichzeitig mit der automatischen Abstell¬
vorrichtung auch noch eine zweite Neuerung praktisch erprobt wurde, die sich ebenfalls
vollkommen bewährt, ja die Erwartungen sogar weitaus übertroffen hat. Ich habe ge¬
funden, daß die vielfachen Unannehmlichkeiten, welche die übliche Methode der Zeichnung
der Registrierkurven auf berußtem Glanzpapier oder auf Aluminiumfolien sich vermeiden
lassen, wenn man für die Berußung gewöhnliches photographisches Papier (Celloidin-
papier) verwendet und dieses bei gedämpftem Tageslicht mittels einer Öl- oder Petroleum¬
lampe mit einer Rußschicht überzieht. Wenn man den Apparat nach der Landung
zurückerhält, braucht man bloß die Rußschicht sorgfältig wegzuwischen und das Papier
in der üblichen Weise zu fixieren. Man erhält dann die Aufzeichnungen als schwarz¬
braune Linien auf weißem Grunde. Diese neue Fixiermethode hat unter anderem den
großen Vorteil, daß bei einer zufälligen Verwischung der Kurven vor der Fixierung des
Rußes die Aufzeichnungen nicht unbrauchbar werden und eine Verkratzung oder Ver¬
wischung des Originales bei der Ausmessung der Kurven nicht eintritt. Wie man er¬
kennt, sind die Kurven von überraschender Feinheit der Zeichnung.
Internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt.
Da von mehreren Seiten gewünscht worden ist, den Serienaufstieg des April
ausfallen zu lassen und den ersten Serienaufstieg auf den Juli des Jahres festzulegen,
so setzt der Präsident der Kommission die Daten für die internationalen Aufstiege des
Jahres 1907 wie folgt fest:
14. Januar, 7. Februar, 7. März, 11. April, 2. Mai. 6. Juni, 3. 4. und 5. Juli,
1. August, 4. 5. und 6. September, 3. Oktober, 6. 7. und 8. November, 5. Dezember. E.
Zur Geschichte der wissenschaftlichen Luftschiffahrt.
In den «Wissenschaftlichen Luftfahrten», Band I, Seite G, erwähnt Herr Aßmann
eine Preisaufgabe der Königlichen Gesellschaft zu Kopenhagen vom Jahre 1809 mit folgendem
Wortlaut: «Welche Erweiterung hat die Meteorologie und die Lehre von der Beschaffen¬
heit der höheren Schichten der Atmosphäre durch die bisher angestellten Experimente
erfahren? Wie sind die Versuche mit geringeren Kosten und kleineren Luftbällen, die
keine Person tragen, derartig einzurichten, daß daraus Gesetze über die Elektrizität der
oberen Atmosphäre, über das Quantum des Sauerstoffs, Stickstoffs und der Kohlensäure,
welche in einer gegebenen Höhe und in einem gegebenen Luftvolumen enthalten sind,
über die Richtung der Winde in größerer Höhe, über die Temperatur und andere der¬
gleichen Verhältnisse hergeleitet werden können ?» Aus der Voranstellung der Elektrizität
vermute ich als Verfasser oder Redaktor der Aufgabe den Physiker Örsted. Ein Fach¬
kollege hat, wie ich soeben an ganz versteckter Stelle finde, ähnliche Gedanken geäußert,
und zwar nur ein Jahrzehnt später und offenbar ohne Kenntnis dieser Aufgabe. Es war
das der geniale Meteorologe und Physiker Brandes in Breslau, der in seinen, eine Fund¬
grube neuzeitlicher meteorologischer Gedanken bildenden «Beiträgen zur Witterungskunde*
(Leipig 1820) auf Seite 361—362 gelegentlich einer Besprechung der Hageltheorien folgendes
sagt: «Zu der wichtigsten Beobachtung: welche Kälte in der Wolke selbst stattfindet,
wird man freilich schwer gelangen können, da selbst der kühnste Luftschiffer sich nicht
in die Gegenden wagen wird, wo Blitz und Hagel alles Leben zu zerstören drohen; aber
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. H
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ganz unmöglich wäre es doch nicht, durch ein mit einem Luftball hinaufgeschicktes
Sixsches Thermometer [Maximum-Minimumthermometer| die Kälte jener Wolken zu er¬
forschen. Solche Untersuchungen, denen die Regierungen wohl ihre Aufmerksamkeit
schenken und ihnen einigen Kostenaufwand widmen möchten, verdienten um so eher
der Gegenstand unserer Bemühungen zu sein, da es nicht ganz unwahrscheinlich ist, daß sie
uns, mit Hilfe einer genaueren Kenntnis von der Natur der Hagelwetter, auch zu Mitteln,
um sie zu mildern, führen und also für den Ackerbau großen Nutzen gewähren könnten.»
Hierzu macht Brandes selbst in einer Anmerkung folgende Zusätze: «Es ist vielleicht
töricht, über Dinge zu reden, die fast unausführbar scheinen; dennoch mag eine kurze
Bemerkung über diese Untersuchung hier stehen. Wenn man einen ziemlich großen
Luftball nur so füllte, daß seine Steigkraft hinreichte, ihn auf 4000 Fuß
[1255 m] und nicht höher zu heben, wenn man überdies vielleicht ein lang¬
sames Verlorengehen der brennbaren Luft veranstalten könnte, so möchte
es sich wohl einrichten lassen, daß der Luftball nicht allzuweit fliegen
und man also auf seine Wiederauffindung einigermaßen rechnen könnte.
Ein mit jenem Thermometer [dem Sixschen] ausgerüsteter Luftball könnte
uns also in Besitz von einer der wichtigsten Erfahrungen in der ganzen
Meteorik setzen, die es wohl verdiente, einige Luftbälle und Thermometer daran zu
wagen. Und wollte man nicht gleich so weit gehen, so würde ein Luftball,
an einer 1000 Fuß [315 m] langen Schnur gehalten, bei sehr niedrig gehenden
Gewitterwolken schon einige Belehrung geben.»
Während die dänische Gesellschaft nur fragt, wie solche Versuche einzurichten sind,
macht Brandes gut formulierte Vorschläge über die Anwendung der unbemannten Ballons
und der Fesselballons, denkt auch an die Wiederfindung ersterer, stellt bestimmte Auf¬
gaben (Beobachtungen in einer bestimmten Höhe) und begrenzt danach die Methode.
Wie Brandes der Vater der praktischen Witterungskunde ist, so kann er auch
derjenige der meteorologischen Forschung mit unbemannten Ballons genannt werden.
Prof. Dr. C. Kaßner.
Aeronautik.
Die Bedeutung der drahtlosen Telegraphie für die Motor-
Luftschiffahrt.
Von K. Sol ff.
Die mit erstaunlicher Schnelligkeit fortschreitenden Verbesserungen
auf dem Gebiete der Motorluftschiffahrt, insbesonders der stetig wachsende
Aktionsradius der Fahrzeuge, haben der schon oft behandelten Frage der
Verbindung frei schwebender Ballons mit der Erde während der Fahrt
neue Bedeutung verschafft. Hauptmann v. Sigsfeld, der, wie auf vielen Ge¬
bieten, so auch auf diesem bahnbrechend vorging, hatte schon bald nach
den ersten praktischen Erfolgen der drahtlosen Telegraphie erkannt, daß
sich hier ein Weg bot, diese Frage zu lösen. Die von ihm an Bord eines
Freiballons angestellten Versuche, die sich allerdings nur auf den Empfang
von elektromagnetischen Wellen beschränkten, zeigten jedenfalls, daß eine
solche Verbindung praktisch möglich sei. Wie so vieles andere, gerieten mit
Sigsfelds jähem Tode auch diese so gute Erfolge verheißenden Versuche
in Vergessenheit, bis der jetzt einsetzende Aufschwung der Motorluftschiff¬
fahrt der Frage neue Bedeutung verlieh.
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Es ist ja ohne weiteres klar, wie wichtig es für die praktische Aus¬
nutzung eines Luftschiffs, das, wie z. B. das Zeppelinsche, in der Lage ist,
sich mehrere Tage in der Luft zu halten, sein wird, mit einer Einrichtung
versehen zu sein, die ihm gestattet, die Resultate einer Erkundungsfahrt
nach einer mehrere 100 km entfernten Erdstation zu übermitteln, bezw. von
dort Befehle zu empfangen, ohne landen zu müssen.
Sr. Exzellenz Graf von Zeppelin hat sich darum auch in richtiger
Erkenntnis der Bedeutung dieser Frage vor kurzem an die Gesellschaft für
drahtlose Telegraphie gewandt, um im Verein mit derselben die Vornahme
entsprechender Versuche in die Wege zu leiten. Es ist beabsichtigt, das
Zeppelinsche Luftschiff für die im Sommer dieses Jahres geplanten Aufstiege
mit einer Station für drahtlose Telegraphie auszurüsten, die zunächst nur
zum Senden elektromagnetischer Wellen eingerichtet wird.
Insbesondere wird sich hier Gelegenheit bieten, den Einfluß der Erd¬
oberfläche auf die Fortpflanzung der elektromagnetischen Wellen zu unter¬
suchen und festzustellen, ob die Reichweite der durch keinerlei Gelände¬
hindernisse aufgehaltenen, sich vom Sender abschnürenden freien Wellen¬
züge im Luftraum verschieden ist von der am Erdboden. Das Zeppelinsche
Luftschiff wird gerade in besonderem Maße für diese Zwecke geeignet sein,
da hier der ganze, 128 m lange, aus Aluminium bestehende Ballonkörper
als elektrisches Gegengewicht dienen kann, während als Antenne oder Auf-
fangedraht ein einfacher herabhängender Bronzedraht verwendet wird, wie
ihn schon Sigsfeld zu gleichem Zwecke gebrauchte.
Die « Luftstation » würde also gerade das umgekehrte Bild einer «Erd¬
station » bieten, wie es Abb. 1 zeigt, wo bedeutet:
A = Auffangedraht (Antenne),
E = Empfangsapparat (Hörer),
G = Gegengewicht (Ballonkörper).
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Die Länge von A richtet sich je nach der zu verwendenden Wellen¬
länge und beträgt etwa 100—150 m.
Es ist ohne Zweifel vorauszusehen, daß sich der «Empfang» von
drahtlosen Depeschen mit dieser Anordnung ohne weiteres ermöglichen
lassen wird. Die Entfernung, bis zu welcher dies durchführbar sein wird,
ist lediglich eine Funktion der an der Sendestelle aufgewendeten Energie.
Für das «Senden» vom Luftschiff aus kommen allerdings noch
andere Gesichtspunkte in Betracht. Zunächst muß jede Funkenbildung, sei
es durch schlechte metallische Verbindung einzelner Teile des angeschlossenen
Ballonkörpers, sei es durch Induktion, wegen der Gefahr der Entzündung
des Gases ausgeschlossen sein. Aus dem gleichen Grunde müssen auch die
Funkenstrecke des Erregerkreises und die Bürsten der Dynamo-Maschine
luftdicht abgeschlossen werden. Beides ist praktisch durchführbar und dürfte
zu keinerlei Bedenken Anlaß geben.
Als Kraftquelle zur Lieferung des nötigen Stromes stehen die beiden
Motore von je 80 PS. zur Verfügung, von denen für die Sender-Anlage nur
etwa 4 PS. beansprucht werden. Mit einer dadurch bequem zu erzielenden
Leistung von 1 KW. primären Wechselstromes läßt sich eine Reichweite
der ausgesandten Zeichen erwarten, die allen Anforderungen genügt, da bei
gleichem Energieaufwand an der Erde sich 100 km über Land und 200 km
über Wasser stets überbrücken lassen.
Das Gewicht der gesamten Apparate für Senden und Empfang würde
etwa 150 kg, also etwa so viel betragen, wie 2 Personen, was bei 11 Mann
Besatzung, wie sie das Zeppelinsche Fahrzeug bei seinen letzten Fahrten
mitführte, nicht sehr in Betracht kommt.
Jedenfalls dürfte die Brauchbarkeit eines Motorluftschiffs, sowohl für
Erkundungsfahrten, wie für reine Transportzwecke, durch die Möglichkeit,
durch drahtlose Telegraphie mit Erdstationen in Verbindung treten zu
können, entschieden gefördert werden, sodaß die durch den Namen «Sigsfeld»
mit der Luftschiffahrt seit langem eng verknüpfte Funkentelegraphie berufen
scheint, auch ihr Teil zur Förderung des neuen Verkehrsmittels beizutragen.
Die Schlepptau-Havarie bei Oberstein am 23. Januar 1907.
Die Ballonfahrt des Physikal. Vereins zu Frankfurt a. M. vom 23. 24. Januar 1907
ist durch eine an und für sich nicht bedeutende, aber doch peinliche Havarie vorzeitig
beendet worden, über welche ich hier sachlich Bericht geben möchte.
F,s ist zu einer ausführlichen Diskussion der Havarie in der Tagespresse gekommen,
weil einige Vertreter der großen Frankfurter Zeitungen als Mitglieder unseres Vereins
an der Fahrt teilnahmen;
Die Fahrt dauerte von 3 /i7 bis 10 Uhr abends; ca. 3 /4 Stunde wurde geschleppt,
meist über offenes, verschneites Ackerland. Hierbei hat sich der Lederbeschlag vom
Tauende gelöst und 3—4 m Tau sind ausgefasert, um an einer besonders passenden
Stelle im Gelände hängen zu bleiben.
Die zuletzt gemessene Fahrtgeschwindigkeit betrug 13,3 mps., soviel Wind¬
geschwindigkeit dürfte auch an der Unfallstelle geherrscht haben. Der Ballon wurde.
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als er gefesselt war, ziemlich arg umhergeworfen und rasch entleert. Nach meiner
Schätzung sind wir ca. 15—20 Minuten lang gefesselt gewesen; bis wir frei kamen, hatte
ich 6 (!) Sack Ballast nach und nach geben lassen, um den Gasverlust auszugleichen;
trotzdem hatten wir soviel verloren, daß der Ballon nicht stieg, als er befreit wurde,
sondern fiel.
Als wir festkamen, lag Oberstein dicht vor uns; wir befanden uns in einem
schmalen Felseinschnitt, welcher für die rauschende Nahe (Abb. links unten), das Eisen¬
bahngeleise diesseits und ein paar Häuser jenseits gerade Platz ließ. Links wurden
wir von einem 75 m hohen, nackten, fast senkrecht zur Bahn abfallenden Felsen (Abb.
rechts) überragt, an dessen Fuß wir verankert waren, und gegen welchen wir nun
mehrmals sehr energisch geschlagen wurden. Man konnte das Schlepptau nicht kappen,
ohne damit die Bahngeleise, auf welche es vermutlich der Länge nach gefallen wäre,
zu gefährden. Daher beschloß ich, zu warten, bis wir befreit wurden. Das Schlepptau
hatte sich um eines der ca. 3 m hohen Doppel-T-Eisen gewickelt, welche in langer
Reihe, durch eiserne Schwellen miteinander verbunden, nebeneinander aufgerichtet
standen, um den Bahnkörper vor herabrollenden Felsbrocken zu schützen.
Merkwürdig waren die Pendelungen des Ballons: wir standen sekundenlang fast
senkrecht über dem
Fesselungspunkte,
mitunter wieder wa¬
ren wir erheblich
unter der Horizon¬
talen, so daß wir den
Bahndamm neben
uns erblickten. Auf
diese starke Wirbel¬
bildung und Misch¬
ung der Luft wies
auch das beobach¬
tete, streng adiabati¬
sche Temperaturge¬
fälle hin.
Einer der Mit¬
fahrenden wurde
seekrank, übel wurde
uns allen.
Eine Weiter¬
fahrt war nach der
Befreiung — ein
Mann aus Oberstein kam auf dauernden Anruf und wickelte die ausgefransten Tauenden
von dem] eisernen Pfahl ab, welchen sie umschlungen hielten — nicht mehr möglich,
weil zuletzt alles im Korbe durcheinander geworfen war: Ballast, Decken und Mit¬
fahrende, und weil sogleich die Schleiffahrt begann.
Der Korb zerriß eine Telephonleitung, brach darauf eine Bresche in einen Zaun
und riß eine kleine, 4 m hohe Tanne um; nun lag das Obersteiner Spital, ein zwei¬
stöckiges Gebäude, vor uns; der Korb schlug gegen einen seiner Giebel, zertrümmerte
mehrere Scheiben und schüttelte vom Dach, nochmals aufsetzend, einige Schieferplatten
herab. Hinter dem Spital war ein Schneefeld, in welchem ich den Ballon glatt landete.
Der Ballon war unversehrt, nicht einmal das Netz war bei dem Aufklatschen an
die Felsen entzweigegangen.
Die Insassen fühlten sich natürlich etwas zerschlagen, ernstlich beschädigt war
aber niemand. Dr. Kurt Wo ge ne r.
4- Fesselungspunkt des Ballons.
Bahn des Sohlepptaues nach der Landung.
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Französische Kriegsluftschiffe.
Am 15. November 1906 hatte das neue französische Kriegsluftschiff «La Patrie»
seine Bauhalle zu Moisson zum ersten Male verlassen, um vom Major Bouttieaux und
Hauptmann Voyer geprüft und abgenommen zu werden. Dem Bau wohnte der Genie¬
leutnant Bois bei, welcher als Führer des neuen Luftschiffes bezeichnet wird. Nach
einer Reihe von Fahrversuchen in Moisson fand am 15. Dezember 1906, um 10 Uhr
vormittags, die freie Fahrt des KriegsluftschifTes «La Patrie» von Moisson aus nach dem
Luftschifferpark von Chalais-Meudon hin statt, eine Fahrt von 52 Kilometer, die in
77 Minuten glücklich zurückgelegt wurde. Es geschah hiermit zum ersten Male, daß ein
Luftschiff in freier Fahrt nach seinem einstweiligen Bestimmungsort selbständig hinfuhr,
ln der Gondel befanden sich Hauptmann Voyer, Leutnant Bois, Militär-Mechaniker
Duguffroy und Mechaniker Rev. Das Luftschiff fuhr bei einem Seitenwind von angeblich
14 m p. s. in 200 m Höhe. Es wird im Hangar zu Chalais-Meudon untergebracht, bis
die Einrichtungen in Verdun, für das «La Patrie» bestimmt ist, fertiggestellt sein
werden.
Einige Stunden nach der Ankunft des Luftschiffs erschienen gegen 2 Uhr 30 Nach¬
mittags im Park zu Chalais-Meudon der Ministerpräsident M. Clemenceau und der
Krigsminister Picquart, um dasselbe mit allen seinen Einrichtungen zu besichtigen.
Am 17. Dezember, nachmittags 5 Uhr, machte «La Patrie» sodann eine Fahrt
nach Paris gegen einen ziemlich frischen Nordwestwind. In der Gondel befanden sich,
wie berichtet wird, Hauptmann Voyer, Leutnant Bois, Hauptmann Gaucher und noch
ein anderer Offizier, sowie die Mechaniker Rey und Duguffroy. Das Luftschiff ver¬
schwand bald im Nebel, erschien jedoch plötzlich gegen 3 Uhr 10 Minuten über dem
Grand Palais, wo ihm seitens der zusammenströmenden Zuschauer laute Ovationen ge¬
bracht wurden, die durch ein lautes Pfeifen der Sirene des «La Patrie» seitens der Be¬
satzung erwidert wurde. Es fuhr weiter nach dem Elysöe, dessen Dächer vom Personal
des Präsidenten voll besetzt waren. Eine weitere laute Ovation wurde ihm von den
Fenstern des Aßroclub de France aus am Place de la Concorde zuteil. In etwa
300 m Höhe schwenkte es im großen Bogen über den Tuilerien und fuhr über das
Palais Bourbon und das Kriegsministerium links am Invaliden-Dom vorbei, gradeaus
nach Meudon zurück, wo es 3 Uhr 45 nachmittags vor dem Hangar niederging. Die
Auffahrt soll in Paris einen großen Eindruck hinterlassen haben.
Das Luftschiff ist 60 m lang und hat bei 10,3 m größtem Durchmesser einen
Kubikinhalt von 3150 cbm, d. h. es ist um 200 cbm größer als der «Lebaudy». Es hat
einen Motor Panhard-Vavasseur von 70 Pferdestärken, der 850 bis 1100 Umdrehungen
macht. Die Propeller von 2,50 m Durchmesser sollen einen steileren Schraubengang
haben, als diejenigen des «Lebaudy».
Für den Winter ist das Luftschiff gasleer gemacht worden. In der besseren
Jahreszeit soll eine Neufüllung erfolgen und es soll nach einigen Fahrten bei Meudon
die Fahrt nach Verdun unternommen werden, woselbst eine Fortsetzung der Fahrt¬
versuche 1907 geplant wird.
Im Monat Mai soll im Lager von Chalons auch festgestellt werden, inwieweit
freie Ballons durch Artilleriefeuer gefährdet sind.
Für das Jahr 1907 wird die Fertigstellung des dritten Kriegsluftschiffes «R6-
publique» erfolgen.
Das vierte «Democratie» ist für 1908 in Bestellung gegeben.
Man glaubt, damit im Kriegswesen allen anderen Staaten voraus zu kommen, und
hofft auch, daß jeder neue Bau wieder wesentliche Verbesserungen aufweisen wird.
Das erste Lufschiff «Lebaudy» soll als Instruktions- und Übungsfahrzeug in
Chalais-Meudon verbleiben. Mck.
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87 .
Das Luftschiff „de la Vaulx“ setzt unter Führung seines energischen Erbauers
auch während des Winters seine Probefahrten fort. Das Luftschiff wurde am 20. De¬
zember 1906 gefüllt und durch Hinzufügen eines Vertikalsteuers, das gleichzeitig als
Stabilisator dient, vervollständigt. Die Versuche am Tau wurden sofort wieder auf¬
genommen. Am 28. Dezember wurde infolge des Nichtverstehens eines Kommandos das
Luftschiff noch festgehalten, als der Motor mit voller Tourenzahl arbeitete. Die Gondel
schlug gegen einen Zaun und wurde leicht beschädigt, der Motor, Übertragungen etc.
blieben völlig intakt. Die Freifahrtversuche wurden am 8. Januar 1907 mit einer Fahrt
von etwa 10 Min., die ohne Zwischenfall verlief, aufgenommen. Der Ballon trug hierbei
außer Benzin und Wasser noch 85 kg Sandballast, was für einen nur 725 cbm großen
Ballon ein sehr gutes Ergebnis ist. Am 9. Januar wurden zwei Aufstiege von 15 und
10 Minuten Dauer ausgeführt. Bei der letzten Fahrt gelang es dem Führer, wie bereits
schon früher einmal, ohne fremde Hilfe vor der Bedienung, allerdings bei schwachem Winde,
zu landen. Schnellfahrtversuche wurden am 17. Januar begonnen und am 27. Januar
mit zwei Fahrten von 10 und 20 Minuten fortgesetzt. Trotzdem der Ballon bereits
30 Tage gefüllt war, trug er noch 70 kg Ballast. Der Ballon ist noch durch eine senk¬
rechte Flosse in seiner Steuerfähigkeit verbessert worden. Seine vorläufig letzte Fahrt,
die 13., machte das Luftschiff am 15. Februar, vormittags 11 Uhr. Die Tragfähigkeit
hatte in den 58 Tagen, während welcher der Ballon die gleiche Füllung behalten hatte,
nur um 30 kg, also von 85 auf 55 kg abgenommen. Bei den nächsten Aufstiegen, die
nach der Überführung des Luftschiffes von Sartrouville nach St. Cyr statlfinden werden,
gedenkt de la Vaulx Schrauben aus Holz zu versuchen. E.
Erklärung.
Infolge verschiedener Abhaltungen habe ich vom Artikel über die Berliner Ballon¬
wettfahrt vom 14. Oktober 1906 im Januarheft 1907 Seite 12 erst Kenntnis genommen,
als das Februarheft bereits im Druck war, möchte aber, obwohl verspätet, ein Mißver¬
ständnis, das in Absatz 1 dort auftritt, beseitigen: An die Notwendigkeit des strikten
Einhaltens aller einschlägigen reglementären Bestimmungen bei einer jeden Wettfahrt
erneut zu erinnern, halte auch ich im Interesse der Sache für angezeigt und praktisch
empfehlenswert. Dagegen ist es ein anderes Verfahren, wenn im Reglement selbst bei
verschiedenen Abschnitten diese Notwendigkeit wiederholt betont wird, und hiergegen
richtete sich meine Bemerkung im Juliheft Seite 253. Eine ganz konsequente Durch¬
führung solchen Verfahrens könnte ja ein Reglement um ein Vielfaches seines Volumens
vergrößern, ohne dessen Wert und Nutzen zu /ordern. Ich würde der Wiederholung
der Mahnungen im Reglement sogar die Hinzufügung eines eigenen Paragraphen vor¬
ziehen, der ausdrücklich die Hinweisung auf das Reglement bei jeder sportlichen Ver¬
anstaltung vorschreibt. Der Umfang desselben in seiner gegenwärtigen Gestalt würde
sich hierdurch immerhin schon verringern. K. N.
cK
Aeronautische Wettbewerbe.
Ausschreibungen.
Preis des „Matin“. Wert: 100 000 Francs gegeben vom «Matin>, 50 000 Francs
vom Marquis de Dion, 50 000 Francs von M. Clement, 50 000 Francs von M. Oharley,
insgesamt 250 000 Francs.
Bedingungen: Die Wettfahrt ist offen für automobile Luftschiffe oder Flug-
maschinen, welche vollständig in Frankreich gebaut sind, der Motor einbegriffen. Die
Summe von 250 000 Francs wird dem Eigentümer des Luftschiffes gezahlt, das als erstes
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88
in London anlangt, nach einer Fahrt von höchstens 24 Stunden Dauer. Start am 14.
Juli 1908, 10 Uhr morgens, oder, wenn der Preis nicht gewonnen werden sollte, an den
zweiten Sonntagen im August, September oder Oktober. Die Bewerberliste wird jedesmal
30 Tage vor der Wettfahrt geschlossen. Die Bewerber müssen genügend Vorversuche
nachweisen. Die Veranstalter übernehmen keinerlei Verantwortung.
Ks ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Preis im Laufe des nächsten Jahres gewonnen
wird. Die Entfernung Paris-London beträgt etwa 350 km, sodaß die Luftschiffe nur knappe
15 km in der Stunde im Durchschnitt zu laufen brauchen. Es sei daran erinnert, daß
Santos-Dumont bereits über 20 km leistete, und daß die «Patrie» 40 km Eigengeschwindig¬
keit entwickelt hat. Durch die Beschränkung der Wettfahrt auf französische Maschinen
stellt sich das Aussclireiben als eine zielbewußte Förderung der französischen Luftschiff¬
fahrt dar. Ob Deutschland einmal auf diesem Wege nachfolgen wird?
Wettbewerb für Flugmaschinen-Modelle. London 1907. Eine Ausstellung des
Aero Club of the United Kingdom für Flugmaschinen-Modelle findet in Verbindung mit
der Internationalen Motorwagen-Ausstellung in London in der Zeit vom 6.—13. April 1907
in der Royal Agricultural Hall, London N., statt. Es gelangen 3 Preise, welche von
der «Daily Mail» gestiftet sind, zur Verteilung und zwar 1. Preis £ 150 (3000 uK),
2. Preis £ 75 (1500 Ji), 3. Preis £ 25 (500 JL).
Bedingungen: Die Preise werden an Flugmaschinen-Modelle gegeben, welche
flugfertig (when in flight) nicht mehr als 50 engl. Pfund (23,4 kg) wiegen.
Maschinen, welche flugfertig weniger als 2 Pfund (0,96 kg) wiegen, erhalten den
ersten und zweiten Preis nicht.
Flugstrecke unter eigener Kraft mindestens 50 engl. Fuß (15,24 m). Der Flug
braucht nicht in einer geraden Linie zu erfolgen, jedoch muß die Entfernung zwischen
zwei Punkten der Flugbahn, von welchen einer der Startpunkt sein muß, gemessen in
gerader Linie am Erdboden mindestens 50 engl. Fuß (15,24 m) betragen.
Der Start darf nicht höher als 5 Fuß (1,52 m) über dem Erdboden liegen.
Für den Start kann eine besondere (independent) Kraft gebraucht werden.
Kein Teil der Maschine darf während des Fluges irgend eine Berührung mit dem
Erdboden haben.
Gas als Antriebskraft ist nicht gestattet.
Für die Preisverteilung wird in Erwägung gezogen: Länge des Fluges, Handlich¬
keit (practicability), Stabilität, Steuerfähigkeit (horizontal wie vertikal), Schnelligkeit,
Konstruktion (design), Ausführung, Abtlug, verfügbarer Auftrieb (? Red.).
Die Jury behält sich vor, Versuche sowohl im Freien, als in einem bedeckten
Raum ausführen zu lassen.
Die Jury behält sich ferner vor, die Preise nicht zu verteilen, wenn ihrer Meinung
nach kein genügend brauchbares Modell vorhanden ist.
Einsätze oder Platzmiete werden nicht erhoben.
Weitere Auskunft erteilt Harold E. Perrin, Aero Club, 166 Piccadilly, London W.
Drachen-Ausstellung London 1907. Die Aeronautical Society of Great Britain
veranstaltet im Juli d. J. eine Drachen-Ausstellung. Von Mitgliedern der Society wird
kein Einsatz erhoben, Nichtmitglieder haben 5 Shilling zu bezahlen. Anmeldungen sind
an die Aeronautical Society of Great Britain, 53, Victoria-Street, Westminster, London SW,
zu richten. _
Preise des Aero-Club du Hnd-Ouest 1907. Kilometerpreise gegeben vom
Klub. 25 Francs für jede angefangenen 100 km über 200 km. (Offen für Führer, die
im Departement Gironde ihren Wohnsitz haben.)
Preis der «Petite Gironde». Bronze im Werte von 1200 Francs. Weitfahrt.
(Offen für Führer des Klubs.)
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Preis Bourdeaux-Pau. Wanderpreis. Kunstgegenstand gegeben vom Präsidenten
des Klubs C. F. Baudry. Zielfahrt. Der Sieger muß, von Bourdeaux abfahrend, näher
als 25 km 500 m an Pau landen (Einsatz 5 Francs).
Preis C. F. Baudry. 500 Francs für den ersten Führer des Klubs, welcher, von
Bourdeaux abfahrend, im Auslande landet.
Preis Toussant. Kunstgegenstand im Werte von 300 Francs. Für jede Fahrt
werden die Anzahl der Kilometer mit der Anzahl der Personen im Korbe multipliziert.
Der Führer des Klubs, welcher im Jahre 1907 die grüßte Punktzahl aufweist, erhält
den Preis.
Preis von Hannover. 1000 Francs gegeben von den Herren Hakemeyer und
Scharf, für den ersten Führer des Klubs, welcher in einem Kreise von 150 km (Durch¬
messer oder Radius? Red.) um Hannover landet. Zwischenlandungen zum Aussetzen
von Passagieren sind gestattet, Nachfüllen von Gas ist nicht erlaubt.
Gaspreis. Silberne Medaille (vergoldet) gegeben von der Gasanstalt Bourdeaux,
dem Führer des Klubs, welcher in Bourdeaux 1907 das meiste Gas zur Füllung ge¬
braucht hat.
Lahm-Preis. Der Preis ist gestiftet zur Erinnerung an den Sieg des amerikanischen
Luftschiffers Frank S. Lahm im Gordon-Bennett-Wettfahren 1906.
Bedingungen:
1. Die Teilnahme ist offen für Freiballons, Luftschiffe und Flugmaschinen. Der
Start kann von irgend einem Orte der Vereinigten Staaten zu jeder Zeit erfolgen. Die
Bewerber müssen anerkannte Führer sein oder mindestens 10 Fahrten gemacht haben.
Im letzeren Falle muß der Bewerber sobald als möglich die Führerqualifikation zu er¬
werben suchen.
2. Die Bewerber müssen sich beim Sekretariat des Aero-Clubs of Amerika ein-
schreiben lassen und einen Einsatz von 1 Dollar bezahlen. Sie müssen spätestens
1 Stunde vor der Abfahrt ihre Absicht, um den Preis zu starten, dem genannten Sekretariat
mitteilen, unter Angabe des Abfahrtortes. Sobald als möglich, spätestens aber innerhalb
24 Stunden, ist die vollzogene Landung telegraphisch an den Aero-Club zu melden.
Jeder Bewerber hat folgendes anzugeben: Name und Inhalt des Ballons, Namen
der Fahrer, Aufstiegsort, Tag und Stunde der Auffahrt, Tag und Stunde der Landung,
Name des Eigentümers des Grundstücks, auf welchem gelandet ist, Name und Entfernung
der nächsten Stadt oder des nächsten Dorfes, Name und Entfernung der nächsten Eisen¬
bahnstation. Der Landungsort muß so beschrieben sein, daß er auf einer offiziellen
Karte mit Sicherheit gefunden werden kann.
Die Landungsbescheinigung muß von 2 Zeugen (nicht Mitfahrenden), die bei der
Landung zugegen waren, unterschrieben sein. Ihre Unterschrift ist von einem Notar
oder einem Beamten mit ähnlichen Befugnissen zu beglaubigen.
3. Der erste Sieger ist derjenige, welcher nach dem 1. März 1907 in einer Ent¬
fernung von mehr als 648 km vom Aufstiegsorte landet.
Derjenige, der diese Entfernung übertrifft, wird dann zum Inhaber des Preises
erklärt und bleibt solange im Besitz desselben, bis eine größere Entfernung erreicht ist
Bleibt der Preis 3 Jahre lang im Besitze eines Bewerbers, so erhält er den Preis als
dauerndes Eigentum.
4. Der Landungsort ist diejenige Stelle, wo das Luftschiff etc. zuerst auf dem
Boden liegen bleibt. Nach der ersten Landung ausgeführte weitere Flüge zählen nicht.
5. Der Preis bleibt in Verwahrung beim Aero-Club of Amerika. Der Name jedes
Siegers wird auf dem Preis eingraviert.
6. Im übrigen gelten die Regeln der F. A. I., nach denen etwaige Streitigkeiten
entschieden werden. E.
lllustr. Aeronaut. Mittei]. XI. Jahrg. 12
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Gordon-Bennett-Wettfahrt 1907.
Beifolgende Schreiben gingen an den Vorsitzenden des deutschen Luftschiffer-
verbands ein:
Aero Club of America
753 Fifth Avenue
16. Januar 1907.
Sehr geehrter Herr!
Der Aero Club von Amerika hat das Vergnügen, Ihnen anzuzeigen, daß er, dank
der Opferwilligkeit einiger Bürger von St. Louis, in der Lage ist, den Wettfahrern des
nächsten Oktober stattfindenden Internationalen Wettfluges noch einige Ergänzungspreise
anzubieten. Diese Preise kommen zu dem Internationalen Aeronautischen Wanderpreis
und den dem Gewinner angebotenen 10000 Mark noch hinzu.
Die Zusatzpreise bestehen in 4000 Mark für denjenigen, welcher die zweitgrößte
Entfernung zurücklegt; 3000 Mark für den dritten; 2000 Mark für den vierten und
1000 Mark für den fünften. Diese Preise werden je nach Wunsch des Gewinners in
Geld oder in Silbergerät gewährt.
Außerdem ist es wahrscheinlich, daß noch andere besondere Preise bei dem Wett¬
fliegen angeboten werden.
Der Aero Club von Amerika teilt mit, daß er in dem Bestreben, den Wettkampf so
international wie möglich zu gestalten, Eintrittsanmeldungen durch Kabeltelegramm bis
zum 1. Februar 1907 entgegennimmt. Seine Kabeladresse ist «Aeromerica, New-York».
Ihr sehr ergebener
Cortland F. Bishop, Vorsitzender.-
21. Januar 1907.
Sehr geehrter Herr!
Durch Verfügung des Staatssekretärs des Schatzamtes vom 16. Januar 1907 ist
bestimmt, daß Luftschiffe und Ballons, die an der Gordon Bennett-Wettfahrt teilnehmen,
zollfrei eingeführt werden dürfen.
Die zollfreie Einfuhr ist beschränkt auf Ballons, die an Wettfahrten teilnehmen.
Ballons zu Schaustellungen irgend welcher Art genießen keine Zollfreiheit. Eine Be¬
scheinigung des Konsuls der Vereinigten Staaten in der Stadt, in welcher die Ballons
verschifft werden, muß eingereicht werden. Dieser Bescheinigung muß eine eidesstatt¬
liche Erklärung des Besitzers oder seines Beauftragten beigefügt sein, daß der Ballon an
der Gordon Bennett-Wettfahrt teilnehmen wird. Diese beiden Schriftstücke müssen bei
der Einfuhr in die vereinigten Staaten vorgezeigt werden.
Der Aero-Club von Amerika hat die Herren Niebrugge und Day, 121, Pearl Street,
New-York, mit der Wahrung der Interessen der Teilnehmer an der Wettfahrt beauftragt.
Die Ballons sollen möglichst 2 Wochen vor der Wettfahrt im Hafen von New-York ein-
treffen, damit sie mit Sicherheit St. Louis zu rechter Zeit erreichen.
Ferner soll den Herren Niebrugge und Day 8 Tage vor der Verschiffung des
Ballons diese mitgeteilt werden, mit Angabe des Namens des Schiffes.
Die Ballons müssen innerhalb 6 Monaten nach ihrer Einfuhr wieder ausgeführt
werden. Hochachtungsvoll
Cortland F. Bishop, Vorsitzender.
In St. Louis hat sich, wie bereits an andrer Stelle mitgeteiit, ein Aero-Club ge¬
bildet, der einen Ballon zur Gordon-Benett-Wettfahrt gemeldet hat. Da der Club
nicht über ausgebildete Führer verfügt, so werden sich Herr A. Bond Lambert und zwei
weitere Mitglieder nach Paris begeben, um die Ballonführung zu erlernen. 10 Aufstiege
für jeden der Herren werden als genügend angesehen. Die frühere Absicht, einen aus¬
wärtigen Führer aufzufordern, den Ballon des Aero-Club von St. Louis, die «City of
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St. Louis», der allerdings noch nicht existiert, zu führen, hat man fallen gelassen.
St. Louis gedenkt durch seine Mitbürger allein den Preis zu gewinnen.
Deutschland hat 3 Ballons zur Wettfahrt gemeldet, von denen 1 Ballon der Nieder-
rheinische Verein, die beiden anderen wahrscheinlich der Berliner Verein für Luftschiff¬
fahrt stellen wird. Die französischen Führer werden noch bestimmt. Spanien schickt
dieselben Führer wie im letzten Jahre, nämlich die Herren: Leutnant Kindelan, Leut¬
nant Herrera, Salamanca. England sendet als Vertreter die Herren: Prof. Huntington,
Rolls, Griffith-Brewer oder Moore-Brabazon. Italien und Belgien werden sich gleich¬
falls beteiligen.
Preise werden folgende gegeben: 1. Ehrenpreis und 10 000 Mk. (gegeben von Gor-
don Bennett), dazu 8000 Mk.
Eintrittsgelder; 2.4000Mk.;
3.3000Mk. (gegeben von den
United Railways); 4. 2000
Mk. (gegeben vonB.Nugent
Dry Goods Company);
5. 1000 Mk. (gegeben von
der German-American Press
Association).
Die Gasanstalt in St.
Louis (Laclede Gas Light
Co.) will reines Kohlengas
umsonst liefern. St. Louis
brennt sonst Kohlengas,
das halb mit Wassergas
gemischt ist; bei der Misch¬
ung gerät viel Luft in das
Gas, zum großen Ärger der
Abnehmer, die für die Luft
den vollen Gaspreis be¬
zahlen müssen.
Coy vom Aero-Club New-
York eine Freifahrt, um das Gas zu versuchen. Das nebenstehende Bild zeigt die Teil¬
nehmer an dieser Fahrt im Verein mit den Herren vom Vorbereitungskomitee der Wett¬
fahrt. Die Fahrt dauerte 3 Stunden, von 1 Uhr 30 bis 4 Uhr 30 und führte bis Cliffdall,
111., etwa 120 km weit. Die Füllung des 1000 cbm großen Ballons «Orient» dauerte
40 Minuten. E.
Aeronautische Preise.
Gordon-llennett-Wettfalirt. 19. Oktober 1907. 1. Ehrenpreis 18000 M.. 2. 4000 M.,
3. 3000 M, 4. 2000 M., 5. 1000 M.
Düsseldorf. 8 /9. Juli 1907. Freiballon-Weitfahrt. 1. 2000 M., 2. 1000 M., 3. 500 M.
Automobilverfolgung. 4 Ehrenpreise.
Paris—London. Preis des «Matin». Offen für Flugmaschinen oder Luftschiffe fran¬
zösischer Konstruktion. 14. Juli 1908. 200000 M.
London —Manchester. Preis der «Daily-Mail*. Offen für Flugmaschinen aller Länder.
200000 M.
Hierzu, wenn die Maschine ganz in England gebaut ist, 40000 M.,
wenn der Motor englischen Fabrikats ist, 10000 M.
Paris—Ostende. Preis der Badegesellschaft, Ostende. Offen für Flugmaschinen
aller Länder. Die Strecke muß in 24 Stunden zurückgelegt werden. 160 (XX) M.
phot. Wm. Burton, St. Louis.
Von links nach rechts die Herren: Alan R. Hawley, New-York, dann C. Nugent,
St. Louis .,Acro-CIub‘\ Cortland K. Bishop, Präs. Aero-Club of America, J. C.
Mc. Coy, New-York, K. G. Cowdery, Manager Gas Co, St. Louis, Leo Stevens,
New-York, Aug. Post, Sehriltf. Aero Club of America, Franc S. Lahin, Paris.
Am 1. Januar unternahmen die Herren Hawley u. Mc.
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92
Cap Gris-Nez— Dover oder umgekehrt. Preis Ruinart. Offen für Flugmaschinen
aller Länder vor dem 1. Januar 1910. 10 OOÜ M
St. Germaln—Senlis—Meaux—Melun—St. Gennain. Preis Deutsch de la Meurthe.
Luftschiffe oder Flugmaschinen aller Länder. Wanderpreis. 3 Wettfahrten. 1 Ehren¬
preis, je 16000 M.
Brookland. Preis der Automobil-Renn-Clubs von Brookland. Offen für Flugmaschinen
aller Länder. Ein Kreisflug von 4827 Meter Länge auf der Automobil-Rennbahn von
Brookland. 50000 M.
Brookland. Preis des «Graphic» und «Daily Graphic». Offen für Flugmaschinen
aller Länder. 1 Meile auf der Rennbahn von Brookland. 20 000 M.
Großer Preis Deutsch-Archdeacon. Offen für Flugmaschinen aller Länder. Ge¬
schlossene Kurve von 1 km Länge. 40 (MX) M.
Preis Arelideaeon. Wanderpreis. Vert. Santos-Dumont. Offen für Flugmaschinen
aller Länder. Flug von 220 m Länge. Ehrenpreis.
Preis Montagu de Beaulieu. Offen für Luftschiffe und Flugmaschinen aller Länder.
Längste Fahrt während des Jahres 1907. 10000 M.
Preis Barnum und Bailay. Offen für Flugmaschinen. Es muß jederzeit ein Flug
gemacht werden können. Ein Engagement und 40OCX) M.
Preis Lahm. Offen für Freiballons, Luftschiffe und Flugmaschinen. Weitfahrt.
Wanderpreis. Ehrenpreis.
Preis Pepin. Bedingungen noch nicht veröffentlicht. 800 M.
Preise der Ausstellung der „IJgue maritiune fran^aise 44 . Bedingungen noch nicht
veröffentlicht. ?
Preise der „Daily-Mail 44 für Flugmaschinen-Modelle. London 1907. 1. 3000 M. f
2. 1500 M., 3. 500 M.
Großer Preis für Flugmaschinen. Stifter und Bedingungen bisher noch nicht ver¬
öffentlicht. Der Aero Club of Amerika hat die Verfügung über den Preis. 800000 M.
E.
Erledigte Wettbewerbe.
Preis Bourdeaux-Pau. Der von C. F. Baudry, Präsidenten des Aero-Club du Sud-
Ouest, gestiftete Wanderpreis für eine Zielfahrt Bourdeaux-Pau wurde am 1. Dezember 1906
zum ersten Male von E. Loe mit einem Ballon von 700 cbm gewonnen. Der Sieger
landete in 25 km 500 m Entfernung vom Ziel nach einer Fahrt von 2 Stunden 40 Minuten.
Der Gordon-Bennett-Preis der «Ballons rouges» für Pilotballons von nicht mehr
als 1 m Durchmesser, die eine Postkarte tragen müßen, veranstaltet von der französischen
Zeitschrift «l’Auto», gelangte am 18. November 1906 zum Austrag. Es «starteten» 303 Ballons.
Der Sieger «landete» auf der Insel 01and (Schweden) nach einer Fahrt von 1347 km Länge.
Der zweite Sieger legte nur 615 km zurück. E.
Aeronautische Vereine und Begebenheiten.
Deutscher Luftschiffer-Verband.
Dem Verbände gehören nach dem soeben erschienenen Jahrbuch 9 Vereine mit
3185 Mitgliedern an. Die Zahl der Mitglieder hat sich gegen das Vorjahr um 442 ver¬
mehrt. Die Vereine sind jetzt sämtlich im Besitz eigener Ballons, die Gesamtzahl der
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Verbandsballons ist von 12 auf 17 gestiegen. Davon sind beim Berliner Verein einge¬
tragen 6, beim Niederrheinischen Verein 3, beim Augsburger Verein 2 und bei den übrigen
Vereinen je 1 Ballon. Es wurden ausgefübrt vom Berliner Verein 91 Fahrten, vom
Münchener Verein 7 Fahrten, vom Oberrheinischen Verein 12 Fahrten, vom Augsburger
Verein 21 Fahrten, vom Niederrheinischen Verein 64 Fahrten, vom Posener Verein
3 Fahrten, vom Ostdeutschen Verein 12 Fahrten, vom Mittelrheinischen Verein 16 Fahrten,
vom Fränkischen Verein 8 Fahrten, insgesamt 234 Fahrten. E.
Berliner Verein fUr Luftschiffahrt.
Die 262. Sitzung, zugleich Hauptversammlung des Berliner Vereins für
Luftschiffahrt, am 7. Januar, begann, nach Verlesung des Protokolls letzter Sitzung,
mit der Aufnahme von 10 neuen Mitgliedern. Den Vortrag des Abends hielt Professor
Dr. Süring über «Witterungsänderungen und deren Anzeichen mit Berücksichtigung der
Ballonwettfahrt». Es gab eine Zeit, so leitete der Redner seinen Vortrag ein, wo im
Verein für Luftschiffahrt die Meteorologie eine Hauptrolle spielte. Später trat sie gegen
die sich an Ballonfahrten knüpfenden sportlichen Interessen etwas zurück. Bei Wett¬
fahrten aber, wie eine solche am 14. u. 15. Oktober stattfand, erinnert man sich gern der
alten angenehmen Beziehungen und appelliert an die Meteorologie, um sich über die Wetter¬
lage und die wahrscheinliche Witterung in den Stunden der bevorstehenden Wettfahrt
zu unterrichten. Dann regt sich bei den Teilnehmern auch der Wunsch, ein eigenes
Urteil über Wetteraussichten zu besitzen, die Anzeichen bevorstehender Änderungen zu
kennen und richtig deuten zu lernen. In der Tat ist es für den Luftschiffer sehr wichtig,
sich pflichtmäßig in diese Dinge einzuleben, eigenes Urteil zu gewinnen und durch eigene
Überlegung auf die voraussichtliche Entwickelung einer gegebenen Wetterlage richtige
Schlüsse zu ziehen. In den meisten Fällen wird denkenden Menschen ja die zutreffende
Beurteilung einfacher Wetterlagen in bescheidenem Maße gelingen, namentlich wenn es
sich um Voraussage auf kürzeste Zeit handelt; allein es ist doch etwas anderes, sich
auf einem Fahrzeug, das so unendlich abhängig vom Wetter ist, wie der Luftballon, auf
Stunden einzuschiffen, als die günstigen oder ungünstigen Wetterchancen einer Landpartie
zu erwägen. Am nächsten verwandt mit dem Interesse des Luftschiffers an der Witterung
ist das des Landwirtes; aber das erstere ist umfassender und muß es sein. Denn während
der Landwirt sich wesentlich nur für Niederschläge interessiert, prüft der Luftschiffer
auch den Zustand der Bewölkung, Richtung und Stärke des Windes, das Aufsteigen von
Gewittern usw. mit Aufmerksamkeit. Denjenigen unter den Interessenten der Luftschiffahrt,
welche in diesem Sinne selbständiger in der Beurteilung des Wetters zu werden wünschen,
zeichnete der Vortragende einige allgemeine Regeln vor: Erstens mögen sie möglichst
viel Wetterprognosen eingehend studieren und dabei vergleichend die Wetterkarte zur
Hand nehmen. Zweitens mögen sie sich täglich, auch wenn Ballonfahrten nicht in Aus¬
sicht stehen, um das Wetter kümmern, sich Rechenschaft darüber geben, wie jeweilig
Änderungen der Witterung sich erklären, und Fragen solcher Art niemals gering achten.
In der fortlaufenden Beobachtung des Wetters liegt das Geheimnis, wie Leute, deren
Beruf es mit sich bringt, daß sie sich um das Wetter bekümmern, wie Schiffer, Jäger,
Bergsteiger, auch ohne Kenntnis von der wissenschaftlichen Begründung der meteoro¬
logischen Vorgänge, häufig gute Wetterpropheten sind, gewissermaßen ein Gefühl für das
Wetter erlangen. Drittens darf es dem, der kommendes Wetter wissen will, nicht ge¬
nügen, sich für die nächsten 1 bis 2 Tage darüber ins Klare zu setzen ; er muß zur
Erweiterung seines Blickes die mögliche Entwickelung in den nächsten 1 bis 2 Wochen
ins Auge fassen, sich in die Beobachtung verschiedener Wetter- und Wolkentypen ein¬
leben. Das verspricht umsomehr Erfolg, als sehr schroffe Witterungswechsel nicht allzu
häufig sind und vielfach durch bestimmte kleine Erscheinungen angedeutet werden.
Auch gestattet die Kenntnis der Wettertypen den berechtigten Schluß, daß eine Wetterlage,
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die einer früheren, in ihrem Verlauf bekannten ähnlich sieht, auch ähnlich wie diese ver¬
laufen wird. Ein Beispiel aus den letzten Monaten möge dies erläutern: Am 14. Oktober
sah die Wetterlage genau so aus, wie am 3. Oktober. Die Erfahrung gab der Voraussicht
recht, daß in den auf den 14. folgenden Tagen das Wetter etwa ebenso verlaufen
würde, wie in den Tagen nach dem 3. Oktober. Viertens sei den sich zu Wetterkundigen
heranzubilden Beflissenen empfohlen, zu verschiedenen Tageszeiten täglich auch den Instru¬
menten Barometer und Thermometer einige Augenblicke zu widmen. Die normalen täg¬
lichen Schwankungen des Barometers zeigen ein Ansteigen bis 9 Uhr vormittags, ein Fallen
bis 4 Uhr nachmittags, ein Wiedersteigen bis 9 Uhr abends und ein Wiederfallen bis 4 Uhr
morgens. Werden diese Phasen vom Instrument beobachtet, so darf man darauf rechnen,
daß das Wetter sich noch einige Tage hält. Das gilt indessen nur für mittlere Breiten als
Wetterregel. In den Tropen sind die täglichen Barometeränderungen noch viel regelmäßiger^
sodaß man beinahe die Uhr danach stellen kann; allein es treten trotzdem Wetterumschläge
ein. Außer dem Luftdruck hat auch der Wind seine tägliche Periode des Abflauens
vom Mittag zum Abend, die auf Andauer des bestehenden Wetters zu schließen be¬
rechtigt. Ist es umgekehrt, so steht eine Wetteränderung bevor. Wohl gemerkt gelten
diese Hausregeln nur für das bestehende gute Wetter, nicht für den Übergang von
schlechtem zu gutem Wetter. Nach diesen allgemeinen Regeln stellte Professor Süring
noch einige für den LuftschifTer besonders beherzigenswerte, spezielle Regeln auf. Der
LuftschifTer studiere an den Wetterkarten vor allem den Verlauf der Isobaren. Sie geben
ihm für die Höhe von 2000 m genau die Windrichtung an. Bis zu dieser Höhe gilt die
bekannte Rechtsdrehung des Windes mit zunehmender Höhe. Die von der Isobare ab¬
weichende Windrichtung an der Erdoberfläche ist durch die Reibung der Luft am Erd¬
boden veranlaßt, ln Höhen von 3000 m hat die Rechtsdrehregel keine Geltung mehr,
da sich hier der Wind ebenso häufig nach rechts als nach links dreht. Auch hierfür
gibt die Wettfahrt vom 14. Oktober ein Beispiel an die Hand: Bis in die Nähe des Ge¬
birges war bei den einzelnen Ballons die Regel der Rechtsdrehung je nach der Höhe, in
der sie segelten, zu konstatieren. In der Nähe der Sudeten aber bewirkte die vom Ge¬
birge veranlaßte Luftstauung ein Ablenken bald nach rechts, bald nach links selbst in
geringeren Höhen als 3000 m. Will man mit einiger Sicherheit das für die nächsten
Stunden bevorstehende Wetter erkunden, so achte man. besonders in der Nähe einer
Depression, nicht bloß auf das Steigen oder Fallen des Barometers, sondern auch, wie
es steigt oder fällt. Ist die Barometerkurve nach oben gewölbt, ist Verstärkung des
Windes zu erwarten, ist sie konkav, Verlangsamung des Windes und besseres Wetter.
Ist das Depressionsgebiet entfernter, so läßt langsame und gleichmäßige Änderung des
Barometerstandes auf Änderungen in gewisser Höhe schließen. Welcher Art diese
Änderungen sein werden, kann nur die Wolkenbeobachtung ermitteln. Auf alle Fälle
empfiehlt es sich für den LuftschifTer angesichts einer Luftreise, sich eine Wetterkarte
für 2000 m Höhe zu konstruieren und sich die Windkurve für diese Höhe zurechtzulegen;
denn es ist eine feststehende Erfahrung, daß man auf 2000 m Höhe den Ballon sehr
lange erhalten kann. Für eine ganze Zahl von Wetterlagen gibt es konstante Ballon¬
zugstraßen, wie durch eine Zusammenstellung der Landungsstellen im Vergleich mit dem
jeweiligen Witterungsbilde erkennbar ist. Am häufigsten wählen die Ballons von Berlin
aus die Straßen nach SO. oder SSO., südlich oder links der Oder, oder längs des Netze-oder
Warthebruches nach O., oder nach NNW. zur mecklenburgischen Küste, während die Richtung
nach W. zur Lüneburger Heide, oder nach SW. selten ist. Diese Beobachtungen haben
praktischen Wert, z. B. wenn gewünscht wird, Skandinavien im Ballon zu erreichen,
was nur bei einer bestimmten Wetterlage, hohem Druck im Osten, aussichtsvoll ist.
Überaus wichtig für den Luftschiffer ist endlich die Gewöhnung an die Beobachtung des
Wolkenhimmels und die Kenntnis der Wolkentypen, der Höhe, in der sie sich bewegen,
sowie der Schlüsse, die sie auf das kommende Wetter gestatten. Bestimmte Regeln auf
diesem Gebiete aufzustellen, ist allerdings kaum möglich. Professor Süring trug dieser
Schwierigkeit dadurch in geschickter Art Rechnung, daß er eine große und erschöpfende
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Reihe charakteristischer Lichtbilder der verschiedenen Wolken vorführte und bei jedem
einzelnen Typ angab, welche Schlüsse die Luftschiffer auf das Erscheinen dieser Wolken¬
gattung zu bauen berechtigt sind. Diese Darbietung wurde mit großem Beifall auf¬
genommen. Sie gab in Wirklichkeit eine schätzenswerte Belehrung für den Luftschiffer,
für die man Prof. Süring um so dankbarer sein durfte, als sie seiner langen und reichen
Erfahrung in praktischer Luftschiffahrt Ausdruck gab.
Zum Schluß gab der Vortragende noch an der Hand einer Karte, welche die Wege
der 17 Ballons, die an der Oktober-Wettfahrt teilgenommen, darsellte, sehr interessante
Mitteilungen über die wahrscheinlichen Ursachen, aus denen die Ballons gerade die Wege
genommen, die sie, obgleich fast gleichzeitig abfahrend, so weit auseinander geführt
haben. Bis Cottbus etwa war der Weg aller fast der nämliche, den Schwieloch-See
kreuzten 13. Dann trat die Trennung ein, teils weil in verschiedener Höhe verschiedene
Luftströmungen herrschten, teils aus den Ursachen, die oben als Einfluß des nahen Ge¬
birges gekennzeichnet sind. Die Wege einzelner Ballons, wie des «Schwaben», geben ein
sehr verwickeltes Bild, zum Teil infolge der Berührung des Gebietes eines kleinen lokalen
Minimums im Norden des Gebirges und seiner windstillen Zone. Die Schleifenbewegung
eines der hiervon betroffenen Ballons gibt ein sinnfälliges Bild von der Lufibewegung in
nächster Nähe einer Depression.
Aus dem nun folgenden, vom Schriftführer Dr. Stade erstatteten Bericht des Vor¬
standes über das abgelaufene Geschäftsjahr 1906 ist zu entnehmen, daß die Zahl der
Mitglieder am Ende des Jahres 1036 betrug. Die Einnahmen stellten sich auf Mk. 27 584,
die Ausgaben auf Mk. 15563, sodaß ein Bestand von Mk. 12021 verblieb. Allerdings
fehlt noch die Abrechnung über das Jubiläum. Dem Schatzmeister wurde Entlastung
erteilt; dem Mitglied Bankier Otto Müller, der dem Verein einen 1300 cbm haltenden
Ballon zum Geschenk gemacht, Dank votiert. Über die 1906 ausgeführten Ballonfahrten
berichtete der Vorsitzende des Fahrtenausschusses Leutnant Geerdtz. Es fanden im
ganzen 91 Fahrten statt, an denen 173 Herren und 6 Damen teilnahmen. 60 Fahrten
gingen von Berlin aus, 22 von Bitterfeld, je 2 von Koblenz, Friedrichshof und Karlsruhe,
je 1 von Oldenburg, Hannover und Breslau. 31 Fahrten waren Sonderfahrten, 37 Normal¬
fahrten, 17 Konkurrenzfahrten, je 2 dienten wissenschaftlichen Zwecken des aeronau¬
tischen Observatoriums, der Aufnahme von Ballonphotographien und der Ausbildung von
Personal. Die bei den Ballonfahrten durchschnittlich erreichte Entfernung war 160 km,
die durchschnittliche Fahrtgeschwindigkeit 33 km in der Stunde.
Die Neuwahl des Vorstandes erfolgte durch Akklamation auf Vorschlag von Rechts¬
anwalt Eschenbach, der dem ablretenden Vorstand und im besonderen für ihre außer¬
ordentlichen Leistungen im letzten Jahre den Herren Hauptmann Hildebrandt und Leutnant
Geerdtz wärmsten Dank aussprach, in den die Versammlung lebhaft einstimmte. Der
Vorstand wird im Jahre 1907 aus folgenden Herren bestehen: Vorsitzender: Geheimrat
Busley; stellvertretender Vorsitzender: Major Oschmann im Kriegsministerium; Schrift¬
führer: Dr. Stade; Vorsitzender des Fahrtenausschusses: Dr. Bröckelmann; Schatzmeister:
Herr Richard Gradenwitz; Bibliothekar: Oberleutnant George; Beisitzer: Geheimrat Miethe,
Professor Dr. Süring, Hauptmann Hildebrandt.
Seit letzter Versammlung haben drei Ballonfahrten stattgefunden. Am 20. Dezember
stieg zum 100. Male der Ballon «Süring» auf. Professor Dr. Süring hatte es sich nicht
versagen wollen, den nach ihm benannten Ballon auf dieser Fahrt, die dessen letzte sein
sollte, selbst zu führen. Begleiter waren die Herren von Borck und Dr. Stade. Der
Ballon landete nach 3 16 Stunden bei Hoppenrade in der Ostpriegnitz, Entfernung 74 km,
Stundengeschwindigkeit 23,1 km. Wie Professor Süring von dieser Fahrt berichtete,
zeigte bei diesem Aufstieg der Ballon nur geringe Symptome seiner Amtsmüdigkeit; denn
er ging mit 18 Sack Ballast ausgerüstet, von denen beim ersten Auftrieb nur 3 entleert
zu werden brauchten, sogleich bis über die Wolken und blieb hier in 1100 m Höhe
2 Stunden lang. Allerdings mußte zu dem Zweck jede Viertelstunde 1 Sack Ballast geopfert
werden; hiermit bekundete der Ballon seine Altersschwäche. Mit 6 Sack Ballast langte
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man nach 2 Stunden unter der Wolkendecke an, 4 davon waren noch bei der Landung
vorhanden, die am Schlepptau so sanft und fast zögernd erfolgte, als wolle der Ballon
so schnell dem Reich der Lüfte nicht Valet sagen, daß der vom Führer schon anbe¬
fohlene Klimmzug auf kurze Zeit wieder abbestellt werden mußte. Der Ballon ist, wie
Prof. Süring versicherte, bis auf die durchlässig gewordene Hülle, in allen anderen Teilen
noch unversehrt. Erstere zu reparieren, lohne sich aber nicht. (Zu diesem Bericht
machte Major Groß die Bemerkung, daß es doch eine der Technik zu empfehlende Auf¬
gabe sei, zu versuchen, ob sich alter Ballonstoff durch einen geeigneten Firnis wieder
gebrauchsfähig herstellen lasse. Ein im Kleinen gemachter Versuch sei außerordentlich
gut gelungen.)
Am gleichen Tage — 20. Dezember — stieg auch Hauptmann v. Krogh in Be¬
gleitung der Herren Dr. Treitschke und F. Schmidt mit dem Ballon «Helmholtz» (71. Fahrt)
auf und landete nach 5 Stunden bei Wittenberge, Entfernung 120 km, Stundengeschwindig¬
keit 24 km.
Am 30. Dezember, einem sehr kalten Tage, stieg Prof. Dr. Poeschel-Meißen in
Begleitung der Herren Dr. Reichel und Dr. Weißwange mit dem Ballon «Ernst» (22. Fahrt)
von Bitterfeld auf. Die Landung erfolgte nach 8& Stunden in mit einer Stunden¬
geschwindigkeit von 17,5 km zurückgelegter Entfernung von 140 km um 320 Uhr in
Badorf bei Dresden. Die Fahrt war eine höchst absonderliche! Wie Prof. Poeschel be¬
richtete, sollte sie schon um 4 Uhr morgens beginnen, verzögerte sich aber, weil der
Ballon mit Reif und Eis bedeckt war. Um 7 16 Uhr flügge geworden, durchbrach der
Ballon schnell die überaus dichte, über der Erde lagernde Wolkendecke und blieb
7 Stunden über den Wolken. Als man nach dieser Zeit, die Wolken kreuzend, wieder
zur Erde zurückkehrte, sah man einen großen Fluß und glaubte nicht anders, als daß
man bis zur Oder geflogen sei. Bald aber fanden die Luftschiffer, daß dem Fluß das
charakteristische Wahrzeichen der regulierten Oder, die Buhnen, fehlten, und im nächsten
Augenblick schon wußten sie, daß der Fluß die Elbe sei; denn a tempo erkannten die
drei aus Meißen stammenden Herrn in geringer Entfernung die bekannten Umrisse ihrer
Heimatstadt Meißen. Es wäre nun erfreulich gewesen, auch die Landung in Meißen zu
vollziehen, allein wie immer gestattete der Fluß den Übergang des Ballons nicht, sodaß
man an einem Hügel bei Lösnitz landen mußte, ganz nahe der Wohnung eines der
Mitfahrenden! A. F.
Münchener Verein für Luftschiffahrt.
In der am 15. Januar 1907 stattgefundenen ordentlichen Generalversammlung des
Münchener Vereins für Luftschiffahrt wurden folgende Herren in die Vorstand¬
schaft gewählt:
I. Vorstand: Generalmajor z. D. K. Neurcuther,
II. » Privatdozent Dr. R. Emden,
Schriftführer: Oberleutnant A. Vogel,
Schatzmeister: Hofbuchhändler E. Stahl,
Vorstand der Abteilung I: Professor Dr. S. Finsterwalder,
» » » II: Hauptmann H. Nees,
« » » III.: Dr. H. Steinmetz;
Beisitzer: Rechtsanwalt Hemmer, Professor Th. Kuen, Oberingenieur
Th. Kober, Hauptmann K. Reitmeyer.
Nach den Berichten der Abteilungsvorstände wurden 8 Freifahrten mit dem Ballon
«Sohncke» gemacht ; bei der Wettfahrt am 14. Oktober (von Berlin aus) errang Dr. R. Emden
mit dem «Sohncke» den 2. Preis.
Die an den sechs Sitzungsabenden gehaltenen Vorträge wurden schon in dieser
Zeitschrift referiert.
Die wissenschaftliche Tätigkeit des Vereins erstreckte sich hauptsächlich auf photo-
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grammetrische (Professor Dr. Finster walder), luftelektrische (Professor Dr. Ebert)
und luftbakteriologische Arbeiten. Auf diesem Gebiete hat sich der jüngst hier verstorbene
Professor Dr. Harz durch grundlegende Arbeiten hervorgetan. Er war langjähriges Mit¬
glied des Münchener Vereins, und Professor Ebert widmete ihm einen ehrenden
Nachruf.
Dann hielt Herr Professor Dr. Ebert den angekündigten Vortrag über «die Ballon¬
fahrt von Mailand nach dem Apennin».
Zu der den Schluß der V. Konferenz der internationalen Kommission für wissen¬
schaftliche Luftschiffahrt in Mailand bildenden Ballonfahrt standen 8 Ballons zur Ver¬
fügung. Der größte davon gehörte dem Mailänder Kaufmann Usuelli, und der Vortragende
konnte durch einen glücklichen Zufall an der Fahrt mit diesem 2000 cbm fassenden
Ballon «Gitta, di Milano» teilnehmen. Der Aufstieg erfolgte am 7. Oktober, vormittags 11 Uhr,
vom Ausstellungsplatz aus. Nur wenige Minuten konnten sich die Ballonfahrer des
malerischen Blickes auf die Ausstellung erfreuen, dann tauchte der Ballon in eine niedrig
liegende Wolkendecke ein. Doch war diese rasch durchflogen und bald darauf wurde
im Norden und Westen des die ganze Poebene erfüllenden Nebelmeeres die imposante
Kette der Schweizer und Tyroler Alpen sichtbar, überwölbt von einem tiefblauen Himmel.
Fortgesetzte, durch Beobachtung am Statoskop regulierte Ballastausgabe ermöglichte einen
ganz gleichmäßigen Aufstieg bis auf 5500 m. Unterdessen tauchten noch einige der
anderen Ballons aus dem Nebelmeer auf. Einer von diesen durchbrach die Wolken¬
schicht genau senkrecht unter dem «Milano» und schien mit dessen Schlepptau kolli¬
dieren zu wollen. Eine solche Berührung könnte unter Umständen verhängnisvoll werden,
da sich die vorhandenen Potentialdifferenzen wahrscheinlich unter Funkenbildung aus-
gleichen würden. Später stellte sich heraus, daß immer noch einige hundert Meter Luft¬
raum zwischen beiden Ballons vorhanden war; ein Beweis, wie leicht man sich in der
Schätzung vertikaler Dimensionen täuscht. Bis etwa 4000 m war der Ballon nordwest¬
lich geflogen. Von hier ab drehte er wieder allmählich gegen Süden, in Übereinstimmung
mit den schon öfters in der Poebene beobachteten Luftwirbeln. Jetzt zerriß auch die
Nebeldecke; zuerst zeigten sich die Flußläufe frei, dann wurde auch das Land bis auf
geringe Strecken klar. Bei der jetzt herrschenden südlichen Luftströmung wurde Mai¬
land in einer Höhe von ca. 5000 m nochmals passiert ; die Luft war so hervorragend
klar, daß man noch jedes Detail der Stadt, sogar des Domes, erkennen konnte. Sehr
genußreich war auch der Blick auf das Land mit seinem aderartig verzweigten Bewässe¬
rungssystem in der prächtigen Umrahmung der Alpen im Norden, des Apennin und aus
der Ferne schimmernden ligurischen Golfes im Süden. In der Nähe von Pavia wurde
der Po gekreuzt, der aus der Höhe auch alle Einzelheiten seines Grundes erkennen ließ.
Etwas verschwenderische Ballastausgabe ermöglichte ein 1V* ständiges Verweilen auf
5500 m; ohne Sauerstoffatmung ist das ziemlich lange. Trotzdem stellten sich keine
anderen physiologischen Erscheinungen ein, als Müdigkeit und ein gewisser Lufthunger
bei hoher Pulsfrequenz. Als der Ballon zu sinken begann, konnte mit den noch übrigen
zwei Sack Ballast der ziemlich rasche Fall natürlich nicht gebremst werden. Glücklicher¬
weise lag bei etwa 1200 m eine oben mit Wolken bedeckte kalte Luftschicht, infolge
deren der Ballon nochmals seine Gleichgewichtslage erreichte. Die Landung erfolgte
ohne Anwendung der Reißleine glatt im Tal der Trebbia im Apennin, an einem von
Mailand 110 km (in Luftlinie) gelegenen Punkte. Der Redner schilderte zum Schluß
sehr anschaulich die Aufregung, welche Landung, Bergung und Transport des Ballons
zur vier Stunden entfernten Landstraße bei der Landbevölkerung, einer spanischen
Enklave, hervorrief.
Im Anschluß an diesen Vortrag berichtete Herr Hauptmann N e e s von einer gleich¬
zeitig in einem der kleineren Ballons unternommenen Fahrt. Der 900 cbm fassende
Ballon erhob sich nur wenig über die Nebeldecke, so daß erst nach der Aufklärung am
Nachmittag die Alpen sichtbar wurden. Er trieb langsam nach Süden gegen Certosa bei
Pavia, kehrte dann in einer Höhe von ca. 2000 m um und flog fast den gleichen Weg
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg ^
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zurück, um am Ende einer Mailänder Straßenbahn bei Corsico zu landen. Die Fahrt bot
einiges fahrtechnische Interesse. Die Ballonhülle war mit Aluminiumbronze überzogen;
dieser zumal unter italienischer Sonne zweckmäßige Anstrich soll die erwärmende
Wirkung der Sonnenstrahlen vermindern. Ferner war der Ballon oben und unten durch
ein Ventil geschlossen; der Füllansatz hing neben dem Korbe, gleichfalls zugebunden
herab. Das untere Ventil öffnete sich automatisch bei einem bestimmten Gasüberdruck.
Kann jedoch unter Umständen hier das Gas nicht rasch genug abströmen, so muß natür¬
lich der (sich prall füllende) Füllansatz geöffnet oder das obere Ventil gezogen werden.
Daß letzteres mit einer roten Leine geschieht, erhöht nicht das Sicherheitsgefühl des an
die internationale rote Reißleine gewöhnten Fahrers. Redner hält diese Vorrichtungen,
welche einen möglichst geringen Gasverlust bezwecken, zwar geeignet für bestimmte Fälle,
z. B. möglichst langes Schweben in gleicher Höhe, zieht jedoch im allgemeinen die ein¬
fachere Anordnung unseres Freiballons vor. Dr. H. Steinmetz.
Augsburger Verein für Luftschiffahrt.
«Versuche mit dem Parsevalschen Motorballon» war das Thema für einen am
9. Januar 1907 im Augsburger Verein für Luftschiffahrt gehaltenen Vortrag des Ehren¬
mitgliedes Herrn Major z. D. A. v. Parseval.
Es waren zu diesem Vortrage im Saale des «Hotels zum weißen Lamm* die Mit¬
glieder des Vereins und als Gäste Stabsoffiziere und Offiziere des 3. Infanterie- und des
4. Feldartilleric-Regiments erschienen.
Ausgestellte Planzeichnungen und Tabellen der bis jetzt existierenden Motorballons
boten eine vorzügliche Übersicht der verschiedenen Systeme. Der Vortragende erklärte
an einer großen Zeichnung das Material, Beschaffenheit und Ausrüstung seines Motor¬
ballons in gründlicher Weise und ging dann zu Einzelschilderungen seiner in Berlin
gemachten Versuchsfahrten über. Es war daraus zu entnehmen, daß diese Fahrten
reichliche Erfahrungen in der praktischen Führung verschafften und bewiesen haben, daß
der Parsevalsche Motorballon den Anforderungen der Leistungsfähigkeit in bezug auf
Lenkbarkeit, Nehmen von beträchtlichen Höhen, Eigengeschwindigkeit gegen den Wind
und ganz besonders der Möglichkeit glatter Landungen genügen wird, die verhältnis¬
mäßig leichte Handhabung vor Abfahrt des Motorballons und nach dessen Landungen ist
ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Es haben sich bei diesen Versuchsfahrten ver¬
schiedene Verbesserungen ergeben, die sich nur bei praktischer Benützung des Motor¬
ballons herausstellen konnten, die jeweils sofortige Vornahme dieser Verbesserungen
diente dazu, Störungen der freien Fahrt möglichst auszuschließen.
Eine große Anzahl von Lichtbildern des Motorballons, denselben vor der Abfahrt,
während der Fahrt und bei der Landung zeigend, trug wesentlich dazu bei, das Ver¬
ständnis für die Eigenschaften des Lenkbaren zu vervollkommnen.
Es folgte nun noch die Vorführung vieler Aufnahmen, die gelegentlich der Wett¬
fahrt zur Feier des 26jährigen Bestehens des Berliner Vereins für Luftschiffahrt gemacht
worden sind, sowie von im Ballon aufgenommenen Städte- und Landschaftsbildern voa
Bayern und von der Schweiz, welche lebhaftes Interesse bei den Anwesenden erregten.
Der zweite Vorsitzende, Herr Gustav Riedinger, nahm das Wort, dankte dem
Vortragenden für seine geistvollen hochinteressanten Schilderungen, hob hervor, daß
selbst der genialste Erfinder Schwierigkeiten zu überwinden hat, betonte die Schneidig-
keit, welche das Einfahren mit einem Motorballon erfordert, und wünschte, daß Herr
Major v. Parseval in Berlin neuen guten Boden finden möchte und das Entgegenkommen,
wie es seine Unternehmungen von jeher hier in Augsburg genossen haben.
Der Schluß der Versammlung war eine herzliche Verabschiedung.
Heinz Ziegler.
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Kölner Klub för Luftschiffahrt.
In der letzten Sitzung des Kölner Aero-Klubs wurde beschlossen, den Klub von
jetzt ab «Kölner Klub für Luftschiffahrt» zu nennen. Der erst vor zwei Monaten ge¬
gründete Klub zählt bereits über 70 Mitglieder, darunter mehrere Damen der hiesigen
Gesellschaft.
Der Mittelrheinische Verein für Luftschiffahrt in Ooblenz hatte zu dieser Sitzung
einen Vertreter entsandt, welcher dem jungen Kölner Klub für Luftschiffahrt die Glück¬
wünsche des ihm befreundeten Coblenzer Vereins überbrachte. Der Mittelrheinische
Verein hat dem hiesigen Klub bis zur Fertigstellung seines eignen Ballons, der mit den
neuesten Verbesserungen ausgerüstet sein soll, wahrscheinlich im Monat März fertig sein
wird, seinen eignen Ballon zur Verfügung gestellt, sodaß der Kölner Klub für Luftschiffahrt
bereits jetzt in der Lage ist, seine Fahrten zu beginnen. Der Klub hat Verhandlungen
mit einer hiesigen chemischen Fabrik eingeleitet wegen Herstellung von Wasserstoffgas,
da beabsichtigt wird, auch Fahrten mit einem Wasserstoffgasballon zu unternehmen.
In den Vorstand wurden gewählt:
Rechtsanwalt Cornelius Menzen als Vorsitzender,
Fabrikbesitzer Gustav Langen zum stellvertretenden Vorsitzenden,
Dr. jur. Nourney zum Schriftführer,
Amtsrichter Dr. Cronenberg zum stellvertretenden Schriftführer,
Fabrikbesitzer Leopold Leven zum Schatzmeister, Köln, Kattenburg 1—3,
Fabrikbesitzer Hans Hiedemann zum stellvertretenden Schatzmeister,
Leutnant Zimmermann zum vorläufigen Vorsitzenden des Fahrtenausschusses.
Wiener Flugtechnischer Verein.
Die Flugtechnik in Frankreich wurde Freitag den 1. d. Mts. im Wiener Flug¬
techniker Verein in einem Vortrage des Herrn Oblt. d. R. Karl Li 11 v. Lilienbach
besprochen. Er sagte in Kürze: Außer den Flugversuchen mit dem Drachenflieger von
Santos-Dumont, der seinen zweiten «Raubvogel» in viel kleineren Flächendimen¬
sionen nahezu vollendet hat, sind heuer mehrere andere Flugmaschinen in Konstruktion
begriffen, die ebenfalls Beachtung verdienen. Der enragierte LuftschifTer Comte de la
Vaulx hat sich nun auch dem dynamischen Fluge zugewandt und baut im Vereine
mit dem allen Flugtechniker Tat in einen Drachenflieger mit einer an beiden Flügel¬
enden ein wenig abgebogenen Fläche von 13 m Spannweite, 2 Propeller, Doppelsteuer;
Lenker und 24 HP-Motor sind in einem zigarrenförmigen, mit Stoff überspannten Körper,
der knapp unter der Flügelfläche in der Schwerlinie hängt. Die Versuche sollen im Mai
im offenen Flachland, w t o gleichmäßiger Wind herrscht, beginnen. — Dieser Apparat wird
von Tatin dadurch wissenschaftlich begründet, daß derselbe einem segelnden Vogel, wie
der Seeschwulbe, an Gestalt am nächsten komme und auch nach mathematischer Be¬
rechnung, die allerdings niemals exakt sein könne, gut wurde fliegen können. — Interessant
war es zu hören, von welchem Einflüsse die Luftdichte auf den Effekt der Flugarbeit sei.
Bei 760 mm Barometerstand und 0° C. beträgt das Gewicht von 1 Kubikmeter Luft
1,3 kg; aber im Sommer bei z. B. 30 9 G. und 730 mm Barometerstand wiegt die Luft
nur mehr 1,1 kg. In demselben Maße muß auch der Nutzeffekt der Propeller und Trag¬
flächen um 14 V* 0 » abnehmen. Die Flugmaschine findet daher günstigeren Luftwiderstand
im Winter und nahe dem Meeresniveau. Herr v. Lill besprach ferner die verschiedenen
theoretischen Formeln mehrerer Flugtechniker und Gelehrten, die hauptsächlich aus dem
Grunde nicht miteinander übereinstimmen, weil der Koeffizient des Reibungswiderstandes
nicht genau festgestellt werden kann und außerdem je nach der Form der Flächen und
des Flugkörpers sehr verschieden groß ist. Gegenwärtig wurden auch mit dem Drachen¬
flieger von Vuia, der auf einem Trycicle läuft, Abflugversuche gemacht. Bisher w*ar die
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Anlaufgeschwindigkeit etwas zu gering. Weitere Flugmaschinen von Capitain F. Ferber,
Bleriot, Bellami, Roux u. a. gehen der Vollendung entgegen.
Die zahlreichen, in Frankreich, England und Amerika ausgeschriebenen aviatischen
Preise, deren Summe schon gegen 2 Millionen Franken ausmacht, wirken gewaltig auf
die Erfinder und Konstrukteure ein; aber es bleibt fraglich, ob dadurch die verkehrs¬
brauchbare Flugmaschine beschleunigt wird, denn die unbemittelten, begabten Erfinder
können nicht mit konkurrieren und die zwei reichen Amerikaner Wright undSantos-
Dumont hätten auch ohne Preise reüssiert. — Das Fliegen ist nur mehr eine Geld¬
frage !
Herr v. Li 11 gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, es mögen die hohen Kreise
und maßgebenden Stellen endlich der österreichischen Erfindung des Drachenfliegers
System Kreß ernstliche Aufmerksamkeit schenken und reichliche Förderung zuteil
werden lassen . . . sobald wir mit einer neuerlichen Förderungsaktion uns an die Öffent¬
lichkeit und Finanzkreise wenden werden.
Heute ist das Geldgeben für diese epochale Erfindung noch eine Ehre; — in 5
bis 10 Jahren wird es nur mehr ein Geschäft sein!!
Der Wiener Flugtechnische Verein bringt seinen Mitgliedern zur gefälligen Kenntnis,
daß er in Smidlenys Cafe «Kugel», Wien IV., Wiednerhauptstraße 38, folgende 9 fach¬
technische Zeitschriften aufgelegt hat:
1. Aöronaut, 2. Aeronautical Journal, 3. Aerophile, 4. Automobil-Zeitung, 5. Con-
quete de l’Air, 6. Illustrierte Aeronautische Mitteilungen, 7. Revue de PAviation, 8. Scien-
tific-American, 9. Wiener Luftschiffer-Zeitung.
Diese Zeitschriften sind in einer verschlossenen Mappe verwahrt und werden auf
Verlangen durch den Marqueur an Mitglieder des Vereins und sonstige Freunde der
Flugtechnik jeweilig zur Durchsicht im Lokale ausgefolgt. v. L.
A6ro-Club de France.
Der A6ro-Club de France hat für seine Beteiligung an der Mailänder Ausstellung
ein Diplom des «Grand Prix» erhalten.
A6ronautique Club de France.
Le 12 e diner a eu lieu le 8 janvier comme les precödents ä la Taverne du
N&gre. Parmi les presents nous avons remarquö: M. Archdeacon ä qui les convives
ont offert la Prösidence de la röunion, le L. Colonel Houdaille, Jaubert, membres
d’honneur du Club, M. A. de la Hault, le sympathique träsorier de l’Aöro-Club de Belgique,
M. M. Henri Julliot, etc.
Naturellement l’aviation et les derniers exploits du dirigeable «Patrie» de l’ingönieur
Julliot, ont fait les frais d’interessantes conversations.
A la fin du diner, M. Sauniere President de l’A-C-D-F. a remis au nom du Comit£
une plaquette ä M. A. de La Hault en remerciement de la part active qu'il a prise aux
fßtes aerostatiques de la saison derniöre et une mödaille ä M. Cormier au nom du Club
Aöronautique de l’Aube pour l'ascension exöcutee ä Troyes lors de la fete de cette
sociöte, le 14 juillet 1906.
Enfin les convives se sont söpares en se donnant rendez-vous pour le Grand
Banquet du Comitö des Dames de l A-C-D-F., qui aura lieu le 31 janvier au Palais d’Orsay.
Apres avoir decide pour la premiere fois en France, d’admettre les femmes avec
tous les droits et titres de sociötaires, EAeronautique-Club de France a cröe un Comit6
des Dames qui donnait sont premier banquet le 31 janvier dernier au Palais d’Orsay.
Cette jolie fßte qui avait reuni une centaine de convives a ete des plus reussies, les
:• • , .
• • ••«•••
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älägantes toilettes des dames altemaient autour de la table ölögamment däcoräe avec
les sombres habits noirs. M. le Commandant Renard presidait, il avait de ses cotös:
Mme. Surcouf prösidente du Comitö des Dames, et Mme. Bourdon, vice-präsidente.
A l’heure du Champagne, M. Sauniere, Präsident de l’Aero-Club de France, a donnä
lecture d’un tölögramme des sapeurs aörostiers, anciens öläves de l’Ecole fondöe par la
Sociätä, adressant leurs vceux respectueux au Comitä des Dames, puis il a prösentä
les fälicitations du Comitö de Direction au Comitö des Dames pour son active propa-
gande. Mme. Surcouf, prösidente du Comitö des Dames, a rappelö ensuite que le but du
comitä föminin est de dävelopper chez la femme le goüt de l'Aärostation et de prouver
que la femme n’est pas seulement apte ä parier Chiffons mais peut s’intäresser utilement
aussi aux progräs scientifiques et sportifs. M. Archdeacon parle aussi sur le mßme
thäme dans son allocution et aprös quelques paroles de M. Darras, le Commandant
Renard rappelle en termes fort applaudis, le but poursuivi par TAeronautique-Club de
France et retrace ses rapides progrös.
Une soiröe-concert des plus brillantes s’est prolongöe jusqu’ä une heure tres avancöe.
Aöro-Club du Nord de la France.
Als eine Abteilung des Automobile-Club du Nord hat sich ein neuer französischer
Luftschiffer-Verein unter obigem Namen mit 27 Mitgliedern konstituiert. E.
Aero Club of St. Louis.
In St. Louis hat sich ein Luftschifferverein unter obigem Namen mit etwa 70 Mit¬
gliedern unter dem Vorsitz von M. Dozier gebildet, dessen Hauptaufgabe die Vorbereitung
der Gordon-Bennett-Wettfahrt ist, zu dem er einen Ballon gemeldet hat. Das Bureau
des Klubs ist bis zur Fertigstellung des eigenen Klubhauses, gegenüber dem Forest-Park,
in den Räumen der Business Men’s League, 704 Locust Street. E.
Sportkommission des deutschen Luftschifferverbandes.
Zur Pflege eines richtigen aeronautischen Sportgeistes und zur Vorübung für den
Kampf um den Gordon-Bennett-Preis in St. Louis am 19. Oktober 1907 ist die Sport¬
kommission bemüht, noch vorher verschiedene Wettfliegen um Ehrenpreise in Deutschland
zu organisieren. Dank dem Entgegenkommen der Stadt Düsseldorf hat jetzt der Nieder¬
rheinische Verein sein Programm für das Wettfliegen am 8./9. Juni fertiggestellt.
In gleicher Weise schweben zurzeit Verhandlungen für ein Wettfliegen im Mai
laufenden Jahres von Mannheim bezw. im Anschluß an das Fliegen in Düsseldorf im
Juni von Ludwigshafen aus, für dessen Zustandekommen von seiten des Oberrheinischen
Vereins ein starkes Interesse vorliegt.
Anfragen für Düsseldorf sind an Hauptmann v. Abercron daselbst, Anfragen für
Mannheim und Ludwigshafen an Major Moedebeck, Straßburg i. E., zu richten. Mck.
Bücherbesprechungen.
Rudolf Martin, Berlin-Bagdad, das deutsche Weltreich im Zeitalter der Luftschiffahrt
1910—1931. Geh. 2.50, geb. 3.— M. (Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlags-
Anstalt.)
Der Verfasser, bereits in weitesten Kreisen durch das Werk «Die Zukunft Ru߬
lands» und als Nationalökonom von umfassendem Blick bekannt, entwirft in diesem Buch
eine Reihe von Phantasiegemälden über politische, in wenig mehr als zwei Jahrzehnten sich
vollziehende Umwälzungen, wobei die meisten der weltbewegenden Gedanken auf mili-
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tärischem, gesellschaftlichem, technischem, wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Ge¬
biet, wie sie uns bis zur Jetztzeit allmählich geläufig geworden sind, in ihrer ange¬
nommenen Weiterentwicklung vorgeführt werden. Es handelt sich dabei nicht um ein
planloses unvermitteltes Verirren in Ungeheuerlichkeiten; der Leser wird vielmehr an¬
geregt und gefesselt dadurch, daß das Unwahrscheinliche immer auf bestimmte Vor¬
bedingungen der Möglichkeit zurückgeführt wird, mit denen es steht oder fällt. Der
ursächliche Zusammenhang zuweilen auch sehr heterogener Dinge wird mit gewinnender
Darstellungskunst vor Augen geführt. Unter dieser Behandlungsart stellt sich die Be¬
herrschung des nach wilder Revolution neugeborenen Rußland durch einen hochbegabten
Abenteurer, die Ausdehnung des Deutschen Reiches bis über Mesopotamien, die glatte
Lösung einer Reihe jetzt schwebender Nationalitätenfragen, die territoriale Umgruppierung
verschiedener Staaten und die Wandlungen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, ebenso eine
Menge anderer Umwälzungen und Vervollkommnungen schließlich dar als Folgen einiger
als möglich angenommenen Errungenschaften — auf dem Gebiet der LuftschifTahrt. Es
handelt sich dabei um die Möglichkeit, das lenkbare Luftschiff und alle zugehörigen
Betriebsmittel binnen eines knapp bemessenen Zeitraumes so zu vervollkommnen, daß
man imstande ist, große schlagfertige Truppenmassen (ca. 800—1000 Mann per Schiff)
durch die Luft zu senden, Luftschiffe mit Lancierrohren und mit Granaten und Torpedos
in solcher Menge auszurüsten, daß sie ein wirksames Bombardement durchführen können,
ferner die Schnelligkeit der so beladenen Luftschiffe auf 3—400 km per Stunde zu steigern
und ihnen dabei einen Aktionsradius von Tausenden von Kilometern zu sichern, sie zu
befähigen, plötzlich und überraschend, längstens innerhalb einiger Minuten einen Flug¬
höhenwechsel um 5-6000 m vorzunehmen, sie mit Sauerstoffapparaten für die ganze
Besatzung auszustatten, so daß längere Fahrten in 9000 m und mehr Höhe möglich
werden usw. Auch die Stationen, Magazine, Landungsplätze pp. sind nicht übersehen.
Auf Annahme dieser Möglichkeiten baut sich wie angedeutet von Anfang an die Ent¬
wicklung der Vorgänge auf und wenn sich auch dem Leser unwillkürlich Hunderte von
Einwürfen immer wieder aufdrängen, so gestaltet sich der Endeindruck doch dahin, daß
wir zwar nur vom jetzigen Standpunkt der Wissenschaft und Technik aus zu urteilen
vermögen; daß aber in manchen Einzelrichtungen ein entschieden verneinender Stand¬
punkt nicht gerechtfertigt wäre. In einer Richtung allerdings bleibt entschiedener Zweifel
begründet, nämlich bezüglich des angenommenen Tempos für die erforderlichen Luft-
schiffahrts-Errungenschaften. Da müßte sich gegenüber dem bisherigen Verlauf, besonders
bezüglich des Wagemuts des Kapitals, schon noch sehr viel ändern. K. N.
Prof. l)r. W. Koppen. Klimakunde. I. Allgemeine Klimalehre. Zweite verbesserte
Auflage. Mit 7 Tafeln und 2 Figuren, 132 S. 8°. G. J. Göschensche Verlags¬
handlung, Leipzig 1906.
Die in der rühmlich bekannten Göschenschen Sammlung erschienene Köppen-
sche Klimakunde ist zwar eigentlich über unser Lob erhaben. Doch glauben wir
manchen Lesern einen Dienst zu erweisen, wenn wir auf die zweite Auflage dieser meister¬
haft geschriebenen kleinen Klimatologie aufmerksam machen. Der soeben erschienene
erste Teil behandelt die einzelnen klimatischen Elemente und die allgemeinen klima¬
tischen Typen und Zonen; in jeder Zeile streng wissenschaftlich zuverlässig, allen
neuesten Untersuchungen Rechnung tragend, inhaltsreich und doch zugleich mit überle¬
gener Auswahl des Stoffes, und llüssig, anschaulich und allgemein verständlich geschrieben,
stets die Beziehungen auf das organische Leben berücksichtigend. Mit besonderem Interesse
darf gerade in letzterer Hinsicht das Neuerscheinen des zweiten, speziellen Teils er¬
wartet werden. . de Q.
Gross, Major. Die Entwickelung der Motor-Luftschiffahrt im 20. Jahrhundert.
Berlin, O. Salle, 31 Seiten. 3 Fig.
Der am 11. Oktober 1906, anläßlich des 25. Jubiläums des Berliner Vereins für
Luftschiffahrt gehaltene Vortrag des Herrn Major Gros, über den bereits berichtet wurde,
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ist unter obigem Titel im Druck erschienen. In der beim Verfasser gewohnten knappen
und eleganten Form, dabei aber in erstaunlicher Ausführlichkeit gibt der Vortrag all¬
gemein verständlich die Fortschritte der Motor-LuftschifTahrt.
W. Stavenhagen, Hauptm. a. D. Über Himmelsbeobachtungen in militärischer
Beleuchtung. Berlin, Treptow-Sternwarte, 62 Seiten. Mk. 1,50.
Der kleine, populär geschriebene Führer am Himmel erläutert im wesentlichen die
Schätzung der Himmelsrichtungen nach Sonne, Mond, Planeten, Fixsternen, Dämmerung
und Zodiakallicht. Für den Luftschiffer von Bedeutung ist das Zurechtfinden am Stern¬
himmel, das im vorliegenden Heftchen kurz in genügender Ausführlichkeit erläutert wird.
J. Hofmann, Reg.-Rat a. D. Sprachliches über Luftschiffahrt. Zeitschrift des All¬
gemeinen deutschen Sprachvereins. 22. Jahrg., Nr. 1. Januar 1907. S. 8—10.
Der Verfasser schlägt u. a. vor, lür die kürzlich gebildeten Worte: «Motorluftschiff
und Motorballon», das Wort «Luftschiff» zu gebrauchen, für «Flugmaschine und Flug¬
apparat» «Flieger» zu sagen (also Drachenflieger, Schraubenflieger etc.). Die Worte
gehören ja schon der deutschen Sprache an und werden z. B. in Moedebecks Taschen¬
buch mit gleicher Bedeutung angewendet, sodaß die Bildung von Fremdwörtern und
neuen Zusammensetzungen zum mindesten überflüssig ist.
L’Aeronaute, Dezember 1906. M. Armengand (jeune). «Le probl&me de P Aviation et
l’Aöroplane de M. Santos-Dumont.»
Pläne des Drachenflieger Santos-Dumont mit Maßangaben.
L'A6ronautique^ Januar 1907. « La construction des dirigeables scientifiques.» Ausführ¬
liche Beschreibung des Luftschiffes: La Ville de Paris (Deutsch de la Meurthe).
«Un nouveau Statoscop». Der übliche abschließbare Luftraum ist mit einem
kleinen Blasebalg aus Goldschlägerhaut verbunden, das Instrument gibt bei einer Änderung
von 7 «° mm Druck (25 cm Höhenänderung in der Nähe des Meeresniveaus) einen Aus¬
schlag von 1 mm.
I/Aeropliile, Dezember 1906. A. de Ma sfr and. «Le dirigeable militaire: Patrie » Kon¬
struktion und bisherige Leistungen des neuen französischen Kriegsluftschiffes.
Januar 1907. S. 16. Ferber, les Expöriences de M. M. Solir&ne. Ein
neuer Gleitflieger nach Lilienthalschem Prinzip.
Meteorologische Zeitschrift, Dezember 1906. A. de Quervain. Neue Beweise für
die Realität der oberen Inversion in 8 bis 13 km Höhe.
Ballooning and Aeronautics. A monthly illustrated Record. Vol. 1. Nr. 1. Jan. 1907.
London.
Mit dem vorliegenden Heft beginnt eine monatliche englische Fachzeitschrift für
Aeronautik zu erscheinen. Aus dem reichhaltigen Inhalt führen wir an: «The Wright
Aeroplan» mit Abbildungen des neuesten Fliegers, die allerdings nach einem von Pro¬
fessor Huntington und Wainforth hergestellten Modell gegeben werden, «The Winner of
the Krabbe Cup» (Mrs. Assheton Harbord), «The Berlin Aero Club», «Long-distance
Ballooning» von P. Spencer, eine eingehende Beschreibung der bekannten Fahrt vom
27.—28. November 1906 von London nach Nevy (Jura). Die Zeitschrift ist ein neuer
Beweis dafür, daß nun auch in England ein reges aeronautisches Leben herrscht.
The Aeronautical Journal 1907, Nr. 41. W. N. Shaw, On the Use of Kites
in Meteoroligal Research. S. 2. Meteorologische Resultate der in England aus¬
geführten Drachenaufstiege.
R. M. Baiston, The Stability of the Conic Shape in Kites and Flying
Maschines. S. 21. E.
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Personalia.
Geh. Regierungsrat Prof. Busley wurde der Kgl. Kronenorden 2. Klasse verliehen.
Geh. Ober-Regierungsrat Prof. Dr. W. v. Bezold, Direktor des Kgl. Preuß. Meteoro-
log. Instituts, ist von der Akademie der Wissenschaft zu St. Petersburg zum korrespon¬
dierenden Mitglied gewählt worden.
Prof. Dr. W. Koppen, Leiter der Drachenstation der Seewarte, Hamburg, erhielt
den Charakter als Admiralitätsrat.
Ewald v. Kleist, Oberleutnant in der Schutztruppe für Südwestafrika, wurde zum
Hauptmann befördert und in das Luftschifferbataillon versetzt.
A. Lawrence Rotch, Direktor des Blue-Hill-Observatoriums, Boston, korrespon¬
dierendes Mitglied des Berliner Vereins für Luflschiffahrt, wurde zum Professor der
Meteorologie an der Harvard-Universität ernannt.
Major Tokunagra, unser langjähriger japanischer Mitarbeiter, welcher vor Port-
Arthur die japanische Luftschifferabteilung geführt hat, ist nach München zum 3. bayer.
Pionierbataillon kommandiert worden.
llildebrandt, Hauptmann im LuftschifTer-Bataillon, unser Mitarbeiter, hat seinen
Abschied eingereicht und beabsichtigt, sich dem Studium der aeronautischen Meteorologie
zu widmen.
Graf Henry de la Vaulx, unser bekannter Mitarbeiter, ist zum Officier de
rinstruction publique ernannt worden.
Georges Bans, unser früherer Mitarbeiter. Redakteur für Aeronautik der Zeitschrift
«Les Sports«, ist zum Officier de rinstruction publique ernannt worden.
Die Firma C. P. Goerz, Berlin-Friedenau, stiftendes Mitglied des Berliner Vereins
für Luflschiffahrt, feiert ein interessantes Doppeljubiläum, nämlich das der Herstellung
des lOOOOOsten Trieder-Binocle und das der Herstellung des 200(XX)sten Präzisions-
Objektivs.
PompeYen Piraud, französischer Flugtechniker, bekannt durch sein Werk: Les
Söcrets du coup d’ailes, Paris 1903, ist am 25. Januar in Lyon gestorben.
Leutnant Bois, Führer des Luftschiffes «La Patrie» von der 2. Kompagnie des
25. Genie-(LuftschifTer-)Bataillons, wurde zum aeronautischen Zentral-Etablissement nach
Meudon kommandiert.
Hauptmann Berner, Chef der 2. Luflschiffer-Kompagnie des 25. Genie-Bataillons,
wurde als Ordonnanz-Offizier zum Kriegsminister kommandiert.
Hauptmann Borsehuek von der aeronautischen Versuchsstation zu Meudon wurde
zum Kompagniechef der 2. Kompagnie des 25. Genie-Bataillons ernannt.
Humor.
Druckfehler. «Mon dirigeable von H. de la Vaulx» hieß ein Artikel im Dezember¬
heft 1906 der 111. Aer. Mitt. In der neuen englischen Zeitschrift «Ballooning and Aeronautics»
lesen wir auf Seite 32 unten dafür: «Non-dirigible: H. de la Vaulx».
Ein bekannter Berliner Erfinder wird im Januarheft 1907 des <Aöronautique* auf
Seite 18, Sp. 1 unten «M. Sauswindt» genannt.
- ^ -
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.
Die Redaktion.
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”1
Za „Illustrierte Aeronautische Mitteilungen*. April-Heft 1907.
(Nach einer Photugravüre von R. Dtihrkoop, Berlin-Hamburg.)
Kommissionsverlag von Karl J. Trübner in Stnüibnrs
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. *ms April 1907. *«*■ 4. Heft.
m. •K'.ae.'är«.« ^'**'**'-mr--** ■»>€.■**■ 4? «« »•■»«■k »**:**.'*' «.-**%«& ■*■ y^T*-**. v»
Wilhelm v. Bezold f.
An der Bahre Wilhelm v. Bezolds trauert neben ihren älteren und
berühmteren Schwestern, der Physik und der Meteorologie, die Wissenschaft,
der diese Blätter mitdienen, die Aerologie.
Es ist ein besonderes Kennzeichen bedeutender Männer, daß sie auch
auf Schaffensgebieten, denen sie nicht den besten Teil ihres Könnens ge¬
widmet haben, auf Gemarkungen, die sie nur mitbeackern helfen, ihre eigene
Fahne aufpflanzen, aus eigenem Geiste geborene Ideengänge auslösen.
Die wissenschaftliche Heimat Bezolds war in der ersten Periode seines
Schaffens die eigentliche Physik, vor allem die Elektrizitätslehre, die Optik
und Farbenlehre, in der zweiten die Meteorologie, insbesondere die Gewitter¬
kunde und die Thermodynamik der Atmosphäre gewesen; sein Lebensabend
gehörte neben dieser zumeist dem Erdmagnetismus. Seine allgemeine Be¬
deutung zu würdigen, die ihm zukommende Stellung in der Geschichte
dieser Forschungszweige festzulegen, ist andern Vorbehalten; nicht uns ge¬
ziemt es, dies zu tun, und nicht diese Blätter sind geeignet, vor der Welt
hiefür Zeugnis abzulegen.
Von seinen thermodynamischen Studien aber, von der «Physik der
Atmosphäre», der Wissenschaft, die gerade Bezold aus der Taufe gehoben
hat*), führte ihn frühzeitig eine feste Brücke zur Luftschiffahrt. Nur diese
letztere konnte ihm das reale Substrat liefern für die klaren, so einfachen
und doch so schönen Sätze, die er gleich festen Grundmauern auf diesem
Wissensgebiete aufrichtete.
Hervorgerufen hat er die moderne, große aerologische Bewegung nicht.
Dies zu betonen, war er, der fremdes Verdienst stets anerkannte, der erste.
Aber er hat ihr, ob auch ihrer Praxis nicht näherstehend, in die Ausbildung
ihrer Methoden nicht eingreifend, klar umschriebene Aufgaben gestellt, er
hat ihr Fragebogen vorgelegt, die eine Beantwortung gebieterisch erheischten
und ihren Jüngern immer wieder aus dem Gestrüpp der Einzelheiten die
Pfade zur Forschung von größeren, umfassenderen Gesichtspunkten aus ge¬
wiesen. Wir können uns ihn aus unserer Wissenschaft gar nicht hinweg¬
denken .
Die alte Streitfrage aller historischen Betrachtung, die dem genetischen
Momente nachgeht, sei es auf dem Gebiete der Völker- und Staatengeschichte,
sei es auf dem der Kultur- und Wissenschaftsentwicklung: «ob bedeutende
♦) Die Bezeichnung €Physik der Atmosphäre» ist zuerst von Bezold in der Wissenschaft eingebürgert
worden.
Illustr. Aeronaut Mitteil. XI. Jahrg.
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Männer ihre Zeit machen oder die Zeit die Männer hervorruft», wäre wohl
längst im ersteren, näherliegenden Sinne entschieden, wenn nicht immer
wieder ein merkwürdiges Zusammentreffen, eine auffällige gleichzeitige Pro¬
duktion von sich wechselseitig ergänzenden, einander zur Vollreife geradezu
notwendigen Geistern den Betrachter solcher Entwickelungen, solcher kul¬
turellen oder wissenschaftlichen Geburten, stutzig machte.
Wie so oft in der großen Welthistorie, so auch auf dem kleinen, uns
hier beschäftigenden Gebiete.
Keinem, der hier miterlebt hat, wird es zweifelhaft sein, wie zuerst
die gewaltige Initiative und Energie Aßmanns den Stein ins Rollen gebracht,
das seit Jahrzehnten schlafende Dornröschen der Luftforschung machtvoll
geweckt, im eigentlichen Sinne ins Leben gerufen hat, wie dann neben ihm
die Zähigkeit und der Ideenreichtum von Rotch, sowie die konsequente, auf
breitester wissenschaftlicher Basis einsetzende, vielseitige Arbeit Teisserenc
de Borts neue Methoden geschaffen, neue Probleme gezeitigt und Antworten
auf sie gefunden, — in welch rastlos bauende, den Bau nach allen Seiten ver¬
breiternde und stützende Hand endlich die nun international gewordene
Forschungsmethode bei Hergesell gelegt worden ist.
Aber von diesen leitenden Namen der Aerologie ist der Name
Wilhelm v. Bezolds nicht zu trennen.
Zwiefach hat er hier mitgeschaffen: nach zwei verschiedenen Seiten
hin liegen seine Verdienste um die forschende, insbesondere die meteoro¬
logische Luftschiffahrt.
Die eine Hälfte seiner Mitarbeit w r ar mehr äußerlicher Art — und doch,
wie die Dinge lagen, von großer Wichtigkeit für die praktische Möglichkeit
einer Aerologie, zu mindest an ihrem ersten'Ausstrahlungspunkte, in Berlin.
Weil er inneres Verständnis hatte für die Bedeutung der Aßmannschen
Pläne, für die Möglichkeiten, die erst durch dessen neues Instrument ge¬
boten wurden, die Zustände der freien Atmosphäre an jedem Punkte in allen
ihren dreien bedingenden Faktoren: Druck, Temperatur und Wasserdampf¬
gehalt zuverlässig festzustellen, nicht nur, wie bisher, bloß in dem ersten,
weil er einsah, wie erst auf diesem festen Grunde weiter zu bauen war,
stellte er sich von Anfang an mit Begeisterung auf die Seite dieser neuen
«Höhenmeteorologie». Er förderte sie als Leiter des ihm unterstellten In¬
stituts, wie als Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Er tat es durch
rege Anteilnahme an allen Vorarbeiten, durch Agitation innerhalb der Aka¬
demie, von der er unter anderem eine materielle Zuwendung für die ersten
Berliner Ballonexperimente erwirkte, durch liberalste Zurverfügungstellung
der Arbeitskraft mehrerer seiner Beamten sowie des Instrumentariums des
Meteorologischen Instituts u. a. m. Von Bedeutung war auch, daß er seine
freundschaftlichen Beziehungen zu Männern, wie Helmholtz, Siemens und
anderen ersten Geistern in der Welt der Naturwissenschaften, alsbald zu¬
gunsten des neuen Unternehmens in die Wagschale warf und deren Interesse
für dieses zu gewinnen wußte.
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Dies war das äußerliche Moment. Noch fruchtbarer wurde seine
innere Beziehung zur meteorologischen Höhenforschung.
Durch seine Untersuchungen zur Thermodynamik der Atmosphäre hatte
er, unter Präzisierung von teilweise neuen Grundbegriffen, wie: potentielle
Temperatur, spezifische Feuchtigkeit, Mischungsverhältnis, zusammengesetzte
Konvektion, die Grundlagen geschaffen, um die so wichtigen vertikalen
Luftbewegungen scharf zu definieren, und feste Kriterien gegeben, Zustands¬
änderungen innerhalb einer und derselben Luftmasse, die nur aus solchen
Bewegungen resultieren, von Mischungen verschiedenartiger Massen zu unter¬
scheiden. Er wies darauf hin, daß das Bild der vertikalen Temperaturver-
teilung, wie es sich aus den Ballonaufstiegen ergab, den neueren theoretischen
Anschauungen über die Bildung eines mittleren Zustandes in den höheren
Schichten entspreche, während Glaishers Aufstiege noch einen unlösbaren
Widerspruch hierzu ergeben hatten. Er zeigte, wie die Regelmäßigkeit der Tem¬
peraturumkehrungen in den unteren Luftschichten und deren quantitative
Unbeschränktheit die Erdoberfläche nicht nur, wie gewöhnlich betont wird,
zu einem Wärmereservoir für die Atmosphäre, sondern in anderem Sinne
ebenso gut zu einer Quelle der Abkühlung für die unteren Schichten der¬
selben macht, und gab die Erklärung dieses scheinbaren Widerspruchs. Er
betonte, wie wenig der Gang der vertikalen Temperaturabnahme nach den
neueren Feststellungen in Übereinstimmung zu bringen ist mit der Kon¬
vektionstheorie der Zyklonen und Antizyklonen. Er machte aufmerksam
auf die eigentümlichen Vorgänge an den Oberflächen von Wolkenschichten,
welche infolge von Verdunstung und Strahlung entstehen, und auf die Stellung
solcher Wolkengrenzen als einer «sekundären Erdoberfläche».
Dies alles sind naturgemäß nur wenige Schlagworte aus seinen Be¬
trachtungen über diese Grundfragen der Meteorologie; eine große Reihe
weiterer fruchtbarer Gedanken schloß sich ihnen an. Nicht alles hiervon
ist bestehen geblieben; die regelmäßige tägliche Forschung mit Drachen,
wie besonders diejenige in den hohen Schichten mittels Registrierballons,
hat auch hierin in den allerletzten Jahren einige Wandlungen in den An¬
sichten gebracht. Aber kennzeichnend für seinen weiten Blick, seine scharfe
Beurteilung des notwendigen Entwickelungsganges ist, daß er bereits vor
7 Jahren, in den «Theoretischen Schlußbetrachtungen» zu den «Wissen¬
schaftlichen Luftfahrten», am Ende seiner Ausführungen, als wichtigstes, was
nunmehr zu geschehen hätte, diejenige Forschung bezeichnete, die erst viel
später einsetzend, heute wohl im Mittelpunkte des Interesses aller unserer
Arbeiten steht — die aerologische Forschung über dem Ozean und in den
Tropen!
Seine Leistungen auf anderen Gebieten können hier, wie betont, nicht
besprochen werden. Kaum streifend möchten wir nur erwähnen, wie er
wichtige Beiträge zur Lehre von der Dämmerung lieferte, wie er, kaum der
Meteorologie zugewendet, alsbald in Bayern den meteorologischen Dienst be¬
gründete und dort speziell den ersten modernen Gewitterdienst schuf, wie
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er das preußische meteorologische Institut von Grund aus reorganisierte
und, unter geschickter Heranziehung vorzüglicher Mitarbeiter, binnen kurzem
zu einem vorbildlichen umgestaltete, wie er auf dem Gebiete des Erd¬
magnetismus den Begriff der Isanomalen des erdmagnetischen Potentials
einführte, sich eifrigst beteiligte an den Anregungen und Plänen zu einer
Nachprüfung der Gaußischen Theorie durch eine magnetische Vermessung
in großartigstem Maßstabe, und den Versuch unternahm, Erdmagnetismus
und Meteorologie durch ein engeres, inneres Band zu verknüpfen. Auf
einem ganz anderen Felde aber war er unter allen Vorarbeitern und Vor¬
läufern, die Heinrich Hertz bei seiner unsterblichen Entdeckung gehabt hatte,
nach Hertz’ eigenem Zeugnis derjenige, der dieser Entdeckung am meisten
nahe gekommen. Vielleicht hat nur die Verlegung seiner Tätigkeit auf
das meteorologische Gebiet ihn an der Ausführung des letzten, entscheidenden
Schrittes in dieser Richtung gehindert.
So ist denn mit Wilhelm v. Bezold ein ausgezeichneter Gelehrter von
uns geschieden — zugleich aber ein vorzüglicher Lehrer, Berater und An¬
reger, sowie ein liebenswürdiger Mensch von feinster Geisteskultur.
Wenn der nach ihm benannte, neueste und schönste Ballon des Berliner
Luftschiffervereins — und wir wissen, daß diese Ehrung ihm noch im letzten
Lebensjahre große Freude bereitet hat — stolz die hohen Schichten des
Luftmeeres durcheilt, denen Wilhelm v. Bezolds stetes Sinnen und emsiges
Forschen zugewendet war, so möge er Zeugnis ablegen, daß wir Luftschiffer
ihn, der nie im Korbe eines Luftballons gesessen, dennoch stets als einen
der unserigen betrachten, ihm allezeit, in treuem Gedenken, Verehrung und
Dankbarkeit bewahren werden. Arthur Berson.
cK
Aeronautik.
Die Form des Tragkörpers von Luftschiffen.
Von P. Denninghoff und H. Ellas.
Zur Ermittelung des Luftwiderstandes von elektrischen Schnellbahn¬
wagen wurden im Jahre 1904 von der Studiengesellschaft für elek¬
trische Schnellbahnen unter Leitung eines der Verfasser Versuche 1 )
angestellt, deren Resultate auch für die automobile Luftschiffahrt von Wert sind.
Bei den Versuchen kam es nicht darauf an, die absolute Größe des
Widerstandes, den verschiedene Formen bei der Bewegung in der Luft
finden, zu ermitteln, sondern es galt vielmehr nur, Vergleichs werte
zwischen den verschieden geformten Körpern in bezug auf ihren Luft¬
widerstand festzustellen. Zu diesem Zweck wurde die bereits von Newton
angewendete Methode durch Messung der Ausschlagweiten eines im luft-
*) Die Versuche wurden in einem Vortrag, der im Verein Deutscher Maschincn-Ingenieure am
27. März 190G gehalten und in Glasers Annalen 1906, Band 58, Nr. 696 veröffentlicht wurde, mitgetoilt.
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erfüllten Raum schwingenden Pendels, dessen schwerer Teil durch ver¬
schieden geformte Modelle gebildet wurde, benutzt.
Die Modelle sind aus Holz in einfachen Formen hergestellt, wie die
Figuren 2 zeigen. Der mittlere Teil ist bei allen Modellen derselbe und an
diesen können genau passende Endstücke von verschiedener Form angesetzt
werden. Durch Metalleinlagen sind die Modelle vor den Versuchen auf das
gleiche Gewicht gebracht. Der Versuchskörper wurde an 4 Stahldrähten
von 0,16 mm Dicke so aufgehängt, daß seine Schwingungen in einer durch
seine Längsachse gehenden Vertikalebene erfolgen, wie die Figur 1 er¬
kennen läßt. Die Drähte sind oben über Rollen gelegt und von dort zu
einer an der Wand befestigten Stellvorrichtung b geführt, durch welche die
richtige Pendellänge, die rund 3,2 m betrug, eingestellt wird. Zum Messen
der Pendelausschläge ist ein hölzernes Gestell mit einem Kreisbogen her¬
gestellt, auf dem zwei Schlitten c und f beliebig eingestellt werden können.
Der eine dieser Schlitten trägt eine Vorrichtung zum Festhalten des Modells
in der ursprünglichen Ausschlagstellung. Beim Beginn des Versuches wird
das Pendel dadurch ausgelöst, daß der Stromkreis eines mit der Feststell¬
vorrichtung verbundenen Elektromagneten geschlossen wird. Der andere
Schlitten dient zur Aufzeichnung der Ausschlagweite des Pendels und ist
mit einem Papierstreifen belegt. Ein an dem Versuchskörper angebrachter
feiner Pinsel h zieht am Ende des Ausschlages eine Linie auf dem Papier¬
streifen und auf diese Weise kann der Ausschlag des Pendels bei jeder
Schwingung genau gemessen werden.
Die Modelle wurden, nachdem sie sorgfältig auf das gleiche Gewicht
von 1 kg gebracht waren, an den Drähten aufgehängt, von ein und dem¬
selben Punkt aus in Schwingung versetzt und so lange in der Pendelbewegung
erhalten, bis die Ausschlagweite um ein bestimmtes Maß abgenommen hatte.
Jeder Körper erleidet hierbei einen gleich großen Verlust an Arbeitsvermögen
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110
und die Anzahl der hierzu erforderlichen Schwingungen ist offenbar um so
größer, je geringer der Luftwiderstand des schwingenden Körpers ist. Die
Schwingungszahlen zweier verschiedener Körper ergeben mit großer An¬
näherung unmittelbar den Weg, welchen der Körper in der Luft unter
Überwindung des Luftwiderstandes zurückgelegt hat. Die Arbeit ist in allen
Fällen die gleiche, nämlich die festgesetzte, konstante Abnahme der Fallhöhe
multipliziert mit dem konstanten Gewicht von 1 kg. Auf Luftschiffe an¬
gewendet heißt
0 H3t dies also: die
Zahlen zeigen den
Weg, welcher mit
2. \ o. 95i einer bestimmten
^/ Arbeit relativ zur
3 .
umgebenden Luft
o . 974 zurückgelegt
wurde. Da die Ar¬
beit bei gleich-
4 . ( ^ i bleibender Kraft
des Motors pro¬
portional dem
i . 062 Benzinverbrauch
ist, so ergeben die
Zahlen auch das
o. <3*0* 1 . 099 Verhältnis der Ak¬
tionsradien bei
gleich großen und
i . i66 gleich starken
Luftschiffen ver¬
schiedener Form.
1 • Als Einheit ist die¬
jenige des an bei¬
den Enden halb-
1 • 348 kugelförmig abge¬
rundeten Lang¬
ballons angenom-
i • 588 men# Wenn die be¬
stimmte Abnah-
Fig. 2.
me der Schwing¬
ungsweite bei einem Modell nicht genau mit dem Ende einer Schwingung zu¬
sammenfiel, so ist aus den zunächst liegenden Pendelausschlägen durch
Interpolation der noch fehlende Teil der Schwingung berechnet worden, um
die genaue Schwingungszahl zu erhalten. Der größeren Sicherheit halber
sind die Versuche mit jedem Modell mehrere Male und an verschiedenen
Tagen wiederholt worden. Wenn dieselben Verhältnisse herrschten, waren
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111 «44
die Schwingungszahlen genau die gleichen; aber Änderungen des Barometer¬
standes, der Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit bewirkten sofort eine
Änderung des Luftwiderstandes, die aus den Schwingungszahlen zu er¬
kennen war. Es fanden deshalb während der Versuche Beobachtungen des
Barometers, des Thermometers und des Hygrometers statt und die Versuchs¬
ergebnisse wurden danach auf die gleichen Verhältnisse umgerechnet. Dabei
zeigte sich, daß die in dieser Weise ermittelten Ergebnisse aller mit dem¬
selben Modell ausgeführten Versuche völlig übereinstimmten.
In der Figur 2 sind die Grundrisse der für die Luftschiffahrt in
Frage kommenden Versuchskörper geordnet nach der Größe ihres Luft¬
widerstandes aufgezeichnet und rechts neben diesen Grundrissen die ge¬
fundenen Verhältniszahlen angegeben.
Der Widerstand der Drähte ist bei den Versuchen nicht berücksichtigt
worden, was indessen unbedenklich ist, weil er an sich nur gering ist und
weil bei allen Modellen dieselben Drähte verwendet wurden und somit der¬
selbe Widerstand in Abzug zu bringen sein würde.
Die Geschwindigkeiten, für welche die gefundenen Zahlen gelten, sind
im Maximum etwa 3,7 m. p. Sek. Eine Extrapolation auf größere Ge¬
schwindigkeiten ist bekanntlich nicht zulässig, sodaß das Verhältnis zwischen
den Werten zweier Formen für andere Geschwindigkeiten verschieden aus-
fallen wird. Daß dagegen eine Umkehrung dieses Verhältnisses eintreten
wird, beziehungsweise daß die Reihenfolge der nach der Größe der Wege
angeordneten Formen eine andere bei anderen Geschwindigkeiten wird, ist
höchst unwahrscheinlich. Die gefundenen Werte ergeben daher auf jeden
Fall einen Maßstab für die Güte der Form des Tragkörpers. Die an¬
gewendete Methode brachte es mit sich, daß Modelle, welche an den beiden
Enden verschiedene Formen aufweisen, nicht untersucht werden konnten.
Die Versuche lassen sofort erkennen, daß die besonders spitzen Formen
allen anderen weit überlegen sind. Von den bisher gebauten Luftschiffen
zeigen bekanntlich die französischen Kriegsluftschiffe («Le Jaune» und «Patrie»)
eine scharfe Spitze. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die guten Leistungen
dieser Luftschiffe trotz verhältnismäßig schwacher Motoren damit im Zu¬
sammenhang stehen. Das Parsevalsche Luftschiff ist bekanntlich halbkugel¬
förmig abgerundet. Durch Ersatz dieser Halbkugel durch eine scharfe
Spitze wird es entschieden an Geschwindigkeit gewinnen. Das Zeppelinsche
Luftschiff hat ungefähr die Form Figur 2 Nr. 7. Die Enden sind Parabeln,
daß diese günstige Form zur Erzielung der bekannten großen Eigenge¬
schwindigkeit bei sehr geringem Kraftbedarf beigetragen hat, ist wohl
außer Zweifel.
Das für die Form des Tragkörpers Gesagte gilt natürlich auch für
die Gondeln, wenn auch bei diesen, wegen ihres geringen Raumes, die Form
nicht von solcher Wichtigkeit ist. Eine gute Gondelform zeigt Figur 2, 8,
die keine Rundungen verlangt und trotzdem nur geringen Luftwiderstand
ergibt.
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»»» 112 «4«
Zur Ermittelung des Einflusses der vorspringenden Teile an den Seiten¬
wänden wurden an dem Modell Figur 2, 8 schmale Kartonstreifen von 0,7 mm
Dicke in senkrechter Richtung und
in verschiedenen Anordnungen, die
aus der Figur 3 hervorgehen, an¬
gebracht. Die in der bereits be¬
schriebenen Weise berechneten Er¬
gebnisse der mit diesen Körpern
ausgeführten Pendelversuche geben
die annähernden Wege bei gleicher
aufgewendeter Arbeit neben jedem
0 * 9/0 Modell an. Aus diesen ist zu er¬
sehen, daß ein Vorsprung an der
von den beiden schrägen Flächen
gebildeten Kante (Fig. 3, 3) am
ungünstigsten wirkt und zwar noch
ungünstiger als die Verbreiterung
der Stirnflächen durch Leisten
(Fig. 3, 2). Die 12 Leisten oder
Schlaufen an den parallelen Seiten¬
wänden (Fig. 3, 8) verursachen
0 . 963 nur eine geringe Widerstandsver¬
mehrung. Es ist jedoch zweck¬
mäßig, bei allen Luftschiffen glatte
0 • Seitenwände durchzuführen. Im¬
merhin ergibt sich aber die be¬
ruhigende Tatsache, daß die An¬
bringung von Aufhängeschlaufen am Traggurt nach Figur 3, 8 den Wider¬
stand nur unwesentlich vermehrt, sodaß in dieser Beziehung an der üblichen
Aufhängung nichts zu verbessern sein dürfte.
Die Pläne Wellmanns für 1907.
Die Expedition Wellmann kehrte, nachdem der Bau der Ballonhalle und der Zu¬
sammenbau des mechanischen Teiles des Luftschiffes begonnen war, im September vorigen
Jahres nach Paris zurück. Der mechanische Teil wurde auf der Däneninsel unter Auf¬
sicht eines Amerikaners und zweier Norweger zurückgelassen, die Hülle wurde zur Revision
nach Paris mitgenommen. Die Füllung der Hülle mit Leuchtgas wurde am 12. Januar 1907
in der «Galerie des Maschines* in Paris vorgenommen. Trotzdem das Gas dauernd unter
einem Drucke von 4—5 mm Wassersäule gehalten wurde, zeigte der Stoff nicht die ge¬
ringste Durchlässigkeit, was ein gutes Zeichen für seine Güte ist. Man muß dabei be¬
rücksichtigen, daß der Stoff 6 Monate lang in einer Kiste verpackt war und große
Temperaturschwankungen auszuhalten hatte. Eine neue Hülle ist daher für 1907 nicht
erforderlich. Dagegen beabsichtigt Wellmann, den Inhalt des Tragkörpers um etwa
1000 cbm, also von 6300 auf 7350 cbm zu vergrößern, indem in seinen größten Quer¬
schnitt eine Bahn von 5 m Länge eingesetzt wird.
Die Gondel, welche in Spitzbergen zurückblieb, soll nicht mehr verwendet werden.
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113
Die neue Gondel, aus Stahlrohr, wird 35 m lang werden und etwa 800 kg wiegen. Im
hinteren Ende wird der Benzinbehälter, ein Rohr von 80 cm Durchmesser und 16 m
Länge mit einem Inhalt von 4000 Liter angebracht.
Die früheren beiden Motore werden durch einen Motor von 100 H* ersetzt, der
zwei seitwärts angebrachte Schrauben, ähnlich dem Lebaudy-Luftschiff, treibt.
Die Geschwindigkeit des Luftschiffes wird auf etwa 25 km pro Stunde angenommen.
Da das Benzin für etwa 100 Stunden ausreicht, so würde der etwa 1200 km lange Weg
zum Pol hin und zurück gemacht werden können. Für die Rückreise sind jedoch Auto¬
mobilschlitten vorgesehen, die, leichter als die früheren, sehr schweren, konstruiert werden.
Außerdem werden 12 Hunde mitgenommen.
Wellmann hofft, das neue Material bis Ende April fertig zu stellen und gedenkt
dann sofort zum Virgo-Hafen abzudampfen. Er nimmt an, daß die Reise zum Pol, nach
einigen VorversucheiF, diesmal endgültig im Juli oder August angetreten werden kann.
Als Besatzung sind außer .dem Leiter noch Major Hervey, vom Wetterbureau der
Vereinigten Staaten, Gaston Hervieu, als Aeronaut, sowie ein Mechaniker und zwei
Luftschiffer vorgesehen. (Nach l’A6ropbile.) E.
„ Ballonführer-Flaggen.
Unter diesem Titel wurde im Februar-Heft 1907 der I. A. M. der Gedanke erörtert,
ä la Jockeyklub Farben, die sich durch Flaggen ersichtlich machen sollen, auch beim
Ballonsporte einzuführen.
Zugleich wurde schon ein buntes Feld von 20 Ballonrennern, wenn es erlaubt ist,
sich so auszudrücken, abgelassen und ihre Farben registriert.
Theoretisch ist die Idee recht nett, aber der Praktiker muß sich getreu dem Sprich¬
wörter Eines paßt ja nicht für alle! davon fernhalten.
Erstens bedeutet die Vermehrung der Korbausrüstung um eine neue Leine eine
neue Gelegenheit, das ohnehin reichlich bemessene Seilwerk (Korbstricke, Appendixstricke,
Schleiftaue, Ankerleinen, Ventilleine, Reißleinen, Psychrometerleinen etc.) in Unordnung
zu bringen.
Zweitens kann man die verschiedenen Farben auf eine Distanz von 500 m in der
Regel nicht unterscheiden. Die «Farben» des einzelnen Aeronauten kommen daher als
solche nur zur Geltung vor der Abfahrt oder — um dem Bilde treu zu bleiben — beim
Starte und beim Einlauf, bei der Landung! Und wer beobachtet dort die Flagge ? In
welchem Zustande «präsentieren sich die durch wiederholte Siege weltbekannten Farben
am halbvollen, schlappen, vom Winde in den unmöglichsten Linien gezerrten Ballon?
Hat man dort vielleicht nicht Wichtigeres zu tun, als die Fahne hochzuhalten?
Und wenn man dann mühsam unter dem zusammengesunkenen Riesen die Flagge
oder deren ruhmvolle Reste andächtig hervorzerrt, ist es vielleicht möglich, daß einer
oder der andere der johlenden Bauern sich erkundigt, was eigentlich dies bunte Wimpel
zu bedeuten habe, und man kann dann — wenn es die Zeit und der Ort gestattet —
darlegen, warum man ein schwarzes Kleeblatt auf weißem Grunde als Wappen mit
sich führt!
Ich bitte ob der Abschweifung um Entschuldigung, aber es war zu verlockend!
Wenn schon durchaus beflaggt werden muß, so ist es viel empfehlenswerter, ein¬
fache Seidenpapierfahnen, auf ein Pappendeckelstück geklebt, 2 m lang, 30 cm breit, an
die Gänsefüße des Netzes zu hängen; das flattert und glänzt nicht allein bei der Abfahrt,
sondern zeigt auch dem Ballonführer, sobald [der Ballon, so ferne der kleinen Welt,
dahinschwebt, durch leises Rauschen und Knistern an, daß der Ballon seine Gleich¬
gewichtslage verloren hat oder in eine andere Luftströmung getreten ist.
Diese Bahnen nun, welche wir schon in der Silbererschen Aeronautischen Anstalt
im Prater anno 1890 in bunter Reihe: rot, weiß, blau etc., etc., herzustellen lernten,
Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. lö
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*»►» 114
und welche eigentlich dazu dienen, die Luftströmung unterhalb des Ballons während der
Fahrt und speziell vor der Landung zu sondieren, kann man in den Reichs- oder
Landesfarben hersteilen and hat auf diese Weise ein Mittel, bei der Abfahrt jubelnd
sein Vaterland zu nennen, kann während der unvergleichlichen Reise durch die Lüfte
die Ballongrüße, die man an die farbigen Fahnen hängt, dem zum Himmel blickenden
armseligen Erdenbewohner senden und ihm so Nachricht geben, wessen Leute Kind über
sie hinwegschwebt.
Und bei der Landung selbst wird es keine Fragen geben, was das schwarz-weiß-rot
oder schwarz-gelb zu bedeuten habe.
Jaroslaw, Februar 1907. Hinterstoisser, Hauptmann.
Graf v. Zeppelin hat die Genehmigung erhalten, zur weiteren Förderung seiner
Unternehmungen eine Lotterie zu veranstalten, deren Ziehung aut Mitte April 1907 zu
Berlin festgesetzt ist. Die neue schwimmende Ballonhalle in Friedrichshafen soll im
Spätsommer fertig werden. Auf der internationalen Sport-Ausstellung zu Berlin im Mai
dieses Jahres beabsichtigt Graf Zeppelin ein Modell seines Luftschiffes auszustellen.
Das Luftschiff „de la Yaulx tt , über dessen Erfolge im vorigen Hefte berichtet
wurde, ist nun entleert und wird in die neue Halle, welche der Comte de la Vaulx in
Saint-Cyr erbauen läßt, überführt werden. Die Hülle war 67 Tage lang gefüllt. Während
dieser Zeit hat das Luftschiff 14 Aufstiege ausgeführt und zwar bei ziemlich strenger
Kälte, die bis 8° unter Null betrug. Die mehrfach gezeitete Geschwindigkeit des Luft¬
schiffes betrug 36 km pro Stunde. Daß Comte de la Vaulx mit diesem Luftschiff imstande
war, ohne fremde Hilfe zu landen, ist bereits erwähnt worden. (Derartige Landungen
sind auch vom Parseval-Luftschiff im August und am 26. 10. 06 ausgeführt worden.)
Es ist ihm außerdem gelungen, wegen einer Havarie selbst zu landen, den Schaden aus¬
zubessern, wieder aufzusteigen, und so auf dem Luftwege seine Halle wiederzugewinnen.
E.
Flugtechnik.
Aus der flugtechnischen Praxis.
Von R. Schelies, Hamburg. *
Trotzdem der Aufruf an alle Freunde der Flugtechnik (111. Aer. Mitt.
1906, Heft 6) ohne Erfolg geblieben ist, bin ich doch in der Lage, über
weitere Experimente berichten zu können.
Vorerst erlaube ich mir aber folgendes zu bemerken: Es ist für die
Entwickelung der Flugmaschine von größtem Wert, daß die praktischen
Flugtechniker, wenn schon ein korporatives Zusammenarbeiten nicht beliebt
wird, ihre gemachten Erfahrungen von Zeit zu Zeit an dieser Stelle ver¬
öffentlichen. Es gehört allerdings ein gewisser Mut dazu, auch über nicht
ganz gelungene Versuche zu berichten, da die Allgemeinheit zu sehr ge¬
neigt ist, in jedem halben einen Mißerfolg zu erblicken, welcher die ganze
Sache in Mißkredit bringt, zumal, wenn der betreffende Konstrukteur nicht
zufälligerweise Millionär ist.
Jeder, der nicht gerade aus Reklamebedürfnis, sondern um der Sache
selbst willen sich Flugtechniker nennt, sollte bedenken, welcher Aufwand an
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Arbeit, Zeit und Geld dadurch gespart wird, daß gemachte Fehler sich nicht
wiederholen. Jeder Mißerfolg zeigt, wie man es nicht machen soll. Wenn
man die Berichte über die Erfolge der Gebr. Wright, Santos Dumont etc.
liest, so muß man glauben, das Problem ist gelöst. Auch aus meinem
ungeschminkten Bericht (111. Aer. Mitt. 1906, Heft 3) spricht der Opti-
Nachdruck verboten.
Apparat Nr. 4 a mit 3 P. 8. Motor, oa. 11 m hooh.
mismus und trotz vieler Versuche haben wir heute noch keine praktische
Flugmaschine. Woran liegt das? Jeder ernste Flugtechniker wird bestrebt
sein, etwas Ganzes zu leisten. Eine Flugmaschine, die zum Aufflug vier
Mann, eine Abflugbrücke, Anhöhe oder sonstige nicht an Bord befindliche
Hilfsmittel braucht und beim Landen mehr oder weniger beschädigt wird,
hat einen sehr problematischen Wert. Ehe man größere Flüge macht, muß
man daher eine brauchbare, am Apparat angeordnete Aufflugvorrichtung
schaffen, worauf auch alle neueren Preisausschreiben hinzielen, da die Vor¬
schriften dafür nur an Bord befindliche Hilfsmittel zulassen.
Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich die sonst unverständliche
Scheu verschiedener Konstrukteure, mit ihrem Apparat an die Öffentlichkeit
zu treten, mit dem Mangel einer brauchbaren Aufflugvorrichtung in Zu¬
sammenhang bringe.
Es gab bisher elf verschiedene Aufflugmethoden und zwar:
1. Absprung von Erhöhungen (Lilienthal etc.),
2. Absprung von einer Brücke (Ferber, Stefren etc.),
3. Aufwerfen durch 2 bis 4 Mann (Wright, Schelies),
4. Abrollen mittels Plattformwagens auf Schienen (St. Louis 1904 mehr¬
fach geübt, Schelies),
5. Kippstelzen (Lehmann, Schelies),
6. Klappstelzen auf Rädern (Hofmann, Schelies),
7. Schleppen gegen Wind (Bellamy, Archdeacon, Ludlow),
8. Lift-Ballon (Montgommerry, Santos Dumont etc.),
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116 €44«
9. Drachen Wirkung und Halteseil (Ludlow, Schelies),
10. Abrollen von schräger Brücke (Hofmann, Schelies),
11. Räderantrieb und Drachenwirkung (Hofmann, Vuia etc.).
Da keine eingehenden Berichte über die Brauchbarkeit der Mehrzahl
dieser elf verschiedenen Methoden existierten, war ich gezwungen, deren
Wert durch kostspielige und zeitraubende Experimente zu ermitteln, und
übergebe das Resultat, im Interesse der Sache, hiermit der Öffentlichkeit.
Um Material zu schonen, wurde zuerst der alte Apparat Nr. 3 in
Stand gesetzt und durch Teile von Nr. 4 ergänzt. Es sind im ganzen vier¬
zehn Versuche gemacht worden. Die mit 1 und 2 bezeichneten Methoden
kamen der Konstruktion und des Apparatgewichts wegen nicht in Betracht,
auch ist der richtige Abflugwinkel hierbei nicht sicher vorauszubestimmen.
Aus letzterem Grunde mußte auch die dritte bei meinen Versuchen am
18. 10. 04 und 17. 11. 04 angewandte Methode als nicht brauchbar be¬
trachtet werden. Um den Unterbau des Apparates Nr. 3 stabiler zu machen
und Beschädigungen beim Landen zu vermeiden, wurden die Räder, dem
Beispiel der Gebr. Wright folgend, beseitigt und durch Kufen aus Gasrohr
ersetzt. Der Apparat wurde nun nach Methode 4 auf einen auf Schienen
von der Brücke ablaufenden Plattformwagen gestellt.
Diese Abilugmethode ist für Experimente brauchbar, wenn die
Brücke hoch genug ist, jedoch muß man die Verbindung mit der Plattform
des Wagens im richtigen Augenblick lösen, da sonst Malheur passiert.
Es wurde eine rechts drehende Kurvenlinie von 110 m Länge 1 ) und zirka
6 m Scheitelhöhe gemacht. Für die Praxis hat diese Methode aber ebenso
wenig Wert, wie 7, 8 und 10, weil der Apparat dabei auf Hilfsmittel an¬
gewiesen wird, die nicht überall vorhanden sind. Daß aber Gleitkufen
praktisch sind und das Landen angenehm machen, kann ich nach den dabei
erhaltenen Beulen und den Beschädigungen des Apparats nicht mehr gelten
lassen. Ich beneide die Gebr. Wright jedenfalls um das — mit dieser Kon¬
struktion — gehabte Glück.
Methode 5: Einem erloschenen Patente von Lehmann 2 ) entnahm ich
die Idee, den Apparat auf 3 Stelzen zu stellen und durch willkürliche Ver¬
längerung des hinteren Stelzbeines dem Apparat eine Kippbewegung nach
vorn zu geben. Sobald der Schwerpunkt des Apparats vor den Füßen der
beiden Vorderstelzen zu liegen kommt, legen sich alle drei Stelzen auto¬
matisch an den Unterbau des Apparates und dieser hätte (theoretisch) eine
Fallhöhe von zirka 2 m unter sich Trotz vielfacher Verstellung der Flügel¬
und Tragflächen zur Horizontalen wollte es nicht gelingen, dieselben in die
von der Kippbewegung bedingte Lage zu bringen, weshalb die an dem Hof-
mannschen Modell erprobten Klappstelzen (Methode 6) versucht wurden.
Diese unterscheiden sich von den vorigen dadurch, daß sie paarweise ver¬
bunden sich kreuzen und an den Füßen Räder tragen. Sie legen sich nach
') Nach Benutzung eines Motors von 3 HI*, bereits überholt.
*) D. U. P. 149 586.
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117
Auslösung einer Arretiervorrichtung ebenfalls horizontal an den Apparat und
garantieren demselben eine entsprechende Fallhöhe. Trotzdem eine hori¬
zontale Anfangsbewegung des Apparats hierbei nicht zu erwarten war (der
Hofmannsche erhält sie durch einen Schraubenpropeller) und weil diese Ein¬
richtung von der vorigen wenig abwich, also nicht sehr kostspielig war,
so wollte ich untersuchen, ob die horizontale Anfangsbewegung unbedingt
notwendig ist, um mit eigener Kraft zum Schweben zu kommen. Daraus
wurde jedoch nichts, vielmehr überzeugte mich der Wind von der Unzweck¬
mäßigkeit der hohen Stelzen überhaupt. Während nämlich die Versuche
mit den Kippstelzen bei einer Windgeschwindigkeit von 2—3 m gemacht
wurden, wehte während dieses Experimentes eine solche von 4—5 m, wobei
der bemannte Apparat im letzten Augenblick mehrmals umgeworfen und
beschädigt wurde, weil der Schwerpunkt zu hoch lag.
Methode 9: Diese von Lud.low geübte Methode beruht auf der Drachen¬
wirkung der beim Aufflug entsprechend schräge gestellten Flächen des
mittels eines Halteseils verankerten Apparats. Abgesehen davon, daß dabei
ein kräftiger Wind Vorbedingung ist, stieg der Apparat infolge seiner Breite
nicht ohne weiteres senkrecht, sondern machte Seitenbewegungen, wobei er
mit dem Erdboden kollidierte und einen Hilfsmann verletzte.
Auf Erprobung der elften Methode verzichtete ich, da bei dieser ebenso
wie bei der 4., 7. und 9. der Wind- resp. Luftdruck unter den Flügeln
kontinuierlich wächst und demnach der zum rhythmischen Flügelschlag vor¬
läufig erforderliche Fall ans toß fehlt.
Einzelne dieser Experimente werden über (lässig erscheinen, jedoch be¬
dauere ich nicht, sie gemacht zu haben, da sie mich mit dem Apparat ver¬
trauter machten und der Wert resp. Unwert der betreffenden Aufflug¬
methoden nunmehr feststeht; außerdem machte ich dabei eine vielversprechende
Entdeckung — wovon ein andermal. Demnächst beginne ich mit dem Ein¬
bau einer Aufflugvorrichtung eigenen Systems, welche sich dem Apparat
besser anpaßt und diesen unabhängig von Terrain und Windgeschwindigkeit
macht. Der Flug und die glatte Landung ist Übungssache, und solange die
erforderliche Praxis hierin fehlt, halte ich die Benutzung eines oder mehrerer
rotierenden Radkränze als automatischen Stabilisator (Schlick) im Gegensatz
zu andern Flugtechnikern für zweckmäßig, zumal dessen Anordnung durch¬
aus keine Schwierigkeiten macht, wie von Kreß angenommen wird.
Im übrigen halte ich den Flügelflieger trotz allem als das rationellste
System der Luftfahrzeuge und er dürfte — meiner Ansicht nach trotz seiner
Billigkeit — stets den Schnelligkeitsrekord halten. 1 )
') Zu den widerspruchsvollen, aus der „Uaily-Mail“ übernommenen Zeitungsberichten, nach denen
ich mich um den X 10 000 Preis der „Uaily-Mail“ zu bewerben gedenke, bemerke ich, daß die Redaktion
der „Daily~Mail u dies anscheinend aus meinem Ersuchen um Übersendung der Bedingungen entnommen hat.
Ehe ich jedoch nicht sichere Beweise der Zuverlässigkeit meines Fliegers habe, denke ich nicht an eine
Bewerbungum den X 10 000 Preis, trotzdem meine bisherigen Erfahrungen mich dies hoffen lassen; es
sind ja auch Preise für kleine Strecken zu holen.
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Oer neue Motorgleitflieger von Etrich-Wels.
Von Dr. R. Nimfiihr-Wien.
(Nachdruck verboten.)
Indem ich dem an mich ergangenen Ansuchen der Redaktion gerne nachkomme,
will ich im Folgenden den Lesern der «I. A. M.» einige Mitteilungen über den neuen
Motorgleitflieger von Etrich-Wels machen.
Die Bezeichnung «Motorgleitflieger» besagt schon, daß es sich um einen Gleit¬
flieger handelt, der mit einem Motor ausgerüstet ist. Nimmt man den Motor und den
Propeller weg, so stellt der Apparat einen typischen Gleitflieger dar, der sich auf den
ersten Blick von dem Lilienthalscben Eindecker nur wenig zu unterscheiden scheint.
Sieht man genauer zu, so findet man jedoch eine Reihe von Abweichungen, die sich
durchwegs als sehr wesentliche Verbesserungen der klassischen Grundtype Lilienthals
erweisen. Zunächst überrascht die Form der Tragfläche; sie hat die Gestalt eines Halb¬
mondes mit abgerundeten Ecken oder eines — Kneiferetuis. Wer in der Botanik be¬
wandert ist, dem gibt die Samenform der Zanonia macrocarpa *), einer javanischen
Cucurbitacee, ein noch getreueres Abbild der Tragfläche des Etrich-Wels-Gleitfliegers.
Neben dieser merkwürdigen Gestalt weicht die Tragfläche der neuen Gleitmaschine auch
durch die Form der Wölbung von allen bisherigen Mustern ab. Bisher hat man immer
nur mit parabolisch oder kreisförmig gewölbten Flächen experimentiert. Die Tragfläche
des Etrich-Wels-Gleitfliegers besitzt nun eine doppelte Wölbung. Am Vorderrande ist sie
nach unten zu konkav gewölbt, gegen den Hinterrand zu wird die Krümmung nach unten zu
konvex.
Die beiden nach rückwärts liegenden abgerundeten Enden der Tragfläche sind stark
aufgedreht und wirken als Steuerfläche und zwar gleichzeitig als Horizontal- und Vertikal¬
steuer. Der Apparat besitzt außer der Tragfläche keinerlei Steuer, weder das bisher
übliche Horizontal- noch auch ein Vertikalsteuer. Der Schwerpunkt des belasteten
Apparates liegt nahe dem Vorderrande und in geringer Entfernung von der Unterseite
der Tragfläche. Die eigentümliche Flügelwölbung, die stark aufgedrehten Endteile der
Tragfläche und die erwähnte Schwerpunktslage bewirken, daß der Apparat eine voll¬
kommen automatische Stabilität besitzt. Die Herstellung einer derartigen Fläche, die in
der Luft nicht kippen kann, bedeutet ersichtlich einen wesentlichen Fortschritt. Die
Bemühungen um die Erzielung einer völlig automatischen Stabilität von Flugkörpern in
freier Luft wurde ja bis in die neueste Zeit selbst von hervorragenden Forschern für
nahezu aussichtslos gehalten. Man hat eben übersehen, daß die notwendige Voraus¬
setzung für die Erreichung einer automatischen Stabilisierung darin liegt, dem Flug¬
körper in der Luft eine «Führung» zu erteilen. Bisher hat man sich immer nur mit der
statischen Führung begnügt, wie sie durch Horizontal- und Vertikalstcuer gegeben wird.
Wirksam kann aber bloß die dynamische Führung sein. Das Prinzip der dynamischen
Führung wurde schon von dem genialen französischen Flugtechniker P6naud gefunden.
Schon im Jahre 1871 hat Penaud an seinem «Planophore», dem ersten freifliegenden
Drachenfliegermodell, einen dynamischen Stabilisator angebracht, ein kleines horizontales
etwas aufgedrehtes Steuer, das am hinteren Ende des Apparates angeordnet war. Wegen
der großen Ausdehung der Fläche und der Form der Wölbung wird der Etrich-Wels-
Stabilisator natürlich auch eine viel intensivere Wirkung geben als das P6naud-Steuer.
Durch Versuche mit großen Modellen wurde die automatische Stabilität des Etrich-
Wels-Gleiters auch experimentell erwiesen. Das fünf Meter klafternde Modell wurde
mit Sandsäcken belastet gegen den Wind abgelassen und zeigte bei seinen Gleitflügen
eine überraschende Stabilität. Nebenstehende Figuren 1 und 2 zeigen das .Modell im
Fluge. Es sei speziell bemerkt, daß der Apparat dabei nicht etwa durch eine Schnur
(wie ein Drachen) gefesselt war. Läßt man den Apparat als Drachen steigen, so erhebt
») III. Aeron. Mitt. 1904, S. 231.
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er sich bis zum Zenit und überfliegt diesen noch, wodurch die Leine locker wird und
der Drachen als Gleiter weiterzieht.
Zur Herstellung des Versteifungsrahmens der Tragfläche wurde gesplißter Bambus
verwendet. Aus starkwandigen Bambusrohren werden Stäbe in Form eines Dreieckes
oder Rechteckes herausgeschnitten. Die Dreiecke setzt man zu sechskantigen, die Recht¬
ecke zu prismatischen Stäben zusammen, leimt die Teile und bindet die Stäbe an mehreren
Stellen mit Seide ab. Man erhält auf diese Weise ein Baumaterial, das sich durch außer¬
ordentlich große Festigkeit, Zähigkeit und Elastizität auszeichnet. Fig. 3 zeigt das Ge¬
rippe eines Motorgleitfliegers Etrich-Wels. Die Stäbe sind durchwegs aus gesplißtem
Bambus hergestellt. (Nachdruck verboten.
(Nachdruck verboten.)
Fig. 1. 2 -
Nachdem das Problem der automatischen Stabilität gelöst war, gingen Etrich und
Wels daran, den Gleitflieger in einen Motorflieger umzuwandeln. Der Apparat wurde
mit zwei gegenläufigen Luftschrauben und einem Benzinmotor ausgerüstet. Die Anord¬
nung der Propellerschrauben ist auf Fig. 3 ersichtlich.
Die Schrauben sind so konstruiert, daß die Neigung der Flügel vermittelst eines Ge¬
triebes vom Führersitze aus geändert werden kann. Die Sohrauben können auf diese
Weise stets unter dem günstigsten Neigungswinkel eingestellt werden, der einer be¬
stimmten Rotations- und Translationsgesctnvindigkeit entspricht. Derselbe Effekt wird
anscheinend auch durch die sogenannten elastischen Schrauben erzielt. Der Wirkungs¬
grad einer gut gebauten starren Schraube muß aber wegen der glatteren Luflführung
und der Vermeidung des Arbeitsverlusles, der auf die Deformation der Schraube ver¬
wendet wird, notwendig beträchtlich größer sein als bei den elastischen Stoffschrauben.
Der Vorteil der starren Schrauben kann aber nur dann zur vollen Wirkung kommen
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120 €<44
wenn man gleichzeitig verstellbare Schraubenflügel anvvendet. Man darf deshalb von
den Schrauben des Etrich-Wels-Gleiters einen recht günstigen Wirkungsgrad erwarten.
Fig. 4 zeigt einen zweiten Motorgleitflieger der Type Etrich-Wels; derselbe wurde
von Et rieh auf Grund der
(Nachdruck verboten.) . , ..
gemeinsamen Patente*) ge¬
baut. Die Abweichungen von
der in Fig. 3 dargestellten
Type beziehen sich nur auf
einige unwesentliche Details.
Man ersieht aus der Abbil¬
dung, daß zum Antrieb bloß
eine Propellerschraube ver¬
wendet wird, die beträchtlich
weiter nach rückwärts, hinter
den Führersitz verlegt ist.
Vor der Tragfläche ist ein
Horizontalsteuer angeordnet,
das um eine horizontale Axe
verdreht werden kann.
T ,. , Als motorische Kraft
Fig. 3. ...
dient ein Viertaktbenzin-
Motor von der Pariser Firma Levavasseur. Bei einer Maximalleistung von 21 Pferde¬
kräften wiegt der Motor blof> 36 Kilogramm. Das Gesamtgewicht des Apparates soll
(ohne Führer) 150 Kilogramm nicht erreichen.
(Nachdruck verböte
Fig. 4.
Etrich wird mit der in Fig. 1 dargeslellten Motorgleitmaschine die Versuche in
der Weise durchführen, daß er den Apparat, der auf Schlittenkufen montiert ist, gleich¬
zeitig aber auch auf Rädern lauten kann, zunächst mit halb zusammengefalfeler FUigel-
*) Osterr. Patent 2.14
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fläche auf ebenem Boden anlaufen läßt, um die Schraubenwirkung zu erproben. Sodann
wird er die Fläche ganz ausspannen und versuchen, ob es gelingt, durch Aufdrehung des
Stirnsteuers zunächst auf ganz kurze Strecken den Apparat vom Boden loszubringen.
Diese kurzen Luftsprünge werden schließlich, wenn alles gut erprobt ist, durch passende
Einstellung der Schraubenblätter, wodurch deren Zug und damit auch die Geschwindigkeit
noch ein wenig vergrößert wird, in den dauernden horizontalen Flug übergehen. Die
Flughöhe spielt vorläufig dabei natürlich keine Rolle. Ob der Apparat ein Dezimeter
oder ein Meter hoch fliegt, ist ja für den Beweis der Flugfähigkeit gleichgültig. Durch
eine leichte Aufdrehung des Stirnsteuers kann man den Apparat ja sofort in die Höhe
steuern, wenn er einmal imstande ist, die kritische Schwebegeschwindigkeit zu erreichen.
Am 24. Februar fanden bereits die ersten Versuche mit dem neuen Motorgleit¬
flieger statt, die außerordentlich günstige Resultate ergeben haben. Namentlich hat die
Propellerschraube und der Verstellungsmechanismus sehr gut funktioniert.
Es sei noch angefügt, daß die Tragfläche des Apparates rund 25 Quadratmeter
beträgt und außerdem sind noch ca. 9 Quadratmeter Steuerfläche vorhanden.
Über Vortreib-Schrauben.*)
Von F. Ferber.
Anfangs hüten sich die Erfinder von Flugmaschinen bei ihren Projekten vor nach¬
folgendem Problem:
«Welches ist diejenige Schraube, die nötig ist, um mit einer Geschwindigkeit V
ein System vorwärts zu bringen, das, um sich in der Schwebe zu erhalten, einen Druck F
erfordert, und welche Kraft wird diese Schraube verbrauchen?»
Man findet hierüber nirgends eine Lösung, selbst nicht in den Arbeiten der Schifls-
baumeister, für die dieses Problem weniger dringend wird, denn ihre Werke schwimmen
alle Male, sie konnten durch allmähliche Verbesserungen zur besten Schraube gelangen.
Vorliegende Arbeit bezweckt, diese Lücken auszufüllen.
Oberst Renard hatte in seiner der Akademie gemachten Mitteilung vom 23. No¬
vember 1903 die nachfolgende Formel für die Schraube gegeben :
F = a • n* d 4
T = ß n 3 d 6
F war der Druck in Kilogrammen. T die Arbeit in Kilogrammetern, d der Durch¬
messer in Metern, n die Umdrehungszahl in der Sekunde.
Diese Formeln beziehen sich nur auf die Schrauben, welche festgemacht sind.
Die anderen Veränderlichen, nämlich: der Schraubengang, der Bruchteil des Schrauben¬
ganges 2 ), die Luftwiderstandskoeffizienten, der Reibungskoeffizient, sind bereits in
den Koeffizienten a und ß enthalten.
Es ist uns gelungen, sie selbst in die Formeln einzuführen, indem wir die Be¬
trachtung des Angriffswinkels zugrunde legten, welcher klar gelegt worden ist durch eine
Konstruktion, welche wir M. Drzewiecki verdanken. 3 ; Diese gestattet, den Ausdruck
derjenigen Kräfte aufzustellen, welche in einem zylindrischen Querschnitt wirken, unter
Berücksichtigung der Schnelligkeit des Systems. Die über den ganzen Querschnitt aus¬
geführte Integration ergibt die vollständige Formel.
Wenn die Integrale niedergeschrieben sind, ist es ratsam, sie nicht auszurechnen,
sondern sie auf Koeffizienten zurückzuführen, welche die Erfahrung bestimmen muß; so
wird man zugleich die Theorie und Praxis miteinander verbinden.
*) Nach den Comptes Rendus de l’academie des Sciences zu Paris (21. Januar 1907) übersetzt von
H. W. L. Moedebeck.
2 ) Verhältnis der Projektion der Flügelfläche zur Kreisfläche. (Red.)
3 ) Vergleiche die sehr lehrreiche Schrift Les oiseaux consideres comme des Aöroplanes animes.
Essai d’une nouvelle Theorie du vol par. S. Drzewiecki. Cdermont (Oise) 1889. Mck.
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg
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122 ««
Man kommt auf diese Weise zu folgenden ganz allgemeinen Formeln:
F = h (et r - a') n« d<
T = (ß h *r + ß') n 5 d' 8
in denen, außer den bereits erwähnten Weiten, h das Verhältnis des Schraubenganges
zum Durchmesser und r den relativen Rücklauf bedeutet, der in der Geschwindigkeit
V (Metersekunden) des System haftet durch die Definition:
Geschwindigkeit der Schraube in der festen Schraubenmutter minus Geschwindig-
Geschwindigkeit der Schraube in der Schraubenmutter [keit des Systems,
oder V = n h d (1 — r).
Die Koeffizienten a, a' ß, ß':
1. sind proportional dem Koeffizienten des Luftwiderstandes;
2. sie heben sich auf mit dem Bruchteil des Schraubenganges (man kann sie als
proportional der Kraft von */» des Bruchteils des Schraubenganges betrachten);
3. a, ß sind Funktionen des relativen Schraubenganges;
4. a', ß' sind Konstanten für eine gegebene Schraube, die dem Reibungskoeffizienten
proportional sind.
Um diese Formeln zu prüfen, haben wir ein mit 4 Rädern versehenes Gestell ge¬
macht und daran einen Motor aufgehängt, der zwei Schrauben drehte. Der Motor wird
zunächst geprüft; man mißt den Zug durch ein Gewicht, die Umdrehungszahl durch
einen Zähler, die Geschwindigkeit durch Zeitmesser und erhält so alles, was man zur
Prüfung der Formeln braucht. Es wurde ein sehr befriedigendes Ergebnis gefunden.
Das. was bei diesen Formeln sehr bemerkenswert ist, ist der Umstand, daß der
Rücklauf und infolgedessen die von ihm abhängige Geschwindigkeit nicht in den
Koeffizienten a, a' ß. ß' erscheinen, man kann sie bestimmen durch einfache Messungen
an einem festen Punkte, nachdem man in den Formeln r = 1 gesetzt hat; man ent¬
ledigt sich so jeder Schwierigkeit, die mit Messungen während der Bewegung verbunden
sind. Nach diesen Formeln kann man das oben aufgestellte Problem lösen und daher
fortan ein Projekt einer aerostatischen Maschine mit einiger Genauigkeit aufstellen.
Der erste Drachenflieger Santos-Dumont.
Im Dezemberheft 1906 bringt der «Aeronaute» die genauen Pläne des ersten Drachen¬
fliegers Santos-Dumont. Wenn auch Santos-Dumont diese Konstruktion bereits selbst als
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Fig. 3. Aufsicht.
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überholt bezeichnet, so hat dieser Flieger doch zum mindesten ein solches historisches
Interesse, daß wir die Pläne unseren Lesern nicht vorenthalten dürfen. Fig. 1 stellt die
Ansicht von hinten, Fig. 2 die Seitenansicht und Fig. 3 die Aufsicht dar. Das Gesamt¬
gewicht des Fliegers ist 300 kg, die Tragflächen haben eine Fläche von 52 qm. Die
Fläche, welche senkrecht dem Winde ausgesetzt ist, also genau die Projektion dts
Fliegers auf eine Fläche senkrecht zur Windrichtung, beträgt zwischen 1 und 1,5 qm.
Bei horizontaler Flugbahn ist die Neigung der Flächen 9—10°. Die Fläche des Steuer¬
kastens, der bekanntlich vorn lag, beträgt 8 qm. E.
Geschichtliches.
Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren
der Ballon-Aera (1785).
Nach authentischen Berichten gesammelt von Max L eh er-Augsburg.
(Nac hdruck verboten.)
Die erste Luftreise, welche im Jahre 1785 unternommen wurde, war
die berühmte Fahrt, welche Blanchard in Begleitung eines Engländers, des
Doktor Jefferies, am 7. Januar von Dover nach Calais mit glänzendem
Erfolge ausführte.
Aus einem Briefe eines Augenzeugen (Douvres d. d. 7.1.) entnehmen
wir über diese kühne Fahrt folgende Einzelheiten: «Heute (7. Jan.) um
6 Uhr morgens», so erzählt der Berichterstatter, «da der Wind aus Nord-
Nord-West kam, rief Herr Blanchard sofort seine Arbeiter zusammen. Man
ließ eine Montgolfiere steigen, welche die Richtung nach Calais einschlug.
Herr Blanchard berichtete sogleich dem Gouverneur des Schlosses, er ge¬
denke aufzufahren, da der Wind günstig sei, und bat ihn, die Einwohner
durch ein Zeichen von seinem Vorhaben in Kenntnis zu setzen. In dieser
Absicht wurden um 8 Uhr drei Kanonenschüsse abgegeben. Nun eilte alles
herbei, um zu helfen; der Eifer und die Ordnung waren dabei derart, daß
es schien, eine einzige Familie arbeite im vollen Einverständnis an einem
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124 «444
Werke, von dem alles abhänge. Als nun 12V 4 Uhr Blanchard seinen
Ballon halb gefüllt hatte, ließ er den Herrn Gouverneur, um ihm eine Ehrung zu
bezeigen, eine kleinere Luftkugel abschneiden, die der großen vorausfliegen
sollte. Um 1 Uhr war alles zur Auffahrt bereit. Blanchard und Doktor
Jefferies hatten ihre Sitze eingenommen, und mit größter Kaltblütigkeit und
weithin schallender Stimme befahl nun Blanchard, die letzten Stricke zu
lösen. Unmittelbar vor der Auffahrt herrschte unter den Zuschauern die
tiefste Stille, aber kaum erhob sich der Ballon in die Lüfte, da ertönte
unten ein ungeheures Freudengeschrei, und man überließ sich den törichtsten
Ausbrüchen einer unbezähmten Freude. Es war ein großartiger, überwältigen¬
der Anblick, den stolzen Luftball majestätisch über die unermeßliche Meeres¬
fläche dahinschweben zu sehen. Blanchard blickte nun auf die frohlockenden
Zuschauer zurück und grüßte mit einer Fahne. Wir verloren den Ball
schon fast aus dem Gesichte, als wir ihn plötzlich sinken sahen. Uns
schauderte bei dem Gedanken an das bevorstehende Unglück, aber alsbald
erhob sich der Ball wieder in die Lüfte und trieb mit größter Schnelligkeit
dahin.» —
Über den weiteren Verlauf der Fahrt gibt uns Doktor Jefferies in
einem Briefe aus Calais d. d. 8. Jan. eine packende Schilderung. «Der Himmel
hat unser kühnes Unternehmen mit glänzendem Erfolg gekrönt. Ich kann
Ihnen die Pracht und Schönheit unserer Reise nicht genug schildern. Als
wir in der Mitte über dem Kanal dahinschwebten, genossen wir, da wir
sehr hoch in der Luft segelten, über das benachbarte Frankreich und England
eine Aussicht, die keine Feder zu schildern vermag. Wir hatten schon
zwei Drittel unserer Fahrt über das Meer glücklich zurückgelegt, aber auch
allen Ballast über Bord geworfen. Als wir noch ungefähr 2 Meilen
von der Küste Frankreichs entfernt waren, sank der Ballon immer mehr.
Blanchard fing nun an, die Gondel aller Zieraten zu entblößen. Als
dies nichts nützte, warfen wir unsere beiden Anker ab, dann unsere Instru¬
mente, sogar die Kleider am Leibe und endlich die Hosen. Wir waren
nur mehr 12 Fuß über der Oberfläche des Meeres und zogen nun unsere
Wamse von Kork an, um uns über dem Wasser so lange zu halten, bis
uns eines der vielen kleinen englischen Fahrzeuge, die unsere Fahrt ver¬
folgten, zu Hilfe kommen würde. Da hieß es nun wahrhaftig «Per aspera
ad astra». Denn bei unserem drohenden Unglück fing plötzlich das Baro¬
meter zu sinken an, und sogleich stieg wieder unser Ball. Um 3 Uhr
erreichten wir glücklich die Küste und hielten in Frankreich, freilich ohne
Beinkleider, einen prächtigen Einzug. Das ganze Ufer war mit Menschen
bedeckt, deren Jubelgeschrei zu uns heraufdrang. Wir setzten unseren Flug
noch 4 Meilen weit fort, bis wir ganz sachte in der Mitte des Waldes von
Felmore, unweit von Guisnes, von allem entblößt, auf Bäumen herunter¬
kamen, indem wir weder Seil, noch Anker, noch andere zur Landung
nötige Gegenstände mehr zur Hand hatten. Ich suchte vor allem den
Gipfel eines Baumes zu erhaschen, um mich daran festzuklammern. Es
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***& 125 ^
gelang mir dies auf eine unbegreifliche Weise. Man hätte trotz der ernsten
Situation herzlich lachen müssen, wenn man uns gesehen hätte, ohne jedes
Kleidungsstück, Herrn Blanchard mit dem Öffnen des Ventils sich abmühend,
und mich, den Gipfel eines majestätischen Baumes umfassend. Und da der
Ballon über unseren Köpfen hin- und herschwebte, so hatte ich mit meinen
Armen einen schweren Kampf auszuhalten. Es dauerte gerade 28 Minuten,
um so viel brauchbare Luft herauszulassen, daß der Ballon sich unbeschädigt
herunterlassen konnte. Wir hörten, wie der Wald sich bald mit Leuten zu
Fuß und zu Pferde füllte. Auf dem Boden glücklich angelangt, wurden wir
sofort mit den notwendigsten Kleidungsstücken versehen und gut beritten
gemacht. Der Besitzer des naheliegenden Schlosses, M. de Sandrouin, lud
uns dorthin ein, empfing uns aufs höflichste und bewirtete uns mit allen
möglichen Erfrischungen. Um 9 Uhr abends fuhren wir sechspännig, »nachdem
wir unterwegs noch eine Stunde im Schlosse des Herrn Brounot zu
Ardingham zugebracht hatten, nach Calais ab, wo wir zwischen 1—2 Uhr
morgens anlangten. Es war schon Ordre gegeben worden, uns ohne
Schwierigkeit passieren zu lassen. Trotz der frühen Morgenstunde waren
alle Straßen, durch welche wir fuhren, voll von Menschen, welche beständig
riefen «Vive le roi! Vivent les aeronautes!» Wir stiegen beim Hause eines
Stadtrates ab. Am Morgen war die französische Flagge auf dem Hause
aufgezogen, desgleichen wehten die Stadtfahnen von allen Türmen. Es
wurden sogar einige Kanonen gelöst und in allen Kirchenspielen die Glocken
geläutet. Die Stadtobrigkeit und alle Offiziere der Besatzung erschienen,
um uns zu beglückwünschen. Um 10 Uhr reichte man uns sogar den
Stadttrunk und lud uns zu einer Mittagstafel auf dem Rathause ein. Vor
Beginn derselben überreichte der Maire Herrn Blanchard eine goldene
Kassette, auf deren Deckel ein Luftball gestochen war. Sie enthielt für
Blanchard die Bürgerrechtsurkunde von Calais.» —
Als besondere Merkwürdigkeit verdient angeführt zu werden, daß der
7. Januar eben der Gedächtnistag war, an dem im Jahre 1558 die Stadt
Calais durch den Herzog von Guise wieder an Frankreich kam, und daß
auch däfnals der 7. Januar, wie in eben diesem Jahre, auf einen Freitag fiel.
Doktor Jefferies, der kühne Begleiter Blanchards, war Seearzt bei der
englischen Marine. Es gereicht ihm zur höchsten Ehre, daß er fest ent¬
schlossen war, sich selbst ins Meer zu stürzen, um seinen Gefährten zu
retten, falls der Luftball noch mehr sinken würde. Daher war, als sie die
Erde wieder berührten, ihr erstes, daß sie sich innigst umarmten. Während
der Luftreise schrieb Blanchard 3 Briefe, den 1. an die Herzogin von
Devonshire, welche später die gleiche Reise von Dover nach Calais machen
wollte; den 2. an den englischen Minister William Pitt, den 3. an seinen
Sekretär Sheldon. Alle 3 waren in einem Umschlag an den Maire von
Calais gerichtet und als gerade der Ballon über die Stadt dahinschwebte,
ließ Blanchard das Päckchen auf einen freien Platz herunterfallen, wo es
gefunden und richtig bestellt wurde. Die beiden Luftschiffer wogen zu-
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sammen 250 Pfund. Im übrigen wäre wohl keinem der beiden das Ende
eines Ikarus beschieden gewesen, da eine Menge kleiner und großer Fahr¬
zeuge eine Stunde vor der Auffahrt vorausgesegelt war, teils aus Neugierde,
teils um schnell zur Hand zu sein, wenn die Luftfahrt zu einer Seefahrt
werden sollte. Die Engländer hatten mehr als 100.000 £ auf Blanchard ge¬
wettet, wovon ihm mehr als 30000 zufielen.
Am 11. Januar hielten Blanchard und JefTeries ihren Einzug in Paris
unter unbeschreiblichem Beifall der Bevölkerung. Die beiden Helden durften
kaum wagen, sich öffentlich sehen zu lassen, aus Furcht, von der begeisterten
Menge erdrückt zu werden. Der König empfing sie ungemein gnädig. Die
Königin belohnte Blanchard auf eine ganz besondere Art. Sie war eben im
Spiele begriffen, als die Nachricht von der glücklichen Landung in Calais
eintraf. . «Hier ist eine Summe>, sagte sie, «mit der ich für Blanchard
spielen werde». Sie gewann und befahl hernach, das ganze Geld in einem
Säckchen für den kühnen Luftschiffer zu reservieren.
Blanchard war mit seiner glänzend durchgeführten Luftfahrt Pilatre
de Rozier zuvorgekommen, der von der französischen Regierung den spe¬
ziellen Auftrag erhalten hatte, «einen Versuch über das Meer zu machen>.
Bei seiner Abreise von Paris gab ihm der Minister Calonne einen versiegelten
Brief mit der Weisung, denselben nicht eher zu erbrechen, als bis er den
englischen Boden erreicht hätte. Die Abfahrt sollte von Boulogne aus
erfolgen. Dorthin strömte nun auch eine ungeheure Menge von Fremden
zusammen, sodaß alle Quartiere überfüllt waren. Da aber am Ballon noch
verschiedene Verbesserungen anzubringen waren, so konnte erst der 30. Januar
als Auffahrtstag definitiv festgesetzt werden. Calonne forderte nun den
Brief wieder zurück und machte Pilatre mit dem Inhalt desselben bekannt,
daß er vom König mit dem Michaels-Orden und einem Jahresgehalt von
3000 frs. bedacht worden wäre, wenn er die Reise sofort mit Erfolg durch¬
geführt hätte. Aber auch am 30. Januar wurde es nichts mit der Luftreise.
Erst am 12. März stellte de Rozier zu Boulogne einen neuen (5.) Versuch
an, der gleichfalls scheiterte. Da am Morgen Ost-Süd-Ostwind wehte, so
traf Pilatre Anstalt zur Abreise. Allein nach Sonnenaufgang trat Nordwind
ein. Pilatre ließ nun eine kleine Montgolfiere steigen, um zu sehen, ob
der Wind in den oberen Regionen günstiger sei. Der Ball wurde 7 Stunden
lang herumgetrieben und fiel endlich 6 Meilen von der französischen Küste
nieder, wo ihn ein Fischer vom Untergang rettete.
Mehrere Wochen verstrichen wieder, ehe Pilatre einen neuen Versuch
wagte. Am 18. April waren Wind und Wetter außerordentlich günstig.
Man verwendete die ganze Nacht mit der Füllung des Ballons. Am Morgen
kündigten Kanonenschüsse an, daß heute mit der Auffahrt Ernst gemacht
werde. Pilatre de Rozier und sein Begleiter Romain hatten bereits die
Gondel bestiegen, und fast alle Stricke waren schon gelöst, als der Stadt¬
hauptmann mit mehreren Seeoffizieren herbeieilte, um die Abfahrt durch
sein Machtwort zu verhindern, da der Wind sich plötzlich gedreht hätte,
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und alle Anzeichen eines baldigen Sturmes wahrzunehmen seien. Unter
diesen Umständen wäre es frevelhaft, die Erlaubnis zu einem tollkühnen
Unternehmen zu geben, dessen Ausgang nicht zweifelhaft sein könnte. Es
dauerte auch nicht lange, so erhob sich ein Sturm mit Blitz und Donner,
so daß man mit Mühe den Ballon dort unterbringen konnte, wo er bereits
seit 4 Monaten festgelegen war.
Endlich am 15. Juni kam die Luftreise zur Ausführung, endigte aber
mit dem tragischen Tode der beiden LuftschifTer. Einem Privatbrief aus
Boulogne, den 15. Juni, 11 Uhr morgens, entnehmen wir folgende Einzel¬
heiten. «Heute früh um 5 Uhr», so heißt es, «wurden wir durch einen
Tambour aufgeweckt, welcher den Bewohnern verkündigte, daß Pilatre de
Bozier und sein Freund Romain sich anschickten, nach England hinüber¬
zufliegen. Ich eilte nun an das Meerestrfer, wo man den Luftball zurecht
machte. Alle anwesenden Seeleute versicherten, der Wind sei günstig.
Man ließ nach 5 Uhr einen kleinen Ballon fliegen, der aber die Richtung
nach Amiens, also landeinwärts einschlug, was mithin keine günstige Vor¬
bedeutung war. Um l h7 Uhr ließ man einen zweiten fliegen, der glücklich
England zuflog und sich bald aus dem Gesichte verlor. Nun faßten die
beiden LuftschifTer wieder Mut. Um ^28 Uhr wurden die letzten Stricke
gelöst, und der Ballon stieg schnell in die Höhe, begleitet von den Wünschen
einer unermeßlichen Menge von Zuschauern, welche um 7 Uhr morgens
durch das Zeichen von 3 Kanonenschüssen herbeigelockt worden waren.
Der Luftball stand etwa 800' hoch, als er zu schwanken anfing und land¬
einwärts getrieben wurde. Nach einer halben Stunde bekam er einen Riß
und fing plötzlich zu sinken an. M. de Maison-Forte, ein junger Ingenieur-
Offizier, der zu Pferde war, jagte dem Orte zu, wo der Ballon niederfiel
und kam 8 Minuten später, als er die Erde berührt hatte. Er fand einen
Bauern, der Romain bei der Hand hielt. Romain lag in den letzten Zügen,
während Pilatre bereits tot war. Die Körper der beiden Unglücklichen
waren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Romain war das Rückgrat ge¬
brochen und zeigte am Kopfe eine tiefe Wunde bis zur glandula pinealis.
Pilatre hatte die meisten Rippen und einen Fuß gebrochen.»
Einem anderen Bericht entnehmen wir folgendes: «Was dem Herrn
Pilatre de Rozier nunmehr leider widerfahren ist, wird hoffentlich den Herren
Luftschwärmern zum warnenden Beispiel dienen. Am 6 . Juni traf Pilatre
nach sechswöchigem Aufenthalt in England in Boulogne wieder ein. Kaum
angekommen, versprach er seine so oft schon verschobene Luftreise zur
Ausführung zu bringen. Natürlich mußte er die Winde zu Rate ziehen,
und diese waren noch immer widrig. Am 14. endlich gestalteten sie sich
günstiger. Den ganzen Tag und die darauffolgende Nacht wurde gearbeitet,
und am 15. um 7 Uhr morgens stand alles in Bereitschaft. Da nun der
Wind noch immer günstig war, so bestiegen Pilatre und Romain ihr Luft¬
schiff um 7 Uhr 5 Minuten. Majestätisch schwangen sie sich in die Luft,
erreichten das offene Meer gar bald, und jedermann glaubte, sie wären in
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>»>» 128 « 44 «
Sicherheit. Allein schon nach einigen Minuten drehte sich der Wind. Der
Ballon wurde eine Weile hin- und hergeschleudert und nahm zuletzt die
Richtung nach Calais. Plötzlich sah man einen dicken Rauch aus demselben
hervorquellen. Die brennbare Luft hatte den Luftball angegriffen, sodaß er
Risse bekam und zu brennen anfing, ln einem Augenblick stürzten beide
Unglückliche aus einer Höhe von 200 Klafter herab. Alles eilte ihnen ent¬
gegen und einige langten fast im gleichen Augenblick an, wo die Luftschiffer
den Boden berührten. Aber diese waren bereits tot, und ihre Glieder fast
überall zerschmettert. Herr Pilatre hinterläßt 2 Schwestern und eine un¬
tröstliche Braut, Herr Romain eine Witwe mit 3 unversorgten Kindern. >
Das Schicksal Pilatres rief in Paris große Teilnahme hervor. Er war
der erste, der am 15. Oktober 1783 es wagte, mit Marquis d’Arlandes eine
freie Luftreise zu machen. Geboren in der Franche-Comtö, erlernte er
zuerst die Apothekerkunst; allein da dieser Beruf ihn nicht befriedigte, so
entfloh er heimlich nach Paris und trat da auf einen glänzenderen Schau¬
platz. Er hatte sich bereits durch seine physikalischen Kenntnisse einen
Namen gemacht, als Montgolfier mit seiner Erfindung hervortrat. Er wollte
Blanchard den Ruhm streitig machen, der einzige zu sein, welcher die Luft¬
reise über das Meer wagte. Während er sich in Boulogne widriger Winde
halber mehrere Monate aufhalten mußte, wurde er mit einer jungen Eng¬
länderin bekannt und verlobte sich mit derselben. M. de Maison-Forte,
welcher sich zuerst bei den Verunglückten einfand, widersprach ausdrücklich
der Meinung und dem Vorgeben, als sei ein entstandener Brand die Ursache
des Unglücks gewesen. Vielmehr habe er deutlich die beträchtliche Öffnung
bemerkt, die der Ballon oben bekommen hatte, wodurch die brennbare Luft
sich verlieren und die Maschine stürzen mußte. Der schreckliche Zustand
der Unglücklichen rührte vom schnellen Sturz und dem schweren Fall her,
da der Boden hart und felsig war. Herr Maison-Forte hatte Herrn Romain
200 Louisdor angeboten, wenn er ihm seinen Platz bei dieser Reise ein¬
räumen wollte. Romain aber schlug zu seinem Verderben das vorteilhafte
Anerbieten standhaft aus. Pilatre hinterließ eine Schuldenlast von mehr
denn 800000 frs. Übrigens kannte er den schlechten Zustand seines Ballons
und war sich wohl bewußt, daß er einer augenscheinlichen Gefahr entgegen¬
gehen werde. Auch hatte er nicht allein sein Testament gemacht, sondern
dem Marquis de Maison-Forte einen Brief mit der Bitte übergeben, denselben
dem Minister zu überreichen, wenn er sein Leben lassen sollte. Der Marquis
erfüllte gewissenhaft den Auftrag, und man erfuhr nun, daß Pilatre in diesem
Briefe seine Mutter und Schwestern dem Minister anempfahl und für sie
um die Gnade des Königs flehte. — Merkwürdig ist, daß die Taschenuhren
der beiden Verunglückten nicht im geringsten beschädigt waren und die
Todesstunde genau anzeigten. (Forts, folgt.)
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Aeronautische Wettbewerbe.
Ausschreibungen.
Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt
Einladung
zu einem Ballon-Wettfliegen offen für alle Mitglieder des
Deutschen Luftschifferverbandes.
Programm:
1. Das Wettfliegen findet am 19. Mai 1907, nachmittags 3 Uhr, von
der Gasanstalt Luzenberg bei Mannheim aus statt; es bezweckt eine
Vorübung für Ballonführer des Deutschen LuftschifTerverbandes für das
internationale Wettfliegen in Düsseldorf am 9. Juni 1907 und für das inter¬
nationale Gordon-Bennett-Fliegen in St. Louis U. S. A. am 19. Oktober 1907.
2. Weit fahrt. Ohne Zwischenlandung für Ballons, welche dem Deutschen
Luftschifferverband oder dessen Mitgliedern angehören. Zugelassen werden
alle Ballons, die den Satzungen und dem Reglement der F. A. I. entsprechen
von 600 cbm ab aufwärts. Handicap findet nicht statt, wie beim Gordon-
Bennett-Fliegen.
3. Einsatz für jeden Ballon Mk. 100.—, ganz Reugeld.
4. Nennungen bis 15. April 1907, 12 Uhr mittags, an die Geschäfts¬
stelle des 0. V. f. L., Schiffleutstaden 11 in Straßburg i. Eis.
Nennungen, für die der Einsatz bis zum Nennungsschluß nicht bezahlt
ist, sind ungültig. Nachnennungen mit doppeltem Einsatz zulässig bis 10. Mai.
5. P r e i s e. 4 Ehrenpreise bestehend aus hervorragenden Kunstgegenständen.
6. Bei ungünstigem Wetter treten den Umständen gemäß Änderungen
im Programm nach Art. 126 des Reglements der F. A. I. ein.
7. Für Unterbringung in Mannheim sorgt auf Wunsch der Mannheimer
Verkehrsverein ?u angemessenen Preisen.
Das Organisations-Komitee:
Becker
Kriegsgerichtsrat, Schatz¬
meister des 0. V. f. L.
Hildebrandt
Hauptmann, Mitglied d. Sports¬
kommission d. 1). L. V.
Picliler
Direktor d. Städtischen Gas- u.
Wasserwerke in Mannheim.
Kiel
Kaufmann, Sehatzra. d. Sektion
Mannheim-Ludwigshafen
d. O. V. f. L.
Breitenbach Exc.
Generalleutnant z. D., Vor¬
sitzender d. 0. V. f. L.
KrafTt
Hofrat, Bürgermeister von
Ludwigshafen.
Reiß
Geh. Kommerz. u. Gen.-Konsul,
Vorsitzender d. Sekt. Mannheim-
Ludwigshafen d. 0. V. f. L.
A. Roechling
Kommerzienrat.
(ierard
Dr. phil., Vors. d. Journalisten-
u. Schriftstellerverbandes
Mannheim.
Moedebeck
Major u. Batl.-Komdr. i. Bad.
Fuß-Artl.-Rgt. Nr. 14, Mitglied
d. Sportskommis, d. D. L. V.
Ritter
Bürgermeister in Mannheim.
Seipio
Reg.-Assessor a. D., 1. Schriftf.
d. Sekt, Mannh.-Ludwigsh.
d. 0. V. f. L.
Stolberg v. Winterfeld
Dr. phil. Oberstu.Komm.d.2. Bad. Gren.
Rgt. Kais. Wilh. I. Nr. 110.
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg.
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130
Ausführungs-Bestimmungen.
1. Ballonmaterial mit lnventariums-Verzeiehnis muß spätestens bis
13. Mai in der Gasanstalt Luzenberg bei Mannheim eintreflen, woselbst das¬
selbe geprüft und in einem verschließbaren Raum aufbewahrt wird.
2. Jeder Ballon muß mindestens mit einem Barometer, einem Baro¬
graphen, einem Gasschlauch von 15 Meter Länge und mit einer seinem
Auftrieb entsprechenden Anzahl Ballastsäcke ausgerüstet sein. Das spez.
Gewicht des Füllgases in Luzenberg ist 0,42. Die Gasrohre haben 275 mm
lichten Durchmesser.
3. Vorschriftsmäßige Bordbücher werden den Ballonführern am Start
ausgehändigt.
4. Die allgemeine Wetterlage wird vor dem Abflug bekannt gegeben.
5. Die Reihe am Start wird am 17. Mai, 8 Uhr abends, im Park-Hotel
in Mannheim durch das Los bestimmt.
6. Das Gas wird frei geliefert.
7. Kostenentschädigung für den Rücktransport auf der Eisenbahn er¬
folgt gemäß Art. 56 Nr. 1 u. 2 des Reglements F. A. 1.
8. Landungstelegramme sind zu richten an „Ausstellung Mannheim“.
Die Sportskommissare:
Becker Otto B och ringer.
Kriegsgerichtsr., Schatzmeister
d. 0. V. f. L.
v. Wahlen-Jiirgass
Major i. 2. Bad. Grenadier-Kgt.
Kaiser Wilhelm I. Nr. 110.
Kleinschmidt
l)r. phil., Assistent d. nieteorol.
Landesdienstes v. Els.-Lothr.
Die Starter:
Hans ('lemm August Koeehliug Wissiuann
I)r. phil., Direktor d. Zellstoff- Kommerzienrat. Leutnant i. Niedersäebs. Futf-
Fabrik Waldhof-Mannheim. Artl.-Rgt. Nr. 10.
Preis-Verteilung.
1. Die Landungsorte sind im Bordbuch amtlich zu bescheinigen.
2. Bordbücher (Art. 139) und alle sonstigen Dokumente sind 12 Stunden
nach endgültiger Landung dem Organisations-Komitee, unter Adresse der
Geschäftsstelle des 0. V. f. L. in Straßburg im Elsaß, eingeschrieben einzu¬
senden.
3. Etwaige [Streitigkeiten entscheidet endgültig die Sportskommission
des Deutschen Luftschifler-Verbandes.
Hildebrandt
llauptmaun, Mitgl. d. Sports-
Kommission d. D. L. V.
Die Jury:
Melchers
Konsul.
Moedebeck
Major u. Bati.-Komm. i. Bad.
Fuü-Artl.-Regt. Nr. 14, Mitgl-
d. Sportskommission d. D. L. V.
Niederrheinischer Verein fUr Luftschiffahrt.
Bestimmungen für die Bai lon-Wett führten am S. und 9. Juni 1907 ab Düsseldorf.
1. 8. Juni. — Ballon-Verfolgung durch Autos.
Offen für den Deutschen Luftschiffer-Verband, den Kaiserlichen Automobil-Klub
sowie die mit diesem im Kartell-Verband stehenden Deutschen Automobil-Klubs.
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a) Einsatz für Ballon und Auto je 100 Mark, ganz Reugeld.
b) Füllgas wird gratis geliefert.
c) Kosten der Rückfahrt des Ballonführers und des Materials nach Düssel¬
dorf werden erstattet.
d) Beginn der Füllung 1 Uhr. Voraussichtliche Abfahrt der Ballons und
Automobile 3 Uhr nachmittags.
e) Als Sieger gilt:
Der Ballon, wenn er innerhalb einer bei der Abfahrt festzusetzenden
Zeit nach der Landung von einem der verfolgenden Autos nicht er¬
reicht wird.
Das Auto, das als erstes innerhalb dieser festzusetzenden Zeit den
Ballon erreicht.
Die Bestimmung der Fahrtdauer für die Ballons erfolgt den Windverhält¬
nissen entsprechend bei der Abfahrt.
f) Der siegende Teil erhält einen Ehrenpreis in Silber.
g) Die Führer der Ballons und der Automobile erhalten ein Erinnerungs¬
zeichen.
2. 9. Juni. — Internationale Weit- oder Dauer-Fahrt.
Offen für alle Vereine und qualifizierten Führer der Federation Aöronautique
Internationale.
a) Einsatz 200 Mark, ganz*Reugeld.
b) Füllgas wird gratis geliefert.
c) Beginn der Füllung 12 Uhr. Voraussichtlicher Beginn der Abfahrt 3 Uhr.
Die Ballons folgen einander unmittelbar. Die Reihenfolge der Abfahrt
entscheidet das Los.
d) Die Sportkommission ist berechtigt, bei ungünstiger Windrichtung — Süd¬
oder Südost-Wind — an Stelle der Weitfahrt oder Dauerfahrt eine Ziel¬
fahrt treten zu lassen, bei der die Landung möglichst nahe an einem
vorher vom Ballonführer im Einverständnis mit der Sportkommission zu
bestimmenden Orte zu erfolgen hat. Die Entscheidung hierüber erfolgt
eine Stunde vor Beginn der Ballonfüllung.
e) Zugelassen werden alle Ballons, die den Statuten und Reglements der
Föderation Aöronautique Internationale entsprechen, bis 2250 cbm. Ein
Handicap findet nicht statt, wie bei der Gordon-Bennett-Fahrt.
f) Preise: 4 Ehrenpreise.
Die Ehrenpreise sind Gemälde erster Düsseldorfer Künstler, von Dirks,
Essfeld, Marx, Pohle etc.
g) Alle Teilnehmer an der internationalen Wettfahrt erhalten ein Erinnerungs¬
zeichen.
Allgemeine Bestimmungen.
1. Beide Wettbewerbe erfolgen nach den Statuten und Reglements der Föderation
Aöronautique Internationale.
2. Anmeldung zur Fahrt und Zahlung des Einsatzes muß bis zum 1. April 1907
an den Schatzmeister des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt, Herrn Hugo
Eckert, Barmen-U., erfolgt; sein. Schluß der Nennungen am 1. April 1907.
3. Das gesamte Ballonmaterial für beide Wettbewerbe muß am 7. Juni in Düssel¬
dorf eingetroffen sein, zu jedem Ballon 100 Sandsäcke und ein Füllplan. Adresse:
7. Kompagnie Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39 in Düsseldorf. Für Unter¬
bringung des Materials wird Sorge getragen.
4. Bei ganz besonders ungünstigem Wetter ist eine Verschiebung auf den
15. und 16. Juni zulässig.
5. Betreffs Ermäßigung des Personen- und Güter-Tarifs innerhalb Deutschlands
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sind Verhandlungen eingeleitet, desgleichen für zollfreie Einführung des Ballon-
materials.
Die Sportkommissare:
v. Abercron, Hauptmann, Düsseldorf; Dr. Bamlcr, Oberlehrer, Essen (Ruhr):
0. Erbslöh, Fabrikant, Elberfeld.
Berliner Verein fUr Luftschiffahrt.
Preisausschreiben für einen Wettbewerb in der Ballonphotographie.
Veranstaltet vom Berliner Verein für Luftscbiffahrt. Offen nur für Mitglieder
des deutschen Luftschifferverbandes.
Preise:
A. Verwendung einer Goerz - Anschütz - Klapp - Camera und Goerz-
Doppel-Anastigmat Bedingung.
1. Preis: Medaille in Gold für die beste Serie Ballonaufnahmen, mindestens
30 Bilder enthaltend.
2. Preis: Medaille in Gold für die beste Landschaftsaufnahme vom Ballon.
3. Preis: Medaille in Silber für die beste Wolkenaufnahme vom Ballon.
4. Preis: Medaille in Silber für die zweitbeste Serie Ballonaufnahmen,
mindestens 30 Bilder enthaltend.
5. Preis: Medaille in Silber für die zweitbeste Landschaftsaufnahme vom Ballon.
6. Preis: Medaille in Silber für das beste Landungsbild eines Ballons.
7. Preis: Medaille in Silber für das beste Abfahrtsbild eines Ballons.
B. Verwendung eines Goerz - Doppel - Anastigmaten, ganz gleich
welcher Serie an beliebiger Camera Bedingung.
1. Preis: Medaille in Gold für die beste Landschaftsaufnahme vom Ballon.
2. Preis: Medaille [in Silber für die zweitbeste Landschaftsaufnahme vom
Ballon.
Der Zweck des Preisausschreibens ist die Hebung und Förderung der sportlichen
Ballonphotographie und die Propaganda für die Bestrebungen der deutschen Luftschiffer-
Vereine.
Bedingungen des Preisausschreibens:
1. Nur Mitglieder des Luftschifferverbandes können sich an dem Wettbewerb be¬
teiligen mit Photographien, welche in der Zeit vom 1. April 1907 bis 31. Dezember 1907
aufgenommen sind.
2. Das Preisausschreiben ist anonym. Die Bilder müssen auf der Rückseite ein
Kennwort tragen und dürfen den Namen des Einsenders nicht erkennen lassen. Der
Sendung ist ein verschlossener Umschlag beizulegen, der außen dasselbe Kennwort tragen
und im Innern folgende Angaben enthalten muß:
a) Name und genaue Adresse des Einsenders.
b) Angabe des Datums der Aufnahme.
c) Angabe der Nummer des Apparates und des Objektives.
d) Bezeichnung des betreffenden Motives, der Aufnahmeverhältnisse und
der Ballonhöhe.
3. Die Einsendung der Bilder und Negative bzw. Films mit den dazugehörigen
Umschlägen hat in der Zeit vom 1.—7. Januar 1908 zu erfolgen. Später eingehende
Bilder sind vom Preisbewerb ausgeschlossen. Die Einsendung hat in eingeschriebener
Sendung zu erfolgen an: Hauptmann Hildebrandt, Charlottenburg, Kirchstraßc 2.
4. Der Verein behält sich das nach den Satzungen ihm zustehende Verfügungs¬
recht über die Bilder vor, insbesondere die uneingeschränkte Veröffentlichung der preis¬
gekrönten Bilder und die Ausstellung aller Photographien. Die prämiierten Platten bleiben
Eigentum des Berliner Vereins für Luftschiffahrt. Die Einsender werden deshalb ge¬
beten, sich für ihre Zwecke Duplikat-Negative zurückzubehalten.
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5. Das Format der Bilder ist beliebig, Vergrößerungen sind zulässig. Die Anzahl
der Bilder ist unbeschränkt, doch kann jedes Bild sich nur um einen Preis bewerben.
Die Bilder können aufgezogen, dürfen aber nicht gerahmt sein. Die Serienbilder können
auch als Diapositive eingesandt werden.
6. Das Preisgericht haben übernommen :
Hildebrandt, Hauptmann
Dr. Miethe, Geheimer Regierungsrat vom
Osch mann, Major im Kgl. Preußischen Berliner Verein,
Kriegsministerium
Zimmermann, Leutnant, vom Kölner Klub,
Max Michel, Dentist, vom Fränkischen Verein.
7. Gegen die Entscheidung des Preisgerichtes gibt es keine Berufung. Die Preis¬
anerkennung und Aushändigung der Medaillen erfolgt unmittelbar nach Schluß des Wett¬
bewerbes.
Der Ausschuß für den Wettbewerb.
Professor Busley, Christmann, Hildebrandt,
Geheimer Regierungsrat Direktor der Optischen Anstalt Hauptmann.
Vorsitzender. C. P. Goerz Aktiengesellschaft.
Professor Dr. Miethe,
Geheimer Regierungsrat,
Direktor des Photo-chemischen Laboratoriums der Technischen Hochschule zu
Charlottenburg.
Die Ausschußmitglieder erteilen ebenfalls Auskunft, wie die Mitgliedschaft in einem
der genannten Vereine zu erwerben ist, resp. nehmen Meldungen an.
Wettfliegen von Gleitfliegern Paris 1907. DieSection d’Aviation desA6ronautique Club
de France schreibt unter ihren Mitgliedern ein Wettfliegen mit Gleitfliegern aus, das bis
30. September 1907 offen ist. Es werden Medaillen als Preise gegeben. Das Wettfliegen
bezweckt, die günstigste Form der Tragfläche zu finden. Die Länge des Fluges, am
Boden gemessen, ergibt die Bewertung. Die Flüge können jederzeit stattfinden, jedoch
vor einem Mitgliede der Jury. Es ist durch dieses Mitglied, wenn möglich, folgendes
festzustellen: Richtung und Stärke des Windes, größte Höhe des Fluges, Neigungswinkel
der Flugbahn.
Wettbewerb von Fliigiimschinen-Modellen Paris 1907. Die gleiche Sektion veranstaltet
für ihre Mitglieder einen Wettbewerb von Flugmaschinen-Modellen, der in zwei Klassen zum
Austrag gelangt. 1. Flieger mit Motor, 2. Flieger ohne Motor. Die Tragfläche muß
mindestens 1 qm groß sein und der Flieger muß 2 kg pro Quadratmeter tragen können.
Für noch kleinere Apparate kann eine besondere Klasse gebildet werden. Als Fläche
rechnet die Projektion sämtlicher Flächen des Apparates auf die horizontale Ebene.
Als Preise werden Medaillen gegeben. Als besonderen Preis für den besten Flieger gibt
G. Voisin die kostenfreie Ausführung des Fliegers in natürlicher Größe in seiner Werk¬
statt (ohne Motor). Die Prüfungen finden im Juni 1907 an einem noch zu bestimmenden
Orte statt. Die Eigentümer der Flieger haben sie selbst abzulassen, die Art und Weise
des Ablassens bleibt ihnen freigestellt. Jedes Modell darf drei Flüge ausführen. Mel¬
dungen sind bis zum 20. Mai unter Beifügung einer Seitenansicht des Modells an den
A6ronautique Club de France zu richten. Einsatz 2 Francs, 1 Francs Reugeld. Jury :
Archdeacon, Ferber, Voisin.
Preisausschreiben. Die Pariser Akademie der Wissenschaften hat in ihrer öffent¬
lichen Jahressitzung am 17. Dezember 1906 u. a. folgende auch für die Aeronautik
wichtige Preisaufgabe gestellt: Prix Vaillant: Perfectionner, en un point important,
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Tapplication des principes de la dynamique des fluides k la th6orie de Phölice. Der
Preis beträgt 4000 Francs, Schlußtermin ist der Hl. Dezember 1908.
Weitere Preise des Alro-Clnb du Sud-Ouest 1907. Preis Mayenne. 300 Francs,
gegeben vom Vicomte Jean de Montozon, dem Führer des Clubs, welcher als erster im
Jahre 1907 von Bordeaux aus im Departement Mavenne landet. Zwischenlandung nicht
gestattet.
Preis Ilautes-Pyren^es. 200 Francs gegeben von C. F. Baudry. Die gleichen
Bedingungen wie vorher. Landung im Departement Hautes Pyr£n£es.
Preis Gers. 200 Francs, [gegeben von C. F. Baudry. Landung im Departement
Gers.
Preis Haute-Vienne. 200 Francs, gegeben von C. F. Baudry. Landung im
Departement Haute-Vienne.
Preis Ariege. 100 Francs, gegeben von Paul Brustier. Landung im Departement
Ariege. Erfolgt die Landung in der Gemeinde Mirepoix, so erhöht sich der Preis auf
600 Francs.
Preis Correze. 100 Francs, gegeben vom Vicomte Ch. de Lirac, der im Jahre
1906 den von Baudry gestifteten Preis für eine Landung im Departement Correze gewann.
Landung im Departement Correze.
Wettfahrten der «Petite Gironde». Landungen möglichst nahe den Städten:
Saintes, Angouleme, Perigueux, Agen und Mont-de-Marson. Abfahrt von Bordeaux.
Keine Zwischenlandung. Offen für Führer des Clubs.
Mindestens 3 Preise (Ehrenpreise) für jede Stadt, gegeben von der «Petite Gironde*.
Die Entfernungen der Landungsorte rechnen vom Rathause der betr. Stadt aus. Ein be¬
sonderer Preis (Statoscop) dem Führer, der von den Siegern am nächsten dem Rathause
einer der Städte gelandet ist.
Preise für Landungen in bestimmten Gemeinden. Offen für Führer des
A6ro-Club du Sud-Ouest und des Real Aero-Club de Espaiia. Abfahrt von Bordeaux.
100 Francs (Kunstgegenstand) jedem Führer, der in den Gemeinden Saint-Girons-de
Blaye (Gironde), Aubie-Espessas (Gironde), Atur (Dordogne), Notre-Dame (Dordogne), Saint-
Saveur (Dordogne), Seganzac (Charente) landet. Keine Zwischenlandung.
100 Francs jedem Führer, welcher nach mindestens 1 Std. 30 Min. in Boulliac
(Gironde), L^ognan (Gironde). Quinsac (Gironde) landet. Keine Zwischenlandung.
100 Francs dem ersten Führer, welcher in Paillet, Rions, Lestiac, La Roquille,
Vayres oder Mios (Gironde), Saint-Thomas de Conne (Charente), in einem Kreise von
6 km Radius um Chabelle d’Arcachon oder im Parc Bordelais, nahe Bordeaux, landet.
Keine Zwischenlandung.
100 Francs dem ersten Führer, welcher nach mindestens 1 Std. 30 Min. in
Parempuyre (Gironde) landet.
100 Francs dem ersten Führer, welcher nach mindestens 2 Stunden in Jarnac-
Champagne (Charente-Inf6rieure) landet.
Diese Preise, die mit wenigen Ausnahmen nur für Führer des Aero-Club du
Sud-Ouest bestimmt sind, scheinen für unsere deutschen Führer wenig Interesse zu
haben, da eine Bewerbung ihrerseits ausgeschlossen ist. Sie zeigen uns aber, mit welcher
Energie und welchen Mitteln die Franzosen ihre Vorherrschaft in der Aeronautik zu er¬
halten und auszudehnen versuchen. Die genannten Preise des französischen Klubs haben
einen genannten Geldwert von 6600 Francs, außerdem sind noch 18 Ehrenpreise
vorhanden, deren Wert nicht angegeben ist. Die Kilometerpreise, sowie etwaige zweite
etc. Landungspreise, von denen verschiedene jedem Führer, der eine bestimmte Aufgabe
löst, gegeben werden, sind hierbei nicht mitgezählt. In Deutschland existiert unseres
Wissens kein derartiger Preis, der nur für deutsche Führer offen ist. Sollen wir Deutsche
nicht von den Franzosen lernen und mit allen Mitteln unsere Führer auf die großen inter¬
nationalen Wettkämpfe vorbereiten? Bei den meisten Sportfahrten, die in Deutschland
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135 €«««
aiisgeführt werden, sind die Fahrer und Führer, um einen Ausdruck des «A6rophile>
anzuwenden, nur «flaneurs de l’atmosph^re». Bestimmte Aufgaben, die eine Weiterbildung
des Führers bezwecken und bewirken, werden dabei nicht gelöst. Ob es nötig ist, den
Anreiz so weit zu treiben, wie es der A£ro-Club du Sud-Ouest getan hat, soll hier nicht
untersucht werden. Empfehlenswert wäre es aber, wenn alle deutschen Luftschiffer-
vereine jährlich etwa folgende Preise vergeben würden: Ein Preis für die weiteste Fahrt,
ein Preis für die Fahrt von längster Dauer, ein Preis für die beste Zielfahrt. Diese
Preise sind nur für Führer offen. Weiterhin: Ein Preis für die größte Anzahl Ballon¬
kilometer in einem Jahr, ein Preis für die größte Anzahl Ballonstunden in einem Jahr.
Diese letzteren Preise sind für alle Mitglieder offen. Eine angenehme Abwechselung
können sich auswärtige Mitglieder von Luftschiffervereinen, besonders solche, welche
auf dem platten Lande wohnen, durch Stiftung von Landungspreisen für ihre Gemeinde
verschaffen. Ein Besuch im Ballon auf dem Lande pflegt immer willkommen zu sein.
Daß durch Preise ein vermehrtes Interesse für das Ballonfahren eintreten wird, ist ohne
Zweifel. Viel wichtiger aber, als dieses bloße Interesse, ist das Vertiefen der Führer,
welche sich um die Preise bewerben wollen, in die Probleme der Ballonführung, in in-
strumentelle und meteorologische Aufgaben. Dies schafft einen dauernden Nutzen, der
sich auch auf anderen Gebieten der Luftschiffahrt bemerkbar machen wird. Elias.
Aeronautische Ausstellung. — Gelegentlich der Jamestown Weltausstellung,
welche am 26. April 1907 in Norfolk, Virginien. eröffnet wird, ist auch eine aeronautische
Ausstellung beabsichtigt, die Ballons, Luftschiffe, Flugmaschinen, bzw. Modelle davon,
sowie deren Zubehör umfassen soll. Das Ausstellungsgut kann zollfrei eingeführt werden.
Während der Ausstellung sollen Wettbewerbe jeder Art abgehalten werden, deren Be¬
dingungen noch bekannt gegeben werden.
Herr Leopold Leven, Köln, Hohenzollernring 34, ist zum stellvertretenden Kom¬
missar der Jamestown - Weltausstellung für das Deutsche Reich, Belgien
und Holland ernannt.
Herr Leopold Leven hat speziell die «sportliche» Vertretung der drei in Frage
kommenden Länder übernommen.
Alle Anfragen sowie Anmeldungen in allen sportlichen Zweigen sind an die oben
bezeichnete Adresse zu richten.
Ausstellung in Madrid 1907. In Madrid findet vom 4.—19. Mai 1907 eine vom
Kgl. Automobil-Klub und der Radfahrer- und Automobil-Vereinigung veranstaltete Sport¬
ausstellung statt, welche auch als Gruppe 10. Luftschiffahrt enthalten wird. Der Preis
für den Quadratmeter Ausstellungsfläche schwankt in dieser Gruppe zwischen 20 und
25 Pesetas (16—20 Mark). Anmeldungen an den Sekretär des Organisationskomitees der
1. Internationalen Ausstellung für Automobile, Fahrräder und Sport, 70, Rue de Alcalä,
Madrid. _ E.
Gordon-Bennett-Wettfahrt 1907.
Zu der Wettfahrt haben nunmehr folgende Vereine bzw. Verbände je 3 Ballons
gemeldet:
Aero-Club de France,
Aero Club ot the United Kingdom,
Real Aero Club de Espana,
Deutscher LuftschifTer-Verband,
Aero Club of America.
Die englischen und spanischen Führer haben wir bereits im letzten Heft genannt,
nunmehr sind auch die amerikanischen Führer bestimmt. Es sind dies F. S. Lahm, der
augenblickliche Inhaber des Preises, J. C. Mc. Cov u. A. R. Hawley.
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136
Die Meldung Italiens zu der Wettfahrt ist verspätet (11. Febr.) eingelaufen. Des
weiteren hat noch der österr. Leutnant QuoYka gemeldet. Da Österreich aber bisher
nicht der F. A. 1. beigetreten ist, so wird diese Meldung, ebenso wie die italienische,
der Sportkommission der F. A. I. zur Entscheidung vorgelegt werden.
Der AufTahrtplatz im Forest Park erscheint sehr günstig. Die Anlage ist so ge¬
troffen, daß von einem 4000000 Kubikfuß*) (113000 cbm) großen Gasometer ein Haupt¬
rohr von 24 Zoll (61 cm) Durchmesser zum Füllplatz führt. Das Hauptrohr zerteilt sich
in 16 Rohre, an deren Enden die Füllschlauche angelegt werden. Die ganze Anordnung
ähnelt sehr derjenigen bei der Berliner Wettfahrt 1906. E.
Semaine sportive de Barcelonne.
Sous le patronnage du journal sportif de Barcelonne «El mundo Deportivo» et
d’accord avec le «Real Aero-Club de Espana» on a Pidee de faire ä Barcelonne, pendant
une des premieres semaines de juin prochain, une semaine sportive semblable ä celles
de Monaco, Spä, Ostende etc. 11 y aura Sport maritime, automobilisme, courses — et
comme clou de ces f£tes un concours international de ballons libres. On dispose pour
organiser ces fötes sportives dTin montant de pesetas 125000 desquelles 26000 seront
destinees ä Pa^rostation pour d6cerner quelques valables prix et pour payer le gaz de
l’bclairage pour gonller les ballons, ayanl aussi le dbsir de payer les frais des transports
en Espagne de tous les ballons qui voudront prendre part au concours.
Francisco de Paula Rojas.
Grand Prix d'Aviation.
Der «Grand Prix d'Aviation» (50000 Francs), gegeben von den Herren Deutsch de
la Meurthe für den ersten Kreisflug von 1 km Länge, ausgeführt durch ein Aeroplan,
wird in diesem Frühjahr stark umstritten werden. Es haben sich bereits bei der Com¬
mission d’Aviation de l’Aero-Club die Herren Sanlos-Dumont, Jean Florencie und Leon
Delagrange einschreiben lassen. Die Bedingungen für den genannten Wettbewerb werden
auf Verlangen zugesandt. Adresse: Aero-Club de France; 84, Faubourg St. Honorö.
Der neue Drachenflieger Santos-Dumont ähnelt im Aussehen sehr dem ersten,
jedoch befindet sich das Steuer jetzt hinten, nicht mehr vorn, wie früher. Florencie
will mit einem Flügelflieger starten, Delagrange mit einem Drachenflieger, der den
Fliegern von Voisin und Archdeacon (111. Aeronaut. Mitt. 1905, S. 345 ff.) ähnelt. Der letzt¬
genannte Flieger wiegt bei (X) qm Tragfläche incl. 50 P. S. Antoinette-Motor nur 275 kg.
E.
Erledigte Wettbewerbe.
Die Medaille der Societe meteorolique de Franee für 1906 ist dem Comte Hadelin
d’Oultremont für seine ausgezeichneten meteorologischen Beobachtungen im Ballon im
Jahre 1906 zuerkannt worden. E.
Aeronautische Vereine.
Motorluftschiff-Studiengesellschaft.
Für die wissenschaftlichen Fragen, deren Bearbeitung in dem Rahmen der Motor-
luftschiff-Studiengesellschaft liegt, sind nunmehr innerhalb der einzelnen Gruppen des
technischen Ausschusses in ihren Sitzungen Programme aufgestellt worden, und zwar
über folgende Punkte:
*) 1 Kubiktuß = 28316 ccm.
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»►►fr 137 444«
Durcharbeitung des internationalen statistischen Materials, sowohl des
vorhandenen als des neueinlaufenden in den verschiedenen für
die MotorluftschifTahrt wesentlichen Beziehungen.
Einrichtung mehrerer Stationen zur Beobachtung von Pilotenballons
mittels Theodoliten.
Luftwiderstandmessungen an Modellballons..
Messungen über Druckverteilung an Modellballons.
Messungen der Geschwindigkeitsverteilung der Luftströmung an Modell¬
ballons .
Untersuchungen über die Stabilität verschiedener Ballonformen ....
Messungen von Gastemperaturen im Innern von Ballons ..... . 1
Stoff- und Materialprüfungen. )
Aufstellung eines Preisausschreibens für Ballonmotore.j
Propellerversuche. S
von der mete¬
orologischen
Gruppe.
von der
dynamischen
Gruppe.
vo n der K
struktions-
gruppe.
von der
Masehinen-
gruppe.
Berliner Verein für Luftschiffahrt.
Die 263. Sitzung des «Berliner Vereins für Luftschiffahrt» am 11. Februar brachte
zunächst die Aufnahme von 13 neuen Mitgliedern in den satzungsgemäßen Formen.
Darauf sprach Hauptmann v. Krogh über den Parsevalschen Motorballon. Der Vor¬
tragende begann damit, die drei verschiedenen Systeme zu erläutern, welche zurzeit
gleichen Anteil an dem öffentlichen, der Motorluftschiffahrt zugewandten Interesse bean¬
spruchen, dem «starren», durch ein Aluminiumgerüst in festen Formen gehaltenen Luft¬
schiff des Grafen Zeppelin, dem «halbstarren» Lebaudvschen und dem «unstarren»
Parsevalschen Motorballon. «Halbstarr» heißt das Lebaudysche Luftschiff, weil zwar die
gasgefüllte Hülle nicht wi$ bei Zeppelin über ein Gerüst von Aluminiumträgern gespannt,
sondern in praller Form nur durch einen Überdruck ihres Gasinhaltes gegen den
äußeren Luftdruck erhalten wird, aber doch eine Trägerkonstruktion vorhanden und
zu einer Grundfläche für die Hülle ausgebildet ist. «Unstarr» dagegen darf das Parse-
valsche Luftschiff mit Recht genannt werden, weil nicht nur seine langgestreckte zylindrische
Hülle ausschließlich durch inneren Überdruck prall in der Form erhalten wird, sondern
auch grundsätzlich jedes starre Stück, jede Versteifung und Verstrebung durch Holz¬
oder Metallteile möglichst vermieden ist. Nur die Gondel und der in ihr untergebrachte
maschinelle Teil bilden hiervon natürlich eine Ausnahme. Die Systeme Lebaudy und
Parseval machen Gebrauch von dem «Ballonet», einem Luftsack, der mit Hilfe eines
Ventilators mit Luft aufgepumpt werden kann und dazu bestimmt ist, alle Gasverluste
des Ballons auszugleichen und diesem die Form zu erhalten. Die Gestalt der in dem
Ballon angebrachten, etwa V« von dessen Volumen haltenden Ballonets ist der Ballonform
angepaßt. Die Vorteile der Unstarrheit des Parsevalschen Luftschiffes scheinen erheblich,
wenn erwogen wird, daß die Landung eines starren Vehikels immer gefährlich ist. Auch
ist der Umstand wichtig, daß dies Luftschiff im ungefüllten Zustande zusammengerollt,
samt Gondel und Maschine in einem einzigen Eisenbahnwaggon oder in zwei Land¬
fuhrwerken transportiert und ohne große Mühe und Arbeit gefüllt und zum Aufstieg ge¬
bracht werden kann. Die Länge des Parsevalschen Ballons ist 48 m, sein Querschnitt
vom Durchmesser 9 m. Um den vorn halbrunden, hinten spitz zugehenden Ballon
läuft, ähnlich wie beim Drachenballon, ein Gurt, an dem die aus Aluminium und Stahl¬
rohren bestehende Gondel an ihrem vorderen und hinteren Ende an starken Drahtseilen
aufgehängt ist. Durch zwei an der Seite der Gondel entlang über Rollen laufende Seile
ist die Möglichkeit gegeben, die Gondel etwas nach vorwärts oder rückwärts zu ver¬
schieben und hierdurch eine Veränderung der Lage des Schwerpunktes des Luftschiffes
herbeizuführen, bzw. der auf den Kopf hebend wirkenden Schraubenbewegung entgegen¬
zuwirken und Drehung zu verhüten. Von den beiden Ballonets, deren sich der Parse-
valsche Motorballon bedient, liegt das eine im Kopf, das andere im hinteren Teil dei*
Hülle. Sie sind durch einen Schlauch miteinander verbunden, der von der Gondel aus
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 18
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durch den Ventilator mit Luft versehen wird. In dem Schlauch befindet sich ein von
der Gondel aus einstellbares Ventil, durch das beliebig Luft in das vordere oder hintere
Ballonet geleitet werden kann. Hierdurch ist verschiedene Belastung der Hülle vorn oder
hinten ermöglicht und ein Mittel gegeben, das Luftschiff schräg nach oben, horizontal
oder schräg nach unten gerichtet einzustellen, somit alle die bisherigen Mittel des Auf-
und Absteigens, Ballast und Ventil, teilweise überflüssig zu machen. An den Seiten
des Motorballons, und zwar am hinteren Ende desselben, befinden sich je zwei horizon¬
tale und eine vertikale, der Stabilisierung der Bewegung dienende Flächen, die als
Luftkissen konstruiert sind, durch den Ventilator aufgepumpt und mit Bambusstäben ver¬
steift werden können, wenn die Versteifung durch Leinen nicht genügt. Ähnlich ist das
Steuerruder ausgebildet. Auch die hinter der Gondel angebrachte Schraube gehorcht bis
zu einem gewissen Grade dem durchgeführten Grundsatz der Unstarrheit; denn ihre
Flügel werden durch Stofflächen gebildet, die sich mittels eingelegter Stahlseile erst bei
der Drehung in die Schraubenform einstellen. Der in der Gondel möglichst entfernt von
der Hülle angebrachte Explosionsmotor hat eine dem 2800 cbm haltenden Ballon mehr
als entsprechende Stärke von 90 HP. Seine Hauptwelle geht senkrecht nach oben. Die
4,2 m im Durchmesser haltende Schraube wird durch ein doppeltes Kegelgetriebe bewegt.
Ihre oben dargelegte Unstarrheit bewahrt sie bei der Landung vor Beschädigung, welcher
starre Schrauben sehr leicht ausgesetzt sind. Sie hängt bei abgestopptem Motor schlaff
herunter. Hinter der Schraube ist der Kühler, dahinter der Benzinvorratsbehälter angeordnet.
Am vorderen Ende der Gondel ist die Stelle für das auf eine Trommel aufgelegte
Schlepptau. Das Gesamtgewicht des Parsevalschen Motorballons ist einschließlich eines
Benzinvorrates von 100—200 kg pp. 2000 kg, erlaubt somit eine Belastung bis zu 800 kg
einschließlich einer Bemannung von 3—4 Erwachsenen. Einige Stunden bis höchstens
ein halber Tag genügen, um das Luftschiff zur Fahrt fertig zu stellen.
Nach diesen an zahlreichen Lichtbildern trefflich erläuterten Darlegungen gab
Hauptmann v. Krogh eine gleichfalls von vielen interessanten photographischen Auf¬
nahmen begleitete Schilderung, der im ganzen 11 Aufstiege mit dem Parsevalschen Luft¬
schiff, die zwischen dem 26. Mai und 27. Oktober vorigen Jahres stattgefunden haben.
Sie zeigten ein fesselndes Bild der sich mit jeder folgenden Fahrt mehrenden Sicherheit
in der Beherrschung des neuen Luftvehikels, zugleich aber auch ein getreues Bild von
den unsäglichen Mühen und Gefahren, den unvorhergesehenen Schwierigkeiten und
Zwischenfällen ärgerlicher Art, die mit der Erprobung verbunden waren, überall jedoch
siegreich überwunden und zu gutem Ende geführt wurden. Der Schauplatz der Fahrten
war der Tegeler Schießplatz, doch dehnten sich einige Fahrten zeitlich und örtlich er¬
heblicher aus. Schon bei der ersten Auffahrt, die sich vorsichtig in geringer Höhe hielt,
wurde das befriedigende Funktionieren der oben beschriebenen Einrichtung zur lang¬
samen Erhebung durch Schrägstellung des Ballons in kleinem Winkel zur Horizontalen
als der Voraussicht vollkommen entsprechend festgestellt. Der Ballon fuhr zunächst am
Schleppseil, dem Steuer gehorchend, flott im Kreise herum und erreichte, nachdem er
sich bis zu 200 m erhoben hatte, den vereinbarten Platz. Die zweite Fahrt erfolgte ohne
Benutzung des Schleppseiles. Es wurde über dem Schießplatz eine 8 beschrieben, wobei
die Steuerung zwar aufs sicherste funktionierte, aber erhebliche Verstärkung des Steuers
als notwendig erkennen ließ. Später ging bei Versagen der Bremse das ganze Schleppseil
über Bord, dessenungeachtet gelang die Landung sehr gut an der vereinbarten Stelle.
Bei der dritten Auffahrt am 14. Juni herrschte schlechtes Wetter und ein Wind von
etwa 6 m. Man stieg nur 50 m hoch; es ging schön und glatt, nur setzte die Gondel
bei der Landung zweimal hart auf, ohne daß eine Beschädigung eintrat. Am nächsten
Tage gab es anfangs eine recht flotte Fahrt gegen den Wind, sodaß man sich auf eine
größere Fahrt vorbereitete, als unvorhergesehen der Schlauch sich in der Schraube
verfing, infolge dessen der Motor abgestellt werden und zur glatt vor sich gehenden
Landung geschritten werden mußte. Am 26. Juli ging der Motorballon unter Einstellung
eines Winkels von 10° Hott in die Höhe und stieg bis zu 1500 m, wo das Hinaufrücken
des Manometers bis auf 40 mm zum Ziehen des Ventils nötigte. Beim langsamen Fallen
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zeigte sich der Motor bei geringer Tourenzahl dem starken Winde nicht mehr gewachsen,
und der Ballon trieb ab. Von 500 m ab kam er in schnelles Fallen und trotz Auswerfens
von 140 kg Ballast ziemlich unsanft zur Erde; doch war nichts zerbrochen, die forcierte
Hochfahrt machte indessen einige Reparaturen notwendig. Am 16. August war alles für
eine Geschwindigkeitsmessung vorbereitet, das Wetter so günstig als möglich; doch gab
es bei der Rundfahrt eine Havarie am Schlauch, die zur glatten Landung am Schleppseil
nötigte. Anfänglich glücklicher war die Fahrt am 18. August, an der nach einer Kreis¬
fahrt von 700 m an den Ausgangspunkt zurückgekehrt wurde. Leider gab es dann in¬
folge Durchbrennens der Kuppelung des Motors einen Zwischenfall und einen kleinen
Brandschaden an Bord, der mit der erforderlichen Ruhe und Umsicht im Handumdrehen
gelöscht war. Bei dem etwas schneller als gewöhnlich erfolgenden Abstieg zog kurz vor
der Landung am Schleppseil dieses die Gondelwand kaput, wobei es sich schließlich
in die Steuerleine verfing. Das Steuer hielt den vermehrten Druck indessen aus, und
man kam nicht weit von der vereinbarten Stelle zu Boden. Eine nächste Fahrt fand in
Gegenwart des Inspekteurs der Verkehrstruppen statt. Der Ballon flog nachmittags 6 Uhr
von der S. 0.- zur N. W.-Ecke des Tegeler Schießplatzes. Alles klappte sehr schön, ob¬
gleich es einmal einen Knall gab, weil ein Tauende in das Zahnrad an der Welle geraten
war. Der Zwischenfall hatte aber keine Folgen. Es konnte mit ganzem Erfolg die
sichere Steuerung des Ballons in Auf- und Abstieg durch die Ballonets vorgeführt,
auch konnte am bestimmten Platz gelandet werden. Die letzte Fahrt ging am 27. Ok¬
tober bei stark böigem Südwind vor sich. In 200 m Höhe war eine Windgeschwindigkeit
von 8 m festgestellt. Der Ballon nahm die Richtung gegen die Jungfernheide. Nach
einer Fahrt von 500—700 m gegen den Wind wurde gewendet und mit seitlichem Wind
in gerader Linie zum Schießplatz zurück und an dessen Nordostkante entlang gefahren.
Bei 200 m geriet man jedoch in Wolken und verlor die Richtung, da ein Kompaß nicht
mitgenommen war. Als man die Erde wieder sah, befand man sich in der Nähe des
Nordufers des Tegeler Sees. Da Sandsäcke an Bord, suchte man durch Ballastauswerfen
wieder in die Höhe zu kommen, was auch gelang, sodaß nach kurzer Zeit der Schie߬
platz wieder erreicht wurde. Als man hier zur Landung schritt, indem man bei stets
laufendem Motor den Ballon über den nachgeeilten Mannschaften gegen den immer
stärker werdenden Wind über den Schießplatz hielt, geriet die Reißleine in das obere Zahn¬
radgetriebe und brachte den Motor zum Stoppen. Sofort trieb der Ballon in nördlicher
Richtung ab und fiel. Hierbei mußte wegen der Gebäude von Tegel Sandballast
geschüttet werden, welches leider ein Versanden des Motors zur Folge hatte. Der
bei einem Motorballon unangebrachte Sandballast war ausnahmsweise an diesem Tage
mitgenommen worden, da bei dem starken Auftrieb des Ballons die vorhandenen Wasser¬
säcke nicht ausgereicht hatten. Der nunmehr als Freiballon behandelte Ballon erreichte
eine Höhe von 1000 m und trieb schnell in nördlicher Richtung ab. Als man dies aus
dem abnehmenden Geräusch von unten entnehmen konnte, wurde das Ventil gezogen,
das Schleppseil klar gemacht und bereits in der Dunkelheit nach kurzer Schleiffahrt in
der Nähe von Velten gelandet. So endeten die Versuche in 1906, sie sollen im Frühjahr
und Sommer wieder aufgenommen werden. Es dürfte anzuerkennen sein, daß sie nicht
nur in außergewöhnlich großer Zahl — 11 gegen 3 Versuche, die in der ersten Versuchs¬
kampagne mit dem «Lebaudy» gemacht wurden — glücklich durchgeführt worden sind,
sondern daß sie auch bis zu einem hohen Grade die Tüchtigkeit des Parsevalschen Luft¬
schiffes erwiesen haben.
Der Vortrag war in allen seinen Teilen von der gespanntesten Aufmerksamkeit
der Zuhörerschaft begleitet worden. Man gewann den Eindruck, daß Allen bewußt war,
aus dem Anhören dieses ersten Rechenschaftsberichts über Versuche mit dem Par¬
sevalschen Luftschiff eine Erinnerung fürs Leben geschenkt erhalten zu haben, die
künftig vielleicht recht wertvoll sein wird, wenn die weitere Entwickelung den Hoff¬
nungen recht gibt, welche auf diese Erfindung zu setzen die Welt voll berechtigt
scheint. Jedenfalls galt der allseitig gespendete Beifall ebenso sehr dem an den kühnen
und gefahrvollen Versuchen in vorderster Reihe beteiligten Berichterstatter, als der er-
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140
sichtlich die theoretische Voraussicht des Erfolges praktisch bestätigenden, genialen
Erfindung. Der Vorsitzende, Geheimrat Busley, gab daher nur dem allgemeinen Empfinden
Ausdruck, als er für den ebenso klaren, als fesselnden und interessanten Vortrag in
beredten Worten dankte.
Es folgte die Vorlage des Jahrbuches des Deutschen Luftschiffer-Verbandes für
1907. Aus den ihm das Geleite in die Öffentlichkeit gebenden Worten des Vorsitzenden
war zu entnehmen, daß die Milgliederzahl des Verbandes sich im vergangenen Jahre
um 420 vermehrt hat und z. Z. 4200 beträgt. Dank der regen Tätigkeit aller dem Ver¬
bände ungehörigen Vereine ist ein erheblicher Aufschwung zu verzeichnen, der sich
namentlich in der Zahl der den Vereinen im ganzen zur Verfügung stehenden Ballons
zeigt, der von 12 auf 17 (darunter 3 Privalballons) gestiegen ist. Neu dem Verbände
hinzugelrelen ist der Elberfelder Verein. Neu in das Programm des Verbandes aufge-
nominen sind die Fliege des Brieftaubentluges und an wissenschaftlichen Betätigungen
lufteleklrische Messungen und Beobachtungen über die Verbreitung der Ionen in den
oberen Luftschichten.
Nach Ausrangierung von zwei der älteren Vereinsballons soll alsbald Ersatz, zu¬
nächst für einen Ballon, beschafft werden. Die Versammlung beschloß in diesem Sinne,
da die Finanzen des Vereins es erlauben. Ersatz für den andern Ballon wird für den
nächsten Herbst in Aussicht genommen.
Eber 4 seil letzter Versammlung unternommene Ballon - Freifahrten berichtete
hierauf der Vorsitzende des Fahrtenausschusses Dr. Bröckelmann. Es handelte sich um
folgende Aufstiege:
15. Januar. (Ballon «Helniholtz». 72. Fahrt) Teilnehmer: Dr. v. Manger als Ballon¬
führer, Herr und Frau La Quiante. Aufstieg um 11 30 IJhr, Landung um 2 4$ Uhr bei
Waltersdorf in Schlesien. Zurückgelegte Entfernung 192 km oder 50,4 km in der Stunde
Maximalhöhe 2200 m.
1. Februar. (Ballon «Bezold*. 14. Fahrt) Teilnehmer: Leutnant HolthotT von Fa߬
mann als Führer, Leutnants der Reserve Winkler und Wunderlich. Aufstieg um 130 Uhr.
Landung bei Radeberg um 730 Uhr. Zurückgelegte Entfernung 180 km oder pro Stunde
30 km. Maximalhöhe 2400 m.
2. Februar. (Ballon «Ernst*. 22. Fahrt). Teilnehmer; Fabrikbesitzer Gassi rer, als
Führer Dr. Knoch. Aufstieg abends 8 Uhr in Billerfeld, Landung am 3. Februar mittags
Vs 12 Uhr in Londorf bei Gießen. Zurückgelegle Entfernung in der Luftlinie 200 km.
Maximalhöhe 1500 m.
11. Februar. (Ballon «Bezold», 15. Fahrt). Teilnehmer: Leutnant v. Neumann als
Führer. Leutnants v. Tümpling, v. Posern, Nehring. Abfahrt: 2&0Uhr. Zwischenlandung
5 Uhr in Globsow bei Fürstenberg. Weiterfahrt der Herren Leutnants v. Neumann und
v. Posern am nächsten Morgen um 6 55 Uhr. Landung um 9§Q Uhr in Quilow bei Anklam.
Uber die Fahrten ad 1 und 3 berichteten die Teilnehmer noch besonders. Am
15. Januar wurde bei böigem Winde abgefahren. Nach 25 Minuten war der Ballon in
den Wolken verschwunden. Über denselben glaubte man eine ganz andere Windrichtung
zu bemerken und ging zu genauerer Orientierung aus 2200 m wieder herunter. Beim
Anblick der Erde konnte festgestellt werden, daß man sich in der Nähe der Oder be¬
finde. Man beschloß, am Schlepptau weiter zu fahren, hatte dabei aber 4 mal das Un¬
glück. hängen zu bleiben, bald an Telegraphendrähten, bald an Bäumen, bis zuletzt sich
das Netzwerk des Ballons in einer Weide verfing und man in mooriger Umgebung zur
Landung genötigt war. Fahrt und Landung waren bei dem winterlichen Weller recht
beschwerlich. Unter erschwerenden Umständen verlief auch die Nachtfahrt des Ballons
..Ernst" von Billerfeld aus. Der Ballon stieg mit WNW-Richtung sehr schnell bis zu
350 m und verschwand für einige Zeit in den Wolken ; doch erschien die Erde später
wieder und erlaubte die Beobachtung, daß man über Halle, Merseburg und Weissenfels
wegflog. Man hielt längere Zeit den Ballon absichtlich in geringer Höhe über dem
Erdboden und blickte auf eine unübersehbare weiße Schneedecke hinab. Höher gehend,
kam man bei 400 m in ein dichtes Schneegestöber und flog nun stundenlang, ahnungs-
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los, wohin man getrieben wurde. Um 3 Uhr nachts befand sich der Ballon über einer
großen Stadt. Es war Halle, wie auf Anruf festgestellt wurde, das man vor 4 Stunden
bereits gekreuzt hatte. Der Wind war somit herumgegangen und hatte den Ballon zurück¬
geführt. Um 4ö° Uhr war man über Erfurt, Höhe 500 m. später 720 und 000 m hoch.
Beim Wiederherabgehen kam der Ballon in Berührung mit schneebeladenen Fichten, die
ihre Schneelast auf ihn ausschütteten, sodaß 4 Sack Ballast geopfert werden mußten, um
ihn wieder hoch zu bringen. Neues starkes Schneetreiben, das den Wunsch zu landen
nahelegte. Doch war es hierfür noch zu linster. und man beschloß, Tagesanbruch ab¬
zuwarten und inzwischen höher zu gehen. Oben lichtete sich das Gewölk, und als die
Sonne aufgegangen war, sah man sich über einer waldigen Gegend und ermittelte, daß
der Ballon wieder in der Richtung WNW. llog. Um 10 Uhr zeigten sich Dörfer, um
7* 12 Uhr befand man sich oberhalb * eines zur Landung einladenden Talkessels. Man
hätte es kaum glücklicher tretTen können; denn nach minutenlangem sanften Herab¬
gleiten kam der Ballon 2 m über dem Erdboden zur Ruhe, nur 5 Minuten von einer
Eisenbahnstation entfernt. Obgleich in der Luftlinie nur 200 km von Bitterfeld entfernt,
hatten die Luftschiffer den Eindruck, daß sie infolge wiederholten llmspringens des
Windes mindestens die dreifache Entfernung zurückgelegt hatten. — Noch wurde vom
Vorstandstische aus milgeteilt, daß eine Beteiligung der deutschen LuflschitTahrt an dem
St. Louis-Wettbewerb am 19. Oktober dieses Jahres beabsichtigt sei. Es stehe zu hotten,
daß dieser internationale Wettbewerb 17—20 Ballons umfassen werde. A. F.
Ständige Internationale aeronautische Kommission.
In der Sitzung am 4. März 1907 hat die ständige internationale aeronautische
Kommission folgende Ehrenpräsidenten gewählt:
Prince Roland Bonaparte, Präsident der Föderation aeronautique internationale,
Professor Hergesell, Präsident der internationalen Kommission für wissenschaftliche
LuftschitTahrt, Professor Celoria, Direktor des astronomischen Observatoriums von Brera,
Präsident des Mailänder aeronautischen Kongresses.
Das Bureau der Kommission setzt sich wie folgt zusammen:
Präsident: Guillaume, Directeur-Adjoint du Bureau international de Poids et
Mesures. Vize-Präsidenten: Professor Aßmann, Chanute, Drziewiecki, Lt-Colonel Espitallier,
Major Moris, Commandant Paul Itenard. Berichterstatter: Surcouf. Schriftführer: Che-
valier Pesce, Capitaine Voyer. Schatzmeister: G. Besan^on.
Aöro-Club de France.
Le diner de PAero-Club de France, dans les Salons de V Automobile-Club, a ötö
des plus brillants. M. Löon Bart hon, directeur du cabinet duMinistredes
travaux publics, prösidait, avant ä ses cötös M. M. Santos-Dumont et C. F. Baudry,
President de rAöro-Club du Sud-Ouest, Henry Julliot, ingönieur du ballon Patrie, comte
Henry de La Vaulx, Georges Besan<;on, Ernest Archdeacon, Capitaine Ferber, Frank Lahm,
Victor Tatin, Louis Bieriot, Maurice Mailet, Paul Tissandier, Paul Borde, Georges Bans etc.
On a causö Aviation et Aörostation, et Von a portö des toasts aux laureats des
dernieres grandes öpreuves. ^
Aöronautique-Club de France.
Le 23 fevrier 1907 a eu lieu ä l’Hotel des Soeietes Savantes, TAssemblee gönörale
annuelle de l’Aöronautique-Club de France (siege, 58, rue J.-J. Rousseau), sous la prö-
sidence de M. le Commandant Renard.
De nombreux soeiötaires parmi lesquels nous avons remarque la plupart des
membres du Comitö des Dames, assistaient ä cette röunion. M. Sauniere, president-fon-
dateur, a prösente le rapport moral de I’annöe ecoulöe qui se rösume ainsi: Candidats
admis en 1906: 182 dont 37 dames, I’annee 1905 avait donnö 78 admissions. Quatre
fßtes ou concours aerostatiques ont ete organisös ainsi qu’un certain nombre d’ascen-
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142 €^44
sions isolees representant un total de 17 (XX) metres cubes de gaz consomm6. De leur
cöte les membres ont execute 98 ascensions pour 250 voyageurs et 87 000 metres cubes
de gaz. Tous ces chiffres sont en progression considörable sur 1905.
Parmi ces derni£res ascensions, il faut noter spöcialement celle de M me Surcouf
accompagnee de M ,lc Gache qui partirent seules le 23 aoüt pour la premi£re fois.
Au concours de Milan, seuls les pilotes de FA-C-D-F. ont ligure et remporl6 de
nombreux prix.
La question «Aviation» a fait aussi Fobjet de la sollicitude du Comitä qui a fait
construire par M. Voisin un aeroplane modele Chanute avec lequel les membres execu-
tent des planements chaque jour plus consid£rables. un deuxifcme appareil a öte ofTert
a la section d’aviation par M. le capitaine Ferber.
Le concours de photographie aöronautique a röuni plus de 300 epreuves, les prin-
cipaux laureats ont 6t6 MM. Daillard, Tiberghien, Mottart, etc. A PEcole pr£paratoire
aux A6rostiers militaires les cours tres instructifs ont permis aux öleves de passer avec
succ£s les examens pour Fentree aux aerostiers ä Versailles.
Apres avoir rappelt la formation de la flotte a6rienne fran<;aise de guerre gräce
au dirigeable de M. Julliot, membre de la Sociölö, M. Sauniere a annonce les prochaines
experiences du dirigeable «Ville de Paris * construit pour M. Deutsch de la Meurthe par
M. Surcouf, il a ensuite adresse ses remerciments au president de l’assemblee. M. le
comte Renard, ainsi qu’ä tous ses collaborateurs du Comit£ de Direction, au Comite des
Dames et ä sa p residente M™e Surcouf.
Apr£s cet interessant exposö, le trSsorier, M. Gritte, a presente son rapport sur
les operations financieres de Fexercice qui se chitTrent par un total de recette de
19038 frs contre 9 (153 frs donnö par Fannie pröcßdente, soit une augmentation
de 9385 frs.
M. le Commandant Renard dans un magistral discours trös applaudi a fdlicite la
Societö pour ses initiatives heureuses, ses progres et ses succ&s, tout en lui pr£disant
une nouvelle ere de prosp£ritö. Des plaquettes ont et6 remises ä M me Surcouf et ä
M llc Gache en souvenir de leur ascension, et des recompenses ä MM. Thomassin, Letor-
trois, Touny, Fouilletet, Chauveau, Barberon, Dauphin, Razet, Chamaillö, Cormier, Ri-
beyre, Maison, etc. Ont ötö elus membres du Comite MM. Bacon, Brett, R. Aubrv,
Amiol, Griffig.
Dans sa söance du 25 fevrier, le Comite de Direction de FA6ronautique-Club de
France, röuni au siöge, 58, rue J.-J. Rousseau, a proc6dö ä FSleclion de son bureau
pour 1907 qui se trouve ainsi composö: president M. J. Sauniöre, vice-prösidents MM.
Roger, Aubry, V. Bacon, Piötri, tresoriers MM. Gritte et Cormier, secrötaires MM. Amiel
et Brett, membres MM. Griffie, Mäison, Mottart, Ribeyre.
Le Comite a approuvö ensuite le regiement du concours de modales röduits d’appa-
reils d’aviation ouvert entre les membres de la Section d’aviation et pour lequel
M. Voisin offre comme prix la construetion gratuite et grandeur nature du meilleur
appareil. Les membres du Jury sont MM. Archd6acon, le capitaine Ferber et G. Voisin.
3*
Literatur.
„Cavete! 64 von Emil Sandt. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. W. Es wäre
eine sehr undankbare Aufgabe, alle die Publikationen der jüngsten Zeit, welche die von
Jules Verne begründete Gattung des naturwissenschaftlichen Romans bis zur uferlosen
Ausartung in das Sensationellste verfolgen, zu lesen und auf ihren eigentlichen Gehalt
hin zu prüfen. Eine verschleierte und unklare Basis in bezug auf die physikalischen Vor¬
aussetzungen ist dabei noch in den Kauf zu nehmen, wenn wenigstens der Idee und
möglichen Weiterentwicklung einer Aufsehen erregenden Erfindung in verständnisvoller
Weise dabei Rechnung getragen wird.
Ein Meisterwerk, das die zuletzt genannten Vorzüge in sich schließt, war «See¬
stern 1906», ihm reiht sich der kürzlich erschienene Roman «Cavete! Eine Geschichte,
über deren Bizarrerien man nicht ihre Drohungen vergessen soll» als zeitgemäße Luft-
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kapuzinade fortleitend an. Der Verfasser nennt sich Emil Sandt. Er verfolgt in diesem
Buche an der Hand zweier Helden, des Erlinders Fritz Rusart und seines «Speer¬
trägers» Attila von Schwind, denen in der Figur der Brigitte Mendelsohn eine rassige
Frau zur Seite steht, die Entwickelung der großen Erfindung des lenkbaren Luftschiffes
auf die moderne Kultur. Rusart ist der Typus eines genialen Deutschen, eines Welt¬
beglückers. Wie der warmherzige, aber zu unfruchtbarer kosmopolitischer Schwärmerei
neigende Mann, der alles umwerten will, durch den deutschen Kaiser selbst zur einzig
richtigen realen und nationalen Politik in dem Augenblick, wo sein Freund Attila von
Schwind als Opfer englischer Machenschaften zugrunde geht, zurückgeführt wird, das ist
mit feiner Psychologie und tüchtiger Dialektik geschrieben. So bleibt Rusarts Erfindung,
um die sich die Völker, sowohl ihre Regierungen als die großkapitalistischen Vereini¬
gungen reißen, dem Vaterlande erhalten und gesichert. Die Beurteilung, welche Sandt
«die sogenannte internationale Solidarität» an allerhöchster Stelle dabei finden läßt, ist
von nicht gewöhnlichem Interesse und paßt ausgezeichnet auf die gegenwärtige Frage
der Flugschiffahrt und gewisse tatsächliche Verhältnisse überhaupt.
Es gibt keinen Stand, der von der vollkommenen Lösung der Motorluftschiffahrt
nicht eine völlige Umwälzung und Neugestaltung aller Verhältnisse für sich erwarten
könnte. Es würde zu weit führen, wenn wir die unbegrenzten Möglichkeiten, die sich
den Blicken der Häupter der Regierungen, der Professoren, Offiziere, Großindustriellen,
Rheeder u. s. f. durch die vollkommene Lösung des Problems der Motorluftschiffahrt zu
entschleiern beginnen, hier im einzelnen verfolgen wollten. Der Verfasser führt uns Ver¬
treter dieser Stände in seinem Romane nebeneinander vor und läßt sie ihre Hoffnungen
beziehungsweise Befürchtungen in breiterer Form selbst aussprechen. Nur so weit es
die Wehrkraft der Staaten anlangt, seien hier die Ansichten des Verfassers mit seinen
eigenen Worten wiedergegeben. Er sagt: «Der Kampf war das Instrument und die Hand¬
habung dieses Instrumentes war der Niederschlag der Erfahrung aller Vergangenheiten
gewesen. Es gab Grundsätze in der Strategie, Sätze als einzig richtig erkannt, weil er¬
probt: wohin flogen sie! Die bitterernste Aufgabe des Aufklärungsdienstes, wie wurde
sie zum Spiel!» Man vergleiche hierzu auch die Aussprüche von Autoritäten auf dem
Gebiete der Militärluftschiffahrt. H. W. L. Moedebeck z. B. widmet in seinem Buche
«Die Luftschiffahrt» der «Zukunft» des Luftschiffes eine Reihe von Kapiteln und be¬
handelt es eingehend als Waffe sowie Erkundigungsfahrzeug in einem Zukunftskriege.
Ebenso weist er darauf hin, daß es auch bei Zerstörungen von Anlagen im Innern des
feindlichen Landes und beim Kampfe um befestigte Stellungen und Festungen seine
Rolle schon spielen wird. Daß das Luftschiff in Frankreich bereits unter die Bestand¬
teile der nationalen Rüstung mit eingegliedert wurde, ist eine altbekannte Tatsache,
zu der sich «die romanhafte Utopie» bereits verdichtet hat. Wie steht es aber nun bei
uns in Deutschland? Sandt sagt darüber im wesentlichen folgendes : «Solange die Sache
im Stadium der Versuche, der Proben geblieben war, hatte man mit regem Interesse von
den kleinen Fortschritten oder den großen Fehlschlägen Kenntnis genommen.» Und
weiterhin heißt es: «Wenn der Fehlschlag erwiesen war, hatte man sich mit tiefem, er¬
lösendem Atemzuge dem alt gewohntenLeben wieder zugewandt». Was gewisse, bis zum
Aeußersten opferwillige Erfinder dabei gelitten haben, ist mit diesen knappen Worten
auch treffend umschrieben! Die Gefahr, die große Erfindung an das Ausland ganz zu
verlieren, kleidet Sandt in das Wortspiel ein: «Wird er (der Erfinder) «von Einem» ge¬
hindert, «der Andrö» empfängt ihn mit offenen Armen». Der Staat muß der zweite sein,
der sofort nach dem Erfinder in die Schranken tritt. Aber es ist deutsch, sagt der Ver¬
fasser, «je größer und offener eine Sache daliegt, um so mehr genieren wir uns, zuzu¬
fassen. Und erst wenn andere bei der besten Arbeit sind, stürzen wir uns in Angst
und Gier auf den Rest!» Und weiterhin: «Die Erfindung bedarf keiner Prüfung. Sie hat
ihre Gebrauchsfähigkeit selbst bewiesen. Und von ihrer Lebensfähigkeit ist sogar jede
Xormalintelligenz überzeugt».
Die Bedeutung des Buches «Gavete» liegt weniger in dem Umstand, daß es das
Interesse des Lesers in regster Spannung haltende Ereignisse vorführt, als vielmehr darin,
daß es ein gewichtiges und hochernstes Wort an die Nation richtet, bei der beginnenden
Entwicklung der Motorluftschiffahrt mit den anderen Staaten zum mindesten gleichen
Schritt zu halten, Rat und Tat dafür einzusetzen, vor allem zur Kräftigung der Macht¬
mittel des Vaterlandes, zumal wir Deutsche einen Rusart in Wirklichkeit haben! Ich
denke, der Inhalt des Buches hält, was sein Titel verspricht: den Weckruf ,,Cavete“!
Dr. A. Stolberg.
Übersicht Uber die neueren ausländischen Patente.
Frankreich.
361915. 15. November 1905. AIWrique-Hippolyte Tassel, Frankreich. Systeme de pro-
pulsion applicable ä la navigation aerienne. (Antrieb durch Aspiration und Rückstoß.)
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361979. 8. Dezember 1905. M. Charles Halmas, Frankreich. Machine volante. (Luftschiff,
welches sich um eine horizontale Achse drehen kann, um als Drachen zu arbeiten.)
368 940. 28. Juli 1906. Henry Nhepley Bootli, England. Perfectionnements aux machines
aeriennes (Rotierende Flügel).
30. August 1906. Desire Nival, Frankreich. Helicoptere. (Schraubenflieger
mit beweglicher Schraube.)
369 704. 12. September 1906. Jean-Jerome-Paul Le Grand, Frankreich. Automobiles
a^riens ä trolleys. (Luftschiffe und Drachenflieger mit Stromzuführung durch
Trolleys.)
369823. 18. September 1906. Cayetano Lopez Fils, Algerien. Aeroplane. (Flügelflieger.)
309S55. 3. Juli 1906. Joseph Maes, Beigrien. Aeronef plus lourd que Fair. (Schrauben¬
flieger mit Spiralschraube.)
369937. 22. September 1906. Antoine-Padoue Filippi, Frankreich. Perfectionnements ä une
surface cFascension applicable aux appareils destines a pouvoir s'elever, se sou-
tenir et se diriger dans Fair (Besondere Form einer Schraubenfläche).
England.
23235/1905. 11. November 1905. Reginald Mansfield Baiston, Mereworth (Kent). Im-
provements in or relating to Kites and similar Apparatus for Aerial Flight.
(Zusammenlegbarer Drachen.)
1747/1906. 23. Januar 1906. Paul de Monterolfler, Paris. Propelling and Supporting
Arrangement and ils Applications for Navigation of the Air and Waler. (Eine neue
Antriebsart, im wesentlichen Rückstoß.)
60331906. 13. März 1906. Charles Ebenezer Rlchardson, Sheffield (Derby), lmprove-
ments in Kites. (Kieldrachen.)
Vereinigte Staaten von Nord-Amerika.
836224. 20. November 1906. Ezra Stoltzfus, Cap, Pens. Air-Ship. (Luftschiff mit
Wendeflügeln.)
S36513. 20. November 1906. Paul and Pierre Lebaudy, Paris. Air-Ship. (Das be¬
kannte Lebaudysche Luftschiff mit sehr ausführlichen (12 Blatt) Konstruktionseinzel¬
heiten.)
H36577. 20. November 1906. John F. Harris Frackville, Pens. Air-Ship. (Phantastische
Luftschiffkonstruktion.) E.
Personalia.
Seine Kpl. Hoheit Prinz. (Jeortr von Bayern hat die Ehrenmitgliedschaft des Augs-
burger Vereins für Luftschiffahrt anzunelnnen geruht.
Generalmajor Brug, der erste Kommandeur der bayr. Luftschifferabt., wurde von
S. M. dem Kaiser der Rote Adlerorden II. Klasse verliehen.
Major a. D. v. Parseval wurde zum Ehrenmitglied des Augsburger Vereins für
Luftschiffahrt ernannt.
Fabrikbesitzer Ammst Rledinsrer und Rentner Heinz Ziegrier, unser Mitarbeiter,
wurden zu stiftenden Mitgliedern des Augsburger Vereins für Luitschiffahrt ernannt.
Hauptmann Nees, Kommandeur der bayr. LuftscbitTerabt., ist der kgl. preußische
rote Adlerorden 4. Klasse verliehen worden.
Professor Dr. Hergresoll wurde von S. M. dem König von Italien das Kommandeur-
kreuz des Ordens der Italienischen Krone verliehen.
Paul Bordl», Mitglied der wissenschaftlichen Kommission des Aero-Club de France.
Vize-Präsident der Soci6te fran^aise de Navigation a^rienne, ist zum Officier de Plnstruc-
tion publique ernannt worden.
Prinz Roland Bonaparte, Präsident der F. A. I., ist zum Mitglied der Acad6mie
des Sciences gewählt worden.
Hauptmann Hildebrandt, Lehrer im Luftschiffer-Batl., ist der nachgesuchte Ab¬
schied bewilligt worden.
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel .
rflle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet
Die Redaktion.
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illustrierte Aeronautische Jffitteilungen.
>+'»--aKs9i >».-> » y*.'» ».-f ■ag-ar^atsjt-*»
XI. Jahrgang. -Mi Hai 1907. x* 5. Heft.
Aeronautik.
Die Versuche mit dem Lebaudy-Luftschiffe im Jahre 1905.
Von
Voyer, capitaine du gönie,
mit Erlaubnis des Verfassers übersetzt durch H. W. L. Moedebeck.
Einleitung.
Nachfolgender Bericht des Kapitäns Voyer erschien im Februarheft 1907
der «Revue du genie». Der Verfasser war einer der Hauptbeteiligten bei
allen diesen Versuchen, sein Bericht hat daher vollen Anspruch darauf, als
authentisch betrachtet zu werden.
Der großen Liebenswürdigkeit des Hauptmanns Voyer verdanken wir
es, daß sein Bericht übersetzt in der deutschen Fachliteratur Aufnahme
finden durfte. Bei unseren Lesern wird dieses nur innerlich zum Ausdruck
gelangende Dankgefühl sich umsetzen in eine besondere Hochachtung für
den in schlichter, wahrer Weise berichtenden, hochintelligenten französischen
Genieoffizier.
Unseren Praktikern, die gerade jetzt vor gleichen Versuchen stehen wie
damals die Herren Lebaudy, werden die gemachten Erfahrungen zugute
kommen, indem sie ihnen manchen Fingerzeig geben werden, was sie zu
machen und was sie zu vermerken haben, denn mag auch manches den
verschiedenen Bauarten gemäß anders bei ihnen sein, vieles bleibt doch
für alle Luftschiffe gemeinsam.
Allgemein interessant für Alle wird es sein, aus dem Berichte zu er¬
fahren, ein wie vortreffliches Luftschiff der Lebaudyballon 1905 bereits
gewesen ist, und wie ausgezeichnet sich seine Besatzung bewährt hat.
H. W. L. Moedebeck.
Die Motorluftschiffahrt, die bisher ein Gebiet für Wissenschaft und Sport
geblieben war, ist nunmehr eingetreten in das der militärischen Verwendung;
die Versuche von 1905 bewiesen, daß das beachtenswerte Fahrzeug des
Ingenieurs Julliot eine Maschine vorstellt, welche im Kriegsfälle berufen ist,
wertvolle Dienste zu leisten.
Die Herren Lebaudy erhielten auch im Jahre 1906 vom Staate den
Auftrag auf ein zweites Luftschiff <Patrie», dessen Abnahmeversuche letzten
November stattgefunden haben. In seiner Gesamtheit dem ersten gleich,
aber ein wenig stärker, schneller und mit verschiedenen, aus den Versuchen
hervorgegangenen Verbesserungen ausgestattet, hat der Ballon <Patrie» ganz
besonders zufriedenstellende Resultate gezeitigt und kann von nun ab als
Typ eines Kriegsluftschiffes gelten.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 19
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146 ««««
Wir behalten uns vor, später einige Details über diese letztere Maschine
zu geben, mit der im Laufe dieses Jahres wahrscheinlich neue Versuche
unternommen werden, und beschränken uns zunächst auf die im Jahre 1905
mit dem ersten Luftschiff «Lebaudy» ausgeführten Fahrten.
I. Beschreibung des Ballons Modell 1904—1905.
Nach der Fahrt von Moisson nach Paris und dem bei der Landung
in Chalais einge¬
tretenen Unfall
am 20. Nov. 1903
wurde die stark
mitgenommene
Hülle nicht mehr
instand gesetzt. 1 )
Julliot benutzte
die Neuanferti¬
gung, um Form
und Inhalt abzu¬
ändern. Verbesse¬
rungen verschie¬
dener Art wurden
außerdem nach
und nach am Luftschiffe angebracht. Ohne auf Einzelheiten dieser Umän¬
derungen einzugehen, wollen wir den Ballon beschreiben, so wie er im
Jahre 1905 versucht worden ist.
Die neue Hülle war, wie die erste, aus zwei Baumwollagen zusammen¬
gesetzt, zwischen denen eine Kautschukschicht lag, und deren eine gelb
_ Nachdruck verboten gefärbt war. Man
hatte jedoch dem
innen liegenden
Stoff eine zweite
Kautschukschicht
gegeben, um ihn
einmal dichter zu
machen, dann
aber auch, um ihn
gegen die Wir-
Fig. 2. — Das Lebaudy-Luftschiff von untenher gesehen. kuilg Unreinen
Wasserstoffes zu
schützen, das die alte Hülle stark angegriffen hatte. 2 ) Endlich verbesserte
1) Vergl. I. A. M. Januar 1904.
2 ) Dieser Fall tritt stets ein, venu die Wasserst offdarstcllung auf nassem Wege mittels ver¬
dünnter Schwefel sä nie geschieht und infolge zu schneller Gasentwicklung und dann nicht gründlicher
Waschung, Abkühlung und Trocknung des Gases saure WusserdUmpfe in die Hülle mit ein geführt werden.
Der Übersetzer.
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man gleichzeitig die Gasfabrikation zu Moisson und gelangte so dazu, der¬
selben ihre schädlichen Elemente zu nehmen.
Das Volumen des Ballons war auf 2950 cbm gebracht worden, sein
Durchmesser im Hauptquerschnitt betrug 10,30 m; seine Länge 57,75 m;
sein Längenverhältnis war demnach 5,6. Der Vorderteil hatte beinah
dieselbe Form wie der erste Ballon; aber das Hinterteil war viel bauschiger
geworden und endete in einer ellipsoiden Kalotte, die dazu bestimmt war,
die Stabilisatorenflächen zu tragen. Diese, dem Ballonstoff direkt ange¬
hefteten Flächen bestanden aus einer großen Horizontalfläche von 22 qm,
die mit dem Namen «Schmetterling* (papillon) bezeichnet wurde und den
Zweck hatte, die longitudinale Stabilität zu sichern, und in einer verhältnis¬
mäßig wenig entwickelten vertikalen Fläche, die nur als Stütze für die
erstere diente.
Das Horizontalruder, einfach hintenhin gesetzt und in Höhe der Platt¬
form, war bis an das äußerste Ende des Pfeilschwanzes gesetzt worden
(queue empennee) vor das Vertikalruder. Man hatte ihm anfangs die Form
eines liegenden V gegeben; später aber wurde dieses V ersetzt durch eine
einfache Ebene. Schließlich wurde der vordere Teil der elliptischen Platt¬
form mit einem Windfang versehen, der aus gespanntem Taft gebildet wurde,
um das Eintreten von Luft zwischen Plattform und Ballon während der
Fahrt zu beseitigen.
II. Versuche im Jahre 1905 zu Moisson.
Die Anordnungen, die vorangehen, wurden im Laufe des Jahres 1904
versucht und verliefen zufriedenstellend.
Zu Beginn des Jahres 1905 beschlossen die Herren Lebaudy, nachdem
sie gebeten und erlangt hatten, daß ihre Versuche unter Teilnahme von
Offizieren stattfänden, 1 ) mit ihrem Ballon eine Fahrt in Etappen nach dem
Osten zu unternehmen. Es war das ein vollkommen neuer Vorschlag und
er war ein wenig gewagt: es schien auch nötig, zuvor in Moisson selbst
zu einigen Probefahrten und zu Versuchen über die Verankerung zu schreiten.
Am 4. Juni fand die erste Auffahrt, genannt Regulierungsfahrt (de
röglage), statt; am 11. Juni eine dreimalige Auffahrt, um verschiedene Lan¬
dungsmethoden zu studieren; am 27. Juni eine Dauerfahrt, bei welcher der
Ballon 3 Stunden 11 Minuten in der Luft gehalten wurde, bei einem Ballast¬
verbrauch von ungefähr 200 kg. Bei diesen verschiedenen Fahrten verließ
das Luftschiff nicht die Umgegend von Moisson. Die an den Fahrten teil¬
nehmenden Offiziere wurden überrascht durch die vollständige Solidität
der verschiedenen Teile des Luftschiffes, das sich wie ein starrer Block fort¬
schob, infolge der vollkommenen Regelmäßigkeit des Ganges des Motors
und der Schrauben, infolge Abwesenheit des Schlingerns in allen Gang-
>) Die vom Kriegsminister bezeichneten Offiziere waren : Major Bouttieaux, Chef des Zentral-
Etablissements des Materials der Militär-Luftschiffahrt (Stellvertreter Hauptinanu Voyen und Major Wiart,
Chef des Laboratoriums für Versuche in der Militär-Luftschiffahrt. Bei allen Auffahrten des Ballous
„Lebaudy“ im Jahre 1905 hat wenigstens einer dieser Offiziere in der Gondel Platz genommen.
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148
arten ! ) und den LuftschifTern das Gefühl einer Schiffahrt auf ruhigem Wasser
gab, endlich infolge der Sicherheit des Manövrierens seitens der Bemannung
(Herr Juchmes als Führer und Herr Rey als Mechaniker), die drei Jahre
hindurch bei früheren Versuchen geübt worden war.
Es war auch wichtig, zu studieren, wie man in freier Luft dieses Luft¬
schiff von 17 m Höhe und fast 60 m Länge, das dem Winde quer eine enorme
Fläche bot, festmachen konnte: bisher hatte niemand gewagt, ein Luftschiff
in freiem Felde zu verankern. Man konnte nicht daran denken, den Ballon
jedesmal von seiner Gondel zu trennen, um ihn leichter unterzubringen:
die Vielseitigkeit der Organe, die beide miteinander verbanden, war gegeben,
die Abtakelung und besonders die Auftakelung vor der folgenden Abfahrt
wären viel zu kompliziert gewesen. Man mußte das Ganze, wie es war,
kampieren, und stets mit der Spitze gegen den Wind.
Zu diesem Zwe¬
cke versah man
den vorderen Teil
der Plattform mit
einer Anzahl von
Metallseilen, die
ein Netz von Gän¬
sefüßen bildeten
und schließlich in
ein einziges star¬
kes Hanftau aus¬
liefen: dieses,
nach vorn ver¬
längert in die lon¬
gitudinale Sym-
metrieebene des
Ballons, mußte an
Fig. 3. — Gondel des Lebaudy-LuftsohifTes. c l
einem festen
Piketpfahl oder an einem Baume von hinreichender Größe befestigt werden.
Ebenso liefen seitlich Leinen von der Plattform herab, die, an anderen
Piketpfählen befestigt, verhindern sollten, daß der Ballon unter Einwirkung
von Windstößen sich seitlich bewegte. Endlich wurde die stark belastete
Gondel selbst am Erdboden solide festgemacht.
Aber die Windrichtung konnte sich während der Dauer der Verankerung
ändern. So sah man die Möglichkeit voraus, das ganze Luftschiff um die
unter der Gondel befindliche Spitze der Pyramide zu drehen. Man beschrieb
sodann vom ersten Befestigungspunkte ab einen Kreisbogen um jenen Punkt
Nachdruck verboten.
*) Das Schlingern wurde damals als größter Nachteil der Luftschiffe angesehen und vor kurzem
noch hatte Oberst Renard in einer am 6. Juni 1904 der Akademie eingereichten Note die Aufmerksamkeit
auf die Bedeutung des störenden Krslftepaars gelenkt und auf das Vorhandensein einer „kritischen
Geschwindigkeit“ geschlossen, der man sich nicht nähern dürfe.
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der Pyramide und machte von vornherein mehrere Picketpfahle am Umfang
dieses Kreisbogens fest. Analoge Vorkehrungen wurden für die seitlichen
Befestigungspunkte getroffen und für diejenigen der Gondel. So konnte man,
sobald der Ballon nicht mehr seine Spitze dem Winde zukehrte, seine Stel¬
lung schnell verändern, indem man die Haltepunkte wechselte.
Die in der Ebene von Moisson ausgeführten Verankerungsversuche an
wenig vor Wind geschützten Orten bewiesen die Brauchbarkeit der ange¬
nommenen Anordnungen. Allemal zeigten sie die Notwendigkeit, jedesmal
die Schrauben abzunehmen, die leicht den Boden berührten und sich ver¬
letzten, sobald der Ballon hin und her wiegte; besondere Maßregeln wurden
getroffen, daß ihre Montierung ohne Schwierigkeiten vonstatten ging. Noch
mehr, man erkannte die Unmöglichkeit, das Luftschiff sich selbst zu über¬
lassen unter Bewachung von wenigen, wie man es bei einem Kugelballon
tut: man mußte dauernd etwa 50 Menschen bei ihm lassen, die teils auf
die Haltetaue, teils auf die Zugtaue vorn und hinten verteilt wurden.
Trotz alledem war man sich schließlich ganz klar darüber, daß bei
sehr schlechtem Wetter das Luftschiff in betreff seines Materials ernsten
Beschädigungen ausgesetzt sein konnte.
Die Herren Lebaudy ließen sich durch diese Bedenken nicht abhalten
und beschlossen nach Beendigung der Vorversuche die Abfahrt in die Gegend
des Ostens.
III. Die Fahrt in Etappen gegen Osten.
Die von vornherein gewählten Etappen waren Meaux und das Lager
von Chalons; von letzterem Punkte aus sollte der Ballon eine unserer großen
Festungen erreichen, Verdun oder Toul. Vorbereitungen waren in beschränkter
Weise getroffen worden: Herr Julliot und Herr Juchmes hatten die Ortschaften
für die Verankerung des Luftschiffes als günstig bezeichnet; Gaswagen mit
komprimiertem Wasserstoff waren zur Nachfüllung nach Meaux und nach
dem Lager von Chalons entsandt worden; einige Angestellte von Moisson
mußten dem Lenkbaren im Automobil und mit der Eisenbahn folgen. Hin¬
sichtlich der Piketpfähle, der nötigen Leinen für die Verankerung und der
Wache für den Ballon rechnete man auf die lokalen Hilfsquellen.
Erste Etappe von Moisson nach Meaux.
Die Abfahrt von Moisson war am 3. Juli festgesetzt. Um 3 Uhr morgens
verließ das Luftschiff seine Halle: das Wetter war schön; der Wind sehr
schwach auä südlicher Richtung. Die Bemannung setzte wie allemal sich
zusammen aus Herrn Juchmes und Herrn Rey; an ihrer Seite nahm der
Verfasser dieses Berichts in der Gondel Platz. Der Ballon trug 280 kg
Ballast.
Nach Regelung des Gleichgewichts auf 80 m Höhe und nachdem ein
großer Kreis um die Ballonhalle gefahren war, brachte der Führer um
3 Uhr 43 Min. die Spitze in Richtung gegen Osten. Man mußte beinahe
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sogleich 70 kg Sand abwerfen, um noch gerade
über die Hochebenen zu kommen, welche das
rechte Ufer der Seine begrenzen. Nachdem wir
dieser Sorge ein für allemal überhoben, ver¬
folgten wir mit gleichbleibender Geschwindigkeit
unseren Weg gemäß der vorher auf der Karte
eingezeichneten Linie. Als wir den Bogen der
Oise im Süden von Pontoise überflogen hatten,
waren wir gegen 4 Uhr 46 Min. über der Patte-
d'Oie von Herblay, d. h. wir hatten 39 km in
63 Minuten zurückgelegt oder 37 km in der
Stunde. Um 5 Uhr erreichten wir den lac
d’Enghien; Paris rechts lassend, traten wir bald
darauf ein in die Ebene von Gonesse. Unsere
Stellung, gemessen im Süden von Compaus-la-
Ville um 5 Uhr 46 Min., zeigte uns, daß wir in
der zweiten Stunde 36 km durchmessen hatten.
Während dieser Zeit hatte der Ballon bei tadel¬
loser Stabilität, durch die Sonne nach und nach
erwärmt, die Höhe von 400 m überschritten;
gegen 6 Uhr erhob er sich bis auf 480 m.
Wir bekamen Fühlung mit unserem Ziel
und die Türme der Kathedrale von Meaux, welche
wir von weitem bemerkt hatten, näherten sich
uns sehr schnell: man mußte an die Landung
denken. Diese vollzog sich langsam und regel¬
recht durch das abwechselnde Manöver des
Gasventils und des Ventilators; um 6 Uhr 15 Min.
fuhren wir in geringer Höhe über die Kathedrale,
wobei der größeren Sicherheit wegen ein wenig
Ballast ausgeworfen wurde. Endlich um 6 Uhr
20 Min. erreichten wir den von vornherein für die
Landung bestimmten Platz in einer der Gasanstalt
benachbarten Ebene, wo uns ein Beamter aus
Moisson mit einigen in aller Eile zusammen¬
gebrachten Einwohnern und ein Journalist er¬
warteten. M. Juchmes warf ihnen sein Schlepp¬
tau zu und wir berührten sehr sanft die Erde
bei noch 180 kg Ballast in der Gondel.
Der Ballon wurde darauf sofort nach der
Reitbahn der 4. Husaren transportiert, woselbst
er mittels Leinen und Piketpfählen, die man bei
einem Unternehmer gefunden hatte, verankert
wurde und wohin die Gaswagen zur Nachfüllung gebracht worden waren.
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Fahrt da» Lebandy-Lufteohllfea von Moltson naoh dem Lager von Chaione.
•*** 151 €4«
Eine Abteilung von 30 Kavalleristen und etwa 20 Zivilisten bildeten die
Wachtmannschaft.
Diese Fahrt von 95 km in 2 Stunden 37 Minuten war ein schöner
Erfolg für das Lebaudy-Ballonschifl. Die Entfernung war beinahe die doppelte
derjenigen der Etappe Moisson—Paris, die derselbe Ballon im Jahre 1903
durchmessen hatte. Die Fahrt endete vollkommen regelrecht: Die Lenkbar¬
keit war von bemerkenswerter Sicherheit; und es war ein geradezu einziger
Eindruck von Macht, welchen dieses BallonschilT den Reisenden bot, indem
es genau über die sich folgenden Richtungspunkte hinüberfuhr, die einer
nach dem andern am Horizonte erschienen.
Zweite Etappe: von Meaux nach Jouarre.
Der Tag in Meaux und die erste Nacht im Ballonlager verliefen ohne
Unfall. Am folgenden Morgen, den 4. Juli, hatten sich indes die Witterungs¬
verhältnisse vollständig geändert: dem bisherigen schönen Wetter war ein
trüber Himmel gefolgt, der so unglücklich wie möglich in dieser warmen
Jahreszeit für die vertikale Stabilität des Ballons war; außerdem mußte ein
Wind aus Nordost von ungefähr 8 m p. s., der sehr merklich der Reise¬
richtung entgegengesetzt war, den Marsch des Lenkbaren ganz außergewöhn¬
lich verlangsamen; schließlich hatte der Nachttau die Hülle beschwert und
die Menge des verfügbaren Ballastes verringert.
Unter diesen so ungünstigen Umständen konnte man nicht daran denken,
das Lager von Chalons zu erreichen; nichtsdestoweniger entschied man sich
dafür, die Reise nach Osten fortzusetzen, da es ja frei stand, auf dem Wege
eine Zwischenstalion zu wählen.
Der Ballon verließ seinen Ankerplatz um 4 Uhr 38 Min. morgens, an Bord
befand sich Major Bouttieaux. Bevor man die Schrauben in Tätigkeit ge¬
bracht hatte, wurde er heftig gegen Südwest abgetrieben, und die der Ab¬
fahrt beiwohnende Menge konnte einen Augenblick glauben, daß er nach
Paris zurückkehrte. Aber bald nachdem die Schrauben in Bewegung kamen,
drückte der Führer auf sein Steuerruder und der Lenkbare richtete sich
über seinen Lagerplatz zurückkehrend frei weg nach Osten. Er erreichte
Trilport, dann Changis; von unten ist das Schauspiel, das dieser gegen
einen starken Wind kämpfende Ballon bietet, interessant, der ohne merk¬
bares Schlingern 1 ) ihn überwindet und sich doch noch seinem entfernten
Ziele nähert. Unglücklicherweise erschöpft sich wegen des Wechsels von
Sonnenschein nnd Schatten der Ballast an Bord sehr schnell und die Luft-
schiffer entschließen sich, bei La Ferte sous Jouarre zu halten, wo sie die
nötigen Hilfsmittel für eine Verankerung zu finden hoffen. Die Landung er¬
folgt um 5 Uhr 25 Min. am Rande des Waldes von Septs-Sorts (in der Ge¬
meinde Jouarre), wo man sich daran macht, den Ballon festzulegen.
*) Es scheint anfangs, daß die Schlingerbewegungen unabhängig sein müssen von der Richtung
und Geschwindigkeit des Windes. In der Praxis ist dein nicht so: Das Schlingern ist vielmehr ausge¬
prägt, wenn man gegen den Wind führt, und es vermehrt sich mit der Geschwindigkeit des letzterem
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Das Lager bei Jouarre. Es fanden sich sehr bald Piketpfähle und
Leinen, und zahlreiche Steinbrucharbeiter boten sich für die Bewachung des
Lenkbaren an; man bildete zwei Ablösungen, eine für den Tag, eine für die
Nacht. Man konnte ja nicht daran denken, vor dem nächsten Tage abzu¬
fahren, denn man mußte zur Nachfüllung des Ballons neue Gaswagen von
Meudon her nachkommen lassen.
So improvisiert es auch war, so war das Lager doch regelrecht
organisiert. Der Ort war sogar ziemlich gut geschützt: Bäume auf drei
Seiten und auf der vierten ein leicht ansteigendes Gelände. Der Lenkbare
war daher weniger sehr schwerem Wetter ausgesetzt.
In der Nacht vom 4. zum 5. Juli kam ein Sturm, begleitet von heftigen
Windstößen und Wirbeln, die den Ballon gleichzeitig auf allen Seiten an-
Naehdruck verboten. pac kten: 70 Stein¬
brucharbeiter
reichten kaum
aus, ihn zu halten,
und die Bean¬
spruchungen, die
er dabei zu er¬
tragen hatte, be¬
wiesen von neuem
die Gediegenheit
aller seiner Ein¬
richtungen.
Die folgende Nacht war der Wind einem Kegen gewichen: er fiel in
solcher Menge, daß die Hülle vollständig durchnäßt wurde bis zur Plattform,
deren Taft selbst große Wasserflecken hatte, und daß der Schmetterling
hinten sich unter dem auf ihm angesammelten Wassergewicht niederbog,
obgleich er gut gesteift war.*)
Bei Tagesanbruch mußte man zur Beseitigung dieses Organs schreiten,
da sein Stahlgestell verbogen war : eine im Feldlager recht unbequeme
Arbeit, die den Lenkbaren der wirksamsten Stabilisationsfläche beraubte.
Dritte Etappe: von Jouarre nach dem Lager von Chälons.
Unterdessen waren am Abend des 5. Juli die Gaswagen angekommen
und am 6. Juli, nachdem der Schmetterling abgenommen war, gab es keinen
triftigen Grund mehr, der gegen die Fortsetzung der Fahrt geltend gemacht
werden konnte. Nach erfolgter Nachfüllung konnte der Ballon, trotzdem er
ganz durchnäßt war, 210 kg Ballast heben. Das Wetter war sehr nebelig,
der Wind kam schwach aus Nordwest.
Die Abfahrt fand um 7 Uhr 55 Min. morgens statt (Passagier: Haupt¬
mann Voyer). Der Nebel ist so dicht, daß man sich tief halten muß, um
V) Dieser Übelstand konnte gut vermieden werden, wenn man in den Stoff des Schmetterlings
einige Löcher zum Abfluß des Wassers gemacht hiitte: cs ist das einer der vielen Umstünde, welche
diese Expedition zu einer in ihrer Art einzig lehrreichen gemacht haben.
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die Erde nicht aus dem Gesicht zu verlieren; der Horizont ist noch sehr
beschränkt und aus Sorge, uns zu verlieren, beschließen wir, dem Tal der
Marne zu folgen.
Wir kommen daher nacheinander vorbei an Nogent-l’Artaud (8 Uhr 33 Min.),
südlich von Chäteau-Thierry (8 Uhr 55 Min.), an Dormans (9 Uhr 30 Min.),
wo wir Feldartillerie-Batterien kreuzten, die von dem Lager von Chälons
zurückkamen. Das Fehlen des Schmetterlings hat zur Folge, daß der
Ballon ein wenig schlingert und gleichzeitig rollt. Der Führer ist daher ge¬
nötigt, die Fahrt zu mäßigen; unsere Geschwindigkeit beträgt im Mittel
29 km in der Stunde.
Nachdem wir gegen 10 Uhr 20 Min. nördlich von Epernay vorbei ge¬
kommen waren, drehen wir uns über Ay und Bouzy dem Berglande von
Reims zu, auf dem
eine drohende
Wolke liegt; 1 ) da¬
rauf richten wir
uns nach rechts
auf die Baracken
des Lagers von
Chälons, wo wir
um 11 Uhr 20 Min.
eintrelfen. Von
allen Seiten her¬
beieilende Solda¬
ten ergreifen die
Haltevorrich¬
tungen und brin¬
gen die Gondel
zur Erde.
Wir hatten 98 km in 3 Stunden 25 Minuten durchflogen: es war das
gleichzeitig die längste Fahrt und die längste Fahrtdauer die bisher ein
Lenkbarer gemacht hat. Wir hatten während der Fahrt 175 kg Ballast
ausgegeben.
Die Strandung des Ballons.
Der Ballon wurde beim Gehölz 22 verankert, dessen verkümmerte
Tannen grade noch die Gondel schützten. Man war sofort dabei, Leinen,
Piketpfähle, Sandsäcke usw. herbeizubringen ; ein Aufgebot von 50 Infan¬
teristen wurde für den Wachtdienst kommandiert. Die Ruhe der Atmosphäre
nahe am Erdboden schien um diese Zeit volle Sicherheit zu gewährleisten:
eine Ruhe, so groß, daß die Orientierung des verankerten Lenkbaren ganz
belanglos erschien. In Erwartung der Ankunft von Sandsäcken waren drei
Mann in die Gondel gesetzt worden, um sie zu belasten.
*) Diese Wolke überschüttete das Automobil mit Regen, welches uns in geringem Abstande folgte.
Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 20
Nachdruck verboten.
Fig. 6. — Strandung des Lebaudy-Luftschiffes In den Bäumen des Quartier-
National im Lager von Chälons am 6. Juli 1905.
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Plötzlich gegen 3 Uhr 55 Min. kommt einer der unvorhergesehenen Wind¬
stöße, für die das Lager von Chälons so häufig der Schauplatz ist, begleitet von
einem strömenden Hegen, über den Ballon und erfaßt ihn von der Seite.
.Juchmes wollte ihn mit der Spitze dem Winde entgegenstellen und löste
das vordere Haltetau, welches an einer Tanne angebunden war. In dem¬
selben Augenblicke ließen die Leute, welche die anderen Leinen hielten,
erschreckt durch das Ungestüm des Windstoßes und durch die plötzlichen
Sprünge des Ballons, einer nach dem andern los; alle Piketpfähle rissen aus.
Der Lenkbare war sehr bald nur noch am vorderen Haltetau gehalten, das
man um einige Tannen zu wickeln im Begriffe war, aber noch nicht be¬
festigt hatte; die Personen, welche dort noch anpackten, waren unfähig, es
zu halten. Der Ballon entwischte, er raste mehrere hundert Meter flach
über den Erdboden, zerstörte hierbei die Telegraphenleitung der Römerstraße
Nachdruck verboten. lin d strandete
schließlich auf den
Bäumen des Quar¬
tier-National, auf
denen er zerriß.
Die 3 Soldaten
kamen ganz und
heil aus der Gon¬
del, die im übrigen
mit samt ihrem
Inhalt unbeschä¬
digt war. Die Hülle
war sehr beschä¬
digt, sie über¬
deckte vollständig
die Bäume und
war nur mit größter Mühe unter Zuhilfenahme von Gugumusleitern wieder
abzuheben; an der Plattform und am Flächenschwanze (queue empennee)
waren mehrere Röhren gebrochen.
Die Fahrt nach Osten war hiermit zu Ende. Der Lenkbare hatte
210 km in 3 Etappen durchflogen; er war mehr als 84 aufeinander folgende
Stunden außerhalb jedes bedeckten Raumes gefüllt geblieben. Das ist ein
recht bemerkenswertes Resultat, wenn man bedenkt, daß der Versuch voll¬
ständig neu war, und daß die Verankerung jedesmal unter Zuhilfenahme
von in aller Eile zusammengebrachten improvisiertem Material geschah, daß
das zur Ballonwache genommene Personal an Ort und Stelle zusammen¬
gebracht wurde und vollständig ungeübt war. Das Fahrzeug hatte seine
gediegene Ausführung bewiesen, indem es bei Jouarre einen heftigen Sturm
Überstand; es würde selbst dem Windstoß im Lager von Chälons wider¬
standen haben, wenn die Leute es hätten halten können. Die für dasselbe
unglückliche Etappenstraße war übrigens so schlecht wie nur möglich in
Fig. 7.
Plattform des Lebaudy-LuftschifTes nach der Strandung
in den Bäumen am 6- Juli 1905.
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155
Anbetracht des Mangels an Schutzstellen ] ) und der Häufigkeit der Windstöße;
das Lager von Chälons ist • traurigerweise berühmt bei den Luftschiflern
durch die Zahl der Unfälle, welche dort den Ballons, auch den Kugelballons
zugestoßen sind.
Ein Lenkbarer, der eine Armee im Felde begleitete, würde sich ohne
Zweifel unter besseren Verhältnissen befinden als der Lebaudy-Ballon während
der Reise, über die wir soeben berichtet haben; denn man könnte eine
Luftschiflerkompagnie für ihn bereit halten, die mit seiner Behandlung geübt
ist und ein vollständiges wohldurchdachtes Verankerungsmaterial bei sich hat.
Nichtsdestoweniger ist es sehr wünschenswert, für die Luftschiffe der Zukunft
so zahlreich als möglich Häfen einzurichten, 2 ) wo sie Schutz finden werden
gegen Unwetter.
IV. Füllung lind Fahrten in
Toul.
Nach dem Unfall im Lager
von Chälons beschlossen die Herren
Lebaudy, das Material des Lenk¬
baren auszubessern und ihre Ver¬
suche fortzusetzen, indem sie dies¬
mal als Ausgangspunkt eines un¬
serer befestigten Lager im Osten
nahmen. Nach einer vorausge¬
gangenen Erkundung wählten sie
die Festung Toul und baten den
Kriegsminister, eine der Reitbahnen
des Artilleriequartiers auf dem
Plateau de la Justice für die Auf¬
nahme des Ballons einzurichten.
Länge und Breite dieser Reitbahn
waren ausreichend, jedoch die Höhe
nicht, und man mußte innen und
außen eine tiefe Rinne im Boden
ausschachten und gleichzeitig eine
alte Hütte niederreißen. Der Kriegs¬
minister bewilligte das eingereichte Fig. 8. - Zur Ballonhülle umgeänderte Artillerle-
_ Reitbahn In Toul.
>) In Frankreich sind, wie mir nach meinem Vortrage über die Notwendigkeit der Beschaffung
besonderer aeronautischer Landkarten auf dem internationalen aeronautischen Kongreß in Mailand mit¬
geteilt wurde, von seiten der Militärluftschiffahrt bereits seit Jahren aeronautische Spezialkarten vor¬
handen, welche auch die Schutzstcllen für Ballonlandungeu bei verschiedenen Winden kennzeichnen,
dasselbe, was ich in meinem Vortrage, ohne von diesen bereits vorhandenen Einrichtungen Kenntnis
gehabt zu haben (s. I. A. M., 1906, Heft 8), empfahl. Die Karten werden geheim gehalten. Ein ent¬
sprechender Vorschlag wurde von mir bereits im Jahre 1888 gemacht und findet sich veröffentlicht in der
Zeitschrift des Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt. 1888. S. 278. Moedebeck.
*) Ein derartiger Vorschlag wurde zuerst von dem Wiener Ingenieur Josef Popper gemacht. Man
findet näheres darüber in der Zeitschrift des Deutschen Vereins zür Förderung der Luftschiffahrt.' 1888. S. 2:38.
Moedebeck.
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156
Gesuch und der Geniedienst der Festung wurde mit der Einrichtung der
Reitbahn beauftragt.
Andererseits transportierte M. Juchmes sein Material auf dem Land¬
wege vom Lager von Chälons nach Toul und richtete sich zur Wieder¬
herstellung desselben in einer unbenutzten Räumlichkeit des Artilleriequartiers
ein. Die Herren Lebaudy ließen ihr Personal aus Moisson kommen, ihren
WasserstofTapparat, eine Lokomobile, eine Dynamomaschine, Pumpen usw.
Die Arbeiten wurden allerseits eifrigst betrieben, und am 4. Oktober
war der Lenkbare von neuem gefüllt und untergebracht. Eine Abteilung
Luftschiffer, unter Kommando von Leutnant Bois, war nach Toul komman¬
diert, um ihn zu handhaben. Es handelte sich weder um eine Fahrt in
Etappen noch um Verankerungen; der Ballon sollte in der Umgegend der
Festung Toul umherfliegen und jedesmal nach seinem Unterkunftsraum
zurückkehren. Man setzte sich in die Hypothese eines Lenkbaren, der sich
in ein befestigtes Lager zurückgezogen, von hier Erkundungen macht.
Die erste Ausfahrt fand am 8. Oktober statt und war nur eine ein¬
fache Versuchsfahrt (ascension de röglage). Sie hatte indes das Eigen¬
artige, daß sie bei einem sehr schlechten Wetter unternommen wurde (Regen
und starker Wind aus Nordwest) und daß der Lenkbare den Kriegsminister
begrüßte, der sich im Militärhospital befand.
Fahrt von Toul nach Nancy und zurück.
Bei der zweiten Auffahrt, am 12. Oktober, nahm man sich vor, Nancy
zu erreichen. Der Wind kam aus Nordost; der Himmel war wolkig. Der
Ballon fuhr vom Manöverfelde de la Justice (Höhe 250 m) um 7 Uhr 30 Min.
morgens mit 415 kg Ballast ab; an Bord befanden sich Major Jullien, der
Chef des Geniewesens der Festung, Hauptmann Voyer, 1 ) die Herren Juchmes
und Rey.
Der Lenkbare flog um 7 Uhr 44 Min. über die Stadt Toul, dann über
Fort Gondreville; er überquerte darauf den Wald von Haye, indem er fast
die große Straße von Nancy entlang fuhr. Gegen 8 Uhr 44 Min., gerade
als er die Fonds-de-Toul überschreitet, versagt das Steuer: durch den Bruch
eines Nietes hat sich die Mutter der Stellschraube gelockert; glücklicher¬
weise ist die Instandsetzung leicht und in wenigen Minuten bringt der
Mechaniker alles wieder in Ordnung. Während dieser Zeit ist der Ballon
über den Wald abgetrieben worden; bald aber setzen wir unsere Fahrt auf
Nancy fort; um 9 Uhr 9 Min. sind wir in Höhe 650 m, nahe den Kasernen
Blandan.
Plötzlich äußert M. Rey die Befürchtung, zu wenig Öl zu haben, wenn
die Fahrt sich zu lange ausdehnt: es ist vorsichtig umzukehren. Der Lenk¬
bare macht einen Halbkreis und nimmt fast denselben Kurs wieder auf wie
vorhin. Nunmehr durch den Wind begünstigt, fährt er mit größerer Ge-
*) llauptnmnn Voyer nahm an allen Auffahrten von Toul aus teil, die wie immer von Juchmfes
und Rey ausgeführt wurden.
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157
schwindigkeit: der Wald von Haye ist um 9 Uhr 28 Min. überflogen; um
9 Uhr 40 Min. sind wir nördlich Toul beim Fort Saint-Michel. Schließlich
drehen wir uns gegen das Plateau de la Justice, indem wir unter ab¬
wechselndem Ventilzug und Einpumpen von Luft niedergehen. Nachdem
wir um das Übungsfeld einen Kreis be- ' Nachdruck verboten,
schrieben haben, landet der Ballon ohne
Schwierigkeiten um 9 Uhr 51 Min.; er hat
noch 315 kg Ballast.
Die Fahrt hat im ganzen 2 Stunden
21 Minuten gedauert; die durchfahrene
Entfernung betrug 52 Kilometer. Bei den
Auffahrten um Toul, die Erkundungsfahrten
waren, hat man nicht danach gestrebt, große
Geschwindigkeiten zu erreichen.
Erkundung in der Nordwest-
Gegend.
Am 17. Oktober führte der Lenkbare
bei schwachem Nordwinde und diesigem
Wetter eine Erkundung gegen Norden und
Nordwesten der Festung aus; an Bord Fi f u , ü d ,7im P ?ov?.Ä twiÄiiJ y itu U To’u 0 i hl ' r ''
waren Hauptmann Richard vom Stabe von
Toul, ausgerüstet mit einem telephotographisehen Apparat, und Leutnant Bois,
Führer der Luftschifferabteilung. Die Abfahrt erfolgte um 8 Uhr 10 Min.
morgens.
Der Ballon fuhr am Berg Saint-Michel entlang, nahm Richtung gegen
Norden und fuhr auf Fort de Bouvron zu, das er um 8 Uhr 55 erreichte.
Sodann drehte er gegen Westen und fuhr über das Werk de la Cloche,
auf das ein Sandsack von 10 kg herabgeworfen wurde, der ein Geschoß
darstellen sollte; derselbe fiel auf den Wall.
Nachdem das Dorf Lagney erreicht war, kehren wir gegen Süden um,
nacheinander die Forts de Lucey, de Bruley und d’Ecrouves überfliegend,
von denen Hauptmann Richard Aufnahmen macht. Um 9 Uhr 32 Min.
nähern wir uns Fort Domgermain; der Ballon dreht gegen Nordost und
landet um 9 Uhr 42 Min. auf dem Übungsplätze de la Justice.
Wir sind 28 km in einer Stunde 32 Minuten durchflogen; die Ge¬
schwindigkeit ist absichtlich verhältnismäßig gering gewesen, um das Herab¬
werfen der Geschosse und die Aufnahme der Photographien zu begünstigen.
Erkundung in der Süd-West-Region.
General Pamard, Kommandeur der 39. Infanteriedivision, hatte den
Wunsch geäußert, eine Auffahrt zu machen, die für den 19. Oktober morgens
festgesetzt wurde. Der General war begleitet von Kapitän Magny, dem
Ordonnanzoffizier des Generals Papuchon, Gouverneur von Toul.
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Der Ballon fuhr um 7 Uhr 55 Min. bei Südwind und wolkigem Himmel
mit 395 kg Ballast. Zunächst nach Süden haltend, überfliegt er hinter¬
einander die Dörfer Gve, Crezilles, Bagneux, dann macht er eine Drehung
gegen Westen über dem Bahnhof von Barisey, um sich auf Vannes-le-Chätel,
auf Fort Pagny-la Blanche-Cöte zu richten. Um 9 Uhr 43 Min. schwebt er
über der Batterie von UrufTe, auf die ein Simulakergeschoß gerichtet wird;
letzteres fällt 1 Meter von dem anvisierten Punkt entfernt nieder.
Um 9 Uhr 47 Min. überquert der Lenkbare Fort Pagny-la Blanche-Cote,
dann nimmt er durch eine neue Wendung die nordwestliche Richtung auf,
indem er Dorf Gibeaumeix, Fort de Blenod, die Batterie von Charmes, das
Dorf und das Fort Domgermain (Höhe 590) überfliegt.
Nach dem Übungsplätze de la Justice zurückgekehrt, beschreibt der
Ballon unter langsamem Niedergehen große Kreisbahnen, um 9 Uhr 26 Min.
setzt sich die Gondel sanft auf die Erde auf.
Bei dieser Auffahrt, die zwei Stunden 31 Minuten dauerte, war der
Ballastverbrauch nur 90 kg (inbegriffen das Gewicht des Simulakergeschosses);
die durchflogene Entfernung betrug 48 km.
Verschiedene Auffahrten.
Nach den drei nunmehr berichteten Erkundungsfahrten hat der Lenk¬
bare vom 21. Oktober bis 7. November fünf Auffahrten von geringerer
Ausdehnung um die Stadt Toul gemacht, Auffahrten, an denen verschiedene
Offiziere teilnahmen, deren Aufzählung man in der dieser Arbeit beigegebenen
Tabelle finden wird.
Besonders erwähnt sei die Auffahrt am 24. Oktober, bei welcher der
Kriegsminister M. Berteaux den Ballon bestieg, und die vom 7. November,
an welcher General Michal, der Kommandierende des 20. Armeekorps, sich
beteiligte.
Die Höhenfahrt.
Bei den vorigen Versuchen und selbst ganz allgemein bei den bisher
mit Lenkbaren angestellten Probefahrten hatte man niemals versucht, eine
große Höhe zu erreichen. Um sehr hoch zu steigen, muß man in der Tat
viel Ballast abwerfen und gleichzeitig viel Gas verlieren, und man zieht im
Gegenteil vor, Ballast und Gas sich so lange als möglich zu erhalten.
Außerdem sind die lenkbaren Ballons meistens arm an Ballast wegen
der zahlreichen und gewichtigen Maschinen, welche sie zu befördern haben
(Motor, Propeller, Stabilitäts- und Lenkungsfläche usw.). Endlich könnte
die Landung aus einer großen Höhe eine gewisse Unsicherheit bieten,
wenn man nicht sicher war, den Ballon beständig bis zur Landung unter
Druck halten zu können.
Aber die Höhe, die vom aeronautischen oder sportlichen Standpunkte
aus erst in zweiter Linie in Frage kommt, ist im Gegensatz hierzu von
großer Bedeutung vom militärischen Gesichtspunkte aus. Das in der Tat
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159 €*«♦
sicherste Mittel für ein KriegsluftschifT, um den Schüssen des Feindes zu
entgehen, besteht darin, daß es ziemlich hoch steigt, damit die Geschosse
wenig Wahrscheinlichkeit haben, es zu erreichen. Es scheint, daß zu diesem
Zwecke der Ballon sich mindestens 800 m hoch halten muß, und sobald
er eine Gefahrszone überqueren muß, möglichst zwischen 1000 und 1500 m
Höhe.
Wir beabsichtigen nicht, hier mit einem Worte diese Frage zu berühren,
die so neu und so kompliziert ist wie jene der Verwundbarkeit eines Lenk¬
baren. Dieses Fahrzeug hat für sich seine Beweglichkeit in den drei
Dimensionen, gegen sich seine Sichtbarkeit und seine Empfindlichkeit. Es
ist bisher kein Versuch gemacht worden, um die Höhe zu bestimmen, bei
welcher es eine hinreichende Sicherheit besitzt; es ist daher sehr schwer,
sie gegenwärtig zu bestimmen.
Anderseits ist sicher, daß die Bemannung sich bemühen wird, den
Schüssen des Gegners zu entrinnen, nicht allein durch Fahren in einer großen
Höhe, sondern auch * indem sie verschiedene und veränderliche Mittel aus¬
nutzt, sei es, daß sie die Gefahrszone umfährt, sei es, daß sie dieselbe so
schnell als möglich überquert mit horizontalen und vertikalen Bewegungen des
Ballons in der Absicht, das Richten des feindlichen Feuers zu erschweren,
sei es, daß sie nächtliche Ausfahrten macht usw. Alle diese Mittel, überlegt
und geordnet, werden in Zukunft die Taktik des Lenkbaren darstellen.
Durch diese Betrachtungen geleitet, beschlossen die Herren Lebaudy,
ihre Versuchsreihe zu Toul mit einer Fahrt zu beschließen, welche die
Möglichkeit darlegte, daß sie derartige Höhen mit ihrem Lenkbaren erreichen
könnten.
Dieser Aufstieg fand am 10. November bei einem sehr nebligen Wetter
und einem schwachen Wind aus Nordwest statt. Der Ballon erhob sich
um 9 Uhr 18 Min. morgens, er trug 495 kg Ballast. Auf 200 m über dem
Plateau de la Justice begann er in den Nebel einzutauchen ; doch erblickten
wir noch die Erde durch Lücken hindurch. Aber je mehr Ballast wir aus¬
warfen, um zu steigen, um so mehr verdichteten sich die Wolken um uns,
und auf 800 m Höhe sind wir vollkommen in einen dichten Nebel einge¬
hüllt. Bei der Unmöglichkeit zu sehen, gegen welchen Punkt wir losfahren,
begnügen wir uns damit, Kreise zu fahren.
Um 10 Uhr erreichen wir die Höhe von 1370 m über dem Meeres¬
niveau (1120 m über de La Justice); um diese Höhe zu erreichen, haben
wir 320 kg Ballast ausgeworfen. Es bleiben uns noch 175 kg, die uns
gestatten würden, unseren Aufenthalt zwischen 1000 und 1500 m Höhe
längere Zeit auszudehnen, wenn nicht der Wunsch, zu erkennen, nach
welcher Richtung hin wir verschlagen werden, uns veranlaßt hätte, bald
niederzugehen.
Um 10 Uhr 25 Min. sehen wir die Erde von neuem und befinden uns
im Südosten von Toul. Wir kehren sofort zurück nach La Justice, indem
wir zugleich fortfahren, allmählich niederzugehen, was sich in großen um
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160 «44«
den Übungsplatz herum beschriebenen Kreisbahnen vollzieht. Endlich um
10 Uhr 58 Min. berührt die Gondel die Erde; es sind noch 155 kg Ballast
vorhanden.
Im allgemeinen ist diese Hochfahrt, die einige, welche ohne Zweifel
die Einrichtungen des Lebaudy-Luftschiffes schlecht kannten, als unmöglich
oder gefährlich hielten, unter den günstigsten Umständen verlaufen: Die
Auffahrt durch wechselweisen Ballastwurf und Auslassen von Gas (denn der
Ballon war ganz vollgefüllt mit Gas abgefahren); die Niederfahrt, indem
fortgesetzt der innere Druck mittels des Ventilators erhalten wurde, dessen
Ergiebigkeit sich bei dieser Gelegenheit als vollständig hinreichend erwiesen
hat. Es ist nur bedauerlich, daß am betreffenden Tage das Vorhandensein
von Wolken unter 1000 m Höhe die Luftschiffer behindert hat, eine wirk¬
liche Erkundung in einer Zone auszuführen, für die man ohne Zweifel zu¬
geben muß, daß in ihr der Lenkbare schwerlich erreicht werden wird von
feindlichen Geschossen.
V. Zusammenfassung und Schlußbetrachtung.
Überblicken wir noch einmal das Übungsjahr 1905 des Lebaudy-Luft-
schiffes; man kann drei Abschnitte in demselben unterscheiden: 1. Vor¬
versuche zu Moisson; 2. eine Fahrt in Etappen von Moisson nach dem Lager
von Chälons; 3. Auffahrten um Toul.
Die Fahrt nach Osten hat durch ihre Neuheit und durch ihre unvor-
herzusehenden Ereignisse ein ganz besonderes Interesse geboten; sie hat
die Möglichkeit erbracht, daß man in Etappen einige 100 km fahren und
den Lenkbaren unter freiem Himmel verankern kann, unter der Bedingung,
daß man allemal einen sehr geschützten Ort wählt und eine tätige Über¬
wachung ausübt, die ein zahlreiches Personal benötigt. Die Auffahrten in
Toul haben gestattet, die Aufgabe näher zu bestimmen, die ein Luftschiff,
das einer Festung zugeteilt ist, erfüllen könnte; vor allem ein Werkzeug
der Erkundung, wird der Lenkbare die Annäherungsarbeiten des Feindes
beobachten, die Einrichtung seiner Parks und seiner Reserven. Er wird
die Photographien der Werke und feindlichen Batterien beibringen; selbst
über die Linie der Einschließung hinaus wird er, wenn erforderlich, seine
Nachforschungen fortsetzen oder aber er wird der Festung die Verbindungen
nach außen sichern. Wird er auch eine offensive Rolle spielen, indem er
Sprengkörper auf den Feind wirft? Diese Frage wird viel besprochen.
Wie dem auch sein möge, die mit dem Lebaudy-Ballon ausgeführten
Versuche haben bewiesen, daß man von heute ab auf die Dienste eines
Lenkbaren dieser Art im Falle einer Mobilmachung rechnen könnte, und es
schien der Augenblick gekommen zu sein, die Schaffung einer Kriegsluft¬
schifflotte (flotte aerienne de guerre) einzuleiten, eine Schöpfung, die der
Verwirklichung entgegengeht durch Vollendung einer neuen Einheit (Luft¬
schiff «La Patrie») im Jahre 1906.
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Tabelle der mit dem Luftschiff Lebaudy in Toul im Jahre 1006 ausgefuhrten Auffahrten.
^ 161
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Es sei uns zum Schluß gestattet, einen Gesamtblick auf das Werk
der Herren Lebaudy und Julliot zu werfen. Ihr Ballon wurde im Jahre 1902
erbaut und im November desselben Jahres versucht (Jahr der beiden
Katastrophen von Severo und von Bradsky). Die Versuche wurden im Jahre
1903 fortgesetzt und endeten mit der Fahrt Moisson—Paris—Chalais.
Im Jahre 1904 führte der mit einer neuen Hülle versehene Aerostat
zahlreiche Auffahrten um Moisson herum aus. Endlich im Jahre 1905 haben
die Versuche stattgefunden, von denen wir berichtet haben. Das sind also
vier Jahre ununterbrochener Versuche, beständiger Verbesserungen und
mehr und mehr ausgedehnter Fahrten. Bedient durch eine gewandte Be¬
mannung, die selbst fortschreitend mehr Übung erlangt hat, führte der
Ballon insgesamt von 1902 bis 1905 79 Auffahrten aus, ohne daß dabei
jemals eine Person zu Schaden gekommen ist. Das ist eine für einen
Lenkbaren einzige Laufbahn.
Ein für die Wissenschaft also interessantes Werk, das zugleich so nütz¬
lich ist für die nationale Verteidigung, macht die größte Ehre gleichzeitig
demjenigen, der es erfunden hat, wie denjenigen deren, unerschöpfliche Frei¬
gebigkeit die Ausführung desselben ermöglicht hat.
Aeronautische Terminologie
von
H. W. L. Moedebeck.
Die plötzlich hervortretende rege Anteilnahme weiter Kreise an der
Entwickelung der Luftschiffahrt hat eine Verwirrung aeronautischer Begriffe
hervorgerufen, gegen welche wir aus Liebe zu unserer Muttersprache nicht
schnell genug Front machen müssen.
Wenn aus Laien plötzlich aeronautische Schriftsteller werden, ist es
ganz natürlich, daß diese zunächst alle Begriffe durcheinander werfen.
Ich halte es als eine Pflicht der älteren Fachgenossen, dem uns sehr will¬
kommenen Nachwuchs mit Aufklärung zur Hand zu gehen.
Wir kennen eine Flußschiffahrt, eine Seeschiffahrt und nennen
daher das, was wir betreiben, allgemein
LuftschifFalirt (Aeronautik).
Sie teilt sich in:
Aerodynamische Aeronautik und Aerostatische Aeronautik.
I. Flugschiffahrt.
II. Ballonschiffahrt.
Diese umfaßt:
Diese umfaßt:
a) Flugapparate (Flugmaschinen)
a) Ballons, die im Luftstrom
für einzelne Menschen,
treiben (Luftballons),
b) Flugschiffe für mehrere Men¬
b) Ballonschiffe, die Eigenbewe¬
schen,
gung besitzen (Motorluftschiffe),
letztere beide (b) werden allgemein zusammengefaßt
durch den seit mehr als 2 Jahrhunderten überkommenen Namen:
Lu ftschiffe.
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163 4 ***
Nach der besonderen Bauart unterscheidet man:
I.
1. Flügelflieger (Schwingenflieger),
2. Schraubenflieger (Segelradflieger),
3. Drachenflieger,
als einfache Formen
Flug-Technik
heißt die Beschäftigung mit jedem der
welche zusammengefaßt werden durch
Luftschifl
II.
1. pralle Ballonschiffe,
2. halbstarre Ballonschiffe,
3. starre Ballonschiffe
Ballon-Technik
beiden großen Teile der Luftschiffahrt,
das Wort
-Technik.
Ich möchte diese Vorschläge, sofern von berufener Seite nicht noch
bessere deutsche Ausdrücke gefunden werden, zur allgemeinen Annahme
und Einbürgerung empfehlen. Die Worte «Ballon» und «Technik» sind schon
als deutsche Worte unserem Sprachschatz zugeführt worden; alle übrigen
sind deutsche Stammworte.
(Wir stellen diese Ausdrücke zur Diskussion und bitten die Herren
Fachgenossen um ihre Äußerung. Red.)
Landung von Ballons in Holland.
Nachdem ich erfahren hatte, daß in Holland ein Gesetzantrag in die Kammer
Eingang gefunden hat, der jedem in Holland landenden Luftschiffe 1000 Gulden oder
bloß 3 Monate Gefängnis auferlegen will, habe ich mich sofort bei dem betreffenden
Ministerium danach erkundigt.
Der Herr Sekretär des Niederländischen Automobilklubs verwies mich an die
Redaktion der Zeitung «De Nieuwe Courant*, die genaueres über die Sache wissen sollte.
Bei dieser Zeitung erfuhr ich dann das folgende: Im Juli oder August vorigen Jahres
schrieb Herr Bernard Canter in der Zeitung «De Nieuw'e Courant» ein Feuilleton, in
welchem er die langsame Behandlung eines Gesetzentwurfes bei den holländischen
Ministerien parodierte. Als Beispiel nahm er eine fingierte Gesetzgebung aus der Luft-
schifTahrt. Das Feuilleton war voll Witz, wurde jedoch in England nicht begriffen und
in vollem Ernst aufgefaßt. «De Nieuwe Courant» hat diesem Bericht dann in englischen
Zeitungen bald energisch widersprochen. Dasselbe geschah ein wenig später auch in
Frankreich und jetzt wird die alte Geschichte in Belgien, Deutschland, Dänemark und
der Schweiz wieder aufgenommen. Die Sache war eine Boutadc und der Bericht ganz
unwahr.
Damit erklärt und erledigt sich diese Frage hoffentlich nun vollständig.
s’Gravenhage. C. F. Steinbuch,
Chefredakteur des «de Auto*.
Aeronautische Kartographie. 1 )
(Aus l’Aerophile, revue tcchnique de la Loeomotion aerienne, besondere Beilage der Märznummer.)
•
Seeleute, Radfahrer, Automobilisten haben bereits ihre Spezialkarten; die Luft¬
schiffer rufen nach den ihrigen, das war durchaus notwendig.
Auf den Vorschlag des Majors Moedebeck Jmt die Internationale Kommission
für wissenschaftliche Luftschiffahrt kürzlich empfohlen, für die Luftschiffahrt Karten an¬
zufertigen, welche alle für die Luftfahrer vom Korbe aus ganz besonders sichtbaren Punkte
») Vgl. I. A M. 1906. S. 299.
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enthalten sollen: Krümmungen der Flußläufe, große Fabriken, Kreuzungspunkte von Eisen¬
bahnen. Auch die in der Nacht leuchtenden Punkte müßte man bezeichnen, wie große
Lichtanhäufungen, große elektrisch erleuchtete Bahnhöfe usw. Diese Karten würden ohne
allzu erhebliche Kosten auszuführen sein, indem man auf bereits vorhandene Karten in
konventionellen Zeichen die verschiedenen, für die Luftschiffer wichtigen Anhaltspunkte
in Farbe aufdruckt.
Welcher kartographische Verleger wird hierin mit gutem Beispiel vorangehen?
Aeronautische Übersicht.
Bemerkenswerte Freiballonfahrten. Am 21. 2. 07. führte Mrs. Assheton Harbord
ihre erste Kanalüberquerung im Ballon aus. Um 10 Uhr 50 Min. abends verließ die «Nebula»
außer mit Mrs. Harbord, der Besitzerin des Ballons, noch mit Mr. Pollock, dessen fünfte
Kanalüberquerung diese Fahrt war, «bemannt» den englischen Boden bei Chelsea und
landete am anderen Vormittag 9 Uhr 30 Min. bei Stavollet, nahe Spa noch mit 5 Sack
Ballast. Bereits 3 Tage später stieg die schneidige Dame mit Mr. Griffith Brewers im
Ballon «Lotus», diesmal um 1 Uhr mittags, von der gleichen Stelle aus auf, wieder mit
der Absicht, über den Kanal zu gehen. Auch diesmal glückte es, und der Ballon landete
nach 3 Stunden 40 Min. bei Marquise, nicht weit von Boulogne.
Alfred Leblanc vom A6ro-Club de France, der in diesem Jahre um den Gordon-
Bennett-Preis starten wird, stieg am 16. März, 6 Uhr abends, in St.-Cloud in Begleitung
von M. Mix mit seinem Ballon «Limousine» auf und landete am nächsten Morgen 7 50
auf Rügen, nicht weit von Bergen. Es wurden gesichtet Soltau, Schwerin, Güstrow,
Greifswald. Die Länge der Fahrt beträgt über 1000 km.
Die erste Überquerung der Nordsee von einem in Deutschland aufgestiegenen
Ballon wurde am 11. April ausgeführt. Der mit Dr. Wegener und A. Koch bemannte
Ballon war am 10. April abends 8 10 in Bitterfeld aufgestiegen. Die Überfahrt über die
See, auf welcher Nebel lag, dauerte 7 Stunden. Die Landung erfolgte nahe Leicester um
4 *° nachmittags. _
Luftschilf Louis Godard. Louis Godard ist nach dem «A6rophile» im Begriff, «für
einen benachbarten und befreundeten, an der Nordgrenze Frankreichs liegenden Staat»,
ein Luftschiff zu erbauen, welches, den Plänen nach, an die Lebaudy-Luftschiffe erinnert.
Der Tragkörper ist vorn spitz, hinten abgerundet und hat eine Länge von 60 m, sein
größter Querschnitt hat 10,60 m Durchmesser und liegt 24,50 m von der Spitze entfernt.
Streckungsverhältnis demnach: 1 : 5.6. Der Inhalt beträgt 3750 cbm. Am hinteren
Ende ist ein Stabilisator angebracht, der als Zylinder, welcher das Ende am Äquator um¬
faßt, ausgebildet ist. Vertikale Flächen sind am Ende in der gleichen Form wie bei
«Patrie» vorgesehen. Das Ballonett faßt 625 cbm und wird durch einen besonderen
Motor von 6 P. S. aufgeblasen. Ein Träger unter dem Ballon von 33 m Länge trägt
an einem Ende das Steuer; an diesem Träger ist V 3 der Nutzlast aufgehängt, die übrigen
8 /s sind an der Hülle direkt angehängt. Die Gondel, ebenfalls als Träger ausgebildet,
von 20 m Länge, enthält 2 Motoren von je 60 P. S. Je eine Schraube von 7 m Durch¬
messer ist am vorderen und hinteren Ende der Gondel angebracht. Die Schrauben laufen
mit 225 Touren und entgegengesetztem Drehsinn.
Die Gewichte verteilen sich folgendermaßen:
Gesamtgewicht des Luftschiffes. 2890 kg
Benzin für 10 Stunden. 360 »
5 Personen, Instrumente usw. 425 *
Ballast. 450 *
3750 cbm Wasserstoff zu je 1,1 kg Auftrieb . . . 4125 kg
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Das Luftschiff soll beim Laufen der beiden Motore 14 m/sec., beim Laufen eines
Motors noch 10 m/sec. Eigengeschwindigkeit nach Godards Ansicht haben.
Der Ballon Santos-Dumont, welcher auf der Weltausstellung in St.-Louis s. Z.
beschädigt wurde, ist von seinem Inhaber nicht reklamiert worden und wurde vor
kurzem von einem amerikanischen Kaufmann für 80 Dollar (320 M.) käuflich erworben.
Sic transit gloria mundi. E.
Verwendung: von Ballons gegren llagel. Die nicht ganz befriedigenden Ergebnisse
des sogenannten «Hagelschießens» mußten den Wunsch nach kräftiger wirkenden Mitteln
nahe legen. Es tauchte daher der Gedanke auf, mittels kleiner Ballons Explosions¬
körper bis in die Hagelwolken zu bringen und so eine Störung in der Schichtenlagerung
zu erreichen, welcher das Entstehen der Hagelkörner zuzuschreiben ist. Die Herren
Capitaine Marga und Adh6mar de la Hault haben sich hierzu geeignete Ballons paten¬
tieren lassen. Diese sind bimförmig, das dünnere, kegelförmige in Spitze auslaufende
Ende nach oben gerichtet, bestimmt, die Luft im Aufstieg leicht zu durchdringen
und zugleich die Ansammlung von Niederschlägen zu vermeiden. Die Ballons haben
ca. 2 l jz cbm Inhalt bei einem Durchmesser am Äquator des unteren halbkugelförmigen
Teils von 1,6 m, wiegen 1 7* kg und haben ca. 2 7* kg Auftrieb, sodaß noch 1 kg Spreng¬
stoff mit Zeitzünder, angehängt am Appendix des runden Unterteils, gehoben werden
können. Ob eine wesentliche Unterstützung der Wirkung der «Hagelgeschütze» oder etwa
ein Ersatz derselben zu erreichen ist, bleibt abzuwarten. K. N.
<K
Flugtechnik.
Die Drachenflieger.
Hofrat Prof. Georg Wellner in Wien.
Endlich — nach einer langen Reihe von Mißerfolgen — kann die
Aviatik auf eine bedeutsame Leistung hinweisen; Santos Dumont auf
seinem Drachenflieger ist wirklich geflogen, wie Hunderte von staunenden
Zuschauern bezeugen können. Was die Flugtechniker seit Jahren ausgedacht
und ausgerechnet haben, was aber von der großen Menge immerfort be¬
zweifelt wurde, beginnt sich jetzt zu bewahrheiten.
Die Möglichkeit des dynamischen Fluges ist dargetan; der Bann
gebrochen und deshalb ist es auch geboten, dieser Tatsache nicht unwillig
und scheu auszuweichen, sondern ihr klaren Auges entgegenzublicken.
Was sind die Drachenflieger? Es sind Schrägflächen, welche
durch Treibschrauben (Propeller) keilförmig in die Luft vorwärts¬
bewegt werden, wobei verdichtete, unter den Flächen sich zu¬
sammenschiebende Luft den hebenden Auftrieb schafft
Die Drachenflieger erscheinen solcherart als eine Umkehrung der im
Winde stehenden, vom Winde getragenen Drachen. Bei den Drachenfliegern
erzeugt der Vorwärtsflug einen künstlichen Wind, welcher mittels der Flügel¬
flächen das Fahrzeug in der Höhe zu erhalten hat. Das rasche Fliegen ist
nötig, um Tragkraft zu gewinnen; der Anflug, dessen Ausführung von vorn¬
herein eine große Geschwindigkeit voraussetzt, wird auf diese Weise
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schwierig, denn ein langsames schrittweises Ausprobieren ist unmöglich;
jeder Flugversuch gleicht einem gefahrvollen ungewissen Sprunge in die Luft.
Dieser Übelstand ist der wesentliche Grund dafür, daß bei den zahlreich
auftauchenden Projekten von Drachenfliegern ein Fiasko dem anderen folgte
und daß das Mißtrauen gegen die dynamischen Flugmethoden auch bei
Fachgenossen und Technikern so festen Fuß zu fassen vermochte.
Kleine Modelle flogen allerdings recht schön und zeigten zufrieden¬
stellende Ergebnisse, so jene von Tatin und Riehette in Paris, Maxwell,
Edison und Langley in Amerika, Hargrave in Australien, Hofmann in
Berlin, Kreß in Wien; sobald aber ein großer, bemannter Drachenflieger
gebaut und losgelassen wurde, gab es einen Unfall mehr minder bedenk¬
licher Art. Es dürfte zweckdienlich sein, diese Drachentliegerversuche in
ihrer geschichtlichen Reihenfolge aufzuzählen.
Maxims Riesenflugmaschine aus dem Jahre 1890 hatte 4500 kg
Gewicht, eine Haupt- und 5 Paar Nebenflächen von zusammen 500 m 2
Ausmaß, eine 360pferdige Verbunddampfmaschine und 2 gegenläufige Pro¬
peller von 5,4 m Durchmesser, 4,8 m Steigung und 375 Touren.
Als das Fahrzeug auf einer eigens hierfür gebauten Rollbahn das
erstemal herunterfuhr, durchbrach es die oberen Schutzschienen, stieg in
die Luft sich aufbäumend empor, kippte bald und zerbrach.
Das Jahr 1896 brachte Aders «Avion», einen für das französische
Kriegsministerium gebauten, schön ausgestatteten Fledermausflieger mit
2 vornangebrachten vierflügligen Propellern. Der Apparat zerschellte bei
der ersten Probe am Marsfelde bei Paris.
Am 18. August 1896 stürzte der geniale Otto Lilienthal, nachdem
ihm viele Gleitflüge vorher gelungen waren, nächst Berlin aus der Höhe
herab und starb.
Im Jahre 1898 ereilte seinen Nachfolger Pilcher in England das¬
selbe Schicksal.
Im Jahre 1901 versinkt Kreß mit seinem Drachenflieger, welcher
drei hintereinander befindliche gewölbte Tragflächen besaß und mit einem
Wasserbote verbunden war, im Tullnerteich bei Wien.
1903 geht das bemannte Luftschiff Langleys wegen ungenügender
Balance im Potomakfluß unter.
Erst dem jungen, kühnen und reichen Brasilianer Santos Dumont,
welcher im Jahre 1901 mit seinem
Zwergballon Nr. VI durch einen Flug
um den Eiffelturm in Paris 100 000
Franks gewonnen hatte, glückte es am
12. November 1906, im Parke von
Bagatelle bei Paris mit seinem einfach
gebauten Raubvogel in 21 Sekunden
eine Wegstrecke von 220 m in freiem
Fluge durch die Luft zurückzulegen und
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167 €4^
den hierfür ausgesetzten Preis (Grand Prix d’Aviation) von 50 000 Franks
zu erreichen. (Fig. 1.)
Der Drachenflieger (s. Aprilheft S. 122) hatte zwei den Zellendrachen
nachgebaute, schräg auseinander gestellte Flügel aus Bambus mit Leinwand¬
überzug, je 5,64 m lang, durchschnittlich 3,35 m breit (die Flächenpaare
2,35 m übereinander) mit einem Gesamtausmaß von 80 m 2 , ferner einem
50pferdigen Antoinettemotor von 72 kg Gewicht, welcher unmittelbar (ohne
jegliche Übersetzung) den zweiflügeligen Propeller (von 2 m Durchm., 8 kg
schwer, aus Stahlrippen mit Aluminiumblechbelag hergestellt) in Umlauf
setzte; das ganze Fahrzeug einschließlich des Fahrers wog 300 kg und
w r ar montiert auf einem Wagengestell und Laufrädern, mit welchen zum
Behufe der nötigen Anfangsgeschwindigkeit ein entsprechender Anlauf von
etwa 200 m auf glattem Erdboden genommen wurde. Die Flughöhe über
der Rasenfläche des Parkes betrug 3 bis 4 Meter. Neben dieser Leistung
von Santos Dumont verdienen weiters die Arbeiten der Brüder Orville und
Wilbur Wrigh t in Ohio, Nordamerika, hervorgehoben zu werden. Dieselben sind
wegen einer noch als Geheimnis gehüteten selbsttätigen Steuer- und Sicher¬
heitsvorrichtung mit ihren Doppeldeckdrachenfliegern von etwa 46 m 2
Fläche bisher nicht vor die Öffentlichkeit getreten, es ist ihnen jedoch, wie
jetzt von mehreren Seiten beglaubigt wird, gelungen, schon in den Jahren
1904 bis 1906 Freiflüge von mehr als viertelstündiger Dauer mit Geschwin¬
digkeiten von 15—17 Sek./m und über Flugstrecken bis zu 10 Kilometern
auszuführen.
Die Flugtechnik steht ohne Zweifel an einem entscheidenden
Wendepunkte, denn das laufende Jahr 1907 wird viele Drachen¬
flieger verschiedener Konstruktion bringen; hervorragend schöne
und weite Flüge werden voraussichtlich erzielt werden. Mehrere Preise
sind ausgesetzt, unter anderen jener von Archdeacon von 50000 Franks
für eine Flugbahn von 1 Kilometer mit einer Wendung hin und zurück ;
und immer zahlreicher werden die Anmeldungen der Bewerber, deren
Namen: Santos Dumont, Wright, Ferber, Ader, Archdeacon,
Bleriot, Vuia, De Dion, Lagrange, Farmann u. a. m. erfolgver¬
sprechend klingen. Allerdings dürfte bei den Versuchen manche Havarie,
vielleicht auch ein böser Unfall dazwischentreten.
Bevor nun an eine weitere Beurteilung und Erörterung der Eigen¬
schaften und Bestandteile der Drachenflieger geschritten werden soll, ist
es am Platze, die für diese dynamischen Flugmaschinen geltenden
Gleichungen zu entwickeln und einer näheren Prüfung zu unterziehen.
Heißen wir:
F die tragenden Schrägflächen in m 2
a den Elevationswinkel derselben
v die Fluggeschwindigkeit in Sekündenmetern
T das spezifische Gewicht der Luft
g die Beschleunigung der Schwere,
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dann ist der beim Vorwärtsfluge (siehe Figur 2) an der Fläche geweckte
Normaldruck gemäß den aerodynamischen Grundgesetzen:
D = F ~v 2 m sin a
( 1 )
Hierin bedeutet m einen Faktor, wel¬
cher von der Beschaffenheit, Wölbungsart
und Form der Flügelflächen abhängig ist
und erfahrungsgemäß einen Wert zwischen
1,5 und 4,5 zu haben pflegt. 1 )
Der Quotient ^ stellt sich für mittlere Luft¬
verhältnisse auf rund = ! / R
Die Vertikalkomponente des Flächen¬
druckes : D cos a entspricht für den hori¬
zontalen Schwebeflug des Drachenfliegers
in gleichbleibender Höhe dem zu tragenden Gewichte des Luftfahrzeuges :
G, sodaß hierfür der Ausdruck lautet:
G = F —v 2 m sina cosa.(2)
g v }
Die Horizontalkomponente des Normaldruckes: Dsina = Gtga ist
eine den Flug hemmende Kraft, welche durch die Wirkung der Luftschrauben
besiegt werden muß.
Außerdem ist jedoch auch noch jener Stirnwiderstand zu überwinden,
den die Querschnittsflächen des Fahrers, des Fahrzeuges, des Motors, der
Flügelkan.ten, Stäbe etc. (insgesamt mit f in m 2 bezeichnet) darbieten und
welcher die Größe hat: f^v 2 . Der gesamte Horizontalwiderstand des
Drachenfliegers beträgt somit: K=Gtga f—v 2 .... (3)
Nennen wir ferner: N die Effektivleistung des Motors in Pferdestärken
und ri den Wirkungsgrad der Triebschraube (des Propellers) d. h. das Ver¬
hältnis der wirklich ausgeübten Repulsion gegenüber der aufgewendeten
motorischen Kraft, so läßt sich ferner für den Drachenflieger im Beharrungs¬
zustande seiner Vorwärtsbewegung die notwendige zu verrichtende
Arbeit in Sekundenmeterkilogrammen schreiben:
Kv = 75 n N = (Gtg et + flv*) v. (4)
Als Beispiel zur Erläuterung der Formeln sei der Drachenflieger von
Santos Dumont benutzt.
Hierfür ist: G = 300, F = 80, tga = ! / 6 , v = 10, ferner schätzungsweise
wegen der vielen Kanten und Unebenheiten des Fahrzeuges f = 3,2 und
wegen der hohen Tourenzahl und ungünstigen Lage der Schraube rj = 0,5.
Jeder Quadratmeter Flügelfläche trägt ^=3,75 Kilogramm; der Faktor m
ergibt sich aus der Gleichung (2) : m = 1,8, welche Ziffer der Konstruktion gut
i) Näheres hierüber lindet man im Aufsatze des Autors: Der dynamische Flug in der Fest-
tehrift der k. k. techn. Hochschule Brünn 1899.
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>»»* 169 «44«
entspricht; ferner ist G tg a = 300 • 1 le = 50 kg, f-^v 2 = 3,2 • -y ' 100 = 40 kg,
folglich der Horizontalwiderstand des Fahrzeuges K = 50-]-40 —90 kg und
die erforderliche Arbeit des Motors nach Gleichung (4)N = — Pferde¬
stärken.
Man ersieht aus diesen Zahlen, daß die motorische Kraft bei diesem
Drachenflieger mehr als ausreichend war; auch dürften während des statt¬
gehabten Fluges die 2 m im Durchmesser betragenden Luftschrauben nicht
mit 1000 bis 1500 Touren (welche dem Antoinettemotor den Vollwert von
50 Pferdestärken verleihen würden), sondern nur mit etwa 800 Touren in
der Minute umgelaufen sein. Das Fahrzeug von Santos Dumont ist hin¬
sichtlich der Konstruktion und der Betriebsökonomie noch sehr verbesserungs¬
fähig und könnte insbesondere die hemmende Zuschlagsfläche f, beziehungs¬
weise der schädliche Stirnwiderstand f^-v 2 von 40 kg gut auf die Hälfte,
also auf 20 kg herabgebracht werden. Ausschlaggebend für das Ge¬
lingen des Flugs war zweifelsohne der vorzügliche, kräftige und
dabei sehr leichte Motor, bei welchem auf jede Pferdestärke das un¬
glaublich kleine Gewicht von nur f =1,55 kg entfällt.
Auf Grund obiger Formeln (1) bis (4) fällt es nicht schwer, die Drachen¬
flieger untereinander zu vergleichen und auf ihre Güte zu prüfen, beziehungs¬
weise die Leistungsfähigkeit irgend eines neuen Projektes mit großer Wahr¬
scheinlichkeit im voraus zu bestimmen, sobald die erforderlichen Daten,
insbesondere jene über das Gewicht, die Tragflächen und die Motorleistung
vorliegen.
Santos Du¬
mont baut für den
heurigen Wettbe¬
werb zum Behufe
eines rascherens Flie-
gens einen neuen
Drachenflieger,
dessen Flugspann¬
weite von 12 auf
11 m reduziert und
dessen Flügelbreite
auf 0,6 m, also ge¬
genüber der jetzigen
Konstruktion mehr
als viermal schmäler
gemacht werden soll.
Der auf 80 Pferde
{ *
verstärkte Motor wird oberhalb in der Mitte eingebaut, die Treibschraube
vorn angebracht und statt des langen quadratischen Schnabelsteuers, welches
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg 22
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beim Fluge am 12. November zerbrochen war, kommt ein rückwärtiges
Zellensteuer. An Stelle der Bambusstäbe tritt Mahagoniholz mit Metallver¬
steifungen. (Siehe Fig. 3 und 4.) Nach meiner Meinung ist obige Ver¬
schmälerung der Flügelbreite allzu weit getrieben und dürfte die Tragfähig¬
keit schädigen.
Neben dem Brasilianer treten, wie
schon erwähnt wurde, im heurigen Jahre
viele hervorragende Flugtechniker mit
Drachenfliegern auf den Plan, und schon
in kurzer Zeit dürfte man von bedeu¬
tenden Erfolgen der dynamischen Flug¬
methode zu hören bekommen. Die Er¬
kenntnis ihres Wesens und ihrer Wich¬
tigkeit wird erfreuliche Triumphe feiern.
Es wäre aber verfrüht, den Dra¬
chenfliegern die Zukunft der Luft¬
schiffahrt zuzuerkennen, denndie-
ser Gattung von Fahrzeugen haften
große, in ihrem Wesen gelegene,
somit nicht wegzubringende Mängel
an. Die Stabilität und Steuerung des
Fluges ist nicht sicher genug; der An¬
flug ist gefahrvoll und umständlich, weil schon von vornherein eine große
Geschwindigkeit erreicht sein muß, bevor die Flugmaschine sich vom Erd¬
boden abzuheben vermag. Ebenso erscheint das Landen des rasch dahin
sausenden Fliegers bedenklich; ein ruhiges und langsames Emporsteigen in
die Luft, ein Schwebendbleiben an Ort und Stelle, ein sanftes Niedersinken ist
undenkbar. Die Sicherheit des Betriebes verlangt aber gebieterisch
die unbedingte Beseitigung aller dieser Übelstände; und es ist auch
gar nicht schwer, gründliche Abhilfe zu schaffen, wenn man im Rahmen
der einfachen Möglichkeiten Umschau hält und einen zielbewußten Entschluß
faßt. Die Flugtechniker mögen die Drachenflieger sein lassen und
sich den Schrauben- Rad-, und Ringfliegern zuwenden!
Diese Gattung dynamischer Luftschiffe ist für den gewünschten Zweck
ganz vorzüglich geeignet; ein langsames, schrittweises Ausproben der Fahr¬
zeuge bis zu einer zufriedenstellenden Vollkommenheit, ein langsames Auf-
und Niederschweben ist möglich; ausgezeichnete Sicherheit und Stabilität
ist vorhanden. 1 )
Die Bedingungen für das Ansteigen in die Luft, hervorgebracht durch
das Tragvermögen raschbewegter schräger Flügelflächen, sind bei den Rad¬
fliegern im Prinzip die gleichen, wie bei den Drachenfliegern. Hat man es
*) Ich verweise hier auf zwei dieses Thema behandelnde Aufsätze in den Illustr. Aeronaut. Mit¬
teilungen : «Wert und Bedeutung der Radflieger für die Luftschiffahrt» 1901, Heft 2, und «das Ringflieger¬
system > l'.*03. Heft 7.
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C )gle
einmal dahin gebracht und gelernt, auf dynamischem Wege in der Luft zu
stehn und zu schweben, dann wird sich das Hinzufügen einer seitlichen
raschen Fortbewegung spielend leicht, wie von selbst ergeben.
Der Autor spricht seine feste Überzeugung dahin aus, daß
bei Lösung des aeronautischen Problems der endliche Sieg den
Radfliegern zufallen wird.
Warum der Antoinette-Motor der leichteste und bisher
der einzig brauchbare Motor für Flugmaschinen ist.
Von Kapitän Ferber (de l’artillerie franyaise).
Ich glaube, es wird nicht lange dauern, dann werden meine Landsleute
mir die Fähigkeit zuerkennen, die Entwickelung der Dinge zu durchschauen
und mich dieser Entwickelung mit der größten Schnelligkeit anzupassen. So
hat sich mir beim Lesen der Berichte über die Versuche Lilienthals in
deutschen Zeitschriften die Überzeugung aufgedrängt, daß das Problem des
Fliegens in allernächster Zeit gelöst werden kann, 1 ) und daß es daher meine
Pflicht wäre, die Versuche aufzunehmen. So habe ich lediglich durch die
Beschreibung der Benzinmotoren vor etwa 10 Jahren den bestimmten Ein¬
druck gewonnen, daß diese Motoren den Keim der leichten Motoren in sich
tragen, 2 ) und daß es daher unnütz wäre, meinerseits an ihrem Aufbau für
die Flugmaschinen mitzuarbeiten. 3 ) So habe ich, als ich vor etwa 3 Jahren
die Bekanntschaft von Mr. Levavasseur machte, begriffen, daß ich den Kon¬
strukteur des Motors der Zukunft vor mir hatte, und daß ich diesem genialen
Erfinder mit allen meinen Kräften helfen müßte.
Zu dieser Zeit besaß Mr. Levavasseur bereits einen Motor von 80 P. S.,
der in einem Boot untergebracht war, das unter dem Namen «Antoinette I»
seitdem berühmt geworden ist. 4 )
Das Boot lief immer als erstes durchs Ziel, da es sehr viel Kraft bei
nur geringem Gewicht aufwies. Dieses Kennzeichen machte mich aufmerk¬
sam. Als ich Levavasseur deswegen ansprach, antwortete er mir, daß der
Motor deswegen so leicht wäre, weil er ihn im vergangenen Jahre speziell
für eine Flugmaschine konstruiert hätte.
Das war die Lösung: Levavasseur hatte den Motor bewußtermaßen
leicht gebaut, im Gegensatz zu den meisten anderen Konstrukteuren, welche
noch heute fest dabei bleiben, ihn möglichst schwer zu halten.
Ich brauchte nicht viel Zeit, um mich zu überzeugen, daß Levavasseur
nicht nur ein guter Konstrukteur, sondern auch ein äußerst guter Physiker
*) Weil nur durch die Berichte der Zeitungen es möglich war, den Koeffizienten des Widerstandes
der Luft zu berechnen und zu konstatieren, daß er 10 mal größer war, als die Gelehrten bisher annahmen.
*) Weil er alles vermeidet, was an der Dampfmaschine schwer ist und Platz wegnimmt: Feuerung,
Kessel, Wasser, Kohle.
3) Weil die Automobilkonstrukteure es von selbst tun mußten.
4 ) Nach einem wohlbekannten Beispiel in der Automobilindustrie nannte Levavasseur nach der
Tochter des ersten Kapitalisten, der ihn unterstützt hatte (Mr. Gastambide), aus Dankbarkeit seine
Motoren: Antoinette.
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ist, der während dreier Jahre die Theorie und Praxis des Benzinmotors
experimentell studiert hatte.
Daher stammt seine außerordentliche Geschicklichkeit bei der Berechnung
der Abmessungen, sodaß trotz großer Leichtigkeit alle Teile immer noch
mit genügender Sicherheit arbeiten: Gußeisen mit nur 1,5 kg, Stahl mit
10 kg, Bronze und Aluminium mit 2 kg pro Quadratmillimeter.
Einer der Gründe der Leichtigkeit ist die Zahl der Zylinder. Bekannt¬
lich wächst die Leistung eines Motors mit dem Quadrat des Zylinderdurch¬
messers, während sich das Gewicht mit der dritten Potenz vergrößert. Daher
sind mehrere kleine Zylinder vorteilhafter als ein großer. Bei 8 Zylindern
bleibt außerdem das Drehmoment konstant, die Maschine arbeitet erschütte¬
rungsfrei und das Schwungrad kann fortfallen. Das letztere ist reine Ge¬
wichtsersparnis. Das ist aber nicht der einzige Vorteil. Da nämlich immer
2 Zylinder im Betrieb sind, braucht nur die Zündung eingeschaltet zu werden
und der Motor läuft an. Seine Regulierfähigkeit ist derart, daß er zwischen
60 und 1500 Umdrehungen in der Minute variiert werden kann, lediglich
durch Veränderung der Vorzündung.
Alles in allem arbeitet es sich mit dem Motor fast wie mit einer
Dampfmaschine. Diese Illusion wird dadurch noch verstärkt, daß man durch
einen Hebeldruck den Motor rückwärts laufen lassen kann. Durch diesen
Hebel wird die Nockenwelle um ein bestimmtes Stück verschoben. Es ist
klar, daß diese Anordnung im besonderen für Motorboote von Wert ist,
da die Vorrichtung zum Rückwärtslaufen, die viel Platz wegnimmt, fortfällt.
Ein weiteres Kennzeichen des Antoinette-Motors ist die Anordnung
seiner Zylinder in V-Form. Je zwei aufeinanderfolgende Zylinder sind so
versetzt, daß sie an derselben Kurbel angreifen können. Die Hauptwelle
hat demnach nur 5 Lager und 4 Kurbeln, sodaß der Motor von 8 Zylindern
wenig mehr Platz als ein solcher von 4 Zylindern beansprucht.
Der Motor läuft mit Benzin, Petroleum, ja sogar mit Wasserstoff, 1 )
wobei eine bisher geheim gehaltene Art der Verbrennung angewendet wird.
Er besitzt keinen Vergaser, sondern für jeden Zylinder ein Zuführungsrohr,
welches die Verteilung des Brennstoffes besorgt. Eine besondere Pumpe
für das Benzin vervollständigt die Maschine. 2 )
Die Zündung wird durch Induktionsströme bewirkt, welche durch
Akkumulatoren und eine Spule erzeugt werden, die 700 Funken per Sekunde
gibt. Magnetzündung hat sich nicht bewährt, da die Spannung sich zeit¬
weilig so bedeutend steigerte, daß die Isolationen versagten und alle Zylinder
gleichzeitig zündeten.
Diese Einzelheiten setzte mir Levavasseur auseinander und ich war
derartig von der Richtigkeit seiner Ideen überzeugt, daß ich sofort einen
M Wasserstoff als Brennstoff hat ein Erbauer eines Luftschiffes (Hänlein, Red.) vorgeschlagen, der
richtig bemerkte, daü, anstatt das (las durch Diffusion aus seinem Ballon entweichen zu lassen, es besser
ist, dasselbe zum Treiben des Motors zu benutzen.
*) Eine Beschreibung des A.ntoinctte-Motors geben wir im nächsten Heft (Red.).
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Motor von 24 P. S. bei ihm bestellte, obwohl diese Type noch im Versuchs¬
stadium war. Santos Dumont ist meinem Beispiel bald durch einen Motor
von doppelter Kraft gefolgt, und sein Versuch ist ja, wie bekannt, nicht
zum wenigsten durch den Motor gelungen. Bei seinem neuen Modell ver¬
doppelt er noch einmal die Stärke des Motors, um hohe Geschwindigkeiten
zu erreichen, die ja erst wirklich interessant sind.
Ich habe Levavasseur gefragt, ob jetzt, da er solche Erfolge erzielt
hat, er nicht fürchtete, daß sein Motor nachgebaut würde. Er hat ruhig
mit den Achseln gezuckt und mir erwidert: «Da meine Erfindung in allen
Staaten, Deutschland einbegriffen, patentiert ist, so werde ich voraussichtlich
alle Prozesse gewinnen. Aber ich habe besseres vor. Sobald meine Nach¬
ahmer ihre Maschinen auf den Markt bringen und mit viel Mühe die
Schwierigkeiten der Einzelkonstruktionen überwunden haben werden, bringe
ich einen neuen Typ heraus, der noch weniger wiegen wird, als der jetzige.»
Er hat mir seine Idee anvertraut, sie ist ausgezeichnet, und dieser
geniale Mann wird ausführen, was er versprochen hat. (übersetzt: eiu*.)
Das Rätsel der Gebrüder Wright.
Der bekannte englische LuftschifTer C. S. Rolls hatte bei seiner Anwesenheit in
Amerika kürzlich Gelegenheit, die Gebrüder Wright zu sprechen, und sendet daraufhin
an die englische Zeitschrift «Ballooning and Aeronautics» folgenden Brief:
«Während meiner Anwesenheit in Amerika besuchte ich die Gebrüder Wright. Ich
sprach außerdem mit einigen völlig unparteiischen Leuten, welche die Flüge der Wrights
gesehen hatten. Mein Eindruck ist der, daß ich fest davon überzeugt bin (quite con-
vinced), daß sie sogar mehr erreicht haben, als in den Zeitungen veröffentlicht wurde.
Für mich ist der Grund des Schweigens völlig klar. Es ist ja wahr, daß die Maschine
durch zahlreiche Patente geschützt ist, aber, wenn ein einziges Mal die Versuche öffent¬
lich gemacht würden und Photographien von dem Flieger genommen würden, so wäre
es für jeden, der sich mit Flugtechnik beschäftigt hat, ein leichtes, die Maschine nach¬
zubauen, und es würde endlose Prozesse und viel Geld kosten, die Erfinderrechte
durchzufechten. Es ist demnach einfacher und sicherer, die Konstruktion für sich zu
behalten, um so das Nachbauen zu verhindern, als sich darauf zu verlassen, daß die
Patente aufrecht erhalten werden können. Diese Gründe gelten natürlich nur augen¬
blicklich ; sobald die Maschine an eine Regierung oder eine kapitalkräftige Gesellschaft
verkauft ist, werden sie hinfällig.
Diese merkwürdigen Menschen sind äußerst bescheiden, und es ist sehr schwer,
etwas aus ihnen herauszubringen, aber als ich sie drängte, versicherten sie mir, daß
diese Maschine die Strecke des «Daily-Mail Preises» leicht bewältigen könne. Ein sehr
interessantes Moment teilten sie mir mit, was die persönliche Leistung beim Fliegen
anbelangt. Sie hatten gefunden, daß die körperliche Anstrengung ungeheuer groß ist.
Die Überwachung des Gleichgewichtes, die Höhensteuerung, die Seitensteuerung, die
Überwachung der Vergasung, der Zündung und Geschwindigkeit des Motors, alle diese
Dinge beanspruchen die Kräfte des Körpers und des Geistes auf das Äußerste. Anfangs
waren sie nach einem Fluge von 1 Meile (l s /4 km) am Ende ihrer Kräfte angelangt,
aber durch Übung konnten später auch viel größere Strecken zurückgelegt werden.
Nach dem Vorstehenden scheint es möglich, meint Mr. Rolls, daß man eine
Maschine bereits hersteilen kann, welche die Strecke des «Daily-Mail Preises* leisten kann,
ehe der Mensch so weit geübt ist, um die Führung der Maschine auszuhalten.»
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So weit Mr. Rolls. Der Brief bringt, was die Beweise für den Flug anbelangt,,
yiichts Neues. Von unparteiischen Leuten sind die Flüge der Wrights schon oft bezeugt
worden, aber noch von keinem Fachmann. Die Gründe, weswegen die Wrights ihre
Maschine geheim halten, sind verständlich, sie wollen sich als gute Geschäftsleute eben
nicht nur das Neue, Patentierte, an ihrer Maschine bezahlen lassen, sondern auch das
längst Bekannte, und überlassen es dann ihrem Abnehmer, sich mit den Nachahmern
ihres Apparates auseinander zu setzen. Wenn sie wirklich so viel erreicht haben, wie
behauptet wird, so ist ihnen das Geschäft zu gönnen, auch wenn an ihrem Apparat
nichts Neues wäre.
Die Bauart der Maschine ist es aber nicht, was uns interessiert. Früher oder später
werden andere Flugtechniker das Gleiche, wenn auch vielleicht auf einem anderen Wege
erreichen. Was uns aber interessiert, ist: Wie weit sind die Wrights geflogen? Unter ge¬
flogennatürlich verstanden: selbständiger Abflug ohne fremde Hilfe mit nur an Bord befind¬
lichen Mitteln ohne Benutzung von Absprungmitteln. Es handelt sich hierbei um das
eigenste Interesse der Wrights, nämlich um ihre Priorität. Und es gibt ein einfaches
Mittel, um diese einwandfrei festzustellen. Die Wrights verpflichten einen Sachverstän¬
digen oder besser eine Kommission auf Geheimhaltung alles dessen, was Bauart der
Maschine anbelangt, evtl, unter Festsetzung der höchsten Konventionalstrafen, und führen
ihre Versuche vor dieser Kommission aus, die nur die Ergebnisse der Versuche ver¬
öffentlicht und mit ihrem Namen verantwortlich zeichnet. Kann diese Kommission über
gelungene größere Versuche berichten, so wollen wir gerne die Fähigkeiten der Wrights
anerkennen, eher aber nicht! Elias.
Nach Schluß der Redaktion erfahren wir von unserem Korrespondenten in St. Louis,
Herrn Dr. SchleifTarth, noch folgendes: Die Gebr. Wright suchten, wie amerikanische
Zeitungen melden, den Vorsitzenden des Aero Club of Amerika, Mr. Bishop, auf, um sich
bei ihm über die Bedingungen des großen, in Amerika ausgesetzten Preises für Flug¬
maschinen zu erkundigen. Nach längeren Irrfahrten in New-York fanden sie ihn end¬
lich am Abend im Klubhause des Aero Klub. Auf Befragen teilten sie Mr. Bishop mit.
daß sie ein Angebot von einem Syndikat haben und außerdem mit zwei Regierungen in
Unterhandlung stehen. Die Bauart ihrer Maschine wisse außer ihnen kein Mensch. Sie
hätten keine Zeichnungen. Die verschiedenen Teile sind von verschiedenen Arbeitern
angefertigt worden; den Zusammenbau hätten sie eigenhändig vorgenommen. Übrigens
ist die Maschine nach ihrem langen Fluge, über 24 Meilen (ca 40 km), zerstört worden.
«Wir haben sie völlig im Kopfe>, sagte einer der Brüder.
Wir haben nichts hinzuzufügen. E.
Flugtechnische Übersicht.
Santos-Dumont arbeitet mit Energie weiter. Die Tragflächen seines zweiten
Fliegers (Nr. 15) sind ebenso wie die des ersten angeordnet (111. A. M. 1907, S. 122).
Die Breite der Flächen von Ende zu Ende ist 11 m, ihre Länge 0,60 m. Die Gesamt¬
tragfläche hat 14 m*. Das Höhensteuer ist hinter den Tragflächen in einer Entfernung
von 4,00 m angeordnet und hat eine Breite von 3,00 m bei einer Länge von 0,60 m.
Die Zugschraube von 2,00 m Durchmesser, welche ein Antoinette-Motor von 100 P. S.
antreibt, ist vor den Tragflächen angebracht. Als Seitensteuer sind 2 Flächen an der
vorderen Zelle vorgesehen. Das Gewicht des Apparates ist 280 kg. Die rechte Seite dieses
Fliegers ist am 27. März bei einem Versuch völlig zerbrochen. Santos-Dumont setzte daher
seinen ersten Apparat, Nr. 14 bis, wieder instand und unternahm mehrere Versuche. Am
2. April wurde der Apparat herausgebracht, da aber der Wind zu stark war und bis
zum Abend nicht nachließ, mußte auf Versuche verzichtet werden. Am 4. April war der
Wind günstig. Der Flieger erhob sich auf etwa 1,50 bis 2 m, flog 50 bis 60 m weit,
hatte dann aber eine Gleichgewichtstörung, sodaß er nach links kippte und zu Boden
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stürzte. Santos-Dumont blieb hierbei völlig unverletzt, auch die Flugmaschine ist nur
sehr wenig beschädigt worden, ein Beweis für die Richtigkeit der Ansicht Köppens, daß
der Mensch in einem Flugapparat völlig sicher ist.
Henry Kapförer hat bei Voisin einen Apparat bauen lassen, der einem Hargrave-
Drachen mit ungleich breiten Zellen gleicht. Die Tragflächen haben bei beiden Zellen
eine Länge von 1,20 m und sind schwach gewölbt. Die Breite der Vorderzelle ist 11 m,
die der Hinterzelle 4,00 m. Der Zwischenraum zwischen den Zellen ist etwa 2,50 m.
Zwischen den Flächen der Hinterzelle befindet sich das Seitensteuer. Außer diesen
Tragflächen besitzt der Flieger noch einen vorderen Stabilisator, ähnlich dem Apparat
Santos-Dumont Nr. 14 bis, dessen horizontale Flächen von 4,00 m Breite in einer Ent¬
fernung von 2,10 m von der Vorderkante der Vorderzelle entfernt sind. Die horizontalen
Flächen haben zusammen 42 qm. Die Schraube von 1,60 m Durchmesser befindet sich
dicht hinter der Vorderzelle und ist direkt mit einem 20—25 P. S. starken, luftgekühlten
Buchetmotor, der mit 1200—1300 Touren läuft, gekuppelt. Zum Anlaufen sind zwei neben¬
einander unter dem Motor Hegende Räder an Puffyfedern vorgesehen. Am 1. März
wurde ein Versuch unternommen, der jedoch infolge einer Havarie am Motor zu keinem
Erfolge führte.
Der Drachenflieger Delagrnnge, der bereits in der vorigen Nummer kurz erwähnt
wurde, ähnelt in der Ausbildung als Hargrave-Drachen dem vorhergehenden. Der Flieger
ist ebenfalls aus der Werkstatt Voisin hervorgegangen. Wie uns unser französischer
flugtechnischer Mitarbeiter, Capitaine Ferber, mitteilt, hat die Vorderzelle eine Breite von
10 m, eine Länge von 2 m; die Hinterzelle eine Breite von 8 m, eine Länge von 1,50 m.
Die Flächen sind ebenfalls leicht gewölbt, Schraube und vorderer Stabilisator sind wie
beim Drachenflieger Kapfärer. Die Gesamtlänge des Fliegers ist 13 m. Zum Antrieb
der Schraube von 2,30 m Durchmesser ist ein 50 P. S. Antoinette-Motor eingebaut. Das
Gewicht des ganzen Fliegers beträgt bei 60 qm Fläche nur 275 kg. Den ersten Versuch
mit diesem Flieger machte G. Voisin am 28. Februar. Nach einem Anlauf von etwa 50 m
brach der Flieger dicht hinter der Vorderzelle durch. Infolge des Gewichts des Motors
kippte der Apparat hinten herunter, die Schraube berührte den Boden und zerbrach.
Bereits am 30. März wurde ein neuer Versuch gewagt. Auch diesmal hatte G. Voisin
in der Gondel Platz genommen. Bei einem kurzen Probeflug von etwa 10 m erwies sich
der Flieger seitlich als nicht ausbalanciert. Das Gleichgewicht konnte jedoch leicht
durch Anbringen eines Gewichtes hergestellt werden. Beim Hauptversuch erhob sich
dann der Flieger nach etwa 150 m glatt vom Boden und durchflog in etwa 2—3 m Höhe
eine Strecke von 60 m. Die Landung war sehr schön und leicht.
Yuia hatte nach langen Versuchen endlich einen kleinen Erfolg. Sein Flieger,
der nur eine Fläche hat, an welcher die Schraube und das Steuer befestigt sind, und
deren Neigung geändert werden kann, wiegt mit dem Führer nur 275 kg, allerdings ist
der Führer außerordentlich leicht (56 kg). Am 2. März erhob sich der Apparat nach
einem Anlauf von 90 m auf einen Augenblick. Bei einem zweiten Versuch wurden etwa
4 m in einer Höhe von 1 -1,50 m in der Luft zurückgelegt. Ein dritter Versuch glückte
noch besser. Es gelang, den Apparat etwa 10 m weit in einer Höhe von 1,50—2 m
über dem Boden zu halten. Die Landung bei diesem letzten Versuch war etwas hart,
sodaß die Räder zerbrachen.
Bl£riots Drachenflieger hat eine Tragfläche, welche fast die gleiche Form wie
der Flieger von Etrich-Wells (I. A. M., 1907, S. 118) hat. Die Spannweite der Fläche
ist 7,80 m, die Oberfläche 13 m 2 . Das Steuer ist vorn in einer Entfernung von 4,50 m
von der Tragfläche angebracht. Die Schraube befindet sich hinter der Tragfläche, hat
einen Durchmesser von 1,60 m und wird von einem 24 P. S. Antoinette-Motor ange¬
trieben. Um den Flächen möglichst wenig Luftreibupg zu geben, ist das Gestell oben
und unten mit Pergamentpapier bezogen. Zum Transport können die Flächen hochge¬
klappt werden. Das Gesamtgewicht des Fliegers ist 260 kg. Ein erster Versuch wurde
am 2. April in Bagatelle unternommen. Nach Durchlaufen von etwa 30 m berührte die
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Schraube den Boden und wurde beschädigt. Ein zweiter Versuch am 5. April gab ein
besseres Resultat. Nach einem Anlauf von etwa 100 m hob sich der Apparat etwa
60 cm und flog 5—6 m. Beim Landen, das Blöriot willkürlich herbeiführte, zerbrach
die Achse der Anlaufräder. Dieser, wenn auch kurze Versuch hat dennoch gezeigt, daß
die Konstruktion sehr geschickt ist, denn der schwache Motor zusammen mit der geringen
Tragfläche hat das Gewicht des Apparates gut gehoben.
In Dänemark hat ein Ingenieur Ellehammer eine Flugmaschine gebaut, die zwei
Flächen über einander besitzt. Die untere Fläche hat fast die Form eines Malay-Drachens,
die obere die Form von Vogelflügeln. Das Gewicht des Fliegers soll 243 kg betragen
und wird durch einen Motor von 18 P. S. gehoben. Für später ist ein solcher von
36 P. S. projektiert. Die Schraube ist vorn. Das Gleichgewicht versucht Ellhammer da¬
durch automatisch zu erreichen, daß der Motor beweglich aufgehängt ist und als Pendel
arbeitet. Dieses Pendel ist mit einer Steuerfläche verbunden, die demnach entsprechend
der Stellung des Pendels automatisch eingestellt wird. Der Apparat ist bemannt bereits
eine kurze Strecke geflogen.
Capitaine Ferber und Ingenieur Levavasseur, der Konstrukteur der Antoinette-
Motoren, haben ebenfalls einen Flieger konstruiert, der aber noch nicht versucht ist.
Seine Tragfläche beträgt 25 m*, Gesamtgewicht 500 kg, Antoinette-Motor von 100 P. S.
E.
3*
Aeronautische Wettbewerbe.
Ausschreibungen.
Armee-, Marine- und Kolonial-Ausstellung Berlin 1907. Bei der vom 15. Mai bis
5. September a. er. in Berlin stattfindenden Armee-, Marine- und Kolonial-Ausstellung
arrangiert der Berliner Verein für Luftschiffahrt eine Aeronautische Abteilung. Photo¬
graphien, die sich auf die Luftschiffahrt beziehen, sind aufgezogen einzusenden und
müssen bis zum 5. Mai in den Besitz des mit dem Arrangement betrauten Herrn
Direktor Christmann, Friedenau bei Berlin, Rheinstrasse 45, gelangt sein.
Bei Ballonaufnahmen ist außer der Angabe des dargestellten Gegenstandes auch die
Höhenangabe, die Angabe des benutzten Apparates und Objektives erwünscht. Alle an¬
deren auf Aeronautik und Aviatik bezüglichen Gegenstände (Modelle und Zeichnungen
von Luftschiffen und Flugmaschinen, Instrumente, Utensilien usw.) sind an Herrn
Regierungsrat Hofmann, Berlin N., Reinickendorferstraße 2, anzumelden.
Grand PrLx de PAvlalion. 50000 Fr., gegeben von Deutsch de la Meurthe und
Ernest Archdeacon.
Apparate. Art. 1. Zur Bewerbung werden bemannte Flugmaschinen aller Systeme
und jeder Größe zugelassen, die kein Gas zum Tragen nötig haben und während des
Fluges keine Verbindung mit dem Erdboden haben.
Meldungen. Art. 2. Vorläufige Meldungen sind verpflichtend (obligatoires); sie
werden nur gültig, wenn sie im Sekretariat des Aöro-Olub de France gemacht werden
und wenn folgende Bedingungen erfüllt werden:
Art. 3. Jeder Bewerber hat einen Einsatz von 50 Fr. für jeden Versuchstag zu
bezahlen, die Anzahl der Versuche an jedem Tage kann beliebig sein. Der Einsatz ver¬
fallt, wenn der Bewerber nicht erscheint.
Art. 4. Die Meldung und die Zahlung des Einsatzes hat so frühzeitig zu erfolgen,
daß die Unparteiischen spätestens am Abend vor dem Versuch benachrichtigt w’erden
können. Dieser Termin kann früher angesetzt werden, wenn das Versuchsfeld weit von
Paris entfernt ist.
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Art. 5. Es gelten nur Versuche, die zwischen Sonnenauf- und Untergang’ statt¬
finden.
Art. 6. Die Unparteiischen erscheinen nur, wenn der Bewerber bei der Meldung
durch Zeugen nachweist, daß er bereits Versuche ohne Unfall ausgeführt hat. In diesem
Punkte gibt es gegen die Entscheidung der Kommission keine Berufung.
Art 7. Nur ein Bewerber wird an einem Tage zugelassen. Beanspruchen mehrere
denselben Tag, so werden die folgenden nach der Reihenfolge der Meldungen an den
darauffolgenden Tagen zugelassen.
Versuchsfeld. Art. 8. Der Bewerber darf, damit Reklamationen möglichst ver¬
mieden werden, das Versuchsfeld selbst aus wählen und sowohl den Start- und Landungs¬
punkt, als auch den Wendepunkt bestimmen. Die Entfernung zwischen diesen beiden
Punkten muß mindestens 500 m betragen.
Art. 9. Das Versuchsfeld soll nicht weiter als 40 km von Paris entfernt sein. Ist
die Entfernung größer, so haben die Bewerber die Reisekosten der Unparteiischen zu
tragen. In jedem Fall muß der Versuch in Frankreich stattfinden.
Der Flug. Art. 10. Der Flug kann nur in Anwesenheit der vom A6ro-Club ein¬
gesetzten Kommission stattfinden. Die Unparteiischen haben den Abflug festzustellen,
ebenso, daß die Wendung um den vorher festgesetzten Punkt, 500 m von der Abflug¬
stelle entfernt, ausgeführt wurde. Kann der Bewerber nicht am Abflugsorte landen, so
hat er einen Gegenstand hinabzuwerfen, der nicht weiter als 25 m vom Abflugsort ent¬
fernt fallen darf. Die Unparteiischen haben ferner festzustellen, daß die Flugbahn nirgends
tiefer liegt als die Abflugstelle.
Art. 11. Die Kommission kann bestimmte Maßnahmen zur Verhütung von Un¬
glücksfällen vorschreiben, übernimmt aber keinerlei Verantwortung für irgend einen
Schaden, der bei den Versuchen angerichtet wird.
Dauer des Wettbewerbes. Wird der Preis innerhalb 5 Jahren, vom 1. Oktober
190*1 an gerechnet, nicht gewonnen, so verfällt die Ausschreibung. E.
Aero Club of 8t. Louis, ln der letzten Sitzung des «Aero Club of St. Louis»,
am 5. April, wurde die Stiftung von Preisen von insgesamt 5000 Dollars beschlossen für
Ballonschiffe und Flugmaschinen.
Die Bedingungen für den Gewinn der Preise wird das Komitee der Board of
Directors des Aero Club demnächst bekannt geben.
Man beabsichtigt, die Bewerbung auf die Zeit der Gordon-Bennett-Fahrt zu legen,
um dem Tage hiermit noch eine besondere neue Weihe zu geben.
_ Dr. C. W. Schleiffarth.
Aero Club of the United Kingdom. Northcliffe Cup. Wanderpreis im Werte von
100 £. (2000 Mk.), gegeben von Lord Northcliffe. Der Preis ist offen für Mitglieder des
Aero Club of the United Kingdom und wird für die weiteste Fahrt in irgend einem Flug¬
fahrzeug im Jahre 1907 gegeben, welche vorher angemeldet ist. Bleibt ein Inhaber
24 Monate lang im Besitz des Preises, so geht der Preis in sein Eigentum über. Die
Fahrt muß in Großbritannien ihren Anfang nehmen.
Harbord Cup. Gegeben von Mrs. Assheton Harbord. Zielfahrt, offen für Mitglieder
des Aero-Club of the United Kingdom. Start am 25. Mai 1907, 4 Uhr nachmittags, in
Ranelagh, Barnes. Meldeschluß: 22. Mai 1907. Einsatz 5 sh.
Aero-Club de France. Die Frühjahrswettfahrten des Klubs finden am 23. Mai 1907
zur Einweihung der Vergrößerungen des Parks in Saint-Cloud statt. Der Club schreibt
für 1907 einen Wettbewerb für Photographien aus, dessen Bedingungen wir im nächsten
Heft bringen werden. _
Der A6ronautique-Clnb de France veranstaltet am 28. April 1907 eine Zielfahrt
für seine Mitglieder, zu der 6 Ballons zugelassen werden. Es werden 200, 100, 75 und
Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 23
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178
50 Fr. als Preise gegeben. Die Abfahrt findet vom Park des Clubs Maisons-Laffitte statt.
Die Bedingungen für einen Postkarten-Wettbewerb folgen im nächsten Heft.
Wettbewerbe bei der Jamestown-Ausstellung.
Ausstellung sollen folgende Wettbewerbe stattfinden:
Bei Gelegenheit der Jamestown-
25. Mai 1907:
1. Juni:
15. Juni:
3. August:
17. August:
24. August:
7. September:
14. September:
12. Oktober:
2. November:
3. November:
16. November:
Außerdem sollen
Wettfahrt zwischen Luftschiffen (Motorballons) und Automobilen.
Wettfahrt zwischen Luftschiffen.
Weitfahrt für Freiballons.
Dauerfahrt für Freiballons.
Verfolgung eines Freiballons durch andere Freiballons.
Wettbewerb von Flugmaschinen.
Zielfahrt für Freiballons.
Wettbewerb von bemannten Flugmaschinen.
Wettbewerb von Fesselballons und Drachen.
Wettfliegen von Drachen. Erreichung der größten Höhe.
Wettfliegen von Drachen. Erreichung des besten Winkels.
Hochfahrt für Freiballons.
noch Wettbewerbe für Mongolfieren, für das Werfen von Ge¬
schossen aus dem Ballon usw. stattfinden.
E.
Wettfahrten Düsseldorf 1907.
Der Melde- und Nennungsschluß für die Düsseldorfer Wettfahrten ist auf den
1. Mai verlegt worden. Der Einsatz für Automobile beträgt 50 M.
Am 8. Juni werden voraussichtlich 4 Ballons starten, welche von Automobilen
verfolgt werden. Vom Berliner Verein startet Herr Dr. Cassirer im Ballon «Emst*
(680 cbm). Das Panzerautomobil von Ehrhardt, sowie ein neu konstruiertes ungeschütztes
Auto mit Maschinengewehr, gleichfalls von Ehrhardt, nehmen an der Verfolgung teil.
Für das internationale Wettfliegen am 9. Juni sind genannt:
Berliner Verein für Luftschiffahrt. 1 Ballon
Freiherr v. Hewald (Berliner Verein) . . . • 1 »
Oberrheinischer Verein für LuftschifTahrt . . 1 *
Augsburger » » * . . 1 >
Mittelrheinischer » * * . . 1 »
Niederrheinischer * * » . . 2 »
Cölner Club für Luftschiffahrt. 1 »
Herr v. Beauclair (Schweizer Verein f. L.) . . 1 »
A6ro-Club de France voraussichtlich .... 2 *
Die zollfreie Einfuhr der ausländischen Ballons ist genehmigt. In den Hotels
sind 40 Zimmer reserviert; darauf bezügliche Wünsche sind an Herrn Oskar Erbslöh,
Elberfeld, Hofau zu richten. Da die landwirtschaftliche und deutschnationale Kunstaus¬
stellung gleichzeitig in Düsseldorf stattfinden, ist frühzeitige Bestellung dringend geboten.
v. Abercron.
Wettfliegen Mannheim 1907.
Für das Wettfliegen in Mannheim, an dem sich 8 Ballons des D. L. V. beteiligen
werden, hat Se. Kgl. Hoheit der .Großherzog von Baden allergnädigst einen Ehrenpreis
in Gestalt eines kostbaren Pokals gestiftet. Der Protektor des Vereins, Fürst von Hohenlohe-
Langenburg, Statthalter von Elsaß-Lothringen, hat den zweiten Preis in Gestalt eines
kostbaren Kunstgegenstandes geschenkt. Einen weiteren Preis wird der Vorsitzende der
Sektion Mannheim-Heidelberg-Ludwigshafen des Oberrheinischen Vereins für Luftschiffahrt,
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Geh. Kommerzienrat und Generalkonsul Reis, stiften. Ferner hat die Stadt Mannheim
einen wertvollen Silberpreis gegeben.
Bis 15. April, mittags, waren nachfolgende Nennungen eingegangen:
1. Berliner V. f. L. Ballon «von Tschudi», Führer Dr. Ladenburg.
2. Ni ederrheinischer V. f. L. Ballon «Düsseldorf», Führer Hauptmann
v. Abercron; Ballon «Ersatz Barmen», Führer unbestimmt.
3. Kölner Klub. Ballon «Köln», Führer unbestimmt.
4. Fränkischer V. f. L. Ballon «Franken», Führer unbestimmt.
5. Augsburger V. f. L. Ballon «AugustalL», Führer voraussichtlich Dr. Schmeck.
6. Oberreinischer V. f. L. Ballon «Cognac», Führer noch unbestimmt, Ge¬
hilfe Bankier Guy er; Ballon «Straßburg*, Führer unbestimmt.
Da einige Vereine noch nicht geantwortet haben, ist es möglich, daß noch Nach¬
nennungen eintreten werden.
Jamestown Exposition.
The Executive Committee of the Jamestown Aeronautic Congress respectfully in-
vites inventors of flying devices, and other aeronautic material, to communicate with
the Secretary, at 12 East 42nd Street, New York City, with the Object in view of exhi-
biting models at the Jamestown Exposition, at Norfolk, Virginia, April 26th to November
30th, 1907.
The Exposition Company will pay transportation on aeronautic exhibits, which
are approved by the Committee, and same will, of course, enter the United States free
of duty under bond. The Committee will supply proper papers and will give instructions
as to the manner of shipping so as to secure free transportation and free entry into
the United States under bond.
As the time is getting very short now before the date of opening, it is urged that
those who desire te exhibit communicate immediately with the Committee.
A building is now being erected devoted exclusively to aeronautics. Never before
in the history of Expositions has a special building been set aside for theexploitation
of aerial locomotion.
Adjoining this building is the aerodrome for airships and balloons. Balloon,
airship and aeroplane flights, races and competitions will take place during the entire
Exposition.
A Congress will be held at the Exposition the latter part of October, just after
the Gordon-Bennett International Aeronautic Cup Race at St. Louis on October 19th.
In writing, one should give full Information, stating the number of packages
necessary to contain the material, the size of same, weight, etc.
Adress Communications to
Ernest La Rue Jones, Secretary,
Jamestown Aeronautical Congress,
12 East 42nd Street, New York.
Qordon-Bennett-Wettfliegen 1907.
Nunmehr sind auch die französischen Führer zum Teil bestimmt. Frankreichs
Farben werden vertreten von den Herren Rene Gasnier und Alfred Leblanc. Der dritte
Führer wird noch bestimmt.
Der Aero Club of St. Louis arbeitet mit der Business Men’s League of St. Louis
zusammen, um während des kommenden Gordon-Bennett-Wettbewerbs in jeder Hinsicht
alle Vorbereitungen zu treffen. Es sind schon ermäßigte Eisenbahn- sowie Hotelpreise
gesichert. Auch wurde der Zolltarif auf Ballons und Zubehör, wie bereits früher mit¬
geteilt, durch diese Vermittlung aufgehoben.
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Es werden zurzeit an alle aeronautischen Vereine der verschiedenen Länder von der
Business Men’s League of St. Louis angefertigte Landkarten gratis versandt. Dieselben
enthalten außer Auskunft der verschiedenen Entfernungen, betreffend Einzelheiten über
frühere Ballonfahrten, Windrichtungen und Temperaturverhältnisse in der Umgehung von
St. Louis in den Oktober-Monaten der vergangenen Jahre, noch einiges von Wichtigkeit
über den Gordon-Bennett-Wettbewerb.
Das Interesse für die Luftschiffahrt ist in Sl. Louis zurzeit ungeheuer groß. Die
Ballonwettfahrt bildet das Tagesgespräch und liefert Stoff auf allen Gesellschaften,
Bällen usw. Prof. Rotch hielt am 9. März einen mit großem Beifall aufgenommenen
Vortrag über Luftschiffahrt. Am 17. März stieg ein Berufsaeronaut auf und landete bei
Sorento. 111., in etwa 80 km Entfernung von St. Louis.
Im Februar-Heft 1900 der «Illustr. Aeronaut. Mitteil.», Seite 50, findet sich übrigens eine
Angabe, unsere Einwohnerzahl betreffend. Ich möchte mir die Berichtigung er¬
lauben, daß St. Louis jetzt, laut offizieller Berechnung der Stadtbehörde, an 720000 Seelen
zählt.
Zwei amerikanische Ballonführer, Mr. Alan R. Hawley vom Aero Club of America
und Mr. J. C. Mc. Coy, letzterer in seinem Ballon «America», werden im April von
St. Louis aus, wenn möglich gleichzeitig, die Fahrt um den Preis des Leutnants Frank
P, Lahm, des Siegers im vorjährigen Gordon-Bennett-Fliegen, unternehmen. Letzterer
soll als Gast eingeladen werden, den Auffahrten beizuwohnen, wird aber wegen seiner
dienstlichen Ptlichten auf Fort Worth in Texas wohl kaum abkömmlich sein.
Im Osten der Vereinigten Staaten regt sich bereits allenthalben die Begeisterung
für das Gordon-Bennett-Fliegen. Man nimmt im allgemeinen an, daß die Fahrten im
Oktober in die Richtung nach Osten führen werden. Im Westen bekümmert man sich
bisher sehr wenig um diese interessante Wettfahrt.
l)r. C. W. Schleiffarth, St. Louis.
Der Vorstand des internationalen Luftschifferverbandes gibt bekannt, daß er zu
seinem Bedauern sich veranlaßt gesehen hat, die Zulassung der italienischen Be¬
werber um den Gordon-Bennett-Wettpreis 1907 ablehnen zu müssen, weil die Anmeldung
derselben nach Nennungsschluß erfolgt ist.
Der Vorstand ist dabei von dem Grundsätze ausgegangen, daß das angenommene
Reglement, welches nunmehr bereits über ein Jahr in Geltung ist und bekannt sein muß,
unter allen Umständen Beachtung finden muß.
Wir schließen uns voll und ganz dem Standpunkte des Vorstandes an. Es wäre
gefährlich, für die Zukunft einen Präzedenzfall in der Nichtbeachtung unseres Reglements
zu schaffen.
Ausstellung des Aero Club of the United Kingdom London 1907.
Auf der Londoner Ausstellung für Flugmaschinen-Modelle sind etwa 130 Modelle
eingeliefert worden, die, nach den ersten Berichten zu urteilen, wesentlich Neues nicht
aufweisen. Die große Menge von Flügelfliegern überrascht. Sehr gut erscheinen die
von A. V. Roe eingegangenen 5 Flieger, die im allgemeinen den französischen aus den
Werkstätten von Voisin hervorgegangenen Maschinen ähneln, im einzelnen aber wesent¬
liche Unterschiede aufweisen. Als Antriebsmittel sind dabei gedrehte Gummischnüre
gewählt. Eins der Modelle flog bei guter Stabilität 40 m. Wenn die Ausstellung auch
keine technischen Fortschritte, die unmittelbar für die Aviatik ausgenutzt werden können,
bringen wird, so hat sie hoffentlich doch einen großen Erfolg aufzuweisen, insofern als
sie das Laienelement aus der Flugtechnik, wenigstens in England, für lange Zeit aus-
schalfen wird. Unter den Ausstellern befinden sich nämlich viele Empiriker, die ihre
völlig unreifen Ideen ausgeführt hatten und nun sehen mußten, daß lediglich mit Ideen
die flugtechnische Frage nicht gelöst werden kann, sondern daß auch Kenntnisse dazu
gehören. Wenn dieser Erfolg wirklich erzielt wird, so kann man die Veranstaltung von
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ähnlichen Ausstellungen in anderen Ländern nur mit Freuden begrüßen. Einen ausführ¬
lichen Bericht über die einzelnen Flieger werden wir in einem der nächsten Hefte
bringen. g
Erledigte Wettbewerbe.
Preise Tdr meteorologische Beobachtungen im Ballon. Der Preis des Prinzen
Roland Bonaparte für die besten meteorologischen Beobachtungen im Ballon im Jahre 1906
wurde dem Gomte Hadelin d’Oultremont, die vergoldete silberne Medaille des A6ro-Club
de France für meteorologische Beobachtungen Paul Tissandier zugesprochen. Den seiner
Zeit vom Aöro-Club de France gestifteten Preis für die besten meteorologischen Be¬
obachtungen während des vorjährigen Gordon-Bennett-Fliegens erhielt Comte de la
Vaulx. E
Aeronautische Vereine.
Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt.
Sektion Mannheim-Ludwigshafen. Nach einer einleitenden Beratung am
2. März d. J., bei welcher Herr Bürgermeister Ritter und Herr Reg.-Assessor Scipio
aus Mannheim sowie Herr Hofrat Kr afft und Herr Direktor Lux aus Ludwigshafen mit
dem von Straßburg herübergekommenen Major Moedebeck die Verhältnisse der Gas¬
füllung für aeronautische Zwecke besichtigten und beurteilten, wurde unter Heran¬
ziehung der Mannheimer Gesellschaft für das Fesselballon-Unternehmen der Entschluß
gefaßt, eine Sektion Mannheim-Ludwigshafen des Oberrheinischen Vereins für Luftschiff¬
fahrt zu begründen. In den Sektionsvorstand wurden gewählt: Geh. Kommerzienrat
Generalkonsul Reis, Mitglied der I. Kammer, 1. Vorsitzender, Oberst v. Winterfefd 2. Vor¬
sitzender, Reg.-Assessor Scipio und Konsul Melchers als Schriftführer, Kaufmann Kiel
als Schatzmeister. In den Vorstandsausschuß wurden außerdem u. a. gewählt die Herren
Hofrat KrafTt, Bürgermeister Ritter, Otto Böhringer, J. Aug. Raichle, Fabrikant Carl
Lanz.
Am 16. März fand in Mannheim eine Vorstandsitzung statt, an welcher die Stra߬
burger Vorstandsmitglieder Generalleutnant z. D. Breitenbach Exz. 1. Vorsitzender,
Universitätsprofessor Dr. Thiele 2. Vorsitzender, Kriegsgerichtsrat Becker Schatzmeister
und Major Moedebeck teilnahmen. Hierbei wurde das Verhältnis der Sektion Mann¬
heim-Ludwigshafen zum Mutterverein beraten und bestimmt, ebenso die Organisation
eines Wettfliegens am 19. 5. 07 von Mannheim aus. Im Anschluß hielt Major Moedebeck
einen öffentlichen Vortrag im Saale des Friedrichsparkes über die Genüsse der Luftschiff¬
fahrt und ihre Zukunft. Im Anschluß fanden zahlreiche Beitrittserklärungen statt.
Die Sektion hielt am 8. April bei reger Beteiligung ihre erste Hauptversamm¬
lung im großen Saale der Rheinischen Hypothekenbank. Der Statutenentwurf kam zur
Annahme. Bei dem Interesse, das der Sektion auch von Heidelberger Seite entgegen¬
gebracht wurde, beschloß man, auch Heidelberg einzubeziehen und der Sektion entsprechend
den Namen Mannheim-Heidelberg-Ludwigshafen zu geben. Zur Beschaffung eines
eigenen Ballons wurde eine besondere Kasse gegründet, der durch Ausgabe von Anteil¬
scheinen bereits erhebliche Mittel zuflossen. In den Vorstand wurden wieder gewählt:
Geh. Kommerzienrat Karl Reiß als 1. Vorsitzender, Oberst v. Winterfeld als 2. Vor¬
sitzender, Wilhelm Scipio als 1. und Konsul Melchers als 2. Schriftführer, Hermann
Riel als Schatzmeister. Der Ausschuß wurde erheblich erweitert und verschiedene
Unterausschüsse gebildet, denen die Organisation des am Pfingstsonntag stattfindenden
Wettfliegens zur Aufgabe fällt. Die Gruppe hat z. Z. 106 Mitglieder.
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w 182 «««
Sektion Freiburg i. B. Am 13. April, abends, hatte Herr Hauptmann Spangen¬
berg vom Feldartillerie-Rgt. 76 zwecks Gründung einer neuen Sektion des Vereins
in Fr ei bürg i. Br. eine zahlreiche Versammlung nach dem Hörsaal des Physikalischen
Instituts berufen. Unter den Anwesenden bemerkte man u. a. die Vertreter der Stadt,
der Universität und der Garnison. Zugegen waren ferner: Professor Dr. Hergesell,
der Vorsitzende der internationalen Kommission für wissenschaftliche LuftschilTahrt, und
Hauptmann a. D. Hildebrandt, Beigeordneter im Vorstande des Berliner Vereins für
LuftschilTahrt. Den mit Beifall aufgenommenen Vortrag über «Ballonfahren und
Ballonführen», unter Vorführung vieler Lichtbilder, hielt Major Moedebeck vom
Badischen Fußartillerie-Rgt. Nr. 14.
Geheimrat Hofrat Himstedt, Prorektor der Universität, und Herr Oberst v. Bailer,
Inspekteur der 8. Festungs-Inspektion, haben sich bereit erklärt, den Vorsitz in der
Sektion Freiburg zu übernehmen.
Münchener Verein für Luftschiffahrt.
In der 2. Sitzung des Münchener Vereins für LuftschilTahrt, Donnerstag den
10. Februar, berichtete Herr Oberpostassessor R. Bietschacher über die Ballonfahrt
am 26. November 1906. Teilnehmer waren die Herren Intendanturrat Schedl (als
Führer), Rentier Dierlamm, Rechtsanwalt Dr. Hemmer und der Vortragende.
Nach mehrtägigem Regen erfolgte die Auffahrt 920 früh bei gutem Wetter. Der
Ballon flog zuerst in ca. 150 m Höhe über den nördlichen Teil der in leichten Dunst
gehüllten Stadt. Bei der Föhringer Brücke wurde die Isar passiert, und die bisher
schwache West-Südwestströmung von einem etwas kräftigeren Luftzug in rein östlicher
Richtung abgelöst. Die Luft war sehr klar geworden und gewährte eine prächtige Fern¬
sicht auf die Alpen vom Allgäu bis zum Salzkammergut. Bei einer Fahrthöhe von ca. 200
bis 300 m konnte das unten liegende Land genau beobachtet werden; besonders auf¬
fällig war die allgemeine Flucht, welche das Nahen des Ballons unter dem Geflügel her¬
vorrief. In 400 m Höhe wurde bei Gars der Inn erreicht; der Ballon folgte dem sich
hier nach Osten wendenden Flusse einige Zeit auf dem rechten oder linken Ufer, bis ihn
Ballastausgabe aus dem Bannkreis dieses Gewässers befreite. Bei Burghausen gelangte
man an die Grenze. Den Anblick der charakteristischen oberösterreichischen Gehöfte
nahm hier eine sich zu Wolken verdichtende Dunstschicht. Doch trat bald wieder Auf¬
klärung ein, und von der wärmenden Sonne gehoben, überflog der Ballon den Hausruck
in 1500 m Höhe. Bei Wells wurde die Traun, bei Ernsthofen die Enns gekreuzt. Zwei¬
mal konnten die Ballonfahrer das Spiegelbild ihres Fahrzeuges im Wasser erblicken.
Nach etwa 5 Stunden Fahrt kam die Donau in Sicht; bei Wallsee berührte man den
zwischen Ulm und Wien südlichsten Punkt des Flusses, ohne ihn selbst zu überschreiten.
Trotz günstiger Wind- und Witterungsverhältnisse wurde jetzt in Hinsicht auf die kurzen
Tage die Landung beschlossen. Nach kräftigem Ventilziehen kam der Ballon in flotten
Bodenwind, landete aber glücklich nach mehrmaligem Aufsetzen bei Landfriedstätten bei
Ybbs. Die mittlere Geschwindigkeit hatte 46,5, die höchsterreichte 66 Stundenkilometer
betragen.
In der 3. Sitzung, am 5. März, hielt Herr Professor Dr. Ebert einen Vortrag über
das Thema: «Der Freiballon im elektrischen Felde der Erde*. Bisher war man sich über
die Störungen, welche ein Freiballon im Erdfelde hervorbringt, im unklaren. Zwar wurde
die Lösung dieser Frage schon auf theoretischem Wege versucht, doch entspricht die
Voraussetzung, der Ballon verhalte sich wie langgestrecktes Rotationsellipsoid, zu wenig
den tatsächlichen Verhältnissen, urW auf diesem Wege einwandsfreie Resultate zu er¬
halten. Redner hat daher in Gemeinschaft mit Dr. Lutz das Problem experimentell
behandelt.
Mit Hilfe einer Hochspannungsbatterie (der —Pol war zur Erde abgeleitet) wurde
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zwischen zwei Metallplatten, deren eine mit der Erde in leitender Verbindung stand,
ein elektrisches Feld von -f- 400 V hergestellt. Mit einem zweckmäßig konstruierten
Ausflußkondensator konnte an jedem Punkte des Feldes das vorhandene Potential ge¬
messen werden. Die Flächen gleichen Potentials liegen hier, wie im Erdfeld, parallel
der Grundfläche; nur am Rande dieses begrenzten Feldes traten Unregelmäßigkeiten auf.
In dieses Feld wurde dann ein kleines Modell des Münchener Ballon «Sobncke* in
natürlichen Größenverhältnissen eingeführt, und nun mit dem Ausflußkondensator wieder
die Flächen gleichen Potentials abgetastet. Das Ballonmodell war aus Metall hergestellt,
da sich auch der wirkliche Ballon mit Korb usw. als Leiter verhält. Es ergaben sich
folgende drei Fälle: 1. Das Ballonmodell ist ungeladen; dann behielt nur eine Niveau¬
fläche, etwa in der Mitte des ganzen Ballonsystems gelegen, ihre normale Gestalt. Alle
anderen bogen sich nach oben oder unten um das Modell herum und wurden in der
Nähe des Modells stark zusammengedrängt. 2. Das Ballonmodell ist negativ geladen;
alle elektrischen Niveauflächen biegen dann über das Modell aus; unter ihm bleibt ein
Raum mit dem Nullpotential. 3. Das Ballonmodell hat positive Ladung; der größte Teil
der Niveaulinien biegt sich oben über den Ballon weg; ein anderer Teil bleibt unterhalb,
jedoch stark deformiert, sogar gekreuzt; ungestörte Flächen sind hier, wie bei 2, nicht
mehr vorhanden.
Beim Freiballon wird meistens Ladung vorhanden sein. Die Atmosphäre ist
positiv elektrisch; pro Meter steigt ihr Potential um ca. 200 V. So lange also der Ballon
leitend mit der Erde verbunden ist, wird er sich der Luft gegenüber negativ elektrisch
verhalten, und zwar mit um so höherer Spannung, in je höhere Schichten der Atmosphäre
er hinaufragt. Daher vermehrt beim Aufsteigen das ausgelegte Schlepptau die negative
Ladung ganz wesentlich. Eine positive Ladung bekommt der Ballon beim Sandauswerfen;
durch Reibung wird nämlich der herabfallende Sand elektronegativ und hinterläßt auf
dem Ballon die äquivalente positive Elektrizitätsmenge. Es ergibt sich also aus den Ver¬
suchen des Redners, daß die bisherigen Potentialmessungen zu falschen Werten führen
mußten, da man nicht das tatsächlich vorhandene, sondern ein vom Ballon gestörtes
Feld fixierte.
Es ist für die Potentialmessung folgendes zu beobachten: Der Ballon soll bei der
Messung sich in der Gleichgewichtslage befinden und das Schlepptau eingezogen sein;
nur dann ist das Nichtvorhandensein einer Eigenladung möglich. Die Messung selbst
muß an einem Punkt zwischen Ballon und Gondel ausgeführt werden, durch den die
ungestörte Niveaufläche geht, oder es müssen die Messungen mit einem im speziellen
Fall zu bestimmenden Reduktionsfaktor korrigiert werden. Eine ausführliche Mitteilung
der Versuche und Resultate soll in der Zeitschrift: «Beiträge zur Physik der freien
Atmosphäre* erscheinen. Dr. H. Steinmetz.
Motorluftschiff-Studiengesellschaft,
Das erste Jahrbuch der M. St. G. über die Tätigkeit der Gesellschaft von der
Gründung bis Ende März 1907 ist erschienen. Die Ziele der Gesellschaft dürften allge¬
mein bekannt sein und finden auch in ihrem Nainen bereits ihren erschöpfenden
Ausdruck. Die Gesellschaft wurde am 31. Juli 1906 als G. m. b. H. gegründet und
umfaßt z. Z. 87 Gesellschafter mit einem Stammkapital von 1000000 M., die die Ge¬
sellschafter mit je 10000 M. bzw. einem vielfachen davon gezeichnet und schon zum
Teil eingezahlt haben. Das erste Jahr war im wesentlichen vorbereitenden Arbeiten
gewidmet, im besonderen der Organisation und der Aufstellung des Programms für die
vorzunehmenden Untersuchungen und Versuche.
Als Ehrenpräsident wurde S. H. Prinz Ernst von Sachsen-Altenburg gewählt, der
Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Staatssekretär a. t) f( Exzellenz von Hollmann, sein Ver¬
treter Geh. Baurat Dr. E. Rathenau. Diese beiden Herren sind gleichzeitig die Vorsitzenden
des Arbeitsausschusses. Als Geschäftsführer sind, wie bekannt, die Herren v. Kehler und
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v. Parseval angestellt, außerdem für Luftschiffversuche Herr v. Krogh und als Ingenieur
Herr Kiefer.
Die Ausführung der Versuche liegt in der Hand eines technischen Ausschusses,
der sich in Gruppen eingeteilt hat, über deren Programm im wesentlichen bereits in
Heft 4 berichtet wurde. Im einzelnen ist aus den Programmen folgendes zu erwähnen :
a) Programm der meteorologischen Gruppe:
1. Statistische Darstellung der Luftströmungen in der Nähe der Erdoberfläche
nach Richtung und Geschwindigkeit, getrennt nach geographischen Bezirken, die
mindestens Zentraleuropa umfassen müssen; 2. die Strömungen der höheren
Luftschichten, ebenfalls nach Richtung und Geschwindigkeit dargestellt; 3. Ab¬
lenkung und Geschwindigkeitsänderung der Luftströmungen nach der Höhe;
4. Schichtungen der Luft, Luft wogen: 5. vertikale Luftbewegungen; 6. Wirbel¬
bewegungen der Luft; 7. Wolkenbildung in Beziehung zu Luftbewegungen,
Böen; 8. Gewitter und deren Gefahren für das Luftschiff; 9. Niederschläge,
besonders Rauhreif und Glatteisbildung in den Wolken; 10. Studien zur Auf¬
stellung einer Witterungsprognose für die höheren Luftschichten, insbesondere
Vorhersage der Windverhältnisse in verschiedenen Schichten ; 11. astronomische
und andere Ortsbestimmungen bei unsichtbarer Erde; 12. wissenschaftliche
Beobachtungen im Motorballon.
Zur Gewinnung von reichhaltigem statistischen Material, besonders zu 2.
und 3. aus der Nähe von Berlin, werden fünf Stationen eingerichtet, auf denen
die Windgeschwindigkeiten in höheren Schichten mittels Visierungen von Pilots¬
ballons festgestellt werden. Diese Stationen sollen nach Vorschlag des Bericht¬
erstatters, Geh. Regierüngsrat Prof. Dr. Aßmann-Lindenberg, in Reinickendorf-
West, Potsdam (Meteorol.-magn. Observatorium), Eberswalde (Forstakademie),
Lindenberg (Aeronaut. Observatorium), Nauen (Telefunkenstation) angelegt
werden. Weitere Stationen zwischen Eberswalde und Lindenberg und Linden¬
berg und Potsdam werden voraussichtlich erforderlich werden.
b) Als Arbeiten über dynamische Fragen werden die folgenden vorgeschlagen:
1. Luftwiderstandsmessungen an Luftschiffmodellen zur Bestimmung der
günstigsten Form und zur Ermittelung der erforderlichen Maschinenleistung;
2. Messungen über die Druckverteilung am Modellballon, Bestimmung des Druck¬
mittelpunktes der Windkräfte (Lage der Resultierenden der Windkräfte zum
Ballon, Red.), als Grundlage für die statische Berechnung der Hülle; 3. Mes¬
sungen der Geschwindigkeitsverteilung der Luftströme am Ballon, beisp. zur
Ermittelung der besten Aufstellung des Propellers : 4. Untersuchungen über die
Stabilität der verschiedenen Ballonformen gegen Gleichgewichtsstörungen aller
Art ; Einfluß der Lage des Druckmittelpunktes (? Red.) und des Schwerpunktes,
sowie des Ortes der Propelleraufstellung; 5. Untersuchung über die günstigste
Form von Propellern.
Zur Durchführung der Versuche schlägt der Berichterstatter, Prof. Prandl-
Göttingen, vor, eine Versuchsstation nach Art der Schiffsmodell-Schleppanstalten
einzurichten, jedoch mit dem Unterschiede, daß das Modell feststeht, die Luft
dagegen bewegt wird. Als größte Relativgeschwindigkeit von Modell und Luft
wird 20 m/Sec. angenommen.
Major a. D. v. Parseval schlägt für ähnliche Untersuchungen, nämlich für
die Untersuchung des Einflusses 1. der Form der Enden; 2. der Verlängerung
bzw. Verkürzung des Zylinders auf den Widerstand; 3. für die Untersuchung
des Zusammenhanges zwischen Geschwindigkeit und Widerstand; 4. für die
Untersuchung der Stabili^ bewegter Ballons eine Schleppstation in der neuen,
70 m langen Ballonhalle vor.
c) Die Materialprüfungen sollen sich erstrecken auf:
1. Ballonstoffe jeder Art in bezug auf Elastizität und Festigkeit in Schuß
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und Kette, unter Verwendung verschiedener Dichtungs- und Farbstoffe, desgl.
auf die Gasdurchlässigkeit (Dichtigkeit) dieser Stoffe; 2. Stahl- und Alu¬
miniumrohre, Bambus, Holz in bezug auf Festigkeit jeder Art; 3. Dräht- und
Hanfseile, sowie der Zubehörteile dazu usw. auf Zugfestigkeit.
Bei allen Prüfungen sollen die genauen Gewichte festgestellt werden.
Soweit angängig, sollen die Prüfungen durch das Königl. Material-PrÜfungs-
Amt vorgenommen werden.
d) Die Messung von Gastemperaturen im Ballon bzw. die Konstruktion eines
Thermometers für diese Zwecke gedenkt Prof. Dr. Hergesell zu übernehmen.
e) Brauchbare Ballonmotoren sollen durch ein besonderes Preisausschreiben ge¬
wonnen werden, das an anderer Stelle dieser Zeitschrift veröffentlicht werden wird.
f) Die Bestimmung des Wirkungsgrades von Luftschrauben, in erster Linie
der ParsevaFschen Schraube, soll durch Messung der Geschwindigkeit der
Schraube relativ zur Luft (v), der Zugkraft der Schraube (p) und der dabei
aufgewendeten Arbeit (A) geschehen. Der Wirkungsgrad ist dann, da die von
der Schraube geleistete sekundliche Arbeit p.v ist: E = ~-• Die Messung
der einzelnen Größen bietet keine Schwierigkeit, v wird durch ein Anemo¬
meter irgend welcher Art, p durch eine Feder. A bei Anwendung eines Elektro¬
motors aus Spannung und Stromstärke bestimmt. Die Schraube zieht dabei
einen Wagen, dessen Geschwindigkeit durch Bremsen reguliert werden kann.
Mit diesem Apparat soll dann noch der Effekt von verschiedenen Kraftüber¬
tragungen (Zahnräder, Ketten, Treibseile usw.) untersucht werden.
Die bisherigen Fahrten haben folgende Abänderung des Luftschiffes als nötig erwiesen:
1. Das Steuer und die mit demselben verbundene vertikale, starre Fläche er¬
halten einen Stahlrohrrahmen mit doppeltem Überzug aus gummiertem Stoff. Das als
Luftmatratze gebaute vertikale Steuer hat sich nicht hinreichend starr erwiesen. 2. Das
vordere Ende des Ballons wird verlängert und erhält eine Spitze. 3. Die Verbindungs¬
leine zwischen den Luftsäcken, welche durch ihre Spannung die Öffnung des Haupt¬
ventils bewirkt, wird mittels einer bedeutend erhöhten Zahl von Auslautleinen mit der
Oberfläche der Luftsäcke verbunden, um eine energischere und verlässigere Wirkung zu
erreichen.
Nach Fertigstellung dieser Abänderungen sollen dann die Fahrtversuche fortge¬
führt werden.
Als Vorversuche, welche im wesentlichen die Ermittelung etwa noch vorhandener
Mängel, sowie der Einübung des Personals dienen, sind längere Fahrten geradeaus
geplant. Bei diesen Fahrten soll die Eigengeschwindigkeit mittels eines Anemometers,
vorteilhaft Stauscheibe, gemessen werden. Derartige Messungen, die unseres Wissens
zum ersten Male im Luftschiff ausgeführt werden, geben entschieden die einwandfreiesten
Resultate, da nur die Eigengeschwindigkeit des Luftschiffes auf das Anemometer einzu¬
wirken vermag. Alle anderen Messungsarten, welche von einem festen Punkte der Erd¬
oberfläche aus vorgenommen werden, und die auch geplant sind, benötigen zur Reduktion
der gefundenen Werte immer der genauen Kenntnis der Windgeschwindigkeit für den
Ort, an dem sich das Luftschiff gerade befand, und die mit völliger Sicherheit nie zu
ermitteln sind. Hoffentlich wird auch bei anderen Luftschiffen die Eigengeschwindigkeit
später nur durch den Anemometer bestimmt; anders gewonnene Resultate sollten über¬
haupt nicht anerkannt werden.
Die Bestimmung der Wendefähigkeit des Luftschiffes in der horizontalen, wie in
der vertikalen Ebene ist weiterhin geplant. Es ist beabsichtigt, für später Höhensteuer
am Luftschiff anzubringen, bzw. die seitlichen Stabilisatoren da/.u umzuhauen. Nach
vollkommener Erprobung wird unter Verlängerung der Fahrten dann zu Dauerfahrten
und Weitfahrten übergegangen werden. Zurzeit erscheint eine Fahrt Berlin—München
als das höchste mit dem jetzigen Material Erreichbare. Nächtliche Fahrten, sowie Fahrten
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^
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über 1500 m sollen anschließen. Von militärischer Bedeutung sind die geplanten Ver¬
suche, mit Stationen auf dem Boden Nachrichten zu tauschen und Ziele durch herab¬
geworfene Körper zu treffen. Die Fahrten sollen vorerst nur bei günstiger Witterung
ausgeführt werden, was durchaus anzuerkennen ist. Erst wenn das Personal mit dem
Luftschiff völlig vertraut geworden ist, wird die Bekämpfung ungünstiger Witterungs¬
verhältnisse ins Auge gefaßt werden.
Das Programm, das sich die M.-St.-G. gestellt hat, ist, wie man sieht, recht um¬
fangreich. Die Namen der Mitarbeiter geben eine ausreichende Gewähr, daß die ein¬
zelnen Punkte des Programms in wissenschaftlicher Strenge behandelt werden, sodaß
die Resultate für lange Zeiten die Grundlagen aller Luftschiffkonstruktionen bilden
werden. Besonders erfreulich ist, daß die ganze Arbeit sich ohne jede Geheimniskrämerei
vollzieht, und daß die Gesellschaft als ein durchaus uneigennütziges Unternehmen die
Luftschiffahrt lediglich im Interesse der Allgemeinheit fördert. E.
Die Verteilung der Medaille der Illustrierten Aeronautischen
Mitteilungen fUr das Jahr 1906.
Die Medaille der Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen ist für das
vergangene Jahr 1906 nach sorgfältiger Prüfung der hervorragendsten aero¬
nautischen Leistungen wie folgt verteilt worden:
Die silberne Medaille erhielt Herr Victor de Beauclair für die
beste Dauerfahrt während des Berliner Wettfliegens am 14. Oktober 1906.
Herr de Beauclair führte den schweizer Ballon «Cognac».
Eine bronzene Medaille wurde zuerkannt:
1. Herrn Dr. Kurt und Dr. Alfred Wegener für die längste bisher
bekannte Dauerfahrt von Berlin aus am 5., 6. und 7. April 1906,
welche 52 Stunden 32 Minuten dauerte und mit einer Landung im
Spessart endete, nachdem die LuftschifTer vorher beinahe Schweden
erreicht hatten. (Vgl. I. A. M. 1906 S. 205.)
2. Herrn Celestino Usuelli für seine Ballonfahrt über die Alpen von
Mailand bis in die Nähe von Aix-les-Bains am 11. November 1906
in Begleitung von Herrn Crespi. Diese Fahrt ist die beste und
kühnste Gebirgsfahrt des vorigen Jahres. (Vgl. I. A. M. 1907 S. 16.)
3. Herrn Leutnant Emilio Herrera für seine im Verein mit dem
leider zu früh verstorbenen Herrn Jesus Fernandes Duro unter¬
nommene wohlvorbereitete kühne Meerfahrt am 2. AprU 1906 von
Barcelona nach Salces.
Um das Andenken des Herrn Duro, des Begründers und der
Seele des Real Aero Club de Espana, zu ehren, wird eine gleiche
Medaille, dem Verstorbenen gewidmet, dem Club überreicht werden.
4. Dem Kaiserl. meteorologischen Landesdienst von Elsaß-
Lothringen für den höchsten Registrierballonaufstieg. Am 3. Mai
1906 wurde die Höhe von 24 200 Meter erreicht.
5. Dem Königl. Preußischen Aeronautischen Observatorium
in Lindenberg für den höchsten Drachenaufstieg. Am 20. November
1906 wurde die Höhe von 6250 Meter erreicht.
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Aus ausländischen Vereinen.
Schweizer Aero-Club. Im Jahre 1906 wurden 15 Fahrten ausgeführt, an welchen
37 Passagiere teilnahmen und deren Gesamtlänge 1310 km ist. Der Gasverbrauch hierbei
war 25900 cbm. Der Aufschwung des Schweizer Aero-Club ist unverkennbar. In den
Jahren seit seiner Gründung 1901 —1905 hatte er insgesamt nur 14 Fahrten mit
23400 cbm Gas ausgeführt.
Aero Club of the United Kingdom. Die Jahresversammlung des Klubs wurde am
20. März er. in den Klub-Räumen abgehalten. Nach dem vom Vorsitzenden gegebenen
Bericht hat sich der Klub im letzten Jahre sehr gut entwickelt; die Anzahl der gemachten
Ballonfahrten übersteigt die jedes früheren Jahres. Die große Munifizenz der britischen
Presse durch Stiftung von Preisen etc. wurde besonders anerkannt. Patrik Y. Alexander
hat einen Apparat geschenkt, der zur Untersuchung von Luftwiderständen etc. dient und
aus einer langen Röhre besteht, durch welche vermittelst eines elektrisch betriebenen
Ventilators ein Luftstrom gesaugt werden kann. Der Vorstand setzt sich aus den fol¬
genden Herren zusammen: Griffith Brewer, Emest Bucknall, Frank H. Butler, Vize-
Admiral Sir Charles Campbell, Col. J. E. Capper, Arthur Cory-Wright, Capt. Corbet,
Prof. A.-K. Huntington, R. K. Micklethwaite, J. T. C. Moore-Brabazon, C. F. Pollock,
P. Paddon, Hon. C. S. Rolls, Viscount Royston, J. Lyons Sampson, G. T. Sharp, Stanley
Spooner, Roger W. Wallace. Im Jahre 1907 sollen 12 Klubfahrten statttinden, welche
vom Crystal Palace ausgehen und an denen Mitglieder, die zum ersten Male fahren, für
1 X, solche, die schon gefahren sind, für 2 £ teilnehmen können. Im laufenden Jahre
werden 3 Preise, davon 2 an Wettfahrten, zum Austrag gelangen.
Aero-Club du Sud-Ouest. Am Februar-Diner, das am 14. Februar stattfand, nahmen
35 Personen teil. Der Vorsitzende C.-F. Baudry dankte im besonderen der Presse von
Bordeaux, welche jederzeit großes Entgegenkommen und Interesse für die Luftschiffahrt
durch Zuwendungen aller Art bekundet hatte. Beim Klub, der nunmehr 186 Mitglieder
zählt, sind 8 Ballons eingetragen, 4 Klubballons (1200, 1000, 700, 530 cbm) und 4 Privat¬
ballons (1630, 900 und 2 zu 800 cbm).
A£ro-CIub de France. Der Vorstand des «A6ro-Club de France» setzt sich für
die Jahre 1907 und 1908 wie folgt zusammen :
Präsident: Herr L. P. Cailletet, Mitglied des Instituts; Vizepräsident: Herren Comte
de la Vaulx, Henri Menier, Jacques Balsan; Schriftführer: Herr Georges Besan<;on;
Schatzmeister: Herr Comte de Castillon de Saint .Victor; Beisitzer: Herren Abel Ballif,
L6on Barthou, Jacques Faure, Deutsch de la Meurthe, Joseph Vallot.
Das große Diner des Winters hatte fast hundert Teilnehmer in den Räumen des
Automobil-Klubs, Place de la Concorde, vereint.
Herr L. P. Cailletet, Mitglied des Instituts, hatte den Vorsitz. Außerdem waren
noch anwesend: die Herren Georges Besanpon, Comte de Castillon de Saint Victor, Henri
Deutsch de la Meurthe, L6on Barthou, Jacques Faure, Etienne Giraud, Santos-Dumont,
Henri Julliot, Emest Archd6acon, Capitaine Ferber, Frank S. Lahm, Maurice Mailet,
Comte Hadelin d’Oultremont, Victor Tatin, Paul Tissandier, Commandant Paul Renard,
Bl&riot, Delagrange, Edouard Surcouf, Emile Carton, Georges Bans etc...
Auf die baldige Wiederherstellung des Vicepräsidenten des A6ro-Club, des Comte
de la Vaulx, wurde ein Glas geleert. %
Von den beim April-Diner, das ebenfalls im Automobil-Klub stattfand, anwesenden
Herren nennen wir: Emest Archdäacon, Comte de Castillon de Saint Victor, Santos-
Dumont, Henry Julliot, Georges Besangon, Frank P. und Frank S. Lahm, Capitaine
Ferber, Ren6 und Pierre Gasnier, Alfred Leblanc, L6on Delagrange, Maurice Mailet. E.
Aero Club of St. Louis. Als am ersten Tage dieses Jahres die Prüfungskom¬
mission des Aero Club of America (bestehend aus Präsident Cortland F. Bishop, Sekretär
Augustus Post, J. C. Mc. Coy und Alan R. Hawley) St. Louis besuchte, um durch Probe¬
fahrten zu ermitteln, ob diese Stadt ihre Versprechungen betreffs Qualität und Lieferung
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188
des nötigen Gases, sowie die Vorbereitung eines passenden aeronautischen Feldes für
den nächsten Gordon-Bennett-Wettbewerb auch erfüllen könnte, bestand ein Aero Club
nur in der Phantasie einiger leitender Bürger der Stadt St. Louis.
Nachdem St. Louis dann alleAngestellten Proben glänzend bestanden hatte und
zum Ort der im kommenden Oktober abzuhaltenden Wettfahrten gewählt worden war,
gingen in den nächsten Tagen schon so zahlreiche Mitglieds-Anmeldungen ein, daß airt
29. Januar 1907 zur festen Gründung eines «Aero Club of St. Louis>, sowie zur
Wahl des Vorstandes und der Direktoren und zur Annahme der Satzungen geschritten
werden konnte.
Mit nur 37 Mitgliedern an dem Abend der ersten Versammlung hat der Klub
seine anfangs bestimmte Grenze von 300 Mitgliedern schon überschritten, so daß in der
nächsten Versammlung diese Zahl auf 400 Mitglieder erweitert worden ist. Die Höchst¬
zahl soll jedoch mit 400 Mitgliedern für immer beschlossen sein.
Die Satzungen des Aero Club of St. Louis sind denen des Aero Club of America
hachgebildet und unterscheiden sich nicht im wesentlichen von ihnen. Nur insofern, als
die Mitgliederzahl des ersteren noch z. Z. auf 400 beschränkt ist, auch ist das Eintritts¬
geld auf 10$, der jährliche Beitrag auf dieselbe Summe bestimmt.
Der Vorstand besteht aus den folgenden Herren: L. D. Dozier, Präsident; F. D.
Hirschberg, Schatzmeister; J. W. Kearney, Sekretär, nebst D. R. Francis, D. C. Nugent
und G. H. Walker als Vizepräsidenten. Hierzu kommen die Direktoren, zum Teil aus
dem Vorstand gewählt, mit Hinzunahme weiterer einflußreicher Bürger der Stadt.
Die Mitglieder des Klubs schließen in ihre Reihen nur die leitenden Geschäfts¬
leute von St. Louis, die Präsidenten der ersten Vereine, der Banken, sowie mehrere
Millionäre ein.
Gegenüber dem aeronautischen Felde im Forest Park hat der Klub auch schon
ein stattliches Klubhaus eingerichtet. Auch ist Mr. Alan R. Hawley of N. Y. ermächtigt
worden, in Paris unter seiner Aufsicht einen Ballon anfertigen zu lassen, der vermutlich
«City of St. Louis* getauft werden wird, sowie beim Wettbewerb letzteren zu führen.
Mr. Albert B. Lambert of St. Louis hat sich ebenfalls nach Paris begeben, um sich für
sein Amt als Begleiter des Mr. Hawley bei der Wettfahrt vorzubereiten.
Dr. C. W. Schleiffarth, St. Louis.
Landungswettfliegen des A6ronautique-Club de France.
Am 28. April hat der A^ronautique-Club vom Parc du Chäteau zu Maison-Lafitte
aus ein lehrreiches Landungswettfliegen mit Ballonverfolgung organisiert. Die Sport¬
kommissare hatten als Landungsort Gometz-la-Ville bestimmt. Am Start erschienen
4 Ballons: «Libellule», Führer M. Maison, «Styx», Führer M. Cormier, «Luciole*, Führer
M. Ribeyre und «Cvrano*, Führer M. Lassagnac.
Das Resultat war folgendes: M. Maison landete bei Etr6chy, M. Cormier bei
Chieure-au-Bois, M. Ribeyre einen Kilometer von Gometz-la-Ville, M. Lassagnac zu
Boutreville bei Gometz.
Der Ballon «Luciole* (Ribeyre) wurde durch einen Radfahrer, der Ballon «Cyrano*
durch ein Automobil gefangen genommen.
• Die ausgesetzten Preise, 200, 100, 75 und 50 Frs. werden für die beiden letzteren
Ballonführer wahrscheinlich ausfallen.
Vorbereitungsschulen für Militärluftschiffer.
Der Aeronautique-Club de France und der Aöro-Club du Rhone et du Sud-Est
und andere französische Vereine haben bekanntlich auch die Vorbereitung junger Leute
für den Luftschifferdienst in der Armee in ihr Programm mit vielem Erfolge aufgenommen.
Alljährlich werden die Schüler durch eine vom Kriegsministerium bestimmte Kommission
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von Offizieren geprüft und alsdann in die Luftschiffertruppen eingereiht. Dieses Ver¬
fahren scheint sich sehr bewährt zu haben, der Andrang bei den Vereinen wird von
Jahr zu Jahr stärker. Der Aöro-CIub du Rhöne et du Sud-Est teiH mit, daß er in diesem
Jahre 32 Schüler habe, die bis Ende Januar jeden Freitag von 8 1 /* bis 10 Uhr abends
theoretisch unterwiesen wurden und nunmehr praktisch in den Seilerarbeiten, dem Nähen
und Firnissen von Ballons unterrichtet werden. Letzteres fand am 15. März und
15. April im Park von Villeurbanne Sonntag morgens statt an einem Ballon von 900 cbm.
Hiernach beginnen die Übungen im Füllen und Handhaben des Ballons am 28. April,
worauf wieder theoretische Kurse einmal wöchentlich über Fahren mit dem Ballon und
besonders über Planlesen sich anreihen. Der Gouverneur von Lyon, General Gallieni,
welcher diese Vorbereitungsarbeiten außerordentlich fördert, hat für den Unterricht in
der militärischen Topographie einen Offizier kommandiert.
Die französische LuftschifTertruppe erhält auf diese Weise ein vortreffliches Material
von Freiwilligen. Es wäre zu erwägen, ob nicht auch der deutsche Luftschifferverband
in ähnlicher Weise zur Verbreitung fachtechnischer aeronautischer Kenntnisse in der
Nation beitragen könnte. Er erzieht damit gleichzeitig ein der Sache ergebenes Unter¬
personal, welches für den Betrieb unserer Wettfahrten uns bislang gefehlt hat und uns
in Zukunft recht nützlich werden kann. $
<K
Literatur.
Meteorologische Zeitschrift. März 1907. J. M. Pernter, Das Ende des Wetter¬
schießens. Die internationale Expertenkonferenz für das Wetterschießen in Graz
hatte sich 1902 bereits dahin ausgesprochen, daß ein Einfluß des Schießens auf
Hagelfälle unwahrscheinlich sei. Trotzdem wurde das Schießfeld in Steiermark
bis Ende 1904 beibehalten und die Versuche fortgeführt, allerdings mit negativem
Erfolg. In Italien wurden von Prof. Pochettino bis 1906 gleichfalls Versuche aus¬
geführt, sowohl mit den sogenannten Wetterschießkanonen, als auch mit Raketen,
deren Ladung von 8 kg in der Wolke explodierte. Ein Erfolg war nicht zu kon¬
statieren, so daß sowohl Österreich wie Italien auf Grund streng exakter Unter¬
suchungen erklären, daß das moderne Wetterschießen wirkungslos ist, wie es auch
von vornherein wahrscheinlich war. Trotzdem sind die Gläubigen aber noch nicht
überzeugt und es werden in Belgien jetzt mit Ballons (s. dieses Heft an anderer
Stelle) die Versuche von neuem begonnen.
Nils Eckholm (Stockholm), Über die unperiodischen Luftdruck¬
schwankungen und einige damit zusammenhängende Erscheinungen
(Fortsetzung aus Heft 1). Über diese wichtige Untersuchung wird später im Zu¬
sammenhänge berichtet werden.
A. Woeikow, Das aerodynamische Institut in Koutchino bei Moskau
Meteorologische Vorzüge der Lage des Instituts und Angabe der Höhen von Ballons-
sondes mit Temperaturen.
Das Wetter. Februar 1907. M. Kaiser, Historische Entwickelung unserer
Kenntnis der Land- und Seewinde auf der Erde und Darstellung der
gegenwärtigen Theorien (Fortsetzung). Enthält die vertikale Ausdehnung der
Seebrise nach Ballonfahrten und Drachenbeobachtungen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. 1907, Heft 3. P. Perlewitz,
Hohe Drachenaufstiege in Hamburg und auf der Kieler Bucht am
4. Januar 1906. Mitteilung der Registrierungen von 2 hohen gleichzeitigen Auf¬
stiegen (Hamburg 5500 m, Kiel 4570 m). Es ist sehr bedauerlich, daß die Zu¬
standskurve für die Temperatur nicht in dem üblichen Maßstabe (1° = 100 m) ge¬
zeichnet ist.
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Comptes-Rendus 1907 N° 3. P. Tsoucalas et J. Vlahavas, Sur les hölices de
propulsion. Theorie der Schrauben.
1907 N° 5. P. Tsoucalas et J. Vlahavas, Etüde comparative des
hälicoptöres et des aeroplanes. Die Verfasser gelangen auf theoretischem
Wege zu dem Resultat, daß die Hebekraft des Drachenfliegers (aöroplane) die Hälfte
derjenigen des Schraubenfliegers ist, bei beiden die günstigste Anordnung (Flächen¬
neigung), den gleichen Arbeitsaufwand und die gleiche Schraube vorausgesetzt.
Dabei ist außerdem bei dem Schraubenflieger die Tragfläche, also ein gewisses
Gewicht nicht nötig. Um die gleiche Hebekraft hervorzubringen, ist bei der günstigsten
Anordnung die Arbeit des Schraubenfliegers T (h61icopt6re)
T (h61icopt£re) = 0,353 (T aßroplane).
Nimmt man nicht die günstigsten Verhältnisse, sondern die eines tatsächlichen ge¬
flogenen Drachenfliegers mit 70 m* Tragfläche, Neigungswinkel der Flächen 10°,
Widerstandsflächen 1 m*, so ergibt sich
T (hSlicopt&re) = 0,026 T (aßroplane).
Die gesamte Arbeit (Schwebearbeit und Bewegungsarbeit) eines Schraubenfliegers,
welcher sich mit der gleichen Geschwindigkeit bewegt, wie der Drachenflieger des
genannten Beispiels, ist
T (h61icopt£re) = 0,057 T (aäroplane).
L’Aßrophile. Februar 1907. Ferber, De la rapidit^ avec laquelle les aviateurs
s’orientent vers l’avenir. Pläne und Maße der Flieger Santos-Dumont, Ferber-
Levavasseur, Bleriot.
Masfrand, Le dirigeable „de la Vaulx“. Aufstiege des Luftschiffes de la
Vaulx, mit Fahrtkurven.
A. Bazin, Sur les helices sustentives. Der Verfasser gelangt zu dem
Schlüsse, daß Hebeschrauben nur mit sehr kleinen Umdrehungsgeschwindigkeiten
mit Vorteil angewendet werden können.
L’Aäronaute. Januar 1907. H. Mangon, Note sur la dätermination du point
d’attache d’un cerf-volant.
Jansen, Le Walang-Kopok. Walang-Kopok ist der javanische „fliegende
Hund“. Seine Flugweise wird kurz besprochen.
Februar 1907. Robert Esnault-Pelterie, Communication faite ä la
Soci6t6 frangaise de Navigation aärienne. I. Teil. Wir berichten über diese
außerordentlich interessante und wichtige Mitteilung später im Zusammenhänge.
J. Ambroise Farcot, AGromoteurs. Ein neuer Motor für Luftschiffahrts¬
zwecke mit Luftkühlung.
La Revue de TAviation. Februar 1907. Berty, Ernest Archdäacon et son ceuvre.
Die flugtechnischen Arbeiten Archdeacons, mit Abbildungen.
G. A. Lenoir, l’Aviation ä travers les Ages (Fortsetzung). Geschichte
der Flugtechnik. Versuche von Benoir.
Harry Ashton-Wolff, Les Argonautes de l’Air. Würdigung Lilienthals.
März 1907. Lenoir, l’Aviation ä travers les Ages (Fortsetzung). Flug¬
technische Arbeiten von Leonhardi da Vinci.
Berty, rAviation du Mois. Beschreibung und Versuche der Flieger Santos
Dumont II, Florencie, Barlatier et Blanc, Kapferer, Delagrange.
L’A6ro-Revue. Bulletin mensuel de l’Aero-Club du Rhone et du Sud-Ouest. Red. Antonin-
Boulade. Jahrg. 1, Heft 1, Januar 1907.
Eine neue französische Zeitschrift, deren Redakteur der bekannte aeronautische
Photograph A. Boulade ist..Aus dem Inhalt führen wir an: E. Seux, Sur les
Röcentes Expöriences d’aviation, eine kurze flugtechnische Übersicht,
A. Boulade, Aöronautes! Attention! Warnung vor Starkstromleitungen und
Befürwortung von „aerographischen Karten“, Echos et Nouvelles.
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Februar 1907. A. Boulade, La Stabilitö verticale des Aörostats et
lesStatoskop. I. Teil. Über die Arbeit wird, sobald sie vollständig erschienen
ist, berichtet werden.
Die beiden vorliegenden Hefte enthalten, wie man es bei dem bekannten Re¬
dakteur der A6ro-Revue nicht anders erwarten konnte, vorzügliche aeronautische
Photographien.
BallooningandAeronautlcs. März 1907. Griffith Brewer, WindEddies. Windwirbel
an Häusern und Brücken und ihre Gefahren bei der Abfahrt von Frei-Ballons.
April 1907. May-Harbord, Two Cross-Channel Trip. Beschreibung von
2 Fahrten über den Kanal ; näheres an anderer Stelle dieses Heftes.
J. Arthur William, Some Light Metals. Zwei neuere leichte Metalle,
Zisium und Ziskon, werden mit Magnalium, Aluminium, Zink und Bronze ver¬
glichen. Bemerkenswert ist die hohe Festigkeit von Ziskon, welches im Mittel
eine Bruchfestigkeit von (11.31 Tomp. zoll*) bei einem spezifischen Gewicht von
nur 3,35 hat.
The Aero-Club Exhibition. Beschreibung der bemerkenswertesten Flieger¬
modelle mit Abbildungen.
Persival Spencer, War Balloon Experience. Verwendung von Fessel¬
ballons im Kriege der Holländer gegen die Atchinesen auf Sumatra 1890.
Bulletin des Schweizer Aero-Klub. Heft 3, Februar 1907. Schaeck, Automobiles
contre Ballon. Am 17. Juni vorigen Jahres fand von Zürich aus eine Ballon¬
verfolgung durch Automobile statt, bei welcher kein Automobil den Ballon in der
festgesetzten Zeit erreichte, trotzdem der Wind nur sehr schwach war. Es war folgende
Idee zugrunde gelegt: «Die Neutralität und das Interesse der Schweiz fordern, daß
im Kriege Ballons kriegführender Mächte, welche auf Schweizer Boden landen,
gefangen genommen und Depeschen und Brieftauben einbehalten werden. Die Ver¬
folgung der Ballons wird durch Automobile bewirkt.* Hieran knüpft Oberst Schaeck
interessante Betrachtungen über die völkerrechtliche Stellung von Ballons und
ihres Inhaltes, auf welche wir noch zurückkommen werden.
E. Schar, Sur le probl^me du vol des oiseaux. Der Verfasser be¬
trachtet den Vogelflügel als vertikal wirkendes Ruder und glaubt hieraus den Flug
der Vögel erklären zu können. Die Arbeiten von Marey, Lilienthal usw. haben
bereits gezeigt, daß diese Art der Erklärung nicht richtig ist.
Fahrtenkarte des Schweizer Aero-Klubs. Karte der Schweiz mit den
eingetragenen Fahrtkurven der Vereinsballons.
La iocomotion automobile. 1907, Heft 1. Le dirigeable „Patrie“ par E. G. Kon¬
struktionseinzelheiten des französischen Kriegsluftschiffes.
The Automotor Journal. 1907, Nr. 7, S. 208. The Tani Aeroplane Model. Be¬
schreibung mit sehr ausführlichen Photographien eines neuen englischen Drachen¬
fliegermodells. Es sind drei übereinander liegende Tragflächen vorgesehen, von
denen die untersten die schmälsten, die obersten die breitesten sind. Von den
zwei Schrauben ist die eine, entsprechend der Zugrichtung der Halteleine des
Drachens, nach vom und unten gerichtet, die andere treibt. Die Steuerung ge¬
schieht mittels des letzteren Propellers.
Personalia.
Generalmajor Nausestor, Kommandeur der I. Fußartillerie-Brigade in Berlin, lang¬
jähriges Mitglied des Oberrheinischen Vereins für LuftschifTahrt in Straßburg i. E., ist am
2. April gestorben. Derselbe hat der Entwickelung der Luftschiffahrt fortgesetzt ein reges
Interesse entgegengebracht.
Wentrup, Hauptmann und Kompagniechef im Eisenbahnregiment Nr. 1, ist als
Lehrer in das Luftschifferbataillon versetzt worden.
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Schriftsteller A. Förster, unser langjähriger Mitarbeiter, feierte am 22. März seinen
70. Geburtstag. Wir beglückwünschen den Jubilar, der sich eine jugendliche Frische,
Elastizität und Arbeitsfreudigkeit bewahrte, die wir ihm auch für seinen ferneren Lebens¬
weg wünschen, auf das herzlichste.
Oberst Aim6 Laussedat, membre de Tlnstitut, einer der ersten Förderer der
Militär-LuftschifTahrt in Frankreich, der auch ganz besondere Verdienste auf dem Gebiete
der Entwickelung der Fernphotographie aufzuweisen hat, ist am 18. März im Alter von
88 Jahren gestorben.
Leutnant Franck P. Lahm, der vorjährige Gewinner des Gordon-Bennett-Preises,
erhielt von Herrn James Gordon-Bennett eine goldene Erinnerungs-Medaille.
Professor Hergesell, der Präsident der Internationalen Kommission für wissen¬
schaftliche Luftschiflahrt, wurde während der Anwesenheit S. M. des Kaisers in Stra߬
burg i. E. am Sonntag den 28. April abends beim Kaiserlichen Statthalter zum Diner
befohlen und hielt im Anschluß an dasselbe Seiner Majestät einen Vortrag mit Licht¬
bildern über die Reise S. H. des Fürsten Albert von Monaco nach Spitzbergen und über
die wissenschaftlichen Ergebnisse der Fahrt.
S. Majestät der Kaiser nahmen den Vortrag allergnädigst mit großem Beifall auf.
Patent- nnd Gebrauchsnmsterschau in der Luftschiffahrt.
Mitgetcilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur Alfred Ham¬
burger, Wien, VH, Siebensterngasse 1.
Auskünfte in Patentangelegenheiten werden Abonnenten dieses Blattes unentgeltlich erteilt. Gegen die
Erteilung unten angeführter Patentanmeldungen kann binnen zweier Monaten Einspruch erhoben werden.
Deutsches Kelch.
Ausgelegt am 25. März 1907, Einspruchsfrist bis 25. Mai 1907.
Kl. 77 h. Johannes Paul, Berlin, Wichmannstraße 21. — Zigarrenförmiger Luftballon
mit im Innern angebrachten Versteifungsringen.
Humor.
Nachklänge zu den Berliner, zugleich Vorklänge zu den Düsseldorfer Wettfahrten.
Sieg der Luftballons. Ballon Wettfahrten.
Das Luftschiff in Verbindung
Mit Autos andrerseits,
Welch eine liebe Erfindung
Von neugeartetem Reiz.
Es wendet vom Menschengewimmel
Das Auge sich in die Höh’,
Wir starren steil in den Himmel,
Und nicht mehr auf die Chaussee.
Beim ersten Male ging alles
Zu glimpflich von der Hand:
Die Chronik des Unglücksfalles
War wenig interessant.
Jedoch für kommende Zeiten
Erkenn’ ich jubelnd eins:
Es wachsen die Möglichkeiten
Des Überfahrenseins.
TöfT-töfT-ball-ball-hurraaaaah!!!
Gottlieb.
- <§r
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel .
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet
Die Redaktion .
Kommt wie’n Pfeil vom Bogen
Über Berg und Tal
Der Ballon geflogen
(Denn es klappt manchmal).
Ihm gehört die Weite,
Steigt zum Himmel fast;
Leider macht er Pleite,
Wenn’s dem Wind nicht paßt.
Mit dem Wind geht’s sausend,
Aber wird der knapp,
Fährt er statt 3000
Nur 300 ab.
Schwebt in höh’rer Sphäre,
Plump und unten klar,
Wie’s die Montgolftere
Anno Toback war.
Ist es sonderbar nicht,
Daß, wo alles prompt
Steigt, nur’s Luftschiff gar nicht
In die Höhe kommt?
Aus («Der Tag*). C a 1 i b a n.
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang.
-Mi Jnnl 1907. **
6. Heft.
Aerologie.
Die meteorologischen Verhältnisse über St. Louis.
Von Prof. A. L. Rotch,
Direktor des Blue Hill-Observatoriums (V. St. A.).
In dem Rundschreiben des Präsidenten des Aero Club of America,
das Gordon-Bennett-Wettfliegen betreffend, welches im Februarhefte 1907 ver¬
öffentlicht war, ist ausgeführt, daß die Beobachtungen, welche das Wetter¬
bureau der Vereinigten Staaten mittels Drachen und Pilotballons angestellt
hatte, eine Strömung von West nach Ost über St. Louis ergeben hätten.
Diese Tatsache ist nun längst durch Beobachtung des Wolkenzuges bekannt,
im übrigen aber, und auf diese Feststellung muß besonderer Wert gelegt
werden, hat nicht das staatliche Wetterbureau, sondern mein Observatorium
die Atmosphäre über St. Louis mittels Registrierballons erforscht. Unter
der Beihilfe der Weltausstellung 1904 haben meine Assistenten, die Herren
Clayton und Fergusson, die ersten Registrierballons in Amerika während des
Herbstes 1904 aufgelassen, und derartige Versuche sind auf meine Kosten
mit Unterstützung der Smithsonian Institution während der folgenden 2 Jahre
fortgeführt worden. Da die Beobachtungen ein aktuelles Interesse haben
wegen der von St. Louis ausgehenden internationalen Wettfahrt, lasse ich
die für die Bewerber wichtigen Ergebnisse folgen.
Zur Verwendung bei den Aufstiegen gelangten die in Europa wohlbe¬
kannten Aßmannschen Gummiballons, welche mit Wasserstoff gefüllt wurden
und einen Barothermographen nach Teisserenc de Bort trugen. Zum
Herunterbringen des Instruments nach dem Platzen des Ballons wurde der
übliche Fallschirm angewendet. Im ganzen wurden während der Jahre 1904,
1905, 1906 56 Ballons aufgelassen, von denen 53 glücklich gefunden und
zurückgeschickt wurden, gegen eine kleine Belohnung für den Finder. Die
Aufzeichnungen von Druck und Temperatur waren gut auswertbar, sodaß
aus der Zeitdauer des Aufstiegs sowie der Entfernung des Landungsplatzes
von St. Louis die mittlere Windrichtung und Geschwindigkeit berechnet
werden konnte.
Die Aufstiege wurden in 4 Gruppen nach der Höhe eingeteilt, woraus
die Luftbewegung in verschiedenen Höhen sich ergibt. Die Zahlen in der
Figur stellen die Nummern der Gruppen dar und entsprechen der ersten
Spalte der Tabelle. Gruppe 1 umfaßt die Aufstiege, deren Maximalhöhe
geringer als 5000 m war, die größte Höhe lag bei Gruppe 2 zwischen 5000
und 10000 m, bei Gruppe 3 zwischen 10000 und 15000 m, bei Gruppe 4
über 15000 m.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 25
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194
Gruppe
Anzahl
der
Aufstiege
Mittlere
Max.-Höhe
m
Mittlere
Höhe
*
m
Mittlere
Entfernung
km
Mittlere
Geschwindig¬
keit
m p. s.
Mittlere
Richtung
nach
4
9
15 778
7 900
189
21
S 81° E
3
16
12 342
6 170
249
25
S 85° E
2
13
7135 1
3 570
163
17
S 87° E
1
8
3 520
1760
67
11
S 79° E
Man ersieht hieraus, daß die Geschwindigkeit und demnach auch der
zurückgelegte Weg bis zur dritten Schicht wächst, darüber aber abnimmt
und daß die Ballons in der untersten Schicht am meisten südlich (S 79° E),
in der zweiten Schicht dagegen fast rein nach E (S 87° E) gingen. Es waren
natürlich im einzelnen große Abweichungen von den Mitteln der Richtung
und Geschwindigkeit. So z. B. flog in der untersten Schicht, in welcher
sich die Ballons bei der Wettfahrt wohl meist aufhalten werden, der am
23. November 1904 aufgelassene Ballon, der eine Höhe von 2300 m er¬
reichte, 89 km mit 23 m p. s., während am nächsten Tage in nur wenig
größerer Höhe ein Ballon dieselbe Richtung nahm, aber 144 km weiter kam.
Die kleinste Geschwindigkeit wurde am 17. Mai 1906 beobachtet, nämlich
5 m p. s., bei einer Rich¬
tung nach N E und einer
Flugstrecke von nur 24 km,
trotzdem der Ballon sich bis
auf 4500 m erhob. In der
Schicht 3 flogen 2 Ballons,
deren Maximalhöhe etwa
11000 war, an aufeinander¬
folgenden Tagen mit einer
mittleren Geschwindigkeit von
45 m p. s. und zwar der eine 450 km nach E, der andere 378 km nach
S E. Da dies das Mittel der Geschwindigkeiten aus den verschiedenen
Schichten ist, so ist die Geschwindigkeit von 45 m p. s. in der Maximal¬
höhe wahrscheinlich bedeutend überschritten worden. Derartige Geschwindig¬
keiten sind, wie Messungen der Geschwindigkeit von Cirruswolken, die am
Blue Hill-Observatorium vorgenommen wurden, zeigen, im Winter über den
Vereinigten Staaten nichts Seltenes.
Es sei noch erwähnt, daß die mittlere Temperatur für Saint Louis im
Oktober 15° C. beträgt, die Temperatur in 3000 in wird etwa 0°, in 5000 m
ungefähr — 10° betragen. Obgleich so große Höhen von bemannten nicht
erreicht werden können, dürfte es doch interessieren, daß im Januar 1905
in einer Höhe von 14830 m — 79° C. von einem unserer Ballons registriert
wurden. Es ist dies die niedrigste Temperatur, die je in der Atmosphäre beob¬
achtet wurde. Im Juli desselben Jahres wurden in 13750 m —-59° registriert.
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Kgl. Aeronautisches Observatorium Lindenberg.
Von seiten des Kgl. Aeronautischen Observatoriums Lindenberg erhalten wir nach¬
stehende Übersicht der daselbst im Jahre 1906 ausgeführten Aufstiege.
I. Am Observatorium selbst wurden 1906 im Rahmen der täglichen Arbeiten mit
Drachen und Kugelballons 519 Aufstiege ausgeführt, wobei alle Probe-Experimente,
welche noch nicht 500 m Höhe erreichten, Versuche mit neuen oder umgebauten Drachen
und Ballons usw. nicht mitgezählt sind.
Die Aufstiege verteilen sich über die einzelnen Monate in nachstehender Weise :
Jan.
Febr.
r~l
März j
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
J ahr
Mit Drachen . . . .
44
33
37
29
19
22
14
28
29
30
4P
33
362
> Ballons.
0
8
11
19
30
11
31
14
13
6
4
10
157
Zusammen . .
44
41
48
48
49
33
45
42
42
36
48
43
519
Wenn man die erreichten Höhen betrachtet, wobei dann nur jeder Tag einmal
mit der größten während der 24 Stunden erreichten Höhe eingestellt ist, ohne Rücksicht
darauf, ob während dessen 1 oder mehrere (bis zu 6) Aufstiege unternommen wurden,
so ergibt sich das nachstehende Bild:
Mittlere Höhe:
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
~“j
Juli
Aug.| Sept.
Jokt.
Nov.
Dez.
Jahr
Drachenaufstiege . . .
2383
2939
2285
2862
2283
2848
2449
2885
3102
^2978
*30-11
2379
2708
Zahl der Tage . .
31
22
24
16
14
19
n
22
19
27
27
27
259
Ballonaufstiege ....
—
1831
1980
2459
2322
2463
2512
2477
2326
2439
2047
1580
2322
Zahl der Tage . .
0
6
i
7 :
! 14
i
17
1
11
20
9
11
4
•3 |
4
106
Gesamtmittel.
2383
2702
2216
2674
2305
2707
2489
2766
2818
2908
2942
2276
2596
Maximalhöhe.
3900
5600
l
58105105
i
4110
6040
3910
4400
5100
4960
6250
6010
6250
Nach Stufenwerten von 1000 zu 1000 m wurden erreicht (Zahl der Tage):
Höhe
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jahr
<1000m
2
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
4
10 (3°/o)
12
8
13
6
14
11
10
3
5
6
6
12
106 (29°/o)
2—3000
7
10
14
16
10
8
14
16
14
10
9
8
136 (3J°/o)
3—4000
,>4000iii
101
o ! 10
>
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%
5 ]
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4 !“
>
8 I
>
6 )
>
O)
>
8 Jl3
5)
D*
75 l 113
3 8 j(31°/o)
davon
>* 5000 m
0
2
2
1
0
1
1
0
0
1
0
3
1
1
11
Fünf Aufstiege (an fünf verschiedenen Tagen) Überschritten <li<“ Höhe von 6000 m,
davon drei allein im November, je einer im Juni und Dezember.
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II. An bemannten Ballonfahrten wurden fünf ausgeführt, worüber die nachstehende
Tabelle nähere Auskunft gibt; sie fanden sämtlich von Berlin aus statt.
Datum
Ballon
Insassen J
Dauer!
1
Länge
Größte
Höhe
Landungsort
4. Januar
«Helmholtz»
Berson, Coym
h m
8 51
263 km
6512 m
Doderlagc bei
Deutsch-Krone.
1. März
«Brandenburg*
» >
7 07
380 >
5515 »
Tuliszkow, Kr.
Kouin, Kuss.-Polen.
5.-7. April
ohne Namen
K. Wegener u.
A. Wegener
52 32
1310 >
3775 »
Laufach bei
Aschaffenburg.
14.—15. Okt.
«Brandenburg»
K. Wegener u.
Kleinschmidt
2132
375 »
3485 *
Olbernheim, Kgr.
Sachsen.
7.-8. Dez.
«Bezold»
Berson, Coym
24 04
415 »
1490 »
Mönkebude, am
Stettiner Haff.
III. Registrierballon-Aufstiege (durchweg Gummiballons mit Fallschirm) fanden
statt 21, davon im Juli. Oktober und Dezember je 3, im März, Mai und September je 2,
in den übrigen Monaten je 1.
Zwei Ballons sind bis jetzt noch nicht gefunden bzw. gemeldet worden; unter den
gemeldeten erreichte der Ballon vom 4. Oktober mit 19 760 m die größte Höhe.
IV. Außerhalb des Observatoriums wurden noch von Beamten desselben entweder
aus Anlaß von Urlaubsreisen — jedoch mit materieller und sachlicher Unterstützung des
Observatoriums —, oder in direkt dienstlicher Mission nachstehende Aufstiegsreihen
ausgeführt:
a) Vom 2. Januar bis 8. Februar d. Js. machte Herr K. Wegener auf dem Gipfel
des Brocken mit einer Handwinde eine Reihe von 29 Drachenaufstiegen in
geringere Höhen, die dem Studium einer Spezialfrage (Temperatur-Verhält¬
nisse an der Oberfläche winterlicher Stratus-Schichten) gewidmet waren.
b) Zwischen dem 1. und 15. August d. Js. führte Herr Coym an Bord des
schwedischen Vermessungsschiffes «Skagerrack» in der Ostsee südlich von
Schonen, im Sund, Kattegat und Skagerrack 8 Drachenaufstiege aus, deren
höchster 3030 m erreichte.
c) Vom 5. September bis 4. Oktober d. Js. schickten die Herren Berson und Coym
vom Platze der Ausstellung zu Mailand 18 Registrierballons empor, von
denen 17 wieder gefunden wurden und nur einer (vom 12. IX.) bis heute
fehlt. Die erreichten Maximalhöhen waren 19000 m am 5. und 18 200 m
am 23. September.
Die ausführlichen Ergebnisse aller vorstehend unter I. bis IV. aufgezählten Arbeiten
werden gegen Ausgang des Sommers d. Js. im zweiten Bande der Publikationen des
Observatoriums veröffentlicht w'erden.
Die Drachenstation der Deutschen Seewarte.
Die Erforschung der höheren Luftschichten auf der Drachenstation der Deutschen
Seewarte hat auch in den beiden letzten Jahren 1 ) ihren regelmäßigen Fortgang genommen.
An windstillen Tagen w r ar es zwar immer noch nicht möglich, ein Instrument empor¬
zusenden, da auch in diesen beiden Jahren keine Fesselballons dazu verwandt wurden.
Eine Erweiterung des Programms hat jedoch insofern stattgefunden, daß im Verein mit
dem Hamburger Physikalischen Staatslaboratorium an den internationalen Termintagen
Registrierballons aufgelassen wurden.
*) Uber die Tätigkeit auf der Station in den Jahren 1903 und 1901 wurde im Heft 3 des IX. Jahr¬
ganges (1905) dieser Mitteilungen berichtet.
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Die Technik der Drachenaufstiege, die natürlich auf jeder Drachenstation ihren
besonderen Entwickelungsgang nimmt, ist in vielen Beziehungen vervollkommnet. In¬
folge der größeren Übung der Arbeiter hat die Form und Bauart der Drachen eine größere
Präzision erhalten; 1 ) die schwer herzustellenden notwendigen Drahtsplissungen in der
Drachenleine werden jetzt so sicher angefertigt, daß im Jahre 1906 ein Abreißen infolge
mangelhafter Splissung nicht mehr vorgekommen ist. Die Abreißvorrichtungen, die bei
zu starkem Zuge zum Abwerfen der Nebendrachen dienen, funktionieren jetzt in jeder
Beziehung mit großer Sicherheit. Mit Erfolg wurden auch im letzten Halbjahre kleinere
geflügelte Drachen (4 '/* m* Fläche ; vgl. Anm. 2) des auf der Station üblichen Modells
«Diamant» als Nebendrachen benutzt, da bei schwachen Winden der Zug derselben zum
Heben des Drahtes genügte (der erreichte Höhenwinkel litt nur unbedeutend, da man
unter Umständen einen Nebendrachen mehr anhängte), bei Sturm jedoch der Zug nur
selten so stark wurde, daß überhaupt ein Abreißen von Nebendrachen eintrat.
Das Einholen der Drachen fand, wie auch früher, mit einem einpferdigen Spiritus¬
motor statt, der gegenwärtig freilich, nach vierjährigem Dienst, bedenklich an Altersschwäche
leidet; mit Sehnsucht wird daher der bereits bewilligte dreipferdige Elektromotor erwartet,
mit dessen Hilfe fast in allen Fällen eine solche Geschwindigkeit im Einholen zu erzielen ist,
daß Unfälle, wie plötzliches Herabfallen der mit Rauhreif beschwerten Drachen etc., in
Zukunft vermieden werden können. Als registrierendes Instrument wurde stets das in
fast jeder Beziehung vortreffliche Marvin-Instrument benutzt. In letzter Zeit wurden
jedoch auch wiederholt Versuche ausgeführt mit einem neuen Dracheninstrument von
Bosch in Straßburg i. E., das den großen Vorteil hat, daß es nur wenig mehr als l /s so
teuer ist wie jenes.
Ein schwerer Schlag traf die Drachenstation Ende November 1906, als eine
elektrische Bahn fertiggestellt wurde, die gerade nach den Richtungen hin, nach welchen
infolge der vorherrschenden Winde die meisten Aufstiege stattfinden, etwa 200° im Um¬
kreis verläuft. Die oberirdische Leitung dieser Bahn ist nämlich mit sehr hochgespanntem
Wechselstrom geladen, der bekanntlich große Widerstände leicht überwindet; es wirkt
daher ein mit der Hand gefaßtes, den fortfliegenden Drachen nachschleifendes Drahtende
unfehlbar tödlich, falls zufällig ein Kontakt des Drahtes mit jener Leitung eintritt. Es
durften deshalb seit Ende November nur selten Aufstiege gemacht werden. Sofort ein¬
geleitete Unterhandlungen haben den Erfolg gehabt, daß dieser Übelstand durch An¬
bringen von Schutzdrähten noch im April dieses Jahres beseitigt sein wird, so daß dann die
Arbeit der Drachenstation im früheren Umfange wieder aufgenommen werden kann.
Über die Erfolge der Tätigkeit an der Drachenstation wird wohl am besten ein
Überblick gewährt durch Wiedergabe eines Auszuges aus den Tabellen, wie sie in den
Jahresberichten der Deutschen Seewarte veröffentlicht sind:
Drachenaufstiege im Jahre 1905 und 1906*)
1905
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Zahl der Aufstiege . .
23
22
24
21
21
20
14
17
18
19
15
19
Davon A 3000 m . .
2
6
3
7
4
4
9
4
0
5
1
2
Davon >. 4000 m . .
0
0
0
1
3
1
1 5
i 1
2
0
0
i
0
0
Mittlere Höhe (m) . .
1309
2265
1845
2526
2092
2249
3144
2536
2248
2300
11844|
1891
Größte Höhe (m) . . .
3360
3940
3820
4550
4100 4330
4580
4800
2040
3410
3500
3570
*) Begünstigt wurde das Erreichen dieses Zieles dadurch, daß man auf der hiesigen Drachenstation
nach Durchprobieren mehrerer anderer Modelle endgültig zu einem bestimmten, dem Modell «D. Seewarte 1904»
(Diamantdrache mit Flügeln), übergegangen ist. Ich verweise hier auf die Be>chreibung der Drachenstation
und ihrer Einrichtung von Herrn Prof. Koppen in den «Annalen der Hydrographie etc.» 1906, Heft 2.
*) Vergl. die Tabellen für 1903 und 1904, Heft 3, Jahrgang IX (1905) dieser Mitteilungen. Wegen zu
Schwachen oder ausnahmsweise zu starken Windes mußten an ’/i aller Tage die Drachenaufstiege ausfallen.
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1906
Jan.
Febr.
(März
April
Mai
Juni
| Juli
[ Aug.
Sept.
Okt.
Nov. |
Dez.
Zahl der Aufstiege . .
21
21
21
16
21
20 •
17
18
13 |
20
18
—
Davon >. 3000 m . .
2
1
2
1
1 3
8
3
1
8 |
|
5
8
7
—
Davon > 4000 m . .
1
•
0
0
1
0
1
2
0
1 1
0
1
1
1
Mittlere Höhe (m) . .
2080
1994
2095
164-2
1810
2447
2070
I 2713
1 2685
2520
2044
1
i
i
Größte Höhe (m) . . .
5500
3050
3000
f
| 5000
3780
| 4650
3750
, 4220
3910
4000
4080
Zum Schluß möge noch erwähnt werden, daß in diesen beiden Jahren 5 mal
Blitzschlag beim Drachenaufstieg statlfand; der gesamte ausgelassene Draht wurde jedes¬
mal völlig vernichtet, niemals jedoch erlitten die an der Winde beschäftigten Personen
ernstlichen Schaden.
Eine wesentliche Erweiterung erfuhr, wie schon erwähnt, die Tätigkeit der
Drachenstation durch Übereinkommen mit dem Hamburger Physikalischen Staatslabora¬
torium über gemeinsames Auflassen von Pilot- und Registrierballons, vorzugsweise an
den internationalen Termintagen.
In Verwendung kam dabei, abgesehen von den ersten Versuchen, ein mit Wasser¬
stoff gefüllter Gummiballon mit aufgesetztem Fallschirm; als registrierende Instrumente
wurden solche von Bosch-Hergesell, Teisserenc de Bort und Thierry benutzt. Zur Ver¬
folgung der Ballons wurde zuerst ein vorhandener älterer Theodolit, im Laufe des letzten
Jahres aber der Spezial-Theodolit von A. de (Juervain benutzt. Der letztere hat sich
vorzüglich bewährt; es wurde damit einmal das Platzen des Ballons in einer Höhe von
9700 m und 21 km horizontaler Entfernung deutlich beobachtet.
Während bei den Drachenaufstiegen die Aufzeichnung mit Methylviolett auf einem
mit entsprechendem Koordinatensystem bedruckten Papier stattfindet, wird bei den
hiesigen Ballonaufstiegen eine berußte Glimmerplatte mit darunter befindlichem photo¬
graphischen oder Lichtpauspapier benutzt. Die Auswertung der bei den Drachenauf¬
stiegen erhaltenen Aufzeichnungen geschieht infolge des Koordinatennetzes genau genug
durch Abgreifen mit dem Zirkel, dagegen wird zur Auswertung der Ballon-Meteoro-
gramme der Apparat von Baron K. v. Bassus benutzt, der unzweifelhaft dabei manche
nicht zu unterschätzende Vorteile bietet.
Die Hauptergebnisse der Registrierballonaufstiege sind von Herrn Dr. Perlewitz in
einer Abhandlung im Jahrbuch der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten für 1906
dargestellt. Diejenigen der Drachenaufstiege erscheinen täglich in den Wetterberichten
der Seewarte. Eine zusammenfassende Bearbeitung der Windrichtungen wird nächstens
in den «Annalen der Hydrographie etc.» veröffentlicht werden; eine größere Arbeit, die
namentlich die Temperaturverteilung darstellt, wird für das «Archiv der Deutschen See¬
warte» vorbereitet. Dr. E. Aselmann.
Internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt.
Termin 1907.
Über die großen Internehmungcn bei den wissenschaftlichen Simultanaufstiegen
in diesem Jahre teilt der Präsident der I. K. f. w. L. folgendes mit:
Abgesehen von den Aufstiegen, welche von den bekannten Stationen in Europa
und Amerika vonslatten gehen werden, werden bei den Serienaufstiegen Anfang Juli
1907 noch verschiedene Expeditionen tätig sein, um sich an der Erforschung der Atmo¬
sphäre zu beteiligen. Im hohen Norden wird der Fürst von Monaco wiederum Experi-
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199 «444
mente veranstalten, während weiter südlich, zwischen Island und Norwegen, die deutsche
Marine ein 1 Schiff für Ballonaufstiege aussenden wird. Noch weiter südlich, etwa in der
Breite der Hebriden, wird eine weitere deutsche Expedition, unter Führung des Haupt¬
manns Hildebrandt, tätig sein. Weiter wird die französische Marine ein Schiff zur Er¬
forschung der freien Atmosphäre in die Gegend der Azoren entsenden; endlich werden
die Herren Teisserenc de Bort und Rotch auf ihrer Jacht «Otaria» noch weiter südlich
in der Gegend der Passatwinde und Kalmen Aufstiege veranstalten. Es schweben ferner
noch Verhandlungen, die eine Beteiligung der italienischen Marine im Mittelmeer be¬
zwecken. Über die Bemühungen, noch weitere Aufstiegstationen, wie in einem früheren
Zirkular angedeutet worden ist, für unsere Zwecke zu gewinnen, hoffe ich später im
günstigen Sinne berichten zu können.
Da es für einige der im Atlantischen Ozean geplanten Expeditionen nicht möglich
sein wird, zur vorgeschlagenen Zeit, nämlich den 3. bis 5. Juli, am Platze zu sein, wird
es sich als notwendig erweisen, die Zeit des grossen Serienaufstieges zu verschieben.
Es ist hierfür die 4. Woche des Juli, nämlich die Tage vom 22. bis 27. Juli, in Aussicht
genommen, mit der Maßgabe, daß der 23., 24. und 25. Juli als Haupttage gelten sollen.
Äußerst wünschenswert sind auch Aufstiege an den Vor- und Nachtagen. Ich bitte des¬
halb sämtliche Teilnehmer, an unseren großen Serienaufstiegen womöglich in der ganzen
4. Woche Aufstiege zu veranstalten, oder, wenn dies nicht ausführbar sein sollte, an
den eben genannten Haupttagen. Die internationalen Augustaufstiege sollen dann in
Wegfall kommen und dafür am 4. Juli ein gewöhnlicher kleiner internationaler Aufstieg
erfolgen.
Die Daten für die nächsten internationalen Aufstiege des Jahres 1907 sind dem¬
gemäß nunmehr folgende :
6 . Juni, 4. Juli, 22., 23., 24., 25., 26. und 27. Juli, 4., 5. und 6. September, 3. Ok¬
tober, 6., 7. und 8. November und 5. Dezember.
Die Wolken- und Bergstationen werden gebeten, an den neuen Terminen in ge¬
wohnter Weise ihre Beobachtungen anzustellen und vor allen Dingen den großen Serien¬
aufstieg des Monats Juli durch intensive Messungen zu unterstützen.
Übersicht Uber die Beteiligung an den internationalen Aufstiegen.
3. Mai.
Trappes. Papierballon 13730 m. — Oxshott. Drachenaufstieg 1320 m. — Peters-
field. (Mr. Ch. J. P. Cave) Drachenaufstieg 2150 m. — Ucele. (Service m£teorol.) Gummi¬
ballon 16970 m. — Guadalajara. Papierballon 2060 m. — Rom. Kein Aufstieg. —
Zürich. Gummiballon 10 800 m. — Straßburg. (M. I.) Gummiballon 24200 m; Visierung
von Pilotballons an den Vor- und Nachtagen. — Strnßburg. (Oberrh. Ver. f. Luftsch.)
Bemannter Ballon 2560 m. — Hamburg. Drachenaufstieg 3400 m; Gummiballon 4580 m.
— Lindenberg. Drachenaufstieg 3990 m; Gummiballon 11570 m.— Barmen. Bemannter
Ballon 2 600 m. — München. (Met. Zentr.-Stat.) Gummiballon, noch nicht gefunden. —
München. (Baron v. Bassus). Gummiballon 13210 m. — Wien. Gummiballon 10000 m;
Bemannter Ballon 4000 m; (4. Mai) Bemannter Ballon 4120 m. — Pawiowsk. Drachen¬
aufstieg 4240 m ; Registrierballon 12 300 m. —Koutehino. Registrierballon 10000 m. —
Alexandrowsk. (Murman-Expedit.) Drachenaufstieg 2740 m. — Blue Hill. Drachenaufstieg
2530 m. — St. Louis (Missouri). (Mr. A. L. Rotch). Registierballon 10 300 m. — Mount
W'eather (Virginia, U. S. A.). Drachenaufstieg 1510 m.
7. Juni.
Trappes. Registrierballon, noch nicht gefunden. — Uccle. Gummiballon 15690 m. —
Guadalajara. Gummiballon, die Registrierungen wurden verwischt. — Mailand. (Aus¬
stellung). Registrierballon 23 800 m; (Brigata Specialisti) Bemannter Ballon 3230 m. —
Zürich. Gummiballon 13 720 m. — Straßbnrg. Gummiballon 17 230; an den Vor- und
Nachtagen Visierung von Pilotballons. — Straßburg. (Oberrh. Ver. f. Luftsch.) Bemannter
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Ballon 1700 m. — Hamburg. Gummiballon 14 500 m. — Lindenberg. Drachenaufst,
4740 in; Gummiballon 17 770 m. — Godesberg. (Niederrh. Ver. f. Luftsch.) (6. Juni).
Bemannter Ballon 4530 m. — München. (M. Z.) Gummiballon ca. 16 000 m. — Wien.
Gummiballon 6790 m; (8. Juni) Bemannter Ballon 2830 m. — Pawlowsk. Drachenaufst.
3900 m; Registrierballon 11000 m. — Kontchino. Registrierballon 16 700 m. — Alexan-
drowsk. Drachenversuche mißlungen. — Blue Hill. Drachenaufstieg 1470 m. — Mount
Weather. Drachenaufstieg 1640 m.
4., r>^ 6. Juli.
Trappes. 4. Juli, Papierballon 15170 m; 5. Juli, Papierballon 14 290 m ; 6. Juli,
Papierballon 13 760 m. — Oxshott. Kein Aufstieg wegen zu schwachen Windes. — Ueele.
5. Juli, Gummiballon 15 680 m. — Guadalajara. 4. Juli, Papierballon 2950 m; 5. Juli,
Papierballon 8010 m; Bemannter Ballon 3950 m; 6. Juli, Papierballons, Registrierungen
wurden verwischt. — Rom. 5. Juli, Aufstieg des bemannten Ballons unmöglich geworden.
— Pavia. 4. Juli, Registrierballon 4630 m. — Mailand. 5. Juli, Reg.-Ballon noch nicht
gefunden. — Zürich. 5. Juli, Gummiballon 12 570 m. — Straßburg. 4. Juli, Gummiballon
8150 m; 5. Juli, Gummiballon 22 240 m; 6. Juli, Gummiballon 17 090 m. — Hamburg.
4. Juli, Gummiballon 9600 m; 5. Juli, Drachen 670 m ; Gummiballon 10 740 m; 6. Juli,
Drachen 630 m; Gummiballon 13 200 m. — Lindcnberg. 4. Juli, Drachen 2320 m,
Gummiballon 12 590 m; 5. Juli, Drachen 2650 m; Gummiballon 8590 m; 6. Juli, Drachen
3500 m. — Godesberg. 5. Juli, Bemannter Ballon 3000 m. — München. (Met. Z.) 4. Juli;
Gummiballon 16 650 m; 5. Juli, Gummiballon 19 000 m; 6. Juli, kein Aufstieg wegen
ungünstiger Witterung. — München, (v. Bassus), 5. Juli, Gummiballon 19 500 m. — Wien.
4. Juli, Bemannter Ballon 3960 m; 5. Juli, Gummiballon 3450 m; Bemannter Ballon
7410 m ; 6. Juli, Gummiballon 4950 m. — Pawlowsk. 4. Juli, Drachen 520 m; Registrier¬
ballon, noch nicht gefunden; 5. Juli, Registrierballon, noch nicht gefunden; 6. Juli, Drachen
3880 m ; Registrierballon 18100 m. — Kontchino. 5. Juli, Drachen 450 m ; Registrierballon
18 500 m; 6. Juli, Drachen 1160 m. — Blue Hill. Kein Aufstieg wegen zu schwachen
Windes. — Mount Weather. 4. Juli, Drachen 1070 m; 6. Juli, Drachen 2030 m.
2. August.
Trappes. Papierballon 16 140 m. — Ueele. Gummiballon 18 840 m. — Guadala¬
jara. Papierballon 10750 m. — Pavia. Registrierballon 14870 m.— Zürich. Gummiballon
13 600 m; Vor- und Nachtag Pilotballons 7000 m. — Straßburg. Gummiballon 19 200 m;
Vor- und Nachtage Pilotballons. — Hamburg. Drachen 3020 m; Gummiballon 1440 m.
Lindcnberg. Drachen 2950 m; Gummiballon 10 880 m. — München. (Met. Z.) Gummi¬
ballon 14 970 m. — München, (v. Bassus) Gummiballon 13 450 m. — Wien. Gummi¬
ballon 7770 m; Bemannter Ballon 4230 m; (l. Aug.) Bemannter Ballon 7240 m. —
Pawlowsk. Drachen 2230 m; Registrierballon, noch nicht gefunden. Am 1. Aug. Drachen¬
aufstiege a bord du bäteau militaire dans le lac de Ladoga, 1930 m. — Kontchino. Registrier¬
ballon 2750 m. — Jekaterinburg. (Meteorol. Observat.), 1. Aug., Drachen 2380 m. —
Jacht des Fürsten von Monaco, bei Spitzbergen, Gummiballon 4240 m; 3. Aug. Drachen
320 m. — Blue Hill. Kein Aufstieg wegen zu schwachen Windes. — Mount Weather.
Drachen 1200 m.
6. September.
Trappes. Papierballon 15 350 m. — Ueele. Gummiballon, keine Registrierung. —
Petersfleld. Drachen 470 m. — Brighton, South Coast (Ms. S. H. R. Salmon). Drachen
1000 m. — Guadalajara. Papierballon 12 200 m. — Mailand. Registrierballon 15 330 m.
— Zürich. Gummiballon 12 200 m; Vor- und Nachtag Pilotballons 12 000 m. — Stra߬
burg. Gummiballon 19 240 m; Vor- und Nachtag Pilotballons. — Hamburg. Drachen
3910 m; Gummiballon 13 980 m. — Lindenberg. Drachen 4790 m; Gummiballon 13 890 m.
— München. (Met. Z.) Gummiballon 11 730 m. — Wien. Bemannter Ballon 6170 m. —
Pawlowsk. Drachen 1100 m; Registrierballon 9400 m. — Kontchino. Registrierballon
16 000 m. — Blue Hill. Drachen 3140 m. — Mount Weather. Drachen 1380 m.
Digitized by LjOOQLC
4. Oktober.
Trappes. Keine Nachricht. — Uccle. Gummiballon 13 970 m. — Brighton. Drachen
1000 m. — Guadalajara. Papierballon, Uhr des Instrumentes stehen geblieben; Pilot¬
ballon 7000 m. — Mailand. Registrierballon 12 600 m; 5. Oktober, Lago Maggiore.
Registrierballon 10 270 m. — Zürich. 5. Oktober, 3 Fesselballonaufstiege bis ca. 1500 m.
— Straßburg. Gummiballon 13 830 m. — Hamburg. Drachen 1400 m; Gummiballon
13 220 m. — Lindenberg. Drachen 3950 m; Gummiballon 19 760 m. — München. (Met. Z.)
Gummiballon 8330 m. — Wien. 5. Oktober, Bemannter Ballon 2460 m. — Pawlowsk.
Drachen 3000 m; Registrierballon, noch nicht gefunden. — Kontchino. Registrierballon,
noch nicht gefunden. — Kasan. Drachen 1300 m. — Blue Hill. 6. Oktober, Drachen
2710 m. — Mount Weather. 5. Oktober, Drachen 1690 m.
8. November.
Trappes. Keine Nachricht. — Uecle. Gummiballon 12 800 m. — Guadalajara.
Papierballon 3420 m; Pilotballon. — Pavia. Registrierballon 23 890 m. — Zürich.
Gummiballon ca. 12 000 m; Nachtag Pilotballon 9000 m. — Straßburg. Gurnmiballon,
noch nicht gefunden; Vor- und Nachtag Pilotballons. — Hamburg. Drachen 3560 m,
Gummiballon 16 700 m. — Lindenberg. Drachen 6010 m; Gummiballon 18 610 m. —
München. (Met. Z.) Gummiballon 11 630 m. — Wien. Bemannter Ballon 4160 m; 7. November,
Bemannter Ballon 2560 m. — Pawlowsk. Drachen 1490 m; Registrierballon noch nicht
gefunden. — Koutchino. Kein Aufstieg. — Blue Hill. Kein Aufstieg. — Mount Weather.
Drachen 1610 m.
s*>
Aeronautik.
Medaillen -Vorschläge
für den deutschen Luftschiffer-Verband.
Gelegentlich der Tagung des deutschen LuftschifTer-Verbandes zu
Berlin am 14. Oktober 1906 wurde der daselbst gewählten Sportkommission
der Auftrag zuteil, die Frage zur
Schaffung einer Medaille in die Wege
zu leiten, indem zunächst bis 1. April
Vorschläge zu solchen gesammelt
und in der Verbandszeitschrift ver¬
öffentlicht werden sollten. Das Be¬
dürfnis nach solchen kleinen Kunst¬
werken kann selbstredend erst mehr
in die Erscheinung treten, sobald der
deutsche Luftschiffer-Verband mehr
den Wettflügen zwischen Ballons als
dem schönsten aeronautischen Sport
oder besonderen Rekordflügen erhöhte
Beachtung schenken wird.
Bisher liegen uns fünf Entwürfe
von aeronautischen Medaillen vor.
Abbildung 1 zeigt einen auf der
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg.
Klippe sitzenden Adler, der erschreckt
26
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zu einem zwischen Wolken fliegenden Ballon emporblickt. Den Hinter¬
grund bildet das endlose weite Meer. Das Motiv ist gefällig entworfen,
aber es ist nicht gerade neu.
Abbildung 2 zeigt einen auf einem Hengst über die Wolken jagenden
kühnen Jüngling, der den König der Lüfte, den Adler, überholt hat. OfTen-
Abb. 2. Abb. 3.
bar will der Künstler damit andeuten, daß der Mensch als Beherrscher der
irdischen Kraft nunmehr sich auch zum Herrn der Luft gemacht hat. Die
Darstellung will uns nicht recht gefallen, weil wir die Empfindung haben,
daß der Jüngling hinten von der Kruppe des Pferdes abgleitet. Wer sich
uHS am
Abb. 4.
Abb. 5.
nackt auf nacktem Pferde befindet, muß sich in der vorgestellten Lage an
der Mähne festhalten und außerdem noch sich mit Ober- und Unterschenkel
am Pfcrdeleibe gut fest klemmen. Eine derartige Darstellung, verbunden mit
dem Ausdrucke des Triumphes des Jünglings über den Erfolg, wäre lebendiger
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**►* 203 «m«
und besser gewesen. Vielleicht versteht der Künstler sich dazu, sie nach
dieser Richtung hin zu verbessern.
Abbildung 3 stellt eine geschmackvolle Rückseite vor.
Obige drei Entwürfe stammen von Herrn Bildhauer Alb. Mor. Wolff
in Berlin und sind uns durch die Firma A. Werner & Söhne, Berlin SW 13,
Alexandrinenstraße 14, eingesandt worden.
Abbildung 4 stellt einen eigenartigen Entwurf vor, der den Kampf der
Naturgewalten im Sinne der altgermanischen Vorstellungen vorführt.
Im Hintergründe schwebt der Ballon, im Vordergründe stürmt Thonar
auf seiner schwarzen Mähre heran, erzürnt den blitzbringenden Hammer
Miölnir gegen den Ballon schwingend, begleitet von kläffenden und heulenden
Wölfen.
Aber Freia, die Förderin der Kultur, tritt ihm in den Weg, sie wehrt
den verhängnisvollen Schlag ab und hält auch die Wölfe ab.
Die germanische Auffassung ist bestechend. Die Ausführung dramatisch.
Abbildung 5 zeigt uns ein ruhigeres Bild: Der Vergleich der alten und
der neuen Zeit. Der alte Wächter auf dem höchsten Turm schaut mit
seinem treuen Gehilfen, dem Hunde, erstaunt auf den aus der Tiefe empor¬
steigenden, an ihm vorüberfliegenden Ballon.
Die letzten beiden Entwürfe sandte die Firma L. Chr. Lauer, G. m. b. H.,
Nürnberg, Berlin SW, Ritterstraße 46. ©
Über die Nordsee.
Die Fahrt des «Ziegler» nach England 10.—11. April 1907.
Von Dr. K. Wegen er.
Die 6. meteorologische Ballonfahrt des Physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M.,
welche anläßlich des internationalen Termins vom April 1907 stattfand, hat dadurch
allgemeineres Interesse erregt, daß sie mit einer Landung in England endete. Bisher ist
es noch keinem Ballon gelungen, von Deutschland aus den Kanal, geschweige denn die
Nordsee, zu überfliegen.
Indessen würde man es einer meteorologischen Fahrt nicht gerade zum Verdienst
anrechnen können, daß sie ein rein sportlich, bzw. allgemein menschlich erstrebenswertes
Ergebnis, und dies obendrein nur durch Zufall gefunden hätte.
Die Bedeutung der Fahrt für den Meteorologen liegt vielmehr, ganz abgesehen
von den angestellten Beobachtungen, darin, daß das Experiment genau so verlief, wie
meteorologische Überlegungen dies hatten voraussehen lassen, und daß man so durch
eine glänzende Übereinstimmung zwischen Erwartung und Erfolg ein experimentum
crucis erhielt für die Richtigkeit der meteorologischen Voraussetzungen: es war, dies
mag im vorhinein betont werden, nicht ein blinder Glückszufall, daß die Fahrt nach
England führte und dort endete, vielmehr stand das Ergebnis vor Beginn geradezu
mit Notwendigkeit fest. Ein Tiefdruckgebiet lag über dem Kanal; die Bewölkung zeigte
uns, daß wir uns in seinem Bereich befanden. Ferner wiesen die Wetterkarten der
vergangenen Tage darauf hin, daß das Tiefdruckgebiet nach SE ziehen würde. Es war
zwar nicht ganz ausgeschlossen, daß wir in ungünstiger Richtung, etwa nach NW, auf die
Nordsee kommen, und uns so wenigstens in den Schein einer Gefahr begeben konnten;
aber mit großer Sicherheit konnten wir auf dauernde Linksdrehung unseres Kurses
rechnen, darauf also, daß wir England erreichen würden.
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Als der Ballon um 8 Uhr 10 Min., in dunkler Nacht, von Bitterfeld aus mit 1440 cbm
Wasserstoff vollgefüllt, und mit 32 Sack Ballast belastet, aufstieg, war es bei der hohen
Geschwindigkeit und dem westnordwestlichen Kurse, welchen wir sogleich verfolgten,
klar, daß wir spätestens am nächsten Morgen die Nordseeküste erreichen würden.
So stand denn der Plan einer Überfahrt bei der Abfahrt schon fest. Die Person
des mitfahrenden Herrn Koch aus Frankfurt gab die Gewähr, daß von dieser Seite
keine Schwierigkeiten erhoben werden würden.
Unangenehm wurde uns das Überfliegen des Harzes; nicht nur wurden dadurch
naturgemäß einige Ballastopfer bedingt, sondern es wurde auch aufreibend für uns,
ununterbrochen einen Hügelrücken nach dem anderen vor uns in die Höhe wachsen zu
sehen, und darauf gefaßt zu sein, mit dem Schlepptau und dem Korbe in die Baum¬
kronen aufzusetzen. Bei der hohen Windgeschwindigkeit ging es natürlich ohne energische
Wirbelbildung der Luft über den engen Tälern nicht ab. Am stärksten w T aren zu unserer
Überraschung die Vertikalbewegungen auf der Leeseite des Gebirges, als wir uns schon
über flacherem Land befanden. Am NW-Abhange des Harzes gelang es uns, endlich
Orientierung zu bekommen. Während wir bisher nur aus dem raschen Vorbeihuschen
der Lichter auf eine hohe Geschwindigkeit und nach den Beobachtungen des Kompasses
auf WNW-Richtung geschlossen hatten, erkannten wir nunmehr Alfeld a. d. Leine und
später Hameln a. d. Weser. Merkwürdigerweise wurden unsere Kompaßbeobachtungen
durch die wahren Örter des Ballons durchweg bestätigt, während die Kompalibestimmungen
im Freiballon sonst auch
nach meinen Beobach¬
tungen nicht gerade
immer als sehr zuver¬
lässig gelten dürften.
Wir flogen in geringer
Höhe in der völlig
finsteren Nacht in der¬
selben Richtung und
Geschwindigkeit weiter,
sodaß wir um 5 Uhr 23
morgens mit Beginn der
Dämmerung an der hol¬
ländischen Küste stan¬
den, am Nordausgange
der Zuidersee. Die
letzten Stunden waren wir in einer gleichmäßigen Höhe von 250 m geflogen, indem
wir auf der schweren Bodenschicht schwammen, welche sich durch die Ausstrahlung,
der Erde während der Nacht gebildet hatte. Es war Tag geworden, als wir dann zum
letzten Male auf viele Stunden über Land fuhren, und zwar über die Südspitze von Texel :
die brausende Nordsee lag nun unter uns auf voraussichtlich 7—8 Stunden.
Das «Amsterdamer Handelsblatt» vom 11. April aber meldete mittags seinen
Lesern unter der Überschrift «Luchtballon naar zee gedreven», daß ein Luftballon durch
den «krachtigen Oostenwind» zur Nordsee getrieben sei, und schloß «Hoogstwaarschijnlijk
zal de ballon in de Nordzee terecht körnen». 1 )
Über der See kam der Ballon langsam ins Steigen unter der wärmenden Wirkung
der Sonnenstrahlen, bis er schließlich in einer Höhe von ca. 2000 m im Gleichgewicht
war. Um 9 Uhr schloß sich unter uns eine Nebeldecke dichter und dichter zusammen
und entzog uns den Anblick der schäumenden See und der schwer arbeitenden und
mit einem Wall von Schaum umgebenen Schiffe, welche wie zierliches Spielzeug unter
l ) Diese Notiz hatte wohl mehrere Zeitungen veranlaßt, am Abend mitzuteilen, daß ein Ballon ins
Meer getrieben sei.
- Fahrt des Dr. K. Wegener vom 10.—11. April 1907.
■ Fahrt der Mrs. Harbord vom 21. Febr. 1907.
— — — — Fahrt der Mrs. Harbord vom 25. Febr. 1907.
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üns fortzogen. Wir nahmen nun keine Bewegung mehr wahr, sondern standen scheinbar
über dem Wolkenteppich still. Kurz vor 12 Uhr tönte anstatt des gleichmäßigen bis¬
herigen Brausens der See dumpfes Donnern zu uns herauf. Wir schlossen daraus, daß
wir über der englischen Küste standen. Zwecks Orientierung ließen wir deshalb den
Ballon fallen, sobald er sinken wollte. Als es unter uns licht wurde (12 Uhr 4 Mittags)
und wir aus den Wolken herauskamen, stellten wir fest, daß wir in der Landschaft
Norfolk den von Osten nach Westen laufenden Teil der Nordküste entlang flogen. Die
Drehung nach links, welche wir erwartet hatten, war also wirklich erfolgt.
Dieselben Gründe, die eine Fahrt nach England möglich machten, ließen nun aber
auch eine Weiterfahrt, etwa nach Irland, bedenklich erscheinen. Die gleichmäßige Links¬
drehung mußte sich nach dem, was wir von der Wetterlage wußten, mehr oder weniger
gleichmäßig fortsetzen, sodaß wir darauf rechnen konnten, südlich von Irland auf den
Atlantischen Ozean zu kommen. Der andere Ausweg über dem schmalen Inselland
einen Hochaufstieg auszuführen, um so wenigstens den Ballast im Sinne der simultanen
aeronautischen Aufstiege auszunutzen, war aus dem Grunde nicht unbedenklich, weil
erfahrungsgemäs der Ostwind nicht in größere Höhen hinaufreicht, und über ihm oft
genug schon ein frischer W- oder SW-Wind gefunden wurde. Bei der Unmöglichkeit
aber, über der geschlossenen Wolkendecke eine derartige, der bisherigen fast entgegen¬
gesetzte Bewegung rechtzeitig bzw. überhaupt zu erkennen, hätte ein Hochaufstieg nur
zuleicht mit einer Katastrophe in der See enden können. So schien der Landungs¬
entschluß in England zweckmäßig. Wir überflogen noch in einer Stunde die von Sand¬
bänken durchzogene Wasserwüste des Wasb, wobei wir dicht über einem Feuerschiff
weggingen, und landeten nach niedriger Fahrt über die englische Gartenlandschaft
(sogenannte «negative* Fahrt: der Ballast war ja ohnehin verloren) mit einer sehr
flotten Schleiffahrt, nachdem wir die Stadt Leicester überflogen hatten, in einem Vororte
Anderby, südwestlich derselben, um 4 Uhr 20 Min. (mitteleuropäische Zeit) nachmittags.
Die Fahrt hatte also 20 Stunden 10 Min. gedauert.
So interessant aber das Ergebnis der Fahrt als experimentum crucis in wissen¬
schaftlicher, und als neue Leistung in sportlicher Beziehung, sein mag, so sei doch
auch einmal auf den Gegensatz zwischen Sport und Wissenschaft hingewiesen. Aus
Rücksicht auf den sportlichen Charakter der Fahrt, welcher die Voraussetzung für diese
gebildet hatte, wurde die Landung bei Leicester erforderlich, denn alles, was in sport¬
licher Beziehung erreicht werden konnte, war erreicht und jeder Schritt weiter hätte
das gerade Erworbene wieder aufs Spiel gesetzt, ohne weiteren Gewinn bringen zu können.
Wir wären mit ziemlicher Sicherheit bei einer Fortsetzung der Fahrt südlich Irland
auf die See getrieben, und ob wir dann jemals wieder Land gesehen hätten (Westfrank¬
reich oder Spanien), war zweifelhaft. Der Führer war daher durch die Rücksicht auf
das Blut und Gut, das seinen Händen anvertraut war, trotz der noch vorhandenen großen
Ballastmengen, genötigt, in England zu landen. Das wissenschaftliche Interesse hingegen
hätte vielleicht gerade hier erst begonnen, wo es sich um ein Umfliegen einer Depression
handelte. Der Sport will eben doch schließlich nur die vorhandenen Erfahrungen aus¬
nutzen, die wissenschaftliche Forschung hingegen soll diese schaffen und erweitern: ein
innerer Gegensatz, über welchen man sich nicht wird hinwegtäuschen können. Der Physi¬
kalische Verein muß sich aber, da es ihm zu selbständigerem Arbeiten an Mitteln fehlt, in
der bisherigen Weise zufrieden geben, nur nebenbei der Wissenschaft zu dienen, und
wenigstens kleine Beiträge zur Erforschung der Atmosphäre zu liefern, wo ihm selbständige
rein wissenschaftliche Forschung aus finanziellen Gründen versagt ist.
Aber selbst ein Ergebnis, wie das vorliegende, wird man nicht oft erreichen
können. Der Mitfahrende wird in der Begel nicht die erforderliche meteorologische
Schulung besitzen, um der Situation überlegen gegenüber zu stehen. So wird bei ihm
stets sehr viel mehr persönlicher Mut und Unternehmungslust notwendig sein zur Über¬
windung schwieriger Lagen, als bei dem Führer, und nur zu häufig wird dieser auf
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die Durchführung eines vielleicht aussichtsreichen Planes verzichten müssen, weil der
Mitfahrende eine Gefahr scheut, oder ihr unwissend gegenübersteht.
Das wissenschaftliche Ergebnis der Fahrt wird in der Meteorologischen Zeitschrift
veröffentlicht werden.
Zweimal über den Kanal.
Von Mrs. Assheton Harbord, mit Genehmigung der Verfasserin übersetzt von Josephine Elias.
Ich hatte schon lange Zeit, eigentlich schon seit meiner ersten Ballonfahrt, den
glühenden Wunsch, im Ballon über den Kanal zu fliegen, und dieser Wunsch wurde un¬
widerstehlich, als ich Besitzerin eines dieser famosen Fahrzeuge geworden war. Der
Kanal und seine Überfliegung hatten wirklich solche Gewalt über mich bekommen, daß
mein Ehrgeiz darin gipfelte, die erste meines Geschlechtes zu sein, welche in der Nacht
im eigenen Ballon den Kanal kreuzte.
Aber zu diesem Wagnis braucht man kräftigen Wind, der auch beständig bleibt,
und dem es nicht einfällt, seine Richtung unterwegs zu ändern, und einen nach Rußland
auf der einen Seite, oder auf die Scilly-
Inseln nach der anderen Seite zu treiben.
Am 20. Februar endlich schienen Wind¬
richtung und Geschwindigkeit günstig,
so daß ich meinen Ballon füllen ließ
und alle Kleinigkeiten vorbereitete, nicht
zu vergessen heißen Kaffee in meinen
«Thermos», den ich nicht genug loben
kann, denn trotz heftiger Kälte hielt er
den Kaffee beinahe 10 Stunden kochend.
Bei unserer Ankunft in Chelsea
blies der Wind leider in so heftigen
Stößen, daß der Aufstieg für uns und
die Gebäude in der Nähe etwas ge¬
fährlich geworden wäre, daher mußten
wir uns vorläufig gedulden.
Aber am Abend des 21. Februar
konnten wir, Mr. Pollock, dessen fünfte
Kanalüberquerung es wurde, und ich,
Mr. Shorts Platz um 10 60 verlassen, mit
13 Sack Ballast von je 20 kg an Bord,
direkt über den höchsten Gasometer
hinweg. Gasometer sind zum Füllen
sehr angenehm, aber wenn dies ge¬
macht ist, würde man sie am liebsten
verschwinden lassen.
Es war eine prachtvolle Mond¬
nacht. Der Wind blies mit ungefähr
13 m p. Sek., und wir berechneten, daß,
im Falle er so bleibt, wir die Küste in
der Nähe von Dover in ungefähr 3 Stunden erreichen könnten, was sich als richtig erwies.
Ehe wir an die Küste kamen, schleppten wir einige Zeit, und 10 Minuten vor 2 Uhr morgens
verließen wir Englands Gestade zwischen South Forland und Dover, immer noch am Tau.
Schleppen ist eine feine Erfindung, denn es balanciert den Ballon aus, so daß man lange
Zeit ohne Ballast fahren kann. Aber oft ist es doch klüger, etwas Ballast zu opfern und hoch
über anderer Leute Schornsteine wegzulliegen. Das Schlimmste beim Schleppen über Land
Aus Ballooniug und Aeronauties.
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sind die Leute, welche beim Anblick eines Schlepptaues sofort denken, daß sie es fest-
halten sollen, und die sehr empört sind, wenn man nicht daran denkt, bei ihnen zu
landen. Wir gingen nun auf 1200 m und genossen das reizende Bild einer Mondnacht
über der See. Der Dampfer von Calais nach Dover war direkt unter uns, aber wir zu
hoch, um zu hören, was die Mannschaft und die Passagiere über uns sagten oder dachten.
Wahrscheinlich hatten die Passagiere genug an sich zu denken und hatten reichlich mit
den Unannehmlichkeiten einer bewegten See zu tun, und diejenigen, denen das be¬
wegungslose Dahinschweben eines Ballons bekannt ist, was nur recht wenige wissen,
haben uns wahrscheinlich um unsere Reise beneidet, die durch kein Rollen und Stampfen
und kein Fauchen der Maschine gestört wurde. Um 3 Uhr morgens, oder vielmehr einige
Minuten später, waren wir drüben und hatten wieder trockenes Land unter uns; der
Mond ging unter, und wir waren in einer Dunkelheit, die man tatsächlich greifen konnte;
wir fühlten uns abgeschnitten von allem. Zwischen 4 80 und 5 Uhr morgens passierten
wir Lille, das noch ausgezeichnet beleuchtet war (die Stadt mußte heute sehr lange auf¬
geblieben sein). Um 6 80 begann es zu dämmern, und als es allmählich heller und heller
wurde, sahen wir, daß wir über einem weiten unübersehbaren Wolkenmeere schwebten,
das sich völlig unter uns geschlossen hatte und in dem die Sonne bei ihrem Aufgange ein
wunderbares Farbenspiel in Gold und Orange hervorzauberte. Aber bald, leider, fing es
an zu schneien, und es hörte nicht wieder auf. Der Wind war schon früher westlicher
geworden und wir taxierten, daß uns nicht die französische Mutter Erde in Empfang
nehmen würde; wir gingen also zur Rekognoszierung hinunter. Wir sahen bald endlose
wüste Landstrecken mit Schnee bedeckt, aber keine Spur von menschlicher Ansiedlung.
Als endlich ein Ort in Sicht kam, entschlossen wir uns, zu landen, denn es war recht
kalt. Wir landeten dann bei Stavelot, nahe Spa ; ich war dabei in nicht geringer Sorge
um meine «Nebula», denn das Land war mit einem Netz von Drähten überzogen. Wir
hatten vor der Landung noch 5 Sack Ballast, mit denen wir noch weit nach Europa
hineinfliegen konnten, aber wir waren 10 Stunden unterwegs gewesen und hatten an
300 km zurückgelegt, und Ruhe tat uns not.
So war nun mein Wunsch erfüllt, als erste Dame im eigenen Ballon über den
Kanal gegangen zu sein. Aber — der Appetit kommt beim Essen, und schon drei Tage
später lag Mr. Shorts Platz schon wieder unter mir, diesmal um 1 Uhr mittags Ich
fuhr in Begleitung von Mr. Griftith Brewer in dessen 1200 cbm großem Ballon «Lotus*.
Wir hatten festgestellt, daß der Wind unten fast rein aus West kam und mit etwa
5—8 m p. Sek. wehte; die Wolken zogen aber aus Nordwest mit etwas größerer Ge¬
schwindigkeit. Wir konnten neun 20 kg-Säcke Ballast mitnehmen, außerdem hatten wir
noch als Notballast 80 m Schlepptau und den Anker. Der Ballon flog mit einer Ge¬
schwindigkeit von 12 m p. Sek. und brachte uns in 2 Stunden 20 Minuten an die Küste,
die wir zwischen Folkestone und Durgeness verließen. Ungefähr 1—2 km vor der Küste
setzte das Tau auf und balancierte den Ballon in etwa 30 m Höhe aus. So gingen wir
über den Strand auf die See hinaus. Das Tau zog eine lange weiße Schaumlinie hinter
sich her, die, wie wir mit dem Kompaß feststellten, von West nach Ost ging. Das war
nun etwas ungemütlich, denn nach Frankreich konnten wir so nicht kommen, wir konnten
zur Not, wenn der Ballast reichte, die belgische Küste in etwa 2*/* Stunden erreichen.
Aber wir hatten durchaus nicht die Absicht, dies zu riskieren, und so warfen wir etwas
Ballast, der den Ballon in die Wolken hinaufbrachte, welche Land und See nun ver¬
hüllten. Eine halbe Stunde waren wir schon in den Wolken, nichts verriet uns den
Kurs des Ballons, die Unterhaltung stockte, die peinlichen Pausen wurden immer länger,
uns beherrschte nur ein Gedanke. Das Gelingen der Fahrt hing davon ab, daß der
Nordwest, den wir über dem Lande gefunden hatten, auch über der See herrschte. War
dies nun der Fall, oder hatte sich der günstige Wind über der See gedreht? Jetzt horten
wir ein dumpfes Donnern, es wurde allmählich stärker und kam nicht nur von einer
Richtung her; und als es noch stärker wurde, nahmen wir als sicher an, daß es nur
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von der Brandung an der französischen Küste her rühren könnte, selbst wenn sie noch
20 km entfernt war. Wir ließen den Ballon langsam fallen, kamen endlich aus den
Wolken heraus, aber, so weit wir sehen konnten, kein Land, nur Wasser überall. So¬
bald wir die See sahen, machten wir nach den Schaumköpfen mit Hilfe des Kompasses
Kursbestimmungen und fanden zu unserer Beruhigung, daß wir auch in 1000 m Höhe
noch nach Südost flogen. In 700 m Höhe dagegen fanden wir auch jetzt wieder reinen
Westwind. Unter uns bemerkten wir kleine Fischerboote mit braunen Segeln, die nach
ihrem Kurs nur von Frankreich kommen konnten. Um 4 Uhr nachmittags kam Kap
Griz-Nez in Sicht, zur Rechten konnte Boulogne erkannt werden, etwa 10 km südlich
von uns. Wir passierten das nette kleine Dorf Audreselles, und obwohl wir hier landen
konnten, entschlossen wir uns, doch etwas näher an eine Bahn heranzufahren.
Bei Marquise führten wir eine schöne leichte Landung mit noch 3 1 /* Sack Ballast
aus und wurden von der Bevölkerung stürmisch begrüßt mit unendlich vielen «C*est-y-Dieu
possible» und «Sont ils fous. ces Anglais». Viele hilfreiche Hände standen uns beim
Verpacken und Verladen unseres Ballons zur Verfügung, der wieder eine schöne Fahrt
von 3 Stunden 40 Minuten hinter sich hatte.
Aeronautische Übersicht.
Ballonunfall des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt. Der Ballon
«Rhein» des Nieder rheinischen Vereins für Luftschiflahrt sollte am 2. Mai vormittags
gegen 9 Uhr von dem Aufstiegplatz an der Zollstraße in Barmen aufgelassen
werden. Der Ballon war bereits am Abend vorher auf dem Bahnhof Rittershausen ein¬
getroffen, kam aber erst um 9 Uhr auf dem Aufstiegplatz an, so daß das Fertigmachen
und die Füllung bis gegen 11 Uhr dauerte. Die Windverhältnisse waren für eine flotte
Fahrt sehr günstig, so daß keiner der auf dem Aufstiegplatze anwesenden drei Führer
des Vereins auf den Gedanken kam, daß die Fahrt besser unterbliebe. Nachdem der
Ballon gefüllt war, erhoben sich einzelne Böen, doch gingen die Schwankungen des
Ballons nicht über das durchschnittliche Maß hinaus. Erst als alles zum Aufstieg fertig
war, kamen einige stärkere Windstöße, so daß die Haltemannschaften alle Kraft anwenden
mußten, um den Ballon festzuhalten. Der Unteroffizier, welcher den Ballon fertig gemacht
hatte, war noch mit dem Befestigen der Instrumente beschäftigt, und die Mitfahrenden
waren gerade eingestiegen; da befahl der Führer, Herr Hauptmann von Rappard, den
Ballon einige Meter zurückzubringen, um in der Fahrtrichtung eine freiere Bahn zu haben.
In diesem Augenblick setzte plötzlich ein so starker Windstoß ein, daß einige der Halte¬
mannschaften den Ballon losließen; die Folge war, daß die übrigen auch nicht mehr
festhalten konnten und der Ballon vom Winde mitgenommen wurde. Er prallte nun
zunächst gegen die Einzäunung des Bahnkörpers, und bei dieser Gelegenheit fielen zwei
der Mitfahrenden, ohne einen Schaden zu nehmen, heraus. Der Unteroffizier zog sofort
die Reißbahn, um eine weitere Fahrt des Ballons zu verhindern, und so flog der Ballon
nur über den Bahnkörper hinweg bis zur Stennertbrücke, wo der Korb auf dem Gerüst
der Schwebebahn stehen blieb und der Ballon, welcher mittlerweile leer geworden war,
auf der anderen Seite des Schwebebahngerüstes herunterhing. Außer dem Unteroffizier
war noch ein Herr in dem Korb gewesen, der nun völlig unversehrt an dem Pfeiler der
Schwebebahn heruntersteigen konnte, während der Unteroffizier, der gleichfalls nichts
mitbekommen hatte, die Leinen des Ballons von dem Korbe löste, damit mit den
Bergungsarbeiten begonnen werden konnte. Mit Hilfe der Feuerwehr und einiger Leute,
welche sich zur Hilfe erboten hatten, wurde der Ballon zunächst von dem Gerüst der
Schwebebahn in die Wupper heruntergelassen und dann nach längerer angestrengter
Arbeit, hei der sich die Mannschaften der Feuerwehr vorzüglich bewährt haben, aus der
Wupper heraus aufs trockene Land gezogen. Der Schaden am Netz des Ballons ist er¬
heblich, während der Ballon selbst wieder repariert werden kann. Bedauerlich ist der
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Ausfall der Fahrt hauptsächlich deshalb, weil es eine wissenschaftliche Fahrt sein sollte*
Es ist freudig zu begrüßen, daß Verletzungen weder bei den Insassen des Ballons, noch
bei den Haltemannschaften oder Zuschauern vorgekommen sind. 0. Erbslöh.
Die französischen Klubs hatten im Jahre 1906 folgende sportlichen Leistungen auf¬
zuweisen :
An erster Stelle steht der «A6ro-Club de France* (Paris), der allein 82°/o der Auf¬
fahrten in Frankreich ausgeführt hat. Er hat 82 Führer, die 1906 400 Aufstiege (1905:
288) ausführten, bei denen 468000 cbm Gas verbraucht wurden. Die Zahl der Mitfahrenden
dabei war 1002 (1905: 778), darunter 92 Damen. Die Gesamtzahl der Kilometer war
44 400 km, die in 1753 Stunden zurückgelegt wurden. Seit seiner Gründung hat der
A6ro-Club de France überhaupt 1607 Auffahrten mit 4390 Passagieren unternommen,
die insgesamt 194 229 km in 8063 Stunden mit einem Gasverbrauch von 1 846 350 cbm
durchfuhren. Die Flotte des A6ro-Club de France umfaßt z. Z. 104 Einheiten. Mit
diesen Zahlen steht der A6ro-Club de France an der Spitze sämtlicher Luftschiffer¬
vereine der Welt.
Der «Adronautique Club de France» (Paris) hat, wie bereits in Heft 4 mitgeteilt
wurde, 1906 98 Aufstiege mit 250 Personen und 87 000 cbm Gas veranstaltet.
Der «A6ro-Club du Sud-Ouest» (Bordeaux), gegründet vor 3 Jahren, führte 1908
68 Aufstiege mit 162 Personen (darunter 30 Neulingen) und 62 000 cbm Gas aus.
In der folgenden Tabelle sind die Leistungen der französischen Vereine denen der
deutschen und des amerikanischen Vereins gegenübergestellt:
Anzahl
der
Fahrten
Zahl der
Mit¬
fahrenden
Ba
km
Hon
Stunden
Gas¬
verbrauch
Zahl der
Fahrzeuge
Deutscher Luftschiffer¬
verband .
221
37 208
1395
258 410
17
Berliner Verein f. Luft¬
schiffahrt .
78
266
17 788
532
86 900
6
Niederrhein. Verein für
Luftschiffahrt....
64
208
9 823
387
91 776
3
3 franz. Vereine zusam.
566
1414
—
—
617 400
—
A6ro-Club de France . .
400
1002
44400
1753
468 400
104
Aeronaut. Club de France
98
250
—
—
87000
—
A6ro-Club du Sud-Ouest
68
162
—
—
62 000
8
Aero- Club of America .
33
70
1981
-—
33 930
Drachen znm Heben von Menschen werden in England vielfach versucht. Nach
einem vom Major Baden-Powell in der Royal Meteorological Society gehaltenen Vortrag
ist es jetzt gelungen, Beobachter bis zur Höhe von 3000 Fuß (etwa 1000 m) zu heben.
In dieser Höhe sind die Beobachter fast völlig aus dem Bereiche der Gewehrkugeln und
praktisch unsichtbar. Auch in Frankreich fängt man neuerdings an, Drachen als Ersatz
des bei Wind unstabilen Kugelfesselballons anzuwenden. Ein von Kapitän Dorand in
Meudon versuchter Drache, welcher bisher nur mit Ballast aufgelassen wurde, soll sich
als sehr stabil erwiesen haben.
Der Etat des Deutschen Reiches 1907 sieht zum ersten Male Mittel zur Förderung der
automobilen Luftschiffahrt vor und zwar beim Etat des Reichsamt des Innern 500000 Mk.
für den Bau einer schwimmenden Ballonhalle für das Zeppelinsche Luftschiff, sowie zur
Anstellung von Versuchen. Die Halle geht in das Eigentum des Reiches über. Wie all-
Illustr. Aeronaut Mitteil. XI. Jahrg. 27
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jährlich wurde auch diesmal wieder ein Jahresbeitrag zu den Kosten der internationalen
Kommission für wissenschaftliche LuftschifTahrt eingestellt, der bereits vom Reichstag
bewilligt wurde.
Eine Andree-Plakette hat die Gesellschaft für Anthropologie und Geographie in
Stockholm zur Erinnerung an den unglück¬
lichen Luftschiffer gestiftet, welche beim
Schriftführer der Gesellschaft erhältlich ist.
Bemerkenswerte Freiballonfahrten. Am
18. März er., 4 Uhr 48 Min. nachm., fuhr
Vicomte Ch. de Lirac von Bordeaux in Be¬
gleitung von M. Scharf im Ballon «Fernandez
duro» (1200 cbm) ab und landete am anderen
Morgen 8 Uhr 20 Min. bei Trayaz nahe Cannes
unmittelbar am Mittelländischen Meer. Die
Fahrt ging im wesentlichen geradlinig bis süd¬
lich von Lyon und bog dann scharf nach
links ab. Etwa um 4 Uhr morgens kam der
Ballon in die Alpen, die vollständig überflogen
wurden, indem der Ballon im allgemeinen
den Tälern folgte. Die Länge der Fahrt be¬
trug in der Luftlinie 615 km (Fahrtkurve
800 km) und dauerte 21 Stunden 30 Min.
Der «Aigle», der zuzeit größte franzö¬
sische Ballon (4150 cbm), Besitzer Jacques
Balsan, machte am 27. April eine Fahrt und
trug dabei 10 Personen. Er landete nach
6stündiger Fahrt um 1 Uhr 30 Min. nachts.
Eine vorzügliche Leistung vollbrachte am 27./28. April Georges Baus in dem
kleinen, nur 430 cbm fassenden Ballon «Micromegas». Mit 75 kg Ballast fuhr er
11 Stunden 35 Minuten, wobei 301 km in der Luftlinie zurückgelegt wurden. Abfahrt
von Paris, Landung bei Persac (südöstl. Poitiers). Ein solcher Ballon, mit dem man,
wie man sieht, sehr hübsche Fahrten bei nur geringen Kosten ausführen kann, kostet
in Frankreich kaum 500 Mk. E.
Geschichtliches.
Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren
der Ballon-Aera (1785).
Nach authentischen Berichten gesammelt von Max Le her-Augsburg.
(Fortsetzung aus Heft 4.) (Nachdruck verboten.)
Trotz aller Teilnahme ging man in Paris über diesen Vorfall bald
wieder leichtfertig hinweg und lachte herzlich über folgende Grabschrift auf
Herrn Pilatre, welche ein Witzbold zum Zeitvertreib zum besten gab:
Ci-git qui mourut dans les airs,
Et qui pour une mort, si peu commune,
Merite aux yeux de Tunivers
D’avoir son tumbeau dans les airs.
Andree-Plakette.
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In England entfaltete sich im Jahre 1785 eine rege Tätigkeit auf
aeronautischem Gebiet. So unternahm am 3. Januar zu Birmingham ein
gewißer John Harper mit einem von ihm gefertigten Luftball eine Auffahrt.
Es regnete gerade sehr heftig, allein in 5 Minuten war Harper über dem Gewölk
und befand sich nun in heiterer Atmosphäre und angenehmem Sonnenschein.
Bei Millstone-Green in Staffordshire, 50 englische Meilen von Birmingham,
ließ er sich nieder und brachte die Nacht zu Lichfield zu, wo bei seiner
Ankunft das Volk die Pferde vom Wagen spannte und ihn im Triumph in
die Stadt zog.
Am 7. Mai unternahm Blanchard von London aus seine 8. Luftreise
mit seinem Ballon, an dem ein Apparat angebracht war, mit Hilfe dessen
er gegen den Wind segeln zu können glaubte. «Es läßt sich zwar nicht
behaupten,» heißt es im Bericht, «daß Blanchard mit Erfolg gegen den
Wind gesteuert habe, allein es haben Tausende von Menschen bemerkt,
daß er mehrere Stunden lang mit einem Strick die beiden Windflügel
dirigiert habe, die am Schiffchen angebracht waren. Er hat sich an dem
Orte, wo er aufstieg, willkürlich herabgelassen und bei seiner Auffahrt des
öftem sich bald auf die eine, bald auf die andere Seite herumgedreht, ohne
daß ihn der Wind dazu zwang. Bei seiner Landung wurde er vom Volke,
das seine Freude bezeugen wollte, fast erstickt». Am 10. Juni fuhr Blanchard
mit seinem Luftball nach Woolwich hinunter, wobei er sich so tief herunter¬
ließ, daß man glaubte, er würde in der Themse ertrinken. Doch in dem
Augenblick, als einige Fahrzeuge auf den Untersinkenden lossteuerten, erhob
sich der Ballon wieder aufs prächtigste und kam zuletzt in nächster Nähe
von Woolwich nieder. Die Offiziere beobachteten die Fahrt mit großem
Interesse und luden Blanchard zu Tische. Auf dieser Fahrt stellte Blanchard
erfolgreiche Proben mit seinem Fallschirm an, und eine Katze, die er aus
einer beträchtlichen Höhe mit dem Schirm herunterließ, kam unbeschädigt
zur Erde.
Verschiedene kühne Ballonfahrten wurden in diesem Jahre auch von
englischen Offizieren unternommen. So unternahm anfangs Juni ein Herr
Sadler, der sich auf diesem Gebiet bereits einen Namen gemacht hatte, zu
Manchester mit seinem selbstkonstruierten Ballon eine Auffahrt. Er stieg
nach seinem Bericht so hoch, daß er die Erde aus den Augen verlor und
nur den Schatten seines Ballons auf den Wolken sah. Da bei seiner Landung
niemand gegenwärtig war, um Beistand zu leisten, so litt der Ballon
zwischen den Bäumen und Büschen sehr.
Um diese Zeit stiegen die Majore Lockwood, Money und Slowley aus
London auf. Sie schwebten lange Zeit über der Riesenstadt, plötzlich aber
verloren sie sieh in den Wolken. —
Zu Norwich stieg ein Herr Decker auf, trotzdem ein Gewitter am
Himmel stand. Gleichwohl kam er 10 Meilen von Norwich unbeschädigt
herunter. — Von Dublin aus meldet man, daß am 19. Juli ein Herr
Crosby mit seinem Luftball aufgestiegen sei, in der festen Absicht, die
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Luftreise über den Irischen Kanal nach England auszuführen. Er hatte
aber mit allerlei widrigen Luftzufällen zu kämpfen, was von White Heaven
aus beobachtet wurde. Zuletzt bemerkte man sogar, daß Herr Crosby aus
einem Luftschiffer ein Seefahrer geworden sei. Aber unser Held war auf
solchen Zufall schon gefaßt. Er hielt sich standhaft in seinem Schiffchen,
daß er mit allerlei Luftschläuchen versehen hatte, über den Wellen; so
fuhr er, wie er wenigstens versicherte, ganz regelmäßig und mit stetig
steigender Geschwindigkeit auf das gewünschte Ziel zu, das er vielleicht
erreicht hätte, wenn ihn nicht ein großes Schiff an Bord genommen und
so um seinen Triumph gebracht hätte. Um 10 Uhr abends war Crosby
statt in London wieder in Dublin. Am folgenden Tage wurde er vom
Vizekönig zur Tafel gezogen, wobei er erzählte, wie gut er sich sein
gebratenes Hühnchen auf hoher See habe schmecken lassen, welches aber
eigentlich zu einer Mahlzeit im Luftmeere bestimmt war.
Am 23. Juli hätte Major Money zu Norwich, bald ein trauriges Ende
gefunden. Lassen wir ihn hierüber selbst erzählen: «Verflossenen Samstag,
um 4 Uhr abends, ging ich mit meinem Ballon in die Höhe. Der Wind
trieb mich ostwärts gegen die Nordsee und alle meine Anstrengungen, die
brennbare Luft schnell zum Entweichen und dadurch die Maschine zum
Sinken zu bringen, waren vergebens. Nach dreistündiger Irrfahrt in der
Luft fiel zuletzt mein Ball richtig ins Meer. Ich hielt mich, so gut ich
konnte, an demselben fest; aber jemehr er brauchbare Luft verlor, desto
mehr sank er, und ich mit ihm. Gleichwohl ließ ich meinen Mut nicht
sinken. In nicht zu weiter Entfernung von mir fuhr ein holländischer
Segler vorbei, aber man bemerkte mich nicht oder wollte es nicht. Kurz
und gut, man überließ mich meinem Schicksal, wobei meine Lage immer
schrecklicher wurde. Zudem war es Nacht geworden, und mit dem
Schwinden des Tageslichtes gab ich meine letzte Hoffnung auf. Ich fing
nun an, Herrn Pilater und Romain um ihr schnelles Ende zu beneiden.
Unterdessen hielt ich mich noch immer am Ballon fest, aber zuletzt waren
meine Kräfte so sehr erschöpft, daß ich kaum noch Atem holen konnte,
als der englische Kutter «Argus» mich um 11 Uhr nachts entdeckte und
mich rettete. An Bord gebracht, wurde ich bewußtlos, und es dauerte
geraume Zeit, bis ich mich wieder erholte. Nur meiner großen Lebenskraft
habe ich es zu verdanken, daß ich mich so lange über den Wellen erhielt,
sonst wäre ich eine Beute des Todes geworden».
Blanchard unternahm seine Reisen nicht allein im Interesse der
Wissenschaft, das Hauptmotiv war der finanzielle Erfolg, und da dieser im
Laufe der Zeit auf englischem Gebiet immer schwächer wurde, so kehrte
der Franzose den Engländern den Rücken und reiste nach Holland hinüber.
Alsbald eröffnete er im Haag eine Subskription, das Billett zu 1 Dukaten.
Da das Ergebnis ein überaus günstiges war, so sandte Blanchard derartige
Einladungslisten auch nach Amsterdam, Rotterdam und anderen Städten
voraus. Auch in deutschen Städten, vorerst im reichen Frankfurt, ließ er
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seinen baldigen Besuch ankündigen, vorausgesetzt daß sich ein befriedigender
Billettverkauf ergebe.
Am 12. Juli unternahm Blanchard vom Haag aus seine 12. Luftreise.
Es hatten sich mehrere Passagiere gemeldet, welche Blanchard gegen Erlag
von je 300 frs. mitzunehmen versprochen hatte. Aber da sich die Füllung
unerwartet lange hinauszog, so beschloß Blanchard, den Ballon nicht ganz
zu füllen und auch nur einen Reisegefährten mitzunehmen. Die Wahl fiel
durchs Los auf Herrn Honinkton. Erst um 1 /* 8 Uhr abends bestiegen die
LuftschifTer den Nachen. Beim Aufstieg stieß der Ballon an einen hohen
Kamin. Die Zuschauer waren voll Entsetzen. Aber der Ballon erhob, sich
nunmehr prächtig gegen Süd-Ost und war nach einer halben Stunde ver¬
schwunden. Gegen 9 Uhr ließen sich die LuftschifTer 2 Stunden von
Rotterdam auf einer Wiese, 1000 Schritte von einem Kanal nieder. Der
Besitzer des Grundstückes empfing die seltenen Gäste nicht besonders
freundlich; denn er eilte mit einem Haufen bewaffneter Bauern herbei und
forderte mit Ungestüm 10 Dukaten als Entgelt für den an der Wiese ange¬
richteten Schaden, der aber ganz unbedeutend war. Blanchard wollte sich
bei dem Bauern in verbindlichster Weise entschuldigen, aber letzterer gab
nichts darauf, da er ja kein Wort Französisch verstand. Schon war er
daran, mit seinen Begleitern die Luftkugel und das Schiffchen aufzuspießen
und zu zerschlagen, als es Blanchard gelang, dem Bauern in gebrochenem
Holländisch begreiflich zu machen, er wolle ihm auf der Stelle einen
Schein ausstellen, daß er am nächsten Tage von ihm sogar 20 Dukaten
als Entschädigung erhalten solle. Damit gab sich der Bauer zufrieden, und
Blanchard schrieb auf Französisch folgenden Vertrag nieder: Bescheinige
hiermit, daß ich heute abend um 9 Uhr auf einer Wiese mich nieder¬
gelassen habe, deren Besitzer hierdurch nicht den geringsten Schaden erlitten,
der aber doch die Unverschämtheit gehabt hat, von mir 10 Dukaten zu
verlangen, nachdem er und seine Mithelfer meinen Luftball mit Gondel
schon zugrunde gerichtet.
Am 12. Juli 1785. Blanchard.
Der Bauer war mit seinem Vertrag sehr zufrieden und schaffte sogleich
ein Fahrzeug herbei, auf welchem Herr Blanchard mit seiner Luftmaschine
nach Rotterdam fuhr. Gegen die Bauern leitete alsbald der Deichgraf des
Distrikts eine regelrechte Untersuchung ein. Der arg defekte Ballon wurde
gerichtlich in Augenschein genommen, wobei Herr Blanchard auch ein
Messer deponierte, das er einem Bauern aus der Hand entwunden hatte.
Anfangs August wurde auch der Eigentümer der Wiese von Sevenhulsen, wo
die Landung erfolgt war, vor Gericht gezogen, verteidigte sich aber nach
seiner Art energisch vor den Richtern, indem er auf das heimische Gesetz
hinwies. «Das Gesetz besagt ausdrücklich», rief der Angeklagte aus, «daß
alles, was vom Himmel oder aus der Luft auf ein Feld fallt, dem Eigentümer
desselben zugehört. Nun ist dieser Luftkünstler mit seiner Luftkugel auf
mein Feld gefallen; daher gehören er und seine Maschine mir zu eigen,
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und ich habe erlaubt, daß er sich mit 10 Dukaten loskaufe. Er muß also
bezahlen!» Die Richter ließen dieses Argument gelten, sprachen den
Bauern frei, während Blanchard die verlangten 10 Dukaten erlegen mußte.
Am 29. Juli vollzog Blanchard von Rotterdam aus seine angekündigte
Luftreise. Er ging um 9 Uhr abends in die Höhe und erreichte bei
Utrecht die Erde wieder. Am 26. August fuhr er von Ryssel um 11 Uhr
vormittags auf und landete um 6 Uhr abends bei St. Manchoret in der
Champagne. Der Ballon legte also in 7 Stunden 30 Meilen zurück. Es
drängte nun Blanchard, seine in Frankfurt a. M. schon Monate vorher
pompös angekündigte Ballonfahrt vorzubereiten. Es nahte just die Zeit
der weltberühmten Frankfurter Messe heran, wohl die günstigste Zeit, um
auf Kosten der Neugierigen mit der neuen Erfindung greifbare Vorteile zu
erzielen. Die Frankfurter waren nicht wenig stolz darauf, daß der große
Blanchard gerade ihre Stadt vor anderen bevorzugte, und trugen Sorge,
das bevorstehende Ereignis nach allen Himmelsrichtungen hin auszuposaunen.
Der Erfolg blieb auch nicht aus. Einem Bericht vom 24. September ent¬
nehmen wir hierüber folgendes: «Unsere Stadt ist außer den gewöhnlichen
Meßfremden mit einer solchen Menge anderer Fremden, welche die Luft¬
reise des Herrn Blanchard ansehen wollen, angefüllt, daß in keinem Gast-
und Wirtshaus, und wären sie auch in den äußersten Winkeln gelegen,
mehr unterzukommen ist. Privathäuser geben ihre Wohnungen her, und
sie werden so teuer bezahlt wie bei der Kaiserkrönung. Heute früh ist der
Platz und die Stunde der Auffahrt bestimmt worden, vorausgesetzt, daß in
bezug auf letztere die Witterung keinen Strich durch die Rechnung macht.
Der Platz ist auf der Bornheimer Heide. Aus Ursachen, die den Geldbeutel
des Herrn Blanchard interessieren, wurde der zuerst am Grundbronnen in
Aussicht genommene Platz wieder aufgegeben. Dem Vernehmen nach sind
erst 400 Louisdor kollektiert, es müssen aber 1000 sein. Die seit Montag
eingehenden 24 kr. Stück für den letzten Platz mögen bis heute noch 100
Louisdor ausmachen».
«Die Höhe des Ballons ist bei 2 Stockwerk hoch; sein Stoff besteht
aus grün- und rosenfarbenem Taffet, gummiert, mit einem weitläufigen
Netz von starken Bindfäden überflochten und durch ein Blechrohr ver¬
mittelst eines angebrachten Schmiedeblasbalges auf eine künstliche und
manchen unverständliche Art aufgeblasen. Die Klappe ist, weil auf dem
Gipfel angebracht, nicht zu sehen. Das Schiffchen ist aus Kork- oder
Pantoffelholz, blau überzogen und hat 2 Sitze. Der Fallschirm ist eine
Halbkugel von grünem Taflet, so sich beim Herunterfallen aufbläht, und
woran an vielen Fäden ein Reif hängt und an diesem ein Netz befestigt
ist. Der Ballon ist derselbe, welchen die holländischen Bauern so sehr
mißhandelt haben, daß die Messer- und Heugabelstiche noch innerlich
daran zu sehen sind, obschon wieder große Stücke aufgenäht und vergum-
miert sind».
Am 25. September sollte die Auffahrt stattfinden. Aber es kam nicht
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dazu. Man schreibt hierüber d. d. 27. September: «Das von Herrn
Blanchard erwartete großartige Spektakul ist nun vorbei. Gestern und
vorgestern konnte solches wegen ungünstiger Witterung nicht gegeben
werden; heute sollte selbiges vor sich gehen, obwohl der Wind auch etwas
stark gewesen. Der Ball war in 3—4 Stunden gefüllt und zum Steigen
ganz parat, und Blanchard just im Begriffe, das Luftschiffchen zu besteigen.
Allein die Kugel bekam eine Öffnung, sank und lag auf der Erde, wie ein
zusammengefaltetes Schnupftuch. Das war gerade gegen 1 Uhr im Beisein
einer zahllosen Menge von Menschen aus allen Ständen. Da hieß es nun:
Voilä la piöce finie, allons diner!» —
Am 27. September ging es wieder nicht. Wir erfahren hierüber:
«Heute (27.) war endlich der mit Sehnsucht erwartete Tag, an dem
Blanchard in Gegenwart einer unzählbaren Menge von Zuschauern seine
Luftreise auf der Bornheimer Weide antreten sollte. Der Ballon ward,
ohngeachtet des starken Windes, zwar langsam, doch glücklich gefüllt.
Alles war auf die Abreise gefaßt. Pauken und Trompeten ertönten schon,
und jedermann wünschte, daß die Reise glücke. Allein eine dem Ball
durch den ungestümen Wind zugefügte Öffnung verhinderte, daß die Auffahrt
zum größten Schmerze Blanchards und noch mehr des gesamten Publikums
vollzogen wurde. Es bleibt also solche auf nächsten Montag den 3. Oktober
festgesetzt, und die Veranstaltung, welche man an einem gedeckten Orte
getroffen, läßt zuverlässig versichern, daß um 9 Uhr morgens die Aufsteigung
geschehen werde, und die Zuschauer sich auf den ersten Kanonenschuß
versammeln können».
(Schluß folgt.)
3t“
Aeronautische Wettbewerbe.
Ausschreibungen.
Real Aero-Club de Espaita. Internationale Weitfahrt am 2. Juni 1907, Meldeschluß
am 20. Mai er. Die Ballons werden gern. Art. 96 des Reglements der F. A. I. nach den
Resultaten gehandicapt. Nennungsgebühr 200 pesetas.
3. Wettbewerb und Ausstellung des A6ro-Club de France von aeronautischen
Photographien — Jacques Baisan 1907.
Preise: 1. Preis 500 Fr. (in bar) gegeben von Jacques Baisan. 2. Preis 100 Fr.
(in bar) gegeben vom Prince Roland Bonaparte, membre de rinstitut. Große silberne
Medaille (vergoldet) gegeben vom Prince Roland Bonaparte für Gebirgsaufnahmen vom
Ballon aus. Medaillen vom «A6ro-Club de France», vom «Automobil-Club», vom «Touring-
Club», vom «Photo-Club», von der «Soci£t6 fran<;aise de Photographie», vom «Photo-
Touring», vom «Photo-Pele-Mele usw. Plakette gegeben vom «Nouveau-Paris» für Ballon¬
photographien von Paris usw.
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Bedingungen: Art. 1. Der «A6ro-Club de France* schreibt einen Wett¬
bewerb für aeronautische Photographien aus. Die Teilnahme daran steht allen Photo¬
graphen offen, Amateuren wie Berufsphotographen, Franzosen wie Ausländern.
Art. 2. Um zum Wettbewerb zugelassen zu werden, müssen die Photographien
Ansichten von der Erde oder von Wolken darstellen, welche von einem Frei- oder Fessel¬
ballon, einem Drachen, einer Flugmaschine oder von irgend einem Punkt, der nicht
durch eine feste Stütze mit der Erde in Verbindung steht, aufgenommen sind. Der Be¬
werber hat eine von ihm Unterzeichnete Erklärung beizufügen, in welcher die Bedingungen,
unter denen die Photographie aufgenommen ist, angegeben sind. Der Hauptzweck des
Wettbewerbes ist die Förderung der aeronautischen Photographie für die
Zwecke der Topographie, die Bewerber werden daher gebeten, soweit als möglich
die Erläuterungen zu geben, welche der Ausschreibung angefügt sind. In jedem Falle
muß unter dem Abzug die Bezeichnung der Gegend, welche er darstellt, und die Höhe,
aus welcher die Photographie aufgenommen ist, vermerkt sein.
Art. 3. Eine besondere Jury entscheidet, ob die eingereichten Abzüge die vor¬
genannten Bedingungen erfüllen und ob sie demgemäß zum Wettbewerb zugelassen
werden können.
Art. 4. Jedes Format (auch Vergrößerung) der Abzüge ist zulässig; sie können
auf beliebigem Papier aufgezogen sein. Vorteilhaft werden sie auf Karton aufgezogen.
Stereoskopische Bilder und Diapositive sind zulässig.
Art. 5. Jeder Bewerber darf eine unbeschränkte Anzahl Photographien einsenden.
Art. 6. Die Abzüge können bereits an anderen Wettbewerben oder Ausstellungen
teilgenommen haben.
Art. 7. Von Photographien, die für den Wettbewerb bestimmt sind und an der
Ausstellung teilnehmen sollen, müssen die Bewerber einen zweiten Abfcug einsenden.
Diese Abzüge dürfen nicht aufgezogen sein und verbleiben Eigentum des «Aöro-Club cfe
France*, der sie in seine Archive einreiht und sie seinen Mitgliedern dauernd zu¬
gänglich macht.
Art. 8. Die Sendungen müssen frankiert an das «Secrötariat de l’Aero-
Club de France, 84 Faubourg Saint Honorö, Paris» gerichtet sein. Sie müssen
vor dem 15. November 1907 einlaufen und die Aufschrift tragen: «Concours de
Photographie Aöronautique*.
Art. 9. Den Photographien, welche einen besonderen meteorologischen Charakter
tragen, ist eine Notiz beizugeben, welche die hauptsächlichen Erläuterungen, wie sie am
Schluß der Ausschreibung angegeben sind, enthält. Es ist außerdem wünschenswert,
daß die Ablesungen eines meteorologischen Observatoriums, welches möglichst nahe dem
Punkte liegt, von dem die Photographie aufgenommen ist, 24 Stunden vor und nach der
Ballonfahrt beigefügt werden.
Art. 10. Die Einsendungen dürfen äußerlich keine Angabe tragen, welche den
Bewerber kenntlich macht; sie müssen von einem verschlossenen Kuvert begleitet sein,
welches ein Stichwort trägt. Im Kuvert muß sich eine von dem Bewerber unter¬
schriebene Erklärung befinden, welche seinen Namen und seine Adresse enthält, und in
welcher er versichert, daß die Photographien vollständig sein Werk sind, daß sie nicht
Reproduktionen von Zeichnungen oder anderen Photographien sind und, wenn es der
Fall ist, daß sie aus dem Korbe eines Ballons aufgenommen sind.
Die Kuverts werden erst nach der Festsetzung der Preise in Gegenwart der Jury
geöffnet. Auf der Rückseite der Sendungen muß sich dasselbe Stichwort wie auf dem
verschlossenen Kuvert befinden.
Art. 11. Während der 6 Monate, welche auf die Eröffnung des Wettbewerbes
folgen, hat der «Aero-Club de France» das alleinige Recht, die preisgekrönten Bilder
zu veröffentlichen.
Art. 12. Die Preise werden unmittelbar nach Schluß des Wettbewerbes durch
eine besondere Jury, deren Mitglieder bekannt gegeben werden, verteilt.
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Art. 13. Die Jury behält sich das Recht vor, wenn sie es für nötig erachtet, die
Negative einzufordern.
Art. 14. Als 1. Preis wird eine Summe von 500 Fr. in bar, gestiftet von Jacques
Balsan, gegeben.
Außerdem werden mehrere andere Preise verteilt, welche vorstehend aufgeführt sind.
Art. 15. Wenn ein Bewerber mehrere Sendungen einreicht, die verschiedene
Stichwörter tragen, so kann nur eine von ihnen prämiiert werden.
Art. 16. Eine öffentliche Ausstellung der Photographien, welche am Wettbewerb
teilgenommen haben, findet nach Schluß des Wettbewerbes an einem noch näher zu
bestimmenden Orte statt.
Art. 17. Keine Photographie kann vor Schluß der Ausstellung zurückgezogen werden.
Art. 18. Die Photographien stehen nach Schluß der Ausstellung ihren Besitzern
zur Verfügung. Photographien, welche 2 Monate nach Schluß der Ausstellung nicht
reklamiert sind, verbleiben Eigentum des «Aöro-Club de France».
Art. 19. Der «Aöro-Club de France» verpflichtet sich, den Einsendungen die
möglichste Sorgfalt angedeihen zu lassen. Er übernimmt jedoch keinerlei Verant¬
wortung im Falle eines Brandes, Diebstahls oder sonst eines Ereignisses.
Art. 20. Die Bewerber erklären, von den Bedingungen des Ausschreibens Kenntnis
genommen zu haben, und verpflichten sich, sie ohne Vorbehalt zu befolgen.
Art. 21. Alle ev. Streitigkeiten betr. Wettbewerb und Ausstellung entscheidet die
Jury ohne Berufung.
Erläuterungen, welche nach Möglichkeit den Photographien beizu¬
fügen sind.
Es ist erwünscht, jeder Photographie eine eingehende Beschreibung der Be¬
dingungen beizufügen, unter denen sie aufgenommen ist, und zwar:
1. Datum und Stunde der Aufnahme;
2. Bezeichnung des Objekts;
3. Herkunft und Art des Objektivs ;
4. freie Öffnung des Objektivs, d. h. Durchmesser der benutzten Blende;
5. Brennweite des Objektivs, bei mehrfachen Objektiven die Entfernung der Blende
von der Mattscheibe bei Einstellung auf Unendlich;
6. bei Teleobjektiven ihre äquivalente Brennweite, d. h. die Brennweite eines ge¬
wöhnlichen Objektivs, welches Abbildungen von derselben Größe wie das Tele¬
objektiv liefert. Wenn man auf der Mattscheibe den Durchmesser der
Sonne in Millimetern mißt und diese Zahl durch 9 dividiert, so erhält man die
äquivalente Brennweite, ausgedrückt in Metern;
7. die Farbe des ev. benutzten Farbfilters ;
8. die Durchsichtigkeit des Filters, ausgedrückt durch das Verhältnis der Ex¬
positionszeiten, um Negative von der gleichen Stärke zu erhalten mit und
ohne Filter. Die aufgenommenen Objekte müssen in diesem Fall gleiche
Farbe haben;
9. die Beschreibung des benutzten Verschlusses und die Angabe seines Platzes;
10. die Expositionszeit;
11. die Bezeichnung der verwendeten Platten oder Films;
12. die Art der Entwickelung des Negativs;
13. das Gewicht des geladenen Apparats, die Anzahl der Platten oder Films,
die er faßt, seine Länge im Gebrauchszustand und zusammengeklappt;
14. die Art und Weise, wie der Apparat am Korbe, am Drachen, an der Flug¬
maschine etc. befestigt war;
15. bei stereoskopischen Apparaten die Entfernung der optischen Mittelpunkte
der Objektive.
Die Bewerber, welche topographische Photographien vorlegen, werden gebeten,
folgendes anzugeben:
Illuatr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 28
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1. den Namen des wichtigsten geographischen Punktes der aufgenommenen
Gegend;
2. die kartographische Darstellung in großem Maßstabe der aufgenommenen
Gegend;
3. den Ort, über dem sich der Ballon im Moment der Aufnahme befand;
entweder auf derselben Karte (2) oder ev. auf einer anderen;
4. den Winkel, welchen eine vertikale, durch die Achse des Apparates gehende
Ebene mit dem Meridian bildet. Dieser Winkel wird von Nord nach Ost oder
West gezählt. Er kann mit Hilfe eines am Apparat befestigten Kompasses ge¬
messen werden. Man kann ihn auch nach der Karte bestimmen, wenn eine
Kante der Camera während der Aufnahme mittels einer Libelle horizontal
gehalten wird;
5. den Winkel, welchen die Achse des Apparates mit der Vertikalen bildet
Dieser Winkel ist selbstverständlich Null, wenn der Apparat senkrecht unter
dem Ballon aufgehängt ist. Der fragliche Winkel kann mit einem am
Apparat befestigten Fadenpendel und einer Gradeinteilung gemessen werden
oder nach der Karte, wenn man den Ort genau unter dem Ballon und die
Höhe des Apparates über der Erde kennt;
6. die Höhe des Apparates über dem Boden. Diese Höhe kann aus der Ab¬
lesung des Barometers und der Seehöhe des Ortes, über dem sich der
Ballon befand, berechnet werden. Man kann diese Höhe auch berechnen,
wenn man die genaue Brennweite des Objektivs kennt, durch Messen der
Entfernung zweier Punkte auf dem Bilde, wenn die wirkliche Entfernung
dieser Punkte bekannt ist;
7. die Angabe des mittleren Maßstabes der Photographie. Vergrößerungen gibt
man am besten von vornherein einen runden Maßstab, z. B. 1:10000.
Der Präsident des Aöro-Club: Der erste Schriftführer:
L.-P. Cailletet, G. Besan^on.
membre de Tlnstitut.
Die Jury:
Jacques Balsan, G. Besan^on, Paul Bord6, Antoine Boulade,
L.-P. Cailletet, Deslandres, Gustave Eiffel, Commandant Houdaille,
J. Jaubert, Comte dela Baume-Pluvinel, Commandant Paul Renard,
G. TeisserencdeBort und zwei vom Kriegsminister zu bestimmende Offiziere.
3. Photographischer Wettbewerb des A6ronautique-Club de France.
Der A6ronautique-Club de France schreibt einen internationalen Wettbewerb für
Postkarten in 2 Gruppen aus.
1. Photograp hischeGruppe. Postkarten mit Photographien von aeronautischen
Ereignissen, welche im Jahre 1907 stattgefunden haben (Luftschiffahrt oder Flugtechnik).
Es werden nur Originalaufnahmen zugelassen, Reproduktionen sind nicht gestattet. Die
Aufnahmen werden nach dem Interesse, welches der aufgenommene Gegenstand bietet,
bewertet; Ausführung der Photographie entscheidet erst in zweiter Linie.
2. Künstlerische Gruppe. Postkarten in jeder Art Ausführung, Zeichnung,
Gravüre, Photographie etc., welche künstlerische oder humoristische Darstellungen aus
der Aeronautik oder ihrer Geschichte zum Gegenstände haben.
Jeder Bewerber muß mindestens 6 Karten einsenden, welche auf der Rückseite
eine özifferige Zahl tragen müssen. Die gleiche Zahl ist auf einem geschlossenen Kuvert
anzubringen, welches Namen und Adresse des Bewerbers enthält. Als Preise werden
Medaillen und Diplome gegeben. Die Jury setzt sich aus Fachleuten, Luftschiffern und
Verlegern von Postkarten zusammen. Die preisgekrönten Einsendungen bleiben Eigen¬
tum des A6ronautique-Club de France, der sich das Recht vorbehält, sie zu veröffent-
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liehen und eine Serie von 12 Postkarten herauszugeben. Den Autoren dieser Karten
stehen 30 Exemplare zur Verfügung. Nicht bewertete Einsendungen verbleiben in den
Archiven des A6ronautique-Club de France.
Die Sendungen müssen postfrei bei dem Präsidenten des A6ronautique-Club de
France, Si6ge social, 68, rue Jean-Jacques-Rousseau, Paris, bis zum 1. November 1907
eingehen.
Aero-Club de France. Weitfahrt am 19. Mai 1907, nachm. 4 1 /* Uhr, zur Ein¬
weihung der neuen Anlagen des A6ro-Club in Coteaux de Saint-Cloud.
I. Ballons bis 900 cbm Inhalt. Es starten: 1. «l’Archimede* (Georges Blanchet),
2. «POural» (Edouard Bachelard), 3. «P Albatros* (Francois Peyrey), 4. «Katherine-Hamil-
ton» (Andr6 Schelcher), 5. «A6ro-Club No. 5» (Mis. de Kergariou), 6. «X* (Charles Lev6e),
7. «Le Faune» (Emest Zens), 8. «Le Korrigan» (Omer Decugis), 9. «A6ro-Club de Nice»
(Guffroy).
II. Ballons bis 600 cbm. Inhalt. Es starten: 10. «Eole» (Ren6 Gasnier), 11. «Le
Ludion» (Paul Tissandier), 12. «Micromegas* (Etienne Giraud), 13. «Le Simoun* (Comte
Hadelin d’Oultremont), 14. «Cythere» (Alfred Leblanc), 15. «Le Ron-Ron* (Vicomte de
La Brosse).
Weitfahrt am 13. Juni vom Park des Club für Ballons zwischen 601 und 1200 cbm
Inhalt. Gemeldet haben 12 Ballons.
Adronantlqne-Club de France. Verfolgung eines Ballons durch andere am
26. Mai er. Offen für Führer des A. C. d. F. Preise: 200, 100, 75 fr. E.
Internationale Ballonwettfahrt Düsseldorf 1907.
1. Augsburger Verein
Meldungen.
cbm
für Luftschiffahrt «Augusta* 1437
Herr
Führer
Scherle,
2. Berliner *
»
> «Bezold» 1380
>
Dr. Vic. Niemeyer,
3. > >
»
> «Tschudi» 1300
»
Dr. Joh. Flemming,
4. * *
»
* «Pommern* 2200
»
Freiherr v. Hewald,
5. Cölner Klub
>
* «Köln* 1437
unbestimmt,
6. Mittelrheinischer Verein
»
> «Coblenz* 1400
>
Wolfram de le Roi,
7. Niederrheinischer »
»
* «Düsseldorf* 2250
>
Milarch,
8. Ostschweiz. Aero-Club
>
» «Cognac» 1700
»
Victor de Beauclair,
9. Oberrheinischer Verein
>
* «Straßburg» 1300
Lt. Wissmann.
Gordon-Bennett-Wettfliegen 1907.
Am 22. April machte Herr A. R. Hawley, der um den Gordon-Bennett-Preis starten
wird, mit Herrn Alfred N. Chaudler vom «Aero Club of America* im Ballon des letzteren
«Initial* von 1000 cbm Inhalt eine Freifahrt von Philadelphia, Pa. aus und landete
nach einer etwas stürmischen Fahrt von 1 */* Stunden Dauer in der Nähe des 105 km
entfernten Ortes Matawan, New Jersey. Die Landung war nicht sehr glatt, sondern der
Ballonkorb wurde um einige hundert Fuß, zum Teil durch einen Bach geschleift
Am 27.April fuhr er von den Laclede Gas-Werken in St. Louis, Mo. aus, mit dem
Ballon «Orient*, 1000 cbm, um nach 1 Stunde 50 Min. in der Nähe von Carrollton, 111.,
105 km entfernt zu landen. Bei der Abfahrt traf der «Orient* beinahe mit einem
der Schuppen der Gaswerke zusammen, um gleich darauf mit einigen Telegraphendrähten
verwickelt zu werden. Durch Auswerfen von Ballast wurde er aber noch frei ge¬
macht. Herr Hawley hat nun nur noch eine seiner 10 Fahrten zu machen, um seine
Ballonführer-Qualifikation zu erlangen. Dann geht er nach Paris, um mit der «City of
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St. Louis», welche er im Gordon-Bennett-Wettbewerb führen wird, mehrere Probefahrten
zu unternehmen. C. W. Schleiffarth.
Das Wettfliegen zu Mannheim am 19. Mai 1907.
Die Wetterlage am Pfingstsonntag, den 19. Mai, war eine nicht zu häufig vor¬
kommende, und man konnte wohl zweifelhaft darüber sein, welche Richtung das Fliegen
nehmen würde. In dankenswerter Weise hatte die Luftwarte des Physikalischen Vereins
zu Frankfurt das Organisationskomitee über die Wetterlage telegraphisch unterrichtet.
Wir wußten, daß ein Maximum über Nordengland im Fortschreiten nach Osten begriffen
war. Am 19. morgens herrschte ein ziemlich frischer und zugleich kalter Unterwind
aus N. N. 0. Der Himmel war bewölkt; die unteren Wolken entsprachen ihrem Zuge
Geographische Ueberslcht. — CarU du temps. — 8 Uhr vonatttags.
nach der unteren Windrichtung, während dieselben oben keine merkliche Bewegung
verrieten. Am 20. mittags lief dann ein neues Telegramm ein, welches folgendermaßen
lautete:
«Heute und morgen zwischen Haufenwolken, circa 1000, und Erdboden, langsam
aus Nordwest bis Ost mit lebhaftem Luftaustausch, darüber starke Änderung der Rich¬
tung Frankfurt Nordwest Zunahme.»
Die Füllung der 9 Ballons war in der Gasanstalt Luzenberg in kürzester Zeit
erfolgt. Gegen 3 Uhr, als das Starten begann, standen sie beinah sämtlich gefüllt
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bereit. Der Vorsitzende des «Oberrheinischen Vereins für Luftschiffahrt», Generalleutnant
z. D. Exzellenz Breitenbach, dankte den zum Wettflug erschienenen Führern und Fahrern
für ihr Erscheinen und wünschte ihnen ein gutes «Glück ab!» Darauf sprach der Vor¬
sitzende des «Deutschen Luftschifferverbandes», Geh. Reg.-Rat Prof. Busley, dem
Ocotiaphfectie Ucbersictit. — Cartg dm temps. — 8 Uhr vormittags.
Organisationskomitee des Mannheimer Wettfliegens seinen Dank aus und bat die
Anwesenden aus den anderen Vereinen, in gleicher Weise rastlos tätig zu sein in ihrem
Kreise, um auch anderswo bei jeder sich darbietenden Gelegenheit Wettfliegen zu
organisieren. Er hob weiter hervor, daß der «Deutsche Luftschifferverband* auf dem
überaioht der Landungen der Ballons.
nächsten Luftschiffertage in eingehender Weise besonders auch die Förderung der Flug-
tecbnik beraten würde, und bat alle anwesenden Mitglieder, auch dieser Richtung, die
unser Lilienthal überhaupt erst ins Leben gerufen hat, ihre Aufmerksamkeit zu widmen.
Mit dem Wunsche, daß jeder Einzelne recht weit fliegen möchte, beendete Herr Busley
seine Ansprache.
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Das Resultat des Wettfliegens ergibt sich aus nachfolgender Tabelle:
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Übersicht der Resultate des Wettfliegens in Mannheim am 19. 5. 1907.
Lahm-Preis.
Der erste Versuch, den Lahxn-Preis zu gewinnen, wurde am 30. April von den
Herren Mc. Coy und Ch. de F. Chaudler unternommen. Die Bedingung ist bekanntlich:
Zurücklegung einer Strecke von mehr als 648 km. Der Ballon «Amerika* (2300 cbm)
startete um 7,30 abends in St. Louis und landete nach mehreren Schleifen am 1. Mai
2,30 nachmittags in der Nähe von Golconda, 111. Die Entfernung in der Luftlinie beträgt
nur 210 km. Bei dieser Fahrt sollte Talcum als Ballast versucht werden, das ein
höheres spezifisches Gewicht als Sand haben soll; näheres ist darüber nicht bekannt ge¬
worden. (Vielleicht könnte Talcum in Zukunft von großer Wichtigkeit werden, um zu
glatten Landungen zu verhelfen.) C. W. Schleiffarth.
Internationale Sportausstellung Berlin 1907.
Zum ersten Male in Deutschland wurde der großen Öffentlichkeit ein Bild des
augenblicklichen Standes der deutschen Luftschiffahrt im Rahmen einer Ausstellung ge¬
boten. Wenn dieses Bild auch in vielen Punkten unvollständig war, so ließ es doch
erkennen, daß in Deutschland rege für die Luftschiffahrt gearbeitet wird. Vollständiger
hätte unserer Ansicht nach der Ballonsport vertreten sein müssen, der jetzt auch in
Deutschland, wie man an
der Veranstaltung von Wett¬
fahrten sieht, Wurzel ge¬
faßt hat. Eine Übersicht
über die Leistungen unserer
Luftschifiervereine, eine Zu¬
sammenstellung der Welt¬
rekords, die Deutschland
bis auf zwei, den Entfer¬
nungsrekord für Freiballons
und Flugmaschinen, sämt¬
lich hält, hätte unsere Leis¬
tungen dem Auslande gegen¬
über erst in das rechte
Licht gestellt. Hoffen wir
also, daß bei einer späteren
Ausstellung dies nachge¬
holt wird.
Die Ausstellung wurde
von S. K. H. dem Kron¬
prinzen in Gegenwart der
Kronprinzessin, des Prinzen und der Prinzessin Eitel Friedrich, des Erbprinzen Ernst von
Sachsen-Altenburg und des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg am 20. Mai eröffnet.
Die hohen Herrschaften zeigten lebhaftes Interesse für die Luftschiffahrt und ließen sich
besonders die lenkbaren Ballons eingehend erklären. Von lenkbaren Ballons waren
Modelle vom Zeppelinschen in einer Länge von etwa 3 m und vom Parsevalschen Luft¬
schiff ca. 17* m lang ausgestellt, das letztere zeigte eine ziemlich scharfe Spitze. Von
der Parsevalschen Stoffschraube war noch ein größeres, betriebsfähiges Modell vorhanden.
Einen ausgezeichneten Überblick über den Stand der wissenschaftlichen Luftschiffahrt,
der Aerologie, gab die große Ausstellung des KgL aeronautischen, wohl besser jetzt
aerologischen Observatoriums Lindenberg, im besonderen wurde der vollständig aus¬
gerüstete Korb für Hochfahrten allgemein angestaunt. Die Firma Schuckert hatte ein
vollständiges Modell einer elektrolytischen Gasanstalt, Fuess-Steglitz Instrumente, Con-
tinental-Hannover eine vollständige Kollektion seiner rühmlichst bekannten Ballonstoffe,
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Volkmann-Berlin Seile etc., Alisch-Berlin Metallzubehör, Ventile etc., Riedinger-Augsburg
Modelle etc., Clouth-Cöln-Nippes einen nach französischer Art hergestellten Ballon, sowie
gefirnißte und gummierte Stoffe, Gradenwitz-Berlin sein bekanntes Anemometer, sowie
eine Zerplatzmaschine, Daimler-Canstatt
einen Motor für Luftschiffahrtzwecke aus¬
gestellt. Von Flugmaschinen waren im
Original ein Drachenflieger von Jatho-
Hannover, sowie der Lilienthalsche
Flügelflieger mit Kohlensäuremotor ver¬
treten. An letzterem waren Plakate
angebracht: Man bittet, diese Reliquie
nicht zu berühren. Ja, in der Tat, es
ist eine Reliquie und als solche gehört
sie nicht in Privatbesitz, sondern in das
deutsche Museum in München. Hoffent¬
lich findet sich recht bald ein Mäcen,
der sie dem Museum überweist, oder
noch besser, der jetzige Besitzer tut es,
damit ein Zeuge der Glanzperiode
deulscher Flugtechnik der Nachwelt er¬
halten bleibt. Es waren noch Modelle
von Flugmaschinen, nämlich die be¬
kannten beiden Hofmanschen Modelle
v sowie zwei etwas naive Modelle von (loanda und Sieveking, das erstere einen Drachen¬
flieger, der zweite einen Flügelflieger darstellend, aufgestellt. Photographien hatte das
Luftschiffer-Bataillon, das aeronautische Observatorium und Rittmeister Härtel-Leipzig vor¬
geführt. Das Arrangement war durchaus geschmackvoll, sodaß der Gesamteindruck der
aeronautischen Abteilung ein überaus vorteilhafter war. E.
Phot. Elias.
J. K. H. die Kronprinzessin IMt sioh von Graf v. Zeppslln
den Bau seines Luftsohlires erläutern.
Neue Termine 1907.
28. Juli: Internationale Wettfahrt in Bordeaux.
15. Sept.: Internationale Wettfahrt in Brüssel.
Erledigte Wettbewerbe.
A6ronantique-Clnl> de France. Die Zielfahrt mit Verfolgung vom 28. April er.
ergab folgendes Resultat: 1. Preis (200 fr.) M. Lassagne, Landung 1650 m vom Ziel
(Gometz-Ia-Ville); 2. Preis (100 fr.) M. Ribeyre, Landung 1900 m vom Ziel; 3. Preis (75 fr.)
M. Maison, Landung in Etröchy. Eine Plaquette in Bronze erhielten: M. Gupterle (Rad¬
fahrer) für die Gefangennahme des Ballons «Luciole», M. Charpentier (Automobilführer)
für die Gefangennahme des Ballons «Cyrano*.
AGro-Club de France. Bei der am 12. Mai, 3 Uhr von der Sportausstellung in
Poitiers veranstalteten Ballonverfolgung durch Automobile, Radfahrer und Reiter hatten
gemeldet: 1. «Microm6gas» (Marquis E. de Kergariou); 2. «Estere II» (E. Barbotte);
3. «Le Ron-Ron» (Vicomte de la Brosse); 4. «Eole II* (Renö Gasnier). Es erhielten
Preise: 1. Vicomte de la Brosse, 2. Renö Gasnier, 3. Marquis de Kergariou; für die
Gefangennahme eines Ballons Comte d’Autichamp. E.
cK
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Vereine und Versammlungen.
Deutscher Luftschiffer-Verband,
Der Kölner Klub für Luftschiffahrt und der Physikalische Verein
Frankfurt a./M. sind in den deutschen Luftschifferverband aufgenommen
worden.
Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 1907.
In der Sektion 6 der Versammlung, welche Geophysik, Meteorologie und Erd¬
magnetismus umfaßt, ist als neuer Zweig die Aerologie auf genommen worden. Die
Versammlung findet im September d. J. in Dresden statt. Anmeldungen zur Teilnahme
sind zu richten an: Prof. Dr. Paul Schreiber, Dresden N 6, Große Meißenerstrasse 15.
Kölner Klub für Luftschiffahrt.
Der Kölner Klub für Luftschiffahrt, welcher Ende vorigen Jahres gegründet wurde,
hat in Köln eine eifrige Tätigkeit entfaltet. Die Mitgliederzahl beträgt bald 200. Als
Ehrenmitglieder gehören dem Klub an: Regierungspräsident Steinmeister, Polizeiprä¬
sident Weegmann, Se. Exzellenz Generalleutnant v. Gailwitz und Se. Exzellenz General¬
leutnant Flügge.
Der Klub hat sich namentlich auch die Ausführung von Ballonfahrten zu wissen*
schaftlichen Zwecken zur Aufgabe gesetzt und u. a. Herrn Professor Dr. Klein, Vorstand
der Wetterwarte der «Kölnischen Zeitung» und Dr. Polis, Direktor des meteorologischen
Observatoriums Aachen, für eine Reihe von Vorträgen gewonnen. Der Klub tagt in
den Räumen des Automobilklubs, Kattenbug 1—3, doch dürfte bei weiterem Anwachsen
der Mitgliederzahl die Schaffung eines eigenen Klubheims in nicht allzuweiter Ferne
liegen.
Am 6. April fand die Taufe des neuen Ballons «Köln» statt, zu welcher der Klub
die Spitzen der Behörden eingeladen hatte. Eine stattliche Versammlung war der Ein¬
ladung gefolgt und hatte sich auf dem mit Fahnenmasten, Flaggen und Guirlanden fest¬
lich geschmückten Aufstiegplatz in Bickendorf eingefunden. Unter anderen waren er¬
schienen die Herren: Generalleutnant Flügge, Inspekteur der 2. Fußartillerieinspektion,
Generalleutnant v. Gallwitz, Divisionskommandeur, Festungsinspekteur Oberst v. Reppert,
Oberstleutnant Bell, Kommandeur des 59. Feldartillerie-Regiments, Major Keppler, Kom¬
mandant der Festung Köln, Eisenbahndirektionspräsident Schmidt, Geheimer Medizinal¬
rat und Regierungsrat Dr. Rusak, Oberpostdirektor Geh. Oberpostrat Kriesche, die Bei¬
geordneten Farwick und Jesse, Branddirektor Schoebel, Polizei-Ihspektor Votsch als Ver¬
treter des Polizeipräsidenten und viele Offiziere der Garnison Köln.
Gegen 10 Uhr war die Füllung des Ballons beendet. Während der Vorbereitungen
zum Aufstieg konzertierte die vollzählige Kapelle des 59. Feldartillerie-Regiments unter
Leitung des Stabstrompeters Fensch und ein Büfett sorgte für das leibliche Wohl der
Gäste. Die Firmen Deinhard und Ayala hatten zur Feier manche Flasche ihrer edlen
Erzeugnisse gestiftet, denen eifrig zugesprochen wurde.
Rechtsanwalt Menzen, der Vorsitzende des Klubs, begrüßte zunächst die Fest¬
gäste, dann hielt Generalleutnant Flügge, den der Klub um Vornahme der Taufe gebeten
hatte, etwa folgende Ansprache: «Seit einiger Zeit bilden sich in Süd und Nord, in Ost
und West unseres Vaterlandes Vereine mit dem Zwecke, eine starke aeronautische
Organisation zu bilden, als Wegweiser für die gemeinsamen Interessen der Luftschiff¬
fahrt, die heute eine große Rolle spielt. Da war es ganz natürlich; daß sich auch in
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 29
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unserer altehiwtirdigen Domstadt Köln tatkräftige und opfermutige Männer gefunden
haben, die einen solchen Verein ins Leben riefen, der der Förderung und Weiterent¬
wickelung der Luftschifffahrt dienen soll. Im Namen der hier versammelten Gesellschaft
wünsche ich dem Klub, der in dieser kurzen Zeit bereits so glänzende Resultate erzielt
hat, kräftiges Blühen und Gedeihen und eine glänzende Zukunft. Mir persönlich ist es
eine ganz besondere Ehre, mich Ehrenmitglied dieses Klubs nennen zu dürfen. So steht
nun der neue Ballon vor uns, erwartungsvoll, seine Aufgabe zu erfüllen. Bevor wir
ihn jedoch der Luft übergeben, wollen wir ihm den Namen geben, der in allen Welt¬
teilen geschätzt und geehrt ist, den Namen der mächtig blühenden und strebenden
Stadt Köln, in Kunst und Wissenschaft, Handel und Industrie, die treu und fest als
Bollwerk und Wacht am Rhein steht.»
Der Redner zerschmetterte eine Flasche Deinhard am Korb und fuhr fort: «Ich
taufe dich Köln. Du sollst der Stadt Köln stets Ehre machen und dich ihrer würdig
zeigen und dif große Verdienste um die Luftschiffahrt erwerben. Ich wünsche dir stets
glückliche Fahrt und Heimkehr in deine Heimat Köln.»
Dann wurde der Korb von den Mannschaften auf den freien Platz gebracht und
die vier Insassen: Oberleutnant Trautmann als Führer und Dr. Nourney, Hiedemann
und Leven bestiegen den Korb. Oberleutnant Trautmann gab das Kommando zur Ab¬
fahrt und während die Musik das Flaggenlied intonierte, stieg der Ballon in die Lüfte,
im Steigen einen langen Wimpel in den kölnischen Farben entfaltend, verfolgt von herz¬
lichen Abschiedsrufen und Glückwünschen der Zuschauer.
Zu der Feier waren von verschiedenen Vereinen des «Deutschen Luftschifferver¬
bandes» herzliche Glückwunschtelegramme eingelaufen.
Der Ballon landete nach vierstündiger Fahrt sehr glatt vor der holländischen
Grenze.
Zum Vorsitzenden des Fahrlenausschusses ist Oberleutnant Trumpier, Führer des
Luftschiffertrupps der Festung Köln, gewählt worden. Alle auf Fahrten bezüglichen An¬
fragen sind an diesen Herrn, Köln, Blumenthalstr. 72, zu richten.
Wiener Flugtechnischer Verein.
20. ordentliche Generalversammlung am 3. Mai 1907.
Der Vorsitzende Herr Oberingenieur Hermann Ritter von Lößl gibt den Bericht
über das abgelaufene Vereinsjahr 1906—1907.
«Das vergangene Vereinsjahr brachte sowohl der Aeronautik als auch der Aviatik
große Erfolge und wurden die im Vorjahre ausgesprochenen Hoffnungen erfüllt, durch die
nunmehr offizielle Bestätigung des Flugvermögens für Flugmaschinen «Schwerer als
die Luft».
Der Wiener Flugtechnische Verein war auch in diesem Jahre redlich bemüht, allen
Problemen gerecht zu werden und die Sache der Aeronautik und Aviatik nach Kräften
zu fördern. — Der Ausschuß hielt zahlreiche Sitzungen ab, in welchem über Vereins¬
angelegenheiten verhandelt und viele eingelaufene flugtechnische Arbeiten, Projekte und
Erfindungen eingehend besprochen, erörtert und begutachtet wurden.
In 8 Vollversammlungen wurden Vorträge gehalten, durch welche unsere geehrten
Mitglieder und werten Gäste über die neuesten Studien und Erfindungen auf flugtech¬
nischem Gebiete eingehend unterrichtet und auf dem Laufenden erhalten wurde.
Vorträge hielten: Am 19. Oktober 1906 Herr k. u. k. Hauptmann Franz Hinter-
stoisser über den im Jahre 1906 in Mailand abgehaltenen Kongreß der internationalen
aeronautischen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt; am 16. November 1906
Herr Oberingenieur Herrn. Ritter v. Lößl über das 2öjährige Stiftungsfest des Berliner
Vereins für Luftschiffahrt, welchem er als Vertreter des W. F. V. beizuwohnen die
Ehre hatte; am 21. Dezember 1906 Herr Ingenieur W. Kreß über dynamische Luftschiffahrt
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mit Vorführung frei fliegender Modelle und besonderer Berücksichtigug des Drachen¬
fliegers; am 4. Januar 1907 Herr k. k. Oberkommissär Jos. Altmann über Luftwider¬
standsgesetze ebener Flächen; am 1. Februar 1907 Herr k. u. k. Oberleutnant d. R.
v. Lill über die Flugtecbnik in Frankreich; am 15. März 1907 Herr k. k. Hofrat Professor
Georg Wellner über Drachenflieger; am 5. April 1907 wurde der angesetzte Vortrag
abgesagt und besuchten die Mitglieder des Vereins in corpore den Vortrag des k. u. k.
Majors Hermann Hoernes, teilnehmendes Mitglied d. V., welcher im Saale des Gewerbe¬
vereins über die derzeit beachtenswertesten ballon- und flugtechnischen Bestrebungen,
sowie über seinen «Planeten-Schrauben-Antrieb» sprach und seinen interessanten Vortrag
durch eine große Anzahl Lichtbilder illustrierte; am 12. April 1907 trug Herr k. u. k.
technischer Offizial II. Kl. Hugo L. Nikel über die MotorluftschifTahrt anfangs des
20. Jahrhunderts vor und am 19. April 1907 Herr Oberinspektor Friedrich Ritter über
örtliches Windminimum, unterer und oberer Wind.
Am 3. Mai, das ist am Tage der 20. ordentlichen Generalversammlung, konnten
unsere Mitglieder und deren Angehörige, dank dem überaus freundlichen Entgegen¬
kommen der Direktion der Wiener Urania, in deren Theater dem überaus fesselnden
Vortrage «In den Lüften» von Ikarus (Pseudonym für k. u. k. Hauptmann Franz Hinter-
stoisser) lauschen und die überaus zahlreichen und schönen Lichtbilder, sowie eine
kinematographische Vorführung des Lebaudy-Ballon bewundern.
Am 15. Februar 1907 hatten wir in unserem Vereinslokale eine zwanglose
Zusammenkunft, bei welcher uns Herr Professor G. Göbel mit den Zielen und Bestreb¬
ungen des neuen in Bildung begriffenen Automobiltechnischen Vereines bekannt machte
und den Wiener Flugtechnischen Verein aufforderte, diesem neuen Vereine beizutreten,
wozu das Präsidium und der Ausschuß ihre Geneigtheit ausdrückten.
Im heurigen Jahre wurde in Wien ein neuer Verein, der «Verein Flugmaschine»
gegründet, welcher es sich zur Aufgabe gestellt hat, das bekannte Projekt des Herrn
Ingenieur Makowsky zu finanzieren und zur Ausführung zu bringen.
Aber auch der Wiener Flugtechnische Verein blieb nicht untätig; er setzte ein
Aktionskomitee ein, zur Ausführung dynamischer Flugapparate, welches sich mittels
Majestätsgesuches um das allerhöchste Protektorat bewarb. Seine k. u. k. Hoheit der
durchlauchtigste Herr Erzherzog Ferdinand Karl, unser hoher Protektor, hatte die Huld
und Gnade, dieses Gesuch mit wärmster Befürwortung an die allerhöchste Kabinetts¬
kanzlei zu übermitteln. Es wurde bereits von oben herab recherchiert und dürfte die
allerhöchste Entscheidung in kurzer Zeit erfolgen. Falls diese Entscheidung günstig
ausfällt, kann es diesem Komitee nicht schwer fallen, sich entsprechend zu vergrößern
und sodann die Mittel zur Durchführung der groß angelegten Aktion aufzubringen.
Es braucht kein Geheimnis zu bleiben, daß in erster Linie der Drachenflieger
nach System Kreß zur Realisierung in Aussicht genommen ist, weil dieses Projekt von
den hervorragendsten Fachmännern noch immer als das am meisten versprechende und
am besten und bis in die kleinsten Details durchgearbeitete gehalten wird.
Trotz dieser viel versprechenden Aussichten des Kreßschen Drachenfliegers ver¬
dienen auch die Bestrebungen unserer Mitglieder, des Herrn Fabrikanten Ignaz Etrich
und Herrn F. X. Wels, besondere Würdigung und Anerkennung. Wenn ich recht unter¬
richtet bin, ist deren Flugapparat (ebenfalls ein Drachflieger) bereits in der Hauptsache
fertiggestellt und sollen schon in diesem oder im kommenden Monate die ersten Flug¬
versuche gemacht werden.
Man sieht, daß auch Österreich nicht zurückbleibt in dem Kampfe um die Eroberung
der Lüfte. Und wenn ihm auch die reichlichen Mittel, mit denen Frankreich und
Amerika zu arbeiten vermögen, nicht zu Gebote stehen und es uns Oesterreichern auch
bisher an der allerhöchsten Huld und Unterstützung gefehlt hat, welche den aeronautischen
Vereinen in Deutschland zu so großer Entfaltung verhalten und sogar den sonst stets
verschlossenen Staatssäckel zur ausgiebigen Beitragsleistung heranzuziehen vermochte,
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so muß man sich wundern, daß es uns Oesterreichern doch gelungen ist, in diesem
internationalen Wettstreite bisher nicht zurück zu bleiben.
Im abgelaufenen Jahre 1906 hat das hohe k. k. Handelsministerium die Entsendung
zweier Delegierter unseres Vereins an die internationale Ausstellung in Mailand auf
Grund unserer diesbezüglichen Eingabe durch die Bewilligung einer Beitragsleistung von
Kr. 600 ermöglicht.
Im Sommer dieses Jahres beteiligt sich der Wiener Flugtechnische Verein an
einer aeronautischen Ausstellung, und zwar in Berlin, woselbst der Verein für Luft¬
schiffahrt eine solche im Rahmen der unter dem Protektorate Sr. Kgl. Hoheit des deutschen
Kronprinzen stehenden Armee-, Marine- und Kolonialausstellung veranstaltet. Der Verein
sendet 5 große Photographien in Glas und Rahmen dorthin und werden die verehrlichen
Mitglieder hiermit nochmals eingeladen, sich ebenfalls an dieser Ausstellung zu be¬
teiligen.*
Da die Mitglieder bereits Kenntnis von den Ausgaben und Einnahmen und der
sonstigen Geldgebahrung des Vereins erhalten haben, so wurde von einem eigenen Bericht
des Herrn Schatzmeisters Herrn Kontrollor W. v. Saltiel Abstand genommen.
Im Vorjahre erreichte der Mitgliederstand die Zahl 80. — 2 Mitglieder sind durch
den Tod ausgeschieden, es sind dies der langjährige Präsident und Ehrenpräsident
Herr k. k. Baurat Friedrich Ritter v. Stach und Herr Hofrat Professor Dr. Ludwig
Bolzmann. Die Versammlung erhebt sich zum Andenken und zur Ehre der Toten.
2 Mitglieder haben ihren Austritt ordnungsgemäß angemeldet. Trotz diesem Aus¬
scheiden von 4 Mitgliedern verzeichnet der Verein 93 Mitglieder, und zwar 5 Mitglieder
in honorem, 52 ordentliche Mitglieder in Wien, 31 ordentliche Mitglieder außerhalb Wien
und 5 teilnehmende Mitglieder.
Ferner ist zu erwähnen, daß auch heuer in der Vermögensaufzählung die uns
zugefallene Erbschaft von einem Zwölftel der eventuellen Gewinnste von 54 Losen nicht
mitgezählt ist. Das Bezirksgericht Salzburg, bei welchem die Lose erliegen und von
welchem sie verwaltet werden, hat noch keinen Treffer angekündigt, wohl aber mit¬
geteilt, daß 3 dieser Lose durch die Ziehung zur Einlösung gelangten, wobei wir jedoch
nicht beteiligt sind, und nunmehr dieselben aus unserer Liste auszuscheiden sind.
Der Rechnungsabschluß ist durch die beiden Revisoren, Herrn k. k. Offizial Hans
Oelzelt und Herrn Julius Brunner zum Zeichen seiner Richtigkeit mit ihren Unterschriften
versehen. Die Versammlung erteilt dem Präsidium das Absolutorium.
Statutengemäß haben dieses Jahr der Präsident und 5 Ausschuß-Mitglieder aus¬
zuscheiden. Die Neuwahl ergibt, daß Herr Oberingenieur Herrmann Ritter v. Lößl
für zwei Jahre zum Präsidenten gewählt wird. Derselbe nimmt die auf ihn gefallene Wahl
an. Die Herren Privatier Ferdinand Christ, Professor Dr. Gustav Jaeger, Fabrikant
Gottfried Moritz, Otto Freiherr von Pfungen, Ingenieur Josef Popper, Adjunkt Anton
Schuster, k. u. k. Oberstleutnant Johann Starcevic, k. k. Hofrat Professor Georg Wellner
wurden einstimmig für die Dauer von zwei Jahren in den Ausschuß gewählt. Die Herren
Julius Brunner, Uhrmacher, und k. k. Offizial Hans Oelzelt werden einstimmig für ein
Jahr zu Revisoren ernannt und Herr Redakteur Dr. Konrad Dohany ebenfalls einstimmig
als Revivor-Stellvertreter auf ein Jahr gewählt.
Herr k. u. k. technischer Offizial II. Kl. Hugo L. Nikel hat anfangs des vorigen
Jahres den schriftlichen Antrag eingebracht, die Gebrüder Wilbour und Orville Wright
wegen der damals bekannt gewordenen epochalen Flugleistungen, welche die ganze Welt
in Erstaunen setzten, und den bestbekannten amerikanischen Ingenieur und Flugtechniker
Chanute, welcher die Anregung und technische Unterstützung zu diesen Flugresultaten
gab, zu Ehrenmitgliedern unseres Vereines zu ernennen. Der Ausschuß hat in mehreren
Sitzungen über diesen Gegenstand beraten und hat beschlossen, diesem Antrag zuzu¬
stimmen, wenn die damals wegen ihrer Geheimhaltung noch stark angezweifelten
Erfolge bewiesen wären.
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Der Verein hat sich deshalb brieflich an Herrn Chanute und die Herren Wrights
um Aufklärung gewendet und hat von beiden Seiten die Bestätigung erhalten, daß die
durch die Zeitungen gebrachten Berichte den Tatsachen entsprechen. Französische und
englische aeronautische Vereine haben eigene Experten nach Amerika entsendet, und
haben durch glaubwürdige Augenzeugen ebenfalls die Bestätigung der wirklich statt¬
gefundenen vielfachen und ausgedehnten Flüge erhalten. Flüge bis über 40 km und
nahezu einer Stunde Dauer.
Nachdem sonach dieser Beweis erbracht erscheint, unterbreitete der Ausschuß
den von Herrn Offizial Nikel seinerzeit gestellten Antrag, die Gebrüder Wright und
Herrn Chanute zu Ehrenmitgliedern des Wiener Flugtechnischen Vereines zu ernennen,
der Generalversammlung zur Beschlußfassung. Nach kurzer Debatte wurde der Antrag
von H. L. Nikel, die Gebrüder Wright und Herrn Ingenieur 0. Chanute zu Ehrenmitgliedern
des Vereins zu ernennen, abgelehnt und vertagt.
Dem Protektor Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Ferdinand Karl, sowie dem er¬
lauchten Mitgliede Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Leopold Salvator und dem Ehren¬
präsidenten Herrn Chefingenier Friedrich Ritter v. Lößl werden Begrüßungstelegramme
übersandt und Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Leopold Salvator werden anläßlich der
ihm zu Teil gewordenen Auszeichnung zur Ernennung zum Gcneralinspektor der Ar¬
tillerie Glückwünsche unterbreitet.
Auch im heurigen Sommer werden zwanglose Zusammenkünfte, gleich wie in
früheren Jahren, stattfinden, und zwar am ersten Freitag jeden Monats, wozu jeweilig
Einladungen mit Bekanntgabe von Zeit und Ort ausgesendet werden.
Der Präsident gibt noch dem Wunsche Ausdruck, daß der Verein sich weiter ent¬
wickle und daß die Bestrebungen des Vereins auch höheren Ortes Anerkennung finden
mögen und daß es ihm, durch die Allerhöchste Huld und Gnade, bald ermöglicht werde,
die Theorie in die Praxis umzusetzen.
Der Ausschuß konstituierte sich wie folgt:
Präsident: Herrn. R. v. Lößl, I. Vize-Präsident: Wilh. Kreß, II. Vize-Präsident:
Joseph Altmann, I. Schriftführer: Ferdinand Christ, II. Schriftführer: Anton Schuster,
Kassenverwalter: Wilh. v. Saltiäl, Wien II, Darwingasse 12,1. Bibliothekar: Georg Eckhardt,
II. Bibliothekar: James Worms.
Patent- and Gebraachsmasterschaa in der Luftschiffahrt.
Deutsche Patente.
Anmeldungen.
77 h R 22519. 26. 3. 06. MotorluftschUT-Studiengesellschaft m. b. H., Berlin. — Steuer-
und Gieitflächen für Luftschiffe, bestehend aus mit Luft aufgeblasenen Hohlkörpern.
(Einspruchsfrist bis 8. Juni 1907.)
77 h C 14917. 27. 8. 06 (Priorität vom 21. 9. 05). Jules Comu und Paul Comu, Lisieux.
— Flugvorrichtung mit Hebeschrauben und unter denselben angeordneten Flächen.
(Einspruchsfrist bis 11. Juni 1907.)
77h H 36655. 7. 12. 05. Jacob, Christian Hansen-Ellehammer, Kopenhagen. — Vor¬
richtung zum Erhalten der Gleichgewichtslage von Luftschiffen. (Einspruchsfrist
bis 22. Juni 1907.)
77 h B 41018. 29. 9. 05. Franz Bollhorn, Hamburg—Veddel. — Luftfahrzeug mit 2 mit¬
einander vereinigten Ballonkörpern. (Einspruchsfrist bis 25. Juni 1907.)
Zurücknahme von Anmeldungen.
77h H 35560. Aus einem Schwanzsteuer, das vom Vorderteil des Fahrzeugs aus ge-
handhabt wird, bestehende Lenkvorrichtung für Flugmaschinen.
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Erteilungen.
185172. 9. 11. 05. Gustav Fritz, Bopfingen. — Schlagflieger mit zwei gleichgestalteten
Flügeln.
185267. 16. 10. 06. Carl Dippel, Flensburg. — Vorrichtung zum Verbessern der Lenk¬
fähigkeit eines Luftschiffes.
185582. 28. 6. 06 (Priorität vom 4. 7. 05). Cli. E. Riehardson, Sheffield. — Auslösungs¬
weiche für Vorrichtungen, die an dem Halteseil von Flugapparaten aufsteigen.
186339. 28. 3. 06. Erwin Geißler, Willielmshölie. — Aus einem Fallschirm mit oben
befindlicher Öffnung bestehender Flugapparat.
Löschungen.
175718. Flugmaschine mit Luftbehälter.
Gebrauchsmuster.
302331. 1. 3. 07. Ed. Rumpler, Berlin, Gitschinerstr. 4. — Flugspielzeug mit entgegen¬
gesetzt rotierenden Luftschrauben.
303018. 9. 3. 07. H. Reese, Berlin, Br es lauer str. 19. — Flugkörper mit im Rohr
gespannt gehaltenen Gummifäden, deren obere Flügelarme als Handgriff dienen,
um den sich das Rohr mit daran festen Flügelarmen drehen läßt.
303019. 9. 3. 07. H. Reese, Berlin, Breslauerstr. 19. — Flugkörper, dessen im Rohr
mit festen Flügeln geführte Gummifäden durch ein sich gegen das gezahnte Rohr¬
ende legendes Sperrwerk am Abwickeln gehindert werden.
AE
Literatur.
A. Hildebrandt, Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegen¬
wärtigen Entwickelung. München und Berlin, R. Oldenburg. Preis geb.
15 Mk.
Es scheint ein recht gewagtes Unternehmen, in der jetzigen Zeit ein größeres Werk
über den Stand der Luftschiffahrt zu schreiben, denn die Luftschiffahrt befindet sich
augenblicklich, wie jeder weiß, in einem Stadium rapidester Entwickelung, und ein Werk
ist der Gefahr ausgesetzt, bald zu veralten. Trotzdem hat es der Autor gewagt und
wir müssen ihm dafür dankbar sein. Gerade in der Zeit schneller Entwickelung be¬
ginnen sich größere Kreise für die Materie zu interessieren, und gerade in dieser Zeit
fehlt es meist aus naheliegenden Gründen an gutem Orientierungsmaterial. Das trifft
oder vielmehr traf auch für die Luftschiffahrt zu, und allen den vielen, die bis jetzt
darauf angewiesen waren, sich die Kenntnis der Errungenschaften gerade der letzten
Zeit mühsam aus Zeitschriften herauszusuchen, hat der Autor sicherlich einen Dienst
erwiesen. Was nun den Inhalt anbelangt, so ist die Vorgeschichte des Luftschiffes
nur gestreift, was als kein Fehler anzusehen ist, da das ältere leicht zugängliche
Moedebecksche Handbuch die Geschichte in voller Ausführlichkeit behandelt. Auch die
Flugtechnik ist etwas knapp behandelt, was wohl darin seinen Grund hat, daß die
neuen Versuche in Frankreich erst nach Drucklegung des Werkes stattgefunden haben.
Ganz neu und meines Wissens in deutscher Sprache überhaupt noch nicht in zusammen¬
fassender Weise gegeben sind die Kapitel über Ballonphotographie und über Brieftauben.
Diese Kapitel werden auch den Fachmann intensiver fesseln und seine Kenntnisse be¬
reichern. Eine gute Abwechselung wird durch das Einstreuen von interessanten Ballon¬
fahrten geboten, bei denen größtenteils der Verfasser selbst beteiligt war. Bei den
Weitfahrten ist leider wieder Wilna als Landungsort der bekannten Godardschen Fahrt
angegeben. Es soll hier nun nochmals betont werden, daß Godard nicht bei Wilna
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gelandet ist, sondern daß er mit W-Wind in Leipzig aufgestiegen und mit NW-Wind bei
Tarnau, nahe Oppeln, in Schlesien gelandet ist. Wilna will er bei einem Blick durch
die Wolken erkannt haben. Die Luftlinie bei dieser Fahrt war kaum 400 km lang, und die
große Schleife, die Godard gemacht haben will, ist ganz unwahrscheinlich, wenn nicht un¬
möglich. Hoffentlich verschwindet die Legende von der Landung bei Wilna endlich ganz.
Was die Ausstattung des Werkes anbelangt, so entspricht sie allen Anforderungen
an ein modernes Werk. Über 200 Abbildungen, darunter die wohl vielen Lesern bekannte
Miethesche Farbenphotographie von Wilmersdorf bei Berlin, erleichtern das Verständnis
des Textes und führen uns interessante Episoden aus dem Leben des Luftschiffers vor.
Einige Abbildungen haben zwar eine falsche Unterschrift bekommen; so stellt die Ab¬
bildung auf S. 131 unten nicht den Drachenflieger von Archd6acon in der Seine, sondern
den von Langley im Potomac (diese Mitteilungen, 1904, S. 62) und die Abbildung auf
S. 109 nicht den Schraubenflieger von Dufaux, sondern den von Löger-Monaco dar.
Aber das sind Kleinigkeiten, die den Wert des Buches nicht beeinträchtigen. Vorteilhaft
wäre es gewesen, w r enn die Literatur etwas mehr berücksichtigt wäre, bzw. genau
zitiert wäre (z. B. nicht «Aßmann, Luftschiffahrt», sondern «Aßmann und Berson. Wissen¬
schaftliche Luftfahrten»), um den Anfänger auf die Quellen hinzuweisen, aus denen er
weitere Kenntnisse schöpfen kann. Ein sorgfältig zusammengestelltes Personen- und
Sachregister erleichtert die Benutzung ungemein. Wir wünschen nun mit dem Autor,
daß das Buch überall recht freundliche Aufnahme finde, damit der Autor recht bald in
derselben ansprechenden Weise uns die allerneuesten Errungenschaften der Luftschiffahrt
in der zweiten Auflage vorführen kann. Dr. H. Elias.
Sir William Ramsay, Die Gase der Atmosphäre und die Geschichte ihrer Ent¬
deckung. 3. Auflage. Ins Deutsche übertragen von Dr. Max Huth, Halle a. S.,
Wilhelm Knapp, Preis 5 Mk. Die Kenntnis der Bestandteile der Luft hat zwar
für den Luftschiffer kein unmittelbares Interesse, da er die chemischen Eigen¬
schaften derselben, abgesehen vom Sauerstoff, für seine Zwecke nicht nutzbar
machen kann. Trotzdem aber wird man ein lebhaftes Interesse für den Stoff,
welcher das Element des Luftschiffers ausmacht, nicht unberechtigt finden, und
zur Befriedigung dieses Interesses, das sich besonders auf die zum Teil vom Autor
kürzlich entdeckten Edelgase richten wird, scheint das Werk vorzüglich geeignet
Hochinteressant sind auch die Wandlungen, welche die Anschauung über das
Wesen der Luft im Laufe der Jahrhunderte durchgemacht hat. Da besondere
Fachkenntnisse nicht vorausgesetzt werden, können auch Nichtchemiker den Inhalt
leicht verstehen.
Dr. R. Mennig, Die Wetterrose. Anleitung zur leichten Selbstbestimmung des
kommenden Wetters, Berlin, 0. Salle, Preis 0.20 Mk. Die Tafel bringt, in Gestalt
einer Windrose angeordnet, Prognosen nach Windrichtung und Gang des Barometers.
Da die Wetterrose nach strengen, wissenschaftlichen Grundsätzen aufgestellt ist,
kann man den Prognosen ein großes Vertrauen entgegenbringen. Der äußerst
geringe Umfang macht das Mitnehmen auf den Ballonplatz leicht, sodaß der Luft¬
schiffer, der ja immer ein Barometer hat, sich seine Prognosen mit ziemlicher
Sicherheit noch im letzten Augenblick selbst machen kann.
Comptes-Rendus 1907, Nr. 11 (18. März) S. 630. A. £t6v6, Sur les a6roplanes.
Untersuchung der Gleichgewichtsbedingungen von Aeroplanen. Anwendung der Resultate
auf den Drachen.
Nr. 12 (25. März), S. 680. F. Ferber, Sur le coefficient de la rösistance
de Fair ä adopter dans un projet d’aäroplane. Ein ausführliches Referat über
die Arbeiten Ferbers auf diesem Gebiete behalten wir uns vor.
Nr. 14 (8. April). L. Teisserenc de Bort et L. Rotch, Garact^res de la
circulation atmosph6rique intertropicale. Aus den bisher ausgeführten Auf¬
stiegen der «Otaria» im Tropengebiet des atlantischen Ozeans ergibt sich folgendes:
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Die Passate aus N E reichen nur wenige hundert Meter hoch, die Temperaturabnahme
ist in dieser Schicht sehr groß. Darüber nimmt der Wind an Stärke ab und es
treten häufig Temperaturinversionen auf. Dies letztere gilt für das ganze Gebiet
zwischen den Breiten der Azoren und Ascension. Über dem NE-Passat treten Winde
aus verschiedenen Richtungen auf. Noch höher hinauf findet man Winde mit südlicher
Komponente, den Gegenpassat. Dieser beginnt in der Nähe des Äquators schon unter
2000 m, in den Tropen bei etwa 2500, in der Breite von Teneriffa noch einige 100 m
höher. Die eigentliche Richtung des Gegenpassats wird durch die Erdrotation gegeben,
am Äquator SE, dann S und SW, schließlich W in der Breite der Azoren. Auf der
südlichen Halbkugel ändern sich die Richtungen entsprechend. Nördlich der Tropen
reicht der Passat bisweilen 6—8 km hoch. Nördlich von 25° N. B. findet man im Sommer
den Passat und Gegenpassat von den Canaren bis 37° W. L. Weiter nach Amerika zu
treten entsprechend der Druckverteilung S und SW-Winde auf.
The Physical Review 1907, Nr. 3, S. 285. W. R. Turnbull, Researches on
the Forms and Stability of ASroplanes. Im künstlichen Luftstrom werden der
Auftrieb, der horizontale Widerstand und die Lage des Druckmittelpunktes (anscheinend
Schnittpunkt der Resultierenden des Winddruckes mit der Sehne) bei verschiedenen
Winkeln untersucht. Es wird gefunden, daß die «^-förmige Fläche für die Flugtechnik
die günstigste ist, denn der horizontale Widerstand ist im Verhältnis zum Auftrieb bei
den üblichen Flugwinkeln (2°—15°) sehr klein, die Resultierende des Winddruckes wandert
mit abnehmendem Neigungswinkel kontinuierlich zur Vorderkante der Fläche, wodurch
die automatische Längsstabilität erreicht wird.
Personalia.
Geh. Reg.-Rat. Hptm. a. D. Dr. Wilhelm v. Rüdiger, unser treuer Mit¬
arbeiter, ist am 30. April er. im 81. Lebensjahre gestorben.
Friedrich Ritter und Edler v. Lössl, Chefingenieur a. D., Ehrenpräsident
des Wiener Flugtechnischen Vereins, ist am 14. Mai er. im 91. Lebensjahre gestorben.
8. K. u. K. H. Erzherzog Salvator ist zum Inspekteur der Artillerie ernannt
worden.
Leutnant F. Geerdtz im Luftschiffer-Bataillon verlobte sich mit Fräulein Käthe
Müller.
Gustave Hermlte, französischer Aerologe, bekannt durch seine Verdienste um die
Einführung des Ballon-Sonde in die Wissenschaft, wurde zum Officier de lTnstruction
publique ernannt.
Sperling, Hptm. u. Lehrer beim Luftschiffer-Batl., de le Rol, Oberltn. im Tel.-Batl. 3,
Kirchner, Leutn. im Luftschiffer-Batl., sind in die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen
versetzt, Horn, Oberltn. im Eisenbahn-Rgt. 3, wurde ein Patent seines Dienstgrades ver¬
liehen.
v. Frankenberg und Proschlitz, Leutn. im Luftschiffer-Btl., wurde zum Oberleutnant,
vorl. ohne Patent, befördert.
- @ -
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet .
Die Redaktion.
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. -me Juli 1907. *<*- 7. Heft.
Karl J. Trübner f.
Am 2. Juni starb im 62. Lebensjahre nach mehrwöchigem schweren
Leiden Dr. h. c. Karl J. Trübner, der Inhaber und Leiter der weltbekannten
wissenschaftlichen Verlagsbuchhandlung zu Straßburg i. E.
Karl Trübner war am 6. Januar 1846 zu Heidelberg geboren. Er
wurde Buchhändler und lernte zunächst bei Mohr in Heidelberg 1862—64,
wurde dann Gehilfe bei F. A. Brockhaus in Leipzig.
Im Jahre 1866 trat er als
Mitarbeiter bei seinem Onkel
Nikolaus Trübner in London
ein. Auf Anregung des letzteren
begründete er im Jahre 1872 in
dem neugewonnenen Reichslande
zu Straßburg i. E. sein eigenes
Verlagshaus.
Unsere «Illustrierten Ae¬
ronautischen Mitteilungen
empfinden den Verlust Karl Trüb-
ners ganz besonders schmerzlich.
Bei ihrer Begründung vor
nunmehr 10 Jahren stand Trübner
der Entwickelung der Luftschiff¬
fahrt noch etwas skeptisch ge¬
genüber. So erklärt es sich, daß
er diese neue luftschifferliche Zeit¬
schrift nur in Kommissionsverlag
übernahm. Trotz alledem brachte
er ihrer Entwickelung mit seinem
klugen Rat und, wo es nötig
wurde, mit entschlossener Tat das
größte Interesse entgegen, und er förderte das Organ des deutschen Luft¬
schifferverbandes und des Wiener Flugtechnischen Vereins zielbe¬
wußt und nachhaltigst. Ihm gebührt ein großer Teil des Verdienstes an der
Ausbreitung der Zeitschrift über die Welt, er öffnete ihr die Pforten zu den
Bibliotheken der weitentlegensten Länder, sodaß sie geradezu zum Sprach¬
rohr der aeronautischen Entwickelung Deutschlands und Deutsch-Österreichs
mit dem Auslande durch ihn geworden ist.
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 30
Dr. Karl J. Trübner +.
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Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts hatte Trübner seine Ansichten
über die Luftschiffahrt vollkommen zu deren Gunsten verändert. Die anfäng¬
lichen Zweifel waren den besten Hoffnungen gewichen. Im Jahre 1904 übernahm
er deshalb in seinen Verlag die in zwanglosen Heften von Geheimrat
Aßmann und Professor Hergesell herausgegebenen «Beiträge zur
Physik der freien Atmosphäre», Zeitschrift für die wissenschaftliche
Erforschung der höheren Luftschichten, welche die Veröffentlichungen der
Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt in glück¬
lichster Weise insofern ergänzen, als sie allen meteorologischen Forschern
Gelegenheit bieten, das in den erwähnten Publikationen ruhende wertvolle
Material schnell auszuwerten und in wissenschaftlichen Kreisen zu verbreiten.
Als Unterzeichneter Ende 1905 Trübner seine kleine Broschüre «Die
Luftschiffahrt u. s. f.» im Manuskript vorlegte, um seinen fachtechnischen
Rat hinsichtlich des Verlags zu erbitten, kam er ihm bereits entgegen mit
den Worten: «Geben Sie sie doch mir, ich bin ja nun doch einmal unter
die Luftschiffer gegangen!»
So lebte und webte er in den letzten Jahren vollkommen überzeugt
davon, daß unserer Fachwissenschaft noch eine große Zukunft beschieden sei.
Karl Trübner hat sich ganz besonders verdient gemacht um die
Wiedererwerbung der Manesse’schen Liederhandschrift von Frankreich, ein
Prachtwerk deutschen Ursprungs, welches nunmehr wieder der Bibliothek
der Universität seiner Vaterstadt Heidelberg zur besonderen Zierde gereicht.
Es versteht sich von selbst, daß ein Verleger wie Karl Trübner auch
unter seinen Fachgenossen die ersten Ehren- und Vertrauensstellungen
einnehmen mußte. Er hat mit großer Hingabe für die Entwickelung des
deutschen Buchhandels gesorgt, und was er darin, nach großen Gesichts¬
punkten handelnd, getan hat, ist mit reichen Früchten gesegnet worden.
In gleicher W^eise sorgte er für das Sortiments-, das Antiquariat- und das
Verlagsgeschäft.
Zahlreich waren seine freundschaftlichen Beziehungen zu Gelehrten
des In- und Auslandes. Das von ihm seit 1891 herausgegebene Jahrbuch
der Universitäten der Welt «Minerva» ist heutzutage ein bedeutsames
Bindemittel für sie alle geworden und legt zugleich in beredter Weise
Zeugnis davon ab, wie unter dem Schutz des Friedens die Wissenschaft
von Jahr zu Jahr zunehmend sich über den Weltball ausbreitet.
Als ob er eine Vorahnung seines nahen Todes gehabt hätte, assoziierte
er sich im Jahre 1906 mit Dr. Walter de Gruyter in Berlin. Trübner lebte
seit 1877 in sehr glücklicher, kinderloser Ehe mit Klara Engelhorn, der
Tochter eines Mannheimer Rechtsanwalts. Sein Name, eng verknüpft mit
seinen Werken, wird niemals aussterben.
Wir alle aber, die wir seine hohen Geistes- und Charaktereigenschaften
persönlich kennen und hochschätzen gelernt haben, werden uns seiner stets
gern mit dankbarem Herzen erinnern, wir werden ihn niemals vergessen.
Hermann W. L. Moedebeck.
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Friedrich Ritter von Lössl f.
Mit Friedrich von Lössl (:— geboren 1817 zu Weiler im bayerischen
Allgäu, gestorben im 90. Lebensjahre am 14. Mai 1907 zu Wien —) ist
der Nestor der Wiener Flugtechniker, ein Mann von außergewöhnlicher Be¬
gabung und Arbeitskraft dahingegangen.
Er verlebte die Studienzeit in München, wendete sich dann mit leb¬
haftem Eifer dem in den 30er Jahren in Aufschwung kommenden Eisenbahn¬
bau zu, wurde kgl. bayerischer Sektionsingenieur, später Betriebs- und
Bahnerhaltungschef der Kaiserin Elisabeth-Westbahn in Linz und beteiligte
sich in angestrengter Tätigkeit bei sehr vielen Projekten und Bahnbauten.
Seit seinem 60. Lebensjahre bis in sein hohes Alter beschäftigte sich
von Lössl mit Studien über aerody¬
namische Probleme und zwar mit
einer Vorliebe und Schaffensfreudig¬
keit ohnegleichen und mit einem un¬
ermüdlichen Fleiße. Gediegen wissen¬
schaftlicher Ernst, uneigennütziges
Streben aus Lust und Liebe zur For¬
schung, eine glückliche Vereinigung
von theoretischem Wissen und prak¬
tischem Sinn zeichneten den seltenen
Mann aus.
Er baute vielerlei sinnreiche
Apparate zur exakten Bestimmung des
Luftwiderstandes verschieden geform¬
ter Flächen und Körper, hielt beleh¬
rende Experimentalvorträge, veröffent¬
lichte seine Erfahrungen in vielen Bro¬
schüren; durch sein Zutun entstand
im Jahre 1880 eine eigene flugtech¬
nische Gruppe im österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, aus
welcher später der Wiener flugtechnische Verein hervorwuchs.
Die wichtigsten Arbeiten Lössls auf flugtechnischem Gebiete sind
niedergelegt in seinem (bei A. Holder in Wien) im Jahre 1896 erschienenen
Werke: «Die Luftwiderstandsgesetze, der Fall durch die Luft und
der Vogelflug. Mathematisch-mechanische Klärung, auf experimenteller
Grundlage entwickelt.»
Die darin auf Grund eingehender Versuche sich ergebenden und klar¬
gelegten Hauptformeln der Aerodynamik nebst den zugehörigen Tabellen
und Bildern, insbesondere die Gleichung für den Luftwiderstand schräger
Flächen, worin der Sinus des Neigungswinkels in erster Potenz seinen
berechtigten Platz findet, dann die Untersuchungen über den Stauhügel
ruhender Luft, welcher sich vor bewegten Flächen und Körpern auf baut,
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sind von großer Bedeutung und haben volle und verdiente Anerkennung
gefunden; nur Lössls nicht homogene Formel und Begründung für die Fall¬
verzögerung oder «SinkVerminderung», welche wagrechte dünne Platten
erfahren, wenn sie während des Niederfallens gleichzeitig seitlich verschoben
werden, stieß begreiflicherweise auf eine heftige Gegnerschaft, welche
mancherlei unliebsame und hartnäckige Streitschriften hervorrief. Weiter
liefern die in Lössls Werke enthaltenen Angaben über den Flug der Tauben,
welche mit großer Sorgfalt zusammengestellt sind, einen schätzenswerten
Beitrag zur Klärung der Flugfrage.
Der Wiener flugtechnische Verein verehrte in Herrn von Lössl seinen
langjährigen Senior und zeichnete ihn vor Jahren durch Verleihung der
Ehrenpräsidentschaft aus.
Staunenswert ist die Schaffenskraft und Arbeitslust, mit welcher der
schon fast 90jährige Mann im Garten seiner von prächtiger Alpenwelt um¬
gebenen Villa Gentiana in Aussee sich noch schwierigen und große Ausdauer
erfordernden Untersuchungen widmete.
Schreiber dieser Zeilen war persönlich mit dem Verstorbenen gut
befreundet und hat von Anfang her an seinen aerodynamischen Arbeiten
und Bemühungen stets regen Anteil genommen. Es wäre höchst verdienst¬
lich und für die Sache der Flugtechnik von Wichtigkeit, wenn aus dem
Nachlasse Lössls die Ergebnisse seiner Experimente aus den Jahren 1896
bis 1907 gesammelt, gesichtet und veröffentlicht werden möchten.
Friedrich von Lössls Name und seine Leistungen werden in der Ge¬
schichte der Aerodynamik und der Flugtechnik unvergessen bleiben.
Georg Wellner.
Aeronautik.
Capitano Ulivelli f.
Sonntag, den 2. Juni, wurde das italienische Verfassungsfest in Rom
durch eine schreckliche aeronautische Katastrophe gestört. Wie gewöhnlich
nahm S. M. der König Viktor Emanuel die Parade ab. An dieser Revue
nahm auch die Luftschifferabteilung unseres Geniekorps mit einem kleinen
Fesselballon und einem reduzierten Park teil. Der Fesselballon von 240 cbm
Inhalt, aus mit Öl und Aluminiumstaub gefirnißter Seide, war in der Werk¬
stätte der Luftschifferabteilung in Rom vor vier Jahren konstruiert worden.
Um 11 Uhr vormittags, bei einer nicht gerade für eine Auffahrt ge¬
eigneten Witterung, ein Gewitter zog nämlich von NW herauf, wurde der
Ballon frei aufgelassen; in dem kleinen, eigentlich nur für Fesselbetrieb
bestimmten Korb nahm der Geniehauptmann A. Ulivelli Platz.
In den untersten Luftschichten wehte W-Wind, aber schon in einer
Höhe von 150 Meter ließ sich die bekannte, gegen das Gewitter gerichtete
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Luftströmung wahrnehmen; von dieser Strömung wurde der Ballon gerade
in der Richtung des heranziehenden Gewitters mitgeführt.
Um 11 Uhr 30 Min. konnte man nur noch mit Schwierigkeit die
Ballonsilhouette auf dem tiefgrauen Grund der Wolken unterscheiden.
Plötzlich schien es, daß in der Nähe des Ballons ein Blitzstrahl zuckte, und
fast gleichzeitig konnte man den Ballon in Flammen herabstürzen sehen.
Die Höhe des Luftschiffes in dem Moment des Blitzschlages war ungefähr
300 Meter über dem Boden; in den ersten Augenblicken des Sturzes wirkten
die Hüllenstücke in dem Netze wie ein Fallschirm, und der unglückliche
Hauptmann mit einem erstaunlichen,
leider unnützen kalten Blute, konnte
den gesamten Ballastvorrat auswerfen,
sodaß die Fallgeschwindigkeit in den
ersten Sekunden etwas vermindert wurde.
Diese schützende Wirkung der Hülle
konnte aber nur einen Augenblick dauern,
denn bald wurde sie von den Flammen
vernichtet; der Fall dauerte ungefähr 10
Sekunden!
Die Gondel fiel auf einen großen
Busch und der arme Luftschiffer wurde
einige Meter davon hinausgeschleudert.
Einige Bauern, die in der Nähe waren,
trugen den Körper des Hauptmanns Ulivelli
in ein nahes kleines Wirtshaus, von wo
er später durch ein militärisches Auto¬
mobil in das Spital gebracht wurde.
Der unglückliche Luftschiffer hatte
keine sichtbare Verwundung, konnte aber
kein Wort sprechen. Um 12 Uhr 20 Min.
wurde der arme Offizier von S. M. dem
König besucht und schien ihn zu er¬
kennen, doch um 14 Uhr 30 Min. starb
er an innerlichen Verwundungen, unge¬
fähr drei Stunden nach dem schrecklichen
Ereignisse.
Mit ihm verliert unsere Luftschifffer-
abteilung einen ihrer besten Offiziere, die italienische aeronautische Gesell¬
schaft einen ihrer kühnsten und geschicktesten Führer!
Viel wird jetzt diskutiert über die Ursache des traurigen Falles; es
scheint, daß es sich ohne Zweifel um einen Blitzschlag handelte, der den
aus dem Füllansatz herausströmenden Wasserstoff entzündete und so die Ver¬
nichtung des Ballons verursachte. Von verschiedenen Fachmännern in Italien
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238 ««♦
wird die Blitzgefahr für einen im Gewitter befindlichen Ballon bestritten und
behauptet, daß ein solcher Ballon sich in derselben Gefahr befindet wie
ein Mensch, der beim Gewitter auf offenem Felde läuft; dabei ist aber
der große Unterschied der Zahlen der zwischen Wolken und Erde und
zwischen Wolken und Wolken stattfindenden Entladungen nicht berücksichtigt!
Jedenfalls, seien auch verschiedene bei Gewitter stattgehabte Auffahrten
glücklich gelungen, scheint es berechtigt, von einer Auffahrt beim Gewitter
abzuraten.
Hätte man am 2. Juni weniger Kühnheit gehabt, so hätten wir jetzt
nicht einen so traurigen Verlust zu beklagen! A. Pochettino.
Aeronautische Terminologie.
Ich habe mich aufrichtig gefreut, aus dem letzten Maihefte der «Aeron. Milt.»
zu ersehen, daß Herr Major Moedebeck sich der Aeronautischen Terminologie ange¬
nommen hat, um endlich zu einem einheitlichen Begriffe der deutschen aeronautischen
Bezeichnungen zu gelangen.
Wir haben z. B. in Wien jahrelang diejenigen Apparate, durch welche die direkte
Nachahmung des Vogelfluges, d. h. durch Flügelschläge, erstrebt wurde, «Ruderflieger»
genannt. Dann kam für diese Apparate die Bezeichnung «Schwingenflieger» und schließlich
nennt man denselben Apparat auch «Flügelflieger».
Ich würde die Bezeichnung «Ruderflieger» oder «Schwingenflieger» dem «Flügel¬
flieger» vorziehen, weil ja auch der Segelflieger, dessen Flugfunktion der Drachenflug
ist, auf Flügeln durch die Luft segelt. —
Selbstverständlich werde ich mich auch zu der letzteren Bezeichnung gerne fügen,
wenn sie von der Mehrheit angenommen wird.
Ebenso glaube ich, würde die Bezeichnung «Schraubenflieger» dem «Segelrad»
vorzuziehen sein, da die erstere Bezeichnung mir logischer erscheint.
Gegen die übrigen eingebürgerten Bezeichnungen; wie «Flugtechnik», «Flug¬
apparat», «Flugschiffe», und «Drachenflieger» läßt sich nichts einwenden, nur wäre es
zu wünschen, daß man, zur Flugtechnik gehörig, noch die Bezeichnungen von «Gleitflieger»
(lenkbarer Fallschirm) und «Gewöhnlicher Fallschirm» hinzufügt, weil es noch oft
geschieht, daß man den Gleitflieger vom Drachenflieger nicht unterscheidet.
W. Kress.
Beteiligung Englands an den Internationalen Aufstiegen.
In England werden an den Internationalen Terminen, besonders im Juli, Ballon-
sondes an der Westküste von Schottland durch W. H. Dines, Ballonsondes und Pilot¬
ballons durch Mr. Petavel in Ditcham Park, Petersfield und bei Manchester aufgelassen
werden. Die atmosphärischen Bedingungen für Drachenaufstiege sind in England Ende
Juli nicht besonders günstig, jedoch wird versucht werden, Drachenaufstiege in Glossop-
Moor, Pyrton Hill, Ditcham Park und Brighton zu veranstalten.
Die Royal Meteorological Society wird sich gleichfalls an den Aufstiegen be¬
teiligen und hat von der Regierung eine Unterstützung erhalten. (Nach «Nature» vom
30. Mai 1907.) E.
Aeronautische Übersicht.
Bemerkenswerte Freiballonfalirten. Am 17./18. Mai 1907 fuhr Prof. Poeschel-
Meißen vom Berliner Verein für Luftschiffahrt mit den Herren Reichel-Meißen, Pfaff-
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Dresden, G. M. Hermann-Dresden von Bitterfeld im Ballon «Bezold» (1380 cbm) mit
Wasserstoffüllung. Die Fahrt dauerte 17 St. 40 Min. und endete bei Ossowo, nabe Könitz
(Westpr.). Bemerkenswert ist der geringe Ballastverbrauch von der Abfahrt (10 Uhr
40 Min. abends) bis 5 Uhr morgens (nur 4 Sack), was zum Teil durch die Wasserstoff¬
füllung seine Erklärung findet. Die Länge der Fahrt in der Luftlinie betrug 440 km.
Mit dem gleichen Ballon, aber mit Leuchtgasfüllung, fuhr am 24. Mai, abends 8 Uhr
13 Min. Dr. Flemming-Berlin mit den Herren Schubert und Liebich-Berlin von Tegel
ab. Bereits um 8 Uhr 40 mußte bei Haselhorst nahe Spandau wegen starken Gewitter¬
regens eine Landung gemacht werden, bei welcher Herr Schubert ausgesetzt wurde. Die
Weiterfahrt wurde um 11 Uhr 40 nachts mit nur 5 ! /* Sack Ballast angetreten, welche
noch zu einer Fahrt bis 10 Uhr 46 des nächsten Vormittags ausreichten. Die Fahrt
endete bei Josephsthal (Bez. Gablonz. Böhmen).
Hydroplan von Crooco und Rioaldonl auf dem See von Braooiano in voller Fahrt.
(Der Rumpf ist vollständig aus dem Wasser.)
Eine Fahrt nach Rußland machte der Ballon «Tschudi» des Berliner Vereins am
27./*28. Mai unter Führung von Dr. Bröckelmann, Teilnehmer Herr Direktor Schwartz-
München. Der Ballon trug bei Leuchtgasfüllung 14 Sack Ballast, und verließ Tegel um
7 Uhr 20 abends. Mit mittlerer Geschwindigkeit wurde Königs-Wusterhausen, Kottbus
(12 Uhr 20 nachts), Breslau (6 Uhr 20 morgens) passiert. Die russische Grenze wurde
um 9 Uhr 40 bei Czenstochau überschritten. Um 10 Uhr erfolgte eine glatte Landung
bei sehr starkem Bodenwind nahe Mstow an der Warta. Um 8 Uhr morgens fiel der
Ballon plötzlich stark und es wurde bemerkt, daß Ventil und Reißleine, welche mit
genügendem Durchhang angebunden, straft angezogen waren, wodurch sich das
Ventil geöffnet hatte. Das Straffwerden der Leinen ist durch Feuchtwerden, infolge von
Kondensation des Wasserdampfes im Gase, vermutlich durch Ausdehnung, denn der
Ballon war im Steigen, und wohl auch durch Trocknen des Netzes durch die Sonnen¬
strahlung zu erklären. Es ist dies ein Punkt, welchen der Ballonführer nicht aus den
Augen verlieren darf. E.
Der Wirkungsgrad der Luftschrauben kann doch nicht so schlecht sein, wie er
vielfach noch angesehen wird, sonst würde man nicht immer wieder auf neue Verwen¬
dungen stoßen. Luftschrauben scheinen selbst bei Schiffen den Wasserschrauben Kon¬
kurrenz zu machen. Am 22. Mai veranstalteten die Herren Crocco und Ricaldoni der
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*»»» 240 ««
Brigata Specialisti-Rom auf dem See von Bracciano neue Versuche mit ihrem Gleitboot.
Dieses Gleitboot wird von zwei V-förmigen Flossenpaaren getragen. Ein Paar Flossen
befindet sich am Kiele und ein anderes Paar am Hecke des Bootes, beide erheben den
SchilTrumpf einen halben Meter aus dem Wasser.
Das Gleitboot wird von zwei Luftschrauben vorwärts getrieben, die, von einem
80 bis 100 HP starken Motor Clement-Bayard in Bewegung gesetzt, dem Fahrzeug eine
Geschwindigkeit von 70 km in der Stunde verleihen.
Das ganze System wiegt, inbegriffen zwei Personen, 1500 kg.
Weltmann wird demnächst in Spitzbergen eintreffen und die Fertigstellung seines
Luftschiffes betreiben. Über die Veränderungen gegen das Vorjahr ist bereits im Aprilheft
berichtet worden. Wellmann hat nun einem Reuter-Berichterstatter die folgenden An¬
gaben über sein Luftschiff gemacht, die wir mit allem Vorbehalt wiedergeben. Die Aus¬
balancierung des Luftschiffs wird durch einen Proviantbehälter besorgt, der mit Inhalt
300 kg wiegt und in der Längsachse auf einer Leitschiene verschoben werden kann.
Im ganzen sollen 3500 kg Benzin mitgenommen werden, welche bei einer Eigengeschwin¬
digkeit des Luftschiffs von 7 mps. einen Weg von 4000 km zurückzulegen gestatten, also
ungefähr den doppelten Weg, der zur Erreichung des Nordpols und zur Rückkehr nach
Spitzbergen nötig ist. Die Last vermindert sich durch Benzinverbrauch um etwa 300 kg
pro Tag, während nur etwa 70 cbm Gas durch Diffusion entweichen sollen, so daß noch
ca. 200 cbm Gas überflüssig werden, welche im Motor verbrannt werden sollen. Die
ganze Fahrt soll am Tau erfolgen, das nicht aus dem üblichen Hanftau mit Stahl¬
einlage besteht, sondern als Lederschlauch von 37 cm Durchmesser ausgebildet ist und
mit Lebensmitteln gefüllt werden soll. Der Schlauch ist 45 m lang und wiegt mit
Füllung 050 kg, er ist an einem Stahltau an der Gondel angehängt. Wie weit diese
Angaben richtig sind, läßt sich natürlich nicht beurteilen. Es bietet sich jedoch in
diesem Jahre eine gute Gelegenheit, die Wellmannschen Einrichtungen zu besichtigen
und eventl. einem Aufstieg beizuwohnen. Die Söhne des verstorbenen Kapitän Bade
in Wismar, mit dessen Unternehmen seinerzeit Berson und Elias die ersten Drachen¬
aufstiege in den nordischen Gewässern ausführten, rüsten auch in diesem Jahre ein
Schiff, den Dampfer «Thalia» aus, welcher am 21. Juli von Kiel abgeht und sich ca.
8 Tage in Spitzbergischen Fjorden aufhalten wird. Da Wellmann zu dieser Zeit abzu¬
fahren gedenkt, so ist es wahrscheinlich, daß die Teilnehmer an dieser Reise Gelegen¬
heit haben, der Abfahrt oder mindestens den Versuchen dazu beizuwohnen.
Flugtechnik.
Kritische Betrachtungen über die neuen Drachenflieger.
(Von Hofrat Prof. Georg Wellner.)
Die Fortschritte im Baue von Luftfahrzeugen ohne Ballon, insbesondere
von Drachenfliegern, welche neuester Zeit mit elementarer Entwickelungskraft
in Paris und anderwärts zutage treten, die dabei erzielten, freilich immer
noch sehr geringfügigen Erfolge der Aviatik, sowie die Bestrebungen, welche
in dieser Richtung nun auch in Deutschland rege werden und zur Geltung
zu kommen trachten (wie mir u. a. zahlreiche Zuschriften bekunden), lassen
es gerechtfertigt erscheinen, kritische Betrachtungen anzustellen über die
vielfach noch ungeklärten Fragen dieser dynamischen Flugmethode.
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Tabelle der neuen Drachenflieger.
(Abbildungen siehe in der Zeitschrift 1907 *) Heft 5, 2) Heft t, 8) Heft 1.)
*»►» 241 «44«
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Fig. 5. — Drachenflieger Zent.
A obere, A' untere Tragfläche, C spitzer Steuerträger, G vorderes Steuer, P Sitzplatz, H Schraube, m Stützen,
B, B', B", B‘" elastischo Landungspuffer, R Anlaufrad, Q Schwanz.
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244 €44«
Eine Prüfung des
vorliegenden Materials,
wenn sie auch nicht er¬
schöpfend und in allen
Stücken zu einem ab¬
schließenden Ergebnis
führend sein kann, ist
jedenfalls zeitgemäß
und kann vielen Arbei¬
tern auf diesem Gebiete
zu hilfreicher Anregung
dienen.
Von vornherein
sei hier ausgesprochen,
daß der Autor die jetzt
üblichen und allgemein
bevorzugten Drachen¬
flieger nicht als die letzte
und brauchbarste Leis¬
tung für eine zufrieden¬
stellende LuftschifTahrt
auiTaßt. 1 ) Die vorste-
Fig. 8 . — Drachenflieger Kapfärer. ' , u . ....
S, S' Tragflächen, E, E' Flächen der Vorderzelle, Q, Q‘ Flächen des hende labeile enthalt
Schwanzes, G Seltenst euer, F Träger, M Motor, H Schraube, R Anlaufrad, jjj übersichtlicher Form
r, r‘ Federn. ...
die wichtigsten Daten
über die bekanntesten Drachenflieger der neueren Zeit, entnommen den ver¬
schiedenen Fachzeitschriften, teilweise auch der eigenen Beobachtung und
Messung.
Wenn man einen Drachenflieger in seine Bestandteile zergliedert, kann
man unterscheiden: Das Gerüst des Fahrzeuges, die Tragflächen,
den Motor und die Propellerschrauben. Hierzu treten dann die Vor¬
kehrungen für die Steuerung, Regulierung und Stabilität des Fluges,
für den Aufflug und das Landen. Diese einzelnen Stücke sollen nun
nacheinander in ihren Ausführungen einer vergleichenden Besprechung unter¬
zogen werden.
1. Die Tragflächen sollen das Erheben des Fahrzeugs vom Erdboden
in die freie Luft und die Erzeugung der Hebekraft für den Schwebeflug be¬
sorgen, was nur durch eine schnelle Vorwärtsbewegung möglich ist. Je
rascher die Fahrt, desto kleiner und desto flacher gestellt können die Flügel
sein, nur wird der Anlauf zur Erreichung der nötigen Anfangsgeschwindigkeit
und das Landen dadurch schwieriger. Die beistehenden schematischen
*) Siche den Aufsatz des Autors „Über Drachenflieger“ im Heft 5 d. Js., worin die Gleichungen
über die maßgebenden Verhältnisse augegeben sind.
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Skizzen zeigen die gewöhnlichen Formen der Tragflächen, dargestellt in der
Stirnansicht, in der Draufsicht und im Querprofil. (Figur 9—11.)
+
Fig. 10. — Draufsicht.
Fig. 9 — Stlrnansloht.
Es gibt einfache und mehrfach zu¬
sammengesetzte Tragflächen.
Die einfache Flügelfläche(Bleriot,
Vuia, Antoinette, Etrich) trägt schön und
gut, ist aber in genügender Größe und
Festigkeit nicht leicht herstellbar.
Die Doppelfläche, häufig Doppeldecker genannt, mit
einem Abstande von meist 1,5 m übereinander, wobei die
untere Fläche oft breiter gehalten wird, mit oder ohne
Zellenabteilungen (Santos Dumont, Wright, Delagrange,
Kapferer) gestattet in bequemer Weise größere Flächenaus- Fig. 11. - Querprofli
maße zu erreichen, besitzt günstige Festigkeitsverhältnisse und sichert die
Luftführung, steigert aber wegen der Verbindungsstangen den schädlichen
Stirnwiderstand und ist in bezug auf ihre Tragwirkung nur mit etwa *ls des
Wertes einzuschätzen.
Mehrfache Tragflächenverbindungen neben- und übereinander
(Maxim), übereinander (Philipps) oder hintereinander (Kress) werden in der
Aufstellung schwerfällig und infolge gegegenseitiger Störung und wegen Luft¬
wirbelbildungen weniger wirksam.
Die Tragflächen sind entweder fest mit dem Fahrgerüst ver¬
bunden, manchmal nach oben umlegbar (Bleriot) oder fächerförmig zusammen-
schiebbar (Etrich, Hofmann), um den Transport zu erleichtern.
Dabei sind die Flächen starr und steif der Länge oder der Quere
nach, oder nachgiebig, teilweise elastisch, ferner eben oder gewölbt und
sind alle diese Abbiegungen und Formwendungen, besonders an den Flügel¬
enden (siehe die Figur 1), höchst wichtig für die Stabilität des Fluges, be¬
ziehungsweise für das Verhalten der Drachenflieger bei seitlichen und sto߬
weise auftretenden Winden.
In betreff des Konstruktionsmaterials der Tragflächen sind für das
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Gerippe: Stahlrohre, Bambus oder Holz mit Eisenverbindungen üblich, dann
für den Belag: Ballonstoff, gefirnißte Leinwand oderSeide, auch Pergament¬
papierüberzug (Blöriot).
Das Ausmaß der Gesamtfläche schwankt in den Ausführungen zwischen
13 und 60 qm, das Gewicht für 1 qm beträgt 1 bis 4 kg. Als allgemeine
Regel für eine gute Tragfläche kann gelten: Einfache Vogelflügel¬
form mit sanften Übergängen ohne scharfe Ecken, parabolische
Wölbung, die Vorderpartie steifer und fester gebaut, die Rück¬
seite und die Flügelenden weich und nachgiebig auslaufend, dabei
möglichste Glätte oben und unten, bestes Material.
2. Der Motor, welcher die Propeller anzutreiben und durch deren
Umlauf die Vorwärtsbewegung des Drachenfliegers zu erzeugen hat, soll
unbedingt sehr leicht und kräftig sein.
Allen Bemühungen, eine zweckmäßige Dampfmaschine zu finden (Maxim,
Hofmann) oder einen guten Kohlensäuremotor zu bauen (Vuia) gegenüber
stehen die aus dem Automobilwesen hervorgegangenen und in vorzüglichster
Weise ausgebildeten Benzinmotore als weit überlegen da. Antoinette-
motore von 25, 50 und 100 Pferdeslärken wiegen 48, 72 und 120 kg, also
nur 2 bis 1,2 kg pro Pferd und liefern mit ihren 8 Zylindern und hohlen
Kurbelwellen von Nickelstahl 1000 bis 1800 Touren mit ausgezeichneter
Gleichförmigkeit. Was kann man da noch Besseres verlangen oder anstreben
wollen? Allerdings verlangen diese Kraftmaschinen eine sorgfältige Wartung
und verständnisvolle Behandlung.
Man wähle demnach für den Betrieb von Drachenfliegern:
Antoinettemotore!
3. Die Propeller (Treib-oder Schubschrauben) werden entweder
direkt von der Motorwelle oder durch Kettentrieb in Umlauf gesetzt. Man
benützt selten zwei gegenläufige Luftschrauben
neben- oder hintereinander, zumeist nur eine
solche und zwar rückwärts angeordnet, nur
ausnahmsweise vorn (so bei Santos Dumont II).
Die Aufstellung geschieht unten, in der Mitte,
auch oben (Santos Dumont II). Die Schrau¬
benflügel, zwei an Zahl, sektorförmig oder
kreisscheibenförmig (Hofmann) (siehe die Fi¬
gur 2), hergestellt aus Stahl mit Aluminium
oder Magnalium, im Durchmesser 1,5 bis 2,5 m
messend, rotieren mit 1000 bis 1500 Touren.
Beste Ausführung und richtigste Formgebung ist geboten aus Festigkeits¬
rücksichten (die Umlaufsgeschwindigkeiten betragen 50—90 Sekundenmeter)
und wegen des Wirkungsgrades (welcher zwischen 0,4 und 0,7 zu schwanken
pflegt). Die Steigung der Schraubenflächen ist zumeist fest, selten auf mehrere
Ganghöhen für verschiedene Fahrgeschwindigkeiten einstellbar, wie bei B16-
riot; Etrich macht die Steigung sogar während des Flugs durch ein Handrad
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veränderlich. Der Anlauf geschieht in diesem Falle sehr bequem und schnell
bei wenig geneigten Flächen und während der eintretenden Beschleunigung
der Fahrt werden die Flügel steiler gestellt, damit der Einfallswinkel der Luft
gegen die Schraubenflächen immer günstig bleibe; hierzu ist freilich eine ge¬
wisse Übung und Geschicklichkeit erforderlich, damit kein Unfall geschähe.
Auch ist zu beachten, daß die Schraubenflächen für verschieden geneigte Lagen
nicht überall orthogonal bleiben, folglich stellenweise auch negative Einfalls¬
winkel der Luft auftreten können. Anderseits läßt sich durch diese Methode
das heftige Peitschen und Herumwühlen der Flügel in der Luft ersparen,
welches bei den unveränderlich fest- und steilgestellten Schrauben wegen
der anfänglich kleinen Vorwärtsgeschwindigkeit eintritt und dabei den An¬
lauf und Abflug unliebsam verzögert.
Hinsichtlich des Drehmomentes der Luftpropeller, welches ein
seitliches Kippen des Fahrzeuges bewirken will, ist zu bemerken, daß das¬
selbe trotz des raschen Umlaufes nur geringfügig ist und durch ein kleines
Übergewicht an einem Flügelende ausgeglichen werden kann. Wenn ein
Drachenflieger wegen dieses Drehmomentes schon nicht stabil genug sein
sollte, dann ist er unbrauchbar zu nennen, weil er dann einem mäßigen
Windstoße von der Seite gewiß nicht mehr standhalten könnte. Empfehlens¬
wert ist es deshalb, nur einen einzigen Propeller, und zwar wo¬
möglich mit direktem Antrieb, zu verwenden und die Bauart und
Form desselben mit größter Sorgfalt zu wählen.
4. Das Fahrzeug der Drachenflieger dient der Anbringung der
Tragflächen, des Motors mit der Schraube, des Sitzes für den Fahrer, der
Steuerung sowie der Räder und Stützen.
Das Gesamtgewicht der Drachenflieger, welche für 1 Mann bestimmt
sind (nur das Projekt von Antoinette soll zwei Insassen tragen), beträgt, wie
aus der Tabelle zu entnehmen ist, G = 240 bis 420 kg; das Tragvermögen
G
für je 1 qm Tragfläche ist: — = 5 bis 20 kg, ferner das auf 1 Effektiv-
G
Pferdestärke des Motors entfallende Gewicht: = 7 bis 26 kg.
Als gute Mittelwerte sind anzusehen: G = 300; F = 30;
G G
Ne = 20; -y = 10; = 15. Dabei ist eine Fluggeschwindigkeit von
10 bis 12 Sekundenmetern vorausgesetzt. Für Geschwindigkeiten von 16
bis 20 Sekundenmetern müßte bei gleichbleibendem Gewichte G = 300 kg
die Tragfläche rund auf F = 20 qm erniedrigt, die Motorleistung dagegen
G G
auf Ne = 30 erhöht werden, wodurch sich - 5 - = 15 und ■=*- = 10 stellt.
’ F Ne
Die Gewichtsverteilung auf die einzelnen Teile des Drachenfliegers bei
normalen Verhältnissen wäre hiernach ungefähr die folgende:
Tragfläche.60 kg
Motor.50 »
Propeller. 10 »
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Fahrzeug .
. 40
kg.
1 Mann.
. 80
5 »
Zubehör .
. 40
»
Überschuß.
. 20
»
Zusammen . .
. 300
kg-
Endlich sei darauf hingewiesen, daß es sehr wichtig sei, dem Fahrzeug
eine schifTähnlich spitzige Bauart zu geben, damit der schädliche Stirnwider¬
stand tunlichst klein werde.
5. Die Steuerung, der Anflug und das Landen, die .Regelung
der Fluggeschwindigkeit und die Stabilitätsfrage.
Die Steuerung, welche das Lenken der Flugrichtung sowohl nach
oben und unten, als auch nach rechts und linkshin zur Aufgabe hat, wird
vom Fahrer während der Vorwärtsbewegung des Fahrzeuges gehandhabt.
Beim Stillstände bleibt das Steuer unwirksam, geradeso wie das beim Schiff
im Wasser der Fall ist; je rascher die Fahrt, um so empfindlicher macht
sich der Einfluß des Steuerns geltend, und gehört unter allen Umständen
eine große Übung und Geistesgegenwart dazu, die richtige Bahn einzu¬
halten.
Die Drachenflieger besitzen ein bewegliches Vordersteuer, zumeist
flachliegend mit seitlichem Abschluß (so bei Wright, Zens, Delagrange,
Kapferer; Santos Dumont I hatte ein weit vorgebautes Schnabelsteuer in
Form einer quadratischen Zelle), dann das gewöhnliche, um eine vertikale
Achse drehbare rückwärtige Steuer (so bei Wright, Santos Dumont II),
welches manchmal zwischen der festliegenden Schwanzfläche eingebaut ist
(so bei Delagrange, Kapferer, De la Vaulx).
Für den Anflug, d. h. für die Erreichung der zur Erhebung vom Erd¬
boden notwendigen Anfangsgeschwindigkeit (von etwa 10 m in der Sekunde)
ist ein Anlauf des Fahrzeuges erforderlich. Dieser Anlauf geschieht
gegenwärtig auf 2 oder 3 iin Fahrgerüste gelagerten leichten Pneumatik¬
rädern; nur Etrichs Flieger hat Kufen und fliegt von einem auf Bahnschienen
rollenden Wagen ab, und Hofmann in Berlin benützt hohe Kippstelzen,
durch deren Senkung das Fahrzeug, im Bogen niederfallend, in die Luft
hineingeschoben wird.
Über die Dauer des Anlaufes und über die dabei zurückgelegte Weg¬
strecke (von 20 bis 200 m) entscheiden neben der Geschicklichkeit des
Fahrers in der Beherrschung des Motors und der Steuervorrichtungen: die
Terrainverhältnisse, die herrschende Windstärke und Richtung (am besten
fährt man gegen Wind an), ferner die gute Ausbalancierung der Flügel und
die Steigung der Schraube. In bezug auf die letztere ist das im Kapitel:
«Propeller* über veränderliche Ganghöhe Gesagte beachtenswert.
Das Landen soll weich und elastisch vor sich gehen, denn ein harter
Aufstoß des in voller Fluggeschwindigkeit befindlichen Fahrzeuges gegen den
festen Erdboden schädigt naturgemäß die Räder, den Motor, die Schraube
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und das ganze Gefüge des Fliegers (siehe die Anmerkungen in der Tabelle).
Fast alle Drachenfliegerversuche endeten mit einer Havarie, nur Delagrange
ist es bis jetzt gelungen, glatt zu landen.
Für ein sanftes Sichaufsetzen auf die Erde scheinen sich die Schlitten¬
kufen, wie sie Etrich anwendet, vorzüglich shi eignen.
Hiernach wäre folgende Anordnung mit drei Rädern und drei Kufen
empfehlenswert: Für den Anlauf dienen die Räder bei abgehobenen
Kufen; vor dem Landen werden die Kufen niedergesenkt, damit sie das sich
zur Erde gleitende Fahrzeug allmählich zur Ruhe bringen, dann werden die
Kufen wieder gehoben; die Flügel werden nach oben oder nach rückwärts
geklappt oder fächerförmig zusammengeschoben; die Räder treten wieder in
Aktion und der Flieger kann als eine Art Automobil mit Luftschraubenbetrieb
auf der Straße heimwärtsfahren. Leider bedingt diese Zusammenstellung
von Rädern und Kufen eine beträchtliche Mehrbelastung des Fahrgerüstes.
Von einer Regelung des Fluges, einem Beschleunigen und Ver¬
zögern, einem Wenden und Drehen in Bahnkurven, einem Manövrieren der
Drachenflieger im Luftmeere, kann füglich noch keine Rede sein, da — ab¬
gesehen von den staunenswerten Leistungen und Hochflügen der Brüder
Wright in Amerika, über welchen ein Geheimnis schwebt — überhaupt
noch keine langdauernden Flüge erzielt worden sind und schon ein guter
Anflug und ein glattes Landen als hochrühmenswert gelten muß.
Die Stabilität des Fluges verlangt, daß bei unvorhergesehenen
Schiefstellungen, z. B. bei widrigen Windstößen, ohne daß der Fahrer durch
seine Steuervorrichtungen einzugreifen braucht — er hätte auch in den
meisten Fällen nicht die Zeit dazu —, die ordnungsmäßige Schwebelage des
Luftfahrzeuges sich automatisch wieder zurechtstelle, damit ein Kippen nach
vorn, nach rückwärts, nach der Seite hintangehalten sei und Unfälle aller
Art vermieden werden. Die Sicherheit des Betriebes fordert überdies, daß
auch im Falle, wenn der Motor versagt, kein jäher Todessturz erfolge.
Maxim, Ader, Kreß, Langley hatten böse Unfälle zu leiden, und auch die
kühnen Drachenflieger der Gegenwart sind häufigen Havarien ausgesetzt und
von steten Gefahren bedroht.
Wright und Etrich verbinden gewisse Partien der Flächenenden ihrer
nachgiebigen Flügel durch über Rollen geführte Stahldrähte miteinander, um
einen gegenseitigen Ausgleich seitlicher Störungen herbeizuführen, und scheinen
mit dieser Methode günstige Erfolge zu haben. Die gute Formgebung der
Tragflächen kann einem ruhigen Fluge hilfreich entgegenkommen, wie dies
z. B. durch Anbringung der Schwanzflächen und durch die Abbiegung der
Flügelenden nach rückwärts (Bleriot und Etrich) geschieht, daß aber die Form
allein die Aufgabe der Stabilität nicht voll zu erfüllen imstande ist, ersieht
man am deutlichsten aus dem Umstande, daß ein mit ausgebreiteten Flügeln
ausgestopfter Vogel trotz der prächtigen Form und Elastizität seiner Flächen,
in freier Luft fallen gelassen, nicht sanft herniedergleitet, sondern kippend
herabstürzt. Nur der lebende Vogel fliegt stabil und sicher.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg 32
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Die Stabilitätsfrage der Drachenflieger kann nur dann zu¬
friedenstellend gelöst werden, wenn Bewegungsenergie in die
Tragflächen verlegt wird. Bei versagendem Motor soll außerdem die
Sicherheit dadurch geboten sein, daß der Flieger zu einem guten Fall¬
schirm wird.
Ballonflieger Santo* Dumont 16.
E Rad zum Anlaufen, S Steuer.
Entlastete Flugmaschinen.
Santos Dumont, der vom Freiballon zum Luftschiff, vom Lenkbaren zur Flug¬
maschine übergegangen ist, versucht nun noch die dritte Möglichkeit, eine Flugmaschine,
welche zum Teil durch einen Ballon entlastet ist. Derartige Flugmaschinen sind früher
vielfach vorgeschlagen worden, es gab sogar eine ganze Schule, welche in dem Ballon
mit Tragflächen die Lösung dos Flugproblems erblickte; abgesehen von einem einzigen
sind jedoch praktische Versuche unseres Wissens nicht ausgeführt worden.
Der neue Ballonflieger, Santos Dumont 16, wie man diese Art Flugmaschine
nennen kann, hat einen Tragballon von nur 90 cbm Inhalt. Die Hülle ist sehr leicht,
aus Seide hergestellt und hat eine Länge von 21 m bei einem größten Durchmesser von
3 m. Die ungemein schlanke und spitze
Form wird den Luftwiderstand sehr
herabsetzen. Prall wird der Ballon in
üblicher Weise durch einen Luftsack
von ca. 4 cbm Inhalt erhalten. Am
Rahmen, der dreieckig mit der Spitze
nach unten konstruiert ist, befinden sich
die Tragflächen, vorn eine kleine Fläche
F t von 17* qm, hinten eine Fläche F a
von 5 qm. Zum Antrieb der Schraube
von 2,10 m Durchmesser, die dicht am
Ballon vorbeigeht, dient ein 50 PS direkt
gekuppelter Antoinette-Motor, unter dem
das Anlaufrad angebracht ist. Der Bal¬
lon wurde am 4. Juni gefüllt. Ein erster,
am 8. Juni unternommener Versuch mi߬
glückte. Der Flieger wollte auf der Erde
anlaufen. Nach etwa 25 m kippte der
Apparat vorn herunter, der Ballon be¬
rührte die Erde und wurde zerrissen.
Schuld an dem Umkippen soll zu großer
Druck auf die hintere Tragfläche, also
wohl zu steiles Einstellen gewesen sein.
Eine ähnliche Flugmaschine hat
Malöcot-Paris in den Werkstätten Lucien
Chauvi&re bauen lassen. Der Tragballon ist 33 m lang, sein größter Durchmesser beträgt
7,30 m, sein Inhalt 1054 cbm. Unter dem Ballon ist ein Träger von dreieckigem Querschnitt
angebracht, an dessen oberer Gurtung auf beiden Seiten die Tragflächen von insgesamt
180 qm befestigt sind. Dieser Träger ist aus Bambus hergestellt, die Verbindungen der
Stäbe untereinander sind durch Metallschuhe hergestellt, an welche gleichzeitig die Zug¬
drähte zum Verspannen angreifen. Der ganze Träger von 20 m Länge, welcher eine
Gesamtbelastung von 1000 kg ohne nennenswerte Verbiegung bereits getragen hat, wiegt
nur 113 kg. Die Schraube von 3,80 Durchmesser wird durch einen 24/30 PS Buchet-
Motor angetrieben und läuft mit nur 4—500 Touren. Zum Einstellen der Flächen bzw.
des ganzen Fliegers dient ein unter dem Ballon an zwei Seilen aufgehängter Korb. Die
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251 «444
Länge der Leinen kann vom Führersitz aus verändert werden, sodaß der Schwerpunkt
des gesamten Systems verlegt und damit die Neigung geändert wird. Der untere Korb
soll außerdem zur Aufnahme von Passagieren etc. dienen. E.
Flugtechnische Übersicht.
Drachenflieger ’Edmond Seux. In Lyon hat Edmond Seux, der sich bereits durch
Arbeiten über die Theorie der Schrauben bekannt gemacht hat, einen neuen Drachen¬
flieger gebaut, dessen wesentliches Aussehen die nebenstehende Figur zeigt. Der Flieger
besitzt eine Tragfläche (A) von 10 m Spannweite und 1,85 m Länge. Der Schnitt .der
Fläche zeigt konkav-konvexe Form, eine Form, die sich in die Flugtechnik immer mehr
und mehr einbürgert, da sie in bezug auf Stabilität ausgezeichnete Eigenschaften zu
haben scheint. Der Vorderrand der Fläche ist verdickt. Diese Verdickung nimmt nach
dem Hinterrande zu ab. Die seitlichen Teile der Fläche können sich unter dem
Einfluß von passend angebrachten Federn
nach oben biegen, wodurch die seitliche
Stabilität gewahrt werden soll. Ein vor¬
deres Höhensteuer C dient zum Ansegeln
des Fliegers. Mit Hilfe einer Feder soll dieses
Steuer bei Feststellung der Steuerleine die
Längsstabilität automatisch aufrecht erhal¬
ten. Ein zweites Höhensteuer D ist etwa
3 m vom Hinterrande der Tragfläche vor¬
gesehen. Dieses Steuer soll gleichfalls au¬
tomatisch die Längsstabilität regeln. Auf
welche Weise dies geschieht, wird nicht an¬
gegeben, jedoch scheint das Steuer durch
eine Feder (B) dauernd gegen die Achse des
Apparates geneigt zu sein, so daß bei zu
großem Neigungswinkel ein größerer Druck
auf das Steuer ausgeübt wird, welcher das
Ende des Fliegers hebt und den Neigungs¬
winkel wieder verkleinert. Die Feder (B)
scheint danach den Zweck zu haben, ver¬
mittelst des Steuers (D) stoßweise Schwan¬
kungen der Längsachse zu dämpfen. Zur
seitlichen Steuerung dient eine, das hintere
Höhensteuer umfassende senkrechte Fläche.
Die Tragfläche ist 24 qm groß und trägt
bei einem Gesamtgewicht des Fliegers von
450 kg 18 kg/qm. Zum Anlauf dienen vier
Räder, die an dem Gestell aus Stahlrohren
montiert sind. Die gegenläufigen Schrauben, von 1,80 m Durchmesser und 1,20 m Steigung,
haben zwei Flügel und werden von einem zweizylindrigen V-Motor, System Anzani, von
35 P. S. angetrieben. Das Gewicht des Motors beträgt 100 kg. Die Schrauben sind be¬
sonders von Seux konstruiert und haben, wie die Tragfläche, eine verdickte Vorder¬
kante. Diese Verdickungen sollen den Luftwiderstand verringern. Ehe die Flugmaschine
endgültig gebaut wurde, hat Seux vielfache Versuche mit Modellen ausgeführt.
Ein erster Vorversuch der Flugmaschine fand am 15. Mai, gegen 4 Uhr nachmittags,
auf dem Exerzierplatz in Lyon statt. Nach einem Anlauf von einigen Metern hatte der
Flieger bereits eine Geschwindigkeit von 7—8 m p. S. Das Zerbrechen eines Hinterrades
führte den Versuch jedoch vorzeitig zu Ende. In kurzer Zeit war ein neues Hinterrad
eingesetzt, und Seux versuchte zum zweiten Male. Die Geschwindigkeit auf dem Boden
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252 ««
schien diesmal größer zu sein, so daß nach einem Anlauf von etwa 20 m der Vorderteil
um 25—30 cm gehoben werden konnte, und der ganze Apparat scheinbar im Begriff
steht, sich vom Boden abzuheben. In diesem Augenblick jedoch fällt der Flieger zurück,
macht eine kurze Kurve von 180° und steht fest. Die Ursache des Unfalls lag in dem
Anheben des Vorderteils. Dabei hatte eine Schraube den Boden berührt, ein 20 cm tiefes
Loch geschlagen und war zerbrochen. Die andere Schraube hatte dann wohl den Flieger
gedreht. Die beiden Hinterräder wurden vollständig vom Gestell abgerissen. Weitere
Beschädigungen waren nicht eingetretep. Der Versuch hat gezeigt, daß die Maschine
flugfähig ist. Die Mängel, welche sich dabei ergaben, sind leicht durch Erhöhen und
Verstärken der Räder zu beseitigen. Sobald der Flieger wieder hergestellt ist, werden
die Versuche fortgesetzt. (Nach l’Aöro-Revue.)
Henri Gulllon de Pirajou, ein junger Franzose, hat Anfang Mai in England
einen Drachenflieger versucht. Der Drachenflieger ist ein typischer Doppeldecker mit
vorderer Schraube, dessen obere Fläche einen dreieckigen Ansatz trägt. Das Höhen¬
steuer ist an der unteren Fläche hinten befestigt. Auf dem Boden wurde eine Ge¬
schwindigkeit von 10 m p. S. erreicht, ohne daß sich der Apparat frei erhob. Die Ver¬
suche wurden wegen Verbiegen der Propellerachse und Beschädigung der vorderen Zu¬
satzfläche ausgesetzt. (Nach Ballooning and Aeronautics.)
Der Drachenflieger Belagrange machte im April einige gelungene Versuche.
Am 8. April, bei einem Winde von 7—8 m p. S., von Archdöacon gemessen, wurde der
Flieger auf dem Versuchsfeld in Bagatelle gestartet. Die Führung hatte wieder Charles
Voisin. Nach einem Anlauf von etwa 60 m drehte Voisin das vordere Steuer auf und die
Maschine erhob sich mit vorzüglicher Stabilität. Der ziemlich böige Wind hatte keinen
Einfluß auf den ruhigen Flug. Durch eine Gruppe Zuschauer, die sich in den Weg stellten,
war Voisin, der einen Unfall vermeiden wollte, gezwungen, die Zündung abzustellen. Er
landete aus 6—7 m Höhe normal. Durch Seitenwind wurden nach der Landung einige
geringfügige Verbiegungen am Apparat hervorgerufen. Die zurückgelegte Strecke, von
Archd6acon und Santos Dumont gemessen, betrug 50 m. Für den 13. April hatte Dela-
grange einen Versuch angesetzt, den Wanderpreis Archdöacon, den bekanntlich zurzeit
Santos Dumont mit 220 m hält, zu gewinnen. Die Sportskommission des A6ro-Club
de France war daher zur Stelle. Um 10 50 vormittags läßt Voisin den Motor anlaufen,
nach etwa 100 m dreht er das Steuer auf und verläßt den Boden, langsam mit vorzüg¬
licher Stabilität auf 3—4 m steigend. Die Landung schien sich ebenso leicht wie der
Start zu vollziehen. Jedoch durch einen unglücklichen Zufall gerät das linke Rad in ein
tiefes Loch, so daß die Achse verbogen wurde. Von einer Reparatur an Ort und Stelle,
die sich leicht hätte bewerkstelligen lassen, wurde Abstand genommen, da Delagrange
die Aufdringlichkeit des Nachmittags-Publikums fürchtete. Die Zeit wurde von M. Besannen
mit 4V» Sekunden genommen, die durchflogene Strecke, 35 m, wurde durch Säckchen
mit Gips, die von einem neben dem Flieger fahrenden Automobil abgeworfen wurden
und ihren Inhalt auf den Boden verstreuten, von M. Archdäacon gemessen.
Der Drachenflieger B16riot übte gleichfalls im April erfolgreich. Dieser Flieger
ist bekanntlich einer der kleinsten und schwächsten, denn er hat nur, worauf noch
einmal hingewiesen sein mag, eine Tragfläche von 13 qm und einen Motor von 24 P. S.
Diese Zahlen muß man sich bei der Beurteilung der Ergebnisse vor Augen halten.
Am 5. April, auf dem klassischen Versuchsfeld in Bagatelle, wurde um 9 Uhr
morgens ein Versuch gemacht. Nach 100 m Anlauf, gegen ziemlich lebhaften Wind, hob
sich der Apparat etwa 60 cm und flog 5—6 m. Des starken Windes wegen wurde ge¬
landet, wobei einige geringfügige Verbiegungen vorkamen. Auf Grund seiner Erfahrungen
glaubte B16riot, den Flieger dadurch zu vervollständigen, daß er ihm eine senkrechte
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Fläche zufügte, welche die Schraube umgab. Außerdem erhielt die Maschine ein drittes
Rad. Am 7. April, vormittags 11 Uhr, wurde ein Sprung von 4—5 m nach 50 m An¬
lauf gemacht. Der Versuch bezweckte, die Grenze festzustellen, bis zu welcher mit der
Antriebkraft heruntergegangen werden konnte. Da keine Vorzündung angewandt wurde,
war die benutzte Kraft des Motors kaum 16 P. S. Bei diesem Versuch war das vordere
senkrechte Steuer provisorisch abgenommen worden. Zwei Versuche am 15. April, gegen
7 Uhr morgens, ergaben einige kurze Sprünge von etwa 2—3 m. Der zweite wurde
durch einen Motorschaden beendet.
Am 19. April sollte ein größerer Versuch unternommen werden, zu dem die am
5. April zugefügte hintere Fläche wieder abgenommen war. Etwa 100 m wurden auf
der Erde zurückgelegt, dann drehte Blöriot das vordere Höhensteuer auf. Die beiden
Vorderräder, dann auch das Hinterrad, verließen den Boden. Blöriot wollte nun horizontal
weiter fahren und senkte das Steuer. Aber in diesem Augenblick fiel der Apparat auf
die Nase, der lange Träger vorn zerbrach und der übrige Teil der Maschine war ein
Trümmerhaufen. B16riot war unbeschädigt. Man schätzte die Geschwindigkeit des Fliegers
im Augenblick des Aufpralls auf etwa 50 km pro Stunde. Bei diesem Versuch war der
Schraube eine Steigung von 1,20 m (früher 0,98 m) gegeben worden.
Vuia hat einen neuen Drachenflieger mit abnehmbaren und zusammenlegbaren
Flächen von 15 qm fertiggestellt. Das Gesamtgewicht beträgt 213 kg. Am. 4. Juni sollte
ein erster Versuch stattfinden, wurde jedoch wegen zu starken Windes aufgegeben.
Barlatier et Blanc, welche früher mit Modellen experimentierten, haben neuer¬
dings einen Drachenflieger fertiggestellt, der in Marseille in nächster Zeit versucht
werden soll.
m.
Aeronautische Wettbewerbe.
Ausschreibungen.
Der Aero-Club de Belffique veranstaltet in Lüttich am 7. Juli 1907 eine Weit-
Wettfahrt für runde Freiballons beliebiger Größe, ohne Motor, nach folgenden
Bestimmungen:
1. Die Bewerbung ist offen für Führer der «F6d6ration Aeronautiquelnternatinale»
und wird nach deren Reglements von dem in der Stadt gelegenen, voll¬
kommen geschützten Square d’Avroy aus durchgeführt.
2. Die Anmeldungen sind vor dem 2. Juli, begleitet von 100 Frs. Zulassungs¬
gebühr, beim Schatzmeister des Klubs, 5 Place Royale, Bruxelles, einzureichen.
Führer, welche sich an der Wettfahrt beteiligt haben, erhalten 50 Frs.
zurückbezahlt.
3. Das Füllgas, Ballast und Handhabungsmannschaft stehen den sich beteiligenden
Führern kostenlos zur Verfügung.
4. 2000 Frs. sind an Preisen und Medaillen ausgesetzt wie folgt
Grand prix: Ein Kunstgegenstand von 1000 Frs. Wert oder ein gleicher
Betrag in Geld und vergoldeter Medaille;
2. Preis : Ein Kunstgegenstand von 400 Frs. Wert oder ebenso das Äquivalent,
3. > » » » 300 » > > » > »
4 . * * > > 200 » » » » * »
5. * » > » 100 > » » > > »
Internationale Weitwettfahrt für nichtlenkbare Ballons von Ostende nach den
Britischen Inseln.
Art. 1. Unterstützt durch den A§ro-Club de Belgique veranstaltet der A6ro-Club
des Flandres pnter den Festsetzungen der Reglements der F6d6ration A6ronautique
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Internationale eine zwischen Ostende und den Britischen Inseln auszukämpfende Weit¬
wettfahrt für nichtlenkbare Ballons. Als Erster gilt, wer die größte Entfernung vom
Aufstiegsort erreicht.
Art. 2. Nur Ballons 3., 4. und 5. Größe (901—2200 cbm) dürfen sich beteiligen.
Art. 3. Die erreichte Entfernung wird nach größtem Kreis auf Meeresfläche
gemessen.
Art. 4. Jeder Bewerber erhält bei Abfahrt ein Bestätigungsschreiben, das er am
Landungsort durch den Gemeindevorstand unterzeichnen lassen muß.
Art. 5. Abstiege auf die Meeresfläche bleiben außer Betracht.
Art. 6. Für die Bewerbung ist ein erster Preis zu 6000 Frs. in Geld und einem
zu 1500 Frs. bewerteten Becher, ein zweiter Preis zu 2000 Frs. ausgesetzt. Der als
erster Bestätigte erhält außerdem, vom Aöro-Club de Belgique zur Verfügung gestellt,
eine goldene, der zweite eine silberne Medaille.
Art. 7. Die Bewerbung kann in dem Zeitraum vom 10. Juni bis zum 31. Juli 1907
inklusive ausgeführt werden. Die Bewerber können Tag und Stunde, wie sie ihnen
günstig scheinen, wählen; doch muß 10 Stunden vor der Abfahrt das Komitee, um
Füllung, Ordnungsdienst und Zeitbestimmung vorbereiten zu können, benachrichtigt werden.
Nach Reihenfolge dieser Benachrichtigungen richtet sich auch die Folge der Aufstiege.
Art. 8. Ein Bewerber kann verschiedene Versuche durchführen.
Art 9. Jeder Ballon wird von einem Dampfer begleitet, den das Kolhitee den Teil¬
nehmern zur Verfügung stellt. Außerdem sind noch folgende Sicherheitsmaßregeln zu treffen:
a) Der Ballon wird Rettungsvorrichtungen mit sich führen;
b) er wird mit Vorrichtungen ausgerüstet, die seine Geschwindigkeit unter jene
des Dampfers herabmindern lassen;
c) Verbot, nach 2 Uhr nachmittags abzufahren;
d) vier Stunden vor Abfahrt und von da ab jede Stunde werden Versuchsballons
von mindestens 1 m Durchmesser aufgelassen, welche innerhalb des Sektors
West und Nordwest bleiben müssen, wenn die Abfahrt gestattet werden soll
Art. 10. Jeder Anmeldung zur Nordsee-Überquerung sind 50 Frs. beizulegen.
Sie ist zu richten an das «Comitö du concours Ostende—Angleterre», dessen Sitz der Kur¬
saal von Ostende ist. Das Füllgas wird durch das Ausführungskomitee kostenlos geliefert.
Art. 11. Die Bewerbung ist international und ausschließlich solchen Mitgliedern
Vorbehalten, welche ein von der Födöration Aöronautique Internationale anerkanntes
Führerzeugnis besitzen oder die von einem Führer dieser Föderation begleitet werden.
Art. 12. Das Ausführungskomitee, welches nach gegenwärtigem Reglement zu
handeln hat, setzt sich zusammen aus zwei Mitgliedern des Ostender Festkomitees,
zweien des Aöro-Club des Flandres und zwei Abgeordneten des Aöro-Club de Belgique.
Das Schiedsgericht der Bewerbung wird nach Art. 71 des Reglements der Föderation
Aöronautique Internationale gebildet.
Art. 13. Alle im gegenwärtigen Reglement nicht vorgesehenen Anordnungen und
Vorbehalte werden im Sinne der Statuts et Reglements der Föderation Aöronautique
International erledigt.
Art. 14. Die Wettfahrenden bleiben gegenüber ihren Mitreisenden, Gehilfen und
auch Dritten verantwortlich bezüglich aller Unfälle oder Schädigungen, welche vor der
Abfahrt, während der Fahrt oder bei der Landung sich ergeben. K. N.
Weitfahrt des Aöro-Club de France am 19. Mai 1907.
Resultate:
Erster überhaupt Francois Peyrey.
2. Kategorie (Ballons von 601—900 cbm). — 1. M. F. Peyrey (452 km 8);
2. M. G. Blanchet (4-13 km 3); 3. M. E. Bachelard (436 km 7); 4. M. Charles Levee
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(429 km 9); 5. Marquis de Kergariou (308 km); 6. M. Zens (297 km); 7. M. Guffroy
(245 km); 8. M. Omer-Decugis (240 km).
1. Kategorie (Ballons bis 600 cbm). — 1. M. Ren6 Gasnier (437 km 8); 2. M. Paul
Tissandier (423 km 6); 3. M. A. Leblanc (404 km 2); 4. M. E. Giraud (342 km); 5. Comte
d’Oultremont (300 km); 6. Vicomte de La Brosse (184 km).
Über die Fahrt des «Archim£de», Führer Blanchet, sendet uns ein Teilnehmer,
Herr R. Clouth, folgenden interessanten Bericht:
Ich stieg mit M. Blanchet, einem der besten Piloten Frankreichs, im «Archim&de»,
Eigentum von Blanchet, als erster von 14 Ballons in die Höhe.
An dem Rennen nahmen die bekanntesten Leute teil, u. a. auch De la Vaulx,
Santos Dumont, Kapitän Ferber, Tissandier, Leblanc, Mailet, Carton, Comte de la Brosse,
Comte d’Oultremont etc.
Um 4 Uhr 30 Min. das erste «lachez tout!». Wir steigen mit unserem Archim&de
(900 cbm) langsam in die Höhe, von dem «au revoir» der Menge, die zum Feste zahl¬
reich erschienen ist, begleitet. Wir steigen bis zu einer Höhe von 5—600 m und gleiten
langsam nach Orleans. Bis 8 Uhr halte ich 7 andere Ballons im Auge, während Blanchet
den Ballon ins Gleichgewicht zu bringen versucht. Wir haben 10 Säcke Ballast hoch¬
vollgefüllt, also genug, um die ganze Nacht zu fahren. Um 5 Uhr 5 Min. passieren wir
Saclay und haben in 800 m Höhe einen lustigen Schneefall, der etwa 5 Minuten anhält.
Um 6 Uhr 30 Min. passieren wir in der Nähe von Etampes (Arrondissement Dourdan)
und steigen um 6 Uhr 40 Min. (es ist kalt) bis zu 1500 m; um 7 Uhr 10 Min. passieren
wir Angerville und beginnen uns Orleans zu nähern. Um 8 Uhr 30 Min. steigen wir
auf 2000 m, ohne indessen eine Handvoll Ballast zu werfen. Wir sind über den Wolken
ganz dicht bei Orleans und sehen nichts, ungefähr 10 Minuten später teilen sich die
Wolken, wir fallen langsam bis auf 1800 m und im vollen Glanze des Gasglühlichts liegt
unter uns Orleans, ein feenhafter Anblick. Wir sehen Züge wie Schlangen sich am
Bahnhof bewegen, den Marktplatz mit seinem Denkmal, die Brücken im Glanze der
Lichter über der Loire, überwältigend schön. Wir fallen langsam, aber stetig, bis wir
schließlich mit dem Schleppseil die Erde berühren, «nous marchons au guide-rope», wie
der Franzose sich ausdrückt.
Blanchet ist ganz erregt, weil er an der Erde bleiben will, und er nicht sicher ist,
ob die Kälte den Ballon nicht wieder hebt, jedoch der alte Archim£de — er ist 3 Jahr —
fügt sich seinem Wunsche und bleibt unten. Nun teilt mir Blanchet mit, daß es zwei
Strömungen hier gibt, die untere ist die beste und führt nach Süden, die obere ist schlecht
und führt ungefähr nach Westen resp. Südwesten. Blanchet beobachtet den Gang des
Ballons, ich den Himmel. — Da sehe ich plötzlich einen Schatten mit ab und zu elektrischem
Licht sich hinter uns her bewegen, ich teile es Blanchet mit und er ruft: «Hallo, Hallo,
Archimfcde hier»; da kommt die Antwort: «Korrigan, an Bord Herr und Frau Omer
Decugis». Er fällt, dann wirft er Ballast, steigt und saust kerzengerade über uns weg
mit der Geschwindigkeit eines D-Zuges, in 2 Minuten ist er in der Dunkelheit verschwunden,
nachdem wir noch ein letztes «Au revoir» gewechselt haben. Wir lachen uns ins
Fäustchen, der «Korrigan» ist in der falschen Richtung, wir aber nicht. «Da, da, Blanchet»,
rufe ich, «Nr. 2»! «Kein Licht anzünden», sagt Blanchet, «sonst machen die uns die
Sache nach». Herr Zens macht denselben Fehler mit seinem Ballon und fort saust auch
er in der falschen Richtung. «Da sind noch mehr sicherlich», sage ich zu Blanchet.
Ich muß jedoch mein elektrisches Licht anzünden, um nach dem Barometer zu sehen,
und siehe da, im selben Augenblick erscheint der dritte Schatten, er sieht uns, macht
Zeichen mit der Lampe, die wir jedoch nicht erwidern. Nun versucht er, unten zu
bleiben, es gelingt ihm anscheinend, aber bald ist auch er weg, es war der letzte von
den 13 Ballons, den wir auf unserer Reise sahen.
Es ist mittlerweile 9 Uhr 30 Min. geworden, der Mond ist da und wir sehen
ziemlich gut. Dreimal sausen wir in Bäume, aber wir opfern keinen Ballast und der
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Ballon erhebt sich wieder. Es geht über Felder, Wälder, Teiche und kleine Seen, die
voll von Enten sind. Nachtigallen hören wir singen, Rehböcke schmälen und sehen
Hirsche flüchten. Eine wunderbare Ruhe überall, eine ideale Fahrt, die viel schöner
als die Tagesfahrt ist. Langsam sinkt der Mond gegen 1 bis 2 Uhr, und es wird schwierig,
zu sehen. Endlich gegen 3 Uhr fängt es an, allmählich hell zu werden, und um 4 Uhr
passieren wir Chateauroux. Der Ballon schleppt sich träge dahin. Er hat viel Feuchtigkeit
während der Nacht aufgenommen und es ist fast gar kein Wind mehr. «Wenn nur die
Sonne bald käme», sagt Blanchet, «dann brauchten wir keinen Ballast zu opfern».
Endlich, endlich kommt die wärmende Kugel zum Vorschein und wir steigen langsam
in die Höhe. v
Von 7 Uhr 55 Min. bis 1 Uhr 15 Min. halten wir uns in einer Höhe von 3500
bis 3700 m. Die Mutter Erde ist winzig klein und die Menschen sind nur mit dem
Fernglas zu unterscheiden. Wir ziehen majestätisch dahin unter der brennenden Sonnen¬
hitze, sonst ist es eigentlich kalt zu nennen, denn im Schatten der Gondel frieren wir
so, daß wir unsere Beine einwickeln müssen. Wunderbar schönes Land ist unter uns,
es fängt an, gebirgig zu werden, die Eisenbahn verschwindet, nur kleine Dörfchen sind
zu sehen. Da um halb 1 Uhr sehen wir eine größere Stadt und dahinter links eine
lange Bergkette bedeckt mit Schnee. Wir denken lange, daß wir an Spanien angelangt
sind, aber schließlich halten wir die Stadt für entweder Clermont-Ferrand oder
Aurillac. Die ganze Geschichte ist also zweifelhaft.
Ich habe seit 6 Uhr nichts mehr gegessen und getrunken, und die 5 Stunden lange
Höhenfahrt von 3500 m hat uns etwas erschöpft, wir wollen nun doch herunter, obvrohl
wir Aussicht haben, noch bis 5 oder G Uhr weiterzufahren, und auch noch über ca. 200 kg
Ballast verfügen. Schade! Wir ziehen das Ventil, aber der alte Archimöde will nicht,
er steigt, anstatt zu fallen. Endlich nach mehrmaligem Öffnen des Ventils fängt er
langsam an zu fallen und wir gelangen in ein Tal in die Bäume. 10 Minuten später
kommen Leute, ziehen uns aus den Bäumen heraus auf eine kleine Ebene, wir entleeren
den Ballon, packen ihn zusammen und laden ihn auf eine Karre mit uns selbst. Wir
sind also noch 10 km weiter südlich von Aurillac gefallen, wie man uns versichert. —
Ein alter Baron, noch von der Empirezeit, nebst seinen Damen ladet uns ein, doch etwas
bei ihm zu nehmen, und wir nehmen nach einigem Zögern an. Wir bekommen vor¬
zügliche Bouillon mit Ei, Toast, Eier, Würste, Obst, Wein, Tee und Süßigkeiten, kurz,
reizende Leute. Ich verspreche denselben eine Photographie vom Ballon, und wir ziehen
auf unserem Wagen nach Aurillac zu, wo uns um 6 Uhr 15 Min. der Schnellzug nach
Paris aufnimmt. Am 21. Mai, morgens 7 Uhr, sind wir wieder am Quai d’Orsay und
somit in der Hauptstadt Frankreichs eingetrofTen, und ich ziehe mit meinem Apparat,
Höhenbarometer, Kompaß und der grüngelbbraunen Trikolore des Hauses Clouth, die
von einer 20V* ständigen Fahrt erzählen können, den heimatlichen Räumen in Neuilly, zu.
In unserer Kategorie, 600—900 cbm, sowie im ganzen genommen, sind wir die¬
jenigen, die am ersten oder zweiten die weiteste Distanz zurückgelegt haben.
Weitfahrt-Wettbewerb des A6ro-Club de Belgique.
Aus Anlaß des Beschlusses der Föderation aeronautique internationale und der
Commission permanente internationale de l’aeronautique, ihre Jahresversammlung in
Brüssel abzuhalten, hatte sich der Aöro-Club de Belgique dafür entschieden, eine eigene
Kommission einzusetzen, welcher zunächst der Empfang der fremden Abgeordneten,
dann aber auch die Veranstaltung eines großen internationalen Weitfahrt-Wettbewerbes
übertragen wurde, der Sonntag, den 15. September im Parc du Cinquantenaire zu Brüssel
abgehalten werden solle. Zeit und Ort sind in diesem Sinn festgehalten und die Sport¬
kommission des A. C. d. B. ist beauftragt, das Reglement für die Durchführung in
kürzester Frist aufzustellen. Zahlreiche und zum Teil sehr wertvolle Preise sollen aus¬
gesetzt werden. K. N.
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Aöro-Club de Belgique.
Wie sehr man in Belgien bestrebt ist, den Luftfahrsport zu beleben, geht u. a.
daraus hervor, daß für die Ballonführer des A. C. d. B. oder mit ihm verbundener Clubs
durch ein Clubmitglied, M. Alfred Madoux, ein Preisbecher im Wert von 5000 Fr. ge¬
stiftet wurde, welcher demjenigen zufällt, der drei Jahre nach einander den Rekord der
Weitfahrt von Brüssel aushält. Die Bewerbung um diesen «Coup de TEtoile Beige»
läuft vom 15. Juni d. Js. aus und ist ein besonderes Reglement hiefür aufgestellt. K. N.
Erledigte Wettbewerbe.
Mailänder Ausstellung. Die Aeronautical Society of Great Britain hat eine silberne
Medaille erhalten.
Die Coupe du Qauiois ist Herrn Alfred Leblanc für seine Fahrt vom 16./17. März
1907 (Luftlinie 1025 km) zugesprochen worden.
Wettbewerb von Flugmaschinen-Modellen.
Paris 1907. Der vom A6ronautique-Club de France veranstaltete Wettbewerb
hatte folgendes Ergebnis: 1. Preis M. Lassagne, 2. Preis Cornier, 3. Preis Vernanchet.
Ein ausführlicher Bericht folgt im nächsten Heft.
jc
Vereine und Versammlungen.
Deutscher Luftschiffer-Verband.
Die diesjährige Tagung des Verbandes findet am
Cöln statt.
11. September in
Föderation Aöronautique Internationale.
Die diesjährige Tagung der F. A. I. findet am 13. und 14. September in Brüssel statt.
MUnchener Verein für Luftschiffahrt.
In der 4. Sitzung des Jahres 1907, Montag den 13. Mai, demonstrierte zuerst
Herr K. v. Bassus zwei Vergrößerungen von Aufnahmen aus dem Ballon, die in die
aärologische Abteilung des «Deutschen Museums* eingereiht werden sollen. Die Negative
sind mit einem Apochromattessar f = 47 cm von Zeiß mit direkter Brennweite, d. h.
ohne negative Abkürzungslinse aufgenommen und zeigen Burghausen aus 3, bzw. 5 km
Entfernung. Die Distanzbestimmung geschah photogrammetrisch. Die Schärfe der Bild¬
zeichnung ist hervorragend; es sei nur erwähnt, daß auf der 3 km-Aufnahme beide Uhr¬
zeiger, auf der andern noch der große Zeiger der Kirchenuhr erkennbar ist. Von diesen
Negativen fertigte Herr Hofphotograph Traut im Ton wie in der Detaildarstellung sehr
gut gelungene Vergrößerungen (5 fach linear!) auf Chlorbromsilberpapier an. Der Vergleich
dieser Bilder mit den Originalplatten (mit entsprechender Lupenvergrößerung) zeigt, daß
beim Vergrößern keine wesentlichen Einzelheiten verloren gingen. Allerdings ist z. B.
die Kirchenuhr nicht mit Sicherheit mehr abzulesen; architektonische Details der Kirche,
Holz- und Eisenkonstruktion an der Brücke, Fensterkreuze sind jedoch noch gut zu
erkennen. Eigentümlich ist die manchmal ungleich scharfe Wiedergabe von neben¬
einander gelegenen kleinen Objekten; z. B. sind auf der 3 km-Aufnahme Personen auf
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 33
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der Brücke ganz scharf, die Füße von daneben stehenden Pferden dagegen verschwommen.
Der Grund für diese Verschiedenheit soll in einer schwachen Reliefbildung des reduzierten
Silberbildes liegen, welche beim Vergrößern störend wirkt.
Hierauf führte Herr K. v. B. einen selbstregistrierenden Baro-Thermo-Hygrograph,
System Hergesell, vor, der von Herrn Sedlbauer mit einem durch Trockenelemente ge¬
speisten Elektroventilator ausgestattet worden war. Die Vorzüge dieser Stromquelle
gegenüber den bisher verwendeten Akkumulatoren sind ohne weiteres einzusehen. Die
Aufzeichnungen des Instrumentes weichen jedoch von den Kontrollablesungen noch so
beträchtlich ab, daß erst nach weiteren Verbesserungen der Apparat als Universal¬
instrument bei Ballonfahrten allgemein eingeführt werden kann.
Hierauf berichtete Herr Prof. Dr. Hahn über die wissenschaftliche, speziell luft¬
bakteriologischen Untersuchungen gewidmete Ballonfahrt vom 11. März 1907. Redner
kritisierte kurz die bisher angewandten Methoden zur Feststellung des Bakteriengehaltes
der Luft. Alle derartigen Apparate haben ein Bakterienlilter und einen Saugapparat
gemeinsam, welcher ein bestimmtes Luftquantum durch das Filter führt. Das Luft¬
quantum soll nicht zu klein sein, anderseits läßt das dichte Filter die Luft nur langsam
durchstreichen; in der Auswahl der hier günstigsten Verhältnisse liegt die Schwierigkeit der
Apparatkonstruktion. Ein weiteres, noch nicht ganz zufriedenstellend gelöstes Problem ist
eine von den durch den Ballon verschleppten Bakterien unabhängige Probenahme aus der
freien Atmosphäre. Da die Fahrt hauptsächlich zur Ausprobierung neuer Apparatmodelle
bestimmt war, brachte sie auch keine neuen Resultate über den Bakteriengehalt der
Luft; sie bestätigte nur die schon bekannte Erfahrung, daß die freie Atmosphäre mehr
Bakterien enthält, als auf Bergen gleicher Höhe gefunden werden; daran änderte auch
die ziemlich gleichmäßige Schneedecke nichts, die am Tage der Fahrt noch lag. Endlich
wies der Vortragende auf die Wichtigkeit der Staubzählungen in der Atmosphäre hin. Da
nämlich über Wasserläufen die Staubzahl ganz auffallend abnimmt, so existiert hier
vielleicht ein Zusammenhang mit der eigentümlichen Erscheinung der Abzeichnung von
Gewässern in den Wolken.
Die Fahrt ging von München aus zuerst nordöstlich; dann drehte der Ballon und
flog in fast rein südlicher Richtung gegen die Alpen. Wegen der vorgeschrittenen Zeit
wurde die Landung bei Miesbach bewerkstelligt. Dr. H. Steinmetz.
Svenska aeronautiska Sällskapet.
In Schweden gibt es heute außer zwei, dem militärischen Luftschiffer-Park ge¬
hörenden Ballons noch vier Ballons, nämlich:
Andröe (Besitzer: Schwedische Aeronautische Gesellschaft);
Svenske II (Besitzer: Leutnant Graf H. Hamilton);
Argonaut (Besitzer: Directeur Karl Smitt) und
Skandinav (Besitzer: Herr Francesco Cetti.
Mit Ausnahme des «Skandinav» sind diese Ballons in den «I. A. M.» früher be¬
schrieben worden. Der «Skandinav», eine Kugel von 1200 cbm, von einfachem baum¬
wollenem Stoffe, ist von dem energischen und als Luftschiffer bekannten Herrn Cetti
eigenhändig verfertigt um einen Preis von ca. 3000 Kronen.
Das aeronautische Interesse in Schweden steht seit den «Nordischen Spielen» (siehe
«I. A. M.», Juli 1905) in fortdauernder Entwicklung. Die aeronautische Wirksamkeit
bis heutigen Tages geht aus nachfolgendem Auszug des Jahresberichts der Schwedischen
Aeronautischen Gesellschaft für 1905 usw. hervor.
Auszug des Jahresberichts des «Svenska Aeronautiska Sällskapet* (S. A. S.) 1905:
«Während des vergangenen Jahres ist der Verein aus mehreren Ursachen außer
Stande gewesen, Aufstiege in größerer Anzahl zu unternehmen. Die hauptsächliche
Ursache liegt in der ungünstigen finanziellen Lage des Vereins.
Wie bekannt, herrschte im Jahre 1904 eine verhältnismäßig sehr lebhafte aero-
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259 €« 4 «
nautische Wirksamkeit. Der Vorstand hatte, um die Kosten der Fahrten teilweise zu
sichern, mit einer Zeitung einen Vertrag abgeschlossen, an welche gegen Zahlung einer
gewissen Gebühr Depeschen und Fahrtberichte abgegeben wurden. Diese Methode, das
nötige Geld zu erwerben, erregte aber den Unwillen der übrigen Presse und wurde daher
fallen gelassen. Nunmehr müssen die Führer und Passagiere selber alle Kosten be¬
streiten und da Dauerfahrten sich sehr teuer stellen (kürzere Fahrten sieht nämlich das
Programm des Vereins nicht vor), so wird es ganz erklärlich, daß Fahrten selten stattfinden.
Nunmehr wurde beschlossen, mit dem Ballon des Vereins an den Wettfahrten der
«Nordischen Spiele* Teil zu nehmen, da die Unkosten dafür von dem Vorstande der
Nordischen Spiele teilweise übernommen wurden. Trotz ungünstigen Wetters wurde eine
Wettfahrt, die in militärischer Hinsicht von großem Interesse war, veranstaltet. Sowohl
der Ballon des Vereins als auch der Konkurrenzballon (Argonaut) wurde von den Führern
des S. A. S. geführt. Die Aufgabe, die weder leicht noch gewöhnlich war, wurde sehr
gut gelöst und erregte ein wohlverdientes Aufsehen.
Ein zweiter Aufstieg wurde während des Sommers in Helsingborg vorbereitet.
Infolge mehrerer ungünstiger Umstände mußte man diese Fahrt aufgeben — aber der
Führer mußte die nicht unbedeutenden Kosten derselben tragen.
Als der Vorstand nun einsah, daß der Verein nicht ohne finanzielle Unterstützung
arbeiten konnte, wurde ein Ersuchen um einen jährlichen Kostenbeitrag für Fahrten mit
wissenschaftlichen Beobachtungen der Regierung eingereicht. Die Arbeiten, die der
Verein bisher ausgeführt, sind derart, daß sie in die Verhandlungen der Akademie der
Wissenschaften auf genommen werden sollen, und da außerdem befürwortende Erklärungen
von den Herren Professoren Arrhenius, Hamberg, Bjerknes und Hergesell und Herrn
Doktor Ekholm abgegeben sind, ist die Sache jetzt so weit fortgeschritten, daß die
Regierung eine Summe in den Etat eingestellt und dem Reichstag zur Bewilligung vor¬
gelegt hat. Da hoffentlich diese Unterstützung bewilligt wird, kann der Verein nunmehr,
von materiellen Sorgen frei, seine Zeit der Wissenschaft und der Ausbildung geschickter
Luftschiffer widmen.
Der Verein hat wärend des Jahres an alle Volksschulen in Schweden Andr6e-
Photographien ausgeteilt.
In der Sitzung am 8. Februar 1907 wurde zum Vorstande des Vereins gewählt:
Vorsitzender: Hauptmann K. Amundson;
Vize- „ Doktor N. Ekholm;
Schriftführer: Leutnant E. Fogman;
V.- „ Ingenieur H. Fraenkel;
Zeugmeister: Leutnant 0. Sylvan;
V.- „ Leutnant A. Carlson;
Schatzmeister: Ingenieur G. Holmberger;
V.- „ Hauptmann W. Svedenborg;
Bibliothekar: Doktor J. Westman.
Der Vorstand hat nie vorher so viele erfahrene Luftschiffer als Mitglieder auf¬
genommen. Diese Personen haben zusammengerechnet an ca. 35 Fahrten, davon mehrere
Dauerfahrten, Teil genommen.
Der Vorstand hat beschlossen, daß das Ballonmaterial in Kriegszeiten und in
anderen besonderen Zufällen zur Verfügung des Kriegsministeriums gestellt werden soll.
Zum Ersatz wird das Material in einem dem Staate gehörigen Gebäude verwahrt und
gepflegt.
Der Vorstand hat beschlossen, an diejenigen der Mitglieder, die an 5 Fahrten,
davon 2 als Führer, Teil genommen haben, Diplome auszuteilen. Auf dieses Diplom
haben folgende Herren Anrecht: Hauptmann Amundson, Hauptmann Svedenborg,
Ingenieur Fraenkel und Leutnant Graf Hamilton.»
Leider ist der von der S. A. S. angeforderte jährliche Beitrag um 3000 Kr., zu
dem Zwecke, die Teilnahme des Vereins an den Internationalen wissenschaftlichen
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Fahrten zu ermöglichen, vom Reichstage nicht bewilligt worden, sondern nur eine Summe
von 2160 Kr. als Beitrag zu den Veröffentlichungen der Internationalen Kommission für
wissenschaftliche Luftschiffahrt.
In der Vereinsversammlung am 30. März 1906 hielt Herr Freiherr von Rosen, der
während der Zeit August—Oktober 1905 eine Kommandierung zum Königl. Preußischen
Luftschifferbataillon gehabt, einen Vortrag über diese Kommandierung.
Während des Jahres 1906 sind auf Veranstaltung der S. A. S. 10 Fahrten unter¬
nommen worden. Bei 7 dieser Fahrten (1 mit dem <Andr6e> und 6 mit dem «Svenske II*)
sind wissenschaftliche Beobachtungen ausgeführt und der Meteorologischen Zentralanstalt
in Stockholm überreicht worden, um für die Internationale Kommission bearbeitet zu
werden. Von diesen Fahrten verdienen die folgenden erwähnt zu werden:
27. Juni (Ballon «Svenske II»). Teilnehmer: Leutnant Fogman als Führer und Herr
G. von Hofsten. Diese Fahrt war sehr abenteuerlich. Die Abfahrt ging um 12 Uhr 20 Min.
von Idrottsparken in Stockholm bei günstigem Wetter glatt von statten. Der mitge¬
nommene Ballast war 265 kg. Als der Ballon um 1 Uhr eine Höhe von 1300 m erreicht,
schnell gegen die Ostsee trieb, beschloß man, sobald wie möglich zu landen, weil Leut¬
nant Fogman nur bis am folgenden Morgen Urlaub hatte und also von einer Fahrt
über die Ostsee nicht die Rede sein konnte. Während der Ballon sich mehr und mehr
dem Ostseeufer näherte, senkte man sich langsam bis zu 50 m über die Wasserfläche.
Mit dem Schlepptau im Wasser flog der Ballon schnell weiter; man erwartete nur, einen
zur Landung günstigen Platz zu finden. Plötzlich kam ein heftiger Windstoß, der sowohl
die Gondel als auch den Ballon ins Wasser drückte, und die Insassen mußten also eine
nicht überaus angenehme Wasserfahrt unternehmen, bis sie endlich, nach einem 2 Stunden
langen Aufenthalt im Wasser, Terra firma erreichten, zwar naß und ermüdet, aber doch,
wie auch das Ballonmaterial, unbeschädigt.
6. Juli (Ballon «Andr6e*). Teilnehmer: Ingenieur Holmberger als Führer und
Leutnant Freiherr von Rosen. Aufstieg um 3 Uhr von Idrottsparken in Stockholm. Nach
einer sehr gelungenen Fahrt, die in der Richtung NW. über Säbyholm, Enköping und
Vesteräs ging, landete der Andröe abends gegen 8 Uhr.
21. Oktober (Ballon «Svenske II»). Teilnehmer: Leutnant Fogman als Führer und
Leutnant H. Rosencrantz. Aufstieg um 9 Uhr 50 Min. von der Stadt Eskilstuna unter
dem Jubel der Einwohmer. Nach 6 Minuten erreichte der Ballon eine Höhe von 900 m
und flog darauf oberhalb der Wolken in der Richtung NO. gegen die Stadt Strägnäs, die
man um 10 Uhr 40 Min. passierte. Nachdem der Ballon die größte Höhe der Fahrt
— 1900 m — erreicht, ging die Reise über den Mälarsee. Um 11 Uhr 50 Min. fuhr
man an Görveln und der Eisenbahnstation Almarestäket vorüber. Als unterdessen die
Richtung immer mehr östlich geworden war, beschloß man, die Fahrt zu unterbrechen.
Die Reißbahn wurde auf einer Höhe von 60 m geöffnet und die Landung erfolgte um
12 Uhr 45 Min.
28. Oktober (Ballon «Svenske ü>). Auch diesmal wurde von Eskilstuna abge¬
fahren mit Leutnant Fogman als Führer, begleitet von Leutnant Möller. Aufstieg um
9 Uhr 30 Min., Landung nach einer Fahrt von 8 Stunden bei R&ttvik in Dalame.
Außer den von der S. A. S. während des Jahres 1906 veranstalteten Fahrten sind
einige Fahrten teils mit dem «Skandinav», von seinem Besitzer Herrn Cetti geführt, teils
mit dem «Argonaut* (d. 30. März) mit Herrn Cetti als Führer in Begleitung von Direktor
Smitt (größte erreichte Höhe 2000 m, niedrigste Temperatur —10° C., Dauer l 1 /« Stunde)
unternommen.
In drei der Fahrten mit dem «Skandinav* fuhr der Kadett der Küstenartillerie
B. D. Bengtsson mit.
Am 25 jährigen Jubiläum des Berliner Vereins für Luftschiffahrt wurde die S. A. S.
von ihrem Vorsitzenden, Hauptmann K. Amundson, vertreten. Hauptmann Amundson
wohnte auch dem Kongreß der F6d6ration A6ronautique Internationale in Berlin im
Oktober 1906 bei, wobei die S. A. S. der F. A. I. beitrat.
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Während des Jahres 1907 sind 2 Fahrten mit dem «Svenske II» unternommen
worden, nämlich:
30. März. Teilnehmer: Leutnant Fogman als Führer und Leutnant Sylvan. Abr
fahrt von Idrottsparken in Stockholm. Glatte Landung um 5 Uhr nachmittags bei
Hafverösund nördlich von Rimbo.
2. Mai. Teilnehmer: Leutnant Fogman und Ingenieur Holmberger. Abfahrt yodl
Idrottsparken, Stockholm, um 1 Uhr 45 Min., Landung nach einer Stunde nördlich .vorn
Stockholm.
Auf Vorschlag der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt:
sind von Kiruna in Lappland durch Herrn Professor Hildebrandsson Aufstiege von Ballon^
sondes veranstaltet worden, die auch weiterhin fortgesetzt werden. Von diesen Ballons
sind zwei gefunden, von welchen der eine bis zu einer Höhe von 16500 m gestiegen
war. Niedrigste Temperatur —56° bei 11000 m. Im Jahre 1906 sind noch niedrigere
Temperaturen, 80—86° registriert worden. Im Juli dieses Jahres hat Professor Hilde¬
brandsson die Absicht, Pilot-Ballons in Bottenhafvet (nördlicher Teil der Ostsee) aufzu¬
schicken.
Am 27. April dieses Jahres fand eine Vereinsversammlüng Statt: Nachdem 20 neue
Mitglieder aufgenommen und der Jahresbericht verlesen war, wurde zum Vorstande des
Vereins gewählt:
Vorsitzender: Hauptmann K. Amundson;
V.- „ Doktor Nils Ekholm;
Schriftführer: Leutnant E. Fogman;
V.- „ Leutnant Freiherr von Rosen;
Zeugmeister: Leutnant Graf Hamilton;
V.- „ Leutnant 0. Sylvan;
Schatzmeister: Ingenieur G. Holmberger;
V- „
Bibliothekar:
Direkteur Carl Smitt;
Doktor J. Westman.
R. J—d.
Aus ausländischen Vereinen.
A£ro-Club du Rhone (Lyon). Der A.-C. d. R. hat theoretische und praktische
Kurse für seine Führeraspiranten eingerichtet, welche wöchentlich einmal, unter Leitung
von A. Boulade, stattfinden. Die Ballonkasse des Klubs, welche der Anschaffung neuer
Ballons dienen soll, hat durch Stiftungen einen Zuwachs von 1740 Fr. erhalten. Dafür
revanchierte sich der Klub in der Weise, daß er für je 200 Fr. Stiftung den Gebern
eine Ballonfahrt kostenfrei gab. Am 26. Mai wurde ein neuer Ballon «Ampere* von
1200 cbm aus der Werkstatt Surcouf in Dienst gestellt.
Jedes aktive Mitglied hat nach den Fahrbestimmungen für 1907 Anrecht auf eine
Gratisfahrt, soweit die Geldmittel des Klub dies gestatten. Für sonstige Fahrten mit
den Klubballons ist eine Gebühr von 60 Fr. pro Person zu entrichten. Außerdem ver¬
leiht der Klub seine Ballons an die Mitglieder, und zwar Ballons von 900 cbm für
40 Fr., Ballon von 1200 cbm für 60 Fr., wobei die Fahrer sämtliche Kosten selbst zu
tragen haben. Nichtmitglieder haben eine Extragebühr von 20 Fr. zu entrichten. Bei
Aufstiegen von Privatballons zahlt der Klub pro Kubikmeter Gas 6 Cent, an den Fahrer
zurück, so daß der Fahrer den Kubikmeter Gas für 10 Cent, erhält.
Adro-Club du Sud-Ouest. Der Vorstand für 1907 setzt sich aus folgenden Herren
zusammen: Präsident: C. F. Baudry, Vizepräsident: Laurent Sens, Schriftführer: Vicomte
Ch. de Lirac, Schatzmeister: F. Panajou, Archivar: Paul Löglise, Materialverwalter:
Alfred Duprat, Materialverwalter-Stellvertreter: Ch. Villepastour, Beisitzer: Louis Gonfre-
ville, E. J. Guänon, Renö Loste, Josephe Maurel, Vicomte Jehan de Montozon, Ch. Pepin,
Robert S6guin, Chevalier de Wawak-Adlar. Sportkommission: C. F. Baudry, Gonfre-
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ville, L6glise, Vicomte de Lirac, Loste, Vicomte de Montozon, S6guin, Villepastour.
Technische Kommission: C. F. Baudry, J. ßriol, A. Duprat, E. J. Gu6non, Vicomte de
Lirac, L. Marchis, F. Panajou.
Beim April-Diner, das am 11. April im Cafe de Bordeaux stattfand, überreichte
der Vorsitzende dem Vicomte de Lirac zum Andenken an seine schöne Fahrt Bordeaux-
Cannes ein Goerz-Trieder-Binocle, ferner Herrn L6glise die silberne Erinnerungsmedaille
des A6ro-Club de France für die Fahrt Bordeaux-Charny (Yonne). Mit der letzten Fahrt
(3./4. März 1907) war ein neuer Rekord des A£ro-Club du Sud-Ouest (438,5 km) aufge¬
stellt worden, der indessen schon am 18 /19. März 1907 vom Vicomte de Lirac mit der
Fahrt Bordeaux-Cannes (607,75 km) geschlagen wurde. E.
Patent- und Gebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt.
Deutsche Patente.
Anmeldungen.
77 h W 26 778. 1. 12. 06. Anempodist Wertogradsky, Ekaterinodar, Rußland. — Vor¬
richtung zur Bewegung von Luftballons. (Einspruchsfrist bis 30. Juli 1907.)
77 ä Sch 25 933. 7. 7. 06. Theodor Schtttzler u. Sohn, Nürnberg. — Ballonhülle aus
Goldschlägerhaut. (Einspruchsfrist bis 3. August 1907.).
Erteilungen.
186 497. 28. 7. 06. William Harper, Xew-Blomfield. — Mit einem Luftpropeller ver
bundane Explosionskraftmaschine.
186 718. 8. 10. 05. (Priorität vom 15. 10. 04.) Alfred Jacques Bergeron, Bordeaux.
— Zusammenlegbarer Drache.
Gebrauchsmuster.
Eintragungen.
306023. 10. 4. 07. Friedrich Mensinger, Braunfels. — Flugmaschine gekennzeichnet
durch ein beliebig schräg zu stellendes Dach und drei Flügelräderpaare.
306 233. 15. 4. 07. Albert Eggert, Kiel-Gaarden, Elisabethstraße 118. - Luftschiff¬
ballon mit zugespitztem Ellipsenquerschnitt.
307 594. 12. 4. 07. Fa. Joseph SUskind, Hamburg. — Spielzeugluftballon mit Rück¬
schlagventil.
Verlängerung der Schutzfrist.
272 303. 13. 5. 04. H. S. Booth, Manchester. — Flugmaschine etc.
Österreich.
Patente.
27 133. 15. 8. 06. Josef Franz X. Stohr, Neudorf bei Weißwasser (Böhmen). — Luft¬
schiff. Drei nebeneinander liegende Ballons, die beiden seitlichen mit halbkreis¬
förmigem Querschnitt, Ebene nach unten; vorn, hinten und unten mit Gas gefüllte
Steuer.
27 598. 15. 10. 06. Carl Dippel, Flensburg. — Steuervorrichtung für Luftschiffe. Vor
dem Steuer sind Windzuführungen angebracht, durch welche dem Steuer ein
dichterer Luftstrom zugeführt werden soll.
27 599. 15. 10. 06. Carl Dippel, Flensburg. — Fortbewegungseinrichtung für Luftschiffe.
Seitlich des Luftschiffes sind schräg gestellte Schrauben, welche der hinteren
Schraube Luft zuführen. Bei den bisherigen Anordnungen hinten liegender Schrauben
sollten dieselben nach Ansicht des Erfinders bald in Luftleere arbeiten. Dies soll
durch die Erfindung vermieden werden.
27 720. 1. 11. 06. August von Parseval, Augsburg. — Bewegliche Gondelaufhüngung
für Slotorballons. Die bekannte Parsevalsche Aufhängung.
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Anmeldungen.
Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur Alfred Ham¬
burger, Wien, VH, Siebensterngasse 1.
Auskünfte in Patentangelegenheiten werden Abonnenten dieses Blattes unentgeltlich erteilt. Gegen die
Erteilung unten angeführter Patentanmeldungen kann binnen zweier Monate Einspruch erhoben werden.
Ausgelegt am 15. Mai 1907, Einspruchsfrist bis 15. Juli 1907:
Kl. 77 d. Aulig Wilhelm, Sergeant in Beuthen (Preuß.-Schles.). — Einrichtung zum
Nutzbarmachen von Preßluft: Das Druckmittel wird in einen doppelwandigen, mit
schräg gerichteten Austrittsschlitzen versehenen, oben offenen und unten am
Boden mit dreieckformigen Erhöhungen, die zwischen sich eine AustrittsöfTnung
freilassen, versehenen Behälter eingeführt, so daß bei der Bewegung des Druck¬
mittels aus den schrägen Schlitzen nach der gemeinschaftlichen Bodenöffnung die
oberhalb des Behälters befindliche Luft mitgerissen und auch die in den Abteilungen
zwischen Innenwand und dreieckförmigen Erhöhungen befindliche Luft mit durch
die Bodenöffnung gerissen wird, wodurch — nach Ansicht des Erfinders — der
Aussendruck auf den Boden des Behälters zur Wirkung kommt und demnach eine
hebende Wirkung auf den Behälter ausübt.
Kl. 77d. Dotzler Hans, Privatier, Loibl Anten Johann, Privatbeamter und Percival
Alexander, Generaldirektor, alle in Wien. — Antriebsvorrichtung für Luftschiffe:
Die Schaufeln, die im wirksamen Teile der Kreisbewegung des Flügelrades der
Luft die volle Fläche und im unwirksamen Teile die kleinste Fläche darbieten,
sind auf ihrer Drehachse zentral angeordnet und werden zwangläufig verdreht.
Kl. 77d. K^]bi6 Heinrich, Bäckermeister in Desinid (Kroatien). — Flügel für Luftschiffe:
Er besitzt eine mit einem torsionsfähigen Tragarm verbundene Vorderkante sowie
eine zweckmäßig im Verhältnisse zu letzterer schwächer dimensionierte Hinter¬
kante, um infolge der nachgiebigen Anordnung des schräg gegen die Horizontale
gestellten Flügels bei abwärts gerichtetem Schlage den Neigungswinkel der
Flügelfläche gegen die Richtung des Luftwiderstandes vergrößern und bei aufwärts
gerichtetem Schlager verkleinern zu können, wodurch der elastische Tragarm
gespannt wird und der Flügel stets senkrecht zur Richtung des Schlages fortbewegt
werden soll.
Kl. 77 d. Lentz Hugo, Ingenieur in Halensee b. Berlin und Bellens Charles, Ingenieur
in Neuilly-sur-Seine. — Verfahren und Vorrichtung zur Beeinflussung atmosphärischer
Luft oder Flüssigkeiten zwecks Erzeugung von Gegenwirkungen : Eine oder mehrere
Druckflächen beliebiger Form werden geradlinig und parallel zu sich selbst so hin
und herbewegt, daß während der Arbeitsphase eine stark beschleunigte Bewegung
erzielt wird. Die Geschwindigkeit der wirksamen Pulsationsbewegung der Druck¬
fläche wird größer gemacht als die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in
der Luft. Die Ansprüche 3—5 kennzeichnen eine Vorrichtung zur Durchführung
dieses Verfahrens.
Literatur.
Russische Literatur aus dem Jahre 1906.
^Sapiski 64 der K. russischen technischen Gesellschaft. Jahrg. 1906. Schabskij.
Die Fortschritte der Aviatik in den letzten Jahren. Vortrag. Der Vortrag stützt
sich hauptsächlich auf das im «A6rophile» in den letzten Jahren niedergelegte Material.
Es werden zuerst die Luftschrauben nach ihrer Wirkungsweise untersucht, dann das
spezifische Gewicht der in Frage kommenden Motore besprochen und endlich die
Helikopterensytseme französischen Ursprungs aus den letzten Jahren angeführt. Aus¬
führlicher werden die Aeroplane behandelt, deren erster Anfang auf Otto Lilienthal
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zurückgeführt wird. Zur Besprechung gelangen die Systeme von Chanute, Gebr. Wright,
Archdeacon, Langley, Ferber, Montgomery und Berger.
„Wosduchoplawatel“. Russisches Journal für Aeronautik. Jahrgang 1906. Uljanin.
Drachen zum Heben von Lasten. Die Drachenfläche wird der Hauptsache nach
aus einem gestreckten Sechseck von 6 l /i qm Oberfläche gebildet, dessen größte Diagonale
2*/t m lang ist. Diese Fläche ist in der Mitte in der Richtung der Längsachse durch¬
brochen. Quer zur Achse und senkrecht zur Drachenfläche sind 2 aus je 2 getrennten
Stücken bestehende Kiele angesetzt. Jedes dieser 4 Kielstücke besteht aus je 2 sich
unter einem spitzen Winkel schneidenden Flächen und hat also die Form eines 0,5 m
hohen Zeltdaches. Die Drachen werden zu je 6—7 hintereinander an einer Magistral-
leine, die durch die durchbrochene Mitte hindurchgeht, verbunden. Je 2 dieser Magistral-
leinen werden an dem Haupttau nach Art der Zweigleinen befestigt und die Last wird
an der Abzweigungsstelle der vorderen Magistrale angebracht. So können bei mittleren
Windverhältnissen etwa 200 kg gehoben werden, bei einem Zuge von etwa 500—600 kg.
Ein Drache wiegt 5 kg. Das Gerüst ist aus Bambus konstruiert. Die Versuche fanden im
Sommer 1905 im russischen Luftschifferpark statt und fielen sehr befriedigend aus.
Stetschkin t* Am 31. Mai 1906 verstarb Stetschkin, der Begründer des russischen
Journals für Aeronautik, das er im Sommer 1903 begründete. Er war von Beruf Journalist
und war viele Jahre lang an den bedeutendsten russischen politischen Zeitschriften tätig.
Ssafonow. Die Spannung im Drachendraht. Die Formeln der Kettenlinie
werden näher ausgeführt und auch der Einfluß des Winddruckes in Rechnung gebracht.
Die Formeln werden ziemlich kompliziert. Es ergibt sich, daß der größte Zug bei
einer Kette von Drachen immer unmittelbar unter jedem Drachen wirksam wird.
Ein unfreiwilliger Aufstieg. Ein neuer Ballon sollte zunächst als Fesselballon
probiert werden. Nachdem er im Hofe der Gasanstalt gefüllt war, nahmen drei Offiziere
im Korbe Platz, worauf der Ballon bei geschlossenem Füllansatz etwa 100 m weit auf
das offene Feld transportiert werden sollte. Das Terrain war uneben und der Wind
sehr heftig, so daß von den haltenden Mannschaften viele stolperten und der Ballon
sich losriß. Der Ballon bekam sehr bald einen Riß und senkte sich glücklicherweise
recht langsam aus geringer Höhe, so daß die Insassen mit einem kalten Bade in einem
kleinen Teiche davonkamen, in den der Ballon niederfiel.
Personalia.
Major H. Hoernes wurde als Bataillonskommandeur in das Infanterieregiment 42,
Königgrätz, versetzt.
Dr. Emden, Privatdozent für Physik und Meteorologie an der Universität München,
unserem früheren Chefredakteur, wurde der Rang und Titel eines außerordentlichen
Professors verliehen.
Jochmann, Zinken, Leutnants in der Schutztruppe für Südwestafrika, wurde der
Kgl. Kronenorden 4. Klasse mit Schwertern verliehen.
Hauptmann Wentrup, Lehrer beim Luftschifferbataillon, ist ein Patent seines
Dienstgrades verliehen worden.
--
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel .
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.
Die Redaktion.
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. -Mi August 1907. im- 8. Heft.
Aerologie.
Die Erforschung der höheren Schichten der Atmo¬
sphäre auf der Reise S. M. S. „Planet“ von Januar bis
Oktober 1906.
Von Oberleutnant zur See Schweppe.
Die Ausrüstung. Praktische Durchführung der Aufstiege.
Als im Frühjahr 1905 die Deutsche Seewarte von der Nautischen Ab¬
teilung des Reichs-Marine-Amts den Auftrag erhielt, einen Vorschlag ein¬
zureichen, wie das neue Vermessungsschiff auszurüsten sei, um auf der Aus¬
reise die höheren Schichten der Atmosphäre über den Ozeanen zu erforschen,
wurde zunächst nur eine Drachenausrüstung
in Vorschlag gebracht. Die Erfolge, die ge¬
rade zu dieser Zeit die Versuche Sr. Hoheit
des Fürsten von Monaco mit Ballon¬
sonde-Aufstiegen im Mittelmeer und später
im NO-Passat Unter Leitung von Professor
Hergesell erzielten, legten den Gedanken
nahe, auch die Ausrüstung des neuen Ver¬
messungsschiffes für Ballonaufstiege zu ver¬
vollständigen. Ein diesbezüglicher Antrag
der Seewarte beim Reichsmarineamt wurde
genehmigt, die Ausrüstung demgemäß er¬
gänzt.
Im folgenden wird eine kurze Beschrei¬
bung der Ausrüstung gegeben:
a) Drachenausriistung.
Die Drachenwinde ist nach Angaben
von Herrn Professor Koeppen in der Elms-
bütteler Maschinenfabrik (Hamburg) gebaut.
Als Grundlage für die Konstruktion hatte die Winde der Landstation in Groß—
Börstel bei Hamburg (Station der Deutschen Seewarte) gedient; von ihr war vor
allem das Prinzip entlehnt, den Druck auf die Vorratstrommel selbst kommen
zu lassen (im Gegensatz zu anderen Konstruktionen, die die Vorratstrommel
durch eine davor eingeschaltete Drucktrommel entlasten). Im einzelnen ist die
Konstruktion aus der nebenstehenden Abbildung (Fig. 1) zu erkennen. Die
Trommelachse ist in Kulissen beweglich angeordnet, zur Bewegung dient das
rechts sichtbare Hebelwerk. Diese Einrichtung dient zur Einschaltung des Mo-
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 34
Fig. 1 . — Draohenwinde nach Koeppen.
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tors und zum Bremsen und hat den Vorteil, mit einer Bewegung zum Stoppen
und Bremsen übergehen zu können. Sie wirkt folgendermaßen: Ein auf
der Trommelachse aufgekeiltes großes Friktionsrad greift bei Stellung der
Trommelachse «oben» — Einholstellung — in ein gleiches die Verbindung
mit dem Motor herstellendes und bei Stellung der Achse «unten» — Brems¬
stellung — in einen Pockholzbremsschuh. In der Mittelstellung — Auslauf¬
stellung — läuft die Friktionsscheibe frei. Die Einrichtung gestattet gutes
Abstimmen des Bremsens und Auslaufens.
Der Draht nimmt seinen Weg von der Trommel durch den Verteiler
und Spannungsmesser über die nach allen Azimuten drehbare Abgangsrolle
ins Freie.
Verteiler und Spannungsmesser nimmt der oben sichtbare rechteckige
Rahmen auf. Der Draht
wird gezwungen, in
einer Bucht um diemit-
telste der drei Schei¬
ben zu laufen. Die
Drahtspannung ist be¬
strebt, diese mittelste
Scheibe gegen den
Druck der starken Fe¬
der aus der Reihe zu
pressen. Die Bewe¬
gung macht der Zeiger
(links) mit, der auf
der empirisch in Kilo¬
gramme geteilten Skala
die Spannung anzeigt.
Der Rahmen ist oben ♦
drehbar aufgehängt,
der rechts sichtbare
Handgriff gestattet die
Bewegung des Ganzen quer zur Trommel, die zum Verteilen des Drahts er¬
forderlich ist.
Wie natürlich bei einer ersten Konstruktion zeigten sich beim Bord¬
gebrauch einige Mißstände. So war der ganze Bau nicht fest genug, und
die hohe Anordnung der schweren Teile der Winde bewirkten nach und
nach, hervorgerufen durch die allerdings ungewöhnlich starken Schlinger¬
bewegungen des kleinen Schiffes, ein Schlottern, dem durch Anordnung von
Diagonalversteifungen an Bord abgeholfen wurde. Ferner war die Winde
reichlich hoch. Das war ja einerseits günstig, da auf diese Weise der Draht
von Decksteilen gut freiblieb, anderseits aber erschwerte es doch das Ar¬
beiten am Draht erheblich, und dieser Nachteil war so groß, daß in einem
Bericht des Kommandos für den Neubau einer Winde für das zweite Ver-
Fig. 2. — Hochlassen des Draohen.
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messungsschiff vorgeschlagen wurde, die ganze Winde weniger hoch zu
konstruieren. Dadurch kamen dann auch die schweren Teile tiefer, es
wurde auch der erstgenannte Mißstand vermieden.
Die Winde des zweiten Vermessungsschiffes, die Verfasser dieses an
Bord S. M. S. Möve in Betrieb zu sehen Gelegenheit hatte, kann als muster¬
gültig für Borddrachenwinden hingestellt werden. Auch diese ist von Herrn
Professor Koeppen konstruiert.
Die Winde steht auf dem Zeichensaaldeck S. M. S. Planet (siehe Fig. 2)
und ist so aufgebaut, daß für die Stellung mit dem Gesicht nach achtern
— und in den allermeisten Fällen steht man zur Beobachtung der Drachen
so — alle Hauptteile gut zur Hand und gut zu sehen sind.
Draht: Als Drachenleine wurde Gußstahl — Klaviersaitendraht von
Felten & Guilleaume — angeschafft, und zwar in drei verschiedenen
Stärken. Die Drahtbewicklung auf der Trommel bestand aus etwa 3 km
0,9 mm, etwa 2,5 km 0,8 mm und etwa 5 km 0,7 mm Draht. 12 km
Draht faßt die Trommel im Maximum.
Drachen: Bezüglich der Drachen wird auf die im Heft II, 1906 der
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie gegebene Beschreib¬
ung der Diamantdrachen « Modell Deutsche Seewarte 1904» verwiesen. Die
Ausrüstung bestand aus je zehn großen Drachen mit Flügeln, großen ohne
Flügel und kleinen ohne Flügel. Die letztere Art ist nicht verwendet worden.
Die Drachen nehmen in zusammengelegtem Zustand so wenig Platz
ein, daß sie im Zeichensaal unter einem Zeichentisch in einem dazu von
der Werft hergestellten einfachen Holzgestell Platz fanden.
Instrumente: Die Dracheninstrumente waren von der Firma J. & A.
Bosch-Straßburg gebaute Baro-, Thermo-, Hygro-, Anemographen. Der
Wunsch, unter Innehaltung der für die Drachenausrüstung ausgeworfenen
Summe dem Schiff eine möglichst große Anzahl von Instrumenten mitzu-
'* geben, ist wohl für die Wahl dieser billigen Instrumente (Preis inkl. Ane¬
mometer, das allein 45 Mk. kostet, etwa 215 Mk.) maßgebend gewesen.
Die «Planet»-Erfahrungen haben dies Prinzip als nicht zweckmäßig erwiesen.
Es ist- während der ganzen nahezu 8 Monate langen Arbeitsperiode bei
Drachenaufstiegen nicht ein einziges Instrument verloren worden. Man
kann somit für Drachenaufstiege über dem Meere unbedenklich die besten
Instrumente verwenden, muß das sogar tun, wenn man die Ergebnisse mit
der aufgewendeten Arbeit in Einklang bringen will.
Die Instrumente befinden sich in einem Korkkasten, auf dessen obere
Decke das Flügelrad-Anemometer aufgeschraubt werden kann, und der an
der Stelle, wo die Federn auf der Trommel schreiben, ein Glimmer¬
fenster hat.
Die Federn der Meteorographen schreiben auf berußtem Papier. Die
Registriertrommein haben dreistündige Umlaufszeit. Die Trommeln wurden
mit transparentem Papier und Blaupause darunter belegt — ein Verfahren,
das Professor Koeppen angegeben hatte —. Man erhält dadurch sofort
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beim Aufstieg eine Kopie, und das Verfahren hat den weiteren wesentlichen
Vorteil, bei mehr als dreistündigem Aufstieg die Entzifferung der eventuell
ineinandergelaufenen Kurven (besonders Anemometer) zu erleichtern, da auf
der Kopie die einzelenen Umdrehungskurven durch die Stärke der Belicht¬
ung sich unterscheiden. Auch geht, was für Bordaufstiege wichtig ist, bei
Unfall — Brechen des Drahtes oder Schießen des Instrumentdrachens —,
durch den der lnstrumentdrache und damit das Instrument ins Wasser
kommt, die Registrierung nicht verloren, sondern bleibt in der durch das
Wasser fixierten Kopie erhalten, während die Rußschrift meist so weit ab¬
gewaschen ist, daß ein Entziffern der Kurve schwer oder unmöglich wird.
Ein umfangreicher Vorrat an Werkzeug und Material zum Ausbessern
und eventuell zur Neuanfertigung von Drachen, Reserveteile für die Winde,
Schnur, eine Luftpumpe mit anzuschließendem Manometer zur Eichung der
Barographen, Glasskalen zur Auswertung der Kurven, einige Führungsrollen
usw. vervollständigten die Ausrüstung. An Bord angefertigt wurde ein
Glastisch, der, elektrisch von unten her beleuchtet, die Auswertung der
Kurven wesentlich erleichterte.
b) Ballons.
Ausrüstung: Die Ausrüstung — zunächst nur für den Atlantischen
Ozean berechnet, Nachsendung weiterer Vorräte wurde von dem von Kap
Verden aus einzusendenden Bericht abhängig gemacht — bestand in zwölf
Ballons zu 1,5 m Durchmesser für Ballon-sonde-Aufstiege und 30 Pilot¬
ballons ä 0,5 m Durchmesser. Der erwähnte Bericht befürwortete trotz
der stattgehabten Mißerfolge im NO-Passat die Fortsetzung der Versuche
und bat um entsprechende Nachsendung von 1,5 m-Ballons. Die 0,5 m-
Ballons mußten als für Versuche von Bord aus — bei der Unmöglichkeit
der Verwendung eines Theodoliten mit gutem Fernrohr bzw. eines festen
Fernrohrs — als völlig untauglich bezeichnet werden. Es wurde gebeten,
als Pilotballons solche von 1 m zu bestellen und nachzusenden. Die Nach¬
sendung traf in Kapstadt ein und bestand in 24 Ballons k 1,5 m, 20 ä 1 m
und 30 ä 0,5 m. Letztere waren wohl schon vor Eingehen unseres Be¬
richtes beschafft worden.
Unterbringung. Die erst gelieferten Ballons waren eingelötet ge¬
wesen. Da die Ballons bei dieser Aufbewahrung keine Materialveränderung
zeigten, wurde die Nachsendung — die Ballons befanden sich in Kartons
— sofort eingelötet.
Wasserstoff. Der zur Füllung der Ballons nötige Wasserstoff wurde
vom Luftschifferbataillon in Tegel-Berlin zur Verfügung gestellt. Auch von
diesem mußte ein großer Vorrat nachgesandt werden, der in Durban an
Bord genommen wurde.
Instrumente. Drei der Bosch-Dracheninstrumente waren von Dr.
Kleinschmidt in Straßburg i. E. — der die sämtlichen Dracheninstrumente
geeicht hatte — für niedrigsten Druck und größere Temperaturamplitude
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geeicht worden. Ferner waren für diese Instrumente drei gegen Kälte kom¬
pensierte Uhren mit einstündiger Umlaufszeit von der genannten Firma
J. & A. Bosch geliefert. Zwei weitere derartige Uhren trafen in Kapstadt
ein; die Nacheichung zweier weiterer Dracheninstrumente für Ballonaufstiege
wurde an Bord unter der Luftpumpe bzw. durch Kohlensäurekältemischung
ausgeführt.
Vorrat an Schnur von verschiedener Stärke, eine Federwage zum
Messen des Auftriebs der Ballons, ein Manometer, ein Vorrat an Kautschuk¬
plättchen zum Verkleben kleiner Löcher, ein Stück unvulkanisierten Kaut¬
schuks zur Verwendung bei Verkleben größerer Risse, Chemikalien zur
Herstellung von Klebstoff usw. waren in hinreichender Menge vorgesehen.
Die praktische Durchführung der Versuche,
a) Drachenaufstiege.
1. Vorbereitungen. Da der Raum an Bord es nicht zuließ, einen
Verschlag zur Aufstellung von fertig zusammengesetzten Drachen vorzusehen,
so mußten die Drachen jedesmal neu zusammengesetzt werden. Für die
Drachen hat sich dies nicht als schädlich erwiesen, es ist auch nicht ein
einziger Versager zu verzeichnen gewesen, der auf Mängel des Drachen¬
materials zurückzuführen wäre. Das Personal gewann in der Zusammen¬
setzung derartige Übung, daß in einer halben Stunde leicht vier bis sechs
Drachen gebrauchsklar gemacht werden konnten. Das ist denn auch die
Zeit, die im allgemeinen für die Vorbereitungen angesetzt werden mußte,
da das Klarmachen der Winde und des Instrumentes gleichzeitig mit dem
Zusammensetzen der Drachen geschehen kann.
Die Vorbereitungen an der Winde bestanden im Aufsetzen der Ab¬
gangsrolle, die zwecks besserer Konservierung jedesmal nach dem Aufstieg
abgenommen wurde, und in gutem Einölen der Friktionsscheiben und des
Bremsschuhs zur möglichsten Verminderung der Reibung beim Auslassen.
Das letztere war vor allem deswegen unerläßlich, weil beim Schlingern des
Schiffes sich die Friktionsscheiben bei dem unvermeidlichen seitlichen Spiel¬
raum der Achsen seitlich gegeneinander legten und so ziemlich stark gegen¬
einander rieben. Bei stärkerem Überholen war trotzdem die Reibung so
stark, daß die Trommel festgebremst wurde, so daß bei etwa 10 kg Druck
und darunter das Auslassen sich stoßweise und entsprechend langsam vollzog.
Dem Übelstande war mit Bordmitteln nicht abzuhelfen, eine Gefahr für den
Drachen oder Draht hat es bei geringem Druck nicht zur Folge gehabt.
Die Instrumententrommel wurde mit einer Terpentinflamme berußt.
Die Federn brauchen nur sehr lose anzuliegen, da das Instrument so
eingebaut wird, daß die Federn über der Trommel schreiben und so mit
ihrem Gewicht allein aufliegen können. Die Registrierungen waren gut.
2. Aufstieg. Zum Aufstieg hat der Leiter zugleich das Manöver des
Schiffes in Kurs und Geschwindigkeit in der Hand.
Die Drachen wurden zumeist an einer Schnurvorleine von etwa 40 m
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Länge hochgelassen, nur unter sehr günstigen Verhältnissen wurden Neben¬
leinen aus Draht verwendet. Das Hochlassen geschah nach dem von Pro¬
fessor Hergesell angegebenen Verfahren in der Weise, daß über die Leine
ein Ring in der Art eines Schlüsselringes gestreift wurde. Dieser Ring
— der an eine Flaggleine angenäht ist, so daß er also geheißt und nieder¬
geholt werden kann — wurde über die Fesselungsbucht des Drachens über¬
gestreift und dann mit der Flaggleine hochgeheißt unter gleichzeitigem
Auffieren der Drachenleine. x ) So kommt der Drache gut gefesselt in etwa
Masthöhe. Jetzt wurde der Ring festgehalten und die Drachenleine langsam
ausgelassen. Stand der Drache an der Vorleine gut, so wurde der Ring
niedergeholt und abgenommen und die Vorleine mit einem Haken — nach
Angabe der Borsteler Drachenstation angefertigt — am Draht befestigt; und
dann konnte ausgelassen werden.
Das beschriebene Verfahren hat sich unter allen Verhältnissen bewährt.
Die Nebendrachen wurden, wenn die Verhältnisse es irgend zuließen,
so rechtzeitig hochgelassen, daß sie bereits standen, wenn sie angesetzt
werden sollten. Der Aufstieg ging so mit der geringst möglichen Verzöge¬
rung von statten. Dies Verfahren hat den weiteren Vorteil, daß man so
rechtzeitig ein Urteil über gutes Fliegen des Drachens gewinnt, daß er¬
forderlichenfalls ein Niederholen und Hintrimmen ohne Zeitverlust er¬
folgen kann.
Bei stark arbeitendem Schiff treten sehr starke Spannungsdifferenzen
auf, so lange der letzte Drache wenig Draht hat. Später wirkt die Bucht
des Drahtes federnd. Man hat daher zuerst nach Ansetzen eines neuen
Drachens möglichst schnell auszulassen. Im allgemeinen sind Stampfbewegungen
gefährlicher als Schlingerbewegungen, wie das ja erklärlich.
Kursänderungen wirken erst nach geraumer Zeit auf Änderung der
Spannung; man ändert daher am besten von Strich zu Strich, um zu plötz¬
liche Spannungsänderungen zu vermeiden. Sind die oberen Drachen nicht
zu sehen, so geben die Spannungen auf verschiedenen Kursen einen rohen
Anhalt für den oben herrschenden Wind.
3. Ein holen. Durch die Einholgeschwindigkeit konnte — besonders
in letzter Zeit unter Ausnutzung der gewonnenen Erfahrung — die Aufstiegs¬
höhe beträchtlich vergrößert werden. Nur dadurch ist es im Passat ge¬
lungen, in die über der nur niedrigen Passatzone lagernde Mischungsschicht
mit Stille oder ganz schwachem Wind vorzudringen. Es wurden zu dem
Zweck — wenn, wie das im Passat der Fall war, die Verhältnisse oben
beurteilt werden konnten — oben viele Drachen angesetzt, dann wurde so
viel Draht ausgelassen, daß etwa 2 km zum Einholen zur Verfügung standen,
bis der nächste Drache kam, durch höchste Fahrt des Schiffes das Gespann
bei gestoppter Winde so hoch wie möglich gebracht und dann unter Bei¬
behaltung der Fahrt so schnell eingeholt, daß der Druck sich an der zu-
J ) Diesen Moment zeigt die Abbildung 2.
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lässigen Höchstgrenze hielt. So lange der Draht nur geringen Abgangswinkel
hatte, war der Erfolg gut, bei wachsendem Winkel wird naturgemäß bei
gleichbleibender Einholgeschwindigkeit die als «Wind» wirkende Horizontal¬
komponente kleiner, damit auch die Wirkung auf Steigen. Da nun die
Höchstgeschwindigkeit des Einholens im Verein mit der Höchstgeschwindig¬
keit des Schiffes — die auch bei glatter See nicht höher als 4 m/sek. an¬
gesetzt werden kann — gerade genügt, um die Drachen in Windstille höher
zu bringen, so ist einzusehen, daß durch das schnelle Kürzerwerden des
Drahtes zum Heben der Drachen ein ungleich stärkeres Wachsen des Ab¬
gangswinkels erforderlich wird, und daß so dem Höherbringen bald dadurch
ein Ende gesetzt wird, daß der Abgangswinkel sich nicht mehr steigert. Je
höher die Schiffsgeschwindigkeit, um so weniger braucht die Einholgeschwindig¬
keit in Anspruch genommen zu werden, um so günstiger also sind die Aussichten.
Jede Seemeile Geschwindigkeit mehr ist in diesem Falle von größtem Wert.
Zum letzten Niederholen der Drachen an der Nebenleine konnte oft der
erwähnte Knebelungsring entbehrt werden.
4. Havarien. Havarien waren in der letzten Zeit sehr selten, und
das muß wohl nicht zum wenigsten dem guten Material zugeschrieben werden.
Ein Brechen des Drahts hat im allgemeinen nur geringe Verluste an Draht
zur Folge gehabt, niemals den des Instruments, mit Ausnahme der Uhr
(siehe unten). Stehen noch mehr als ein Drache — wie das wohl beim
Brechen des Drahts stets der Fall ist —, so verankert der unterste Drache
das ganze System derart, daß es nur mit geringer Fahrt leewärts treibt.
Man fischt dann den im Wasser treibenden Drachen mit einem Draggen,
schließt den Draht neu an und kann dann weiter einholen.
Ins Wasser gefallene Instrumente. Solange das Personal noch
nicht die erforderliche Übung hatte, fiel in dem unten ziemlich kräftigen
NO-Passat der Instrumentdrache gleich beim Hochlassen zweimal ins Wasser.
Seitdem ist nur ein weiterer derartiger Unfall zu verzeichnen gewesen, der
durch Verwendung eines lädierten Verbindungshakens verursacht wurde.
Die ins Wasser gefallenen Instrumente wurden sofort auseinander ge¬
nommen, die Uhr in absolutem Alkohol gebadet und danach mit Äther ab¬
gespritzt, die übrigen Teile in Süßwasser und danach in Alkohol gebadet.
Es gelang jedoch bisher nicht — mit Ausnahme eines Falles —, die Uhren
zu retten. Ein Nachrosten der Federn, die von außen schwer zugänglich
sind, konnte nicht verhindert werden, die Uhren gingen in der Regel noch
einige Tage, dann brach beim Aufziehen die Feder, die durchgerostet war.
Abgesehen davon schadet den Instrumenten bei der beschriebenen
Behandlung das Seewasserbad nicht, wie die später im Hafen stattgehabte
Eichung bewiesen hat.
Anmerkung. Der Umstand, daß nur die Federn durch das Bad zer¬
stört werden, legt den Gedanken nahe, diese Federn zum Auswechseln ein¬
richten zu lassen und das zu dem Zweck erforderliche Handwerkszeug in
der Ausrüstung vorzusehen.
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b) Ballonaufstiege.
Das Verfahren der Ballonaufstiege über dem Wasser wird als bekannt
vorausgesetzt, näheres darüber gibt Hergesell im vierten Heft der «Bei¬
träge zur Physik der freien Atmosphäre*, Straßburg 1905, Seite 200.
Das AufTüllen hat an einem windgeschützten, möglichst freien Platz
zu geschehen. Am geeignetsten dazu erwies sich die Back. Der Wind
wurde nach Möglichkeit ausgedampft. Zunächst wurden die Ballons durch
einen Schlauch mit der Fülltülle der Wasserstofflasche — deren Füllung
zuvor durch ein Manometer festgestellt wurde — verbunden, doch wurde im
Laufe der Zeit zu dem einfacheren Verfahren übergegangen, den Füllansatz
der Ballons unmittelbar auf die Fülltülle aufzusetzen und dort abzubinden.
Während des Füllens werden die Fesselungsschnüre eingebunden und dann
an diesen der Ballon derart gefesselt, daß »der Füllansatz entlastet wird.
Es ist zu empfehlen, die Ballons — beide gleichzeitig — zunächst soweit
zu füllen, daß sie Kugelgestalt angenommen haben. Dann kann man ein
angenähertes Urteil über ihre Größe gewinnen — die nie ganz gleich ist,
es kommen recht beträchtliche Unterschiede vor — und danach den Ballon
bestimmen, der platzen soll, also stärker aufzublasen ist. Man wird dazu
im allgemeinen den kleiner erscheinenden Ballon wählen. Aus der vorher
angestellten Überlegung, wie groß die Aufsteigegeschwindigkeit sein soll,
wählt man unter Anrechnung der zu hebenden Gewichte des Instruments,
der Schnüre und des Schwimmers den Grad des Auftriebs. Als ungefähres
Maß kann gelten, daß der zum Platzen bestimmte Ballon 1 kg mehr Auf¬
trieb hat als der andere. Das ist die untere Grenze, volle Sicherheit gibt
bei der ungleichmäßigen Beschaffenheit des Hüllenmaterials selbst dieser
Unterschied in der Füllung nicht dafür, daß der vorher bestimmte Ballon
zuerst platzt. — Daher ist es auch nahezu ausgeschlossen, aus dem Grad
der Füllung einen Schluß auf die mutmaßliche Steighöhe zu ziehen bzw.
diese Steighöhe durch das Maß der Füllung zu begrenzen. Und das ist
Vorbedingung für den Erfolg. Hier an Bord sind fünf Aufstiege mißglückt,
weil entweder der Aufstieg zu lange dauerte, so daß der bis dahin wolken¬
lose Himmel sich bezog, oder weil der Ballon in den großen nicht be¬
absichtigten Höhen so starke Windgeschwindigkeiten traf, daß die Ge¬
schwindigkeit des Schiffs zum Verfolgen zu klein war. Aus alledem geht
die unbedingte Notwendigkeit hervor, eine Vorrichtung zu schaffen, die in
ungefähr bestimmbarer Höhe einen Ballon zur Entleerung bringt oder ihn
abwirft.
Es sind verschiedene Versuche unternommen worden, eine möglichst
einfache und zugleich zuverlässige Abwurfvorrichtung zu konstruieren. Sehr
zu bedauern ist, daß Herges eil nirgends eine Beschreibung der von ihm
bei einer Reihe seiner Aufstiege mit Erfolg benutzten Abwurfvorrichtung
gibt. Damit würden uns die Versuche erspart geblieben sein, zu denen
weder Zeit noch auch brauchbares Material zur Verfügung standen.
Während des Füllens werden die Ballons auf Undichtigkeiten abgesucht,
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die sich in kleinen, kreisrunden Löchern von höchstens 1 mm Durchmesser
zeigen, und diese durch kleine Kautschukplättchen verklebt.
Glaubt man, daß die Ballons die richtige Spannung haben, so werden
sie provisorisch abgeschnürt und «gewogen». Eine für dieses Wiegen mit¬
gegebene Federwage erwies sich als wenig brauchbar bei Schlingerbewegungen;
die Messung durch angehängte Gewichte war ungleich genauer. Nach dem
Ergebnis des Abwiegens wird nachgefüllt oder abgelassen.
Inzwischen ist das Instrument verglichen worden, der Schwimmer
darunter, die Ballonschnüre darüber befestigt. Die Ballons werden langsam
hochgelassen, bis sie das Instrument tragen, man läßt dann an der Schwimmer¬
schnur weiter aus und gibt schließlich den Schwimmer über Bord.
Vorherschicken eines Pilotballons.
Läßt die Zeit es irgend zu, so ist das Vorausschicken eines Pilotballons
unerläßlich, um sich sofort über das zur Verfolgung geeignetste Manöver klar
zu werden und um aus der vom Pilotballon oben konstatierten Wind¬
geschwindigkeit ungefähr die Steighöhe der Ballon-sonde festzustellen, bis
zu der gute Aussicht zur Wiedererlangung des Instruments vorhanden ist.
Wie schon in der Einleitung gesagt, waren zu dem Zweck die 0.5 m-Ballons
nicht geeignet, wohl aber sind es die 1 m-Ballons, die leicht noch auf 15
bis 20 km Entfernung zu sehen sind (bei günstigen Verhältnissen, trockener
Luft vor allem). Den Pilots wurde ein Stück Metallpapier mitgegeben,
dessen Blitzen einmal im allgemeinen weiter zu sehen ist als der Ballon
selbst, dann aber auch das Auffinden nach Aussichtkommen des Ballons
hinter einer Wolke wesentlich beschleunigt.
Verfolgung des Ballons.
Der Ballonflug wird mit Sextant und Peilapparat verfolgt, zugleich wird
der Weg des SchifTes auf Millimeterpapier aufgezeichnet. Das letztere ist
notwendig, um im Augenblick des Platzens des einen Ballons den Platzpunkt
— berechnet aus Azimut und Höhe, die zur betreffenden Zeit gemessen
sind — einzeichnen, aus dem vom Ballon beim Aufstieg gemachten Weg
den Ort des Wiederkommens feststellen und auf diesen Punkt hin Kurs
nehmen zu können. (Schluß folgt.)
Aus dem Kgl. Aeronautischen Observatorium Lindenberg.
Jeder, der sich mit dem Auflassen von Gummiballons beschäftigt, seien
dies nun kleine sogenannte Pilotballons, die zur Feststellung der Wind¬
verhältnisse in der Höhe Verwendung finden, oder Assmannsche Re¬
gistrierballons, wird mit der Herstellung eines leicht anzubringenden
gasdichten Verschlusses des Füllschlauches gewisse Schwierigkeiten haben,
zumal wenn es sich, wie bei den Pilotballons, um die äußerste Gewichts¬
ersparnis handelt. Das nächstliegende, ein Abbinden des Füllschlauches,
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 35
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läßt sich nicht immer leicht ausführen, wenn dieser selbst aus irgendwelchem
Grunde einen etwas größeren Durchmesser hat und aus stärkerer Gummi¬
platte hergestellt ist: die hierbei unvermeidliche Faltung des Gummis er¬
schwert die Anbringung der Ligatur und erheischt, um einigermaßen sicher
zu sein, daß der Verschluß dicht hält, ein sehr starkes Anziehen der Schnur;
hierbei pflegt dieselbe zu reißen und man läuft Gefahr, mit den Händen
in den dünnen Stoff des ausgedehnten Ballons zu fahren, oder den
Füllschlauch mit der Schnur einzuschneiden. In beiden Fällen wird durch
den inneren Überdruck Gas aus dem Ballon ausgepreßt, das, wenn man
nicht an Auftrieb verlieren will, nachgefüllt werden muß.
Sehr bequem, aber für Pilotballons wegen des Gewichtes nicht ver¬
wendbar, ist das vorherige Einbinden eines stärkeren Hartgummischlauch¬
hahns, den man nach erfolgter Füllung einfach abdreht; noch besser läßt
sich das mit dem bekannten Ventil erreichen, das zum Abschluß der Gummi¬
luftkissen verwandt wird. Immerhin geht in den meisten Fällen der Hahn
oder das Ventil, das 1 bis VU Mk. kostet, verloren und bei Pilotballons,
die, wie die hier verwandten Paturel-Ballons, selbst nur 28 g wiegen, ist
ein Gewicht von 15 g schon eine unzulässige Mehrbelastung.
Jetzt habe ich, mit der Organisation der Pilotbeobachtungen bei den
demnächst beginnenden Aufstiegen des neuen Parsevalschen Luftschiffes
beschäftigt, das die Motorluftschiff-Studiengesellschaft in Berlin baut, eine
überaus einfache und naheliegende, meines Wissens aber noch nirgends zur
Anwendung gebrachte Methode gefunden und erprobt, die ich im Interesse
meiner Fachgenossen hier bekannt machen möchte.
Man schiebe den Füllschlauch des Gummiballons einige Zentimeter
weit über eine etwas weitere Metalltülle, die das Ende des gaszuführenden
Schlauches bildet, und lege oder «kremple» dann dessen freien Rand um etwa
x \i cm nach außen um; nachdem die Füllung beendet ist, bestreiche man
diesen Rand mittels des Zeigefingers rundum mit einigen Tropfen der be¬
kannten, in allen Gummigeschäften käuflichen Paragummilösung, lasse sie
durch Verdunsten des Lösungsmittels (Benzin) ein wenig eintrocknen und
ziehe nun schnell den Füllschlauch von der Tülle ab, wobei man den um¬
gekrempelten Rand wieder umlegt und glattstreicht, dabei dessen Ränder,
die nun innen mit Gummilösung versehen sind, mit den Fingern fest gegen¬
einander pressend; um ein Offenbleiben der beiden Ecken zu verhindern,
klemmt man sie mit je einer federnden Holzklammer, wie sie in der Photo¬
graphie gebraucht werden, einige Minuten lang zusammen und der Füll¬
schlauch ist damit äußerst fest und sicher, selbst bei der stärksten Aus¬
dehnung des Ballons nicht nachlassend, geschlossen.
Will man bei größeren Ballons mit steiferem Füllansatz noch beson¬
ders sicher gehen, so schiebe man über die Ecken noch je eine der be¬
kannten Brief-Heftklammern über und lasse sie mit aufsteigen. Da eine
solche Klammer nur 1 g wiegt, hat man auf diese Weise einen nahezu
«gewichtslosen» und völlig sicheren Verschluß hergestellt, den man übrigens,
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wenn erwünscht, durch scharfes Auseinanderziehen mittels der Fingernägel
selbst nach längerer Zeit wieder öffnen kann.
Für Aufstiege von gefesselten Ballons mit Registrierapparaten, welche
bei schwachem Winde den Drachen ersetzen müssen, verwendet das Ob¬
servatorium seit längerer Zeit gefirnißte Goldschlägerhautballons (bau-
druche, goldbeaters-skin) von 2 1 /» bis 3 m Durchmesser, welche z. Z. am
besten aus der berühmten Ballonfabrik von E. Carton & V ve Lachambre
Succ. in Paris 15 e, 24 Passage des Favorites, in dreifacher Lage mit einem
Gewicht von 1600 g (bei 3 m Durchmesser) und in zweifacher Lage von
800 g (bei 2 1 la m Durchmesser) im Preise von 330 resp. 160 Frs. in tadel¬
losester Qualität hergestellt werden.
Da ein Ballon von 3 m Durchmesser 14 cbm Inhalt besitzt und dem¬
nach bei Wasserstoffüllung 15 V* kg trägt, so bleibt ihm, unter Abrechnung
seines Eigengewichts und eines leichten Netzes sowie eines Registrierappa¬
rates von 1 kg Gewicht, noch ein «freier Auftrieb» von 12 1 /a kg, der bei
Windstille imstande ist, unter Berücksichtigung des beim Aufsteigen ver¬
minderten Auftriebes fast 3000 m des am Observatorium verwandten «über¬
härteten» Stahldrahtes von Felten & Guilleaume in Müllheim a. Rh. von
0,6 mm Durchmesser (1000 m wiegen 2,37 kg, Bruchfestigkeit 80 kg) zu
tragen.
Bei leichtem Winde oder zur Erreichung noch größerer Höhen bringt
man den zweifachen Ballon von 2 1 /* m Durchmesser, der bei 8 l U cbm
Inhalt mit Netz noch fast 8 kg trägt, mittels einer Drahtklemme als Hilfs¬
ballon an, sodaß man Höhen von 4000 m, in günstigen Fällen noch mehr,
erreichen kann; hierzu gebraucht man, wenn man den Hauptballon nur zu
etwa Zweidritteln, den Hilfsballon zu Dreivierteln füllt, nur 15 cbm Wasser¬
stoffgas. Der Umstand, daß die elektrolytische Gasanlage des Observatoriums
der Kosten wegen etwas knapp geraten ist, zwingt zum tunlichst spar¬
samen Gasverbrauch, der wieder, wenn man nicht eine grundsätzliche Ver¬
ringerung der Höhen in den Kauf nehmen wollte, zur weitestgehenden Er¬
leichterung der «toten Last», d. h. der Ballons, Veranlassung gegeben hat.
Da nun die Hülle des Ballons von 3 m Durchmesser einen Flächeninhalt
von 28 qm hat, wiegt ein Quadratmeter dreifacher und gefirnißter Gold¬
schlägerhaut 56 g, von zweifachem Stoff gar nur 41 g, ein Gewicht, wie
es wohl von keinem anderen Ballonstoff unterboten werden kann! Leider
ist die deutsche Industrie auf diesem Gebiete noch zu wenig entwickelt,
um mit dem französischen Fabrikat konkurrieren zu können, die an mehreren
Stellen unternommenen Versuche sind wenigstens so gut wie ergebnislos
geblieben!
Es läßt sich nicht verkennen, daß die unter der Autorität von v. Sigs-
feld zunächst entwickelte Methode der Verwendung des Drachenballons für
wissenschaftliche Zwecke den wesentlichen Vorteil gegenüber dem bis dahin
ausschließlich verwandten gefesselten Kugelballons darbot, daß man auch
bei größeren Windstärken wagen konnte, den Ballon an Stelle des Drachens
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zu benutzen und damit die unfruchtbare Lücke zwischen diesen beiden
Methoden erheblich zu verkleinern. Außerdem führte die gewissermaßen
«starre* Form des Drachenballons, welche sich infolge der genialen Ballonet-
konstruktion um so vollkommener herstellt, je stärker der Wind wird, zu
einer im ballontechnischen Sinne viel eleganteren Arbeit gegenüber dem
Kugelballon, der, infolge des Aufstiegs teilweise gasleer geworden, beim
Herabholen und im Winde rollend und sich drehend, eine hin- und her¬
laufende, den Stoff klatschend schlagende «Dalle» erhält, die ihm, von der
Seite gesehen, die Gestalt eines im Winde flatternden «Hutes» verleiht und
ein empfindliches LuftschifTerauge geradezu beleidigt!
Die Drehungen des Kugelballons haben aber wiederholt schon die sehr
unerfreuliche Nebenwirkung gehabt, daß sie den am Draht hängenden Re¬
gistrierapparat, der wegen der Ventilation des Thermometers zur Einstellung
des Schutzrohres gegen den Wind mit einer Windfahne versehen werden
muß, vom Drahte abgedreht haben, sodaß er aus beträchtlicher Höhe zur
Erde gefallen ist, glücklicherweise bisher noch immer nur selbst beschädigt,
ohne Dritte zu beschädigen!
Anderseits zwang aber die verhältnismäßig große Oberfläche des
Drachenballons und der daraus hervorgehende größere Luftwiderstand zur
Verwendung von beträchtlich stärkeren und deshalb schwereren Haltekabeln,
so daß man kaum wagen durfte, einen Drachenballon von 70 cbm Inhalt
anders als an einem Kabel von 250 bis 300 kg Bruchfestigkeit und 10 bis
11 kg Gewicht pro 1000 m zu verwenden; dazu kam das beträchtliche Ge¬
wicht des Ballons selbst (über 40 kg), das wiederum zum Verbrauch
größerer Gasmengen führte, und schließlich sein hoher Preis (1300 Mk.).
So ist man denn, nachdem Hergesell zuerst bei seinen Bodensee¬
aufstiegen vom Drachenballon zurückgekommen war, auch am Aeronautischen
Observatorium wieder zum Kugelballon übergegangen, wobei man eine neue,
anderswo wohl noch nicht verwandte Arbeitsmethode in Anwendung brachte,
welche auf einer besonderen Einrichtung der dortigen Kabelwinde beruht.
Der diese betätigende Elektromotor ermöglicht es nämlich, indem er
auch rückwärts laufen kann, dem aufsteigenden Ballon so schnell seinen
Haltedraht «nachzuschieben», daß selbst bei mäßigem Winde nur ein ge¬
ringes «Abtreiben» erfolgt und der Ballon demnach einem «Freiballon»
ähnlich, eine beträchtlich größere Höhe erreicht, als wenn er, seinen Draht
nach sich ziehend, vom Winde niedergedrückt würde. Hergesell erreicht
dasselbe, indem er sein Motorboot ebenso schnell «mit dem Winde» laufen
läßt, als dessen Geschwindigkeit in der Höhe des Ballons ist.
Eine nennenswerte Verringerung der natürlichen Ventilation des Thermo¬
meters tritt bei unserem Verfahren aus dem Grunde nicht ein, weil an
Stelle der Windwirkung die stärkere Aufwärtsbewegung des Ballons eine
Erneuerung der Luft am Thermometer herbeiführt.
Bei dem Einholen, das ebenfalls tunlichst schnell geschieht, soweit
es die hierbei auftretenden Züge im Verhältnis zur Bruchfestigkeit des
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Haltedrahtes gestatten, wirken dann Abwärtsbewegung und Wind zusammen,
um eine kräftigere Ventilation zu erzeugen, und man gewinnt bei starker
Sonnenstrahlung aus dem beim Beginn des Einholens eintretenden plötz¬
lichen Fallen des Thermometers leicht ein Urteil darüber, ob die Aufstiegs¬
temperatur eine Fälschung durch Strahlung erfahren habe: in solchen Fällen
werden dann die Aufzeichnungen des beträchtlich stärker ventilierten Ab¬
stieges ausgewertet.
Dem Kugelballon kommt ferner noch die Tatsache gegenüber dem
Drachenballon zustatten, daß er, in stärkeren Oberwind eintretend, ebenso
beim Einholen, sofort in die unteren windschwächeren Schichten nieder¬
gedrückt wird, während der Drachenballon, wenn auch nicht, wie ein
Drachen, durch stärkeren Wind zum «Ansegeln» gebracht, so doch nahezu
in seiner Höhenlage erhalten wird. Die «Züge» wachsen also beim Kugel¬
ballon nicht in demselben Maße wie bei dem Drachenballon mit zunehmen¬
dem Winde.
Bei ganz schwachem Winde oder gar bei «toter Luft» können aber
doch Unsicherheiten über den Einfluß der Sonnenstrahlung bestehen, deren
völliger Beseitigung ein neuerdings am Observatorium konstruierter künst¬
lich ventilierter Thermograph dient.
Auf Grund des ausgezeichneten Wirkungsgrades des der Firma White,
Child & Beney patentierten sogenannten «Scirocco-Ventilators», bei
dem die Luft durch ein «Schaufelrad» gefaßt und fortbewegt wird — das
Observatorium benützt einen solchen Apparat, der einen breiten Luftstrom
von einer fast 20 m in der Sekunde betragenden Geschwindigkeit in be¬
liebigen Abstufungen zu erzeugen gestattet, zur Prüfung und Justierung
seiner Anemometer —, habe ich einen kleinen, nur 50 mm im Durchmesser
haltenden analogen «Scirocco-Ventilator» mit einem minimalen sechsspuligen
Magnetelektromotor direkt kuppeln und diesen auf das senkrechte, in seinem
das Thermometergefäß umgebenden Teile doppelte und hochglanzpolierte
Strahlungsschutzrohr eines gewöhnlichen Registrierapparates mit Bimetall¬
thermometer setzen lassen; er macht etwa 60 Touren in der Sekunde und
wird von einem kleinen, nur 120 g wiegenden Akkumulator von 2 Volt
Spannung 4 Stunden lang im Gange gehalten. Diese Zeit genügt für einen
Ballonaufstieg vollständig, um Höhen von 5000 m zu erreichen. Die künst¬
liche Luftbewegung im Thermometerrohre beträgt dabei über 4 m p. s. und
reicht erfahrungsgemäß selbst bei Windstille und stärkster Sonnenstrahlung
aus, um jeden Strahlungseinfluß sicher zu beseitigen.
Dieselbe Einrichtung ist übrigens auch mit stärkerem, immerhin aber
noch im Vergleich mit anderen ähnlichen, sehr kleinem und leichtem Akku¬
mulator von 250 g Gewicht, 2 Volt Spannung und 8 Ampörestunden Leistung,
die fast für 24 Stunden ausreicht, an einem Registrierapparat für die Be¬
nutzung bei bemannten Freifahrten angebracht worden.
Über einige weitere Neuerungen am Aeronautischen Observatorium, wie
einen verbesserten und billigen Theodoliten zur Verfolgung von Pilot-
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ballons, von der Firma Bunge in Berlin nach unseren Plänen konstruiert,
eine neue, wesentlich verbesserte Art von Gummiballons der Continental-
Caoutchouc- und Guttapercha-Compagnie in Hannover, einen neuen Ver¬
bund-Winddruckapparat von Strauß in Frankfurt a. M., besonders auch
über ein neues Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoffgas aus Calciumhydrür
nach Prof. Naß und den von der Firma R. Gradenwitz hierfür gebauten
Apparat, eine in der Vorbereitung begriffene Einrichtung zur Mietheschen
Dreifarbenphotographie für Wolkenaufnahmen u. a. m., soll in einem
weiteren Aufsatz demnächst berichtet werden. Außerdem steht zu hoffen,
daß der höheren Orts vorliegende Plan der Errichtung einer «schwimmen¬
den Drachenstation» auf der Danziger Bucht als einer Abteilung des
Lindenberger Observatoriums die Zustimmung der maßgebenden Instanzen
und Bewilligung der erforderlichen Mittel durch den Landtag finden wird.
3. Juli 1907. Richard Assraann.
m
Aeronautik.
Brieftauben bei Ballonfahrten.
Yon B. Fl üring-Bannen.
Der eigenartige, aber höchst interessante Brieftaubensport ist in Deutschland erst
nach dem 1870/71 er Kriege modern geworden. Im Jahre 1881 wurde der Verband
Deutscher Brieftauben-Liebhaber-Vereine unter dem Allerhöchsten Protektorate Sr. Majestät
des Kaisers und Königs gegründet. Vorsitzender dieses Verbandes ist seit dem Bestehen
Graf von Alten-Linsingen in Linden b. Hannover.
Nach der letzten Bestandsnachweisung gehören dem Verband 1317 Vereine an
mit einem Gesamtbestande von ca. V 4 Millionen Tauben, welche im Fall eines Krieges
zur Verfügung des Kriegsministeriums stehen. Von seiten des Kriegsministeriums und
der Marinebehörde werden jährlich für militärische Aufgaben Auszeichnungen zuteil durch
Vergebung von goldenen, silbernen und bronzenen Staatsmedaillen an die Züchter. Auf
den Eisenbahnen genießen die Vereine gewisse Vergünstigungen. Durch Zusammenschluß
vieler Vereine in eine Vereinigung hat man es fertig gebracht, zum Transport nach dem
Auflaßort Taubensonderzüge, bestehend häufig aus 20—30 Wagen, laufen zu lassen. Die
Reisen beginnen Ende April mit den sogenannten Übungstouren von 20—200 km Ent¬
fernung, woran sich die größeren Touren, sogenannte Wettflüge, welche sich bis zu einer
Entfernung von ca. 1100 km ausdehnen, anschließen. Außer den Landtouren werden
auch Reisen ab See bis an die englische Küste auf 4—500 km Entfernung gemacht;
zum Transport werden Extradampfer gechartert. Zu Land werden die Reisen bis an
die russische und französische Grenze ausgedehnt.
Seit einigen Jahren sind die sonst so beliebten Auflaßorte in Österreich-Ungarn
und Italien verboten, da unsere treuen Bundesgenossen nicht einmal den harmlosen
Abflug der deutschen Brieftauben gestatten!! Hoch interessant gestalten sich die Wett¬
flüge ; hohe Einsätze werden speziell auf größeren Touren, bei denen häufig 3—5000 Tauben
konkurrieren, geleistet, und es ist keine Ausnahme, daß bei derartigen Touren Einsätze
von 30000 Mk. ausgeflogen werden. Der bisher höchste Einsatz für eine Taube war
75 Mk. mit einem Gewinn von 1105 Mk.
Bei Preisfliegen war es in früheren Jahren Usus, die Tauben nach ihrer Rückkehr
im Vereinslokal vorzuzeigen; seit einigen Jahren ist man davon abgekommen, da so-
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genannte Konstatierungsuhren erfunden sind, welche der Züchter auf seinem Tauben¬
boden hat.
Diese Uhren sind sehr präzise gearbeitet und kosten, je nach Konstruktion, 80 bis
100 Mk. Die Konstatierung einer zurückgekehrten Taube geschieht durch Gummiringe,
welche Nummern tragen und die den Tieren vor dem Abflug am Fuße angelegt werden.
Die Tauben fliegen bekanntlich nur zu Tageszeiten, morgens schneller, wie am Nach¬
mittag, und dehnen den Flug auf weite Entfernungen bis zur Erschlaffung aus; 12 bis
14 Stunden ohne Unterbrechung wird nach der Fluggeschwindigkeitsberechnung eine
Taube fliegen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Taube hat man bei regulärer Witterung
auf 60—70 km pro Stunde festgestellt; bei Mitwind, speziell aus Südost, fliegen die Tiere
häufig mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 km pro Stunde und darüber.
Auffallend ist die Erscheinung, daß bei Nordwind, auch wenn solcher als Mitwind
arbeitet, die Geschwindigkeit ganz erheblich absorbiert wird.
Resultate sind zu verzeichnen, daß Tauben auf eine Entfernung von 800 km am
Flugtage zurückgekehrt sind, auch auf Entfernungen von 600 km aus Italien, wobei die
großen Terrainschwierigkeiten, das Überfliegen der Alpen, zu berücksichtigen sind.
Interessante Beobachtungen hat man bei dem Auflassen der Tauben gemacht. Bei
klarem, ruhigen Wetter ziehen die Tiere, ohne zu kreisen, gleich nach der Heimat ab;
bei bedecktem oder etwas nebeligem Wetter kreisen die Tauben längere Zeit, um die
Richtung zu suchen, und ist es auch schon vorgekommen, daß ganze Schwärme von
Tauben 1 Stunde nach dem Abflug zum Auflaßort zurückgekehrt sind, um von neuem
die Orientierung aufzunehmen; wohl ein Beweis, daß schwere Wolken und Nebel die
Orientierung sehr behindern. Sehr empfindlich scheinen die Tauben gegen elektrische
Strömungen zu sein. Bei Gewitterluft z. B. treffen dieselben auf ihren Reisen viel ver¬
späteter ein, anscheinend leidet die Orientierung darunter und ebenso scheint die draht¬
lose Telegraphie auch auf die Flugleistung Einfluß zu haben. Speziell in den letzten
Jahren sind die Tauben, welche auf ihren Flügen nach Westen die Strecke Dresden—
Berlin, wo bekanntlich die drahtlose Telegraphie stark betrieben wird, zu passieren hatten,
mit erheblichen Verspätungen eingetroffen, obgleich durch telegraphische Einholung von
Wetterberichten festgestellt wurde, daß auf der ganzen Strecke die denkbar günstigste
Witterung herrschte.
Bei Ballonfahrten haben die Tiere häufig die größten Schwierigkeiten zu über¬
winden. Das Auflassen über den Wolken, das Durchbrechen derselben aus einer Höhe
von 3—4000 m bis zu ihrer gewöhnlichen Flughöhe von 3-—400 m müssen die Tiere
auf einige Zeit verwirrt machen, und dazu der permanente Gegenwind.
Die Fluggeschwindigkeit wird dadurch erheblich verringert und haben nach ein¬
gehenden Versuchen Resultate von 42, 33 und 25 km pro Stunde durchschnittliche Ge¬
schwindigkeit je nach Wetter und Gegenwind ergeben.
Leider scheint sich die Mehrzahl der Führer für Taubenflüge ab Ballon weniger
zu interessieren; wenn man aber bedenkt, daß heute noch die einzige Verbindung zwischen
Ballon und Erde nur durch Taubenpost hergestellt werden kann und Berichte über den
Verlauf der Ballonfahrten für die Familien und Freunde der Mitfahrenden von höchstem
Interesse sein können, so sollte von den Luftschiffahrt-Vereinen angestrebt werden, daß
den Taubenposten noch mehr Interesse entgegengebracht wird, wie es bisher der Fall ist.
Ein Züchter versteht sich nicht gerne dazu, seine Lieblinge jedem Ballonführer
anzuvertrauen, von dem er nicht weiß, ob er mit der Behandlung von Tauben vertraut
ist und die Tiere zur richtigen Zeit abfliegen läßt. Der Wert einer guten und erprobten
Reisetaube ist immerhin 50—100 Mk., sogar sind schon Preise von 500 Mk. und darüber
gezahlt worden, sodaß ein nicht unbedeutendes Risiko für den Züchter vorhanden ist,
wenn derselbe bei Ballonfahrten Tauben zur Verfügung stellt Bei Ballonfahrten sollte
die strikte Anweisung erfolgen, daß bei Mitnahme von 3 Tauben, wenn eben Gelegenheit
vorhanden ist, die erste Taube eine Stunde nach der Auffahrt, die zweite Taube nach
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der zweiten Stunde, die letzte möglichst vor der Landung aufgelassen wird. Das Auf¬
lassen nach der Landung sollte möglichst vermieden .werden, da bei etwaigen Schleif¬
fahrten die wertvollen Tierchen, wie es schon vorgekommen ist, im Korbe erdrückt
worden sind.
Die Transportkörbe für die Tauben (Fig. 1) haben mehrere Abteilungen, welche durch
Schieber verschließbar sind. Die Abteilungen sind numeriert. Es ist wichtig, hierauf
zu achten und die Tauben in der durch die Zahlen gegebenen Reihenfolge abzulassen,
da die Vögel nicht gleich gute Flieger und auf verschieden lange Strecken dressiert
wurden.
Fig. 1 . — Transportkorb für Ballonfahrten.
Fig. 2. — Das Halten der Taube.
Phot. C. P. (»oertz-Friedenaii.
Die Behandlung der Tauben beim Abflug ab Ballon ist von grober Wichtigkeit, da
davon die prompte Rückkehr der Taube abhängt.
Bei Regen, Nobel oder Schnee soll man die Taube nicht fliegen lassen, auch nicht
nach Sonnenuntergang und möglichst nicht über den Wolken. Im Winter spätestens um
Mittag und nicht bei Frostwetter, da die Taube
bei anbrechender Dunkellheit den Flug nicht fort¬
setzen wird und beim t’bernachten im Freien das
Leben derselben gefährdet ist. Es ist erforderlich,
die Zeit des Ablassens so zu bemessen, daß
Fig. 3. — Depeiohenträger aus Fig. k — Depeschenträger Fig. ft. — Taube mit Depesdientriger.
Aluminium und Fussring. aus Gummi.
die Taube am Abflugtage zurückkehren kann. Die Tauben fliegen ab Ballon, je nach
Witterung und Windstärke, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 43—25 km
pro Stunde, darnach kann der Führer, wenn er seine im Ballon zurückgelegte Ent¬
fernung in Kilometer in Betracht zieht, leicht feststellen, um welche Zeit der Abflug
spätestens erfolgen kann.
Von größter Wichtigkeit ist es auch, daß die Tauben mit Sorgfalt aus den Körbchen
herausgenommen und denselben die Depeschen angelegt werden.
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Man erfaßt die Taube mit der rechten Hand und zwar so, daß dieselbe die Flügel
von oben umfaßt. Sobald die Taube in dieser Weise aus dem Körbchen geholt ist,
wende man den Kopf resp. Schnabelseite zu sich, bringt dann die rechte Hand in die
Lage, daß der eine Fuß der Taube zwischen Zeige- und Mittelfinger, der andere zwischen
Mittel- und Goldfinger gehalten wird, der Daumen umschließt dann den Körper resp. die
Flügel der Taube (Fig. 2). In dieser ruhigen Lage ist es dann leicht möglich, mit der linken
Hand die Depeschen in die Aluminiumröhre (Fig. 3) oder Gummihülse (Fig. 4), welche
den Tieren am Fuße angebracht ist, einzulegen. Eine Verletzung oder Verrenkung der
Flügel kann Vorkommen, wenn die Taube nicht mit sicherer Hand behutsam gefaßt wird
und die Folge würde davon sein, daß die Taube flugunfähig wird.
Fig. 6 . — Blaue Taube. Fig. 7. — Rotgehämmerte Taube.
Da die Taube Neigung hat, viel Wasser zu sich zu nehmen, so ist es empfehlenswert,
besonders bei voraussichtlich weitern Ballonfahrten, die Körbchen mit Wasserbehälter
zu versehen.
Über die Leistungen der Tauben ist folgendes zu erwähnen: Die mit Depeschen¬
träger ausgerüstete Taube (Fig. 5), Besitzer Flöring-Barmen, hat in 3—4 Jahren außer
18 Ballontouren ca. 7000 km Landtouren zurückgelegt. Die blaue Taube (Fig. 6), Besitzer
Rexroth, Michelstadt (Hessen), hat sich bei Wettflügen 6 Preise, auf Ausstellungen 12 Preise,
die rotgehämmerte Taube (Fig. 7), Besitzer Rexroth, hat sich bei Wettflügen 8 Preise,
bei Ausstellungen 11 Preise erobert.
Phot. P. £ H. Koch, Crefeld.
Phot. P. £ H. Koch, Crefeld.
Das Kriegs-Luftschiff.
Wie man sich in Frankreich die Vorteile bei Verwendung der bereits vorhandenen
lenkbaren Luftschiffe im Kriege vorstellt, geht aus Äußerungen des Ingenieurs Julliot
der «Lebaudy »-Ballons hervor, die er Kapitän Sazerac de Forge gegenüber in Form
kurzer Betrachtungen machte: Jedes der fraglichen Luftschiffe kann in wenigen Stunden
die Vorpostenlinien der gegenüberstehenden Armeen überfliegen und kann die wichtigsten
und empfindlichsten Punkte der gegnerischen Truppen und Kommandostellen mit etwa
50 Sprenggeschossen zu je ca. 12 kg bewerfen. Dabei werden etwa 30 Mannschaften
und je 3 Millionen Materialwert aufs Spiel gesetzt, während zur See ein Panzerschiff
über 800 Mann trägt und über 30 Millionen Wert darstellt, die durch einen Torpedoschuß
vernichtet sein können. Der «Lebaudy »-Ballon von 1905 kann tatsächlich bei einer
Besatzung von 3 Mann noch 700 kg an Ballast, Lebensmitteln, Heizmaterial etc. in seiner
Gondel mitführen. Richtet sich seine Fahrt nach einem Zerstörungsobjekt, dem er sich
in 2 Stunden nähern kann (ca. 60 km Entfernung), so werden 30 kg Heizflüssigkeit für
alle Fälle ausreichen. Um die sichernde Höhe von 1000 m zu erreichen, braucht er
Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 36
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ca. 250 kg Ballast. Werden für Manöver noch 30 kg, für Landung etc. noch 40 kg,
das Schlepptau mit 50 kg noch hinzugerechnet, so bleiben immer noch ca. 300 kg für
Geschosse. Bei dem neueren Lenkbaren, «Patrie», steigt diese Zahl sogar gegen 600.
Für die Geschosse gestaltet sich das Verhältnis gewisser Sprengwirkung und Gewicht
viel vorteilhafter als bei der Geschützmunition, weil ballistische Gewichtsbedingungen
hinwegfallen, so daß ein Ballongeschoß 80—90 °/o des Geschoßgewichts Sprengstoff ent¬
halten kann gegenüber 20—25 °/o bei Geschützgranaten etc. Bei der geringen Eindringungs¬
tiefe in den Erdboden würde die Explosionswirkung nach den Seiten fast ungeschwächt
eintreten. Je nach dem Sprengstoff und der angewendeten Geschoßhülle ist eine empfind¬
liche Schädigung feindlicher Machtmittel anzunehmen. («Etoile Beige.») (Voraussetzung
bleibt natürlich das Treffen und das Selbstnichtgetroffenwerden.) K. N.
Die Katastrophe des Ballon „Thrasher“.
Ein schwerer Verlust hat das englische Luftschifferkorps betroffen. Am 28. Mai d. Js.
stürzten die beiden Leutnants W. T. Mc. Clintock Caulfeild und T. E. Martin-Leake mit
dem Ballon Thrasher in den Kanal und fanden den Tod in den Wellen. Die beiden
Offiziere waren am 28. Mai 4,20 Uhr p. M. in Aldershot in Gegenwart des Königs und
des Prinzen Fushimi aufgestiegen; am folgenden Tage fand der Dampfer „Skylark“ den
Ballon 12 englische Meilen von Exmouth auf den Wellen treibend, aber von den Insassen
war keine Spur mehr zu entdecken.
Beim Aufstieg wehte ein beständiger Nordost\Vind von 20 englischen Meilen pro
Stunde und der Ballon
trieb gegen Winches¬
ter. Ober den weiteren
Verlauf der Fahrt gibt
das Bordbuch einige
Auskunft,das teilweise
in dem Korbe zusam¬
men mit den Instru¬
menten, vier Ballast¬
säcken, Karten, Fla¬
schengefunden wurde.
Danach muß der Ballon
bald nach dem Aufstieg
in Nebel geraten sein
und, ohne daß die
Luftschiffer es merk¬
ten, trieb er in mehr
südlicher Richtung. Um 7,55 Uhr p. M. findet sich im Bordbuch die Notiz: «vermutlich
bei Holwell», das ungefähr 15 englische Meilen nördlich von Dorchester liegt. Bei Winter¬
borne Abbas (etwas westlich von Dorchester) wurde der Ballon kurz vor 8 Uhr gesichtet,
als er dicht über der Erde trieb und die Luftschiffer den Dorfbewohnern zuriefen, das
Schlepptau festzuhalten, was diesen wegen der zu schnellen Fahrt des Ballons aber
nicht möglich war. Die Luftschiffer glaubten offenbar auf Bridport zuzufliegen; denn sie
fragten mehrmals, wie weit sie von diesem Ort noch entfernt wären.
Um 8‘/* Uhr abends sahen die Küstenbewohner von Bexington ungefähr eine
Seemeile von der Küste entfernt den Korb auf die Meeresoberfläche aufsetzen; der
Ballon erhob sich jedoch gleich wieder und verschwand in südwestlicher Richtung. Als
am folgenden Morgen der Ballon auf den Wellen treibend aufgefunden wurde, war der
Korb untergetaucht, aber der Ballon enthielt noch Gas, so daß er 12 Fuß aus dem
Wasser emporragte. Das Ventil war geschlossen und in Ordnung.
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Die Katastrophe kann wohl nur darauf zurückgeführt werden, daß die Luftschiffer
die Orientierung verloren und glaubten nordöstlich von Bridport zu sein, während in
Wirklichkeit dieser Ort schon nordwestlich von ihnen lag. Wahrscheinlich wollten sie
das Schlepptau von den Dorfbewohnern nur festhalten lassen, um zu erfahren, wo sie
wären, und nicht um zu landen, und im Unklaren darüber, daß die See so nahe war,
wurden sie so schnell gegen sie getrieben, daß sie an der Küste nicht mehr landen konnten.
Beide Offiziere gehörten seit 1899 dem Heere an; der eine, Herr Caulfeild, gewann
zusammen mit Mrs. Assheton Harbord und Herrn C. S. Rolls den Harbordbecher.
Am Freitag, den 7. Juni, fand in der Garnisonkirche zu Aldershot eine Trauer¬
feier für die beiden ertrunkenen Offiziere statt. (Aus Ballooning and Aeronautics.) Cm.
Aeronautische Wettbewerbe.
Weitfahrtpreis des „Etoile Beige“.
Ein prachtvoller, massiv silberner Becher, nach seinem Relief «Les Bachantes»
benannt, Werk des Bildhauers Devreese, soll demjenigen Luftfahrer zufallen, dessen
Leistungen während 36 Monaten, von seiner eigenen Fahrt an gerechnet, durch keinen
Mitbewerber übertroffen wurden. Anmeldung spätestens drei Stunden vor Auffahrt, Ein¬
schreibegebühr fünf Francs.
Reglement:
Art. 1. Unter der Benennung «Coup de TEtoile beige» ist ein Bewerb ausschlie߬
lich für belgische Mitglieder des Ae. C. B. oder mit ihm verbundener Klubs eröffnet.
Art. 2. Der Becher, Kunstgegenstand im Werte von 5000 Fr., Werk des Bild¬
hauers Devreese, gestiftet durch Herrn Alfred Madoux, Direktor des «Etoile Beige» und
Mitglied des Ae. C. B., fällt zuerst vorläufig demjenigen Luftschiffer zu, der vom 15. Juni 1907
ab im Ballon irgend eine Entfernung zurückgelegt hat, gemessen vom Aufstiegsort bis
zum Landungspunkt längs eines größten Kreises, auf Meeresfläche bezogen.
Art. 3. Der Besitzer des Bechers wird von allen an den Klub gelangenden An¬
meldungen in Kenntnis gesetzt.
Art. 4. Alle Arten von Ballons, ohne Begrenzung der Größe oder sonstige Ein¬
schränkung, sind zugelassen. Verboten sind Zwischenlandungen, Ausschiffung von Ge¬
hilfen oder Mitfahrenden, Neuaufnahme von Ballast oder Gas, Anwendung irgend eines
Motors mit tierischer oder Maschinenkraft im Zusammenhang mit der Erdoberfläche,
wodurch die zurückgelegte Strecke verlängert werden kann.
Art. 5. Jeder Mitbewerber wählt auf eigene Wag’ und Gefahr und unter eigener
Verantwortung Tag, Stunde und Wetterlage nach bestem Ermessen. Der Aufstieg muß
innerhalb einer Entfernung von 10 km vom Klublokal vollzogen werden, was durch einen
Abgeordneten des Ae. C. B. festgestellt wird.
Art. 6. Die erforderliche Einschreibung findet im Geschäftszimmer des Ae. C.,
place Royale 5, statt. Sie kann auch telegraphisch spätestens 3 Stunden vor Auffahrt
erfolgen. Die Einschreibegebühr beträgt 5 Fr.
Art. 7. Die Landungspunkte müssen so genau als möglich festgestellt werden
durch Bescheinigung, die der Luftschifier durch die Ortsbehörden unterzeichnen und
stempeln läßt. Es sind dem Schriftstück auch noch die Namen, Adressen und Unter¬
schriften zweier Zeugen beizusetzen, welche den Landungspunkt bestätigen. Wenn nötig,
hat der Bewerber einen Plan des Landungsplatzes beizufügen. Diese Bedingungen sind
bindend bei Vermeidung der Ausschließung, ausgenommen den Fall vollkommener Un¬
möglichkeit, worüber die Sportkommission entscheidet.
Art. 8. Die Bewerber haben von der dem Landungspunkt nächstgelegenen Tele¬
graphenstation aus Stunde und Ort der Landung an die Geschäftsstelle des Klubs um-
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*»»» 284 «**♦
gehend telegraphisch zu melden. Sie haben dem Ae. G. die Beweisstücke und alle die
Reise betreffenden Nachweise (Bordbuch, Diagramme der Registrierinstrumente pp.)
spätestens 8 Tage nach Rückkehr zuzuleiten, soweit nicht höhere Gewalt hindert.
Art. 9. Die Bestätigungen und alle Schriftstücke werden der Sportkommission
des Ae. G. übergeben, welche die Ergebnisse rechtzeitig feststellt. Ihre Entscheidungen
sind unzweifelhaft. Berufung ist ausgeschlossen.
Art. 10. Der Becher bleibt dauernd im Besitz jenes Ballonführers, welcher ihn
3 Jahre, von seiner Bewerbungsfahrt an gerechnet, unbesiegt gehalten hat.
Art. 11. So lange der Weitfahrpreis nicht bleibend errungen ist, bleibt er am
Sitz des Ae. G. B. verwahrt.
Art. 12. Für alle im gegenwärtigen Reglement nicht vorgesehenen Anordnungen
und Vorbehalte wird man sich nach den «Statuts et Regiemente de la F. A. I.» halten.
(Aus Conquöte de Fair.) Übersetzt: K. N.
Die Internationale Weitwettfahrt zu Barcelona am 2. Juni 1907.
Die Wettfahrt, welche in kurzer Zeit von dem Real Aöro-Club de Espana, mit
Unterstützung der städtischen Behörden von Barcelona, organisiert war, bestand aus
einer Weitfahrt, und es wurden die Ballons gemäß dem Artikel 96 des Reglements der
Föderation Aeronautique internationale gehandicapt nach den Resultaten.
Die Wahl von Barcelona, das dicht am Meere liegt, als Aufstiegsort der Ballons,
machte den Wettbewerb zu einem sehr interessanten und bedingte seitens der Jury eine
Reihe von Maßnahmen, um einerseits die Ballons soviel als möglich vor der Gefahr zu
schützen, auf das Meer verschlagen zu werden, und um anderseits die Ballonführer zu
verhindern, daß sie sich eventuell freiwillig auf das Meer hinaustreiben ließen.
Die Maßregeln, welche die Jury zur Erreichung dieses doppelten Zweckes in diesem
Wettbewerb, dem ersten, welcher jemals unter so ganz außergewöhnlichen Umständen
stattfand, getroffen hatte, waren folgende:
1. Von den meteorologischen Observatorien zu Paris, Madrid und Barcelona wurden
rechtzeitig die nötigen meteorologischen Daten für den 31. Mai, 1. und 2. Juni erbeten.
2. Während derselben drei Tage wurden zur Erkundung der Windrichtung bis
3000 m Höhe häufig Pilot- und Fesselballonaufstiege veranstaltet. Mit dieser wichtigen
Aufgabe waren die beiden Jurymitglieder, Herr Oberstleutnant Vives y Vieh, der Komman¬
deur der Luftschiffer-Abteilung, und Herr Comas, Direktor des meteorologischen Obser¬
vatoriums zu Barcelona, betraut worden. Außerdem stellte man häufig meteorologische
Beobachtungen auf dem kleinen Berge Tibidabo, nahe bei Barcelona, an.
3. Wenn die Ergebnisse aller dieser Beobachtungen nicht die Gewißheit gaben,
daß die Richtungen, welche die Ballons von der Abfahrt bis zu einer Höhe von 2000 m
vermutlich einschlagen würden, innerhalb des Landsektors lagen, welcher begrenzt wurde
durch die Richtungen N 19° E und W 19° S, so behielt sich die Jury vor, die Wettfahrt
zu verlegen.
4. Die angegebenen Bestimmungen waren getroffen worden, um alle Sicherheit
bei der Abfahrt der Ballons zu haben. Aber da ein Wechsel in der Windrichtung mit
der Zeit immerhin zu befürchten war, so hatte sich die Jury sowohl an die Marine¬
behörden der Ostküste Spaniens und Frankreichs, als auch an die Schiffahrtsgesell¬
schaften mit der Bitte gewandt, den Ballons Hilfe zu gewähren, falls diese sie nötig hätten.
5. Die Jury empfahl den Ballonführern dringend, sich nicht freiwillig zur Ver¬
größerung ihrer Fahrtlänge auf das Meer zu begeben. Denn es handele sich nur um
eine Wettfahrt über Land, bei welcher es auch darauf ankäme, sich nicht auf das Meer
hinaustreiben zu lassen. Sie hob hervor, daß sie sich vorbehielte, eventuell einem
Ballonführer, welcher mit Absicht auf das Meer hinausgefahren wäre, keinen Preis
zuzuerkennen.
6. Betreffs des Artikels 14 des Programms des Wettbewerbs, welcher als Anrecht
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auf einen Preis eine minimale Weglänge von 100 km festsetzte, erklärte die Jury, dieses
Minimum aufrecht zu erhalten, falls die meisten der Ballons es überschritten, aber im
entgegengesetzten Falle von jeder Beschränkung in der Weglänge abzusehen.
Die Preise des Wettbewerbs bestanden in Ehren- und Geldpreisen; es gab drei
von jeder Art. Die drei Ehrenpreise wurden denjenigen Ballonführern zuerkannt, welche
die absolut größte Weglänge zurückgelegt hatten, und diese Preise bestanden in:
1. dem Pokal S. M. des Königs Alfonso XIII,
2. * » S. K. H. des Infanten Carlos,
3. » » des Real A6ro-Club de Espana.
Die drei Geldpreise waren für das Handicap bestimmt und bestanden in 9000,
4000 und 1500 Pesetas.
Außer den zehn Ballons, welche an der Wettfahrt teilgenommen haben, und welche
in der Zusammenstellung verzeichnet sind, waren
noch die beiden 2000 cbm-Ballons «Asturias» und
«Jesus Duro» angemeldet. Aber wegen der be¬
schränkten Raumverhältnisse bei der Abfahrt
und Füllung der Ballons erlitten sie Havarie und
konnten deshalb nicht steigen.
Die Ergebnisse der Sondierung der Atmo¬
sphäre am 31. Mai und 1. Juni zeigte klar, daß
der Wind auf der Erde der Ballonfahrt günstig
war, aber schon in 200 bis 300 m Höhe wehte
er aus entgegengesetzter Richtung. Am Tage des
Wettbewerbs war die Windrichtung bis 2000 m
günstig, darüber war sie genau entgegengesetzt.
Mit Rücksicht auf diesen Umstand empfahl die
Jury den Ballonführern, ihr Möglichstes zu tun,
um unterhalb der gefährlichen Schicht zu bleiben.
Über die Fahrt der einzelnen Ballons mögen
noch einige Bemerkungen hier Platz finden. Der
Ballon «Norte» gelangte fast bei Puigcerdä an die
Pyrenäen, aber durch ein Wolkenmeer unter sich
verlor sein Führer die Orientierung, und als er
. 4 ’ . . Auffahrt des Ballons „Alfonso XIII.“.
diese am Morgen wieder erlangte, bemerkte er,
daß der Ballon schnell nach Süden und nach Barcelona zurückflog; er landet 10 km vom
Aufstiegsorte. Der Ballon «Gerifalte» trieb ebenfalls gegen die Pyrenäen bei Figueras;
in einer Wolke verlor der Führer während einiger Zeit die Aussicht auf die Erde, aber
in dem Momente, wo er diese wieder sah, stellte er sogleich den Wechsel der Richtung
fest und er landete schnell bei Girone.
Die Führer der Ballons «Maria Teresa* und «Jupiter» wurden gegen das Meer
getrieben und landeten bei Arenys de Mar und bei Malgrat an der Meeresküste.
Der Ballon «Alcotan» fuhr gegen einen Baum, kam während der Nacht nicht frei
und landete bei Tagesgrauen.
Dank der sachgemäßen Maßregeln der Jury und dank der Vorsicht und Umsicht
der Führer ist kein Unfall eingetreten.
Alle spanischen Ballonfahrer bedauerten aufrichtig das Fernbleiben ihrer aus¬
ländischen Kameraden, das ohne Zweifel darauf zurückzuführen ist, daß die Einladungen
wegen zahlreicher sich dem Wettbewerb entgegenstellender Hindernisse erst so spät
hatten verschickt werden können.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß mit Rücksicht auf den Beifall, mit dem diese
Wettfahrt hier aufgenommen wurde, weitere bei uns veranstaltet werden. Wenn dieses
zutrifft, hoffe ich, werden wir die Freude haben, die Mitglieder der ausländischen aero¬
nautischen Vereine bei uns begrüßen zu können. Francisco de P. Rojas.
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II. „ 8. K. H. des Infanten Carlos: Herr Hauptmann Uordejuela, Ballon Jupiter (der Luftschiffer-Abteilung);
III. „ des Real Aero-Club de Espana: Herr Eduardo Magdalena, Ballon Aleotan.
I. 9000 Pesetas: Herr Juan Montojo. Ballon Reina Victoria;
II. 4000 Pesetas: Herr Hauptmann Kindelan, Ballon Maria Teresa;
III. 1500 Pesetas: Herr Leutnant Fernandez Mulero, Ballon Amanda.
»» 286 <444
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Die Düsseldorfer Ballon-Wettfahrten am 8. und 9. Juni 1907,
Von den mannigfachen Vorbereitungen sei hier Einiges erwähnt. Es mußte die
Möglichkeit geschaffen werden, auch bei windigem Wetter in möglichst kurzer Zeit etwa
12 Ballons auf einmal füllen zu können. Dazu hatte der Ingenieur Lenze von der
städtischen Gasanstalt in genialer Art ein Gaszuleitungssystem konstruiert, durch das,
wenn nötig, 12 Ballons in etwa l 1 /* Stunden gleichzeitig gefüllt werden konnten. Daß
die Füllung selbst am 9. Juni länger dauerte, lag an dem Mangel an Bedienungsmann¬
schaften, die in sehr großer Zahl durch die Absperrung absorbiert wurden.
«Poilewils» Phot. v. Abercron.
«Bezold»
«Elberfeld
«Ziegler» «Augnsta»
Düsseldorfer Ballon-Wettfahrt am 9. 6. 07.
Die für den 8. Juni geplante Auto-Verfolgung unter Beteiligung von Kriegsauto¬
mobilen war bereits im März bei den Behörden beantragt worden. Etwa drei Wochen
vor der Wettfahrt kam erst der ablehnende Bescheid des Ministeriums auch für den
Totalisator. Tausende von Plakaten, die teilweise bereits ausgehängt waren, mußten
mit einem Überdruck versehen werden.
Die Anmeldungen der Automobilbesitzer wurden annulliert, die Einsätze zurückgezahlt.
Der Ballon-Aufstiegplatz gehörte etwa 30 Grundbesitzern und wurde bereitwilligst
zur Verfügung gestellt.
Das weitgehendste Entgegenkommen von allen Zweigen unserer weitblickenden
Stadtverwaltung hat es überhaupt ermöglicht, daß Düsseldorf der Schauplatz dieser bisher
in seiner Art größten Veranstaltung wurde. Den Grundbesitzern, der Regierung und der
Stadtverwaltung gebührt der aufrichtigste Dank des Vereins.
Bedeutende Schwierigkeiten bereitete die Aufstellung des Programms.
Wie für den Pferdesport der Unionklub, so schreibt für die Luftschififahrt die
F6d6ration a&ronautique internationale in einem ziemlich umfangreichen Werk die
Gesetze vor. Es ist einleuchtend, daß das Befolgen all dieser Gesetze den Veranstaltern
viel Mühe macht.
Um einem möglichst vielseitigen und zahlreichen Publikum das Schöne und fast
Gefahrlose des Luftschiffersports zeigen zu können, wurden die Ballon-Wettfahrten mit
der Landwirtschaftlichen Ausstellung zusammengelegt.
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Der Preis für den reservierten Platz war absichtlich hoch bemessen, um möglichst
durch das wohlhabende Publikum die ganz bedeutenden Unkosten zu decken. Dadurch
sollte auch einer Überfüllung des unmittelbar an den Ballons liegenden Platzes vor¬
gebeugt werden.
-UZL3BXTILD
& • i.a.
Zielfahrt am 8. Juni.
Gott sei Dank waren die Wetterverhältnisse an beiden Tagen günstig. Da am
8. Juni Westwind war, hätte dieser Tag für die Weitfahrt außerordentlich gut gepaßt,
ln letzter Stunde war für den 8. Juni eine Ballon-Zielfahrt ausgeschrieben worden, an
der sich 4 Ballons beteiligten. Das Wesen einer Zielfahrt sei hier nochmals erläutert.
Es gibt Zielfahrten zweierlei Art. Entweder bestimmt die Sportkommission ein gemein¬
sames Ziel für alle Ballons, oder jeder Ballonführer wählt sich sein Ziel selbst. Ersteres
Verfahren war für den 8. Juni bestimmt. Das Chausseekreuz, etwa 2 km westlich Gräf-
rath, wurde als Ziel bezeichnet; der Erfolg zeigte, daß es richtig gewesen ist. Der
Ballonführer muß nun feststellen, ob er durch eine direkte Luftströmung oder durch ein
Kreuzen in verschiedenen Höhenlagen sein Ziel erreicht.
Der Sieger, Herr Meckel aus Elberfeld, führte den Ballon „Essen“ des Nieder¬
rheinischen Vereins für Luftschiffahrt. Mitfahrer war der stud. jur. Freiherr Schilling
von Kannstatt von den Bonner Borussen.
Am zweitnächsten kam dem Ziel der Ballon „Ernst“ vom Berliner Verein für
Luftschiffahrt unter Führung des Dr. Laden bürg Berlin. „Essen“ kam bis auf 700 m,
„Ernst“ bis ?iuf löOO m an den Zielpunkt heran.
Dr. Meckel gewann einen Koffer mit silberner Toiletteneinrichtung, gestiftet von
Mitgliedern des Niederrheiniscben Vereins für Luftschiffahrt; Dr. Ladenburg einen in
Silber ausgeführten Ballonkorb mit Zubehör, gestiftet von Damen des Niederrheinischen
Vereins für Luftschiffahrt.
Beide Herren waren sofort nach Düsseldorf zurückgefahren und konnten noch an
dem Diner im Park-Hotel über ihre Fahrt berichten. Das Essen war arrangiert für das
Organisationskomitee, die Ballonführer und Mitfahrer.
Seine Exzellenz der Gouverneur von Cöln, Herr Generalleutnant v. Sperling,
vertrat der Oberstleutnant v. Morgen vom Niederrheinischen Füsilier-Regiment Nr. 39;
den Herrn Regierungspräsidenten, Oberregierungsrat v. Miesitscheck, den Herrn Ober¬
bürgermeister der Beigeordnete Dr. Wülfing und die Künstlerschaft der Maler Marx.
Durch Behinderung des I. Vorsitzenden, Herrn Oberbürgermeister Voigt aus
Barmen, begrüßte der zweite Vorsitzende des Vereins, Hauptmann v. Abercron, die
Gäste. Oberstleutnant v. Morgen sprach über die Bedeutung der Luftschiffahrt, besondere
in militärischer Hinsicht, und trank auf ihre weitere Förderung. Oberregierungsrat
v. Miesitscheck sprach auf den Verein, Dr. Polis auf den Begründer des Vereins,
Dr. Bamler, und Dr. Menzen, der Präsident des Cölner-Klubs für Lu ft schiffahrt, auf
Hauptmann v. Abercron.
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Im Nebenzimmer waren die Preise ausgestellt und zwar die beiden soeben
erwähnten Silberpreise für den 8. Juni sowie für den 9. folgende Bilder: Clarenbach
„Niederrheinische Landschaft“, Dirks „Seestück“ mit darüber schwebendem Ballon,
Essfeld „Marine“, Keller „Weiblicher Studienkopf“, Marx a) „Ballonlandung“, b) „Land¬
schaft“ vom Ballon aus, Hermann Emil Pohle „Tornado“.
Zur Wetterlage am 9. Juni sei folgendes bemerkt. Der Barometerdruck stand
unter den Normalen. Ein Tiefdruckgebiet war von England gen N.-O. im Vorschreiten.
Bei fallendem Barometer war die Windströmung aus S.-W. bis S.-O. zu erwarten.
Geographische Ueberslcht. — Carte da temps. — 8 Uhr vormittags.
Den Propositionen gemäß bestimmte die Sportkommission, die für den 9. Juni
aus Hauptmann Hildebrand, Dr. Menzen und Herrn Meckel bestand, daß Zielfahrt
für Weitfahrt eintreten sollte. Grund hierfür war. daß bei der bestehenden Windrichtung
die Gefahr vorlag, daß die Ballons bei Nacht auf die Nordsee getrieben wurden.
Abweichend vom 8. Juni mußte am 9. Juni jeder Führer seinen Zielpunkt selbst
angeben, der 10 km von der holländischen Grenze entfernt, oder in einem entsprechenden
Umkreis von Düsseldorf liegen mußte. In der Starterliste traten folgende Änderungen ein:
Für den Ballon „Düsseldorf“ Juhr Ballon „Cognac“ für den Niederrheinischen
Verein, da das Netz des „Düsseldorf“ durch Nässe an Festigkeit eingebüßt hatte.
Ursprünglich w’ar in der Starterliste vorgesehen worden, daß die Ballons „Elberfeld“
und „Abercron“ mit Herrn Erbslöh und Hauptmann v. Abercron am Schluß fahren
sollten, da beide Führer zur Sportkommission gehörten. Leider wurde hiergegen
protestiert, eine neue Auslosung verlangt, und ich bedaure sehr, daß ich als Führer nicht
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI Jahrg 37
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Geographische UeberskhL — Cartt da temps. — 8 libr vormittags.
zurtickgetreten und ausschließlich als Sportkommissar tätig gewesen bin, aber die Passion
ging mit mir durch.
Die Ballons stiegen in folgender Reihenfolge unter Angabe nachstehender Ziel¬
punkte auf:
1. „Podewils“, Besitzer: Freiherr v. Hewald; Führer: Leutnant Wissmann
Mitfahrer: Dr. Bröckelmann; Zielpunkt: Cleve.
2. „Bezold“ B. V. f. L., Führer: Dr. Niemeyer; Mitfahrer: Adolf Vollbrandt;
Zielpunkt: Cleve.
3. „Abercron“ N. V. f. L., Führer: Hauptmann v. Abercron; Mitfahrer: Leutnant
Neu mann, Herr Klingelhöfer; Zielpunkt: Chausseeknick 1 km südlich Oeding,
der Chaussee Oeding-Burlo.
4. „Pommern“, Besitzer und Führer: Freiherr v. Hewald; Mitfahrer: Dr. Steyrer;
Zielpunkt: Cleve.
5. „Cöln“ C. C. f. L., Führer: Oberleutnant Weiter; Mitfahrer: Fabrikant Hiede-
mann, Dr. Nurney; Zielpunkt: Materborn bei Cleve.
6. „Franken“ F. V. f. L., Führer: Carl Projtzmann; Mitfahrer: Anton Seisser;
Zielpunkt: Dingden.
7. „Elberfeld“ N. V. f. L., Führer: Oskar Erbslöh; Mitfahrer: Prof. Silomon;
Zielpunkt: Stadtlohn.
8. „Cognac“ N. V. f. L., Führer: Oberlehrer Dr. Milarch; Mitfahrer: Albert
Coeppicus jr.; Zielpunkt: Bislich bei Xanten.
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9. „Augusta“ A. V. f. L., Führer: Fabrikant Scherle; Mitfahrer: Dr. Ladenbarg,
Dr. Pauli; Zielpunkt: Südlich von Wesel.
10. „Coblenz“ M. V. f. L., Führer: Leutnant Benecke; Mitfahrer: Leutnant Traut¬
mann; Zielpunkt: Grünthal, 9 km südwestlich Wesel.
11. „Ziegler“ F. Phys. V., Führer: Ingenieur Men sing; Mitfahrer: Ernst Schröder;
Zielpunkt: Alt-Calcar.
12. „Tschudi“ B. V. f. L., Führer: Stabsarzt Dr. Flemming; Mitfahrer: Dr. Fried.
Schubert; Zielpunkt: Feldhausen südlich von Dorsten.
Phot. Dr. Bröckelmann.
Düsseldorfer Ballon-Wettfahrt 9. 6. 07 ans 150 m Höhe.
Diejenigen Führer, welche ihren Zielpunkt in Richtung Cleve gewählt hatten,
werden es am leichtesten gehabt haben, da die untere Windströmung sie dahin trug.
Schwieriger war es für die Führer, die in nördlicher Richtung sich ihren Landungspunkt
gesucht hatten. Zu diesen letzteren gehörte ich auch und mußte folgendermaßen
operieren. Bald nach der Abfahrt mußte ich feststellen, ob in höheren Luftschichten
anderer Wind war; ich gab dazu einen halben Zentner Ballast, stieg bis auf 1000 m
und konstatierte bei zunehmender Höhe Drehung der Windströmung gen Nordost bis Ost.
Nachdem ich über die Linie Düsseldorf — Zielpunkt um etwa 10 km — nach Ost heraus¬
gefahren war, zog ich Ventil, brachte den Ballon dadurch zum Sinken und fuhr nunmehr
in den unteren Strömungen gen Nordwest. Dieses Kreuzen mußte ich viermal machen. Die
Hauptschwierigkeit war, den Punkt zu taxieren, von dem aus ich die letzte Strecke am
Schleppseil bis zu dem angegebenen Landungspunkt fahren mußte, der unglücklicherweise
sich durch vorliegenden Wald nicht markierte. Immerhin gelang es, die angegebene
Straße und den Punkt auf 1300 m zu erreichen.
Gelandet sind die Ballons an folgenden Punkten und die angegebene Reihenfolge
bedeutet gleichzeitig die vorläufige Klassifizierung.
„Coblenz“ 20 m vom Ziel.
„Ziegler“ in Alt-Calcar.
„Abercron“ 1300 m südlich des Zieles.
„Augusta“ ca. 1500 m vom Ziel südlich Wesel, doch vorläufig noch ungenaue Angaben.
„Pommern“ voraussichtlich 2300 m vom Ziel.
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„Elberfeld“ 1400 m nördlich Stadtlohn, plus 1000 m Stadtlänge = 2400 m vom Ziel.
„Cöln“ 2600 m vom Ziel.
„Cognac“ ca. 4750 m vom Ziel bei Dasshof, Gemeinde Birten, dann Weiterfahrt
über Arnheim dicht über den Zuider-See, Landung in einem Kanal bei Enkhuizen.
^Franken“ 10 km vom Ziel.
„Bezold“ Anholt i. W. ca. 20 km vom Ziel.
„Podewils“ 4 km südlich Bahnhof Xanten, ca. 25 km vom Ziel.
„Tschudi“ verzichtet auf Zielfahrt. Landung bei Remels (Ostfriesland).
Die endgültige Enlscheidung der Juryi) dürfte noch einige Wochen auf sich warten
lassen, dieselbe hat es erheblich leichter, bei einem gemeinsamen Zielpunkt, dessen
Nachteile darin bestehen, daß durch die vielen Ballons große Menschenmassen besonders
an Sonntagen angezogen werden; der Flurschaden könnte enorm werden.
Diese ersten in Deutschland veranstalteten Zielfahrten bedeuten einen vollen
sportlichen Erfolg.
Was den Besuch der Veranstaltungen betrifft, so war allerdings auf eine höhere
Ziffer gerechnet worden.
Für künftighin haben die Veranstalter viel gelernt und werden die Erfahrungen
ausnutzen, wenn die Absicht zur Wirklichkeit wird, alljährlich in Düsseldorf Ballonwett¬
fahrten zu veranstalten. Hoffentlich werden wir bereits in einigen Jahren lenkbare Luft¬
schiffe und Flugapparate um die Siegespalme ringen sehen.
v. Abercron,
Hauptmann und Kompagniechef
im Niederrheinischen Füsilier-Regiment Nr. 39.
Phot. v. Abercron.
Landwlrt«ohaftJIohe Ausstellung In Düsseldorf während der Wettfahrt 9. 6. 07 aufgenommen am 500 m H5he.
>) Vgl. den folgenden Artikel. Die Red.
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293
Entscheidung der Jury über die Resultate der Zielfahrt
vom 9. Juni 1907.
Jury-Mitglieder: Hauptmann a. D. Hildebrand, Hugo Toelle.
Der vorher ernannte Hauptmann v. Rappard scheidet aus, weil er bei der Wett¬
fahrt nicht zugegen war. Die Bordbücher sind geprüft worden. Bis auf belanglose Un¬
stimmigkeiten — Bescheinigungen Coblenz — war alles in Ordnung. Es wurde ent¬
schieden, wie folgt:
1. Preis: Totes Fliegen zwischen Coblenz, Pommern und Ziegler (alphabetische Reihen¬
folge).
a) Coblenz. Ziel: Chausseekreuz Geldern-Wesel, Xanten-Rheinberg.
Landung: 55 m vom Ziel (s. 2. Bescheinigung).
b) Pommern, Ziel: Cleve. Landung: in Cleve.
c) Ziegler. Ziel: Alt-Calcar. Landung: in Alt-Calcar.
2. Preis: Abercron. Ziel: 1 km südlich Oeding, der Chaussee Oeding-Burlo. Lan¬
dung : auf dieser Chaussee, 2300 m südwestlich Oeding, also 1300 m vom Ziel.
5. Preis: Elberfeld. Ziel: Stadtlohn. Landung: 1400 m nördlich Stadtlohn.
6. Preis: Augusta. Ziel: Chaussee Wesel-Dinslaken an Mündung der Chaussee von
Dorsten. Landung: an Mündung des Verbindungsweges von Bucholt, 1500 m
vom Ziel.
Die weitere Reihenfolge ist:
7. Cöln. Ziel: 1 km südlich Cleve. Landung: bei Riswick, 2600 m von Ziel.
8. Cognac. Ziel: Bislich bei Xanten. Landung: Dasshof, Gemeinde Birten, 4750 m
vom Ziel.
9. Franken. Ziel: Dingden. Landung: 500 m von Vardingholt, ca. 10 km vom Ziel.
10. Bezold. Ziel: Cleve. Landung: Anholt i. Westf., ca. 20 km vom Ziel.
11. Podewils. Ziel: Cleve. Landung: 4 km südlich Xanten, ca. 25 km vorn Ziel.
12. Tschudi. Verzichtet auf Zielfahrt.
Gründe:
Angabe einer Stadt als Zielpunkt war gestattet. Bestimmungen der F. A. J.
machen keine sicheren Angaben darüber. Demnach mußten die Führer über das Weich¬
bild oder genau auf die Grenze der Stadt fahren. Weichbild oder erste Häuser der Städte
Cleve, Alt-Calcar waren nicht erkennbar laut Schreiben von Pommern und Ziegler. Dem¬
nach sind diese Ballons in die Stadt gegangen, also im Ziele gelandet. Beide hatten
die Möglichkeit, sich an jedem beliebigen Punkte herunterziehen zu lassen (s. Schreiben
Pommern); demnach konnte es diesmal nicht in Betracht kommen, daß Angabe eineT
Stadt als Ziel zu ungenau sei.
Es war die Frage, ob Coblenz nicht als dritter zu bezeichnen sei. Nach seinem
Schreiben war es ihm unmöglich gewesen, infolge der hohen Bäume im Ziele zu landen.
Da Coblenz sich nach der Bescheinigung des Ortsvorstehers am Schlepptau zum Ziele
hat transportieren lassen, wäre es ihm ein leichtes gewesen, sich an jeden beliebigen
Punkt bringen zu lassen.
Für die Zukunft schlägt die Jury vor:
1. Nennung einer Stadt als Ziel nicht zu gestatten.
2. Landung mit fremder Hilfe als unsportlich zu verbieten.
Die «Verlosung der drei ersten Preise ergab laut Protokoll:
1. Coblenz. 2. Ziegler. 3. Pommern.
Der 7. Preis für Dauerfahrt fällt Tschudi zu. Dieser landete in der Nähe von
Remels bei Augustfehn in Ostfriesland.
gez. Toelle Hildebrand.
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Die zweite aeronautische Ausstellung in Amerika.
Die zweite bereits im Dezember vergangenen Jahres vom Aero Club of America
wiederum mit Hilfe des Automobile Club of America veranstaltete Ausstellung fand infolge
einer Verlegung des Datums von des letzteren Automobilausstellung bereits im Dezember
vergangenen Jahres statt. Verglichen mit der vorigen war sie in bezug auf das Lokal insofern
weniger begünstigt, als der New Yorker «Grand Central Palace» niedrigere und ungünstiger
beleuchtete Räume bot und auch nicht, wie daipals jepe unvollendete Kaserne, gratis zur
Verfügung stand (was den Platz beschränkte), mehr dagegen insofern, als die Automobil¬
ausstellung den ersten und zweiten, die aeronautische dagegen einen Teil des sechsten
Stockes jenes umfangreichen Gebäudes einnahm und die letztere so selbständiger auftrat.
Leider ermöglichten die Raum- und Lichtverhältnisse — auch am Tage mußten
elektrische Bogenlampen aushelfen, weil die einzig vorhandenen Seitenfenster mit dem
weißgelben Tuch der Drapierung überdeckt und zum Teil ganz zugebaut waren — nicht
die Aufnahme jener schönen Photographien, welche der vorigen Ausstellung einen so
bleibenden Wert verliehen hatten, gleichwohl vermögen wir beiliegend eine Gesamt¬
ansicht zu geben, die im großen und ganzen einen recht klaren Begriff von dem besonderen
Charakter dieser zweiten aeronautischen Schaustellung vermittelt. Dieselbe stand gleich¬
zeitig hinter der ersten zurück — die berühmten historischen, einzigartigen Objekte,
welche jener ein so ganz besonderes Gepräge aufgedrückt hatten, fehlten —, wie Lilien¬
thals, Herrings, Chanutes, Langleys Apparate — und überbot sie wieder, denn es bestand
das Bestreben, nun diesmal statt der Modelle tragfähige Fahrzeuge vorzuführen; und
dann war in den elf Monaten, seit Schluß der ersten Ausstellung, hier auch eine bedeut¬
same Entwicklung der Dinge auf der ganzen Linie eingetreten, die nun zum Ausdruck
kam. Da fand sich zunächst in der rechten hinteren Ecke, vom Eingang aus, ein orna¬
mentaler pagodenartiger Ständer mit Glaswänden und darin präsentierte sich — der
«Hawley-Becher», der Preis für den Sieger bei Ballonverfolgung durch Automobile —,
aber vor allem jenes vielbedeutende, mächtige und doch so graziöse Prunkstück, nun der
Stolz Amerikas: der Gordon-Bennettpreis. Es gruppierten sich herum, durch Körbe etc.
vertreten, die beiden vom Grafen de la Vaulx erworbenen Klubballons «Centaure» und
«Orient», Mr. Chandlers «Initial» und es hätten sich anreihen sollen Leutnant Lahms
siegreicher «United States», und ein Ballon eines seiner gefährlichsten Rivalen C. S. Rolls
(den die Ausstellung seines Automobilsystems wegen um diese Zeit nach Amerika geführt
hatte), die leidigen Zollformalitäten jedoch hatten auch hier wieder den Strich durch die
Rechnung gezogen. Der Aero Club sollte indessen von Schuld freigesprochen werden,
es war der Automobilklub, der erst so spät über das Datum und die Beschaffenheit dieser
Ausstellung sich schlüssig werden konnte. So war es ganz besonders zu bedauern, daß
die erstrebte Beteiligung deutscher Firmen, der Riedinger’schen ßallonfabrik und der
Continental-Caoutchouc und Guttapercha-Compagnie, die diesmal an die Stelle der
französichen hatten treten sollen, sich, durch einen Schiffsunfall noch mehr erschwert,
nicht verwirklichte. Eine reiche Sammlung photographischer Vergrößerungen bedeckte
wieder die Wände, doch nun waren auch die bedeutsamen neuesten Marksteine der Ent¬
wicklung vertreten: Zeppelins «Patrie», Parseval und Santos Dumonts Flugmaschine «la
Ville de Paris», de la Vaulx’s «Dirigeable» und von amerikanischen Erzeugnissen Leon
Stevens schöner, für Major Miller erbauter Motorballon. Der letztere befand sich «in
persona» in der Gruppe von Dr. Thomas, in dessen Besitz er direkt nach seinen erfolg¬
reichen Probefahrten überging, bzw. das auf unserer Abbildung ersichtliche Tragegestell
mit dem großen Propeller vorn. Außer dem Rahmen des Bildes fällt das zweite ausge¬
stellte Ballonschiff, ein kleines, Stevens gehörig, auf. Dr. Thomas führte sonst noch seinen
großen Kugelballon «Nirwana» vor, inkl. der Hülle, in dem gleichen Zustand (mit großem
Riß), in dem ihn seine letzte, so waghalsige Fahrt ohne Korb gelassen hatte, und eine
bunte Menge der Resultate seiner rastlosen und allzu empirischen Versuch^ $uf allen
aeronautischen Gebieten. • •
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Zweite aeronautlsohe Ausstellung in lew-torfc, Dezember 1906.
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Die auf der Abbildung ins Auge fallenden Glaskasten dienten wiederum zur Unter¬
bringung der Literatur. Ganz im Hintergrund lassen sich mit einiger Geduld Formen
tetraedrischer Drachen entdecken, doch stellte Prof. A. G. Bell nicht selbst aus, weil
seine Fortschritte, seit der eingehenden Illustration seiner Arbeiten auf der vorherigen
Ausstellung (wie auch jene A. M. Herrings) noch nicht wieder reif für die Öffentlichkeit
waren, sondern statt dessen zeigte Mr. H. P. M. Neil in Washington, der geschäftlich die
Fabrikation dieser Drachen übernommen hat, seine verbesserte, wohlfeilere Herstellungs¬
methode mittels maschinengefertigter Metall Verbindungen für die Stäbchen, die früher
mit der Hand zusammengebunden werden mußten. F. J. Horsman stellte gleichfalls
kommerzielle Drachen aus, mit welchen er sogar das nicht allzu weitläufige Lokal etwas
allzureich dekorierte; neben W. A. Eddy, dem bekannten Erfinder, erschien aber, als neu
auftauchende und beachtenswerte Autorität auch H. Rodemeyer auf dem Plan, leider
posthum, durch seinen jungen Sohn vertreten, da er selber bei einem Bahnunfall vor
nicht langer Zeit das Leben verlor. Lange und mit viel Liebe und Geduld hatte er an
einem neuen und sehr stabilen Drachensystem gearbeitet und viele Experimente gemacht.
Sein Konstruktionsprinzip besteht in einer Art von Vogelflügeln, die dachziegelartig über-
einandergreifen und unter dem Winddruck mehr oder weniger «Zwischenräume öffnen*,
durch welche die heftigen Windstöße ihren Ausgang finden. Die Struktur ist natürlich
elastisch. Mehrere große Exemplare waren gezeigt.
Unter den oben erwähnten Fahrzeugen war ein sehr interessanter und gebrauchs¬
fähiger Apparat: Prof. W. H. Pickerings (von der Harvard Universität), des berufenen
Erforschers der Luftpropellergesetze, Luftschraubenfahrrad. Charakteristisch war die
geringe Steigung, die große Glätte und Zuschärfung der beiden hölzernen Schrauben¬
flügel, die auf der Frontseite eben, auf der Rückseite sanft abgerundet waren. Noch
merkwürdiger erschien, daß jeder Flügel einfach durch ein grades Brett gebildet wurde, das
sich bloß nach der Nabe zu etwas verjüngte und dort unter dem erwähnten leichten
Steigungswinkel zum andern festgeschraubt war. Die Erfahrungen, bei einer Probefahrt
des Verfassers im noch leeren Lokal (es war ihm das Amt der Installierung und des
Arrangierens der Ausstellungsgegenstände vom Klub übertragen worden) waren sehr
lehrreich.
Beim ersten Versuch erschien der SchraubenefTekt minimal, das Rad kroch wie
eine Schnecke. Ein energischeres Angreifen der Pedale änderte das Bild auf das über¬
raschendste: sobald dadurch, zunächst natürlich unter Kraftverschwendung, höhere Vor¬
wärtsgeschwindigkeit erzwungen wurde, nahm der SchraubenefTekt wunderbar zu, das
Rad lief plötzlich fast wie bei der gewöhnlichen Kraftübertragung, aber der gyroskopische
Effekt des Propellers machte sich nun ganz eigenartig geltend. Das Gefühl, daß das Rad
der Steuerung widerstrebte, war so ungewohnt, daß dieselbe, obschon physisch voll¬
kommen leicht, dennoch psychisch als ein wahres Problem erschien. Ein Kuriosium war
ein umfangreiches Aeroplanmodell einer Miss E. L. Todd (rechte Ecke hinten, Abbildung).
Ein unmöglich massiges Holzgestell, Treibe- und Hubpropeller, die übereinandergeordneten
Tragflächen einander zu nahe, ein Überwuchern des toten Stirnwiderstandes, wenig Evi¬
denz von Einsicht in die bewährten Konstruktionsprinzipien, ausgenommen eine Idee,
die Stabilität durch eine originelle Aufhängung der Gondel und Maschinerie unter den
Tragflächen zu fördern, die vielleicht entwicklungsfähig wäre. Mr. G. C. Gillespy hatte
daneben eine «ausgewachsene» Flugmaschine. Ebenso ein Mr. Arnos Drew eine mit viel
Liebe detaillierte Schlagflügelmaschine, die mit ihren gigantischen Schwingen eindrucks¬
voll genug aussah und verschiedene schwierige Konstruktionsprobleme löste. Gleichwohl
geriet sie mit einigen mechanischen Elementarbegriffen in Konflikt, z. B. hatten die zur
Flügelbewegung dienenden Arme keinerlei wirkliche Lagerung an ihrem Drehpunkt, und
daß ein viel zu schwacher Motor angewendet wurde und daß die auf substantiellem
Pneumatikrädergestell montierte Maschine noch nicht einmal sich auf ebener Straße mit
den gewaltigen Flügeln vorwärtszutreiben vermochte, kann angesichts jener Tatsache
Illu8tr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 38
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kaum Wunder nehmen. Schade um die guten Ideen, Rahmenwerk, Spannungen etc.!
Wie bei Lilienthal war der Flügelschlag nach den Seiten verlegt und befand sich in der
Mitte eine stationäre Aeroplanfläche. Fehlerhafterweise machte dieses jedoch die Ver*»
drehung der Flügel beim Auf- und Niederschlag mit. Die Kontrollvorrichtung für das
Maß jener Verdrehung war wiederum ingeniös. Ein Vogelschwanz steuerte. Würde jener
Fehler beseitigt und statt dem dreipferdigen ein dreißigpferdiger Motor in diesen Riesen¬
apparat eingebaut und der mechanische Teil richtig gestellt, so wären geschwinde Fahrten
über den Boden und sogar kurze Flüge, wie die so charakteristischen fliehender Hühner,
sehr wahrscheinlich. Die jetzige Entmutigung des Erfinders scheint nicht viel sinnvoller
als sein anfänglicher Enthusiasmus.
Der Gilespyapparat enthält einen Motor von 18 PS. (obschon die Ausführung
damals, vor Jahren, im Stich ließ und es auch zu keiner schnellen Fahrt kam) und weist
interessante Ideen auf: Eine Anzahl klappenartig in die Aeroplanfläche eingebauter
Steuerflächen aus Aluminiumblech und eine große Anzahl kleinerer glatter Propeller
aus demselben Material. Auch er hat ein substantielles Pneumatikrädergestell. Aber die
Formhaltung des Aeroplans unter Druck ist sehr zweifelhaft und vor allem sein Umriß
ist unglaublich unangemessen: ein langes Rechteck in der Bewegungsrichtung (bei
großer Flächenbelastung). Erfinder erwarten scheint’s stets noch eventuell glückliche
Resultate von bizarren Entwürfen, selbst wenn dieselben den bewährten Grundsätzen
ins Gesicht schlagen.
Viel erfreulicher war das zwischen den beiden erwähnten sich befindliche, sogar
vor dem Drew’schen «schützend unter die Fittige genommene» Ausstellungsobjekt: ein
Motor mit Welle und direkt getriebener achtfüßiger Holzschraube auf einem schmalen
langen, bootförmigen Gestell mit Pneumatikrädern montiert von Gustave Whitehead.
An vier Ecken erschienen Pfosten von länglichem Querschnitt abgesägt, die wie der Er¬
finder erzählt, zur Verbindung mit einem Aeroplan bestimmt waren. Whitehead berichtete
auch, daß die Schraube sehr an Effekt verliert, wenn sie, als Zugorgan benutzt, ihren
Luftstrom gegen das Wagengestell triebe. Ebenso, daß er es nötig gefunden, sie, wegen
der übergroßen Fliehkraft, aus einem einzigen soliden Holzstück zu fertigen, und daß sie
schwer gut auszubalancieren sei. Der Motor scheint kräftig, 18—20 PS., und in seinem
Entwurf sind einige interessante Detailideen, bezüglich Gewichtsersparnisse verkörpert.
•— Verfasser empfing die Einladung, eine der Fahrten dieses Apparates als «Schrauben¬
automobil» oder «Windwagen», wie man hier sagt, in Bridgeport Gönn, mitzumachen,
und hofft so später besser berichten zu können. Ein kleiner 6 PS. Zweitaktmotor des¬
selben Erfinders war auch gezeigt. Beide Motoren sind mit einer eigenartigen Luft¬
kühlung versehen: die Zylinder sind in eine Art von metallischem Bärenfell aus Kupfer¬
blechzotteln eingehüllt.
Die Reihe dieser «Flugmaschinen» ward beinahe vervollständigt durch «Motor und
Propeller von Roy Knabenshoe’s «Aeroplan»». Wir berichteten über Knabenshoe an¬
läßlich der Weltausstellung in St. Louis. Als Aeroplanerfinder erscheint dieser berufs¬
mäßige Ballonschiffnavigator 1 ) in ausgesprochen neuer Rolle und der Zusammenhang des
ausgestellten Gegenstandes — langes leichtes Holzgerüst von quadratischem Querschnitt
mit allerdings leichtem, ungewöhnlich kleinem, vierzylindrigem Motor von anscheinend
einigen 8 oder mehr PS. mit zwei ä la Lebaudy auf der Seite etwas gar zu leicht mon¬
tierten kleinen zweiflügeligen Schrauben aus Metallblech, die mit schmalen Lederriemen
angetrieben werden — mit der dynamischen Idee scheint nicht gerade zwingend, mais
honny soit etc. Von verschiedenen wird behauptet, dies sehe alles außerordentlich einem
Teil des so bekannt gewordenen Ballonschiffs ähnlich. — Gewissenhaftermaßen hat Ver¬
fasser immer noch zu gestehen, daß er selber als Aussteller in jener Reihe von unflug¬
fertigen Flugmaschinen figurierte.
*) In Amerika verdrHngt ein kleiner Ballouschifftyp allmählich den Fallschirmabsturz als Schau¬
stellung und Attraktion.
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Es geschah dies, um das Anrecht auf eine gewisse Propelleridee, die mit der
durch von Parseval so erfolgreich ausgeführten nahe verwandt ist, schon vor 9 Jahren
entstand und bezweckt, durch Ausnützung der Zentrifugalkraft eine sehr leichte und doch
umfangreiche Tragschraube zu schaffen, öffentlich zu sichern. Gleichzeitig um darauf
hinzuweisen, daß die Tragschraube eventuell viele, ja die meisten Vorteile des Aeroplans
mit eigenen verbinden könne, daß sie viel wohlfeiler herzustellen sei, wenn sie nur ein¬
fach auftritt, und daß das letztere durch einen langen Steuerhebel, allerdings unter Auf¬
opferung des unökonomischen Fluges auf der Stelle, eventuell ermöglicht würde, wobei
danri die ganze gyroskopische Aktion zum Vorteil der Stabilität unter den günstigsten
Bedingungen zur Verfügung steht. Der Tendenz entsprechend, wurde der Apparat als
«AGroplane-Helikoptöre» bezeichnet und diese kurze Beschreibung möge genügen, solange
noch keine entsprechende Erprobung vorliegt. Der Maßstab gestattet praktischen Ge¬
brauch zunächst zur entlasteten Fahrt über den Boden. Eine leichte Dampfmaschine
war montiert, doch noch ohne Kessel und Kondensator, die nicht zurzeit fertig gestellt
werden konnten. (Schluß folgt.) Karl Dienstbach.
Wettfahrt am 10. Juli 1907 in Stockholm.
Um das Andenken Andres zu feiern, der vor zehn Jahren seine Ballonfahrt zum
Pole antrat, haben Svenska Aöronautiska Sällskapet und Svenska Automobilklubben am
10. Juli d. Js. eine Wettfahrt von Ballons veranstaltet, die von Automobilen und Motor¬
rädern verfolgt wurden. (Ausführlicher Bericht im nächsten Heft.)
je
Vereine und Versammlungen.
Abzeichen des Deutschen Luftschiffer-Verbandes.
Auf der vorjährigen Tagung des Internationalen Luftschiffer-Verbandes
wurde die Frage der Einführung von Abzeichen bekanntlich dahin ent¬
schieden, daß alle dem Internationalen Verbände angehörigen nationalen
Verbände und Klubs das Abzeichen des Aero-Club de France mit den ent¬
sprechenden Inschrift-Änderungen annehmen sollten.
Nach dieser Maßgabe hat die Verbandsleitung nunmehr durch eine
Berliner Medaillen-Münze ein Abzeichen herstellen lassen, welches in natür¬
licher Größe hierneben abgebildet ist. Es ist aus Silber
a gefertigt und stark vergoldet. Die Inschrift «Deutscher
Luftschiffer-Verband» ist in Gold-Buchstaben auf blau¬
emailliertem Grunde ausgeführt. Auf dem Anker be¬
finden sich in rot-emaillierter Schrift die Buchstaben:
«F. A. I.» (Federation Aeronautique Internationale).
Nach seiner endgültigen Annahme durch den Ver¬
band kann das Abzeichen von allen Mitgliedern (zum
Preise von etwa 4—5 Mk.) bezogen werden. Bestellungen sind an den
Verbandsschriftführer Dr. Stade, Schoeneberg bei Berlin, Herbertstraße 5>,
zu richten.
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Der 4. deutsche Luftschiffertag zu Düsseldorf am
11. September 1907.
Der diesjährige deutsche Luftsc-hifTertag findet mit Rücksicht auf die bequeme
Reiseverbindung zum internationalen LuftschifTertage am 13.—15. September in Brüssel,
am Mittwoch den 11. September, nachmittags 1 Uhr, im Park-Hotel zu Düsseldorf statt.
Nach dem Gasverbrauch des deutschen LuftschifTerverbandes im Jahre 1906, der
300 000 cbm überstieg, kann nunmehr der Verband zur Versammlung der Föderation
Aöronautique Internationale die festgesetzte Höchstzahl von 12 Delegierten stellen. Es
handelt sich also für alle Vereine um die Wahl ihrer Delegierten für Düsseldorf und Brüssel.
Die Stimmenzahl der Vereine auf dem 4. ordentlichen LuftschifTertage in Düsseldorf
ist nach dem Stande der Mitgliederzahl vom 1. Januar 1907 nach § 8 des Grundgesetzes
nachfolgende:
1. Berliner Verein für LuftschifTahrt.10 Stimmen.
2. Münchener Verein für LuftschifTahrt. 4 *
3. Oberrheinischer Verein für LuftschifTahrt. 2 *
4. Augsburger Verein für LuftschifTahrt. 3 *
5. Niederrheinischer Verein für LuftschifTahrt «... 7 »
6. Posener Verein für LuftschifTahrt. 1 >
7. Ostdeutscher Verein für LuftschifTahrt. 2 *
8. Mittelrheinischer Verein für LuftschifTahrt. 2 »
9. Fränkischer Verein für LuftschifTahrt. 2 >
10. Kölner LuftschifTer-Club. 2 >
11. Physikalischer Verein Frankfurt. 8 *
Zusammen ... 43 Stimmen.
1. Geschäftliches.
1. Festsetzung der Präsenzliste;
2. Bericht des Vorsitzenden;
3. Kassenbericht des Verbands-Schatzmeisters und Entlastung desselben;
4. Antrag des Vorsitzenden auf Annahme einer Hilfskraft für die Verbandsgeschäfte und
dementsprechende Änderung der Satzung;
5. Feststellung der Verbandsbeiträge für 1908;
6. Neuwahl des Verbandsvorstandes.
II. Brüsseler Kongreß.
7. Bestimmung der Delegierten für diesen Kongreß;
8. Besprechung der Tagesordnung dieses Kongresses und Stellungnahme zu derselben.
III. Anträge von Vorstandsmitgliedern.
9. Antrag des Vorsitzenden:
Die Verbandsvereine sind verpflichtet, dem Verbandsvorstande je ein Exemplar
der Ausschreibungen und Programme der von ihnen veranstalteten Wettfahrten für
die Verbandsakten zu übersenden.
10. Antrag des Herrn Major Moedebeck:
Dem § 1 des Grundgesetzes sind folgende Punkte beizufügen:
5. Organisation von Ballonwettfahrten nationaler und internationaler Art.
6. Vorbereitungen für die Teilnahme des Deutschen LuftschifTer-Verbandes an inter¬
nationalen Ballonwettfahrten im Auslande.
7. Förderung der Flugtechnik durch Organisation von flugtechnischen Ausstellungen
(Ausflügen) und Wettflügen.
11. Antrag des Herrn Major Moedebeck:
Besprechung über die eventuelle Bildung von flugtechnischen Abteilungen
innerhalb der einzelnen Verbandsvereine.
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12. Antrag des Herrn Major Moedebeck:
Festlegung einer verständigen Terminologie in deutscher Sprache in Verbindung
mit dem deutschen Sprachverein, dem Kriegsministerium, dem Kultusministerium pp.
eventuell mit den Österreichischen und Schweizerischen Vereinen für Luftschiffahrt.
IV. Anträge der Verbandsvereine.
13. Antrag des Fränkischen Vereins:
Gründung einer allen Verbandsvereinen leihweise zu überlassenden Licht¬
bilderreihe.
14. Antrag des Münchener Vereins:
Gemeinsame Schritte zur Herbeiführung billigerer Gaspreise.
Zusammenkunft der Föderation Aöronautique Internationale und der
Commission Permanente Internationale d'Aöronautique in Brüssel.
Der Präsident des Aöro-Club de Belgique, M. Fernand Jacobs, hat sich vor einigen
Wochen nach Paris begeben, um sich mit den Vorständen beider Körperschaften bezüg¬
lich Veranstaltung der Sitzungen, Empfänge, Wettbewerbe etc. zu besprechen, welche
während der vom 12. bis 15. September dieses Jahres in Brüssel stattfindenden Zusammen¬
kunft ins Werk gesetzt werden sollen.
Hierfür konnte schon jetzt bestimmt werden:
Freitag, den 13. September. — 3 Uhr nachmittags, feierliche Empfangssitzung, Ansprachen
bedeutender Persönlichkeiten, Vortrag durch den Kommandanten des Militärluft¬
schifferparks zu Chalais-Meudon: Bouttieaux über die jüngsten Erfahrungen mit
den lenkbaren Kriegsluftschiffen Frankreichs.
Samstag, den 14. — Besuch und Empfang im Militärluftschifferpark zu Antwerpen. —
Abends in Brüssel Bankett, gegeben vom Aöro-Club de Belgique für die Versamm¬
lungsmitglieder und für die an den Wettbewerben beteiligten Führer.
Sonntag, den 15. — morgens, Besuch des Königlichen Observatoriums d’Uccle, nach¬
mittags 3 Uhr, im Parc du Cinquantenaire, unter Leitung und Fürsorge der Stadt
Brüssel, großer internationaler Wettbewerb für Rundballons aller Größen ohne
Motor, offen nur für Führer der Föderation Aöronautique Internationale.
Von Donnerstag bis Sonntag werden die allgemeinen wie auch die Sektions¬
sitzungen stattfinden, welche sich im Zusammenwirken mit der F. A. I. und der C. P. I. A.
vollziehen. Demnächst wird das Reglement des Wettbewerbs festgestellt und den mit
der F. A. I. verbundenen Vereinen zugesandt. (Aus conqu. de Fair.) K. N.
Jamestown Exposition.
Am 28. und 29. Oktober findet in der Ausstellung ein aeronautischer Kongress statt.
Berliner Verein fUr Luftschiffahrt.
Die 264. Versammlung des Vereins am 11. März eröffnete Professor Süring mit
einem tief empfundenen Nachruf auf den am 17. Februar, kurz vor Vollendung seines
70. Lebensjahres, bei seiner Rüstigkeit allzu früh für die Wissenschaft verstorbenen
Geheimen Rats Professor Dr. v. Bezold. Der verewigte große Meteorologe war ein
treuer Freund und Förderer der im Berliner Verein für Luftschiffahrt verkörperten Be¬
strebungen. Er vor allem erkannte lange, bevor die gleiche Erkenntnis sich in andern
Kreisen Bahn brach, die hohe Bedeutung der Luftschiffahrt für die Meteorologie. Als
unübertroffen können die Worte gelten, die er bei einer Feier in den 80er Jahren
Über die Aufgaben der Luftschiffahrt sprach. Ihm sind die trefflichsten Ratschläge zü
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verdanken, zu der Zeit, da der Verein die wissenschaftlichen Ballonfahrten aufnahm,
z. B. im März 1893, als es sich darum handelte, ein Programm für die Fahrten des
Ballons «Humboldt» aufzustellen. Große Freude hat es in den letzten Monaten noch Geheim¬
rat v. Bezold gemacht, als er sah, daß der Verein, dem er so reges Interesse widmete
auch seiner nicht vergaß und einen neuangeschafften Ballon nach seinem Namen nannte.
Zuweilen, das darf nicht geleugnet werden, war der Heimgegangene mit dem Verein
weniger zufrieden. Die Richtung auf den Sport war ihm nicht sehr sympathisch; doch
ließ er sich gern darüber beruhigen und war beiepieisweise aus Anlaß der Ballonver¬
folgung durch Automobile erfreut, zu hören, daß der Verein trotz solchen Sports seine
Ideale nicht vergesse. Die ganze Bedeutung des Mannes für die Wissenschaft zu würdigen,
soweit dies jetzt schon möglich ist, bleibt einer Feier Vorbehalten, die von den nächst¬
beteiligten wissenschaftlichen Vereinen, der Deutschen physikalischen Gesellschaft und
der Deutschen meteorologischen Gesellschaft, denen sich der Berliner Verein für Luft¬
schiffahrt anzuschließen gedenkt, für den 21. Juni, als den 70. Geburtstag v. Bezolds,
geplant ist. — Professor Süring schloß mit der bereitwillig befolgten Aufforderung an
die sehr zahlreich erschienenen Vereinsmitglieder, sich zu Ehren des Verstorbenen von
den Sitzen zu erheben. Neu in den Verein aufgenommen wurden hierauf in den satzungs¬
gemäßen Formen 12 neue Mitglieder und die Vorschläge des Vorstandes wegen Beteiligung
des Vereins an der Deutschen Armee-, Marine- und Kolonial-Ausstellung, sowohl als an
einer für den 8. und 9. Juni in Düsseldorf stattfmdenden Ballon-Wettfahrt, beifällig
entgegengenommen.
Den Vortrag des Abends hielt Major Moedebeck aus Straßburg über: «Die Aufgaben
der Zukunft und die nationale Bedeutung unserer Luftschiffahrtsvereine». Der Redner wies
einleitend darauf hin, daß auch in bezug auf die Luftschiffahrt vereine das unsere
Zeit charakterisierende Wort Geltung hat: Alles im Fluß, alles im Wechsel! Die schnell¬
lebige Gegenwart hat auch diesem Verein häufig ganz neue Aufgaben, ganz neue Ziele gesetzt
Auch im Augenblick befinden wir uns wieder in einem Stadium der Entwickelung, das die
Frage rechtfertigt: Was nun? Es bedarf nur eines ganz kurzen Rückblickes, um sich diesen
Wandel in der Entwickelung unseres Vereins zu vergegenwärtigen: Anfänglich hinderte
Geldmangel die praktische Betätigung des Vereins in dem Grade, wie sie wünschenswert
war. Mit Ausnahme des unvergeßlichen Lilienthal, der selbständig vorging, geschah wenig
für die Ausbildung der Flugtechnik, nur die geringeren Anklang findenden theoretischen
Diskussionen blühten. Dann kam eine neue Strömung, wie sie von dem Vorredner in An¬
knüpfung an die Entwickelung der Meteorologie und an den Namen v. Bezold gekenn¬
zeichnet worden ist. Die wissenschaftliche Luftschiffahrt brachte neues Leben; doch
auch sie bedurfte der Zeit, um auszureifen, und ohne die materielle Hilfe Sr. Majestät
des Kaisers würde der Aufschwung dieser Richtung nicht eingetreten sein, der sich
lange Zeit mit der Tätigkeit unseres Vereins deckte, bis durch Gründung des aeronau¬
tischen Observatoriums das Interesse der Meteorologen an der Unterstützung durch unsern
Verein nachließ und die Organisation der internationalen wissenschaftlichen Ballonfahrten,
die Ausbildung der Drachenaufstiege usf. die Mithilfe unseres Vereins gelegentlich wohl er¬
wünscht, im Grunde aber entbehrlich machten. Die praktische Luftschiffahrt hat jedoch,
wie zweifellos feststeht, aus dieser Zeit der Verbindung mit der Meteorologie außer¬
ordentlich viel gelernt, sie ist ungleich sicherer im Luftmeere geworden, als ehedem, sie
kennt sich besser aus mit vertikalen und horizontalen Luftströmungen, und hat eine
Unterlage gewonnen für die Behandlung der Frage des lenkbaren Luftschiffes der Zu¬
kunft und der Möglichkeiten, gegen den Wind zu fahren. Es war nur natürlich, daß
dieser Fortschritt in der sicheren Führung des Ballons dem Entstehen des Ballonsportes
sich als sehr förderlich erwies. Diese treffliche Chance rechtzeitig erkannt und ergriffen
zu haben, um dem Verein zu erfreulicher materieller Entwickelung zu verhelfen und
ihm damit auf alle Fälle Mittel zu schaffen, um für weitere Betätigungen gut fundiert
zu sein, ist das Verdienst der gegenwärtigen Leitung unseres Vereins. Doch auch diese
Bewegung, die seit dem Kongreß in St. Petersburg in Frankreich wie in Deutschland
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weite Kreise ergriffen und das Interesse an der Luftschiffahrt zum finanziellen Segen
unseres Vereins mächtig gehoben hat, ist neuerdings mit einer gewissen Entartung be¬
droht. Aus Sportfahrten werden häufig Biedermeierfahrten, man fährt hinauf, um zu
genießen, um sich einmal die Welt von oben zu betrachten, von kühnem Wagemut
solcher Fahrten kann, bei ihrer absoluten Ungefährlichkeit, nicht mehr die Rede sein.
Bis zu einem gewissen Grade ist ja auch diese Erscheinung ebenso natürlich als gerecht-»
fertigt, und es kann niemand verdacht werden, sowohl Gelegenheit zu solchen in jedem
Fall erfrischenden und erfreuenden Fahrten zu bieten, als solche wahrzunehmen. Aber
mit echtem, dem Verein geziemenden Sport haben Biedermeierfahrten kaum mehr etwas
zu schaffen. Der echte Sport kann nur bestehen, wenn er sich an unbestimmte, eine
Gefahr des Mißlingens ebenso wie die Möglichkeit des Gelingens einschließende Aufgaben
knüpft. Denken wir also an solche Aufgaben, suchen wir sie und wiegen wir uns nicht
in Sicherheit, es schon so herrlich weit gebracht zu haben, namentlich auch nicht mit
Bezug auf Vollkommenheit des Materials, in dem uns andere überlegen sind, und das
noch großer Vervollkommung fähig, ja bedürftig ist, wenn wir echten Sportaufgabep
gewachsen bleiben wollen. Für solche ist unser Material im allgemeinen zu schwer und
damit verbunden in der Herstellung zu teuer. Hier sind sehr beachteinswert die von
Hauptmann Hinterstoisser-Wien angestellten Versuche mit zugleich leichteren, billigeren
und dichteren Ballonhüllen, bei deren Herstellung die Durchtränkung der Fasern von
zwei Stoffschichten mit Firnis zuverlässigere Dichtung als Gummistoff schaffen soll.
Zum echten, dem Verein besser als die Biedermeierfahrten, die lieber Privatsache
bleiben, geziemenden Sport zählen vor allem Wettflüge. Sie interessieren den ganzen
Verein immer, jene Fahrten bestenfalls nur bei interessanten Zwischenfällen. Und was
sämtliche Mitglieder des Vereins zu interessieren vermag, pflegt auch die Allgemeinheit,
das ganze Volk, zu fesseln, das bringt neues Leben in den Verein! Nun ist aber deip
Wettfliegen meist ein Reglement vorgezeichnet, das mehr als bisher bekannt zu werden
verdient, teils um vorhandenes Interesse zu steigern, teils um schlummerndes Interesse
an diesen Dingen zu wecken. Da sind zuerst die verschiedenen Arten des Wettfluges:
Die Weitfahrt mit oder ohne Zwischenlandung. Ein gutes Beispiel hierfür ist die
Wettfahrt vom 14. Oktober v. Js. Sie deutet zugleich darauf hin, daß der Zufall eine
bescheidene Rolle spielte, die wichtigere Rolle dagegen die Kenntnis der Meteorologie,
die aeronautische Erfahrung, die zweckdienliche, zur rechten Zeit getroffene Maßnahme.
Ob sich Zwischenlandung empfiehlt oder nicht, ist Sache sorgfältiger Überlegung. Ent¬
schlossenheit und Schneid sind gleich imentbehrlich, will man Chancen für den Sieg
haben. Die Dauerfahrt ist, mit der eben erwähnten verglichen, die weniger inter¬
essante und im Erfolg von der Persönlichkeit des Ballonfahrers weniger bedingte, denn
sie überläßt den Ballon den Lüften; doch kann man auch hier Wissenschaft treiben und
aus der Schulung in Witterungsbeobachtungen Nutzen ziehen, z. B. für die Wahl der
Höhe, in der man die geeignetste Luftströmung zu finden hoffen darf. Sehr interessant
ist die Landungsfahrt, bei der man möglichst nahe an einem bestimmt bezeichnten
Punkt zu landen trachten muß, was häufig viel besser durch geschicktes Lavieren und
Manövrieren erreicht werden kann, als durch direktes Losfliegen auf das Ziel. Die
Reisefahrt mit Nachfüllung bei Zwischenlandung kompliziert sich zuweilen durch die
möglichst lange Verzögerung des Abstieges, wodurch dann leicht geeignete Orte mit
Gasanstalt versäumt werden. Bei den Stabilitäts-Wettflügen ist jedem Ballonführer
die Wahl der Mittel und des Weges, sogar innerhalb gewisser Grenzen die Zeit des Auf¬
stieges überlassen. Letzteres gestattet die Ausnutzung mancher Chancen auf Grund
sorgfältiger Überlegung, indem man z. B. über Nacht fällt und bei Sonnenaufgang ganz
langsam in die Höhe geht. Zu den Verhältnissen, die man gegebenen Falles ausnutzen
kann, gehört z. B. die Mitführung eines Ballonet in Verbindung mit dem Ballon, um
diesen immer prall zu erhalten. Das Interesse an allen diesen verschiedenen Arten von
Wettflügen wird erhöht, je nachdem man mit oder ohne Handikap fährt und im erster^n
Fall durch die Art des festgesetzten Handikaps; denn es spornt zum Nachdenken an,
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wie die besonderen Chancen jedes Handikaps am besten auszunutzen sind. Dasselbe
Handikap bietet verschiedene Aussichten bei Dauerfahrten oder Reisefahrten. — Doch
auch, abgesehen von Wettfahrten, gibt es eine ganze Anzahl echter Sportsaufgaben für
Einzelballons. Ein Flug über die Alpen oder über die Pyrenäen, über die Ostsee nach
Schweden, von Berlin nach Straßburg. Keine bessere Gelegenheit zu sorgfältiger Be¬
ratung mit sich selbst und den Freunden, was möglich ist, was dem Material zugetraut
werden kann. Die Stellung solcher Aufgaben wird sich in der Folge von selbst ergeben,
wenn erst mehrere Yereinsmitglieder eigene Ballons besitzen, was sehr wünschenswert
ist. Zu dem Zweck müssen die Ballons billiger werden. Vielleicht macht der Verein künftig
seine Ballons selbst! Der Straßburger Verein ist darin mit gutem Beispiel vorangegangen.
Major Moedebeck warf nach dieser Empfehlung strafferer Kultivierung des ernsten
und echten Ballonsports die Frage auf: Was ist notwendig, um den Sport in dieser
Weise durchzuführen? Es scheint ihm etwas viel verlangt, die große Arbeit auf die
sechs Augen des Fahrten-Ausschusses zu stellen. Es bedarf einer erweiterten Organisation,
der Angliederung eines Organisationskomitees und der Unterstützung des Fahrten-Aus¬
schusses durch eine Sportkommission, die als oberste Instanz in Streitigkeiten zu
fungieren hätte. Wenn man unsern Fahrten-Ausschuß so umgestaltet bzw. erweitert,
kann mit zwei Ballons der Anfang gemacht werden, um durch gestellte Aufgaben Führer
auszubilden, die bei internationalen Fahrten mit Ehre die deutsche Luftschiffahrt ver¬
treten. Übungsfahrten können gut und gern mit Ballonfahrten verbunden werden. Der
oder die mitgenommenen Zuschauer gewinnen dann selbst Interesse und steigern bei
andern das Interesse an der Sache; denn die Erörterung, warum bei solchen Wettfahrten
von zwei Ballons der eine oder andere besser abgeschnitten hat, findet dann in größerem
Kreise und auf Grund mehrseitiger Beobachtung statt. Das ist das Bildende an der
Sache! Erhöht kann dies Interesse noch werden, wenn zwei oder mehrere Vereine
gegeneinander arbeiten. Die größte Schwierigkeit liegt immer in der geeigneten Organi¬
sation. Es müssen Preise gestiftet werden, etwa Medaillen von Bronze oder (vorbehaltlich
der Existenz eines Krösus im Verein) von Silber. Hauptaufgabe ist zunächst, durch ermöglichte
Übungen tüchtige Fahrer zu gewinnen. Daran fehlt es, sobald, wie in diesem Sommer bald
hintereinander oder nahezu gleichzeitig, wie in Düsseldorf und Mannheim-Ludwigshafen
(im Anschluß an die Versammlung der schiffsbautechnischen Gesellschaft), zu Wettfliegen
eingeladen ist und sich auch in Amerika Gelegenheit bietet, zu zeigen, was die deutsche
Luftschiffahrt leistet. Auch gewisse Äußerlichkeiten dürfen nicht zu gering angeschlagen
und vernachlässigt werden: Sportbinde, Sportwimpel, um den Ballon von unten zu er¬
kennen. Der oberrheinische Verein hat seinen Wimpel durch Eintragung in das Zeichen¬
register schützen lassen. In welcher Weise und bei welchen Gelegenheiten solche Ab¬
zeichen zu benutzen sind, bleibt der Vereinbarung Vorbehalten. Nicht zu unterschätzen
als Förderungsmittel echten Sports ist die dauernd zu erhaltende Fühlung mit der Öffent¬
lichkeit durch die Zeitungen, die gern über Erfüllung sportlicher Aufgaben berichten
werden, auch wenn es sich nicht gleich um große Wettflüge handelt.
Ein Punkt von großer Bedeutung ist die Beschaffung aeronautischer Landkarten.
Häufig muß, besonders bei Überschreitung der Landesgrenze, früher gelandet werden,
als nötig, weil die Landkarte fehlt. Die richtige Luftschiffer-Landkarte soll alles ent¬
halten, was bei dunkler Nacht unter den Wolken an der Erdoberfläche auffällt: Bahn¬
höfe, Städte mit vielen Lichtem, Hochöfen, beleuchtete Eisenbahnstrecken tind Straßen,
Leuchttürme; doch auch die gefahrdrohenden Starkstromleitungen und womöglich die
Stellen, an denen Gas nachgefüllt werden kann.
Bei dem so getriebenen Sport dürfen selbstverständlich die Wissenschaften nicht
vernachlässigt werden; denn es ist im Vorangehenden gezeigt worden, daß sie mit
Recht immer einen Hauptanteil am Erfolge zu beanspruchen haben werden. Vor allem
ist das Studium der physikalischen Grundlagen der Meteorologie zu empfehlen. Eine
Zusammenstellung des dem Luftschiffer unentbehrlichsten Wissens auf diesem Gebiet
hat Dr. Gurt Wegener zu liefern sich bereit erklärt.
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Wann auch die Motorluftschiffahrt ihre Aufnahme in das jetzt bestehende inter¬
nationale Reglement begehren wird, ist eine Frage der Zeit. Es wird allen Freunden
der Luftschiffahrt gewiß die größte Genugtuung gewähren, sich mit dieser Materie zu
beschäftigen, wenn es erst soweit ist und das Parsevalsche Luftschiff uns nötigen wird,
ihm einen Platz in dem Reglement einzuräumen. Bedauerlich erscheint dem, der die
Lösung der großen Aufgabe auf verschiedenen Wegen erwartet, daß zurzeit die Aviatik
so wenig Unterstützung findet. Wir haben nur wenige Aviatiker. Sie sollten wenigstens
moralisch unterstützt werden, ihre Sache durchzuführen.
Hoffmann hat die Mängel seiner ersten Ausführungen verbessert, der Hamburger
Chelius mit bemerkenswerter Unermüdlichkeit bereits 5 oder 6 Apparate hergestellt. Der
französische Aöro-Club hat zur Förderung der Aviatik eine besondere Kommission ge¬
bildet und Preise ausgesetzt, deren einen Santos Dumont bekanntlich gewonnen hat.
In Erledigung des zweiten Teiles seines Vortragsthemas: «Die nationale Bedeutung
unserer Luftschiffahrtsvereine» erinnerte Major Moedebeck an die wichtige Rolle, welche
auf einer niedrigeren Stufe seiner Entwickelung der Ballon im letzten deutsch-franzö¬
sischen Kriege schon gespielt hat. Seitdem ist die völkerrechtliche Stellung des Luft¬
schiffes viel erörtert worden. Sie spitzt sich zu der Frage zu: Ist die Luft frei oder
nicht? Gilt mindestens auch für den mit Soldaten bemannten Ballon das Analogon der
Bestimmungen des Seerechtes, wonach ein Schiff der kriegführenden Parteien in Seenot
den neutralen Hafen aufsuchen, ihn aber nach bestimmter Frist wieder verlassen muß?
Ohne diese Frage für den Kriegsfall erörtern zu wollen, wo sie zweifellos ziemlich
schwierig liegt, muß für Friedenszeiten doch mit Nachdruck darauf hingewiesen werden,
daß jede Beschränkung der «freien Luft» für die Luftschiffer unzulässig erscheint. Wenn
Holland die seine Grenzen überfliegenden Luftschiffer, wie unwidersprochen berichtet
worden ist, auf Grund eines angeblich der Beratung unterliegenden Gesetzes festnehmen
lassen und mit drei Monat Gefängnis oder 1000 Gulden Buße bestrafen will, so liest sich
das fast wie ein Aprilscherz und wird hoffentlich sich als unbegründet herausstellen.
Der Comte de la Vaulx flog vor einigen Jahren von Paris aus über Deutschland hinweg
bis Kiew. Im Falle eines Krieges, den Deutschland auf zwei Fronten zu führen hätte,
könnte das bedenklich erscheinen, teils wegen der über Deutschland hinweg hergestellten
Verbindung zwischen den verbündeten Gegnern, teils wegen der vorhandenen Möglichkeit,
unterwegs chiffrierte Depeschen irgendwo abzugeben. Ebenso bedenklich erschienen
1870/71 den Belagerern vor Paris die feindlichen Versuche, mit dem Ballon nach Paris
hineinzufliegen. Aber gerade dieser, s. Z. gänzlich fehlgeschlagene Versuch, sowie die
von den Brüdern Wegener im vorigen Jahre gemachte Erfahrung, daß sie auf einer
Dauerfahrt gänzlich von der ursprünglichen Richtung verschlagen wurden, beweisen, daß
auch in Kriegszeiten von dem nichtlenkbaren Ballon geringe Gefahren drohen. Wie
töricht nun gar, solche Gefahren in Friedenszeiten an die Wand zu malen! Es wäre
schwer bedauerlich, wenn da irgend welche Hindernisse errichtet würden, geeignet, uns
die als Schulfahrten so wertvollen und wichtigen Dauer- und Stabilitätsfahrten zu ver¬
kümmern, die eine vortreffliche Hochschule für die Luftschiffahrt sind. Die Ausbildung
zahlreicher Ballonführer kann nicht in die Luftschiffer-Bataillone gelegt werden; denn
von unseren Soldaten kann nicht erwartet und verlangt werden, daß sie die erforder¬
lichen Qualitäten erwerben. Dazu sind sie nach ihrer ganzen Bildung nicht veranlagt.
Wie nützlich kann anderseits aber ein Verein in dieser Richtung wirken! In Frank¬
reich existieren zwei große Luftschiffer-Vereine, die sich die Ausbildung von Luftschiffern
ausdrücklich angelegen sein lassen und erreichen, daß die von ihnen Ausgebildeten, die
in den Listen der Bezirkskommandos als Luftschiffer als solche extra geführt werden,
als Freiwillige bei dem Luftschiffer-Bataillon eingestellt werden. Sie haben bei dem¬
selben ein Jahr zu dienen und empfangen nach 10 Freifahrten ihr Führerdiplom. Bei
der gebotenen Gelegenheit ist es den zum Militärdienst tauglichen Technikern, Physikern,
Meteorologen nicht zu verdenken, wenn sie sich vor Antritt des Dienstes in den Luft¬
schiffervereinen ausbilden lassen. Frankreich kommt hierdurch zu einer durch Intelligenz
Iilustr. Aeronaut. Mittei]. XI. Jahrg. 89
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ausgezeichneten Elite-Truppe, heute vielleicht schon mit dem Gedankeil im Hintergründe,
daß bei der Vervollkommung des Motorluftschiffes solche Leute in großer Anzahl ge¬
braucht werden dürften.
Major Moedebeck faßte, diese Darlegungen beschließend, seine Meinung dahin zu¬
sammen, wünschenswert und erstrebenswert sei eine Richtung unseres Yereinslebens,
wodurch unser Verein zu einem Förderer der Luftschiffahrt im Sinne echten, den Geist
beflügelnden, den Charakter stählenden Sports werde und zugleich zu einem Mittel,
unter Tausenden die Tüchtigsten und Besten für den Dienst der Luftschiffahrt auszu¬
wählen und an die rechte Stelle zu setzen.
In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion wurde Major Moedebeck
darin voll beigestimmt, daß sich leider häufig eine Praxis der Ballonführer geltend mache,
die an ihre gute Vorbereitung und an ihr Verständnis für die Notwendigkeiten der Luft¬
schiffahrt Fragezeichen zu setzen zwinge. Es sei doch nicht angebracht, eine Ballon¬
fahrt so genußreich und leicht als möglich zu gestalten, und wie es vorgekommen, um
jede Gefahr auszuschließen, mit dem Schleppseil über Ortschaften hinwegzufahren und
damit Andere Beschädigungen auszusetzen. Sehr empfehlenswert w&re, daß man den
Führern gewissermaßen eine Schule gäbe, einen theoretischen Kursus in der Ballon¬
technik und der Meteorologie. Von anderer Seite wurde gegen eine zu weit gehende
Verurteilung der Schleppfahrt eingewandt, daß es Fälle gebe, in denen selbst eine lang¬
ausgedehnte Fahrt dieser Art sich rechtfertige, wie z. B. beim Überfliegen großer, von
Ortschaften nicht besetzter Flächen bei hellem Mondschein.
Zum Schluß wurden noch eine Reihe recht interessanter photographischer Auf¬
nahmen von Flügen des Parsevalschen Motorluftballons vorgeführt. Auf Fahrtenberichte
wurde der vorgerückten Zeit wegen verzichtet. A. F.
Patent- und Gebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt.
Deutsche Patente.
Anmeldungen.
77 h i| 30610. 7. 1. 07. J. Hofmann, Berlin, Reinickendorferstraße 2. —Vorrichtung
zum Abflug von Drachenfliegern durch Schrägstellen der Tragfläche. (Einspruchs¬
frist bis 26. August 1907.)
77 h J 0 000. 30. 4. 06. W. Jastram, Hamburg, Elbstraße 22. — Luftschiff mit Trag¬
körper und beweglich daran aufgehängter Gondel. (Einspruchsfrist bis 26. August 1907.)
Zurücknahme von Anmeldungen.
77 h p 18 548. Zigarrenförmiger Luftballon mit im Innern angebrachten Versteifungs¬
ringen.
Erteilungen.
187 863. 13. 3. 06. Motorluftschiff-Studiengesellschaft, m. b. H., Berlin. — Bewegliche
Gondelaufhängung an Motorballons.
188 270. 27. 3. 06. MotorluftschifT-Studicngesellschaft, m. b. H., Berlin. — Steuer- und
Gleitflächen für Luftschiffe, bestehend aus mit Luft aufgeblasenen Hohlkörpern.
188 564. 28. 8. 06. Jules Cornu u. Paul Cornu, Lisieux; Vertreter: H. Xeubart, Pat.-
Anw., Berlin S. W. 61. — Flugvorrichtung mit Hebeschrauben und unter denselben
angeordneten Flächen.
Löschungen.
182 680. Schraubenpropeller.
Gebrauchsmuster.
Eintragungen.
300043. 27. 5. 07. Louis Ungnade, Wolfenbüttel. — Flugmaschine mit seitlichen
Antriebsflügelrädem.
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310060. 16. 5. 07. Gottlieb Friedrich Gustav Freyberg, Esperstedt a. Kyffh. — Flug¬
maschine mit zwei verstellbaren, horizontal wirkenden Luftschrauben und einer
festen vertikal wirkenden.
310186. 30. 5. 07. Hellmuth Oest, Bremen, Malerstraße 24. — Flieger, gekennzeichnet
durch zwei Flügel, deren verlängerte Rippen mit einer Tragfläche beweglich ver¬
bunden sind.
Österreich.
Anmeldungen.
Mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fritz Fuchs, diplomierter Chemiker, und Ingenieur Alfred Ham¬
burger, Wien, VH, Siebensterngasse 1.
Auskünfte in Patentangelegenheiten werden Abonnenten dieses Blattes unentgeltlich erteilt. Gegen die
Erteilung unten angeführter Patentanmeldungen kann binnen zweier Monate Einspruch erhoben werden.
Ausgelegt am 15. Mai 1907, Einspruchsfrist bis 15. Juli 1907:
Kl. 77d. Seiberl Josef, Ingenieur in Wien. — Luftfahrzeug: An dessen beiden
Seiten ist je ein nach aufwärts kreisendes Flügelwerk angeordnet, welche Flügel
sich über die ganze Länge des Fahrzeugrumpfes erstrecken und deren eine Hälfte
innerhalb einer Umhüllung sich befindet, während deren andere Hälfte, in der
freien Luft kreisend, allein zur Wirkung kommt.
Ausgelegt am 1. Juli 1907, Einspruchsfrist bis 1. September 1907.
KI. 77 d. Salvatico Giovanni Antonio, Ingenieur in Turin. — Antriebsvorrichtung
für Luftschiffe : In Kammern, in denen ein Vakuum oder Luftverdünnung
erzeugt wird, sind quer zur Strömungsrichtung Platten oder Diaphragmen ange¬
ordnet, so daß, nach Ansicht des Erfinders, durch die gegen diese Platten stoßende
oder drückende Außenluft eine Fortbewegung der Kammern bzw. des mit ihnen
verbundenen Luftschiffes bewirkt wird.
Englische Patente.
4204/06. 14. 2. 07. William Henry Fauber, Chicago. New or Improved Apparatus for
Aerial Navigation. Drachenflieger in der Form eines Malay-Drachens. Der mitt¬
lere Teil der Tragfläche in der Längsrichtung ist ersetzt durch eine sich nach
oben ausbauchende Fläche aus losem Stoff, welche als Kiel dienen soll.
6443/06. 20. 12. 06. Baden Fletscher Smyth Baden-Po well, London SW. Improvements
in Aerial Machines. Zwei übereinanderliegende gewölbte Tragflächen, die obere
kürzer, außerdem vorn eine kleine Fläche. Propeller vorn und hinten. Die Pro¬
pellerflügel haben nur eine feste Leiste am Vorderrand, sind sonst biegsam.
6502/06. 14. 3. 07. Wassily Rebikoff, St. Petersburg, Improvements in or relating to
the Propulsion of Yessels or Bodies in the Air. Hebeschrauben, welche langsam
aufwärts, schnell abwärts bewegt werden.
10 739/06. 31. 12. 06. William Co well Sly, Frindsburg Hill, Strood, Kent. Impro¬
vements in connection with Aeroplanes, for Raising Free, and Captive Flying
Machines into the Air. Segelradflieger, ganz ähnlich dem Wellnerschen Projekt,
mit Vorrichtung, um ihn als Fesselflieger zu verwenden.
10 758/06. 14. 2. 07. Alfred Julius Boult, Hatton Garden (A. Maul, Dresden). A device
for the Safe Landing of Instruments or the like sent up into the Air. Identisch
mit D. R. P. 177 947.
11 699/06. 7. 3. 07. Carl Dippel, Flensburg, Deutschi., Improvements in and relating
Alr-ships. (Identisch mit Österr. Patent 27 599.)
18581/06. 28. 3. 07. Cyrus Armitage, Tornhill Leos, An Improved Construction of the
Wings of Flying Machines or Apparatus, and Means for and Männer of Operating
the same. Flügelflieger.
23493/06. 28. 2. 07. Bennett Mark Gellmann, London N. An Improved Kite or
Aeroplane. Drachen.
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23 855/06. 14. 2. 07. Alfred Jacques Bergeron, Bordeaux. A Tail-less Kite whieh can
be taken to Pieces. (Identisch mit franz. Patent 347 084). Sechseckiger Drachen
mit horizontalem und vertikalem Steuerschwanz.
26 764/06. 3. 1. 07. (Anmeld, in Frankreich am 6. Dez. 1905), Melvin Vaniman, Genne-
villiers (Seine). Improvements in Aeroplanes. Die Ränder der elliptischen
[große Achse in der Flugrichtung] Tragfläche sind abwärts gebogen. Senkrecht zur
Fläche ein nach unten ragender Mittelkiel, seitwärts davon je eine Schraube.
Vorn und hinten an der Tragfläche Hühensteuer.
27 816/06. 21. 3. 07. Joseph Deixler, St. Martin, Ober-Österr., Improvements in Air-
ships. Identisch mit franz. Patent 372 167.
27 817/06. 21. 3. 07. Joseph Deixler, St. Martin, Ober-Österr., Improvements in Pro¬
peller driven Airships. Identisch mit franz. Patent 372 168.
Französische Patente.
371059. 3. 11. 06. Maurice Nicolas, Frankreich. — Armature articul^e pour eerfc-
volants repliable. Das Auseinanderspreizen von Hargravedrachen wird wie das
Aufspannen eines Regenschirmes vorgenommen.
371331. 10. 11. 06. Jules Collomb und Claude Marius Carrel, Frankreich. — Propul-
seur aärien et hydraulique. Rotierendes Segelrad, dessen Flächen beim Aufwärts¬
gange die Luft durchlassen.
371761. 23. 11. 06. Henri Fahre, Frankreich (Bouches-du-Rhöne). — Cerf-volant
automatique. Ein Drachen ist an zwei Winden befestigt und wird abwechselnd
von der einen oder der anderen eingeholt, während die andere nachgibt. Dadurch
soll der Drachen auch bei Windstille in der Luft bleiben. Anwendung gedacht
für photographische Zwecke, Telegraphie ohne Draht, Ersatz für Fesselballons usw.
372 097. 4. 12. 06. Henry Hans Johnson, Vereinigte Staaten von Nord-Amerika.
— A6roplane, Schraube, deren Flügel unter verschiedener Steigung eingestellt
werden können.
872167. 6. 12. 06. Joseph Deixler, Holland. — Aerostat. Luftschiff mit Doppelballon.
872168. 6. 12. 06. Joseph Deixler, Holland. — A Prostata dirigeables actionnes par
des propulseurs. Höhensteuer und Seitensteuer liegen hinter den Schrauben. Es
soll durch den von den Schrauben erzeugten Wind eine leichte Lenkbarkeit in
der Horizontalen und Vertikalen erzielt werden.
372 528. 13. 12. 06. Hippolyte-Augustin Soyez, Frankreich. — Appareil de direction
pour ballons de tous systfcmes. Nach verschiedenen Richtungen einstellbare
Schraube.
372 536. 13. 12. 06. Edourd-Louis Surcouf, Frankreich. — Soupape aärostatique.
Ballonventil mit Kniehebeln, Zug- und Druckfedern.
372 753. 19. 12. 06. Robert Esnault-Pelterie, Frankreich. — Aeroplane ä deux paires
d’ailes orientables. Die Flächen des Drachenfliegers können zum Steuern verstellt
werden, ohne daß die Stabilität leidet.
JC
Literatur.
Weltgeschichte. Unter Mitarbeit von 37 Fachgelehrten, herausgegeben von Dr. Hans
F. Helmolt. Mit 53 Karten und 177 Tafeln in Holzschnitt, Ätzung und Farben¬
druck. 9 Bände in Halbleder gebunden zu je 10 Mark oder 18 broschierte
Halbbände zu je 4 Mark. Sechster Baud: Mittel- und Nordeuropa. Von Karl
Weule, Josef Girgensohn, Eduard Heyck, f Karl Pauli, Hans F. Helmolt, Richard
Mahrenholtz, Wilhelm Walther, Richard Mayr, Klemens Klejn, Hans Schjöth
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und Alexander Tille. Mit 5 Karten und 19 Tafeln in Holzschnitt, Ätzung und
Farbendruck. Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien.
Mit dem sechsten Band (dem Erscheinen nach der achte) hat Helmolts Welt¬
geschichte ihren Abschluß erreicht; denn der für 1907 angekündigte (neunte) Ergänzungs¬
band soll nur Nachträge, Rückblicke und das Gesamtregister bringen. Wenn man weiß,
daß 37 wissenschaftliche Kräfte ersten Ranges zusammengewirkt haben, um das Werk
glücklich unter Dach und Fach zu bringen, versteht man auch, welch enorme Schwierig¬
keit für den Herausgeber erwuchs, um seinen Plan bis zum Ende zielbewußt durchzu¬
führen. Der Grundplan und die Anordnung weichen von dem Herkömmlichen der ge¬
schichtlichen Bearbeitungen ab; das hat naturgemäß neben der großen Menge begeisterter
Anhänger auch Gegner gefunden. Aber auch diese erkennen das voll an, daß das Werk
die Geschichtswissenschaft ein gutes Stück vorwärts gebracht hat. Der vorliegende Band
«Mitteleuropa und Nordeuropa» umfaßt hauptsächlich die deutsche, italienische und
französische Geschichte bis Mitte des 14. Jahrhunderts, wo Band VH mit Renaissance
und Humanismus einsetzt; ferner die zwischen Völkerwanderung und Reformation
liegende Geschichte des Christentums und die Geschichte der Engländer und germa¬
nischen Nordländer. Den Eingang des Bandes bildet als geschickte Überleitung vom
fünften Band die Behandlung der geschichtlichen Bedeutung der Ostsee. Auch der
deutschen Kolonisation des Ostens bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein längerer,
hochinteressanter Abschnitt geweiht. Es mag auffallen, daß «Italien vom 6.—14. Jahr¬
hundert» in diesem Band mit Aufnahme gefunden hat. Aber es ist richtig, daß Italien
in den beiden Jahrhunderten seiner mittleren wie auf den Höhepunkten seiner neuen
Geschichte zu Mitteleuropa gehört hat. Durch Zuhilfenahme von Ausblicken auf die
folgende Zeit ist es gelungen, eine wenn auch sehr gedrängte, so doch sehr lesbare
Geschichte Italiens bis zur Gegenwart zu liefern. — Eine Anzahl Stammbäume und eine
stattliche Reihe mit Verständnis ausgewählter und trefflich hergestellter Tafeln in Bunt
und Schwarz schmücken auch diesen Band des trefflich ausgestatteten Werkes, dessen
Universalität, historische Präzision und geistreiche Behandlung es mit an erste Stelle
der Fundamental werke deutscher Geschichtsforschung rücken.
Don Pedro Vires y Vieh: Avance de los Resultados, obtenidos en las observaciones
del eclipse total del Sol de 30 de Agosto de 1905.
Während der totalen Sonnenfinsternis vom 30. August 1905 wurde bekanntlich
von dem, auch auf aerologischem Gebiete äußerst energischen und hochverdienten
Autor des vorliegenden «Vorläufigen Berichtes* ein sehr eingehender Forschungsdienst
mit freien bemannten, gefesselten, Pilot-Ballons und «Ballons-sondes», sowie an einer
Reihe von Stationen auf der Erdoberfläche innerhalb und an den Grenzen der Totalitäts¬
zone eingerichtet, der sich teilweise auf mehrere Tage vor und nach der Finsternis
erstreckte. Über den Plan der Arbeiten berichtete der Oberstleutnant Vives y Vieh auf der
Petersburger (1904), über die vorläufigen Ergebnisse auf der Mailänder Konferenz (1906)
der «Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt», beide Male unter
lebhaftem Beifall der gesamten Kommission.
Herr Vives y Vieh bespricht zunächst die Vorgeschichte des Unternehmens, die
Literatur der «Finsternis-Meteorologie» usw. Hierauf werden als erstes die meteorologischen
Stationen, ihre instrumentelle Einrichtung und ihr Arbeitsprogramm (äußerst reichhaltig
und genau überlegt!) geschildert. Es befanden sich solche auf dem Castell von Burgos,
zu Guadalajara, Tortosa, bei Alcosebre, in Valladolid, Logrono (Süd-und Nordgrenze der
Totalitätszone) und Gijon. Neben sehr eingehenden und häufigen Augenbeobachtungen
aller meteorologischen Elemente kamen große Registrierapparate, speziell in Burgos, zur
Verwendung. Es wurden der gewöhnliche Temperaturfall (um ca. 2°) und eine, aller¬
dings etwas unregelmäßige Winddrehung festgestellt, dagegen durchaus keine Baro¬
meterschwankung, im Sinne der Helm-Clayton’schen Hypothese von der «Finsternis-
Cyklone mit kaltem Centrum».
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Aus den anschließenden Berichten über die Registrierungen der 5 Ballon-sondes
und des Drachenballons, den Flug der zahlreichen Piloten und die Beobachtungen der
3 bemannten Ballons vom 30. (ein 4^ stieg am 31. äuf) geht jedoch zur Evidenz hervor,
daß auch der durch die Finsternis bewirkte Temperaturfall und die Winddrehung sich
völlig auf die Erdoberfläche beschränkten. Irgend eine Abhängigkeit des Temperatur¬
ganges in den höheren Schichten von der Verfinsterung, wie sie Herr de Fonvielle
erwartet hatte 1 ), läßt sich, wie übrigens von seiten aller Fachmeteorologen a priori
erwartet wurde, absolut nicht auffinden: die aperiodischen, durch die Wanderung der
Depression im W und NW. von Spanien bedingten Temperaturschwankungen blieben,
ohne jeden Zusammenhang mit dem kosmischen Phänomen, das einzig Entscheidende.
Eine Winddrehung wurde in der freien Atmosphäre überhaupt nicht beobachtet.
Auch diese negativen Feststellungen sind natürlich von erheblichem Werte.
«Fliegende Schatten», die bekannte Erscheinung (nach J. Pernter ein Scintillations-
phänomen) wurden nicht nur fast überall auf der Erdoberfläche, sondern auch — zum
erstenmal — im Ballon, in Höhen bis nahezu 4000 m, beobachtet. Es werden die Art
ihres Auftretens und Verschwindens, die Geschwindigkeit der Wanderung beschrieben,
der Neigungswinkel zur Fortschreitungsachse der Finsternis angegeben usw. Jedenfalls
beweisen die Wahrnehmungen in 3700 m Höhe in der freien Atmosphäre, daß es sich
nicht nur um ein thermisches Phänomen an der Erdoberfläche handelt. Die Schatten
sind auch photographiert worden.
Es schließen sich Berichte an über die zahlreichen Photographien und Zeichnungen
der Corona (auch im Ballon, diese leider zum Teile verunglückt), über Bestimmungen
der Totalitätsgrenzen, spektroskopische und Lichtintensitätsbeobachtungen, Bemerkungen
über Sichtbarkeit von Sternen etc., endlich über Erscheinungen im Pflanzen- und Tier¬
leben, die wir hier alle, als nicht von aerologischem Interesse, übergehen. Bn.
Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre. Herausgegeben von R. Assmann und
H. Hergesell. Zweiter Band, Heft 1 und 2. Straßburg 1906. Verlag von
K. J. Trübner.
Die zwei ersten Hefte dieser wichtigen Zeitschrift enthalten wiederum eine Reihe
von beachtenswerten Abhandlungen. Im folgenden soll deren Inhalt kurz charakterisiert
werden. Alle, die sich für die Fortschritte der Erforschung der freien Atmosphäre
interessieren, werden sich die Originalpublikation verschaffen.
Heft 1. V. Bjerknes und J. W. Sandström. Hilfsgrößen zur Berechnung
der Druck Verteilung in der Atmosphäre an den internationalen Tagen
1900 —1903. Wesentlich ist in dieser Abhandlung die Einführung eines absoluten
Druckmaßes, des Bars und Millibars (= 0.750 mm Quecksilber) und (anstatt der See¬
höhen) der Niveauflächen der Schwerkraft, welche durch ihr Schwerepotential bezeichnet
werden. Durch eine solche Darstellungsart wird bei theoretischen Untersuchungen das
Mitführen lästiger Korrektionen vermieden. Im übrigen bestehen keine wesentlichen
Unterschiede gegenüber der Darstellung der Druckverteilung in höheren Schichten durch
gewöhnliche Isobarenkarten. Den Schluß der Arbeit bilden Betrachtungen über die Träg¬
heit der Thermographen und Barographen; frühere bezügliche Arbeiten werden nicht
berücksichtigt. Dem von den Verfassern ausgesprochenen Wunsch nach einer experi¬
mentellen Vergleichung der verschiedenen Thermographen ist durch eine Untersuchung
des Referenten in Band I der Beiträge begegnet.
A. Schmidt (Stuttgart), Die Atmosphäre des Weltraums. Der Verfasser
verfolgt in seiner ideenreichen Art die physikalischen Konsequenzen der von Mendelejeff
gemachten Annahme eines Weltäthers von stofflich-gasiger Beschaffenheit. Fußend auf
seiner bekannten, von derjenigen anderer Physiker abweichenden Anschauung, daß die
Schwerkraft in einer Gasmasse ein Temperaturgefälle erzeuge, glaubt er als Konsequenz
9 Vgl. A. de Quervain in Dl. Aer. Mitteü. 1905, S. 172.
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einen wesentlichen, interastralen Wärmeaustausch durch Leitung im Weltäther ableiten
zu können. Auch gewisse Unregelmäßigkeiten, die bei der Untersuchung von Fixstern¬
parallaxen auftreten, sprechen ihm für die Wahrscheinlichkeit eines gasigen Weltäthers,
dessen Atomgewicht bei 2000 mal geringer wäre als das des Wasserstoffs, also von der
Größenordnung der in den Kathodenstrahlen bewegten Elektronen.
Alfred Wegener, Über die Flugbahn des am 4. Januar 1906 in
Lindenberg aufgestiegenen Registrierballons. Dieser Aufsatz behandelt die
erste am aeronautischen Observatorium mit dem de Quervain’schen Theodoliten aus¬
geführte Bahnbestimmung. Das Instrument hat sich dabei als zweckmäßig erwiesen;
der Registrierballon konnte bis zur größten Höhe von 11430 m und während des größten
Teils des Abstiegs verfolgt werden. Es hat sich das interessante Resultat ergeben, daß
in den Höhen zwischen 7000 und 10000 m vom Ballon bei geringen Horizontal¬
geschwindigkeiten zwei vollständige Doppelschleifen durchlaufen worden sind, die sich
auch beim Abstieg wieder gefunden haben. Der Verfasser weist hin auf die Überein¬
stimmung mit einem vom Referenten schon früher beobachteten und beschriebenen Fall.
Demnach scheinen solche merkwürdigen vollständigen Windumläufe in großen Höhen
keine so große Seltenheit zu sein.
Heft 2. H. Helm Clayton, A discussion of the observations obtained
by the Blue Hill observatory with ballons-sondes at St. Louis. Enthält eine
eingehende Besprechung der Resultate von 22 Registrieraufstiegen im Herbst und Winter
1904/05 und im Sommer 1905. Die Aufstiege fanden nach Sonnenuntergang statt. —
In der Zusammenstellung der vorkommenden Temperaturgradienten fallen einige Werte
> 1.0 und > 1.1 auf, in Höhen von 5—9 km. Zuverlässige Fälle, wo in größern
Höhen der Gradient für ein ganzes Kilometerintervall den Grenzwert 1,0 überschritten
hätte, waren uns sonst nicht bekannt. Die schon beim Bekanntwerden der ersten Auf¬
stiegsresultate von uns geäußerte Vermutung,!) das Niveau der „obern isothermen Zone“
müßte in Nordamerika höher liegen, als in Europa, hat sich bestätigt. Bemerkenswert
mit Hinsicht auf die alte Streitfrage ist das Ergebnis, daß die Lufttemperatur in der
freien Atmosphäre in Depressionsgebieten durchweg etwas höher gefunden wurde, als in
Antizyklonen. Clayton macht zur Erklärung aufmerksam auf den Umstand, daß die
absteigenden Luftmassen der Antizyklone ihren Ausgangspunkt in nördlicheren, kälteren
Breiten, die aufsteigenden Luftmassen der Zyklone dagegen in südlicheren, also
wärmeren Breiten haben.
H. Hergesell, Über lokale Windströmungen in der Nähe der kana¬
rischen Inseln. Auf Grund von genauen Wind- und Temperaturbeobachtungen beim
Umfahren der kanarischen Inseln wird der Nachweis versucht, daß die auf dem Pic von
Teneriffa beobachteten, oft zitierten Südwestwinde nicht dem Antipassat entsprechen,
sondern nur als Seewinde aufzufassen sind. Der Antipassat wird nach dem Verfasser
erst mehrere Breitengrade südlicher angetroffen.
Alfred Wegener, Studien über Luftwogen. Mit Hinsicht auf die von
Helmholtz aufgestellte, von Wien strenger durchgerechnete Theorie der Luftwogen führt
der Verfasser eine sorgfältige Diskussion von entsprechenden Beobachtungen bei Drachen-
und Fesselballonaufstiegen durch. Er zeigt, daß eine Anwendung der Theorie auf die
empirischen Fälle vorläufig überhaupt nur bei wesentlich vereinfachten Voraussetzungen
möglich ist, und dann eine leidliche, aber wohl immer noch mit systematischen
Abweichungen behaftete Übereinstimmung ergibt. Die Beachtung der wissenschaftlichen
Beobachter verdienen unter anderem die Bemerkungen über die Beziehung zwischen
der Orientierung der Luft- und Wolkenwogen und der Zu- und Abnahme und der
Drehung des Windes mit der Höhe. Eine bequeme Tafel gibt die Beziehungen zwischen
Windsprung, Temperatursprung und Wogenlänge.
K. v. Bassus, Über das Ausmessen von Registrierballondiagrammen.
*) S. diese Zeitschr. 1905, S. 153 ff.
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Der Verfasser bespricht die bei solchen Ausmessungen zu stellenden Genauigkeits¬
anforderungen und beschreibt dann einen selbst konstruierten Ausmeßapparat, dessen
Einrichtung dem auch sonst meist angewendeten Verfahren mit geteilter Glasplatte, auf¬
getragenen Kreisbogen und Führungslineal entspricht, der aber namentlich Ungeübteren
entschieden größere Sicherheit und Bequemlichkeit bietet. Ein gewisser Nachteil dürfte
nach Erfahrung des Referenten darin liegen, daß die Registrierkurven in der Nähe des
abzulesenden Punktes durch die Zeiger verdeckt werden. Der Apparat wird in recht
gefälliger Ausführung geliefert von der Firma W. Sedlbauer, München, Ehrengutstraße,
Preis 130 Mk.
A. de Quervain, Über eine einfache Methode, die Strömungen der
hohem Atmosphärenschichten systematisch zu untersuchen. Der Verfasser
weist auf die interessanten Resultate hin, die durch die Flugbahnbestimmung, nicht nur
von Registrierballons, sondern auch von bloßen Pilotballons mit seinem Spezialtheodo¬
liten auf schnelle und verhältnismäßig wenig kostspielige Weise erhalten werden können.
de Q.
Das deutsche Militärluftschiff.
Nach Schluß der Redaktion erfahren wir die erfreuliche Nachricht,
daß die ersten Probefahrten mit dem Luftschiff des preußischen Luftschiffer-
bataillons am 23. Juli sehr zufriedenstellend verlaufen sind. Das Luftschiff
verblieb bei einer Fahrt ununterbrochen 3 Stunden 27 Minuten in der Luft,
zeigte eine große Stabilität und gehorchte willig den Steuervorrichtungen
in vertikalem und horizontalem Sinne. Über die Eigengeschwindigkeit ver¬
lautet vorläufig noch nichts.
Die Konstruktion lehnt sich an diejenige von Julliot an, jedoch hat
man, anscheinend mit gutem Erfolge, versucht, einzelne für die kriegerische
Verwendung störende Eigenheiten des Lebaudy-Luftschiffes zu verbessern.
Der Bau wurde nach den Direktiven des Major Groß von Ingenieur
Basedow ausgeführt. Ballonführer war Hauptmann Sperling. Wir hoffen,
demnächst Einzelheiten berichten zu können, soweit militärische Interessen
es zulassen. ©
Personalia.
Prof. L. Prandtl in Göttingen, Mitglied des technischen Ausschusses der Motor-
luftschitlstudiengesellschaft, ist zum ordentlichen Professor ernannt worden.
--
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.
Sie Redaktion .
Digitized by CjOOQle
illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. -Mi September 1907. ** 9. Heft.
Aerologie.
Die Erforschung der höheren Schichten der Atmo¬
sphäre auf der Reise S. M. S. „Planet“ von Januar bis
Oktober 1906. *)
Von Oberleutnant zur See Schweppe.
(Schluß.)
Im folgenden wird eine Übersicht gegeben über die Stationen, an
denen aerologisch gearbeitet worden ist, zugleich mit einigen Angaben über
Windverhältnisse, wie sie die Pilotballonaufstiege ergeben.
Die Kartenskizze der Fig. 3 gibt bis Batavia die Positionen, auf
denen meteorologisch gearbeitet wurde. Fortgelassen sind die zahlreichen
Pilotballon-Aufstiege mit Ballons von 0.5 m Durchmesser, bei denen — es
handelt sich um den atlantischen Passat — es nicht gelang, die Ballons
bis zum Antreffen anderer als der Passatwindrichtung zu verfolgen.
Die Zusammenstellung auf Tabelle I gibt genäherte Angabe über die
erreichten Maximalhöhen. Genähert bei den Drachen- und Ballon-sonde-
Aufstiegen deshalb, weil — abgesehen von geringfügigen Instrumental¬
korrektionen, die keine Berücksichtigung fanden — bei den ersteren für
die Temperaturkorrektionen das Mittel zwischen höchster und geringster
Temperatur verwendet wurde, die letzteren nur erst roh haben bearbeitet
werden können; bei den Pilotballon-Aufstiegen deshalb, weil man bei diesen
nie eine Kontrolle für die erreichte Höhe hat — Verfolgung von einem
Punkt angenommen.
1. 3 450 m
2. 2 450 »
( 1 ). 6 000 »
( 2 ). 10 000 »
(A) . 14 500 >
3. 1 180 *
4. 1 240 *
(B) . 6 000 *
5. 2 350 »
(3). 3 000 .
6 . ^) -
7. 2000 »
8. 4200 *
9.
10 .
11 .
NO-Passat
12 .
13.
(5).
14.
Übergangs- (*>)-
gebiete und l 5 -
Kalmenzone 16*
Tabelle I.
2 000 m
17. 1400 m
3 600 >
18. 500 .
2100 *
19. 5 900 .
?
(7). 9 OuO »
: 2 200 >
(8). 12 000 >
1700 *
. SO-Passat 20. 2 600 »
13 000 »
21. 500 »
1850 *
22. 3 300 >
13 000 »
23. 3 500 »
1530 »
24. 5 300 »
450 *
Gebiet der
Westwinde u.
Hochdruck¬
gebiet des
Südindischen
Ozeans
i) Ein vom Verfasser besorgter Auszug aus seiner gleichnamigen in den Annalen der Hydro¬
graphie und maritimen Meteorologie, Bd. 34, S. 505 —510, 1906, sowie Bd. 35, S. 1 5, 1907 erschienenen
Abhandlung.
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^
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25.
2600m
(10).
12 000 m \ .. (11.)
4 800 . 1 Hergang a. 31
26.
3 000 *
SO-Passat
30.
27.
2 200 »
(C).
4 700 . ( Kalmen 32 .
28.
2 000 >
Indischer
33.
29.
1800 >
Ozean
(12).
(9).
6 000 *
(D).
34*.
35.
10 OüO m
3600 *
4 400 »
4 700 »
15 000?*
17 600 *
4 800 »
4 850 >
SW-Monsun
(13) . ?
(14) . ?
36. 3 200 *
Zu den Drachenaufsliegen standen zur Unterstützung des Windes im
Mittel 3.5mlsek. SchifFsgeschwindigkeit zur Verfügung. Die Einholgeschwindig¬
keit der Winde beträgt 2.5 m/sek. maximal. Da schon etwa 5 m/sek. Wind
die Drachen steigen lassen, müssen höchste Fahrt in Verbindung mit
schnellstem Einholen das Instrument auch in völliger Windstille hoch tragen.
Diese zweifache Unterstützung des Windes hat jedoch nur dann ausge¬
nutzt werden können, wenn der untere Wind so schwach war, daß die
Spannung diese Ausnutzung zuließ. Als Spannungsgrenze sind angenommen
worden: 80 kg für den 0.9 mm-, 65 für den 0.8 mm- und 50 für den 0.7 mm-
Draht. Vielleicht ist diese Grenze zu niedrig angesetzt gewesen, doch hat
diese große Vorsicht jede Havarie an Draht nach Verlassen des atlantischen
NO-Passats vermeiden lassen.
Dem NO-Passat gehören die Pilotballons (1) und (2), zwei Drachen¬
aufstiege 3 und 4 und ein Ballon-sonde an. 1 )
Die Ballonbahn bei (1) liegt ziemlich genau 0—W (alle Windricht¬
ungen werden rechtweisend angegeben). Der 0-Wind weht — nach oben
an Stärke abnehmend und links drehend auf etwa ONO — bis etwa 2000 m
Höhe, es folgt eine etwa 1500 m starke Schicht mit sehr schwachem, süd¬
lichem Wind, darüber reiner W-Wind von großer Stärke, der in mehr als
5000 m eine schwache N-Komponente hat.
Anders die Verhältnisse bei (2). Passat bis etwa 2000 m. Zwischen
2000 und etwa 5500 m — während welcher Zeit der Ballon hinter Wolken
aus Sicht war — starke Versetzung nach N, die einem lim starken SSO-
Wind entsprechen würde; reiner W-Wind bis etwa 10000 m.
Die Drachenaufstiege zeigen den zuerst von Hergesell («Comptes-
Rendus», Mitteilung 20. Januar 1905) beschriebenen Passatcharakter, jedoch
nur schwach ausgeprägt. Der Ballonaufstieg (A) läßt diesen Charakter
kaum noch erkennen — ein Beweis, daß die verwendeten Meteorographen
für Ballonaufstiege nicht fein genug arbeiten. Ballon-sonde (A) und Drachen¬
aufstieg 3 fanden hintereinander statt; es lag daran, eine Kontrolle für die
Temperaturangaben des Ballon-sonde zu gewinnen. Die Ballonbahn bei (A)
zeigt wieder ein ganz anderes Bild. NO nur in der untersten Schicht, Über-
l ) Im Text wie in der Karte sind Aufstiege von Drachen durch offene, solche von Pilot-Ballons
durch in Klammern gesetzte Ziffern, die Aufstiege von Ballon-sondes durch Buchstaben in Klammern
bezeichnet.
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315 «««♦
gang rechtsdrehend auf WzN, der schon in 1700 m weht, nach oben zu¬
nimmt und eine stärkere N-Komponente erhält.
Fi g. 3.
Die genannten Pilotballons waren ein beim Ballon-sonde-Versuch los¬
gerissener 1.5 m-Ballon bzw. ein Ballon-sonde-Gespann (2), das nicht
wieder aufgefunden wurde.
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316
Der Ballonaufstieg (B) zeigt sowohl in den Temperaturverhältnissen
wie auch in den Windrichtungen den Übergang zum SW-Monsun der Sierra
Leone bzw. zur Kalmenzone. Die Passatinversion der Temperatur ist ganz
schwach ausgebildet, wie im Passat wehen auch hier in der Höhe W und
WNW bis NW, dagegen sind die Windrichtungen unten völlig andere. Bis
1000 m SSW, bis 3000 m OzS, bis 5600 m Stille bzw. sehr schwacher
rechtsdrehender Wind, bis 9000 m W, zunächst mit S- dann mit N-Kom-
ponente, bis 12 000 m NW, der dann über 12 000 m schwächer wird.
Der von (B) konstatierte Ostwind oberhalb des Stillengürtels — zuerst
festgestellt von der von Rotch und Teisserenc de Bort ausgerüsteten
Expedition an Bord der «Otaria» 1905 — wird in Höhen über 1000 m be¬
stätigt von 5, 6, 7 (3) und einem weiteren Pilotballon-Aufstieg in 7.3° N
und 14.1° W, der nicht aufgeführt ist, da er nur bis 2000 m zu verfolgen
war, und den Ostwind nur schwach andeutete.
Die jetzt, folgende lange Pause in Pilotballon-Aufstiegen ist hervor¬
gerufen durch Mangel an 1.5 m-Ballons und Versagen der 0.5 m-Ballons
auch im nördlichen SO-Passat.
Sehr auffallend ist bei den SO-Passat-Drachenaufstiegen 9 bis 16 die
im nördlichen Teil erreichte große Höhe, die weiter südlich trotz der zahl¬
reichen Versuche nicht wieder zu erreichen war. Bei 9 standen nur 4 Sm
Geschwindigkeit zur Verfügung — es wurde mit einem Kessel gefahren —
sonst wäre fraglos eine größere Höhe erreicht worden. Nr. 15 hat dasselbe
Gepräge wie 11 bis 14, die alle völlig gleiche Verhältnisse zu geben scheinen.
Bei 16 herrschte fast völlige Flaute.
Von den in der gleichen Zone liegenden Pilotballon-Aufstiegen war
(4) ein 0.5 m-Ballon, dessen Angaben nicht zu trauen ist. Er konstatierte
über dem 500 m hohen unteren Passat bis in etwa 4000 m SzO-Wind,
dann erst Stille. Der kurz vorher stattgehabte Drachenaufstieg zeigt diese
Stillenschicht bereits in 2000 m. Offenbar war der Ballon undicht geworden
und nur noch sehr langsam gestiegen. Gut übereinstimmende Resultate in
den Windrichtungen ergaben (5) und (6) 1 ): Unterer Passat bis etwa 1500 m,
darüber nach einer 4000 bis 5000 m starken Schicht mit Stille bzw. sehr
schwachen NO- bis N-Winden der fast genau entgegengesetzte Gegenpassat
aus NW bis NNW. Alle Windrichtungen erscheinen bei (6) um etwa 2 Strich
links herumgedreht gegen die von (5).
Bei den ersten beiden Aufstiegen südlich Kapstadt — 17 und 18 —
trat eine eigenartige Erscheinung auf. An beiden Tagen war der Wind
böig. Der Instrumentendrache wanderte, wenn er eine bestimmte Höhe —
bei 17 etwa 1400 m, bei 18 etwa 500 m — erreicht hatte, horizontal
liegend nach der Seite aus, ohne zu steigen. Ein Schießen konnte in beiden
Fällen durch schnellstes Auslassen verhindert werden. Dabei kam der
Drache tiefer und richtete sich wieder auf. Doch wiederholte sich derselbe
*) Ein 1.5 m-Biillon ( 5 ) und ein mißglückter Ballon-sonde ( 6 ).
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Vorgang, sobald er die alte Höhe wieder erreicht hatte. Die Diagramme
zeigen an diesen Stellen starke Temperaturschwankungen. Es müssen in
den betreffenden Höhen mit dem Einsetzen der Böen Luftwirbel aufgetreten
sein, durch die die Drachen nicht hindurch zu bringen waren.
Mit 19 wurde die größte Höhe von 5 900 m erreicht, bei 10.5 km
Draht. Die durch den Aufstieg konstatierte geringe Temperaturabnahme
und große Trockenheit deutet den Übergang zu dem großen Hochdruckgebiet
im südlichen Indischen Ozean an. Auf den Übergang weist, abgesehen von
dem ungewöhnlich hohen Barometerstand von 771 mm, der NW- bis N-Wind
an diesem Tage, gegenüber westlichen bis südwestlichen Winden vorher.
Weit ausgeprägter beweisen das Gebiet absteigenden Luftstroms die
folgenden Aufstiege 20, 22, 23 und 24. Der Temperaturgradient ist im
Durchschnitt (berechnet nach der Temperaturabnahme bis 3000 m) 0.37°.
Die Pilotballons 7 und 8 zeigen übereinstimmend von 5000 m Höhe
an starken Westwind. Die Drehung von dem unteren N bis NO auf diesen
W findet bei 7 links herum, bei 8 rechts herum statt.
Die Drachenaufstiege 25 und 26 tragen reinen Passatcharakter, doch
läßt das Fortbestehen des Unterwindes in der Inversionsschicht bei beiden
auf eine Störung vielleicht durch eine in der Nähe vorbeiziehende Depression
schließen. Der für die Gegend hohe Barometerstand von 770 bei 26 scheint
die Vermutung zu unterstützen.
Bei 27, 28 und 29 die gleiche Erscheinung wie im Atlantik: Das In¬
strument erreicht gerade die Inversionsschicht, in die es der Windstille
wegen nicht oder kaum eindringt. Es scheint, als senke sich die Inversions¬
schicht nach N zu, da 27 trotz der größeren Höhe sie schwächer andeutet
als 29.
Aufstieg (9) ist der einzige Pilotballon-Aufstieg im indischen SO-Passat.
Die merkwürdig starke Bewölkung ließ weitere Aufstiege nicht zu. Er¬
gebnis: SO bis 1700, 4.5 mlsek. im Mittel, bis 3400 m WNW, 5.5 m/sek.
im Mittel — darüber schwacher SSW.
Ganz anders die Verhältnisse bei (10): Passat und Gegenpassat ver¬
kümmert. Bis 1000 m schwacher Passat, SW-Wind von im Mittel 7 mlsek.
bis 3600 m, NW bis 7000 m von kaum 3 m/sek. und oben starker Ost mit
allmählich auftretender Nordkomponente.
Drachenaufstieg 30 und Ballonaufstieg (C) zeigen den Eintritt in das
Gebiet aufsteigenden Luftstroms in der großen Feuchtigkeit. Beim Ballon¬
aufstieg (C) mußte, da alle Ballonuhren mit einstündiger Umlaufzeit verloren
gegangen waren, eine dreistündig umlaufende Drachenuhr Verwendung finden.
Um die Auftriebsgeschwindigkeit nicht herabsetzen zu müssen — was das
Gelingen des Aufstiegs bei etwa angetroffenem starkem Wind sehr in Frage
gestellt hätte — und anderseits nicht eine zu steile Kurve zu erhalten, wurde
mit Bordmitteln eine Trommel von etwa dem doppelten Durchmesser her¬
gestellt, und das Dracheninstrument und der Kasten entsprechend umgebaut.
Die erhaltene Kurve ist absolut brauchbar. Interessant ist, daß (C) bis
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4700 m nahezu Windstille konstatierte — der Ankunftspunkt des Gespanns
lag nur einige 100 m vom Abgangspunkt.
Die erreichten großen Höhen der folgenden Monsunaufstiege lassen
sofort einen prinzipiellen Unterschied des Monsuns — in dem Teil, den
S. M. S. «Planet» erforscht hat — gegen den Passat erkennen: die größere
Mächtigkeit der Monsunschicht. Im übrigen zeigen 32 bis 34 und (D) so
große Übereinstimmung, daß es berechtigt ist, die Vorgefundenen Verhält¬
nisse als für den Monsun in dieser Jahreszeit und Gegend typisch anzu¬
nehmen.
Der Ballonaufstieg (D) soll etwas eingehender besprochen werden. Die
Auswertung hat roh in der Weise stattgefunden, daß die Angaben der
Temperatur von 5 Minuten zu 5 Minuten entnommen wurden. Leider hat
sich gezeigt, daß der Zeigerausschlag für die große erreichte Höhe zu groß
war, von etwa 12 000 m ab hat der Temperaturzeiger auf dem Nullzeiger
aufgelegen, es fehlen also von hier ab sämtliche Temperaturangaben. Es
ist das umsomehr zu bedauern, als die weitere Auswertung der Barometer¬
kurve — allerdings unter willkürlich gleichmäßig angenommener Temperatur¬
abnahme — derartige Schwankungen in der Steigegeschwindigkeit aufweist,
daß man auf die Vermutung kommen muß, daß in diesen größten Höhen
sehr ungleichmäßige Temperaturverhältnisse herrschen. Die Kurvenauswertung
zeigen Tabelle II und Fig. 4.
Tabelle II.
Zeit
Minuten
Höhe
m
Temperatur
°C.
I Feuchtigkeit
i . •/•
Zeit
Minuten
Hölie
m
Temperatur
•c.
Feuchtigkeit
0
0
+ 27.9
80‘)
37
11072
— 35.5
27
5
1387
+ 21.5
58
40
11730
26
10
2 974
+ 14.0
40
45
12 760
2.
26
15
4 529
+ 6.4
32
50
13 540
CD
26
20
6 083
— 1.9
28»)
55
14 350
3
24
25
7 615
— 11.8
28
60
15 230
ere
P
24 s )
30
9 112
— 25.0
27
65
16 250
CD
3
24 s )
35
10 346
— 32.6
27
70
17450
24 3 )
Die Ballonbahn ist konstruiert nach etwa von Minute zu Minute an-
gestellten Azimut- und Höhenwinkelmessungen, die nur in der Zeit, als der
Ballon zu hoch stand, um einwandfreie Messungen machen zu können, unter¬
brochen wurden. Für die Steighöhen wurden die Steiggeschwindigkeiten —
von 5 zu 5 Minuten — aus dem Diagramm abgeleitet. Natürlich sind über
12 000 m diese Berechnungen mit den Fehlern der geschätzten Temperaturen
behaftet.
Der Maßstab ist 1:200000, zu klein, um Einzelheiten der Kurve —
l ) In etwa 1100 m Inversion; bis etwa 700 m Zunahme der Feuchtigkeit auf 95%. — *) In der
Inversion schnelle Feuclitigkeitsabnahme, von 1400 in ab langsamere Abnahme. — 8 ) Von 15 230 bis
17 450 m zeigt die Feuchtigkoitskurve geringe Schwankungen.
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319
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Fig 4.
320 €44«
geringe Abweichungen, die wahrscheinlich gar nicht den Tatsachen ent¬
sprechen, sondern den bei rollendem Schiff recht großen Fehlern der Azimut¬
bestimmung (nach Kompaß) zugeschrieben werden müssen — erkennen zu
lassen. Er ist so klein gewählt, um die Kurse des Schiffes bis zur Anbord-
nahme der Ballons und den Treibkurs der Ballons im Wasser noch ein¬
zeichnen zu können. Das so vollständige Bild, aus dem auch die Fehler
in der Berechnung des Niederkommepunktes der Ballons zu ersehen sind,
dürfte recht lehrreich und interessant sein.
Die Erklärungen enthalten die Skizze selbst, es bleibt nur wenig hinzu¬
zusetzen.
Die Zahlen auf beiden Ballonbahn-Projektionen geben die Kurvenpunkte
von Kilometer zu Kilometer Höhe. Die Punkte sind trotz der Ungenauigkeit
einer solchen Methode durch Interpolation gefunden. Die Abstände der
Punkte der Horizontalprojektion geben die Möglichkeit des Vergleichs der
Windgeschwindigkeit in den betreffenden Höhen. Die kleine Skala oben
links erlaubt ein Abgreifen der absoluten Werte.
Dem «Suchkurs * DC'" lag die Annahme zugrunde, daß der Ballon vor
dem schwachen Unterwinde den Schwimmer mit 1 Sm Geschwindigkeit fort¬
ziehen würde, er somit in dem Augenblick, wo er gesichtet werden könnte
— ein Insichtkommen auf 6 Sm Entfernung vorausgesetzt — in C'" sein
müßte. Die genaue Berechnung nach Auswertung der Kurve zeigt, daß der
Ballon in C' landete, und der Ort des Insichtkommens sowohl als auch die
darauf folgende Jagd, die bis kurz vor Dunkelwerden dauerte, zeigen den
großen Irrtum in der Annahme der Treibgeschwindigkeit. Als Schwimmer
waren zwei große Flaschen angebracht, von denen allerdings die eine durch
den Ballonzug aus dem Wasser gehoben wurde; dagegen wurde der Wasser¬
widerstand vermehrt durch die im Wasser schleifende Hülle des geplatzten
Ballons. In diesem Falle hat die Treibgeschwindigkeit etwa 5 Sm betragen.
Eine gewiß interessante und hier bisher nicht bekannte Tatsache, die auf
die Notwendigkeit des Anbringens irgend eines Treibankers und praktischer
Versuche zur Feststellung der Treibgeschwindigkeit bei Gebrauch eines
solchen und bei verschiedenen Windstärken hinweist. Hier an Bord fehlt
naturgemäß zu solchen Versuchen die Zeit. Es bleibt hinzuzufügen, daß
die Windverhältnisse, wie sie sich hier ergaben, in fast genauer Überein¬
stimmung mit den Resultaten des Pilotballons (12) stehen, also mit großer
Wahrscheinlichkeit als typisch angesehen werden können. Das gilt nament¬
lich auch für das eigentümliche Abflauen des Windes über 14 km Höhe.
Nach den bei (12) gewonnenen Erfahrungen wurden auch die Schiffskurse
während des Aufstieges eingerichtet, bei deren Wahl, abgesehen von dem
Bestreben, dem Ballon möglichst nahe zu bleiben, das ebenso wichtige
andere, sich eine günstige Position zur Sonne — Schiff möglichst zwischen
Sonne und Ballon — zu schaffen, maßgebend sein müssen.
Die Aufstiege 35 und 36 zeigen Eigentümlichkeiten, die auf Passat¬
einwirkung hinzudeuten scheinen. Leider sind die Resultate der Pilotauf-
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»♦» 321 «44«
stiege (13) und (14) unzuverlässig. Bei (13) stand man unter dem Ein¬
druck, daß der Ballon undicht geworden sei und ohne merkliche Höhen¬
änderung schwebe. Aufstieg (14) ist ein mißlungener Ballon-sonde, bei dem
es nicht zum Platzen eines Ballons kam, beide vielmehr lange Zeit schwebten
und dann langsam fielen. Immerhin wird ein Vergleich beider Aufstiege
einigermaßen zuverlässige Resultate ergeben.
Die Ausarbeitung der aerologischen Ergebnisse des «Planet» Reise ist
im Gange. Die Aerologie wird s. Zt. als Teil des «Planet» Reisewerks ver¬
öffentlicht werden.
3*
Aeronautik.
Das deutsche Militärluftschiff.
Am Schluß des vorigen Heftes haben wir in einer kurzen Notiz des
freudigen Ereignisses der so erfolgreichen Fahrten des deutschen Militär¬
ballons gedacht, die gerade bei Schluß der Redaktion des betreffenden Heftes
zur Ausführung gelangten. Der Inhalt des betreffenden Artikels, der den
Tageszeitungen entnommen war und deshalb nicht als authentisch gelten kann,
bedarf, wie wir nach Erkundigungen bei militärisch zuständiger Stelle erfahren,
einiger Berichtigungen.
Die in dem betreffenden Artikel gebrachte Mitteilung, daß sich die
Konstruktion des deutschen Militärballons an diejenige von Julliot «anlehne*,
ist nicht zutreffend.
Beide Luftschiffe gehören zwar demselben Typ, nämlich dem halbstarren
an, der auch in Deutschland seit Jahren als der zunächst aussichtsreichste
von der offiziellen kompetenten Stelle gehalten wurde. Sie zeigen daher im
Prinzipe ihres Baues eine natürliche Verwandtschaft, sind aber trotzdem
durchaus von einander verschieden und — was wir ganz besonders hervor¬
heben möchten — Sonderkonstruktionen der betreffenden Ingenieure. Die
halbstarre Konstruktion kann ja auch nicht als eine Sonderkonstruktion des
Julliotschen Schiffes angesehen werden; denn schon Hänlein, Renard, Santos-
Dumont u. a. m. verwendeten zur Versteifung der Längsachse ihres durch
inneren Überdruck prall in der Form gehaltenen langgestreckten Luftschiffes
eine starre Gitterkonstruktion, die nur etwas anders gebaut und anders mit
der Hülle verbunden war als bei dem Schiffe Julliots. Von einer Anlehnung
der Konstruktion des deutschen «bis auf das kleinste Stück aus deut¬
schem Material erbauten» Militärluftschiffes an das Julliots kann um
so weniger die Rede sein, als die wesentlichsten Teile des ersteren — Ma¬
schinen und Propeller pp. — durchaus andere als die des französischen
sind. Militärische Interessen lassen es leider nicht zu, näher auf die Einzel¬
heiten des Schiffes einzugehen. Zum Schluß bemerken wir, daß die erfolg¬
reiche 3^2 ständige Fahrt nicht die erste, sondern bereits die 11. dieses
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 41
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822
Schiffes war, und daß der Oberingenieur des Königlich Preußischen Luft*
schiffer-Bataillons nicht Basedow, sondern Basenach heißt.
Das zweite französische Militärluftschiff „Patrie“. 1 )
Wie sein Bruder: genannt «Le Jaune», so hat auch der «Patrie», die
ihn so wesentlich von den anderen Motorluftschiffen, wie der «Parseval» und
«Zeppelin» neuerdings sie haben, unterscheidende sehr schlanke und spitze
Form, die dem «Patrie> gestattet, den Wind in gewandter Weise vorne zu
fassen und ihn langsam nach hinten abglciten zu lassen, ohne allzustarke
Wirbel hinter sich hervorzurufen. w ~
„Patrie“.
Der «Patrie» hat einen Kubikinhalt von 3150 m, der sich demnächst
durch Einsetzen einer Bahn in der Mitte des Ballons, der dort einen
größten Durchmesser von 10,30 m hat, noch um 400 cbm erhöhen soll.
Die augenblickliche mittlere Länge der Hülle beträgt 60 m. Das Ballonet
faßt 650 cbm und wird durch eine Luftpumpe, die von dem Motor getrieben
wird gespeist. Der Ballon selbst ist an seiner Unterseite abgeplattet und
verbrüdert sich mit einer ovalen Platte derselben Form, die einen Rahmen
aus Stahlrohr besitzt und im übrigen aus Netzwerk und Stoff besteht, durch
eine Art Matratze, die die Spannung zwischen der Ovalplatte und dem
eigentlichen Ballon aufrecht erhält. Gehalten wird diese Platte durch Sus¬
pensionen, die am Ballon befestigt sind, was auf der Photographie nicht zu
sehen ist. An diese wagerecht ovale Platte schließt sich senkrecht eine
*) Vergl. niustr. Aeronaut. Mitt. Bd. 11, S. 86, 1907.
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Art Stabilisator an, die zu gleicher Zeit wie die Platte die Suspensionen der
Gondel hält und selbst durch Suspensionen am Ballon befestigt ist. Der
Zwischenraum des Ballons und der Ovalplatte ist in der vorderen Hälfte
keilförmig außen mit Stoff bespannt, um dem Winde eine Abgleitungsfläche
zu bieten. An das hintere Ende der Ovalplatte schließt sich der horizontale
und vertikale Stabilisator an, deren Querschnitt die Form eines Kreuzes hat.
An diese Stabilisatoren wiederum sind die eigentlichen horizontalen Steuern,
sowie das Vertikalsteuer angebracht, welches letztere von dem Vertikal¬
stabilisator in Form eines Maikäferfußes quasi umschlossen wird. Um die
Stabilität des Ballons noch zu erhöhen, hat man an dem hinteren Ende der
Hülle noch die sogenannten vier Schmetterlingsflügel angebracht, die, je zwei,
horizontal und vertikal verlaufen. Eine Neuerung, die die beistehende
Photographie leider nicht zeigt und die das Militär noch angebracht hat,
besteht in zwei beweglichen Horizontalsteuern in Ovalform, die über dem
Vorderteil der Gondel rechts und links oben angebracht sind und dazu
dienen, dem Fahrzeug die auf und absteigende Bewegung zu geben.
Ich komme nun zu der schiffsförmigen Gondel, dem Teil, der die
Fortbewegungsmittel in sich birgt. Sie besteht aus Stahlrohr und besitzt
einen Motor Panhard-Levavasseur von 70 HP mit 4 Zylindern. Diese Maschine
treibt die beiden fächerartigen Schrauben, die sich in gleicher Höhe wie
die Gondel rechts und links befinden und einen Durchmesser von 2,40 m
besitzen. Um das Aufstoßen der Gondel auf die Erde zu verhindern, hat
man Stahlrohre angebracht, die in der Mitte unter der Gondel in eine
Spitze auslaufen. Diese Spitze vereinigt zugleich die änßersten Suspensionen
der Ovalplatte und der hinteren Steuer, die wiederum für sich am Ballon
befestigt sind.
Der «Patrie» faßt in seiner Gondel 6 Personen, die sich bequem in
derselben bewegen können. Ferner ist die Gondel 3 m von dem Oval¬
rahmen entfernt, und der Ballon besitzt eine Tragfähigkeit von 1200 kg,
d. h. 1200 kg an Personen und Ballast.
Der «Patrie» hat eine Eigengeschwindigkeit von 11 m in der Sekunde
und hält sich bei seinen fast täglichen Fahrten in einer Höhe von 200—300 m.
Ich hatte häufig Gelegenheit, diesen besten aller Motorballons über
Paris kreuzen zu sehen und manövrierte er bei einem Wind von 6—7 m
in der Sekunde, wie eine Segelyacht auf dem Meere mit einer Geschick¬
lichkeit, die verblüffend war.
Das Budget für die «Aerostation Militaire» ist auf Frs. 650000 jährlich
erhöht worden, mit anderen Worten, es werden 2 Motorluftschiffe jährlich
konstruiert werden. Bald wird der «Patrie» seine Fahrt nach Verdun antreten,
um in Paris in Kürze seinem Nachfolger «La Republique» Platz zu machen.
Der «Patrie» hat bis zum 8. August d. J. während 33 Tagen mit derselben
Füllung 21 Auffahrten gemacht; zählt man noch die 11 Aufstiege von
letztem Dezember hinzu, so erhält man die Ziffer von 32 Fahrten, die alle
gut verlaufen sind. R. Glouth.
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Der Lenkbare „la Ville de Paris".
Y r on G. Espitaliier.
Frankreich besitzt einen Mäcen auf dem Gebiete der Luftschiffahrt: Herrn Henry
Deutsch de la Meurthe. Ihm verdankt man den Preis von lOOOOO Fr., den Santos-
Dumont so glänzend durch seine Umfliegung des Eiffelturms gewann; er hat zusammen
mit Herrn Archdeacon den großen Preis von 50000 Fr. gestiftet für den ersten Flug¬
apparat, der, schwerer als die Luft, eine Wegstrecke von einem Kilometer fliegt und zu
seinem Ausgangspunkt zurückkommt. Man verdankt ihm in gleicher Weise den Pokal
Henry Deutsch, welcher aus dreimal 20 000 Fr. besteht und einen Kunstgegenstand von
10 000 Fr. für den glücklichen Ballonfahrer, der in irgend einem Luftschiff, welcher Art
es auch sei, den geschlossenen Bogen von Saint-Germain über Senlis, Meaux, Melun nach
Saint-Germain, ungefähr 200 km, durch die Lüfte zurücklegt.
Nicht genug damit, zu Untersuchungen und Experimenten angespornt zu haben,
wollte der französische Petroleumkönig selbst zum Studium der Luftschiffahrt beitragen
durch die Konstruktion eines Lenkbaren, und vor einer Reihe von Jahren konnte man
in der gewaltigen Halle des Grand Palais des Champs-Elysees, im Automobilsalon, den
ersten Ballon «la Ville de Paris» aufgeblasen sehen, eine enorme Spindel von eleganter
Form, aber offenbar zu lang, so daß die Stabilität nur eine ziemlich unsichere sein konnte,
und der deshalb übrigens niemals anders versucht wurde als am Halteseil, denn es wäre
zweifelsohne zu gefährlich gewesen, ihn frei fliegen zu lassen.
Nach diesen ersten Versuchen verlautete bis zum Jahre 1906 nichts mehr über
diesen Lenkbaren. Erst in diesem Jahre erfuhr man, daß «la Ville de Paris» umgebaut
wurde und eine neue Hülle erhielt.
In Wirklichkeit handelte es sich um ein vollkommen neues Luftschiff, bei dem
nichts von dem ersten übernommen wurde, ausgenommen der «armierte Balken », und
man hätte besser getan, auch diesen gleich durch eine solidere Konstruktion zu ersetzen,
da es doch später nötig wurde, ihn auseinander zu nehmen.
Auch die Form war nicht mehr die alte; die des neuen Ballons war etwas unge¬
wöhnlich und eigenartig. Herr H. Deutsch hatte beabsichtigt, daß bei seinem Lenkbaren
einige neue Ideen und noch nicht ausprobierte Grundsätze versucht würden.
Was für den Ballon «la Ville de Paris» besonders charakteristisch ist, ist das
System der Stabilisierungsflächen. Man erinnert sich, daß im Jahre 1894 Oberst Ch. Renard in
einer Mitteilung an die Akademie der Wissenschaften zu Paris das Prinzip auseinander
setzte, daß jeder lenkbare Ballon von bestimmter Gestalt und bestimmtem Gewicht eine
kritische Geschwindigkeit besitzt, unter welcher er stabil ist, aber welche nicht über¬
schritten werden kann, ohne daß die Stabilität in Frage gestellt wird. Man muß des¬
halb danach streben, diese kritische Geschwindigkeit möglichst weit zu vergrößern, und
das wirksamste Mittel hierzu, welches gleichzeitig von Oberst Renard und dem Ingenieur
Herv6 angegeben wurde, besteht in der richtigen Anbringung von Gleitflächen.
Am häufigsten wird hierzu ein System einfacher ebener Gleitflächen benutzt, von
denen die einen senkrecht, die anderen vertikal gestellt sind, um sowohl die Stabilität
in der Längsrichtung zu erlangen, als auch das Schlingern zu verhindern. Zu einer
solchen Art von Gleitflächen, ähnlich den Federn eines Pfeiles, hat Herr Juillot gegriffen,
als er den ersten «Lebaudy» baute. Oberst Renard lehrte aber auch, daß man diese
ebenen Flügel, welche Metallrahmen besitzen mußten — eine in Verbindung mit einem
mit Gas gefüllten Stoffballon im allgemeinen ziemlich heikle Konstruktion —, ersetzen
kann durch Körper derselben Art, wie der Ballon selbst, d. h. aus Stoff und ebenfalls mit
Gas aufgeblasen, angeordnet am hinteren Ende des Ballons und im gewissen Sinne analog
dem Steuersack des Drachenballons Parseval-Sigsfeld.
Diese Anordnung hatte man bei dem Lenkbaren «Ville de Paris* ausprobieren
wollen, dessen Beschreibung w r ir nun folgen lassen, so wie er von Herrn Ed. Surcouf in
Gemeinschaft mit dem Ingenieur Herrn Henry Kapferer konstruiert wurde.
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Der Ballon hat eine Länge von 62 m und einen Inhalt von 3200 cbm. Der Durch¬
messer an seiner breitesten Stelle beträgt 10,5 m; die Hülle besteht aus doppeltem gum¬
mierten Ballonstoff; nach der Füllung erkennt man, daß diese aus zwei Kugelkegeln
besteht, die durch einen zylinderischen Teil miteinander verbunden sind. Der hintere
Teil verlängert sich unter der Form eines Zylinders von geringerem Durchmesser, auf
welchem die zylinderischen Gleitflächen angebracht sind. Von diesen sind acht vor¬
handen, von denen immer je zwei aufeinandergesetzt sind, so daß vier Flügel gebildet
werden, zwei davon in horizontaler, zwei in vertikaler Ebene, im übrigen symmetrisch
um die Hauptachse des Ballons.
Die Dimensionen dieser «Röhren» sind derart gewählt, daß ihr Gewicht genau
durch ihren Auftrieb ausäquilibriert ist; es sind also gewichtslose Steuerflächen.
Unter dem Ballon und gehalten durch eine Aufhängung, ähnlich derjenigen wie
beim Dupuy de Lome, ist ein armierter Balken von 32 m Länge angebracht, in welchem
die eigentliche Gondel untergebracht ist und welche einen Argusmotor von. vier Zylindern
Phot. Rol & Co.
„La Villa de Paria 4 *.
und 70 PS. enthält. Die Kraft wird auf die Schraube mittels eines Triebwerks über¬
tragen, das die Rotationsgeschwindigkeit auf ein Fünftel reduziert. Die Schraube ist
vorne angebracht, wie beim Ballon «La France». Sie besteht aus aneinander gefügten
Flügeln der von Oberst Renard empfohlenen Art. Man weiß, daß in diesem System die
Schraubenflügel sich mehr oder weniger neigen, und deshalb automatisch dafür sorgen,
daß dieses immer unter dem besten Güteverhältnis arbeitet. Der Propeller des «Ville
de Paris» hat einen Durchmesser von 6m: er ist sehr steif und von einer großen
Leichtigkeit.
Unter den anderen bei diesem Ballon neu ausprobierten Teilen muß endlich der
Ventilator zum Aufblasen des Ballonets genannt werden, welcher mit der größten Sorg¬
falt von den Herren Surcouf und Kapferer durchgearbeitet wurde. Dieser Ventilator be¬
sitzt eine sehr große Leistung bei nur sehr geringem Gewicht; er schafft 2 cbm Luft in
der Sekunde.
Die Stabilität in der Längsrichtung wird noch verstärkt durch einen horizontalen kleinen
Flügel, der durch zwei über ein Holzgestell gespannte ebenen Stoffflächen gebildet wird.
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326
Endlich ist das Vertikalsteuer auf gleicher Art konstruiert aus einem System von
zwei parallelen Flächen, wodurch eine große wirkende Oberfläche mit einer beträcht¬
lichen Steifheit entsteht, dank dem Rahmen der beiden Flächen, dessen Gestell einige
Ähnlichkeit hat mit dem Aeroplane nach Art desjenigen der Gebrüder Wright.
Der Lenkbare «Ville de Paris» ist erst einer kleinen Zahl von Versuchen unter¬
zogen worden. Nach den unerläßlichen Vorversuchen des Regulierens im Aerodrome zu
Sartrouville stand der Ballon vollständig bereit am 23. Oktober 1906. Am 27. Oktober
schritt man zu einem ersten kleinen Versuchsaufstieg, und am 11. November endlich
stieg er zum ersten Male um 10 Ulir 10 Minuten vormittags in die Lüfte; in der Gondel
befanden sich die Herren Ed. Surcoul, Kapferer, der Ingenieur Cormont und der
Mechaniker Paulhan. Leider funktionierte wegen des herrschenden Frostes der Vergaser
schlecht; der Motor blieb gleich stehen, der Ballon trieb mit dem Winde, mußte landen
und auf dem Platze entleert werden.
Bei dem Entleeren bemerkte man, daß, sobald die Hülle nicht mehr ganz gespannt
ist, sich die Hülle um die Verbindungstläche der Stabilisierungsflächen biegt. Es scheint, daß
hierin noch ein schwacher Punkt der Konstruktion liegt, der zunächst ein besonderes
Studium und eingehende Versuche erfordert.
Dieser unglückliche Zwischenfall hat die Versuche unterbrochen. Die gesammelten
Erfahrungen waren nichtsdestoweniger nicht unnütz: In derselben Zeit, wo das Luftschiff
zeigte, daß es in der Luft vollkommen stabil war, waren einige gewisse Unvollkommen¬
heiten an ihm zutage getreten, und es war ganz natürlich, daß man versuchte, erst diese
zu beseitigen, ehe man mit neuen Aufstiegen begann. So entschloß man sich, die
Gondel, welche noch von dem Ballon Nr. I stammte, zu ersetzen, da sie nicht solide
genug war.
Es wird interessant sein, die Fortschritte dieses Lenkbaren weiter zu verfolgen,
der nicht nur Interesse verdient wegen der Neuheit der meisten seiner Teile, sondern
auch wegen des Prinzipes, das seine Konstrukteure bei ihm zur Anwendung gebracht
haben. (Übersetzt A. Coym.)
Die Herstellung von Wasserstoffgas aus CalciumhydrUr.
Das Königl. Aeronautische Observatorium Lindenberg hat eine Reihe von Vor¬
bereitungen für die binnen kurzem vorzunehmenden Aufstiege des Parsevalschen Luftschiffes,
das bekanntlich von der MotorluftschifT-Studiengesellschaft angekauft worden ist, zum
Abschluß gebracht, welche dazu dienen sollen, während des Versuchsstadiums dem Führer
ein tunlichst genaues Bild von den zurzeit herrschenden Luftströmungen in verschiedenen
Höhen mitzugeben. Zu diesem Zwecke sollen an einigen rund um Berlin in etwa 30 bis
70 km Entfernung gelegenen Orten kurz vor dem Aufstiege Pilotballons aufgelassen und
mittels Theodoliten verfolgt werden; ein äußerst vereinfachtes Verfahren gestattet es,
schon nach weniger als einer Stunde telephonischen Bericht über die hierbei angetroffenen
Windverhältnisse nach dem Aufstiegsorte zu erstatten. Zunächst sind außer diesem
selbst, Reinickendorf-West bei Berlin, noch das Königl. Meteorologisch-Magnetische Ob¬
servatorium bei Potsdam, die Königl. Forstakademie in Eberswalde und das Königl. Aero¬
nautische Observatorium Lindenberg hierfür ausgestattet worden. Indem die näheren
Einzelheiten einer späteren Besprechung Vorbehalten bleiben sollen, mag hier nur das Ver¬
fahren zur Erzeugung des WasserstolTgases aus Calciumhydrür Platz linden.
Calciumhydrür wird in Stangen von einigen Zentimetern Dicke von den Elektro¬
chemischen Werken in Bitterfeld zum Preise von 6—7 Mk. pro Kilogramm be¬
zogen; es ist außerordentlich hygroskopisch und muß deshalb, nach dem Vorschläge von
Prof. Naß in Charlottenburg, unter Petroleum aufbewahrt werden. Richard Graden-
witz in Berlin hat einen von Naß angegebenen Gaserzeuger konstruiert, bei dem unter
Benutzung des *Einwurfsystems», wie es zur Darstellung von Acetylen aus Calciumcarbid
und Wasser verwendet wird, Wasserstoffgas erzeugt wird, das außerordentlich rein ist
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327 «44
und mindestens 1,1 kg pro Kubikmeter trägt; leider ist der Preis noch ein recht hoher,
da 1 kg rund 1 cbm Gas gibt. IJm Pa tu re Ische Gummiballons zu füllen, die einen
Innendruck von 300 mm Wasser haben, wird der Gasdruck durch eine entsprechend hohe
Wassersäule erhöht. Das Verfahren ist äußerst einfach und sicher, und man hat, je
nachdem man langsamer oder schneller Calciumcarbid in wallnußgroßen Stücken einwirft,
die Schnelligkeit der Entwickelung vollkommen in der Hand. Ein für die Herstellung von
6-700 1 in der Stunde ausreichender Apparat kostet 45 Mk. R. Aßmann.
Einfache Fernrohrablesung für Thermometer.
Unter diesem Titel habe ich im VIII. Jahrgang S. 346 ff. dieser Zeitschrift eine
einfache Femrohrablesung für Thermometer zum Gebrauch im Freiballon beschrieben.
Seitdem hat jene Fernrohrablesung mehrfach und mit gutem Erfolg Anwendung gefunden;
nur wurde von einigen
Seiten das bei derselben
notwendige Schwen¬
ken der Stange zum
Anfeuchten und Auf¬
ziehen des Aspirations¬
psychrometers als un¬
bequem bezeichnet, und
ist auch dieses Schwen¬
ken bei kleineren
Ballons tatsächlich nicht
angenehm, da es eine
jedesmalige Verlänge¬
rung der am Äquator
und Korbring des Bal¬
lons befestigten Auf¬
hängeleine erfordert.
Um diesem Übel-
stand abzuhelfen, wird
die Fernrohrablesung
nunmehr ausgeführt,
wie in der nebenstehend
den Zeichnung darge¬
stellt:
Während die Anordnung des Fernrohrs und Fernrohrhalters die gleiche wie bis¬
her geblieben ist, ist das Aspirationspsychrometer mit seinem Halter nicht mehr fest an
dem äußeren Ende der Stange befestigt, sondern der Thermometerhalter gleitet an einer
Muffe auf der Stange hin und her, und kann das Thermometer demnach mittels einer
endlosen Schnur, die an beiden Stangenenden über Rollen geführt ist, zum Aufziehen
und Anfeuchten an den Korbrand herangezogen werden, ohne daß die Stange selbst
geschwenkt werden muß. Wird nach erfolgter Bedienung das Aspirationspsychro¬
meter wieder nach dem äußeren Stangenende gezogen, so befindet es sich selbst¬
verständlich auch wieder im Gesichtsfeld des Fernrohrs wie zuvor.
Die neue Anordnung bietet noch den weiteren Vorteil, daß die Stange ohne Nach¬
teil länger als bisher genommen werden kann, was der Sicherheit der Thermometer¬
angaben nur zugute kommt: ich verwende jetzt eine 3 m lange Stange und einen
Zeiß’schen monokularen 12 fachen Feldstecher mit entsprechender Vorschaltlinse.
München, Juni 1907. K. v. Bassus.
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Das Fest zum Andenken von Andröe in Schweden.
Um den 10. Jahrestag der Abfahrt Andres und seiner kühnen Begleiter, Nils
Strindberg und Knut Fraenkel, von Danskön (Spitzbergen), den 11. Juli 1897, zu feiern,
veranstaltete «Svenska Aeronautiska Sällskapet» eine Wettfahrt zwischen Ballons und
Automobilen am 10. Juli 1907 und am folgenden Tage ein Gedächtnisfest mit Ausstellung
von verschiedenen Andröe-Gegenständen.
Die Wettfahrt zwischen Ballons und Automobilen ging von Idrottsparken
in Stockholm in Gegenwart Ihrer Majestäten des Königs und der Königin, Se. K. H.
Prinz Eugen und einer großen Menge von interessierten Zuschauern von statten. Leiter
der Wettfahrt war der Vorsitzende des S. A. S., Hauptmann Amundson. Die wett¬
eifernden Ballons und Automobile waren in folgende Gruppen eingeteilt:
Gruppe I. Ballon „Andr6e“. Führer: Freiherr von Rosen, Leutnant der Küsten¬
artillerie. Kontrolleur: Leutnant Nordstrom. Als Passagier fuhr Herr Leutnant Kortz
mit. Ballast 296 kg. — 3 Automobile und 1 Motorzykel mit den Herren E. Salmson, Inge¬
nieur Magnus, Ingenieur Björkman und Direktor Eriksson als Führer und Hauptmann
E. Frestadius, Direktor H. Nyholm und Ingenieur A. Jansson als Kontrolleure.
Gruppe II. Ballon «Svenske II». Führer: Leutnant Graf Hamilton. Kontrolleur:
Herr G. von Hopsten. Ballast 177,6 kg. 2 Automobile und 1 Motorzykel mit den Herren
Kandidat Lönnegren, Hauptmann Neren und Ingenieur Derans als Führer und Ingenieur
Nilsön und E. Pallin als Kontrolleure.
Gruppe III. Ballon «Argonaut*. Führer: Direktor Karl Smitt. Kontrolleur: Inge¬
nieur G. Holmberger. 2 Automobile und 2 Motorzykel mit den Herren Ingenieur Kastengren,
Hauptmann Amundson, Leutnant Wallman und 0. Halldin als Führer, N. Lundberg und
Leutnant Fogman als Kontrolleure.
Die Bedingungen für den Gewinn der Preise waren: Der Ballonführer, dem es
gelingt, sich der Verfolgung zu entziehen, d. h. der nicht innerhalb 45 Minuten nach der
Landung von den verfolgenden Autos oder innerhalb 20 Minuten von den Motorzyklisten
gefangen genommen wird, erhält einen Preis, welcher im entgegengesetzten Fall dem
glücklichen Verfolger zugesprochen wird.
Pünktlich um 1 Uhr startete Gruppe I, 20 Minuten später Gruppe II und um
7*2 Uhr Gruppe III. Die Aufstiege gingen alle sehr glatt von statten. Dank des gün¬
stigen Wetters, mit gelindem und wechselndem Winde, wurde die Wettfahrt sehr inter¬
essant, indem die Ballons langsam in verschiedenen Richtungen trieben und die Auto¬
mobile große Mühe hatten, denselben in der wasserreichen Umgebung von Stockholm zu
folgen, besonders da mehrere der dortigen Landstraßen für Automobilfahrt nicht freige¬
geben sind.
Die Resultate der Wettfahrt gehen aus folgendem Protokoll hervor:
Gruppe I. 1. Preis, der goldene Schild des schwedischen Automobilklubs (S. A. K.):
Leutnant Freiherr von Rosen, Führer des Ballon «Andröe». Landung um 2 36 Uhr p. m.
500 Meter östlich von Frössvik. Um 3 39 Uhr fand sich der Automobilführer Herr Salm¬
son ein, 9 Minuten nach der bestimmten Maximalzeit. Kein anderer Verfolger fand
sich auf dem Landungsplatz ein.
Gruppe II. 1. Preis, der goldene Schild des S. A. K.: Leutnant Graf Hamilton,
Führer des Ballon „Svenske II“. Landung um 5 12 Uhr p. m. 2 km östlich von Ledinge.
Kein Verfolger fand sich auf dem Landungsplatz ein.
Gruppe III. 1. Preis, der goldene Schild des S. A. K.: der Automobilführer Haupt¬
mann Amundson, der um 433 Uhr p. m. (18 Minuten nach der Landung) den Landungs¬
platz des «Argonaut», 800 m östlich von Edsberg, erreichte. — 2. Preis, der silberne
Schild des S. A. K.: der Automobilführer Ingenieur F. Kastengren, welcher um 4 M Uhr
auf dem Landungsplatz ankam. — Extrapreis, Schild von Bronze des S. A. K.: Direktor Karl
Smitt für geschicktes Manöver des Ballons. Leutnant R. Wallman kam auf Motorzykel
20 Minuten nach der bestimmten Maximalzeit auf dem Landungsplatz an.
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329
Als Preisrichter fungierten Direktor Sam. Hellberg und Leutnant E. Fogman.
Die Gedächtnisfeier fand am 11. Juli, um l /t8 Uhr, in dem Palast Hassclbacken
in Stockholm statt. In einem besonders für diesen Zweck überlassenen, mit der Büste
Andröes und mit schwedischen Flaggen geschmückten Lokal hatte Svenska Aeronautiska
Sällskapet eine Ausstellung von Andr6e-Gegenständen veranstaltet, zu welcher sowohl
wissenschaftliche Stiftungen als auch Privatleute beigetragen hatten. Die Ausstellung
war sehr vollständig und interessant und enthielt u. a. die gefundenen Bojen, die Brief¬
taube mit Depesche, Photographien, Teile des Ballons «Svea>, mit welchem Andree
9 Freifahrten unternahm usw.
Nachdem der Vorsitzende, Hauptmajin Amundson, die ausgestellten Gegenstände
demonstriert hatte, hielt Doktor Nils Eckholm einen Vortrag, welcher hier wörtlich wieder¬
gegeben sei, da derselbe als durchaus authentisch und mit der Wirklichkeit überein¬
stimmend vielleicht für die Leser der «Illust. Aeron. Milt.» von Interesse sein mag:
«Meine Damen und Herren!
«Heute vor 10 Jahren traten Andree und seine kühnen Begleiter, Strindberg und
Fraenkel, von Danskön (Spitzbergen) mit dem Ballon «Örnen* ihre unglückliche Fahrt
nach den imbekannten Polargegenden an. Diese Fahrt hat in der ganzen Welt großes
Interesse erregt, ein Interesse, das noch fortlebt, obwohl man seit langem alle Hoffnung
auf glückliche Wiederkehr der Luftschiffer aufgegeben hat. Mehrere Schweden waren
lange der Ansicht, daß diese Fahrt eine Tat war, die man mit unseren kriegerischen
und wissenschaftlichen Großtaten und besonders mit der Vegaexpedition Nordenskiölds
vergleichen könnte. Für mich persönlich ist diese Polarfahrt zuerst eine Ursache
der freudigsten und stolzesten, aber auch der bittersten und wehmütigsten Erinnerungen
meines Lebens gewesen. Diese Gefühle teilen, wie ich glaube, die meisten Schweden,
die sich für die wissenschaftliche Kultur interessieren, denn die Gemütsart der alten
Wikinger liegt uns noch im Blute, obgleich sie nunmehr auf anderen Gebieten sich be¬
tätigt. Als geographische Entdeckungsreisendc haben die Wikingersöhne der letzten Jahr¬
hunderte sich hier im Lande Weltruf erworben, und diese Bahn betraten die drei Polar¬
forscher. Ihr Andenken wird uns nicht weniger lieb, weil sie in dem Kampfe blieben,
denn sie fielen mit Ehre. Dies ist von alters her das Los des Kriegers.
«Meine Bekanntschaft mit Andree fing mit der naturwissenschaftlichen Expedition,
die bei Cap Thordsen auf Spitzbergen 1882—1883 überwinterte, an, denn wir waren beide
Mitglieder derselben und wir arbeiteten mit aller Lust während beinahe zwei Jahren
zusammen, ln mancher Hinsicht waren wir von ganz verschiedener Denkungsart und
Streitigkeiten blieben uns nicht erspart, aber das lebhafte Interesse Andrees für Wissen¬
schaft, Technik und alle anderen Kulturaufgaben, seine unermüdliche Arbeitskraft und sein
fröhliches Gemüt knüpften ein Freundschaftsband, das nur durch den Tod gelöst wurde.
Im Jahre 1893 begann wieder unsre gemeinschaftliche Arbeit, als Andree am 15. Juli
mit dem Ballon «Svea» seine erste Ballonfahrt zu wissenschaftlichem, besonders mete¬
orologischem Zwecke unternahm. Von vielen Seiten betrachtete man anfangs Andree
mit Hohn und Mißtrauen, denn das schwedische Volk hat, ich habe es sagen gehört,
keine Hochachtung weder für Meteorologen noch für Luftschiffer gehabt. Aber nach
und nach brachte Andree, durch die gewonnenen Resultate seiner Luftfahrten, den Hohn
zum Schweigen.
Einsam in dem Korbe führte er nach ausgezeichneten Methoden eine Menge von
genauen Beobachtungen aus, welche in den Schriften der Akademie der Wissenschaften
publiziert worden sind. Darunter gibt es vielerlei, das die ausländischen Meteorologen
trotz ihrer viel größeren Hilfsmittel vernachlässigt haben; z. B. hatte er über den Kohlen¬
säuregehalt der höheren Luftschichten sehr genaue Beobachtungen nach einer von Pro¬
fessor Otto Pettersson erfundenen Methode gemacht. Wirkliche Großtaten in der Luft-
schifferkunst waren seine Fahrten vom 19. Okt. 1893 von Stockholm nach der Insel
Brunskär in den Skären des südwestlichen Finnlands und vom 29. November 1894 von
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^2
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330
Göteborg nach Gotland. Die erste Reise, die mit dem Schlepptau im Wasser über die
Ostsee ging, dauerte 10 Stunden, die letzte ging über Schweden in 5 Stunden mit einer
Geschwindigkeit von 80 km in der Stunde und mit einer Maximalhöhe von 2700 m. —
Während einer Ballonfahrt am 14. Juli 1894, von Göteborg nach Vara in Westergötland,
machte Andr6e einen gelungenen Versuch, den Ballon mittels Segel und Schlepptau
außerhalb der Windrichtung zu steuern, wobei er Abweichungen bis zu 300 erreichte.
Die meisten seiner Bekannten wußten nicht, daß diese Ballonfahrten nur eine Vorbe¬
reitung für seinen großen Plan, den Nordpol im LuftschilT zu erreichen, waren.
«Diesen Plan legte er am 13. Februar 1895 der Akademie der Wissenschaften und
zwei Tage später, der Gesellschaft für Anthropologie und Geographie vor. Der Vortrag
Andrees ist ein wirkliches Meisterstück der Überredungskunst. Er errinnerte zuerst an
die großen Schwierigkeiten, gegen welche die geographischen Entdeckungsreisenden der
Polargegenden zu kämpfen gehabt haben, entweder sind sie mit Schlitten oder Schiff
gefahren; dann erklärte er, daß es ein Hilfsmittel gibt, welches gerade für eine Fahrt
über die Eiswüste wie geschaffen scheint, nämlich der Ballon. Diese Behauptung bewies
er durch folgende Erklärung:
Ein solcher Ballon muß die folgenden vier Bedingungen erfüllen:
1. die Tragkraft muß groß genug sein um, 3 Personen, alle erforderlichen Instru¬
mente, Lebensmittel für 4 Monate und Ballast zu tragen (zusammengerechnet ca. 3000 kg);
2. der Ballon soll sehr dicht sein, damit er sich während einer Zeit von 30 Tagen
und Nächten schwebend halten kann;
3. die Füllung mit Gas muß in den Polargegenden ausgeführt werden können;
4. der Ballon soll etwas lenkbar sein.
Um diesen Plan zu realisieren, brachte Andree in Vorschlag, einen Ballon von
6000 cbm, von doppeltem, seidenem Stoffe und mit Wasserstoff gefüllt zu verfertigen
Dieser Ballon sollte sowohl mit einem Segelsystem als auch mit mehreren Schlepptauen
versehen werden, welche aus Kokosfiber verfertigt sein müßten, damit sie auf dem Wasser
schwimmen könnten. Hierdurch hält sich der Ballon auf derselben Höhe über dem Wasser
wie über dem festen Lande. Der Ballon sollte so balanziert sein, daß er sich in Mittelhöhe von
etwa 250 m, d. h. unter der niedrigsten Wolkenregion, aber über dem Nebel des
Erdbodens halte. Mit Hilfe der Windbeobachtungen von Spitzbergen, dem Eiffelturm und
Fort Conger und einer Annahme, betreffend die Friklion der Schlepptaue, berechnete
Andree die Mittelgeschwindigkeit des Polarballons auf 7 */* m in der Sekunde, d. h.
27 km in der Stunde oder 648 km in 24 Stunden. Wenn die Fahrt 30 Tage und Nächte
fortgesetzt wird, glaubt Andröe, daß der Ballon eine Wegstrecke von 19 400 km zurück¬
legen würde. Die Fahrt von Spitzbergen über den Pol direkt nach Behrings Land —
eine Wegstrecke von 3700 km — nimmt nur 6 Tage und Nächte in Anspruch, also ein
Fünftel der Zeit, während welcher sich der Ballon schwebend halten kann. Er be¬
rechnete die Kosten der Fahrt auf 128800 Kronen, eine geringe Summe im Vergleich der
Kosten zu einer Polarfahrt nach der alten Methode mit Fahrzeugen und Schlitten.
Andree machte darauf aufmerksam, daß der Polarsommer sehr günstig für eine
derartige Fahrt sei. Die Sonne ist beständig über dem Horizont, die Temperatur sehr
unverändert, das Terrain eben und frei von Vegetation, Gewitter kommen nicht vor,
Regen sowie Stürme sind selten. «Und», sagte Andree, «wer ist wohl näher, einen
solchen Versuch zu machen, als wir Schweden ? Als ein hochzivilisiertes Volk, das sich
vor undenklichen Zeiten durch Mut und Unerschrockenheit Ruf erworben hat, ein Volk,
das in der Nähe der Polargegend wohnt und mit den Eigenheiten ihres Klimas vertraut
ist, können wir uns nicht ganz und gar von einem Gefühl der Verpflichtung in dieser
Hinsicht frei machen.»
Der Plan, der in A. E. Nordenskiöld eine gute Unterstützung erhielt, wurde im
allgemeinen mit Beifall aufgenommen und war im Frühling desselben Jahres durch die
freigebigen Kostenbeiträge von König Oscar (30 000 Kr.), Alfred Nobel (65 000 Kr.) und
Oscar Dickson (30 000 Kr.) in finanzieller Hinsicht gesichert. Ich hatte schon vorher
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331
versprochen, an der Fahrt teilzunehmen, und im Herbste desselben Jahres wurde der
junge, hochbegabte Physiker, phil. Kandidat Nils Strindberg, Schüler von Prof. Arrhenius,
als dritter Teilnehmer der Fahrt gewonnen.
Jetzt begann für uns alle drei eine intensive Arbeit, die, was mich betrifft, un¬
unterbrochen fortging, bis ich im Herbste des folgenden Jahres als Teilnehmer der
Expedition abging. Es waren insbesondere drei Punkte des Programms Andr6e, welche
vor der Abreise eine genaue Prüfung forderten. Der erste betraf die Dichtigkeit des
Ballons. Kann sich der Ballon lange genug schwebend halten? Eine vorbereitende
Untersuchung zeigte, daß der Ballonstoff so dicht war, daß sich der Ballon — voraus¬
gesetzt daß der Gasverlust nur durch den Stoff stattfand — während einer Zeit von
2 Jahren schwebend halten konnte. Daher beschloß Andree, das Volumen des Ballons
von 6000 auf 4500 cbm zu vermindern, eine Änderung, gegen welche sowohl Strindberg
als auch ich große Skrupel ausdrückten. Es zeigte sich auch, als der fertige Ballon
im Sommer 1896 in Spitzbergen abgewogen wurde, daß der Gasverlust bedeutend größer
als zuvor (50 cbm in 24 Stunden) war. Hiernach konnte sich der Ballon nach meiner
Berechnung nur während 17 Tagen und Nächten schwebend halten. Mehr sanguinische
Personen berechneten die Zeit auf einen Monat.
Der zweite Punkt, den man auf die Probe stellen mußte, war die Friktion der
Schlepptaue gegen den Boden, das Eis oder das Wasser. Diese Prüfung wurde teils
hier in Stockholm, teils auf Spitzbergen ausgeführt und dessen Resultat ergab, daß die
Friktion der aus Kokosliber verfertigten Taue drei Mal größer war, als Andree voraus¬
gesetzt hatte.
Der dritte Punkt war die Frage, wie die Lenkanordnung mit Schlepptauen und
Segel fungieren sollte. ‘Leider wurde diese Frage nicht gelöst, ehe man die Fahrt
unternahm.
Nach der Erfahrung des ersten Sommers und da Andr£e und ich betreffend
der drei erwähnten Punkte ganz verschiedene Meinungen hatten, entzog ich mich im
Herbst 1896 der ganzen Sache, wie es Ihnen wohl bekannt ist. Es ging mir zu Herzen,
das zu tun. denn ich hatte mehr als ein Jahr meiner besten Kräfte auf diesen Plan
verwendet und ich hing mit einem festen Freundschaftsband an meinen beiden Kame¬
raden. Ich hoffte aber zugleich, daß diese Maßregel eine genauere Prüfung und
mehr Vorsicht veranlassen würde. Vielleicht war es auch so. Aber zufolge der un¬
günstigen Umstände, unter welchen die Fahrt vor lü Jahren begann, und dem Dunkel,
in welches die Fortsetzung und das Ende derselben eingehüllt sind, kann man das
nicht wissen. Wir können nicht bestimmt sagen, ob man das unglückliche Ende der
Expedition einer mangelhaften Ausrüstung oder einem Unglücksfalle oder vielleicht beidem
zusammen zuschreiben soll.
Während des Sommers 1896, nachdem alles für die Abfahrt fertig war, wollte sich
der ersehnte südliche Wind nicht eintinden. Vielleicht wäre es am besten gewesen,
wenn — wie Andree einmal in Vorschlag brachte — die Heimfahrt der drei Polarfahrer
während des damals herrschenden nördlichen Windes mit dem Ballon, anstatt mit dem
Dampfer «Virgo» unternommen worden wäre, denn in solchem Falle wäre die Ausrüstung
geprüft worden. Daß Andree diesen Plan nicht ausführte, kam nur daher, daß er
fürchtete, der Ballon könnte beschädigt werden, und daß er in solchem Falle kein Geld
zur Reparatur desselben bekommen würde.
Im Gegensatz zum Sommer 1906 wurde während des folgenden Sommers der
südliche Wind viel zu stark. Während der Nacht zwischen dem 6. und 7. Juli entstand
ein so heftiger Sturm, daß der Ballon nahe daran war, in dem Ballonhaus zerslört zu
werden, indem er gewaltsam gegen die Wände geschleudert wurde. Es ist ganz wahr¬
scheinlich, daß die Dichtigkeit des Ballons hierdurch vermindert wurde. Auch bei der
Abfahrt war der Wind so stark, daß es nicht ohne Unglücksfall ablief. Zuerst stieß der
Ballon gegen einen der Ständer des Hauses, der nach den Zeugnissen der Zuschauer
und Photographien eine tiefe Furche in den Ballon machte, vermutlich doch ohne den
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Stoff zu beschädigen, denn der Ständer war mit dickem Pelz überzogen. Eine kurz
nach der Abfahrt genommene Photographie zeigt doch, daß bei diesem Stoße der soge¬
nannte «Gürtel» des Ballons teilweise von seinem Platz gerückt oder losgerissen worden
war. Dieser Gürtel war von Andröe zur Regulierung des Winddruckes auf den Ballon
während der Anwendung der Segel beabsichtigt. Ein anderes Mißgeschick, das wahr¬
scheinlich auch in etwas von der unvermutet plötzlichen Abfahrt abhing, war, daß bei¬
nahe */ 3 der Schlepptaue los wurden und zu Boden fielen, wobei sich der Ballon um¬
drehte und das Joch, in welchem die Schlepptaue befestigt waren, auf die vordere,
anstatt die hintere Seite des Ballons kam; außerdem wurde der Ballon gegen die
Wasserfläche herunter gedrückt, bis sich die Gondel zur Hälfte unter dem Wasser befand.
Durch die Auswerfung eines großen Teils des mitgebrachten Ballasts brachte man den
Ballon gleich wieder zum steigen, und er setzte dann seine Fahrt nordwärts fort. Er
ging zuerst auf geringer Höhe über Holländarnäset, stieg später bis auf eine Höhe von
700 m und ging über die Insel Vogelsang bis er am nördlichen Horizont verschwand.
(Schluß folgt.)
Aeronautische Übersicht.
Bemerkenswerte Ballonfahrten: Am Morgen des 22. Juli d. Js. stiegen Dr. Bröckel¬
mann und Dr. Krause in Innsbruck mit dem Ballon «Bezold* auf, mit der Absicht, die
Alpen in irgend einer Richtung zu überfliegen. Der Aufstieg vollzog sich im Beisein
einer nach Tausenden zählenden Zuschauermenge. Der Ballon stieg zuerst fast senk¬
recht bis zu einer Höhe von 1300 m empor und stand dann längere Zeit über der Stadt.
Erst gegen 11 Uhr wurde er mit ziemlicher Geschwindigkeit gegen den Brenner hin ge¬
trieben. Kurz vor 12 Uhr wurde das Navisertal erreicht, um 12V* Uhr befand sich der
Ballon in 3500 m Höhe über Navis vor dem Tuxerkamm. Die Luftschiffer gerieten hier
in die Wolken, trieben den Ballon aber bald durch dieselben. Aus dem geschlossenen
Wolkenmeer ragte der Ortler hervor. Um VU Uhr erreichte der Ballon die größte Höhe,
4800 m. Ein starker Wind führte den Ballon über mehrere Schutzhütten, deren Namen
nicht festgestellt werden konnten, dem Tauferertal zu. Die Landung erfolgte sehr glatt
bei Luttach im Tauferertale, einige hundert Schritt von der Landstraße entfernt. Der
Ballon hatte also die ganze Zillertaler Hauptkette und den Tuxerkamm überflogen.
Kapitän Spelterini hat am 20. Juli d. Js. in seinem Ballon «Augusta», zusammen
mit Herrn Dr. Roth, von Andermatt aus die Alpen nach Süden überflogen. Wir kommen
auf diese Fahrt im nächsten Hefte zurück.
Gelegentlich der am 24. Juli d. Js. in Valencia veranstalteten Ballonwettfahrt
wurde Hauptmann Kindel&n mit dem Ballon «Maria Teresa» auf das Mittelländische
Meer verschlagen und durch den englischen Dampfer «Westpoint» gerettet. Wir werden
im nächsten Heft über diese bemerkenswerte Fahrt einen ausführlichen Bericht bringen.
Ballonunfällc: Die Liste der Ballonunfälle aus letzter Zeit ist leider sehr groß:
Als Ergänzung zu unserem Bericht im vorigen Hefte über die Katastrophe des Ballon
«Thrasher* können wir noch mitteilen, daß die Leichname der beiden Korbinsassen ge¬
funden sind; derjenige von Herrn Leutnant Caulfeild wurde am 24. Juni bei Doiset,
derjenige von Herrn Leutnant Leake am 29. Juni bei Bridport ans Land gespült.
Ein schweres Ballonunglück hat vor kurzem das russische Luftschifferkorps be¬
troffen und wird in allen Luftschifferkreisen lebhafte Teilnahme hervorrufen. Am
19. Juli, vormittags, waren die beiden Leutnants Kologrinow und Ssafonow, sowie die
beiden Unterleutnants Lichutin und Michailow zusammen in Petersburg im Ballon auf¬
gestiegen. Der Ballon trieb zunächst nach Nordwesten, sodaß man annahm, daß die
Fahrt nach Finnland führen würde; drehte aber dann nach Westen. Der Ballon fiel in
den Finnischen Meerbusen und wurde erst am 20. Juli bei Porkala-Udd aufgefischt.
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Von den vier Insassen fehlte jede Spur. Wir werden im nächsten Heft einen ausführ¬
lichen Bericht über diese Fahrt bringen.
Ein Ballon, genannt Flor6al, war am Nachmittag des 24. Juni in Dünnkirchen
gelegentlich einer Kirmis mit den Herren Bulkaen und Tannay aufgestiegen. Der Führer
ließ leichtsinnigerweise den Ballon durch einen Südwestwind auf das Meer treiben; der
Ballon wurde noch bei Ostende und Nicuport (Belgien) von der Küste aus gesehen. Am
folgenden Tage wurde er bei Beetsterzweg auf dem Meere treibend wiedergefunden, die
Leichnamen der beiden Korbinsassen wurden einige Tage später an der Holländischen
Küste an Land gespült.
Flugtechnik.
Der Wettbewerb fQr Flugmaschinen-Modelle des Aöronautique-Club
de France vom 9. Juni 1907 in der Galerie des Machines.
Bisher sind 4 Wettbewerbe für Flugmaschinen-Modelle abgehalten worden. Der
erste 1901, veranstaltet von der Zeitschrift „l’Auto“, der zweite 1905 vom „A6ro-Club“,
der dritte am 15. April d. Js. von der „Daily Mail“ in London, der vierte Sonntag den
9. Juni vom „A£ronaulique-C.lub de France“. Alle diese Wettbewerbe ähneln sich in
dem Punkte, daß die große Majorität der ausgestellten Apparate unfähig sind, den
Phot. Branger.
Fig. 1 . Wettbewerb für Flugmatohlnen-Modelle des A6ronautique-Club de Franoe.
kleinsten Flug auszuführen; die Jury ist in der größten Verlegenheit, wem sie den Preis
zusprechen soll, die Zuschauer, wenn welche gekommen sein sollten, verlassen die Aus¬
stellung mit der festen Überzeugung, daß es nie dem Menschen gelingen wird, frei zu
fliegen. Sie haben Unrecht mit ihrem absprechenden Urteil und müßten sich sagen,
daß diese kleinen Wettbewerbe wegen der geringen Kosten, die sie dem Aussteller
machen, der Tummelplatz jener Sorte Erfinder sind, welche immer voll Ideen, nie ent¬
mutigt sind und wie im Traum durch die Welt laufen. Die nichtgelungenen Versuche
einer gewissen Klasse von Flugmaschinen öffnen ihnen nicht die Augen, sie wollen
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334
sich nicht dieser Klasse anschließen, sie wollen nicht die Grundsätze der Stabilität
verstehen lernen und sic überschwemmen die Wettbewerbe zum großen Schaden der Sache.
Denn es gibt Regeln und Konstruktionsprinzipien, die man leicht in dem findet,
was seit 6 Jahren veröffentlicht ist, und welche diejenigen, die sie verstehen, in den
Phot. Brangcr.
Fig. 2. Drachenflieger „Paulhan-Budln“.
Stand setzen, eine
flugfähige, stabile
Maschine für die
Ausstellung zu
bauen.
1901 gab es nur
Spielereien, 1905
waren bereits vier
ausgezeichnete Ap¬
parate vorhanden
und 1907 nur 2.
Woher diese Ab¬
nahme? Aus einem
einfachen Grunde,
der allein die Ab¬
haltung weiterer
Wettbewerbe rechtfertigt. Zwei der Preisträger von 1905, Burdin und Paret sind ..Flug¬
techniker“ geworden, haben so ein neues Handwerk geschaffen und daher nicht mehr
nötig, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Indessen haben die
beiden Preisgekrönten dieses Jahres, die Herren PauDian und Budin, große Fortschritte
gegen ihre Vorgänger gemacht, denn sie haben nicht nur Gleittlieger (ohne Motor) vor¬
geführt, welche mit ausgezeichneter Stabilität schwebten, sondern sie haben außerdem
jeder einen Drachenflieger gezeigt, dessen Schraube durch gedrehten Gummi getrieben wurde.
Diese Drachenflieger' hatten Räder und flogen selbst vom Boden auf, was vor
Phot. Brangor. zwei Jahren unerreichbar
und heute ganz natürlich
erscheint. Sie haben in
der Luft unter eigener Kraft
26 bzw. 24 Meter zurück¬
gelegt, waren vom Typ
Langley und wogen 2.2 kg
pro qm Tragfläche. Von
den drei Anlaufrädern war
eins vorn, zwei hinten an¬
geordnet. Als Motor dienten,
wie gesagt, Gummi schnüre,
welche eine Arbeit von ein
Meterkilogramm leisteten
und unter der Milteirippe
des Apparates angebracht waren. Die Schraube war hinten und hatte 30 (Zentimeter
Durchmesser.
Ks war nicht möglich, zwischen den Apparaten Paulhan und Budin zu entscheiden,
denn sie wiesen identische Konstruktion auf und flogen gleich gut. Sie wurden ohne
Motor aus 8 Meter Höhe abgelassen und legten 34 Meter zurück, mit Motor flogen sie
selbst vom Boden auf. Wir haben den ersten und zweiten Preis zwischen ihnen geteilt
und jedem eine silberne Erinnerungsmedaille zuerkannt.
Kein anderer Apparat reichte auch nur im entferntesten an diese Modelle heran.
Trotzdem haben wir, als Trostpreis, Herrn Audiguey eine bronzene Medaille gegeben,
der einen Flieger mit Petroleummotor Herdtle und Bruneau ausgestellt hatte, um seine
Fig. 3. Drachenflieger „Audiguey“.
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Bemühungen zu belohnen. Dieser Flieger wog 17 kg bei 2 qm Fläche und war dem¬
nach zu schwer, um sich zu erheben. Außerdem war er mit sehr liefern Schwerpunkt
konstruiert, was keine Be- Phot. Branger.
dingung für die Stabilität
ist, entgegengeselzt der üb¬
lichen Ansicht.
Wir haben ferner eine
bronzene Medaille an Herrn
Buguet gegeben als Beloh¬
nung für seine Arbeit, ob¬
wohl sein Apparat nur ne¬
gative Erfolge gegeben hat.
Seine Grundidee war, daß
automatische Steuer vor¬
handen sein müssen, und
er hat solche in sehr ge¬
schickter Weise angebracht,
indem er sie durch ein Pen¬
del bediente. Man konnte
bemerken, daß sie in keiner Weise dann funktionniertcn, wenn es nötig war. Jn zweiter
Linie hat er seinen Apparat durch eine Rakete angetrieben. Nun paßte die Geschwin-
Fig. 4. Drachenflieger „Bailandier“.
digkeit der Verbrennung durchaus nicht zu dem
Bau seines Fliegers, sie war vielmehr sicher
zu groß. Bekanntlich hat ein Drachenflieger
nur eine Geschwindigkeit, bei welcher er
stabil ist; wird diese Geschwindigkeit über¬
schritten, so ist ein geradliniges Fliegen für
ihn unmöglich. Er hat sich gedreht und ist
trotz automatischer Steuer in Kopfsprüngen zu
Boden gefallen, mitten in einem großartigen
Feuerwerk.
Es ist unnütz, von den Schrauben¬
fliegern zu sprechen, welche trotz größter An¬
strengung am Boden klebten und unfähig wa¬
ren, einen Gleitflug auszuführen.
Alles in allem war dieser Wettbewerb
nur eine Bestätigung der seit lange bekannten
und mit Erfolg angewendeten Prinzipien. Man
darf sich nicht entmutigen lassen: Bald werden
sie, wenn sie immer wiederholt werden, all¬
gemein anerkannt werden.
Phot. Branger.
Fig. 5. Flugapparat „Quefttitant“.
Capitaine Ferber.
Geschichtliches.
Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren
der Balion-Aera (1785).
Nach authentischen Berichten gesammelt von Max L eh er-Augsburg.
(Fortsetzung und Schluß aus Heft 6.) Nachdruck verboten.
Es wurde nun zur Ehrenrettung Blanchards über diesen mißglückten
aerostatischen Versuch folgendes Protokoll aufgenommen: Im Jahre 1785,
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336 ««4«
den 27. September. Wir Unterzeichnete bezeugen, daß der 25. Tag d. M.
so stürmisch war, daß Herr Blanchard, der seinen 15. aerostatischen Ver¬
such auf diesen Tag angekündigt hatte, sich genötigt fand, solchen unter
VerhofTung stillerer Witterung auf den nächsten Tag anzusetzen. Sturm
und Regen vermehrten sich vielmehr dergestalt, daß zum Abend die Zelte
umgeworfen und zerrissen wurden, die Umfassung auch zum Teil nämliches
Schicksal hatte, so daß es unserm Aeronauten unmöglich war, den Versuch
auszuführen. Wir selbst bewogen ihn, solche auf eine andere Zeit als jene des
Aequinoctii anzusetzen, da Wir ihm vorstellten, wie sehr Uns an seinen
Lebenstagen gelegen wäre. Aber das Verlangen, so Herr Blanchard hatte,
der ganzen, mit Fürsten, Herren und so vielen Fremden angefüllten Stadt,
die von allen Enden deswegen hieher gekommen, Genüge zu leisten, trieb
ihn an, den Versuch am 27. vorzunehmen, wo die Witterung sich ganz gut
anzulassen schien, und so widerselzten Wir uns seinem Eifer nicht. Um
9 Uhr morgens, ohngeachtet der Wind sich wieder erhob, fing man die
Operation wieder an. Der Wind aber vermehrte sich dermassen, daß man
alle Mühe von der Welt hatte, die brennbare Luft in den Ball zu bringen;
die einander folgenden Windstöße waren so heftig, daß der Ball, über 100
Personen, die ihn festhielten, mitschleppte. Und doch geschah es, daß er
ohngeachtet allen Stürmens genugsam angefüllt ward, um 3 Personen
tragen zu können. Um 1 Uhr stiegen Se. Durchlaucht Prinz Ludwig von
Hessen-Darmstadt, der schon lange verlangte, mit Herrn Blanchard eine
Luftreise zu tun, ohngeachtet aller Vorstellungen, die man wegen der
Gefahren des Sturmes tat, und die nicht vermögend waren, den uner¬
schrockenen Mut des Prinzen zu schwächen, in das Schiff und setzten sich
ganz ruhig an die Seite des Herrn Schweitzer, Offizier des Dragonerregi¬
ments Schomburg, der auch an der Reise teilnehmen wollte. In dem
Augenblick, als Herr Blanchard seinen Ballast berechnete und sich unter allen
Unsern Glückwünschen zur Abreise anschickte, erhob sich ein so schrecklicher
Sturm, der den im herrlichen Anblick sich zeigenden Ball von oben bis
unten zerriß. Die Stelle, wo die brennbare Luft entwich, ward sogleich von
der atmosphärischen eingenommen, daß man gerade noch so viel Gewalt
anwenden mußte, um alles aufzuhalten. Obschon eine Stunde vorher
Herr Blanchard seine Befürchtung Uns zu erkennen gab, so verfiel er doch
infolge des Schreckens in eine schwere Ohnmacht, so daß man ihn aus
dem Schiffe hob und in Unsere Mitte brachte, wo Wir ihm allen, uns
möglichen Beistand leisteten und ihn in unseren Wagen brachten. Zudessen
Urkunde haben Wir diese Berichtigung unterzeichnet am Tage und im .lahre
wie oben, zu Frankfurt am Mayn.
Amalie, P. P. Duchesse des Deux-Ponts.
Charles, Prince Palatin, Duc des Deux-Ponts.
Louis, Prince heröditaire de Hesse-Darmstadt.
Louise, Princesse h£reditaire de Hesse-Darmstadt.
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Am 3. Oktober vormittags gelang es endlich Blanchard, mit seiner
Luftkutsche ganz allein, aber in dulci jubilo aufzusteigen. Ein Augenzeuge
schreibt hierüber, Frankfurt 3. Oktober, Mittags l l 212 Uhr. «Es ist ihm
gelungen, dem kühnen Bahnbrecher zwischen Himmel und Erde!» Ich komme
soeben von der Bornhaimer Haide, die von allen Seiten mit Menschen
belebt war. Herrschaften in Wagen und Reiter in Menge und Fußgänger
ohne Zahl, alle sind ausgesöhnt mit Blanchards Namen. Alle sahen sich
vergnügt und froh an, daß es ihm so glückte. Dies geschah circa 11 Uhr,
nachdem die Bretter des Käfigs, der den Ballon den Blicken der Zuschauer
entzog, nach der Seite, wohin die Luft blies, mit ihren Pfosten wegge¬
schlagen worden waren. Die Bewegung ging sanft aufwärts dem Winde
nach, und so schwamm er über unsern Häuptern im Triumph hinweg, den
Hut und dann die Fahne nach allen Seiten aus seiner Gondel schwingend,
unter dem Zuruf unzähliger Zuschauer. Nach 4 Minuten sah man den Luft¬
schiffer mit dem Fallschirm beschäftigt, an dem er einen Hund herbeiließ,
der später lebendig an der Frankfurter Grenze eingebracht wurde, während
Blanchard selbst seinen Kurs gerade aufwärts nahm, wodurch seine Richtung
immermehr nach der rechten Seite gelenkt wurde. In einer ungeheuren
Höhe und hinter dem Taunusgebirge verlor ihn das fernsehendste Auge,
und nun bevölkerte das höchlich vergnügte Publikum die fast verödete Stadt
wieder. Daß der Ballon einer Direktion fähig war, wird wohl niemand be¬
haupten wollen. Sobald die Neugierde, die hier bei niemandem am Unrechten
Orte ist, befriedigt sein wird, bleibt es immer eine brot- und nutzlose, hals¬
brechende Kunst, die den Ruhm des Waghalses mit sich vergräbt. Blanchard
fuhr mit ebendemselben Ballon, mit dem er die Reise von England nach
Frankreich unternahm. (7. Januar.)
Nach 12 Uhr ließ sich Blanchard zu Weilburg, 14 Stunden von Frank¬
furt nieder. Der Fürst zu Braunfels zog ihn zur Mittagstafel. Am 4. Oktober
trat er die Rückreise nach Frankfurt an, wo er spät abends im französischen
Komödienhaus abstieg. Sofort in die Hauptloge geführt, wurde er unter
Trompeten- und Paukenschall mit freudigen Zurufen empfangen. Die an¬
wesenden Herrschaften gratulierten ihm persönlich. Nach beendeter Vor¬
stellung erwies das Publikum dem kühnen Luftschiffer die Aufmerksamkeit,
ihn nicht nur unter ungeheurem Beifallsrufen bis an das Hotel des russischen
Gesandten zu begleiten, der ihn zum Souper eingeladen hatte, sondern sogar
die Pferde auszuspannen und den Wagen mit dem gefeierten Helden eigen¬
händig dorthin zu ziehen.
Am 5. Oktober gab eine große Gesellschaft Blanchard zu Ehren im
«Römischen Kaiser* einen feinen Mittagsschmaus, während welchem eine
ungeheure Volksmenge unaufhörlich «Vive Blanchard!» rief. Derselbe mußte
sich mehrmals am offehen Fenster zeigen und machte sich das Privatver¬
gnügen, einige Hände voll Silberlinge unter die Menge zu werfen. Unter
der Serviette des also Gefeierten lag ein Geschenk von 50 Doppeldukaten.
Man kann sich eine Vorstellung von der ungeheuren Menge von Zuschauern
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 43
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machen, wenn man erfährt, daß darunter allein 122 Prinzen und Fürsten
mit Gemahlinnen damals in Frankfurt waren.»
Von Frankfurt aus begab sich Blanchard auf Einladung des Kurfürsten
nach Koblenz, wo er den Luftball, mit dem er im Haag und in Rotterdam
aufgefahren und zu Frankfurt verunglückt war, in der neuen Reitschule der
Residenz gegen Entree zur Schau ausstellte. Aber zu einer Luftreise kam
es nicht, der Spaß war dem Kurfürsten doch zu teuer. Am 18. Oktober
trat Blanchard seine Rückreise nach Gent an und am 20. November unter¬
nahm er dort seine 16. Luftreise, die ihm bald das Leben gekostet hätte.
Er berichtet uns hierüber: 'Sehr schnell stieg ich auf, so daß ich in 7—8
Minuten durch die Wolken drang. Durch die Wirkung der Sonne schwoll
der Ballon so an, daß ich unten das Ventil zog, um die ausgedehnte Luft
zu befreien. Aber da mir dies, zumal so nahe an der Seeküste nicht genug
Sicherheit bot, glücklich zu landen, sondern bei weiterer Entfernung befürchten
mußte, ins Meer zu stürzen, so gab ich dem Ballon mit der Spitze meiner
Fahnenstange mehrere Stiche und kam hierauf um J / 2 1 Uhr äußerst schnell
bei der Stadt Hulst auf den Boden, nachdem ich noch vorher an einen
Kirchturm und an eine Scheune angestoßen war. Sofort sprang ich aus
meiner Gondel, um den Ballon anzuhalten, aber dieser reißt mich wieder
auf 100 Fuß in die Höhe, wobei ich mich, nur mit den Armen umwickelt,
an den am Filet befestigten Stricken festhalte. Bald darauf neigte sich
meine Maschine wieder zur Erde, wo ich gezwungen ward, sie ihrem
Schicksale zu überlassen. Wie der Blitz flog sie in der Nähe eines Schiffes
nieder, wo sie mit mir herausgefischt wurde, aber so sehr beschädigt, daß
sie zu keinem Experiment mehr tauglich ist.» —
Das war Blanchards letzte Fahrt im Jahre 1785.
In der französischen Metropole wirkte das schreckliche Ende Pilatres
sehr einschüchternd und entmutigend auf die passionierten Luftschiffer. Es
schien, als hätten sich die Pariser zu des alten Franklin bekehrt, die neue
Erfindung habe sich nunmehr als nicht lebensfähiges Kindlein und als Tölpel
erwiesen.
Auch aus Deutschland liegen im Jahre 1785 nur spärliche Berichte
von aerostatischen Versuchen vor, die sich zudem nicht über den Rahmen
derjenigen aus den ersten Tagen der Erfindung hinaus bewegen, und nur
als wissenschaftliche Spielerei zu betrachten sind. Aus Württemberg wird
gemeldet, daß am 16. Februar die Heilbronner um 11 Uhr vormittags einen
Luftball steigen ließen, der um 1 /u2 Uhr bei Ellwangen niederging, also in
dieser Zeit eine Strecke von 20 Stunden zurücklegte. Um diese Zeit ließ
auch ein Graf Neipperg bei Schweigern in Baden (Linie Heidelberg-Würzburg)
einen Ballon steigen, der in der Nähe von Nürnberg, bei Schwabach, ge¬
funden wurde. In der alten Kaiserstadt Wien feierte der bereits erwähnte
Feuerwerkskünstler Stuwer das Annafest (26. Juli) mit einem geschmack¬
vollen Feuerwerk, das allgemein Beifall fand. Vor demselben wollte er auch
eine große Luftkugel frei aufsleigen lassen. — Dieselbe wurde durch Stroh-
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339
feuer in kurzer Zeit ausgedehnt und war schon zum Aufstieg parat, als aus
Versehen der Arbeitsleute bei Wegnahme der Feuerherde unter der Maschine
Feuer ausbrach, welches den Ballon von der Galerie trennte und zerriß,
so daß er zwar aufstieg, doch bald alle erwärmte Luft vorlor und dann
bald darauf zu Boden sank.
In Würzburg wollte sich am 30. September der Luftkünstler und
Mechanikus Detroit produzieren, indem er einen Luftball von 30 Fuß Höhe
und 62 Fuß im Umfang steigen ließ. Als sich dieser in schönster Höhe
befand, fing er plötzlich Feuer und fiel in einen Weinberg, wodurch selbst
viele Pfähle in Brand gerieten, das Laub an den Weinstöcken ganz versenkt
wurde und die daranhängenden Träublein wie «gebraten» aussahen. Ursache
des Brandes war, daß der Ballon beim Aufsteigen an ein Dach stieß und
dadurch eine Beschädigung erhielt..
Aus Regensburg schreibt man unterm 17. Mai: Vorgestern hatte unsere
Stadt das Vergnügen, 3 mal hintereinander Montgolfische Versuche zu sehen.
Der als großer Physiker bekannte Herr Baron von Lütgendorff verfertigte
3 Luftballons, welche den 22., 23. und 24. April beim Thurn und Taxis'schen
Palais losgelassen wurden. Der erste davon halte die Gestalt eines mit
ebensovieler Kunst wie Geschmack geputzten Frauenzimmers. Die Luftkugel
hatte 6 Schuh in der Höhe und war vom Haupt bis zu den Füßen so wohl
proportioniert und so nett gekleidet, daß man sie für nichts weniger als
einen Luftballon ansah. Aber kaum losgelassen, schwang sich die Luftdame
in der Richtung gegen Süd-Ost in die Höhe und entzog sich bald den Augen
der zahlreichen Zuschauer. Noch am gleichen Tage, um 1 ! 2 1 Uhr abends,
ließ sich das Frauenzimmer außerhalb der Stadt Straubing nieder. Die
Straubinger sahen die Erscheinung voll Verwunderung über ihre Stadt
hinwegfliegen, ohne zu wissen, was man davon halten sollte. Die Dame
setzte sich bei einem Meierhof, l h Stunde außerhalb der Stadt, auf einen
Zaun und wurde dadurch stark beschädigt. Eine Menge Volkes lief zusammen,
diesen Hexenflug mitanzusehen; denn für eine Hexe hielt man das Luft¬
gebilde. Die Bauern erschraken darüber so sehr, daß sie sich bekreuzten
und nicht einmal getrauten, der Maschine näher zu treten. Erst am nächsten
Tage, nachdem die gutmütigen Leute von einigen Sachverständigen aus
Straubing von der Ursache unterrichtet und versichert worden waren, es
sei kein höllisches Gespenst dahinter zu erblicken, kamen sie schrittweise
heran, betasteten das Frauenzimmer nach ihrer Art und des Wunderns und
Lachens war kein Ende. Man brachte hierauf den Ballon unter Jubelgeschrei
nach Straubing.
Gegen Ende des Jahres 1785, am 12. Dezember ließ LütgendorfT zu
Landshut in Gegenwart der Pfalzgräflichen Familie zwei Ballons aufsteigen.
Die Füllung des ersten Ballons war in 35 Minuten geschehen ; derselbe wurde
von der Hand der Durchlauchtigsten Frau Pfalzgräfin seiner Fesseln entledigt.
Er hatte die Gestalt einer Birne, war von weißem, gummiertem Taflet, mit
Löwenköpfen und dem* herzoglichen Wappen geziert. In einer Kapsel ward
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310 «^44
vorher eine geschriebene Nachricht für den Finder angehängt. Der Ball stieg
in bogenförmiger Bewegung pfeilschnell gegen Norden und war in 6 Minuten
unsichtbar. Der zweite folgte dem ersten in allen Richtungen genau nach.
«Herr v. Lütgendorff», so schließt der Zeitungsbericht, «soll ernstlich Lust
haben, von Regensburg über Landshut nach München in einem Luftball
zu reisen, zu dessen Verfertigung nicht weniger als 1000 Ellen Taflet er¬
fordert werden.» Diesen Plan änderte LütgendorfT im Jahre 1786 dahin,
daß er die Auffahrt von der Reichsstadt Augsburg aus unternehmen und in
Regensburg landen wollte. Es ist wohl angezeigt, in kurzen Zügen einige
biographische Notizen über diesen interessanten Mann zu geben. 1 )
Joseph Carl Maximilian, Freiherr v. Lütgendorff, wurde am 10. Ok¬
tober 1750 zu Rom geboren. Sein Vater Jos. Carl Emanuel Hieronymus
v. Lütgendorff (1699—1779) stand zwischen 1746—50 vermutlich in Sardi-
nischen Diensten und hatte sich im letzten genannten Jahre nach Rom ge¬
wendet, wo ihm sein Sohn Max geboren wurde. Dieser verbrachte seine
ersten Jugendjahre wohl im Hause seiner Eltern, und da er schon frühzeitig
ein besonderes Geschick für physikalische Experimente an den Tag legte
und große Lust zum Soldatenstand zeigte, so bat seine fürsorgliche Mutter
schon 1761 gelegentlich eines Aufenthalts in München den Kurfürsten von
Bayern um eine Fähnrichsstelle für ihn. Laut Befehl vom 20. 1. 1769
wurde er «als Cadet beim Holnstein sehen Regiment mit doppeltem Füsiliers-
tractament» eingestellt und am 8. 10. 1770 zum Unterleutnant im Regiment
Graf Piosasque befördert. Aber bald fand er, daß das langweilige Garnisons¬
leben nicht nach seinem Geschmack sei, und so bat er 1773 um eine
seinen Fähigkeiten entsprechende Zivilanstellung. Im Alter von erst 23
Jahren wurde er am 30. November 1773 zum Titular-Regierungsrat ernannt.
Im gleichen Jahre wurde er auch als frequentierender Rat auf «der gelehrten
Bank» bei der kurbayrischen Regierung zu Burghausen angestellt. Dort
bewarb er sich 1774 um die Mitgliedschaft bei der kurfürstlichen bayrischen
Gesellschaft «sittlicher und landwirtschaftlicher Wissenschaften» und wurde
am 30. März 1774 immatrikuliert, was als hohe Auszeichnung galt. Im
Jahre 1779 wurde er zum fürstlicher^ Thurn und Taxis’schen Hofrat ernannt
und nebenbei 1781 zum wirklichen bayrischen Hof-, Kammer- und Regierungs¬
rat befördert.
Maximilian war unerschöpflich an Ideen und Versuchen und hatte alle
Augenblicke irgend eine neue Erfindung gemacht. So erfand er Schuhe,
«mit denen man zu Fuß über die Donau gehen konnte», konstruierte ein¬
bruchsichere Schlösser usw. und machte chemische und elektrische Versuche,
verbesserte die Blitzableiter, die damalige trübselige Zimmerbeleuchtung durch
Konstruktion einer sinnreichen Lampe von 30 Kerzenstärke. Die Erfindung
des Luftballons brachte ihn ganz außer Rand und Band. Vom Jahre 1784
an beschäftigte er sich ausschließlich mit aerostatischen Versuchen, die
*) Vergleiche: Materialien z, e. Geschichte der Freiherrn von Lütgendorff-Leinburg, vornehmlich im
18. Jahrhundert. Als MS. gedruckt. 18‘JU. St. Petersburg. Buchdruckerei des «St. Petersburger Herold».
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ihm alle so sehr über Erwarten gelangen, daß man von allen Seiten in ihn
drang, seine Erfahrungen zu verwerten und einen Versuch im großen an¬
zustellen. Besonders der Pfalzgraf von Birkenfeld interessierte sich aufs leb¬
hafteste dafür. An seinem Wohnort in Regensburg wollte LütgendorfT die
Sache nicht ins Werk setzen, weil ihm dort die verwendbaren Hilfskräfte
fehlten. Es kamen also nur Nürnberg oder Augsburg in Betracht, und der
Pfalzgraf von Birkenfeld war unter allen Umständen für letztere Stadt, und
erwirkte vom dortigen Magistrat für LütgendorfT die Erlaubnis, in der Stadt
die Vorbereitungen zu dem großen Unternehmen zu treffen, dessen Erfolg
gänzlich ausblieb und versagte. LütgendorfT büßte seine Leidenschaft für
neuen Sport sowohl mit bedeutenden materiellen Verlusten als auch mit
dem Verluste seines ganzen Unternehmungsgeistes.
cK
Aeronautische Wettbewerbe.
Preisausschreiben der Motorluftschiff-Studiengesellschaft
für Ballonmotoren.
1. Zugelassen werden Motoren deutschen Ursprungs von 20 PS an.
2. Die Motoren müssen in betriebsfähigem Zustande angeliefert werden und mit
allen zu der vorzunehmenden Prüfung nötigen Einrichtungen einschließlich Werkzeug
und Ersatzteilen versehen sein. Was im einzelnen zu diesen Einrichtungen zu rechnen
ist, geht aus Ziffer 3 und 4 hervor.
Getriebe werden in die Prüfung nicht mit einbezogen.
Für Bedienung und Anwerfen des Motors muß ein Mann genügen, den die Firma
zu stellen hat.
3. Die Prüfung wird sich auf die Feststellung der tatsächlichen Kraftleistung durch
Abbremsen und der Zuverlässigkeit des Ganges während eines Dauerbetriebes von 10
Stunden erstrecken.
Die Abbremsung der Motoren wird auf elektrischem Wege mit Hilfe geeichter Dy¬
namomaschinen erfolgen, Strom- und Spannungsmessung hierbei durch Präzisionsinstru¬
mente, die einer Nacheichung durch die Physikalisch-technische Reichsanstalt unter¬
worfen werden.
Verlangt wird, daß der Motor einen lOstündigen Dauerbetrieb leistet. Kleine Re¬
paraturen, die während des Ganges ausführbar sind, dürfen ohne weiteres vorgenommen
werden, desgleichen kleine Reparaturen, wie z. B. das Auswechseln der Zündkerze, zu
deren Ausführung der Motor stillgesetzt werden muß, so lange die Gesamtzeit hierfür
f /4 Stunde während der Versuchsdauer nicht übersteigt. Treten längere Störungen ein,
so kann eine zweimalige Wiederholung des Versuches angeordnet werden, sobald die
aufgetretenen Fehler nicht grundsätzlicher Natur sind, d. h. von vornherein erkennen
lassen, daß ein betriebssicheres Arbeiten der Motoren auf die Dauer nicht zu erzielen
sein wird.
Bezüglich der Gleichmäßigkeit des Ganges ist zu bemerken, daß eine möglichst
gleichbleibende Tourenzahl eingehalten werden soll. Zur Erreichung dieses Zieles darf
während des Betriebes der Motor nachreguliert werden. Von dem Lieferanten ist anzu¬
geben, mit welcher Tourenzahl der Motor geprüft werden soll. Die Tourenzahl soll mög¬
lichst auf dem einmal festgesetzten Werte mit einer Abweichung von höchstens ö°/o nach
oben oder unten gehalten werden. Ausnahmsweise Schwankungen bis 10°/o sind zu-
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lässig, diese müssen jedoch, sobald sie eintreten, durch Nachregulierung sofort beseitigt
werden. Ist eine derartige Regulierung nicht ausführbar, so scheidet der Motor aus.
Es kann jedoch nach Abänderung der in Betracht kommenden Einrichtungen eine
Wiederholung der Prüfung vorgenommen werden.
Nach vollendeter Dauerprüfung wird der Motor einer zweimaligen Leerlaufprobe
von je einer halben Stunde in geneigter Lage, und zwar unter einem Winkel von 200
zur Längsrichtung des Motors gegen die Horizontale, unterworfen, derart, daß einmal die
eine Seite, das andere Mal die andere Seite des Motors hochgestellt wird. Hierbei darf
ein Stehenbleiben des Motors nicht eintreten ; zweimalige Wiederholung ist gestattet.
Die Prüfung der Motoren wird in folgender Weise vorgenommen: Die Eichung
der Gleichstrom-Dynamomaschinen erfolgt durch Bestimmung der Einzelverluste für ver¬
schiedene Tourenzahlen. Die Messung des Brennstoffes, des Öles und des Wassers er¬
folgt durch Gewichtsbestimmung. Der gesamte verbrauchte Brennstoff wird einmal für
die Dauer des Versuchs festgestellt, ferner werden während der Dauer des Versuchs ver¬
schiedene Kontrollmessungen angestellt durch Ermittelung der Zeit, in der ein bestimmtes
Quantum des Brennstoffes verbraucht wird.
Die Bestimmung der Tourenzahlen und der Tourenschwankungen erfolgt durch
Hubzähler und Tachometer.
Es wird ferner ein laufendes Protokoll geführt, in dem alle Unregelmäßigkeiten,
Reparaturen, Regulierungen und insbesondere die eingetretenen Betriebspausen sowie
der Befund über den Zustand des Motors nach der Prüfung vermerkt werden.
Die Prüfung selbst wird durch zwei Ingenieure erfolgen, die ihrerseits von Mit¬
gliedern der Kommission kontrolliert werden.
Falls zum Betriebe der Motoren Benzin verwandt wird, so wird dieses, und zwar
mit einem Gewicht von 680—700, von der Motorluftschiff-Studiengesellschaft kostenfrei
geliefert. Werden andere Brennstoffe verwandt, so sind diese seitens der Lieferanten
auf eigene Kosten zu stellen. Diesen wird derjenige Betrag vergütet, der dem Verbrauch
an Benzin entsprechen würde.
Die Aufstellung der Motoren erfolgt auf Holzbalken, welche kostenfrei geliefert
werden.
Die Montage erfolgt durch den Lieferanten; Hilfskräfte stehen zur Verfügung.
Mit dem Motor ist ein auf der Schwungradseite befestigter Kuppelungs-Normal¬
flansch zu liefern, dessen Zeichnung von der MotorluftschifT-Studiengesellschaft einzu¬
fordern ist.
Die Dynamomaschinen werden unter Zwischenschaltung eines Gardanantriebes mit
den Motoren unmittelbar verkuppelt.
Nur Motoren, welche vorstehende Prüfungen bedingungsgemäß erfüllt haben,
kommen für die Preisverteilung in Betracht. Für diese wird die Feststellung der Ge¬
wichte im Verhältnis zu den ermittelten PS nach Ziffer 4 und 5 maßgebend sein.
4. Als Gewicht des Motors ist anzusehen: das Gewicht des Motors selbst mit
Tragfüßen und allen zu seinem ordnungsmäßigen Betriebe erforderlichen Einrichtungen
einschließlich Schwungrad und Kuppelungsflansch, Einrichtung für Vergasung, Regulie¬
rung etc., Zündapparate, sowie die zu deren Betrieb etwa erforderlichen Akkumulatoren,
Spulen etc., die so bemessen sein müssen, daß sie für das Anderthalbfache der ver¬
langten Betriebszeit ausreichen, ferner die Kühleinrichtung mit allen Zubehörteilen, die zu
deren Betrieb erforderlich sind, z. B. Ventilatoren und deren Antrieb, wobei die Kühl¬
einrichtung so bemessen sein muß, daß sie ohne Nachfüllung von Kühlwasser für einen
dreistündigen Betrieb ausreicht (falls Wasserkühlung verwandt wird), sowie deren erst¬
malige Wasserfüllung, ferner das über den dreistündigen Betrieb (d. h. die erste Füllung)
für die verlangte Versuchszeit erforderliche Kühlwasser samt den zum Aufbewahren er¬
forderlichen Behältern, deren jeder mit 20 Liter Inhalt anzunehmen ist und deren Ge¬
wicht mit je 2 kg angesetzt wird, ferner der Ölbehälter mit dem für die verlangte Ver-
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suchszeit erforderlichen Quantum Öl, wobei der Hauptbehälter für 5 Stunden aus¬
reichend sein muh ; das darüber hinaus erforderliche Quantum Öl wird gleichfalls in
20 Liter-Kannen untergebracht und in gleicher Weise wie Benzin und Wasser gerechnet.
Nicht einzuziehen in das Gewicht des Motors sind etwaige Reibungskuppelungen
und Reversiergetriebe, Befestigungsbolzen für den Motor, Auspufftöpfe und Auspuff¬
leitungen, ferner die Konstruktionsteile, die zur Befestigung und Unterstützung des Kühlers
und des Benzingefäßes dienen, sowie etwaige mitgelieferte automatische Anwerfvorrich¬
tungen; an Stelle letzterer tritt das Gewicht einer Andrehvorrichtung von Hand, welches
nach dem Mittelwerte der für gleiche Leistung gelieferten Andrehvorrichtung anderer
Fabrikate festgesetzt wird.
Beispiel für einen 50 PS.-Motor.
Gewicht des Motors mit Schwungrad. Zirkulationspumpe, Karburator, Kühl-
w-asserleitungen. Zündvorrichtung etc.. 300 kg
Gewicht des Kühlers mit Ventilator, Antriebvorrichtung und Wasserfüllung für
3 Stunden. 40 „
Gewicht des Benzinbehälters (leer) mit Leitungen etc. etc. . 12 „
Gewicht des Ölbehälters (leer). 4 ,,
Bei dem geforderten zehnstündigen Versuch ergibt sich, daß der Motor
pro Stunde 17,5 kg Benzin verbraucht, und daß seine durchschnittliche Leistung
52 PS. beträgt. Der stündliche Ölverbrauch sei 1,5 kg. Es wurde während der
Versuchszeit eine zweimalige Nachfüllung des Wassers mit je 20 kg und eine
einmalige Nachfüllung des Wassers mit 10 kg erforderlich, um den Kühler am
Schlüsse des Versuchs wieder voll auszufüllen. Der Benzinbehälter muß dem¬
nach
o
3*17,5 = 52,5 kg fassen, entsprechend ^^ = 75 Liter Inhalt (bei einem
spezifischen Gewicht des Benzins von 0,7). Für die zehnstündige Versuchszeit
ist demnach zu rechnen 10 • 17,5 = 175 kg Brennstoffverbrauch, also.
122 5
175—52,5 = 122,5 kg = —~ = 175 Liter müssen demnach in Behältern
untergebracht werden; hierzu sind erforderlich
175
20
= rund 9 Behälter ä 2
kg .
Der Ölbehälter muß mindestens 5 • 1,5 = 7,5 kg fassen.
Der Ölverbrauch ist zu rechnen mit 10 • 1,5 kg ...
Dazu 1 Behälter von.
Zusätzlicher Wasserverbrauch.
Dazu 3 Behälter ä 2 kg.
356 kg
175 kg
18
15
2
50
6
• Es ergibt sich demnach in Summa 622 kg
als Gewicht des Motors.
5. Die Preisfestsetzung erfolgt auf Grund der unter Ziffer 4 beschriebenen Gewichts¬
feststellungen und auf Grund des über die Prüfung geführten Protokolls, jedoch wird
nicht lediglich das unter Einrechnung des Verbrauchsmaterials pro durchschnittlich ge¬
leistete effektive Pferdekraft ermittelte Gewicht zugrunde gelegt, da hierbei die kleineren
Motore zu ungünstig abschneiden würden.
Die Bewertung erfolgt vielmehr in folgender Weise:
Es werden die Gesamtgewichte für Motore und Materialien nach Ziffer 4 als
Ordinaten der abgebremsten Pferdekräfte für alle Motore aufgetragen, und es wird zwischen
den so erzielten Punkten unter Außerachtlassung einzelner abnorm liegender Punkte
eine mittlere Gerade hindurchgelegt, derart, daß die Summe der Abstände der einzelnen
Punkte von der Geraden ein Minimum wird. Unter sonst gleichen Verhältnissen
wird als bester Motor dann derjenige angesehen, dessen Punkt relativ am
niedrigten unter dieser Geraden sich befindet.
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344 «^4
6. Die Motore sind bis zum 1. April 1908 auf dem Übungsplätze der Motorluft-
schifT-Studiengesellschaft in Reinickendorf-West anzuliefern.
Den Konkurrenten ist die Teilnahme an allen Versuchen freigestellt.
Für Preise stehen insgesamt 20 000 Mark zur Verfügung.
Näheres darüber geht den Teilnehmern an dem Wettbewerb noch zu. Das Preis¬
gericht besteht aus der Unterzeichneten Kommission.
Die Kommission für das
Preisausschreiben der Motorluftschiff-Studiengesellschaft
für Ballonmotoren.
Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. A. Slabv. Vorsitzender.
Professor Dr. Klingenberg, stellv. Vorsitzender.
Major Gross. Haupt mann von Kehler. Professor Lutz.
Major von Parseval.
Verlegung des Termins der Gordon-Bennett-Ballonwettfahrt.
Der Termin für die diesjährige Gordon-Rennett-Ballonfahrt zu St. Louis ist mit
Genehmigung der «F. A. 1.» von dem 19. Oktober auf den 21. Oktober verlegt worden.
Die Laclede Gas Light Company hatte nämlich erklärt, daß der große Gasometer, der
für den gewöhnlichen täglichen Gebrauch das Gas enthält, nur an einem Sonntage
(also am 20. Oktober) völlig entleert werden kann, um mit dem nötigen reinen Gase für
Ballonzwecke gefüllt zu werden.
Um den dieses Wettfliegen besuchenden Luftschiffern einige Abwechselung zu
bieten, sind Schritte unternommen, um die kommenden Vanderbilt-Automobile-Wett-
fahrten zur Gordon-Bennett-Periode in St. Louis zu veranstalten.
Die Ausführung des offiziellen Programms für die Gordon-Bennett-Wettfahrt ist der
Lesan-Gould Company anvertraut worden. Der Aero-Club of St. Louis ist bemüht, eine
Reduktion der Hotelpreise für die Luffschiffer zu erlangen. Das Abhalten der Jamestown-
Exposition gibt die Möglichkeit des Reisens über Jamestown zu herabgesetzten Preisen.
Internationale Weit-Wettfahrt zu Brüssel, 15. September 1907.
Reglement des Wettbewerbs:
Art. 1. Der Aero-Club de Belgique veranstaltet in Brüssel Sonntag 15. September
1907 im Parc du Cinquantenaire, der vollkommen geschützt und geschlossen ist, einen
Internationalen Weit-Wettbewerb ohne Zwischenlandungen für runde Freiballons 2., 8.,
4. u. 5. Kategorie, d. i. von 001 bis 2200 cbm.
Art. 2. Die Bestimmungen der Reglements der F. A. I. sind maßgebend und
werden nur Führer zugelassen, die der Föderation angehören.
Art. 3. Preise, Medaillen, Becher, Kunstgegenstände bis zum Gesamtwert von
5000 Fr. sind ausgesetzt.
Art. 4. Um die Gewinnaussichten einigermaßen auszugleichen, ist bestimmt, daß
Ballons bis zu 900 cbm mindestens einen Passagier tragen müssen
» von 901—1600 > > > zwei » »
> > 1601—2200 > > > drei
wobei die Führer mitzählen.
Art. 5. Füllgas, ’ Ballast und Bedienungsmannschaft werden den beteiligten
Führern kostenlos geliefert.
Art. 6. Die Einschreibungen müssen bis 1. September inklusive erfolgen bei dem
Secretaire Trcsorier de T Aero-Club de Belgique, 5, place Royale. Dabei ist Einschreibe¬
gebühr einzusenden in Höhe von 10 Ctms. per Kubikmeter Balloninhalt.
Art. 7. Das Material muß in Brüssel, Parc du Cinquantenaire, spätestens am
14. September 7 I hr abends bereitliegen.
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Art. 8. Die Weitfahrt kann je nach Wetterlage in eine Dauer-Weltfahrt durch
Entscheidung des Organisationskomitees umgewandelt werden.
Art. 9. Die Kontrolle findet nach den Artikeln 155—160 des Reglements der
F. A. I. statt und werden jedem Führer ein Bordbuch, eine Landungsbescheinigung und
zw r ei Blätter Fahrtzeugnisse übergeben.
Art. 10. Die Überwachung des Bewerbs und die Kontrolle der Apparate durch
die Sportkommission machen weder diese noch den A. C. B. verantwortlich. Die Luft¬
schiffer tragen daher selbst die Verantwortung gegenüber den Passagieren, Gehilfen und
Dritten bezüglich aller Unfälle oder Schädigungen vor dem Aufstieg, während der Fahrt
und bei der Landung.
Außerdem ist auch Gelegenheit für die Ballons der 1. Kategorie gegeben, sich an
der großen Kundgebung zu beteiligen durch Anordnung eines
Internationalen Landungs-Wettbewerbes
für Freiballons ohne Motor bis zu 600 cbm Inhalt.
Art. 1. Der Bewerb vollzieht sich nach den reglementären Bestimmungen der
F. A. I. und ist nur offen für Führer, die ihr angehören.
Art. 2. Medaillen und Preise im Gesamtwert von 1000 Fr. sind ausgesetzt.
Art. 3. Die Preise fallen jenen Führern zu, welche in geringster Entfernung von
einem vorher bestimmten Punkt landen.
Art. 4. Die Wahl des Zielpunktes wird den Bewerbern innerhalb eines durch das
Organisationskomitee bestimmten Umkreises freigestellt.
Art. 5. Füllgas, Ballast und Bedienungsmannschaft wird den teilnehmenden Führern
kostenlos geliefert.
Art. 6. Die Anmeldungen sind bis 1. September inklusive zu machen, dabei sind
25 Fr. Gebühr an den Secretaire Tr6sorier des A£ro-Club de Belgique einzusenden.
Art. 7. Das Material ist wie bei der Weit-Wettfahrt zu liefern.
Art. 8. Als Kontrollanordnungen sind die von Art. 163 des Reglements der F. A. I.
vorgesehen.
Art. 9. Die Verantwortlichkeitsbestimmungen sind jenen bei der Weit-Wettfahrt
gleichlautend.
NB. Sonderbestimmungen werden den sich beteiligenden Führern zugehen.
Für die Sportkommission sind unterzeichnet: Präsident Baron P. de Caters.
Sportkommissionäre: Oberst Van den Borren, Kommandant Soucy, die Kapitäne
Grouson und Malev6.
Für den Verwaltungsrat: Präsident Fernand Jacobs.
Secretaire-gen6ral: Leutnant P. Van Meenen.
Einige Preise sind schon jetzt zu nennen: Ein Kunstgegenstand oder 1000 Fr. in
Gold, gegeben vom A. C. B., dann ein Becher von 1000 Fr. Wert, gegeben vom Ver¬
waltungsrat des A. C. B.; eine Plakette in Gold, 500 Fr. Wert, gespendet vom Prinzen
Roland Bonaparte, Präsident der F. A. I. (Auszug aus «Conqu. d. Fair» ) K. N.
Die zweite aeronautische Ausstellung in Amerika. 1 )
(Schluß.)
Daß die Abteilung der Motoren zum stärksten Punkt dieser Ausstellung wurde,
ist ganz natürlich und ist vielleicht für eine jede bei der gegenwärtigen Entwicklungs¬
periode der Luftschiffahrt veranstalteten Ausstellung zu erwarten. Wenigstens in Amerika,
wo das Ballonschiff noch so wenig vervollkommnet ist, und die anderseits so groß-
i) Die Photographien zu diesem Artikel sind in dankenswerter Weise von Scientific American,
New-York City, zur Verfügung gestellt worden.
Illuatr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 44
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artigen Fortschritte im Flugmaschinenwesen von den wirklich berufenen Erfindern, unter
welche nicht bloß die Wrights zählen, geheim gehalten werden. Hoffen wir, daß in
nicht allzu ferner Zukunft die Lebaudy, v. Parseval, v. Zeppelinschen Ballonschiffe, in
Modellen, und epochemachende Flugmachinen wie Santos-Dumonts, Wrights, Herrings,
wenigstens gleichermaßen, vertreten sein werden.
Von speziell für Luftfahrzeuge bestimmten Triebwerken, natürlich alles Benzin-
motore. waren nicht nur
Fig. 1 . Motor von Langleys Flugmaschine.
einige 15 Exemplare vor¬
handen, sondern der
Umstand, daß dazu zwei
wirklich praktische Flug-
maschinenmotore zähl¬
ten, drückte der ganzen
Ausstellung wiederum
das gleiche repräsenta¬
tive Gepräge auf, das
ihre Vorgängerin aus¬
gezeichnet hafte.
Die Smithsonian In¬
stitution in Washington
hatte sich dazu ver¬
standen, den bisher so
sorgsam gehüteten Mo¬
tor (Fig. 1.) für Langleys
bemannten Aeroplan
zum erstenmal der Be¬
sichtigung durch das Publikum zugänglich zu machen, allerdings unter der Obhut eines
besonderen Wächters und unter hoher Feuerversicherung.
Dieser wirklich epochemachende Triumph der Technik wurde schon öfter erwähnt,
es erübrigt sich noch zu sagen, daß das Gewicht der Maschine per se, ohne Kühl-
wasser, Radiator und
elektrischen Apparat,
weniger als l 1 /* kg per
Pferdekraft beträgt und
daß der Entwurf wie
die Konstruktion bei
den Fachleuten der Au¬
tomobilindustrie allge¬
meine Bewunderung er¬
regten. A. M. Herring,
der seinerseits beson¬
ders den Ventilmecha¬
nismus und die Explo¬
sionsordnung zu wür¬
digen wußte, wies später
in einem Vortrag im
Aeroclub of America
über seine eigenen neu¬
esten Arbeiten darauf
hin, daß mit modernem
Material — Chrom- und
Vanadiumstahl — das Gewicht sich bei gleicher Konstruktion noch erheblich würde re¬
duzieren lassen, was den begabten Konstrukteur der Maschine, Mr. Ch. M. Manly. dazu
Fig. 2. Motor von Wrights Flugmaschine.
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brachte, privatim seinem Herzen noch darüber Luft zu machen, wie er «auf seinen
Knieen habe bitten müssen», bis ihm endlich einfacher Nickelstahl für die Kurbelwelle
zur Verfügung gestellt wurde. Unsere Abbildung zeigt besonders die hübsche graziöse
Erscheinung dieser Maschine, mit den beiden Aluminiumschwungrädern und den kreis¬
förmigen Röhrenleitungen. Leider stört das plumpe Holzgestell, in dem sie montiert
war, die Übersicht, doch sind immerhin die kurzen Wasserjacken der 5 Zylinder, sowie
der letzteren so solide und kräftige Erscheinung gut zu erkennen. Die aktuelle Maximal¬
leistung beträgt über 53 P. S.
Einen sehr verschiedenartigen Eindruck macht dagegen das zweite Glanzstück der
Ausstellung: die neueste Entwicklung des ursprünglichen Motors (Fig. 2.) des „Wright-Flyer“.
An historischem Interesse steht dieses Ausstellungsstück obenan; denn ist dies doch ein
Motor, der einen wirklichen Flug ermöglicht hat, welcher, wenn man sich auch nur an
die Tatsachen hält, die 0. Chanute als Augenzeuge berichtet hat, dennoch die berühmte
Leistung Santos-Dumonts ganz gewaltig übertraf. — Bei diesem Motor hat man es eher
mit einer Arbeit von Dilettanten zu tun, die vorsichtig dem üblichen Entwurf für
Automobilmotoren folgend und unter Anwendung aller Arten, mit wenig Kosten her¬
zustellender, mechanischer Aushilfsmittelchen, dennoch, dank eines ganz ungewöhnlichen
Geschickes, schließlich bei
flugtechnisch sehr bedeutsa¬
men Resultaten anlangten.
Das Gewicht ist trotz des
keineswegs ungewöhnlichen
Materials viel mehr redu¬
ziert, als es den Anschein
hat. Wenig mehr als 3 kg
per P. S. für die ganze An¬
lage. Die Maximalleistung
ist gegen 32 P. S. Aller¬
dings wäre die Dauerhaf¬
tigkeit einer Anwendung im
Automobil kaum gewachsen,
dafür wären die reduzierten
Lager zu kurz etc. — Es
bedeutete für die Wrights,
die ihre Experimente seit- vig - 3 - c “ rtl " '•«»•Witer Motor,
her unter wirklich bewunderungswerter Ökonomie zu ermöglichen verstanden, nicht nur
eine große Ersparnis, diesen Motor in ihrer eigenen Fabrik zu konstruieren, sondern
die vollkommene Vertrautheit mit seiner Natur und seinen Leistungen sicherte auch einen
kaum genug zu schätzenden Vorteil für die Flugmaschinenexperimente. Von solchen,
nicht stets sehr ins Auge fallenden Umständen hängt es ja gerade ab, ob sich Flüge nach
Hunderten oder Tausenden von Metern bemessen.
Unter der ganzen Menge der übrigen Motoren beanspruchen, besonders nach der
Ansicht eines berufenen Fachmanns im Automobilmotorenbau, Mr. G. H. Taylor, die von
der Firma Curtiss ausgestellten das meiste Interesse und sind am leistungsfähigsten.
Vom Bau von Motorrädern wandte sich diese Fabrik als einer Spezialität der Lieferung
der Motoren für die kleinen (sogar meist ohne Ballonet ausgeführten) BallonschiPfe der
amerikanischen Berufsaeronanten zu, die sich heute in einem schwungvollen, zirkus¬
artigen Geschäft so zahlreich vertreten finden. (Alles Nachahmungen Santos-Dumonts,
mit der Schraube am Vorderende und der Möglichkeit für den Aeronauten, zur Kontrolle
der Längenneigung seinen Platz auf dem Traggerüst zu wechseln.) Aus dem 7 P. S.-
Motor mit zwei V förmigen Zylindern, luftgekühlt, der zuerst zur Anwendung gelangte,
hat sich schließlich, durch einfache Verdoppelungen der Teile, als Paradestück wenigstens,
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der achtzylindrige 30 P. S.-Motor entwickelt, der zusammen mit drei andern Stufen
(1, 2, 4 Zylinder) ausgestellt war und den wir in Fig. 3 wiedergeben.
Diese Motoren sind kein Experiment, sondern praktisch völlig ausprobiert, doch
ob sich bei der Luftkühlung durch nicht allzu zahlreiche Rippen, besonders bei den
größeren Einheiten, stets die Maximalleistungen erzielen lassen, ist zweifelhaft.
Die übrigen Maschinen waren alles Experimente, viele sehr interessant, doch
stimmten Fachleute allgemein überein, daß die von den Erfindern gemachten Angaben
über die Leistungsfähigkeit ganz unzuverlässig seien.
Carl Dienstbach.
Internationale Weit-Wettfahrt von Lüttich am 7. Juli 1907,
veranstaltet durch den A6ro-Club de Belgique unter den «Liöge-Attractions». Diese
große Kundgebung hat wie geplant auf den Terrassen der alten Ile de Commerce in
dem schönsten hierfür denkbaren Rahmen stattgefunden.
Schon morgens begannen sich Zuschauer in großer Menge einzufmden, um den
interessanten Füllungsarbeiten beizuwohnen, und lange vor der bestimmten Zeit des
Festbeginnes waren die Avenue Rogier, Boulevard Fr&re Orban, Pont de Commerce und
die Alleen des Parks von herbeiströmenden Massen gefüllt.
Um 2 Uhr konnte man von den Terrassen, die einen Überblick ermöglichten, die
sich blähenden 15 Ballons betrachten, welche einen großartigen Eindruck machten.
Unter den verschiedenen Vorbereitungen ist die Umhüllung der auf dem Platz
stehenden Kandelaber mit Stroh, zur Verhinderung des Verfangens von Ballon-Takelage
an deren Vorsprüngen zu erwähnen, da es gelang, diese Vorsichtsmaßregel in Form einer
ländlichen Festausschmückung künstlerisch durchzuführen, welche allseitige Anerkennung
erntete.
Genau um 3 */* Uhr verkündeten Kanonenschüsse den Festbeginn und nun voll¬
zogen sich während einer Stunde ununterbrochen Aufstiege von Versuchsballons ver¬
schiedenster Größe, von 1 bis 100 cbm, welche die Richtung nach Nordost einschlugen.
Der erste bemannte Ballon, der sich erhob, war die «Ville de Liöge», 800 cbm groß
und mit wallonischen Farben geschmückt, geführt von M. Georges Geerts, begleitet von
M. Parmentier.
Von 4 Uhr 40 ab stiegen bei ruhiger Luft nach und nach die im Wettbewerb be¬
findlichen Ballons in folgender Reihe auf:
1. «Princess» (Belgien) 1200 cbm, Führer M. Dumortier, Begleiter M. Van Oolen,
2. «Lut&ce* (Belgien) 1500 cbm, Führer M. Paul d’Aoust, Begleiter die Herren
Van Zuylen und Heuvelmans;
3. «Elberfeld* (Deutschland) 1500 cbm, Führer Hr. Dr. Niemeyer mit einem Be¬
gleiter ;
4. «Aöro I de Gand» (Belgien) 1200 cbm, Führer M. Löon Gheude, Begleiter die
Herren Bebelman und Michel Orban ;
5. «Luciole» (Frankreich) 900 cbm, Führer M. Ribeyre, Begleiter M. Pirmez;
6. «Emulation du Nord* (Frankreich) 1000 cbm, Führer M. Crombez, Begleiter
M. Ch. Crombez;
7. «A6ro-Club III» (Belgien) 850 cbm, Führer Comte Soucy, Begleiter M. Fritz
Holländers ;
8. <Le Radium» (Belgien) 850 cbm, Führer M. F. Hansen;
9. «Le Roitelet* (Belgien) 250 cbm, Führer M. A. Moucheraud;
10. «L'Espace» (Belgien) 500 cbm, Führer M. A. Scutenaire, Begleiter M. Victor
Ghevolct;
11. «La Plume au Vent* .Belgien) 600 cbm, Führer M. Van der Stegen, Begleiter
M. Trasenster.
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12. «Le Griffon» (Frankreich) 800 cbm, Führer M. Cormier;
13. «Düsseldorf» (Deutschland) 2200 cbm, Führer Hr. E. Milarch, Begleiter Hr. Baron
Kattendyk.
Ein unangenehmer Zwischenfall ereignete sich während der Füllungen, indem
unter der Wirkung eines heftigen Windstoßes einer der schönsten der eingeschriebenen
Ballons, die «Ville de Bruxelles», 2300 cbm, welchen der Präsident des A£ro-Club,
M. Fernand Jacobs, führen sollte, sich an einem Pfahl verfing und einen über zw’ei Meter
langen Riß erhielt. Es gelang nicht mehr, ihn fahrttüchtig zu machen.
Alle Ballons richteten ihre Fahrt gegen Nordnordost und ihre Abfahrt bot einen rei¬
zenden und nachhaltig eindrucksvollen Anblick, der die versammelte Menge zu fort¬
gesetzten Ausrufen der Bewunderung anregte.
Der ganze Verlauf des Festes wird von der «Conquöte de l’Air» als äußerst gelungen
bezeichnet und den an der Veranstaltung und Durchführung beteiligten Personen hohes
Lob erteilt, was sich u. a. auch auf die so wichtige tadellose Handhabung der Polizei
bezieht.
Die erzielte Rangordnung der Bewerber ist aus folgender Tabelle ersichtlich.
Übersicht der Landungspunkte und des erreichten Ranges der ver¬
schiedenen Ballons:
Folge-
Nummer
Er¬
reichte
Entfer¬
nung
Ballon
Inhalt
Name des
Führers
Landungsort
Länge
Breite
km
cbm
Gleich-
steh¬
end
1 438
Elberfeld
1437
Dr. Niemeyer
Pritzier, nahe Uelzen
10° 45'
52° 56'
1-438
Princess
1200
Dumortier
Bevensen
10°35'
53 ° 05 '
III.
277
Radium
850
Hansen
Höxter, bei Herford
8° 47'
52°09 /
IV.
254
Griffon
800
Cormier
Steinhagen, nahe Halle
8° 25'
52° 00'
V.
201
Düsseldorf
2200
Milarch
Soest (Westphalen)
8° 07'
51°34'
VI.
168
Luciole
900
Ribeyre
Holtzen, nahe Schwerte
7° 32'
51°27'
VII
127
Emulation
1000
Crombez
Elkinghausen, nahe
Schwelm
7° 19'
51°16'
VIII.
50
Roitclet
250
Moucherand
Cornelymünster nahe
Aachen.
6° 13'
50° 44'
Das Komitee der «Li&ge-Attractions» hatte noch ein Abendfest veranstaltet, bei
welchem wieder besonders die freundliche Aufnahme des A. C. B. zum Ausdruck kam :
Um 7 Uhr wurde den Veranstaltern des schönen Luftschifferkampfes im «Hotel de
l’Europe» ein vorzügliches Mahl gegeben, wobei der Präsident der «L. Att», M. L6on
Ortmans, den Vorsitz führte, auch hier begleitet und unterstützt von seinen Mitarbeitern,
den Herren L6on Jaques, Dumoulin, Samdam, Kirsch, Bousquet, Moyeno, Snyers, Lim-
bourg, Vandenschilde und Pholien. Vom A. G. B. wurden genannt die Herren Adh. de
la Hault, Capitain Grenson, Leutnant Paul van Meenen, Alfr. Dessy, Alb. Damry, und
Leon de Brouckdre, somit Namen, denen wir schon teilweise in manchen Berichten be¬
gegneten. Nach Hervorhebung von Leistungen und Verdiensten einzelner in einer Reihe
von Toasten erfolgte um 9 Uhr Vortrag alter Gesänge, welche unter stürmischem Beifall
einen schönen Ausklang des Festes brachten. Verschiedene Fahrtbegleiter hatten in
diesen Tagen ihre erste Luftreise gemacht und waren dabei von so herrlichen und
lockenden Eindrücken überwältigt worden, daß sie denselben begeisterten Ausdruck in
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der Presse gaben. «La conquete de Fair* bringt als Beispiel eine dieser «Impressions d’en
haut> von einem Begleiter des Ballons «La Plume au VenU, in der sich freudiges Ent¬
zücken über das Geschaute mit aufmerksamer Verfolgung verschiedener fahrtechnischer
Einzelheiten zu einem trotz beträchtlicher Länge des Berichtes doch sehr anregenden
Gesamtbild darstellen. So hat auch diese Veranstaltung wieder wesentlich dazu bei¬
getragen, Sinn und Verständnis für die LuftschifTahrt in weitere Kreise zu tragen.
K. N.
Weitfahrt des A6ro-Club de France, 6. Juli 1907.
Der A6ro-Club de France veranstaltete sein diesjähriges großes Sommerwettfliegen
am 6. Juli von seinem Ballonplatz zu Goteaux bei Saint-Cloud aus. An dieser Weitfahrt
beteiligten sich zwölf Ballons. Das Ergebnis ist folgendes:
Preise
Ballon
Führer
Landungsort Entfernung
km
Fahrtdauer
Std. Min.
I.
Sartrouville
Ed. Bachelard Ludersdorf bei Bebra 600
20
22
II.
A£ro-Club de Nice
M. Guffroy
Ebertsheim bei Worms, 456
Pfalz
20
4
m.
Limousin
A. Leblanc
Albersweiller bei Landau, 434
Pfalz
18
1
IV.
Quo Vadis
R. Gasnier
Erfweiler bei Dahn, Pfalz 413
18
47
Trotz des schwachen Windes
Ballons über die deutsche Grenze.
und der Gewittergefahr gelangten
doch
sieben
Internationale Weitfahrt des A6ro-Club de France, 29. September 1907.
Zugelassen zu der Weitfahrt am 29. September 1907 werden 20 Ballons der
2., 3. und 4. Kategorie, also von 601 bis 1600 cbm Inhalt. Die Ballons werden nicht
gehandicapt. Die Ballonfahrt ist offen für Führer des Aöro-Club de France und den
mit diesen in Beziehung stehenden französischen Vereinen, sowie für ausländische Führer
der T. A. I. (je ein Ballon pro Nation). Die Einschreibegebühr beträgt 200 Fr. Die An¬
meldung muß bis zum 17. September bei dem A6ro-Club de France erfolgen; das ge¬
samte Ballonmaterial muß am 28. September mittags bei der Sportkommission abgeliefert
werden. Die Abfahrt der Ballons erfolgt am 29. Septembor um 4 ‘/* P- m. vom Jardin
des Tuileries aus. Ausländische Ballons können zollfrei eingeführt werden: der Trans¬
port auf der Eisenbahn erfolgt zum halben tarifmäßigen Preise. Das Leuchtgas wird
für alle Ballons unentgeltlich geliefert.
Als Preise stehen bis jetzt zur Verfügung solche im Werte von 100 bis 1500 Fr.
Außerdem haben silberne Medaillen gestiftet der Aero-Club für den Führer, der das
beste Bordbuch geführt hat, die Zeitschrift «l’Auto* für den besten ausländischen Führer
und die Zeitschrift «Les Sports» für den besten französischen Führer.
Düsseldorfer Ballon-Wettfahrt vom 9. Juni 1907.
Der gegen die Entscheidung der Jury über das Düsseldorfer Wettfliegen von zwei
Seiten erhobene Protest ist von den betreffenden Herren zurückgezogen worden, nach¬
dem sich klar herausgestellt hat, daß das Reglement der F. A. J. in der Tat noch Un¬
vollkommenheiten enthält, die grade bei diesem Wettfliegen hervorgetreten sind. Diesen
Mängeln soll auf dem internationalen Luftschiffertage in Brüssel abgeholfen werden.
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In dankenswerter Weise hat andererseits das Organisationskomitee in Düsseldorf
nachträglich einen 7. Preis gestiftet, der der Reihenfolge gemäß dem Ballon «Köln* zu¬
fällt. $
Als Nachtrag zu dem im Augusthefte erschienenen Bericht über den Verlauf der
Wettfahrt bringen wir hier noch ein Bild des Ballonplatzes, das versehentlich dem
Berichte nicht beigefügt wurde.
Phot. v. Abercrone.
Düsseldorfer Ballonwettfahrt 9.6.07.
Vereine und Versammlungen.
Deutscher Luftschiffer-Verband.
Als Ort der diesjährigen Tagung des Deutschen Luftschifferverbandes
ist in letzter Stunde, nachdem die Wahl lange zwischen Köln und Düssel¬
dorf geschwankt hat, Köln bestimmt. Als Termin der Tagung ist, wie schon
früher mitgeteilt, der 11. September angesetzt. Wegen der Tagesordnung
vergl. die Mitteilungen im Augustheft.
Jamestown Aeronautical Congress.
Die Sitzungen des Jamestown International Aeronautical Congress finden in der Kongre߬
halle der Jamestown Exposition zu Norfolk, Virginia, am 28. und 29. Oktober d. Js. statt.
Außerdem werden Aufstiege und Flüge von der Ausstellung aus und eine Spezial¬
ausstellung in dem aeronautischen Pavillon veranstaltet. Der Präsident des Kongresses
ist Herr Willis L. Moore; der Generalsekretär Herr Albert Francis Zahm. Alle auf den
Kongreß bezüglichen Anfragen wie auch die Anmeldung von Vorträgen sind zu richten
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an Herrn Ernest La Rue Jones, 12 East 42 nd Street, New-York City. Dem Organisations¬
komitee gehören die ersten Fachmänner auf dem Gebiete der LuftschifTahrt in Amerika an.
Gründung des Niedersächsischen Vereins für Luftschiffahrt
jnGöttingen.
Anfang Mai d. Js. wurde in Göttingen ein mit zahlreichen Unterschriften versehener
Aufruf versandt, der zu einer Besprechung am 16. Mai d. Js. im kleinen Saale des
Englischen Hofes zu Göttingen einlud, zwecks Gründung eines Vereins für Luftschiffahrt.
Diese Versammlung führte zur Gründung des Niedersächsischen Vereins für LuftschifTahrt
mit dem Sitze in Göttingen. Die Mitgliederzahl stieg noch an demselben Abend auf 52;
jetzt ist_sie schon auf 97 angewachsen. Eine Kommission wurde mit der Ausarbeitung
der Statuten beauftragt. Diese wurden in der Versammlung vom 13. Juni beraten und
in derjenigen vom 26. Juli definitiv genehmigt. Sie schließen sich im allgemeinen den¬
jenigen des Berliner Vereins für LuftschifTahrt an.
Der Ausschub besteht z. Zt. aus folgenden Herren:
Vorsitzender: Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Riecke,
Stellvertretender Vorsitzender: Prof. Dr. Runge,
Schriftführer: Prof. Dr. Ambronn,
Stellvertretender Schriftführer: Dr. Bestelmeyer,
Vorsitzender der Fahrtenkommission: Dr. Gerdien,
Schatzmeister: W. Sartorius;
Beisitzer: Oberst v. Gladiß, Baurat Jenner, General v. Schuh. Prof. Wiechert.
Für Aufstiege hat der Verein einen nächst der Gasanstalt gelegenen Platz gemietet,
nach welchem eine 350 mm Rohrleitung gelegt wurde, sodaß die Füllung eines Ballons in
V* Stunde geschehen kann. Der Gas£reis wurde von der Stadt in entgegenkommender
Weise auf 8 Pfg. festgesetzt.
Da der Verein z. Zt. noch keinen Ballon besitzt, wurde beschlossen, vorerst zwei
unterstützte Fahrten (Teilnehmerbeitrag 75 Mk.) sowie Sonderfahrten (360 Mk.) nach Be¬
darf mit geliehenen Ballons auszuführen. Außerdem fand in Göttingen am 5. August ein
Aufstieg von drei Herren des Vereins statt, bei dem bereits die Füllanlagen des Vereins
zur Anwendung kamen.
Der Verein beabsichtigt, seinen Wirkungskreis über Niedersachsen und die be¬
nachbarten hessischen Gebiete auszudehnen, und hat auch bereits eine Anzahl Mitglieder
in den genannten Gegenden. Besonders günstig für Göttingen als Aufstiegsort sind die
große Entfernung vom Meer wie von der russischen Grenze, die große Wahrscheinlichkeit
über hübsche Gegenden zu fahren, sowie der niedere Gaspreis.
Der Jahresbeitrag wurde auf 12 Mk. festgesetzt. Wünscht ein Mitglied die Zu¬
sendung der Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen, so erhöht sich sein Jahresbeitrag
auf 20 Mk.
Berliner Verein für Luftschiffahrt.
Zu einer Gedächtnisfeier für den am 17. Februar d. Js. verstorbenen großen
Meteorologen Wilhelm v. Bezold hatten für den 21. Juni, an welchem Tage der Ver¬
ewigte das 70. Lebensjahr vollendet haben würde, die drei wissenschaftlichen Gesell¬
schaften Berlins eingeladen, in denen er am meisten und am liebsten gewirkt hat:
die Deutsche Physikalische Gesellschaft, die Deutsche Meteorologische Gesellschaft und
der Berliner Verein für LuftschifTahrt. Die Büste v. Bezold hatte man inmitten einer
reichen Dekoration von Blattpflanzen aufgestellt. Nächst den Angehörigen des Gefeierten
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hatten mehrere Ehrengäste in der vorderen Reihe des großen Hörsaales des Physikalischen
Instituts Platz genommen. Die Gedächtnisrede hielt Geheimrat Professor Dr. Hellmann.
Der Redner wies einleitend darauf hin, wie schmerzlich es sei, diesen Tag, der
zu einem Festtage auserkoren gewesen, als einen Trauertag zu begehen. Schüler und
Mitarbeiter hatten beabsichtigt, dem Jubilar als Festgabe eine Sammlung von Abhandlungen
zu überreichen und damit ihren Gefühlen der Sympathie und Freundschaft Ausdruck zu
geben. Das Schicksal hat es anders gewollt! Die vielseitige Wirksamkeit Wilhelm
v. Bezolds getreu zu schildern und richtig zu würdigen, hält der Redner für schwer,
obwohl er mit dem Verewigten die letzten 21 Jahre in stets gleichbleibender Harmonie
gearbeitet hat. Johannes Friedrich Wilhelm v. Bezold stammt aus Franken. Obgleich
in München geboren, hat er sich stets als Franke betrachtet; denn sein Geschlecht war
über 300 Jahre in Rothenburg an der Tauber seßhaft gewesen. Manche seiner Vorzüge
dürfen als Erbstück seiner Heimat gelten, sein heiteres Gemüt ein Spiegelbild des
sonnigen Frankenlandes, sein Sinn für geschichtliche Betrachtung der Dinge ein Ausfluß
der alten Kultur dieses Landstriches, 'auch seine hohe künstlerische Begabung möchte
als ein Erbteil Rothenburgs anzusehen sein. Zum erstenmal wird in den Annalen dieser
reizvollsten aller fränkischen Städte die Familie Bezold 1478 und zwar als Tuchmacher
erwähnt. 1506 kam sie in den äußeren Rat, 1591 erhielt sie den Wappenbrief. Häufig
bekleiden Bezolds das Amt des Bürgermeisters, auch noch Wilhelm von Bezolds Großvater
war Bürgermeister von Rothenburg. Erst der Vater, Daniel Gustav v. Bezold, verließ
Rothenburg und hatte später als Ministerialrat in München seinen Wohnsitz. Hier wuchs
Wilhelm v. Bezold, stammend aus der zweiten Ehe des Vaters mit der Rothenburger
Patrizierin Sabine Albrecht, im Kreise von 6 Stiefgeschwistern und einer rechten Schwester
auf. Die erste Schulbildung empfing er in der Volksschule, zeitig hübsches Zeichentalent
verratend. An dem späteren Gymnasialunterricht fand er — Mathematik ausgenommen
— wenig Gefallen. Ein Lehrer glaubte, ihm raten zu müssen, die Schule zu verlassen
und sich einem «bürgerlichen» Beruf zuzuwenden. Es geschah indessen nicht, vielmehr
wurde Michaelis 1856 das Gymnasium absolviert. Bis Ostern 1858 studierte Wilhelm
v. Bezold in München; Physik bei v. Jolly, Mathematik bei Seidel, Chemie bei Justus
v. Liebig. Wilhelm Webers Ruf als Physiker bestimmte ihn dann, die Universität
Göttingen zu beziehen. Webers praktische Übungen regten ihn sehr an, daneben mathe¬
matische Studien bei Moritz Stern und Bernhard Riemann. Auf Anregung des letzteren
widmete er seine Doktor-Dissertation der Theorie des Kondensators. Am 12. August
1860 wurde er zum Doktor promoviert. Nach München zurückgekehrt, wurde Wilhelm
v. Bezold Assistent am physikalischen Institut der Universität und schon 1861 Privat¬
dozent der Physik. Nach einer langen Reise nach England und Frankreich wurde er
am 1. Juni 1866 zum außerordentlichen Professor an der Universität München ernannt,
am 1. Oktober 1868 aber zum ordentlichen Professor an der neuerrichteten technischen
Hochschule für mathematische und angewandte Physik. Am 5. September 1868 hatte
er sich mit Marie Hörmann v. Hörbach, einer Tiroler Familie angehörig, vermählt. Der
überaus glücklichen Ehe erwuchsen zwei Kinder, eine Tochter und ein Sohn.
Der Redner verbreitete sich hierauf ausführlich über Wilhelm v. Bezolds wissen¬
schaftliche Tätigkeit, die anfänglich fast allein der reinen Physik zugute kam, bis seine
Lehrtätigkeit an der technischen Hochschule ihm die Aufgabe nahe legte, über verschiedene
Kapitel der angewandten Physik, wie Heizung, Ventilation, Beleuchtung, zu lesen. Alle
diese Nutzanwendungen der Physik sind ihm später von Vorteil gewesen. Seine eigenen
wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigen sich mit Vorliebe mit der Elektrizitätslehre und Optik.
Ein eigenes Laboratorium stand ihm damals noch nicht zur Verfügung. Wilhelm v. Bezold
sah sich deshalb genötigt, vielfach den Schwerpunkt seiner Arbeiten auf die Theorie zu
legen, die er aber stets durch einige Experimente zu stützen suchte. Auch seine
Habilitationsschrift hatte er 1861 aus dem Gebiet der Elektrizität gewählt «Über die
physikalische Bedeutung der Potentialtheorie»; im engeren Zusammenhang damit stand
eine Untersuchung über den Elektrophor vom Jahre 1870/71. Immerhin scheinen, seit
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 15
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354
Wilhelm v. Bezold an der technischen Hochschule wirkte, ihm dort mehr instrumentelle
Hilfsmittel zu Gebote gestanden zu haben. Denn fortan bevorzugen seine physikalischen
Arbeiten immer mehr die experimentelle Richtung, durch Influenz hervorgerufene Ent¬
ladungen zwischen zwei nicht leitenden Flächen, und eine neue von ihm gefundene
Art von Staubfiguren, die er als ein gutes Prüfungsmittel erkannt, um einfache von
alternierenden Entladungen zu unterscheiden. Im weiteren Verlauf dieser Untersuchungen
machte er dann im Winter 18(19/70 die wichtige Entdeckung der elektrischen Drahtwellen.
Leider ging er dieser Sache nicht weiter nach, bis sie 1892 von Hertz, der auf anderem
Wege zu gleichem Resultat gelangt war, der Vergessenheit entrissen wurde. Die be¬
treffende Arbeit Wilhelm v. Rezolds ist zweimal in deutscher Sprache, sowie in eng¬
lischer und französischer Uebersctzung gedruckt worden, fand also reichliche Verbreitung.
Es scheint, daß die damalige Zeit für die späteren epochemachenden Entdeckungen noch
nicht reif war. Auch dem Bildungsgesetz der bekannten Lichtenbergschen Figuren ging
Wilhelm v. Bezold nach. Die unter Glasplatten fixierten elektrischen Figuren, jetzt
wieder im deutschen Museum in München, legen von dem experimentellen Geschick ihres
Urhebers rühmliches Zeugnis ab. Die optischen Forschungen Wilhelm v. Bezolds betreffen
die Farbenlehre und die physiologische Optik. Bei seiner hohen künstlerischen Veranlagung
und der von Kindheit an ausgesprochenen Liebe zur Malerei war es begreiflich, daß er
seine reichen Kenntnisse auf dem Gebiet in den Dienst der Kunst stellte und 1874 ein
gröberes Werk «Die Farbenlehre im Hinblick auf Kunst und Kunstgevverbo herausgab.
Über Optik und Elektrizitätslehre gelangte Wilhelm v. Bezold zur Meteorologie. Das prächtige
Phänomen des Alpenglühens gab den ersten Anstoß. Seine «Beobachtungen über die
Dämmerung > im 128. Band von Poggendorfs Annalen werden mit Recht als eine seiner
besten Arbeiten angesehen. Doch mehr noch als das Studium der Dämmerung waren
es Untersuchungen über Gewitter und Blitzgefahr, welche Wilhelm v. Bezold allmählich
der Meteorologie näher brachten. In der Gewitterkunde hat er sich von 1869 bis an
sein Lebensende als der bedeutendste deutsche Forscher erwiesen.
Berechtigtes Aufsehen erregten zwei Berichte an die Münchener Akademie aus
1874 und 75, in der Wilhelm v. Bezold an der Hand eines großen statistischen Materials
nachwies, daß die Blitzgefahr von der Mitte der 30er Jahre bis in die 70er stetig zu¬
genommen hatte, daß die zeitliche Verteilung der Schadenblitze, ebenso wie der Gewitter,
zwei Perioden größter Häufigkeit im Sommer aufweist und daß begründete Vermutungen
bestehen über Beziehungen im säkularen Gange der Erscheinungen zu dem der Sonnen¬
flecke. Nach Veröffentlichung dieser Arbeiten wurde Wilhelm v. Bezold in die Reihe der
Mitglieder der Kgl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Später sehen
wir Wilhelm v. Bezold als tonangebendes Mitglied einer Kommission, um für Bayern ein
organisiertes Netz meteorologischer Stationen ins Leben zu rufen. Nach definitiver
ministerieller Genehmigung des aufgestellten Entwurfes Juli 1872 wurde Wilhelm v. Bezold
unter Belassung im Hauptamt als Professor an der technischen Hochschule zum Direktor
der bayerischen meteorologischen Zentralstation ernannt. Schon am 1. Januar 1879 war
die Mehrzahl der Stationen 31 von 34 im Gange. Und im Juni 1879 bereits waren ihnen
245 Stationen zur Gewitterbeobachtung angeschlossen worden. Gleichzeitig mit diesen
wichtigen Gewitterbeobachtungen beschäftigte sich Wilhelm v. Bezold mit den bekannten
Kälterückfällen im Mai, auch hier Erklärungen bringend, die in der Folgezeit zwar
nicht als völlig erschöpfend anerkannt wurden, aber in meteorologischer Beziehung immer
Wert behalten werden. Noch einmal nahm Wilhelm v. Bezold 1884 seine Untersuchung
über die Blitzstatistik in Bayern auf und fand, daß die Zahl der Beschädigungen durch
Blitz noch immer zunehmen. (Als er zum letztenmal 1899 auf diese Frage zurückkam,
war die Blitzgefahr sogar auf das Sechsfache derjenigen von 1833 gestiegen.) Da die
Gewitter eine ähnliche Zunahme nicht aufweisen, kann der Grund nicht in rein
meteorologischen Verhältnissen gesucht werden.
Diese Betätigungen Wilhelm v. Bezolds und seine fördernde Teilnahme an der Grün¬
dung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft im November 1883 hatten die Auf-
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merksamkeit maßgebender Kreise auch außerhalb Bayerns auf ihn gelenkt. Und als 1885
die Reorganisation des Preußischen Meteorologischen Instituts endlich in Angriff ge¬
nommen wurde, erging an Wilhelm v. Bezold der Ruf als Professor der Meteorologie an
der Berliner Universität und Direktor des Meteorologischen Instituts, den er annahm;
wenn auch nach einigen Bedenken, da er gern in München geblieben wäre.
Jetzt begann der zweite Abschnitt seines Lebens, der Wilhelm v. Bezold in glänzender
Entfaltung seiner Talente auf die Höhe des Ruhms geführt hat. Von dieser Zeit und
der überaus fruchtbaren Tätigkeit Wilhelm v. Bezolds gab der Redner eine sehr eingehende,
zum Teil streng wissenschaftliche Darlegung. Was Wilhelm v. Bezold auf zahlreichen
wissenschaftlichen Gebieten geleistet, wie er fördernd, beratend, helfend eingriff, das ist
in der lebhaften und dankbaren Erinnerung der Gegenwart. Die drei seine Manen
feiernden Gesellschaften wissen davon zu berichten. Ein ganz besonderes Interesse
widmete er von 1893 bis 1903 den Untersuchungen über den Erdmagnetismus. Eine
Gesamtausgabe seiner Abhandlungen über Meteorologie und Erdmagnetismus hat er im
Herbst vorigen Jahres noch erscheinen sehen.
Große Ehrungen wurden ihm zu teil. Als auswärtiges oder als Ehrenmitglied ge¬
hörte er allmählich fast allen Akademien und gelehrten Gesellschaften an. Für alle diese
und andere Ehrungen war er von Herzen dankbar und legte Wert auf sie als Anerkennung
seiner Bestrebungen. Am meisten aber fühlte er sich beglückt durch die Huld seines
Kaisers, der öfters Berichte über neue Erscheinungen auf meteorologisch-magnetischem
Gebiet von ihm entgegennahm. Der äußere Lebensgang Wilhelm v. Bezolds in Berlin war
ein ruhiger und glücklicher. Der erste finstere Schatten, der in sein Leben fiel, war der
plötzliche Tod seiner Gattin im Dezember 1900. Er war von zarter Konstitution, aber
im allgemeinen von guter Gesundheit. Nur in den letzten zwei Jahren zeigten sich
immer deutlicher Spuren einer schweren Krankheit, gegen die er im Sommer 1906 ver¬
geblich durch den Besuch von Gastein ankämpfte. Von Weihnachten an war er meist
ans Bett gefesselt, bis ihn am 17. Februar ein sanfter Tod erlöste. Die Meteorologie
verliert in Wilhelm v. Bezold einen ihrer bedeutendsten Vertreter, gleich verdient durch
eigene Forschungsarbeiten wie durch organisatorische Leistungen, die Physik einen ge¬
wandten Experimentator, die wissenschaftliche Aeronautik einen ihrer besten Berater und
Förderer. Seine Freunde und Kollegen, Mitarbeiter und Schüler aber, die für ihn Liebe
und Dankbarkeit empfinden, werden sein Gedächtnis für alle Zeit wahren und hoch in
Ehren halten.
Literatur.
G. Espitallier, La Technique du Ballon. Encyclopedie Scientifique publiS sous la
direction du Dr. Toulouse. Biblioth£que de Möcanique appliqu^e. Verlag
0. Doin in Paris, 1907, 12X28 cm, 480 Seiten mit 108 Figuren, kart. Preis 5 Fr.
Vorliegendes Buch von unserem langjährigen, hochgeschätzten Mitarbeiter, dem
Vorsitzenden des C. P. I. A., ist ein in jeder Beziehung technisch wissenschaftliches.
Es bietet keine Unterhaltungslektüre, cs zeigt den innigen Zusammenhang der aeronau¬
tischen Technik mit Physik, Mechanik und Chemie. Der Verfasser hat das Material in
eine 18 Kapitel umfassende knappe, übersichtliche Form gebracht. Um einen Begriff
von dem reichhalligen Inhalt zu geben, seien die Kapitel hierunter angeführt:
I. Allgemeine Betrachtungen;
II. Die Atmosphäre;
III. Das barometrische Gesetz;
IV. Gewicht und Auftrieb eines Gases;
V. Der Druck des Gases im Innern des Aerostaten;
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VI. Die vertikale Bewegung des Ballons, statische Studie;
VII. Die vertikale Bewegung des Ballons, dynamische Studie;
VIII. Die horizontale Bewegung der Aerostaten;
IX. Rationelle Praxis einer Freifahrt;
X. Mittel zur Bekämpfung der vertikalen Gleichgewichtsstörungen;
XI. Die Überanstrengung der Stoffe;
XII. Die geometrische Form des Ballons;
XIII. Ballon-Familien;
XIV. Anwendung der geodätischen Theorie für die Konstruktion von Netzhemden;
XV. Ballonstoffe, Art der Konstruktion der Hülle;
XVI. Ventil und Füllansatz;
XVII. Takelage und Zubehör;
XVIII. Die Darstellung von Wasserstoffgas.
Wie der Verfasser selbst hervorhebt, gebührt das Verdienst, in dieser Weise die
Aeronautik mit der Wissenschaft verbunden und zu einer wahrhaftigen Technik erhoben
zu haben, dem verstorbenen Obersten Charles Renard, welcher im Jahre 1875 als
Mitglied zu jener Kommission kommandiert war, die unter Leitung des Obersten Laussedat
zusammengesetzt wurde, um die Militär-Luftschiffahrt zu studieren und zu organisieren.
Renard gebührt ohne Zweifel der Ruhm, der Schöpfer der modernen Luftschiffahrt ge¬
nannt zu werden, und man darf wohl behaupten, daß alle Luftschiffer, nicht nur in
Frankreich, sondern auch in Deutschland und anderen Ländern, von Charles Renard ge¬
lernt haben. Espitallier war ein Schüler Renards. Wir glauben daher, nicht irre zu
gehen, wenn wir in ihm einen Apostel des großen aeronautischen Lehrers erkennen, der
in seinem Geiste zu uns redet. In der Vorrede läßt uns Espitallier auch keinen Zweifel
hierüber und er hebt, die eigene Persönlichkeit bescheiden zurücksetzend, die Verdienste
des großen Meisters gebührend hervor. Aber der Verfasser selbst hat sehr viel Neues
von eigener Geistesproduktion hinzugetragen, er hat mit großer Sachlichkeit das gesamte
Material durchgearbeitet und nach den neuesten Forschungen umgestaltet, wofür wir ihm
sehr dankbar sein müssen.
Das Buch steht einzig da in seiner Art, es ist unentbehrlich für jeden akademischen
Techniker, der die Absicht hat, sich eingehend mit der statischen Luftschiffahrt zu be¬
schäftigen. Es kann daher nur auf das beste allerseits empfohlen werden.
H. W. L. Moedebeck.
M^jor B. Baden-Powell, Ballooning as a sport. 13X19 qcm, 135 Seiten mit 3 Bildern.
Verlag William Blackwood and sons. Edinburgh and London 1907.
Das sehr frisch und gefällig geschriebene Buch des bekannten Präsidenten der
Aeronautical society of Great Britain zerfällt in vier Hauptteile, nämlich: «Wie ich
ballonfahren lernte», «Eine Fahrt himmelwärts», «In einem italienischen Kriegsballon*
und «Die Ballonschiffahrt*. Bis auf den letzten Teil, der belehrend gehalten ist, sind
es Erzählungen von eigenen Erlebnissen. Das Buch hat demnach den guten Zweck, zum
Ballonsport anzuregen und über ihn in leicht faßlicher Weise aufzuklären. Man kann
wünschen, daß dem Verfasser dieser Zweck wohl gelingen möge, ist es doch auch ge¬
rade zu rechter Zeit in England erschienen. H. W. L. Moedebeck.
Pfltzner-Urtel, Der Automobilmotor und seine Konstruktion. Autotechnische
Bibliothek, Bd. 1. Verlag M. Krayn, Berlin. Preis gcb. Mk. 8,70.
Automobilmotor und Luftschiffmotor sind so nahe Verwandte, daß dieses in Auto¬
mobilistenkreisen schon längere Zeit sehnliclist erwartete Buch, sicherlich auch bei den
Flugtechnikern, den verdienten Anklang finden wird. Es fehlte bis jetzt an einem Werk,
das wie das vorliegende kurz und klar, auch dem technisch weniger Gebildeten ver-
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ständlich, die Konstruktionsschwierigkeiten der Automobilmotoren, die Vor- und Nachteile
der verschiedenen Konstruktionen, der Anordnungen der Einzelteile, der Einbaumöglich¬
keiten usw. darstellt. Die wenigen über diesen Gegenstand bereits vorhandenen Bücher
sind fast alle mehr in Rücksicht auf den Betrieb und die Wartung der Motoren und für
Laien geschrieben und naturgemäß sehr ausführlich und weit ausholend gehalten. Dieses
stellt sich von vornherein auf einen höheren Standpunkt und beschränkt sich auf die
konstruktive Seite des Benzinmotors, behandelt also nicht Zubehörteile wie Kühler,
Zündapparate und dergl., auch nicht Elektromotoren. Die autotechnische Bibliothek,
deren erster Band dies Buch ist, dürfte sich hiermit gut eingeführt haben.
Nachdem im ersten Kapitel ein «Überblick über die Entwicklung des Automobil¬
baues» gegeben und hierin die allgemeine Aufgabe für die Bewegung eines Straßenfahr¬
zeuges mittels Motorkraft sowie die Notwendigkeit gründlicher konstruktiver Durch¬
bildung der Motoren festgestellt ist, werden im folgenden Kapitel «die leitenden Gesichts¬
punkte für die Konstruktion», im dritten «die Materialien* behandelt. Im vierten «die
konstruktive Ausbildung des Motors» benannten Kapitel, das den weitaus größten Teil
des Buches in Anspruch nimmt, werden dann die Wahl der Hauptabmessungen, die An¬
ordnung und Gestaltung der Zylinder, der Rohranschlüsse, der Kurbellager, des Trieb¬
werks, des Kurbelgehäuses usw. kritisch beleuchtet.
Die einzelnen Unterabteilungen behandeln ihre Themata erschöpfend, ohne sich in
Einzelheiten zu verlieren oder ermüdend zu wirken, was besonders von dem Nicht¬
spezialisten, der das Werk zu seiner Orientierung in die Hand nimmt, angenehm
empfunden werden dürfte. Klare und nicht zu dünnstrichige Zeichnungen tragen viel zur
Erleichterung des Verständnisses bei, so bei der Besprechung der verschiedenen Ventil¬
anordnungen und ihrer Einwirkung auf die Kühlung, die Form des Zylinderkopfes und
Steuerung, ferner bei der Einformung der Gußteile u. a. Es sei besonders hervorgehoben,
daß die Zeichnungen einheitlich und genau dem Zweck des Buches angepaßt erscheinen,
ohne überflüssiges Beiwerk, wie man es häufig bei zusammengeborgten Klischees mit in
den Kauf nehmen muß.
In einem Anhang wird in sehr anschaulicher Weise die Ausbalancierung der freien
Kräfte graphisch behandelt. Es sind Schaulinien für 1-, 2-, 3-, 4- und 6-Zylindermotoren
aufgestellt.
Wenn das Buch auch dem Motorenkonstrukteur grundsätzlich Neues nicht bietet,
so wird auch ihn die übersichtliche und kritische Darstellung und die scharfe Hervor¬
hebung des Wesentlichen befriedigen. Es wird ohne Zweifel zu der von den Verfassern
erstrebten Klärung der Grundanschauungen auf diesem Spezialgebiet viel beitragen.
Besonders vom Standpunkt des Flugtechnikers ist es zu bedauern, daß die Ver¬
fasser nicht auch den 8-Zylindermotor in ihre Arbeit mit einbezogen haben, auch wäre
eine kurze von guten Abbildungen unterstützte Beschreibung gebräuchlicher und be¬
währter Typen renommierter Fabriken wohl noch am Platze gewesen. Vielleicht werden
spätere Auflagen auch diese Wünsche erfüllen. W—y.
Comptes Rendns 1907, Nr. 19 (13.Mai 1907). Canovetti, sur la räsistance de Fair
au mouvement des corps. Durch Versuche, die der Verfasser mit 3 qm
großen Flächen auf Drahtseilbahnen bei Geschwindigkeiten von 5—16 m/sec.
angestellt hat, findet er als Gesetz der Änderung des Widerstandes mit der
Geschwindigkeit
R = 0.0324 v # -f 0.432 v.
Russische Literatur aus dem Jahre 1906.
Kologriwow. Erfahrungen aus dem japanischen Kriege. In russischen
Militärkreisen stand man zu Beginn des Krieges dem möglichen Nutzen der LuftschifTer-
truppe sehr skeptisch gegenüber, so daß das bereitgestellte Material an Ballons und
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Chemikalien zur Gaserzeugung leider recht spärlich bemessen war. Indessen trat der
Nutzen der Truppe bald in augenfälliger Weise zutage und die Stimmung schlug in
das Gegenteil um. Besonders gelungen war eine Aufnahme der japanischen Positionen
unter starkem Schrapnellfeuer bei Sandepu am 6. Januar 1905, sowie die Erkundung
der innersten japanischen Positionen vor Mukden gegenüber dem 5. sibirischen und
dem 8. und 17. Armeekorps. Sehr gut fiel auch ein bei Charbin unternommenes Manöver,
die Beschießung eines Forts darstellend, aus. Das Fort wurde zunächst vom Ballon aus
photographisch aufgenommen und sodann die Aufnahmen in eine Reihe numerierter
Quadrate geteilt. Ein Exemplar befand sich bei der schießenden Batterie, das andere
in dem 1 */• km entfernten Ballon, von wo aus die Treffer telephonisch gemeldet wurden.
Sehr ungünstig war im ganzen Verlauf des Krieges für die russischen Luftschiffer, daß
sich die feindlichen Positionen meist im Süden befanden und Aufnahmen um die Mittags¬
zeit durch die Sonne gestört wurden. Am Morgen hinderte gewöhnlich leichter Nebel
oder Staubschichten die Fernsicht, so daß sich als günstigste Tageszeit für die Erkundung
die Zeit um 3 h p. ergab. Die günstigste Höhe war gewöhnlich 300 m. Der Artikel ent¬
hält noch eine Reihe Einzelheiten über die Form, in der sich feindliche Befestigungen
vom Ballon aus darstellen. Elmar Rosenthal.
Patent- and Gebranchsmnsterschan in der Luftschiffahrt.
Deutsche Patente.
Anmeldungen.
77 h R 2*2676. 28. 4. 06. Arnold Reinshagen n. Ernst Trimpler, Beraburg. — Drachen¬
flieger. (Einspruchsfrist bis 10. September 1907.)
77 h M 32266. 14. 5. 07. Motorluftsciiiflf-Studiengcsellschaft mit beschrUnkter Haftung,
Berlin-Reinickendorf, West. — Überdruckventil für Luftballons.
Erteilungen.
ISS947. 8. 12. 05. Jacob Christian Hanseu-Ellehamnaer, Kopenhagen; Vertreter: Pat.-
AnwUite Dr. R. Wirth, C. Weihe, Dr. II. Weil, Frankfurt a.M. 1 u. W. Dame, Berlin,
S. W. 13. — Vorrichtung zum Erhalten der Gleichgewichtslage von Luftschiffen.
Französische Zusatzpatente.
6 685. (1. Zusatz zu 361 723). Jean Constantin, Frankreich. — Aviateur equilibr£.
Das Gleichgewicht eines Fliegers soll durch zweckmäßige Verteilung der Kräfte
erreicht werden.
6 785. (1. Zusatz zu 369683). 18. 10. 06. D£sire Sival, Frankreich. — H61icopt£re.
Statt der einen Schraube des Hauptpatentes werden zwei gegenläufige Schrauben
angewendet. Zum Steuern wird eine am Korbe angebrachte Schraube benutzt,
die je nach ihrem Drehsinn (!) den Apparat steuern soll.
6945. (4. Zusatz zu 300 646.) 22. 11.06. Jean Tarbe, Frankreich. — Nouveau Systeme
de cerf-volant, dit: Aeroplane captif. Versteifter quadratischer Drachen.
6980. (1. Zusatz zu 369 704.) 30. 11. 06. Jean Jßrome Paul Le Grand, Frankreich. —
Automobiles afcriens ä trolieys. Korbaufhängung bei Luftschiffen mit Kraftzuführung
durch Trolleys.
Amerikanische Patente.
837 472. 4. 12. 06. Edward Hutchinson, Panuco, Mexiko, Air-Ship. Tragfläche mit
Öffnungen, in welche sich Luftschrauben drehen.
837 784. 4. 12. 06. Emil Mederic Bossuet, Paris, dirigibie Balloon. Der Ballon ist
ein drehbarer Doppelkegel, der mit Schraubenflächen besetzt ist. Identisch mit
D. R. P. 175 476.
838 673. 18. 12. 06. George M. West, Los Angeles, Californien. Automobile Aerial
Navigator. Flieger in Vogelform mit Flügeln zum Heben, Wendeflügeln zum Vor¬
wärtstreiben.
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359 €«44
839 548« 25. 12. 06. George West Byron, Washington« Air-Ships. Drachenflieger mit
zwei übereinanderliegenden, vorn spitzen Tragflächen. Vorn ein, hinten zwei
Propeller, seitlich je ein Propeller zum Steuern.
840 078. 1. 1. 07. John Meden, St. Lonis. Air-Ship. Flügelflieger mit elektrischem
Antrieb.
840339« 1. 1. 07. Henry II. Johnson, Avoca, Jowa. Air-Ship. Schraubenflieger, bei
welchem die Schraubenflügel unter verschiedener Steigung eingestellt werden
können.
841 394. 15. 1. 07. Elisha M. Hartman, South Bend, Ind. Wing-Operating Mechanism.
Antrieb für Flügel durch Zahnräder.
841 581. 15. 1. 07. George G. Schroeder, Washington. Brake for aerial Navigation.
An Seilen laufende Luftschiffe werden auf den Stationen dadurch gebremst, daß
um den Tragkörper elastische Federn greifen.
842 505. 29. 1. 07. Philip H. Unsinger, Toledo, Ohio. Car of Navigable Balloons. Am
Korb ist vorn und hinten je eine nach allen Richtungen verstellbare Schraube
angebracht.
843 476. 5. 2. 07. William Morgan, Fort Plain, N.-Y. Flying-Maehine. Drachenflieger.
844 172. 12. 2. 07. A. Mc. Carthy, New-York, Aeronautieal Maehine. Schraubenflieger
mit Antrieb durch Segelräder.
Der Luftball.
Von Th. Hermann, Barmen.
Mel.: Sch’n Sie, das ist ein Geschäft.
In seinem Luftball froh und keck,
Fuhr auf ein LuftschifTmann,
Gleich war er von der Erde weg,
Kam bei St. Petrus an.
St. Petrus sprach: «Was ist denn das?»
Kroch hinters Himmelstor;
Die Englein hatten großen Spaß
Und kicherten im Chor:
Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw.
«Wohlan, o Petrus, laß mich ein,
Die Türe öffne schnell!»
Doch Petrus sprach: «Das kann nicht sein.
Fahr’ weiter nur zur Höll’!»
Und kurz entschlossen mit dem Ball
Flog weiter dann der Mann
Ein Stück noch durch das Himmelsall,
Kam vor der Hölle an.
Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw.
Das ganze Höllenpersonal
Ergriff da schnell die Flucht,
Als es den gasgefüllten Ball,
Erblickt’, und schrie: « Verrucht!
Das gibt ein Unglück, sauve qui peut!
Der sprengt das ganze Haus!
Und mit der ganzen Höll’, o weh’,
Ist’s dann für immer aus!»
Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw.
Kaum hörte das des Tapfern Ohr,
Warf er den letzten Sand,
Flog schleunigst durch das Höllentor
ln all den Höllenbrand.
Die Hölle explodiert im Nu,
Seitdem sind wir sie los,
Und vor dem Teufel han wir Ruh’:
Ist das nicht ganz famos?
Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw.
Doch unser Held hatt’ keine Pein,
Er blieb ganz heil und hell,
Flog geradeswegs zum Himmel ’nein,
Und meldet sich zur Stell’.
St. Petrus sprach: «Jessmariejupp,
Da ist der Racker doch!»
Dann kam er in die Badestub’,
Weil er nach Schwefel roch.
Seh’n Sie, das ist ein Geschäft usw.
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Luftschifferlied.
Von Th. Hermann, Barmen.
Nach bekannter Melodie.
Welch ein wonnig Leben,
Durch die Lüfte schweben
Gleich dem alten, biedern Dädalus!
Und aus Wolkenhöhen
Sich das Land besehen,
Stolz und froh ihm senden unsern Gruß!
Wie im Traume gleiten
Ungeheure Weiten
Lautlos unter uns und schnell vorbei,
Und als trügen Flügel
Über Tal und Hügel
Uns, so schweben wir in Lüften frei.
Nichts geringes planen
Wir auf stolzen Bahnen,
Wenn das Luftschiff sein Gebiet durcheilt,
Meere sind und Länder
Schon der Herrschaft Pfänder,
Doch das Luftmeer ist noch ungeteilt!
Als moderne Götter
Und Gesellschaftsretter
Thronen wir auf hohem Sonnensitz,
Schleudern hellen Blickes —
Hüter des Geschickes —
Donars Donnerkeil und Jovis Blitz.
Uns so weit zu sehen,
Muß noch viel geschehen.
Und es trifft uns noch so manches Weh.
Viel zu klagen wissen
Wir von Hindernissen,
Sei's ein Sturmwind, sei's die grüne See.
Doch in zäher Liebe
Sind dem Luftgetriebe
Hold und treu wir bis an unser Grab,
Und wir schweben weiter
Ahnungsvoll und heiter,
Rufen siegesstolz «Glück ab>, «Glück ab».
Personalia.
Geh. Reg.-Rat. Prof. Busley, Vorsitzender des Deutschen Luftschifferverbandes und
des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, ist von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog
von Baden das Kommandeurkreuz der Ritter vom Zähringer Löwen verliehen worden.
Prof. Dr. Hergesell ist von S. M. dem Kaiser in Anerkennung seiner Tätigkeit als
Vorsitzender der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt der
Kronenorden III. Kl. verliehen worden. 5
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Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel\
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet
Die Redaktion.
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illustrierte Aeronautische Mitteilungen.
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XI. Jahrgang. -Mi Oktober and November 1907. w 10. u. 11. Heft.
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Aerologie.
Aerologische Expedition nach Island.
Von Hauptmann a. D. Hildebrandt.
Die Notwendigkeit, die höheren Schichten der Atmosphäre über dem
Wasser, welches zu 2 /s unsere Erde bedeckt, zu erforschen, hatte dazu
geführt, daß die internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiff¬
fahrt für dieses Jahr eine Reihe von Schiffsexpeditionen veranlaßte, welche
über dem Meere mittels Ballons und Drachen Untersuchungen der Atmo¬
sphäre angestellt
haben. Damit man
gleichzeitig über
einer größeren
Fläche die Ver¬
hältnisse kennen
lernen konnte,
wurde für den Juli
ein großer Serien¬
aufstieg ange¬
setzt, bei dem so¬
wohl die Land- als
auch die Schiffs¬
stationen in Tätig¬
keit treten sollten.
Als Zeit war hier¬
für der 21. — 27. Dampfer „national“.
Juli festgesetzt. Namentlich dank der rührigen Tätigkeit des Präsidenten, Pro¬
fessor Hergesell, war es gelungen, wenigstens die Meere der nördlichen Halbkugel
mit Schiffsexpeditionen zu beschicken. Fürst Albert von Monaco begab sich
mit seiner Yacht Princeß Alice, an deren Bord sich Hergesell selbst befand,
in die nördlichen Gewässer nach Spitzbergen. Ein russisches Schiff kreuzte
zur selben Zeit an der sibirischen Küste. Dem neuen deutschen Vermessungs¬
schiff Möwe war das Meer zwischen Norwegen und Island zugewiesen; ein
französisches Kriegsschiff befand sich in den Gewässern nördlich der Azoren.
Die bekannte Yacht von Rotch und Teisserenc de Bort, die gemeinsam
operierten, befand sich südlich der Azoren bei den Kap Verdischen Inseln.
Eines der meteorologisch interessanten Gewässer ist aber der Teil des
Ozeans, welcher sich südwestlich und südlich Islands befindet. Hier haben
die meisten Minima ihren Ursprung und ziehen auf den bekannten Zug-
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 46
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Strassen über Europa. Es drohte hier eine bedenkliche Lücke in den Expe¬
ditionen einzutreten. Deshalb entschlossen sich Freiherr von Hewald und
der Verfasser, auf eigene Kosten eine Expedition auszurüsten und in diesen
Gewässern zu kreuzen. Wir mieteten in Kiel einen Kohlendampfer der
Reederei Paulsen & Ivers, der seinen gewöhnlichen Kurs zwischen Rußland
und England hatte. Der erforderliche Einbau des Laboratoriums, der Kabinen
und sonstigen Einrichtungen wurde von der Schiffswerft Stocks & Kolbe
übernommen. Das Schiff, welches nur einen Inhalt von 1100 t hatte, war
als besonders seetüchtig bekannt. Es hatte s. Zt. bereits die Plankton-
Expedition an Bord gehabt und war ferner von der Kaiserlich-Deutschen
Marine für längere Zeit als Vermessungsschiff in der Nordsee verwendet
worden.
An der Expedition nahmen noch teil die Herren Dr. med. Bohn, Cronheim,
Regierungsrat Hofmann, Dr. Rempp vom Meteorologischen Landesdienst in
Straßburg i. Eis. und die Oberleutnants Saage und Schmidt.
Ich beschloß die Untersuchungen lediglich vermittelst Fessel- und Frei¬
ballons durchzuführen; eine Drachenausrüstung wurde nicht an Bord ge¬
nommen. einerseits der vermehrten Kosten halber und dann aber auch
namentlich aus dem Grunde, weil kein eingearbeitetes Personal zur Bedienung
der Drachen zur Verfügung stand. Aus Erfahrung weiß ich, daß ein Arbeiten
mit Drachen unter schwierigen Verhältnissen schwer durchzuführen ist und
daß dazu große Übung aller Beteiligten gehört, wenn man auf gute Erfolge
hinsichtlich der Höhe rechnen will. Es wurden Gummiballons Aßmannscher
Art von der Continental-Kautschukfabrik in Hannover sowie von Paturel
in Paris mitgenommen. Die ersteren hatten einen Durchmesser von 1350
bzw. 1700 mm in ungefülltem Zustande; die Paturelballons ließen sich bis
auf 2 bzw. 3,5 m Durchmesser ausdehnen. Als Instrumente dienten
Hergesellsche Baro-Thermo-Hygrographen, welche bei Bosch in Straßburg
angefertigt waren.
Schwierig war die Beschaffung des erforderlichen Füllgases. Die
deutschen Fabriken erklärten sämtlich, es sei ihnen nicht möglich — auch
nicht gegen eine Leihgebühr —, die erforderlichen Stahlbehälter für die
Expedition herzugeben, weil zuviel Nachfragen seitens der Industrie vorlägen.
Es gelang auch nicht, eine Fabrik zu bewegen, in der kurzen zur Verfügung
stehenden Zeit die Flaschen neu herzustellen. Ich wandte mich deswegen
an eine Liller Firma, welche in Paris eine Vertretung unterhält. Die Gesell¬
schaft «L’Hydroxygene Pur» verhielt sich zunächst auch ablehnend, war
aber dann, als sie hörte, daß das Gas einer wissenschaftlichen Expedition
dienen sollte, sofort bereit, sämtliche Flaschen zu einer sehr mäßigen Gebühr
abzugeben. Ich überzeugte mich in der Fabrik in Lille, die mir bereit¬
willigst gezeigt wurde, von der Güte des auf elektrolytischem Wege her¬
gestellten Gases, jedoch kam ich nicht dazu, das liebenswürdige Anerbieten
der französischen Firma^anzunehmen, da ich noch zur rechten Zeit erfuhr,
daß die Ballonfabrik von August Rüdinger in Augsburg im Besitze von
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Stahlbehältern war, die sie mir ohne Entgelt zur Verfügung stellen wollte.
Ich möchte nicht verfehlen, dieser weltbekannten Fabrik auch hier meinen
wärmsten Dank auszusprechen.
Ich hatte während aller Unterhandlungen, um ganz sicher zu gehen,
bereits in Straßburg im chemischen Institut der Universität mit Professor
Thiele zusammen Versuche angestellt, das nötige WasserstofTgas in größeren
Quantitäten durch Zersetzung von Calcium-Hydrür mit Wasser zu erlangen.
Als sich die Versuche zur Herstellung eines größeren Apparates verdichtet
hatten, erfuhr ich, daß Professor Naß-Charlottenburg bereits dieselben Ver¬
suche angestellt hatte und auch schon einen Apparat für die Herstellung im
Großen praktisch erprobt hatte. Die mir zur Verfügung gestellte Zeichnung
ergab, daß unsere Konstruktion der des Professors Naß sehr ähnelte, daß
dieser jedoch noch
ein besonderes Ver¬
fahren zur Präparie-
rung des Calcium-
Hydrürs ermittelt
hatte, welches die
Gasbereitung außer¬
ordentlich erleich¬
terte. Ich entschloß
mich daher zur Ver¬
wendung des Naß-
schen Apparates, der
in der Berliner Fabrik
von R. Gradenwitz
hergestellt wurde
und noch so recht¬
zeitig in Straßburg eintraf, daß ich die unbedingt erforderlichen Vorversuche
anstellen konnte. Ich habe mit diesem Apparat an Bord mehrfach Gas
angefertigt und bin mit seinen Leistungen ganz zufrieden gewesen. Einige
kleine Mängel sind voraussichtlich leicht abstellbar, sodaß der Apparat für
derartige Expeditionen sowie zur Verwendung auf kleineren meteorologischen
Stationen auf hohen Bergen oder im Auslande aufs beste empfohlen werden
kann.
Das in den Stahlbehältern mitgeführte verdichtete Gas wurde in ein¬
fachem Lattenverschlag in dem Raum unter dem Vordeck aufgestapelt. Die
Einrichtung hat sich auch bei stärkstem Schlingern des Schiffes als aus¬
gezeichnet erwiesen und ist weit billiger und bequemer als die Verpackung
der Gasflaschen in einzelnen Kisten, wie es bei anderen Expeditionen bisher
geschehen ist.
Zur wissenschaftlichen Ausrüstung gehörte außer den erwähnten
Registrierapparaten noch SchifTsquecksilberbarometer, zwei Barographen,
Schiffschronometer, Aßmannsche Aspirationspsychrometer, mehrere Alkohol-
Zwei Freiballons werden fUr den Aufstieg fertig gemacht.
In der Mitte der Sohwlmmer.
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thermometer, ein Schiffsanemometer, das auf der Kommandobrücke befestigt
wurde, und verschiedene andere Instrumente, sowie eine komplette photo¬
graphische Ausrüstung.
Obgleich ich von früher her schon einige Erfahrungen hatte in bezug
auf Aufstiege von Registrierballons und kleineren Fesselballons, nahm ich
doch das Anerbieten von Professor Hergesell an, im meteorologischen
Landesdienst zu Straßburg i. Eis. meine theoretischen und praktischen
Kenntnisse zu erweitern, wobei ich gleichzeitig Gelegenheit nahm, mich bei
der Universität Straßburg dem Studium der Naturwissenschaften zu ergeben.
Auch dem französischen Meteorologen Teisserenc de Bort habe ich wertvolle
Ratschläge zu verdanken. Ferner hat Admiralitätsrat, Professor Dr. Koppen,
Direktor der Drachenstation der deutschen Seewarte zu Hamburg, mich in
liebenswürdigster Weise unterstützt und mir besonders im letzten Augenblick
ebenso wie die Sternwarte zu Kiel und der dortige Assistent Dr. Tetens,
durch Hergabe von Instrumenten, welche auf dem Transport zu Bruch
gegangen waren, aus der Verlegenheit geholfen. Allen diesen Herren spreche
ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank aus.
Die Einbauarbeiten auf dem «National» mußten sehr beschleunigt
werden, weil das Schiff der hohen Kosten halber nur soviel Tage vor der
Ausreise gechartert war, als unbedingt zur Herstellung der Einrichtungen
nötig war. Es war daher zunächst kein besonders angenehmer Aufenthalt
in den frischgestrichenen Räumen unter Deck, als wir am Tage der Ausreise
äm 12. Juli und die folgenden Tage unsere wissenschaftlichen Instrumente
einbauten und das Laboratorium einrichteten. Hierbei muß ich bemerken,
daß ich wertvolle Ratschläge Sr. Hoheit dem Prinzen Albert von Monaco
zu danken habe, der mir während der Kieler Woche fast täglich Gastfreund¬
schaft auf seiner Yacht «Prinzessin Alice» gewährt hat.
Wir fuhren zunächst nach Granton in Schottland, um dort Kohlen zu
nehmen, gingen dann zwischen Shetland- und Orkney-Inseln mit Kurs auf die
Südwestspitze von Island. Programmäßig hätten wir am 20. Juli vor Reyk-
jawik auf Island eintreffen müssen; ich hätte dann nach Einnahme frischer
Vorräte am 21. mit den Aufstiegen beginnen können. Leider machte es
ein in der Nacht vom 19. auf den 20. eintretender heftiger Sturm unmöglich,
an die Küste heranzugehen. Wir waren gezwungen, den Kurs wieder nach
Süden gegen den Wind zu nehmen. Um auf alle Fälle bei längerem An¬
halten des Sturmes wenigstens auf die Westseite von Island zu kommen,
hatte ich in der Nacht vom 20. auf den 21. den Kapitän veranlaßt, Kurs
nach Westen zu nehmen, um die gefährlichen Riffs im Südwesten von Island
zu umschiffen. Dadurch, daß das Schiff breitseits zum Sturm laufen mußte,
war seine Bewegung allerdings sehr heftig. Glücklicherweise klarte das
Wetter am Sonntag auf; wir konnten wieder Nordkurs nehmen und bei herr¬
lichstem Wetter dampften wir am Abend des 21. in den Hafen von Reykjawik
ein. Nach Erfüllung einiger offizieller Besuche beim deutschen Konsul, der
uns schon beim Einlaufen mit einem Motorboot besucht hatte, und beim
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Kommandanten des dort liegenden dänischen Kreuzers — ich war zu diesem
Besuche verpflichtet, weil mir durch Verfügung des Staatssekretärs des
Reichsmarineamts die Führung der Reichsdienstflagge der Marine zugebilligt
war — gingen wir am 22. an der Westküste Islands entlang nach Norden.
Tags zuvor hatten wir bereits einige Vorversuche mit Fesselballons gemacht.
Das Wetter war unsichtig, die Wolken zogen ziemlich tief, außerdem hatten
wir Seewind, sodaß die Verwendung von Freiballons gänzlich ausgeschlossen
war. Wir mußten uns deswegen mit Fesselballons begnügen, bei denen wir
die erforderliche Aspiration des Instruments nach Aßmannscher Methode
durch sehr schnelles Auflassen der zur Verwendung gelangenden Hannover-
Gummiballons in
genügender W eise
erreicht haben.
Die größte Höhe
eines Fesselbal¬
lonaufstiegs wäh¬
rend der Expe¬
dition hat etwa
3000 m betragen;
die genauen Aus¬
wertungen der
Kurven sind noch
nichtbeendet. Am
24. trat sodann
dichter Nebel auf,
sodaß eine andere
Methode als mit
Fesselballons
überhaupt unmög¬
lich war. Des
windstillen Wetters halber hätten Drachen nicht steigen können. Da wir
nämlich außerdem durch plötzliches Sinken der Luft- und Wassertemperatur
feststellten, daß wir in Gefahr gerieten, mit Eisbergen zu kollidieren, wäre
es unmöglich gewesen, durch schnelle Fahrt des Schiffes gegen den Wind
diejenige. Windstärke künstlich zu schaffen, welche für das Aufsteigen der
Drachen erforderlich ist. Wir mußten uns zeitweise mit der Strömung treiben
lassen, um so einen Zusammenstoß mit den Eisbergen zu vermeiden. Nach
Passieren des nördlichen Polarkreises und nach mehrstündiger Fahrt im nörd¬
lichen Eismeer konnten wir sodann schnell einen Fesselballon auflassen, dessen
Registrierkurve uns eine sehr starke Temperaturumkehr vom Meeresniveau ab
anzeigte. Ich ließ sodann wieder Kurs nach Süden nehmen, um in das Gebiet
der Minima hineinzufahren. Es gelang mir dies nur allzugut, denn in der Nacht
zum 25. frischte der Wind sehr auf, um alsbald in Sturm überzugehen. Seinen
Höhepunkt erreichte der Sturm am 26. und erst in der Nacht vom 27, zum
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28. flaute der Wind langsam ab. Jegliches Arbeiten mit Ballons war hier
gänzlich unmöglich. Das nur leicht beladene Schilf rollte so stark, daß wir
zeitweise einen Winkel von 45 0 messen konnten. Ich glaube, daß hier das
Arbeiten mit einem Drachen unmöglich gewesen wäre, wenn auch die
Erfahrungen des «Planet» ergeben haben, daß die Bewegungen des SchifTes
bei genügend ausgelassenem Drahte sich nicht allzusehr auf die Drachen
übertragen. Bei solchem Sturm ist irgend welches Arbeiten ausgeschlossen.
Allerdings muß ich auf Grund meiner Erfahrungen sagen, daß man
bei künftigen Expeditionen doch auf keinen Fall die Drachen entbehren soll.
Wenn wir auch keinen Aufstieg versäumt haben, so hätte doch leicht der
Fall eintreten können, daß man nur durch Verwendung von Drachen zum
Ziel hätte kommen können.
Bei den Fesselballonsaufstiegen wurden jedesmal ein bis zwei Gummi¬
ballons verwandt, von denen die kleineren auf etwa 4, die größeren bis
auf kg freien Auf¬
trieb aufgeblasen wur-
end (ohne Instrument ).
Über den Ballon wurde
ein Netz aus Bautn-
wollfäden, welches nur
ein Gewicht von 50 gr
besaß, gebreitet. Der
zweite Ballon wurde
ev. über den ersten
und zwar über dessen
Netz befestigt. Die
Handwinde stand am
Bug des Schiffes, weil
man fast immer, auch
bei voller Fahrt in der
Windrichtung, mit einem Überschuß an Wind zu rechnen hatte. Sie war verhält¬
nismäßig leicht und einfach gebaut. Besonderes Gewicht hatte der Konstruk¬
teur Dr. Rempp auf gute Lagerung verwandt, damit unter möglichst geringem
Zug ein sehr rasches Abwickeln des Drahtes möglich war. Es hat sich gezeigt,
daß die Ventilation des Instruments genügend gewesen ist. Um Blitzgefahr aus¬
zuschließen, wurde der Draht beim Abfieren wie beim Einhieven mit einer
Handrolle geführt, die mit dem eisernen Schiffskörper verbunden war. Um
die zu starken Schwingungen des Hergesellsehen Instruments zu vermeiden,
wurde das Instrument in einer trapezförmigen Anordnung aufgehängt, die
der Aufhängung des französischen Fesselballonkorbes ähnlich ist. Es hat
sich dies nicht als genügend erwiesen; die Abstiegkurven sind gelegentlich
bis zur völligen Unbrauchbarkeit verwackelt, während die Aufstiegkurven
tadellos scharf aussehen.
Später gelangen auch Freiballonsaufstiege, bei denen die Hergesellsehe
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Methode des Abwerfens zur Anwendung gelangte. Es wurde an der Uhr
des Instruments ein Kontakt hergestellt, der nach einer bestimmten Zeit,
einen elektrischen Strom zum Schließen brachte. Hierdurch wurde ein be¬
sonders konstruierter Abwurfhaken geöffnet und der Ring, an welchem die
zum Ballon führende Leine befestigt war, frei gegeben. Als Schwimmer war
eine Köppensche Konstruktion verwandt. Sie bestand aus drei in den Kanten
einer Pyramide angeordneten und mit einander verbundenen Stäben. Zwischen
zwei von ihnen war ein Stück Leinwand gespannt; eine in der Mitte befind¬
liche mit Wasser gefüllte Flasche sollte zur Regulierung des Gewichtes
dienen. Im Wasser muß diese Vorrichtung horizontal schwimmen, damit
die Leinwandfläche der Fortbewegung einen möglichst großen Widerstand
entgegensetzt. Beim Aufsteigen dagegen wird der Schwimmer so gebunden,
daß er eine vertikale Lage einnimmt, damit der Luftwiderstand ein möglichst
geringer wird. Es war noch dafür gesorgt, daß im Falle des Platzens des
anderen Ballons der elektrische Strom nicht zum Schließen gelangte. Im
englischen Kanal ließen wir noch einige Registrierballons frei fliegen, mit
der ausgesprochenen Absicht, daß sie aufs Land getrieben werden sollten,
damit man die Aufstiegkurven über Wasser und die Abstiegkurve über Land
mit einander vergleichen konnte. Bis jetzt sind diese Instrumente noch
nicht gefunden worden. Jedoch ist dieses noch zu erwarten, weil sie im
bevölkerten Frankreich gelandet sein müssen.
Wir haben noch mancherlei andere Erfahrungen auf dieser Expedition
sammeln können, jedoch würde es zu weit führen, hier darauf einzugehen.
Aeronautik.
Neue Versuche mit dem Zeppelinschen Luftschiff
in Friedrichshafen.
Nachdem, die neue schwimmende Halle soweit fertiggestellt war, daß
sie als benutzbar bezeichnet werden konnte, hat Graf v. Zeppelin sich
entschlossen, die Versuchsreise mit seinem bekannten Luftschiffe fortzusetzen.
An der Luftschiffkonstruktion sind wesentliche Verbesserungen vor¬
genommen worden. Es fiel vor allem auf, daß die Steuervorrichtungen
nicht mehr unterhalb der beiden Spitzen des Ballonkörpers lagen, sondern
rechts und links seitlich am Hinterteil und zwar so hoch, daß sie bei einem
Aufsitzen des Luftschiffes auf dem Wasser beim Landen nicht beschädigt
werden konnten. Zwischen den großen Stabilisierungsflächen waren ferner
mehrere vertikal stehende Steuerflächen eingesetzt worden.
Die Füllung war unter Leitung des Direktors der Motorluftschiffstudien-
gesellschaft Hauptmann v. Kehler und des Schatzmeisters des Berliner
Vereins für Luftschiffahrt Ingenieur und Fabrikbesitzer Gradenwitz am
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23. September in 4 Stunden vollendet worden. Am 24. September morgens
lag ein dichter Nebel über dem Bodensee. Graf v. Zeppelin ließ alle
Vorbereitungen zum Aufstieg treffen.
Die Absicht war nur wenigen bekannt und infolgedessen waren die
Ufer bei Manzell ziemlich menschenleer. Um für alle Fälle sicher zu gehen,
hatte Graf v. Zeppelin den Dampfer «Christoph» gechartert. Eine kleine aus¬
erlesene Gesellschaft, Ihre Durchlaucht die Fürstin von Fürstenberg mit Ge¬
folge, der junge Graf v. Zeppelin mit Gemahlin, Frau Professor Hergesell,
Frau Direktor Uhland, Se. Exzellenz General v. Pfaff mit Gemahlin, Dr. Stol-
berg, Oberingenieur Cober und Unterzeichneter hatten auf dem «Christoph»
Platz genommen, um von hier aus die interessanten Versuche zu beobachten.
Das Luftschiff wurde gegen 11 Uhr vormittags aus der alten Bauhalle
am Lande in Manzell auf das neue eiserne Schwimmfloß gebracht. Die
Das Luftschiff vor der Halle.
«Württemberg» zog alsdann das Floß mehr in den See hinein über den
Ankerplatz der neuen schwimmenden Halle hinaus.
Um 11 Uhr 51 Min. erhob sich das Luftschiff langsam, majestätisch
in die Luft, nahm zunächst Kurs auf die neue Ballonhalle, machte dann
kehrt und fuhr in Richtung auf Romanshorn, wo es sehr bald um 12 Uhr
mittags in einer Höhe von etwa 150 m im Nebel verschwand. Eine lange
Wartezeit bemühten wir uns durch angenehme Haltung und gute Atzung
auf dem «Christoph» zu kürzen.
Plötzlich gegen 2 Uhr 32 Min. nachmittags erscholl von einer Ecke
her der freudige Ruf: «das Luftschiff kommt!». Das Wetter hatte sich in¬
zwischen etwas geklärt und man erblickte nun das von Lindau kommende
Fahrzeug geradeaus auf das Schloß in Friedrichshafen losfliegend, das es
gegen 2 Uhr 40 Min. nachmittags passierte, um sich nun nach der Ballon¬
halle hin zu wenden. Wir glaubten anfangs, es läge die Absicht vor zu
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landen, aber es kam besser, wir sollten noch Zeugen werden von der
Leichtigkeit aller Bewegungen dieses großen Gaskastens. Zunächst fuhr es
an der Ballonhalle vorbei in Richtung auf Schloß Herrschberg, wo es über
dem Lande wieder um 3 Uhr 3 Min. im Dunste verschwand.
Um 3 Uhr 15 Min. wurde es wieder sichtbar im Kurs auf Manzell.
Es fuhr nun um unseren Dampfer herum, machte verschiedene sehr glatt
durchgeführte Lenkübungen nach rechts, nach links, nach oben und nach
unten und setzte sich, nochmals über die Halle fliegend und dabei immer
tiefer gehend, sehr ruhig und elastisch neben der Halle um 3 Uhr 55 Min. auf
die Wasserfläche auf. Nachdem einem Motorboot das Schleppseil gegeben war,
wurde das Luftschiff, in geringer Höhe in Luft schwebend, nach dem Floß bug¬
siert, das inzwischen vor der neuen schwimmenden Halle aufgefahren war.
Das Luftschiff lm Fluge naoh oben.
Gegen 4 Uhr 10 Min. wurde es eingefahren. Der Versuch ist ein in
jeder Beziehung erfolgreicher zu nennen. Das Luftschiff ist über 4 Stunden
in der Luft gewesen, eine bisher unübertroffene Leistung. Es hätte noch
viel länger fahren können, wenn nicht Rücksichten auf die Bergung in der
neuen, noch nicht ganz fertigen Halle es hätten wünschenswert erscheinen
lassen, noch vor Beginn der Dämmerung niederzugehen. Der Zweck der Fahrt
bestand lediglich in der Ausbildung des Personals unter der Leitung des Grafen
v. Zeppelin. In der vorderen Gondel befand sich der Graf persönlich mit dem
Ingenieur Dürr, dem Obervermessungs-Steuermann Hacker und 3 Maschinisten,
in der hinteren Gondel Baron v. Bassus mit 3 Maschinisten. Allgemein
anerkannt wurde die große Stabilität und die Wendigkeit des Fahrzeuges. Die
Geschwindigkeit konnte bei dem anfänglichen Nebelwetter diesmal nicht ganz
genau gemessen werden, jedoch wurde die Maximalgeschwindigkeit von
15 m pro Sekunde bestätigt bei 800 Touren und Ingangsetzen beider Motore.
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Die Stimmung am Bodensee war nach diesen Erfolgen eine sehr ge¬
hobene, die Stadt Friedrichshafen hatte geflaggt, die Stadt Lindau sandte
ein Glückwunschtelegramm, ebenso Se. K. und K. Hohheit der Erzherzog
Franz Ferdinand.
Am 25. September wurden die Versuche fortgesetzt. Der Tag fing
gleichfalls mit einem Nebelwetter an, das Aufklaren trat indes früher ein
und gegen Mittag schon schaute die Sonne lachend auf das Übungsfeld
herab. Mit Rücksichtnahme auf den vortägigen recht anstrengenden Dienst
hatte S. Ex. der Graf v. Zeppelin eine Auffahrt auf die Mittagsstunde ange¬
setzt. Das Luftschiff wurde mit dem eisernen Schwimmfloß aus der Halle
herausgezogen. Da die Halle in der Windrichtung stand, konnte der Auf-
lm freien Fluge über Land.
stieg nunmehr sofort erfolgen, als das Luftschiff vollständig herausgezogen
war, denn es mußte ja sofort mit dem Winde von der Halle forttreiben, so
lange die Motore noch nicht gingen. Es bewährte sich das ursprünglich
von dem Grafen erfundene System mit den Neueinrichtungen des leicht und
schnell beweglichen Flosses demnach ausgezeichnet.
Um 12 Uhr 58 Min. nachmittags wurde das Luftschiff losgelassen und
nahm bald nach Einsetzen der Motore eine Richtung östlich gegen Arbon
hin auf. An dem Fesselballon in Manzell konnte man erkennen, daß in
etwa 150 m Höhe der Wind in Richtung von NE nach SW blies.
Der Tag war wieder lediglich der Einübung des Personals gewidmet,
ln der vorderen Gondel saßen Graf v. Zeppelin, Ingenieur Dürr, Oberver-
messungs-Steuermann Hacker und 3 Maschinisten; in der hinteren Gondel
hatte diesmal außer den 3 Maschinisten der Reichskommissar Professor
Dr. Hergesell Platz genommen.
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Unter den Zuschauern bemerkte man außer den vorigen die 'Frau
Gräfin v. Zeppelin mit Tochter. Ferner waren erschienen der Oberstleutnant
Schmiedecke von der militärtechnischen Akademie und Major Groß, der
Kommandeur des Luftschiffer-Bataillons, welche vom Lande bzw. von Booten
aus den Manövern des Luftschiffes zuschauten. Das Luftschiff fuhr weiter
in Richtung auf Ostsüdost und machte dort die verschiedensten Rundfahrten,
bald steigend, bald sinkend, mit Hilfe des Höhensteuers. Es bewegte sich
in der geschätzten Höhe von 50 bis 200 m über dem Niveau des Wassers.
Gegen 1 Uhr 47 Min. nachmittags kam es zu seiner Halle zurück und
machte hier eine elegant ausgeführte Rundfahrt um den Fesselballon herum,
begrüßt von dem lauten Hurra der Zuschauer. Die Rundfahrt hatte etwa
400 m Durchmesser und war in 2 Minuten beendet. Der Kurs ging weiter
Vor der Landung.
auf Rohrschach los. In Ferne sah man wiederum zwischen RohrschaclTund
Lindau und Romanshorn mehrere Manöver ausführen. Gegen 3 Uhr 30 Min.
nachmittags kam Graf v. Zeppelin zur Ballonhalle zurück, senkte sich langsam
bis auf etwa 10 m vom Seespiegel herab, nahm mittels Eimern neuen
Wasserballast auf, bis er völlig auf dem See verankert niedergegangen war.
Die positiven Ergebnisse der Fahrten lassen sich natürlich nur durch
die vom Grafen v. Zeppelin selbst in der Gondel aufgenommenen Erfahrungen
und Beobachtungen festlegen.
Jeder Zuschauer verließ aber den Schauplatz mit sichtbarer Befriedigung
und mit dem Eindrücke, daß das Fahrzeug in bezug auf Stabilität und Lenk¬
barkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Die Landung auf dem Wasser ließ
für den Sachverständigen die Beurteilung zu, daß unter gleichen Verhält¬
nissen auch eine Landung auf Land möglich gewesen wäre. Die mittlere
Geschwindigkeit wurde auf 50 km pro Stunde angegeben. Eine forcierte
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Fahrt fand nicht statt, weil es dem Zwecke des Übungsprogamms nicht
entsprach. Vom Lande aus konnte in einem Falle eine Geschwindigkeit von
14,3 m pro Sekunde ermittelt werden.
Die Versuche werden fortgesetzt. Moedebeck.
Die Ballonfahrt des Herrn Kapitän Kindelän
vom 24. bis 25. Juli 1907.
Von Francisco de Paula Rojas.
Ausrüstung des Ballons und Lebensmittel: Die Ballonausrüstung
bestand aus einem Aneroid, einem Statoskop, einem Kompaß, zwei kleinen
elektrischen Lampen, einem Sprachrohr, einem Messer, Schleppseil, Anker
von 7 kg und Ankerseil, sowie einigen Karten. Als einziges Schutzmittel
für den Fall, daß der Ballon auf das Meer hinausgetrieben würde, befand
sich eine Schwimmweste im Korbe. Die sehr einfachen vorgesehenen Lebens¬
mittel bestanden aus dem Notwendigsten für zwei einfache Mahlzeiten, drei
Flaschen Mineralwasser, einer Flasche Kaffee und einer halben Flasche Wein.
Abfahrt und Reise: Herr Kapitän Kindelän stieg am 24. Juli 1907
in Valencia um 710 p. m. als vierter in dem 600 cbm großen Ballon «Maria
Teresa» auf, der vollständig mit Leuchtgas gefüllt war. Die Abfahrt erfolgte
mit 150 kg Ballast (10 Sack zu 15 kg). In 35 m Höhe erlangte der Ballon
schon seine Gleichgewichtslage und trieb sehr langsam nach SSW. Um
einige Hindernisse zu überspringen, trieb Herr Kindelän bald den Ballon auf
100 m Höhe und flog dann auf den See Albufera zu. Zugleich bemerkte
er, daß der Ballon «Reina Victoria», welcher in bedeutend größerer Höhe
als er schwebte, gegen das Meer hin getrieben wurde. Als er mit seinem
Ballon bis fast an den Albufera-See gelangt war, stand ein sehr heftiges,
aber sehr lokales Gewitter über dem See. Die Gewitterwolke begann in
ca. 400 m Höhe, und die Höhe, in der der Ballon schwebte, betrug ca. 150 m.
Zahlreiche elektrische Entladungen schlugen in den See ein.
Die Situation begann deshalb gefährlich zu werden, da Herr Kindelän
nicht wagen durfte, die Wolken zu durchstoßen; denn er wußte wohl, daß
er in diesem Falle auf das Meer würde verschlagen werden. Anderseits waren
die Gefahren, in dem See mit einem mit Elektrizität geladenen Ballon eventuell
landen zu müssen, nicht geringer. Während er sich entschied, die Fahrt
fortzusetzen, bemerkte er, daß der Wind die Richtung wechselte, ihn von
dem See entfernte und den Ballon zunächst nach Westen und dann nach
Norden trieb, wobei der Ballon eine Schleife beschrieb und ganz nahe nach
Valencia zurückgelangte. Er mußte also wieder von vorne anfangen; ein
wenig später trug ihn der Wind von neuem gegen den Albufera und er
durchfuhr am Schlepptau fast denselben Weg wie gleich nach der Abfahrt,
nur daß er sich ein wenig mehr dem Meere näherte.
Bei dem Dorfe Catarroja mußte Ballast geworfen werden; denn die
Dorfbewohner versuchten das Schlepptau festzuhalten, um ihn zur Landung
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zwingen; es waren nämlich dort schon zwei Ballons «Reina Victoria*
und «Cierzo* gelandet. Da Herr Kindelän noch über 100 kg Ballast ver¬
fügte und die Flugrichtung nicht außer¬
ordentlich gefährlich war, beschloß er, die
Fahrt vorläufig noch fortzusetzen, um seine
zurückgelegte Distanz zu vergrößern; er
fuhr nun wieder am Schlepptau und trieb
auf die Landzunge zu, die den Albufera
vom Meere trennt.
Er hatte die Absicht, bei dem kleinen
Dorfe Saler zu landen, aber da die Wind¬
richtung sich nicht änderte, entschied er
sich, in einem Fichtengehölz zu landen,
das er etwas weiter entfernt erblickte. Aber
als er dort ankam und daran dachte, daß
die Küste dort die Richtung wechselt und
in das Meer vorspringt, um das Kap Nao
zu bilden, entschied er sich, die Fahrt vor¬
läufig unter Beobachtung aller Vorsichts- Fig. 1. - Kapitän Kindelän.
maßregeln noch weiter fortzusetzen. Er legte die Rettungsweste an, machte
Ventil- und Reißleine und den Anker klar zur Landung. Danach nahm er
eine frugale Mahlzeit; mitt¬
lerweile war es 11 35 p. m.
geworden; er verfügte noch
über 6 Sack Ballast und
trieb in 300 m Höhe fast
parallel der Küste.
Als sich um 1 Uhr
am 25. Juli der Ballon über
dem Dorf Palmar befand
und Herr Kindelän einen
Hirten anrief, um sich über
seine Fahrtrichtung zu
orientieren, warfein starker
und unerwarteterWindstoß
den Ballon auf das Meer
hinaus. Kapitän Kindelän
zog sofort das Ventil und
der Ballon fiel so schnell,
daß der Korb die Fluten
berührte; er warf sofort
den Anker in der Absicht, Fig. 2 * ~ Fahrt de# Ba,,on 9 «Maria Teresa“ 24 . bis 25. Juli 1907.
den Ballon anzuhalten; da er aber fürchtete, daß das Ankergewicht dazu
nicht ausreichen würde, ließ er an der Leine einen Sack Ballast herunter-
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gleiten, um dadurch das Ankergewicht auf 22 kg zu bringen; aber un¬
glücklicherweise gelang dieses geistreiche Manöver nicht; denn in der
Eile und bei der Dunkelheit ließ Herr Kindelän aus Versehen leider den
Sack Ballast am Schlepptau heruntergleiten. So waren 15 kg Ballast ver¬
loren und wenige Augenblicke später befand sich der Ballon in 500 m Höhe.
Herr Kindelän hatte zuerst die Absicht, die Küste schwimmend zu erreichen,
aber dann hätte er seinen Ballon, den er bis zum äußersten verteidigen
wollte, im Stiche lassen müssen. Aber da der Wind gedreht hatte,
die Flugrichtung des Ballon war E 10 ° N, und Herr Kindelän glaubte den
Ballon bis Mittag in der Luft halten zu können, setzte er die Fahrt fort
in der Hoffnung, entweder die Balearen zu erreichen oder ein Schiff
unterwegs anzutreffen, das sowohl ihn als auch den Ballon retten würde.
Es war dies ein sehr mutiger Entschluß mit Rücksicht auf die Klein¬
heit des Ballons und da ihm weder Abtreibanker noch ein Stabilisator zur
Verfügung stand.
In Fig. 3 ist die Route eingezeichnet, die Herr Kapitän Kindelän glaubt
über und im Meere durchfahren zu haben. Punkt A (Dorf Palmar) ist voll¬
ständig bestimmt, ebenso Punkt B, wo der Ballon von dem englischen Schiff
«West-Point» aufgenommen wurde, und dessen geographische Koordinaten von
dem Schiffskapitän bestimmt wurden zu
Länge 1 0 24' östlich Greenwich
Breite 39° 24'.
Nachdem Herr Kindelän sich entschieden hatte, die Reise fortzusetzen,
zog er den Anker aus dem Wasser und fuhr am Schleppseil in 60 m Höhe.
Um 3 Uhr früh bemerkte er einen Dampfer (Goya) und schrie mit dem
Sprachrohr um Hilfe und bat den Kapitän, den Ballon einzuholen, was zu
dieser Zeit möglich war, da nur ein schwacher Wind wehte, und zu ver¬
suchen, entweder das Schleppseil oder das Ankertau zurückzuhalten, an das
er leere Ballastsäcke band, um die Geschwindigkeit des Ballons zu ver¬
ringern und dadurch seine Rettung zu erleichtern. Bei dem Getöse des
Meeres und des Windes verstand aber leider der Schiffskapitän nicht diese
Anweisungen, er ließ vielmehr ein Boot ins Meer setzen, von dem aus mit
Ruder versucht wurde, das Schlepptau zu erfassen; die Geschwindigkeit
des Windes war aber größer als die des Bootes, und das Manöver gelang nicht.
Der Wind wurde stärker und Herr Kindelän ließ den Ballon so schnell
fallen, daß der Korb in die Fluten tauchte, damit er als Treibanker diente;
dieses Manöver verursachte einen großen Gasverlust, da nicht nur der
relative Wind gegen den Ballon ziemlich beträchtlich war, sondern auch
die durch die Meereswellen hervorgerufenen Erschütterungen den Gasverlust
noch steigerten. Trotz alledem, das Boot konnte den Ballon nicht erreichen,
und Herr Kindelän warf von neuem Ballast und verlor bald den Dampfer
Goya aus den Augen, der mit Volldampf versuchte, ihm zu folgen. Dieses
mißglückte Rettungsmanöver hatte viel Ballast gekostet.
Nun zog Herr Kindelän den Anker wieder in den Korb und fuhr am
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Schleppseil, in der Hoffnung, die Balearen zu erreichen. Gegen 5 Uhr be¬
merkte er rechts von sich beim ersten Morgengrauen die Insel Ibiza und
auf seiner linken Seite und viel näher dem Ballon die Inseln Columbretes;
der Wind war also nach Süden umgegangen und eine Landung auf den
Balearen war ausgeschlossen. Um 640 begann die Sonnenstrahlung zu wirken,
und der fast leere «Maria Teresa» begann schnell zu steigen bis zur Prall¬
höhe. In einer Höhe von 3800 m erblickte Herr Kindelän klar die Balearen
und, indem mit dem Kompaß und durch leere ausgeworfene Flaschen seine
Flugrichtung feststellte, bemerkte er, daß diese immer mehr nach Nord
drehte. Die Windgeschwindigkeit war ziemlich stark, so daß er vielleicht
hoffen konnte, die Küste von Catalogue zu erreichen.
Fig. 3. — Fahrt des Ballon „Maria Teresa“ 24. bis 25. Juli 1907.
Um 8 1 ls a. m. verlor er die Balearen aus den Augen und er glaubt
deshalb, 60—70 km von ihnen entfernt zu sein.
Der Ballon schwebte über mehreren Cumuluswolken; aber als mehrere
höhere Wolken vor die Sonne kamen, fiel der Ballon um 8 3 /4 a. m. sehr
schnell, so daß aller noch vorhandener Ballast ausgegeben werden mußte,
um den Fall einigermaßen zu parieren; trotzdem tauchte der Korb vor¬
übergehend in das Wasser und in 20 m Höhe war der Ballon schließlich
im Gleichgewicht.
Mittels des Kompasses und des Schleppseils konnte nun Herr Kindelän
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feststellen, daß die Windrichtung unten genau entgegengesetzt war wie in
der Höhe und daß der Ballon nach SSW. trieb; so konnte er vielleicht doch
noch auf den Balearen landen. Der Ballon fiel indessen immer langsam, und
um ihn solange wie möglich in der Luft zu halten, warf Herr Kindelän
nacheinander über Bord: seine Schuhe, das Ankerseil, die Korbtaschen bis
auf eine, die er am Ring aufhing, das Schleppseil in einzelnen Stücken bis
auf ein kleines Ende, das Aneroid, die Lampen, das Statoskop und endlich
den Anker. Um 1220 mittags begann der Korb in die Fluten zu tauchen
und schwankte nun so stark, daß Herr Kindelän sich gezwungen sah, sich auf
seinen Boden zu setzen, um so wenigstens einigermaßen eine Stabilität zu
erreichen. In dieser Lage verblieb er bis 2 Vs p. m., wo er sich aufrichtete,
da er nicht mehr am Boden sitzen konnte. Er zog seine Beinkleider aus und
warf sie hinaus. Um 3 Uhr war fast der ganze Korb mit Wasser gefüllt,
der Ballon sehr in die Länge gezogen und fast leer. Um das Ballongas
möglichst zu konservieren, kletterte Herr Kindelän in den Ring, um den
Füllansatz zuzubinden, aber es gelang ihm nicht; denn der Füllansatz war zu
hoch. Er dachte auch daran, die Korbleinen durchzuschneiden, aber der
Aufenthalt auf dem Ringe war zu schlecht, daß er sich nicht dazu ent¬
schließen konnte; jeder auf einige Leinen ausgeübte Zug bewirkte das Fallen
der Hülle und des Netzes auf den Aeronauten.
Um 5 Uhr nachmittags empfand Herr Kindelän starke Schmerzen im
Kopf, die wahrscheinlich teils durch die starke Nervenanspannung ver¬
ursacht waren, teils aber wohl auch daher kamen, daß, während ihm die
Sonne auf den Kopf brannte, sein Körper durch den langen Aufenthalt im
Wasser vor Kälte zitterte. Vorübergehend litt er auch an Hallucinationen;
wenn er irgend einen Punkt am Horizont fixierte, glaubte er Schiffe, Häuser,
überhaupt alles zu sehen, was er wünschte; dann wieder glaubte er einen
Kameraden bei sich zu haben, zu dem er sprach. Um sich von diesen
Hallucinationen zu befreien, tauchte er den Kopf in das Wasser.
Gegen 5 h 25 ra p. m. erblickte er von neuem die Küste von Ibiza und
wenige Augenblicke später fuhr in wenigen Meilen Entfernung ein Dampfer
an ihm vorbei. Herr Kindelän sucht sich vergebens mittels des Sprachrohrs
mit dem Schiff zu verständigen, aber man hört ihn dort nicht und das
Schiff verschwindet bald, ohne den Ballon bemerkt zu haben.
Herr Kindelän bringt in der am Ringe aufgehängten Tasche die wenigen
Lebensmittel unter, die er noch besitzt, eine Flasche mit etwas Wasser,
zwei Karten, das Messer, sein Portefeuille, die Taschenuhr, das Sprachrohr
und einen Bleistift; das ist alles, was ihm noch verblieben ist, aber er
verliert deshalb nicht die Hoffnung.
Um 6 Uhr stellt Herr Kindelän fest, daß der Wind anfängt vom Lande
aus zu wehen, aber daß die stärkere Meeresströmung den Ballon gegen
die Inseln treibt; er erkennt schon einzelne Häuser und Einzelheiten der
Küste.
Um ö Uhr hatte er nach der Uhr gesehen, und als er sie später
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herausnimmt, bemerkt er, daß sie um 6 h 5 m stehen geblieben ist, deshalb
sind die späteren Zeiten nur näherungsweise richtig.
Gegen 6 l !s p. m. nimmt der Wind an Stärke zu und der Ballon ent¬
fernt sich deshalb vom Land. In diesem Augenblick entschließt sich Herr
Kindelän, den Ballon zu verlassen, um durch Schwimmen zu versuchen, die
Küste zu erreichen. Er steckt das Sprachrohr, das Portefeuille, das Messer
und den Bleistift in seine Unterhose und wirft sich nicht ohne Schwierigkeiten
aus dem Korbe, da bei den geringsten Bewegungen der Ballon und das
Netz auf ihn fallen.
Um 7 Uhr entfernt er sich allmählich von dem Ballon, der schon ganz
lang auseinander gezogen ist und dessen Ring in die Fluten taucht; anfangs
verspürt er Krämpfe in den Beinen, die aber allmählich nachlassen.
Herr Kindelän glaubt, daß er ungefähr anderthalb Stunden geschwommen
ist, als er ein Schiff bemerkte, das seinen Kurs wechselte und auf den
Ballon zusteuerte; er versucht, mit dem Sprachrohr die Aufmerksamkeit auf
sich zu lenken, aber das Instrument versagt; er schreit dann mit allen Kräften
nach Hilfe, aber man hört ihn nicht, er ist zu weit vom Schiff entfernt.
Es war dies einer der Höhepunkte der Odyssee Kindeläns, den Ballon
gerettet zu sehen und sich selbst verloren zu fühlen. Er schwamm sofort
auf das Schiff zu, und um schneller vorwärts zu kommen, zog er sein Messer
heraus, um sich der Rettungsweste zu entledigen, aber das Messer war durch
das Wasser so stark verrostet, daß es nicht aufging. Er schwamm gegen
den Strom, so schnell er konnte, und als er in 500 bis 600 m vom Schiff
gekommen war, schrie er um Hilfe auf französisch, spanisch und englisch,
aber man hörte und sah ihn bei der Dunkelheit nicht vom Schiff aus und
er erblickte einen Augenblick mit Verzweiflung, daß das Schiff sich entfernte.
Aber sein Mut verließ ihn doch nicht und als wir ihn, als er uns seine
sensationelle Fahrt erzählte, fragten, was er in diesem Augenblicke würde
getan haben, antwortete er mit seinem sprichwörtlichen Humor, «das was
man tut, wenn man die Straßenbahn verpaßt, man geht zu Fuß; ich wäre
wieder die Richtung nach Ibiza geschwommen». Aber kurze Zeit darauf
änderte das Schiff seinen Kurs und Herr Kindelän schwamm in der Richtung,
um den Kurs des Schiffes zu kreuzen, und schrie mit allen Kräften um Hilfe.
Auf dem Schiff wurde die Maschine angehalten; man hatte ihn gehört. Herr
Kindelän hörte Stimmen, aber er sah nicht, daß das Boot ausgesetzt wurde,
aber wenige Augenblicke später hörte er in seiner Nähe Ruderschläge und
die Rufe «For ever». Bald darauf sah er sich von starken Armen erfaßt
und ins Boot gehoben ; es war 9 Uhr abends. Der Kapitän, Mister John Roche,
des Dampfers empfing ihn auf das herzlichste, und als er ihm mitteilte, daß
er der einzige Insasse des Ballons war und Hauptmann in der spanischen
Armee wäre, umarmte ihn Mister Roche und gestand ihm, daß er sich
doppelt glücklich schätze, ihn gerettet zu haben; denn er hätte eine Dankes¬
schuld gegen Spanien abzutragen, da an den Küsten von Salizia die Besatzung
des spanischen Dampfers «Antonio Lopez» ihn gerettet hätte.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 48
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pas certain du tout qu’on puisse le copier avec assez d’habilete pour que la
contrefagon fonctionne aussi bien que le fameux dirigeable fran^ais. E.
Zeppelin und wir.
Die «Leipziger Neuesten Nachrichten» veröffentlichen die folgenden Zeilen, denen
wir nichts hinzuzufügen brauchen, die wir nur voll unterstreichen können:
Gewiß, man legt den Kopf in den Nacken, wenn sich Zeppelins stolzer, silber¬
blinkender Luftfisch über die Wasser des Bodensees erhebt, und man bewundert den
kühnen Mann, aber den meisten ist doch ein Mensch, der dank seiner Waden und der
gut geölten Pedale seiner Maschine einen neuen Rekord auf der Radrennbahn schafft,
oder ein Preisboxer, der auf einer Varietebühne tosende Beifallstürme einheimst, inter¬
essanter und menschlich näher als dieser ungemütliche Mensch, der sein Fahrzeug
durch die Luft steuert. Und sicherlich kann Graf Zeppelin sich mit den beiden
hinsichtlich des ihnen gespendeten Beifalls nicht messen. Mit all diesen
Dingen kann man sich abfmden, wenn man auf dem Standpunkt steht, daß man mensch-,
liehe Dinge weder beweinen, noch belachen, sondern verstehen soll; nur gegen eins
wendet sich in den «Hamb. Nachr.» Emil Sandt, der Verfasser des geistreichen Buches
«Cavete», mit vollem Recht und mit gerechtem Nachdruck: gegen das steifleinene Selbst¬
bewußtsein, daß es «uns» gelungen ist, daß «wir» den Vorsprung vor anderen Völkern
jetzt haben. Was haben denn «wir* dazu getan, die wir jahrelang den Grafen Zeppelin
laut oder leise verspottet haben als einen, der an einer fixen Idee leide? Nicht «wir*
haben das alles erreicht, sondern er allein, und nicht mit uns, sondern gegen «uns».
Den härtesten Kampf hat Graf Zeppelin nicht gegen den Luftwiderstand und nicht gegen
widerspenstige Propeller ausgekämpft, sondern gegen «uns», seine nachsichtig lächelnden
Zeitgenossen, die jeden seiner Mißerfolge immer mit einem selbstbewußten «natürlich*
quittiert haben. Jetzt ist er der Sieger, jetzt zieht er dahin durch das Luftmeer, hoch
erhoben über menschlichen Beifall und Tadel, in der reinen, vom Hauch der aura popu-
laris nicht mehr erreichten Luft.
Wäre Graf Zeppelin der Sohn eines fremden Landes, ein nationales Ehrengeschenk
wäre ihm sicher. Womit wird das deutsche Volk ihn ehren? Kein Ordensstern, kein
Beifall und kein wie immer geartetes Zeichen des Dankes kommt auch nur im ent¬
ferntesten dem Hochgefühl des Siegers nahe, als ihm am Steuer seines Fahrzeuges die
stolze Gewißheit wurde, daß er wirklich und wahrhaftig mit einem Werke aus Menschen¬
hand die Luft beherrschte. Wenn dem Sieger bisher nur spärlicher Beifall und magere
Anerkennung geworden ist, so mag er sich damit trösten, daß, wer auf den eisigen
Höhen der Menschheit wandelt, in frostiger Einsamkeit stets ein Einzelner bleiben wird,
weseneins mit seiner Tat und hoch über dem Lärm des Tages erhoben.
Eine nächtliche Ballonfahrt Uber die Zuidersee.
Nachdem mein Mitfahrer, Herr A. Coeppicus-Neheim, und ich gelegentlich der
Wettfahrten des «Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt» im Juni d. Js. die wegen
des zur See wehenden Windes angesetzte Zielfahrt mit 4300 m Entfernung vom selbst¬
gewählten Ziel erledigt hatten, banden wir unsern braven «Cognac * mit Haltetauen und
Schleppseil an zwei passende Bäume, beschwerten ihn mit Ziegelsteinen und Dorfjugend,
bis sein aufstrebendes Begehren gedämpft war, und studierten vor dem Wirtshaus unter
der Dorflinde die Karten für die Weiterfahrt — immer noch in einer stillen Hoffnung
auf Drehung des Windes um ein paar Grad nach Westen. So beschlossen wir: führt
unser Kurs südlich Rotterdam, dann gehts über den Kanal, wenn nicht, dann landen
wir beim ersten Mövenschrei und Blinkfeuer. Um 9 3 /« Uhr abends bestiegen wir wieder
unser luftiges Gefährt. Das Schleppseil holten wir gleich nach der Abfahrt unter
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nicht geringen Anstrengungen wieder ein, weil der Ballon in 75 m Höhe eine wunder¬
volle Gleichgewichlslage gefunden hatte, die er bis zur Zuidersee auch nicht verloren
hat. Bei Nymwegen passierten wir den Rhein; über einen Mastenwald, behängt mit
roten und grünen Lichtern, ging die langsame Fahrt hinweg; es waren die Schlepp¬
züge, die beim Morgengrauen ihre Fahrt zu Berg oder zu Tal fortsetzen wollten.
Ein schier bezauberndes Bild, wie die vielfachen Lichtreflexe auf den leicht bewegten
Wellen tanzten. Eine Stunde später wurde Arnheim passiert, dann gings in w’est-
nordwestlicher Richtung auf die Zuidersee los. Eben holte in Harderwyk die Turmuhr
zum zwölften Schlage aus, da vernehmen wir unter uns ein Rauschen und Brausen:
wir sind am Meer. Für diesen Augenblick imputiert uns die Enkhuizer Chronik, die
von ihrem Standpunkt aus unsere Meerfahrt beschrieben hat, ganz ängstliche Empfindungen:
Nu möten wie landen, dachten de schippers, anders gabt verheert; dat möt eene ängst¬
liche ogenblick gewest sin, als de schippers personlike Kenntnis nahmen von der Zuider¬
see. Gewiß, es war ein schaurig-schöner Anblick, das dunkle Spiel der Wellen noch
nicht zehn Meter unter dem Korbboden; denn wir beschlossen tief zu fahren, um die
sehr schmale Ecke bei Enkhuizen nicht zu verpassen und dann ins offene Meer hinaus¬
getrieben zu werden. Wir ließen den Korb ruhig ins Wasser eintunken, er erhob sich
jedesmal von selbst wieder. Sehr bald bemerkten wir aber, daß wir — genau wie über
einer geschlossenen Wolkendecke — unsere Richtung nicht mehr fcststellen konnten
beim Fehlen jeglichen Anhaltspunktes. Wie war dem abzuhelfen? Entweder durch
Auslegen des Schleppseils oder Auswerfen des Ankers. Wir entschieden uns für das
letztere; das Schleppseil hätte sich in seiner ganzen Länge voll Wasser gesogen, auch
hofften wir, der Anker würde kurz vor Enkhuizen Grund fassen und uns zum Fessel¬
ballon machen. — 10 Meter über dem Wasserspiegel lassen wir den Anker fallen,
schäumend spritzt der Gischt auf, und von nun an zieht das Ankfertau ganz gehorsam eine
silberne Furche; nun sind wir orientiert, die Richtung ist nach wie vor Westnordwest.
So fahren wir 1 7* Stunden; unser Reflektor verbreitet trauliche Helle im Korb, wie im
Stübchen zur Abendzeit. Es ist ganz gemütlich, wenn es nur nicht immer im Westen
wetterleuchtete. Richtig! Da fängt es über uns an zu rauschen und zu prasseln, es
regnet! Das fehlt nun gerade noch: Wasser von oben und von unten. Mit Ballastopfern
sind wir sehr sparsam, lieber tunken wir ein paarmal ein, ja wir schwimmen auch ein¬
mal eine Minute mit einigen Zentimetern Tiefgang ; im Notfall beschließen wir, das Schlepp¬
seil stückweise zu opfern. Der Regen hört jedoch bald wieder auf und wir spähen nun
eifrig nach Blinkfeuern. Da tauchen zu gleicher Zeit zwei auf. Es müssen die Leucht¬
türme von Stavoren und Enkhuizen sein, und auf letzteren haben wir Kurs. Nun gilt
es Obacht geben, damit wir die sehr schmale Nordwestecke des Zuiderseeufers nicht
verpassen. Nach wenigen Minuten erkennen wir auch die Lichter von Enkhuizen,
dann machen wir den Korb klar zur Landung. Im nächsten Augenblick fällt auch der
Anker, reißt aber sofort wieder aus, da der Wind sich ziemlich aufgemacht hat. Mit
dem Aufgebot unserer letzten Kräfte ziehen wir den Anker ein, da wir uns den Haus¬
dächern von Enkhuizen bedenklich nähern, höher wollen wir nicht mehr gehen, weil wir
unmittelbar hinter dem Ort landen müssen. Über das Dach des Rathauses fliegen wir ganz
tief hinweg, wir drehen den Reflektor nach vorne in die Fahrtrichtung und spähen aus
nach einem geeigneten Landungsterrain. Zum Auslegen des Schleppseils bleibt keine Zeit
mehr, denn wir nähern uns ziemlich schnell der Nordseeküste; gleich hinter den letzten
Häusern haut die Gondel kräftig auf, und eine tolle SchleilTahrt beginnt, da wir beide
keine Kraft mehr haben, um die Reißbahn erfolgreich zu ziehen; auch müssen wir acht
geben auf den im Ballon herumschlenkernden Anker. Alle Augenblicke sitzen wir tief
in einem der 2—3 Meter breiten Wassergräben, die dort die Stelle der Straßen ein¬
nehmen, denn alle und jede Kommunikation geht dort zu Wasser: Endlich beim dritten
oder vierten Bad bleiben wir liegen; der brave «Cognac» liegt weich gebettet fein
säuberlich in einem Kartoffelfeld, während wir bis zum Hals im Wasser sitzen und die
Korbleinen von oben unseren Korb schließen wollen, wie mit Gitterstäben. Nach und
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nach krabbeln wir heraus und fischen mühsam die Instrumente heraus, die sich von den
gequollenen Leinen nicht leicht lösen lassen. Es ist ein Viertel vor 2 Uhr. Also muß
es bald hell werden. Aber erst um 6 Uhr kamen zu Schiff die ersten Menschen, <om
de beester to melken». Sie halten uns offenbar für Schiffbrüchige und freuen sich wohl
schon auf das Strandgut. Dank der Hilfe eines in Enkhuizen ansässigen deutschen
Kaufmanns sind wir mäßig gerupft davon gekommen. Anfangs lautete die liebliche
Strandgutforderung auf ein Zehntel des Ballonwertes, den die gar nicht blöden Schiffer
auf 600 Gulden = 1000 M. bezifferten. Zum Glück hatte ich vor der Abrechnung das
ganze Material auf den Bahnhof bringen und verladen lassen. Den Ballon sollten sie
uns diesmal nicht pfänden, w T ie wir das im Niederrheinischen Verein schon in Holland
erlebt haben. Nachmittags konnten wir die Heimreise antreten in dem erhebenden Ge¬
fühl, eine ganz besonders interessante Fahrt gemacht zu haben. R. Milarch.
Die russische Ballonkatastrophe im Juli 1907.
Ein schweres Ballonunglück hat vor kurzem Rußland betroffen und in allen Luft¬
schifferkreisen lebhafte Teilnahme und berechtigtes Interesse hervorgerufen. Dies ist um
so verständlicher, als, wie es scheint, ein wahrhaft tragisches Geschick die Schuld am
Unglück getragen hat. Im nachstehenden gebe ich zunächst die Tatsachen, soweit sie
nachträglich durch umfangreiche Zeugenvernehmungen festgestellt worden sind.
Am 19. (6.) Juli um 10 h 30 m a. stieg vom Hof der Gasanstalt in St. Petersburg
(im SE der Stadt belegen) ein Ballon mit Leuchtgasfüllung, in dessen Korbe die Leutnants
Kologriwow und Ssafonow (beide bekannt durch ihre fachschriftstellerischen Arbeiten im
russischen aeronautischen Journal «Wosduchoplawatel») und die Unterleutnant* Lichutin
und Michailow Platz nahmen. Der Ballastvorrat betrug 14 Sack = 225 kg. Am Auf¬
stiegort wurde SE-Wind beobachtet und in der Tat trieb der Ballon zunächst nach NW,
also in einer Richtung, die ihn über Festland nach Finnland geführt hätte. Als der
Ballon einen großen Teil der Stadt überflogen hatte und nach Ballastausgabe bis in die
Höhe der unteren Wolken (fr-cu in 1400 m) gestiegen war, wechselte er rasch die Richtung
und trieb direkt nach W in den Finnischen Meerbusen hinaus. Um 11 h 30 m wurde er
von Peterhof aus über dem Meerbusen, also in 25 km W vom Aufstiegort, niedrig gehend
beobachtet. Man konnte sehen, wie Ballast ausgegeben wurde, worauf der Ballon schnell
stieg und in der Richtung nach Kronstadt, nach W, weiter trieb. Um 2& p. wurde der
Ballon von der Insel Seskär aus, 110 km genau westlich vom Aufstiegort und »chon je
60 km von beiden Küsten entfernt, gesichtet und auf eine von diesem Orte abgesandte
Depesche hin wurden sofort Kreuzer zur Hilfeleistung abgesandt. Um 4 b p. wurde der
Ballon bei der Insel Hogland, 190 km westlich vom Aufstiegort, beobachtet. Er soll
dort bis zur Wasserfläche gesunken, aber plötzlich wieder gestiegen und in der Richtung
nach W verschwunden sein. Um 6^ p. wurde er von der Lotsenstation Ekskär aus,
weitere 75 km westlich, gesehen. Er befand sich etwa 20 km südlich von der finnischen
Küste, führte eine rote Notflagge und sank schnell bis zur Wasserfläche. Ob sich noch
Insassen im Korbe befanden, konnte nicht festgestellt werden. Man sah dann den Ballon
zwischen den Feuerschiffen Söderskär und Kalkbodegrund nach SW vorübertreiben, worauf
er noch um 8 h p. bei dem Feuerschiff Öransgrund, 50 km SW von Ekskär, fast entleert
und mit leerem Korbe auf dem Wasser treibend gesehen wurde. Erst am nächsten Tage
gelang es einem Kreuzer, den Ballon in diesem Zustande bei Porkala-Udd, weitere 30 km
westlich, aufzufischen, ohne indessen etwas zu finden, was zur Aufklärung der Sachlage
beitragen konnte. Die Korkgürtel, mit denen die Luftschiffer versehen waren, fehlten,
sodaß die schwache Hoffnung vorlag, daß die Luftschiffer sich vielleicht doch noch ge¬
rettet haben konnten. Aber alle Nachforschungen von seiten zahlreicher, zu diesem
Behufe ausgesandter Schiffe blieben erfolglos. Erst eine Woche später wurde bei Hogland
der Leichnam des Unterleutnants Lichutin angespült, 10 Tage später der Leichnam des
Leutnants Kologriwow bei Pappenwick, 60 km SE von Öransgrund, und 2 Wochen später
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der Leichnam des. Leutnants. Sagfonow bei Nargö, 50 km S von öransgrund. Die Leichen
trugen die Rettungsgürtel aus Kork.
Werfen wir nun einen Blick auf die Wetterlage. Am Morgen des Aufstiegtages
um 7^ a. bedeckte ein Depressionsgebiet den größten Teil Rußlands. Darin ließen sich
in der weiteren Umgebung des Aufstiegortes 2 schwache Kerne unterscheiden: der eine
lag nördlich von Gotland, der andere in Russisch-Polen. Am Abend (9 h p.) hatten sich
beide Zentra vereinigt und vertieft, das neue Zentrum lag im Quellgebiet der Düna
(745 mm). Die Isobaren verliefen am Morgen des Tages, nach der Zeichnung des russischen
Zentralobservatoriums, bei Petersburg in nordwestlicher Richtung, am Abend aber schon
rein westlich und südwestlich. Die Windrichtung SR wurde am Aufstiegmorgen, wie
erwähnt, am Füllplatz beobachtet und gleichfalls in Pawlowsk (20 km südlich). Dagegen
ergaben die Beobachtungen am Zentralobservatorium, am westlichen Rande der Stadt,
und ebenso in Helsingfors und bei Wiborg reine E-Richtung, die sich gegen Abend in
NE verwandelte. Auch der am Vormittag des Tages in Pawlowsk veranstaltete Drachen¬
aufstieg wies zwischen 800—2000 m Höhe auf eine Richtung aus ESE hin.
Hiernach scheint es, daß der an der Aufstiegstelle und weiter ins Land hinein
beobachtete SE eine nur lokale Bedeutung gehabt, was nicht rechtzeitig erkannt werden
konnte. Wahrhaft tragisch ist es aber, daß sich der Wind im Laufe des Tages parallel
dem Verlaufe der finnischen Küste (anfangs nach W, dann nach SW) drehte, sodaß die
LuftschifTer beständig in der Axe des Meerbusens trieben. Auch an größeren Inseln
scheinen die LuftschifTer immer in einiger Entfernung vorübergeflogen zu sein, sodaß
sich keine Landungsmöglichkeit bot. Es macht auf den Unterzeichneten den Eindruck,
als ob bei Hogland der Unterleutnant Lichutin, um den schon bis an den Meeresspiegel
gesunkenen Ballon zu entlasten, ins Meer gesprungen sei. Leider hat seine mutige Tat
Weder ihn selbst, noch seine Gefährten retten können. Die sich daran knüpfende Hoff-
AUng, daß der Ballon sich halten und vielleicht doch noch bis in die Nähe von Helsingfors
getrieben werden könnte, wurde leider durch den Wechsel der Windrichtung vereitelt.
Die beträchtliche Windstärke, die aus der Bewegung des Ballons gefolgert werden muß
(am Nachmittag 30—40 km per Stunde), hat auch die ausgesandten Schiffe ihr Ziel nicht
erreichen lassen. Ehre dem Andenken der unglücklichen Pioniere menschlichen Könnens!
Elmar Rosenthal.
Eine neue Überfliegung der Pyrenäen.
D«r spanische Ballon «Norte» von 2200 cbm hat in der Zeit vom 5. zum 6. August
d. Js., geführt von den bekannten Mitgliedern des Real Aero-Glub de Espafia, Herrn
G. Salam&nca und Jos6 Romero, die Pyrenäen überflogen. Die Abfahrt erfolgte um
8 p. m. am 5. August in Madrid, die Landung am 6. August um 10 l /4 a. m. nach einer
Fahrt von 14 V* Stunden zu «Urau>, Departement Haute-Garonne.
Der Aufstieg erfolgte wegen des sehr schlechten zur Verfügung stehenden Leucht¬
gases mit nur 600 kg Ballast. Die Pyrenäen wurden gegen 8 Uhr früh bei dem Maladetta
(8362 m) überflogen, also an ihrem höchsten Teile. Als der Ballon in eine Höhe von 3900 m
über dem Maladetta stand, veranlaßte das Vortreten einer Wolke vor die Sonne ein
starkes Fallen des Ballons, so daß die Korbinsassen eine beträchtliche Menge Ballast
opfern mußten, um das Fallen zu parieren. Der Ballon stieg allmählich und befand sich
über Frankreich schließlich in 5150 m Höhe. Ein prachtvoller Ausblick bot sich den
Luftsthiffem dar.
Später trieb eine andere Luftströmung den Ballon gegen den östlichen Teil der
Pyrenäen zurück und, um nicht wieder nach Spanien zurückgetrieben zu werden, mußten
die Luftschiffer eine sehr schnelle Landung ausführen; um den Aufprall auf den Boden
einigermaßen zu mildern, mußte der Rest des Ballastes und die Verpackungspläne für
den Ballon und den Korb ausgegeben werden.
Die Landung wurde von dem Maire Herrn Laun6 bescheinigt. Zum zweitenmal
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ist somit die imposante Bergkette der Pyrenäen im Ballon überflogen worden, und zwar
zum erstenmal von Norden nach Süden durch den unglücklichen Duro, und zum zweiten¬
mal von Süden nach Norden durch zwei seiner ausgezeichnetsten Schüler und Kameraden.
Francisco de Paula Rojas.
Die Fahrten des Luftschiffes „Ville de Paris". 1 )
Das Luftschiff des Herrn Henry Deutsch de la Meurthe hat drei interessante Auf-
stiege am 8. August, 9. und 11. September ausgeführt.
Beim ersten Aufstieg handelte es sich vor allem darum, die Besatzung der Gondel
mit der Handhabung vertraut zu machen und das Funktionieren der einzelnen Teile zu
untersuchen. Der Lenkbare führte mit der größten Leichtigkeit Evolutionen in der Um¬
gebung seiner Halle zu Sartrouville aus und zeigte dabei eine große Stabilität.
Die Experimente am 9. September waren in Wirklichkeit die ersten freien Flüge
des Luftschiffes. Es hat an diesem Tage zwei kleine Flüge ausgeführt, einen am Vor¬
mittag und einen am Nachmittag.
Der erste Aufstieg fand um 10 Uhr vormittags bei einem Winde von 4 7* m p. s.
statt, nachdem zuvor einige Versuche auf der Erde ausgeführt waren. In der Gondel
befanden sich die Herren Surcouf, Ingenieur Kapferer und der Mechaniker Paulhan. Das
Luftschiff flog über Sartrouville, schwenkte rechts nach Bezons und kehrte über Chaton
und Montesson nach seinem Aufstiegsort zurück. Dieser erste Aufstieg verlief in aus¬
gezeichneter Weise; die Geschwindigkeit des Luftschiffes betrug 40 km in der Stunde;
der Aufstieg dauerte 35 Minuten; man verfügte über 220 kg Ballast. Dank den Stabili¬
sierungsflächen war die Landung eine sehr glatte.
Gegen 3 Uhr nachmittags fand ein zweiter Aufstieg statt bei einem Winde von
6 bis 7 m p. s. Die Herren Surcouf, Paulhan und Cormon befanden sich in der Gondel;
die Fahrt dauerte 17 Minuten, während welcher Zeit das Luftschiff über dem Bahnhof
von Sartrouville und dann über Montesson Evolutionen ausführte. Wie beim ersten Auf¬
stieg verlief auch diesmal die Landung sehr glatt.
Am Vormittag des 11. September stieg «Ville de Paris» mit den Herren Kapferer
und Paulhan um 10 Uhr von Montesson-Sartrouville auf. Er flog über Chaton, über die
Papiermühle von Hauterre, ließ den Mont-Val6rien auf seiner linken Seite, überflog Saint-
Cloud fast über dem Park des Aöro-Club, ging dann entlang der Seine nach Billaucourt,
wo sich die Werkstätten seines Konstrukteurs, des Herrn Surcouf, befinden. Die Rück¬
fahrt führte über das Boulogner Wäldchen, Neuilly, Saint-James, die Brücke von Puteaux,
Hauterre, und der Ballon landete glücklich bei seiner Halle nach einer Fahrt von 1 Stunde
5 Minuten; er flog mit einer mittleren Geschwindigkeit von 40 km in der Stunde und
hielt sich während der ganzen Fahrt in einer Höhe von 250 bis 300 m.
G. Espitallier.
Das Fest zum Andenken von Andröe in Schweden.
(Schluß.)
Leider wissen wir nicht viel davon, wie die Expedition nachher ablief, und seit
dem 13. Juli 1897 um 12 30 Uhr p. m., als Andr6e uns seine letzte Botschaft zu¬
sandte, nämlich die Brieftaube, die am 15. Juli auf das norwegische Fahrzeug «Alken*
hinunter flog und von dessen Kapitän Oie Hansen von Hammerfest geschossen und
verwahrt wurde, wissen wir garniehts.
Aber doch haben wir alle in dieser Stunde ein so heftiges Verlangen, uns eine
Vorstellung von dem Ende der Fahrt zu bilden, daß ich nicht unterlassen kann, meine
>) Vgl. die genaue Beschreibung im Augustheft. Inzwischen sind mit dem Luftschiff noch mehrere
interessante Fahrten ausgeführt. Red.
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Ansicht in der Sache auszusprechen. Sie ist vielleicht teilweise unrichtig, aber sie kann
wenigstens als Leitfaden künftiger Forschung dienen. Ich will dabei hauptsächlich der
von Professor Nathorst gemachten scharfsinnigen Auslegung der Andr6e-Funde folgen.
Andr6e nahm, wie bekannt, mehrere Fließbojen mit, die dafür bestimmt waren,
nebst Mitteilungen von dem Ballon ausgeworfen zu werden, um nachher, wenn sie ge¬
funden wurden, Botschaften von der Expedition zu bringen. Er nahm 12 kleinere
Bojen mit und eine große, die sogenannte Polarboje, die von dem nördlichst erreichten
Punkte der Expedition ausgeworfen werden sollten. Fünf von diesen Bojen sind wieder
gefunden, nämlich 3 bei Island, 1 in Finnmarken in Norwegen und die Polarboje auf
König Karls Land östlich von Spitzbergen. Alle diese Funde sind während der Jahre
1899—1900 gemacht worden und nachher hat man keine der 8 ausstehenden Bojen
angetroffen. Leider enthielten nur 2 der Bojen schriftliche Mitteilungen der Ballonfahrer
und diese zwei waren schon am selben Tag, als die Abfahrt stattfand (den 11. Juli), ausge¬
worfen worden.
Die zuerst ausgeworfene Boje enthielt folgendes Schreiben von Andres eigener
Hand:
«Fließboje Nr. 4. Die erste ausgeworfene Boje. Den 11. Juli um 10 Uhr p. m.
G. M. Z. Unsere Reise ist bisher gut abgelaufen. Die Fahrt geht auf einer Höhe von
ca. 250 m fort, anfangs in der Richtung N. 10° Ost, aber später in der Richtung N. 45°
Ost. Brieftauben wurden um 5 40 Uhr p. in. abgesandt. Greenw. Zeit. Sie flogen west¬
lich. Wir schweben jetzt über dem Eise, das nach allen Seiten ausgebreitet ist. Das
Wetter ist schön. Die Laune ist vortrefflich.
Andree. Strindberg. Fraenkel.
Über den Wolken seit 7 45 Uhr. G. M. Z.»
Die zweite Boje, die 55 Minuten später ausgeworfen wurde, enthielt folgendes
Schreiben von der Hand Strindbergs:
«Fließboje Nr. 7. Diese Boje ist von dem Ballon Andr6e um 10® 6 Uhr p. m.
G. M. Z. den 11. Juli 1897 auf etwa 82° geographischer Breite und 25° geographischer
Länge Ost Grw. ausgeworfen. Wir schweben auf einer Höhe von 600 m. All well.
Andree. Strindberg. Fraenkel.»
Auf der anderen Seite befindet sich eine Polarkarte, auf welcher der Kurs des
Ballons angegeben ist, aber der Karte gemäß ist die geographische Länge nicht 25°,
sondern 15° östlich von Gr.
Die Brieftaubenpost hatte folgenden Inhalt:
«Von der Polarexpedition Andres zum Abendblatt, Stockholm. Den 13. Juli um
12 30 Uhr p. m. Breite 82° 2', Länge 15° 5' Ost. Die Fahrt geht schnell gegen Ost. 10° S.
Alles gut. Dies ist die dritte Brieftaubenpost. Andröe.»
Was betreffend dieser Briefe auffallend ist, ist deren allzu kurzer Inhalt, auf
welchen Professor Nathorst besonders hinweist. Den Ausdruck «All well» kann man nicht
so erklären, daß die Schlepptaue nach dem bei der Abfahrt eingetroffenen Mißgeschick
wieder in Ordnung gebracht worden waren, denn dieser Ausdruck wurde von Strindberg
gebraucht, indem er erzählt, daß der Ballon auf einer Höhe von 600 m schwebte.
Ferner sieht man, daß die Reisenden schon nach einer Fahrt von 8 Stunden ungefähr
dieselbe Stelle erreicht haben, wo sie sich noch bei der Absendung der Brieftaube,
2 Tage und Nächte später befanden. Wahrscheinlich hatten sie also während 1 */« Tag
und Nacht Windstille getroffen, bis ein frischer Westwind den Ballon gegen Franz Josephs
Land in Bewegung setzte. Aber wie ging nachher die Fahrt?
Durch eine genaue Untersuchung der wahrscheinlichen Bewegung der Bojen mit
den Meerströmen und durch eine Berechnung der wahrscheinlichen Bahnen und
Mittelgeschwindigkeit derselben ist Professor Nathorst zu dem Resultat gekommen, daß
die drei leeren Bojen, die natürlicherweise nach der Absendung der Brieftaube aus¬
geworfen wurden, vermutlich alle zu gleicher Zeit ins Wasser gekommen sind. Da sie
offenbar keine schriftliche Mitteilungen enthalten hatten, muß man annehmen, daß sie
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 49
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als Ballast aasgeworfen worden waren, um den Ballon möglichst lange schwebend zu
halten, da es 1 das Leben galt und es keine Zeit zum Schreiben gab. Hieraus schließt
Professor Nathorst, daß die Fahrt wahrscheinlich im Meer zwischen Franz Josephs Land
und dem nördlichen Teil des Nowaja Semlja endete und daß die drei Bojen mit der
Meeresströmung gegen Westen getrieben sind. Man kann jetzt nicht bezweifeln, daß die
Bojen von dieser Seite gekommen sind. Aber doch muß man darüber erstaunen, daß
seit dem Jahre 1900 keine einzige der 8 ausstehenden Bojen gefunden worden ist.
Wären auch diese zur gleichen Zeit und auf derselben Stelle ins Wasser gekommen,
so müßten während der letzten sieben Jahre mehrere derselben gefunden worden sein.
Dieses Verhältnis kann ich nicht auf andere Weise erklären, als durch die Annahme,
daß die anderen Bojen über das Land ausgeworfen worden sind. Da der Kurs des
Ballons bei der Absendung der Brieftaube fast gerade gegen Franz Josephs Land ging,
ist es wahrscheinlich, daß man dieses Land passierte. Professor Nathorst zeichnet die
Bahn des Ballons eben südlich von diesem Lande. Wenn wir nur annehmen, daß der
Kurs ein wenig nördlicher gegangen sei, also gerade über Franz Josephs Land, und daß
die ausstehenden Bojen dann ausgeworfen worden sind, sind sie dort liegen geblieben,
und wenn sie weit von der Küste gefallen sind, werden sie vielleicht nie, oder erst nach
Jahrhunderten ins Meer heraus kommen. Die zwei Bojen aber, die in den Jahren 1899
oder 1900 gefunden wurden, sind vermutlich auf das Eis nahe bei der Küste herunter
gefallen, warum sie schon innerhalb eines Jahres los wurden und nach dem Meere
trieben. Wie werden wir uns nun den Plan der drei Polarfahrer denken? Ich denke
mir ihn folgendermaßen:
Sie fanden bald, daß der Ballon nicht in so gutem Zustande war, daß man den
Versuch, mit Hilfe der Schlepptaue an der ganzen Polargegend vorüber zu fahren,
riskieren wollte. Hätten sie daran gedacht, so hätten sie natürlich die Schlepptaue, das
Segel und die Lenkanordnung sobald wie möglich in Ordnung gebracht. Dagegen hatte
Andr6e die Absicht, sobald der Wind nördlich wurde, die Expedition durch eine schnelle
Fahrt auf großer Höhe, von der Polargegend nach dem nördlichen Europa zu retten.
Er erinnerte sich schon seiner schnellen Fahrt von Göteborg nach Gotland und rechnete
auf denselben Erfolg. — Diese Auslegung gibt auch eine Erklärung dafür, daß die
Briefe so kurz abgefaßt wurden. Man hoffte bald wieder zu Hause zu sein und dann
Gelegenheit zu haben, alles näher zu erklären. Ich nehme an, daß der Ballon sich über
Franz Josephs Land befand, als dieser Plan ausgeführt wurde, vielleicht von einem
nördlichen Schneesturm beschleunigt, vor dem man sich durch höheres Steigen retten
konnte. Dann hat man auf einmal soviel Ballast, als man entbehren konnte, geopfert
und also vor allem die Bojen, die man nicht mehr brauchte, weil man die Fahrt gegen
Norden nicht fortsetzen wollte. Der Ballon ist schnell südwärts oder SSW. getrieben
und vielleicht ist er nicht weit von der Halbinsel Kola gewesen, als die Tragkraft ver¬
braucht war und er ins Meer herunterstürzte. Wenn dann Sturm war, wäre schon
die Rettung kaum möglich gewesen, hätte man auch bessere Hilfsmittel als das kleine
Boot aus Stoff zur Verfügung gehabt, denn die Erfahrung lehrt, daß eine Bergung während
solcher Umstände sehr schwer ist.
Was mich betrifft, glaube ich nunmehr, daß die Erscheinung des holländischen
Schiffskapitäns und seines Steuermanns nördlich von der Halbinsel Kola auf 69° 38'
nördlicher Breite und 35 Q 34' östlicher Länge von Greenw. an Bort des Dampfers Dort¬
recht am 17. Juli 1897 nichts anderes als der verunglückte Ballon «örnen» war. Das
Wetter war ziemlich trübe. Kapitän Lehmann stand auf der Kommandobrücke und sah
durch das Fernglas. Er bemerkte dann einen Gegenstand, der beim ersten Anblick einem
umgeschlagenen Fahrzeuge glich. Er rief den Steuermann Visser herbei, machte ihn
auf diesen Gegenstand aufmerksam, und frug ihn, was er davon halte. Der Steuer¬
mann meinte, es wäre kein Fels, denn das Wasser sei dort ganz still. Unter der
Voraussetzung, daß es ein umgeschlagenes Fahrzeug sei und daß man vielleicht Menschen
retten könnte, wurde der Kurs des Dampfers geändert, bis er sich in einer Entfernung
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von ungefähr 1 Seemeile (= 1850 m) von dem Gegenstände befand. Man konnte dann
sehen, daß es kein Fahrzeug war und sich kein lebendiges Wesen dort befand. Die
Meinung, daß es ein toter Walfisch wäre, wurde dann .ausgesprochen, aber bald wieder
aufgegeben, weil man keinen Geruch bemerken konnte. Man beobachtete, daß Vögel
an den Gegenstand flogen und sich auf denselben setzten, aber sie blieben nicht sitzen,
sondern flogen bald wieder fort. Als Ursache hierfür wurde angenommen, daß das er¬
wähnte Objekt nicht fest war, sondern unaufhörlich im Wasser hin und her plätscherte;
es war wahrscheinlich ganz hohl, denn es krümmte sich wie Stoff bei jedem Windstoße.
Zwei kugelförmige Gegenstände lagen längs der Seite. Das Wetter war nicht so klar,
daß man sie ganz und gar sehen konnte, aber der eine schien größer als der andere.
Die Farbe war mattbraun oder dunkelgrau und der ganze Gegenstand war regelmäßig
gestreift. Die Länge war ungefähr 150 Fuß und die Höhe von 12 bis 55 Fuß. Keine
Taue wurden gesehen. Leider machte der Kapitän keine nähere Untersuchung, sondern
setzte seine Reise nach Grimsbry fort, wo er, nachdem er erfahren hatte, daß Andr6e
mit seinem Ballon aufgestiegen war, seine Erscheinung erzählte, weil er vermutete,
dies sei ein verunglückter Ballon gewesen. Aber niemand hier im Lande wollte an
ein so unglückseliges Ende der Fahrt glauben. Nachdem ausgeschickte Kundschafter
zwei tote Walfische in diesem Fahrwasser gefunden hatten, obwohl in ansehnlicher
Entfernung von der Stelle, wo Lehmann den seltsamen Gegenstand sah, nahm man ohne
weitere Untersuchung an, daß dieser auch ein toter Walfisch gewesen sei. Da die
Nachforschungen nicht fortgesetzt wurden, wurde auch nichts mehr gefunden. Für jeder¬
mann, der diese Beschreibung nachsinnend durchliest, ist es nunmehr fast unmöglich,
anders zu glauben, als daß der Gegenstand wirklich der Ballon Andrßes war. Er war
graubraun mit schwarzen Streifen und er krümmte sich bei jedem Windstoße. Längs
der Seite desselben lagen zwei runde Dinge, die uns unwillkürlich an die Gondel
und den Tragring erinnern. Der Chemiker der Expedition, der nunmehr verschiedene
Ingenieur Axel Stake, hat erzählt, daß alle Fugen des Ballons mit Firnis gestrichen
waren, in welchen man Kienruß gemischt hatte, um die gestrichenen Stellen deutlich zu
markieren. Infolgedessen befanden sich auf dem Ballon dunkle, etwa 8 cm breite Streifen,
warum man ihn mit einem von länglichen Steinen erbauten Gewölbe vergleichen konnte.
Aber die horizontalen Fugen waren mehr hervortretend als die senkrechten, von welchen
übrigens, wie Ingenieur Stake glaubte sich zu erinnern, wenigstens in der Mitte des
Ballons nicht alle gestrichen worden waren. Bei nebeliger Luft und von weitem gesehen
hätte man ihn daher leicht für gestreift halten können.
Es gibt also mehrere Gründe, die für die obige Annahme sprechen und, soviel ich
weiß, keinen einzigen derselben widersprechenden Grund.
Dieser kühne Vikingszug in dem Dienste der Wissenschaft endete also wahr¬
scheinlich in weniger als 6 Tagen mit dem Ertrinken der drei hochbegabten Männer in
dem nördlichen Eismeer. Unglücksfälle zur See kommen leider unter unserem viel zur
See fahrenden Volk so oft vor, daß gewöhnlicherweise ein Schiffbruch kein großes Auf¬
sehen erregt. Aber diesmal w r ar es anders, denn wir hofften, eine Tat ausgeführt zu
sehen, die den Schleier, der bisher einen großen Teil der Polargegend eingehüllt hatte,
durchdringen sollte und daß diese große Tat von schwedischen Männern nach einer
neuen, geistreichen Methode bewerkstelligt werden sollte. War der Untergang der Polar¬
fahrer ein reiner Unglücksfall oder hätte man denselben durch bessere Ausrüstung ver¬
hüten können, das ist die Frage. Mehrere ausländische Fachleute behaupten dies und
tadeln die Verwegenheit der Polarfahrer. Aber hierüber ist nicht leicht zu urteilen
und ich traue mir nicht zu, diese Frage zu beantworten. Wenn ich mich der Expedition
entzog, tat ich es nur deshalb, weil ich die Hoffnungen einer gelungenen Fahrt allzu
klein ansah und weil nach meiner Meinung eine wissenschaftliche Forschungsfahrt ohne
gewissere Aussichten sinnlos wäre. Und das habe ich auch Andr6e gesagt. Aber er
seines Teils sagte, daß die Aussichten ausreichend wären, um den Versuch zu moti¬
vieren, und dann schieden sich unsere Wege. Wenn übrigens auch die Ausrüstung der
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*»»» 388
Polarfahrer mangelhaft gewesen wäre, in einer Hinsicht war sie jedoch über alles
Lob erhaben, nämlich in betreff ihres unerschrockenen Mutes. Die Weisen der
Vorzeit haben gesagt, daß jede Tugend nur der Mittelweg zwischen zwei einander
entgegengesetzten Fehlern sei. Sie meinten, der Heldenmut sei der Mittelweg zwischen
der Tollkühnheit und der Feigheit. Aber wenn es nun oft im Leben schwer ist,
die Mittelstraße zwischen Feigheit und Tollkühnheit zu halten, scheint es mir un¬
streitig, daß es besser ist, die erste um jeden Preis zu vermeiden, denn nur der
Mutige kann in dem Kampfe des Daseins bestehen. Wir erinnern uns alle der Worte
des weisen Sokrates, der, als er zu wissen bekam, daß die Tyrannen ihn zum Tode
verdammt hatten, ruhig antwortete: «Die Natur hat auch sie zum Tode verurteilt».
Von diesem Gesichtspunkte betrachtet, wollen wir das Los der Polarfahrer nicht betrauern,
weil es nur dasjenige aller Menschen ist, aber für das Vaterland war der frühzeitige Tod
dieser hochbegabten Männer ein großer und vielleicht auf lange Zeit unersetzlicher Ver¬
lust. Wäre es ihnen gelungen, von der Feuertaufe der Polarfahrt mit dem Leben davon
zu kommen, wäre sicherlich die Erforschung der Physik von den höheren Luftschichten
und den damit zusammenhängenden technischen Fragen der LuftschifTerkunst hier im
Lande in eine Blüte geraten, die wir jetzt vermissen. Aber es sind nicht nur Meteoro¬
logen und Luftschiffer, die diesen großen Verlust tief empfinden. Für Erdbeschreiber,
Ingenieure, Erfinder und alle andern, die für die materielle und kulturelle Entwickelung
des Vaterlandes streben, wurde der Verlust ebenso schwer, das weiß ich.
Aber das Andenken der Tapfern lebt in uns fort und soll in verklärtem Licht für
künftige Geschlechter stehen. Es lebe das Andenken Andrees, Strindbergs und Fraenkels!*
Der Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenommen. Nachdem ein gemeinschaft¬
liches Souper eingenommen war und die wertvollen Preise den glücklichen Gewinnern
von dem Wettbewerbe des gestrigen Tages zugeteilt worden waren, war das würdige
Fest zu Ende. R. Jäderlund.
Aeronautische Übersicht.
„Schulballons 44 . In Übereinstimmung mit den Vorschriften anderer Vereine, daß
die Führeraspiranten vor Antritt ihrer selbständig geleiteten Fahrten eine Alleinfahrt zu
absolvieren haben, hat der «Augsburger Verein für Luftschiffahrt* beschlossen, in gleicher
Weise vorzugehen.
Zu diesem Zwecke wurde ihm seitens der Ballonfabrik A. Riedinger in Augsburg
ein 300 cbm-Ballon als Schulballon zur Verfügung gestellt, der inkl. vollständiger Aus¬
rüstung nur 120 kg wiegt. Hülle 50 kg, Netz 20 kg, Korb 30 kg, Schlepptau 20 kg. Dank
der günstigen Bemessung dieses Ballons können sogar 2 Personen die Fahrt unternehmen,
und fand die erste Fahrt am 28. August statt. Es war die Absolvierungsfahrt des Herrn
Dr. Pauli, Chemiker der Farbwerke in Gersthofen, Fahrtkontrolleur war Herr Scherle.
Fahrzeit 4 Stunden, Ballastverbrauch 11 kg. Landung bei Pfaffenhofen. Dieser Führer¬
fahrt folgte die Absolvierungsfahrt des Herrn Riedinger jr. am 30. August. Fahrdauer
12 V* Stunden, Landung bei Allenbach bei Stadt Porzelten infolge starker Gewitter¬
stimmung *). In beiden Fällen Füllung mit Wasserstoff, der in den Vereinigten Farbwerken
Gersthofen, 10 km von Augsburg, als Nebenprodukt gewonnen wird.
Diese Alleinfahrten tragen außerordentlich zur Erhöhung der Selbständigkeit der
Führer bei, der Führer kann für sich selbst die Wirkung seiner Maßnahmen auf den
Ballon beobachten, er lernt den Unterschied kennen in der Führung eines Leuchtgas¬
ballons gegenüber dem mit Wasserstoff gefüllten.
Wie wir vernehmen, sind schon eine Reihe von Fahrten mit diesem Ballon an¬
gemeldet, der behufs Ermöglichung noch längerer Fahrten auf einen Inhalt von 370 cbm
gebracht worden ist.
Es war eine Nachtfahrt.
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Wir zweifeln nicht, daß durch Aufnahme eines solch kleineren Ballons das Interesse
für unsern Sport erheblich. gesteigert wird, zumal die Farbwerke Gersthofen mit den
Vorbereitungen zum Komprimieren ihres Wasserstoffs beschäftigt sind, sodaß von einem
beliebigen Ort aus aufgestiegen werden kann.
Ballons gegen Hagelwolken. Die Versuche, Hagelwolken durch Explosionskörper zu
erschüttern, welche mittels kleiner Ballons zu ihnen emporgebracht werden, sind fortgesetzt
worden, nachdem die mehrfach verwendeten Hagelraketen und Hagelgeschütze nicht zur ge¬
wünschten Wirkung gebracht werden konnten. Herr Kapitän Marga und Herr Adh6mar de la
Hault haben bei Dieghem-Loo wieder Aufstiege mit dem birnenförmigen, nach oben zuge-
spitzten Ballon gemacht, welcher 3 cbm Wasserstoff enthält und an Tragschnüren 25 m
unterhalb des Füllansatzes 500 g eines neuen Explosionsstoffes emporträgt, dessen Entzün¬
dungszeitpunkt durch die eingesetzte Bickvortsche Zündschnur, je nach Abschätzung der
Wolkenhöhe, geregelt werden kann. Bei dem Versuch war auf 3 Minuten 40 Sekunden tem-
piert worden, und die Explosion erfolgte in 1000 m Höhe und 1850 m Horizontalentfernung
vom Aufstiegspunkt. Aus der Heftigkeit der Lufterschütterung schloß man, daß diese auf
eine Hagelwolke, welche leider nicht zur Verfügung stand, die gewünschte Wirkung gehabt
hätte. Es waren gleichzeitig zwei ebenso geformte Ballons aufgelassen worden, welche
Registrierinstrumente trugen (der eine Renardsche Barometer), ebenso Anweisungen für
die event. Finder. Es wurde dann auf ebenem Boden eine Menge von 750 g des
Margaschen Explosivstoffes zur Entzündung gebracht, wodurch eine Erschütterung erzeugt
wurde, die großen Eindruck machte. Die drei Ballons wurden gefunden und eingeliefert.
Jener, welcher die Explosionsmasse getragen hatte, war unbeschädigt geblieben, was
wegen der Wiederverwendbarkeit ja willkommen sein mag; jedoch auch wieder wegen
der Dimensionen von anzugreifenden Wolken im Vergleich zu 25 m Aufhängungsent¬
fernung vom Ballon Zweifel bezüglich ausreichender Wirkung aufkommen läßt, selbst
wenn es gelingt, die Wolke selbst zu treffen. Die Versuche sollen auf der meteorologischen
Station Morimont durch M. Bracke, Leiter der «Revue nephologique» zu Mons, und durch
die beiden genannten Herren fortgeführt werden. K. N.
Die Beherrschung der Luft in England. In «Daily Expreß» von 1. August 1907 wird die
Ansicht vertreten, die Lenkbaren, auf welche Frankreich und Deutschland so große Stücke
halten, würden schon in den nächsten Jahren überholt sein, und der Gleitflugapparat, an dessen
Vervollkommnung England arbeitet, sei das künftige Luftkampfmittel; die Maschine, welche in
den Hallen des North Camp zu Aldershot ihrer Vollendung entgegengeht, werde die «Palrie»
und die deutschen Lenkbaren ausschaUen. Der ursprüngliche, dem englischen Landesvertei¬
digungskomitee unterbreitete Entwurf für eine Luftflotte nahm schon für Kampfzwecke Gleit¬
flugapparate, für Vorrats-, Reserve- usw\ Zwecke lenkbare Langballons, für Beobachtung aber
Drachen in Aussicht. Die Verwendung von Beobachtungsposten tragenden Drachen bildet
bekanntlich schon vielfach in England einen Gegenstand der Übung, wobei Aufstiege auf
1000 und 2000 engl. Fuß Höhe gemacht werden sollen. Es ist zwar noch keinem Lenk¬
baren in England gelungen, die Runde um den Turm von St. Paul zu fahren, dagegen
setzt man alle Hoffnungen für künftige Luftschiffahrt auf Maschinen «schwerer als Luft».
Während ein Flugkörper, wie die «Patrie», nicht über 24 Meilen pro Stunde leisten kann,
verspricht man sich von einem Gleitflieger ähnlicher Größe eine Geschwindigkeit von
100 Meilen und mehr. In den Werkstätten zu Aldershot befinden sich zwei Muster; das
am weitesten vorgeschrittene ist nach den Ideen der Brüder Wright gebaut. Dieser
Gleitflieger wird durch einen Petröleummotor getrieben, der ihm 40 Meilen pro Stunde
Geschwindigkeit erteilen soll. Gegenwärtig wird die Maschine erprobt und in ein paar
Monaten sollen Probeflüge stattfmden. Vor kurzem ereignete sich ein merkwürdiger
Zwischenfall, indem bei Prüfung des Motors am verankerten Flugapparat sich die Schraube
loslöste, die Wand durchschlug und außerhalb der Halle zu Boden kam. Allen bei den
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Arbeiten Beschäftigten ist strengste Geheimhaltung eidlich auferlegt unter Hinweis auf
das Gesetz über Wahrung von Staatsgeheimnissen, welches auf den Wortbruch Ver¬
urteilung zu unbegrenzter Gefangensetzung in Aussicht stellt. Es stimmt dies mit anderen
Zeitungsnachrichten aus letzter Zeit, wonach die Versuche mit den fertigen neuen Flug¬
maschinen in abgelegeneren Gegenden Schottlands vorgenommen werden sollen. K. N.
(SC
Flugtechnik.
Der Wert der Konkurrenzausschreibungen für freifliegende Modelle
dynamischer Flugmaschinen.
In letzter Zeit haben sowohl in London als auch in Paris Konkurrenzausschreibungen
für freifliegende Modelle dynamischer Flugmaschinen stattgefunden.
Nach den Berichten, die bis jetzt bekannt sind, hat man den Eindruck, als wenn
in London die Konkurrenzausschreibung nicht befriedigend ausgefallen ist, da der erste
Preis überhaupt nicht zur Verteilung kam. In Paris scheint dagegen die letzte Konkur¬
renz günstiger ausgefallen zu sein, da die Herren Paulhan und Budin gemeinschaftlich
den 1. und 2. Preis für ihre Modelle, die nach dem System Langley ausgeführt sind,
erhielten. Jedenfalls hat die letzte Pariser Konkurrenz einen Fortschritt gegen die frühere
von 1904 gezeigt.
Der Capitaine Ferber, einer der vorgeschrittensten französischen Flugtechniker,
hat in dem letzten Hefte der «La Revue de 1’Aviation» vom 15. Juni d. Js. einen kurzen
interessanten Artikel über die Konkurrenzausschreibungen für Modelle des «A6ronautique-
Club de France» geschrieben, wobei er mit Bezug auf die frühere Konkurrenz von 1904
folgendes schreibt:
«Wie dem auch sei, wir haben die bizarrsten Auffassungen gesehen; lange, breite,
dreieckige, viereckige usw., Dinger, welche, von der Galerie des Velodrome herab¬
geschleudert, durch ihren natürlichen Sturz die Unrichtigkeit ihrer Prinzipien bewiesen.
Das ist es, was die Vorzüglichkeit der Methode, welche die aviatische Kommission seit
1904 einführte, erwiesen hat. Die Jury prüft nur solche Modelle, welche fliegen, die,
welche nicht fliegen, sind für sie nicht vorhanden. Das ist ganz gerecht, denn es ist
nicht möglich, bloß nach einem Plane oder nach einer mehr oder weniger genialen
mechanischen Ausführung darüber ein Urteil zu fassen, ob ein Apparat fliegen wird
oder nicht.
Bis jetzt konnten die Erfinder mechanischer Bewegungen sich darauf berufen, daß
mit einem Motor, welcher für ihre Mittel zu teuer sei, ihr Apparat fliegen würde. Man
kann ihnen darauf dreist antworten: «Ihr habt den Kautschukmotor zur Verfügung,
welcher nicht teuer, dabei ausgezeichnet ist, und welcher seine Brauchbarkeit bereits
erwiesen hat. Benützet denselben und zeigt uns eine Maschine, die da fliegt.»
Mit aufrichtigem Vergnügen las ich dieses gesunde Urteil eines klarblickenden
Flugtechnikers. Wie oft habe ich seit Jahrzehnten den vielen Projektanten, die auch zu
mir häufig kommen, um über ihre meist recht konfusen Projekte mein Urteil zu hören,
den Rat gegeben, sie mögen ein kleines einfaches Modell mit einem Kautschukmotor
bauen, welches ihnen die sicherste Antwort geben wird, ob ihre Idee richtig oder ein
Irrtum ist. Die Herren Projektanten wollen aber davon nichts wissen, sondern wollen
gleich einen großen kostbaren Apparat bauen, weil — wie sie sagen: «Ein kleines ein¬
faches Modell mit einem Kautschukmotor doch nur ein Spielzeug sei, das nichts beweist».
Diese gewöhnliche Ausrede hat auch der Fuchs in der bekannten Fabel gebraucht, als
ihm die Trauben zu hoch hingen. Man kann ihnen antworten, daß ein kleines einfaches,
aber freifliegendes wirkliches Modell mehr beweist als manches dickbäuchige Buch mit
den schönsten «wissenschaftlichen» Phrasen und Plänen.
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Projekte sind freilich leicht gemacht und wachsen in letzter Zeit wie die Pilze
nach einem Landregen. Wie schwer dagegen freifliegende wirkliche Modelle zu haben
sind, das haben die letzten Konkurrenzausschreibungen bewiesen.
Ob ein Modell durch einen Benzinmotor oder nur durch einen Kautschukmotor
angetrieben wird, ist für den technisch gebildeten Fachmann, der rechnen kann, gleich¬
gültig. Es ist auch nicht sehr wichtig, ob das Modell 40 m oder nur 20 m weit fliegt
Die Hauptsache ist, daß es ein wirkliches Modell sei, d. h., welches — mit Ausnahme des
Motors und des angewendeten Materials — die ganze konstruktive Anordnung zeigt, wie
der große Apparat gebaut werden soll. Das Modell muß auf Räder oder Schlitten
montiert sein und selbsttätig den Anlauf nehmen und in die Luft sich erheben
können; muß Steuer und Puffer besitzen; muß, solange es frei in der Luft fliegt, sich
stabil halten und in normaler Lage wieder auf dem Boden landen. Dagegen kann ein
kleiner Flieger, der aus der Hand oder durch einen Wurfapparat in die Luft geschleudert
wird, vielleicht ein lehrreiches physikalisches Experiment oder ein interessantes Spiel¬
zeug, aber keinesfalls als ein wirkliches Modell einer Flugmaschine gelten.
Hat aber ein Modell die vorher erwähnte Eigenschaft, so ist es kein Spielzeug
mehr, sondern in einem solchen Modell, selbst wenn es nur durch einen Kautschuk¬
motor angetrieben wird, liegt schon die Erfindung einer Flugmaschine; und sobald der
entsprechend leichte Motor zu haben ist, wird ein geschickter Konstrukteur nach einem
solchen Modell auch den großen Apparat sicher zum Fliegen bringen. Natürlich nicht
nach dem ersten Wurf! Das können nur unerfahrene Ignoranten erwarten, die nicht
ahnen, welche Schwierigkeiten die ersten Flugversuche mit einer neuen Maschine bieten.
Ich habe oft hören müssen: «Ihre Modelle fliegen ja ganz gut, und doch ist Ihr
großer Apparat dann nicht geflogen». Das ist eben ein Irrtum, man weiß es nicht oder
will es nicht wissen, daß mein großer Apparat noch nicht so weit fertig war, um schon
an Flugversuche denken zu können, da ihm die Hauptsache, ein entsprechend leichter
Motor, fehlte.
Heute weiß jeder Flugtechniker, daß man mit einem Motor, der 13 kg pro 1 PS.
wiegt, keine Flugmaschine zum Fliegen bringt. Hätte die Deutsche Motorfabrik das
schriftlich gegebene Versprechen, mir im Mai 1901 einen Motor zu liefern, der bloß
5 V* hg pro 1 PS. wiegen sollte, eingehalten, so hätte ich meinen großen Apparat
ebenso gut wie meine Modelle zum Fliegen gebracht; das wird die nächste Zukunft be¬
weisen. Wenn man sagt, daß ein kleines gut fliegendes Modell noch kein Beweis ist,
daß auch der große Apparat fliegen kann, so ist das nicht richtig. Freilich eine gewisse
Grenze für die Größe besteht für jede Maschine, aber diese Grenze reicht schon bei
den heutigen technischen Mitteln gewiß noch weiter, als ein paar Menschen mit einem
Drachenflieger durch die Luft zu tragen. Um nach einem Modell — mit vorher er¬
wähnten Eigenschaften — einen großen Apparat mit sicherem Erfolg auszuführen,
dazu gehören selbstverständlich, außer dem entsprechend leichten Motor und den nötigen
Geldmitteln, ein fähiger Maschinenkonstrukteur und ein geschickter und energischer
Experimentator. Daß aber schon in einem einfachen kleinen Modelle das Prinzip und
die konstruktive Erfindung einer richtigen Flugmaschine liegen kann, das beginnen die
französischen und englischen Luftschifferkreise anzuerkennen, was durch die Konkurrenz¬
ausschreibungen für freifliegende Modelle bewiesen wird. Es ist nur zu wünschen, daß
diese Konkurrenzen alljährlich sich wiederholen und von den Regierungen unterstützt
werden möchten. Die dynamische Luftschiffahrt ist eine rein praktisch-konstruktive
Lösung. Jede Theorie ohne praktische Versuche ist hier wertlos. Jede Steuerung und
Verbesserung bei einer dynamischen Flugmaschine soll auch in Zukunft nicht gleich
beim großen Apparat versucht werden, w^as kostspielig und gefährlich werden kann,
sondern jede Steuerung und Verbesserung soll erst bei kleinen freifliegenden Modellen
versucht und studiert werden.
Damit aber die nächsten Konkurrenzausschreibungen einen ernsten, greifbaren
Erfolg aufweisen, sollte man folgende Bedingungen vorschreiben und streng einhalten:
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392 €^44
1. Jedes Modell eines Drachenfliegers muß auf Räder oder auf Schlitten montiert
sein, selbsttätig auf dem Boden oder von einem langen Tische resp. Plattform den
Anlauf nehmen und sich in die Luft erheben können.
2. Jedes Modell muß horizontale und vertikale Steuerung haben. (Man kann von
einem einfachen Modell, welches sich Selbst in der Luft überlassen ist, wohl nicht ver¬
langen, daß es absolut in gerader Richtung fliegt ; aber man kann verlangen, daß durch Ver¬
stellung der Steuer die gewünschte Ablenkung resp. die Steuerwirkung demonstriert w’erde.)
3. Jedes Modell muß während des freien Fluges sich in der Luft stabil halten,
d. h. es darf nicht in ruhiger Luft Kippbewegungen oder seitliche Schwankungen machen.
Dagegen sind in der Längsachse sanfte
Schwankungen resp. Wellenbewegungen
zulässig.
4. Der Tisch oder die Plattform,
auf welcher das Modell den Anlauf nimmt,
soll nicht höher als 2 m über dem Boden
sein, und die Länge des Tisches soll,
wenn das Modell nicht mehr als 1 kg
wiegt, 3 m nicht überschreiten. Bei
schwereren Modellen kann die Länge
entsprechend größer sein.
Modelle, welche aus der Hand oder
durch einen Wurfapparat oder von einer
schiefen Ebene herabrollend in die Luft
geschleudert werden müssen, sollen zur
Konkurrenz nicht zugelassen werden.
Das sind die Hauptbedingungen,
welche man bei einem Wettbewerbe frei-
tliegender Modelle aufstellen muß, wenn
die Konkurrenzausschreibungen einen
belehrenden und fördernden Einfluß auf
die Entwicklung des dynamischen Fluges
üben sollen. W. Kress.
Preis des „Scientific
American 44 filr Flugma-
schincn. Der < Scientific
American» hat den neben¬
stehend abgebildeten Preis
im Werte von 10000 M. für
Flugmaschinen gestiftet, der
unter dem Namen «Ame-
rica-Pocal» jährlich in Ame¬
rika bestritten werden soll.
Als erster Termin war der
14. September d. Js. an-
gesetzt; leider fanden sich
jedoch Bewerber nicht ein,
sodaß der Wettbewerb aus-
fallen mußte. Ein neuer
Termin ist nicht angesetzt,
es kann vielmehr jederzeit
um den Preis gestartet wer-
Preis de« „Scientlflo American“.
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den. Der Preis ist ein Wanderpreis und wird das erstemal demjenigen gegeben, der
einen Flug von mindestens einem Kilometer mit einer Flugmasehine ohne Ballon aus¬
führt. Der Wettbewerb hat einen progressiven Charakter, d. h. wenn die erstaufgestellte
Bedingung erfüllt ist, so wird für den nächsten Wettbewerb eine längere Strecke ge¬
fordert. Der Name des jeweiligen Inhabers wird auf dem Preis eingraviert. Wird der
Pokal dreimal in verschiedenen Jahren von derselben Person gewonnen, so geht er in
ihr Eigentum über. E.
Auch ein Flugtechniker ist Dr. J. A. Rose Esq. in England, der sogar schon An¬
hänger gefunden hat. Er glaubt, das Geheimnis des Vogelflugs darin entdeckt zu haben,
daß die Federn geölt sind. Dieses Öl soll die Luft so verdichten, daß sie «beinah ge¬
froren» ist, und auf dieser gefrorenen Luft schwimmt dann der Vogel ganz behaglich.
Der Erfinder wurde, wie uns ein Leser mitteilt, vor kurzem gesehen, wie er, mit einem
roten Gürtel angetan, in der Hand eine Anzahl wohlgeölter Federn zu Versuchen auszog,
die «very gratifying» gewesen sein sollen. Wers nicht glaubt, bezahlt einen Taler.
Aeronautische Wettbewerbe.
Phot. Rambaldo.
Ballonwettfliegen in Brüssel am 15. September 1907.
Eine ungeheure Menschenmenge, ganz Brüssel und Umgebung, war hinausgeströmt
zum Parc du Cinquantenaire, um ein Schauspiel zu genießen, wie es die Welt bisher
noch nie gesehen hatte, den
Aufstieg von 34 bemannten
Ballons aller Nationalitäten,
die sich zu einem friedlichen
Wettbewerb in «Klein-Paris»
eingefunden hatten. Dieser
Wettbewerb bildete den Ab¬
schluß des hochinteressanten
LuftschiCferkongresses, welcher
die voraufgehenden Tage dort
getagt hatte.
Der Parc du Cinquan¬
tenaire, mitten in der Stadt
liegend, war zu den Veran¬
staltungen äußerst geeignet,
und die in allen Nüancen vom
lichten Gelb bis zum dunklen
Braun gefärbten Ballons, die
gleich stetig wachsenden Pilzen auf den weiten Rasenflächen ruhten, boten in den ver¬
schiedenen Stadien ihrer Füllung einen höchst malerischen Anblick.
Die weitgehendsten Vorbereitungen waren getroffen worden, und ein Netzwerk
von großen Rohren speiste alle Ballons, deren größter 2200 cbm Gas faßten, während
der Benjamin unter ihnen nur 250 cbm Inhalt hatte.
Die LuftschifTer hatten sich schon morgens beizeiten eingefunden, um in eigener
Person das Klarmachen ihrer Fahrzeuge zu überwachen, und bis zum Nachmittag, lange
vor der anberaumten Aufstiegszeit, stand die vieltausendköpfige Menge der Zuschauer
schon so dichtgedrängt, daß kein Durchkommen mehr war. Militärkapellen waren an
verschiedenen Punkten der Riesenfläche aufgestellt, die den geduldig Harrenden mit
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^
Füllung der Ballons.
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391
Phot. Rambaldo.
ihren Weisen die Zeit verkürzten, bis ein Tusch und Böllerschüsse den Aufstieg des
ersten Ballons verkündeten und aller Augen auf den eleganten, aus alluminiertem Stoff
fabrizierten Ballon «Radio Solaire» richteten.
Schon vorher hatte man, teils zur Unterhaltung des Publikums, andererseits aber
auch zur Feststellung der Windrichtung, kleine
Sondierballons mit Papiergondeln oder langen
Schwänzen aufgelassen, nun aber folgten dem
«Radio Solaire» eine nach hunderten und aber-
hunderten zählende Menge in allen Farben
schillernder Ballons, wie wir sie bei unsern
Kindern zu sehen gewohnt sind, und es war
ein entzückender Anblick, die große silbern
schimmernde Kugel, gefolgt von einer solch
bunten Luftflotille, sich in den klaren Herbst¬
himmel erheben zu sehen. Begeisterte Hurra¬
rufe und Tausende von wehenden Tüchern und
Hüten sandten den Entschwebenden einen letz¬
ten Gruß nach.
Von nun an folgten sich die Ballons in
ziemlich kurzen Zwischenräumen, bald große,
bald kleine, deren Namen und Nummer weit¬
hin sichtbar waren, und deren Nationalität
an den an ihnen befestigten Fahnen und Wim¬
peln erkenntlich waren. Hier entschwebte in
ruhiger Majestät ein riesiger deutscher Ballon,
dort ein zierlicher Franzose von fast durch¬
sichtigem Gewebe, gefolgt von einem Italiener,
so braun wie seine Landsleute, dann wieder
ein solider, praktischer Engländer, dem seine
patriotischen Brüder schon im voraus den Sieg
verkündeten, verschiedene Belgier, denen man meist ansah, daß sie schon manchen
Sturm erlebt, und so fort, bis in der allmählich sich senkenden, sternklaren Nacht auch
der letzte Ballon dem Auge entschwand, und der Mond den verlassenen Ballonplatz und
Phot. Rambaldo. die sich zerstreuende Menge
nur noch mangelhaft beleuch¬
tete. Alle Ballons, deren Füh¬
rer sich ausschließlich aus
Sportsmen der besten Gesell¬
schaftskreise, ja teils Mitglie¬
dern der «oberen Zehntau¬
send», zusammensetzten, wa¬
ren bei ihrer Abfahrt von
einem dichten Kreise ihrer
Freunde umgeben, welche zu
den Bevorzugteren der Zu¬
schauer gehörten, die den
Ballonfüllplatz betreten durf¬
ten, für die größere Bewe¬
gungsfreiheit aber desto mehr
von dem den Füllrohrenent¬
weichenden Gas mit seinem
unangenehmen Geruch einatmen mußten. Unter diesen entstanden nun lebhafte Debatten,
welcher der den Blicken entschwundenen Aerostaten wohl die meiste Aussicht auf Erfolg
,,Audax.“
„Milano . 1
„Radio Solaire. 4, „La Mouette.“
Digitized by LjOOQLC
Phot. Ramb&ldo.
und somit Anspruch auf die teils sehr wertvollen Preise hätte. Es handelte sich um
zwei verschiedene Wettbewerbe. Einmal sollte der Ballon Sieger sein, welcher die wei¬
teste Fahrt in Luftlinie von Brüssel machte, bei dem zweiten Wettbewerb sollte der¬
jenige Ballon Sieger sein, der möglichst nahe an einem vorher bestimmten Orte lan¬
dete. Bei der Weitfahrt war auch für denjenigen ein Preis ausgesetzt, der die längste
Fahrt leisten würde. Außerdem war zum ersten Male bei solchen Wettbewerben ein
Preis für die Nation gestiftet, der diejenigen drei Bewerber angehörten, welche die
besten Ergebnisse erzielten. Es war dies ein wundervoller Silberpokal im Werte von
2000 Fr., der von dem belgischen Aeroclub gestiftet wurde. Er soll demjenigen Verein
angehören, der den ersten Sieger in der Weitfahrt zu seinen Mitgliedern zählt. Dieser
Sieger erhält außerdem noch als Preis einen Kunstgegenstand von 1000 Fr. oder diese
Summe selbst, je nach seinem Wunsche; ferner eine Plaquette in Gold, gestiftet von
S. Kaiserl. Hoheit, dem Prinzen Roland Bonaparte. Noch 6 ähnliche Preise waren für
die Sieger in der Weitfahrt gestiftet. Des¬
gleichen gab es 6 Preise für die besten Leistungen
bei der Zielfahrt. Für den ersten Wettbewerb
waren Ballons zugelassen mit dem Inhalt von
600—2200 cbm Gas, mit der näheren Bestim¬
mung, daß Ballons bis zu 900 cbm Inhalt nur
1 Passagier mitnehmen brauchten; solche bis
zu 1600 cbm Inhalt zwei, während alle Ballons
darüber 3 Passagiere haben mußten.
Für den zweiten Wettbewerb waren alle
Ballons unter 600 cbm Inhalt zugelassen. Na¬
turgemäß interessierte die Weitfahrt am meisten,
und deshalb hatten sich nicht weniger als 22
Ballons als Konkurrenten gemeldet, darunter
7 Deutsche, 7 Franzosen, 4 Belgier, 2 Englän¬
der, 1 Schweizer und 1 Italiener. Für den
Länderpreis kamen also nur in Betracht Frank¬
reich, Deutschland und Belgien.
Am besten hatte sich Frankreich vor¬
bereitet, was ihm ja nicht schwer fällt, da der
Aeroclub de France nicht weniger als 100
Ballons in allen Größen besitzt. So hatte es
zwei 900 cbm-Ballons gestellt, die nur mit
ihren Führern losfuhren; ebenso zwei ganz
neue 1600 cbm-Ballons, welche mit 2 leichten
Mitfahrenden bemannt waren, und zwar zähl¬
ten ihre Führer zu den renommiertesten des
schwer, zu wetten, welches Land der Sieger
„Milano . 11
Aeroclub de France. Da war es nicht
sein würde, voraussichtlich Frankreich.
Trotzdem gab es auch viele deutsche Enthusiasten, die zu dem solideren und festeren
Bau der deutschen Ballons weit mehr Vertrauen hatten, obgleich ihre Größenverhältnisse
meist durchaus nicht günstig für diesen Wettbewerb waren, da unsere Vereine noch
nicht genügend Mittel haben, sich für solche Wettbewerbe besondere Ballons anzu¬
schaffen.
Wer wird siegen? Die nächsten Tage werden es zeigen. Aber soviel ist sicher,
daß alle Teilnehmer aus dieser Wettfahrt, die ungemein vom Wetter begünstigt war
und in 24-stündiger Fahrt die meisten Ballons bis in die Gegend von Bordeaux führte,
also über eine Strecke von etwa 800 km, eine unvergeßlich schöne Erinnerung fürs
Leben sein wird. Hilde Ba ml er-Essen.
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396 €««♦
Ergebnisse der Weit- und Zielfahrt am 16. September 1007.
1. Zielfahrt.
Reihenfolge |
Name
des
Ballons
| Inhalt
Führer
Land
g Abfahrt
6*>
3
rj
a
—
h m
Festgesetzter
Landungsort
Wirklicher
Landungsort
Entfernung
zwischen
dein festge¬
setzten und
dem erreich¬
ten Lan¬
dungsort
m
1
Emulation
600
Crombez
^ Frank¬
reich
430
500
1 Schnittpunkt der
Straßen Uenappe—
.Croisette u. Baisy- i
( Thy—Bon-Air
ca. 500 m östlich 1
von Dernier-Patard
auf der Straße nach
Baisy-Thy
1480
2
Audax
600
Vernanchet
505
630
Park von Tilly-
Marbais
ca. 600 m östlich
von Sart-Dames-
Avelines
3270
3
Mouettc
630
Dubrulle
”
5 10
6:30
Quatrebras * 1
250 m östlich von
Vieux-Genappe
4400
4
Flume-au-
Vent
600
Van der Stegen
1 Belgien
445
6 10
Schnittpunkt der
Straße Nivclles— 1
Nainur und dei i
Eisenbahn Wavre—
Charleroi
600 m östlich von
Sart-Dames-
Avelines (dicht bei
Audax)
5400
5
Saint»
Michel
600
Van den
Driesche
530
700
Genappe
1 600 m nordöstlich
Villers-la-Vill
6000
Le Roitelet
Le
Ch&mpigny
250
Moucherand
Frank¬
reich
Nicht klassifiziert
«00
Scutenaire
i Belgien
1
Außer Konkurrenz.
1. Preis. Eine goldene Medaille und ein Kunstgegenstand oder 300 Fr. in bar
Herrn A. Crombez von der Emulation aörostatique du Nord und Führer des Aero-Club
de Belgique.
2. Preis. Eine silberne Medaille und ein Kunstgegenstand oder 150 Fr. in bar
Herrn Vernanchet vom Aeronautique Club de France.
3. Preis. Eine silberne Medaille und ein Kunstgegenstand oder 100 Fr. in bar
Herrn Dubrulle vom Aeronautique Club de France.
4. Preis. Eine bronzene Medaille und ein Kunstgegenstand oder 100 Fr. in bar
Herrn Van der Stegen vom A6ro-Club de Flandres.
5. Preis. Eine bronzene Medaille Herrn Van der Driesche vom A6ro-Club de
Belgique.
2. Weitfahrt
Keil
fol
na
8»
ll
Len-
£
<2
3
9t
Q
Name
des
Ballons
Inhalt
cbm
Führer
Land
Ent¬
fernung
km
Abfahrt
h m
Lan¬
dung
h m
i
Dauer
1
h m
w* Mittlere
S Ge-
sch windig-
S keit
l
l
Pommern
2200
O. Erbslöh
Deutschland
915
5,48 p. S
10,20 p.M
28
32
32,1
2
5
Le Cognac
1700
de Beauclair
Schweiz
850 |
6,2 p. S
6,3 p.M
24
1
i 34,2
3
2
Zephir
2200
Huntington
England
838
1 5,8 P- S
5,30 p.M
24
22
37,2
4
3
Britannia
2200
Kolls
England
818
j 5,43 p. S
6,0 p. M
24
17
33,6
[
Tschudi
1437
Niemeyer
Deutschland
792
| 8,10 p. S
7,20 p.M
23
10 1
34,0
5
Ville de
L. de
l
Bruxelles
2200
Brouckere
Belgien
791
7,10 p. S
6,20 p.M
23
10
34,0
I 14
Milano
2000
Usuelli
Italien
789
5,7 p. S
2,20 p.M
19
13
41,0
7
\ 4
Bamler
1437
Mcnsing
Deutschland
788
6,37 p. S
6,40 p.M
24
3
32,8
9
I 10
Eden
, 800
Boulenger
Frankreich
780
5,43 p. S
4,0 p.M
! 22
1
17
35,0
10
,
Aero-Gand
1250
Hansen
Belgien
770
1 6,35 p. S
4,0 p.M
21
25
35,8
I
i
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Reihen-
S!
1
folge
nach
Name
Inhalt
Ent-
Lan-
Mittlere
Ge-
schwindig
keit
• o
W u
t-
01
s
«3
des
Ballons
Führer
Land
fernung
Abfahrt
düng
Dauer
«2
Q
cbm
km
h m
h m
h
ml
■ km/Std.
11
6
Abercron
1437
Abercron
Deutschland
759
7,58 p. S
7,30 p.M
23
32
32,3
12
9
Bezold
1380
Cassirer
Deutschland
742
6,15 p. S
5,15 p.M
23
—
32,3
13
11
Equateur
900
Leprince
Belgien
735
7,55 p. S
5,35 p.M
21
40
33,9
14
16
Sylphe
1600
Tissandier
Frankreich
669
5,30 p. S
12,45 p.M
18
15
36,7
15
13
Le Charles
1437
Le Gheude
Belgien
652
5,34 p. S
2,5 p.M
19
31
33,4
16
18
Quo Vadis
1200
Sch eich er
Frankreich
582
6,50 p. S
12,40 p. M
17
50
32,8
17
17
Mouche
1600
Gasnier
Frankreich
572
6,23 p. S
12,30 p.M
18
7
31,5
18
19
La Perle
800
Comier
Frankreich
468
6,16 p. S
10,0 a.M
15
44
29,7
19
15
Elberfeld
1437
Milarch
Deutschland
436
6,38 p. S
1,0 p.M
18
22
23,1
20
20
Luciole
900
Ribeyre
Frankreich
160
8,3 p. S
2,20 a.M
6
17
25,5
21
21
Köln
1437
Hiedemann
Deutschland
112
5,16 p. S
11,20 p. S
6
4
18,6
22
22
A6ro IV
850
de Moor
Belgien
35
5,50 p. S
7,12 p.S
1
22
25,5
Anmerkung. S = Sonntag, 15. September 1907, M = Montag, 16. September 1907.
Die mittleren Geschwindigkeiten sind nicht im offiziellen Bericht enthalten, sondern
nach getragen.
1. Preis: Goldene Plaquette, gestiftet vom Prinzen Roland Bonaparte, und ein
Kunstgegenstand oder 1000 frs. in bar, Herr 0. Erbslöh vom Niederrheinischen Verein
für Luftschiffahrt.
2. Preis: Goldene Plaquette, gestiftet von Herrn F. Jacobs, Präsident des Aöro-
Club de Belgique, und ein Kunstgegenstand oder 500 frs. in bar, Herr V. de Beauclair,
vom Schweizer Aero-Club.
3. Preis: Große goldene Medaille, gestiftet von Herrn Adhömar de la Hault,
Herrn A. K. Huntington, vom Aero-Club of the United Kingdom.
4. Preis: Große goldene Medaille, gestiftet vom Aöro-Club de Belgique, Herrn
Charles Stewart Rolls, vom Aero-Club of the United Kingdom.
6. Preis: (doppelt) Je eine große silberne Medaille, Herrn Victor Niemeyer, vom
Berliner Verein für Luftschiffahrt und Herrn Löon de Brouck6re, vom Aöro-Club de Belgique.
7. Preis: (doppelt) Je eine große silberne Medaille, Herrn Celestino Usuelli, von
der Societa Aeronautica Italiana und Herrn Egon Mensing, vom Niederrheinischen Verein
für Luftschiffahrt.
Der Preis der Wettfahrt der F. A. I. 1907 (Silberner Kunstgegenstand, ver¬
goldet, im Werte von 2000 frs.) ist Deutschland zuerkannt worden für 2495 km, die von
3 Führern zurückgelegt wurden, den Herren Erbslöh, Niemeyer und Mensing, und ist an
den Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt gegeben worden, dem Herr Erbslöh angehört.
Belgien rangiert an zweiter Stelle mit 2296 km, an dritter Frankreich mit 2131 km.
Die große silberne Medaille der «Illustrierten Aeronautischen Mit¬
teilungen* für die Fahrt von größter Dauer ist Herrn Erbslöh mit 28 Std. 32 Min.
gegeben worden.
Für den Sport-Ausschuß: Für den Organisations-Ausschuß:
Der Präsident Der Präsident
Baron Pierre de Catres. Fernand Jacobs.
Die durch das Los bestimmte Startnummer des Ballons war die folgende: 1. Milano,
2. Zephir, 3. Ville de Bruxelles, 4. Abercron, 5. Eden, 6. Le Cognac, 7. Coblenz, 8. Sylphe,
9. Le Charles, 10. Britannia, 11. Pommern, 12. Aöro IV, 13. Quo Vadis, 14. Köln,
16. Mouche, 16. La Perle, 17. Bezold, 18. Bamler, 19. Elberfeld, 20. Aöro de Gand,
21. Equateur, 22. Tschudi, 23. Luciole. Die Brüsseler Gasanstalt konnte nur 3500 cbm
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398 444*
Gas pro Stunde liefern. Da im ganzen etwa 50000 cbm Gas gebraucht wurden, so war
festgesetzt, daß das Material am 14. September, zwischen 2 und 4 Uhr nachmittags, im
Parc du Cinquantenaire, zur Stelle sein sollte und daß die Vorbereitungen zur Füllung
am 15. September, 3 Uhr morgens, beginnen sollten. Diese Anordnungen wurden nur von
den englischen und italienischen Führern inne gehalten. Es mußte daher, da die Ballons
nicht rechtzeitig gefüllt waren, die Startfolge geändert werden, sodaß die Ballons in
folgender Reihenfolge abflogen: 1. Milano, 2. Zephir, 3. Köln, 4. Sylphe, 5. Le Charles,
6. Eden, 7. Britannia, 8. Pommern, 9. Aero IV, 10. Le Cognac, 11. Bezold, 12. La Perle,
13. Mouche, 14. Aero de Gand, 15. Bamler, lß. Elberfeld, 17. Quo Vadis, 18. Ville de
Bruxelles, 19. Equateur, 20. Abercron, 21. Luciole, 22. Tschudi. Der Ballon Coblenz
wurde zurückgezogen.
Zur Berechnung der Entfernungen wurde die geographische Lage des Landungs¬
ortes nach Länge und Breite aus der Karte 1:400000 von Frankreich möglichst genau
bestimmt, die Entfernung wurde dann von 3 Kommissaren unabhängig berechnet. Außerdem
wurde die Entfernung auf der Stieleerchen Karte abgegriffen und aus dieser gemessenen
und der berechneten Entfernung das Mittel genommen. Es ergab sich für die einzelnen
Ballons folgendes:
Reihen¬
folge
N ame
des Ballons
Landungsort
Koordinaten
des
Landungsortes
«i bo
© 5
c 3
© |
o> ,©
© hc
© §
2 0
if
Mittlere
tlernung
Länge
Breite
« ^
km
km
^ c
km
1 1
Pommern
Seignosse (Cap Breton)
3« 46' W
43^39'N
917,00
912
915
2
Le Cognac
Mimisan (Landes)
3° 34'
440 12 '
850,00
m
850
3
Zephir
Cazauban (Gers)
2° 24*
43*’ 56'
837,00
839
838
4
Britannia
Sanguinet
3° 25'
44° 28'
817,00
818
818
, j
Tschudi
Andernos (am See von Arcachon)
3° 28'
440 45'
791,95
792
792
5 I
Yille de Bruxelles
Audegne nahe Arcachon
3° 15'
440 41 '
790,45
792
791
7 1
Milano
Saint-Amen nahe Agen
io 39'
44o 12 '
788,00
790
789
7 1
Bamler
Cabanac (Gironde)
2° 55'
440 36'
787,25
789
788
9
Eden
Tonneins (Lot-et-Garonne)
2 « 2 '
440 15'
779,00
780
780
10
A 6 ro-Gand
Pessac (Bordeaux)
20 59'
44048 '
768,50
772
770
11
Abercron
Carcans
3*> 23'
45o 4'
758,30
760
759
12
Bezold
Arcins (Blaye)
3° 4'
45o5'
743,00
745
744
13
Equateur
Cubnezais (Bordeaux)
2«45'
45o4'
735,20
734
735
14
Sylphe
Saint-Croix de Mareuil
io 55'
45 1 27'
668,00
670
669
15
Le Charles
Marthon
1° 53'
450 37'
651,80
652
652
16
Quo Vadis
Naulry nahe Bellac
io 17'
46« 7'
583,30
581
582
17
Mouche
La Verne-aux-Loups
nahe Dompierre
1 ° 14'
460 13'
574,00
570
572
18
La Perle
Saint-Baudel
7'
460 52'
467,00
469
468
19
Elberfeld
Mehun-sur-Jeres
7'
470 9'
435,20
437
436
20
Luciole
Guignicourt (Aisne)
-
-
-
160
160
21
Köln
Tornavaux nahe Montherme
-
-
-
112
112
22
Aero IV
Sart-Dames-Avelines
—
—
—
35
35
Die Koordinaten des Startplatzes waren 2° 2' E, 50° 51' N.
Entsprechend dem auf der vorjährigen Tagung angenommenen Artikel 165 der
Bestimmungen der F. A. I. werden die unter 5 und ebenso die unter 7 genannten
Ballons für gleich erklärt. E.
Digitized by
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Die Fahrt des Siegers.
Ich stieg mit dem Ballon «Pommern» (Besitzer Freiherr von Hewald) unter
Begleitung des Herrn Baron von Kattendyke und Herrn P. Schulte um 5,50 Uhr auf,
nachdem wir unsern deutschen Freunden und den Vertretern der deutschen Luftschiff¬
fahrt, die zu dem an den vorhergehenden Tagen stattgehabten internationalen Kongreß
in größerer Zahl erschienen waren, noch warm die Hand gedrückt hatten. Der Wind
war in den letzten Tagen unbestimmt gewesen, und nachdem er vorher von Osten
gekommen war und die Richtung nach England gehabt hatte, hatte er sich bis zum
15. September so gedreht, daß er von Südwesten kam. Im Laufe des Tages nahm die
Rechtsdrehung des Windes zu, sodaß wir in südsüdöstlicher Richtung davonflogen. Der
Aufstiegplatz lag im Scheine der schon ziemlich tief stehenden Sonne unter uns und bot
mit seinem Triumphbogen und den hohen Säulen einen prachtvollen Anblick. Allmählich
entfernten wir uns immer mehr und mehr und fuhren eine Zeitlang über Wald hin,
während wir zunächst die Orientierung aufnahmen, die Windrichtung feststellten und
unser Augenmerk auf die vor und nach uns aufgestiegenen Ballons richteten. Allmählich
wurde es dunkel, sodaß wir diese Ballons nur an den ab und zu aufblitzenden elektrischen
Taschenlaternen erkennen konnten. Das einzige Interessante, welches wir während der
Nacht sahen, waren die Städte Charlerois und Chatelet, die wir um 7,50 Uhr, als es
schon ganz dunkel war, überflogen, und die mit ihrem ausgedehnten Lichterglanz einen
hervorragenden Anblick boten. In Chatelet sowohl, wie in einer ganzen Reihe kleinerer
Orte, konnten wir Karussells sich drehen sehen, die bis spät in die Nacht hinein ihre
Drehorgelklänge zu uns heraufschickten.
Um 11 Uhr ging der Mond unter und da der Ballon sich in guter Gleichgewichts¬
lage befand, konnten wir abwechselnd etwas ruhen.
Bald bemerkten wir, daß unsere Richtung sich etwas geändert hatte, und wir
flogen zunächst nach Süden, dann nach Südsüdwesten, und kreuzten in unserer Fahrt¬
richtung um 3 Uhr morgens die Marne, dann um 6 Uhr die Seine und um 7 Uhr
die Yonne.
Wir hatten uns während der Nacht in geringen Höhen unter 900 m gehalten und
stiegen nun allmählich bis auf 2000 m, in welcher Höhe wir einen prachtvollen Rund¬
blick auf das zwar wenig Abwechselung bietende aber prachtvolle und wohlgepflegte
Land hatten. Jetzt fanden wir auch allmählich einen nach dem anderen von unseren
Konkurrenten wieder. In verschiedenen Entfernungen und in verschiedenen Höhen, teils
vor uns, teils hinter uns, konnten wir im ganzen 9 Ballons erkennen, die sich zum Teil
wegen der allzugroßen Entfernung wie kleine schwarze Pünktchen ausnahmen, zum Teil
aber so gut zu erkennen waren, daß man den Namen lesen, oder wenigstens die Farben
der Flagge erkennen konnte. Wir erkannten bald an der Geschwindigkeit, mit der die
Ballons fuhren, daß die größte Windstärke in einer Höhe von 2000 bis 2500 m war,
während unten die Geschwindigkeit geringer wurde, und über 3000 m überhaupt kein
Wind mehr war. Wir suchten deshalb eine Gleichgewichtslage in ca. 2500 m Höhe. Das
Wetter war prachtvoll klar und nur eine dünne Schicht von Cumuluswolken, die aber
überall den Durchblick gut gestattete, breitete sich in einer Höhe von 1500—2000 m
unter uns aus, und hoch über uns erschienen einige zerrissene Cirruswolken. Seit langer
Zeit hatten wir einen vor und unter uns fahrenden Ballon beobachtet, den wir an den
Farben als den Italiener erkannten. Dieser fuhr schon seit längerer Zeit dicht am Boden,
und wir sahen ihn um 2,30 Uhr nachmittags bei St. Amand landen, während wir ziemlich
nahe an seinem Landungsplätze vorbeifuhren. Die Wärmestrahlen der Sonne wurden
durch die Wolkenschicht nach oben reflektiert, sodaß die Ballons sich gut in einer Gleich¬
gewichtslage halten konnten, solange sie Wolken unter sich hatten. Sobald aber eine
Lücke in den Wolken entstand, hörte die Reflektion auf, und die Ballons sanken sofort.
Besonders die Ballons aus dünnem französischen Stoff hatten unter diesem Einfluß zu
leiden und mußten oft sackweise Ballast geben, um wieder in die Höhe zu kommen. Um
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4 Uhr sahen wir dann auch den Ballon «A6ro-Gand* bei Bordeaux landen, und allmählich
entschwand einer nach dem anderen unseren Blicken. Die größte Aufmerksamkeit
schenkten wir dann dem Ballon «Cognac », der, trotzdem er 10 Minuten später abgefahren
war, einen Vorsprung von 50 km hatte, welcher bald größer, bald kleiner wurde, je nach¬
dem wir in den verschiedenen Höhen in schnellere oder langsamere Luftströmungen kamen.
Eines der schönsten Städtebilder bot sich uns beim Anblick von Bordeaux, über
welches wir, nachdem wir die Dordogne und Garonne überschritten hatten, um 4 Uhr
nachmittags hinwegflogen. Hier erreichten wir unsere größte Höhe von 3000 m und
konnten nun das Meer gut erkennen. Wir mußten sogar Ventil ziehen, da der in dieser
Höhe wehende Wind uns zu sehr nach dem Meere zu brachte, um in einer geringeren
Höhe wieder etwas vom Meere abgetrieben zu werden. Wir fielen ziemlich schnell
hinunter und berührten mit dem Korb die Baumwipfel eines Kiefernwaldes, wodurch wir
genötigt waren, einige Säcke Ballast zu opfern. Leider rissen bei dieser Gelegenheit
einige volle Sandsäcke, die außen am Korbe befestigt waren, ab, sodaß wir ziemlich
schnell wieder auf eine Höhe von 2000 m stiegen und nun zum zweiten Male genötigt
waren, Ventil zu ziehen. Der Führer des Ballon «Cognac» Herr de Beauclair, manövrierte
in ähnlicher Weise, und so kam es, daß wir bald nahe aneinander waren, wenn er unten
langsamer und wir oben schneller fuhren, oder daß wir uns weit von einander entfernten,
wenn wir unten waren und er oben von uns fort fuhr. Der Wind in den oberen Schichten
hatte eine Geschwindigkeit von 60 km in der Stunde, während der Bodenwind nur etwa
15 km in der Stunde machte. Als der Ballon «Pommern» zum zweiten Male herunter
kam und in der langsamen Luftströmung nur wenig von der Stelle kam, glaubten die
Insassen des Ballon «Cognac», daß wir landen wollten, und landeten ihrerseits um 6 Uhr
in Mimizan. Wir hatten schon vorher einmal, als der Ballon «Cognac» sich langsam
fortbewegte, geglaubt, daß er landen wollte, hatten uns aber getäuscht, als er sich
plötzlich wieder erhob, um davon zu fliegen. Jetzt hatten sich die Insassen des Ballon
«Cognac» auch getäuscht, denn kaum waren sie gelandet, als wir uns wieder in die
Lüfte erhoben, um nach einer halben Stunde sehr nahe an ihrem Landungsplätze vorbei¬
zufliegen. Wir hatten uns immer mehr dem Meere genähert und mußten nun vorsichtig
operieren, um Land unter uns zu behalten. Da wurden wir plötzlich von einer auf¬
steigenden Luftströmung erfaßt, die uns in wenigen Minuten auf 1500 m Höhe brachte.
Wir mußten jetzt zum dritten Male Ventil ziehen, um nicht auf das Meer hinausgetrieben
zu werden, und meine Begleiter baten darum, jetzt zu landen, da der Sieg doch wohl
errungen sei. Mir war es noch immer ungewiß, ob ich wirklich der Sieger sei, da es
sehr gut möglich sein konnte, daß einige Ballons östlich von uns auf die Mitte der
Pyrenäen zugeflogen waren, oder daß einige besonders kühne Ballonführer westlich von
uns über den Golf von Viskaya nach Spanien gefahren waren. Ich wollte deshalb den
Ballon bis zum letzten Körnchen Ballast ausfahren, und wir hatten noch 4 schwere Säcke
voll. Ich versprach deshalb meinen Mitfahrern, daß ich nunmehr nur noch am Schlepp¬
seil fahren und mich daher nicht über 100 m vom Erdboden entfernen wolle, damit wir
jeder Zeit in der Lage seien, zu landen. Auf diese Weise fuhren wir noch einige
Stunden über dichtem Wald, rechts im Hintergründe das Meer, sonst nichts zu sehen,
keine menschliche Niederlassung, nur ab und zu ein Weg. Wir waren stolz, in die
zweite Nacht hineingekommen zu sein, was nur in den wenigsten Fällen gelingt, und
zwar hatten wir seit 6 Uhr keinen Ballast mehr ausgegeben. Über den Wäldern unter
uns bildeten sich Nebel, die besonders die einzeln stehenden Bäume umhüllten, welche
dadurch wie belebte Gestalten aussahen. Wir kamen an einer Lichtung vorüber, in
welcher eine Anzahl von einzeln stehenden Bäumen mit ihrem Nebelschleier einen so
eigenartigen Anblick bot, daß wir unwillkürlich an den Hexentanzplatz erinnert wurden.
Dazu kam die gespensterhafte Beleuchtung des Mondes, der mit seinem zunehmenden
Viertel die Landschaft beschien. Es begann nun kalt zu werden, und wir waren außer¬
dem hungrig, da unser Proviant längst zur Neige gegangen war, bis auf einen kleinen
Rest, den wir uns bis zur Landung verwahren wollten. Wir fuhren noch über einige
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Haffs und kleine Seen hinweg immer mit gespannter Aufmerksamkeit, damit wir nicht
ins Meer fielen, und erblickten bald die Leuchttürme von Bayonne. Diesen wollten wir
uns so weit wie möglich nähern, aber wir sahen ein, daß es nicht möglich sein würde,
ganz bis Bayonne zu kommen, da unsere Fahrtrichtung immer etwas mehr seewärts als
die Leuchttürme war. So fuhren wir weiter bis 10,30 Uhr abends, als wir plötzlich vor
uns das Meer erblickten. Das Gelände bestand aus Tälern und Bergrücken, über die
wir ganz niedrig hinwegflogen, indem wir immer in die Täler eintauchten. Es erschien
uns bei jedem Bergrücken, als ob sich das Meer bereits hinter dem nächsten befände,
aber so nahe waren wir noch nicht daran, und wir überflogen noch eine Anzahl von
diesen Bergrücken, bis wir plötzlich von einem scharfen Wind erfaßt wurden, der uns
nach dem Meere hinzog. Jetzt hieß es sofort Ventilziehen und wir tauchten in ein Tal
ein, indem sich der Ballon gerade in eine Waldlücke setzte. Die Reißbahn wurde
gezogen, der Korb setzte auf den Boden auf und der Ballon legte sich über einige
niedrige Bäume, die in der Waldlücke standen, die Bäume des Waldes selbst waren
etwa 30 m hohe Fichten. Wir waren 28 Stunden und 40 Minuten in dem Korb gewesen
und stiegen nun aus, um den Rest unseres Proviants zu uns zu nehmen. Als dies
geschehen war, versagten unsere elektrischen Lampen, und auch der Mond ging unter,
sodaß wir genötigt waren, auf freier Erde uns ein Nachtquartier zu suchen. Wir breiteten
einen Plan, der zum Verpacken des Ballons dient, auf dem Boden aus, legten jeder einen
Sandsack unter unseren Kopf und deckten uns mit unsern Mänteln zu. Nach 2 Stunden
wurde es meinen Kameraden zu kalt, und diese machten sich deshalb auf die Suche
nach Menschen, während ich allein zurückblieb, um das Material zu bewachen. Ich
legte meinen Revolver bereit, da die Situation etwas unheimlich war, denn von Zeit zu
Zeit hörte man ein Knacken in den Bäumen, welches durch den Ballon verursacht
wurde, und dann sah man die gespensterhaften Nebelgestalten zwischen den Bäumen.
Es dauerte 4 Stunden, bis es den Herren mit großen Schwierigkeiten gelungen war, den
Weg zu mir zurückzufinden und einen Menschen aufzutreiben; dieser hatte eine Flinte
auf dem Rücken und sah ziemlich gefährlich aus. Immerhin waren wir froh, einen Mann
zur Hilfe zu haben, und schickten diesen nun fort, um noch einige Mannschaften zu holen.
Als der Tag anbrach, waren es 5 Leute, die bereit waren, uns zu helfen. Diese Zahl
ist für einen so großen Ballon, und besonders dann, w r enn ein so kleiner Platz zum
Verpacken da ist, sehr gering. Aber wir griffen selbst kräftig zu, sodaß es uns gelang,
mit dem Verpacken fertig zu werden. Der Boden war überall mit Disteln und Dornen
bedeckt, sodaß wir die größte Vorsicht anwenden mußten, um den Ballon nicht zu ver¬
letzen. Dagegen konnten wir weniger auf unsere Schuhe und Beinkleider sehen, die
durch diese Landung völlig unbrauchbar geworden sind. Die Hauptschwierigkeit kam
nun erst, als wir einen Wagen haben wollten, um den Ballon bis zur nächsten Bahn¬
station zu befördern. Die Leute erklärten einfach, daß es Wagen nicht gäbe; erst als
wir erklärt hatten, daß wir 50 frs. bezahlen wollten, von denen die Anwesenden die
Hälfte mitbekommen sollten, war einer sofort bereit, einen Wagen zu holen. Drei
Stunden dauerte es, bis dieser ankam; es war ein zweiräderiges Gefährt mit zwei Maul¬
tieren bespannt. Es war wunderbar, wie diese Maultiere diesen Wagen durch den
dichten Wald, der fast wie ein Urwald aussah, hindurchzogen, denn Fahrwege gab es
nicht. Als wir nun den Ballon mit großer Mühe aufgeladen hatten, setzten wir uns in
Bewegung und kamen nach einer guten Stunde in dem nächsten Orte an, Cap Breton, wo
wir uns zunächst zu dem Bürgermeister begaben, der uns eine Landungsbescheinigung
ausstellen sollte. Es war zwischen 1 und 2 Uhr mittags, und der Bürgermeister war
nicht im Rathause zu finden. Wir suchten ihn daher in seiner Wohnung auf, und er
stellte uns in der liebenswürdigsten Weise die gewünschte Bescheinigung aus, wobei
der Fuhrmann als Zeuge fungierte.
Wir waren inzwischen wieder hungrig geworden, da wir seit dem Abend vorher
nichts genoßen hatten als eine Flasche Portwein, die wir nach dem Verpacken mit den
Leuten geteilt hatten. Leider hatten wir uns vor der Abfahrt in Brüssel allen französischen
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. Öl
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Geldes entledigt, da wir nicht geglaubt hatten, daß wir in Frankreich landen wurden,
und nun wollte in diesem kleinen Städtchen niemand deutsches Geld wechseln. Zufällig
fand einer meiner Kameraden in seiner Tasche ein 50-Centimesstück, für das wir sofort
Weintrauben kauften, die schön und reichlich waren und uns trefflich mundeten. Wir
versuchten dann einen Wagen für uns selbst zu bekommen, der uns nach Bayonne
brächte; dies gelang uns indes nicht, sondern wir hatten nur Gelegenheit, mit einem
Omnibus zu einer anderen Bahnstation zu fahren, von wo wir mit der Bahn nach
Bayonne fahren konnten. Während wir auf die Abfahrt dieses Wagens warteten, gelang
es uns, von dem Besitzer desselben 20 Francs zu erhalten, die er uns gegen einen Revers
lieh, und die wir ihm durch den Fuhrmann zurückschicken sollten, nachdem wir in
Bayonne Geld gewechselt haben würden. Inzwischen wurden wir von der Dorfjugend
umstanden und wie Wundertiere betrachtet. Der Wagen mit dem Ballon gebrauchte
5 Stunden, um in Bayonne anzukommen, und wir selbst waren auch nicht viel eher da.
Es blieb uns sehr wenig Zeit, um unsern Hunger zu stillen und den Ballon zu verladen,
und wir fuhren dann um 6 Uhr mit dem Schnellzuge nach Paris von Bayonne ab.
Als wir am anderen Morgen in Paris ankamen, konnten wir uns zum ersten Male
seit 4 Tagen rasieren lassen und erst am Mittwoch abend war es uns möglich, unsere
Kleider zu wechseln, die wir 4 Tage hindurch dauernd getragen hatten. Schon in
Bordeaux traf ich einige meiner Konkurrenten, die mir zum Siege gratulierten, aber ich
wollte noch immer nicht mit Bestimmtheit daran glauben, bis ich in Paris die definitiven
Resultate sämtlicher Ballons erfuhr.
Ich habe nicht nur den ersten Preis und die goldene Plaquette des Prinzen
Bonaparte für die weiteste Entfernung gewonnen, sondern auch die silberne Medaille
der «Illustrierten aeronautischen Mitteilungen» für die längste Fahrtdauer. Außerdem habe
ich für Deutschland den großen Ehrenpokal des Aero-Club de Belgique für die beste
Leistung der drei ersten deutschen Ballons errungen.
Leider konnte ich mich nicht durch einen Aufenthalt in Paris meines Sieges freuen,
da ich so schnell nach Hause zurückkehren mußte, um am 24. September von Bremen
nach St. Louis abzureisen, wo ich mit dem so gut bewährten Ballon «Pommern* am
21. Oktober an der Gordon-Bennett-Wettfahrt teilnehmen werde. 0. Erbslöh.
Interne Wettfahrt des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt.
Vom Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt war am 15. August eine kleine
Ballonwettfahrt veranstaltet worden. Die Absicht hierbei war, auszuprobieren, welcher
Ballon am besten die Gordon-Bennett-Fahrt in Amerika mitmachen sollte. Die Ballons
waren folgendermaßen besetzt: «Elberfeld», Führer: Oberlehrer Milarch. Mitfahrer:
Fabrikant Spindler-Hilden, Leutnant Vogt-Saarburg, Feld-Art. 15. «Abercron», Führer:
Rechtsanwalt Niemeyer-Essen. Mitfahrer: Landgerichtsrat Althoff-Essen und Leutnant
der Res. Diepenbrock, Füs.-Reg. 39. «Düsseldorf», Führer: Hauptmann von Abercron.
Mitfahrer: Dr. Weiß-Hilchenbach, Leutnant Stach von Golzheim, Hus.-Reg. 11. Das
Resultat der Wettfahrt ist folgendes: «Elberfeld» ist nach 13stündiger Fahrt bei Mühlberg,
nördlich Riesa a. d. Elbe, «Abercron» nach 14stündiger Fahrt bei Freiberg im Königreich
Sachsen, «Düsseldorf» nach 18 Stunden 45 Minuten 2*/* Kilometer östlich StefTanowo
bei Bentschen in Posen gelandet. «Düsseldorf» hat also mit 640 Kilometer Luftlinie die
weiteste Strecke zurückgelegt, «Elberfeld* 500 und «Abercron» 520 Kilometer. — Haupt¬
mann von Abercron berichtet über seine Fahrt wie folgt: Die Wetterlage am 15. August
war insofern für Ballonfahrten ungünstig, als Gewitterneigung vorhanden war; mit böigen
Winden und Regenschauern mußte gerechnet werden. Vom meteorologischen Observa¬
torium in Aachen wurde am Nachmittag etwas günstigeres Wetter angekündigt. Am
Abend konnten die drei Ballons bei schöner ruhiger Witterung in der Zeit von 7,30 bis
9 Uhr vor einer ungeheueren Zuschauermenge aufsteigen, und zwar in der Reihen-
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folge: «Abercron», «Düsseldorf», «Elberfeld». Die Ballons fuhren zunächst gen Süd-Ost >
später gen Osten. In Gerresheim senkte sich durch Abkühlung der «Düsseldorf» fast bis
auf die Erde, und wäre beinahe festgehaiten worden. Die Fahrt ging dann über Mett¬
mann, Elberfeld und Hagen. Besonders das Lichtermeer von Elberfeld und Barmen war
hochinteressant. Der Ballon zog in einer Höhe von 100 Meter dicht über die Städte und
wurde trotz der Dunkelheit von unten erkannt. Zwischen Schwerte und Iserlohn sichteten
wir einen der anderen Ballons und durch Zuruf wurde festgestellt, daß es der «Elberfeld»
war, der in etwas größerer Höhe schneller fuhr. 11,20 Uhr wurde Neheim-Hüsten passiert,
2,50 Uhr eine größere Stadt, die für Göttingen angesehen wurde. 5,50 Uhr morgens
wurde die Orientierung vermöge eines größeren Sees wiedergefunden, der etwa 20 Kilo¬
meter westlich Halle lag. Die Fahrt führte weiterhin zwischen Halle und Merseburg
hindurch, über Leipzig und die Elbe bei Mühlberg nördlich Meißen um 8,45 Uhr morgens.
Ballon «Elberfeld», der hier gelandet ist, wurde nicht gesehen. Mit einer Geschwindigkeit
von 40 Kilometer pro Stunde überflogen wir den Schießplatz Zeithain in 2000 Meter
Höhe; Feld-Artillerie schoß, und unterbrach das Schießen auch dann nicht, als der Ballon
sich in der Schußlinie befand. Die Geschoßeinschläge konnten genau beobachtet werden.
Kurz nach 10 Uhr vormittags kam der Ballon in Schneewolken und konnte erst mit
3 Zentner Ballast in 4500 Meter Höhe über das teilweise sehr heftige Schneegestöber
gebracht werden. Um 12 Uhr wurde ein Fall des Ballons erst in 700 Meter durch starke
Ballastausgabe aufgehalten. Von 2000 Meter ab schneite es nicht mehr. Die Orientierung
konnte nicht gefunden werden. Der «Düsseldorf» stieg dann wieder bis 6750 Meter und
1,55 Uhr wurde vorübergehend die Sonne gesehen. Die dünne Luft in den großen Höhen
verursachte bei den LuftschifTem ziemliches Herzklopfen; in Amerika wird deshalb Sauer¬
stoff mitgenommen werden; 1,30 Uhr wurde eine Stadt, wahrscheinlich Sagan, über den
Wolken passiert; längere Zeit wurde das Spielen zweier Musikkapellen gehört. Ein 2,40 Uhr
beginnender Fall steigerte sich rapide und unter 2000 Meter zeigte sich ein seenreiches
Land. Die Aeronauten vermeinten sich über dem südlichen Teil von Schlesien. Die
glatte Landung erfolgte 3,15 Uhr auf einer Waldblöße, wo sich alsbald der Distrikts-
Kommissar und Leute einfanden. Da die Landungsstelle zwischen Frankfurt a. d. Oder
und Posen lag, muß der Ballon in großen Höhen nach Nord-Osten abgeschwenkt sein.
Der Distrikts-Kommissar Hauptmann a. D. von Ländwüst war ein alter Bekannter des
Hauptmanns von Abercron und bei dem Bergen des Ballons sehr hilfsbereit. Nach dem
Ausfall dieser kleinen Wettfahrt scheint also der «Düsseldorf» den anderen Ballons doch
überlegen zu sein.
Ballonwettfahrt zu Valencia am 24. Juli 1907.
Der Wettbewerb bestand aus einer Weitfahrt und die Ballons wurden gemäß Ar¬
tikel 96 des Reglements der «F. A. I.» gehandicapt. Die drei Preise waren von der
Stadtverwaltung von Valencia gestiftet und bestanden aus 2500, 1500 und 1000 Pesetas,
Da Valencia dicht am Meere liegt, hatte die Jury dieselben Vorsichtsmaßregeln angewandt,
wie bei der Wettfahrt von Barcelona, um ein Hinaustreiben der Ballons auf das Meer nach
Möglichkeit zu verhindern. Am 24. Juli war in den unteren Schichten der Wind günstig,
aber über 900 m Höhe wehte er aus gerade entgegengesetzter Richtung. Die Jury ließ
deshalb alle Ballons vollständig mit Gas füllen, damit die Führer die Ballons sehr tief
halten konnten. Über das Ergebnis der Wettfahrt gibt die nachfolgende Tabelle Aus¬
kunft. Was aber die Wettfahrt zu einer so interessanten machte, so daß sie nicht nur
in Spanien, sondern auch in allen LuftschifTerkreisen des Auslandes Aufsehen erregte, ist
die sehr gefährliche, aber glücklich verlaufene Luftseefahrt, die Herr Kapitän Alfredo Kindelän
mit einem 600 cbm-Ballon ausführte und die ihn nach 28ständiger Dauer bis 17 Meilen
nördlich von Ibiza (Balearen) führte, wo Führer und Ballon von dem englischen Dampfer
«West Point» gerettet wurden. Über diese außergewöhnliche Fahrt bringen wir an
anderer Stelle dieses Heftes einen ausführlichen Bericht.
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Resultate der Ballonwettfahrt zu Valencia am 24. Juli 1907.
Ballon
Führer
Mitfahrer
Ab-
fahrt
Größe
der
Ballons
Ent¬
fernung
Landungsort
Reihen¬
folge
Alfonso XIII
Herr Herrera
Enriquez
St4. Mia.
5 00
ctoa
1650
kn
21
i
Ribarroja
—
Alcotan
Herr Magdalena
-
5 20
l
950
32
Zwischen eheste
und Chiva
2 . Preis
Cierzo
Graf Mendoza Cortina
'
6 10
1600
10,2
Aibal
-
Maria Teresa
Kapitän Kindelän
7 10
600
?
Im Meere ca. 17
Meilen nördlich
von Ibiza
1. Preis
Reina Victoria
Herr Romero de Tejada
—
7 23
450
12
Zwischen Silta u. i
Albufera
1 3. Preis
Francisco de Paula Rojas.
jc
Vereine und Versammlungen.
Vorläufiger Bericht Uber die dritte Jahresversammlung des Inter¬
nationalen Luftschifferverbandes (F. A. I.) zu Brüssel 1907. 1 )
Die dritte Versammlung der F. A. I. begann am Freitag den 13. September 1907 in
Brüssel unter dem Vorsitz des Prinzen Roland Bonaparte. Es waren 8 Länder vertreten,
und zwar:
Deutschland (Deutscher Luftschifferverband), 308 190 cbm Gas, 12 Stimmen.
Vertreter: die Herren Hauptmann v. Abercron, Geh. R.-R. Aßmann, Dr. Bamler, Geh. R.-R.
Busley, Erbslöh, Hiedemann, Menzen, Major Oschmann, Frhr. v. Romberg, Dr. Stade, Ober¬
leutnant Trumpier, Dr. Wegener. Außerdem waren anwesend: Cassirer und Dr. Niemeyer.
Belgien (Aöro-Club de Belgique), 129000 cbm Gas, 6 Stimmen. Vertreter: die
Herren F. Jacobs, Major Chevalier Le Clement de Saint-Marcq, Prof. A. Flamache, Oberst
van den Borren, Adh6mar de la Hault, Oberstleutnant C16ment Soucy. Außerdem an¬
wesend: L6on de Brouckdre.
Frankreich (Aöro-Club de France), 468905 cbm Gas, 12 Stimmen. Vertreter: die
Herren Prinz Roland Bonaparte, E. Boulenger, Comte Castillon de Saint-Victor, Comte
A. de Contades, Hauptmann Ferber, R. Gasnier, Comte de la Baume-Pluvinel, Comte
A. de la Vaulx, M. Mailet, Comte d’Oultremont, E. Surcouf. Außerdem anwesend: P. Tis-
sandier, Zens.
England (Aero Club of the United-Kingdom), 206078 cbm Gas, 9 Stimmen. Ver¬
treter: die Herren C. S. Rolls, F. H. Butler, G. Brewer, Prof. Huntington, P. Alexander,
R. W. Wallace, H. Perrin, Oberst Templer, Oberst Trollope.
Italien (SocietasAeronautica Italiana), 148000 cbm Gas, 6 Stimmen. Vertreter:
die Herren Hauptmann Castagneris, Chev. L. Pesce, Prof. P. Kaufmann.
Schweden (Svenska Aeronautiska Sallskapet), 10000 cbm Gas, 1 Stimme. Ver¬
treter: Hauptmann A. Hildebrandt.
Schweiz (Schweizer Aero-Klub), 25 900 cbm Gas, 2 Stimmen. Vertreter: Oberst
Schaeck.
*) Ausführlicher Bericht, zugleich über die Verhandlungen der Ständigen Internationalen Aero¬
nautischen Kommission, folgt im nächsten Heft.
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Vereinigte Staaten von Nord-Amerika (Aero-Club of America), 33930 cbm
Gas, 2 Stimmen. Vertreter: die Herren Cortland Field Bishop, Frank S. Lahm.
Nach einigen Begrüßungsworten des Präsidenten verlas Hauptmann Ferber den Jahres¬
bericht des verhinderten Schriftführers B6san<?on. Der Bericht folgt im nächsten Hefte
in voller Ausführlichkeit.
Am Nachmittage des gleichen Tages fand im Saal des Palais des Acadömies eine gemein¬
schaftliche Sitzung mit der Ständigen Internationalen Aeronautischen Kommission (C. P. I. A.)
statt, in welcher in Vertretung des belgischen Ministers des Sciences et des beaux Arts
Herr Cyrille van Overbergh die Vertreter willkommen hieß und ihnen im Namen der
belgischen Regierung einen ersprießlichen Fortgang ihrer Arbeiten wünschte.
Hierauf folgten Vorträge des Majors Renard über die Geschichte der Luftschiffahrt,
des Hauptmanns Voyer über die Fahrten des französischen Militärluftschiffes «Patrie» und
des Hauptmanns Ferber über den Stand der Flugtechnik. Die letzte Sitzung fand am
14. September vormittags im Hotel des Conferences statt. Nachmittags wurde der
Militär-Luftschiffpark in Wyryck besucht. Am Abend des gleichen Tages vereinigte ein
vom Aero-Club de Belgique gegebenes Festmahl die Teilnehmer an den Konferenzen im
Hotel Mengelle.
Für die Sitzungen waren folgende Anträge 2 ) gestellt worden:
Deutschland (Deutscher Luftschiffer-Verband). 1. Zusätze zum Reglement:
a) Es ist verboten, einen Ballon am Tau transportieren zu lassen, oder es gilt der
Punkt, bei dem der Transport am Tau angefangen hat, als Landungspunkt; dieser
Punkt muß im Bordbuch erwähnt werden.
b) Es ist verboten, bei Zielfahrten eine Stadt als Landungspunkt zu bezeichnen;
es muß vielmehr ein genauer Punkt angegeben werden; doch kann hierzu z. B. der
Mittelpunkt der Stadt bestimmt werden.
c) Den Sport-Kommissaren ist verboten, die Bedingungen während einer Weitfahrt
zu ändern.
d) Die Ergebnisse einer Wettfahrt sind so genau festzustellen, daß eine Ent¬
scheidung durch das Los vermieden wird. (Antrag des Niederrheinischen Vereins.)
2. Im Artikel 187 des Reglements sind die Worte wegzulassen:
«Comme il peut ötre nGcessaire en cas de guerre». (Antrag des Oberst¬
leutnants Moedebeck.)
Begründung: Das Reglement der F. A. I. ist nur dazu da, den Sport bei allen
Nationen nach gemeinsamen Grundsätzen zu regeln und die Nationen durch den Sport
zu vereinigen; daher müssen alle Zusätze unterbleiben, welche auf die Anwendung dieses
Sports im Kriege Bezug nehmen.
Belgien: 1. Festsetzung der Bedingungen, unter denen eine Wettfahrt über das
Meer stattfinden darf (Sicherheitsmaßnahmen u. dergl.).
2. Bewertung eines bei einer Wettfahrt im Meere niedergegangenen Ballons.
3. Einsetzung von «Korrespondenten» der F. A. I., bei denen die in fremden Staaten
gelandeten Luftschiffer jede mögliche Unterstützung finden können.
4. Schaffung von internationalen Signalen, durch welche der Führer der Bevölke¬
rung, bzw. auf See einem Schiffe mitteilt, ob er Hilfe braucht oder nicht, am Tau fest¬
gehalten werden soll usw.
5. Angabe der Schießplätze, auf denen scharf geschossen wird, um dem Führer,
besonders wenn der Ballon sich über den Wolken befindet, zu ermöglichen, sichere
Höhen aufzusuchen.
England. Untersuchung der Frage des Fahrens am Schlepptau.
Frankreich: 1. Bewertung eines im Meere niedergegangenen Ballons. (Wieder¬
holung des vorjährigen Antrages des Grafen Castillon de Saint-Victor.)
*) Die Anträge sind hier in der Fassung wiedergegeben, welche ihnen das Bureau der F. A. L
gegeben hat.
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2. Studium der Maßnahmen, welche man gegen feindselige Haltung der Bevölke¬
rung, namentlich im belgischen Flandern, zu ergreifen hat, Ausgabe eines Spezialaus¬
weises in der Landessprache mit Strafandrohung der Behörden für jede Belästigung von
Angehörigen der F. A. I. (Antrag von E. V. Boulenger.)
3. Änderung des Artikels 139 des Reglements in der Weise, daß die Frist zum
Einsenden des Bordbuches verlängert wird. (Antrag des Grafen d’Oultremont.)
Italien: 1. Mitteilung der auf einer Konferenz gefaßten Beschlüsse und vertagten
Fragen innerhalb dreier Monate an die zugehörigen Klubs oder Verbände und Aufforde¬
rung an diese, ihre Ansicht über diese Fragen innerhalb dreier Monate kund zu geben.
2. Entwurf von Sonder-Reglements für Wettbewerbe von Amateuren, Professionals
und gemischte Wettbewerbe.
3. Nationalität der verschiedenen Insassen eines Ballons bei einem internationalen
Wettbewerb.
4 . Festsetzung der Zeit zwischen Meldeschluß und Wettbewerb. (Vorschlag
3 Monate.)
5. Beifügung der aus den letzten 5 Jahren abgeleiteten Mittelwerte der meteoro¬
logischen Elemente für die Woche, in welcher ein Wettbewerb stattfindet, zu den Aus¬
schreibungen.
6. Obligatorische Internationalisierung aller Wettbewerbe von Lenkballons und
Flugmaschinen.
7. Beratung von Maßnahmen, um die Gasgesellschaften zur Herstellung eines reinen
und billigen Gases und die chemischen Fabriken, die Wasserstoff als Nebenprodukt her-
stellen, zur Lieferung von möglichst viel Gas an die Luftschiffer zu veranlassen.
8. Herstellung von Karten, aus denen die mittleren Winde für jede Gegend zu
ersehen sind, als Ergänzung der vorgeschlagenen aerographischen Karten.
Die Beratungen führten zu folgenden Ergebnissen:
1. Es wurde eine Resolution folgenden Inhalts gefaßt: Die Konferenz bittet Herrn
Oberstleutnant Moedebeck, eine Karten-Kommission zu bilden, deren Mitglieder er selbst
aus den verschiedenen Ländern zu wählen hat.
2. Über die Anträge wurden folgende Beschlüsse gefaßt:
Deutschland. Zu ta: Im Reglement wird folgender Zusatz aufgenommen: «Es
ist in jedem Falle untersagt, die Entfernung durch einen Transport des Ballons am
Schlepptau zu verändern».
Zu lb. Bei Zielfahrten muß der Landungspunkt genau bezeichnet werden.
Zu lc. Zusatz zum Reglement: «Sobald ein Bewerber gestartet ist, dürfen die
Bestimmungen eines Wettbewerbes nicht mehr geändert werden».
Zu ld. Zurückgezogen.
Zu 2. Von der Konferenz angenommen.
Belgien. Zu 1. Dem Bureau der F. A. I. überwiesen.
Zu 2. Vertagt.
Zu 3. Die Kommission spricht folgende Wünsche aus:
a) Jeder Klub wolle einen Korrespondentendienst einrichten, entsprechend dem des
Touring Klubs. Dieser Dienst soll den Zweck haben, den in einem fremden Staate
landenden Luftschiffern jede nötige Hilfe zu gewähren. Die Korrespondenten sollen durch
die Klubs, und zwar nach Möglichkeit aus ihren Mitgliedern ausgewählt werden.
b) Die Liste der Korrespondenten soll an das Bureau der F. A. I. gesandt werden,
welches für ihre Veröffentlichung Sorge tragen wird.
c) Das Bureau der F. A. I. möge Sorge tragen, daß diese Organisation innerhalb
6 Monaten durchgeführt werde.
Zu 4. Die Konferenz bittet Herrn Major Le Clöment de Saint-Marcq, eine Kom¬
mission aus Mitarbeitern aller Länder zu bilden, welche die Frage von Signalen auf dem
Meere vorbereiten soll.
Zu. 5. Die Angelegenheit wird der Kartenkommission überwiesen.
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England. Abgelehnt.
Frankreich. Zu 1. Vertagt.
Zu 2. Die belgische Regierung wird auf diplomatischem Wege für die Schaffung
eines internationalen Passes für Luftschiffer Sorge tragen.
Zu 2. Die Konferenz setzt als Frist für die Einlieferung des Bordbuches 24 Stunden,
statt 12 wie bisher, fest.
Italien. Zu 1. Die Protokolle sollen an die Klubs oder Verbände der F. A. I.
innerhalb dreier Monate versandt werden. Der berichterstattende Schriftführer ist aus
dem Lande zu wählen, welches die nächste Konferenz veranstaltet.
Zu 2. Zurückgezogen.
Zu 3. Bis zur nächsten Konferenz vertagt.
Zu 4. Beschluß; «Die Frist zwischen Meldeschluß und Wettbewerb darf bei den
internationalen Wettbewerben 3 Monate nicht überschreiten». Es stimmten dafür
Deutschland (12), Belgien (6), Spanien (5), Italien (6), Schweden (1) (Sa. 30 Stimmen),
dagegen Vereinigte Staaten von Nordamerika (2), Frankreich (12), England (9), Schweiz (2)
(Sa. 25 Stimmen).
Zu 5—8. Die Anträge werden auf die Tagesordnung der nächsten Konferenz gesetzt.
Die Beiträge für das nächste Jahr werden wie folgt festgesetzt; Deutschland 250 Francs,
Belgien 150 Fr., Spanien 150 Fr., Vereinigte Staaten 100 Fr., Frankreich 250 Fr., Eng¬
land 200 Fr., Italien 150 Fr., Schweden 100 Fr., Schweiz 100 Fr.
Die Zusammensetzung des Bureaus ist bis zur nächsten Konferenz die folgende:
Präsident: Prinz Roland Bonaparte; Vizepräsidenten: die Herren Busley, Jacobs,
de la Vaulx, Wallace; Schriftführer: H. B6san(;on; berichterstattender Schrift¬
führer: H. Perrin; Schatzmeister: P. Tissandier.
Die nächste Konferenz findet in London Ende Mai oder Anfang Juni 1908 statt.
Dr. Stade.
Deutscher Luftschiffertag.
Der Deutsche Luftschiffer-Verband hielt seine diesjährige Tagung
am 11. September in Köln ab. Der dortige, im Anfang dieses Jahres neu
begründete Klub für Luftschiffahrt hatte den Verband, zu dessen jüngsten
Mitgliedern er zählt, in liebenswürdigster Weise eingeladen und ihm zu
seinen Sitzungen die prächtigen Räume, die er, gemeinsam mit dem Kölner
Automobil-Klub und neuerdings auch dem Rheinischen Motorjacht-Klub, im
eigenen Hause Kattenbug 1/3 bewohnt, bereitwillig zur Verfügung gestellt,
und es lag um so näher, dieser Einladung Folge zu leisten, als für die Mit¬
glieder der deutschen Vereine, welche den Verband bei den am 12. Sep¬
tember in Brüssel beginnenden Verhandlungen des Internationalen Luft-
schiffer-Verbandes zu vertreten hatten, die Reise ohnedies über Köln führte.
Von den einzelnen Vereinen hatten sich die folgenden Abgesandten
eingefunden:
Vom Berliner Verein für Luftschiffahrt: Geheimer Regie¬
rungsrat Professor Busley, Geheimer Regierungsrat Professor
Dr. Assmann, Fabrikbesitzer Cassirer, Hauptmann a. D.
Hildebrandt, Major Oschmann und Observator Dr. Stade;
vom Augsburger Verein für Luftschiffahrt: Fabrikgesell¬
schafter Scherle und Rentier G. Riedinger;
vom Niederrheinischen Verein für Luftschiffahrt: Ober-
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lehrer Dr. Bamler, K. Barthelmes und Rechtsanwalt Dr.
Niemeyer;
vom Mittelrheinischen Verein für Luftschiffahrt: Fabrik¬
besitzer Hiedemann (Köln) und Freiherr v. Romberg;
vom Kölner Klub für Luftschiffahrt: Rechtsanwalt Menzen
und Oberleutnant Trumpler;
den Münchener Verein für Luftschiffahrt vertrat Haupt¬
mann v. Abercron (Düsseldorf).
Nicht vertreten waren der Oberrheinische, Posener, Ost¬
deutsche und Fränkische Verein für Luftschiffahrt
und der Physikalische Verein zu Frankfurt a. M.
Den einzelnen Vereinen standen nach Maßgabe ihrer im Januar d. Js.
oder, bei den später eingetretenen Vereinen, bei ihrer Aufnahme dem Ver-
bandsvorstande gemeldeten Mitgliederzahl (laut § 8 des Grundgesetzes) in
der obigen Reihenfolge die folgenden Stimmenzahlen zu: 10, 3, 7, 2, 2, 4;
2 , 1 , 2 , 2 , 8 .
Auf der Tagung vertreten waren mithin 28 (von insgesamt 43) Stimmen.
Übrigens ergab sich während der ganzen Verhandlungen niemals eine
Veranlassung, das Stimmenverhältnis festzustellen, da trotz anfänglich in
einzelnen Fragen hervorgetretener Meinungsverschiedenheiten bei allen Ab¬
stimmungen volle Einmütigkeit herrschte.
Um 11 Uhr fand eine kurze Vorstandssitzung statt, an welcher die
Herren Geheimrat Busley, Dr. Bamler, Barthßlmes, Hiedemann,
Freiherr v. Romberg und Dr. Stade und als Vertreter der Sport¬
kommission Hauptmann a. D. Hildebrandt teilnahmen. Sie beschäftigte
sich im wesentlichen mit der Vorbereitung der Tagesordnung für die allge¬
meine Sitzung.
In der um 1 Uhr begonnenen allgemeinen Sitzung gab nach Fest¬
stellung der Anwesenheitsliste zunächst der Vorsitzende, Geheimrat Busley,
einen Bericht über die Entwicklung des Deutschen Luftschiffer-
Verbandes in dem seit der letzten Tagung verflossenen Zeitraum. Der
Verband hat durch den Beitritt des Kölner Klubs für Luftschiffahrt mit
über 200 und des Physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. mit mehr
als 800 Mitgliedern einen erfreulichen Zuwachs erfahren. Es liegt außerdem
das Aufnahmegesuch des zu Göttingen neu begründeten Niedersächsischen
Vereins für Luftschiffahrt mit rund 100 Mitgliedern vor. Damit ist
der Verband, der im Anfang des Jahres 9 Vereine mit rund 3200 Mitgliedern
zählte, auf 12 Vereine mit weit über 4000 Mitgliedern angewachsen. Auch
hat in sportlicher Beziehung während des letzten Jahres eine weit regere
Betätigung innerhalb des Verbandes Platz gegriffen; denn während im
Jahre 1906 nur bei 2 Wettfliegen deutsche Ballons in Wettbewerb traten
(3 in Paris am 30. September beim Gordon-Bennett-Wettfliegen und 13 am
14. Oktober in Berlin), so sind in diesem Jahre nicht weniger als 38 Ballons
bei 7 teils schon vollzogenen, teils noch bevorstehenden Wettfahrten beteiligt,
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nämlich 9 in Mannheim am 19. Mai, 16 in Düsseldorf am 8. und 9. Juni,
2 in Lüttich am 7. Juli, 7 in Brüssel am 15. September, 1 in Paris am
29. September und 3 in St. Louis am 21. Oktober. Außerdem fanden noch
einzelne «interne» Wettfliegen statt. — Einige unliebsame Vorkommnisse
des letzten Jahres geben dem Vorsitzenden Anlaß, allgemein zur Vorsicht
bei der Abfassung und Veröffentlichung von Fahrtberichten,
insbesondere von Zeitungsberichten, zu mahnen und den Fahrtenausschtissen
eine möglichst strenge Ausübung ihres Aufsichtsrechtes über derartige Ver¬
öffentlichungen, wie es z. B. beim Berliner Verein durch § 35 der Bestim¬
mungen des Vorstandes über die Ausführung von Ballonfahrten ausdrücklich
vorgesehen ist, dringend ans Herz zu legen. — Auf seiner vorjährigen
Tagung hat der Internationale Luftschiffer-Verband eine Reihe von Forderungen
aufgestellt, deren Durchführung in ihren Ländern den einzelnen nationalen
Verbänden zur Aufgabe gemacht wurde. Der Deutsche Luftschiffer-Verband
hat sich die Erfüllung dieser Forderungen angelegen sein lassen, soweit es
möglich war. So ist die Bestimmung, daß die Reißleine aus einem flachen,
25 mm breiten, roten Bande bestehen soll, bei den deutschen Ballons
allgemein durchgeführt. Die Herstellung besonderer Landkarten für
Luftschiffer, welche Angaben zur Orientierung bei Nacht enthalten und
alle Starkstromleitungen anzeigen, ist unter Leitung des Herrn Oberstleutnant
Moedebeck in Angriff genommen worden. Auch sind mit den zuständigen
Reichsämtern und Ministerien Verhandlungen angeknüpft, welche die Aus¬
stellung von internationalen Pässen für Luftschiffer zum Ziel haben.
Sobald dieses Ziel erreicht ist, soll weiterhin der Versuch gemacht werden,
für das Ballonmaterial in gleicher Weise wie in Belgien, wo es als wissen¬
schaftliches Material behandelt wird, Zollfreiheit zu erlangen. Dagegen
können Erleichterungen beim Transport ausländischen Ballonmaterials auf
deutschen Eisenbahnen kaum in Aussicht gestellt werden, da die Gewährung
dieser Vergünstigung grundsätzlich an die Bedingung geknüpft ist, daß das
gesamte Material im Kriegsfälle der deutschen Heeresverwaltung zur Ver¬
fügung gestellt wird.
Für den am persönlichen Erscheinen verhinderten Verbandsschatz¬
meister gab der Vorsitzende auch den Kassenbericht und führte, daran
anknüpfend, zur Begründung seines Antrages auf Annahme einer
besoldeten Hilfskraft aus, daß in dem in steter Entwicklung begriffenen
Verbände, gleichwie in dem schnell wachsenden Berliner Verein, die Geschäfte
zu stark zunähmen, als daß sie in ihrem ganzen Umfange dauernd im
Ehrenamt erledigt werden könnten. Der am 1. Januar 1908 neu anzustellende
Geschäftsführer, dessen vorläufig auf 1500 Mk. festzusetzendes Gehalt
zu 2 /s vom Berliner Verein und zu Vs vom Verbände zu tragen sein würde,
soll beratende (nicht beschließende) Stimme im Vorstände erhalten. Unter
Hinweis darauf, daß ihm die Kassenverwaltung in ihrem gesamten Um¬
fange zu übertragen sein würde, wird aus der Versammlung beantragt,
das Amt des Schatzmeisters, welches Herr Gradenwitz während des
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 52
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vergangenen Jahres in aufopfernderWeise verwaltet habe, vom 1. Januar 1908
ab eingehen zu lassen. Mit diesem Zusatz wird der Antrag des Vorsitzenden
nebst den sich daraus ergebenden Änderungen des Grundgesetzes einstimmig
angenommen.
Im übrigen ergab die nun folgende Neuwahl des Vorstandes keine
wesentliche Änderung in seiner Zusammensetzung; nur trat für den Posener
Verein an die Stelle des von dort verzogenen Herrn Majors Harck Herr
Dr. Witte ein, und für den Kölner Klub wurde Herr Rechtsanwalt Menzen
zugewählt, während der Physikalische Verein zu Frankfurt a. M. und
der auf dieser Tagung neu aufgenommene Niedersächsische
Verein für Luftschiffahrt zu Göttingen ihre Vertreter für den Verbands¬
vorstand noch namhaft zu machen haben.
Bei dem Punkte der Tagesordnung, der die Bestimmung der Ab¬
geordneten für den Internationalen Luftschiffertag zu Brüssel
betraf, entspann sich eine längere Erörterung über die Gesichtspunkte, welche
bei der Auswahl dieser Abgesandten maßgebend sein sollten. Man einigte
sich auf folgender Grundlage: es soll tunlichst allen Vereinen die Mög¬
lichkeit geboten werden, auf den internationalen Luftschiffertagen sich durch
Abgesandte (unter den im vorjährigen Verbandsprotokoll, Jahrbuch 1907,
S. 10, Zeile 25 ff. aufgestellten Bedingungen) vertreten zu lassen; sofern die
kleinen Vereine Vertreter nicht entsenden, fallen ihre Stimmen an die Vereine
mit dem größten Gasverbrauch (vgl. Satzungen des Internationalen Luft-
schiffer-Verbandes, § 15, Jahrbuch 1907, S. 27). Die Abgeordneten werden
aber nicht von den Vereinen, sondern von dem Luftschiffertag gewählt, denn
sie sollen nicht die Vereine, sondern den Verband vertreten; auch sollen sie
nicht an Instruktionen gebunden, sondern in der Lage sein, bei allen Fragen
eine eigene Meinung zur Geltung zu bringen; es wird deshalb auch Sorge
dafür zu tragen sein, daß die Wahl möglichst auf sportlich und technisch
durchgebildete Mitglieder fällt. Natürlich sollen die Wünsche der Einzel¬
vereine, wie auch ihre Stimmenzahl, bei der Ernennung der Abgeordneten
tunlichst berücksichtigt werden.
Für den Brüsseler Internationalen Verbandstag wurden die
Herren Geheimrat Busley, Hauptmann v. Abercron, Geheimrat Aßmann,
Oberlehrer Dr. Bamler, Kaufmann Erbslöh, Fabrikant Hiedemann, Rechts¬
anwalt Menzen, Major Oschmann, Freiherr v. Romberg, Observator
Dr. Stade, Oberleutnant Trumpier und Dr. Wegener als Abgeordnete,
die Herren Fabrikbesitzer Cassirer und Generalagent Heimann als Ersatz¬
abgeordnete bestimmt.
Die Tagesordnung des Brüsseler Luftschiffertages war beim
Verbandsvorstande nicht eingegangen; es konnten deshalb lediglich die hierzu
angemeldeten deutschen Anträge besprochen werden.
Der Niederrheinische Verein für Luftschiffahrt hatte bean¬
tragt, der Deutsche Luftschifferverband möge bei dem diesjährigen inter¬
nationalen Luftschiffertage dahin wirken, daß das Reglement des Inter-
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nationalen Luftschiffer-Verbandes durch folgende Zusatzbestimmungen ergänzt
würde:
1. Bei Wettfahrten soll das Ziehen am Schlepptau verboten sein, oder
derjenige Punkt soll als Landungspunkt betrachtet werden, an
welchem das Ziehen begonnen hat. In diesem Falle muß eine ent¬
sprechende Eintragung in das Bordbuch gemacht werden.
2. Städte als solche dürfen nicht als Ziele gewählt werden, sondern es
ist ein bestimmter Punkt zu bezeichnen; doch kann hierzu auch
der Mittelpunkt einer Stadt gewählt werden.
3. Die Sportkommission darf während der Wettfahrt die Bedingungen
nicht verändern.
4. Die Jury hat die Leistungen so genau zu bewerten, daß das Losen
um einen Preis vermieden wird.
Ein Antrag des Herrn Oberstleutnant Moedebeck bezog sich auf den
Artikel 187 des oben genannten Reglements. Es heißt darin:
Artikel 187. (Wettbewerbe nach Horizontalität der Fahrt.) «Die Preise
werden denjenigen Bewerbern zuerkannt, welche sich am genauesten, spar¬
samsten und am längsten in einer festgesetzten Höhe gehalten haben, wobei
sie die Gleichgewichtslage so früh wie möglich erreicht und so. spät wie
möglich verlassen haben müssen — wie es im Kriegsfälle nötig sein kann.»
Hier sollen die letzten Worte («wie—kann») gestrichen werden, weil in
einem Reglement, welches einen die Völker in friedlichem Wettbewerb ver¬
einigenden edlen Sport betreffe, ein Hinweis auf den völkervernichtenden
Krieg unangebracht erscheine.
Der Verbandstag erklärte nach kurzer Erörterung einstimmig seine
Bereitwilligkeit, diese Anträge insgesamt auf dem Brüsseler Internationalen
Luftschiffertag zu vertreten.
Die internen, nur den deutschen Verband betreffenden Anträge wur¬
den fast sämtlich angenommen, so zunächst ein Antrag des Vorsitzenden:
Die Verbandsvereine sind verpflichtet, dem Verbandsvorstande je ein
Exemplar der Ausschreibungen und Programme der von ihnen veranstalteten
Wettfahrten sowie eine Übersicht ihrer Ergebnisse für die Verbandsakten
zu übersenden.
Gleichfalls einstimmige Annahme fand ein Antrag des Herrn Oberst¬
leutnant Moedebeck:
Dem § 1 des Grundgesetzes sind folgende Punkte beizufügen:
5. Organisation von Ballonwettfahrten nationaler und internationaler Art;
6. Vorbereitungen für die Teilnahme des Deutschen Luftschiffer-Ver¬
bandes an internationalen Ballon Wettfahrten im Auslande;
7. Förderung der Flugtechnik durch Organisation von flugtechnischen
Ausstellungen und Wettflügen.
Ein weiterer Antrag des Herrn Moedebeck bezog sich auf die even¬
tuelle Bildung von flugtechnischen Abteilungen innerhalb der ein¬
zelnen Verbandsvereine.
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Dieser Gedanke wurde mit großer Befriedigung begrüßt und allgemein
der Wunsch ausgesprochen, daß die einzelnen Vereine recht bald mit der
Bildung solcher Abteilungen vorgehen möchten.
Ferner beantragt Herr Oberstleutnant Moedebeck: Festlegung einer
verständigen deutschen aeronautischen Terminologie in Verbindung mit dem
deutschen Sprachverein, dem Kriegsministerium und Kultusministerium.
Zu diesem Zwecke wählte der Verbandstag eine Kommission, be¬
stehend aus dem Antragsteller, den Herren Regierungsrat a. D. Hofmann
(Berlin) und Dr. Stade.
Ein Antrag des Münchener Vereins forderte gemeinsame Schritte
zur Herbeiführung einer Gasverbilligung.
Es kamen bei dieser Gelegenheit die ungeheuren Unterschiede zur
Sprache, die zwischen den Gaspreisen an verschiedenen Orten bestehen;
so kostet ein Kubikmeter Leuchtgas in Bochum 5 1 /*, in Essen 7, in Düssel¬
dorf, Krefeld, Köln und Koblenz 8, in Barmen, Elberfeld, Mainz und Trier
10, in Frankfurt a. M. 12, in Berlin 13 und in München 14 Pfennig. Diese
Unterschiede an den einzelnen Orten sind in der Verschiedenheit ihrer Lage
und ihrer Entfernung von den Kohlengebieten begründet. Einen Einheits¬
preis zu .erlangen ist hiernach natürlich ausgeschlossen. Auch würden
gemeinsame Schritte der Verbandsvereine behufs einer allgemeinen Gas¬
verbilligung wahrscheinlich wenig Erfolg haben. Es wird indessen den
Vereinen, deren sportliche Betätigung unter hohen Gaspreisen leidet,
anheimgestellt, sich behufs Erlangung günstigerer Bedingungen auf die an
anderen Orten gezahlten niedrigeren Preise zu berufen. Allerdings darf
nicht außer Acht gelassen werden, daß man unter Umständen durch einen
solchen Schritt statt eigenen Vorteils für den andern Verein einen Nachteil
herbeiführen kann; denn wie unter großer Heiterkeit berichtet wurde, hat
in einem Falle die Berufung einer Vereinssektion auf die niedrigeren Gas¬
preise eines Nachbarortes zu einem Ausgleich in dem Sinne geführt, daß
an dem billigeren Ort die Preise erhöht wurden.
Auf Wunsch des Niederrheinischen Vereins soll in Zukunft das
Protokoll der Luftschiffertage tunlichst innerhalb vier Wochen nach der
Tagung fertiggestellt und den Verbandsvereinen zugestellt werden.
Ein Antrag des Fränkischen Vereins auf Gründung einer Zen¬
tralstelle für den Austausch von Lichtbildern fand nicht die erforder¬
liche Unterstützung.
Außerhalb der Tagesordnung berichtete zunächst der Vorsitzende
über den Stand der Arbeiten zur Herstellung einer aeronautischen
Karte. Zugrunde gelegt wird die Ravensteinsche Karte von Deutschland,
Luxemburg und der Schweiz im Maßstabe von 1 : 300 000; die für den
Luftschiffer notwendigen Ergänzungen werden farbig übergedruckt. Die
Arbeit hegt in den Händen des Herrn Ingenieur Dr. Dettmar. Herr Scherle
(Augsburg) verlangte schärfere Bedingungen für die Erteilung der Führer¬
befähigung, und zum Schluß kündigte Dr. Stade das demnächstige Er-
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scheinen einer von ihm in Gemeinschaft mit Leutnant v. Selasinsky be¬
arbeiteten Übersetzung der Satzungen und Reglements des Inter¬
nationalen Luftschiffer-Verbandes an.
Der fast fünfstündigen Tagung schloß sich ein vom Kölner Klub
gegebenes glänzendes Festmahl an, dem auch der Regierungspräsident
Dr. Steinmeister, der Stadtkommandant Oberstleutnant Käppi er und der
Bürgermeister Laue beiwohnten. Dr. Steinmeister brachte auf den
Kaiser, als den Schirmherrn und Förderer des deutschen Luftschiffersportes,
ein begeistert aufgenommenes Hoch aus, worauf im Namen des Kölner Klubs
sein Vorsitzender, Rechtsanwalt Menzen, die Gäste begrüßte; dem Dank
der Vertreter der deutschen Luftschiffervereine für die ihnen bei dem Kölner
Klub bereitete herzliche und glänzende Aufnahme gab der Verbandsvorsitzende
in beredten Worten Ausdruck. Dr. Stade.
Berliner Verein für Luftschiffahrt.
Die 265. Sitzung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 15. April
brachte nach Verlesung des Protokolls letzter Sitzung und satzungsgemäßer Aufnahme von
29 neuen Mitgliedern einen Experimentalvortrag des Ingenieurs E. Rumpler-Berlin (als Gast)
«Über moderne Flugtechnik* mit Vorführung von freifliegenden Modellen und Lichtbildern.
Von der früheren gänzlichen Verneinung der Möglichkeit, daß der Mensch je werde
fliegen, nämlich die Richtung seines Fluges frei bestimmen können, so führte der Redner
aus, ist man zu einer hoffnungsvolleren Anschauung gelangt, und der sich mit Lösung
der Flugfrage Beschäftigende gilt heute nicht mehr schlechtweg als ein Phantast, sondern
als ein würdiger, zielbewußter Sohn seiner Zeit. Aber wenn auch die Möglichkeit des
Fluges nicht mehr angezweifelt wird, so doch seine Wirtschaftlichkeit! Das Fliegen, so
wird befürchtet, werde bestenfalls ein Sport und einer von der kostspieligen Sorte bleiben.
Es wiederholt sich hier derselbe Gedankengang, der anfänglich dem Automobilismus so
viele Zweifler an seiner Wirtschaftlichkeit erweckte. Wie hier jedoch die Sportsleute als
Pioniere wertvolle und unentbehrliche Arbeit geleistet und schließlich die Zweifler über¬
wunden haben, so wird es auch in der Flugtechnik geschehen. Auch hier scheint dem
Vortragenden die hohe Wirtschaftlichkeit des Verkehrs frei durch die Lüfte ohne Zweifel.
Vielleicht wird den bestehenden Warentransportmitteln niemals Konkurrenz gemacht
werden, aber für die Beförderung von Menschen verspricht die Flugtecknik wertvolle Er¬
gänzungen der jetzt vorhandenen Gelegenheiten.
Die «statische» Luftschiffahrt, das nach der Regel «leichter als Luft» sich aus dem
Gasballon verheißungsvoll entwickelnde lenkbare Luftschiff, streifte der Vortragende nur
flüchtig. Farä da se! Der Unterstützung sehr bedürftig aber ist der nach der Regel
«schwerer als Luft* den Ballon entbehrlich zu machen unternehmende «dynamische*
Flug. Die bisher diesem Prinzip entsprechenden Flugapparate zerfallen in drei Gruppen:
die Schraubenflieger, Schrauben ah vertikaler Achse zur Erzeugung der erforderlichen
Hubkräfte benutzend, Ruderflieger, den Vogel nachahmend, und Drachenflieger,
bei denen nach Art der bekannten Papierdrachen die Tragflächen in einen spitzen Winkel
zu den aufsteigenden Luftströmen gestellt werden. Die letztere Gruppe ist die heute für
wissenschaftliche Zwecke zumal am meisten entwickelte ; aber die beiden anderen verdienen
das höhere Interesse für die Lösung der eigentlichen Flugfrage, insonderheit wegen der
Konstruktion der Luftschrauben und der sie treibenden Motoren. Hier wird alles darauf
ankommen, mit welchem Minimalgewicht des Motors man ein Maximum der Leistung er¬
zielen kann. Von einem Gewicht von 12—8 kg pro geleistete Pferdekraft ist man allmählich
auf 2 kg pro Pferdekraft herabgekommen, ja es verlautet von einem Motor, der pro 1 kg
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1 Pferdekraft leistet, womit das Verhältnis des Gewichts der lebendigen Taube (0,4 kg)
und der von ihr geleisteten Pferdekraft (0,4) erreicht sein wird; aber man hat Grund, an
der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. Es ist bedauerlich, daß auf diesem Spezial¬
gebiet der Flugtechnik das Ausland — Frankreich, England, Amerika — rühriger ist als
Deutschland (wo zurzeit anscheinend nur Hoflfmann und Ganswindt den Erfindergedanken
vertreten), während in Deutschland doch die Grundlagen zu den bisher erzielten Erfolgen
durch Kreß und den unvergeßlichen Otto Lilienthal gelegt worden sind, von denen der
erstere schon vor 25 Jahren kleine freifliegende Modelle von Drachenfliegern erbaute und
der letztere uns in seinem Buche «Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst* zahl¬
reiche sorgfältige Messungen der Luftwiderstände hinterlassen und Aufklärung über diese
wichtigste Frage geschaffen hat. Der Vortragende ermahnte zum Schluß seines bei¬
fällig aufgenommenen Vortrages zu gesteigertem, gemeinsamem Arbeiten auf diesem
Spezialfelde der Flugtechnik, damit der Vorsprung wieder eingeholt werde, den das Aus¬
land in dieser Richtung gewonnen hat. Die sich an den Vortrag schließende Diskussion
gab den Meinungen des Redners nicht in allen Stücken recht. Namentlich wurde darauf
hingewiesen, daß die in schnellerem Tempo empfohlenen Versuche mit dem dynamischen,
vom Ballon ganz absehenden Fluge, wobei das Luftvehikel nicht leichter, sondern
schwerer als die es verdrängende Luft sein soll, nicht ohne schwere Opfer an Menschen¬
leben und Apparat abgehen würden. Es sei daher noch nicht an der Zeit, zu einem
korporativen Zusammenarbeiten der für den dynamischen Flug eingenommenen Flug¬
techniker überzugehen. Vorher müßten noch eine Menge Detailfragen gelöst werden, zu
denen an erster Stelle die Frage nach der geeignetsten Aufflugmethode, nach den ge¬
eignetsten Formen zur Erreichung des geringsten Lufwiderstandes und vor allem die
Motorfrage gehöre. Denn wenn der Vortragende vielleicht recht habe, daß ein Motor,
der so viel Pferdekräfte erzeugt, als er an Kilogrammen wiegt, vielleicht die Lösung des
Motorproblems sei, weil eine 0,4 kg wiegende Taube eine Arbeit gleich 0,4 Pferde¬
stärke im Fluge entwickelt, so müsse doch darauf hingewiesen werden, daß wir zurzeit
von diesem Ziele noch ziemlich weit entfernt sind, da 2 kg Gewicht pro erzielte 1 Pferde¬
kraft bisher die günstigste Lösung sei. Besonders interessant war in den ferneren Dar¬
legungen des Vortragenden der Nachweis, welche bedeutenden Fortschritte in der Kon¬
struktion leichter und doch fester Maschinenteile durch Anwendung von zusammengelöteten
Blechen erreicht worden sind. Die vorgelegten Pleuelstangen aus Blech erregten Bewun¬
derung. Ebenso fesselnd waren die vorgeführten Versuche, statt der bei Luftschiffmotoren
schwerausführbaren Wasserkühlung Vakuumkühlung anzuwenden, beruhend auf dem Prin¬
zip, daß eine im luftverdünnten Raume zu schneller Verdampfung gebrachte Flüssigkeit der
Umgebung Wärme entzieht. Von einem Redner wurde von dem unvergeßlichen Otto Lilien¬
thal behauptet, er habe sich kurz vor seinem 1896 erfolgten Tode dahin geäußert, er sei
der Lösung des Fliegeproblems ganz nahe. Wer Lilienthal und sein Urteil über diese wich¬
tigste Frage gleich dem Berichterstatter gekannt hat, muß einer solchen Behauptung wider¬
sprechen. — Sehr fleißiger Gebrauch ist in den Monaten Februar und März von den
Ballons des Vereins gemacht worden; denn es fanden nicht weniger als 14 Auffahrten
statt, von denen einige einen recht interessanten Verlauf genommen haben. Freilich er¬
reicht keine an Wichtigkeit und Erfolg die von Dr. Curt Wegener von Bitterfeld aus über
die Nordsee nach England ausgeführte Ballonfahrt. Auf diese sich beziehend, lag der
Versammlung ein Glückwunschtelegramm des British Aero Club [vor. Es wurde unter
allseitigem Beifall ein gleiches Telegramm an Dr. Curt Wegener beschlossen. Unter den
14 Vereinsfahrten sei die von Professor Berson geleitete vom 7. März hervorgehoben,
weil sie die seltene Höhe von 6743 m erreichte, sowie eine von Professor Dr. Poeschel,
in Begleitung von Dr. Reichel und zwei Damen, am 25. März ausgeführte, die 6 Stunden
währte und eine Höhe von 2400 m erreichte. In beiden Fällen wurde der Ballon
«Bezold* benutzt.
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In der 266. Sitzung des «Berliner Vereins für Luftschiffahrt*, am 13. Mai,
welcher Ingenieur Kreß aus Wien als willkommener Gast beiwohnte, sprach nach satzungs¬
gemäßer Aufnahme von 20 neuen Mitgliedern, Reichsbank-Oberbuchhalter K. Loechel (als
Gast) über die Brieftaube und ihre praktischen Verwendungen. Der Vortrag war von einem
besondern, aktuellen Interesse, weil zwei Tage später bei Eröffnung der Deutschen
Armee-, Marine- und Kolonialausstellung, wie der Redner gegen den Schluß seines Vor¬
trages mitteilte, ein großer Taubenaufflug von über 2000 (nach anderer Version 10000)
Brieftauben auf dem Ausstellungsplatz beabsichtigt war — der auch ausgeführt wurde.
Der von zahlreichen Vorführungen — auch von besonders ausgezeichneten Flugtauben, die
1897—1902 geboren schon ansehnliche Flüge geleistet haben — begleitete fesselnde Vortrag
brachte eine große Fülle historischer, biologischer und technischer Einzelheiten über die
Flugtaube, ihre erstaunlichen Leistungen sowohl, als deren Bedingtheiten. Die nahe¬
liegende Frage an den erfahrenen Taubenzüchter: Wie kommt die Taube zu ihrem selten
versagenden Orientierungsvermögen, wie namentlich dazu, daß sie über einem Häuser¬
meer, wie das von Berlin, den heimatlichen Schlag sicher findet? beantwortete der Vor¬
tragende dahin, daß neben der Schärfe des Auges der Taube ihr Gedächtnis, das von
wunderbarer Kraft sei, die Hauptrolle spiele, daß aber klare Fernsicht und gutes Wetter
unbedingte Erfordernisse des Gelingens von Taubenflügen seien. Die Geschwindigkeit,
mit der eine Brieftaube fliegt, ist auf etwa 60 km in der Stunde beobachtet worden. In
diesem Punkte ist ihr die Schwalbe sehr überlegen, bei der mehrstündige Flüge mit
einer Stundenleistung von 235 km festgestellt wurden. Mit der Devise: «Allezeit flug¬
bereit für des Reiches Herrlichkeit» halten z. Z. 1191 Vereine für Brieftaubenzucht im
Deutschen Reiche eine überaus große Zahl trefflich bewährter Tauben für Friedens- und
Kriegszwecke in Bereitschaft. Es unterliegt w r ohl keinem Zweifel, daß in weiterer Folge
die Brieftaube auch für die Luftschiffahrt von großer Bedeutung werden wird, wenn ihr
nicht übertrieben große Höhen zum Abflug zugemutet werden, wobei sie nach gemachten
Erfahrungen versagte. Sehr entwickelt ist, seit den 1870 während der Belagerung von
Paris gemachten Erfahrungen, die Art, wie einer Taube die zu befördernden Nachrichten
mitgegeben werden, und die Möglichkeit, ihr eine große Menge von Nachrichten ohne
Beschwerde für das Tier anzuvertrauen. Der Vortragende schließt mit den zustimmend
aufgenommenen Worten: «Pro patria est, dum ludere videmur!
Von Mitte April bis Mitte Mai haben 10 Fahrten mit Vereinsballons stattgefunden,
doch nur über zwei davon konnte in der Versammlung Bericht erstattet werden. Die
-eine, von Hauptmann v. Krogh geleitet, war die Probefahrt mit dem neuangeschafften
Ballon «Tschudi», sie endete nach kurzer Fahrt bei Oranienburg. Die zweite Fahrt war
eine Nachtfahrt, die Dr. Bröckelmann unternahm, und die mit noch 12 Sack Ballast an
Bord bei Lübeck an der Küste endete.
Die 267. Sitzung des « Berliner Vereins für Luftschiffahrt » fand am 21. Juni
im kleinen Hörsaal des Physikalischen Instituts unter Vorsitz von Geheimrat Professor
Dr. Miethe statt. Nach erfolgter Aufnahme von 23 neuen Mitgliedern (darunter eine Dame)
teilte der Vorsitzende mit, daß die Führerqualifikation von den Herren Justizrat Dr. Reichel-
Meissen und Postsekretär Liebisch-Berlin erworben worden ist. Das neue Abzeichen des
Deutschen Luftschiffer-Verbandes, von A. Werner Söhne gefertigt, wurde in einem Exemplar
vorgelegt und herumgereicht. Seine vorzügliche Ausführung, die es zu einem kleinen
graphischen Kunstwerke macht, erntete verdienten Beifall. Es kostet 8,75 Jk und bei
größerer Abnahme durch Vereine 3,40 Jk An den für den 7. Juli in Lüttich, für den
15. September in Brüssel stattfindenden Ballonwettfahrten wird sich der Verein be¬
teiligen. Über seit letzter Versammlung ausgeführte 10 Vereinsballonfahrten berichtete
Dr. Bröckelmann als Vorsitzender des Fahrtenausschusses. Es waren die folgenden:
17. und 18. Mai. (Ballon «Bezold» 26. Fahrt.) Ballonführer: Prof. Poeschel, Teil¬
nehmer: Justizrat Dr. Reichel, Hofrat Pfaff, Bankier George Millington Hermann. Aufstieg
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in Bitterfeld, abends 10 Uhr, Landung nach 17 4° Stunden in Könitz. Zurückgelegte
Entfernung 440 km, Stundengeschwindigkeit 26 km. Maximalhöhe 3500 m.
. 18. Mai (Ballon «Ernst» 29. Fahrt). Führer: Leutnant v. Schleinitz, Teilnehmer:
Dr. Treitschke und Ingenieur Otto Müller. Aufstieg in Bitterfeld 8 30 Uhr abends, Landung
nach 11 V* Stunden in Karlsbad. Zurückgelegte Entfernung 156 km, Stundengeschwindig¬
keit 14 km. Maximalhöhe 1100 m.
19. und 20. Mai (Ballon «Tschudi» 4. Fahrt). Führer: Dr. E. Ladenburg. Auf¬
stieg in Mannheim 3 5 Uhr nachm. Landung in Auxonne-Burgund nach 17 02 Stunden.
Zurückgelegte Entfernung 865 km. Stundengeschwindigkeit 24 km. Maximalhöhe 3300 m.
24. Mai (Ballon «Bezold» 27. Fahrt). Führer: Dr. Fiemming. Teilnehmer: Post¬
sekretär Liebisch, Postsekretär Schubert. Aufstieg in Tegel früh 8 13 Uhr. Landung nach
14 33 Stunden in Josephstal bei Gablonz in Böhmen (Zwischenlandung nach 3 Stunden in
Haselhorst wegen Gewitter. Weiterfahrt nur mit Liebisch). Zurückgelegte Entfernung
230 km, Stundengeschwindigkeit 22 km. Maximalhöhe 3200 m.
25. Mai (Ballon «Ernst» 30. Fahrt). Führer: Hauptmann v. Müller, Teilnehmer:
Dr. Olshausen, Rittergutsbesitzer Gilka. Aufstieg in Bitterfeld 12 38 Uhr mittags. Landung
nach 4&2 Stunden in Hohnstein (Sächs. Schweiz). Zurückgelegte Entfernung 170 km,
Stundengeschwindigkeit 35 km. Maximalhöhe 2170 m.
27. und 28. Mai (Ballon «Tschudi» 5. Fahrt). Führer: Dr. Bröckelmann, Teil¬
nehmer :, Direktor Schwartz. Aufstieg in Tegel 7 20 abends (stürmisch). Landung nach
14*0 Stunden in Mstow (Rußland). Zurückgelegte Entfernung 450 km, Stundengeschwindig¬
keit 30,5 km. Maximalhöhe 3000 m. Der Kurs ging zunächst südlich bis zum Charlotten¬
burger Schloß, dann östlich bei klarem Vollmond über den Spreewald, morgens 620 Uhr
in 3000 m Höhe über Breslau, 9 08 Uhr über die russische Grenze.
8. Juni (Ballon «Ernst» 31. Fahrt). Führer: Dr. E. Ladenburg. Aufstieg in Düssel¬
dorf 412 Uhr nachm. Landung nach 202 Stunden in Obruiten (linksreinisch). Zurück¬
gelegte Entfernung 18 km, Stundengeschwindigkeit 8 km. Maximalhöhe 600 m.
9. Juni (Ballon «Bezold» 28. Fahrt). Führer: Dr. Niemeyer, Teilnehmer: Herr
Vollrandt. Aufstieg in Düsseldorf 428 Uhr nachm. Landung bei Anholt nach 302 Stunden.
Zurückgelegte Entfernung 75 km, Stundengeschwindigkeit 25 km. Maximalhöhe 1380 m.
9. Juni (Ballon «Tschudi» 6. Fahrt). Führer: Dr. Fiemming, Teilnehmer: Herr
Schubert. Aufstieg in Düssseldorf
18. und 19. Juni (Ballon «Ernst» 32. Fahrt). Mit 600 cbm Wasserstoff wohl¬
gefüllt. Führer: Dr. Manger, Teilnehmer: Oberleutnant La Quiante und Gattin. Abfahrt
von Bitterfeld um 7 30 früh mit 8 Sack Ballast. Die Fahrt fand im Randgebiet eines
über Nordeuropa liegenden Minimums statt. Wind anfänglich schwach, später zuneh¬
mend. Die Landung erfolgte glatt bei Ludwigslust in Mecklenburg mit 2 1 /* Sack Ballast
abends 5 30 . Größte Höhe 450 m.
Von diesen 10 Fahrten waren die 3., 7., 8. und 9. Wettfahrten. Über seine beiden
Fahrten dieser Art berichtete Dr. E. Ladenburg, daß die am ersten Ptingstfeiertag von
Mannheim aus unternommene ihn am Abend in ein dichtes Schneegestöber hinein führte,
dem er nur dadurch entgehen konnte, daß er bis 1200 m hoch stieg und sich während
der ganzen Nacht in dieser Höhe hielt. Bei Tagesanbruch erkannte er, daß er in Frank¬
reich, oberhalb des wunderschönen Saönetales, war. Um aus den Wolken herauszu¬
kommen, mußte er um 7 Uhr 3300 m hoch steigen, fand hier jedoch beinahe vollständige
Windstille, sodaß die Landung notwendig wurde. Sie erfolgte, nachdem das Ziehen des
Ventils beinahe 50 Sekunden beansprucht, 7 km von Auxonne in Burgund. Die Düssel¬
dorfer Fahrt war eine Zielfahrt, dadurch interessant, daß das 59 km entfernte Ziel nicht
genau in der Windrichtung lag, und es sich darum handelte, von der unten 30° gegen
Süden von der Luftlinie nacli dem Ziel abweichenden Luftströmung ausgehend, die ge¬
eignete nach Norden abdrehende Strömung zu finden. Leider hörte in 60 m Höhe der
Wind fast vollständig auf, sodaß Dr. Ladenburg vorzog, in der Nähe des Erdbodens am
Schleppseil zu fahren. Dabei berührte das Schleppseil ganz unerheblich ein Kleefeld;
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aber Zuschauer drangen trotz warnenden Rufes des Luftschiffers, dessen Absicht mi߬
verstehend, in das Kleefeld ein, um bei der vermeintlich bevorstehenden Landung zu
helfen. Das entflammte den zufällig anwesenden Besitzer des Kleefeldes zu einem Zorn¬
ausbruch. Er griff nach dem Schleppseil, zog den Ballon zur Erde und erklärte, ihn zu
konfiszieren, wenn ihm nicht 300 Mark für soeben erlittenen Flurschaden bezahlt würden.
Dr. Ladenburg protestierte und machte seinerseits den Kleefeldbesitzer für allen Schaden
verantwortlich, der aus der Konfiskation des Ballons entstehen werde. Es sammelte sich
viel Publikum, das meistens Partei gegen den zornigen Kleefeldbesitzer nahm. Endlich
kam, vom Gendarm herzugeholt, der Landrat herbei und beschwichtigte den Geschädigten,
der den Ballon freigab, nachdem ihm die Berufung eines Schiedsgerichtes zur Feststellung
des Schadens zugesagt worden war. Das Schiedsgericht hat den Schaden auf zwanzig
Mark geschätzt, die vom Kläger zu einem wohltätigen Zweck bestimmt worden sind.
Die Wettfahrt aber war und blieb verpfuscht. A. F.
Flugtechnischer Ausschuß des Berliner Vereins für Luftschiffahrt.
Der Berliner Verein hat zur Förderung der Flugtechnik einen Arbeitsausschuß ge¬
bildet, der aus folgenden Herren besteht:
Vorsitzender: Prof. Dr. Süring; Beisitzer: Geh. Ober-Baurat Zimmer mann,
Reg. a. D. J. Hoffmann, Ing. Walesky, Dr. Elias. E.
I. Internationaler Kongreß für Rettungswesen in Frankfurt a. M.
In der Pfingstwoche 1908 wird in Frankfurt a. M. ein Kongreß abgehalten, dessen
Arbeiten sich auf alle Fragen des Rettungswesens erstrecken sollen. Für den Luft¬
schiffer können die Abteilungen: 6. Rettungswesen auf See und an Binnen- und Küsten¬
gewässern, 9. Rettungswesen im Gebirge, 10. Rettungswesen und Sport, von Wichtigkeit
sein, davon in letzterer Abteilung besonders folgende Arbeitsgebiete: Beziehung des
Rettungswesens zum Sport, Art der Rettungsfürsorge bei sportlichen Veranstaltungen,
Erschöpfungszustände nach sportlichen Leistungen und ihre Folgen, Mittel zur Vor¬
beugung, Ärztliche Ratschläge bei Trainierungen, Häufigkeit der Unfälle und Verletzungen
nach Art des Sports. Alle Anfragen sind an das Kongreßbureau, Leipzig, Nicolaikirch¬
hof 2, zu richten. E.
Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt.
Gruppe Freiburg i. Br.
Am 13. 4. 07 fand zwecks Gründung eines Luftschiffer-Vereins in Freiburg i. Br.
ein Vortragsabend und am 24. 5. 07, nach Erledigung der notwendigen vorbereitenden
Arbeiten, die erste Versammlung der «Gruppe Freiburg i. Br.» statt. Ein Satzungs¬
entwurf, welcher sich an die Satzungen des Oberrheinischen Vereins in Straßburg i. Eis.
anlehnt, wurde der Versammlung vorgelegt und einstimmig angenommen.
In den Vorstand wurden gewählt:
Generalleutnant z. D. Exzellenz Gaede als Vorsitzender;
Hofrat Professor Dr. Grub er zum stellvertretenden Vorsitzenden.
Hauptmann Spangenberg im 5. Bad. Feldartl. Rgt. Nr. 76 zum Schrift¬
führer;
Redakteur Stobitzer zum stellvertretenden Schriftführer;
W. Weyermann, Privat., zum Schatzmeister;
Kaufmann H. Hein zum stellvertretenden Schatzmeister;
Hauptmann Spangenberg zum Obmann des Fahrtenausschusses;
W. Weyermann, Privat., zum Schatzmeister des Fahrtenausschusses;
Redakteur Stobitzer zum Mitglied des Fahrtenausschusses.
Illnstr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 53
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418 «♦*
Der «Gruppe Freiburg i. Br.» ist bereits eine große Anzahl von Mitgliedern beige¬
treten. Sie hat mehrere Vortragsabende abgehalten und 5 Aufstiege unternommen.
Spangenberg.
Patent- und Gebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt.
Deutsche Gebrauchsmuster.
314 619. 24. 7. 07. Eduard Meiners, Bad Driburg i. W. — Flugapparat, gekennzeichnet
durch Antriebsmotor, zwei Vertikal- und einen Horizontalzylinder mit Luftschrauben
und zu beiden Seiten angeordnete Schlagilügel.
314943. 24. 7. 07. Maximilian Sterk, Passau, Innstadt — Flugmaschine, bestehend aus
zwei durch Stäbe verbundenen Tragflächen, Motor mit Luftschraube und Leinen zur
Betätigung der oberen Flügel.
314960. 31. 7. 07. Ernst Ahrens, Bremen, Sielwall 26. — Drachenschiff mit Vorrich¬
tung zum selbsttätigen Lösen des Segels beim Anstoßen an den Drachen.
Schweizer Patente.
37 319. 14. August 1906. Anton Vogt, Uster (Schweiz). Fiügelradmechanismus für Luft¬
fahrzeuge. Segelrad mit Flächen, welche sich bei der Drehung parallel und senk¬
recht zur Fahrtrichtung stellen.
37419. 15. Mai 1906. Hermann Siegrist, Meisterschwanden (Schweiz). Flugmaschine.
Schraubenflieger mit verstellbarer Schraubenachse.
Österreichische Patente.
28565. 1. Dezember 1906. J. Hermann, Klosterbruck b. Znaim. Lenkbarer Luftballon
Sehr schlanker Ballon aus Metallblech mit scharfer Spitze. Schrauben am Äquator
verteilt.
29599. 1. März 1907. A. Maul, Dresden. Vorrichtung zum gefahrlosen Landen in die
Luft getriebener Instrumente oder dergleichen. Identisch mit D. R. P. 177947.
29720. 15. März 1907. J. Deixler, Haag (Niederlande). Tragsegel, insbesondere für
Flugmaschinen. Das Tragsegel kann nicht gerefft werden.
Französische Patente.
373304. 3. Januar 1907. Matthew T Nial, Vereinigte Staaten von Amerika. Perfectionne-
ments aux machines volantes. Ruderflieger.
373763. 19. Januar 1907. Robert Esnault-Pelterie, Frankreich. A6roplane ä alles
deformables d’dquilibre et h gouvernails direeteur et ascensionnels. Steuerung eines
Drachenfliegers, die das Gleichgewicht nicht stört.
373818. 22. Januar 1907. R. Esnault-Pelterie, Frankreich. Aäroplane. Drachenflieger
mit vorderem Steuer und deformierbaren Tragflächen.
373843. 23. Januar 1907. Aktiebolaget Aviatorer, Schweden. Alle pour appareils ä
voler. Klappenflügel.
374005. 17. Dezember 1906. V. V. Placek, Österreich. Appareil destinö ä s’Mever et
h se soutenir dans l’air. Schraubenflieger.
374052. 10. Januar 1907. Paul-Jean Andrieu, Frankreich. Hölicoplane ä compensation.
Schraubenflieger mit verstellbarer Schraubenachse. Außerdem Explosionsmotor¬
projekt.
374126. 9. April 1906. Jules Collomb, Frankreich. Adroplane. Drachenflieger mit zwei
gegenläufigen Schrauben zwischen zwei Tragflächen.
374196. 17. Januar 1907. Ch. F. L. Barbier et L. A. Leliövre, Frankreich. Volllire
pour navigation aerienne. Klappenflügel.
374494. 9. Februar 1907. L. Bl^riot, Frankreich. Commande par cardan. Höhen-und
Seitensteuer werden an einem Handgriff durch ein kardanisches Gelenk bedient.
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374737. 11. Februar 1907. L. Bleriot, Frankreich, Adroplane. Der bekannte Bldriotsche
Drachenflieger.
374877. 28. April 1906. M. A. F. Berger, Frankreich. Appareil d'aviation. Drachen¬
flieger mit Antrieb durch Schlagflügel.
374885. 20. Februar 1907. H. R. Saunders, Vereinigte Staaten von Amerika. Cerf-
volant. Zusammenlegbarer Kinderdrachen mit Brummer.
375221. 19. Januar 1907. L. Jolivet, Frankreich. Aviateur, muni d'ailes, imltant le toI
des oiseaux. Flügelflieger.
375273. 20. Februar 1907. H. Picq, Frankreich. Adroplane antomateur. Ineinander¬
greifende gegenläufige Schaufelräder werfen die Luft gegen eine gewölbte Fläche.
Dadurch soll der Aufstieg bewirkt werden.
375606. 11. März 1907. L. Brdguet. Appareil gyroplane. Segelradflieger, ähnlich dem
Wellnerschen Projekt.
375674. 19. März 1906. X. Domas et A. E. J. Dumas, Frankreich. Ballon dirigeable.
Luftschiff mit Treib- und Hebeschraube und schwenkbarer Gondel.
375753. 31. Januar 1907. D. L. Moorhead, Vereinigte Staaten von Amerika. Adroplane.
Spielzeug.
375975. 22. März 1907. C. Paulitschky et M me Paulitschky nde Rosa Steiner, Österreich.
Appareil dirigeable pour la navigation aerlenne. Schraubenflieger.
376236. 29. Januar 1907. A. Vertogradsky. Rußland. Installation pour faire mouvoir
les ballons. Identisch mit D. R. P. 190421.
376 719. 13. April 1907. V. E. Medlni, Frankreich. Systeme de locomotion a&rienne ä
trolley. Kraftzuführung zum LuftschifT durch Leitungsdrähte und Schleifkontakte.
376839. 17. April 1907. J. Migliorlno, Frankreich. Hölice aeriennc et marine h rende-
ment maximnm. Besondere Schraubenform.
376962. 16. März 1907. X. Wehrte, Frankreich. Ornithoplane ntecanique. Künst¬
licher Vogel.
377174. 26. April 1907. L. Bteriot, Frankreich. Systeme de commande. Höhen- und
Seitensteuer werden durch einen Handgriff vermittels eines Kugelgelenkes bedient.
377175. 26. April 1907. L. Bteriot, Frankreich. Assemblage. Verbindung der Leisten
von Flugmaschinen.
377188. 27. März 1907. A. P. ßliven, Vereinigte Staaten von Amerika. ßaUon diri¬
geable. Luftschiff mit seitlichen schrägen Flächen, unter denen Schrauben an¬
gebracht sind.
377212. 26. April 1907. R, Esnault-Pelterie, Frankreich. Proc&te et dispositifs pour
maintenir la pression constante h Hnterieur de la nacelle d’un adroplane ainsi
qu’h Padmisslon du moteur lorsque l’adroplane s'öteve et se dßplace dans des conches
d’air de plus en plus dlevdes. Um größere Geschwindigkeiten zu erreichen, werden
höhere Schichten aufgesucht. Die Gondel wird geschlossen und zur Erhöhung des
Druckes erhält sie einen Trichter, dessen Öffnung in der Fahrtrichtung liegt.
377485. 4. Mai 1907. G. Castagneris, Italien. Dispositif de Suspension de la nacelle
aux parois interieurs des a£rostats. Identisch mit D. R. P. 181976.
377 757. 13. Mai 1907. A. Hoffmann et F. Fröhlich, Österreich. Machine volante.
Flugmaschine, genau so schwer wie Luft.
377 789. 13. Mai 1907. A. Beetz, Frankreich. Appareil destind ä stelever, k se soutenir
et h se diriger dans Fair. Schraubenflieger mit oberer schwenkbarer und unterer
feststehender Schraube.
377 870. 16. Mai 1907. A. Davidesco, Rumänien und L. A. Garelsey, Frankreich. Adro-
plane avec dispositifs assurant la stabilite. Die Stabilität des Drachenfliegers soll
automatisch durch Klappen in der Tragfläche hergestellt werden, welche sich durch
ein Pendel öffnen bzw. schließen.
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Französische Zusatzpatente.
7089. Ein Zusatzpatent zu 363350. 19. Dezember 1906. PompeYen PirancL, Frankreich.
Appareil d’avlation dit „Aßroplane avec propulseur 44 . Drachenflieger, bei dem der
Schwerpunkt durch Verschieben des Motors verlegt werden kann.
7252. Ein Zusatzpatent zu 367649. 1. Februar 1907. L. M. Le Gofl^ Frankreich. H61ice
pour la navigation aerienne. Wendeflügel.
7506. Ein Zusatzpatent zu 368071. 23. März 1907. L. Radier, England. Engin de
locomotion aerienne. Schraubenflieger.
Personalia.
Durch A. K. 0. vom 11. September wurden befördert:
Klnümann, Oberstleutnant und Abteilungschef in der Artillerie-Prüfungskommission,
zum Oberst.
Moedebeck, Major und Bataillonskommandeur im badischen Fußartillerie-Regiment
Nr. 14, zum Oberstleutnant.
Oberstleutnant Moedebeck wurde von S. M. dem Kaiser von Japan das Offizier¬
kreuz des Verdienstordens der aufgehenden Sonne verliehen.
Vom k. u. k. Reichskriegsministerium wurden mittels Dekrets belobt:
Der Hauptmann I. Klasse Purtscher Alfred, des Generalstabskorps, in Anerkennung
vorzüglicher Dienstleistung. (Praes. Nr. 7055, vom 3. Oktober 1907.)
Der Hauptmann 11. Klasse Tauber Friedrich, des Infanterieregiments Johann
Georg Prinz von Sachsen Nr. 11, in Anerkennung mehrjähriger vorzüglicher Dienstleistung
in der militäraeronautischen Anstalt. (Praes. Nr. 7257, vom 3. Oktober 1907.)
Die zu den Mitgliedern des «Berliner Vereins für LuftschifTahrt» gehörende Firma
C. P. Goerz, A.-G., optische Anstalt, hat auf der Deutschen Armee-, Marine- und
Kolonial-Ausstellung, Friedenau 1907, die höchste Auszeichnung in Gestalt der Gol¬
denen Medaille erhalten.
-<§>-
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.
/Ille Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit duellenangabe gestattet.
Die Redaktion .
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illustrierte Aeronautische Jffitteiluugen.
XI. Jahrgang. -M Dezember 1907. s* 12. Heft.
«*?» *» »•««*•»>*.-ar^'*->*r -iA «. <*-«■ s#,«N«,iaje*{ «‘9»*»** «&<*>, .«?, ’S «^r4»9r.«ek'4Mt
Seine Königliche Hoheit Prinz Arnulf von Bayern f.
Der so unerwartet eingetretene Tod Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen
Arnulf von Bayern wird nicht nur weit hinaus über die Grenzen Bayerns
und Deutschlands, überall, wohin die Kunde von dem edlen Wesen der
Persönlichkeit des Dahingeschie¬
denen gedrungen war, die Ge¬
müter mit Gefühlen tiefer auf¬
richtiger Trauer erfüllen. Das
schmerzliche Ereignis reißt auch,
abgesehen von der Armee, in
eine große Zahl von Korporatio¬
nen verschiedener Art, denen
Se. Kgl. Hoheit angehörte und
auf welche er durch seine her¬
vorragenden Geistes- und Cha¬
raktereigenschaften Einfluß übte,
tiefe nicht auszufüllende Lücken.
Dem Münchener Verein für Luft-
schifTahrt gehörte Se. Kgl. Hoheit
seit dem Jahre 1896 an und wenn
auch die äußerst vielseitigen
Inanspruchnahmen, welche an
Hochgestellte naturgemäß her¬
antreten, es ihm fast unmöglich
machten, sich persönlich ein¬
gehender mit aeronautischen
Aufgaben selbst zu befassen, so
war es doch stets anregend und
hocherfreulich anmutend, aus den vielfachen gelegentlichen Fragen und Er¬
kundigungen über Angelegenheiten des Vereins, über seine Ziele, Bestrebungen
und Aufgaben zu ersehen, mit welchem regen Interesse Se. Kgl. Hoheit aero¬
nautischen Fortschritten und Errungenschaften folgte. Soldat mit Leib und
Seele und mit den Aufgaben und Anforderungen der Truppenleitung und-Ver¬
wendung vollkommen vertraut, hatte Se. Kgl. Hoheit auch den immer deutlicher
hervortretenden hohen Wert der Entwicklung der LuftschifTahrt für militärische
Zwecke schon frühzeitig klar erkannt und auch zunächst für die eine bis jetzt
weiter ausgebaute Richtung der Nutzbarmachung, für die Erkundung, sich durch
Ulustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 54
8. K. H. Prinz Arnulf von Bayern.
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eigene Eindrücke auf freier Luftfahrt ein unmittelbares Urteil verschafft. In
gleichem Maße aber wurden von Sr. Kgl. Hoheit auch die bisher erreichten
Leistungen der Luftschiffahrt für Erforschung der in der freien Atmosphäre er¬
kennbar werdenden Wirkungen der Naturgesetze und die naheliegende prak¬
tische Bedeutung solcher Ergebnisse gewürdigt. So verbindet sich denn mit
der unmittelbar schmerzlichen Empfindung des Verlustes einer an sich her¬
vorragenden Persönlichkeit noch für uns, die auf dem Gebiet der Luftschiffahrt
Tätigen, die Trauer um einen Mann, der im Sinne dieser besonderen Be¬
strebungen uns ein Angehöriger und Mitwirkender war.
Unter der großen Zahl derjenigen, welche dem allzufrüh aus dem Leben
Geschiedenen ein getreues Gedenken bewahren, wird daher der Münchener
Verein für Luftschiffahrt stets mit in erster Reihe stehen. K. N«
»
Aeronautik.
Die Expedition Well man 1907.
Von H. Elias.
Wellmans Versuch, den Nordpol mittels Luftschiff zu erreichen, ist
bekanntlich in diesem Jahre nicht geglückt. Wenn demnach auch ein wirk¬
licher Erfolg nicht zu verzeichnen ist, so ist doch das Unternehmen, nicht
zum mindesten wegen der hohen Aufgabe, die es sich gestellt hatte, inter¬
essant genug, um ein näheres Eingehen darauf zu rechtfertigen.
Als Mitglied einer vom «Berliner Lokal-Anzeiger» ausgerüsteten Expe¬
dition hatte ich Gelegenheit, den Vorbereitungen und dem Versuche selbst
beizuwohnen. Ich scheue mich nicht, es hier auszusprechen, daß ich
während meiner Anwesenheit meine Meinung über das Unternehmen voll¬
ständig geändert habe. Nach Berichten von Tageszeitungen glaubte ich
ein Reklame-Unternehmen zu finden, das die schwere Zugänglichkeit jener
Gegenden dazu benutzte, um durch Hinziehen eines wirklichen Versuches
während möglichst langer Zeit die übrige Welt in Spannung zu erhalten;
ich fand Männer, welche mit Ernst und Hingebung an ihre Sache heran¬
gingen und welche darauf brannten, unter Einsetzung ihrer Gesundheit und
ihres Lebens ihre Aufgabe zu vollenden. Das Unternehmen ist ernst, das
steht nunmehr fest, und ein Grund, es lächerlich zu machen, wie es zum
Teil auch jetzt noch geschieht, liegt nicht vor.
Die wissenschaftliche Bedeutung der Expedition zu prüfen, ist hier
nicht der Ort. Nur soviel soll gesagt werden, daß eine größere wissen¬
schaftliche Ausbeute nicht erwartet werden kann und auch von den Mit¬
gliedern der Wellman-Expedition nicht erwartet wurde, ebenso, wie ja von
allen Schlittenexpeditionen, welche lediglich die Erreichung des Poles be¬
zwecken, wirkliche wissenschaftliche Werte kaum verlangt werden. Auch
für den Luftschiffer liegt das Interessante nicht hierin, sondern lediglich in
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der Lösung der uralten Aufgabe, die bisher allen Anstrengungen der Mensch¬
heit getrotzt hat. Das Problem, dessen Lösung Selbstzweck ist, ist ein
Sportproblem und wenn die Lösung mittels des Luftschiffes gelingen sollte,
woran kaum zu zweifeln ist, wenn uns auch vielleicht die nächsten Jahre
diese Lösung noch nicht bringen, so wird der Beweis erbracht werden, den
schon Andr6e zu bringen versuchte, daß der Weg durch die Luft der gang¬
barste für diese Gegenden ist.
Die Erreichung des Poles mittels des Luftschiffes ist nicht so schwer,
wie sie sich von Europa aus darstellt. Man hört öfters, daß man sich an
diese Aufgabe nicht eher heranwagen sollte, ehe nicht das Problem des
Luftschiffes für sehr lange Fahrten bei uns gelöst ist. Das ist meines Er¬
achtens nicht zutreffend. Die Verhältnisse im hohen Norden sind für lange
Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera.
Fig. 1 . — Wellmans Anlagen.
Fahrten viel günstiger als bei uns. Erstens ist nämlich die Windgeschwin¬
digkeit über 80° N. B. im allgemeinen, soweit bisher bekannt, im Sommer
ziemlich gering, zum mindesten ist sicher festgestellt, daß lange Perioden
ruhigen Wetters Vorkommen, die der Luftschiffer natürlich ausnutzen muß.
Daraus folgt, daß das Polarluftschiff nur eine verhältnismäßig geringe Eigen¬
geschwindigkeit braucht, die mit unseren modernen Motoren nicht schwer
zu erreichen ist. Zweitens ist es möglich, die ganze Fahrt am Schlepptau
auszuführen. Damit entfällt die vertikale Steuerung. Das Luftschiff kann
demnach einfacher konstruiert werden und es wird die Tragfähigkeit des
Ballons aufs äußerste ausgenutzt. Drittens aber scheint die Windgeschwin¬
digkeit in den Schichten von etwa 150—250 m, in denen sich das Luft¬
schiff im allgemeinen bewegen wird, fast regelmäßig geringer als im
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Meeresniveau zu sein, sodaß die denkbar günstigsten Windverhältnisse
vorliegen. Demnach sind die Anforderungen an ein Polarluftschiff viel
kleinere, als an ein Militär- oder Sportfahrzeug in Europa, das mit größeren
Windgeschwindigkeiten und mit völlig freiem Flug, ohne Tau rechnen muß.
Auch die wirklichen Leistungen unserer LuftschifTer sind von den geforderten
nicht mehr übermäßig weit entfernt, sodaß man sogar einen Versuch, den
Pol im Luftschiff zu erreichen, gar nicht einmal als übermäßig verfrüht be¬
zeichnen darf, wie noch weiter ausgeführt werden wird. Dagegen erscheint
es unbedingt erforderlich, daß das Luftschiff erst in zivilisierten Gegenden
eine längere Probe absolviert und sich als Ganzes brauchbar erweist, und
daß dies Wellman versäumt hat, kann ihm mit Recht zum Vorwurf gemacht
werden, und war auch die Ursache seines Mißerfolges.
Die wirklichen Entfernungen und die Aussichten des Wellmanschen
Unternehmens werden am besten im Vergleich mit Andr6es ähnlicher Ex¬
pedition betrachtet werden.
Die Entfernung von der Däneninsel, von der Andree und Wellman
aufstiegen, bis zum Pol beträgt 600 Seemeilen (1 SM. = 1852 m, 1 See¬
meile pro Stunde = 1 Knoten = fast genau l l* m p. sec.). Hin und
zurück also 1200 SM. Diesen Reiseweg wird man aber nicht zugrunde
legen können, denn man wird im allgemeinen mit einem günstigen Winde
abfahren, der den Ballon, wenn möglich, direkt zum Pol bringen soll.
Nimmt man nun an, daß dieser günstige Wind weiter weht, so wäre vom
Pol die Entfernung bis zu den nächsten bewohnten Gegenden, nördliches
Sibirien oder Alaska, noch mindestens 20 Breitengrade oder 1200 SM.; die zu¬
rückzulegende Strecke wäre also 1800 SM. lang. Wenn Andree seinerzeit einen
dauernden Süd, also jenseits des Poles Nordwind von 5 m p. sec. gehabt
hätte, der als recht günstig angesehen werden muß, so brauchte er zum
Pol 60 Stunden und 120 Stunden von dort zum Festland, im ganzen also
180 Stunden oder 7 1 /« Tag. Die längste Fahrt im Freiballon war damals
etwas über 24 Stunden, heute etwas über 52 Stunden, das Andree-Unter-
nehmen war also mit den damaligen Mitteln völlig aussichtslos, es mußte
zum sicheren Untergang führen.
Wellmans Aussichten sind nun nicht so schlecht. Zuerst hatte er
nur das Erreichen des Poles ins Auge gefaßt, seinen Rückweg wollte er
sich eventuell auf dem Eise mit Schlitten und Hunden, die mit¬
genommen wurden, suchen. Er ist auf dem Eise nicht unbekannt, hat
er doch in Franz-Josephs-Land überwintert und wertvolle Landes¬
aufnahmen gemacht, die auch in die deutsche Karte des Polargebietes
übergegangen sind. Er wollte natürlich, wenn irgend möglich, in seinem
Luftschiff zu bewohnten Ländern zurückkehren, aber hatte dies doch
erst in zweiter Linie beabsichtigt. So stellte sich schon für die durch die
Luft zurückzulegende Entfernung die Sache bei weitem günstiger, denn er
hatte nur 600 SM., die Entfernung von Spitzbergen zum Pol, zu durchfahren.
Da nun für sein Luftschiff eine Eigengeschwindigkeit von 7 l l 2 m. p. sec =
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15 Seemeilen pro Stunde projektiert war, so brauchte er, wenn Windstille
war, nur 40 Stunden. Nimmt man aber den günstigen Fall, den wir bei
Andree angenommen hatten, also südlichen Wind von 5 m p. sec. oder
10 SM. pro Stunde, ebenfalls an, so hätte er 25 Seemeilen pro Stunde
zurücklegen können, er konnte also in 24 Stunden am Pol sein. Doch
mit diesem günstigen Fall hat er nicht gerechnet, trotzdem er bei günstigem
Südwinde abfahren wollte. Unter der Annahme, daß er gleich viel Gegen¬
wind wie Mitwind hat, brauchte er die vorher ausgerechneten 40 Stunden.
Das sieht nun wesentlich anders aus, als Andrees Projekt. 40 Stunden
gegen 7 1 /* Tag. Und die 40 Stunden sind von den bisher erreichten Zeiten
der Fahrten von Luftschiffen gar nicht weit entfernt.
Die längste Fahrt im vorigen Jahr dauerte knappe 3 Stunden, in diesem
Jahr weit über 8, Graf Zeppelin hätte sogar, was durchaus wahrscheinlich
ist, 16 Stunden fahren können. Wenn sich diese Zahlen in demselben
Tempo bis zum nächsten Jahre vergrößern, so werden die geforderten
40 Stunden längst überschritten sein. Und wenn man ein Luftschiff besonders
für lange Fahrten, nicht für schnelle Fahrten baut, so scheinen die 40 Stunden
auch heute schon erreichbar.
Wellman mußte nun ein Luftschiff für eine lange Fahrt, nicht für
eine schnelle haben, denn das erstere nutzte das Brennmaterial bei weitem
besser aus, als das letztere. Man kann mit einem langsamen Luftschiff bei
weitem größere Strecken zurücklegen, als mit einem schnellen. Ein bereits
aus der Schiffahrt bekanntes Gesetz, das auch für die Luftschiffahrt gültig
ist, besagt, daß bei jedem Luftschiff der Arbeits-, d. h. der Brennstoff¬
verbrauch in gleichen Zeiten mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit
wächst. Will man also beispielsweise mit einem Luftschiff eine Zeitlang
doppelt so schnell fahren als vorher, so ist während dieser Zeit der stünd¬
liche Benzinverbrauch achtmal so groß als vorher. Man kann jetzt allerdings
in gleichen Zeiten die doppelte Strecke zurücklegen, aber bei achtmal so
großem Benzinkonsum, mithin braucht man für die gleiche Strecke nun
viermal so viel Benzin. Der geringste Benzinverbrauch für eine gegebene
Strecke, mithin auch die beste Ausnutzung des Benzinvorrates und die
Zurücklegung der größten Strecke liegt also bei der kleinsten Geschwindigkeit.
Diese kleinste Geschwindigkeit ergibt sich nun aus den bekannten Wind¬
geschwindigkeiten; sie muß auf jeden Fall größer sein als die für gewöhnlich
vorkommende Windgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Luftbewegung
ist aber nach den Messungen der «Fram» in der Nähe des Poles im Sommer selten
größer als 4 m per Sekunde. Wellman hatte für sein Luftschiff eine
Geschwindigkeit von 7,5 m per Sekunde projektiert, sodaß bei normalem
Gegenwind das Luftschiff immerhin noch mit 3,5 m per Sekunde, was einer
Marschleistung von 7 Seemeilen pro Stunde, also etwa der Durchschnitts¬
geschwindigkeit von Frachtschiffen entspricht, vorwärtsgehen würde.
Die projektierte lange Fahrt wird nun auch bei der Konstruktion des
Tragkörpers berücksichtigt werden müssen, insofern als der Gasverlust des
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Ballons möglicht gering sein muß. Zur Erfüllung dieser Bedingung stehen
dem Konstrukteur drei Mittel zur Verfügung, und zwar erstens die Größen-
gebung, zweitens die Formgebung des Ballons und drittens die Schaffung
einer gasdichten Hülle. Bekanntlich wächst bei verschieden großen, ähnlichen
Körpern der Inhalt mit der dritten Potenz, die Oberfläche nur mit der
zweiten Potenz irgend einer geradlinigen Abmessung. • Ist also beispielsweise
bei einem 1000 cbm großen Ballon die Oberfläche 500 qm, so würden jedem
Kubikmeter Gas l h qm Oberfläche zum Entweichen zur Verfügung stehen.
EJin Luftschiff von der gleichen Form, das 8000 = 2f1000 cbm faßt, hat
nun nach dem Gesagten eine Oberfläche von 2? 500 = 2000 qm, ein Kubik¬
meter hat also hier nur eine Oberfläche von l U qm zum Entweichen. Dem¬
nach sind große Luftschiffe für lange Fahrten erforderlich. Wellmans Luft¬
schiff hatte einen Inhalt von 7300 cbm, war also sehr groß, entsprach
aber der ersten Bedingung.
Um die günstigste Form des Ballons zu finden, hat man zu berück¬
sichtigen, daß bei Ballons von gleichem Inhalt die Oberfläche um so kleiner
wird, je mehr die Form sich der Kugel nähert. Dem Polarluftschiff Kugel¬
gestalt zu geben, verbietet sich jedoch aus dem Grunde, weil der Luft¬
widerstand zu groß werden würde. Eine volle Form, die keine geraden
Linien aufweist, wie sie die Schnelligkeitsluftschiffe, z. B. das Zeppelinsche,
haben, erscheint demnach als das Richtigste. Wellman hat nun das Ver¬
hältnis von größtem Durchmesser zur Länge ziemlich groß, nämlich 16 ; 55
= etwa 1 : 3,4 gewählt, viel größer also, als bisher üblich war, denn
beispielsweise hat das Zeppelinsche Luftschiff ein sogenanntes Streckungs¬
verhältnis von 11,66 : 128 = 1 : 11, das erste Lebaudy-Luftschiff ein solches
von 9,8 : 56,5 = 1 ; 5,8, Die Form ist also ein Abwägen zwischen Ge¬
schwindigkeit und Dichtigkeit. Ob Wellman mit seiner Form sofort die vorteil¬
hafteste getroffen hat, läßt sich nicht ohne weiteres entscheiden, immerhin waren
seine Überlegungen richtig, und er hat auch hierin den rechten Weg betreten.
Die dritte Bedingung hat er durch einen äußerst dicken Stoff zu er¬
füllen versucht. Der von ihm angewendete, von einer deutschen Firma
gelieferte Stoff ist der solideste, der bisher überhaupt verwendet wurde.
Er wies drei Gummilagen auf, die durch Baumwollstoff voneinander getrennt
waren und erwies sich als vorzüglich gasdicht.
Wellmans Luftschiff gehörte dem sogenannten halbstarren System an.
Für das Prallhalten wurden mit Rücksicht auf das Fluten der Luft und des
Gases 2 Ballonets (Bi, B 2 ) (Fig, 2) verwendet, die von einem in der Gondel
befindlichen Ventilator mittels zweier gesonderter Schläuche gefüllt wurden.
Zwischen den Ballonets, an der Unterseite, befand sich ein Sicherheits¬
ventil (Vi), das Manövrierventil (V) war oben angebracht. Jedes Ballonet
hatte natürlich auch ein Sicherheitsventil (V', V 1 ), das außerdem noch durch
eine Leine von Hand gezogen werden konnte. Die Anordnung der Ballonets
und Ventile kann nicht als glücklich bezeichnet werden. Wenn nämlich die
Ballonets nicht ganz gefüllt sind, so können sich ihre inneren Wände leicht
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über das Sicherheitsventil legen, es ganz oder zum Teil versperren, wodurch
es ausgeschaltet wird. Außerdem besaßen die Füllschläuche der Ballonets
keine Rückschlagventile. Die Luft aus ihrem Innern konnte demnach durch
die Füllschläuche und den Ventilator in das Innere der Gondel treten, und
wenn sie mit Wasserstoff gemischt war, zu Explosionen Veranlassung geben.
Dieses Zurücktreten der Luft ist möglich bei starker Ausdehnung des Gases,
entweder durch Erwärmung oder Höhenwechsel. Die Lage des unteren Gas¬
ventils war derart, daß das Gas in recht bedenklicher Nähe des Motors
ausströmen muß.
Die Gondel bestand aus 14 Abteilungen und hatte dreieckigen Quer¬
schnitt. Ihren unteren Teil bildete der Benzinbehälter (B, B), ein Rohr von
etwa 35 cm Durchmesser, das durch Zwischenwände ebenfalls in 14 selb¬
ständige Behälter geteilt war. Die ganze Gondel war aus Stahlrohren kon¬
struiert, vorn zugespitzt und mit gefirnißter Seide bezogen. Sie bildete so
gleichzeitig einen Kiel, der dem Übersteuern wirksam Vorbeugen mußte.
Im Innern bot sie viel Raum zur Unterbringung. Das 3.—7. Abteil war
als eigentliche Gondel eingerichtet und demgemäß verbreitert (s. auch Fig. 3).
In ihr hatte der Antriebmotor, ein Lorraine-Dietrich-Motor von 70 P. S.,
sowie der kleine xMotor für das Ballonet Unterkunft gefunden. Seitwärts
vom Motor waren Betten, bestehend aus unverbrennlichem Stoff, der über
die horizontalen Stahlrohren gespannt war, angebracht. Auf der Spitze
der Gondel thronte ein Faltboot; die beiden vorletzten Abteile waren mit
etwas stärkerem Stoff ausgeschlagen und dienten als Hundestall, 2 Schlitten
waren ebenfalls vorhanden, von denen der eine als Stand für den Steuer*
mann (P) diente.
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Der große Motor war direkt durch entsprechende Kegelräder mit den
Schrauben gekuppelt. Diese Kuppelung war nicht lösbar, sodaß das sonst
übliche Andrehen des Motors unausführbar war. In ganz geschickter Weise
wurde nun der kleine Motor zum Andrehen des großen benutzt. Durch
einen Riemen konnte die Schraubenwelle mit der Welle des Ventilator¬
motors verbunden werden. Der Riemen wurde erst eingerückt, wenn der
kleine Motor in Gang war, was bekanntlich keine Schwierigkeit macht.
Sobald dann die Schrauben und damit der große Motor leer genügend
schnell liefen, wurde die Hauptzündung eingeschaltet, der Übertragungsriemen
ausgerückt und der große Motor übernahm nun den Antrieb. Diese Ein¬
richtung hat sich auf das beste bewährt.
Aufgenommen mit Görz-Anschütz Klappkamera.
Fig. 3. — Gondel von Wellmans Luftschiff.
Die Schrauben hatten nach außen abnehmende Steigung und waren
aus Stahlrohren mit Überzug aus Stahlblech von 1 mm Stärke gefertigt. Sie
wogen pro Stück 19 kg bei ß 1 /« m Durchmesser und ergaben jede bei einem
Arbeitsverbrauch von 30 P. S. und einer Tourenzahl von 380 pro Minute
150 kg Zug bei stillstehender Achse.
Die Stützen für die Schraubenachse waren ebenfalls aus Stahlrohr
mit Holzbelag von dreieckigem Querschnitt an beiden Seiten verstärkt.
Dadurch wurde gleichzeitig der Luftwiderstand herabgesetzt. Über dem
Seidenbezug der Gondel in der Nähe der Schrauben, der durch die Luft¬
bewegung bald zerrissen wäre, waren etwa 3 mm starke Bretter gelegt.
Die Aufhängung der Gondel war die übliche Gurtaufhängung. Die Halte¬
seile liefen zu den Enden von Stahlrohren, die an der oberen Seite der
Gondel befestigt waren (Fig. 3) und zwischen denen die Stabilisatorflächen
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ausgespannt waren. Die Flächen hatten eine bedeutende Größe (Fig. 4)
und haben wohl nur aus diesem Grunde die gute Stabilität des Luftschiffs
herbeigeführt, denn ihre Anordnung war nicht die günstigste. Dämpfungs¬
flächen gehören bekanntlich möglichst weit vom Schwingungsmittel des
ganzen Systems. Wellmans Ingenieur dagegen hatte, wie Fig. 3 und Fig. 4
erkennen lassen,
die Möglichkeit,
an den vorderen
Querstäben Flä¬
chen anzubrin¬
gen, nicht benutzt.
Es hätten dafür
die mittleren, völ¬
lig wirkungslosen
Teile der Flächen
wegbleiben müs¬
sen. An senkrech¬
ten Flächen war
nur der unter dem
Tragkörper sichtbare Kiel (Fig. 2 u. Fig. 5) vorgesehen,* der zur Verhütung
des Schlingerns, da zwei gegenläufige Schrauben vorhanden waren, völlig
genügte. Dieser Kiel wurde durch eine Reihe von Flaschenzügen von der
Gondel aus Straff ge- Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera.
halten. Dadurch wur¬
de gleichzeitig ein
Teil des Gondelge¬
wichts von dem un¬
teren Teil des Ballons
getragen. Sehr ge¬
schickt, und meines
Wissens noch nicht
benutzt, war die Be¬
festigung der Leinen
an diesem Kiel. Der
Kiel hatte unten einen
hohlen Saum von
etwa 5 cm Durch¬
messer, dieser Saum
war etwa alle Meter
senkrecht einge¬
schnitten. In die dadurch entstandenen Schlitze wurden die Schleifen der
Leinen gelegt und nun ebenfalls durch die Schlitze runde Holzstäbe in den
Saum gesteckt, sodaß die Schleifen über den Stäben lagen, die ihrerseits vom
Saum gehalten wurden.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^5
Aufgenommen mit Gürz-Anschtttz-Klappkainera.
Fig. 4. — „Amerika“ von onten.
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Das gleiche Prinzip wurde bei der Befestigung der Gänsefüße am Trag¬
gurt verwendet. Diese Art der Befestigung hat große Vorzüge, gleichmäßige
Verteilung des Druckes auf den Gurt und die Möglichkeit eines sehr schnellen
An- und Abmontierens der Gondel, was besonders für militärische und Sport¬
fahrzeuge von Wichtigkeit sein kann.
Das Steuer war kein Flächen-, sondern ein Körpersteuer. Der Stoff,
welcher beiderseitig den Rahmen überspannte, war durch eine Stütze nach
beiden Seiten, ähnlich wie schon bei der «France» Renards und Krebs',
verspreizt. Wie aus den Fig. 2, 4 und 5 hervorgeht, war das Steuer ent¬
sprechend den großen Abmessungen des Ballons sehr groß gehalten, aber
nicht ausbalanciert, d. h. seine Drehachse lag am Ende der Steuerfläche.
Der «Lebaudy II» hat bekanntlich mit derartigen Steuern keine guten
Erfahrungen gemacht, sodaß bei der «Patrie» die Drehachse nicht ans Ende,
sondern in die Fläche hineingelegt wurde. Die bei Steuerausschlag auf den
vor und hinter der Achse liegenden Teil auftretenden Winddrucke heben
sich auf und die Drehung
des Steuers kann ohne großen
Kraftaufwand erfolgen. Das
Ruder der «Amerika» war,
wie der Steuermann, Riesen¬
berg, aussagte, überhaupt
nicht zu drehen, er fürchtete
etwas zu zerbrechen, wenn
er noch mehr Kraft anwen¬
dete. Demnach wurde dieses
Steuer, dessen Mängel sich
bei einer kleinen Probefahrt in Europa sofort herausgestellt
hätten, die Ursache von Wellmans Mißerfolg.
Zum Aufreißen bzw. Aufschneiden des Ballons war ein
Messer vorgesehen, das an einem quer über den Ballon gelegten Drahtseil
befestigt war.
Die ganze Fahrt sollte als Schleppfahrt ausgeführt werden, zu welchem
Zweck ein besonderes Tau (T) (Fig. 2) oder vielmehr ein Schleppschlauch kon¬
struiert war. Ein Schlauch aus starkem Gummistoff, dem für Decken von Auto¬
mobilpneumatiks gebrauchten Stoff, von 15 cm Durchmesser war mit Lebens¬
mitteln gefüllt und mit etwa 2-Markstück großen Schuppen aus Stahlblech
benäht. Die Reibung dieses Schlepptaues war, wie durch Gleitversuche auf
Schnee festgestellt wurde, sehr gering. Es sollte gleichzeitig dazu dienen,
die Neigung des Ballons zu regulieren (Fig. 6). Zu diesem Zweck waren
über das Stahlkabel, an welchem die «Schlange», wie sie allgemein genannt
wurde, von der Gondel herabhing, Ringe mit Leinen befestigt, die zur Gondel
führten. Wie man sieht, konnte dadurch die Schlange sozusagen an ver¬
schiedenen Stellen der Gondel aufgehängt werden. Eine ähnliche Einrichtung
hatte auch Santos-Dumont früher schon verwendet. An dem anderen Ende
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der Gondel war ein Bremser, von Wellman Retarder (R) (Fig. 2) genannt, vor¬
gesehen. Ein Schlauch mit Lebensmitteln, wie die Schlange, aber statt mit
Schuppen mit Stacheln besetzt. Ein völliges Verankern bei ungünstigem
Winde hatte Wellman nicht in Aussicht genommen, da er wohl mit Recht
zweifelte, daß dieses überhaupt möglich war. Er wollte sich durch den
Retarder langsam zurücktreiben lassen. Die Aufhängetaue der Schlange
und des Retarders waren so auf eine Winde aufgewickelt, daß beim Drehen
der Winde sich ein Tau soviel aufwickelte, als das andere ablief, sodaß, da
Schlange und Retarder für gleiche Längen gleiche Gewichte hatten, die
Höhenlage des Ballons nur wenig geändert wurde. Auch der Retarder
konnte, wie Fig. 6 zeigt, zum Regeln der Schräglage benutzt werden.
Die Gewichte, Maße etc. der «Amerika» waren folgende:
Der Tragkörper hatte einen Inhalt von 7300 cbm, seine Länge betrug 55 m,
sein größter Querschnitt 16 m.
Der Ballon wog mit Ventilen, Bauchkiel, Aufhängung etc. 1600 kg
Die Gondel mit Motor, Propeller, Winden, Steuer etc.2140 „
Werkzeug, Reserveleinen und Kabel, Wasser, Anker, Kompaßhaus etc. 50 „
Öl für die Motoren. 140 „
Kühlwasser.130 „
Besatzung (3 Mann) mit Ausrüstung, 10 Hunde, Instrumente, Schlitten,
Waffen und Munition, Schlafsäcke etc. 800 „
Proviant für die Besatzung und Hunde (außerdem 700 kg im Retarder
und der Schlange). 220 „
Trinkwasser. 50 „
Retarder mit Aufhängekabel .. 300 „
Benzin. 2600 „
Reservematerial. 40 „
Von der Schlange sollten bei der Abfahrt angehoben sein . . . 250 „
Auf dem Wasser nachschleifen. 300 „
Der Gesamtauftrieb der 7300 cbm Wasserstoffgas war mit ca. 8600 kg
angenommen, entsprechend einem Auftrieb von 1,178 kg pro Kubikmeter.
Dieser Auftrieb war sowohl nach der Schillingschen Methode durch Messung
der Ausströmungsgeschwindigkeit des Gases, als auch durch Bestimmen des
Auftriebs eines vorher gemessenen und gewogenen Kugelballons festgestellt
worden. Das Gas, welches von Hervieu aus Schwefelsäure und Eisen, wozu
man das noch von Andree zurückgelassene Eisen benutzt hatte, hergestellt
war, war demnach für die Ballonfüllung hervorragend geeignet.
Die Vorbereitungen zum Aufstieg und der Aufstieg selbst verliefen in
folgender Weise:
Als ich am 1. August mit dem Dampfer «Thalia* der Reisegesellschaft
Kapitän Bades Söhne auf der Däneninsel eintraf, waren bereits ca. 4500 cbm
Gas im Ballon und die Montierung der Gondel war fast vollendet. Am
6. August war die Füllung beendet, das Luftschiff vermittelst eines Hilfs¬
netzes, das später abgenommen wurde, hochgelassen und die Gondel darunter
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gestellt. Am 10. ist die Gondel am Ballon befestigt und es wird mit der
inneren Einrichtung der Gondel, Anbringung von Instrumenten, Verstauung
des Proviants usw. begonnen. Wirklich fertig ist das gesamte Luftschiff am
15. August, wo eine Motorprobe abgehalten werden soll, die aber infolge
eines Fehlers in der Zündung, der erst am 16. gefunden wird, nicht zustande
kommt. Am 16. laufen dann die Schrauben mit halber Tourenzahl etwa
20 Minuten lang, ohne daß sich die Notwendigkeit von Änderungen heraus¬
stellt. Das Luftschiff ist nun aufstiegsbereit, aber der gewünschte Südwind
will sich nicht einstellen. Es weht immer von NE und zwar mit einer
Stärke von 6—7 m p. sec., sodaß ein Versuch ausgeschlossen ist. Mehrfach,
beispielsweise am 25. August, schien es, als ob Windstille eintreten würde,
aber bereits nach kurzer Zeit frischte der Wind wieder derartig auf, daß
die Vorbereitungen abgebrochen werden müssen. Endlich am 2. September
ist zwar nicht Südwind da, aber wenigstens Windstille und nach dem Gange
des Barometers, das zu steigen aufgehört hatte, war eine Stille von min¬
destens mehreren Stunden wahrscheinlich.
Es war verabredet, daß der kleine Dampfer «Expreß» der deutschen
Expedition das Luftschiff durch den Smeerenberg-Sund zum Eismeer schleppen
sollte. Hier sollte der «FritjofT», Wellmans Schiff, der die Barre zwischen
Holländernäs und Däneninsel nicht passieren kann, die Trosse aufnehmen
und das Luftschiff bis zur Eiskante schleppen, von wo aus erst die freie
Fahrt beginnen sollte. Da wir am 28. August festgestellt hatten, daß das
Packeis erst über 81° N. B. lag, so sparte Wellman bei diesem Schleppen
für etwa 60 Seemeilen Benzin.
Am 2. September 7 30 a. M. E. Z. wurde mit dem Aufmachen der
Halle begonnen. Es war völlig windstill, —1,2° C., ganz bedeckt mit den
typischen niedrigen nordischen Schichtwolken, leichtes Schneegestöber. Die
10 Hunde wurden um 8 a. in den Ballon gebracht und um 8 45 a. wird
noch eine Motorprobe veranstaltet. Hierbei stellt sich heraus, daß ein Rohr
der Kühlwasserleitung, in dem Wasser gestanden hatte, durch die Kälte
der letzten Tage zerfroren war. Das Auswechseln nimmt einige Zeit in An¬
spruch, hält aber den Fortgang der Arbeiten nicht auf, da sich das Auf¬
machen der Halle bis 9 20 a. hinzieht. Während dieser Zeit ist ein ganz
schwacher Zug aus W aufgekommen. Um 9 30 a. wird das Hilfsnetz vom
Ballon heruntergezogen, sodaß dieser nunmehr nur noch an der Gondel
gehalten wird, der Retarder wird dicht unter der Gondel aufgehängt (Fig. 3).
Hervieu, der bekannte französische Luftschiffer, wiegt nun den Ballon in der
Halle so ab, daß er nur etwa 3 kg Auftrieb erhält, wobei berücksichtigt
ist, daß er etwa 25 m Schlepptau hochheben soll, der übrige Teil des Taues
sollte nachschleifen. 11 V 2 a. ist der Motorschaden repariert, noch eine
kurze Motorprobe gibt die beruhigende Tatsache, daß am Motor alles in
Ordnung ist, hat aber auf die Hunde in der Gondel den Einfluß, daß sie
unruhig werden und sich zu beißen anfangen. Mit einer großen Bißwunde
am Halse mußte ein Hund, ein großes kräftiges Tier, herausgeholt werden.
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Es blieben demnach nur noch 9 Hunde zur Mitfahrt. Gegen 12 ist der Ballon
aus der Halle und wird, nachdem Wellman, Vanniman als Ingenieur und
Riesenberg als Steuermann die Gondel bestiegen haben, auf etwa 40 m hoch¬
gelassen. Er wurde sodann auf verschiedene Kurse eingestellt, d. h. je ein¬
mal mit der Spitze genau nach Nord, Ost, Süd, West, um die durch die
Eisenteile der Gondel verursachte Ablenkung des Kompasses festzustellen,
wobei irgend wesentliche Fehler anscheinend nicht gefunden wurden. Wellman
hatte dann später behauptet, daß der Kompaß nicht funktioniert hätte. Dies
ließe sich nur dadurch erklären, daß das Luftschiff eine geringe Neigung bei
der Fahrt eingenommen hat, die ein Festklemmen der Magnetnadel verursachte.
Vom Bug der Gondel war mittlerweile Anfgenommen mit ^.^schatz-Kiappkamera.
ein Seil zum «Expreß* gebracht worden
und nach der Kompaßregulierung wurde
das Luftschiff an diesem und an einem
am Heck befestigten Seil hochgelassen.
Gegen 1 Uhr dampfte der «Expreß* ab
mit der «Amerika» in Schlepp, welche
in etwa 150 m Höhe schwebte und an
einem Drahtseil ca. 25 m Schlepptau
trug. Beim Schleppen wurde nur einmal
auf ganz kurze Zeit ein ganz geringes
Stampfen des Ballons, vielleicht auch
durch Stampfen des Schleppdampfers
verursacht, bemerkt, somit war die Sta¬
bilität des Luftschiffes ausgezeichnet.
Den übrigen Verlauf der Fahrt ergeben
die vom Dampfer aus gemachten Notizen,
die vollständig wiedergegeben sind:
1 30 p. Schrauben des Ballons
werden in Gang gesetzt.
Stampfen nicht zu be¬
merken.
32 Kommando: Schleppleine loswerfen.
34 Kommando: Festhalten. Der Motor des Ballons stoppt. Eine
der Hochlaßleinen ist durch die Schrauben auf die Schrauben¬
welle gewickelt worden.
42 Schrauben werden wieder in Gang gesetzt. Sehr langsames
Stampfen des Ballons. Wind unten NWzW, 1 m per Sekunde.
48 Kommando: Leine los.
50 Ballon frei. 3 Hurra für Wellman.
2 02 p. Auf der Höhe der Foulbai. Ballon beschreibt über Backbord
einen Kreis. Stabilität ist ausgezeichnet.
04 Ballon geht rein nach EzN.
10 Ballon steuert zwischen Cloven Cliff und Vogelsang durch
Fig. 7. — Die „Amerika“ wird aus der Halle
gebracht.
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**►& 434
19
25
Aufgcuommeu mit Görz-Ansehiitz-Klappkaincra.
Fig. 8.
birge, das kann
und verschwindet im Schneegestöber. (Die Inseln sind wegen
des starken Schnees nicht richtig erkannt worden. In Wirk¬
lichkeit steuerte der Ballon zwischen Foulinsel und Foulspitze.)
14 p. Ballon kommt zurück. Es war wieder eine große Kurve über
Backbord.
Kommando: Schleppleine aufnehmen. Ballon dreht um und
fährt schneller, als unser Schiff folgen kann (das Schiff lief
8 Seemeilen pro Stunde = 4 m per Sekunde). Wir sind
südlich Vogelsang (ebenso wie vorher nicht richtig erkannt.
In Wirklichkeit südlich Foulinsel). Die Schrauben laufen immer
anscheinend mit voller Tourenzahl. Wind NW 4—5 m. p. Sec.
Wir sind in der Foulbai und kommen nur sehr langsam
vorwärts. Ballon im Schneegestöber ver¬
schwunden.
Das Beste für Wellman wäre nun,
überlegten wir, sobald wie möglich zu
landen, anderseits, wenn dies nicht an¬
gezeigt ist, wird es vorteilhaft sein, wenn
er versucht, die Redbai zu erreichen
und sich in der Nähe mit seinem Re¬
tarder zu verankern, sodaß wir zu Schiff
zu ihm gelangen konnten. Als wir bis
ans Ende der Foulbai zu dem großen
Gletscherabsturzgefahren sind und nichts
sehen, beschließen wir umzukehren und
in die Redbai zu gehen. Wir haben schon
die Foulbai verlassen, da bricht es etwas
auf und wieder kommt es uns vor, als
ob wir etwas in der Luft sehen, noch
einmal gehen wir zurück und wieder
war es eine Täuschung; das machen
wir dreimal. Da läßt das Schneegestöber
nach und nun ist kein Zweifel mehr, w r as
wir dort sehen, ist weder Eis noch Ge-
was erst vor kurzem dort hingekommen
Amerika' 1 in freier Fahrt.
nur etwas sein,
ist. Als wir jetzt den Gletscherabsturz fast erreicht haben, sehen wir oben
Menschen, es ist klar, daß Wellman das Beste, was er machen konnte,
sofort die Landung ausgeführt hatte.
Wir mußten ihm nun Hilfe bringen und das war über dem Gletscher
schon eine kleine Expedition. Anfangs ging der Weg seitwärts vom Gletscher
über verschneite Felsblöcke, zwischen denen der Schnee lag und wo man
bis zum Leib versinken konnte. Aber hier konnte man verhältnismäßig flott
ausschreiten, ohne befürchten zu müssen, in eine Gletscherspalte zu fallen.
Sobald wir aber auf den wirklichen Gletscher kamen, was wir daran erkennen
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Google
konnten, daß aus den Löchern, die wir mit unseren Eispickeln in den Schnee
stießen, blaues Licht schimmerte, wurde die Sache ernster. Hier mußte zum Seil
gegriffen werden. In zwei Partien, zu je vier angeseilt, ging es jetzt langsam
und vorsichtig immer tastend durch den Schnee. Die Richtung, in welcher
die «Amerika* lag, hatten wir uns gemerkt, sodaß wir keine Umwege
machten. Trotzdem brauchten wir zu dem Stück vom Meere bis zur Landungs¬
stelle, das wenig über VI 2 km lang ist, volle IV 2 Stunden. Bald wurde
die Stelle passiert, wo die Schlange ihre Spur in den Schnee gegraben
hatte. Wir konnten auch etwas seitlich die Spur des Retarders erkennen.
Die Schlange selbst wurde ebenfalls bald erreicht. Es scheint, als ob die
Schlange ihre Aufgabe verhältnismäßig gut erfüllt hat; durch mehrere tiefe
Gletscherspalten mit zackigen Kanten war sie hindurch gegangen und trotzdem
war sie unbeschädigt. Auch der Retarder war ganz intakt, dagegen waren,
wie wir später erfuhren, die Lebensmittel in seinem Innern vollständig
durcheinander gebracht. Als wir näher an das Luftschiff herankamen, sahen
wir, daß wenig beschädigt war. Im Innern war alles in voller Ordnung,
wir sahen auf den ersten Blick, daß nichts irgend welchen Schaden ge¬
nommen hatte, sogar die äußerst empfindlichen Registrierinstrumente waren
ganz geblieben. Auch von der Besatzung hatte niemand Schaden genommen,
die Landung soll sogar sehr leicht gewesen sein. Der Ballon war vor¬
schriftsmäßig gerissen und lag über mehrere große Gletscherspalten auf
dem Schnee, vollständig unbeschädigt.
Von der Gondel waren nur einzelne nach außen ragende Stangen
wenig verbogen, so daß man für die ungewöhnlichen Umstände und für
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-436 «h
die völlig ungeübte Besatzung die Landung als glatt bezeichnen muß. Es
wurde nun sofort daran gegangen, das Luftschiff auseinanderzunehmen und
zum «FritjofT» herunterzubringen. Zuerst die Hülle. Sie auf einmal weg¬
zutransportieren, war wegen ihres Gewichtes unmöglich, so wurde sie denn
Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera.
in drei Teile zer¬
schnitten, wie ein ge¬
wöhnlicher Freibal¬
lon auseinanderge¬
zogen, vom Schnee
gereinigt und zusam¬
mengerollt. Auf drei
Handschlitten ging
sie dann hinunter
zum Meere. Inner¬
halb dreier Tage war
die ganze Verpack¬
ungsarbeit beendet,
sogar ein großer Teil
des Benzins ist ge¬
borgen worden. Der
Fig. 10 . - Die gelandete „Amerika“. 41 Fritjoff » dampfte
dann mit dem ver¬
packten Luftschiff zum Virgohafen zurück, wo noch die Leinwand von der
Halle genommen wurde. Damit war die Wellman-Expedition 1907 beendet,
2 Norweger blieben
als Wache bei dem
Hallengerüst, auch
die sämtlichen Hunde
wurden zurückge¬
lassen, damit sie ge¬
gebenenfalls für das
nächste Jahr bereit
sind.
Die Ursache von
Wellmans Mißerfolg
liegt, wie schon ge¬
sagt, in dem Ver¬
sagen der Steuerung.
Es war uns von An¬
fang an aufgefallen
und wird auch durch Fig. 4 bestätigt, daß das Ruder immer nach Back¬
bord stand. Der Ballon mußte demnach große Kurven über Backbord fahren,
die auch beobachtet sind. Allerdings fuhr er zwischen den Kurven immer
große Strecken gerade aus, sodaß es den Eindruck machte, als ob die langen
Aufgenommen mit Görz-Anschütz-Klappkamera.
Fig, 11. — Verpacken der „Amerika“.
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Strecken und die Kurven willkürlich seien. Dagegen fällt auf, daß die Kreise
sich periodisch nach etwa 12 Minuten wiederholten. Da auch Riesenberg
ausgesagt hatte, daß, wie schon erwähnt, das Steuer sich nicht drehen ließ,
so sind die Kurven und annähernd geraden Strecken meiner Ansicht nach nicht
willkürlich gewesen. Sie lassen Aulgenommen mit Görz . Anschutz .Kiappkamera.
sich auch aus der herrschenden
Windrichtung, der Stellung des
Steuers und der annähernd be¬
kannten Aufhängung des Schlepp¬
taues vollständig erklären. Es sei
(Fig. 13) L das Luftschiff, T das
schleppende Tau, die Spitze des
Luftschiffes sei durch den Propeller
P angezeigt. Nehmen wir nun an,
der Wind käme von Nord, das
Steuer stände in der Verlängerung
des Luftschiffes und das Luftschiff
Steuere Kurs NW (Lage 2), so Fig 12 . _ Transport der Hülle auf Handsohlltten.
würde es sich, wenn die Eigen¬
geschwindigkeit gleich 0 2, die Windgeschwindigkeit gleich 2 R ist, relativ
zur Erde in Richtung und mit Geschwindigkeit gleich OR bewegen. Das
Schlepptau hätte
also die in Lage Jf
2 angegebene
Stellung, parallel
zu 0 R. Ist nun
(Fig. 14) das
Schlepptau nicht
unter dem
Schwerpunkt S
des ganzen Sys¬
tems aufgehängt,
so sieht man, daß
der Zug des Taues
ein Moment her¬
vorbringt,welches
das Luftschiff in
Richtung des Pfei¬
les zu drehen ver-
V
sucht. Aus den
verschiedenen, in
Fig. 13 angege¬
benen Leigen er¬
kennt man, daß
Fig. 13.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg.
56
Digitized by LjOOQLe
bei allen Kursen rechts von der Windrichtung, wenn man gegen den Wind
sieht, die Drehung der Luftschiffspitze nach rechts, also Steuerbord, bei
allen Kursen links von der Windrichtung die Drehung nach links, also Back¬
bord erfolgt. Eine Drehung erfolgt nicht, wenn das Luftschiff in der Wind¬
richtung fährt. Von den beiden dabei möglichen Richtungen ist die Lage bei
Fahrt gegen den Wind (1) unstabil, wie Fig. 13 leicht erkennen läßt, die Lage
(5), Fahrt mit dem Wind stabil. Es läßt sich hieraus folgende Regel ab¬
leiten : Bei Fahrten von Luftschiffen am
Tau hat das Luftschiff das Bestreben,
sich auf dem kürzesten Wege so zu
drehen, daß es mit dem Winde fährt,
oder in anderer Fassung: Ein Luftschiff
am Tau will ebenso wie ein Freiballon
am Tau fahren. Hierdurch lassen sich
plötzliche Schwenkungen bei der Landung
von Luftschiffen erklären, sobald das Tau
aufsetzt, die in Zeitungsberichten gewöhn¬
lich in der Form: Sobald das Tau den
Boden berührte, warf ein plötzlicher
Windstoß das Luftschiff auf . . ., zum
Ausdruck kommen. Daraus würde sich die praktische Folgerung ergeben,
kein Tau mit großer Reibung, sondern nur eine reibungslose, also dünne
Fangleine bei der Landung zu verwenden.
Kehren wir nun zu Wellman zurück. Das Steuer der < Amerika» stand
nach Backbord, das Luftschiff hatte somit die Tendenz, Kreise über Back¬
bord zu fahren. Auf den Kursen 2, 3, 4 wurde diese Tendenz durch das
Schlepptau verstärkt, auf den Kursen 6, 7, 8 arbeiteten sich Steuer und
Schlepptau entgegen. Es ist nun sehr wahrscheinlich, daß das Drehmoment
des Steuers größer war, als das des Schlepptaues, denn die glatte Schlange
hatte im Wasser nur sehr wenig Reibung. Dann mußte also auf den west¬
lichen Kursen das Luftschiff unter der Summe beider Momente schnell drehen,
auf den östlichen unter der Differenz sehr langsam, so daß der Eindruck
hervorgerufen wird, als ob ein großes Stück geradeaus, oder fast geradeaus,
und dann eine schnelle Kurve willkürlich gefahren wurde. In der Tat
steht das Benehmen der «Amerika» hiermit, wie die mitgeteilten Notizen
erkennen lassen, völlig im Einklang.
Die endgültige Bewegung des Luftschiffes muß ein Abtreiben in der
Windrichtung sein. Der Wind hatte nun gegen 2 X U p. auf über 4 m p. sec. zu¬
genommen und kam aus NW, demnach mußte das Luftschiff nach SE und
zwar bei Fahrt mit dem Winde, also Kurse 4, 5, 6 viel schneller, als unser
8-Knoten-Schiff folgen konnte, abtreiben. Richtig wäre es von Wellman
gewesen, hier schleunigst den Wasseranker auszubringen, doch war dies
anscheinend begreiflicherweise in der Aufregung vergessen worden.
Es sei nun noch ein Wort über die erreichte Geschwindigkeit gestattet.
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Sie wird die projektierten 7,5 m per Sekunde = 15 Seemeilen fast erreicht
haben.
Der «Expreß», der den Aufstieg begleitete, läuft bei voller Fahrt 8
Meilen = 4 m per Sekunde und wurde von der «Amerika» glatt distanziert.
Da nun zu dieser Zeit ein Gegenwind von 1 m per Sekunde (nach Anemo¬
meter-Messungen) wehte, so betrug die Eigenbewegung des Luftschiffs min¬
destens 5 m per Sekunde, das Vorlaufen war entschieden größer als Fu߬
gängergeschwindigkeit = 1,5 m per Sekunde, so daß die Eigengeschwindigkeit
7 bis 7,5 m per Sekunde = 14 bis 15 Meilen betrug.
Als wichtigstes Ergebnis der Fahrt, überhaupt der ganzen Expedition
ist wohl das anzusehen, daß es gelungen ist, über 7000 cbm große Prall¬
ballons durch inneren Überdruck und unter dem Ballon gelagerte Träger
mit Sicherheit für einige Stunden steif zu erhalten. Es ist in hohem Grade
wahrscheinlich, daß bei der ausgezeichneten Dichtigkeit des deutschen Stoffes
dies auch für viele Stunden möglich gewesen wäre, sodaß jetzt Pralluftschiffe
in bezug auf die Größe in Konkurrenz mit starren Luftschiffen treten können.
Die maschinelle Einrichtung hat sich vollständig bewährt, auch in der
Schlange scheinen wir ein neues brauchbares Mittel für Materialtransport
bei Forschungsluftschiffen zu haben. Es wäre sehr bedauerlich, wenn die
Versuche im Norden nach gründlichem Studium des Luftschiffes in zivilisierten
Gegenden nicht wiederholt würden. Eine große Fahrt über das Eis, viel¬
leicht auch ein neuer Rekord für die höchste Breite ließe sich sicher
erreichen und dadurch wäre dann bewiesen, was Andree leider nicht
geglückt ist, daß das Luftschiff für die Polarforschung in hohem Grade
brauchbar ist.
Weitere Versuche mit dem Zeppelinschen Luftschiff.
Am Donnerstag den 26. September Übung im Kompaßsteuern. Wetter:
windstill. Nach Aufsteigen in ca. 60 Meter Höhe wurde in genau südwestlicher
Richtung Kurs auf Uttwil genommen. Es war leicht möglich, den Kompaßkurs
auf das genaueste einzuhalten. Nach einer Fahrt von 14 Minuten wurde die
Uferlinie bei Uttwil überquert; Strecke genau 10 Kilometer, wobei zu bemerken
ist, daß das Luftschiff erst sehr allmählich seine volle Eigengeschwindigkeit
erreicht hatte. Ich versuchte die Dauer dieser Geschwindigkeitsentwickelung
festzustellen und glaube als ziemlich sicher ermittelt zu haben, daß nicht
weniger als 5 Minuten dazu erforderlich sind. Es wurde in riesiger Kurve
zunächst nach Backbord Romanshorn und dann nach Steuerbord ein Teil des
Thurgau überquert. Die Steuerfähigkeit nach links wie nach rechts bei Laufen
beider Motore war tadellos. Nun wurde wieder NCM/ 4 N zurückgefahren. Ge¬
schwindigkeit dieselbe: 15 Minuten für die 11 Kilometer bis Seemos, wobei
zu bemerken, daß die Geschwindigkeit in der Kurve auf ca. 10—11 Meter
gesunken war. Dann Übungen mit einem Motor, bei zufriedenstellenden
Ergebnissen bezüglich Steuerung, obgleich Versuchsreihen hierüber noch
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440 €«««
nicht abgeschlossen. Mitten auf dem See wurde dann Landung gemacht, um
Passagiere zu wechseln. Es wurde, was gegenüber anderslautender Meinungs-
Phot. E. Schwarz, Friedrichshafen.
Abfahrt von Zeppelins Luftschiff.
äußerimg energisch betont sei, ohne Gasabgabe, lediglich durch Steuer-
wirkung auf die Seelliiche niedergegangen. Hier knallten wir mit etwa
Qraf und Comtesse Zeppelin In der Gondel.
Phot. E. Schwarz, Friedrichshafen.
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12 Meter Fahrt voraus auf, daß das Wasser wie bei einem Dampfer um
den Gondelbug schäumte. Trotzdem war das Auflanden angenehm, sicher
und leicht. Wir benutzten die vorhandene lebendige Fahrt, uns unten zu
halten, Wasser zu schöpfen und in Säcken an die Gondel zu hängen, worauf
wir auch nach Auslaufen der Fahrt unten blieben und die Ausbootung be¬
quem vornehmen konnten. Zum Wiederaufgehen wurde der angehängte
Ballast wieder abgeworfen und bei Steuerdruck nach oben leicht aufge¬
stiegen. Die Fahrt ging dann wie vorher in einer Durchschnittshöhe von
Phot. E. Schwarz, Friedrichshafen.
Zeppelins Luftschiff. Vorderansicht.
ca. 60 Metern anderthalb Stunden lang weiter. Die Einbringung in die
Ballonhalle geschah schnell und leicht.
Am Freitag den 27. September wurde die Ballonhalle durch den Ge¬
heimen Oberregierungsrat Lewald in feierlicher Weise vom Reiche über¬
nommen und die Reichsdienstflagge gehißt. Im Namen seines Chefs, des
Staatssekretärs des Innern, konnte Geheimrat Lewald dem Grafen Zeppelin
stete energische Unterstützung bei der Fortführung seiner Versuche zusichern.
Die Versuchsfahrt am Samstag mußte leider bald wieder aufgegeben
werden, weil an der Kühlvorrichtung des hinteren Motors sich eine Ver¬
schraubung gelockert hatte, an die man nicht herankommen konnte. Indessen
hielt sich und avancierte das Luftschiff mit nur einem Propellerpaar gegen
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böigen Wind von 7—9 Metern in der Sekunde leicht und sicher. Auch war
besonders bemerkenswert, daß sich das Fahrzeug vollständig stabil zeigte
in einer ohne Zweifel sehr unklaren Wetterlage, die durch starke vertikale
Luftströmungen charakterisiert wurde. Am Südufer des Bodensees stand
kräftiger Föhn, von Norden her kam frische Nordostbrise; an der Grenze
beider Luftbewegungen hielt sich das Luftschiff dauernd in einer Schicht,
die starke Wirbel enthalten haben muß. Wäre das Wetter nicht so drohend
und gewitterhaft erschienen, so würde Graf Zeppelin mit nur einem Motor
sein Tagesprogramm zur Durchführung gebracht haben.
Am Montag den 30. September wurden die Versuche mit einer 8 ständigen
Fahrt zum vorläufigen Abschluß gebracht. Die Fahrt ging zunächst in etwa
450 Meter Höhe in das Land hinein, nach Ravensburg, über Weingarten
hin und zum Bodensee zurück.
Hier wurde dann der See nach
rechts herum über Lindau, Bre¬
genz, Rorschach usw. bis fast nach
Konstanz hin umfahren, worauf
hin und zurück sich mannigfache
Übungen anschlossen, die die Steue¬
rung genau ausprobieren sollten. Es
ergab sich nun definitiv folgendes:
Die Seitensteuerung wirkt nicht
ganz so kräftig wie im vorigen Jahr.
Der Kurvenradius ist größer. Ins¬
besondere zeigt sich dieses, wenn
man nur mit den hinteren Propellern
gegen die Tendenz der Kreisel¬
bewegung eine Kurve nach links
beschreiben will. Da folgt das Luft¬
schiff etwas zu langsam.
Graf Zeppelin hat infolgedessen beschlossen, wieder eine Vergrößerung
der Seitensteuerung zu machen, die durch Fortnahme des vorderen Seiten¬
steuers stark reduziert war. Gleichzeitig auch ließ sich konstatieren, daß
durch die jetzige Lage des Seitensteuers zwischen den hinteren Stabi¬
lisierungsflächen eine leichte Stauvyirkung, besonders bei Umlegung der
Steuer hart nach Backbord oder Steuerbord, eintritt, die die Geschwindig¬
keit des Fahrzeugs etwas beeinträchtigt. Diese Beobachtungen u. a. veranlaßten
den Grafen, vorerst kleine Abänderungen vorzunehmen, bevor er an die
großen Dauerfahrten herantritt. Geradezu bewunderungswürdig funktionierte
dafür die Höhensteuerung. Nachdem man den See in einer Höhe von
etwa 100 Metern bei Wasserburg wieder erreicht hatte, machte man mehr¬
fach den glänzend gelungenen Versuch, sich bis in Höhen von 350—400 Metern
lediglich durch Drachenwirkung empor- und wieder ebenso bis auf
den Seespiegel hinabzubringen. Nach Angaben von Professor Hergesell
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Google
vermochte man ca. 50 Meter in der Minute hinaufzugehen und in etwa
20 Minuten eine ganze Phase des Auf- und Absteigens zu vollenden. Gas
wurde garnicht abgegeben, und Ballast hatte man nur ganz zu Anfang,
als man schnell für den Landflug eine gute Höhe erreichen wollte, in
energischer Weise ausgeworfen. Erst spät am Abend, als es nach 7 ständiger
Fahrt kühl und feucht wurde, gab man wieder etwas Wasserballast ab, was
aber in Anbetracht der beim wiederholten Hinaufklettern erlittenen Gasver¬
luste nur selbstverständlich erscheint. Als gegen l !28 Uhr nach mehr als
8 stündiger Fahrt das Luftschiff seine
Halle wieder aufsuchte, hatte es von
ursprünglichen ca. 500 kg Ballast noch
ca. 150 kg zur Verfügung. Das allge¬
meine Urteil besonnener Fachleute ging
dahin, daß man noch eine vielstün-
dige Fahrt hätte leisten können. Ohne
die Experimente mit der Höhensteue¬
rung wäre die Potenz des Fahrzeugs
natürlich noch weit besser gewesen,
was um so mehr bedeuten will, als
das Gas nach den mehrtägigen Übungen
durch Luftbeimischung schon recht
schlecht geworden sein mußte.
Alles in allem ergaben diese
Fahrten, daß Leistungsvermögen und
Steuerfähigkeit des Zeppelinschen Luft¬
schiffes schon jetzt erstaunlich genug
sind, um die Bedenken bezüglich des
Landens bei schwerem Wetter zum
erheblichen Teil zu zerstreuen, und
um die glänzendsten Perspektiven für
den Fortschritt der motorischen Luftschiffahrt uns zu eröffnen.
Die letzte Fahrt machte das Luftschiff am 8 . Oktober vor dem deutschen
Kronprinzen, dem König von Württemberg und dem Erzherzog Franz Salvator.
Vormittags 11 Uhr 37 Min. stieg das Luftschiff nur unter Benutzung der
Höhensteuer auf etwa 200 Meter und beschrieb über den fürstlichen Zu¬
schauern einen großen Kreis. Dann fuhr es dem Schweizer Ufer zu, kehrte
aber bald zurück und manövrierte etwa 1 Stunde lang mit Höhen- und
Seitensteuer um den Begleitdampfer. Die Landung erfolgte ebenso glatt
wie früher gegen 1 Uhr mittags. Dr. H. Eckener, Hamburg.
Die zweite Fahrt des Ballons „Ziegler“ nach England.
Von Dr. K. Wegen er.
Der Aufstieg erfolgte am 1. November in Rheinfelden bei Basel, von einem Werk
der Elektron-Gesellschaft zu Griesheim. Die Füllung nahm zwar 18 Stunden in Anspruch,
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444
ging aber glatt von statten, dank dem überaus liebenswürdigen Entgegenkommen der
Herren Dr. Pistor, Direktor Wagner und Dr. Hoffmann. Sie läßt sich in Zukunft er¬
heblich abkürzen. Zeitweise war die Gaszufuhr durch den unteren Ring des Füllansatzes
abgesperrt. Aus Sorge vor Taubildung im Innern des Ballons war ferner der ganze
Füllschlauch ausgelegt, um in diesem das Gas mit Luft zu kühlen und zur Wasser¬
ausscheidung zu bringen. Hierdurch wurde die Reibung vergrößert, ohne daß das
Verfahren, allem Anscheine nach, notwendig gewesen wäre. Die eiserne Rohrleitung,
welche das Gas zuführte, blieb jedenfalls bis zum Schluß ganz kalt, und dürfte in der kühlen
Nacht das Gas schon hinlänglich von dem mitgenommenen Wasser befreit haben. Die
Analysen, welche die chemische Fabrik Griesheim-Elektron zur Verfügung stellte, ergaben
folgendes Resultat:
31. Oktober
1. November
3 p. m.
6 p. m.
3 a. m.
6 a. m.
Vol.-°/o H . . .
97,60
97,30
96,60
97,50
> N . . .
1,90
2,14
2,69
1,98
» O . . •
0,60
0,66
0,71
0,52
Das Gas, welches demnach sehr rein war, wurde innerhalb der Rohrleitung untersucht,
bevor es in den Füllschlauch trat.
Während der ganzen Füllung wehte der in Rheinfelden fast regelmäßig zu er¬
wartende Ost bis Nordost, teilweise mit ca. 10 m per Sekunde, also recht frisch. Der
Füllplatz liegt auf einem nach der Fabrik und
dem Rhein abfallenden Plateau. Der Ballon
ist aber bis zur halben Füllung durch die über¬
ragenden Fabrikdächer geschützt. Einige Stark¬
stromleitungen sind zwar vorhanden, liegen
aber in der Höhe des Plateaus. Ein Schornstein
und ein Wasserturm in unmittelbarer Nähe (s.
Skizze) können bei der Abfahrt umgangen wer¬
den. Die Füllmannschaften, zum Hochlassen
selbst ca. 50 Mann, wurden von der Fabrik
gestellt. Der Abfahrtsplatz ist außerordent¬
lich günstig gelegen. Man kann es wohl un¬
verhohlen sagen, daß die Bilder, welche wir
in den ersten drei Stunden der Fahrt in so
unmittelbarer Nähe der Alpen sahen, die
schönsten blieben.
Der Ballon trug bei der Abfahrt Herrn
Böhm aus OfTenbach, welcher der Urheber der
ganzen Fahrt war, Herrn Sauerwein, den Ob-
Sklzze de« Füllplatze». servator der Meteorologischen Abteilung des
Physikalischen Vereins, welcher .als Gehilfe mit¬
ging, und den Unterzeichneten als Führer. An Ballast bekamen wir 45 Sack mit, die
allerdings nur zu etwa */ 3 gefüllt waren. Der Proviant war auf ein Minimum reduziert,
Getränke waren außer */* Liter Kognak nicht vorhanden; und $uf die Sauerstoffflasche war
auch verzichtet worden. Ich rechnete dabei, daß der Ballast für höchstens drei Tage
reichen werde ; die 52 ständige Fahrt hatte seinerzeit den Ballon an jedem neuen Tag
um ca. 1200 m höher gebracht, so daß man nicht höher als auf 4—5000 m kommen
brauchte.
In der Tat kam der Ballon am ersten Tage auf ca. 1200, am zweiten auf
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ca. 2500 m; erwägt man, daß wir bei dieser Fahrt in der ersten Nacht genötigt waren,
ins Gebirge zu gehen, wobei wir nachts auf ca. 2000 m stiegen, so wird man die
Übereinstimmung mit gutem Recht eine glänzende nennen können.
Die untenstehende Skizze zeigt die durchmessene Strecke. Bis Rappoltsweiler am
Fuß der Vogesen flog der wegen Aufgehens des Füllansatzes hastig, und infolgedessen
zu leicht abgewogene Ballon in einer oberen Schicht, dann brachten wir ihn am Nach¬
mittage des ersten Tages in die Bodenschicht, welche bis ca. 400 m reichte, und mit
immer zunehmender Geschwindigkeit die Vogesen entlang nach Süden zog. Sie dürfte
die unterste Schicht eines durch das Gebirge selbst erzeugten Hochdruckgebietes dar¬
gestellt haben. Am Südende der Vogesen ging abends, während ich schlief, der Ballon
einem der Mitfahrenden durch und trieb in der oberen Schicht rasch in die Vogesen
hinein. Mit der beabsichtigten Drift nach Süden, in möglichst große Nähe der Alpen,
war es nun vorbei. Wir trieben die Nacht hindurch in den Vogesen herum, im allge¬
meinen nach Norden, die Grenze entlang. Eine sichere Orientierung fanden wir an den
Hochöfen von St. Johann-Saarbrücken wieder. Bei Beginn der Dämmerung standen wir
über Trier an der Mosel. Nun trieben wir mit langsam zunehmender Geschwindigkeit
nach Nordwesten. In größerer Höhe fanden wir eine nach West-Süd-West strömende
Schicht; in ihr suchten wir uns möglichst lange zu halten, um so in «günstiger»
Richtung mit dem Unterwind auf die vor uns liegende See zu kommen.
Schon am Morgen nämlich war der Plan aufgetaucht, nach London zu fahren,
ohne daß sich allerdings zunächst übersehen ließ, ob der Gedanke ausführbar war.
Herrn Böhm war von Londoner Verwandten, als er gelegentlich von einer früheren
Ballonfahrt mit großer Freude erzählt hatte, im Scherz vorgeschlagen worden, er solle
die Verwandtschaft doch nächstens im Ballon besuchen. Herr Böhm hatte darauf beteuert,
daß er das tun werde. Nun bot sich Gelegenheit, den Plan zur Wirklichkeit zu machen,
und diesen Luftschifferstreich konnte man sich nicht entgehen lassen.
Über Belgien ging die Orientierung infolge unzureichenden Kartenmaterials ver¬
loren. Als die sinkende Sonne den Ballon dann wieder in die untere Strömung, die
nach Nordwesten ging, hinabfallen ließ, hatte es den Anschein, als ob wir noch nicht
weit genug nach Westen versetzt wären, um nach England hinüber zu können. Wir
meinten bei Mons (Belgien) zu stehen, in Wirklichkeit waren wir nahe Lille 1 ) (Frankreich).
') Hier hätte sich die von meinem Bruder, Dr. Alfred Wegener, ausprobierte Methode der astro¬
nomischen Ortsbestimmung mittels des Buscnschön’schen Libellenquadranten gut verwenden lassen.
Leider fehlt noch die Anleitung und eine zweckmäßige Tabelle, weil mein Bruder seit l 1 /* Jahren, bis
zum nächsten Herbst, sich mit einer dänischen Expedition in Nordostgrönland befindet.
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 57
Digitized by LjOOQLC
Jedenfalls schien es erforderlich, erst durch Anruf Orientierung zu schaffen. Nach vielen
Versuchen bekamen wir dann endlich auf die Frage «quel gouvernement* ? die erhoffte,
aber kaum mehr erwartete Antwort «Pas de Calais». Die weitere Fahrt vollzog sich
in der erdnahen, bis 800 m reichenden Schicht, welche im wesentlichen nach
Nordwesten strömte. Eine Stunde lang, bis zur Annäherung an die See, begleiteten uns
die unheimlichen, aber wohlgemeinten Warnungen der französischen Küstenbevölkerung:
«en bas, en bas, la mer», deren Tonfall deutlich genug die Aufregung der Rufer verriet.
Um 6 Uhr war es ganz dunkel, um 7 Uhr passierten wir die französische Küste, rechts
das Lichtermeer von Calais, links das Drehfeuer von Grisnez. Erst um 9 Uhr flogen wir
über das glänzende Lichtermeer von Folkestone hinweg, weil wir inzwischen wieder
vorübergehend in die obere Strömung gekommen waren. Der Ballon überflog dann noch
die breite Themsemündung und landete ca. 15 Minuten von einer Bahnstation der Midland-
Railway (Harlington) auf frischgepflügtem Acker um 126 Uhr früh am 3. November. Wir
hatten uns zur Landung lieber etwas von London entfernt, weil wir die elektrischen
Schnellbahnen und Straßenbahnen fürchteten; es war so dunkel, daß wir in 2 m Höhe
über dem Boden nicht erkennen konnten, ob wir uns über einer Chaussee oder einem
Wassergraben befanden. Der Mond war ja noch nicht aufgegangen, und die Bewölkung
hatte in den letzten Stunden rasch zugenommen.
Da die Fahrtrichlung günstig war, hätte es nahegelegen, den noch vorhandenen
Ballast (17 Sack) zur Weiterfahrt auszunutzen. Herr Böhm hatte aber nach 407*stündiger
Fahrt berechtigten Anspruch darauf, sein Privat-Interesse auch berücksichtigt zu sehen.
Nach der Landung schliefen wir eine Stunde auf dem Ballon; um ihn hierauf
ohne fremde Hilfe zu verpacken und uns dann nach London zu begeben. Als
wir mit dem Verpacken begannen, war es ganz bedeckt, und es begann leise zu
tröpfeln. Während der Fahrt selbst hatten wir wechselnde, aber meist hohe Bewölkung
gehabt, nur herrschte in den Vogesen und der Haardt Bodennebel, und ebenso an der
französischen Küste.
Man empfing uns in London mit einem Gemisch von Entrüstung und Vergnügen,
um uns dann weitgehendste Gastfreundschaft zu erweisen.
Das wissenschaftliche Ergebnis der Fahrt wird in der «Meteorologischen Zeitschrift»
veröffentlicht werden.
1. November
Ballastverbrauch:
9 a. m.Vorrat 45 Sack.
2 1 /« p. m. » 42 »
3 . > 417* *
4 » 40 »
4 3 /4.
»v«.
2. November 6 s /h a. m.
# 7 «.
10 .
17 * p. m.
5 .
6 ..
3. November 125 a. m.Landung
» 39 »
» 38 »
» 26 »
» 26 »
» 257* >
» 247* *
» 20 »
» 18 »
mit 17 »
Vogesen. Herr
S. führt.
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Flugtechnik.
Henri Farman und R. Esnault-Pelterie.
Bei meinem Aufenthalt in Paris im Oktober—November dieses Jahres
hatte ich Gelegenheit, die Fortschritte zu sehen, die in den letzten Jahren
die Aviatik erfreulicherweise gemacht hat.
Die ganze Entwicklung der Flugtechnik in Frankreich ist zwei Persön¬
lichkeiten in erster Linie zu verdanken, nämlich dem Ingenieur Ernest
Archdeacon und dem Artillerie-Hauptmann Ferber.
Der erstere regte durch Gründung einer flugtechnischen Sektion im
Aero-Club de France zur Aufnahme von praktischen Versuchen mit dem
Wrightschen Flugapparate an, die schließlich zur Entwickelung einer flug-
Phot. Rol & Cie., Paris.
Farmans Drachenflieger.
technischen Industrie in Paris geführt haben, die in erfreulicher Weise wächst,
wovon der Ruf der Firma Ed. Surcouf mit ihren Ingenieuren les fr er es
Voisin beredtes Zeugnis ablegt. Des weiteren spornte Archdeacon die
Praxis des Fliegens durch Stellung von Preisaufgaben an, die, mit be¬
scheidenen Anforderungen beginnend, heute nach dem ersten großen
Flugerfolg von Santos Dumont, der am 12. November 1906 220 m in
21 Sekunden durchflog, in der Lösung der Aufgabe gipfeln, mittels einer
Flugmaschine einen Kreis von mindestens 1 Kilometer Umfang zu umfliegen.
Der Preis hierfür besteht in 50 000 Frs., die Archdeacon unter Beteiligung
von Herrn Deutsch de la Meurthe, dem Petroleumkönig, dafür ausgesetzt hat.
Hauptmann Ferber andererseits hat, auf Lilienthals Versuche fußend,
gleich den richtigen praktischen Weg erfaßt, er hat Flugversuche gemacht,
jahrelang mit verschiedenen Apparaten, und die Erkenntnis der Bedeutung
des leichten Motors hat ihn schließlich veranlaßt, mit der Firma des
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Antoinette-Motors zusammen zu arbeiten, um auf diese Weise etwas mög¬
lichst Vollkommenes zu schaffen.
Archdeacon entwickelte zunächst auf seine Kosten sozusagen eine
flugtechnische Schule im Aero-Club de France, er fand Freunde, Anhänger
und Nachahmer. Die kleinen Erfolge im Schwebefluge, die zunächst schüchtern
ohne Menschen mit Hilfe des Automobils über dem Lande, später mit
Menschen über dem Wasser mit Hilfe von Motorbooten angestellt wurden,
führten schließlich Santos Dumont, den bekannten brasilianischen Sports¬
mann, zu dem kühnen Schritt, den Motor mit der Flugmaschine zu vereinigen
und praktisch zu erproben. Damit ist der Stein ins Rollen gekommen.
Unaufhaltsam wuchs die Schar derjenigen, die Geld und Zeit daran¬
setzen, es Santos Dumont nachzumachen, um seinen Erfolg, 220 m in der
Phot. Rol & Cie., Paris.
Farmans Drachenflieger: Die vorderen Steuer.
Luft zu fliegen, zu überlreffen. Wo mit einem Male so viele Köpfe mit
Verbesserungsvorschlägen sich der Sache als Sport annahmen, mußte
unfehlbar nach und nach ein Fortschritt eintreten.
Und der Fortschritt ist unbestreitbar vorhanden. Freilich muß ich
denen zustimmen, die da behaupten, er sei nicht den Flugtechnikern zu
verdanken, sondern den Amateuren, den Sportsmen.
Das Fliegen wird zurzeit als ein edler Sport aufgefaßt. Man trainiert
sich, um den Preis Archdeacon-Deutsch de la Meurthe von 50000 Frs.
zu gewinnen. Der Techniker tritt vollständig in den Hintergrund. Der
Sportsmann bestellt sich einen Flugapparat mit Motor, setzt sich hinein,
übt tagtäglich und läßt nach seinen praktischen Erfahrungen den Apparat
entsprechend abändern.
Digitized by
Google
So hat es der Engländer Henri Farman gemacht, welcher am
26. Oktober 1907 hintereinander Flüge von 350 m in 27 Sekunden, 410 m
in 31 Sekunden und 771 m in 52 Sekunden ausführte.
Das ist gewiß ein schöner aufmunternder Erfolg gewesen und die
Begeisterung in flugtechnischen Kreisen zu Paris war denn auch eine dem
Erfolge angemessene.
Auf dem Manöverfelde von Issy-les-Moulineaux befinden sich jetzt
bereits drei größere Holzschuppen ziemlich nahe bei einander, welche die
Drachenflieger von Farman, Bleriot und Professor Reißner bergen.
Der Drachenflieger von Farman ist nach dem Prinzip von Chanute-Wright
gebaut von den Gebrüdern Voisin. Er hat eine Tragfläche von 30 qm,
eine Spannweite von Phot. Roi & Cie., Paris.
10 m, der 8 Zylinder-
Antoinette - Motor von
50 Pferdestärken treibt
eine zweiflüglige
Schraube von 2 m
Durchmesser, die an¬
geblich 2200 Touren
in der Minute machen
kann. Das Gewicht des
Flugapparates beträgt
etwa 250 kg. Farman
hat mit der Firma, die
ihm den Apparat gebaut
hat, eine Abmachung
dahin vereinbart, daß
er bereit sei, ihr 22000
Frs. zu zahlen, nach
dem sich gezeigt hat,
daß er in der Flugma¬
schine einen geschlossenen Kreis von 1500 m Länge fliegen kann.
Alle Versuche, die nun täglich von Farman unternommen werden,
haben daher das Ziel vor Augen, sich in einer geschlossenen Kreisfläche
fliegend zu bewegen.
Ich habe zwei Versuchen von Farman persönlich beigewohnt, am
28. Oktober und am 8. November. Vorweg möchte ich bemerken, daß der
Eindruck, den dieselben auf mich gemacht haben, ein in jeder Beziehung
günstiger war. Man darf aber nicht mit Ansprüchen an solche schwierigen
Aufgaben, wie sie der Flugsport bietet, herantreten, die der verständnislose
Laie sich in seiner Phantasie ausgemalt hat. Von einem Fliegen im Sinne
seiner praktischen Verwertung sind wir immer noch sehr fern, aber wir
können uns Glück dazu wünschen, berufen zu sein, einen solchen idealen
Wunsch zu entwickeln. Daran aber kann der unparteiische Beobachter
Digitized by LjOOQLe
nicht mehr zweifeln, daß wir heute die Anfänge der Entwickelung eines
vollendeten Fluges vor uns sehen, und wenn nicht alles täuscht, so müssen
wir bei dem lawinenartig anwachsenden Interesse für die Sache auch bald
zu recht erfreulichen Resultaten kommen. Aber wir müssen vorsichtig zu
Werke gehen, die Versuche sind, wie sich schon mehrfach gezeigt hat,
nicht ganz ungefährlich. Lilienthal, Pilcher, Maloney haben bereits als
Märtyrer für die Fliegekunst ihr Leben eingebüßt.
Der Apparat Farman gleicht eigentlich einem sehr leicht gebauten
mit Drachenflächen, Horizontal- und Verlikalsteuer versehenen Selbstfahrer.
Bei einer gewissen Geschwindigkeit wird die Auftriebskomponente so stark,
daß der Apparat sich erhebt. Bei Farmans Apparat erhebt sich zunächst
sehr bald der hintere Kasten und lange Zeit noch beobachtet man das
Hauptgestell mit seinen beiden Rädern auf dem Erdboden rollen, bis ein
Phot. Kol & Cie., Paris.
L _ i v_2L
— -— _ ■*;-« _ _
■ ■ m ~ _ ^
Drachenflieger Esnault-Polterte von vorn.
leichtes seitliches Pendeln der großen Tragflächen allmählich beweist, daß
sich nunmehr der gesamte Flugapparat vom Boden losgelöst hat.
Am 28. Oktober sah ich, wie Farman bis zu einer Höhe von etwa
6 m aufflog und hier eine Drehung nach rechts versuchte; dabei schwankte
der Apparat, indem sich die linke Flügelfläche hob, die rechte senkte, in
gleicher Weise wie man es bei Krähen in der Natur beobachten kann, wenn
sie gegen Wind anfliegen, nicht gegen ankommen und sich eine Strecke
rückwärts treiben lassen. Auch an diesem Nachmittage war es etwas windig.
Farman, wahrscheinlich um das Gleichgewicht besorgt, ging sofort herunter
und stieß, da sein Apparat natürlich keine Zeit gehabt hatte, sich wieder
auszubalancieren, mit dem rechten Rade zuerst auf den Erdboden, das hier¬
bei stark verbogen und unbrauchbar wurde. Der Flugapparat hatte im
übrigen keine Havarie weiter erlitten, am Gestell war nichts verbogen.
Am 8. November beobachtete ich den ersten größeren Wendeversuch
Farmans. Er blieb diesmal ganz dicht über dem Erdboden und es gelang
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ihm in der Tat, einen Bogen nach links von etwa 300 m Länge gegen Ende
seines Versuchs zu fliegen. Der Fleiß und die Energie dieses kühnen
Sportsman, sein methodisches Vorgehen im Flugtraining bringen mir daher
keine Überraschung, wenn ich jetzt lese, daß er am 9. November einen
Flug von 400 m Länge mit zwei Wendungen und schließlich von 900 m
Länge in Form eines U vollführt habe in Höhe von etwa 3 m über dem
Erdboden, wobei bei der Wendung der Drachenflieger sich sehr wenig nach
der inneren Seite geneigt haben und danach, seine horizontale Lage wieder
eingenommen haben soll. Die Flugdauer soll im letzten Falle 1 Minute
14 Sekunden gedauert haben. Besan^on berechnet unter Zugrundelegung
der wahrscheinlichen Geschwindigkeit von 14 m p. sec. danach eine durch¬
flogene Weglänge von 1036 m; Farman steht also, sobald er die genügende
Gewandtheit sich angeeignet hat, diese Entfernung innerhalb eines ge¬
schlossenen Kreises zurückzulegen, nahe vor dem Gewinn des Preises
Phot. Rol & Cie., Paris.
Esnault-Pelterles „Papilion“ beim Darohfahren des „Crou Salb“ bei Buo.
Archdeacon-Deutsch de la Meurthe und vielleicht, wenn diese Zeilen gedruckt
sind, hat er dieses Resultat bereits erreicht. 1 )
Nicht weniger lehrreich war der Versuch des Franzosen Robert Esnault-
Pelterie, dem ich am 26. Oktober zu Buc beiwohnen durfte. Es macht
Freude, hier einen Ingenieur zu sehen, der nach eigenen Ideen seinen Flug¬
apparat und seinen Motor so einfach als möglich gebaut hat.
Pelteries Apparat hat nur zwei einfache Flügelflächen mit gekrümm¬
tem Querschnitt, wie Lilienthal sie empfahl, die sich an einem spindel¬
förmigen Körper rechts und links ansetzen. Die vierflüglige Schraube be¬
findet sich vorn dicht am Motor, die Schwanzfläche hinten. Die Tragfläche
hat 16 qm, der Mittelkörper ist auf einem Gestell mit 2 Rädern montiert,
an den Enden der Flügel befindet sich je ein kleineres Rad, um diese vor
dem Schleifen auf dem Erdboden zu bewahren.
>) Ara 18. November hat Farman einen Umflug versucht, kam jedoch nicht fliegend, sondern fahrend
durch die Startlinie und setzte während des Umfluges zweimal auf dem Erdboden auf; der Umflug ist
für Erringung des Preises ungültig.
Digitized by ^.ooQle
Der Motor Pelteries stellt einen ganz neuen Typ vor, der mir sehr
gut gefallen hat. Die 7 Zylinders tehen nicht V-förmig wie beim Antoinette¬
motor, sondern sind vielmehr fächerförmig in zwei Gruppen oben um die
Achse angeordnet. Vielleicht mit gutem Erfolge werden hierdurch die
Störungen beseitigt, über deren plötzliches Eintreten bei allen anderen
Motoren bisher geklagt wurde. Der Motor hat 30—35 Pferdestärken, 47,5 kg
Gewicht, verwendungsbereit mit Schraube, Lagern usw. 60 kg.
Die ganze Flugmaschine wiegt nach Angabe Esnault-Pelteries 240 kg.
Das Feld zu Buc, auf dem der Schuppen Esnault-Pelteries sich befindet,
liegt südlich von Versailles, weit ab von Paris. Es scheint sowohl dadurch,
daß es erlaubt, ziemlich ungestört zu arbeiten, recht günstig zu sein, anderer¬
seits fällt das Gelände auch von dem Schuppen nach einem in der Nähe
befindlichen See sanft ab und erleichtert damit ungemein den Anlauf zum
Flug nach dieser Richtung. Der Apparat flog am 26. Oktober bei seiner
ersten Vorstellung sehr leicht und elegant in einer Höhe bis zu etwa 6—7 m
in einer Entfernung von etwa 150 m. Dabei fiel mir auf, wie die Flügel¬
enden unter der Last der Räder etwas in Schwingungen gerieten, die bei¬
nahe den Eindruck kurzer Flügelschläge machten. Beim Niedergehen brach
leider die Hauptstange des linken Flügels, der Versuch mußte damit abge¬
schlossen und erst eine Reparatur vorgenommen werden. Die Ursache
dieses Bruchs schien mir darin zu liegen, daß die Maschine zu spät gestoppt
und die Reaktion der Luft am Erdboden von der nach rechts rotierenden
Schraube den rechten Flügel gehoben hat, sodaß nun der Apparat sich nach
links neigte und beim Aufsetzen auf das linke Rad die Elastizitätsgrenze und
die Bruchfestigkeit der starken Rippe des linken Flügels überschritten wurde.
Der Apparat Esnault-Pelterie erinnert lebhaft an die Flugmodelle
unseres deutschen Aviatikers Wilhelm Kreß. Er ist so einfach und flog
so stabil, daß ich ihm, gegenüber dem nach der Hargravedrachen-Methode
konstruierten Farmanapparat, doch den Vorzug geben möchte.
Die Zukunft wird uns bald lehren, mit welchem man besser und
sicherer fliegt. Auf jeden Fall verdienen derartige Versuche heutzutage auch
bei uns in Deutschand nicht nur Beachtung, sondern zielbewußte Nacheiferung.
In dieser Beziehung aber freue ich mich, aus den zahlreichen mir
zugegangenen Zuschriften alter und neuer Flugtechniker zu ersehen, daß
dieses Streben an vielen Orten zugleich im Gange ist. Hoffen wir, daß
auch unsererseits bald der Welt verkündet werden kann: «Tausend Meter
durch die Luft geflogen!» Hermann W. L. Moedebeck.
Die Gleitflüge von Ingenieur Wels.
Von Dr. Raimund Ninifiihr (Wien).
Im Januar-Hefte der «I. A. M.» habe ich bereits über einen neuen
Motorgleitflieger von Elrich-Wels ausführlicher berichtet. Es wurde* darauf
hingewiesen, daß der Apparat infolge seiner eigentümlichen Flächenform und
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deren Wölbung sich durch große Stabilität auszeichnet. Durch zahlreiche
Versuche mit einem großen, 6 m klafternden Modell, das durch Sandsäcke
belastet wurde, war die völlig automatische Stabilität der Wels’schen Fläche
erwiesen.
Um nun auch die Stabilitätsverhältnisse des großen Apparates, der zum
Tragen eines Menschen be¬
stimmt ist, zu erproben,
führte Herr Ingenieur Wels
in der ersten und zweiten
Oktoberwoche eine Reihe
von Gleitflügen aus. Die Ver¬
suche verliefen alle ohne
den geringsten Zwischenfall
und ergaben Gleitlängen bis
über 200 m mit einer mitt¬
leren Geschwindigkeit von
13 bis 14 m p. s.
Die Gleitflüge wurden
in der Weise durchgeführt, Flieger Etrioh-weis im eieitnug.
daß man den Apparat mit¬
tels eines leichten Wägelchens über einen Abhang hinabrollen ließ. Sowie
die Schwebegeschwindigkeit erreicht war, hob der Apparat sich vom Wä¬
gelchen ab und der Gleitflug begann. Die Landung erfolgte auf Schlitten¬
kufen. Der Führer
stand aufrecht in
Fechterstellung, so
daß der halbe Ober¬
körper über die Trag¬
fläche hervorragte.
Mit den Händen hielt
er einen rings um ihn
laufenden Holzring.
Die Dimensio¬
nen der Tragfläche
sind: Größe 38 qm;
Breite 3.6 bis 5 m.
Die Fläche klaftert
10 m und wiegt samt
Rahmengerüste und
Schlittenkufen 164
kg. Das Gewicht des Führers ist 63 kg; die Gesamtbelastung betrug dem¬
nach 227 kg. Der Gleitwinkel wird zu 7—8° angegeben.
Am L 2. Oktober führte Herr Ingenieur Wels drei Gleitflüge aus, die
folgende Längen hatten: 150, 180 und 225 m. Am 8. Oktober wurden
Illastr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 58
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vier weitere Flüge unternommen, die 200 m nicht überschritten. Die Sta¬
bilität war bei allen Flügen vortrefflich.
Nach diesem günstigen Erfolge der Gleitflüge wird ein 24 P. S. Antoinette-
Motor in den Apparat eingebaut, der zwei Paare von zweiflügeligen Luft¬
schrauben betätigen soll. Die Schrauben laufen in Ausschnitten der Trage¬
fläche. Dadurch wird der Gleitflieger zum Motorflieger umgewandelt. Im
Prinzip ist die Wirkung des Motorgleitfliegers natürlich identisch mit dem
gewöhnlichen Drachenflieger. Der Name Motorgleitflieger soll nur einen
Hinweis auf die Entwickelungsgeschichte des Apparates geben. Als Motor¬
flieger wird der Apparat sich auch beim Anlauf auf ebener Erde vom Boden
abheben müssen, sowie die Schwebegeschwindigkeit erreicht ist. Es wird
sich zeigen, ob die beiden Schrauben genügen, um dem Apparat die Schwebe¬
geschwindigkeit zu erteilen.
Die Fortsetzung der Versuche soll in Wien erfolgen, wohin der Apparat
von Trautenau transportiert wurde.
Man darf auf die Ergebnisse der ersten Versuche mit Motorantrieb
gespannt sein. Wenn es gelingt, die Schwebegeschwindigkeit zu erzielen,
dann darf man auch auf die Möglichkeit weiter Flüge sicher rechnen, da
die Drachenfläche automatische Stabilität besitzt und es darum dem Flieger
von Wels wohl nicht so gehen wird, wie den zahlreichen französischen Flug¬
technikern, die ihre Drachenflieger nur kurze Strecken vom Boden losbringen.
Nach Zurücklegung von ein paar 100 m sitzen sie aber schon wieder auf
der Erde, wobei der Apparat meist arg zertrümmert wird.
Die Versuche unseres Landsmannes werden ein experimentum crucis
für das Drachenflieger-System überhaupt sein; denn wenn dieser in der
ganzen Architektonik und in der Detailkonstruktion wohl vollkommenste
Drachenflieger, der je gebaut wurde, nicht reüssiert, dann wird es wohl an
der Zeit sein, daß die Flugtechniker den Drachenflieger aus ihrem Evangelium
endlich ganz streichen und ihre Kräfte an eine aussichtsvollere Type
wagen.
Die kolossale Gleitgeschwindigkeit bei den Wels’schen Gleitflügen und
deren relativ geringe Gleitweite macht mich wohl einigermaßen stutzig,
dazu noch der relativ große Gleitwinkel von 7—8°. Die Flächenbelastung
des Apparates betrug fast genau 6 kg pro 1 qm der Tragfläche und trotz
dieser relativ geringen Flächenbelastung erreichte die Gleitgeschwindigkeit
so erhebliche Werte (zwischen 13 und 14 m p. s.). Rechnet man die Auf¬
triebswerte für die angegebenen Daten nach den LilienthaPschen Luft¬
widerstandsformeln, so erhält man Zahlenwerte, die über mal so groß
sind, als das Gesamtgewicht des gleitenden Systems betrug. Man könnte
daraus den Schluß ziehen, daß die Wels’sche Fläche nur ein geringes
Schwebevermögen besitzt. 1 ) Die Versuche mit dem Motor-Apparate werden
erst zeigen, ob ein derartiger Schluß berechtigt ist oder nicht.
‘) Nach den persönlichen Informationen von seiten des Herrn Ingenieur Wels über die näheren
Details der Durchführung der Gleitversuche scheint mir eine derartige Annahme nicht zutreffend. R. N.
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455 «444
Es ist außerordentlich erfreulich, daß endlich einmal in deutschen
Landen wieder ernstlich auch auf flugtechnischem Gebiete gearbeitet wird.
Die flugtechnischen Arbeiten von M. Blöriot.
Im Jahre 1900 hat Bleriot angefangen, sich für die Flugtechnik zu interessieren
und, wie viele Anfänger, hat er zuerst geglaubt, die Lösung der Aufgabe durch Nach¬
ahmung der Natur zu erreichen. Sein erstes Modell war ein Vogel mit schlagenden
Fig. 1. — Blöriote Drachenflieger 1905 Um Vordergrund).
Flügeln, die nur eine auf- und niedergehende Bewegung ausführten, wobei der Flügel¬
aufschlag durch automatische Klappenventile erleichtert wurde. Als Kraftquelle diente
ein Kohlensäuremotor. Das Modell gab keinerlei Resultate und Bleriot unterließ weitere
Versuche, da er einsah, daß sie verfrüht waren. Aber er verfolgte aufmerksam alle
Experimente, im besonderen meine Versuche im Schwebeflug, und schloß sich 1905 an
meinen Schüler Voisin an, mit dem er eine Werkstatt für die Konstruktion von Flug¬
maschinen gründete. Nicht wenige haben in diesem Augenblick den Kopf geschüttelt
und gelächelt — aber damit hatten sie Unrecht. Die Werkstatt wird heute von den
Brüdern Voisin geleitet und baut wenigstens eine Flugmaschine pro Monat!
Bleriot ließ nun 1905 einen Drachen¬
flieger (Fig. 1) vom Typ des Hargrave-Drachens
bauen und ihn im Schlepp eines Motorbootes
auf der Seine versuchen. Der Flieger, mit Voi¬
sin bemannt, kippte, verschwand in den Flu¬
ten und Voisin rettete sich mit knapper Not
vor dem Ertrinken. Alle Zeitungen brach¬
ten diese Tatsache sehr ausführlich, aber
sie schrieben sie immer Archdeacons Flie¬
ger zu. 1 ) Es existiert eine sehr hübsche
kinematographische Aufnahme, die diese Fig. 2. — Blöriots Drachenflieger 1906.
*) Vgl. „I. A. M.“ 1906, S. 346 (Red.).
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Katastrophe festgehalten hat. 1 ) Dieser Unfall bewies übrigens nichts gegen den Flieger,
er bewies einfach, daß der Drachen quer zur Windrichtung geschleppt wurde, und auf
einem Flusse ist es natürlich schwer, ihn jederzeit richtig zu schleppen.
Das Jahr 1900 (Fig. 2) ließ einen neuen Drachenflieger erstehen, wieder vom Typ des
bewährten Hargrave-Drachens; jedoch hatte die Vorderzelle eine elliptische Form. Blöriot
baute in den Flieger zwei
Antoinette-Motoren von 24
P. S., welche zwei seit¬
liche Schrauben trieben, und
brachte ihn am See Enghien
unter, um zuerst seine Ver¬
suche auf dem Wasser fort¬
zusetzen. Er hatte aber
sehr viele Schwierigkeiten
zu überwunden, ehe er mit
den Schrauben zurechtkam,
und er mußte mehrere Male
sow r ohl die Schrauben, als
auch die Zahnradüberset¬
zungen ändern. Schließlich
gaben die Schwimmer, auf
denen der Flieger ruhte.
Fig. 3. - Blörlots Drachenflieger III. eine §0 gmße Bugwelle ? daß
die genügende Geschwindigkeit zum freien Fluge in der Luft nicht erreicht werden
konnte.
Seine Versuche veranlaßten ihn, auf den Zellentyp zu verzichten, und Anfang
dieses Jahres baute er einen einflächigen Apparat, mit einem langen Schnabel ohne
Sclnvanz, der durch eine direkt von einem 24 P. S.-Antoinette-Motor angetriebene Schraube
bewegt w r erden sollte (Fig. 3). Bleriot verzichtete jetzt darauf, seinen neuen Apparat
durch andere versuchen zu lassen, sondern hielt es für seine Pflicht, ihn selbst zu führen.
Nach einigen gelungenen
Vorversuchen in Bagatelle
glückten ihm mehrere Male
Sprünge von einigen Me¬
tern. Aber dem Flieger
fehlte Längsstabilität, weil,
meiner Ansicht nach, die
Druckwirkung vorn nicht
durch einen Schwanz aus¬
geglichen war. Auch dieses
System verließ Bleriot und
ließ sich nun einen Flieger
vom Type Langley (Fig. 4)
bauen. Der neue Apparat
wiegt 300 kg, hat 18 qm
Tragfläche und ist mit einem
Antoinette - Motor von 24
Fig. 4. - Bliriot. Drachenflieger IV. p s ausgerüstet, der eine
Schraube von 1,(10 m Durchmesser und 0,90 m Steigung dreht.
BRriot hatte mehrfach dieses Modell mit einer Schraube von 1,30—1,40 m Steigung
versucht, ohne daß es ihm gelang, sich damit in die Luft zu erheben, und er war gerade
dabei, einen neuen, größeren Flieger bauen zu lassen, als er mich aufsuchte. Ich setzte
’) Aufgenommen von Gaumout, 5 Rue St. Roch, Paris.
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ihm auseinander, daß sein Motor unmöglich eine Schraube von so großer Steigung mit
genügender Geschwindigkeit drehen kann, und daß dabei ein großer Teil der Motorarbeit
verloren ginge. Nun setzte er die Steigung herab bis auf 90 cm, und nun glückte es
ihm, am 12. Juli auf dem Exerzierplatz von Issy aufzufliegen und in einer Höhe von
etwa 1 m über dem Boden 30 m mit bemerkenswerter Seitenstabilität zurückzulegen.
Am 15. Juli, abends 6 Uhr nahm er seine Versuche wieder auf. Bei einem Winde
von ca. 6 m p. sec. durchflog er 80 m mit etwa 12 m p. sec. Geschwindigkeit. Dabei war
die Seitenstabilität wieder ausgezeichnet, aber die Längsstabilität ließ von Anfang an
zu wünschen übrig uud wurde gegen Ende des Aufstiegs noch schlechter. Der Flieger
war vorn zu wenig belastet und bäumte nach und nach auf. Dadurch wuchs der Ein¬
fallswinkel des Windes, die Geschwindigkeit verminderte sich demgemäß, wurde schlie߬
lich Null und beendete so den Aufstieg. Es unterliegt keinem Zweifel, daß B16riot das
Aufbäumen durch entsprechendes Einstellen des Höhensteuers hätte vermeiden können.
Aber die Abhilfe des Fehlers ist einfach, er braucht nur die Spitze seines Fliegers etwas
mehr zu belasten, was schnell gemacht ist. B16riot kann auf dies Resultat stolz sein,
das seine Ausdauer so glänzend belohnt hat, er hat mit seinem Apparat gute Aussichten,
den Preis Deutsch-Archd6acon zu gewinnen. Capitaine F erb er.
<K
Aeronautische Vereine.
Die Aufgaben der deutschen Luftschiffer-Vereine.
Von Dr. K. Bamler, Essen.
Der größte Preis, der bisher für Wettfahrten von Kugelballons gestiftet worden ist,
der Gordon-Bennett-Pokal, ist durch Herrn Oscar Erbslöh-Elberfeld am 21. Oktober
für Deutschland erobert worden. Sind durch diesen Sieg schon weite Kreise unseres
Vaterlandes für den Luftsport interessiert worden, so dürfte dies noch mehr dadurch
geschehen, daß im kommenden Jahre dieser Pokal von neuem durch eine Wettfahrt
erobert werden muß, die das Land des Siegers, also diesmal Deutschland, einzurichten
hat.
Zwar ist es nicht die erste derartige Wettfahrt, die in Deutschland stattfindet, —
ich erinnere nur an die Wettfahrten von Berlin am 14. Oktober 1906, Mannheim am
19. Mai 1907 und Düsseldorf am 8. und 9. Juni 1907. Aber diese Veranstaltungen waren
mehr national als international und haben verhältnismäßig wenig Eindruck auf die große
Menge gemacht, die den Luftsport nach wie vor für recht abenteuerlich hält. Daß er
nebenbei auch recht beachtenswerte wissenschaftliche und nationale Bedeutung hat,
möchte ich in folgendem kurz skizzieren:
Als vor 26 Jahren der „Deutsche Verein zur Förderung der Luftschiffahrt“ ge¬
gründet wurde — der jetzige Berliner Verein —, da geschah dies mit der ausgesprochenen
Absicht, die Bestrebungen zu fördern, welche die Luftschiffe lenkbar machen sollten.
Es wurde in der Beziehung sehr wenig erreicht, denn es fehlte an Geld und an den
nötigen Maschinen. Der Verein wurde eigentlich erst lebensfähig, als er unter der
Führung seines Vorsitzenden, Geheimrat Dr. Aßmann, von seinem ursprünglichen Plane
abwich und sich der Förderung der wissenschaftlichen Luftschiffahrt zuwandte. Für
diese war durch die Erfindung des Aßmannschen Aspirations-Psychrometers eine neue
Aera angebrochen und der Verein widmete sich diesen Forschungen mit großem Eifer.
Durch Stiftungen und kaiserliche Geldspenden kam er in die Lage, sich Ballons für
Freifahrten anzuschaffen, und die zahlreichen Fahrten, die im Dienste der Wissenschaft
damit unternommen wurden, sind weltberühmt geworden. Die ersten Führer waren die
Offiziere des Luftschiffer-Bataillons, aber allmählich bildete sich auch unter den Mit¬
gliedern des Vereins ein Stamm von tüchtigen Führern aus. Dadurch wurde aber nun
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bei diesen naturgemäß die Freude an dem einzig schönen Luftsport geweckt, und daß
der Wunsch unter den andern Mitgliedern des Vereins laut wurde, ebenfalls die Schön¬
heiten einer Ballonfahrt kennen zu lernen, ist leicht erklärlich. Die sportliche Ballonfahrt
ist es denn auch, welche nicht nur den Berliner Verein groß und stark gemacht hat,
sondern auch all die anderen deutschen Vereine hat erstehen lassen. Dabei haben aber
alle diese Vereine ihre ursprüngliche höhere Aufgabe, nämlich die Förderung der wissen¬
schaftlichen Luftschiffahrt, nicht vergessen, sondern erfüllen diese nach Kräften durch
Beteiligung an den internationalen wissenschaftlichen Aufstiegen.
Vielfach ist der Laie der Ansicht, daß diese Beteiligung der Vereine gänzlich
wertlos sei, da die Fahrten derselben meist nur einige tausend Meter hoch hinaufgehen
und selten 5000 Meter überschreiten werden. Nach seiner Ansicht sind die meteoro¬
logischen Verhältnisse dieser Höhenschichten genügend erforscht, und nur das Hochlassen
unbemannter Ballons bis zu großen Höhen hat heute noch Wert. Man bemüht sich aber
jetzt gerade, die meteorologischen Verhältnisse der unteren Luftschichten recht genau
kennen zu lernen, dazu läßt das Königlich Preußische Aeronautische Observatorium zu
Lindenberg in der Mark täglich Drachen mit Registrierinstrumenten steigen oder, wenn
nicht genügend Wind ist, diese zu heben, benützt es kleine Ballons dazu. Dasselbe tut
die Seewarte in Hamburg und demnächst eine von Prof. Dr. Hergesell mit Hilfe der den
Bodensee einrahmenden Staaten ins Leben gerufene Station, die Drachen durch die
Bewegung von Motorboten hochheben will. Das Ideal der Meteorologen wären natürlich
dauernde Stationen in der Höhe, aber dazu haben sich bisher noch keine Hilfsmittel
gefunden. Natürlich befriedigt auch die genauere Kenntnis der Verhältnisse in den
unteren 5—6000 Metern auf die Dauer nicht, aber zu höheren täglichen Vorstössen
reichen die Mittel nicht aus. Deshalb begnügt man sich einstweilen damit, an den so¬
genannten internationalen Tagen mit Hilfe der Registrierballons möglichst große Höhen
zu erreichen. Dabei kommt es dann darauf an, eine möglichst große Anzahl gleich¬
zeitiger Aufstiege an möglichst vielen Stellen der Erde zu veranstalten, um so ein Bild
von der Verteilung der meteorologischen Faktoren zu erhalten. Hat man aber an diesen
Tagen nicht die Mittel, Registrierballons steigen zu lassen, so ist es durchaus nicht un¬
nütz, bemannte Ballons bis in mäßige Höhen steigen zu lassen, denn werden z. B. an
20 Stellen Messungen bis 4000 Meter Höhe erreicht, davon an 10 Stellen solche bis zu
10 000 Meter, so kann man durch Vergleich mit ziemlicher Genauigkeit sich ein Bild von
den meteorologischen Verhältnissen über allen Aufstiegpunkten bis zu 10000 Meter Höhe
herstellen. Außerdem werden die Notizen der Registrierballons durch die Beobachtung
der bemannten Ballons dauernd kontrolliert.
Hieraus geht der Wert der Beteiligung der Vereine an den wissenschaftlichen
Forschungen wohl zur Genüge hervor. Wertvoller wäre es natürlich, wenn sie sich auch
an der Erforschung der höchsten Luftschichten durch Registrierballons beteiligen könnten,
und weil das lediglich eine Geldfrage ist, so halte ich die Möglichkeit einer solchen
Beteiligung bei dem Aufblühen der Vereine für die Zukunft durchaus nicht für ausge¬
schlossen.
Nicht minder wichtig sind die Dienste, welche die Luftschiffervereine mit ihren Führern
und ihrem Ballonmaterial im Kriegsfälle dem Vaterlande leisten können. Ich brauche nur an
die Belagerung von Paris im letzten Kriege zu erinnern; nachdem die Festung vollständig
eingeschlossen war und unbedingt eine Verständigung mit der in Tours befindlichen
Regierung und den in der Provinz stehenden Truppen hergestellt werden mußte, wurde
ein richtiger Ballondienst eingerichtet. Nicht weniger als 66 Ballons, bemannt mit 168
Personen, verließen die Festung. Außerdem trugen dieselben 409 Brieftauben und 9000 kg
an Briefen und Depeschen heraus, 59 von diesen Ballons haben ihren Auftrag richtig
erfüllt, 5 fielen in die Hände des Feindes, 2 sind verschollen, also wahrscheinlich ins
Meer gefallen. Bekannt ist besonders die Fahrt Gambettas, der am 7. Oktober mit
seinem Sekretär Paris verließ, um in der Provinz ein neues Heer zu organisieren.
Würde Paris heute noch einmal von einer feindlichen Armee eingeschlossen, so ständen
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dem Militärkommando nicht weniger als 104 Privatballons des A6ro-Club de France zur
Verfügung und 4 große Ballonfabriken könnten die fortgeflogenen Aerostaten sofort durch
neue ersetzen. So haben auch die deutschen Vereine ihr Ballonmaterial dem Kriegs¬
minister zur Verfügung gestellt, und zahlreiche erprobte Führer haben sich bereit erklärt,
sich in eine Festung einschließen zu lasseij und gegebenenfalls einen Ballon aus
derselben herauszuführen. Gerade für diese Fahrten sind die sportlichen Wettfahrten
ausgezeichnete Vorübungen, da sie sich immer durch eine Nacht hindurch ausdehnen,
und das Auflassen von Ballons zu Kriegszeiten der Sicherheit halber wohl immer in der
Nacht erfolgen wird.
Hand in Hand mit diesen Fahrten wäre es zu empfehlen, der Pflege und Aus¬
bildung der Brieftauben mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, wie dies bisher geschehen
ist. Es sollten möglichst bei jeder Ballonfahrt Brieftauben mitgenommen werden, be¬
sonders von den Vereinen, die ihre Fahrten von Festungen aus veranstalten. Von den
409 aus Paris aufgelassenen Tauben kehrten nur 57 wieder zurück, trotzdem haben diese
wenigen Tierchen 100 000 Staatsdepechen und 1000 000 Privatnachrichten in die be¬
lagerte Stadt hineingetragen. Diese kaum glaublich erscheinende Anzahl wurde auf fol¬
gende Weise erzielt: Eine große Anzahl von Depeschen, Briefen oder Drucksachen wurden
auf einer großen Tafel aufgeklebt und dann mit einem sehr scharf zeichnenden Objektiv
aus großer Entfernung auf lichtempfindlich gemachte Kollodium häutchen photographiert.
(Näheres über diese Art der Photographie siehe A. Hildebrandt, Die Luftschiffahrt, S. 393.)
Auf diese Weise brachte der Franzose Dagron auf ein Häutchen, das im trockenen Zu¬
stande 1 gr wog, 8,6 Millionen Buchstaben. Jede Taube wurde mit 20 solcher Häutchen
belastet abgeschickt, die in der Festung angelangten Häutchen wurden zwischen
zwei Glasplatten gelegt und die Schrift mit Hilfe von Projektionsapparaten wieder ent¬
sprechend vergrössert, sodaß die Nachrichten von Schreibern abgeschrieben und den
Adressaten zugestellt werden konnten.
Aus diesen Daten ergibt sich die Bedeutung gut ausgebildeter Brieftauben für den
Kriegsfall. Der Niederrheinische Verein für Luftschiffahrt resp. zwei seiner Mitglieder,
die Herren Gebrüder Flöring-Barmen, sind den anderen Vereinen mit gutem Beispiel in
der Ausbildung von Brieftauben für Ballonfahrten vorangegangen, und haben ausgezeichnete
Ergebnisse erzielt. Von 109 Tauben, die bei 29 Ballonfahrten mitgegeben wurden, sind
103 zurückgekehrt — man vergleiche den enorm guten Prozentsatz gegenüber den schlecht
ausgebildeten Pariser Tauben —, von den fehlenden 6 sind 2 nachweislich unterwegs
getötet und nur 4 kamen bei großer Kälte in Holland um. Ein glänzendes Resultat, das
der Nacheiferung wert ist.
Für all die angeführten Aufgaben der Vereine bilden nun die Wettfahrten die
Prüfsteine für die Führer. Sie können bei diesen Gelegenheiten beweisen, daß sie ihr
Ballonmaterial gut kennen und die Gesetze, nach denen der Ballon in der freien Atmo¬
sphäre sich bei den verschiedenen Wetterlagen bewegt. Sie können zeigen, daß sie in
der Lage sind, die Richtung und Stärke der verschiedenen Luftströmungen schnell zu
erkennen und ihren Aerostaten in die günstigste Schicht hineinzubringen und möglichst
lange darin zu halten, um so das beste Ergebnis zu erzielen. Sie können ferner den
Schneid der einzelnen Führer beweisen, wenn es sich um Überwindung großer Hinder¬
nisse handelt, wie es z. B. gelegentlich der Gordon-Bennett-Fahrt des vergangenen Jahres
die Überfliegung des Kanals war; oder wenn es sich um Ertragung körperlicher Un¬
bequemlichkeiten handelt, die z. B. dann auftreten werden, wenn ein Ballon gezwungen
ist, lange in größeren Höhen bei sehr niedriger Temperatur zu fahren.
Damit sind wohl in großen Zügen die bisherigen Aufgaben unserer Luftschiffer¬
vereine erschöpft; weit größere werden ihnen aber für die Zukunft erwachsen,
wenn sie noch die Förderung der Ballonphotographie, die Weiterausbildung der
Motorluftschiffahrt und der Flugmaschine auf ihr Programm schreiben werden.
Das müßte nach meiner Ansicht sehr bald geschehen, damit recht weiten Kreisen die
Möglichkeit gegeben wird, sich an deren Weiterentwicklung zu beteiligen, und die deutsche
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Industrie nicht wieder wie bei vielen anderen Gelegenheiten zu ihrem großen Schaden
vom Auslande überholt wird.
Personalia.
Graf von Zeppelin, General d. Kavallerie, General ä la suite weiland Seiner Majestät
des Königs Karl, ist am Tage seines 50jälirigen Dienstjubiläums, am 21. Oktober 1907,
von S. Maj. dem Kaiser das Großkreuz des roten Adlerordens und von S. Maj. dem
König Wilhelm II. von Württemberg das Großkreuz des Militärverdienstordens verliehen
worden. Wir sind überzeugt, daß jeder unserer Leser unseren bedeutenden und erfolg¬
reichen Erfinder zu dieser kaiserlichen und königlichen Ehrung und Anerkennung im
stillen von Herzen beglückwünschen wird.
Wißmaim, Mitglied im Oberrhein. V. f. L., Leutnant im Niedersächsischen Fuß-
artillerie-Rgt. Nr. 10, wurde durch A. K. 0. vom 18. Oktober zum Oberleutnant befördert.
Voyer, Hauptmann im Zentral-Etablissement des Militär-Luftschiffer-Materials zu
Chalais-Meudon, ist am 24. September zum Major befördert worden unter Belassung in
seiner Stellung.
F. Geerdtz, Leutnant im Luftschifferbataillon, vermählte sich mit Fräulein Käte
Müller, Tochter des Herrn O. Müller, stiftendem Mitglied im Berliner Verein für Luft¬
schiffahrt.
Lehmann, Major, Lehrer beim LuftschifTer-Bataillon, unter Belassung in dem
Kommando zur Dienstleistung beim Kriegsministerium, in die Versuchsabteilung der
Verkehrstruppen versetzt.
Sperling, Hauptmann der Versuchsabteilung der Verkehrstruppen, als Lehrer zum
Luftschiffer-Bataillon versetzt.
Schweppe, Oberleutnant zur See bei der I. Marineinspektion, unser bekannter
Mitarbeiter, ist durch A. K. 0. vom 20. November von Mitte Dezember d. Js. ab auf ein
Jahr zur Dienstleistung beim Admiralstabe der Marine in Berlin kommandiert.
- <§)/ -
Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen
Inhalt der mit Namen versehenen Artikel .
Alle Rechte Vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.
Die Redaktion .
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Ullnstrierte Aeronautische Mitteilungen.
XI. Jahrgang. ** 25. Dezember 1907. s* 13. Heft. Sonderheft
Gordon-Bennett-Nummer.
Illustr. Aeronaut Mitteil. XL Jahrg.
59
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462
Das Gordon-Ben nett-Wettfliegen
in St Louis, Missouri, U. St A. 1907.
Von deutscher Seite waren von vornherein 3 Ballons gemeldet:
«Düsseldorf», vom Niederrheinischen Verein unter Führung von Hauptmann
von Abercron, «Podewils» und «Pom¬
mern», vom Berliner Verein für Luft-
schiffahrt unter Führung von Haupt¬
mann Hildebrandt bzw. Freiherrn
v. Hewald.
Infolge unvorhergesehener Um¬
stände konnten die beiden letztge¬
nannten die Führung ihrer Ballons
nicht übernehmen und an Stelle von
«Podewils» trat der Ballon «Aber¬
cron» des Niederrheinischen Vereins
unter Führung des Herrn Paul Meckel
aus Elberfeld. Die Führung des Bal¬
lons «Pommern» wurde von seinen
Besitzern — Freiherrn v. Hewald
und Hauptmann Hildebrandt — Herrn
Oskar Erbslöh übertragen, der auch
schon vorher als Gehilfe für den Bal¬
lon «Pommern» vorgesehen war.
Die Auffahrt war ursprünglich
auf den 19. Oktober angesetzt worden,
0. Erbslöh.
dann aber auf den 21. verlegt, weil
die Gasanstalt in St. Louis erklärte,
nur an einem Sonntag die Gaso¬
meter völlig entleeren zu können,
um sie mit besonders leichtem
Gas für die Ballons wieder zu
füllen.
In dem im Norden von St.
Louis gelegenen Forest Park waren
die Röhren zur Füllung ausgelegt.
Der eigentliche Startplatz war noch
besonders eingezäunt und mit einem
6 Fuß breiten Gang umgeben, in
dem Militärpatrouillen das Ein¬
dringen des außerhalb stehenden
Publikums verhinderten. Dicht
neben der Füllstelle war eine große
Tribüne errichtet worden, welche
v. Aberoron.
für die Mitglieder des Aeroklubs
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und der Bussines Men League of St. Louis und deren Gäste bestimmt war.
Seitlich des Füllplatzes, etwas außerhalb, war eine zweite Tribüne errichtet,
für die die Sitzplätze von jedermann käuflich zu haben waren. Ganz außer¬
halb der Gesamtabsperrung hatten unternehmende Leute noch weitere kleine
Tribünen errichtet. Das Gas wurde durch eine 12-zöllige Hauptleitung und
6-zöllige Seitenröhren unter einem Druck von über 0,35 Atmosphären, mit
einer Dichte von 0,39 in die Ballons geführt. Die Füllung wurde gegen
10 Uhr morgens begonnen und erfolgte mit solcher Geschwindigkeit, daß
die Ballons bereits nach einer halben Stunde etwa zur Hälfte gefüllt waren.
Es wurde deshalb die Füllung unterbrochen und gegen 2 Uhr erst wieder
aufgenommen. Es ist dies nicht
ganz vorteilhaft, wenn man die
Füllung von Ballons unterbricht,
weil natürlich die Qualität des Gases
durch DifTussion mit Luft in meh¬
reren Stunden leidet. Man hätte
unbedingt vorher die Probefüllung
eines Ballons ausführen müssen,
um solche Zwischenfälle zu ver¬
meiden. Im übrigen war aber die
Qualität des Gases so vorzüglich,
daß diese Pause bei der Füllung nicht
viel geschadet hat; allerdings ist es
nicht zu leugnen, daß die Situation
bei eintretendem Wind sehr unan¬
genehm hätte werden können. Die
Ballons standen so dicht nebenein¬
ander, d aß sie sich auch bei d em leich-
testen Windhauch schon berührten.
Es würde sicherlich Unzuträglich¬
keiten gegeben haben, wenn sich
gegen Mittag in der Pause plötzlich
Wind erhoben hätte. Im übrigen
waren die Vorbereitungen so ausgezeichnet getroffen, daß man die Veranstaltung
als solche im ganzen nur loben kann. Zu erwähnen ist allerdings noch,
daß die am Morgen zum Auslegen ihrer Ballons schon frühzeitig eintreffenden
Luftschiffer zunächst nicht auf den Füllplatz gelassen wurden, sondern erst
nach längerem Parlamentieren von dem schnell herbeigeholten wachthabenden
Offizier die Erlaubnis zum Betreten des Platzes erhielten. Man hatte ver¬
säumt, die Soldaten mit dem Aussehen der Einlaßkarten bekannt zu machen.
Durch das Los wurde die Reihenfolge der Aufstiege wie folgt bestimmt:
1. Deutschland, Ballon «Pommern», 2200 cbm, gummierter Baumwoll¬
stoff von Riedinger ; Führer Oskar Erbslöh, Gehilfe Helm Clayton vom Blue
Hill Observatorium bei Boston.
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2. England, Führer S. Rolls; erschien nicht am Start.
3. Amerika, Ballon «United States», 2150 cbm, gefirnißter Baumwoll¬
stoff von Mailet; Führer Major Henri Hersey, Gehilfe Arthur T. Athersholt.
4. Frankreich, Ballon «L’Isle de France», 2400 cbm, gefirnißte Baum¬
wolle von Surcouf; Führer Alfred Leblanc, Gehilfe F. W. Mix.
5. Deutschland, Ballon «Düsseldorf», 2200 cbm, gefirnißte Baumwolle
von Mailet; Führer Hauptmann von Abercron, Gehilfe Hans Hiedemann.
6. England, Ballon «Lotus II», 2150 cbm, gefirnißte Baumwolle von
Carton-Lachambre; Führer Griffith Brewer, Gehilfe Leutnant Claud Brabazon.
Gordon-Bennett-Prels.
7. Amerika, Ballon «Amerika», 2200 cbm, gefirnißte Baumwolle von
Stevens; Führer J. C. McCoy, Gehilfe Kapitän Charles Chandler.
8. Frankreich, Ballon «Anjou», 2250 cbm, gefirnißte Baumwolle von
Mailet; Führer Rene Gasnier, Gehilfe Charles Lenee.
9. Deutschland, Ballon «Abercron», 1437 cbm, gummierte Baumwolle
von Riedinger; Führer Paul Meckel, Gehilfe Dr. Rudolf Denig.
10. England, Professor Huntington ist nicht am Start erschienen.
11. Amerika, Ballon «St. Louis», 2200 cbm, gefirnißte Baumwolle von
Mailet; Führer Alan R. Hawley, Gehilfe Augustus Post.
Die Sportkommission bestand aus den Herren Cortlandt Field Bishop,
Präsident des Aero Club von Amerika; Frank S. Lahm, Mitglied des Aero
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Club von Amerika und Vertreter des A6ro-Club de France; L. D. Dozier,
Präsident des Aero Club von St. Louis; Charles Jerome Edwards, Schatz¬
meister des Aerö Club von Amerika.
Starter war Charles J. Glidden,
Mitglied des Aero Club von Amerika.
Sämtliche Ballons erhielten plom¬
bierte Registrierbarometer, welche
durch die Firma Richard freres in
Paris zur Verfügung gestellt waren.
Der Start begann Punkt 4 Uhr,
um 4 41 war der 9. Ballon abgelassen.
Die Windgeschwindigkeit betrug bei
der Abfahrt 12 Meilen die Stunde =
6 m p. Sek. Die Windrichtung ging
nach Nordwest bzw. nach West. Der
Wetterlage entsprechend, war aber
für den nächsten Tag Wind aus
Westen zu erwarten, wie man auch
schon an den in etwa 2000 m zieh¬
enden Wolken vorher beobachten
konnte.
Die deutschen Ballons trugen
diesem Umstand auf Rat von Pro¬
fessor Rotch und Hauptmann Hilde¬
brandt von vornherein Rechnung und ließen sich so leicht abwiegen, daß
sie schnell in größere Höhen und damit bald
in die mehr ostwärts gerichtete Luftströmung
gelangten.
Das Abwiegen war im übrigen nicht
so ganz erstklassig. Bei der am Boden herr¬
schenden fast völligen Windstille hätte es
nicht Vorkommen dürfen, daß zwei der ameri¬
kanischen Ballons nach der Abfahrt noch ein¬
mal den Boden berührten. Auch der englische
Ballon mußte sofort nach dem Loslassen noch
schnell einen Sack Ballast opfern, um nicht
mit den Zuschauertribünen in Berührung zu
kommen. In dieser Kritik soll für die Be¬
teiligten kein Vorwurf liegen. Das Abwiegen
der Ballons ist nicht immer leicht und es
gehört eine besonders große Übung dazu, die
eben die Amerikaner bei der geringen Anzahl
ihrer Auffahrten noch nicht haben können. Es
kam dies einige Tage vorher zum Ausdruck, als Hiedemann und Erbslöh vom
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Hofe der im Süden gelegenen Gasanstalt eine Orientierungsfahrt unter¬
nahmen. Infolge schlechten Abwiegens kollidierte der Ballon auf ein Haar
mit einem Schornstein der Gasanstalt und geriet in Telephondrähte, so daß
beinahe ein Unglück passiert wäre. Nur der Geistesgegenwart von Hiede-
mann, der schnell eine größere Menge Ballast opferte, war es zu danken,
daß die Sache gut abgelaufen ist.
Noch bevor der letzte Ballon aufgestiegen war, konnte man deutlich
bemerken, daß Ballon «Pommern» bereits mehr östliche Richtung einge¬
schlagen hatte.
Wie in Deutschland bei den Wettfahrten in Berlin, Mannheim, Düssel¬
dorf den Führern von seiten des «Berliner Lokalanzeigers» Depeschen zum
Ausfüllen und Herabwerfen mitgegeben worden waren, hatte die Zeitung
«Westliche Post» von St. Louis allen Ballons eine große Anzahl von For-
„L’Anjou“ Phot. Dr. Schleiffahrt-St. Louis.
„L’Isle de France“ „Lotus II“ „St. Louis“ „Abercron“
Füllung der Ballone. „Pommern“
mularen zum Herabwerfen mitgegeben. Die Führer haben dieselben fleißig
benutzt und man war während der zweitägigen Fahrt annähernd über den
Standpunkt der Ballons orientiert. Zu bemerken ist hier, daß die ameri¬
kanischen Reporter eine große Anzahl von Depeschen fingiert hatten, die
zum Teil einen recht merkwürdigen Text besaßen. Besonders die deutschen
Ballons hatten sich solcher Aufmerksamkeiten zu erfreuen.
Nach der Auffahrt bildete der vermeintliche Ausgang der Fahrt in
vielen amerikanischen Städten trotz der gerade zu jener Zeit eintretenden
Bankkrachs das Tagesgespräch. In St. Louis z. B. wurden hohe Wetten
auf Sieg abgeschlossen, und es ist besonders zu bemerken, daß nächst den
Amerikanern den deutschen Ballonführern der Sieg zugesprochen wurde.
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f I)ÜKNcl«lorf“
Die offiziellen Ergebnisse der Fahrt sind folgende:
«Pommern» bei Asbury Park N. J. (nur 25 Meilen
von New York eity).
. . . 876*/«
Meilen,
«L’Isle de France» bei Herbertsville N. J. ,
. . . 870»/«
))
«Düsseldorf» bei Dover, Delavare ....
... 780
)>
«Amerika» bei Patuxent, Maryland . . .
. . . 735V«
5»
«St. Louis» bei Westminster, Maryland .
. . . 710
}}
«Abercron» bei Manassas, Virginia , . .
... 700
5J
«Anjou» bei Mineral, Virginia.
... 680
5}
«United States» bei Caledonia, Ontario .
. . . 375
JJ
Letzterer landete so früh wegen Unwohlseins des Mr. Brabancon.
Wetterkarte vom 21. Oktober 1907 morgens.
Demgemäß ist der Gordon-Bennett-Preis nach Deutschland gefallen.
An weiteren Preisen gelangten zur Verteilung:
Dem Sieger 2500 Dollar und l i 4 der Nennungsgelder. Leblanc gewinnt
die von Adolphus Post, dem größten Brauereibesitzer Amerikas, gestifteten
1000 Dollar sowie 1 k der Nennungsgelder. Hauptmann von Abercron bekommt
750 Dollar, welche von den St. Louis Straßenbahngesellschaften gestiftet
waren, sowie Ve Nennungsgelder. McCoy erhält 500 Dollar von B. Nugent & Bro.;
Hawley 500 Dollar von der «Westlichen Post und St. Louis Times».
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Die deutschen Ballonführer können auf die Ergebnisse der Wettfahrt
stolz sein, da sie es durchweg mit sehr hervorragenden Gegnern zu tun
gehabt haben. Allerdings kann es nicht bestritten werden, daß dieses Mal
der Sieg Glückssache gewesen ist. Derjenige Ballon, welcher den nördlichsten
Kurs gehabt hatte, mußte in diesem Falle nach der Gestaltung der
amerikanischen Küste am Atlantischen Ozean auch die weiteste Strecke
zurückgelegt haben. Es muß noch bemerkt werden, daß die amerikanischen
Zeitungen behaupteten, der Franzose Leblanc habe wenigstens den Welt¬
rekord inbezug auf Fahrtdauer erreicht. Es wurde damals und wird auch
heute noch von den amerikanischen Zeitungen verschwiegen, daß Deutsch¬
land den Zeitrekord von 52 V*
Stunden hält, welchen die
Gebrüder Wegner im April
v. Js. aufgestellt haben. An
diese Zeit reicht die Fahrt¬
dauer von Leblanc auch nicht
im entferntesten heran.
Eigentümlicherweise war
man in Amerika überall der
Ansicht, daß der deutsche
Kaiser vorher seinen Willen
ausgedrückt hätte, die Deut¬
schen sollten unbedingt den
Sieg heimbringen. Man
glaubte sogar, daß die Re¬
gierung die besten deutschen
LuftschifTer ausgesucht und
sie auf Regierungskosten nach
Amerika gesandt habe. Wie
dies Gerücht entstanden ist,
vermag man nicht zu sagen.
Jedenfalls beweist es wieder,
daß man überall im Auslande
die Erfolge der deutschen Luft-
„Pommern“ kurz vor dom Aof.tio«. „L’Anjou“ sc hiffahrt mit unserem Kaiser,
dem werktätigsten Förderer wissenschaftlicher und sportlicher Aeronautik,
in Verbindung bringt. Dieser Rückhalt ist für die Luftschiffer im Auslande,
wohin sie auch kommen, von der größten Bedeutung. Die Hochachtung der
Amerikaner vor dem deutschen Kaiser kam ganz spontan zum Ausdruck
bei dem Bankett, welches die deutschen LuftschifTer im Deutschen Verein
zu New York am 1. September gegeben haben. Unter dem lebhaftesten Bei¬
fall seiner Landsleute schlug der bekannte amerikanische Meteorologe,
Professor Rotch, ein Huldigungstelegramm an den Kaiser vor, das auch
sofort zur Absendung gelangt ist.
Phot. Dr. Sehleiflfarth-St. Louis.
„Pommern“
„L’Islc de France“ „Lotus TI“
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Der Aeroklub von Amerika hatte noch einen Preis von Mr. Lahm, dem
Vater des vorjährigen Siegers im Gordon-Bennett-Wettfliegen, erhalten,
welcher demjenigen zuteil werden sollte, der den vorjährigen Rekord
von Leutnant Frank P. Lahm bei einer Ballonfahrt in Amerika schlagen
und demnach mehr als 648 km zurücklegen würde. Nach den Bestimmungen,
die vorher über das Ausfahren dieses Preises
gegeben waren, hätten die Ballons, welche am
Gordon-Bennett-Fliegen teilnehmen, den Becher
bestreiten dürfen. In letzter Stunde hatten die
Amerikaner aber beschlossen, daß das Wett¬
fliegen um den Gordon-Bennett-Preis bei der Be¬
streitung des Lahm-Preises nicht in Betracht
kommen solle.
Für den 22. Oktober hatte man in St.
Louis ein Wettfliegen von lenkbaren Luftschiffen,
für den 23. von Flugmaschinen angesetzt. Für
jedes dieser Konkurrenzen waren Preise von
2500 Dollar ausgesetzt. Für die lenkbaren Bal¬
lons waren 9 Nennungen, für die Flugmaschinen
7 Nennungen ergangen.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg.
„Ich bin neugierig, wo sie jetzt
stecken.“
60
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An lenkbaren Ballons waren genannt:
1. Capt. Thomas S. Baldwin New York, N.-Y.; «California Arrow»;
Capt. Thomas S. Baldwin, Führer.
2. Capt. Thomas S. Baldwin, New York, N.-Y.; «Double Propeller»;
G. H. Curtis, Führer.
3. Chas. J. Strobel, Toledo, 0.; «Beachey Airship»; Lincoln Beachy,
Führer.
4. Chas. J. Strobel, Toledo, 0.; «Strobel Airship»; Capt. Jack Dallas,
Führer.
5. Horace B. Wild, Chicago III; «Airship Eagle»; Horace B. Wild,
Führer.
6. E. Jorgensen, Chicago III; «Jorgensen Airship»; E. Jorgensen, Führer.
7. Cromwell Dixon, Columbus, 0.; «Dixon Airship»; Cromwell Dixon,
Führer,
8. Cromwell Dixon, Columbus, 0.; «Sky Bicycle»; Cromwell Dixon,
Führer.
9. J. Berry, St. Louis, Mo.; «Airship Amerika»; J. Berry, Führer.
Für Flugmaschinen hatten genannt:
1. H. H. Wixon, Chicago III; «Wixon Aeroplane»; H. H. Wixon,
Führer.
2. Israel Ludlow, Jamestown Exposition, Norfolk; «Ludlow Aeroplane»;
Israel Ludlow, Führer.
3. H. C. Gammeter, Cleveland, 0.; «Gammeter Orthopter»; H. C. Gam-
meter, Führer.
4. George Francis Myers, Columbus, 0.; «Orthopter»; George Francis
Myers, Führer.
5. J. W. Roshon, Harrisburg, Pa.; «Flying Machine»; J. W. Roshon,
Führer.
6. S. Hemstreet Chattanooga, Tenn.; «Flying Machine Jessie», S. Hem-
street, Führer.
7. Vacu-Aerial Navigation and Manufacturing Co. ; Milwaukee, Wsis.;
«Orthopter, Milwaukee Nr. 1»; Dr, R. Silverton, Führer.
Von den Flugmaschinen war nur eine am Start erschienen. Es war
ein großer, kastenförmiger Flieger in der Form von Hargrave-Drachen.
Das Operationsfeld für Flugmaschinen war bei weitem zu klein, und
beim ersten Versuch, den Drachenflieger mittels Automobils in die Luft zu be¬
kommen, scheiterte der Aufstieg, weil nach knapp 50 m das Automobil
schon halten mußte. Man konnte eben nur sehen, daß es möglich war, den
großen Flugapparat wie einen Drachen gegen den Wind hoch zu bekommen.
Der Besitzer des vorgeführten Fliegers, Ludlow aus Norfolk, konnte nicht
tätig eingreifen, weil er gerade vor kurzem bei seinem Flugversuche ab¬
gestürzt war und sich eine Verletzung des Rückgrates zugezogen hatte. Er
wurde als vorübergehend gelähmter Mann in einem Rollstuhl auf dem Platz
herumgefahren.
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Der erste Tag begann mit einem Aufstieg des 15jährigen Cromwell
Dixon, der bereits mit seinem Fahrradballon über 200 Vorführungen gemacht
haben soll. Der Wind wehte zeitweise mit einer Geschwindigkeit bis zu
5 m. Der etwa 200 cbm fassende
Ballon wurde von seinem Erfinder
unter Assistenz eines Soldaten des
Signalkorps abgewogen und in die
Luft gebracht. Mittels Fahrrad¬
pedalen brachte der Führer eine
Propellerschraube lediglich durch
die Kraft seiner Füße in Bewegung.
Es gelang ihm tatsächlich, beim
Hochkommen jedesmal einige Se¬
kunden dem Winde standzuhalten,
aber immer wieder schien seine
Kraft etwas zu erlahmen und der
Ballon wurde abgetrieben. Die
ersten Male fingen ihn die Soldaten
an den herabhängenden Haltetauen
ein und der Versuch wurde er¬
neuert. Schließlich ging der sehr
energische Knabe leicht abgewogen
in die Luft und wurde unter dem
tosenden Beifall der Menge mit dem
Winde abgetrieben. Er führte noch
einige Wendungen mit Hilfe seines Steuers glatt aus und ist nachher jen¬
seits der Stadt tadellos gelandet. Für Vorführungen bei windstillem Wetter
ist sein Ballon ganz
gut zu gebrauchen,
doch sei daran er¬
innert, daß diese Idee
in Deutschland von
Kätchen Paulus be¬
reits vor vielen Jah¬
ren praktisch durch¬
geführt worden ist.
Demnächst fuhr
Thomas S. Baldwin
mit dem «California
Arrow» auf. Das Re¬
sultat war ganz über- Cromwell Dixon’s Fahrradlenkballon.
raschend. Der Ballon führte tadellose Evolutionen aus, fuhr ins Feld hinein,
kehrte an seine Aufstiegstelle zurück, umfuhr die Zuschauertribünen usw.,
kurz, er hatte sein Fahrzeug vollkommen in der Hand.
Lahm-Preis.
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Am folgenden Tage erschienen 6 Lenkballons am Start. Die Ballons,
welche fast alle den Typ der kleinen Luftschiffe von Santos Dumont zeigten und
mit zwei- bzw. vierflügeligen Propellerschrauben versehen waren, wurden
durch Motoren von etwa 10—16 PS. getrieben. Zum Teil sah ja ihre Aus¬
führung recht mangel¬
haft aus; besonders bei
einem fiel es auf, daß
das Netz, welches erst
in letzter Minute von
wenig sachverständigen
Menschen zusammenge¬
knüpft war, sehr man¬
gelhaft war. Doch das
Resultat des Wettflie-
gens war ein ganz über¬
raschendes. Es war die
Lufttohifr Jack Daiiat. Aufgabe gestellt, um
einen Fesselballon herumzufahren, welcher sich 3 /4 englische Meilen (ca.
1200 m) vom Startplatz entfernt befand. Jeder Führer durfte dreimal starten.
Die beste Zeit wurde ihm offiziell angerechnet. Nur ein Führer mußte die
Konkurrenz aufgeben, weil er gleich beim ersten Male allmählich in immer
größere Höhen und damit in stärkeren Wind geriet, gegen den er nicht
mehr anzukämpfen vermochte. Er wurde nach Süden abgetrieben. Die
Windstärke betrug an diesem Tage 6 m pro Sekunde. Auf dem Platze war
ebenfalls ein Fesselballon hoch gelassen, an dem man die Windrichtung er¬
kennen und dieWind-
LuftsohlfT Lincoln Beaohy.
stärke zu schätzen
vermochte. Außer¬
dem hatte Professor
Rotch eine meteoro¬
logische Station un¬
mittelbar neben dem
Platz eingerichtet.
Sieger blieb Lincoln
Beachy, welcher die
l 1 ^ Meilen in 4 Mi¬
nuten und 40 Se¬
kunden zurücklegte,
demnach eine Eigen¬
geschwindigkeit von
8,6 m in der Sekunde erreicht hat. Zweiter war Capt. Jack Dallas mit
6 Min. 10 Sek., dritter Thom. Baldwin mit 7 Min. 5 Sek.
Dieses Ergebnis kam den meisten ganz überraschend. Selbst der
Aeroklub hatte nicht an solche Erfolge gedacht; er hatte in der Befürchtung
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eines großen Fiaskos diese Konkurrenzen auf die Zeit nach dem Gordon-
Bennett-Wettfliegen gelegt, damit die Ausländer nicht Zeugen sein sollten,
wenn die Fliegenden verunglückten.
Die Fahrzeuge hielten sich alle in einer Größe von etwa 200 cbm
und waren von äußerst einfacher Konstruktion. Für Sportsfahrzeuge, an
die man in bezug auf längere Fahrtdauer keine größeren Ansprüche stellt,
scheinen sie ausgezeichnet geeignet. Allerdings ist nicht zu glauben, daß
diese kleinen Fahrzeuge sonst einen großen Wert etwa für militärische
Zwecke haben könnten. Da jedoch der Preis ein außerordentlich geringer
ist — es wurden für den Siegerballon 1000 Dollar gefordert —, so sind sie
doch sehr dazu geeignet, den Luftsport in neue Bahnen zu lenken und das
Interesse noch weiter zu wecken. Hildebrandt, Schleiffahrt.
Die Fahrt des „Pommern".
Noch zu keiner Ballonfahrt waren mir so viele gute Wünsche mit auf den Weg
gegeben worden, noch zu keiner hatte ich so viele Vorbereitungen zu treffen, wie zu
der Ballonwettfahrt um den Gordon-Bennett-Pokal 1907. — Gleich, nachdem die Wett¬
fahrt von Paris aus im September 1906, aus der Leutnant Lahm die Trophäe nach
Amerika entführte, vorüber war, wurde in mir der Wunsch rege, an der diesjährigen
Ballon Wettfahrt teilzunehmen, und ich danke dem Deutschen Luftschiffer-Verband, der
mich zu einem seiner Vertreter ausersehen hat, und dem Freiherrn von Hewald, der mir
seinen großen Ballon «Pommern» zur Verfügung stellte, dafür, daß sie mir ermöglicht
haben, aus dem diesjährigen Wettbewerb als Sieger hervorzugehen.
Die überaus freundliche Aufnahme, die wir deutschen Luftschiffer überall in
Amerika fanden, erfüllte uns mit einem Gefühl der Sicherheit und einer Siegesgewißheit,
denn wir wußten, daß nicht nur die Deutschen im alten Vaterlande, sondern auch viele
deutschfreundliche Amerikaner sich über einen deutschen Sieg freuen würden.
Die Vorbereitungen, die der Aeroklub von Amerika und der Aeroklub von St. Louis
für den Aufstieg getroffen hatten, waren über jede Kritik erhaben. Am Abend des
19. Oktober versammelte das Komitee alle Beteiligten zu einem großen Festbankett im
Jefferson-Hotel, wo zwischen Blumen- und Luftballon-Dekorationen die besten Speisen
und Getränke dargereicht wurden. Es fehlte auch nicht an wohlgesetzten Reden, die
von den berufenen Vertretern der Nationen, Klubs und Komitees gehalten wurden.
Der 21. Oktober fand alle Teilnehmer trefflich gerüstet. Da die Aussicht vor¬
handen war, daß die Windrichtung die Ballons über die großen Seen führte, so war in
den letzten Tagen eine fieberhafte Tätigkeit entfaltet worden, um die Ballonkörbe mit
Korkplatten auszuschlagen, damit für den Fall, daß der Ballon ins Wasser fiele, der
Korb die Insassen und Instrumente schwimmend tragen könnte. Auch an anderen Vor¬
bereitungen fehlte es nicht; so waren außer Schwimmgürteln Axt und Säge vorgesehen
um im Falle einer Landung im Urwalde den Ballon und die Aeronauten aus dem Dickicht
herauszuhauen.
So fanden sich am betreffenden Montag in der Frühe die Ballonführer bei ihren
Ballons ein, die auf dem großen Füllplatze am Forest Park in St. Louis ausgebreitet
und mit großer Sorgfalt in ihren einzelnen Teilen zusammengesetzt wurden. Es war ein
eigenartiger Anblick, die Ballonriesen, die bald einen harten Strauß mit einander zu be¬
stehen haben sollten, so friedlich neben einander liegen zu sehen, den deutschen neben
dem französischen und den amerikanischen neben dem englischen.
Um 10 Uhr begann die Füllung der Ballons. Dank der Hilfe der Soldaten des
Lt. Col. Evans, der auf Veranlassung des Präsidenten Roosevelt mit 400 Mann auf dem
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Platze erschienen war, ging die Füllung ganz programmäßig vonstatten, sodaß um 11 Uhr,
als die Ballons halb gefüllt waren, das Gas wieder abgedreht werden konnte. Die Mittags¬
pause, die nun bis 2 Uhr gemacht wurde, benutzten wir Luftschiffer dazu, um unseren
Proviant für die Reise fertig zu stellen und uns noch einmal mit warmen Speisen zu
stärken. Unser Frühstückskorb wurde gefüllt mit einigen Butterbroten, Eiern, Kotelettes,
etwas kaltem Geflügel, Brot, Wurst und Schokolade. Drei halbe Flaschen Burgunderwein
sollten uns in der Nacht wärmen, für den Morgen hatten wir warmen Kaffee in Thermos¬
flaschen und während des Tages wollten wir kalten Tee und Cider trinken. Während
des Frühstücks, das wir im Jefferson-Hotel einnahmen, besprach die deutsche Mannschaft
mit Professor A. L. Rotch, dem Direktor und Gründer des Blue Hill-Observatoriums bei
Boston, der seit vielen Jahren in enger Beziehung zu den deutschen Luftschifferkreisen
steht, die Wetterlage.
Obschon an den vorhergehenden Tagen schlechtes Wetter vorausgesagt worden
war, hatten wir prachtvollen Sonnenschein und ganz klaren Himmel. Der Wind kam
von Südosten, es wurde jedoch festgestellt, daß die vorherrschende Windströmung in
den obern Schichten von Südwesten zu erwarten sei. Einige Sachverständige wollten
sogar wissen, daß man vermutlich zwischen dem Lake Huron und dem Lake Erie durch¬
fahren würde. Wohl vorbereitet begab ich mich um 2 Uhr mit meinem Begleiter
H. H. Clayton, dem Assistenten des Professors Rotch, nach meinem Ballon und bald
wurde die Füllung fortgesetzt und vollendet. Nun standen neun Ballons im Sonnen¬
scheine nebeneinander, und mein Ballon „Pommern“ unterschied sich besonders durch
seine kugelrunde Form und seine zitronengelbe Farbe von den anderen, die in allen
Farben von gelb bis dunkelbraun abgetönt waren und zum Teil eine mehr birnenförmige
Hülle hatten.
Das ganze Bild bot einen wunderschönen Anblick, nicht zum wenigsten durch
den Flor von eleganten Damen, welche die für den Aeroklub und die hervorragenden
Gäste und Bürger von St. Louis reservierte Tribüne schmückten. Aber auch die Tribüne
auf der andern Seite des Aufstiegplatzes, welche dem Publikum gegen Bezahlung des
Eintrittsgeldes zugänglich war, bot ein buntes Bild, und in den angrenzenden Straßen
drängten sich die Menschen zu Tausenden.
Das Los hatte entschieden, daß ich als erster abfahren sollte, was mir gar nicht
angenehm war, denn ich hätte lieber zwei bis drei Ballons vor mir gehabt, an denen
ich die Windstärke in den verschiedenen Höhenlagen hätte erkennen können. Um punkt
4 Uhr gab mir die Sportkommission das Zeichen zur Abfahrt und mit 41 Sack Ballast
stiegen wir, unter den Klängen des Liedes „Deutschland, Deutschland über Allesvon
dem „Glück ab!“ unserer Freunde und den Hurrahrufen der Menge begleitet, ziemlich
schnell in die Lüfte. Mit einem Abstand von 5 Minuten folgten die Ballons einander
ganz programmäßig, und als wir den Aufstiegort verließen, hatten wir das Gefühl, daß
alles aufs beste organisiert gewesen war.
Was mich mit großer Zuversicht und Befriedigung erfüllte, war der Umstand, daß
ich aus der mitgenommenen Ballastmenge auf die gute Tragkraft des Gases schließen
konnte, und ich war mit meinem Begleiter der Ansicht, daß wir wohl eine Rekordfahrt
machen würden. Es galt nun zuerst, sich darüber klar zu werden, in welcher Richtung
wir fahren müßten, um eine genügend große Strecke überfliegen zu können, denn nur
darauf kam es an, und derjenige würde Sieger, dessen Landungsplatz am weitesten von
St. Louis entfernt sein würde.
Wir waren in nordwestlicher Richtung davongefahren und sahen noch 4 andere
Ballons nach uns aufsteigen. Wir stiegen aber schneller als die anderen, so daß wir
bald über eine Dunstschicht kamen, in der die anderen Ballons aus unseren Augen
verschwanden. Wir wußten, daß wir in größerer Höhe eine Windströmung von Süd¬
westen oder Westen finden würden, und beschlossen, so lange mit unserem Ballon zu
steigen, bis wir diese Strömung erreicht haben würden, denn wir wollten einen Zeit¬
verlust durch unnötiges Zurückfliegen nach Nordvvesten vermeiden. In einer Höhe von
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1500 Metern kamen wir in die gewünschte Richtung und beschlossen, in dieser Höhe
die Nacht hindurch zu bleiben. Um */*6 war die Sonne mit wunderbarer Farbenpracht»
die man aus dem Ballon mit erhöhtem Reize genießen kann, untergegangen, und eine
halbe Stunde später ging der Mond auf, der mit seinem silbernen Licht die Fluren, die
wir überflogen, hell beschien.
Es war für uns von großem Nutzen und eine große Annehmlichkeit, daß gerade
Vollmond war, denn es wäre eine zu große Strapaze gewesen, zwei Nächte von je
12 Stunden in vollständiger Dunkelheit zu verbringen, und ohne die Gegend im geringsten
erkennen zu können. So war uns gut geholfen, denn außer dem Mondlicht hatten wir
noch eine große elektrische Scheinwerferlampe mit zwei Batterien von je 12 Stunden
Brenndauer, die uns ein genaues Studieren der Landkarten ermöglichte. Mit Karten
waren wir gut ausgerüstet, ein großes Paket von etwa 30 Pfund Gewicht enthielt alles
was wir brauchten, doch leider sind die Karten in Amerika nicht so gut, wie ich sie von
Deutschland her gewöhnt bin, und die Orientierung ist daher sehr schwer.
Wir verfolgten unsere Flugbahn so gut es ging und rechneten darauf, daß wir
nach Massachusetts oder Connecticut kommen würden, wenn wir die inzwischen ein¬
geschlagene Richtung nach Nordosten beibehielten. Von St. Louis aus hatten wir zuerst
einen Halbkreis nach Westen beschrieben, und als wir über Alton waren, nahmen wir
den richtigen Kurs auf. Wir mußten gut aufpassen, um nicht vom Kurse abzuweichen,
der uns über Hamilton in 23 Stunden nach Washington, Ohio, führte. Da wir unserer
Sache nicht ganz sicher waren, so gingen wir bis ans Schlepptau herunter und erfuhren
durch Zuruf von den Bauern den Namen des letzteren Ortes. Das war das einzige Mal,
daß wir auf unsere Frage: «Wie heißt die nächste Stadt?“ die richtige Antwort bekamen;
meistens erhielten wir anstatt der Antwort die Gegenfragen: «Wo kommt Ihr her?“ und
wenn wir dann geantwortet hatten und nochmals fragten, waren wir schon so weit weg,
daß wir nichts mehr hören konnten.
Bis zu einer Höhe von 500 Metern kann man sich gut durch Zuruf verständigen,
besonders wenn man, wie wir, von oben durch ein Sprachrohr ruft. Nachdem wir bis
dahin über ziemlich eintönige Gegenden gefahren waren, in denen eine Farm an die
andere grenzt, überflogen wir am Nachmittag eine Hügelkette und eine bunte Landschaft
von Städten, Dörfern, Flüssen und Wäldern. Von ganz besonderem Reiz war die Farben¬
pracht, die durch die herbstliche Färbung der Wälder hervorgebracht wurde, und die
ich in Europa nie so herrlich gesehen habe. Viel zu früh neigte sich der Tag seinem
Ende zu, und als wir um 7 Uhr abends über Pittsburg kamen, war es schon völlig dunkel.
Aber gerade in der Dunkelheit wirkte die große Industriestadt mächtig auf uns. Ein
kolossales Lichtermeer breitete sich unter uns aus, und die Feuer der großen Schmelz¬
öfen blendeten unsere Augen. Der Lärm der Fabriken, der zu uns heraufdrang, bildete
einen auffallenden Gegensatz zu der Stille, in der wir vorher stundenlang gefahren
waren. Wir warfen hier, wie in alle Städten, die wir passiert hatten, Depeschen aus,
die Zeit, Höhe und Namen enthielten und uns mitgegeben worden waren, um möglichst
bald bekannt zu machen, welchen Kurs die Ballons genommen hatten.
Wir hatten dadurch, daß wir von 1500 auf 2000 Meter gestiegen waren, unsern
Kurs verbessert und flogen mehr nach Nordosten, und unsere Geschwindigkeit, die am
ersten Tage 18 Meilen in der Stunde gewesen war, stieg auf 28 Meilen. Es hatte etwa
12 Sack Ballast gekostet, den Ballon in die zweite Nacht hineinzubringen, und diese
Operation gehört zu den schwierigsten einer langen Ballonfahrt, aber dank dern guten
Gas und dem großen Ballastvorrat gelang es sehr gut, den Ballon hoch zu halten.
Wir kreuzten nun während der Nacht das Alleghanygebirge in der Höhe von
Altoona und hatten einen prachtvollen Blick auf die Bergrücken, Täler und Schluchten,
die im glänzenden Mondlichte einen besonders reizvollen Anblick boten. Wir mußten
natürlich große Aufmerksamkeit auf unseren Ballon verwenden, damit wir nicht zu tief
kamen, um durch einen Bergrücken vom Winde abgeschnitten zu werden, und während
dieses Lavierens verloren wir unsere Windrichtung und trieben südöstlich ab. Wir
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wußten, daß wir, wenn wir diese Richtung beibehielten, an der Küste von New Jersey
landen müßten, und ließen nun kein Mittel unversucht, um wenigstens den Staat New York
zu erreichen. Wir hatten in der Nacht abwechselnd je eine Stunde geschlafen, aber der
Trieb, möglichst weit zu kommen, ließ uns nicht länger ruhen. Als der dritte Tag an¬
brach, breitete sich eine ganz besonders liebliche Landschaft unter uns aus. Es war die
Gegend von Philadelphia, wo sich ein reizender Landsitz an den andern reiht. Hier
hörten wir auch die typische Musik, die das Morgengrauen begleitet, das Krähen von
tausend Hähnen, das länger als eine Stunde dauert. So wie die Hähne den Morgen
verkünden, so lassen es sich die Hunde nicht nehmen, durch anhaltendes Bellen den
Anbruch der Nacht anzuzeigen, und jeder LuftschifTer kennt diese Begleiterscheinungen
sehr wohl.
In den Tälern von Philadelphia lag noch dichter Nebel, als wir in ziemlich nie¬
driger Höhe auf diese Stadt Zufuhren, und die Spitzen der Fabrikschornsteine schienen
nur um einen Fuß aus dem Nebelschleier hervorzuragen. Grauer Rauch stieg aus den
Schloten empor und vermischte sich mit dem weißen Nebel. Allmählich erwachte die
große Stadt aus dem Schlaf, und ein Signal nach dem anderen zeigte den Beginn der
Arbeitszeit in den Fabriken an. ln allen Tonarten schallten die Sirenen an unser Ohr,
und bald verbreitete sich ein solcher Lärm, daß wir kaum unser eigenes Wort verstehen
konnten. Im Osten ging die Sonne mit wunderbarem Glanze auf, und wir hatten die
Absicht, den wärmenden Einfluß der Sonnenstrahlen auf das Gas in unserem Ballon ab¬
zuwarten, der uns in größere Höhen bringen sollte. Als wir aber in den höher gelegenen
Teil der Stadt kamen, mußten wir doch Ballast geben, um nicht mit der Spitze eines
Kirchturms, der die Stadt krönt, zusammenzustoßen, und nun machten wir den letzten
Versuch, weiter nördlich zu kommen, indem wir den Ballon bis in eine Höhe von
3200 Metern steigen ließen. Wir fanden aber nur eine ganz geringe Abweichung nach
Nordosten, und nun mußten wir die Hoffnung, über die Stadt New York nach Connecticut
hineinzukommen, ganz aufgeben und uns damit begnügen, möglichst nördlich an der
Küste von New Jersey zu landen. Schon von weitem sahen wir den Atlantischen Ozean,
und als wir etwa zehn Meilen davon entfernt waren, zog ich das Ventil, sodaß wir ganz
allmählich nach Asbury Park zu heruntergingen. Ich versuchte, einen geeigneten Landungs¬
platz unmittelbar an der Küste ausfindig zu machen, da ich jedoch keinen solchen sehen
konnte, so beschloß ich, in der Stadt auf einem unbebauten Platze zu landen. Auf dem
zuerst von mir gewählten Platz konnten wir jedoch nicht herunterkommen, da ein Strang
von elektrischen Lichtleitungsdrähten den Weg versperrte, und wir wären beinahe daran
hängen geblieben. Durch Auswerfen von Ballast gelang es mir dann, den Korb, der
schon die Drähte berührte, wieder loszumachen, wir gingen wieder hoch und landeten
dann nach erneutem Ventilziehen glatt und unversehrt auf einer Straßenkreuzung,
während der Ballon auf ein mit Buschwerk bestandenes Grundstück fiel. Mit der Reiß-
balin hatte ich den Ballon aufgerissen, sodaß das Gas sofort entwich, und als wir aus
unserem kleinen Korbe, der uns vierzig Stunden beherbergt hatte, herauskrochen, hatte
sich schon eine große Menschenmenge um uns versammelt, die uns dicht umdrängte. Es
war uns erst möglich, mit dem Verpacken des Materials zu beginnen, als ich mit Hilfe
von zwei Schutzleuten durch Stricke den Platz abgesperrt hatte. Es war nun schwierig,
den Ballon, dessen Netz sich in dem Buschwerk verstrickt hatte, zu bergen. Ich mußte
zuerst den Ballon aus dem Netz herausschälen und ließ ihn durch eine Anzahl von
Leuten, die mir hilfreiche Hand boten, auf einen anderen freien Platz bringen, wo er
dann zusammengefaltet und verpackt wurde.
Beim Nachsehen des Netzes stellte sich leider heraus, daß ein Souvenir-Jäger
ein Stück herausgeschnitten hatte; auch eine Fahne wurde mir gestohlen, nachdem ich
abgelehnt hatte, sie zu verkaufen, und nachdem ich eine an einen Landsmann ver¬
schenkt hatte.
Das Netz wurde in ähnlicher Weise verpackt wie der Ballon und als nach etwa
einer Stunde die Arbeit erledigt und alles sorgfältig auf einem Expreßwagen aufgeladen
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war, wurden wir durch einige liebenswürdige Herren in einem Automobil nach dem
nächsten Telegraphenbureau gefahren, wo wir unsere Telegramrtie aufgaben, und wo wir
durch eine amtliche Persönlichkeit die Landung bescheinigen ließen. Eine Überraschung
wurde uns zuteil, als sich eine Gesellschaft von angesehenen Bürgern der Stadt ein¬
gefunden hatte, und der Bürgermeister von Asbury Park auf den Tisch stieg, um uns in
wohlgeformter Rede in der Stadt willkommen zu heißen. Wir wurden alsdann von den
Vertretern der Stadt zu Tisch eingeladen und erfuhren durch eine telephonische Nach¬
richt, daß noch ein Ballon südlich von Asbury Park gelandet sei. Wir bestiegen deshalb
wieder ein Automobil, um nach dem Landungsplatz des anderen Ballons zu suchen, was
uns jedoch nicht gelang. Um indessen unsern Landungsplatz genau zu bezeichnen,
fuhren wir wieder dorthin und ließen durch Augenzeugen der Landung einen Holzpflock
in die Erde rammen, auf dem wir Tag und Stunde unserer Landung bezeichneten.
Wenn wir auch nicht eine so große Entfernung zurückgelegt hatten, wie wir wohl
gewünscht hätten, so konnten wir doch Asbury Park mit dem Gefühl verlassen, daß wir
alles aufgeboten hatten, um den Sieg zu erringen, und als wir in New York eintrafen,
erfuhren wir, daß wir mit einer Strecke von 876 3 / 4 Meilen den Gordon-Bennett-Pokal
gewonnen hätten. Der Ballon «Pommern» wird in der aeronautischen Ausstellung vom
24. Oktober bis 1. November gezeigt werden.
Ich habe durch diese Luftreise den angenehmsten Eindruck von Nordamerika in
bezug auf Ballonfahrten und Gastfreundschaft gewonnen und bedaure nur, daß das Land
nicht noch größer ist, damit es mir gestattet hätte, meinen Ballon, der mit 12 Sack
Ballast noch lange nicht am Ende seiner Kraft war, ganz auszufahren und damit den
Weltrekord der Entfernungen zu brechen. Für die vielen Glückwünsche, die mir zu
meinem Siege zuteil geworden sind, einzeln zu danken, ist mir leider nicht möglich, und
ich möchte an dieser Stelle allen, die meiner gedacht haben, herzlichen Dank aussprechen.
Oskar Erbslöh.
Der Ballon „Düsseldorf“ bei der Gordon-Bennett-Fahrt 1907.
Von Hauptmann v. Abercron.
An Karten besitzen die Vereinigten Staaten nur die der Post, worauf lediglich
Flüsse und Eisenbahnen zu erkennen sind; der Maßstab ist verschieden, das Format
enorm. Mit den ergänzenden physikalischen Karten haben wir über einen halben Zentner
Kartenmaterial mitgehabt. Für den Fall einer Landung im Urwald war für Axt und Säge
gesorgt. Lebensmittel waren für etwa vier bis fünf Tage vorhanden, da wir leicht in
unbewohnten Gegenden landen konnten. Die Hauptnahrung bestand in Obst und warmem
Kaffee in Thermosflaschen, die sich durchaus bewährt haben. Außer etwas Wein hatten
wir hauptsächlich Mineralwasser an Bord, da alle alkoholischen Getränke die Leistungs¬
fähigkeit außerordentlich herabmindern.
Für Sauerstoffatmung in großen Höhen, warme Kleidung, Pelzstiefel und Ohren¬
klappen war gesorgt Außer elektrischen Taschenlampen zum Ablesen der Karten und
Instrumente hatten wir einen Scheinwerfer, um uns kenntlich zu machen, wenn wir des
Nachts auf den großen Seen herunterkämen. Eine Bekleidung der Seitenwände des
Ballonkorbes sollte dessen Untersinken bei einer Landung im Wasser verhindern. Außer¬
dem führten wir noch Korkwesten mit.
Für Zeit- und Höhenprüfung waren versiegelte Barographen, für die Kontrolle des
Kurses Schreiben in großen roten Kuverts mitgegeben, die alle zwei Stunden aus dem
Ballon geworfen werden sollten. Der Finder wurde um einige Angaben über den Ballon
und um Rücksendung des Briefes an den Aero Club of America gebeten. Die Landungs¬
stelle mußte von einer Behörde bescheinigt werden. So war mit allen Mitteln für die
Reellität der Konkurrenz gesorgt.
Unter gütiger Assistenz des Hauptmanns Hildebrandt hatte ich von 7 Uhr morgens
ab an der Fertigmachung des Ballons gearbeitet, obwohl ich wahrlich lieber ausgeschlafen
lllustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrp. 61
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hätte. Der Vorteil, im eigenen Lande mit gedrillten Hilfskräften aufzusteigen, fällt hier
•schwer ins Gewicht. Um 4 Uhr 15 Minuten nachmittags vollzog sich unter den Klängen
«Deutschland, Deutschland über alles», bei herrlichem Wetter und Wind von SSO, der
Aufstieg. Die Meteorologen Professor Rotch und Hauptmann Hildebrandt hatten eine
Schwenkung des Windes von SSO nach SW und W angekündigt und erklärt, daß dieser
Windwechsel in höheren Regionen eher eintreten werde, als in den unteren. Ich ließ
daher den Ballon möglichst leicht abwiegen, um ihn gleich in größere Höhen zu zwingen.
Wir fuhren mit 31 Sack Ballast ä 25 kg ab. Der Sauerstoffapparat mit 4 Flaschen dürfte
dem Gewicht von etwa 2 Sack Ballast entsprechen.
Mein Begleiter Hans Hiedemann aus Köln bekam die Ausbalancierung unseres
2250 cbm großen Ballons zugeteilt, ich übernahm die Orientierung.
Nach den vielen Vorbereitungen waren wir endlich «hoch», und wir genossen in
Vollen Zügen den eigenartigen Reiz, über einem fremden Erdteil nunmehr ruhig dahinzu¬
schweben. Wir waren auf alles vorbereitet, mochte kommen, was das wollte, und waren
fest entschlossen, die großen amerikanischen Seen zu überfliegen. Zur Aufklärung sei
erwähnt, daß diese Seen 300—600 km lang sind und in der größten Länge einer Ent¬
fernung von Düsseldorf bis Stettin entsprechen. Überdies liegen diese Binnenmeere noch
dicht hintereinander. Die Anfangsgeschwindigkeit betrug 20 km.
Über eine Stunde dauerte es, bis wir das über 30 km lange St. Louis hinter uns ließen.
Berlin hat dreimal so viel Einwohner wie St. Louis, ist aber nicht so ausgedehnt. Nur
die eigentliche City mit ihren Wolkenkratzern ist das Non plus ultra für Raumausnutzung.
Die Orientierung für die ersten Stunden war leicht, da wir den Missouri und
Mississippi kreuzten, diesen an der Mündung des Illinois. Von hiör ab ließ sich in der
Nacht nur feststellen, daß der Ballon mehr nördlichen, demnächst Kurs gen NNO nahm.
Wunderbar beleuchtete der Vollmond die ganze Nacht die überall kultivierte, ebene und
ziemlich bevölkerte Landschaft.
Am Abend und in der Nacht sahen wir öfters einige unserer konkurrierenden
Ballons und versuchten durch Licht- und Sirenensignale Verständigung zu finden; da
nicht geantwortet wurde, mußten wir annehmen, daß wir nicht deutsche Ballons sahen.
7 Sack Ballast gebrauchten wir, um den Ballon in die erste Nacht hineinzubekommen.
Gegen Morgen hatten wir die direkte Richtung auf den Michigansee, den wir bei der
voraussichtlichen weiteren Winddrehung in seiner Querrichtung nehmen wollten, um
dann möglichst weit nach Kanada hineinzufahren. Aber mehr wie sonst heißt es be¬
sonders in der Luftschiffahrt: «Der Mensch denkt, und Gott lenkt». Nach herrlichem
Sonnenaufgang stellten wir fest, daß wir OSO-Kurs hatten. Damit war die Gefahr der
großen Seen von uns abgewendet.
Die Orientierung fanden wir südlich des Michigansees am Wabasb-River, der von
mehreren Eisenbahnlinien überquert wurde.
Die Fahrt ging nun weiter in etwa 1500—2000 m Höhe nördlich Colombus vorbei,
und am Abend kreuzten wir den Ohio bei der fabrikreichen Stadt Wheeling. Das
Alleghanygebirge, das in seiner Höhe etwa unserem Riesengebirge entspricht, wurde mit
seinen tief eingeschnittenen Flußtälern und mächtigen Kokereien dicht überflogen. Es
hatte wiederum 7 Sack gekostet, um den «Düsseldorf* in die zweite Nacht in eine Gleich¬
gewichtszone zu bekommen.
Etwa 300 km südlich waren die Herren Kapitän Chandler und Mac Coy in
einem sehr schwach bevölkerten Teil des Gebirges gelandet, und erst etwa nach einem
halben Tag hatten sie Menschen gefunden. Der östliche Teil der Alleghanys, den wir
überflogen, war fast unbewohnt. Die Geschwindigkeit hatte sich von etwa 20 km in der
Stunde am Anfang auf etwa 40 km gesteigert. Mit Tagesanbruch mußten wir an der
Chesapeakebai sei.
Als wir morgens versuchen wollten, eine Windströmung zu finden, die uns mehr
gen NO führen sollten, sahen wir plötzlich gegen 5 15 Uhr das Meer mit Schiffen, die
nord-südlichen Kurs hatten.
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Ein kurzer Kriegsrat mit Herrn Hiedemann und «rüber» war die Parole. Die
wunderbar aufgehende Sonne bestätigte unsere Vermutung: wir sahen diö Halbinsel
Delaware, nach etwa 10 Minuten, die uns eine Ewigkeit dünkten. Ich bitte, sich in
unsere Lage zu versetzen, um zu ermessen, wie ernst diese Momente waren. Jetzt waren
wir fest entschlossen, bis an den Strand zu fahren, und hatten nur große Mühe, unseren
durch die Sonnenwärme hochstrebenden Ballon durch andauerndes Ventilziehen herunter
bis an das Schleppseil zu bekommen. Unmittelbar am Ozean auf Delaware, südöstlich
Dover, erfolgte die glatte Landung in einem Maisfeld nach fast 40 ständiger Fahrt Nach
einiger Zeit hatten wir mehrere Reporter und viele Zuschauer um uns, die sich als
Souvenir sogar unseren Ballastsand mitnahmen. Wir erfuhren gleich nach der Landung,
daß Major Hersey am Hudsohsee gelandet sei; den hatten wir also geschlagen.
Nach der Landung hatten wir noch 6 Sack Ballast; hätte die Küste uns nicht ein
Halt geboten, wir wären eine dritte Nacht auch noch durchgefahren, körperlich hätten
wir es sicher ausgehalten; wir waren ganz frisch.
Die Aufnahme in Dover, wo wir die Landung des «Pommern* bei Asbury-Park,
westlich von Philadelphia, erfuhren, war reizend.
In Philadelphia erreichte uns am Nachmittag die Nachricht, daß wir den dritten
Preis gewonnen hätten. Etwas nördlichen Kurs, und wir wären die Sieger gewesen.
Stolz können wir Deutschen darauf sein, daß unsere Ballons «Pommern» und «Düssel¬
dorf» bis an den Strand des Ozeans vorgedrungen sind. Daß alles so gut verlaufen ist,
verdanke ich außer meinem Mitfahrer Hiedemann auch Herrn Hauptmanu Hilde¬
brandt, der uns vor und nach der Fahrt in jeder Weise unterstützt hat.
Keiner der anderen Ballons hat die Überfahrt über die Chesapeakebay gewagt;
die Ballons «Pommern» und «Isle de France» haben die Bucht nicht kreuzen brauchen,
da sie über Philadelphia fuhren.
<K
Aeronautik.
Die Katastrophe des fl Fernandez Duro“. *
Der Ballon «Fernandez Duro» von der Flottille des Aero-Club du Sud-
Ouest in Bordeaux dürfte leider wohl endgültig als verloren angesehen werden.
Seit seinem Aufstieg sind bereits 2 Monate verflossen, ohne daß über
sein Schicksal etwas verlautbart hätte.
Vor einigen Monaten war von dem Aero-Club in Bordeaux ein Wett-
Fernfahren geplant. Dasselbe war schließlich abgesagt und auf einen späteren
Zeitpunkt verschoben worden, weil die Pariser Ballons, welche ihre Beteiligung
zugesagt hatten, infolge besonderer Umstände zu dem in Aussicht genommenen
Zeitpunkte nicht hätten in Bordeaux eintreffen können. Unter den Mitgliedern
des Klubs, die sich zu dieser Fernfahrt gemeldet hatten, befand sich auch
der einer Hamburger Familie angehörige, in Bordeaux ansässige Deutsche,
Herr Alf. Scharf, der vor kurzem nach siebenmaligem, von der Klubordnung
geforderten Aufstiege seine Fähigkeit als Ballonführer nachgewiesen hatte,
und dessen oft ausgesprochener Wunsch es war, in einer Fernfahrt Deutsch¬
land zu erreichen, wenn möglich den für eine Landung im Umkreise von
150 km von Hannover zu einem Teil von ihm selbst ausgesetzten 1000 Frcs.-
Preis zu gewinnen.
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480 «44«
Da das vom Klub angesetzte Wettfahren ausfiel, wollte er bei erster
Gelegenheit bei günstigem Winde den lang gehegten Wunsch zur Ausführung
bringen. Diese Gelegenheit glaubte er am Dienstag den 15. Oktober gefunden
zu haben, da beständiger Südwestwind wehte. Schnell wurde die Füllung
des 800 cbm fassenden, vor einem Jahre neu beschafften Ballons «Fernandez
Duro* veranlaßt. Das ursprünglich als Gefährte in Aussicht genommene
Klubmilglied war an dem Tage verhindert und an seine Stelle trat, gewisser¬
maßen im letzten Augenblick, ein anderes Klubmitglied, Mr. Guy de Beth-
mann, ein einer angesehenen alten Bordelaiser Familie angehöriger Börsen-
Fonds-Makler (agent de change).
Kurz vor dem Aufstieg
war der Wind nach Süd¬
südost abgedreht. Auf eine
dahinzielende Bemerkung und
Anregung eines anderen an¬
wesenden Klubmitgliedes er¬
widerte der mit der Führung
des Ballons betraute Herr
Scharf, daß er, wenn er nicht
in einer höheren Luftschicht
den gewünschten Wind fände,
sofort die Landung bewerk¬
stelligen würde, da er bei
nordwestlicher Flugrichtung
seinen Zweck nicht erreichen
könnte, und in kurzer Zeit
über das Medoc hinweg an
den Ozean gelangen und dann
in der unwirtlichen Einöde
der die Küste entlang sich
erstreckenden Wälder landen
müßte.
So erfolgte um 550 Uhr
nachm, der Aufstieg auf dem
Gelände der auf dem rechten Garonneufer belegenen Gasanstalt der Vorstadt
La Bastide. Für das Folgende vergleiche man die Kartenskizze. Der Ballon flog
zunächst in nordnordwestlicher Richtung über die Garonne gegen Blanquefort
und Parampuvre, wo er um 6 Uhr abds. gesichtet wurde. Dann hat er sich
bei nach Süden zurückdrehendem Winde nach Norden gewandt, ein zweites
Mal die Garonne bzw. die Gironde überflogen, ist um 7 Uhr abds. in St. Ciers
du Taillon, südöstlich des Städtchens Blaye, und um 8 Uhr abds. in Thenac,
9 km südwestlich von Saintes beobachtet worden.
Gegen S l U Uhr abds. will man ihn von Neuville de Poiton aus in süd¬
licher Richtung und in weiter Ferne, gegen 9 Uhr abds. von Fouras, einer
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kleinen Ortschaft an der Charente-Mündung der Insel Oleron gegenüber
beobachtet haben. Um 930 abds. ist er in La Rochelle über der nördlich
gelegenen Vorstadt Jericho in 150 m Höhe mit herabhängendem Schleifseil
in unmittelbarer Nähe des Ozeans gesehen worden. Seitdem fehlt jede
Spur und es ist leider nur allzu wahrscheinlich, daß der Ballon und seine
unglücklichen Insassen Opfer der berüchtigten, in dieser Nacht sehr stürmisch
bewegten Biscaya geworden sind.
Für die Richtigkeit der oben wiedergegebenen Beobachtungen spricht
die Wetterkarte des 16. Oktober. Am
15. Oktober liegt ein Minimum über dem
St. Georgs-Kanal, die Frankreich be¬
treffenden Isobaren 745 und 750 ver¬
laufen in nordöstlicher Richtung.
In der Nacht zum 16. Oktober findet
eine Verschiebung der Wetterlage statt.
Ein barometrisches Minimum bildet sich
in der Südostecke des Biscayischen Meer¬
busens. Die See ist so stürmisch, daß
kein von Süden kommendes Schiff das
KapOrtögal umschiffen kann. Die Frank¬
reich betreffenden Isobaren 740 und 745
verlaufen nordwestlich, in einem der Gi¬
ronde und im weiteren Verlaufe der fran¬
zösischen Westküste parallelen Bogen.
Verfolgt man auf der Karte die Flug¬
richtung des Ballons unter Zugrunde¬
legung der erwähnten Beobachtungen, so
ergibt sich für die Flugbahn eine der #
Isobare 740 ebenfalls genau parallel ver¬
laufende nach Nordwesten sich krüm¬
mende Linie.
Die Wahrscheinlichkeit des Hinaus¬
treibens auf den Ozean wird somit fast
zur Gewißheit. Einen Schimmer von Hoffnung hätte die Möglichkeit, daß
der Ballon von einem Schiff gesehen und gerettet worden sein könnte,
bestehen lassen; allein die nackte Erwägung der Sturmnacht und der ent¬
fesselten Elemente mußte jedes Hoffen im Keime ersticken.
Trotz eifrigster Nachforschungen ist man heute, nach Verlauf von fast
2 Monaten, noch immer ohne irgend welche Nachricht über den Verbleib des
Ballons, und voll Trauer über das tragische Geschick der beiden liebenswerten
jungen Männer wird man sich entschließen müssen, sie als verschollen zu
betrachten.
Was die Katastrophe herbeigeführt hat, weshalb die Landung nicht
oder nicht früher bewerkstelligt worden ist, wird wohl ein unaufgeklärtes
Kurt de« ,,Fernande* Duro“
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Geheimnis bleiben, das die Beiden mit in die Ewigkeit genommen haben,
und es ist ein ebenso müßiges wie ungerechtfertigtes Beginnen, den Führer
des Ballons des Leichtsinnes, der Tollkühnheit, der Unkenntnis, der Un¬
erfahrenheit zu zeihen. Wahrscheinlich will es bedünken, daß der Führer,
nachdem er ein zweites Mal den Strom überflogen hatte und sah, daß er
in nördlicher Richtung weiter ging, die Absicht gehabt hat, wennschon es
nicht möglich war, Deutschland zu erreichen, doch nun in nördlicher Richtung
die Fahrt möglichst weit auszudehnen. Unter für die Orientierung vielleicht
schwierigen Verhältnissen wird er nicht rechtzeitig haben beobachten können,
daß er aus der ursprünglich verfolgten nördlichen Richtung nach Westen
abgedrängt wurde, und erst in unmittelbarer Nähe des Meeres seinen Irrtum
erkannt haben, zu spät, um noch rechtzeitig das Landungsmanöver aus¬
führen zu können.
Vom Aero-Club in Bordeaux war durch Vermittlung der Tagespresse
die Bitte ergangen, ihm alle Mitteilungen, welche für die Feststellung des
Verbleibs des «Fernandez Duro» oder seiner Fahrtrichtung von irgend welchem
Interesse sein könnten, zugehen zu lassen*
So gelangte die Nachricht an ihn, daß die Mannschaft des am Sonntag
den 27. Oktober in London, South West India Docks, von* Kurrachee ein¬
getroffenen Dampfers «Hendonhal» auf der Höhe der spanischen Westküste
am Dienstag den 22. Oktober einen Ballon in bedeutender Höhe über dem
Meere gesehen habe. Fast gleichzeitig würde gemeldet, daß Fischer aus
Coruna, an der spanischen Nord Westküste, am Montag den 21. Oktober
einen in der Richtung auf Santander treibenden Ballon beobachtet hätten.
Irgend welche andere Nachrichten, welche diese Meldungen bestätigt hätten,
sind nicht eingegangen.
Aus dem Eure-Departement verlautete dann, daß am Mittwoch den
16. Oktober vorm, ein Ballon in den Ortschaften Fourges, Port-Mort, Mon-
taure und Notre Dame, de Tlsle beobachtet worden sei. In der Gondel
hätten sich zwei Personen befunden und der am Netz befestigte Wimpel
sei rot-weiß gewesen. Schließlich hat sich herausgestellt, daß es sich um
einen in Chalais aufgestiegenen Militärballon gehandelt hat, der die Fahrt
jedoch am 15. Oktober gemacht hatte und gegen 11 Uhr in der Gegend von
Louviers gelandet war. Die Beobachter hatten sich um einen Tag geirrt.
Am 16. Oktober nachm, zwischen 4 und 5 Uhr will ein Reeder in
Dieppe einen mit zwei Luftschiffern bemannten Ballon in 500— 600 m Höhe
über der Stadt, mit der Fahrtrichtung nach dem Meere, gesehen haben.
Alle diese Mitteilungen haben irgend welche Anhaltspunkte betreffs des
Schicksals des Ballons und seiner Insassen nicht geliefert.
In den Kreisen der hiesigen Luftschiffer nimmt man auf Grund der
vorliegenden nachgeprüften Mitteilungen an, daß der «Fernandez Duro» auf
der Höhe von La Rochelle auf das Meer hinausgetrieben und dort dem in
der Nacht vom 15. zum 16. Oktober herrschenden Wirbelsturm zum Opfer
gefallen ist.
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Möglich ist aber auch, daß der Führer seine Zuflucht zum Aufreißen
des Ballons genommen hat, als es schon zu spät war und er bereits über
dem Meeresspiegel sich befand.
Wie nur zu oft hat auch hier blindes Schicksal gewaltet. Für den
Aero-Club in Bordeaux ist es der erste und darum um so herber emp¬
fundene Unglücksfall, und der Klub kann der herzlichsten kameradschaft-
iichen Teilnahme aller Luftschiffer gewiß sein. Max Hollnack-Bordeaux.
Aufregende Landung eines Ballons.
Am 29. Juni d. Js. wurden gegen 11 Uhr vormittags von der «Arena» in Mailand
4 Ballons aufgelassen: 1. «Mailand», 2000 cbm, Führer Usuelli; 2. «Schnell», 600 cbm,
Führer Longhi; 3. «Condor», 900 cbm, Führer Crespi; 4 . «Cirro», 1400 cbm, Führer Canovetti
Am Horizont stand ein Gewitter.
Herr Ingenieur Canovetti, den Herr Flori als Mitfahrer an Bord des «Cirro»
begleitete, berichtet über die spannende Fahrt und die gefährliche Landung, welche die
von ihm gütigst zur Verfügung gestellten Bilder veranschaulichen, folgendes:
Da der «Cirro» schlecht abgewogen war,
mußten wir an sich schon viel Ballast verbrauchen,
noch mehr, um den Händen einiger Strolche von
Lissone zu entgehen, die sich an das Schlepptgu
klammerten und es nicht fahren lassen wollten.
Wir kamen auf diese Weise so hoch, daß wir die
Seen von Annone, Pusiano und Monguzzo sehen
konnten und nahmen die Richtung zwischen den
beiden letzteren hindurch. Der Ballon stieg in¬
zwischen immer mehr und geriet in eine dichte
Schicht von Wolken, mit denen zusammen er
einen großen Halbkreis beschrieben haben muß, da
sie unbeweglich schienen.
Einen Augenblick zeigten sich die Lichter
von Como und Brunate, aber wir stiegen weiter
von 3300 bis auf 3950 m.
In dieser Höhe unter dem Wolkenmeer und
über einem riesigen jäh aufragenden Fels kühlte
sich das Gas bei 11° außerhalb der Wolken weiter
ab und der Ballon begann zu sinken. Wir durch¬
fielen eine Wolkenschicht von 500 m Dicke, dann
eine klare Zone, darauf wiederum ein Nebelmeer
und so zweimal bis auf 500 m. Auf 1300 m hatte ich die letzte Ablesung gemacht,
es war 9,50 Uhr abends, das Barometer zeigte Fall an. Rechts zeigten sich die
Spitzen der Berge, links Lichter und ein See, vor uns andere Lichter, wir merkten
deutlich, daß der Fels senkrecht war. Wir gaben ein wenig Ballast und das Schlepp¬
tau wurde frei. Ein seitlicher Wind trieb uns in ein Tal. Wir befanden uns zwi¬
schen den Hörnern von Canzo und dem Malgatto, im Canalone, strotzend von
zackigen senkrechten Felsen, in denen sich der Abstieg in der Dämmerung höchst
phantastisch gestaltete. Die Lichter und Häuser von Valmadrera kamen näher und wir
fingen den Ballon mit einer handvoll Sand ab. Da er sich erwärmte, durchfuhr er das
Tal und erreichte den Boden auf halber Höhe am Monte Baro (Baroberg). Er setzte
sanft am Rande einer Steinbruchstraße auf. Ich war im Begriff, das Ventil zu ziehen,
da schlug der Wind, wie es auf den Seen öfter vorkommt, um — und wir trieben vom
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484 «4t«
Lecco- auf den Annonesee zu. Ich konnte nicht «reißen», weil wir am Rande des
Steinbruchs waren. Wir würden zwar kaum auf den Grund gefallen sein, aber in der
Mitte der Straße befindet sich eine Drahtseilbahn für den Steintransport.
Der Korb geriet zwischen die metallenen
Tragedrähte und das Zugseil.
Der Wind war stoßweis und der Ballon
wurde an den Drähten entlang gedrückt und legte
sich so nach der andern Seite herüber, daß der
Ring nur 5 von den 10 Korbleinen in Zug hatte,
die sich bei der starken Reibung unter brenz¬
lichem Geruch durchscheuerten. (Es war derselbe
Korb, der s. Z. mit dem Ballon «Elena» ins Adria¬
tische Meer fiel.) Zwei Leute eilten vom Stein-
bruch herbei, banden das Schleppseil fest und
die SchleifTabrt hörte 11 m vom Kopfende der
Drahtseilbahn auf. Ich zog wieder Ventil, der
Ballon legte sich immer mehr auf die Seite. Wie
eine große Fledermaus kreisend zerriß er und fiel
herab, an dem Tauwerk hängend, das noch den
Korb an der Drahtseilbahn festhielt.
Ich sprang über das Knäuel des Tauwerks
und der Drähte hinüber auf die weit entfernten
und schwer erreichbaren Korbleinen. Ich schwebte
durch die Luft, rief, mich bei den Füßen zu neh¬
men, und sprang leicht auf die Erde. Flori folgte
mir auf meinen Zuruf hin und umarmte mich, als er kaum den Boden erreicht hatte.
15 Minuten waren im ganzen vergangen, seit ich in einer Höhe von 2300 m Uhr und Ther¬
mometer abgelesen. A. Horn.
Die Lütticher Wettfahrt.
Von Dr. Victor Niamey er-Essen.
Mit dem Glockenschlage 5 Uhr nachmittags waren am 7. Juli in Lüttich auf der
im Zentrum der Stadt gelegenen Promenade d’Avroy 13 Ballons prall gefüllt. Tausende
von Neugierigen drängten sich in den schönen Anlagen, die den Aufstiegplatz umgeben,
Tausende in den angrenzenden Straßen. Artillerie-Salven und der Flug von vielen
Hunderten farbigen Versuchsballons kündigten den Beginn des Aufstiegs an.
Um 5 Uhr erhebt sich unter dem Jubel der Menge der erste Ballon, ein Belgier
Es folgt ein Franzose. Und als dritter steigt unser Ballon, der «Elberfeld» vom Nieder¬
rheinischen Verein für Luftschiffahrt, in die Lüfte.
Der Blick auf das maasumschlungene, von den bewaldeten Ardennenhöhen einge¬
schlossene, mit malerisch gelegenen Schlössern umgebene Lüttich gehört zu den schönsten
Städtebildern, die ich vom Ballon aus gesehen habe. Schon nach kurzer Zeit erreichten
wir in 500 Meter eine Gleichgewichtslage und konnten uns dem Genuß des großartigen
Panoramas und der Freude, mit 21 Sack Ballast zu je 25 Kilo hochgekommen zu sein,
hingeben. Unsere Fahrt geht in nordöstlicher Richtung über eine entzückende Hügel¬
landschaft, saftige Wiesentäler, über großartige, parkreiche Schloßsitze mit mäßiger Ge¬
schwindigkeit hinweg. Ohne unsere Höhe um mehr als 100 Meter vermindert zu haben,
kommen wir der Erde näher oder vielmehr die Erderhebungen uns. Sanft berührt der
Korb eine weile Wiesenfläche, deren vierbeinige Bevölkerung in wilde Flucht jagend,
um in demselben Augenblick ohne jede Ballasterleichterung wieder in höhere Regionen
zu ziehen. Längst müssen alle Wettfahrer in den Lüften sein. Wir beobachten gleich¬
zeitig elf Ballons in den verschiedensten Höhenlagen in weiten Distanzen voneinander.
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Einer unserer Nachfolger hat uns überholt, bald ein zweiter. Sie halten sich in Höhen,
die wir auf 2000 bis 3000 Meter schätzen, und strahlen noch in hellem Glanze der Sonne,
die unserer Höhenlage schon Lebewohl gesagt hat. Mein Begleiter — Herr Schulte-Herr-
brüggen aus Essen, der sich mir schon bei mancher Fahrt als hilfsgewandter Mitfahrer
bewährt hat — beobachtet sorgenvoll die Voraneilenden und möchte ihnen in die höhere
Atmosphäre mit offensichtlich etwas stärkerer Luftströmung folgen. Ich beruhige ihn
mit dem Hinweis, daß mit dem Untergang der Sonne die Hochfliegenden Ballastopfer
bringen müssen, die uns morgen zugute kommen. Noch tauschen wir unsere Meinungen
über die zweckdienlichste Höhenlage vor Sonnenuntergang aus, da sehen wir schon den
ersten Ballon, der uns überholt hat, aus seiner stolzen Höhe rapide fallen, — hinter
einem Hügel verschwinden auf Nimmerwiedersehen. In den nächsten zwei Stunden
wiederholt sich das Schauspiel mit zwei weiteren Ballons, die wir — unmittelbar über
ihren Landungsstellen hinwegfahrend — ihren Geist aufgeben sehen.
Schon kurz vor 7 Uhr waren die ersten deutschen Laute von unten an unser Ohr
gedrungen. Der Aachener Wald breitet sich vor uns aus, hinter ihm die alte Kaiserstadt,
an der wir südlich vorbeifahren. In schnellerem Fluge geht es an fernliegenden Städte¬
bildern vorüber, bis wieder ein ausgedehntes Waldgebirge vor uns liegt. Es ist die „hohe
Venn“, die uns noch ihre unendlichen landschaftlichen Reize erkennen läßt und die wir
dann, während sich die Nacht über uns senkt, überschreiten. Wir huschen über das
Gebirge so dicht hinweg, daß der Korb oft die Bäume streift. Es wiederholt sich die
oft gemachte Beobachtung, daß sich unser Luftschiff dem Höhenzuge anpaßt, die Höhen
hinaufklettert und in die Niederungen hinabsteigt, ohne daß ein Ausgleich durch Ballast¬
abgabe nötig wird. Das Wild scheucht dicht unter uns ängstlich auf, Rehe und Hirsche
springen flüchtig ab, — da fliegen wir schon wieder über ein am Bergesabhang malerisch
gelegenes Dörfchen hinweg, aus dem lustige Tanzmusik uns grüßt, — im nächsten
Augenblick tauchen wir in den Waldfrieden zurück, von gefiedertem Nachtgelichter um¬
schwirrt. Vor uns ragt aus Tannendicht eine Schloßruine hervor, die wir unmittelbar
passieren müssen. Hundegebell, Menschenstimmen. Nur wenige Meter sind wir über
dem Burghof. Unsere Zurufe wecken ein erstauntes: «Ein Luftballon, ein Luftballon!»
«Wo sind wir hier?» «Ruine Laubenburg bei Düren, hier wohnt der Förster,* erhalten wir
zur Antwort. Schon ein anderes Bild: Vor uns eine weite Ebene, Düren südöstlich von
im Lichterglanz. Auf der nach Düren führenden Landstraße ein Kremser mit lustiger
Gesellschaft, deren fröhlichen Gesang wir durch laute Signale unterbrechen, die erstaunte
Fragen auslösen: «Wo kommen Sie her?» «Von Lüttich!» «Wohin wollen Sie?» «Nach
Rußland!» «Na, dann glückliche Reise.» «Kennen Sie Herrn Dr. N. in Düren?» «Ja,
gewiß, sehr gut.* «Bitte, bestellen Sie ihm herzliche Grüße von seinem Vetter Dr. N.
aus Essen, der bedauert, ihm keinen Sand auf den Kopf werfen zu können!» «Wird
gemacht.» «Gute Nacht — gute Nacht.» Da sind unsere lustigen Sangesbrüder auch schon
im Dunkel der Nacht verschwunden, — wir nehmen nur noch die letzten Klänge des
schönen Liedes: «Man muß patent sein» mit auf den Weg. Beim nächsten Dorfe
rief uns ein freundlicher Bauersmann an und erkundigte sich nach dem Ziel unserer
Reise. Ich nannte ihm meinen Namen und bat ihn, an meine Frau ein Telegramm auf¬
zugeben, dessen Inhalt ich angab. «Wird sofort besorgt,* war die liebenswürdige Antwort.
Am anderen Morgen — fast 12 Stunden vor der Landungsdepesche — um 9 Uhr wußte
meine Frau, daß ich abends 10 Uhr Düren wohlbehalten in nordöstlicher Richtung passiert
habe. — Weniger glücklich war mein Begleiter mit einem Verständigungsversuche mit
rheinischen Landsleuten. Er erhielt in unverfälschtem Kölsch die Antwort: «Lad mich
in Ruh, du geck Ohs!»-
Inzwischen steigen wir allmählich bis zu 1500 Metern. Vor uns ein Lichtermeer,
einer phosphoreszierenden Ebene gleichend, der wir uns nur sehr langsam nähern. Ganz
allmählich klärt sich aus dem impressionistischen Bilde bunter Feuergestalt das Pano¬
rama einer großen Stadt in nächtlichem Lichtgewand. Bonn, Köln, Düsseldorf, oder sind
wir noch nördlicher geraten? Da erhebt sich aus dem gleichmäßigen Hell eine dunkele
Iilustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jalirg.
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Masse; das ist ja der ewige Dom! Gerade über dem Domplatz schweben wir langsam
hinweg, über den Rhein längs der großen Eisenbahnbrücke. Es war 12 Uhr 30 Minuten
nachts. Noch lange leuchteten hinter uns die Lichtstrahlen der heiligen Stadt, während
wir jenseits des Rheins wieder in Waldgebirge — das bergische Land — eintreten.
Die genaue Orientierung und selbst die Feststellung der Fahrtrichtung wurde in
der stockfinsteren Nacht bei bedecktem Himmel immer schwieriger. Doch dankten wir
sorgfältiger, scharfer Beobachtung die baldige Feststellung, daß wir unseren Kurs geändert,
daß unser Fahrzeug Kehrt gemacht und in ca. 600 Meter Höhe in nordwestlicher Richtung
wieder nach Belgien zuführte. Da heißt es rasch handeln. Eine Luftschicht aufzusuchen,
die uns wieder in die gewünschte Fahrtrichtung bringt oder landen trotz der 14 Sack
Ballast, über die wir noch verfügen. Denn das Wettziel ist eine Weitfahrt. Wir manövrieren
unter Opferung von ca. 2 Sack Ballast, treffen drei verschiedene Luftschichten an und
finden endlich in 1000 Meter Höhenlage den gewünschten Süd-Westwind, während ober¬
und unterhalb ungünstige oder doch ungünstigere Winde herrschten. Gegen 3 Uhr lichtet’s
am östlichen Horizont: die beginnende Morgendämmerung entschleiert ein neues gro߬
artiges Naturschauspiel. Auf dem Gebirgsland, das wir überfahren, lagert eine dichte
Nebelschicht; nur die Gipfel ragen daraus hervor, die Flußläufe sind deutlich auf dem
Nebelmeer markiert. Hier und da strebt aus einem Tal eine geschlossene, turmhohe
Nebelsäule hervor, dicht zusammengeballt in der sie umgebenden klaren Atmosphäre.
Nach und nach wirkt die Sonne auf das weite Nebelmeer gestaltend; wie eine neue
Schöpfung wickelt sich eine herrliche Gebirgslandschaft heraus. Ein vielfaches Echo
hallt unseren jubelnd ins Gebirge hinausgerufenen Morgengruß wider. Dem Echo folgt
ein lebhaftes Hurra. Vor einem Schützenzelt auf hochgelegener Waldlichtung erwartet
eine lustige Gesellschaft den kommenden Tag und aus ihrer Mitte folgt den uns geltenden
Hurrarufen ein Morgengruß, der uns tief bewegte. Ein Trompeter schmetterte zu uns
«das Westfalenlied* hinauf. Und wir fielen ein: «Das Land, wo meine Wiege stand,
behüt dich Gott, Westfalenland!*
Wenige Minuten später — unsere Uhr zeigte 4 Uhr 20 Min. —, im Augenblick,
als wir die Lenne zwischen Limburg und Altena überschreiten, treffen die ersten Sonnen¬
strahlen den Ballon. Wir überfahren die wohlbekannte Stätte der Dechenhöhle, dann
mit wesentlich vermehrter Geschwindigkeit an Iserlohn vorüber, überschreiten — 5 Uhr
35 Min. — bei Wickede die Ruhr und treten damit in das Flachland des nördlichen
Westfalen ein. Die Sonnenstrahlen erwärmen unsere durch die bittere Kälte der Nacht
erstarrten Glieder und treiben den Ballon höher und höher. Als wir um */* 7 zwischen
Hamm und Lippstadt die Lippe überschreiten, zeigt der Barometer 2500 Meter. Der
Barograph hat seine dritte Umdrehung vollendet; nach seiner Neueinstellung will er
nicht mehr funktionieren, die rote Tinte ist ausgetrocknet, — wir opferten einige Tropfen
von unserem rot leuchtenden «Sherry Brandy«, die den Apparat wieder tadellos in
Betrieb setzten. Vor uns glänzt die weite Ebene in hellem Sonnenschein. Plötzlich tritt
aus einer weit hinter uns liegenden Wolkenwand ein Ballon heraus. Ist es der «Schwarz¬
kittel» (so hatten wir einen unserer uns gefährlich dünkenden Konkurrenten wegen seiner
dunklen Färbung getauft), oder ist es unser deutscher Landsmann «Düsseldorf»? Wir
schätzen die Entfernung auf mindestens 20 Kilometer und beruhigen uns bei dem Ge¬
danken, daß mit unserem Ballastreichtum von noch 11 Sack die Distanz kaum nach¬
geholt werden kann. Noch richten wir unsere scharfen Gläser auf den Luftgenossen, da
verschwindet er auch schon wieder in der Dunstwolke, um nicht wieder zu erscheinen.
Vermutlich war es der «Düsseldorf», der ungefähr zu dieser Zeit und an dieser Stelle
.gelandet ist.
Um 9 Uhr sichten wir aus 3700 Meter Bielefeld. In langsamem Fluge geht es über
Oeynhausen, die Porta-Westfalica, Bückeburg, über die große Wasserfläche des «Stein-
huder Meeres». Die Weser, die wir schon bei Vlotho überschritten haben, übersehen
wir nach Norden zu in ihren wechselvollen Windungen wohl in einer Länge von 40 Kilo¬
metern und mehr. Nachdem wir jenseits des Steinhuder Meeres die Aller überflogen
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haben, hat sich das Bild der Atmosphäre vollständig geändert. Aus einer Dunstschicht,
die den Horizont zu umgrenzen schien und in deren Höhen wir wiegen, haben sich
Wolkenmassen losgelöst. Wir befinden uns über einem endlos scheinenden Wolkenmeere,
so überwältigend schön, wie ich es auf meinen zahlreichen Luftfahrten noch nie sah.
Der tiefblaue Himmel über uns wölbt sich über einer in allen Beleuchtungsfarben
schillernden Gletscherwelt. Da scheinen mächtige Schneeberge in die blaue Atmosphäre
emporzuragen, dort umgeben groteske Höhenformationen ein tiefes Wolkental, da wieder
ein weitgezogener Firn. Das sind überwältigende Naturbilder, wie sie nur des Luft¬
schiffers Auge schaut. Plötzlich teilt sich die Wolkendecke dicht unter uns und gewährt
Durchblicke auf neue phantastische Bilder. Unter der oberen, undurchdringlich er¬
scheinenden Wolkenschicht jagen andere bis zur Erdfläche durchsichtige Wolkenmassen
in fliegender Eile in entgegengesetzten Richtungen über die Erde dahin. Das bestätigte
unsere Voraussetzung, daß wir in niederer Höhenlage — wir hatten uns seit Sonnen¬
aufgang zwischen 3000 und 4000 Meter Höhe gehalten — unfehlbar zurückgetrieben
wären. Auf den durchsichtigen Wolkenzügen erscheint wiederholt das scharfe Spiegel¬
bild unseres Ballons in prachtvoller Aureole, — einmal in der seltenen Erscheinung fast
dreifacher natürlicher Größe, umgeben von einem Doppelkreise aller Regenbogenfarben,
mit glühender Intensität. — Durchblick und Orientierung gingen uns nicht mehr verloren.
Es war 2 Uhr nachmittags geworden. Unsere im Interesse der Gewichtserleichterung
kärglich bemessenen Lebensmittel waren längst zur Neige gegangen. Wir hatten die
Bahnlinie Berlin-Hamburg unweit von Uelzen überschritten. Seit 12 Stunden hatten wir
bei scharfer Beobachtung jeder Fallneigung unseres Fahrzeuges nur bandweise Ballast
gegeben, auf diese Weise in 12 Stunden noch nicht vier Sack Ballast verbraucht, und
dabei den Ballon während dieses Zeitraumes in fast gleichmäßiger Höhenlage gehalten.
Wir befanden uns in 4200 Meter Höhe mit noch 8 Sack Ballast, als der Ballon auf die
kleinen Ballastmittel nicht mehr reagieren wollte. Ich beschloß, den Ballon langsam
fallen zu lassen. Zum Abfangen des einmal ins Fallen gekommenen Ballons wurden
3 Sack Ballast erforderlich. Der Ballon war fast auf die Hälfte seines Inhaltes zusammen¬
geschrumpft. Während des Fallens wurden wir der von uns beobachteten unteren Luft¬
strömung entsprechend einige Kilometer nach Westen zurückgetrieben, bis wir östlich
von der Bahnstrecke Uelzen-Hamburg bei Pretzier in der Altmark mit noch 5 Sack
Ballast sehr glatt landeten, erquickt und gehoben durch die zahlreichen, herrlichen Ein¬
drücke unserer Fahrt. Wir hatten 440 Kilometer zurückgelegt und waren 22 Stunden in
der Luft gewesen. Bei unserer Rückkehr am anderen Tage fanden wir die Telegramm¬
nachricht vor, daß wir die weiteste Strecke zurückgelegt und damit den ersten Preis
gewonnen hätten.
Mich beherrschten die Gedanken, die ich jüngst am Schluß eines Luftballonfahr¬
berichtes ausgesprochen fand: «Mag vielleicht die Zukunft den «Lenkbaren» bringen mit
seinen schnurrenden Motoren, seinem Benzinduft, dem scharfen Luftzug und der
stampfenden und schlingernden Seekrankheit in vervielfachter auslösender Bewegung, —
so viel steht fest: der vor dem Winde dahin schwebende Kugelballon, in dem kein
Lüftchen merkbar ist, der in majestätischer Ruhe seine Bahn über Berg und Wald, über
Seen und Felder, über Land und Meere dahinzieht und dem Luftschiffer Muße und Ge¬
legenheit zum genußreichen Schauen gibt — der ungelenkte Ballon wird seinen Reiz
behalten und lange noch die Poesie der Luftschiffahrt verkörpern, wenn diese längst zur
handwerksmäßig ausgeübten Alltagskunst geworden sein wird».
„Patrie".
Die Übungsfahrten der «Patrie* im Herbst 1907 wurden durch 3 Aufstiege
innerhalb 24 Stunden eingeleitet. Der erste dieser Aufstiege fand am 21. Oktober nach¬
mittags statt, dauerte */ 4 Stunden und führte über die Umgegend von V61izy. Es war
die sogenannte Regulierungsfahrt, die das Funktionieren aller Teile feststellen sollte.
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An Bord waren 7 Personen. Der zweite begann um 8 s /4 Uhr am Morgen des nächsten
Tages und wurde bis 10 */* Uhr vormittags ausgedehnt. Er führte über Issy-les-Moulineaux,
dann fuhr das Luftschiff die gesamten Befestigungen von Paris ab, immer in einer Höhe
von 300—450 m. 8 Personen nahmen daran teil: Als Führer Kommandant Bouttieaux,
Ingenieur Juillot, der die neuen Verbesserungen, über die bisher nichts bekannt geworden
ist, beobachtete, ferner 3 Offiziere und 3 Mechaniker. Bei der ganzen Fahrt wurde kein
Ballast ausgegeben. Vor der Landung wurden mehrfach Vorbereitungen zur Landung
geübt. Am selben Tage von 2 4 /*—3 Uhr nachmittags stieg das Luftschiff mit Kapitän
Voyer als Führer und 3 Offizieren sowie ebensoviel Mechanikern auf. Bei dieser Fahrt
wurde ebenfalls kein Ballast ausgegeben, auch kein Gas abgelassen. Der folgende Auf¬
stieg, am 23. Oktober, führte über 100 km Land. Abfahrt um 8 Uhr vormittags, Landung
um 11 Uhr 45 vormittags, an Bord 6 Personen, darunter Major Bouttieaux, Fahrt bis
Etampes und zurück nach Chalais-Meudon.
Am 26. Oktober hatte die «Patrie» das erste Mißgeschick in diesem Jahre, das die
Phot. Rol, Paris. Reihe der so verhängnisvoll abgeschlossenen
Unfälle eröffnete, der aber glücklich ablief
und eigentlich zeigte, wie ausgezeichnet sich
die « Patrie» auch bei Unglück bewährt. Das
LuftschifT war mit dem Major Bouttieaux
als Kommandeur, dem Hauptmann Bois,
dem Leutnant Lenoir, den Adjutanten De-
gruffroy und Girard, dem Grafen de Con-
tades und dem Direktor im Ministerium der
öffentlichen Arbeiten Leon Barthou um 10
Uhr 45 vormittags in Chalais aufgestiegen.
Es nahm seinen Kurs über Paris, passierte
die Champs Elys6es, das Palais Bourbon
und hatte bereits wieder Issy-les-Moulineaux
erreicht, als die linke Schraube infolge eines
lockeren Bolzens, der einen Bruch der Welle
der Winkelräder verursachte, sich losriß,
den Kühler zertrümmerte und in den Hof
einer Brikettfabrik, Ernest Renan-Straße 1,
auf einen Wagen stürzte, den sie zerschmet¬
terte. Der Motor blieb des beschädigten
Kühlers wegen stehen und das LuftschifT,
um das Gewicht der Schraube entlastet, stieg
von 200 auf 600 m, als gewöhnlicher Frei¬
ballon ein Spiel des Windes. Major Bouttieaux ließ die «Patrie* ruhig über die Häuser
hinwegtreiben und landete ohne die geringsten Schwierigkeiten bei einer Tongrube in Fresnes-
les-Rungis, um 11 Uhr 45 vormittags. Auf telephonischen Befehl nach Chalais-Meudon
kamen um 3 Uhr 30 nachmittags Mannschaften, die den Kühler reparierten und das bei der
Landung ausgelassene Gas nachfüllten. Ein Ersatz der beschädigten Schraube hätte zu
lange gedauert, so bestiegen denn Hauptmann Bois, Leutnant Lenoir und die Adjutanten
Degruffroy und Girard die Gondel und fuhren mit nur einer Schraube nach Chalais zu¬
rück. Bei der normalen Fahrt vor dem Unfall war kein Ballast ausgegeben worden, die
Höhenregulierung geschah lediglich durch die Höhensteuer. E.
Die „Patrie“ über Paris.
Die Fahrt der «Patrie* von Chalais-Meudon nach Verdun. Nach langer
Erprobung (denn der «Lenkbare* machte 11 Aufstiege 1906, 21 im Sommer 1907 und
seine jetzt gemachte Fahrt ist die 10. im Herbst 1907) hat sich nun das Flugschiff
«Patrie* in ununterbrochener Fahrt von 7 Stunden 5 Minuten Dauer nach seinem Be¬
stimmungsort, man kann wohl sagen Garnisonsort, begeben. Nachdem zwei Tage vorher
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der Beschluß zur Fahrt im französischen Kriegsministerium gefaßt und der Befehl gegeben
war, erfolgte der Aufstieg am 23. November morgens 8 Uhr 40 bei gutem Wetter, aber
um 11 mm gesunkenem Barometerstand. Die Landung erfolgte 3 Uhr 45 in Verdun.
Will man die Fahrtdauer vom Zeitpunkt des Eintritts der Schraubenarbeit bis zum
Eintreffen über dem Bestimmungsort, also als die reine Flugleistung, berechnen, so würden
sich etwa 6 Stunden 45 Minuten ergeben.
Die Flugbahnhöhe bewegt sich zwischen 300 und 900 m.
Nach Überquerung der Ebenen der Champagne waren die Waldhügel der Argonnen
zu überfliegen und ebenso von St. Menchould ab war um ca. 300 m höher zu gehen.
Nach den Beobachtungen in Coulommiers, Montmirail, Chälons, St. Menehould war
die Geschwindigkeit in einzelnen Abschnitten der Fahrt verschieden. Sie betrug zu
Anfang etwa 30, am Schluß etwa 27 km per Stunde, in den mittleren Teilen der Fahrt
übersteigt sie wesentlich 40 km, sodaß ein Mittelwert von etwa 34 km sich ergibt.
Die direkte Entfernung vom Aufstiegs- zum Zielpunkt beträgt 236 km, doch wurde
der Weg nicht ohne flache Ausbiegungen zurückgelegt. Ballast wurde nicht verbraucht,
da die horizontalen Führungsflächen des Fahrzeugs die Höhenregelung durch mechanische
Kraft allein ermöglichten. Leider ist aus den Berichten nicht zu entnehmen, inwiefern
die Handhabung des Ballonetts hieran beteiligt war.
Mit 290 1 «Essenz» abgefahren, kam die «Patrie» mit noch 150 1 am Ziel an.
Der Motor, ein Panhard-Levassor von 70 HP. ungefähr, zu 4 Zylindern, hat sich vor¬
züglich bewährt, da er ohne jede Störung arbeitete.
Von einer in Chälons vorsorglich bereitgestellten Reserve, bestehend aus zwei
Wasserstoff-Flaschen-Wagen für etwa nötige Nachfüliung, wurde kein Gebrauch gemacht.
ln Verdun war alles zum Empfang bereit und um 3 Uhr 15 war das Luftschiff
schon von den Sappeurs an den Halteseilen, etwa 200 m von der Halle entfernt, gefaßt.
Die Besatzung der Gondel bestand aus: Kommandant Bouttieaux, Kommandant
Voyer, Kapitän Bois, Leutnant Delassus, Adjutant Degruffroy als Mechaniker.
Es stehen für nächste Zeit die Übungs- und Erkundungsfahrten von Verdun aus
in Aussicht.
Man muß sich nun sagen: Die ganze Luftreise würde nicht angeordnet worden
sein, wenn nicht die vorhergehenden Leistungen als entsprechend den Anforderungen
erachtet worden wären, die an ein Festungsluftschiff herantreten können. Ziffernmäßig
genaues besteht über das Wesentliche der Leistung der «Patrie» nicht und auch die
Berichte über diese letzte Fahrt, bei der übrigens anzunehmen ist, das Schiff habe auch
hier sein Bestes getan, geben nicht genügenden Anhalt über die Eigengeschwindigkeit.
Man erfährt zwar, daß nach Trübung des Wetters und mittags eingetretenem Regen der
«ungünstige Wind» aus Ost-Süd-Ost gegen Schluß der Fahrt sich verstärkt habe, doch
ist keine brauchbare Aufzeichnung über Stärke, Richtung und Dauer der Luftbewegung
gegeben. Bei der großen Genauigkeit und Umsicht, mit welcher man in Frankreich auf
den Gebieten der Technik, Mechanik und Naturwissenschaft zu arbeiten pflegt, ist Fest¬
stellung der Eigengeschwindigkeit kaum außer acht gelassen worden. Ebenso wird man
auch die Statistik der herrschenden Windstärken und Windrichtungen für jene Gegenden
aufgestellt haben, in denen die «Lenkbaren» Dienste zu leisten haben. Über diese
wesentlichsten Beurteilungselemente für die vermutliche Ausdehnung der Verwendbarkeit
werden wir wahrscheinlich später nähere Aufklärungen erfahren. K. N.
Bei einer am 29. November von Verdun aus unternommenen Fahrt, die Auf¬
klärungsübungen bezweckte, hatte die «Patrie» den zweiten Unfall. Der Motor versagte,
aus welchen Ursachen war bisher mit Sicherheit nicht zu erfahren, und das Luftschiff
wurde vom Winde weggetrieben. Es landete etwa 14 km von Verdun entfernt bei Nixe-
ville. Die Reparaturen wurden so gefördert, daß das Luftschiff bereits am 1. Dezember
einen neuen Aufstieg unternehmen sollte. An diesem Tage entriß es sich bei stürmischem
Winde den Bedienungsmannschaften. Es wurde über England mit Kurs auf die Irische
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See zu gesehen, schlug in der Nähe von Belfast (Irland) zweimal auf, wobei die Propeller
abgerissen wurden, und ist wahrscheinlich in den Atlantischen Ozean gefallen. Ein
Bericht über diesen bedauernswerten Unfall aus der Feder des Oberstleutnant Espitallier
wird in einem der nächsten Hefte erscheinen. E.
Die Luftschiffahrt im Etat 1908 des deutschen Reiches.
Im Jahre 1908 sollen vom Deutschen Reiche, sofern der Reichstag die Mittel be¬
willigt, für die LuftschifTahrt folgende Aufwendungen gemacht werden:
Jahresbeitrag zu den Kosten der Internat. Organisation für Luft¬
schiffahrt . 4 000 J(.
Beitrag zu den laufenden Betriebskosten der Drachenstation am
Bodensee für die Erforschung der oberen Luftschichten ... 7 400 »
Bewilligt wurden bereits 1906 . 43 850 JC
1907 . 22 400 >
Sa. . . 66 250 Jt
Zur Gewährung einer Entschädigung an den General der Kavallerie
z. D. Dr. Ing. Grafen von Zeppelin und zum Erwerbe der
beiden von ihm erbauten Luftschiffe. 2 150000 JL
Im Etat für 1907 waren angesetzt 1 369 200 Jü
Die letzte Forderung wird durch folgende Denkschrift begründet:
Das Luftschiff des Grafen Zeppelin hat bei den Versuchsfahrten am 24., 25., 26.,
28., 30. September und 8. Oktober 1907 einwurfsfrei die großen Eigenschaften, die dem
starren System innewohnen, erwiesen. Die Stabilität der Längsachse in horizontaler
Richtung ist auch während der schnellsten Fahrt erhalten geblieben. Während die
Seitensteuerung sich zwar als ausreichend, aber doch bei böigem Winde und ungleich¬
mäßigen Windstrombahnen als etwas schwierig und daher einer leicht auszuführenden
Verbesserung als bedürftig erwiesen hat, bewährt sich die Höhensteuerung in vollstem
Maße. Der Führer war zu jeder Zeit imstande, mit Hilfe der Höhensteuer durch Ände¬
rung der Neigung ihrer Horizontalflächen das Luftschiff lediglich durch dynamische
Wirkung in wechselnde Höhenlagen zu bringen. Das Herabgehen aus der Höhe auf die
Bodenseefläche vollzog sich ohne Schwierigkeit. Während der Fahrt sind weder Schwan¬
kungen noch Stöße zu spüren. Beim Arbeiten beider Motore erreichte das Luftschiff
eine eigene Geschwindigkeit von rund 50 Kilom. in der Stunde. Die längste Fahrtdauer
am 30. September 1907 betrug rund 8 Stunden. Die Fahrt wurde nur abgebrochen,
um nicht in der Dunkelheit zu fahren. Ballast und Benzinmenge hätten völlig genügt,
um eine Fahrt von gleicher oder größerer Dauer daran anzuschließen. Das Schiff hat
die in die Zeit vom 24. September bis 8. Oktober fallenden Aufstiege mit der gleichen,
nur ganz gering vermehrten Gasfüllung zurückgelegt. Diese Eigenschaften rechtfertigen
es, schon jetzt die Mittel vorzusehen, um das bereits vorhandene und das im Bau be¬
griffene zweite Luftschiff des Grafen Zeppelin für Reichszwecke zu erwerben, wobei
indessen der Ankauf davon abhängig gemacht werden soll, daß es Graf Zeppelin im
Laufe des Jahres 1908 gelingt, mit seinen Schiffen, die sowohl hinsichtlich der Dauer
der Fahrt wie der Geschwindigkeit, der Erreichung großer Höhen und der Sicherheit
des Landens auf festem Boden zu stellenden Anforderungen der Reichsverwaltung zu
erfüllen. Für die Bemessung des Kaufpreises sollen diejenigen Aufwendungen berück¬
sichtigt werden, die Graf Zeppelin im Laufe seiner mehr als 15 Jahre umfassenden
Versuche aus eigenem Vermögen und aus ihm gegen Verpflichtung der Rückgabe dar¬
geliehenen Mitteln gemacht hat, unter Abzug aller Summen, die ihm schon bisher aus
öffentlichen Fonds des Reichs und der Einzelstaaten, aus Lotterien oder Sammlungen
ohne Rückgabeverpllichtung zugeflossen sind. Hiernach ergibt sich ein Preis von rund
1 650 000 Jk Daneben soll dem Grafen Zeppelin eine Entschädigung für seine eigene
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Arbeit gewährt werden. Für ihre Bemessung ist zu berücksichtigen, daß Graf Zeppelin
unter den schwierigsten Verhältnissen und gegen Widerstände mannigfachster Art mit
bewundernswerter Ausdauer und schöpferischem Geiste die Frage der Lenkbarkeit des
Luftschiffs zu einer bisher nicht übertroffenen Lösung geführt, und daß er seit dem
Jahre 1892 seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich der Erreichung dieses Zieles ge¬
widmet hat. Danach dürfte es angemessen sein, die Entschädigung auf den Betrag von
500000 JL zu bemessen.
In Anbetracht dieser Leistungen des Reichs ist in Aussicht genommen, gegebenen¬
falls für den Bezug weiterer Luftschiffe Vorzugspreise durch ein entsprechendes Ab¬
kommen auszubedingen. E.
Die Fahrten der „Ville de Paris".
Im Oktober- und November-Heft hat Oberstleutnant Espitalier die Aufstiege der
«Ville de Paris» bis zum 11. September mitgeteilt. Seit dieser Zeit wurden mehrere
recht gut gelungene Versuche unternommen.
Phot. Rol, Paris.
H. Kapfärer in der Gondel der „Vlile de Paris“ beim Ballastwerfen.
Am 12. September 1907 machte das Luftschiff zwei Auffahrten, die erste vormittags
9 1 /*, die nur 40 Minuten dauerte, die zweite (in diesem Jahre die 13. Fahrt) um 10 6 vorm.,
die bis 11 40 vorm, ausgedehnt wurde. Bei der Landung waren noch 185 kg Ballast vor¬
handen, die mittlere Höhe war 300 m.
Am 13. September besuchte H. Deutsch de la Meurthe in seinem Lenkbaren seine
Freunde bei einer Jagdpartie. Die Fahrten vom 17. und 20. September dauerten nur
kurze Zeit, der ersteren wohnte der Fürst von Monaco bei, an der zweiten, die eine
halbe Stunde dauerte, nahm Kapitän Ferber teil. Der 17. Aufstieg fand am 21. Sep¬
tember statt und führte nach Meudon, wo der «Patrie» ein Besuch abgestattet wurde.
Er dauerte 1 */« Stunden, es wurden dabei etwa 50 km überflogen. Der Kommandant
Bouttieux, der mit aufgestiegen war, erklärte sich von dem Gesehenen höchst befriedigt.
Eine etwa gleich lange Fahrt wurde am 23. September unternommen, sie dauerte 1 Stunde
20 Minuten und führte über etwa 48 km. Am 19. Aufstieg, der am Morgen des 24. Sep¬
tember vor sich ging und 45 Minuten dauerte, nahm der Fürst von Monaco teil; der
20. Aufstieg am 25. September gelang trotz eines Windes von 11 m p. sec., der auf dem
Eiffelturm gemessen wurde, sehr gut; seine Dauer betrug 35 Minuten.
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Nach diesen Erfolgen zögerte der Besitzer des Luftschiffes nicht, es dem Kriegs¬
minister am 10. Oktober im Falle einer Mobilmachung zur Verfügung zu stellen. Das
Angebot wurde angenommen, so daß die französische Luftschiffflotte im Kriegsfälle durch
die erprobte «Ville de Paris» eine nicht zu unterschätzende Verstärkung erfährt. E.
Aeronautische Übersicht.
BalloiifUegcr „Clement“. Einen neuen Lenkbaren läßt Clement, der bekannte
Automobilfabrikant, nach den Plänen Capazzas erbauen. Der Ballon wird ebenso, wie seine
Automobile, den Namen «Bayard» führen. Der Tragkörper aus Gummistoff hat Linsen¬
form, einen Durchmesser von 42 m, eine Höhe von 7 m und einen Inhalt von 5051 cbm.
Zwei Motore mit zwei Schrauben werden das Luftschiff fortbewegen. Es ist beab¬
sichtigt, die auf- und absteigenden Bewegungen durch die Form des Tragkörpers zur
Fortbewegung zu benutzen, ähnlich wie es Wellner 1883 in Berlin versuchte. Die ersten
Versuche sollen im nächsten Frühjahr stattfinden. Man geht wohl nicht fehl, wenn man
annimmt, daß die Prinzipien dieses neuen Ballonlliegers in der französischen Patent¬
schrift 378 708, die unter dem Namen Clement veröffentlicht ist, gegeben werden, und wir
werden nicht verfehlen, später näheres über das interessante Projekt mitzuteilen. E.
Eine Rekordfahrt beabsichtigte der Londoner «Daily Graphic* mit einem eigens
dazu gebauten Ballon zu unternehmen, jedoch konnte der Weit- oder Dauerrekord nicht
geschlagen werden, dagegen wurde ein neuer Rekord für Meeresüberfliegung aufgestellt.
Der Ballon «Mammuth» von 3550 cbm, erbaut von Gaudron, außer mit seinem Erbauer
noch mit dem Besitzer Tannar, sowie mit M. Turner, Redakteur des «Daily Graphic»,
bemannt, stieg am 12. Oktober 1907 6 30 nachm, vom Kristallpalast auf und passierte mit
östlichem Kurs die englische Küste gegen 11 Uhr abends. Die dänische Küste kam am
Sonntag-Morgen in Sicht, die Landung erfolgte bei Toesso (Schweden) am 13. Oktober
1 ! /* Uhr nachmittags. Die zurückgelegte Strecke in der Luftlinie beträgt 1170 km. E.
<K
Aerologie.
Die Technik der Pilotballonaufstiege
Von A. de Quervain (Zürich).
Auf der Suche nach einer sichern und bequemen Methode für die Bestimmung
der Flugbahn von Registrierballons zur Konstruktion eines besondern Theodoliten geführt,
kam ich bald dazu, mit Hilfe dieses Instruments auch mit kleinen Gummiballons, sog.
Pilotballons, entsprechende Versuche anzustellen. Der vorläufige überraschend gute
Erfolg veranlaßle mich schon vor einiger Zeit zu verschiedenen Hinweisen auf die
meteorologische Bedeutung dieser Methode. 1 ) Da dieselbe seither weiter ausgearbeitet
worden ist und mir verschiedene Wünsche nach näheren Angaben zugekommen sind,
möchte ich hier eine kurze Darlegung, namentlich in technischer Hinsicht bringen.
Bei den Pilotballonaufstiegen wird die Absicht verfolgt (wolkenlosen oder nicht sehr
tief bewölkten Himmel vorausgesetzt), die Bewegung der verschiedenen Atmosphären¬
schichten nach Richtung und Geschwindigkeit kennen zu lernen. Welchen meteorologischen
Wert eine solche Kenntnis besitzt, habe ich schon an anderer Stelle auseinandergesetzt.
Ich habe aber damals auch schon darauf hingewiesen,’) wie brauchbar solche Pilotballon-
*) „Ein Vorschlag zur allgemeineren Verwendung von Pilotballonanvisieruugon zu meteoro¬
logischen Zwecken.“ „Das Wetter“, Berlin 1906, Maiheft. Siehe auch Beiträge zur Physik der freien
Atmospärc, Bd. II. S. 77, und Protokoll der Konferenz der internationalen Kommission, Mailand 1906.
-) Diese Zeitschrift 1906, S. 150.
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anvisierungen bei wichtigen aeronautischen Versuchen, wie Aufstiegen von lenkbaren
Luftschiffen sein müßten, und sehe nun mit Genugtuung, daß, so wie schon bei den letzten
Zeppelinschen Aufstiegen am Bodensee, nun auch für die künftigen Aufstiege des
Parsevalsehen Luftschiffs nach Angabe von Prof. R. Aßmann in der Tat solche
Anvisierungen geplant sind zur Orientierung über die Bewegungsverhältnisse der höheren
Luftschichten.
Diese Orientierung also wird genau und auf einfache Weise erlangt dadurch, daß
man von einem Punkt aus mit einem geeigneten Instrument in bestimmten Zeit¬
intervallen Höhenwinkel und Horizontalwinkel (Azimut) eines Ballons mißt, der mit
bekannter Geschwindigkeit aufsteigt. Die gewünschten Größen, Horizontalgeschwindigkeit
und Richtung, lassen sich dann rechnerisch und graphisch fast augenblicklich ableiten.
Wir wollen nun die einzelnen in der Praxis der Pilotaufstiege in Frage kommenden Punkte
der Reihe nach besprechen:
Als Pilotballons vrerden am besten die kleinen Paturelsehen Gummiballons
gewählt, 1 ) und zwar jene zu ö fr. oder 10 fr., 43 und 84 g wiegend. Wenn man diesen
Ballons durch eine Wasserstoffüllung einen Anfangsauftrieb von 200 g gibt, pflegen sie
noch eine Höhe von 7000—8000 m zu erreichen. Je nachdem können sie auch bis
über 12000 m steigen, oder aber schon in 5000 m Höhe platzen. Eine mittlere Maximal¬
höhe läßt sich nicht genau angeben, weil es gerade bei den allergrößten Höhen unent¬
schieden bleiben kann, ob der Ballon geplatzt oder dem übermüdeten Auge unsichtbar
geworden ist. Es scheint kein dem Preis entsprechender Unterschied zwischen den
Leistungen der 5 fr.-und 10 fr.-Ballons zu bestehen, soweit meine Erfahrung reicht. Wir
haben in Zürich seit einem Jahr unsern 1500 mm-Registrierballons jeweilen einen 5 fr.-
Pilotballon mit 100 g Auftrieb als Tandemersatz mitgegeben, und diese kleinen Piloten
haben die Maximalhöhe von 12—13 km fast immer glücklich ausgehalten und bei der
Landung in gewünschter Weise als Signale funktioniert. Einige später verwendete 10 fr.-
Ballons haben sich eher weniger gut bewährt.
Was die zu wählende Vertikalgeschwindigkeit dieser Ballons betrifft, müssen
zwei entgegengesetzt wirkende Faktoren in Betracht kommen. Zur Vermeidung starken
Abtreibens bei großen Windgeschwindigkeiten und im Interesse einer schnellen Durch¬
führung der Versuche sollte die Vertikalgeschwindigkeit groß sein; der hierzu nötige
große Anfangsauftrieb beschränkt aber die erreichbare Maximalhöhe. Ein Anfangsauftrieb
von 200 g wird im allgemeinen beiden Anforderungen am besten entsprechen. Es ist
übrigens bei weitem nicht möglich, am Erdboden den Ballons durch Füllen mit Wasser¬
stoff eine solche Ausdehnung zu geben, wie sie beim freien Schweben tatsächlich erreicht
wird. Dieser Umstand bringt es mit sich, daß die von den Maximalhöhen der 5 fr.-
Ballons ausgehende Überlegung nicht zutrifft, mit entsprechend billigeren Ballons nun
wenigstens Höhen von 4 — 5000 m sicher erreichen zu können; das Verhältnis wird
ziemlich viel ungünstiger, auch schon wegen des mit der Höhe immer langsamer ab¬
nehmenden Luftdrucks. Bei den Pilotaufstiegen aus Anlaß der letzten Zeppelinschen
Fahrten verwendete ich Piloten von ca. 22 g Gewicht, für die ich durch in der Ballon¬
halle angestellte Versuche bei 20 g Auftrieb eine Steiggeschwindigkeit von rund 100 m
in der Minute fand. Wenn es sich, wie in diesem Falle, darum handelt, hauptsächlich
Angaben aus den untern Schichten und bei schwacher Windbewegung zu erhalten,
genügen oft solche kleineren Ballons mit kleinerer Steiggeschwindigkeit.
i) Die oft verlangte Adresse ist: H. Paturel, Fabrique de ballons, Paris, Rue d’Avron 123. —
Übrigens möchte ich bemerken, daß die schon früher von Herrn Prof. Kremser vorgeschlagenen Pilot¬
ballons aus Papier in gewissen Füllen immer noch vorteilhafte Verwendung linden dürften, resp. ge¬
funden haben, z. B. bei den Pilotaufstiegen auf dem Meer bei der Expedition Teisserenc de Bort-Rotch.
*Als ich selbst auf das Interesse der Pilotballonvisierungen hinwies und gleichzeitig eine bequeme Methode
angab, waren mir die 13 Jahre zurückliegenden ganz analog begründeten Vorschläge Kremsers unbe¬
kannt geblieben. (S. Zeitschr. f. Luftschiffahrt 1893, S. 57—64 und Meteor. Zeitschr. 1893, S. 198 und
S. 143.) Es ist nur schade, daß die damals in Aussicht gestellte Versuchsscrie nicht zur Durchführung
gekommen ist.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. ^
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Wichtig ist die genaue Feststellung der Vertikalgeschwindigkeit, die
einem bestimmten Auftrieb entspricht. 1 ) Zu diesem Zweck habe ich vor einigen Monaten
im 21 m hohen Mittelschiff des Großmünsters in Zürich mit Erlaubnis des Hochbauamts
und Unterstützung der Schweiz, meteorologischen Zentralanstalt eine große Anzahl
möglichst genauer Versuche ausgeführt, wobei mir mein Kollege Dr. R. Billwiller und
Herr Abwart Gamper bestens behilflich waren. Die Zeitdifferenzen zwischen dem Passieren
einer bestimmten Anfangsmarke (bei welcher der Ballon schon seine Geschwindigkeit
erlangt hatte) und dem Anschlägen am Schlußstein des Kreuzgewölbes wurden mit einem
von Herrn Prof. Weiß zur Verfügung gestellten Hipp sehen Chronoskop bestimmt, das
0,001 Sekunden abzulesen gestattete; da aber die Auslösung durch den Beobachter selbst
mit einem elektrischen Taster geschah, wurden nur die Hundertstel abgelesen. Immerhin
wurde so diese Fehlerquelle möglichst reduziert. Die Ballons wurden zum Teil am lose
ausgelegten Faden aufgelassen, zum Teil (ohne daß sich ein Unterschied zeigte) ganz
frei. Im letztem Fall fiel dem auf der Gewölbekappe postierten Gehilfen die Aufgabe
zu, von oben durch eine Öffnung im Schlußstein jedesmal den Ballon zu angeln und
mit einem Gewicht beschwert wieder in die Tiefe zu senden (die zahlreichen Fremden,
die den altehrwürdigen romanischen Bau besuchten, bekamen angesichts solcher wissen¬
schaftlich-profanen Nutzanwendung einen merklichen Respekt vor dem «praktischen Sinn
der Schweizer»). Es ergaben sich folgende Resultate, wobei jede Zahl den Mittelwert
einer Serie von 10—12 Einzelversuchen darsteitt:
Ballon von 43 g
Ballon von 84 g
Auftrieb
100 g
150 g
200 g
100 g
1 150 g !
200 g
250 g
Vertikal- ( nrn
geschwindigkeit j
2,60
3,08
3,34
2,42
1
2,87
i
3,39
1
3,73
m. p. s. 1 frei
2,60
3,01
3,33
2,43
i
—
—
Die so bestimmte Steiggeschwindigkeit von 3,33 Meter für 200 g Auftrieb (resp.
3,39 für die größere Ballonsorte) fand eine vorzügliche Bestätigung bei einem ad hoc
unternommenen Versuch, wobei ich bei geschlossener Altostratusdecke gleichzeitig einen
Registrierballon und einen 5 fr.-Pilotbalion mit 200 g Auftrieb steigen ließ. Nach genau
12 Minuten (zufällig gleichzeitig) erreichten beide an derselben Stelle die Wolkendecke;
da diese der nachträglichen Auswertung des Registrierdiagramms zufolge 2420 m über
dem Boden schwebte, ergibt sich für den Registrierballon wie für den Pilotballon die
Steiggeschwindigkeit 3,36 m. Ferner entspricht dies nach einer gütigen Mitteilung des
Straßburger Meteorologischen Instituts dem Wert (3,3), der dort als mittlere Vertikal¬
geschwindigkeit für 200 g durch Anvisieren mit 2 Theodoliten gewonnen worden ist.
Es darf also die Vertikalgeschwindigkeit den Rechnungen zugrunde gelegt werden.
Für eine weitere Bestätigung und Untersuchung der Vertikalgeschwindigkeit, namentlich
in sehr großen Höhen, sind Anvisierungen von zwei Punkten aus (mit entsprechender
Schärfe der Ablesungen!) immer noch erwünscht. Hingegen möchte ich betonen, daß
dieselben für die allgemeine Praxis meist zu kompliziert sind. Der Wert und die all¬
gemeine Verwendbarkeit der Methode beruht ja gerade darauf, daß sie sehr einfach sein
will. Es genügen Visierungen von einem Punkt aus zunächst völlig, selbst wenn die
Resultate etwas weniger genau werden. Es ist wahrhaftig besser, etwas weniger genaue
Messungen sich vorzunehmen, die man dann aber wirklich so häufig, wie es nötig ist,
ausführt und auch ausrechnet, als sich auf eine zwar noch genauere Methode zu
versteifen, die aber um der Komplikation der technischen Ausführung und Rechnung
willen sich in den meisten Fällen sozusagen selbst den Hais umdreht. Etwas anderes ist
') Von der Methode, den Pilotballon zu diesem Zweck an einem 20—50 m langen Faden bei
ruhigem Wetter im Freien aufsteigen zu lassen, bin ich nach verschiedenen Versuchen abgekommen,
weil man offenbar doch nicht sicher sein kann, daß nicht in diesen bodennahen Schichten vertikale
Luftbewegungen das Resultat erheblich beeinflussen.
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es, wenn Mittel und Hilfskräfte im Überfluß zur Verfügung stehen; dies ist aber eine
Ausnahme.
Der Grad der Genauigkeit dieser Methode hängt wesentlich davon ab, wie weit
bei der Berechnung die Annahme zutrifft, daß die Vertikalgeschwindigkeit bis zu großen
Höhen, zunächst bis etwa 10000 m, konstant bleibe. Herr Prof. H. Hergeseil hat theoretisch
abgeleitet, daß diese Konstanz annähernd zutreffen muß; in den größten Höhen sollte
die Steiggeschwindigkeit sogar noch etwas zunehmen (die Steiggeschwindigkeiten sollen
sich verhalten umgekehrt wie die ßten Wurzeln aus der Luftdichte; hiernach würde
die Geschwindigkeit in 10000 m 1,18 mal größer sein als am Boden). Dieser Zunahme
wirkt aber der Gasverlust entgegen, und tatsächlich habe ich gefunden, daß bei den in
Straßburg aufgestiegenen Registrierballons die Vertikalgeschwindigkeit in den ersten
10 km bis auf einige Prozent konstant bleibt. Die gleiche Annahme darf auch für Pilot¬
ballons gemacht werden; kontrollierende Messungen wären natürlich wichtig. Jedenfalls
darf man nicht vergessen, daß selbst dann, wenn die unkontroliierbaren Schwankungen
in der Vertikalgeschwindigkeit größer sein sollten, als erwartet, die hauptsächlichen
Resultate doch nicht sehr darum leiden würden. Kontrollmessungen habe ich selbst
versucht auf die Weise, daß ich bei einigen Registrieraufstiegen zugleich auch einen
Pilotballon steigen ließ und diesen mit einem zweiten Theodoliten verfolgte. Ein Ver¬
gleich der sich ergebenden Horizontalgeschwindigkeiten sollte zeigen, welche Vertikal¬
geschwindigkeiten für den Pilotballon wirklich vorhanden waren. Leider mußte für die
Verfolgung des Pilotballons noch ein unzulänglicher Theodolit verwendet werden, sodaß
die Vergleichung für höhere Schichten nicht mehr möglich war; und in den untern
Schichten herrschte zur Zeit jener Aufstiege zufällig eine so geringe Windbewegung, daß
die Vergleichung keine sicheren Resultate gab. Doch sollen die Kontrollversuche fort¬
gesetzt werden, da sie als solche ebenso empfehlenswert scheinen, wie die Visierung
von zwei Punkten aus.
Hierher gehört noch die Frage, welchem Gesetz bei den Gummiballons die Be¬
ziehung zwischen Auftrieb und Vertikalgeschwindigkeit gehorcht. Ich habe s. Z. dar¬
getan, daß für die Straßburger Registriertandems die Vertikalgeschwindigkeit V der
Quadratwurzel aus dem Auftrieb A proportional ist. Es galt dort mit großer Annäherung
(Meter und kg) V = 3,2 ^ A. Auch für die Zürcher Soloregistrierballons trifft diese
Beziehung zu, nur mit anderer Konstante 1 ): V = 2,3 y A. Bei den Pilotballons da¬
gegen ist innerhalb der von mir untersuchten Grenzen die Kubikwurzel zu nehmen.
Speziell für die 5 fr.-Piloten wurden die von mir gemachten Messungen innerhalb der
Versuchsfehler mit völliger Schärfe wiedergegeben durch die Formel
3 _
V = 5,70 y A
Auftrieb A: 0,100
0,150
0,200 kg
Geschwindigkeit f gemessen: 2,60
3,04
3,33
in m \ Formel: 2,62
3,04
3,33
Von meinem Kollegen, Herrn Dr. Kleinschmidt, wurde ich bei Anlaß der Mit¬
teilung meiner Resultate aufmerksam gemacht, daß theoretisch nicht die dritte, sondern
die sechste Wurzel sich ergebe, was in der Tat zutrifft, und sich leicht ableiten läßt.
Für die praktischen Konsequenzen wird man sich angesichts der oben gezeigten Über¬
einstimmung wohl besser an meine empirische Formel halten.
Für die Füllung und Auftriebsbestimmung der Pilotballons habe ich die
nachstehend abgebildete kleine Vorrichtung konstruiert, die als Wage funktioniert und
gestattet, dem Ballon, ohne weiteres Hin- und Herprobieren, einen bestimmten Auftrieb
>) Auf die Ursache dieser zunächst ganz paradoxen Verschiedenheit der Konstanten näher ein¬
zugehen, würde hier zu weit führen. Ich bemerke nur, daß es sich um die beim Fallschirmballon viel
größere Oberflächenreibung handeln muß. Das Tandemsystem ist hier in einen ganz wesentlichen
Vorteil.
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496 €«««
zu geben. Der Ballon wird bei B. aufgestülpt, darunter wird der gewünschte Auftrieb
als Gewicht hingelegt und bei A der Wasserstoffschlauch angeschlossen. Sobald der Auf¬
trieb erreicht ist, kippt der Wagearm und der Ballon wird abgebunden. Das Abbinden
kann nach meiner Erfahrung ohne Nachteil und ganz bequem mit einem dickem Bind¬
faden geschehen und ist so wohl
noch einfacher und schneller ge¬
macht als das von Herrn Prof.
Aß mann kürzlich beschriebene
Verfahren, D das ich zwar auch be¬
quem fand. Der innere Überdruck,
der gleich nach Beginn der Füllung
sein Maximum mit ca. 220 mm
Wasser erreicht und nachher auf
90—110 mm herabsinkt, verlangt
übrigens das anfänglich meist für
nötig erachtetekrampfhafte Ab¬
schnüren nicht.
Die MessungderHöhen-
winkel und Azimute wird am
besten mit Hilfe des nebenstehend
Fi &- 1 abgebildeten, nach meinen An¬
gaben seit 3 Jahren von der Firma J. und A. Bosch in Straßburg konstruierten Spezial¬
theodoliten ausgeführt.2) Dies Instrument hat den wesentlichen Vorteil, daß die Fem-
rohraxe durch Einschaltung eines Prismas gebrochen angeordnet ist, so daß das Okular
bei allen Höhenwinkeln seine unveränderte, für die Augenhöhe passende Lage beibehält.
Wichtig ist ferner, daß der Kreis so geteilt ist, daß er mit einem einzigen Blick abgelesen
werden kann ; in den meisten Fällen, für die Pilotballons stets, genügt die Ablesung auf
0,1-Grade. Auf Wunsch wird aber der eine
Index auch zu genauerer Noniusablesung ein¬
gerichtet. Es ist ferner eine schnell wir¬
kende Feinstellvorrichtung mit Schraube
ohne Ende vorhanden, die gewöhnlich fe¬
dernd am Kreis anliegt, aber mit einem
kleinen Ruck sofort ausgeschaltet werden
kann. Mit Hilfe eines direkten Diopters
wird der Pilotballon, den man während der
1—2 ersten Minuten, besser nicht länger,
noch mit dem Diopter verfolgen wird, zu
Anfang der Visierungen in das Gesichtsfeld
gebracht. Wenn er sich noch sehr stark
im Winkel bewegt, ist dies ein etwas kriti¬
scher Augenblick; es ist gut, wenn man sich
den Ballon vom Gehilfen ins Feld des Fern¬
rohrs geben läßt, obschon man es im Not¬
fall auch allein fertig bringt. Bei solchen
Visierungen ist überhaupt eine gewisse Ge¬
wandtheit erforderlich, die sich aber leicht
gewinnen läßt. Mir selbst z. B. ist bei
Dutzenden von Visierungen kaum jemals ein Pilotballon «entronnen», und die Anlernling
eines — sonst nicht mit solchen Instrumenten vertrauten — Ersatzmannes führte nach ganz
') Diese Zeitschrift 1907 S. 274.
*) Auch die beiden andern hier beschriebenen Hilfsapparate werden von dieser Firma geliefert
in einer gegen die Abbildungen noch etwas verbesserten Form.
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kurzer Übung zu ähnlicher Gewandtheit. Nach Bedürfnis kann man übrigens auch den Diopter
mit gebrochener Axe einrichten, und bei Pilotballons, deren Bahn man etwa von vorn¬
herein nicht bis zu Ende verfolgen will, ein Okular mit geringerer Vergrößerung und
größerem Gesichtsfeld wählen. Aber nach meinen und anderer Erfahrungen paßt das
Instrument, so wie es für Registrierballons konstruiert, auch ebensogut für Pilot-
anvisierungen. Von dem öfters überlegten Plan, dasselbe so zu gestalten, daß ein ein¬
ziger Beobachter genügt, bin ich nach reiflicher Erwägung immer wieder zurück¬
gekommen, nicht weil es untunlich wäre, sondern weil ein wirklicher Vorteil nur in
den seltensten Fällen erwachsen würde. ! )
Auf die Erreichung einer besonders guten optischen Leistung des Theodoliten-
fernrohrs ist besonders Bedacht genommen worden. Sie ist auch wirklich so vorzüglich,
daß man bei hellem Himmel die kleinen Pilotballons wie die Registrierballons fast immer
bis zur größten Höhe verfolgen kann. Die Sichtbarkeit der ersteren ist übrigens an sich
schon eine unerwartet gute. Ich darf wohl allgemein erwähnen, daß das beschriebene
Instrument sich nach ausdrücklichen Angaben der Benutzer überall, wo es verwendet
worden ist (Straßburg, München, Lindenberg, Hamburg, Guadalajara, Expeditionen nach
Spitzbergen und nach Lappland) völlig bewährt hat.
Es empfiehlt sich sehr, bei den einzumessenden
Punkten der Flugbahn sich immer an dieselben Höhen¬
stufen zu halten. Eine Vertikalgeschwindigkeit von
3,33 m für 200 g Auftrieb zugrunde legend, pflegen
wir in Zürich alle 150 Sekunden einen Punkt fest¬
zulegen; dies entspricht Höhenintervallen von 500 m.
In fünf Minuten steigt also der Pilot liebenswürdiger¬
weise gerade um 1000 m. Wenn besondere Ände¬
rungen zwischenhinein Vorkommen, werden sie natür¬
lich auch notiert. Besonders zu Anfang des Aufstiegs
werden häufigere Ablesungen, vielleicht von 100 zu
100 m, regelmäßig zu machen sein, um die gerade in
den untersten Schichten starken Änderungen schön
zu erhalten.
Der Fernrohrbeobachter liest mit dem freien
Auge zugleich auch den Höhenwinkel ab. Der Ge¬
hilfe gibt die Zeit an, liest das Azimut ab und macht
alle Notierungen; er hat auch zwischenhinein Zeit,
mit dem Rechenschieber und mit eventueller Benutzung einer kleinen auf Karton ge¬
zogenen Kotangententafel gleich die zugehörige Entfernung R des Ballons in der Hori¬
zontalprojektion aus Zeit (resp. Höhe H) und Höhenwinkel a zu berechnen (R = H cotg a)
und einzuschreiben.
Ist dann die ganze Beobachtungsserie, die bei einem Aufstieg bis auf 10000 m
50 Minuten dauert, zu Ende (oder, wenn es sein muß, noch während derselben), so
werden die aufeinanderfolgenden Entfernungen mit einem Transporteur in der Richtung
des zugehörigen Azimuts auf ein Zeichnungsblatt aufgetragen, am besten im Maßstab
1 : 50000. Die Horizontalgeschwindigkeiten und Richtungen zwischen den 500 m Höhen¬
stufen können dann dieser sehr schnell ausgeführten Darstellung der Horizontalprojektion
unmittelbar entnommen werden. Bei dem vorgeschlagenen Maßstab z. B. sind die in
Millimeter gemessenen Streckenintervalle bloß durch 3 zu dividieren, um die Ge¬
schwindigkeit in Metern zu geben; es ist bequem, sich gleich einen von 3 zu 3 geteilten
Maßstab anzuferfigen. Zur Auftragung der Entfernungen habe ich nebenstehend
abgebiideten Präzisionstransporteur mit 1 m langem (in der Figur abgeschnitten) bis
auf 50 km Entfernung geteilten Arm anfertigen lassen, der sich mir und andern Be¬
nutzern recht bequem erwiesen hat.
») S. auch Zeitschr. f. Instrumentenkmule 1905 S. 137.
Fig. 3
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Auf die bisher mit dieser Methode der Pilotbalionanvisierung erhaltenen Resultate
einzugehen, möchte ich auf eine andere Gelegenheit versparen und hier nur bemerken,
daß z. B. in Zürich im Laufe des letzten Jahres schon einzelne interessante Aufstiegs¬
serien durchgeführt worden sind, 1 ) daß ferner die Methode schon jetzt in einigen pro¬
gnostischen Zweifelsfällen brauchbare Anhaltspunkte gegeben hat. Entsprechend dem
von mir letztes Jahr im «Wetter» gemachten Vorschlag und in Erkennung des Interesses
solcher systematisch durchgeführter Versuche hat denn auch auf Antrag von Herrn
Dir. Maurer die schweizerische meteorologische Kommission einen besonderen Kredit
gewährt für die künftige regelmäßige Ausführung solcher Pilotaufstiege an der Zentral¬
anstalt im Zürich, nicht nur zu allgemein wissenschaftlichen, sondern auch direkt pro¬
gnostischen Zwecken. Möchte man anderswo diesem Beispiel folgen. Ich möchte aber
an dieser Stelle noch betonen, daß nicht nur zu meteorologischen Zwecken, sondern bei
allen aeronautischen Sportaufstiegen (z. B. Ziel-, Dauer- und Weitfahrten) die
Pilotballonmessungen (nicht nur das bloße Fliegenlassen) zur Orientierung allgemeine
Anwendung finden sollten. Die Mühe kommt gegenüber dem Vorteil ganz genauer
Informationen kaum in Betracht.
Internationale Kommission fUr wissenschaftliche Luftschiffahrt.
Übersicht Uber die Beteiligung an den internationalen Aufstiegen.
5., 6. und 7. Dezember 1906.
Trappes. Keine Nachricht. — Ueele. 6. Dezember, Gummiballon 11940 m. — Oxshott
ö. Dezember, Drachen 1000 m; 6. Dezember, Drachen 690 m. — Petersfield. 6. Dezember,
Drachen 525 m. — Guadalajara. 5. Dezember. Papierballon 8700 m; 6. Dezember, Papier¬
ballon 9180 m; 7. Dezember, Registrierballon 10610 m; Pilotballons. — Pavia. 5. Dezember,
Registrierballon 7100 m; 6. Dezember, Registrierballon 8890 m; 7. Dezember, Registrier¬
ballon ca. 8000 m. — Zürich. 6. Dezember, Registrierballon beim Füllen geplatzt; 2 Pilot¬
ballons 8000 m. — Straßburg. 5. Dezember, Gummiballon 7650 m; 6. Dezember, Gummi¬
ballon 8900 m; Pilotballon; 7. Dezember, Pilotballon; 8. Dezember, Gummiballon 7100 m.
Hamburg. 5. Dezember, Gummiballon, noch nicht gefunden; 6. Dezember, Gummiballon
10960 m; 7. Dezember, Gummibaiion 9100 m. — Lindenberg. 5. Dezember, Drachen
24:40 m; 6. Dezember, Drachen 1760 m; Gummiballon 1670 m; 7. Dezember, Drachen
2820 m; Gummibaiion 1840 m; Bemannter Ballon 1490 m. — München. (Met. Z.)
5. Dezember, Gummiballon 14170 m; 6. Dezember, Gummiballon 10 730 m; 7. Dezember
Gummiballon 12 260 m. — München, (v. B.) 6. Dezember, Gummiballon 12 600 m. —
Wien. 5. Dezember, Bemannter Ballon 2990 m. — Pawlowsk. 5. Dezember, Drachen
3170 m; Registrierballon, noch nicht gefunden; 6. Dezember, Drachen 860 m; Registrier¬
ballon noch nicht gefunden; 7. Dezember, Drachen 2620 m; Registrierballon noch nicht
gefunden. — Koutchino. 6. Dezember, Registrierballon 18 1000 m. — Jekaterinburg.
5. Dezember, Drachen 2140 m. — Blue Hill. 8. Dezember, Drachen 1430 m.
Berichtigung. Versehentlich sind in der Übersicht vom 9. November 1905 die
Aufstiege von Lindenberg nicht abgedruckt worden. Die Drachen erreichten dort an
diesem Termin eine Höhe von 4460 m, der Gummiballon 15 365 m.
14. Jauuar 1907.
Trappes. Keine Nachricht. — Uccle. Gummiballon 16 550 m. — Pyrton Hill. (Mr. W
H. Dines). Drachen 1260 m. — Petersfield. Drachen 1390 m. — Brighton. Drachen
1000 m. — Guadalajara. Bemannter Ballon 2040 m. — Rom. Keine Nachricht. —
Zürich. 14.—18. Januar, Serie von Pilotballons 7000—11 000 m. — Straß bürg. Gummi¬
ballon 11900 m; Nachtag Pilotballons. — Hamburg. Gummiballon 5840 m. — Linden¬
berg. Drachen 2520 m; Gummiballon, noch nicht gefunden. — München. (Met. Z.).
') Meteorolog. Zeitschrift Dez. 1907. Pilotballonauvisierungeu in Zürich etc.
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Gummiballon, noch nicht gefunden. — Wien. Kein Aufstieg. — Pawlowsk. Drachen
2010 m; Registrierballon, noch nicht gefunden. — Koutchino. Gummiballon noch nicht
gefunden. — Kasan. Kein Drachenaufstieg wegen zu schwachen Windes. — Jekaterinburg«
Drachen 780 m. — Blue Hill. 15. Januar, Drachen 2090 m. — Mount Weather. Drachen
1840 m.
7. Februar 1907.
Trappes: keine Nachricht. — Uccle: Gummiballon 18470 m. — Pyrton Hill:
Drachen 1290 m. — Brighton : kein Aufstieg. — Pa via: Gummiballon 9860 m. — Zürich:
kein Aufstieg wegen ungünstiger Witterung. — Straßburg: Gummiballon 11300 m;
8. Februar: Gummibaiion 8340 m; an beiden Tagen Pilotballon-Visierungen. — Hamburg:
keine Nachricht. — Lindenberg: Drachen 2290 m; Gummiballon noch nicht gefunden.
München (Met. Zentr.): Gummiballon 13 400 m. — Wien : Gummiballon ca. 4000 m; be¬
mannter Ballon 3530 m. — Pawlowsk : Drachen 3490 m; Registrierballon 15100 m. —
Koutchino: keine Nachricht. — Kasan: kein Aufstieg wegen ungenügenden Windes. —
Jekaterinburg : Drachen 1320 m. — Blue Hill: Drachen 500 m. — Mount Weather:
Drachen 1690 m.
7. Mürz 1907.
Trappes: keine Nachricht. — Uccle: keine Nachricht. — Pyrton Hill: Drachen
1000 m. — Brighton: Drachen 890 m. — Guadalajara : Pilotballons. — Paria: Gummi¬
ballon 8410 m. — Zürich : wegen ungünstiger Windverhältnisse am 6.-8. März nur Pilot¬
ballons visiert. — Straßburg: Gummibaiion 15600 m; am 4.-7. März Pilotballons. —
Mühlheim (Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt): bemannter Ballon. — Hamburg:
Drachen 3080 m; über Registrierballon keine Nachricht. — Lindenberg: Drachen 3730 m;
Gummiballon noch nicht gefunden; bemannter Ballon 6730 m. — München (Met. Zentr.):
Gummiballon 10430 m. — Wien: keine Nachricht. — Pawlowsk: Drachen 1950 m;
Registrierballon noch nicht gefunden. — Koutchino: keine Nachricht. - Kasan: kein
Aufstieg wegen ungenügenden Windes. — Jekaterinburg: Drachen 1940 m. — Blue
Hill: kein Aufstieg. — Mount Weather: Drachen 1540 m.
11. April 1907.
Trappes: Papierballon 16390 m. — Uccle: Gummiballon 16250 m. — Pyrton Hill:
Drachen 1300 m. — PetersÜeld: Gummiballon, keine Registrierung. Wegen zu schwachen
Windes kein Drachenaufstieg. — Brighton: Drachenaufstieg 710 m. — Guadalajara:
Pilotballon. — Pavia: Gummibaiion 15000 m. — Zürich: Pilotbällonaufstiege. —
Straßburg: Pilotballons; Gummiballon 15000 m. — Frankfurt a. M. (Physikal. Verein):
(Aufstieg in Bitterfeld): Bemannter Ballon 1890 m. — Hamburg: Drachenaufstieg 2600m.
— Lindenberg: Drachen ca. 3700 m; Gummiballon noch nicht gefunden. — München
(Met. Zentr.): Gummiballon. — Wien: Gummiballon 5780 m; Bemannter Ballon 3930 m.
— Pawlowsk: Drachen 2770 m; Registrierballon noch nicht gefunden. — Koutchino:
Registrierballon 14500 m. — Kasan: Wegen zu schwachen Windes kein Drachenaufstieg.
— Blue Hill: Kein Aufstieg.
2. Mai 1907.
Trappes: Papierballon 13120 m. — Uccle: Keine Nachricht. — Pyrton-Hill:
Drachen 2500 m. — Brighton (4. Mai): Drachen 700 m. — Guadalajara: Pilotballon.—
Pavia: Gummiballon 20640 m. — Zürich: Pilotaufstiege. — Straßburg: Gummiballon
13000 m. — Frankfurt a. M.: Bemannter Ballon 2360 m. — Hamburg: Keine Nachricht.
Lindenberg: Drachen 3610 m; Gummiballon; Bemannter Ballon 4275 m. — München:
Gummiballon. — Wien: keine Nachricht. — Pawlowsk: Drachen 3470 m; Registrierballon
noch nicht gefunden. — Koutchino: Registrierballon 14000 m. — Kasan: Drachen 800m.
— Jekaterinburg: Drachen 2200 m. — Blue Hill: Drachen 1770 m. — Mount Weather
(3. Mai): Drachen 1160 m. — Simla (Indien. The Meteorological Reporter to the
Government of India): Pilotballons am 3. und 4. Mai bis zu 22500 m.
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500 €««♦ ,
Nachtrag zu früheren Übersichten.
Trappes: 8.
November
1906.
Registrierballon 15710 m.
5.
Dezember
»
»
12590 m.
6.
Dezember
»
»
14640 m.
7.
Dezember
*
»
13460 m.
14.
Januar
1907.
»
12730 m.
7.
Februar
>
»
13510 m.
7.
März
»
noch nicht gefunden.
Uecle: 7. März 1907. Gummiballon 12630 m.
Paria: 14. Januar 1907. Gummiballon 13410 m.
Frankfurt a.M.: 6-/7. Februar 1907. Bemannter Ballon 3600 m.
Wien: 7. März 1907. Bemannter Ballon 2300 m; Gummiballon 11170 m.
Pawlowsk: 8. November 1906. Registrierballon 18980 m.
5. Dezember » » 9700 m.
6. Dezember > » 10750 m.
7. Dezember » * 7440 m.
6. Juni 1907.
Uecle: Registrierballon noch nicht gefunden. — Pyrton Hill: Drachen 660 m;
5. Juni: Registrierballon 8800 m. — Petersfield: 4 Pilotballons. — Brighton: Drachen
820 m. — Paria: Gummiballon 11700 m. — Zürich: Gummiballon 12 500 m. Vor- und
Nachtag Pilotballon 10—15 000 m. — Straßburg: Gummiballon 15000 m; am 4. und
5. Juni Pilotballons. — Frankfurt a. M.: Bemannter Ballon. — Hamburg: Drachen
2500 m; Gummiballon. — Lindenberg: Drachen 3190 m; Gummiballon 2440 und 3000 m.
— München (M. Z.): Gummiballon 21140 m. — Wien: Bemannter Ballon 3875 m. —
Pawlowsk: Drachen 1680 m; Registrierballon 4770 m. — Kasan: Drachen 830 m. —
Jekaterinburg: Drachen 1920 m. — Blue Hill: (7. Juni) Drachen 2000 m. — Mount
Weather: Drachen 2690 m.
4. Juli 1907.
Uecle: kein Aufstieg. — Pyrton Hill: Drachen 810 m; Registrierballon 8600 m.
— Brighton: Drachen 854 m. — Paria: Registrierballon 21000 m. — Zürich: Pilotauf¬
stiege. — Straßburg: Mehrere Ballons beim Füllen geplatzt, so daß kein Aufstieg mög¬
lich war; Pilotballons. — Hamburg: Drachen 4340 m; Gummiballon. — Lindenberg:
Drachen 5415 m. — München: Gummiballon ca. 23 000 m. — Pawlowsk: Drachen
3800 m; Registrierballon noch nicht gefunden. — Jekaterinburg: Drachen 2280 m. —
Blue Hill: Drachen 1228 m; außerdem wurden Beobachtungen in verschiedenen Höhen
des Mount Washington gemacht. — Mount Weather: Drachen I960 m.
22.-27. Juli 1907.
Trappes (Observatoire de M6t6rologie dynamique):
22. Juli. Registrierballon 13490 m.
23. > > 16060 m.
24. » » 11510 m.
25. > » 15500 m.
26. > > 14170 m.
27. » » 12 710 m.
Französ. Marine, Azoren (Croiseur «Forbin»):
22. Juli. Registrierballon (11 Min.).
23. * > 7000 m.
24. » > 10000 m.
25. » * 20000 m.
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Sttdlich der Azoren (Expedition Teisserenc de Bort und Rotch, Yacht «Otaria»:
Nähere Nachrichten sind noch nicht eingegangen.
Azoren (Service m6t6orologique):
22.—26. Juli. 8 Pilotballonaufstiege bis zu 7100 m.
Uccle (Service m6t6orologique de Belgique):
24. Juli. Registrierballon 21140 m.
25. *
Pyrton Hill (Meteorological Office, Mr. Dines):
23. Juli. Registrierballon noch nicht gefunden.
24. » » 8650 m.
25. > > 12350 m.
26. » * noch nicht gefunden.
Crinan (Meteorological Office, Mr. Dines):
22. Juli. Registrierballon noch nicht gefunden.
23. > » » > »
24. > > 15700 m.
25. > * 8450 m.
26. * > 13400 m.
Manchester (Royal Meteorolog. Society and British Association, durch Mr. Petavel)
23. Juli. Registrierballon 21500 m.
24. » > 20600 m.
25. * > 21500 m.
26. » > 10800 m.
28. » » 4400 m.
Glossop Moor (Royal Meteorol. Society and British Association):
22. Juli. Drachenaufstieg 500 m.
23. >
24. >
26. >
27. >
> 500 m.
> 1000 und 500 m.
> 650 m.
> 3000 und 500 m.
Ross. Herefordshire (Royal Meteorol. Society and British Association):
23. Juli. Registrierballon 20 500 m.
24. und 25. Juli. Registrierballon noch nicht gefunden.
Petersfleld (Mr. Cave):
22.—27. Juli. 6 Registrierballons.
26. Juli. Drachenaufstieg 600 m.
Brighton (Mr. Salmon):
22. Juli. Drachen aufstieg 213 m.
24. » » 407 und 580 m.
26. » > 500 m.
27. » > 1150 und 760 m.
Guadalqjara (Parc d’A6rostation militaire):
22. —27. Juli. Pilotballons bis 3000 m.
23. Juli. Registrierballon 11 900 m.
24. > > 9980 m.
24. » Bemannter Ballon 3415 m.
25. > Registrierballon 9160 m.
25. > Bemannter Ballon 2770 m.
Paria (Royal Osservatorio):
23. Juli. Registrierballon 20960 m.
24. > > 10890 m.
Illustr. Aeronaut. Mitteil- XL Jahrg.
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^ 502 €*«
25. Juli. Registrierballon 11930 m.
26. * > 12 280 m.
talienische Marine, Mittelmeer (Kriegsschiff «Fulmine»):
25. und 26. Juli. Aufstiege von Registrierballons.
Zürich (Meteorologische Zentralanstalt):
22.—27. Juli. Aufstiege von 5 Pilotballons von 10000—11000 m.
23. Juli.
Registrierballon
11300 m,
24. »
13100 m.
25. »
>
20300 m.
26. »
>
noch nicht gefunden.
Straßburg (Meteorologisches Institut):
22.—27. Juli. Aufstiege von Pilotballons bis 7000 m.
22. Juli. Registrierballon 11000 m.
22. » Fesselballon 1340 m.
23. > Registrierballon 15 200 m.
24. » > noch nicht gefunden.
24. » Fesselballon 1550 m.
25. > » 1230 m.
25. » Registrierballon 8500 m.
26. » » 19000 m.
26. * Fesselballon 5800 m.
27. » Registrierballon 18 200 m.
Spitzbergen (Expedition des Fürsten von Monaco, in Begleitung von Prof. Hergesell) :
Vom 24.-27. Juli Aufstiege mit Drachen und Fesselballons bis zu
3000 m. Aufstiege mit Registrierballons waren wegen der schwie¬
rigen Eisverhältnisse dieses Jahr nicht möglich.
26. -29. Juli Aufstiege von Pilotballons bis 7500 m.
Hamburg (Deutsche Seewarte):
22. Juli. Drachenaufstieg 1240 und 3170 m; Gummiballon.
23. » > 4600 m; Registrierballon.
24. * » 1120 m; Registrierballon.
25. » Registrierballon.
27. > Registrierballon; Drachenaufstieg 4030 m.
Deutsche Marine zwischen Island und Norwegen (S. M. S. «Möwe»):
22. Juli Drachenaufstieg (verloren).
23. » * 3980 m; Registrierballon (verloren).
24. » » (verloren); Registrierballon (verloren).
25. » Registrierballon 1640 m; II. Registrierballon (verloren), nur
Schwimmer gefunden.
26. » Registrierballon (verloren).
23.—27. Juli. Aufstiege von Pilotballons.
Island (Expedition v. Hewald-Hildebrandt):
22. Juli. Fesselballon ca. 980 m.
23. » » > 510 m, 800 und 1400 m.
24. > » » 3050 m.
25. —27. Juli. Wegen Sturmes Aufstieg unmöglich.
31. Juli. Registrierballon 890 m; desgl. 3800 m (südl. Irland).
1. August. Fesselballon (abgerissen und verloren).
2. * Registrierballon ca. 11800 m (engl. Kanal).
Lindenberg (Aeronautisches Observatorium):
22. Juli. Drachen 1445 und 1840 m; Registrierballon 11510 m.
23. » » 1735 » 1540 m; * 10420 m.
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24. Juli. Drachen 1870 und 5070 m; Registrierballon 17000 m;
Bemannter Ballon 1864 m.
25. » » 1670 » 3815 m; Registrierballon 13610 m.
26. » » 3800 > 2980 m.
27. > > 1150 » 950 m.
Barmen (Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt):
22. Juli. Bemannter Ballon 2100 m.
23. > > > 4500 m.
24. » » » 1500 m.
24. /25. Juli. » » 3000 m.
25. Juli. » > 1500 m.
26. » * » 2200 m; Registrierballon.
27. > » » 2650 m.
Frankfurt a. M. (Physikalischer Verein):
22 /23. Juli. Bemannter Ballon 1 670 m.
26./27. » » * 2 490 m.
1. August
1 500 m.
Flugtechnik.
Ober automatische Stabilität.
Durch die vielfachen Versuche, die in letzter Zeit gemacht wurden mit großen,
durch Maschinenkraft getriebenen und von einem Insassen gesteuerten Gleit- oder Drachen¬
fliegern, ist der Beweis erbracht, daß man endlich, dank dem Automobilismus, in der
Aviatik über genügend leichte motorische Kräfte verfügt, welche gestatten, mittels einer
gewissen Flächengröße bei entsprechender Horizontalgeschwindigkeit einen Flugapparat samt
Fig. 8 a u. 3 b. Fig. 4.
Bemannung in der Schwebe zu halten und auch in einer etwas ansteigenden Bahnlinie
zu bewegen. Was aber den meisten von diesen neueren Flächenkombinationen 1)
zu fehlen scheint, ist die automatische Stabilität, diejenige Eigenschaft, infolge
welcher jede Kippgefahr ausgeschlossen ist und ein ruhiges Weitergleiten besteht, auch
wenn der Insasse untätig wäre, oder der Motor versagen würde. Ich habe den Eindruck
bekommen, daß leichthin diese automatische Stabilität als etwas Selbstverständliches oder
*) Durchschnittlich von einem Gesamtgewicht von 200—500 kg, einem Flächenareal von 13 qm bis
60 qm, einer Spannweite von 8 bis 15 m und einer Motorleistung von 20—50 PS.
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Nebensächliches angenommen und mehr auf die Gewandtheit des Führers abgestellt wird,
welcher durch geschickte Direktion der beweglichen horizontalen und vertikalen Steuer¬
flächen das Ganze vor einem Sturze bewahren soll. *)
Automatisch stabile Apparate mit mehreren hintereinander liegenden Trag¬
flächen sind der bekannte Kreßsche Drachenflieger und ferner der Hargravesche Kasten¬
drache, wenn der Schwerpunkt desselben nahe hinter dem vorderen Flächenpaar liegt.
Infolge seiner ebenen Tragflächen ist aber seine Bahn beim freien Gleiten ziemlich steil;
sie zeigt damit an, daß der Bewegungswiderstand
dieses Apparates im Verhältnis zu seinem Gewicht
sehr groß ist. *) Da bekanntermaßen hintereinander
liegende Tragflächen ihr Areal nie so gut ausnützen
können, wie wenn dasselbe mit größerer Spannweite
auf eine einzige oder auf zwei übereinander angeord¬
nete tragende Flächen verteilt ist, so habe ich seiner¬
zeit versucht, automatisch stabile Ein fläch er her¬
zustellen, welche also nach dem Abwurf bei Windstille
beständig eine schwach abwärts geneigte, in der Vertikalprojektion geradlinige Flug¬
bahn mit konstanter Geschwindigkeit verfolgen.
Benützt man eine ebene Tragfläche, so ist es nicht schwer, diese automatische
Stabilität herzustellen, weil bei Schwankungen der eigenen Lage oder des Windes die
Mittelkraft des Windes in einem, der Stabilität günstigen Sinne ihren Ort wechselt.
Nach Anbringung der in erster Linie für dieselbe notwendigen, senkrechten Windfahne
(Fig. 2) [in Fig. 1 ist sie durch die seitlich aufgebogenen Stücke ersetzt] biegt man den
Hinterrand oder den Vorrand etwas aufwärts, falls man nicht statt dessen besondere Flächen¬
stücke anbringt (Fig. 2), und rückt den Schwerpunkt mittels Wachses oder eines kleinen Blei¬
stücks oder eines halb¬
eiförmigen Korkrumpfs
mit Bleieinlage (Fig. 2),
welchen man an das
starke Papier anklebt,
so weit vor, bis er zirka
ein Drittel der Tragflä¬
chenbreite vom Vorrand
entfernt ist. Will man
solche Modelle in größe¬
rem Maßstabe ausfüh¬
ren, so muß man vorn
an der Papierfläche eine
Verstärkung anbringen,
aber nicht in der Art,
wie Fig. a, sondern wie
Fig. b es zeigt. Beide
Figuren (1, 2) stellen
Modelle dar, welche stabil sind nach dem Abwurf. 3 ) Ihre Gleitbahn ist steiler als die¬
jenige der Einflächer mit gekrümmter Tragfläche.
*) Als Liliental bei seinem unglücklichen Sturz (1896) den Tod fand, benützte er einen Apparat
mit beweglicher Schwanzfläiche, wahrend er bei seinen meisten früheren Versuchen nur durch Sehwer-
punktsverschiebungen die Stabilität seines Gleiters zu erhalten suchte.
*j Verwendet man bei ihm gekrümmte Tragflächen, so wild er unstabil.
J ) Ein solches Modell mit Rumpf (Fig. 2), vou nur 15 cm Spannweite und zirka 10 gr Gewicht, verfolgte
von einem Höheupunkt aus abgeworfen, viele hundert Meter, bis es durch einen leichten seitlichen Wind
von der ursprünglichen Bahn abgelcnkt zwischen Waldbaumen verschwand. Bei einem diesem voraus-
gehenden Versuche streifte es an einer Stange, tiberkippte, aber stellte sich von selber wieder in die
normale Lage, bevor es den Boden berührte.
tl
Fig. 4
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Ist die im Verhältnis zur Spannweite schmale Tragfläche gekrümmt, so ist die
Erreichung der Stabilität bedeutend schwieriger, weil bei Unterwind die Resultierende der
Windkräfte vor-, bei Oberwind zurücktritt, also gerade in einem für dieselbe ungünstigen
Sinne seinen Ort ändert. Liegt der Systemschwerpunkt sehr tief in der Nähe des Krüm¬
mungsmittelpunktes der Fläche, dann ist die Stabilität allerdings ohne weiteres vorhanden,
oder es genügen die bei der ebenen Fläche angewendeten Stabilisierungsmittel völlig.
Liegt er aber höher, in der Nähe der Fläche, wie bei den vorhin beschriebenen Modellen
mit ebener Tragfläche, so wirkt z. B. das Hinaufdrücken des Hinterrandes viel zu wenig. *)
Nach vielerlei Versuchen kam ich dann auf die in meinem Aufsatz: «Zum aero¬
dynamischen Flug» im Septemberheft 1906, S. 318 der «Illustr. aeronaut. Mitteilungen»
angeführte Stabilitätsbedingung für Apparate mit einer gekrümmten Tragfläche:*)
«Der Schwerpunkt des Apparates muß nicht bloß vor der Mitte, sondern auch noch vor
dem DruckangritTspunkt der Tragfläche, also irgendwo innerhalb des vorderen Drittels
der Flächenbreite liegen. Auf die nach aufwärts statt nach abwärts konkave Schwanz¬
oder Stabilisierungsfläche findet stets ein Druck von oben statt, so daß das durch die
Druckresultierende R und das Apparat gewicht G erzeugte Drehmoment von der Dreh¬
wirkung der Schwanzfläche im Gleichgewicht gehalten wird (s. Fig. 4).» Letztere muß
mindestens um die Breite der Tragfläche von derselben entfernt sein und hat eine Neigung
von höchstens 9° zu ihr. 3 ) Eine weitere Sicherung der automatischen Stabilität liegt
darin, daß weder diese horizontale noch die vertikale Stabilisierungsfläche (Windfahne)
beweglich sein dürfen, um vom Insassen aus zu Steuerfunktionen benutzt werden zu
können, sondern der Führer soll die Lenkung nur durch vorübergehende Unsymmetrie der
Tragfläche bewirken. Er erzielt diese durch Anziehen resp. Nachlassen von Verspannungs¬
drähten mittels einer Kurbel. Als Folge tritt eine kleine Drehung um die Längsachse des
Apparates ein und damit in großer Kurve die gewünschte Ablenkung des Apparates von
der ursprünglichen Fahrrichtung nach rechts oder nach links.
Da ich aus den im besagten Aufsatz entwickelten Gründen als sichere Operations¬
basis, über welcher vorläufig die Versuche mit großen Apparaten vor sich gehen sollten,
einzig eine Wasserfläche anerkennen kann, 4 ) teilte ich als Vorbild für einen solchen
i) Aus verschiedenen Untersuchungen, die ich anstelltc, konnte ich ersehen, daß eine solche Fläche
(Fig. 3) schlechter funktioniert, eine steilere Gleitbahn ergibt, als eine gleich breite, einfach gekrümmte.
*) Liliental gelang es im Sommer 1895, Modelle, welche mit seinen gekrümmten Flächen versehen
waren, zum stabilen Gleiten zu bringen. Als Schwanzfläche diente eine Vogolfeder. Er sagt aber selber
in der Beschreibung derselben (Zeitschr. f. Luftsehiffahrt 1895, 10. Heft) „daß er in Verlegenheit käme«
die Gründe für die Ermöglichung dieser sicheren Gleitflüge auzugeben, weü er wirklich nichts anderes
gemacht habe wie früher, wo ihm dergleichen nicht gelingen wollte“. Ohne die wahren Gründe der
Stabilität genau zu kennen, fehlt natürlich die Konstruktionsbasis für verschiedene Variationen in der
Bauart von „Fliegern“ mit einer gekrümmten Tragfläche und relativ hoch gelegenem Schwerpunkt, be¬
sonders wenn man sie mit einer großen Rumpfhülle (um Insassen und Motor zu bergen) versehen will.
Deshalb suchte ich ihren Stabilitätsursachen auf die Spur zu kommen, und auch noch Flächen¬
kombinationen zu erproben, welche ich infolge Weglassung der Windfahne dem Bau unserer natürlichen
Flieger näher brachte.
») Je tiefer der Schwerpunkt S liegt, um so näher kann erzürn Angriffspunkt von R rücken umso
kleiner wird dann die niederdrtickende Kraft r. Beim freien Sehiefabwärtsgleiten liegt die Resultie. ende
von R und r nach aufwärts in der Verlängerung von GS (Fig. 4) und hat die Größe des Gewichtes G.
*) Daß sich eine solche auch für lenkbare Ballons empfiehlt, beweisen die bekannten Versucho
über dem Bodensee von Graf Zeppelin.
ß 0 vor wir brauchbare Mittel in Form von llubschrauben oder in Form von schlagartig wirkenden
Flächen besitzen, um statt einer vorwärtsgleitenden Ankunft einen senkrechten Abstieg über einer be¬
liebigen Stelle zu ermöglichen, werden trotz einem noch so gut funktionierenden elastischen Rädergestell
usw. Versuche auf festem Terrain selten ohne Havarien abgehen, wodurch die Versuche verzögert
und der Gewinn an Beobachtungsmaterial infolge der kurzen Versuchsdauer ein geringer wird, ab¬
gesehen davon, daß der Fahrende nur infolge glücklicher Zufälle mit heiler Haut davonkommt. Um
solche Versuche über einer Wasserfläche vornehmen zu können, muß aber eben der Insasse und der
Motor im Falle einer Kollision mit dem Wasser vor einem „kalten Bade“ durch die betreffende Rumpf¬
hülle geschützt werden. (Wenn letztere aus wasserdichtem Stoff, über ein Bambusgerippe gezogen
besteht, so wird ihr Gewicht sehr gering ausfallen.) Der Einwand, man könne sich bei der „Fliegerei“
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großen «Flieger» ') die Zeichnung eines von mir konstruierten Modells mit, welches mit
einem im Verhältnis zur Spannweite großen Rumpf ausgestattet ist (Fig. 5). Um unwill¬
kürliche Hebungen resp. Sen¬
kungen am einen oder anderen
Ende der Tragfläche auch auf
automatische Weise im Keime
zu ersticken und damit eine
absolute Stabilität zu errei¬
chen, brachte ich letzten No¬
vember mit gutem Erfolg den
Bleiklotz eines größeren Mo-
Fi g . 6 dells inlockere Verbindung
mit der Korkhülle, so daß der
durch dieses Bleistück repräsentierte Inhalt seine senkrechte Lage beibehielt und durch
geeignete Drahtverbindung mit den Tragflächenenden automatisch jeder ungewollten
Drehung um die Längsachse des Apparates und damit einem Abirren aus der Bahn ent¬
gegentrat (Fig. 6). Überhaupt würde bei großen Apparaten irgend eine Art kardanischer
Aufhängung des Inhaltes (bestehend aus Insasse und Motor) innerhalb der Rumpfhülle den
Vorteil haben, daß nicht
bei all den verschiede¬
nen rasch vorübergeh¬
enden Windrichtungsän¬
derungen während des
Fluges die Einstellung
des Flächensystems in
dieselben auch stets der
schwerere Inhalt in
Drehungen versetzt wer¬
den müßte. Muß dies
nicht der Fall sein, so
kann die Tragfläche
samt der fest mit ihr
verbundenen Hülle und
ihren stabilisierenden
Flächen rascher diesen
Windverhältnissen sich
anpassen und infolge¬
dessen ist eine Ausnützung von Segelwirkungen eher denkbar, ebenso würden weniger
Schwankungen des Apparates auftreten. Ob dadurch, daß man, statt Inhalt und Hülle
des Rumpfes in lockere Verbindung zu einander zu setzen, den Rumpf in federnde
doch nicht ans Wasser binden, ist nicht stichhaltig, denn wir stehen mit ihr vorläufig noch im Zeichen
der „Studien“ und nicht in demjenigen der sogenannten Praxis, der geschäftlichen Ausbeutung.
Selbstverständlich ist diese Hülle auch mit drei in ihr teils versenkten, nur wenig vorstehenden
kleinen Rädern versehen, um noch auf festem Boden am Rande der Wasserfläche, getrieben durch die
Schraubenpropeller, den nötigen Anlauf zur Erhebung nehmen zu können.
*) Die in jenem Artikel dafür angegebenen Dimensionen dürften ungefähr das Richtig^ treffen für
einen solchen „Flieger“, nur ist dort wahrscheinlich die Gewichtsangabe zu klein ausgefallen. Statt
165 kg müßten vielleicht etwa 230 kg angenommen werden bei einer Motorstärke von 24 PS. Bei einer
Tragfläche von 15 qm wäre die Spannweite 8, 7 m und dio Horizontalgeschwindigkeit zirka 20 m (72 km
230 1/7 20 2
pr. Stunde), so daß die hierfür berechnete Arbeit A =-— - - ■ * - : — = 18 PS. betragen würde bei der
<5
Annahme von nur 50% Nutzeffekt der 1,2 m bis 1,5 m im Durchmesser habenden 2 Treibschrauben. Im
Falle der Ankunft würde der Rumpf bei diesem Gewicht höchstens 20 cm tief im Wasser eintauchen, so
daß die Schraubenflügel mehr als genügenden Raum zu ihrer Bewegung hätten, um nach vollendetem
Versuch den nun in einen Schwimmer umgewandelten Flieger wieder ans Ufer zu befördern.
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507 € 4 «
Verbindung mit der Tragfläche bringt, diese zwei Vorteile in einfacherer Weise erreicht
würden, wage ich nicht zu entscheiden, da mir genügende Versuchsergebnisse fehlen.
Jedenfalls darf man der Elastizität nie eine aktive Funktion beim Flugprozeß bei¬
messen, sondern nur eine passive. Man begegnet hie und da flugtechnischen Aufsätzen,
in welchen dargetan wird, wie die Schwerkraft in Verbindung mit der Elastizität auch
bei Windstille einen Horizontalflug ermöglichen könne. Derartige Perpetuum-mobile-
Vorstellungen dienen nicht zur
Klärung.
Macht man mit solchen,
mit großem Rumpf versehenen
Gleitmodellen, wie Fig. 5 eines
zeigt, Versuche, 1 ) so ist man
erstens erstaunt über ihre, auch
bei windigem Wetter vorhandene
Stabilität bezüglich Kippgefahr,
und ferner darüber, daß trotz des
Rumpfes die Gleitbahn 2 ; nicht
steiler ist, als bei einem gleichen
Apparat, bei welchem man den
Korkrumpf durch ein viel weniger raumverdrängendes Bleistück gleichen Gewichts ersetzt.
(Oft erhielt ich sogar den Eindruck, als ob die Geschwindigkeit kleiner, also die Trag¬
fähigkeit größer und die Bahn noch weniger steil sei, als bei Rumpflosigkeit.) Man könnte
also annehmen, daß der durch den Rumpf verursachte Mehrwiderstand wieder kompensiert
würde durch irgend welchen günstigen Einfluß, welchen er auf die Tragfläche hätte, indem
er ihre Drucklinie vergrößern und mehr nach vorn neigen würde. Es wird vorläufig
diese Anschauung wahr¬
scheinlich noch als para¬
dox bezeichnet werden-
Es zeigte sich ferner der
Apparat mit Rumpf bei
plötzlichem Hinterwind sta¬
biler als derjenige ohne
Rumpf. Konstruktiv bietet
er sehr gute Anhaltspunkte
für die Drahtverspannungen
der Tragfläche. Die Rumpf¬
form darf nicht einfach Fig. io
eine ungefähre Kopie eines Vogelrumpfes sein, sondern muß die in Fig. 5, 7 gezeichnete
Form haben, welche ich für diese Gleiterart durch Versuche als die geeignetste herausge¬
funden habe, indem sie am wenigsten der Stabilität gefährliche Stauungen aufkommen läßt.
*) Will man bei Wind Versuche machen, so muß man Modelle von mindestens 40 cm Spannweite
und zirka 180—150 gr Gewicht benützen. Sie besitzen dann eine Flächenbelastung von 3'/* bis 4 kg per
Quadratmeter. Die in den Zeichnungen angegebenen Modelle sind in den richtigen Verhältnissen ge¬
zeichnet. Für Fig. 5 sind die kleinsten Dimensionen für einen bei ganz schwachem Wind noch ordent¬
lich funktionierendem Gleiter angegeben. Bei Vergrößerung der Modelle ergibt der Kubus des Längen-
vergrößerungsverhältnisses das jeweilige Gewicht, z. B. bei einem Apparat mit doppelter Spannweite ist
das Gewicht des Modells 2* oder 8 mal größer und die Flächenbelastung 2 mal größer usw. Bei einem
großen bemannten Apparat ist das Gewicht natürlich nicht in diesem Verhältnis gewachsen. Für eine
Eigengeschwindigkeit von zirka 20 m genügt eine Flächenbelastung von 15 kg per Quadratmeter. Da die
Gleitbahn eine geradlinige ist, nicht eine wellenförmige, in welcher abwechselnde Drehtendenzen auf-
treten, so ist die automatische Stabilität bei den großen Modellen eine ebenso gesicherte wie bei den
kleinen.
2 ) Bei kleinen und großen Modellen beträgt bei Windstille der Gleitwinkel ihrer Flugbahn nach dem
Abwurf zirka 8° zur Horizontalen. Also ist ihr Widerstand in der Bewegungsrichtung = sin. 8° . G = y G,
gleich dem 7. Teil ihres Gesamtgewichtes, wie schon früher erwähnt wurde.
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In dem angeführten Aufsatz machte ich des weiteren aufmerksam auf Modelle, die
ich konstruierte, welche statt der Windfahne nach rückwärts und nach unten (nicht
etwa noch oben) gerichtete Tragflächenenden haben. Befestigt man die beiden Trag¬
flächenhälften des Modells Fig. 5 in etwas aufwärts gerichtete Neigung am Rumpf und
fügt ihnen noch solche Enden bei (Fig. 7), so kann nachher der Schwerpunkt an gleicher
Stelle bleiben, ein Beweis, daß diese Enden beim Gleiten keinen Druck erleiden, erst bei
horizontalen Windrichtungsänderungen einstellend wirken, also die senkrechte Windfahne
ersetzen. Diesen so abgeänderten Modellen passiert viel weniger ein Abirren aus der
ursprünglichen Bahnrichtung, während gerade das Umgekehrte der Fall ist, wenn man
Fig. 11 .
jene nach rückwärts gehenden Enden nach aufwärts richtet (Fig. 8), es tritt dann leicht
Wackeln ein und zu starkes einseitiges Gehobenwerden bei Seitenwind, während die
innen nach aufwärts und außen abwärtsgehende Form der Tragfläche dabei einen solchen
Gleichgewichtszustand erhalten kann, daß keine Drehung um die Längsachse des Appa¬
rates entsteht, also kein Abirren möglich wird (s. die Pfeile Fig. 7). Ein sehr einfaches,
als Spielzeug brauchbares kleines Modell habe ich (in Fig. 9) gezeichnet. Es ist eben¬
flächig, man kann seine Flugbahn noch verbessern, wenn man in der Gegend der punk¬
tierten Linien die Flächen vorn etwas hinunter, hinten etwas hinauf drückt. Ein anderes
ebenflächiges Modell ohne Windfahne und ohne Schwanzfläche ist in Fig. 10 dargestellt.
Hier ist ein ungefähr linsenförmiger Rumpf angebracht. Dieses Modell zeigt sehr schön
die Eigenschaft des Nichtabirrens (Fig. 11) aus der ursprünglichen Bahn, bei, nach
dem Abwurf auftretendem seitlichen Wind.
Aus obigen Versuchen ist zu ersehen, daß bei den Vögeln die horizontale Ein¬
stellung durch die zurück und abwärts gerichtete Schwungfederpartie besorgt wird. *)
Die vertikale Einstellung wird hingegen nicht durch die nachgiebigen Enden derselben,
auch nicht durch die beim Segeln so wie so möglichst zusammengefaltete Schwanzfläche
besorgt,*) sondern durch die feste, bezüglich zum Schwerpunkt ziemlich hochgelegene
Windhautpartie.
Mit diesen Zeilen wollte ich nochmals auf die Wichtigkeit der automatischen
Stabilität bei <Fliegern» hinweisen und dabei die Möglichkeit ihrer Erzielung auf ver¬
schiedene Arten darlegen, sowie auf die Nützlichkeit einer Rumpfhülle hinweisen. Zu¬
gleich sollten diejenigen verehrten Leser, die sich dafür interessieren, durch die bei¬
gefügten Zeichnungen eine Anweisung an die Hand bekommen, wie sie sich selber solche
stabile Modelle anfertigen können. Vielleicht wird auch der eine oder andere Erfinder,
der nur im «Großen» arbeitet, Nutzen daraus ziehen.
Ein in jeder Hinsicht stabiles Gleitmodell, das nicht bloß bei Windstille eine
geradlinige Bahn verfolgt, ohne zu kippen oder zu wackeln, sondern welches auch stabil
bleibt im Freien bei seitlichen Windstößen und bei entstehenden Schieflagen sich wieder
von selber aufrichtet (im Großen ausgeführt, höchstens geringer Nachhilfe des Insassen
dazu bedarf, durch kleine Veränderungen der Tragflächenenden), wird stets ein gutes
Konstruktionsvorbild für einen großen Drachenflieger abgeben. Nicht immer aber wird
ein kleines durch Kautschukmotor und Schrauben getriebenes, in einem Saal gut und
') Diese Beobachtung der Lage der Schwuugfederpurtien der Müve beim Segeln gab mir seiner¬
zeit auch den Anstoli zu obigen Versuchen.
a ) Ich beobachtete Möven mit ausgerissenem Schwanz, welche ebensogut segelten wie ihre
Genossinnen.
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stabil funktionierendes Modell letzteren Zweck erfüllen. Es kann im Freien bei seit¬
lichen Windstößen ganz bedenkliche seitliche Schrägstellungen einnehraen. Man macht
diese Beoachtung bei Gleit versuchen mit kleinen Nachbildungen nach großen Apparaten,
welche eine bedeutende Ausdehnung in der Längsachse haben. Es dürfte für den
Fahrer eines solchen Drachenfliegers schwer sein, diesen Schrägstellungen, dem damit
verbundenen Sacken und resultierenden Fortgerissenwerden in der Windrichtung, durch
Steuerbewegungen entgegenzutreten.
Mit dieser Schlußbemerkung wollte ich nur darauf aufmerksam machen, daß
Gleitmodelle, welche die Fähigkeit zeigen, auch beim windigen Wetter auf langer Strecke
stabil zu bleiben, nicht bloß als Spielzeuge oder als interessante physikalische Experi¬
mente der Beachtung wert sind, sondern auch als Vorbilder mindestens eben so gut
einen fördernden Einfluß auf die Entwicklung des dynamischen Fluges ausüben können,
wie kleine Drachenfliegermodelle, d. h. Gleitfliegermodelle, weiche mit Kautschukmotor
und Schrauben versehen sind.
Daß die Anbringung von Luftschrauben an richtiger Stelle die Stabilität nicht
störend beeinflußt, ist erwiesen, ebenso ist jedermann durch die Schilderungen der
Drachenfliegerversuche in Paris von der Möglichkeit überzeugt worden, daß die Erhebung
vom Boden nach einem vorausgehenden Anlauf und die Ankunft keine besonderen
Schwierigkeiten mehr bereiten.
Da aber über das Verhalten der jetzigen üblichen Drachenfliegerformen bei längerer
Fahrt und windigem Wetter noch nichts bekannt ist, weil eben dieser Fall noch gar
nicht vorkam, so glaube ich denn doch, daß, z. B. bei Konkurrenzausschreibungen für
freifliegende dynamische Flugmaschinen, Gleitmodelle auch berücksichtigt werden dürften.
Ob man solchen Ausschreibungen einen großen Wert beimessen soll oder nicht, darüber
wird ihr Erfolg entscheiden, welche bis jetzt allerdings spärlich genug ausgefallen ist.
Kilchberg bei Zürich. Karl Steiger-Kirchhofer.
Patent- und Gebr&uchsmusterschau in der Luftschiffahrt.
Englische Patente.
13959/06. 18. Juni 1906. H. Lentz, Halensee h. Berlin. Improved Proeess of and Means
for Acting upon Atmospheric Air or any Fluid for the Purpose of Recnperating
therefroin a Contrary Reaetlon. Schlagende Flächen erhalten beim Niederschlag
eine sehr schnelle Bewegung.
19071/06. 27. August 1906. F. E. Jackson, Bare, Morecambe, Lancaster. Improvements
in Kites. Zusammenlegbarer Kieldrachen.
19259/06. 25. August 1906. J. nnd P. Cornu, Lisienx, Frankreich. Inprovements in or
relating to Flying Machines. Identisch mit D. B. P. 188564.
20904/06.. 20. September 1906. W. Dagnall, Chestnuts, Kingston on Thames nnd J. E.
Malllson, London. Improvements in and relating to Air-Ships. Luftschiff mit Hebe-
schrauben und seitlichen Flügeln.
20952/06. 21. September 1906. J. L. Garsed, Eiland, York. Improvements in Aerial
Machines. Flügelflieger.
22977/06. 17. Oktober 1906. W. R. Gibson, Gravesand, Essex. Improvements in Box-Kites
or analogons Aerial Toys. Hexagonaler Kastendrachen mit Seitenflügeln.
1391/07. 18. Januar 1907. B. H. Walin, Gotenburg, Schweden. Improvements in Whigs
for Flying Machines. Identisch mit französischem Patent 373 843.
2084/07. 28. Januar 1907. W. E. Burgess, Aberbeeg, Monmonth. A Machine for and
Method of Travelling trongh the Air Iudependently of a Balloon or the Earth.
Schraubenflieger.
2217/07. 29. Januar 1907. D. E. Moorhead, St. Lonis, Y. St. A. Toy Aeroplane. Iden¬
tisch mit französischem Patent 375753.
Illustr. Aeronaut. Mitteil. XI. Jahrg. 65
Digitized by LjOOQLC
4885/07. 27. Februar 1907. E. V. Hainmond, Balham, Surrey. Improvements in Aerial
Navigation. Freiballonkorb mit Hebeschrauben.
6940/07. 22. März 1907. A. P. Hüven, Brooklyn, Y. St. A. Improvements in Flying
Machines. Identisch mit französischem Patent 377188.
7059/07. 23. März 1907. M. Nial, Brooklyn, Y. St. A. Improvements in Flying Machines»
Flügelflieger mit vielen kleinen Flügeln.
11868/07. 22. Mai 1907. G. Castagneris, Rom. Improvements in the Suspension ofthe
Car of Balloons. Identisch mit D. R. P. 181976.
Amerikanische Patente.
844 771. 19. Februar 1907. llorace M. Beüows, Huntingdon Yalley, Pens. Aerial Navi¬
gation. Flügelflieger.
845589. 26. Februar 1907. J. A. Eiston, Jefferson City, Miss. Air Ship. Durch Arm¬
kraft betriebener Flügelflieger am Kugelballon. Anscheinend für Schaustellungen.
846830. 12. März 1907. A. und H. Dnfaux, Genf. Aeroplane or Craft for Aerial Navi¬
gation. Identisch mit D. R. P. 173596.
847965. 19. März 1907. J. M. Müler, Washington. Air Ship. Luftschiff, dessen Enden
mit den Enden der Gondel, an welchen die Schrauben sitzen, zum Zwecke der
Steuerung gedreht werden können.
848055. 26. März 1907. G. G. Schwabek, Air Ship. Luftschiff mit Treib-, Hub- und
Steuerschrauben.
849029. 2. April 1907. J. E. Tailor, Wheeling, West-Virginia. Air Ship. Luftschiff
mit Treib- und Hubschrauben in Kanälen im Innern des Luftschiffes.
849971. 9. April 1907. A. Brandl, München. Flying Apparatus. Identisch mit D. R. P.
173926.
850616. 16. April 1907. A. P. Bllven, Brooklyn, N. Y. Flying Machine. Identisch
mit englischem Patent 6946/07 und französischem Patent 377188.
850800. 16. April 1907. J. Shukwech, New York. AirShip. Schlagflügel und Schrauben.
851481. 23. April 1907. T. S. Baidwin, San Francisco. Luftschiff mit dreieckiger Gondel.
851683. 30. April 1907. B. F. Mickley, Seneca Falls, N. Y. Navigable Aeroplane.
Schraubenflieger.
851895. 30. April 1907. M. Nial, Brooklyn, N. Y. Flying Maehine. Identisch mit eng¬
lischem Patent 7059/07.
852221. 30. April 1907. B. Connoüy, Tonopah, Nevada. Flying Machine. Heben durch
auf- und abwärtsgestoßene Schirme, die sich öffnen und schließen.
852289. 30. April 1907. J. C. Reckweg, Los Angeles, CaL Air Ship. Luftschiff mit
Flügelantrieb.
852292. 30. April 1907. T. Orgren, San Diego, Cal. Aerial Vessel. Luftschiff mit falt¬
baren Flächen.
853542. 14. Mai 1907. II. Faehrmann, New York. Air Ship. Luftschiff mit Steuer¬
schrauben.
853760. 14. Mai 1907. G. Bold, Piainfleld N. J. Air Ship. Durch Segel sollen seit¬
liche Windströme zum Vorwärtstreiben ausgenutzt werden (!).
854555. 21. Mai 1907. E. Baumann, St. Louis. Air Ship. Luftschiff mit Segelrädern.
855945. 4. Juni 1907. J. Gruber, New York. Sustaining device for Aerial Vessels.
Rückstoß von Preßluft zur Bewegung.
856008. 4. Juni 1907. D. Thomas, San Francisco. Anchor for Air Ships. Nach Ein¬
sinken in den Boden spreizt sich der Anker bei Zug auseinander.
856073. 4. Juni 1907. R. Lewitz, New York. Flying Machine. Schraubenflieger.
856876. 11. Juni 1907. W. IIull, Souris, Canada. Air Ship. Schraubenflieger.
856838. 11. Juni 1907. A. G. Bell und H. P. Mc. Neü, Washington. Connection device
for the Frames of Aerial Yehicles and other Structures. Verbindungen der Stäbe
des Beirschen Drachen.
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856895. 11. Juni 1907. M. D. Merriek, New York. Aerial Vessel. Luftschiff mit
Segelrädern,
856910. 11. Juni 1907. W. Phillips, Chicago. Flying Machine. Schraubenflieger. E.
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Vereine.
Wiener flugtechnischer Verein.
Der Wiener flugtechnische Verein eröffnete am 8. November seine diesjährige Vor¬
tragssaison. An Stelle des erkrankten Obmannes H. R. v. Lößl übernahm Obmann¬
stellvertreter Ingenieur W. Kreß den Vorsitz. Er widmete warme Worte dem im ver¬
gangenen Frühjahre verstorbenen, um den Verein so hochverdienten Ehrenpräsidenten
Friedrich Ritter v. Lößl. Er gab ferner bekannt, daß die Hinterbliebenen zur Ehre
und zum Andenken an den Verstorbenen aus dessen Nachlasse 1000 Kr. gewidmet haben,
wofür der Dank des Vereins ausgesprochen wurde. — Sodann nahm k. u. k. Oberleutnant
d. R. Herr Karl Lill v. Lilienbach das Wort, um in einem sehr beifällig aufge¬
nommenen Vortrage «Die Zukunft der Motorballone und Flugmaschinen» zu besprechen,
wonach sich eine lebhafte Diskussion anschloß. v. L.
Literatur.
Friedrich Ritter, Wien, Örtliches Windminimum, unterer und oberer Wind.
Selbstreferat aus «Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre»,
herausgegeben von R. Aßmann und H. Hergesell, Band II, Heft 4 .
Verfasser hat nach einem neuen Verfahren die Geschwindigkeit der Wolken und
damit die Stärke der Windbewegung in verschiedenen Höhen zu Wien und Pilsen, sowie
im Tiroler Gebirge (Kitzbühel und Innichen) gemessen.
Die zahlreichen Messungen reichen bis zu Höhen von 5000 m über Meer hinauf
und ergaben neben einigen meteorologischen Folgerungen, daß die gewöhnliche Annahme,
nach welcher die Windgeschwindigkeit schon vom Erdboden an aufwärts stetig wachse,
nicht zutrifft.
Von Bodennähe an nimmt die Windstärke anfangs eher ab als zu. In einer ge¬
wissen Höhe über dem Boden, welche nach den Messungen ca. 30—120 m, durchschnittlich
ca. 50—60 m beträgt, erreicht die Geschwindigkeit des Windes ihren geringsten Wert
von nahezu Null, und erst von da an wächst sie im Flach- und Hügellande (Wien und
Pilsen) mit zunehmender Höhe.
In Gebirgstälern, in deren Inneres wegen deren Enge der obere Wind nur unvoll¬
ständig einzudringen vermag (Kitzbühel und Innichen), ergab sich der Anfang des oberen
Windes ca. 200 m über der Talsohle; zwischen ihm und dem oberen Ende des unteren
Windes befindet sich eine mehr oder weniger windstille Zwischenschicht.
Ein unterer und ein oberer Wind, welche ein Windminimum von einander trennt,
sind hiernach zu unterscheiden.
Die Segel von Schiffen und Windräder wird man, wie Verfasser folgert, in den
unteren Wind, nachdem dieser nach oben zu abnimmt, zweckmäßig nur bis zu beschränkter
Höhe hinaufreichen lassen.
Die übliche Annahme, daß der Druck des Windes von Bodennähe an aufwärts
zunehme, wäre dahin zu ändern, daß der Winddruck mit wachsender Höhe eher kleiner
als größer wird und erst von einer gewissen Höhe an, welcher im Flach- und Hügelland
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durchschnittlich 50—60 m über Boden, in Gebirgstälern etw$tö mehr beträgt, mit der
Höhe wächst.
Die Fahrt eines Luftschiffes, welches unabhängig von der Windrichtung einem
bestimmten Ziele zugeführt werden soll, wird man, wie Verfasser schließt, am besten in
der Höhe des Windminimums oder den zunächst darüber liegenden schwach bewegten
Schichten des oberen Windes unternehmen. Den Störungen von Abfahrt und Landung
durch Wind könnte durch deren Verlegung ungefähr irl die Höhe des Windminimums zum
großen Teil ausgewichen werden. F. Ritter.
L. Sazerac de Forge, capitaine brevet6. — La conquöte de Tair, le probl&me de la loco-
motion aerienne. Les Dirigeables et l’aviation — leurs applications avec 136 gra-
vures, figures et portraits. Berger-Levrault et Cie. Paris-Nancy 1907. 378 Seiten
Großoktav.
Vorliegendes Werk ist zunächst anziehend durch seine vortreffliche Ausstattung
und durch seine Einführung mittels eines Briefes von Julliot, dem Erbauer des Lebaudy-
Luftschiffes, welcher dem ihm vorgelegten Manuskripte das beste Zeugnis ausstellt. Man
muß in der Tat zugestehen, daß der Verfasser die Entwicklungsgeschichte der französischen
Luftschiffahrt recht anregend bearbeitet hat; besonders eingehend ist die Geschichte des
Lebaudy-LuftschifTes behandelt worden.
Wenn der Verfasser sich hierauf beschränkt hätte, wäre es schön geblieben und
nur zu loben gewesen. Leider hat er sich verleiten lassen, auch die Luftschiffahrt im
Auslande in seine Bearbeilung mit hineinzuziehen, ohne eine gründliche Kenntnis der¬
selben zu besitzen. Die zahlreichen Fehler und falschen Anschauungen, die der Verfasser
uns hier auftischt, würden belustigend wirken, wenn man nicht tief bedauern müßte, daß
die Landsleute des Hauptmanns Sagerac de Forge, die seine Darlegungen für ein
Evangelium halten, auf diese Weise ein so ganz falsches, mitunter sogar ein lächerliches
Bild von dem Bemühen um die Luftschiffahrt im Auslande, insbesondere in Deutschland,
erhalten. Der Verfasser versteht aber weder deutsch, noch englisch. Er wird daher nur
denjenigen Ausländern gerecht, die durch Übersetzungen ihrer Werke ins Französische
ihm zum Studium zugänglich waren, alles andere ging über seine Kraft. Mck.
Personalia.
Vives y Vieh, Kgl. spanischer Oberst und Chef des Luftschifferdienstes, wurde von
Sr. Maj. dem Kaiser der Kronenorden II. Klasse verliehen.
- Oskar ErbsLöh, Fabrikant in Elberfeld, unser weltbekannter Sieger im Gordon-
Bennettfliegen in St. Louis, hat für seinen Sieg im internationalen Wettfliegen zu Brüssel
am 15. September 1907 die silberne Medaille der Illustrierten aeronautischen Mitteilungen
und als Erinnerung an seinen Sieg im Gordon-Bennettfliegen ein Plakette von Gordon-
Bennett erhalten.
Verordnungsblatt Nr. 42 von 1907:
Herr k. u. k. Oberstleutnant Johann Staröeviö ernannt zum Kommandanten des
Festungs-Artillerie-Bataillons Nr. 1 (Trient).
Herr Hauptmann Hinterstoisser ernannt zum Kommandanten der k. u. k. Militär¬
aeronautischen Anstalt ( Wien).
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Inhalt der mit Namen versehenen Artikel .
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Hie Redaktion.
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